Freiburger
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Kirchengeschicht...
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IN COMMEMORATION OF THE VISIT OF
HIS ROYAL HIGHNESS
PRINCE HENRY OF PRUSSIA
MARCH SIXTH,1902
ON BEHALF OF HIS MAJESTY
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Freiburger
Diöceſan-Archiv.
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Organ
des kirchlich-hiſtoriſchen Vereins
für
Geſchichte, Alterthumskunde und Hriftlide Kunſt
der
Erzdiöceſe Freiburg
mit Berückſichtigung der angrenzenden Zisthümer.
Elfter Band.
Freiburg im Breisgen.
Herder’fhe Verlagöhandlung.
1877.
Zweigniederlassungen in Strassburg, München und St. Lowis, Mo.
Das Recht der Überfegung in fremde Sprachen wird vorbehalten.
Buchdruckerei ver Herder’ihen Verlagshandlung in Freiburg.
Vorwort.
Beim Erſcheinen des elften Bandes diefer Zeitjchrift jehen wir ung
veranlaßt, den verehrlihen Mitgliedern ein den äußeren Beftand unjeres
Vereines nahe berührendes Moment zur Beachtung zu empfehlen.
Noch in feinem Jahre, ſeitdem ber Verein in's Leben getreten, war
die Zahl der Todesfälle unter unjeren Mitgliedern jo groß, wie in dem
gegenwärtigen: zählt doch unjere dießmalige Todtenliſte über zwanzig
Namen! Wir führen dieſe Liften feit 1871 (von Band VI an) und
es beziffert fi innerhalb dieſer ſechs Jahre die Gefammtzahl der Ver—
ftorbenen auf die Höhe von fünfundfiebenzig, jo daß nahezu der fünfte
Theil der Durchſchnittsſumme der Vereinsmitglieder mährend dieſer
furzen Zeit durch den Tod abberufen wurde.
Die bedauerlihe Thatfache findet einigermaßen ihre ſtatiſtiſche Er:
Härung: bei Beginn des Vereines beitand das Hauptcontingent der Bei:
tretenden aus Männern des höheren und mittleren Lebensalters, jüngere
Mitglieder bildeten dagegen die Minderzahl. — Die großen Lücken
wurden allerdingd dur Neuanmeldungen mehr oder weniger ergänzt,
in den letzten Jahren aber blieb der Ausfall größer als der Zuwachs.
Indem wir die Freunde des Vereined auf dieje, den ökonomiſchen
Beitand direct betreffende Thatſache aufmerkſam maden, richten wir an
alle Mitglieder, insbejondere an die hochw. Capitels-Vorſtände, im In—
terefje der durch dieſe Zeitjchrift bis jet angeftrebten und gepflegten
Sade dad Erjuhen, nad wie vor die Verbreitung des Vereines durch
Gewinnung neuer Mitglieder angelegentlichft fördern zu wollen.
Das innere Leben des Vereines hat feinen gebeihlichen Fortgang;
an Beiträgen war bis jebt no nie Mangel; möge dieje Regſamkeit
au für die Zukunft lebendig fich erhalten, mögen die mitarbeitenden
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Kräfte ji mehren, namentlich auch, was unfer jchon oft wiederholter
Wunſch war und ift, zu Gunften jener Gegenden und Orte des Vereins:
bezirkes, melde bis jet Feine oder nur eine geringe Berücfichtigung
gefunden haben, vejp. nicht finden Fonnten, da die Einladungen und
Aufforderungen zu Beiträgen ohne Erfolg geblieben find!
Am Schluſſe de diekjährigen Vorwortes gebietet ung die Pflicht
der Pietät, Eines der verjtorbenen Mitglieder noch in bejonderer Weiſe
zu gedenken: am 19. Detober des vorigen Jahres vollendete der emeritirte
Dekan und Pfarrer W. Haid in Lautenbah die irdiſche Laufbahn.
Der großen Verdienſte diefes Mannes um Gründung und Organifation
des Vereines ijt bereit3 in der Vorrede bed letzten Bandes gedacht
worden, ebenjo feiner lebhaften und umfichtigen Betheiligung an der
Nedaction der erjten vier Bände diefer Zeitfchrift. Eine Reihe von ge:
diegenen Arbeiten aus jeiner Feder werben dem Diöceſan-Archiv auch
in fünftigen Zeiten noch zur Zierde gereichen und dem Namen des Der:
faſſers in der einheimiſchen Kirchen: und Landesgeſchichte ein bleibendes
und ehrenvolles Andenken fichern.
Freiburg, Ende October 1877.
Die Redaction.
VDerzeihniß
der Mitglieder im Jahre 1876—77.
»rotectoren.
©. Biſchöfliche Gnaden der hochwürdigſte Biihof Andreas zu
Straßburg.
S. Biihöflihde Gnaden der hochwürdigſte Weihbifhof Lothar,
Biſchof von Leuca i. p. i., Erzbiſthumsverweſer und Domdekan zu
Freiburg.
S. Königl. Hoheit der Fürſt Karl Anton von Hohenzollern.
S. Durchlaucht der Fürſt Karl Egon von Fürſtenberg.
S. Durchlaucht der Fürſt Karl von Löwenſtein-Wertheim—
Roſenberg.
Comit6 Mitglieder.
Herr Dr. J. Alzog, Geiſtl. Rath und Profeſſor an der Univerſität Freiburg.
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Dr. 3. Baber, Ardivrath zu Karlsruhe.
Dr. C. 3. Glatz, Pfarrer in Neufra bei Rottweil.
Dr. 2. 8. Käftle, Pfarrer in Oberweier.
Dr. A. Kaufmann, fürſtl. Archivar in Wertheim.
Dr. 3. König, Profeffor an ber Univerfität Freiburg.
Dr. 3. Köjfing, Domcapitular in Freiburg.
3. Marmon, Domcapitular in Freiburg.
Dr. 9. Rolfus, Pfarrer in Sasbach am Rhein.
E. Schnell, fürfll. Arhivar in Sigmaringen.
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Herr Fr. Abele, Pfarrer, zur Zeit Pfarrverwefer in Hochhauſen a. d. X.
. %. Albert, Pfarrer in Doſſenheim.
. Amann, Dekan, Pfarrer zu Waldkirch bei Waldshut.
. Amann, Stadtpfarrer in Villingen.
. W. Amling, Pfarrer in Mali, A. Wiesloch.
. Anaftafius, Kapuziner in Luzern.
. Anſelm, Pfarrverweſer in Hilzingen,
. B. Afaal, Pfarrer in Sumpfobren.
Bad, Pfarrer in Straßberg (Hohenzollern).
Bader, Pfarrer in Niederwajler.
. € Baumann, Affiftent bei der GeneralsEifenbahn-Direction in Karlsruhe,
r. 2. Baumann, f. f. Arhivregiftrator in Donauefchingen.
Baumann, Pfarrer und Camerer in Lehen bei Freiburg.
» Baur, Pfarrer in St. Trubpert.
. Baur, Pfarrer in Dietershofen (Hobenzollern).
. Baur, Pfarrer in Schwörftetten.
. Bed, Dekan und GStabtpfarrer in Triberg.
R. Behrle, Domcapitular in Freiburg.
©. Belzer, Pfarrer in Ettlingenweier.
Dr. Bendel, Domcapitular in Rottenburg.
%. Benz, Stabtpfarrer in Karlsruhe.
W. Berger, Pfarrer in Prinzbach bei Lahr.
F. Beutter, Beneficiat in Freiburg.
Bibliothek des Capitels Biberah (Würtemberg).
Bibliothek des Gapiteld Conſtanz in Markelfingen.
Bibliothek des f. f. Arhivs in Donaueſchingen.
Bibliothek des Beneb.-Stiftes Einfiedeln 2 Erpl.
Bibliothek des Gapiteld Ettlingen.
Bibliothek des Capitels Gmünd (MWürtemberg).
Bibliothek des Gymnafiums Hedingen bei Sigmaringen.
Bibliothef ber Verbindung Hercynia in Freiburg.
Bibliothek bes Capitels Horb in Altheim (MWürtemberg).
Bibliothek des fath. Oberftiitungsraths in Karlsrube,
Bibliothek des Capitels Lahr in Schutterwalb,
Bibliothek des Gapiteld Lauda in Grüngfeld.
Bibliothef des Capitels Linzgau in Frickingen.
EINE > Gapiteld Mergentheim im Nieberftetten, DA. Gerabronn (Wür:
temberg).
Bibliothek * Capitels Mühl hauſen in Tiefenbronn, A. Pforzheim.
Bibliothek des Capitels Oberndorf (Würtemberg).
Bibliothek des Capitels Offenburg.
Bibliothek des Capitels Philippoburg in Huttenheim.
Bibliothek des Gr. Gymnaſiums in Raſtatt.
Bibliothek des Capitels Ravensburg (Würtemberg).
Bibliothek des Capitels ee Na (Württemberg).
Bibliothek der Bisthumspflege in Rottenburg.
Bibliothek des Capitels Rottweil (Würtemberg).
Bibliothek des Capitels Schömberg in Margaretenhaufen (Würtemberg).
Bibliothef des erzbiihöflihen Seminars in Gt. Peter.
Bibliothek des Eapiteld Spaihingen.
Bibliothek des Domcapiteld Speier.
Bibliothek des Eapiteld Stockach in Bobman.
Bibliothek ber Univerfität Straßburg.
Bibliothek bes Capiteld Stuttgart zu Cannſtatt (MWürtemberg).
Bibliothek des Kantons Thurgan (in Frauenfeld, Schweiz).
—5 des Wilhelmſtifts in Tübingen.
Bibliothek der Leop. —— Überlingen.
Bibliothek des Capitels Ulm in Söflingen (Würtemberg).
Bibliothef des Kapitels Villingen in Löffingen.
Bibliothek des Lehrinflituts St. Urfula in Villingen.
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Bibliothek des Capitels Wald ſee in Untereſſendorf (Würtemberg).
Bibliothef des Gapiteld Wurmlingen in Nendingen, O.⸗A. Tuttlingen.
Herr A. Biehler, Pfarrer und Gamerer in Spechbach.
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J. E. Birk, Pfarrer in Oberflogingen (Württemberg).
% ©. Birk, Curat in Müllheim.
Sof. Birk, Pfarrverweier in Kappelrobed.
. N. Birfle, Pfarrer in Krauchenwies.
Birfler, Dekan und Pfarrer in Ohmenheim, D.:A. Neresheim (Wrtbg.).
% Blumenftetter, Pfarrer von Trillfingen (Hohenzollern).
v. Bobman, I. Fra. Frhr. zu Bodman.
A. Böll, Privat in Überlingen.
. Bollinger, ref. Pfarrer in Ebringen.
. Bopp, Dekan und Pfarrer in Handfhuhsheim.
Boſcher, Pfarrer in Gosheim, O.“A. Spaidhingen.
E. Boulanger, Ord.:Affeffor und Dompräbendar in Freiburg.
C. Braun, Pfarrer in Pfohren.
Dr. St. Braun, Rebacteur in Freiburg.
. Brunner, Pfarrer in Ballrechten.
. Brunner, Pfarrer in Iffezheim.
N Bud, Stadtpfarrer und Defan in Bonnborf.
. Buhl, Pfarrer in Böttingen, D.:A. Spaihingen (Würtemberg).
R. Bumiller, Pfarrer in Fronſtetten (Hohenzollern).
2. Bundſchuh, Stabtpfarrer zu St. Stephan in Gonftanz.
C. Burger, Pfarrer in Rorgenwies bei Stodad).
M. Burger, Pfarrer in Kreenheinftetten.
Th. Burger, Stabdtpfarrer in Hüfingen.
Ehr. Burfhart, Pfarrer in Wylen.
Dr. F. 3. v. Buß, Gr. Hofrath und Profeſſor in Freiburg.
9. Bußmann, Pfarrer in Burbadı.
H. Ehrift, Pfarrverweier in Pforzheim.
Ehriftophl, Pfarrverwefer in Ottenau.
. Dammert, Director bes Gymnaſiums in Raftatt.
D. Danner, Stabtpfarrer in Sädingen.
2, Deder, Pfarrer in Jchenbeim.
A. Dietrich, Pfarrer in Unzhurſt.
J. Chr. Diez, Stabtpfarrer und Dekan in Walldürn.
N. Diez, Stabtpfarrer in Stodadı.
N. Dinger, Stabtpfarrer in Neuftabt.
D. Diſch, Pfarrer, d. 3. Pfarrverweſer in Wintersborf.
C. Dijhinger, Bürgermeifter in Bollſchweil.
24 Döbele, Pfarrer in Görwihl.
. ©. Dold, Pfarrer in Birnborf.
J. Dorſch, Pfarrer in Herrifchried.
Dr. Th. Dreber, Religionslehrer am Gymnafium in Hebingen.
A. Dreier, Pfarrer in Homberg, A. Überlingen.
A. Dürr, Pfarrer in Unterbalbad, A. Gerlachsheim.
W. Dürr, Hofmaler in Freiburg.
Q. Dummel, Pfarrer in Welſchingen bei Engen.
€. Edhard, Regiftrator b. d. erzb. Ordinariat in Freiburg.
. W. Edert, Piarrer in Königsheim.
. Eggmann, Schulinipector und Pfarrer in Frittlingen, OA. Spaichingen.
Eheat, Pfarrer in Merzbaufen.
2. Eimer, Pfarrer in Hilsbach, A. Sinsheim.
— Pfarrer, d. 3. Pfarrverweſer in Grießheim, A. Staufen.
Eijele, Pfarrer in Bettmaringen.
Eug. Eifele, Pfarrer in Aalen bei Donaueſchingen.
. G. Engel, Dekan und Pfarrer in Haufen am Anbelsbah (Hohenzollern).
B. Engefjer, Caplan in Neubingen,
Engefjer, erzbiſch. Bauinfpector zu Freiburg.
M. Engeſſer, Pfarrverweier in Beuren an ber Aach.
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Herr J. Erbader, Definitor und Pfarrer in Pülfringen.
. ©. Erdrid, Pfarrer in Ulm.
alchner, Pfarrer in Neumeier.
. Half, Pfarrverwefer in Weingarten, A. Durlach.
aller, Camerer und Pfarrer in Langenrain.
. Faulhaber, Pfarrer in Hunbheim.
aulbaber, Pfarrverweler in Gerchoheim.
. Fehrenbad, Pfarrverweier in Sclatt.
int, Pfarrer in Oberlaudringen.
inneif en, Dompräbendar in Freiburg.
nner, Gamerer und Pfarrer in Piederbübl.
iſcher, Pfarrer in Hochſal.
if iher, Pfarrer in Jungingen (Hohenzollern).
Fifhinger, Pfarrer in Ebersbad, D.-A. Saulgau.
um, Pfarrverwejer in Degernau,
tfter, Gaplan in Löffingen,
äßle, refig. Pfarrer in Gurtweil
ey, Pfarrer in Rippoldsau.
iſch, Pfarrer in Kolbingen, O.⸗A. Tuttlingen,
tig, Pfarrer in Hügelsheim.
. grüh, Pfarrer und Dekan in Schienen.
98, Pfarrer in Jeftetten.
et er, Pfarrer in Lembach.
. Sail er, Profeſſor, Pfarrer in Unlingen (Würtemberg).
ambert, Pfarrer in Ilmſpan.
amp, Pfarrer in Wieden.
aßner, Pfarrer in Schönwalb,.
ehr, Stabtpfarrer und Camerer in Zell a. 9.
. Gebr, Eorrector in Freiburg.
ehri Piarrer in Honftetten.
eiger, Pfarrverwefer in Appenweier.
eifelbart, erzb. Geiftl. Rath in Sigmaringen.
eorge, Pfarrer in Lottſtetten.
erber, Pfarrer in Schwarzad.
ießler, Pfarrverwefer in Bernau.
inshofer, Stadtpfarrer in Radolfzell.
öſer, Pfarrer in Gattnau, O.⸗“A. Tettnang (Würtemberg).
Öginger, Pfarrer in Langenbrüden.
rafmüller, Dekan und Stadtpfarrer in Baben.
. Grimm, Pfarrer in Lienbeim,
roß, Vfarrverweſer in Rohrbach bei Triberg.
roß, Pfarrer in Lippertsreute.
. Gruber, Pfarrer in Munbelfingen.
. Gihwanber, Pfarrer in Gottenheim.
fell, Pfarrer in Fiſchingen (Hohenzollern).
. Gumbel, Pfarrer in Antihngen bei Breiſach.
zuſten bofer, Pfarrer, d. 3. Piarrverwefer in Oberfimonswalb.
Gut, Stabtpfarrer in Oppenau.
utb, Pfarrer in Riegel.
aaf, Pfarrer von Natthaslach, 3 3. in Rabolfzell.
aberftrob, Decan und Pfarrer in Kiechlingsbergen.
er, Pfarrer in Braumenweiler bei Saulgau (Wiürtemberg).
Hägele, erzb. Re Dekan. in Freiburg.
ättich, Pfarrer in Nußbach
9288. Pfarrer in —5 (Vorarlberg).
big, Pfarrverweſer in Lauda.
ner, Pfarrer in Bleichheim.
Hansjacob, Pfarrer in Hagnau.
"x Sauenfein, Gurat in Thiergarten.
aug, Pfarrer in Hochdorf bei Freiburg.
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a er, Dompräbenbar in Freiburg.
3. €. ausmann, Pfarrer in Aidhen.
. Haufcdel, Pfarrer in Zimmern, DA. Rottweil (Würtemberg).
. Hefele, Pfarrer in Oberkeſſach, D.:U. Künzelsau.
Heinel, Pfarrer in Ilmenſee.
. Heiler, Pfarrer in Volkertshauſen.
. Hennefa, ref. Pfarrer von Stupferih in Bruchſal.
Henning, Pfarrer in Selbach.
. Herr, Pfarrer, b. 3. Caplaneiverwefer in Leipferbdingen.
.d. Herrmann, Kaufmann in Freiburg.
. Herzog, Pfarrer in Ballmyl, Kanton St. Gallen.
. Heybt, Kaufmann in Freiburg.
228, t, Pfarrer in Obrigheim.
oh, Pfarrer in Schöllbrumn.
. Höferlin, Pfarrer in Allensbadh.
*X Holl, erzb. Geiftl. Rath und Oberfliftungsrath in Karlsrube.
önig, Pfarrverweier in Speſſart. -
Örnes, Pfarrverweier in Mögging en.
. Ehr. Hofmann, Pfarrer in ——
oAzmann, Pfarrer in Mahlſpüren.
opp, Stabtcaplan in Rottweil a. N.
oppenjad, Pfarrer in Schuttern.
Br pP, Plarrer in Vöhringen.
ber, GStiftspropft in Zurzach (Schweiz).
ber, Pfarrer in Bellingen.
uggle, Stadtpfarrer in Neuenburg.
uggle, Pfarrer in Ringsheim.
äger, Secretär und Stabtardhivar in Freiburg.
äger, Pfarrer in St, Märgen.
Julier, Pfarrer in DEIN.
up, Pfarrer in Dberborf, DA. Herrenberg.
ärdher, Kaplan in hingen.
M. Kärcher, Stabdtpfarrer und Dekan in Engen.
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A. Kaier, Dekan und Stabtpfarrer in Löffingen.
N. Kamm, Piarrer in Durbach bei Offenbur
J. Ebr. Kapenmaier, refig. Pfarrer von R Nbeinheim, in Überlingen.
I. Ked, Definitor und Pfarrer in Freubenheim.
Dr. J. MR Keller, Pfarrverweier in Breiſach.
J. N. Keller, Pfartet in Völkersbach.
M. Keller, Pfarrer in Wagenbuch.
C. Kern, Definitor und Pfarrer in Nordrach.
W. Re tnler, Pfarrer in Steinhofen, A. Hechingen.
3 x. Kepler, Pfarrer in Dettlingen. x
. 9. Khuen, Präceptor und Stabtcaplan in Saulgau, —
8 Kinzinger, Pfarrer in Klepsau. I
K. Kirn, Defan und Stadtpfarret in Ettlingen.
C. Kipling, Stadtpfarrer in ze im Wiejenthal.
€. Klaiber, Stabtpfarrer in Mengen.
A. Klein, Pfarrer in Ortenberg.
J. Klei fe r, Defan und Pfarrer in Steinenftabt.
Dr. J. v. Kleutgen, Gecretär bes großh. kath. Oberfirchenratbs a. D. zu
Karlörube.
Knab, Schulinfpector und Pfarrer in Herrenzimmern, O.“A. Rottweil.
zT. Knittel, Subregens im erzb. Seminar zu St. Peter.
5. Knöbel, Pfarrer in ——
Dr. 4. Knöpfler, Repetent in Tübingen.
F Koch, Stadtpfarrer in Mannheim.
D. Koch, Pfarrer in Steinhauſen (Würtemberg).
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Herr F. Koch, Pfarrer in Kappel a. Rh.
A. Köhler, Pfarrer in Zußdorf bei Ravensburg (Würtemberg).
A. Kobl, Pfarrer in Taferisweiler.
%. ©. Kollmann, Dekan und Pfarrer in Unterfohen, O.A. Aalen (Miürt.).
% Kotz, Schulcommifjär, Definitor und Pfarrer von Dettingen, 3. 3. Pfarr:
verwejer in Dettenjee.
P. Kraus, Dekan und Pfarrer in Denfingen, D.:A. Spaichingen.
M. A Krautb, Ordinariats-Aſſeſſor in Freiburg.
C. Krebs, Dekan und Stabtpfarrer in Gernsbad).
J. Krebs, Banquier in Freiburg.
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Krieg, Piarrer in Hedlingen.
&. Kriegftötter, Pfarrer in Munberfingen, DA. Ehingen.
K. Krizowsky, Pfarrer in St. Georgen.
Kürzel, Pfarrer in Ettenheimmünfter.
- ©. Kunle, Pfarrer in Umtfird).
„ ®. Kurz, Piarrer in Kippenbeim,
»„ 9. Ruttruff, Dekan und Stadtpfarrer in Möhringen.
v» 8 Kup, Gaplan in Munzingen.
„ Tr. Landherr, Pfarrer in Müncdhweier.
» P. Juſtus Landolt, Gapitular in Einfiebeln.
»„ M. Lanz, Pfarrer in Empfingen.
„ 8% Laubis, Geh. Hofratb in ——
„» 9 Lauchert, Curat in Laiz.
„F. M. Lederle, Pfarrer in Wehr.
v» % B. Leibinger, Pfarrer in Dingelsborf.
v» % X. Lender, Dekan und Pfarrer in Sasbach.
„ 8. Lender, Stabtpfarrer in Endingen.
„Th. Lender, Geiftl. Rath, Negens des erzb. Seminars, 3. 3. in Sigmaringen.
„ 9. Leo, Stabtpfarrer in Lenzfird.
„ M. Lepgus, Defan und Pfarrer in Grießen.
„ A Lienbard, Pfarrer in Onsbach.
E ‘x Lindau, Kaufmann in Heidelberg.
v» 8. %. Linz, Definitor und Stadbtpfarrer in Kuppenbeim.
Locher, Lehrer in Sigmaringen.
„K. Löffel, Pfarrer in Heimbach).
» 3. ©. Lorenz, Pfarrer in Neufag.
„A. Lugo, Kreis: und Hofgerichtsrath in Freiburg.
„ DB. Lumpp, Pfarrer in Munzingen,
„ Dr. H. Maas, erzb. Kanzleidirector in Freiburg.
„ Dr. Ab. Maier, Geiftl. Rath und Profeſſor an ber Univerfität Freiburg.
„ 8% Marbe, Anwalt in Freiburg.
» I. Marmor, Stadtardivar in Gonftanz.
» 8 Martin, Dekan und Pfarrer in Göggingen.
P . Martin, f. f. Hoffaplan in Heiligenberg.
» 3% P. Marg, Pfarrer in Altichweier.
Ri . ®. Mattes, Stabtpfarrer in Weingarten (Würtemberg).
„ R. Maurer, Pfarrer in Rittersbadh.
» RK. Maurer, Pfarrverwefer in Horben.
„ E. Mayer, Dompräbendar in Freiburg.
„ ©. Mayer, Plarrer in Oberurnen, Kanton Glarus (Schweiz).
» 9. Mergele, Pfarrer in Haueneberftein.
r U. Merk, Pfarrer in Ruft.
ß et, Stabtpfarrer in Bräunlingen.
„ K. Mepger, Pfarrer in Deggenhaufen.
"» % & Miller, Stabdtpfarrer in Gamertingen.
„ sK. Mohr, Pfarrer in Leipferbingen.
„ Dr. 5. Mone, Gomnakalscokiier in Metten.
„ ©. Morent, Dekan und Pfarrer in Laimnau, O.A. Tettnang (MWürtemberg).
„ 3. S. Moßbader, Pfarrer in Haßmersheim.
„K. Mojer, Stabtpfarrer in Ettenheim.
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Hert A. Muckle, Pfarrer in Ittendorf.
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A. Müller, Caplan in Pfaffenweiler, Amts Staufen.
. Müller, Pfarrer in Riedern.
. Müller, Pfarrer in Bethenbrunn,
. Müller, Defan und Piarrer in Stetten bei Lörradh.
‚ Müller, Piarrer und Pfarrverwefer in Hindelwangen.
Mu rat, Stabtpfarrer in Wertheim,
‚Murv, Pfarrer in Schlettitabt.
. N. Neff, Camerer und Münfterpfarrer in Reichenau.
. Nenning, Pfarrer in Oberried.
. Neugart, Pfarrer in Singen.
AN B. ee Director a. D. in Baden,
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Arn. Nüfgeler: Uferi, — der Sinai in Zürid.
St. Obergföll, Vikar in Grafenbaufen bei v
©. Oberle, Stadtpfarrer zu St. Pauf in Brucjal.
J. Oberle, Pfarrer in Rothenfels.
I NR. Oberle, Pfarrer in Dauchingen.
K. A. Oberle, geiftl. Lehrer in Baden.
P. Ignaz Ddbermatt, Subprior im Klofter Engelberg (Schweiz).
Dr. 3. B. Orbin, Official und Domcapitular in Freiburg.
W. Dit, Pfarrer in Rollmatingen.
Peccoroni, Pfarrer in Beffendorf, O.A. Oberndorf.
A. Belliffier, Defan und Stadtpfarrer in Offenburg.
A. Pfaff, Pfarrer in Luttingen.
M. en aff, Geiftl. Lehrer am Gymnafium in Gonflanz.
feifer, Stabtpfarrer in Achern.
feßer, Pfarrverwefer in Untergrombad).
. Pfeufer, großh. Geh. Legationsrath in Karlsruhe.
. Pfirjig, emer. Dekan und Pfarrer in Ebersweier.
fifter, farrer in Betra.
fifter, Pfarrer in Nußloch.
filter, Pfarrer in Heiligenzimmern.
.Pfohl, Pfarrer in Hofweier.
freundf hub, Pfarrer in Gommersborf.
reftle, Pfarrer in Warmbach.
ruticer, Gamerer und Pfarrer in Minfeln,
yhrr „zum Kopf“ in Freiburg.
aible, geiſtl. Hauslehrer in Schloß Zeil bei Leutfich (Würtemberg).
auber, Pfarrer in Schapbad).
eich, Stadtpfarrer in Schönau.
eihenbad, Pfarrer in Grunern,
ee Bikar in Meersburg.
N. Renn, Pfarrer und Gamerer in Kirchhofen.
. Rieber, Vitar in Oppenau.
Riefterer, Pfarrer, d. 3. Pfarrverwefer in Moos.
5 NRiefterer, Pfarrer in Liptingen.
Rimmele, Pfarrer in Bombach.
- AU. Rimmelin, Pfarrer in Hambrücken.
.dv, Rint, Pfarrverivefer in Ebringen.
. Rintenburger, Pfarrer in Linz.
. H. R. Rochels, Stabtpfarrer in Buchen,
Chr. Roder, Zrofeſſor in Villingen.
J. Röderer, Pfarrer in Winterſpüren.
Th. Rößler, Pfarrer in Bietigheim.
v. Rog enbad, Frhr. in Krogingen.
3. Rotbenhäusler, Pfarrer in Haufen Q.A. Rottweil.
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Herr H. Rubdiger, Pfarrverwefer in Meersburg.
„F. Rudolf, Pfarrer in Wohl.
E. Ruf, Piarrer in Menningen.
Dr. 8. Rüdert, Profeffor am Gymnaſium in Freiburg.
3. G. Sambeth, Pfarrer und Schulinfpector in Ailingen (Würtemberg).
P. A E Sambaber, Pfarrer in Nollingen.
K. Sartori, Pfarrer in Diersburg.
Dr. 3. ©. Sauter, Pfarrer in Aßmannshart (Würtemberg).
F. Sauter, Dekan und Pfarrer in Troctelfingen.
V. Sauter, Pfarrer in Imnau.
2. Sayer, Stabdtpfarrer in Meßkirch.
K. F. Schäfer, fath. Militärgeiftlicher in Karlsruhe.
M. Schäfle, Pfarrer, 3. 3. Pfarrverweier in Buchholz.
. Shanno, Defan und Pfarrer in Herbern.
Dr. F. 4. Scharpff, Domcapitular in Rottenburg.
. Schaufler, Pfarrer in Schluchſee.
Scele, Pfarrer in Rait.
Shellhammer, Pfarrer in Buchenbach.
Scherer, Pfarrer in Ruolfingen.
Schill, Pfarrer in Urberg.
. Schilling, Caplan in Biberach (Würtemberg).
Schirmer, Schulinipector und Pfarrer in Emmerfeld (Würtemberg).
B. Schlatterer, Dekan und Pfarrer in Bodman.
Schlotter, Pfarrer in Meldyingen.
Schmalzl, Pfarrer in Pfaffenweiler, Cap. Villingen,
Schmieberer, Pfarrer in Ditenhöfen.
©. Schmidt, Domcapitular in Freiburg.
A. Schmidt, Dekan und Pfarrer in Dielheim.
Schmitt, Pfarrverweſer in Hubertshofen.
r. Schneiberhban, Pfarrer in Steißlingen.
hnell, Dekan und Stabtpfarrer in Haigerlod.
. Schöttle, Pfarrer in Seefirh bei Buchau (Würtemberg).
chröter, Stabtpfarrer in Rheinfelden, Kanton Aargau.
» Schhultes, Pfarrer in Helmsheim.
chwab, Vikar in Sinzheim bei Dos.
. Schweizer, Pfarrer in Frieſenheim.
it, Gamerer und Pfarrer in Werbadh.
ldner, Profefior am Gymnaſium in Freiburg.
. B. Seyfried, Pfarrer, 3. 3. Pfarrverweſer in Altheim.
F. Siebenrod, Pfarrer in Oſtrach.
. Singer, Pfarrer in Lauf.
Späth, Pfarrer in Oberhammersbad.
Spiegel, Dekan und Stabtpfarrer in Mosbach.
xX. Staiger, Literat in Conſtanz.
. Start, Pfarrer in Unteribad).
. Staudenmaier, Pfarrer in Sulz.
. A Stauß, Pfarrer in Irslingen, D.:A. Rottweil (Würtemberg).
. Stauß, Stabtcaplan in Rottweil (Würtemberg).
. Steble, Pfarrer in Gruol.
Dr. A. Steidele, Dompropft in Augsburg.
8 Steiert, Religionslehrer am Progymnafium in Offenburg.
. Stodert, Pfarrer in Burfheim.
Dr. A. Stolz, erzb. Geiftl. Rath und Profefior an der Univerfität Freiburg.
Stortz, Pfarrer in Oberhaufen bei Wagbäufel.
Rob. v. Stogingen, Frhr., in Steißlingen.
K. Strattbaus, Defan und Pfarrer in Stettfeld.
A. Straub, Domcapitular in Straßburg.
N. Straub, Pfarrer in Diftelbaujen.
A. Strehle, erzb. Geiftl. Rath und Stabtpfarrer v. Meersburg, 3. 3. in Feiburg.
8. Streicher, Pfarrer in Binningen.
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Herr A. Striegel, Pfarrer in Lausheim.
I. Thoma, Pfarrer in Adorf.
DB. Thummel, Pfarrer in Vöhrenbach.
. Treſcher, Pfarrer in Mühlhauſen bei Engen.
B. Trenfle, Secretär am Verwaltungshof in Karlörube.
. X. Ummenbofer, Pfarrer, 5. 3. Pfarrverweſer in Wöſchbach.
. X. Urnauer, Schulinſpector und Pfarrer in Schömberg (Würtemberg).
‚ Uslänber, Pfarrer in Güntersthal.
. Balois, Pfarrer in Oberhauſen.
enningen, Frhr., in Eichtersheim.
ivell, Pfarrer in Biberach.
Ögele, Secretär bei d. erzb. Orbinariat in Freiburg.
ogel, Caplan in Eigeltingen.
. Vogt, Pfarrer in Berolzheim.
v. Wänker, Rechtsanwalt in Freiburg.
Ba gner, Pfarrer in Bohlsbach.
ab] iedel, Eamerer und Pfarrer in Oberwolfad.
. Waibel, Pfarrer und Definitor in Thengenborf.
aldmann, erzb. Geiſtl. Rath und Pfarrer in Drfingen.
Walt, Gaplaneiverwefer in Neuenburg.
alfer, Definitor und Pfarrer in Niederrimfingen, 3. 3. in Freiburg.
alter, Pfarrverweer in Lautenbach.
. Walter, Pfarrer in Hollerbach.
\ambolb, Frhr., in Groß-Umſtadt.
anner, Dompräbendar und Domcufios in Freiburg.
arth, Stadtpfarrer zu St. Damian in Brucdjfal.
®. Weber, Pfarrer in Liggersdorf.
. Weber, Pfarrer in Dillendorf.
. Webinger, Pfarrer in Wiechs.
. M. Webrle, Pfarrer in Mösbach.
. F. Meidum, Domcapitular in Freiburg.
wi Diarzer in Untermettingen.
. 3.8. Weiß, k. f. Univerfitätsprofejjor ber Geſchichte in Graz.
. Veit, Piarrer in Grünsfeld.
. Weiß, Pfarrer in Urloffen.
‚ BVelte, Vikar in Kirchhofen.
mM. Werber, Gaplaneivermefer in Rabolfzell.
Werkmann, Pfarrer in Heitersheim.
MWerni, Rapları in Kirchhofen.
.Weyxer, Pfarrer in Wellendingen, D.A. Rottweil (Würtemberg).
. N. Widmann, Pfarrer, d. 3. in Sädingen.
Wiehl, Pfarrer in Langenargen, O.A. Tettnang (Würtemberg).
. Wiejer, Dekan und Stabtpfarrer in Markdorf.
. Wieffe, —— in Nußbach bei Oberkirch.
Bill, Pfarrer, d. 3. Pfarrverweier in Stupferid.
N. Bill, Pfarrer in Stollhofen.
.% Winter, Pfarrer in Habsthal.
. 5 Wörter, Profeſſor am ber Univerfität Freiburg.
WB ünid, Pfarrer in ar O.⸗A. Herrenberg Wartemberg).
Zängerle, Pfarrer, d. 3. Pfarrverweſer in Berghaupten.
ns Zapf, Pfarrer in Urach.
4 ogel, Stabtpfarrer in Elzach.
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BEBZEZZLZLELLTEITTII TITTEN
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ell, erzb. Archivar in Freiburg.
immermann, Pfarrer in Berau.
immermann, Pfarrer in St. Blafien.
immerle, Stabt- und Garnifonspfarrer in Stuttgart.
ugihwert, Dekan und Pfarrer in Markelfingen.
.3B u reich, Dekan und Stabtpfarrer in Staufen.
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Geſtorben find feit Ausgabe bed vorigen Bandes:
Bon den Til. H. HS. Frolectoren:
W. E. Freiherr v. Ketteler, Bifhof von Mainz, 13. Juli 1877.
Bon den Mitgliedern :
F. Katzenmaier, Pfarrer in Bermatingen, 13. Auguft 1876.
5. X. Lender, Geifll. Rath, Stabtpfarrer in Breifah, 22, Auguft.
J. A. Wagner, Pfarrer in Niederwihl, 25. Auguft.
F. dv. Andlaw, Frhr. Geh. Rath in Baben, 4. September.
Dr. F. X. Dieringer, Geiftl. Rath, emer. Profeſſor ber Theologie, Pfarrer in
Beringenborf, 8. September.
F. A. Stang, Pfarrer in Watterdingen, 1. October.
J. €. Stauß, Geiftl. Rath und Pfarrer in Bingen, 10. October.
W. Haid, emer. Defan und Pfarrer in Lautenbach, 19. October.
J. Majer, Dean und Pfarrer in Kirchen, 17. November.
J. Bader, Pfarrer in Ehingen, 15. December.
Dr. F. Hauſchel, emer. Dekan und Stabtpfarrer in Spaidhingen, 30. December.
% Haberftroh, Pfarrer in Weingarten, 14. Januar 1877,
M. Shwendemann, Geifll. Rath und Pfarrer in Bühl, 14. Februar.
A. Stöhr, Dekan und Stadtpfarrer in Überlingen, 4. April.
P. Mattes, Camerer und Pfarrer in Deißlingen, 13. April.
. Mayer, Pfarrer in Kürzel, 29. Mai.
. Häring, Pfarrverwefer in Schuttern, 19. Juni.
‚ Mayer, Pfarrer in Inneringen, 6. Zuli.
Wirnjer, Stabtpfarrer in Oberkirch, 30. Auguft.
x. Moutet, Pfarrer in Sinzheim, 5. October.
B. Bauer, Pfarrer in Iſtein, 28, October.
Gratz, Pfarrer in Kirrlach, 2. November.
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822 2
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Bereine und gelehrte Inftitute,
mit welchen der kirdl.-hiftor. Verein in Schriftenanstanfch ſteht:
41. Allgemeine geſchichtsforſchende Gefelliaft der Schweiz, in Bern.
2. Hiftorifcher Verein für den Nieberrbein, insbejondere bie Erzdiöcefe Köln, in
Köln.
3. Hiftorifher Verein ber fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug,
in Luzern.
4. Hiftorifcher Verein bes Kantons Glarus, in Glarus,
5. Berein für Geſchichte und Altertyumsfunde in Hohenzollern, in Sigmaringen.
| 6. Hiftorifcer Verein des Kantons Thurgau, in Frauenfeld.
7. Germaniſches Mufeum zu Nürnberg.
8. Geſellſchaft für Beförderung der Gedichte u. f. w. von Freiburg, bem Breisgau
und ben angränzenden Lanbidaften, in Freiburg.
9. Berein für Kunft und Altertum in Ulm und Oberfhwaben, in Ulm.
10. Hiftorifher Verein für Unterfranken und Afcaffenburg, in Würzburg.
41. Berein für Gefhichte und Naturgefchichte der Baar und ber angränzenden Lanb-
Ihaften, in Donauefchingen.
12. Berein für Gefhichte des Bodenfees und feiner Umgebung, in Tettnang und
Friedrichshafen.
13. Hiſtoriſcher Verein für Oberpfalz und Regensburg, in Regensburg.
14. Konigl. Würtemberg. Geh. Haus⸗ und Staatsarchiv, in Stuttgart.
415. Königl. Baier, Ncademie der Wiſſenſchaften, in Münden.
16. Berein für Erhaltung ber biftorifhen Denfmäler des Elfaßes, in Straßburg.
17. Königl. Würtemberg. ftatiftifchetopographifches Bureau, in Stuttgart.
48. Berein für Chemniger Gefhichte, in Chemnik.
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XVI
Inhaltsanzeige.
% ©. Mayer: Leben und Schriften bes Paters Moriz van ber Meer
% B. Trenkle: Beiträge zur Gefchichte ber Pfarreien Elchesheim,
Bietigheim, Otigheim, Steinmauern, Durmersheim
K. Reinfried: Die Stabts und Pfarrgemeinde Bühl .
Dr. 3. 2. Baumann: Die Freiherren von Wartenberg
€. Schnell: Beiträge zur Geſchichte ber — Svonthai
und Mergentheim
Th. Martin: Die Clauſe in der Eag
J. Huber: Schreiben bes Erzbiſchofs und Tardinals Kart Borromäus
A. Baur: Das Tobesjahr bes hl. Trubdpert . i
Dr. %. König: Zur neunten Säcularfeier bes hl. Konrad.
rung über bie ältefien Vitae .
Derjelbe: Beiträge zur Geſchichte ber theol. Facultät Breisun:
Wort ber Vertheidigung; Nachtrag mit Beilage
Kleinere Mittheilungen.
Dr. König: Eine feierliche Doctorpromotion
Zell: Zur Baugeſchichte des Freiburger Münfters
Marmor: Zur Gefhichte des Bisthums Conſtanz
Staiger: Das ehemalige Klofter St. Katharinenthal . ;
Schmidt: Zwei Actenflüde, bie erfte Wahl eines Erzbifchofs von Freie
burg betreffend .
Dr. König: Literarifche Anzeige über 1) Slap, Geſchichte bes aloſtero
Alpirsbach; 2) u en ber mn bes zu Alt
breijad)
Orientis
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Seite
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35—64
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303—306
306—313
313—318
318—320
320—324
Leben und Schriften
de3
Pater Moriz Hohenbaum van der Meer,
Denediktiner im Stifte Aheinan.
Von
Joh. Georg Mayer,
trer in Oberurnen, Canton Glarus.
Pia
Quellen.
Ildephons Fuchs, Leben und Schriften bes Pater Moriz Hobenbaum van ber
Meer. Mier.
Diarium des Pater Bafilius German (1763—1794). Mier.
5 » „Blaſius Hauntinger (1788—1797). Mier.
— „.„Jaanuar Frei (1786 -1795). Mier.
P. Othmar Vorster, historia Rhenaugiensis abbreviata (bis 1806 reichend).
Mscr.
Gottl. Emmanuel v. Haller, Bibliothek der Schweizergefchichte. Bern 1785—87.
Bb. III. Nero. 1485 ff.
Georg Wilhelm Zapf, Reife in einige Klöfter Schwabens, durch ben Schwarz:
wald und in die Schweiz 1781. Grlangen 1786.
Idem, Monumenta anecdota historiam Germaniae illustrantia ex sua
bibliotheca aliisque. Vol. I. Augustae Vind. 1785.
Die Schriften van der Meers jelbit.
Die übrigen Quellen find in den Anmerfungen erwähnt.
a .
Eine Stunde unterhalb Schaffhauſen auf einer Inſel des Rheines,
welche diefer in Schlangenmwindungen umfluthet, Tiegt bie ehemalige Be:
nebiftinerabtei Rheinau, eine Stiftung de8 welfiſchen Geſchlechtes,
die fih unter wechſelvollen Schidjalen beinahe eilf Kahrhunderte hin-
durch erhielt, bis fie 1862 den Beitrebungen unferer Zeit weichen mußte.
Unter den Männern, melde in dieſem Gotteshaufe ihr Leben den
öfterlihen Übungen und, gemäß den Überlieferungen des Ordens, der
Wiffenihaft widmeten, verdient vor Allen Pater Moriz Hohen:
baum van der Meer genannt zu werben, in jeder Hinjicht eine
Zierde feines Stiftes, von allen Benediktinern der Schweiz einer ber
eriten und fleigigjten hiſtoriſchen Schrijtiteller.
Sein Leben und nod) mehr feine meilt ungedrudten Schriften
ind in weitern Kreifen wenig befannt. Sie verdienen aber ein all
gemeinere3 Anterejje, und dieſes zu mweden, ift ber Zweck der folgenden
Arbeit.
I.
Die Familie, welcher Pater Moriz angehörte, hat ihre Heimath
in den Niederlanden, wo diefelbe jegt noch in Amjterdam bejtehen joll.
Mehrere Glieder derjelben Haben ſich jchon früher befannt gemacht:
Jakob van der Meer war 1536—1559 Abt de3 Gijtercienjerflojterd
St. Bernhard an der Scelde bei Antwerpen und zeichnete ſich durch
Gelehrjamleit aus; dem Johann van der Meer, Abt des Benediktiner-
Hojterd Andin, widmete La Groir feinen Hortus Marianus; Niko—
lau8 van der Meer war 1702 einer der holländiſchen Abgeordneten
bei der Verſammlung zu Nördlingen.
Der Stammvater der Seitenlinie, aus welcher Pater Moriz her:
vorging, war Hubert van der Meer, holländiſcher Oberſt. Ihm fchenkte
Kaiſer Marimilian I. im Jahre 1512 das adelige Lehengut Hohenbaum
und erhob ihn ſowie jeine Nachkommen den 4. November gleichen Jahres
in den Adelaftand unter Verleihung de Namen? „Hohenbaum van
der Meer”.
Die Nachkommen Huberts Liegen fi in Nürnberg nieder, wurden
dort Bürger und traten zum Protejtantismus über. Der Großvater
1%
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4
des Pater Moriz aber, Jakob van der Meer, verließ mit feiner Ge:
mahlin Margaretha v. Echiltenhardbt Nürnberg, nahın die Fatholijche
Religion an und trat zu Ingolſtadt in churfürſtlich-bayeriſche Dienſte.
Sein Sohn Johann Caspar ſtudirte in Ingolſtadt Philofophie
und in Wien die Nechte, erıwarb fi 1705 den Titel eine Doctors der
Philojophie und wurde im jelben Jahre zum Faijerlihen und päpitlichen
Notar ernannt, mit der Berugniß, einen feiner Nachkommen bis in bie
dritte Generation zur gleihen Würde befördern zu dürfen. Zugleich
wurde ihm der Adelsbrief ſeines Geſchlechtes beitätigt. Nachdem er eine
Zeit lang Hofrath de Markgrafen von Baden-Durlach gemwejen, wurde
er Auditor bei einem meuerrichteten Faiferlihen Negimente und machte
als ſolcher die Türkenfriege mit,
Er war vermählt mit Francisca, einer Tochter des Oberamtmann
von Spörl, in Dienjten des Stiftes Frauenalb. Ein Kind diefer Eltern
war unjer Pater Moriz. Er wurde geboren am 25. Juni 1718, aljo
furz vor dem Peſſarowitzer Trieben, im Kriegslager unmeit Belgrad und
erhielt bei der Taufe die Namen Joſeph Anton Franz.
Hatte der Knabe an den Grenzen des türkiſchen Reiches das Licht
der Welt erblict, jo jollte er im ſchönen Italien feine erjte Erziehung
erhalten. Nah Beendigung des Krieged ernannte nämlich Fürit Karl
Borromeo, Vicefönig von Neapel und Bevollmädtigter Minifter über
die Eaiferlihen Yande in Stalien, den Johann Caspar van der Meer
sum Statthalter über die dem Kaiſer anheimgefallenen, unruhigen Fürjtens
thümer des Haujes Gonzaga: Caſtiglione di Stivere, Mebole, Solverino
und Gajtell Gifredo. Johann van der Meer jehritt energijch gegen die
Rebellen ein und ließ einige berjelben enthaupten. Nach hergeitellter
Ruhe wußte er ſich aber auc die Zuneigung bed Volkes zu ermwerben-
Die Gemeinde Medole und die Stadt Eajtiglione brüdten ihm 1723
und 1724 in unzmeidentigjter Weile ihre Sympathien aus und ließen
eine auf ihn verfaßte Sonette drucken. Der kaiſerliche Minifter be:
zeugte ihm jeine Zufriedenheit dur bie Ernennung zum Generalauditor
jeiner Truppen.
Ban der Meer wohnte mit feiner Familie im Palafte Gonzaga.
Deßhalb verlebte Johann Anton Franz die SKinabenjahre mit feinem
Altersgenoſſen Alois Valenti-Gonzaga, der jpäter Nuntius in der Schweiz
und zulegt Kardinal wurde.
1730 ſiedelte Statthalter van der Meer nad Mailand über und
bajelbjt erhielt fein einziger Eohn den eriten Unterricht. Dasſelbe Jahr
1750 wurde für ben zmölfjährigen Knaben ein höchſt traurige: ben
26. März ftarb feine Mutter und ben 15. September auch fein Vater,
und biejer hatte jeinen Sohn jo geliebt, daß er mit ihm das gleiche
5
Bett theilte; ala der Knabe erkrankte, erbte der Vater die Krankheit und
ftarb, während der Sohn wieder gena3.
Der frühe Tob der Eltern führte den Waiſen in das Stift
Rheinau. Sein mütterliher Onkel v. Spörl nahın fi feiner an und
empfahl ihn dem ebenfall3 verwandten Benebilt Ledergerber, Capi—
tular und fpäter Abt von Nheinau, damald Prior in Schmwarzad).
Diejer bewirkte die Aufnahme des Knaben in die Schule des Stiftes
Rheinau.
An Folge des bisherigen Wanderlebend war der junge van ber
Meer weder der deutſchen noch italienischen Sprache ganz mädtig;
deſſenungeachtet machte er doc ehr gute Fortihritte, und in kurzer
Zeit war ber aufgeweckte, heitere, offene und talentvolle Knabe der
Liebling jeiner Obern. Er ſelbſt fühlte ji unter den Orbendmännern
ganz heimiſch und der Entihluß, Nheinau zu feiner eigentlichen Heimath
zu wählen, gejtaltete ſich jo von jelbit.
Fünfzehn Jahre alt trat er in's Noviziat und legte den 12. Sep:
tember 1734 die Ordensgelübde ab, bei welchem Anlafje ihm der Ktloiter:
name Moriz gegeben wurde. Nach Vollendung der gewöhnlichen Eurje
der Philofophie und Theologie mußte er noc mehrere Jahre warten,
bis er da3 zur Erlangung der Priefterweihe vorgejchriebene Alter er:
reiht hatte. Er benüßte diefe Zeit jorgfältig, um fi in den Wiſſen—
Ihaften auszubilden. Mit bejonderem Eifer ftubirte er die biblijchen
Wiſſenſchaften, befonders Eregeje, hielt aus diefem Fade öffentliche Dis—
putationen, wozu nad) damaliger Sitte Profefjoren aus andern Abteien
eingeladen wurden.
Den 15. Auguft 1741 weihte ihn der päpftliche Nuntius Durini
zum Prieſter und den 23. April 1742 wurde er zum Unterpfarrer
von Nheinau, den 25. Oftober 1743 aber zum Lehrer an der Kloiter:
Ihule ernannt. In demjelben Jahre bejuchte Markgraf Augujt von
Baden-Baden dad Klofter Rheinau. Derjelbe lud die beiden jungen
Eonventualen Moriz und Heinrih von Anethan zu einem Beſuche an
jeinem Hofe ein und erwirkte ihnen beim Abte die Erlaubniß zu diejer
Reije.
Die beiden Benebiktiner wurden an dem markgräflichen Hofe auf's
Beite empfangen. Der Markgraf veranlaßte fie jodann zu einer Reife
an bie Höfe von Stuttgart, Bruchſal, Karlsruhe und Raftatt und gab
ihnen Empfehlungen, die ihnen überall freundliche Aufnahme verichafften.
Am December 1744 murbe Pater Moriz zum Lehrer der Moral:
Theologie ernannt; jeit 1746 docirte er Philojophie und darauf
auh Dogmatik, Für feine Vorlefungen arbeitete er die Hefte ſelbſt—
ſtändig und forgfältig aus. Er ſchloß ſich der traditionellen Scholaſtik
6
an und war in den zahlreichen Disputationen immer jchlagfertig. In
diefer Zeit lieg er zwei Schriften im Druck erſcheinen: Ethica religiosa,
ascetico-theologica (Luzern. 8°. 509 ©.), eine Abhandlung über die
Pflidten der Drdengleute, noch jett jehr braudbar, und: Examen
reflexum in theologiam scholasticam (1751. 4%. 28 ©.), eine Ber:
theidigung der ſcholaſtiſchen Methode.
Neben jeinem Lehrberuf war Pater Moriz aud in anderen Be:
ziehungen thätig. Es wurden damals von den Unterthanen verjchiebene
Rechte des Kloſters bejtritten und der Abt beauftragte daher die Patres
Roman Effinger und Moriz mit der Abfaſſung einer Vertheidigungs—
ihrift, welde unter dem Titel: „Wahrhafte und gründliche Beant-
wortung der Schmähſchriften“ 2c. gebrucdt wurde. Auch zwifchen dem
Domjtifte Conftanz und dem Klojter Rheinau waren Streitigkeiten
bezüglich der Bejeßung einiger Pfarreien im Kleggau entjtanden. Pater
Moriz wurde zur Gonferenz abgeordnet, welche im April 1748 zwijchen
den Betheiligten im Stifte Petershauſen jtattfand. Die Verhandlungen
führten zu einem Vergleiche, welher am 25. Juli desjelben Jahres ra—
tificirt wurde,
So wurde Pater Moriz frühzeitig in die Verwaltungsgefchäfte des
Kloſters eingeführt, und da er hiebei eine außergewöhnliche Geſchicklichkeit
befundete, jollte er in Zukunft ganz für die Adminijtration verwendet
werden. Es wurde ihm 1752 die Profefjur abgenommen und die Be—
jorgung der Kanzleigejchäfte übertragen. Nach dem Tode des Prälaten
Bernard Nusconi wurde den 11. September 1753 Noman Effinger
zum Abte erwählt. Derjelbe nahm ſchon am 12. Oktober gleichen
Jahres bedeutende Veränderungen bezüglich der Stellungen der Patred
vor und ernannte den Pater Moriz zum Statthalter der Herr:
ihaften Mammern und Neuenburg im Thargau.
Abt Roman regierte nicht glücklich. Higigen Charakter und
ohne Hinreichende Einficht ordnete er Manches an, was dem Stifte zum
Schaden und dem Convente zum Verdruffe gereichtee So verkaufte er
gegen den Willen de Conventes den Ort Marthalen an Protejtanten,
nahm Beränderungen am Rheinufer vor, durch welche die Schifffahrt
jehr erjchwert wurde, Tieß am Klofter Reparaturen ausführen, melde
den Einjturz des Gebäudes befürchten Ließen, verlegte die Schule mitten
in die Claufur u. ſ. wm. Derartige ſchädliche und Tächerlihe Anorb-
nungen machten die Regierung des Abtes faſt unerträglid. Um daher
die Refignation desjelben zu veranlaffen, entjchloffen fich einige Conven—
tualen, bei dem päpftlichen Nuntius und den Bifitatoren der ſchwei—
zeriihen Benebiktinercongregation eine Klagejchrift einzureichen.
Auch Pater Moriz war von der allerding® peinlichen Nothwendig-
7
feit eines ſolchen Schrittes überzeugt, und da er als Auswärtiger freier
handeln konnte, wurde er mit Abfaffung der Schrift betraut. Ein Laie
machte den Abt aufmerkſam, daß Etwad im Spiele jei und der Ver—
dacht fiel auf Pater Moriz. Deßhalb erihien der Abt ganz unerwartet
in Mammern und fucdhte nad verdächtigen Papieren. Allein Pater
Moriz war vom Prior durch einen nächtlichen Eilboten von der An—
funft des Abtes unterrichtet worden und Tonnte daher jeine Papiere
noch rechtzeitig bejeitigen.
Die Schreiben gingen an ihre Adreſſen ab, und da man die Klagen
begründet fand, fo beriefen die Vifitatoren, nämlich die Äbte Cölejtin
von St. Gallen und Nikolaus von Einfiedeln, den Abt nad Wyl, jtellten
ihm die Rage vor und riethen ihm zur Nejignation. Diefem Rathe
leijtete er den 6. Juni 1758 Folge. Der päpitlihe Nuntius genehmigte
diejelbe * und den 20. Juni gleichen Jahres wurde zur Wahl eines
neuen Abtes gejchritten, die auf den bißherigen Prior Januar Dangel
fiel. Diefer ernannte nun den Pater Moriz zum Prior de3 Kloſters
und bald darauf zum Ardivar.
Bisher, aljo bis in fein 40. Lebenzjahr, hatte Pater Moriz ji)
noch nicht jpeciell mit hiſtoriſchen Studien beidäftigt. E3 hatte
ihm hiefür wohl an Zeit, vor Allem aber die Anregung gefehlt. Diefe
fam ihm zweifelsohne vom benachbarten Kloſter St. Blafien, mo ge
rade um dieje Zeit eine Gelehrten-Afademie erblüht war.
Die erjte Hiltoriiche Arbeit van der Meerd war dem Heiligen Fin—
tan gewidmet. Bon jet an betrachtete der begabte Mann bie hiſtori—
ſchen Studien ala feine Hauptaufgabe.
Um mehr Zeit für feine Forſchungen zu finden, fuchte er um Ent:
hebung vom Amte des Prior? nad. Der Abt entiprad feinem Anz
ſuchen und ernannte ihn ben 20. Mai 1774 zum Chorheren und Director
der Kanzlei. Die Stelle des Archivars behielt er bei. Setzt befand er
fh in ganz erwünſchten Verhältniffen. Er hatte zwar einige ökonomiſche
Geſchäfte zu bejorgen und gehörte zum Mathe des Abtes (Conferenz),
fonnte daher jeine adminijtrativen Kenntnifje zum Nuten des Stiftes
verwerthen, aber es blieb ihm die meiſte Zeit frei, beſonders da ihn fein
Amt von der Pfliht des Chorbejuches entband. Zudem war er ge:
wohnt, um 3 Uhr Morgens aufzuftehen und nicht vor 10 Uhr Abends
zu Bette zu gehen. So fonnte er meilt zwölf Stunden des Tages auf
feine Hiftorichen Arbeiten verwenden, die übrige Zeit war den religiöjen
ı Abt Roman durfte bie Infignien eines Prälaten beibehalten, zog fi nad
dem St. Galliihen Priorate St. Johann zurüd, kam aber fieben Jahre fpäter wieber
nah Rheinau und ftarb bafelbft ben 13. Juli 1766.
Be
8
Uebungen, den Geſchäften, der Erholung u. ſ. w. gewidmet. Nur fo
läßt fich erklären, mie es unferm Pater Moriz möglich wurde, in uns
gefähr dreißig Jahren eine fo erjtaunlihe Anzahl von Schriften zu
bearbeiten.
Was Pater Moriz für die Geſchichte geleiftet, darüber geben die
unten aufgeführten und beiprochenen Werke den beiten Aufſchluß; fie
bezeugen jeinen eijernen Fleiß und feine unermüdliche Arbeitäfraft. Es
jind im Ganzen 76 verjchiedene eigene Arbeiten, melde, Manufcripte,
59 Folio: und 23 Duartbände füllen, drei Werke find gedrudt. Dazu
fommen 52 Bände Correjpondenzen ac. und Beiträge zu Arbeiten und
Schriften anderer Verfaſſer.
Zunächſt war e8 die Gejhichte jeines eigenen Stiftes, zu
welcher er jammelte und welche er nad verjchiedenen Gefichtspunften
wiederholt bearbeitete. In zweiter Linie wandte Pater Moriz jeine Auf:
merfjamkeit dem Benebiktinerorden überhaupt und der jchmweizerifchen
Benediktinercongregation ingbejondere zu. Auch die Geſchichte mehrerer
benachbarten Stifte anderer Orden blieb nicht ausgeſchloſſen. Nur
wenige der vielen Arbeiten find gedrucdt worden, bie meiften blieben
jedoh im Manufeript erhalten und befinden ſich jett größtentheils in
der Gantonsbibliothel in Zürich.
Vorzüge der Schriften van der Meer jind: Gorgfältige, bis
in’3 Kleinfte gehende Sammlung und Verwerthung des Quellenmaterialz,
nüchterne, kritiſche Auffafjung, bündige, ftreng logiiche Beweisführung
und Hare, einfache Darftellung. Bon der Überſchwänglichkeit, die fonft
jeinem Zeitalter eigen war, ilt Pater Moriz jo weit entfernt, daß man
jeiner Darjtellung häufig mehr Lebendigkeit wünjchen möchte. Er jchrieb
faſt alle Werke in lateinischer Sprade, im Deutjhen war er weniger
gewandt.
Als Belege, wie feine Zeitgenofjen über die hiſtoriſchen
Arbeiten van der Meers urtheilten, jeien bier nur zwei Briefe erwähnt,
welche über ihn an dritte Perſonen gerichtet waren. Zurlauben be:
merkt an Hofrath Zapf (Zug, den 12. Dezember 1781): „Hisce diebus
sub auspieiis Helvetici Mabillioni Mauritii van der Meer
Rhenaugiensis Prioris humanissimas has litteras accepi.“ Bei
dem Tode van der Meers jchreibt ein gelehrter Gapitular von Einfiedeln
an Pater Ildephons Fuchs: „Explicare tibi verbis nullis possum,
quantopere nos omnes perculerit, quantopere imprimis me dolore
adfecerit tristissimus de immortalis vestri, immo et nostri Mauritü
obitu nuntius. Cecidit plane corona vestra, insigne Congregationis
t Zapf, Reifen x. S. 159.
9
nostrae decus et litteratorum omnium aeque ac litterarum orna-
mentum singulare.‘
Die vielfeitigen hiſtoriſchen Studien brachten unjern Pater Moriz
mit zahlreihen Gelehrten in Verbindung. Sein ältefter literariſcher
Freund war General v. Zurlauben, Freiherr von Thurn und Geftelen-
burg, mit dem er 27 Sahre hindurch in freundjchaftlichitem Verkehre
ftand. Zurlauben fam, mie es jcheint, am 29. September 1768 zum
eritenmal nad; Rheinau. Von da bildete ſich ein veger freundſchaftlicher
und gelehrter Verkehr zwiſchen Beiden, fie theilten jich alle ihre literari-
ihen Pläne und Arbeiten mit und unterjtügten ji gegenfeitig. Zur:
fauben Fam fpäter noch öfter nah Rheinau. Auch Zapf lernte durch
Pater Moriz AZurlauben fennen und bebicirte ihm fein befanntes
Reiſewerk.
Einen regen literariſchen Verkehr unterhielt van der Meer mit dem
Abt Gerbert von St. Blaſien, mit Gottl. Em. Haller in Bern,
der ihm den dritten Band der Bibliothek der Schweizergeſchichte zur
Durchſicht überſandte und außerdem ſeine Mitwirkung mehrfach in An—
ſpruch nahm. Ein lebhafter Briefwechſel wurde geführt mit den ge—
lehrten Benediktinern in St. Blaſien, Einſiedeln, Muri, St. Gallen,
St. Emmeram, Weingarten, Benediktbeuren u. ſ. w., mit Weihbiſchof
Murdtwein von Worms, Hofrath Zapf in Augsburg, Holzhalb in
Zürich, Balthaſar in Luzern u. ſ. w. Insbeſondere war van der Meer
auch mit dem Nuntius und ſpäteren Kardinal Alois Valenti-Gonzaga
befreundet, mit dem er die erſten Jugendjahre verlebt hatte und der
jetzt ſeinen literariſchen Beſtrebungen die größte Aufmerkſamkeit widmete.
Die wichtigeren Correſpondenzen mit dieſen literariſchen Freunden finden
ſich noch in den unter Nro. 77 angeführten Miscellanea.
Auch im Kloſter fand Pater Moriz wie billig Anregung und
Unterſtützung. Zunächſt war ſein beſonderer Gönner der Abt Januar
Dangel (1758—1775), welcher in jeder Weiſe die Studien unter den
Gonventualen zu fördern juchte, Vieles für Ergänzung der Bibliothef
und der wiflenfhaftlihen Sammlungen verwendete.
Bon den damaligen Gonventualen bejchäftigten ſich jpeciell mit hi—
ſtoriſchen Arbeiten: 1) Ildephons v. Fleckenſtein, get. den 5. Mai
1767. Er hinterließ verſchiedene Schriften; fo eine kurze Geſchichte der
ſchweizeriſchen Cantone, eine Bejchreibung aller Orte der Cantone Luzern,
Thurgau und Schaffhaufen, eine Beſchreibung der jchmeizerijchen Be—
nebiftinerflöfter, Stammbäume ſchweizeriſcher Adelsgejchlechter u. |. w.
ı ©. beiien Biographie im Katalog der aargauifhen Gantonsbibliothef. Aarau.
1857.
10
2) Heinrih de Anethan, geit. den 22. März 1761. Er jehrieb
einiges über Rheinau und war bejonders in der Mathematik und den
orientaliihen Sprachen bewanbert.
3) Baſilius German von Lichtenfteig, geit. den 24. Januar 1794,
Er war 1778—1792 Archivar, ſowie 1785—86 Bibliothefar und ver-
faßte mit vielem Verjtändnig und Fleiß ein Verzeichnig der Manufcripte
des Stiftes: Catalogus synoptico -eriticus manuscriptorum perga-
menorum et papyraceorum bibliothecae Rhenoviensis. 2 Bde.
Zapf jagt über dieje Arbeit!: „Nicht ein jimples und gemöhnliches
Verzeichniß, wie man’ oft antrifft, jondern ein Eritifches und raijonni-
vendes ijt e3, worin ganze Auszüge von Manufcripten vorfommen und
da3 Alter des Codex durch gelehrte Anmerkungen bejtimmt wird. Es
ijt ein jo herrliches und mit fo viel Fleiß und Genauigkeit verfertigtes
Verzeihnig, day es mit allen Ehren dem Publikum vorgelegt werben
könnte und dürfte.“ German jchrieb ferner einen hiſtoriſch-chronologiſchen
Katalog der Stifter, Wohlthäter, Abte und Mönche von Nheinau.
4) Othmar VBorfter, gejt. 1808. Er fchrieb eine Historia Rhe-
naugiensis abbreviata, welche bis 1806 reiht.
5) Ildephons Fuchs, geit. 1823. War ein Schüler des Pater
Moriz, aber diejem in vielen Beziehungen unähnlid. Er trat 1800
aus dem Orden und wurde Pfarrer an verjchiedenen Orten im Bis—
thum St. Gallen. Weber feine Schriften fiehe Mülinen, Prodromus
einer jchweizeriichen Hiftoriographie, ©. 25.
So zahlreich die hiſtoriſchen Schriften de8 Pater Moriz find, jo
beihränfte jic) doc feine gelehrte Thätigkeit nicht auf die Geſchichte
allein, ihm bejchäftigten insbejondere auch die Naturwiſſenſchaften
und er erwarb ſich große Verdienjte um die Naturalienfammlung des Klo:
ſters. Beim Antritt feines Priorates befaß das Stift nur wenige in
einem fleinen Kajten ohne jeglihe Ordnung aufbewahrte Naturalien.
Pater Moriz ordnete das Vorhandene und bejtrebte jich, überall neue
und jeltene Stüde zu erwerben. Da ihn hiebei die Äbte Januar I.
und Bonaventura II. unterjtügten, jo wurde die Sammlung bald jo
anjehnlih, dal jie einen geräumigen Saal erforderte. Pater Moriz
fertigte einen genauen Katalog an und bereicherte zugleich die Bibliothek
mit den beiten naturwiſſenſchaftlichen Werken, um jo ein eigentliches
Studium der Sammlung zu ermöglichen.
Da ihm mande Mineralien in vielen Eremplaren zufamen, jo ge:
rieth er auf eine originelle Verwendung derſelben. Auf ber öftlichen
Spite der Halbinjel jteht das 1587 von Abt Theobald erbaute, der
1 Reiſen x. ©. 126.
11
hl. Magdalena geweihte Kirchlein. Pater Moriz ließ nun mit Erlaubnif
des Abtes im Jahre 1761 die alten Altäre entfernen und ſchmückte das
Innere ganz mit Mineralien (Kryitallen, Tropfiteinen, Verſteinerungen,
Muſcheln u. |. w.), bildete drei Grotten und ließ in denfelben bie
Bilder der Patronin und zweier heiligen Einfiebler anbringen. Das
Kirhlein iſt noch vorhanden und wird als ſehenswerthe Merkwürdig—
feit unter dem Namen Grottenfirhlein von Fremden viel bejudht.
Durch diefe Bejuche find jedoch manche Mineralien abhanden gekommen.
Mit dem Amte des Stift3-Arhivard war aud die Pflicht ver-
bunden, die Nechte des Kloſters wahren zu helfen. Während der Amts—
dauer des Pater Moriz wurde das Stift in verſchiedene Streitigkeiten
verwicelt, und dieje gaben ihm Beranlaffung zu eingehenderen juriijti-
ſchen Studien. Für verjchiedene Proceſſe verfaßte er ausführliche Ver:
theidigungsjchriften, von denen einige jurijtiihen Fakultäten und Reichs—
gericht3höfen vorgelegt wurden. Sie fanden nicht nur Anerkennung,
jondern bewirften aud) in den meijten Fällen ein dem Stifte günjtiges
Urtheil. Bei ſchweizeriſchen Gerihtshöfen übernahm Pater Moriz aud)
die mündliche Vertheidigung. Mehrere von Pater Moriz verfaßte Ber:
theidigungsjchriften betrafen die Differenzen des Kloſters Rheinau mit
dem Hodftifte Conſtanz megen einiger Pfarreien im Kleggau; — die
Anjprühe des Klofterd auf das Dorf Buggenried gegenüber dem
Klojter St. Blafien ; die Streitigkeiten zwijchen dem Fürjten v. Schwarzen
berg und dem Stifte über die Hoheit3rechte in Jeſtetten und Altenburg
(Huldigungsredt, Mannſchaftsrecht ꝛc.) u. j. w.
Um fih und jpätern Ardhivaren die Wahrung der Rechte des
Kloſters zu erleichtern, verfaßte Pater Moriz dad „Haus- oder Kanzlei—
buch, betreffend die Jurisdietionalia und Oeconomica monasterii Rhe-
noviensis“, worin er alle Rechte des Stiftes jorgfältig verzeichnete und
feftftellte. Durch dieſes Buch mar für Rechtsſtreitigkeiten das Archiv
jogar entbehrlich geworden.
Pater Moriz war jedoch nicht bloß Gelehrter, er war auch ein
mufterhafter Ordensmann; pünktlid in allen Elöfterlichen Verrich—
tungen, wollte er für fich feine Ausnahme haben. Für Gebet, Betrach—
tung und geiftlihe Leſung fette er fich eine bejtimmte Zeit feit, die er
ftrenge einhielt. Aus ascetiſchen Schriften machte er für IRRE eigenen
Gebraud; viele Auszüge.
Bon dem praktiſchen Geſchicke, weldes Pater Moriz bejaß,
zeugen bie Ämter, melde ihm im Kloſter übertragen wurden. Lange
Zeit war er Prior und hatte al3 folher die ganze innere Ordnung
zu leiten und zu überwachen. Die Prälaten der ſchweizeriſchen Be:
nebittinercongregation wählten ihn den 13. November 1776 in
12
Rorſchach zum Secretär der Congregation. In dieſem Amte hatte er
die meiften Gorrejpondenzen im Namen der Gongregation zu führen,
insbejondere mit den päpftlihen Nuntien. Ofters mußte er mit diefen
perjönlich verkehren; zum legten Mal 1785, da er im Namen der Con—
gregation von dem nad Wien verfegten Nuntius Caprara de Monte
Cuculi Abjchied zu nehmen und ihm für die geleifteten Dienjte zu danken
hatte. Der Nuntius jchrieb darüber an den Prälaten: Equidem fa-
cundissimus hic Orator tam apte et concinne locutus est, ut verba
mihi defuerint, quibus eidem nedum ex condigno, sed etiam ex
congruo respondere valerem.
Daß Pater Moriz mit dem Nuntius Valenti:Gonzaga (1764 big
1773 in Luzern) beſonders befreundet war, ijt bereit3 oben bemerft
worden. Diejer Nuntius berichtete nad) Rom über ihn in jo empfehlen
dem Sinne, daß ihm von dort ein Biſchofsſitz angetragen wurbe.
Das Bisthum ijt näher nicht genannt, es dürfte fi aber um Freiburg
in der Schweiz gehandelt haben, welches päpitlicher Verleihung ift. Die
Ernennungsbulle war bereit3 ausgejertigt, allein Pater Moriz ſchlug
die angebotene Würde entjchieden aus. 1776 wollten ihn die Prälaten
der Gongregation zum Abte von Dijentig machen, aber er war aud)
hiefür nicht zu bereben.
Über die äußere Erjheinung und den Charakter des Pater
Moriz bemerft Zapf!: „Er ift ein Mann auf feinen Jahren, aber
immer fleißig und jeine Hauptbeijhäftigung iſt Gedichte und Diplomatif.
Bon Anjehen nicht groß und ſehr ernithaft, aber auch gegen Fremde jehr
böflid. Seine Gejundheitumjtände find ſchwächlich und daher mag
au das meilte feiner Ernithaftigkeit rühren. Eigentlich könnte man
es mehr etwas verdrüßliches als ernithaftes nennen. Allein er iſt ſonſt
ein feelenguter Mann. Sein allzu ftrenger Fleiß zieht ihn beinahe von
der Welt ab, denn er ijt beitändig in feiner Einjamfeit und arbeitet
unaufhörlid fort.“
Seit dem Jahre 1755 fühlte Pater Moriz eine Abnahme jeiner
Kräfte, er wollte daher feine Ämter abgeben und fi in die ftille Zelle
zurücziehen, allein ber Abt gab hiezu feine Einwilligung nit. 1791
feierte Pater Moriz fein Priefterjubiläum und bei diefem Anlafje bat
er um GEntlaffung von jeinem Amte al3 Secretär der Benediktiner-
congregation. Als bejonderen Grund gab er an, baß die vielen mit
ber Stelle verbundenen Reifen mit feinem Alter nicht mehr vereinbar
jeien. Die Prälaten entjpraden feinem Anfuchen nur infofern, als fie
1 Reifen ꝛc. ©. 159.
13
die Reifen dem Pater Heinrid Müller von Friedberg in St. Gallen
übertrugen, ihm aber die ſchriftlichen Arbeiten beließen.
Bei der nach und nad) fich jteigernden Abnahme der Kräfte wurde
es dem raftlos thätigen Manne zulegt ſchwer, den weiten Gang in die
Bibliothek zu machen. Er mußte daher, jo ſchmerzlich es ihm auch fiel,
barauf verzichten, neue Forihungen zu unternehmen. Da er aber doch
für die Gejhichte thätig bleiben wollte, jo entjchloß er fi, wichtigere
hiſtoriſche Manujcripte abzuſchreiben und fie mit feinen An—
merkungen zu verjehen. Auch beichäftigte ihn noch eine Biographie des
Ägidius Tihudy, für melde er bereit3 das Material volljtändig
gejammelt hatte und die jpäter Aldephons Fuchs herausgab.
Sn den legten Lebensjahren hatte er die frühere Tagesordnung in
der Weile abgeändert, daß er täglich fieben Stunden den religiöjen
Übungen, fieben Stunden feinen hiſtoriſchen Arbeiten und die übrige
Zeit der Erholung und Ruhe widmete. Und jo, unter Gebet und
Arbeit, bereitete fih Pater Moriz Jahre Hindurh auf den Tod
vor. In einem jtarken Foliobande jammelte er Lebensbilder jolcher
Perſonen, welche eines erbaulichen Todes gejtorben find, ſowie Ausſprüche
der Kirchenväter über Tod und Ewigkeit. Diefe Sammlung diente zu—
gleich zur täglichen Lektüre und Betrachtung.
Trogdem er jih viele Jahre Tag und Nacht mit dem Lejen und
Eopiren oft jehr jchmwieriger Urkunden und Handſchriften beichäftigt
hatte, erfreute fi Pater Moriz no im Alter eines guten Augenlichtes,
batte nie eine Brille nöthig; erjt kurz vor feinem Tode fühlte er in
Folge des Abſchreibens eines halbverblihenen Manufcriptes feine Augen
geſchwächt. |
Den 14. Dezember 1795 wurde er plößlich von Unterleibsſchmerzen
befallen, melche bald in bedenklicher Weije fich jteigerten, da auch der
Magen weder Speijen noch Arzneien ertrug. Während der menigen
aber ſchweren Leidenstage zeigte ji) der Kranke ald wahrer Chriſt und
Ordensmann; mit Geduld und Gottvertrauen ertrug er bie Schmerzen,
betete faſt beitändig oder ließ fih aus ascetiihen Schriften vorlefen.
Mit feinen Wärtern und Mitbrüdern unterhielt er ji in gewohnter
freunblicher Weile.
Einige Stunden vor jeinem Sceiden ließ er ſich aus dem Bette
beben und an fein Schreibpult jegen, er griff muthig nach der Feder,
doch dieſe verfagte ihm den Dienjt, er nahm eine zweite und dritte, aber
umfonjt, jeine Hand war zu ſchwach. Der Geift war ftarf geblieben,
aber die letzten Kräfte de Körperd waren gebrochen.
Man jpendete ihm auf wieberholtes Verlangen die heiligen Sterb-
jaeramente und beim Empfange erfüllte ihn die innigfte Freude, er betete
14
jelbft die Sterbegebete, bat jeine Obern und Mitbrüder um Verzeihung,
dankte jeinem Beichtvater und jeinen Wärtern, — und gab unter be-
ftändigem Gebete feinen Geiſt auf den 18. Dezember 1795, Morgen?
halb 6 Uhr.
IH. Schriften van der Meers,
a. Die Geſchichte des Alofters Abeinau betreffend.
1) Vita S. Fintani monachi et tutelaris Rhenaugiensis, ex
manuscriptis antiquis et notis modernis. Accedunt digressiones
de epocha vitae et cultus S. Fintani. 1767. Meser.
Der hl. Fintan, ein Irländer von Geburt, fam 851 nad) Rheinau
und jtarb als Mönch dajelbjt den 14. November 878. Die angeführte
Schrift des Pater Moriz enthält die älteſte Vita Fintans nad) den
Handidriften von St. Gallen, Reichenau und Rheinau. Diejelbe war
bereit3 von Goldajt und Mabillon t publicirt worden, jedoh nur une
vollitändig. Ban der Meer gab fich alle Mühe, den urjprünglichen Tert
berzujtellen. Außer verjchiedenen Anmerkungen fügte er vier Digreffiones
bei. Dieje enthalten: 1) Beitimmung der Stiftunggzeit des Klofterd
Nheinau (778). 2) Beweis, daß die Welfen Stifter des Kloſters
feien. 3) Zeitbeitimmung, wann der hl. Fintan nad) Rheinau ge—
fommen. 4) Gründungsgeihidhte von St. Blaſien als Eolonie von
Rheinau.
Ferner handelt van der Meer über die ältejten Abbildungen bes
bl. Fintan, ſowie deſſen kirchliche Verehrung, ältefte Officien und bie
Reliquien. Vier Sequenzen auf das Feſt des Heiligen, ſowie verjchiebene
Handzeichnungen bilden Beilagen. Der Verfaffer überjandte jeine Arbeit
1770 dem Bollandijten Pater Conjtantin Suifen, der jie mit großem
Danke annahm und deren Publication auf den 15. November in den
Actis Sanctorum in Ausſicht ftellte. ' Bekanntlich wurde das Werk der
Bollandiiten unterbrochen, bevor e3 zum genannten Tage vorgejchritten
war. Zapf veröffentlichte die Vita allein, ohne die beigegebenen Ab—
bandlungen van der Meers?.
2) Utrum S. Fintanus praeter corporalia etiam spiritualia
opera misericordiae exercuerit. Fol. Mser.
3) Millenarium Rhenaugiense seu historia mille anno-
i Rerum Alem. script. 1. 348. Acta S. S. IV. 4. 377.
2 Reifen x. S. 243—254.
* Auf Grund neuer fritifcher Hilfsmittel ift die Vita Fintani bearbeitet und
herausgegeben von Mone, Quelleni. I. 56—61. Anm. ber Reb,
15
rum monasterii Rhenaugiensis a saeculo Christi VIII. usque ad
XVII. ex ipsis fontibus, diplomatibus, chartis et manuscriptis
hausta et ad sanam crisin discussa. Fol. 6 Bde. Mser.
Ban der Meer gibt in diefem umfangreihen Werke eine jehr gründe
lie und betaillirte Geſchichte feines Stiftes biß zum Jahre 17581. Er
bat in dagjelbe nicht nur Alles aufgenommen, was bezüglich des Kloſters
von hiftorifchem Intereſſe iſt, jondern auch die verjhiedenjten Nachrichten
aus der Gefchichte der benachbarten Gegenden, bejonder der eblen Ge:
ihlechter, die mit dem Stifte auf irgend eine Weije in Berührung famen.
Die Arbeit war nicht für den Druck bejtimmt, van der Meer hatte fie
nur für die Conventualen Rheinau's gefchrieben, denen fie eine Quelle
der Unterhaltung und Belehrung fein follte Sie war in der That
trefflich geeignet, diejelben mit der Vergangenheit ihres Stiftes bis in's
Einzelnjte vertraut zu maden.
Das Werk iſt nah Jahrhunderten eingetheilt und jedes Jahr—
hundert wieder nad der Negierungszeit der Äbte. Das Leben und
Wirken der Äübte, jomwie wichtigere Begebenheiten werben ausführlich
behandelt. Bejondere Kapitel find jedesmal gewidmet den Gonventualen
de3 Stiftes, der Kloiterdisciplin, den aufgeführten Bauten, verliehenen
Lehen, empfangenen Schenkungen und den in ber betreffenden Seit im
Klojter abgefahten Manujfcripten.
4) Annales Rhenaugiae seu historia liberi et exempti
monasterii Rhenaugiensis in duas partes divisa, quarum prior gesta
mille annorum, altera codicem probationum continet. 3 Tom. Fol.
Mser. 1773—1776.
5) Historia diplomatica monasterii Rhenaugiensis. 1785.
Was Pater Moriz in Nro. 3 in augführlichiter Weile gejammelt
und bearbeitet hatte, wollte er, jo weit es allgemeinere Intereſſe hatte,
auch weiteren gelehrten Kreijen zugänglih machen. Er verfahte daher
die „Annales Rhenaugiae“ und beftimmte fie für den Drud. Zur:
lauben, dem er das Manujcript nah Paris überſchickte, fällte in
feinem Antwortihreiben über die Arbeit folgendes Urtheil: „Commen-
tarius Rhenaugiensis historiae cum adjectis diplomatibus, summam
lucem patriae et germanicae historiae afferent. Opus cum magna
voluptate legi et ejus continuationem summopere per primam occa-
sionem expecto. Rhenaugiae historiam prelo dignissimam judico
ı Kürzere Arbeiten über bie Gefchichte Rheinau's hatten früher geliefert: Hein—
rich Murer, Karthäufer in Jttingen, und bie Gonventualen Rheinau's: Nikolaus
Fortmann, Roman v. Lauffen, Beneilt Oderlin, Fridolin zum Brunnen
(im 17. Jahrhundert), Conrad Müller, Abt Bernard Rusconi und Ildephons
v. Fledenftein (18. Jahrhundert). ©. Haller III. Nro. 1485—1494.
16
illiusque editio et generalem totius Europae eruditae et singularem
Helvetiae plausum sibi comparabit.“ Gin ähnliches günſtiges Urtheil
fällte Fürſtabt Gerbert von St. Blafien.
Der Drud diefer Geſchichte Rheinau's unterblieb jedoch trotzdem,
weil Niemand die Koften übernehmen wollte. Da erbot fi Hofrath
Zapf in Augsburg, die Veröffentlihung in feinen Monumenta anec-
dota zu übernehmen. Pater Moriz überarbeitete daher die Schrift auf's
Neue und machte weitere Forſchungen. Der erite Theil feiner Arbeit,
welder er jet den unter Nro. 5 angeführten Titel gab, erſchien im
erjten und einzigen Bande ded genannten Sammelwerkes. Er enthält
die Geihichte Rheinau's von 778—1380 und den Codex diplomaticus
mit 82 Urkunden von 855—1375, ſowie 18 Siegelabbildungen. Aud
die 102 Urkunden mit den Anmerkungen Zurlaubend wurden von van
der Meer mitgetheilt, jo daß die Monumenta anecdota fajt ganz
ihm angehören, nur die Vorrede ift von Zapf. Über die Ausgabe be-
merkt van der Meer: „Historiam nostram D. Zapf sine notis mar-
ginalibus aut annorum numeris nulloque addito judice subjeeit,
variis erroribus typographicis conspersam, ut ferme mei me laboris
poenitentia subiret.“ In der Hoffnung, die Monumenta würden
fortgejeßt werden, hatte van der Meer die neue Bearbeitung der Ge—
Ihichte des Stifteß in zwei weitern Theilen bis 1778 vollendet. Diele
Theile blieben jedoch ungedruckt!.
Auszüge aus den drei leßtgenannten Schriften find:
6) Series abbatum seu breve compendium annalium mo-
nasterii Rhenaugiensis. Fol. Mser.
7) Kurze Geſchichte ber taufendjährigen Stiftung des frei exi—
mirten Gotteshaufes Rheinau ꝛc. Verfaßt von Pater Moriz Hohen:
baum van der Meer, gemejenen Priorn und dbermaligen Sefretarn der
Benediktinercongregation in der Schweiz. Donaueſchingen 1778.
1 Die Vorrebe zu biefer Continuatio historiae Rhenaug., aus welcher bie obige
Stelle entnommen, ifl vollftändig mitgetheilt bei Mone, Quellenf. L 82. Ban ber
Meer jpricht fi darin ſehr unzufrieden über ben Augsburger Hofrath aus; trogbem
baß im erften Banb der Monumenta nur bie Vorrebe und Debication ber Feder
Zapfs angehörte, alles Übrige von dem Nheinauifchen Pater mitgetheilt war, fünbigt
Zapf auf dem Titel Monumenta ex sua bibliotheca an; bie Arbeit bebicirte
Zapf dem Churfürſt von Mainz, Erzbifchof Friebr. 8. J. v. Ertbal, und erhielt dafür
ben Titel eines Geheimen Raths; das Manufcript der Fortſetzung hatte van ber
Meer 1785 nach Augsburg geihidt; auf das Drängen Zapfs hatte er auch bie Ge:
ſchichte ber Landgrafihaft Kleggau in lateiniſcher Sprade für bie Monumenta be-
arbeitet, allein ein weiterer Band erſchien nicht, wohl aber hatte Zapf mittelft biejer
Schrift das Diplom eines comes Palatinus durch den Fürſt Schwarzenberg ſich zu
erwerben gewußt! Anm, ber Red.
17
Kurze Beihreibung der taujendjährigen Geihichte des Gotteshaujes
Rheinau. 1776.
8) Catalogus omnium fundationum, donationum mo-
nasterii Rhenaugiensis pro explicatione chartae geographicae, ex-
hibens nomina antiqua et moderna, pagos, fundatores et benefac-
tores, notas chartarum archivii ac diplomatum, annos fundationum,
cum compendio possessionum antiquarum etc. 1767.
Ban der Meer hatte eine geographijche Karte der Beſitzungen feines
Stifte8 angefertigt und durch Pater Theobald Hiejtand zeichnen lafjen.
Der Catalogus bildet den Commentar zu diefer Karte,
9) Anmerkungen über die ältejten und vornehmiten Siegel der
Diplome und Urkunden des Arhivs in Nheinau vom Jahre 858 an
bis 1713. Meier. %ol. 1769.
97 Siegel find auf 19 Blättern abgebildet.
10) Folium ex libro fratrum conseriptorum monasteriüi 8. Galli,
exhibens catalogum abbatum et fratrum monasterii Rhenaugiensis
manu coaeva adscriptorum a saec. IX usque ad saec. XII inter-
rupta tamen serie ad ipsum originale prototypon noviter et exac-
tius delineatum unacum notis in integrum librum. 1767.
Unter kürzerem Titel wurde die Abhandlung in den Monumenta
anecdota ©. 543—D51 gedrudt.
11) Gründliche Unterſuchung, ob Rheinau in der Grafihaft Thur—
gau gelegen, worin der Gegenjat durd bewährte Urkunden und über:
zeugende Broben Klar bewiejen wird. Gedrudt 1782. Fol.
Fäſi hatte in feiner Topographie Nheinau zum Thurgau gerechnet
und aud Andere vor ihm hatten das Gleiche getan. Da diefe Anficht
für die Nechte des Kloſters nachtheilig jein Eonnte, beauftragte Abt Bo-
naventura II. den Pater Moriz, nachzuweiſen, daß Nheinau von der
Landvogtei im Thurgau gänzlich unabhängig jei. Die Schrift ließ der
Abt drucken, aber nicht publiciren.
12) Brevis disquisitio an obsit systemati fundationis Rhenau-
giensis a Wolfeno I. factae, quod 'Theganus eum Bavariae ducem
vocare videatur. Fol. Mser. 1782,
13) Kurze Auffchriften für Tafeln, auf denen die Äbte, Stifter und
Gutthäter jammt ihren Thaten, Schenkungen und Wappen verzeichnet find.
14) Continuatio diarii pro monasterio Rhenaugiensi.
Pater Benedikt Dderlin in Rheinau begann 1601 ein Tagebuch
zu führen über die Begebenheiten in jeinem Stifte und in den benach—
barten Gegenden. Dasjelbe feßten nad feinem Tode (1655) andere
vom Abte hiezu beitimmte Gonventualen fort, jo Pater Moriz vom
1. Juli 1779 bis Ende 1788
Archiv. XI. 2
18
Außer diefem officiellen Tagebuche führten noch verjchiedene Mit:
glieder des Stiftes eigene Diarien, jo die Übte Bafil, Gerold II., Bern:
hard II., Benedict, Noman, Sanuar I:, Januar II., und die Gonven=
tualen Bafil German, Deodat Kältn, Blajius Hauntinger, Bruder franz
Senn u. j. wm.
15) Mantissa de re aedilitia monasterii Rhenaugiensis. Fol. Mser.
Es iſt dieß eine genaue Beihreibung aller im Beſitze des Stiftes
befindlichen Gebäulichfeiten nah ihrem frühern und jpätern Beitand.
Bater Moriz jammelte hiefür alle Zeichnungen und Abbildungen, die
er befommen Eonnte, ſowie alle auf Gebäulichkeiten bezüglichen hiſtoriſchen
Notizen.
16) Descriptio festivae solemnitatis pro anno millesimo a
prima fundatione monasterii Rhenaugiensis institutae die undecima
Octobris et sequentibus diebus. 1778. Fol. Mser.
Pater Moriz beichreibt die achttägige eier des 1000jährigen Be-
ſtandes jeines Stifted. An den großartigen Feſtlichkeiten betheiligten ſich
die Prälaten von St. Blafien, St. Gallen, Muri, Petershauſen, Zwie—
falten, Wettingen u. j. w.
17) Dissertatio de Welfis monasterii Rhenaugiensis fundatori-
bus. cum eorum iconibus ex veteri manuscripto codice Weingar-
tensi, nec non historia Guelfica, vita S. Conradi episcopi Con-
stantiensis et chronico Weingartensi ex ipso codice Divitis Augiae
accurate descriptis. 1769. Fol. Mser. 338 Geiten.
Dieje Arbeit enthält eine jehr ausführliche Daritellung der früheiten
Geſchichte der melfiihen Dynaftie mit genealogiſchen Tabellen, Copien
von unedirten Handjriften und Documenten. Bejonders eingehend
behandelt ijt daS Xeben des hl. Konrad? Beigegeben find 21 Zeich—
nungen aus einem dem 15. Jahrhundert angehörenden Eoder des Kloſters
Weingarten.
b. Schriften, die Geſchichte des Zenedictinerordens Befreffend.
18) Historia econgregationum ordinis S. Benediecti. Tractatus
de eorum primordiis et successibus praesertim Helveticae sub ti-
tulo immaculatae conceptionis B. V. M. 1785. Fol. Mser.
t Über die Älteren Diarien fiehe Haller III. Rro, 1497— 1504,
2 Dieje Angabe. veranlafte uns, an die Verwaltung ber Gantonsbibliothef
in Zürih das Geſuch zu richten, das obige Manufcript zur Einfihtenahme mit:
theifen zu wollen. Zu unferm Bedauern Tautete die Antwort dahin, daß basjelbe
unter den von Rheinau nady Zürich gefommenen Handſchriften ſich nicht vorfinde,
Die Rebaction,
19
19) Historia virorum illustrium, qui in congregatione Hel-
vetica immaculatae conceptionis B. V. M. ab anno 1602 usque
ad annum 1785 tam pietate, quam scientia floruerunt. Fol. Mser.
1785.
Dieje beiden Schriften, welche fi, in einen Band zufammen ge:
bunden, im Klojter Engelberg befinden, nehmen ohne Zweifel unter
den Werfen van der Meers eine der erjten Stellen ein. In Nro. 18
gibt er eine Gejchichte der Altern und neuern Benebdictinercongregationen
im Allgemeinen und dann der ſchwäbiſchen und jchweizerifchen ins—
bejondere. Die Geihichte der jchweizeriihen Gongregation (gegründet
1602) nimmt 150 Foliojeiten ein.
Auch die Biographien von 282 jchweizerijchen Benedictinern, welche
von 1602— 1785 lebten, bieten mannigfaches Anterejie.
20) Acta congregationis monasteriorum Helveto-Benedietinae
ab anno 1697 usque 1745 et ab anno 1776 usque 1792 !. 2 Bde.
Fol. Meser.
Dieje zwei Bände find die Fortſetzung der Sammlung von Akten
und Protofollen der Congregation. Die ganze Sammlung befindet jich
im Kloſter Einjiedeln und beiteht aus folgenden ſechs Bänden:
I. 1602—1638 von Dominicus Tſchudy, Abt von Muri. II. 1638
bi3 1682 von Placidus v. Zurlauben, Abt von Muri. III. 1682 big
1696 von Gerold v. Zurlauben, Abt von NRheinau. IV. 1696—1745
von Pater Moriz van der Meer. V. 1745 —1776 von Baſil v. Bal:
thaſar, Gapitular von St. Gallen. VI. 1776—1792 von Pater Moriz
dan der Meer.
21) Continuatio catalogi seriptorum ordinis $. Benedicti, qui
ab anno 1750 floruerunt, excerpta ex bibliotheca generali scrip-
torum ejusdem ordinis.
22) Tractatus de praecedentia d. auditoris generalis nuntia-
turae ante rev. abbates monasteriorum Benedictinorum Helvetiae
in elecetionibus eorundem abbatum absente excellentiss. d. nuntio
apostolico. Fol. 1782.
23) Unparteyiihe Critique über die den Schweitzerſchen Ständen
eingegebene jogenannte Reflexiones betreffend die in den GStiftern der
Eydgenoßenſchaft ſich befindenden Fremdlinge, NReligiofen und Officialen.
1751.
ı ©. Haller III. Nro. 812,
e. Schriften, die Geſchichte verfhiedener Klöfter betreffend.
24) Gedichte des Gotteshaufes Katharinenthal ordinis $. Do-
miniei im Thurgau. 1792. Fol. Mier. 2 Bde.
Dad Dominiktanerinnenklojter Et. Katharinenthal im Thurgau
wurde 1230, beziehungsweiſe 1242, als adelige8 Damenftift nad) der
Regel des hl. Auguftin gegründet, bereits 1245 aber von Papſt Inno—
cenz IV. der Regel des hl. Dominifus unterworfen. Die Chorfrauen
de3 Stiftes gehörten jedoch aud in Zukunft fait ausjchlieglich dem Adel
an und bis zum 18. Jahrhundert find die Priorinnen ohne Ausnahme
aus adeligem Geſchlechte!. Bon den 950 Nonnen, welche bis 1787 dem
Klojter angehörten, waren über 300 adelige ?. — 26 andere Domini:
fanerinnenklöjter haben im 14., 15. und 18. Jahrhundert von St. Ka—
tharinenthal eine verbejjerte Negel erhalten.
Bejonders berühmt wurde die Priorin M. Dominifa Sojepha
v. Nottenberg (1712—1735), die ſich als Vorfteherin, Verbefferin
anderer Frauenklöſter und als Schriftitellerin auszeichnete. 1868 wurde
St. Katharinenthal aufgehoben und die legten Nonnen leben gegenwärtig
im ehemaligen Damenftifte Schänis, Gt. St. Gallen.
Van der Meer wurde dur die Schriften anderer älterer Hijtorifer
darauf aufmerkfjam, day in St. Katharinenthal nod ein veicher Schatz
unbekannter Urkunden vorhanden ſei. Er begab ſich daher dahin und
erhielt bereitwillig die Erlaubniß zur Benutzung der Documente, welche
er zur Abfaſſung des genannten Werkes benutzte.
Der erſte Band enthält eine ausführliche Geſchichte des Stiftes big
1735. Bejonders ausführlid ift die Reformationsgeſchichte und die
Wirkſamkeit der ermähnten Priorin M. Dominika v. Nottenberg behanbelt.
Am Schlufje des Bandes verſucht van der Meer den Nachweis, daf
der hl. Thomas v. Aquin Benedictinermönd im Kloſter Monte
- Gajjino gewejen und erſt nad Vertreibung und Verfolgung der Mönde
daſelbſt in den Dominifanerorden getreten fei. Er führt dafür Urkunden
aus dem Klojter Monte Gaijino an.
ı ©. Mülinen, Helvetia sacra Il. 176 f.
? 66 fommen insbefondere folgende Gefchlechter vor: v. Baden, v. Altifen,
v. Beringen, dv. Veroldingen, Beßler, Wattingen, Blaurer, Blumenef, Bodman, Buß—
nang, Kafteln, Ebing, Freiburg, Friedingen, Fulach, Hallwyl, Heggenger, Hertenftein,
Hohenberg, Hohenrehberg, Hornitein, Höwen, Hünen, Hobenfels, Homburg, Zeftetten,
ren. Königsegg, Krenfingen, Yandenberg, Liebenfels, Lupfen, Marbach, Neveu,
En v. Hohenwart, Ramſchwag, Rande, Rappenftein, Razenried, Reina, Rofened,
Beten, Schellenberg, Spaur, Epiegelberg, Spiringen, Schinen, Schwarzach, Eto:
ion, Stuben, Summerau, Um, Wartenberg, Wattenwyl, Wellenberg, Welſer,
enfels und Wunnenberg.
21
Der zweite Band enthält 82 Urkunden von 1242— 1661, jowie
die Akten der von der Priorin D. J. v. Rottenberg eingeführten Re—
formation der Klojterregel.
Zu einer Denkihrift der Priorin und Schmweitern von ©t. Ka:
tharinenthal über ihre während der Neformation erlittenen Scicjale
bat Bater van der Meer Anmerkungen verfaßt, melche ſammt dem Akten:
ſtücke in dem ſchweizeriſchen Reform. Archiv III. 99 fi. abgedruckt find.
25) Recenfion der Briefe, welche von den jüngeren Jahren ber
Frau Dominifa Joſepha v. Nottenberg handeln und die 1701—1712
geihrieben wurden. 4%. Mier. 1794.
Dieje Arbeit betrifft die Gorrejpondenzen, welche die bei Nro. 24
erwähnte Priorin von St. Katharinenthal mit den päpitlichen Nuntien,
dem Biſchofe von Eonftanz und anderen hervorragenden Perſönlichkeiten
geführt hatte.
26) Kurtze Gefhichte des Gotteshauſes Maurus-Münſter im
Elſaß. 1793. 4%. Mier.
Der Brälat von Maurus:Münjter war mit jeinen Conventualen
durch die franzöfiiche Revolution vertrieben worben und hielt fich Tängere
Zeit in Rheinau auf. Durd die Nevolutionäre waren Archiv und
Bibliothek feines Stiftes ein Naub der Flammen geworden. Daher er—
juhte er den Pater van der Meer, alles Dazjenige, was fich noch aus:
findig machen ließ, über die Gejchichte des Klofterd zu jammeln. Ban
der Meer unterzog ſich diefer jchwierigen Aufgabe und brachte noch ein
verhältnißmäßig reichhaltiges Material zuſammen.
Maurus: Münjter ijt das älteite Stift im Elia, e8 wurde im
6. Jahrhundert gegründet.
27) Necrologium monasterii monialium ord. Cisterc. in Feld-
bach descriptum et notis illustratum. 1784. Fol. Mser.
Auszüge aus diefem Necrologium enthält das Didc.:Ardiv VII.
292 ff. Nah van der Meer wurde dasjelbe im Jahre 1434 von Ni:
folau3 de Salina, damaligem Beichtiger von Feldbach, gejchrieben, be:
ziehungsmeije angefangen.
28) Recensio manuscriptorum R. P. Joann. Henriei Murer,
Carthusiani monasterii Ittingensis in Thurgovia. 1785. Mser.
Heinrich Murer wurde 1588 zu Baden im Aargau geboren. Sein
Bater, Bürger von Zürich und franzöfiicher Gardehauptmann, nahm 1575
den Fatholiihen Glauben an und ließ ſich in Baden nieder. Nach deſſen
Tode verheirathete fich die Mutter Heinrichs mit Ludwig Pfilter, Schult:
bei der Stadt Luzern, und Heinrich wurde daher auch in dag Bürgerrecht
Luzern aufgenommen. Seine Studien machte er in Pruntrut und Paris.
1610 kehrte er in die Schweiz zurücd und trat in das Karthäuſerkloſter
Emm \GEEEEER> —
22
Sttingen, wo er 1614 Profeß ablegte und jpäter das Amt eines Procurators
oder Echaffuerd erhielt. Er jtarb 16351. Murer war einer der thä-
tigiten und fruchtbarſten kirchenhiſtoriſchen Schriftiteller der Schweiz. Ban
der Meer gibt in der angeführten Arbeit nicht weniger ald 65 Schriften
desjelben an, von denen fajt alle ungedruct blieben. In diejen zahl:
reihen Bänden behandelt Murer die Geſchichte von jehr vielen Klöjtern
der Schweiz und des benahbarten Schwabenlandes, ſowie diejenige der
Bisthümer Gonjtanz, Chur und Regensburg. Ein volljtändiges Ber:
zeichnig der noch vorhandenen Manufcripte enthält der Catalog der
thurgauiihen Cantonsbibliothef in Frauenfeld ©. 92—95, in deren
Beſitz diejelben übergegangen jind. Die Helvetia sancta seu Para-
disus sanctorum Helvetiae florum wurde 1648 in Luzern und 1751
in St. Gallen gedruckt ?.
29) Animadversiones in origines monasteri 8. Blasii,
Praemittitur historia synoptica monasterii S. Blasii authore R. P.
Stanislao Wülberz. Mser. Fol. 1770.
30) Reflexiones in chartam traditionis Cellae Albae, quae nunc
nomen S. Blasii sortitur.
30a) Disquisitio novi systematis de duplici Cella Alba.
1788. 4%. Mser. 64 8.
Pater Wülberz von St. Blaſien Hatte unjerm Pater Moriz,
mit dem er befreundet war, jeine furzgefaßte Geihichte von St. Blajien
überjandt ?. In derjelben war die Abjtammung St. Blaſiens von
Nheinau in Zweifel gezogen. Pater Moriz hielt ſich Für verpflichtet,
die Verdienjte feines Gotteshaufes um die Gründung von St. Blajien
zu vertheidigen und jchrieb daher Anmerkungen zu dem Werke Wülberz’,
in welden er dejjen Anſichten entgegentrat. Noch näher beleuchtete er
ſodann das Verhältniß Nheinau’s zur Albzelle durch feine „Reflexiones*
über die Schenkung Sigemar3 vom Jahre 858, in denen er fich aus—
führlich über die Authenticität und dad Datum der betreffenden Urkunde,
jowie über Alter und Lage der NAlbzelle ausſpricht. Dieje „Refle-
xiones* jind veröffentlicht bei Zapf, Monumenta anecdota p. 525 ff.
Den Nahmeis, daß die Albzelle dem Klojter Rheinau einverleibt worden
jei, konnten die St. Blafianer nicht entkräften, fie jtellten aber nun bie
Behauptung auf, daß das von Neginbert im 10. Jahrhundert her:
geitellte Klojter nicht eine Fortſetzung der Albzelle, jondern eine ganz
ı Mülinen, Prodromus einer ſchweizeriſchen Hiftoriographie. Bern 1374,
13.
2 Mülinen, ]. c.
? Epitome omnium rerum, quae etc. S. Didc.:Ard. VIII. 186.
St
23
verihiedene Gründung jei, die tet? von Rheinau unabhängig gemweien !.
Pater Moriz verjucht daher in der zuleßt angeführten Schrift den Nach—
weiß, daB Neginbert nur die von den ‚Ungarn verwüjtete Zelle wieder
hergeitellt und daß derjelbe jelbit dem Stifte Nheinau angehört habe ?.
31) Notae et animadversiones in historiam Silvae Nigrae
abbatis Gerberti. Fol. Mser. 1782.
Abt Gerbert von St. Blafien hatte dem Pater Moriz feine Hist.
3. N. im Manuſcript mitgetheilt und diejer überjandte ihm Die an—
geführten Bemerkungen. Der Fürſtabt benütste diejelben mehrfach, wie
er jelbjt in feinen Briefen berichtete.
32) Necrologium antiquissimum Augiense, commentario
praevio et notis illustratum. Mser. Fol. 1788.
Der Eoder in der Bibliothek des Kloſters Reichenau, welcher das
Necrologium enthielt, war. von Mabillon (Analecta. p. 19) theilweiſe
benügt worden, das Necrologium jelbjit aber war unbekannt geblieben,
Pater Moriz hielt dasjelbe für eines der wichtigjten Deutſchlands, nahm
deßhalb eine Abichrift davon und fügte mühſam gejammelte Notizen bei ®.
33) Dissertatio brevis in: bibliothecam manuscriptorum
Augiae Divitis ejusque catalogum authore R. P. Januario
Stahl monacho Augiensi renovatum et auctum. Mser. 1787.
Pater Moriz wurde im Jahre 1757 vom Biſchofe von Conjtanz,
Maximilian v. Nodt, eingeladen, dejjen reiche Naturalienfammlung und
die ehemalige Klojterbibliothef von Neihenau zu beſichtigen. Dieſe
Lettere enthielt 436 handichriftliche Codiced, davon 272 auf Pergament
geihrieben. Einige Handihriften jtammten aus dem 7. und 8. Jahrhundert
und auf den Einbänden fand Pater Moriz Fragmente von Schriften aus
dem 4. und 6. Jahrhundert. Einige Codices waren dem biſchöflichen Archiv
übergeben worden, daS aber bis auf Nteugart allen Gelehrten vollkommen
unzugänglich Blied. Pater Mori; nahm eine Abjchrift des Gatalogs
der Bibliothef und fügte die angeführte Abhandlung bei ®.
34) Geſchichte des freyadelichen Stiftes Sedingen. 1790. 2 Bde,
Die Fürftabtijfin M. Anna v. Hornftein in Sädingen erſuchte im
Jahre 1789 den Pater Moriz um Abfafjung einer Geihichte ihres
Stiftes. Bereit? 72 Jahre alt, begab ſich derfelbe daher nad) Sädingen,
durchging dajelbit dad Archiv und verfahte fodann die gewünſchte Arbeit,
in der insbejondere auch die Lebensgeſchichte des hi. Fridolin eingehend
! Gerbert, Silva Nigra T. TIL Nro. XIII. p. 16, nota.
? Bol. Hiezu Mone, Quellen‘. I. 30 f. Anm. ber Reb,
’ Bol, Mone, a. a. O. 81. Anm, der Reb.
+ Bol. hiezu Didc.-Ardhiv IV. 296 fi. Anm. ber Reb,
24
behandelt wird. Zugleich legte er eine Sammlung von Gopien der Ur:
kunden des Stiftes Sädingen an. Dieje befindet fich jekt im Staat3-
archiv Zürih und wurde auh von Blumer für feine Urkundenfamm-
lung zur Gefhichte des Cantons Glarus benügt. Ein Auszug aus der
Geſchichte des Stiftes Sädingen wurde fpäter gedrudt !. |
35) Historia ecclesiae Zurzacensis continens vitam 9. Ve-
renae critice discussam cum historia veteris monasterii OÖ. S. Be-
nedicti, nec non fundationem et acta ejusdem insignis ecelesiae
collegiatae. 1788. Fol. Mser. 524 ©.
Kurze Chronologie der Geſchichte des Ghorherrenitifte® Zurzach.
In neuejter Zeit gab Propit Huber von Zurzach eine Gejchichte
diejes Stiftes heraus. Die Arbeit van der Meers ſcheint er jedoch nicht
gekannt zu haben, wenigſtens findet ſich diefelbe nicht erwähnt.
36) Notae et animadversiones in notitiam publicam Henriei
Bavariae et Saxoniae dueis, qua ministerialibus suis facultatem
concedit ecclesiae in Ittingen bona allodalia conferendi a. 1115.
Mser. Fol.
37) Notitiae de Waltramo abbate et monasterio Fischin-
gensi a. 1138. Fol. Meer.
38) Excerpta ex antiquo necrologio saec. XII monasterii Fi-
schingensis. Fol. Mser.
39) Excerpta ex chartulario monasterii monialium in Riedern
ditionis Fürstenbergicae. De ejus fundatione a. 1152 et funda-
toribus. Fol. Mser.
40) Monumenta quaedam pro historia monasterii Desertinensis
et Rhenaugiensis, episcopatus Sedunensis et congregationis Hel-
veticae. |
41) Excerpta ex scriptis Joh. Henriei Mureri Ittingensis de
monasteriis S. S. Ulriei et Afrae in Kreuzlingen. Item de
monasterio monialium vallis S. Catharinae prope Dissenhofen.
De monasterio Deniken monialium ord. Cistere. De monasterio
Embrach comitatus Kiburgici.
42) Notitiae historicae de arcibus Balm et Rhenaugia destructis
a. 1449. Item indulgentiae collatae monasterio Omnium Sanctorum
urbis Schaffhusianae ab Henrico Episc. Constantiensi a. 1299,
1 Diefer verunglüdte Auszug wurde gefertigt durch Pfarrer Elem. Schau:
binger und erſchien zu Einfiebeln 1852. Bol. Bader, Badenia (neue) I. 155 fi.
— Die eigenhändig von van ber Meer gefchriebene Arbeit umfaßt 16 Kapitel, beren
Inhalt bei Mone, Quellenf. I. 82 angegeben ift. Anm. der Reb,
25
Item de Eppone comite Nellenburgi patre Eberhardi fundatoris
monasterii Omnium Sanctorum.
43) Recenſion und hiſtoriſche Anmerkungen über Durſteckers Be:
ſchreibung aller Stiftern, Klöfter zc. im Canton Züri, jammt einem
Elenchus der daraus abgejchriebenen Urkunden. Fol. Mier.
44) Animadversiones in historiam monasterii Desertinensis.
Extractus ex actis congregationis Helveticae de monasterio Deser-
tinensi. Continuatio historiae abbatum monast. Desertinensis ab
anno 1614 usque 1786. Fol. Mser.
45) Revolutiones Desertinenses ex quibus demonstratur quantos
labores et impensas rev. congregatio Helvetica in conservando mo-
nasterio Desertinensi impenserit. 1788. Fol. . Mser.
Das früher jo angejehene Stift Dijentis war von 1617—1785
nicht weniger al3 fünfmal dem Verfalle nahe. Die übrigen Benebictiner:
Elöfter der Schweiz thaten Alles, um die Disciplin und Dfonomie des
Kloiterd zu heben. Insbeſondere jchickten fie mehrmal3 aus anderen
Stiften Äbte und Dekane nad; Diſentis und erreichten fo wenigſtens für
einige Zeit wieder ihren Zweck.
46) Recensio ad disquisitionem an S. Placidus Desertinensis
fuerit cephalophorus. 17886.
Pater Fintan Birchler von NRheinau, eine Zeit lang Defan im
Stifte Dijentig, wollte durd die Bilder eines aufgefundenen Sarkophags
die Legende vertheibigen, nad) welcher der hl. Placidus, Mitgründer des
Klojters Dijentis, nad) jeiner Enthauptung jein Haupt eine Strecke weit
in der Hand getragen habe. Pater Moriz widerlegt den von Pater
Fintan vorgebradhten Beweis, indem er darthut, daß der fraglidhe Sar—
tophag bei Weitem jüngern Datums jei. Übrigens nimmt aud Eich:
born (episc. Curiens.) an, daß der Sarfophag dem 8. Jahrhundert
angehöre.
47) Dissertatio an B. Frowinus abbas Angelo-montanus fuerit
monachus 8S. Blasii. Fol. Mser. 1779.
Schon Tange Hatte man darüber geitritten, ob der jel. Frowin,
einer der verbienftoolliten Abte von Engelberg (1144—1178), urjprüng-
ih Mönd von St. Blafien oder von Einfiedeln gemejen jei. Pater
Fintan Steinegger in Einfiedeln vindicirte in einer Differtation vom
Sabre 1779 den Seligen feinem Stifte, van der Meer aber juchte ihn
in der genannten Schrift zu widerlegen und ftand für St. Blafien ein.
Pater Fintan jchrieb nun zur Vertheidigung feiner Anficht eine neue
Differtation und überjandte fie dem Pater Moriz, welcher hierauf ſchwieg,
wohl deßhalb, weil ihm die bisherige Anficht nicht mehr haltbar erſchien.
d. Schriften allgemeineren Rirdengefhidtlihen Inhalts.
48) Episcopi Constantienses, quorum mentio occurrit in monu-
mentis Rhenaugiensibus. Item episcopi et abbates postulati ex
monasterio S. Blasii. Notitiae historicae de Bertholdo presbytero
S. Blasii, secundo continuatore chroniei Hermanni Contracti, . Fol.
Mser. 1784. Für die „Germania sacra* nad St. Blajien mitgetheilt,
49) Historia episcopatus Sedunensis, quam pro Germania sacra
adornanda scripsit P. M. H. v. d. M. 1787. Fol. Mser.
Als Abt Gerbert von St. Blafien den großartigen Plan einer
Germanica sacra oder Kirchengeſchichte Deutjchlands gefaßt hatte, juchte
er auch außerhalb jeines Stiftes Mitarbeiter zu gewinnen, jo den ihm
befreundeten var der Meer bei jeinem Aufenthalte in Rheinau 1785.
Ban der Meer übernahm die Bearbeitung der Bisthümer Sitten und
Genf, wobei er durch zahlreiche Beiträge jeiner Freunde v, Haller und
v. Zurlauben unterjtügt wurde. Die Eintheilung und der Plan, melden
er zu Grunde legte, ijt der gleiche, welchen Neugart, Eichhorn 2c. bei
den betreffenden Bisthümern befolgen und welcher überhaupt für Die
Germania sacra aufgeltellt war!. Cine jehr eingehende Abhandlung
it dem Martyrium der thebäijchen Legion gewidmet.
Der beigegebene Codex probationum enthält 172 Urkunden von
432— 1671. In der Gedichte der Biſchöfe zählt van der Meer fol:
gende al3 „Episcopi dubii* auf, die in den neuern Verzeichniſſen von
Sams? und Mülinen? fehlen: Ogerius (310), Sulpitius (325), Sem:
proniuß (347), St. Eliad (395).
Als Äbte von St. Moriz führt er die bei Mülinen* fehlenden
Abte Bajo (869) und Conrad (937) und als jolde von St. Bernhard
Armandus (1192), Martin (1232), Johann de Bignier, Nubolf (1362)
und Amadeus Secalci (1391) an.
50) Historia episcopatus Genevensis. Fol. Mser. 1787.
Auch die Gejhichte des Bisthums Genf hat van der Meer für die
Germania sacra volljtändig bearbeitet. Der Codex probat. enthält
97 Urkunden von 881—1508.
Da die Germania sacra wegen der ungünjtigen Zeitverhältnijie,
insbejondere wegen der Aufhebung des Kloſters St. Blafien nicht fort:
gejegt werben Fonnte, jo blieben aud) die Schriften van der Meers iiber
t Dgl. Diöc.-Archiv VIII. 167.
? Series episcop. p. 312.
’ Helvetia sacra. I. 24.
* L. c. 150 u. 165.
27
—J
⁊
die Bisthümer Genf und Sitten ungedruckt. Die beiden Manujcripte
befinden ſich (ohne den Codex probat.) in der Cantonsbibliothek in
Zürid. Es find jehr fleigige und forgfältige Arbeiten und könnten noch
jest einem Gejchichtichreiber der Didcejen Genf und Sitten jehr gute
Dienjte leisten, allein e3 jtanden van der Meer doc vorherrichend nur
gedruckte Quellen zu Gebote, bejonder8 die „Gallia Christiana*; jie
müßten deßhalb durch die feitherigen Publikationen und durch Nach—
forihungen in den Archiven ergänzt werden.
51) Brevis historia coneilii Tridentini ex actis reverendissimi
d. d. Frideriei Nauseae Blancicampiani, episcopi Viennensis et
oratoris regis Ferdinandi in concilio Tridentino ex originali ma-
nuscripto eodice. Item elenchus horum actorum. Fol. Mser. 1767.
Friedrih Grauen von MWeißenfeld (Nausea Blancicampianus)
wurde zu Weißenfeld im Bisthum Bamberg geboren. Zuerſt mar er
Propſt des Gollegiatjtiftes Waldkirch im Breisgau, dann Prediger zu
Mainz (1526), Prediger und Nath des Kaijerd Ferdinand I. (1534)
und vom Jahre 1541 an Bilhof von Mien. Im Augujt 1551 kam
er als Gejandter des Kaiſers zum Concil nad Trient und jtarb da:
jelbjit den 6. Februar 1552, Er führte über die Begebenheiten während
feiner Gejandtihaft ein Tagebuh und jammelte feine Aufjäte über die
von der Kirchenverjammlung behandelten Fragen, jowie den von ihm
mit dem Papjte, dem Kaijer, den Kardinälen, Biſchöfen ꝛc. geführten
Briefwechſel. Nach jeinem Tode jetste Herwag, der Secretär de3 Biſchofs
von Conſtanz, die Arbeit bis zum 24. April 1552 fort. Herwag bradte
auch die ganze Sammlung mit nad) Gonjtanz, wo jie in den Bejiß des
Hodjitiftes überging, 1644 Fam fie in die Hände der Edeln v. Zavorziz.
Zwei Brüder aus diefer Familie erwarben in Schaffhaujen das Bürger:
reht und jchenften die Handichrift 1688 der Stadtbibliothek dajelbit.
Pater Moriz madte einen Auszug und fügte Anmerkungen bei.
52) Catalogus reverendissimorum dominorum sedis apostolicae
nuntiorrum ad Helvetios cum quibusdam animadversionibus ex
archivio Rhenaugiensi. 1794.
Das Berzeihnig zählt die päpitlichen Gejandten in der Schweiz
von 1231 big 1794 auf und weicht von demjenigen im Schweizerlericon
von Leu vielfah ab. ©. Nro. 22.
53) Excerpta ex codice montis Angelorum (Engelberg), qui
inscribitur: Chronica venerabilis Bedae presbyteri, cum addendis
ad manuseriptum codicem Murensem, qui incipit a chronico Re-
ginonis. 1776. Fol. Meer.
54) Monita Purcarii abbatis Lirinensis circa annum 542. Item
epistola S. Columbani abbatis ex codice Augiae Divitis saec. IX.
23
55) Recensio manuscripti codicis Casus Petri-domus ex auto-
grapho descripti, cum judicio de autoris aetate.
Diefe Arbeit vermerthete Pater Amilian Uffermann in feinem
„Prodromus Germaniae sacrae*.
56) Recensio aliquot manuscriptorum codicum bibliothecae
S. Joannis Schaffhusae cum notis eruditis. Item excerpta ex ne-
crologio monasterii omnium sanctorum Schaffhusae saec. XIV.
Pater Moriz gibt hier Bemerkungen über die ältejten Handſchriften
der St. Sohannesbibliothef in Schaffhaufen und verbreitet ſich ins—
bejondere über die noch unbekannten Streitfchriften der Äbte Burkard
von St. Johann im Thurthal und Hugo von Schaffhaujen, einzelne
Lehren des hl. Auguftin betreffend.
57) Notae in vitam manuscriptam sancti Columbae seu Co-
lumbani abbatis Hyenensis in Hybernia ex vetustissimo codice
manuscripto bibliothecae eivium Schaffhusae. 4°. Mser.
58) Chronicon B. Hermanni contracti ex autographo Augiae
Divitis descriptum cum lectionibus variantibus antiquorum codicum
S. Emmerami Ratisbonensis, S. Eremi Einsidlensis, S. Udalriei
Augustani. Accedit ejusdem chroniei fusior continuatio ex ma-
nuscriptis codicibus Murensi et Monacensi. Fol. Mser. 1775.
Dieje jehr gründlihe und jchäßbare Arbeit, an der auch Pater
Bafil German in Nheinau fich betheiligt hatte, war für den Druck be:
ftimmt. General v. Zurlauben gab fih Mühe, in Paris einen Ver:
leger zu finden. Allein wie derjelbe in jeinem Briefe vom 5. Juli 1775
berichtet, beichäjtigten fich die Parijer Buchdruder lieber mit Romanen,
als mit ernten hiſtoriſchen Schriften. Zurlauben faßte nun mit dem
Benedictiner Dom Clement und de Chiniac den Plan, dag Merk mit
den Gapitularien der Könige von Frankreich in Avignon druden zu
laſſen. Als auch dieſer Plan mißlang, verſprach 1781 Zapf den Ab-
drucd in feinen Monumenta anecdota. Bon diejen aber erjdhien nur
ein Band. So blieb die, bejonder3 durch die gelehrten Anmerkungen
und Abhandlungen jehr werthuolle Schrift ungedrudt. Sie wurde je:
doh von Pater Amilian Uſſermann bei der PVeröffentlihung des
chronicon Hermanni in dem Prodromus Germaniae sacrae vielfad
benüßt !.
59) Vitae S. Verenae V. et M. examine critico discussa.
Fol. 1787.
Wurde auf Anſuchen de3 Propſtes Schwendbühl von Zurzach ver—
faßt und dem Propſt und Gapitel dajelbit gewidmet.
ı Bol. Diöc.⸗Archiv, VIII. 214.
29
60) Vindiciae S. Udalrici episcopi Augustani et Nauseae epi-
scopi Viennensis in Austria, quibus probatur, primum non favisse
matrimonio clericorum ejusque epistolam quae circumfertur esse
falam et supposititiam, neque Nauseam approbasse matrimonium
elericorum in concilio Tridentino. Item de obitu Nauseae et ejus
sententia de communione sub utraque specie. Fol. Mser. 1785.
Gegen Eibel und Schmidt gerichtet.
e. Schriften über Profangefdidte.
61) Schema genealogicum antiquorum Habsburgi comitum.
Item genealogia Habsburgo-Lauffenburgica, advocatorum nostro-
rum. Mser. Fol. 1770. Mit 13 Bildnifien.
62) Dissertatio de infelici naufragio Hartmanni Habsburgici,
Rudolfi I. imperatoris fili. Fol. Mser. 1770.
Hartmann ertranf in den Fluthen des Rheines „bei Rheinau“
im December 1281. Nun gibt es aber vier Stunden unter Breiſach
ein zweites Rheinau. Deßhalb jtritt man ſich lange darüber, welches
Rheinau die Unglüdsitätte Hartmanns fei. In unjerem Stifte nahm
man an, daß fie hier zu ſuchen, und ſchon in der alten Kloſterkirche
war ein Grabmal de Ertrunfenen mit folgender Inſchrift vorhanden:
„Anno 1281 in vigilia S. Thomae apud inferiorum pontem Rheni
submersus est Hartmannus, Rudolfi I. imperatoris filius cum tre-
decim nobilibus, cujus viscera hie ante gradum altaris 8. Blasii
sepulta sunt.* für die neue Kirche ließ Abt Gerold II. v. Zurlauben
da3 Denkmal erneuern und Abt Januar I. Dangel eine neue von Pater
Moriz verfaßte Anfchrift anbringen . Ban der Meer trat in der an
geführten Differtation für die Tradition feines Kloſters ein und jtüßte
fih für Diefelbe auf die Angaben mehrerer gleichzeitiger Chronijten Hart:
manns. Allein alle jeine mühſam gejammelten Bemweije wurden durch)
eine Entdefung des Tranzojen Erequiny entkräftet. Derjelbe fand nämlich
in einem Archive zu London im Jahre 1766 das Schreiben eines Un:
befannten an den König von England, morin er demſelben berichtet,
dag Hartmann, der Sohn des Kaijerd Rudolf, am Sonntage vor Weib:
nachten (20. Dec.), da er zu feinem Vater mollte, bei einem Schloß un-
weit Neubreijah mit feinen Begleitern ertrunfen fei, indem dad Schiff
an einen Pfahl ftieß und umjhlug. Eine Gopie dieſes Briefes über:
jandte Zurlauben dem Pater Moriz von Parid aus im Jahre 1770.
Darauf jchrieb diejer an den Rand der Dijiertation: „Hanc integram
dissertationem a me olim scriptam retracto. P. Mauritius.“
—
! Calmet, Diarium Helvet. p. 119. — Zapf, Reiſen x. S. 124.
30
63) Comites de Sulz, quorum nomina in monumentis antiquis
supersunt. Schema genealogicum comitum de Sulz, qui advo-
catiam Rhenaugiensem usurparunt. Genealogia religquorum comi-
tum de Sulz. Fol. Mser. 1770.
64) Excerpta ex libro missali Petri-domus de nobilibus de
Rischach. 1772.
Einem Mijjale aus dem 15. Jahrhundert in Petershaufen waren
verjchiedene Notizen über die Edeln von Reiſchach zu Hohenftoffeln bei—
gegeben. Pater Moriz nahm eine Abihrift, copirte 16 Bildniffe und
verfaßte einen Commentar zum ganzen Goder.
65) Notae in origines Guelficas collectas a Leibnizio et Gru-
bero, compositas a Joann. Georgio Eduard, editas a Scheidio 1751.
Tom. II. lib. IV ubi agitur de fundatoribus Rhenaugiae.
66) Nachrichten von den Edeln v. Mülinen, v. Wefjenberg, v. Win
felöheim und v. Schultheiß. Fol. Mier. 178.
Die genannten Adeligen waren im 13. Jahrhundert Minijterialen
des Stiftes Nheinan.
67) Andelfingen Welfis assertum contra R. P. Gerardum Hess
priorem Weingartensem. 1779.
Pater Moriz beweist, daß das in der Schenfung des Biſchofs
Sidon von Conſtanz an den Welfen Rudhart erwähnte Andelfingen
dad Städthen in der Schweiz, nicht jene in Schwaben fei. (Siehe
Neugart, Episc. Constant. J. p. 77.)
68) Resolutio aliquot dubiorum sibi a Gerardo Hess Wein-
gartensi propositorum a. 1779.
Pater Moriz beantwortet hier verjchiedene von Gerard Heß ge:
jtellte Anfragen bezüglicd des welfiſchen Gejchlechtes.
69) Succeſſion der ältejten Herzoge von Schwaben von Herzog
Luthard bis auf Larzelin im Jahre 976. Fol. Mier.
70) Recenſion und hiſtoriſche Nachrichten über das Urbar der
Herzoge von. Deiterreid.
71) Centuria epistolarum Maximiliani II. imperatoris, elencho
praevio et notis illustrata, ex autographo manuscripto codice Au-
giae Divitis. Accedit appendix de actis publicis ejusdem temporis.
1788. Fol. Mser.
Das Klojter Reihenau beſaß einen Coder, in welchem über
1000 Briefe de3 Kaijers Marimilian II. aus den Jahren 1563 big
1566 in Abſchrift enthalten waren. Nach der Anficht des Pater Moriz
waren die Gopien von dem Gecretär des Kaijerd gefertigt worden.
Pater Moriz jchrieb einen Theil der Briefe ab und verjah fie mit Anz
& merkungen.
31
12) Anmerkungen über die „Allerhödite Entſchließung Kaifer Leo:
pold3 II. auf die eingegebenen Beichwerden der vorderöſterreichiſchen
Stände” den 4. September 1790. Meier. Fol.
ALS Kaiſer Leopold die Megierung antrat, fand er in Folge der
Verordnungen feined Vorgängers, Joſeph II, vielfahe Aufregung und
Unzufriedenheit. Der. neue Herricher juchte feine Unterthanen durch
theilweije Zurücknahme der anjtößigen Neuerungen Joſephs II. zu be-
ruhigen und, erlaubte auch den vorberöfterreihifchen Ständen, ihre Be—
ſchwerden vorzubringen. Dieje ſchickten eine Deputation nad) Wien, an
deren Spige Abt Gerbert von St. Blafien jtand. Allein die durch
die. Faiferlihe Entſchließung vom 21. September 1790 gemadten Con—
ceilionen befriedigten die Stände durchaus nicht“. Ein Mitglied der
Deputation überjfandte das Eaijerliche Decret dem Pater Morig, der hi:
ſtoriſche und ftatiftiiche Bemerkungen zu demjelben machte,
73) „Erinnerung über das 7, Stüd des Schweizermuſeums ©. 582
und 583 die eingerücte Entſcheidung der acht alten Orte, bie Beurthei:
lung de3 öſterreichiſchen Hofmeijter8 Ulrich v, Bägging vom Jahre 1487
betreffend.“
Diejer Aufſatz ift im fchweizeriihen Mujeum, - Jahrgang 1754,
©. 1102 ff. abgedrucdt und iſt gegen eine Abhandlung des J. H. Füßli
gerichtet. Bägging, der Hofmeifter des Herzogs Sigismund, wurde der
Untreue gegen feinen Herrn beſchuldigt. Er flüchtete ſich nad) Seitetten,
wo ihm: der Niedergerichtöherr v. Jünteler in jeinem Schloſſe Schuß ge:
währte, während der Dbergerichtöherr, der Graf v. Sulz, die Aus:
lieferung Bäggings verlangte und dad Schloß belagerte. Die Eidgenofjen
nahmen ſich des Flüchtlings und ihres Mithürgers v. Jünteler an. Ban
der Meer vertheidigt nun die Handlungsweije der Eidgenofjen.
74) Kleine hiſtoriſch-geographiſche Beſchreibung des alten Schloſſes
Weiffenburg oder Neufrenfingen und des Bergſchloſſes Küffenberg
in der Grafſchaft Kleggau. 1770, |
Bon der Ruine Küffenberg ijt eine Zeichnung beigegeben.
Die Burg Weiffenburg oder Krenkingen zerjtörte Kaijer Rudolf
1281. Sie wurde jedod wieder hergejtellt und den Abt Hugo von
Rheinau hielt man bajelbit 1421 in Gefangenschaft. 1437 zerjtörte fie
Abt Nikolaus von St. Blafien auf’3 Neue. In den Ruinen fand van
der Meer eine römiſche Minze mit der Inſchrift: M. Agrippa L. F.
Cos. IH. Auf der: andern Seite: Neptun und die Buchſtaben 8. C.
Küſſenberg bejak 1229 Heinrih v. Küffenberg, defien Gemahlin
eine Schweiter des jpätern Kaijerd Nudolf war. Im 16, Jahrhundert
! Bader, Fürftabt M. Gerbert. ©. 79 ff.
32
wohnten die Vögte der Grafen v. Sulz auf der Burg. Sie wurde den
8. März 1634 von den Schweden zerftört.
75) Geſchichte der gefürfteten Grafihaft Kleggau nad chronologiſch
und topographiiher Ordnung auf hochfürjtliches Verlangen kürzlich ver:
fat von Pater Moriz van der Meer. 1782. Kol. Mier.
76) Deductio historica pagi Cleggoviensis seu landgraviatus
Cleggoviae. Fol. Mser. 1786.
Auf eigenen Wunjh des Fürjten v. Schwarzenberg ala Landgraf
im Kleggau hatte der fürjtliche Negierungsrath v. Landmann den Pater
Moriz aufgefordert, eine Gejhichte des Kleggaus zu jchreiben. Er ent:
ſprach diejem Wunſche durch Abfajjung der erjtgenannten Schrift. Für
die Veröffentlihung derjelben war ihm eine Geldunterjtügung in Aus:
jicht gejtellt worden. Dieje blieb jevoh aus. Dagegen veriprad Hof:
vath Zapf, jie in feinen Monumenta anecdota zu publiciren. Water
Moriz bearbeitete daher eine lateinijche Ueberjeßung, Zapf aber, anitatt
jein Verſprechen zu halten, machte da3 Manufcript dem Fürſten v. Schwar—
zenberg zum Gejchenfe und erhielt dafür den Titel eine? „comes palatinus*“.
In neuerer Zeit hat die Geſchichte des Kleggaus mehrfache Be:
arbeitungen gefunden.
f. Miscellanea.
77) Verſuch einer deutihen Diplomatif. 4%. 1793. Meier.
Pater Moriz verjuchte e8, an der Hand der ihm zugänglichen Hand:
Ihriften und Urkunden eine Diplomatif der älteften deutſchen Schrift:
denkmale zu jchreiben.
78) Beiträge zu verjchiedenen literariichen Arbeiten, insbejondere
zu den „Supplementen des jchweizeriihen Lexikon“ von Leu!, zu der
„Silva Nigra* des Fürſtabtes Gerbert und zur „Bibliothek der Schweizer:
geſchichte“ von Haller.
19) Miscellanea. Fol. 52 Bde.
Ban der Meer jammelte fleißig die ihm von andern Gelehrten
überjandten Difjertationen und die mit denjelben geführten Correſpon—
denzen, jomwie Urkunden, Ercerpte ꝛc. Diefe Sammlung wurde jpäter von
Pater Ildephons Fuchs vervollitändigt und enthält nun 52 jtarke Folio—
bände. Außer Manden, was von geringerer Bedeutung oder veraltet
ift, findet fi in ihr jehr viele8 noch Unbenübte von großem Werthe.
Im Beſitz derjelben ijt jeßt das Stift Einjiedeln.
80) Abjhriften von Werfen Anderer. Neben Ausführung
der zahlreichen jelbitjtändigen Arbeiten war van ber Meer auch jehr
ı Herausgegeben von Holzbalb. Zug 1786—1795. 6 Bde.
33
darauf bedacht, jeinem Stifte Copien von werthvollen Handſchriften zu
verihaffen, welche nicht gebrucdt morden waren. Er munterte daher
jeine Mitconventualen zum Abjchreiben folder Urkunden auf. Diefe
leijteten der Anregung mit großem Wetteifer Folge, jo daß van der
Meer aus der jehr anfehnliden Sammlung von Abjchriften eine eigene
Abtheilung der Bibliothek bilden konnte. Als es ihm in den lebten
Lebenzjahren ſchwer wurde, eigene Arbeiten zu unternehmen, jchrieb er
jelbft mehrere handſchriftliche Werke ab und begleitete fie mit jeinen
Anmerkungen. Bon diefen dburh van der Meer’ jelbit angefertigten
Eopien find befonders zu nennen: "
a. Kappeler Krieg, beſchrieben von Ägydius Tſchudy, damaligen
Landvogt in Sargans, im Jahre 1533 1.
b. Johann Golders (Göldlins), Altſchultheißen von Luzern und
eriten Hauptmanns' des Fatholiichen Kriegsheeres, Nachrichten von dem
Kappeler Krieg im Jahre 1531 2,
ce. Gilg Tihudys Fortjeßung feiner gedruckten eidgenöſſiſchen Chronik
nebjt einer Borrede und bejondern Negijtern darüber. 1794. 6 Bde. Fol.
Pater van der Meer nahm die Abſchrift von der in Einfiebeln
befindfihen Eopie de H. Fr. M. ab Vberg und fügte nad bem Ori—
ginale in Engelberg in zwei Bänden Supplemente bei. Dieje Supple-
mente find nicht von Tſchudy jelbit verfaßt, jondern aus deſſen hinter—
lafjenen Schriften jpäter zujammengejtellt worden 9,
d. Reformationsgeſchichte Heinrich Bullingers, eriten Pfarrers zu
Zürich bei dem großen Münjter, nah Ulrich Zwingli. 2 Bde. Fol.
Ban der Meer benügte für dieſe Abjchrift dad Manuſeript “des
Koh. Jakob Rüger von Schaffhaufen, das 1597 vollendet wurde.
Daß er den. geihichtlihen Werth des Werkes zu jhäßen wußte, beweist
die übernommene Mühe des Abſchreibens. Im Übrigen fällt er bezüglich
der Tendenz Bullingers in der Vorrede folgendes Urtheil:
„Bullinger ift mir der beite Controverfift, um mich auf meinen
fatholifchen Grundfägen nur recht hart zu fteifen, denn bie übertriebene
Heftigkeit und Schmähſucht überzeugt mic) jeder Zeit von dem Gegen:
— was er beweiſen will““.
Bl. über biefe Schrift Haller, Echweizerbibl. V. Nro. 451 und Schweiz.
Reform.-Arhiv. III. 26.
2 Bol. Haller, V. Nro. 445 und Schweiz. Reform.⸗Archiv. III. 27.
s Bol Schweiz. Reform.Archiv. III. 14.
+ Bullingers Kirchengeſchichte wurbe feitbem von Hottinger unb Vögele
berausgegeben. Frauenfeld 1838—1840. 3 Bbe.
Ardivr. XL 3
34
Schlußbemerkung der Redaction.
In dem erſten Bande der Quellenſammlung ber bad. Landesgeſchichte
hat Mone diejenigen Schriften van der Meers aufgeführt und beſchrieben, welche
die Geſchichte unſeres Heimathlandes berühren. Mone hat den ganzen bändereichen
Nachlaß noch in Rheinau geſehen; die Angabe der Titel weicht mehrfach ab von den
im obigen Aufſatz nach Ild. Fuchs gegebenen.
Unter Verweiſung auf die oben S. 38, Nr. 55 u. 56 gemachte Anführung
beben wir bier als Beleg aus jene ©. 81 bei Mone:
Casus monasterii Petri-domus, ex codice autographo fideliter deseripti,
seu historia de fundatione et incrementis monasterii S. Gregorii Constantise ad
ripam Rheni. Praemittitur brevis recensio ejusdem manuscripti cum judicio
de autoris aetate. Accedunt quaddam chartae tam ejusdem monasterii Peters-
husani quam omnium Sanctorum Schaffhusii ex codicibus perantiquis collectae,
nec non excerpta ex — eorundem mohasteriorum et parthenonis Feld-
bacensis. 2
Mone bemerkt — daß dieſe Arbeit Uſſermann in ſ. ꝓrodromus Ger-
maniae s. nicht gekannt zu haben ſcheine; dieſer ließ die ganze Vorrede der Hand—
ſchrift weg, welde doch für bie Kenntniß bes alten Klofterwefens nicht weniger
brauchbar ift, als die Schriften des Bernolt von Gonftanz für die theologifche Literatur,
weldhe er abbruden Tief. Ban ber Meer verfichert in feiner Abſchrift: Fuit
praesens copia cum originali accurate collatianata; fie weicht aber von Ujjermanns
Abdrud mehrfach ab und zwar zum Beflern, und ift deßhalb zur Kritif und zur Be:
richtigung Uffermanns zu gebrauchen.
Die Ehronif von Petershaufen, Casus Petrishusensis monasterii, ift nach ber
Petershaufer Handſchrift (jet in Heidelberg) mitgeteilt in ber Suellenfonmfung ber
b. Landesgeſch. I, 112—175.
Beiträge
zur
Geſchichte der Binrreien
in den Landcapiteln
Gernsbach und Ettlingen
(Fortſetzung.)
Von
J. B. Trenkle,
Secretär am Großb. Verwaltungshof in Karlsruhe.
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Wir haben mit der Geſchichte der Pfarreien Daxlanden, Bulach,
Mörſch und Au begonnen. Nachträglich ſind dazu noch einige be—
merkenswerthe Nachrichten über die kirchlichen Verhältniſſe zu Neuburg—
weier, Mörſch und Grünwinkel anzufügen, welche aus dem Speierer
Viſitationsprotocoll vom Jahre 1715 entnommen ſind. Der Titel dieſes
Protocolls lautet: Fida et sincera relatio visitationis generalis dioe-
cesis Spirensis jussu et authoritate reverendissimi ac celsissimi
episcopi ac domini Henrici Hartardi, episcopi Spirensis, 8.
R. J. principis per reverendissimum dominum Petrum Corne-
lium, episcopum Methonensem, suffraganeum Spirensem ac Hen-
ricum Theisen, conciliarium ecclesiasticum per capitulum Gerns-
bacense anno 1715, die 3. Junii coeptae et 1. die Octobr. peractae.
Wir werden öfters noch einige Stellen aus dieſem Protocolle mittheilen.
Jenes aus dem Sabre 1701, welches wir ebenfall3 hie und da benüßen
werben, führt den Titel: Missio per dioecesin Spirensem... Georg
Klein und Urban Kobert soc. Jesu sacerdotibus. 1701.
Neuburgweier.
Citati comparent Joannes Drach praetor, Hans Jacob Heyl Scabinus,
deponentes, quod olim erant subditi Palatino, nunc vero subjacent serenissimo
Badensi. Ante sexcennium circiter eorum ecclesia a Gallis fuit incensa, sed
sedulo labore mature extincta, est tamen tectum adeo conflagratum, fulcris
tamen fulcitum, nisi mature ei succurratur, plane corruat. Antehac solebant
tradere collecturae in Germersheim annuo 5 maldra siliginis et ex collectura
Germersheim fabrica ecclesiae sustentabatur. Nunc autem cum oppidum a
Palatinis transierit ad Badenses, haec quinque maldra annuo solvuntur. Sed
ecclesia non reparatur, licet saepius propterea, sed frustra supplicabatur.
Mörsch.
Dieitur olim fuisse locus votivus S. Ursulae, uno quadrante horae
a Moers dissitus, quorsum incolae conveniunt pro divinis, quondam fuit totus
calvinisticus, nunc autem est totus catholicus.
Inde properavimus.
—
*
38
Grünwinkel.
Est locus 20 familiarum catholicaruım, in quo quidam, nomine Jacob
Müller aedificavit parvum sacellum, in quo diebus dominicis et festivis reci-
tant rosarium; distat quadrante horae a Tachsland, a Bulach vero mediä horä.
Disputant, an ad parochiam vel Bulach pertineant. Quidam P. P. S. Jesu,
a quibus parochia Bulach administratur, addicti hanc parochiam sibi eligunt,
alii vero ob vicinitatem et capacitatem templi Tachsland praeferunt, maxime
si ibi proprius parochus resideat, pro quo praedicta communitas obtulit contri-
buere. Proles suas partim in Dachsland partim in Bulach mittunt ad scholas.
Eine zweite Gruppe von Pfarreien aus den Lanbcapiteln Ettlingen
und Gernsbach umfaßt jene der Pfarreien Elchesheim mit dem Filiale
Slingen, Bietigheim, Dtigheim und Steinmauren, welde
Drte an der von Mühlburg nah Najtatt führenden Rheinſtraße oder
zwijchen diefer und dem Rheine gelegen find. Sie gehören ſämmtlich
in's Bezirksamt Raſtatt und bilden größere Pfarrgemeinden, denn
nad der Volkszählung vom Jahre 1871 Hatte Elhesheim 924 und
Sllingen 552, Bietigheim 2031, Dtigheim 1955 und Stein-
mauren an ber Murg 1517 Einwohner.
Auf diefe wird eine weitere Pfarreibeihreibung folgen, nämlich die
von Durmersheim mit der befannten Wallfahrt Bidesheim und
dem Filiale Würmersheim.
3. Elchesheim mit dem Filiale Allingen.
Elchesheim gehört zu den Orten bed Ufgaues, wo Kaifer Hein:
vih IV Güter bejaß, melde er im Jahre 1102 dem Hodjitifte zu Speier
ihenfte, Auch das Stift Weiſſenburg hatte Befigungen daſelbſt,
welhe Markgraf Hermann von Baden im Jahre 1291 zu Lehen er:
hielt 2,
Der Ort hatte feinen eigenen Adel, denn in einer Urkunde aus
der eriten Hälfte des 13. Jahrhunderts traten mehrere Herren von
Elchesheim auf, welche Dienftleute der Grafen von Eberjtein waren,
jie trugen von .benfelben die dortige Burg zu Lehen ?,
Ein Bfarrrector der Kirche dieſes Ortes wird erſtmals in einer
i Dümge, regest. Bad. p. 26. Zeitſchr. f. Geſch. bes Oberrheins. I. 114. 119,
? Traditiones Wizenb. CCC.XXVIIL (p. 314.) Dominus Hermannus
marchio de Baden recepit in feudum a monasterio Wizenburg ... in Elgeis-
heim, quidquid ibi habet (1291).
3 Dberrb. Zeitjchr. I, 119 und VIII, 391.
39
Urkunde von Lihtenthal aus dem Jahre 1250 erwähnt, wo ein Eber-
hardus rector ecelesiae in Elchesheim mit Anbern als Schiedemann
in einem Rechtsſtreite zwiichen dem Klojter und den Junkern von Riebbur
aufgeführt ijt!. Ein folder gleichen Namens erjcheint auch in einer
gerade hundert Jahre jpätern Urkunde ?,
Das Dorf Elhesheim beſaß aljo jhon in ziemlich früher Zeit
eine Hauptkirche (ecclesia rectotalis). Als Patron derjelben erjcheint
der Hl. Laurentius.
Der Pfarrſatz jtund im 15. Jahrhunderte bei Baden und fcheint
früher dem Stifte Weiffenburg angehört zu Haben. Markgraf
Bernhard verlieh im Jahre 1422 die Kirche mit dem Kirchenfate
dem Sohne feine Geheimjchreiber8 Johann, und zwar in dev Weile,
daß nach des legtgenannten Abgange diefelbe demjenigen ‚geliehen werben
jolle, welhen Johann dazu vorichlagen würde, es wäre bem, daß der
Markgraf ihm inzwiſchen andere Güter „zu ‚einer — verleihen
würde ꝰ.
Der Pfarrſatz bildete alſo einen Beſoldungstheil bes marfgräflichen
Geheimfchreiberd. Des Dorfes Elhesheim und des Pfarrfages da—
jelbjt wird aud erwähnt im Erridtungsbriefe aus dem Jahre 1453
für dad Stift zu Baden, welchem Papit Nicolaus V diefe Pfarrei
incorporirte ®,
Beſitzungen in unferem Dorfe hatte ſowohl die Landesherrſchaft,
al3 auch das in diefer Gegend jo Häufig begüterte Klofter Herrenalb.
Markgraf Chriftof befaß hier um 1498 einen „Buwehof“, welcher ber
berrihaftlihe Hof hieß und (mie die jpäteren Güterbejchriebe zeigen)
im 16. und 17. Jahrhundert. vielfach verliehen wurbe?. Der Herren:
albijhe Hof wird ſchon im einer Urkunde aus der erjten Hälfte. des
13. Jahrhunderts ermähnt, war aljo eine ber ältejten — dieſes
Kloiters 6.
Über die Pfarrei Elchesheim iſt ſehr wenig Bemwerfenäwerthed
zu finden. Verſchiedene Neparaturen an der alten Kirche in den
Jahren 1613 bis 1704 werben verzeichnet, wozu das Holz aus dem
„gemeinen Walde” geliefert wurde; daß e3 hierbei an Streitigkeiten
ı DOberrb. Zeitſchr. VII, 455.
2 Daſelbſt VIII, 97.
3 Bab.:Bad. Repert. im Gr. 2.:Archiv.
+ Bal. über dieſe Errichtung durch Marfgraf Jakob die Nachrichten bei Sachs,
II, 358, über die Incorporation aber die Oberrh. Zeitſchr. XXIV, 436.
SS MRenovationen im Gr. L:Arhiv.
6 DOberrb. Zeitſchr. I, 119.
40
zwiſchen den -Baupflichtigen nicht -fehlte, ijt auch bier wie anderwärts
der Tall‘.
Um 1700 war Steinmauren ein Filial von Elchesheim, welches
Verhältniß fich aber fpäter löste Im Jahre 1715 fand zu Elchesheim
eine biſchöfliche Viſitation jtatt, womit große kirchliche Feierlich—
feiten verbunden waren.
Wichtig iſt die im Jahre 1773 vollzogene Einpfarrung des Drtes
Illingen nah Elhesheim, nahdem in dem Elchesheimer Filiale
an Stelle de3 zerfallenen dortigen Kirchleind ein neues in den Jahren
von 1761 bis 1771 erbaut worden war ?.
Singen gehörte nämlich ehedem auch zum weltlichen Gebiete
bes Bisthums Speier, und war eine Filiale der Mutterfiche zu Mo:
thern jenſeits des Rheines, im früheren Canton Selz gelegen ®.
Das neue Illinger Kirdhlein wurde aus Gemeindemitteln er:
baut und ein interimijtiiher Kaplan ber Pfarrei Elchesheim zur
Verſehung des dortigen Gottesdienſtes bejtellt, gegen eine jährliche Ab:
gabe von 150 Gulden an den Pfarrer (von dem jährlihen Zingertrag
aus dem zu Gernsbach entnommenen Capital von 6000 Gulden zur
Suftentation des Capitel3), bis bereinjt die Gemeinde aus eigenen
Kräften die Erbauung eines Pfarrhaujes bemwerkjtelligen könnte. Das
gelang aber nicht und ſchon im Jahre 1803 wurde die Wieberein-
pfarrung der Gemeinde Jllingen zur Pfarrkirche Elchesheim in An:
vegung gebradt und 1804 denn aud vollzogen *.
Sllingen oder Illich, wie es gewöhnlich in alten Urkunden
gejchrieben wird, mar erwähntermaßen in frühejter Zeit ein Yilial der
Pfarrlirhe (ecclesia matrix) zu Mothern (Matera) oder Modern,
einem der älteften Orte diefer Gegend, der in Weifjenburgijhen Ur-
kunden zum öfteren erwähnt wird. Hier bejtund feit früheiter Zeit ein
ftifteweiffenburgifcher Fronhof, deſſen Rechte fih auf Hörige in den
Yilialorten Illich und Neumeiler erjtredten und deſſen Weistum wohl
noch in die vorkarolingifche Zeit Hinaufreicht ®.
ı Aften im Gr. 2.:Ardhiv.
2 Ebenjo.
® Kolb, bift.ftat.stopogr. 2er. II, 108. Mebern mit Jllingen gehörte in das
Weiffenburger Decanat.
* Ardivalten.
s Remling, Urfundenbud zur Gelchichte der Biſchöfe von Speier I, 14.
Urkunde von 960 (7. Mai). In villulis autem, quae nominantur Matra et
Ulioh, ecclesias decimales II hobasque XVI cum mancipiis ad easdem sub-
sequentibus. I, 247. Urkunde Nro. 266 von. 1250. Zeus, trad. Wiz. Matra
villa. p. 53, 54, 60, 62, 63, 102, 172, 178, P. 236, 241. A. 5. Sigbalde Ur—
41
Es treffen hier die nämlichen Verhältniffe zufammen, wie wir fie
beim Hagenbaher mit Darland und beim Neuburger Fronhofe mit
Neuburgmeier erkennen konnten. Der Umjtand, daß bie Filiale nun—
mehr rehtärheinifche Orte find, berechtigt wohl zu dem Schluffe, e8 habe
noch im 15. Sahrhundert der Rheinlauf in diefer Gegend in einem
Bette ftattgefunden, das mehr rechts lag, als heutzutage, und die eben
genannten YFilialorte jeien theils auf der linken Geite des Thalweges
gelegen, oder wenigſtens nur durch einen leicht überfahrbaren Arm von
ihrer Pfarrei getrennt gemejen !.
Die Singer Kapelle war dem heiligen Mathias geweiht; bie
Mutterfirhe zu Mothern jtund unter dem Schuge der allerheiligiten
Jungfrau. Die Bewohner Illingens mußten ihre Kinder, um jie
taufen zu lafjen, wie ein Speierer Bifitationsprotocoll vom Jahre 1584
funde von 774: Res meas in pago Alisacinsi, in Matra villa quiequid in ipsa
visus sum tenuisse de illa ecclesia. Urkunde besf. vom gleihen Jahre: Simi-
liter dono in Matra XII vaccas et illo pastore. Urkunde Gerbalds vom
Jahre 784: Dono igitur ad ipsum monasterium, quidquid visus sum habere in
villa, cujus vocabulum est Matra. Urkunde bes Prieſters Milo de villa Geris-
husa von 830: ecclesiam (in Matra) cum omnibus illuc pertinentibus.
Über den Fronhof zu Motern bafelbft. S. 296. Zu Motern gehören bem
Stifte ein Herrenhof von 8 Huben Salgutes nebit 104 Fahrten Wieſenlands,
eine Müle und 26 Huben Knehtsgutes, wovon 18 befegt find. Davon hat
jeglihbe Hube dem Stifte jährlih zu liefern 2 Mutt Haber, 1 Mutt Gerfte, ein
Stüd Tuch von 10 Ellen Länge und 4 Ellen Breite, 5 Hüner, 30 Eier, 100 Rab:
freichen, ein Ochjengeipann mit 2 Leuten zum SHeerbann, fodann 3 Tage wöchentlich,
während der Ärnte, zu ſchneiden, Zmal jährlich eine Fuhre zu leiften, 2 Jauchert
Feld zu pilügen, Brod und Bier zu bereiten und Wachedienſt zu leiſten.
Papſt Alerander III beftätigte 1179 die Befigungen des Klofters Weiſſen—
burg: Curtim videlicet in Matra cum omnibus appendiciis suis et salicam de-
cimam. Remling, Urfundenb. I, 247, 325, Urkunde von 1250. In ber Eides-
formel der Domcapitulare zu Speier vor ber Wahl bes bortigen Biſchofs Friedrich
im Jahre 1272: Item ad curiam nostram Mothern, que fronhofe dieitur,
omnes. agriculturam agentes in matrice ecclesis et in filiabus ejus Mothern
dietis residentes, servicium, quod fronphluge et fronferde diecitur, ... . pro
eodem servicio domino curiae singulis annis solvet modium speltae, sicut
obtentum est multis retractis temporibus et observatum. Ebendaſ. I, 705,
in der Wahlverpflihtung von 1390. i
1 Schoepflin, Alsatia illustrata II, 174, 634: Mothern, cui vicus
Illingen, qui jam trans Rhenum est, adhaesit, injuria fluminis Alsatiae ab-
latus,. Neuweiler unum cum priore parochum habet. Castellum in Mothern.
Herzog, Chronic, Alsat. Lib. VI, p. 152. Die elſäßiſche Topographie von
Fr. R. v. Ichtersheim (Regensburg, 1710) fagt ©. 9: Neuburg a. Rh., ein
Fleden und alt zerfallen Schloß, gehört Churpfalz; es ift dieſer Ort auf der andern
Raftatter Seiten geftanden,, aber von felber durch Rheingüſſe abgefchnitten und per
alluvionis jus hierher transjerirt worden.
42
berigtet, nah Mothern tragen, wie die Darlander vor 1456 nad)
Mörich !.
Die Fluthen des Rheines hatten, wie e8 jcheint, ſchon in der eriten
Hälfte des 16. Jahrhunderts die alte Kirche zu Illingen verſchlungen,
und ed war bie Kapelle, welche die Bifitation von 1584 vorfand, ſchon
wieder im Verfalle; bejahrten Leuten gedenkt es aber (berichtet das
Protocol) wohl noch ihrer alten Kirche, die mit einigen Wieſenſtücken
und einem ückerlein bewidmet gemejen jei.
Das foeben erwähnte Vifitationzprotocoll macht eine jehr jchlimme
Schilderung von der Verwahrlofung der Kirche und des Zuſtan—
des ber für ein Dorflirchlein zahlreichen Kirchengeräthe, welche vielleicht
aus den Glanzzeiten des Speierer Bisſthums hHerrührend und wohl aus
der alten Kirche geflüchtet, beflere Tage der Kirche gejehen haben
mögen, al3 jene brutalen Zeiten der zweiten Hälfte bes 16. Jahrhundert
e8 gewejen. Offenbar waren fehr alte und mwerthuolle Stücde unter
diefen Kirchengeräthen, wie Glaßgemälde, Fahnen mit Bildern, gebildete
Tücher und gezierte Meßgewänder.
Das Protocoll berichtet: „Der Kirchhof ijt übel verwahrt, hat
ein hölgernes Thor, iſt 60 Schuh lang und. 40’ breit. Der Kird:
thurm ift mit Borden beichlagen, die Helmftange darauf faul, alfo daß
da3 Greuß herum zu fallen begeret. Das Tach mit bemeltem Thurm
und Langwerk, jo mit Hohlziegeln gedeckt, ijt zu überjteipern nöthig und
hat zwijchen dem Gebälk unterem Tach jo große Köcher, da ein Mann
wohl dafelbit hineinjchlieffen, feine Gefallend darin Handeln und wie—
derum herausfommen könnte, da die Mauer nicht viel über 11 Schuh
bis unter das Tah hoch if. Die Kirchthüre ift jehr bös und nit
zufammen gelafjen. Auf das Gebälk ijt Fein Boden gelegt, jondern nur
etliche Bord liegen übereinander.”
„Sie (die Kirche) hat ſechs ziemliche yenjter mit Bildern, aber
ſehr verbrodhen, ein Kreuz jo zerbroden, und ein Bildniß Chriſti,
jo ohne Hände, mit Schnüren daran gebunden. Ein 658 Janen,
auf einer Seite die hl. Maria, auf der andern ſant Mathiä, als Patron
des Orts, Bilder gemalt, zwo Kerzenjtangen, auch nit zum beiten, ein
‚alter bößer fauler Dobliner Trog, darin nicht, denn er aud ohn—
beſchlüßig, und daran nichts beſſers, als das Eijen ijt.“
„Sin alt Geremb3 zum Sacramenthäuslein gehörig, jammt zehen
Stück alt eifin Fenfterftangen auf den Mauren liegendt. Ein Klein
Altharfhellin. Ein ohnconfecrirter Althar, darauf ein Mariä
Annä- und Mathiä-Bild, etwas groß, nebit vier Eleinern Bildlin. Zween
ı Visit. Prot. 1584, ©. 585 (Gr. L:Ardiv).
43
mejjine Leuchter. Ein ſchlechter Althar-Deppih. Ein Latern beim
Fenſter, alt. Ein bößer alter meifiner Handkefjel aufm Wajler:
ſtein. Ein irdiner Olenkrug (fonder Ol) fammt einem bledin alten
Trichter; die Kirche ift ohne Schlaguhren.“
„Ein büdin Kajten, gleich voll gar ſchlecht und gering beichlüßig,
darin ift: Ein roth in mei gemwobener Deppich, alt und böß; ein
gemeiner alter ſchlechter Chorrod; ein rot leindiih Meßgewandt
mit einem Kleinen gelen, roten und grünen Creuß; zwo Alben, eine,
jo guet, mit roten und die andere, fo böß, mit weiſſen Scdilten;- eine
alte Alb, doch gleichwohl noch ziemlich guet, blav; ein jammtin Mef-
gewandt mit einem fchlehten Creutz; eine Alb mit Kleinen Scilten,
ziemlich guet; dreizehn ziemlich guete Altartüdher; ein alt baummollen
Heiligenhembt; drei alte zeriffene Altartücher; ein alt zerifien
Humeral; ein Hein Heiligenhemblin; ein roth Manipell; zmei
alte Althars Handtüdlein; ein weiß Humeral ohne ſchilt; ein
hübſch weiß mit Laubwerk, Bildern und Schriefften gewirkt Tuech uns
gefährlich vier Ellen lang und drei viertell breit.“
„Ferner vorhanden vier alte Handt-Zwehlen; ein geitictt Halb .
Altartüchlein; ein von Weiden geflochtenes Kelhfutter, darin ein
fupferner vergülter Kelch jammt einer Paten, aud) vergültet; ein
Mifjal in Folio, Bergament in roth Leder mit meſſin Buckeln ge:
bunden; ein römifh Brevier in sedecimo; eine alte Stol; eine große
Altarjchell; drei zinnerne Meßkantlein; zwo Heine Gloden.“
Über die DI: und Wachszinſe macht dieſes Protocoll noch
folgende Angaben: „Die Ol- und Wachszinſe, welche der Kapelle zu
lich im Jahre 1478 zufielen, betrugen 39. Pfd. DI und 1 Pfb.
Wachs; denn die Güter waren in Rhein gefallen. Im Sabre 1565
war da3 Erträgniß zwölf Gulden.”
Am Bifitationsprotocoll vom Jahre 1683 leſen mir nun über Die
Pfarrei Elchesheim das Folgende:
Elchesheim.
Parochia haec 18 familiarum tota catholica, sub jurisdictione temporali
Badensi, decanatus Ettlingani. Patronus: S. Laurentius. Dedicatio: do-
minica ante festum S. Joannis Baptistae. Collator: Collegiata Badensis. De-
eimatores: Collegiata et serenissimus Marchio, cujus medietatem decimarum
rustici tenentur ex campis colligere, triturare et devehere, quo ille jubet me-
dietas capituli plerumque rusticis, ex qua hoc anno pendunt 7 Maldera tritici
et octo avenae, non crescit hoc loco siligo nec spelta nec vinum. Minores
decimas dividit Marchio cum pastore, ad nos revocantur hordeum, Welſchkorn,
Heydenforn, pisa, lentes, mylium ', cannabis, ex reliquis non solvuntur decimae.
! Mylium, bie Hirfe.
te —
— * *
un
Animalia seminalia curat et alit ex certis agris communitas.
Templum totum ruinosum neglectum, paramenta nulla, ad unum omnia
hoc loco eurantur et conservantüur ex ecclesiae reditibus et vel ipsum coeme-
terium, quod depaseit aedituus.
Altaria duo consecrata non dotata, miserrime ornata. Reliquiae nullae.
Campanae tres benedictae. Sacrarium in pariete loco mundo et clauso.
Lampas sub divinis tantum ardet. \
Monstrantia cuprea, ceiborium cupreum deauratum.
Pixides pro sacris oleis argenteae. Calix deauratus, cujus cupa ar-
gentea, pes cupreus. Casulae tres. Albae duae, una tota atrita.. Missale
Romanum, attritum, agenda obsoleta, primariam partem scripta. Baptisterium
mundum et clausum. Confessionale et cathedra quamvis lignea bona, et com-
modo loco. Liber baptizatorum prius anno 1677 inchoatus et mancus!, ante
hune annum nullus. Confirmationis aut visitationis factae nullus meminit.
Sedes sunt communes, courantur ab ecclesia, circa hos, uti et sepulturas et
bona ecclesiae lites nullae. Processiones una cum venerabili, in festo corporis
Christi per pagum, Festo S. Marei in Bickesheim, festo SS. Philippi et
Jacobi in Oeticheim, festo inventionis S. Crucis in Bidigheim. Lunae
rogationum vacant et excipiunt processiones ex Aw, Durmersheim, Bittig-
heim, Würmersheim, Oetigheim, Steinmauren. Martis in Aw, Mer-
eurii in Steinmauren, anniversaria nulla, census et redditus ecclesiae colliguntur
a duobus rusticis juratis, bie Heyligen Pfleger genannt; rationes reddunt soli
administratori spiritualium Badensi absente semper pastore. Habet ecclesia in
stabili censu juxta rationes exhibitas a praetore Elchesheimensi in pecunia
83 fl. 31 kr. 2 Pf., tritico 4 Mit. 2 Sester, avena 4 Mit. 3 Sester, cera 9 Pfund,
oleo 37 libr. Pastor R. D. Joachimus Beuschel, Badensis, aetatis 29,
theologiae, quam in quartum annum Bambergae audivit. baccalaureus. Paro-
chiae praeest in 6Um annum, dieit se cum Roma in aetate dispensatum. (Dubito.)
_ Capituli est Ittlingani, cui solvit jura et paret. Parochiam possidet ex
commenda, quam annue uno impli? redemit. Annum competentiae incipit
in festo S. Georgii; bene cum suis convenit, nullam omisit concionem aut
‚catechesin. Duas possidet parochias, hanc et Steinmauren, alternat in utroque
loeo ita ut si hie habeat concionem, habet in altero-sacrum et catechesin et
vice versa.
In administratione sacramentorum nullum neglexit. Assistit moribundis
et sponsalibus, quae contrahuntur a viduis in eorum aedibus, quae contrahuntur
‚a virginibus in sacristia. Nullum copulavit vagabundum nec alterius parochiae,
nee etiam sponsalia dissolvit. Domum pastoralem curant collatores, eget
et illa reparatione ut tanto melius hic residere possit. Competentia annua
p pastoris. Ex collegiatae Badensis decimis in siligine 10 Miter., in tritico
10 Miter., avena 8 Miter., pecunia 12 fl. Ex hujus ecclesiae reditibus 15 fl.,
Fr zrorum 9 Morgen, pratorum 2 Morgen, jura stolae ex sponsalibus et uroela-
mationibus O, copulatione 20 Batzen, dimissoriis 20 Bapen, baptismo '/, fl., in-
'troductione O, provisione aegrorum 0, administratione aliorum sacramentorum
‚0, eonductu funeris majoris !/, fl., conductu funeris minoris 1/, fl., concione
* Mancus, verftümmelt.
? Imperiali, Reichethaler.
45
funebri 1 Rtbler., sacro funebri vel votivo 1 Kopfſtück. Ludimagister nullus.
Aedituus Hans Jakob Echnayder, sartor, satisfacit officio, constituitur a pastore
praetore et juratis.
Pro compentia habet immunitatem et accidentia, ut superius. Summa
jJuventutis inscitia.
Gravis abusus- et superstitio, mit dem Sinderfeegnen, heiligen fallen u. f. w.
Confraternitas nulla. Pro choreis licentiam facit solus parochus. Dies
festos observant. In missa et concionibus frequentes, non ita in catechesi ma-
xime senes, scandalum notorium nullum. Comitantur freqyentes venerabile ad
aegros. Obstetrix jurata. Inventarium ecclesiae nullum. Fundatio pauperum
nulla.. Communio paschalis exacta schedis nemine desiderato. Pueros bapti-
zatos sepelit pastor. Sub divinis excessus nullus.
Gravamina. Queritur pastor novis sese impositionibus accisarum
et teloniorum instar rustici et maneipii contra omnia ecclesiae privilegia et
immunitates gravari, ab annis quatuor tantum, ut teneatur solvere.
Das Mühlgelb vom Malter 1 Bagen, de mactata in propris aedibus
vacca 1/, fl., porco majori 6 kr., porco minori 3 kr., ex divenditis frumentis
de 1 fl. 1/, Batzen. 2. Queritur ad rationes ecclesise reparari nibil curari,
negligi omnia. ‚3. Questi Parochiani et plures in vicinia parochi de insolentia
pastoris, qui scandalose se inebriet et saltet, osculetur puellas, mensam in ex-
coeniis Wurmersheimensibus diffregerit, de quibus promissa et speranda emen-
datio.
Monita. Abstineantur ab superstitionibus bes abergläubigen Segnens ber
Kinder, heiligen fallen, Siebdrehens u, f. w.
Communicantes fuere 74.
Das Bifitationsprotocoll von 1701 (S. 81) berichtet über El:
chesheim:
Parochia haec unam habet filialem nimirum Steinmauren, quam a 22
annis administrat R. D. Joachimus Beuschel, Badensis.
Parochia cum filiali numerat familias 90, omnes catholicas. Gravamina.
Non habent aedes parochiales ab ultimo incendio Gallico; tenetur eas aedificare
ecclesia collegiata Badensis.
Über Modern, Klingen und Neumeiler enthält das Viſitations—
protocoll von 1701 folgende Einträge:
Modern. Est ecclesia parochialis sub patrocinio Bmae Virginis, Habet
altaria tria, non consecrata, quorum unum prope corruit. Collator est episcopus
Spirensis. Capitulum Spirense colligit decimas, quarum pars tertia cedit pa-
rocho. Parochi munere fungitur R. D. Georgius Fischer, Oberstettensis
ex Zwyfalden, annorum 64. Praeter tertiam partem decimarum accipit quot-
annis 60 Malter frumentorum. Habet etiam pratum, jugera agrorum ignorat.
Numerantur familiae omnes catholicae 40. Ecclesia ex agris elocatis
eolligit quotannis 15 fi.
Paramenta vix habentur pro necessitate. Anniversaria fundata duo. Ludi-
magister habet 7 Mald. frumentorum.
Gravamina. 1. Non adest liber reddituum, bonorum et jurium ecclesiae.
2. Tectum templi non reparatur. Tenentur deeimatores.
3. Parochus miserrime habitat.
46
4. Scholae non reparantur. Tenetur communitas.
5. Coemeterium non est clausum.
Neuweiler. Ecclesia haec filialis pertinet ad parochialem in Modern.
Patronus ecclesiae est S. Nicolaus, episcopus. Numerat familias viginti
et unam, omnes catholicas.
Fuere in ecclesia hao duo altaria, quorum unum penitus est destructum.
Gravamina. Queruntur parochiani, quod solum quartä quävis domi-
nicä fiunt hic divina, cum tamen parochus obligetur crebrius in hac Aliali
divina celebrare.
Illig. Hoc est S. Aegidii!. Est ecclesia filialis, spectans ad parcchialem
in Modern. Templum est omnino solo aequatum.
Numerat familias septem et decem, omnes catholicas.
6. Kietigheim.
Der Ort Bietigheim (urkunblid: Biutincheim) Liegt auf einem
Damme, welder die an Raftatt und Dtigheim herunterziehende und ab»
wärt3 neben Durmersheim, Mörih, Forchheim bis Darlanden und
mweiter fortfchreitende Tiefebene begrenzt. Daß dieſes Wiejengelände
dem Rheine abgenommen wurde, ift unzmeifelhaft ?,
Der Lage nad war Bietigheim mohl urſprünglich, wie alle dieſe
Nheinorte, auf Viehzucht angemwiefen und wird dieſes ſchon durch den
Umstand angezeigt, daß der Herrenalber Schweighof zu Ziegelhofen
bei Mali in den Gemarkungen von Bietigheim und Otigheim die
Waidegerechtigkeit beſaß °.
Schweighöfe aber unterſcheiden ſich von ben Bauhöfen ba:
durch, daß ſie zur Viehzucht beſtimmt ſind, deßwegen auch große Gras—
und Waideplätze für das Jungvieh (Schweigvieh, Vieh, das geſchwaigt
wird, d. h. das noch an der Mutter ſaugt) hatten. Auch Schäferei
wurde im 16. Jahrhundert in Bietigheim getrieben, wie ein Stollhover
Zinsbuch von 1511 ausweist“. Ferner beſaß Bietigheim eine Mühle
Ihon in früher Zeit, melde um 1271 durd Kauf an das Klojter
Herrenalb fam?.
Der Ort gehörte nun auch zu den älteſten Befigungen bes Stiftes
Weiſſenburg in biefer Gegend, melde fpäter an das Haus Baden
gebiehen. Der Weiljenburger Codeyx berichtet, daß dieſes Dorf mit vielen
! Die alte Kirche oder Kapelle, welde bis gegen Ende bes 16. Jahrhunderts
beftund, war dem hl. Mathias, die fpätere (um 1700) dem hl. Ägidius, bie
jeige aber dem hl. Johannes Nepommf geweiht (|. Realihematismus ber Diöcefe).
2 Kolb I, 112.
»Oberrh. Ztſchr. V, 455, XXVII, 102.
* Dajelbft, III, 413. Anmerkung 1.
> Dafelbft, I, 114.
47
andern unter Kaifer Otto III von dem aufitändiihen Sohne des
Herzogs Konrad dem Klojter gewaltſam entriffen und jeinen Rittern
zu Lehen eingeräumt morden fei, was um das Jahr 991 gejchehen ift‘.
Sn Bietigheim bejtund ein jtiftweifjenburgijcher Herrenhof
und eine Zehntlirde?. Das Klofter Herrenalb beſaß dajelbjt einen
anjehnlihen Hof, der „große Münchhof“ genannt, melden dasjelbe
diefem Namen nad) jelber bemirthichaftetee Es war bei der zunehmen:
den Bevölkerung und Vermehrung des nöthigen Viehftandes im 14. und
15. Jahrhundert in viele Streitigkeiten mit dem Dorfe verwidelt. Außer
dem großen Münchhofe werden noch bejonders al3 größere Anmejen ge:
nannt „des Vogts Höflin” und „der niedere Hof“ °.
Nachrichten über die Bietigheimer Kirche erhalten wir erjt wieder
in einer Urkunde von 1338, mo eined „Pfaffen Dietherich, Dechan
zu Butenkfein“, erwähnt ij. Das Baumejen an Kirche und Pfarr:
haus wurde mit Beginn des 16. Jahrhunderts neu geordnet *
Der Zehnten, deſſen Erhebung und Verwendung, jpielen in der
Bietigheimer Pfarrgeihichte eine bedeutende Rolle; die Arrungen und
Streitigkeiten darüber dauerten bis in den Anfang unjeres Jahrhunderts
hinein,
Ein wichtiger Vergleih über den Zehnten wurde zmwijchen dem
Pfarrer und dem Zehntheren (Decimator) de3 marfgräfliden Ober:
hofes, welches wahrſcheinlich der ehevor ftiftweifjenburgijche „Herren—
hof“ war, im Jahre 1497 abgeſchloſſen, dahin gehend, daß die ſer von
allem Dem, was darin gehöre und zehntbar ſei, dem Pfarrer den Zehnten
geben, die markgräfliche Schäferei daſelbſt aber davon befreit ſein
ſolle, jedoch ohne Abbruch der Zehntgerechtigkeit des Pfarrert von den
Schaafen der Knechte auf gedachter Schäferei ’.
‚Über den Verkauf de8 Zehnten find noch mehrere Urkunden vor:
handen. So ein Kaufbrief über den von Adam von Grojchweier und
! Zeuß, Trad. Wiz. ©. 305.
2 Zeitſchr. V, 249. Zeuf, ©. 292, 29. Bu Bietigheim befigt das
Stift einen Herrenhof von 2 Huben Salgutes nebſt 8 Fährten Wiefengeländes,
und eine Kirche mit dem Zebnten; fobann 13 Huben Knehtsgutes. Bon biejen
Huben find nur 4 ganz bebaut, die übrigen liegen öde. Bon den bebauten liefert
jeglihe dem Stifte jührlid 15 Seidel Bier, ein Stüd Tuch von 10 Ellen in ber
Länge und 4 in die Breite, einen 7 Pfenning wertben Friſchling (junges Schwein),
3 Hüner und 15 Eier.
3 Oberrb. Ztjchr. V, 146, VII, 146.
4 Dafelbft VI, 462. Akten.
5 Dajelbft XXVII, 100. Für den Jahreslohn durften die Schaaffnedte
einige Stüde auf der Waide mitlaufen lafien, welde fie im Spätjahr verkauften.
Hiervon batte die Pfarrei den Zehnten.
48
Anna Hedlin von Hoheneck, feiner Hausfrau, an die Marienfapelle zu
Gernsbach veräufßerten halben Großzehnten zu Bietigheim von 1465,
und eine Urkunde von 1472, wornah Kaspar und Melder von
Schauenburg einen Theil ihres im Dorfe fallenden Zehntens an das
Gapitel der Dechanei zu Kuppenheim verfaufsmeije abtreten ‘.
Bollmer aber und Batt von Schauenburg, Gebrüder, verkauften
ben halben Theil de3 großen Zehnten zu Bietigheim an den Dechant
und das Gapitel zu Raftatt um 30 Gulden, indem fie jid) den Kirchen:
ja vorbehalten und weiterhin bedingten, daß die Käufer die Kirchen:
baupfliht übernehmen und ſolchen Zehnten dem jeweiligen Pfarrer
um 12 Gulden jährlich verleihen follen 2.
Im 16. Jahrhundert, und zwar unterm 22. November 1525, wur:
ben die Pfarrgefälle „zu Buetigfaim” von neuem tarirt, verordnet
und verbejjert, was ausführli in der oberrheinifhen Zeitſchrift mit:
getheilt ift 3.
Einen beträtlihen Schaden erlitt dad Vermögen der Kirde
gegen Ende des 16. Jahrhunderts, da diejelbe im Jahre 1590 aus-
geraubt wurde. Unter dem Geraubten befand fi aud eine Monjtran;.
Bier Jahre fpäter wurden der Kirchenornat und die Kirchenbedürfnifie
neu aufgenommen und Manches ergänzt *.
Das 17. Jahrhundert bringt ung einen Vergleich von 1629 zwi⸗
Ihen dem Markgrafen Wilhelm von Baden und dem Grafen Hanns
Jakob von Eberftein über den der geiftlihen Verwaltung gehörigen
halben Zehnten, wie über die Baukosten der Kirche und des Pfarr:
hauſes zu Bietigheim. Auch wurde damals wieder ein neues Verzeihnik
der Pfarrgefälle aufgeftellt.
Das Nuralcapitel Gernsbach bekennt im Jahre 1671, daß es
mit dem Grafen von Eberftein nit nur dad Langwerk "ber Kirche,
jondern aud das Pfarrhaus zu bauen ſchuldig fei, nachdem vorher
verſchiedene gerichtliche Austräge verfucht worden waren.
Der Zehnten beitand im Jahre 1714 aus 23 Maltern Korn,
6 Maltern Gerite, 6 Malter Hafer und 6 Malter Türkiſchkorn. Pfarrer
war damals Frz. Xaver Wied. Der Ort zählte 50 katholiſche Fa—
milien und eine einzige afatholijche ®.
Um Mitte des gleihen Jahrhunderts wurde die Erbauung einer
neuen Kirche angejtrebt. Die Concurrenzpfliht ruhte auf ber bi-
1 Dberrb. Ztſchr. XXVII, 100.
2 Daſelbſt XX VII, 100 fi.
s Daſelbſt XXVIII, 101.
+ Alten bes Gr. 2.-Archivs, 5 Ebenjo.
49
ſchöflich ſpeieriſchen, der markgräflich baden-badiſchen geiftlichen
Verwaltung zu Gernsbach und den beiden Landcapiteln Gernsbach
und Ettlingen, als Decimatoren, worüber biß in die 80er Jahre
verhandelt wurde, denn die Erbauung der Kirche fällt erit in die Jahre
von 1789 bi3 1803. Der Pfarrhausbau fällt in die 60er Jahre
des vorigen Jahrhunderts, nachdem auch hierüber langwierige Verhand—
lungen geführt worden.
Schließlich verzichtete dad Landcapitel Ettlingen zu Gunſten des
Haujes Baden auf das ihm abwechjelnd mit dem Landcapitel Gernsbach
zuftehende Patronatsreht der Pfarrei im Jahre 1803 und cedirte
auch das Landcapitel Gernsbach jeinen Antheil an bemjelben ,
Im VBifitationsprotocoll vom Jahre 1683 ijt über den kirch—
lihen Status von Bietigheim Folgendes zu leſen:
Bidecheim.
Censet hie pagus familias 41, omnes catholicas, jurisdicetionis temporalis
Badensis. Decanatus Itlingani.
Patronus: exaltatio S. Crucis quando et dedicatio.
Collator: capitulum rurale pro tempore Ittlinganum a decano ibi residente,
Decimatores: administratura spiritualis, quae est Gernsbaci tam Spi-
rensis, quam Badensis et pastor nomine capituli ruralis, tam majores quam
minores aequaliter dividunt. Administratura suam medietatem elocavit rusticis,
qui hoc anno pendunt: siliginis 25 Malt., hordei 5 M., avenae 7 M., tritici
Tureici 4M. Pastor suam medietatem ipse colligit et facit fructum majorem
ex quo tamen annue tenetur capitulo rurali solvere 18 flor. Ad minores
decimas hoc loco revocantur hordeum, pisa, lentes, milium, rapa; ad decimas
sanguinis revocant porcellos, anates, anseres, agnellos, apes; reliqua non de-
eimantur.
Animalia seminalia curat communitas et habet certos eum in finem agros.
Ecclesia antiqua valde, ejus tectum admodum ruinosum et neglectum.
Navim cum omnibus annexis curare et conservare tenetur administratura Gerns-
bacensis.. Chorum sanctus, qui etiam curare tenetur scamna, ornamenta,
vinum, hostias, libros. Turrim, campanas, funes, ossuarium, murum coemeterii
communitas. Coemeterium depascit aedituus, hujus murus uti et ossuarium
plane ruinosa et pervia. Altaria tria prophanata non dotata, exiliter et vix
ornata. Reliquiae nullae. Filialis nulla, sacellum nullum, nisi quod fuit in
ossuario et est neglectum. Cathedra commoda lignea, confessionale antiquum.
Baptisterium amplum bonum. Campanae duae benedictae.
Sacrarium uti et sacristia admodum humida, munda et clausa. Lampas
nulla. Monstrantia cuprea deaurata diffracta. Ciborium bracteatum, cui in-
clusa capsa argentea. Pixides pro sacris oleis stanneae. Calix deauratus,
cujus cupa argentea, pes cupreus. Casulae tres foedum attritae. Alba una
lacera. Missale Romanum attritum. Agenda Argentinensis attrita. Cantuale
nullum, cantus nullus. Liber baptizatorum ab annis 10 tereium. Confirmatio
’
t DOberrh. Zeitſchr. XXVII, 103.
Archiv. XL 4
—JJJ„Ü9˖
50
ab hominum memoria nulla. Lites circa sedes, sepulturas aut ecclesiae bona
nullae. Processiones una cum Venerabili dominica infra octavam Corporis
Christi per pagum, in quo ad erecta quatuor altaria deposito venerabili canuntur
evangelia. Festo S. Marei in Bickesheim. Lunae rogationum in Illig-
heim, Martis inAw, Mercurii in Steinmauren. Festo S. Philippi et Ja-
cobi in Oetigheim. Anniversaria 4 servantur.
Census ecclesiae colliguntur a duobus curatoribus juratis, quorum unus
ex judicio, alter ex communitate, rationes reddunt camerae Badensi absque
praesentia pastoris; habet illa in annuis censibus et adhuc fixis pecuniä 25 flor.,
siligine 3 Malt., oleo 6 libra, cerä nihil.
Pastor hic non residens sed in Durmersheim, quorum binat omnibus
dominieis et festis tam quoad sacrum quam concionem. Possidet ex commenda,
quam annue redemit; annum competentiae incipit in festo S. Georgii. Compe-
tentia hujus pastoratus est inprimis,
Medietas majorum et minorum decimarum: Item ex ecclesia 13 fl., item
ex anniversariis 1 fl. 10 Batzen, item bonis viduatis siliginis 8 Malt., avenae
4 Malt. Domum pastoralem curat et conservat capitulum rurale Ittlinganum,
cum administratura Gernsbacensi conjunctim. Domus est perillustris ruinae
proxima, quia non instauratur nec inhabitatur, alias bona et commoda jucun-
doque loco sita et habet retro amplum hortum.
Jura stolae ex sponsalibus et proclamationibus 0, copulatione 20 Bagen,
dimissoriis 20 Bagen, baptismo !/, fl., introductione O0, provisione aegrorum (0,
administratione aliorum sacramentorum O, conductu funeris majoris et 3 sacris
1 Rthlr., conductu funeris minoris 1/, fl., concione funebri 1 Rthlr., sacro per
annum votivo 1/, fl. Ludimagister nullus. Aedituus et director horologii Niko-
laus Heck, satisfacit officio, praesentatur a communitate approbatur et reci-
pitur a parocho. Pro competentia habet: Ex ditioris rustici decimis circiter
7 Malt. Copulatione amphoram vini, panem, frustum carnis aut quod tamen
est in arbitrio sponsi 1/, fl., sepultura 3 Batzen, domum et immunitatem-
Pueri supra modum ignorantes, quia nulla schola. Superstitiones
et hic vigent plures, pro saltu licentiam facit satrapa. Confraternitas nulla;
sunt frequentes in sodalitate Bickesheimensi. Festa servantur et sunt diligenter
in divinis. Scandalum publicum nullum, Venerabile, quando ad aegros defertur,
non comitantur. Fundati pro pauperibus 2 fl. annue distribuuntur. Inven-
tarium nullum. Pueros ob absentiam pastoris illi ipsi sepeliunt. Communio
paschalis exigitur schedis. Nulla insolentia aut excessus sub divinis. Comu-
nicantes 125.
Visit. 1701, p. 199. Bietingheim in Marchia. Parochiam administrat
A. R. D. Franeiscus Wiech, camerarius, annorum 52. Competentia siliginis
8 Mlt., competentia avenae 4 Mlt., reditus ecclesiae 13 Mlt. Colligit praeterea
medietatem decimarum tam majorum, quam minorum, cum eo tamen onere, ut
capitulo rurali Gernsbacensi quotannis solvat 12 fl. Numerantur familiae 46;
eaeque catholicae.
51
7. Ötigheim.
Zu den nachweisbar ältejten Orten des baden-badenſchen Gebietes
gehörten außer Baden die Dörfer Otigheim und Ettlingen, in
welchen der Tranfe Amalbert um's Jahr 788 dem Stifte Weiſſen—
burg je eine Hube vermachte. In der Schenkungsurfunde find die
Drtönamen mit Ediningom und Dttinghaim ausgedrücdt !.
Wieder erwähnt wird fpäter Dtigheim in herrenalbifchen Ur:
funden, nämlich in der päpjtlichen Bejtätigungsurfunde von 1177, wie
auch in der früheren Schenfunggurfunde Kaiſers Heinrichs IV von
1102, und endli in der Urkunde von 1216, mwodurd die Befigungen
des Kloſters auf's Neue beitätigt werden ?.
Güter zu Otigheim famen ſchenkungsweiſe durh den Grafen
Berthold von Eberjtein im Jahre 1148 an das von ihm gegründete
Gijtercienjerflofter Herrenalb. Es befreite auh Markgraf Rudolf]
von Baden im Jahre 1265 die zu Dtigheim gelegenen Güter ber
Herrenalber Mönde und erließ deren Pachtbauern alle Abgaben und
Dienftleiltungen ?.
Ein Gerlacus miles de Ottenkein und defjen Söhne treten im
Sabre 1272 ihren Zehntantheil in villa Otenken, welden jie ala
Lehen der Grafen von Eberjtein bejaßen, als Gottesgabe an das Klojter
Herrenalb ab *.
Simon von Zweibrüden, der eingejchlichene eberjteinijche Erbe,
übertrug dem Kloſter alle Gefälle bei Gernsbach, überdieß 16 Unzen
jährlider Hellerzinfe, inSbejondere aber alle Einkünfte und Nutungen,
welche ihm aus dem Dtigheimer Zehnten fielen, bamit jedes Jahr
zum Gedächtniß feines Sohnes Eberhart eine Jahrzeit gehalten werde,
wobei die Gonventherren weißes Brod, Fiſche und eine große Maaß
(maiorem mensuram) Weine über Tijh erhalten jollen >.
Ein bejonderer Wohlthäter des genannten Klojter8 wurde Mark:
graf Rudolf dadurd, daß er im Jahre 1288 von den herrenalbiſchen
Höfen zu Dtigheim (Otenkeim) und Bickesheim (Bukensheim),
von melden er die Hälfte des Ertrages bezogen hatte, dieſe Abgabe
nachließ, wodurd die Höfe in das freie Eigentum des Kloſters über—
gingen. Solches geſchah unter dem Beifügen, daß die Hofbauern
mit ihrem Vieh, gleich jenen Dörfern, die Wälder, Wiejen, Waiden und
i Zeuss, trad. Wiz. p. 44.
2 Dberrb. Z3tſchr. I, 102, 117. Remling, Speir. Urfdb. I, 79. Dümge,
reg. Bad. p. 26.
’ Zeitjchr. I, 357. Bader, Markgraf Rudolf I von Baden. (1843.) ©. 55.
Zeitſchr. I, 383. 5 Daf. I, 495.
4*
— *
Almenden in der ganzen Gemarkung benützen durften, ohne deßhalb zu
irgend einer Dienſtleiſtung gehalten zu ſein.
Dieſes gewährte der Markgraf aus Verehrung der glorreichen Jung—
frau und damit ſeiner und der Seinigen zu ihrem ewigen Seelen—
heile im Kloſter fortwährend gedacht werde. Es ſollten die Mönche aus
der ihnen erlaſſenen Abgabe einen Jahrtag für den Wohlthäter mit
den üblichen Gebeten alljährlich mit Weißbrod, Wein und Fiſchen im
Convente begehen.
Herrenalb erhielt im Laufe der folgenden Jahre theils kauf-,
theils ſchenkungsweiſe noch verjchiedene Güter und Zehntbezüge in Otig—
beim.
Urfunden, welche auf die Pfarrei daſelbſt Bezug haben, treffen
wir erjt im 14. Jahrhundert, und zwar die erjte von 1337, wornach
der Ehelfneht Arnold von Nietpur, genannt „Pfawe“, fi mit dem
Klojter Frauenalb wegen eines Stoßes über den Kirchenſatz zu Otig—
beim vergleicht ?.
Im Jahre 1360 bewerfitelligt Biihof Gerhard zu Speier, mit
Zuftimmung des Propjt zu S. German dajelbit, auf die Bitte der Äb—
tijjin und des Gonventes zu Frauenalb die Einverleibung der Pfarr:
tirche zu Dtigheim mit diefem Klofter, welchem das Patronatsredht da-
jelbft zuftund, unter der Bedingung, daß die Vereinigung erjt nad Abs
gang de3 damaligen Rektors, des Edelknechtes Rheinhard Pfau,
jtattfinde und dasjelbe an der Kirche einen jtändigen Vikar halte ?®,
Die Competenz des Caplans und Meßmers der Kirdhe wurde
im Jahre 1379 feitgejetst im Auftrage des Propftes von S. German
durd den Decan Berthold zu Rothenfels, unter Zuziehung des
Kämmerers zu Ettlingen, der Nectoren Heinrih zu Mucdenjturm und
Wernherr zu Obermeiler, des Gapland und Meßmers zu Frauenalb.
Der Vikar ſolle jährlich erhalten 30 Malter Früdten vom Widengut
der Kirche, oder (wenn dieß nicht möglich) vom Großzehnten des Dorfes;
den halben Kleinzehnten inner: und außerhalb des Etters, welcher
412 Gulden jährlich gejchäßt worden und zwei Malter (Roggen und Haber)
zum Erſatze jeiner Ausgabe für das ewige Licht *.
Die erwähnte Incorporation der Pfarrei Dtigheim wurde ert im
Jahre 1502 durd den päpitlihen Gardinallegaten Raimund be-
itätigt 5. |
52
ı Marfgr. Rudolf I (von Baben) ©. 50 und Beil. ©. 64. 3tſchr. II, 244;
XXVI, 460 (1289); II, 357 (1290), 375 (1294); V, 453 und 455.
? 3tſchr. XXVI, 462.
3 Daf. XXVI, 462. * Daf. XXVI, 463. 5 Daf. XXIII, 340.
93
Der Kirchenſatz und die Competenz der Pfarrei find im Saal-
buche des Klojter von 1536 bejchrieben !.
Frauenalb beſaß im 16. Jahrhundert auch zwei Höfe zu Otig—
beim, welche der große und Kleine Hof hießen ?. In der Renovation
von 1545 leſen wir: „Das Klojter verleiht die Pfarrpfründe, den Groß—
und Kleinzehnten bezieht Herrenalb, den „Schlüfjelzehnten” zur einen
Hälfte Frauenalb und zur andern die Herrihaft Baden“ ®,
Otigheim war um 1618 kurze Zeit Iutherijch, wie aus den zahl:
reihen Aftenjtücen über die Bejeßung und Verſehung der dortigen
Prarrei aus den Jahren 1525 bis 1761 hervorgeht.
Bezüglih der Reparatur und Erweiterung der Kirche war zwi:
ihen SKlojter und Gemeinde lange Zeit (die Erörterungen dauerten von
1628 bis 1764) die Frage jtreitig, ob Frauenalb außer jeiner Gone
currenzihuldigkeiten zum Bau des Chores, auch zur Erbauung des Lang:
baujes beizutragen babe. Hierüber wurde von dem bijhöflihen Vi:
fariate zu Bruchſal, vor dem Metropolitangerihte zu Mainz und
per viam appellationis vor der päpjtliden Nuntiatur in Köln ver-
handelt. An allen Anftanzen entjchied man zu Gunjten des Kloſters.
Hierauf erfolgte die Liquidation des hierdurch dem Kiojter von
der Gemeinde verurjachten und zu erjeßenden Schadens und insbejondere
wegen der vier Jahre innebehaltenen frauenalbijhen Gülten und Zehnten.
Über die Reparatur des ruinojen Pfarrhaufes wurde zwiſchen 1625
und 1666 verhandelt ®.
Den Zujtand der Pfarrei gegen Ende des 17. Jahrhunderts jchil-
dern die Vifitatoren jo:
Oetigheim.
Censet parochia haec familias 34 catholicas omnes, jurisdictionis tempo-
ralis Badensis, decanatus Ettlingani, Patronus S. Michael. Dedicatio domi-
nica subsequente festum Patroni. Collatrix Rma Dnna abbatissa ex Frauen-
alb. Decimatores Smus marchio et Dna abbatissa ex Frauenalb.
Marchionis medietatem colligit ex campis communitas, invehit, triturat et
ad ejus mandatum, quando et quo vult, vehit. Medietatem abbatissae conduxit
communitas; ex hac eidem solvunt 16 Malt. siliginis, 4 Malt. tritici et 8 Melt.
ı 3tſchr. XXIII, 270. Saalbud, ©. 197—234.
? Renovationen im General:Landes:Archive.
3 Daſelbſt.
+ Alten im ©. L.Archive, die zwifchen dem hochfürſtlichen bad-bad. Haufe
und ben Grafen von Eberftein gemeinjchaftlich gewefene lutheriſche Pfarrei zu Otig—
beim betr. von 1618. Akten, bie Reparatur und Erweiterung ber Kirche zu Otigheim
betr. von 1623 bis 1743 und 1744. Die Belegung der Pfarrei betr. von 1525 bis
1760. Die Verpachtung der Pfarrei Otigheim Widumgüter von 1564 bis 1777.
54
avenae. Decimas minores dividit marchio cum pastore. Pastoris partem col-
ligit communitas et asservat advenienti novo; ad minores decimas hoc loco re-
vocantur Gerjten, Weljhforn, Hevdenforn, Erbien, Lingen, Hirfen, Hanff, Flache,
Rüben :c. porci, oves; non autem gallinae, anseres, anates, olera aut fruges.
Animalia seminalia curat et alit communitas, pro quo certo inde cedit 21/,
Jugerum agrorum ab omnibus decimis et oneribus immunium.
Ecclesia satis angusta, parvae tamen parochiae capax, navis recenter cum
ossuario et turri ex censibus ecclesiae reparata. Chori tectum totum compu-
trescit et minatur ruinam, ad hujus conservationem et restaurationem obligari
volunt Rmam Dnam abbatissam ex Frauenalb, quae etiam obligatur ad conser-
vandam domum pastoris, quae intus tota vastata a miljtibus, et quia tot annis
inhabitata, nisi mature restituatur, paulatim concidet. Monita de hoc domina
abbatissa mox asseret aliaque pro hujus et ecclesiae reparatione convehere.
Fenestras, scamna, libros, vinum, hostias, ornatum curat ecclesia uti et
septa coemeterii; hoc rimas hine inde in muro agit undique sylvestris, sam-
buco ! et arbustis, depascitur ab aedituo.
Altare unum consecratum et ex parochia fundatum, Cathedra lignea
pedi innixa lapidea. Baptisterium antiquum et vastum, confessionale nullum.
Campanae duae benedictae. Sacrarium in pariete angustum nimis et parum
nitidum. Lampas ante hoc nullum. Monstrantia nulla, quae ultimo bello cum
omni alio ornatu ecclesiae a militibus direpta. Ciborium novum stanneum, uti
et pixides duae pro sacris oleis, tertium oleum infirmorum in putamine nucis
asservatur. Calix novus argenteus 32 fl. recens Argentorato comparatus. Mis-
sale novum Romanum. Agenda Constantiensis bona. Casula una.
Alba una, reliqua suppellex admodum tenuis. Liber baptizatorum nullus.
Memoria nulla confirmationis nec visitationis. Sedes communes, hinc nullae
circa hasce lites uti nec circa sepulturas aut bona ecclesiae.
Processiones una cum venerabili per pagum erectis in eo quatuor al-
taribus, ad quae quatuor evangelia canuntur, in festo corporis Christi, festo
S. Marei in Bickesheim, festo SS. Philippi et Jacobi excipiunt 4 processiones
vicinorum,. Feria 2 rogationum in Ilchisheim, fer. 3 in Aw, fer. 4 in Stein-
mauren. Festo ascensionis in Radstatt.
Anniversarium nullum,
Ecclesia bona et reditus in admodum misero statu. Sedecim florenos
annos adhuc habet fixos, cum ante paucos annos habuerit 28. Multa debita,
solutis ante aliorum debitis ecclesiae mortificantur. Rationes fiunt administra-
tori spiritualium a duobus juratis, qui annis singulis deponuntur, quatuor
jurati priorum annorum debent in restantibus 109 fl.
Pastorem proprium ab annis septem non habuerunt, quando religiosus
aliquis ob scandalosam vitam amotus; interim a diversis administrata parochia
et pro tempore administratur a P. P. capucinis Badensibus eo excurrentibus.
Movet bona abbatissa omnem lapidem et auget fundationem, ut hominem habere
possit et tamen vix est, qui se repraesentet.
Pastoris competentiam incolae asserebant esse: ab abbatissa siliginis
18 Malt., avenae 12 Malt., pecuniae 18 fl., medias minores decimas. Ex bonis
parochialibus elocatis siliginis 15 Malt., avenae 1 Malt., agrorum 3 Morgen,
! Sambucus, Hollunderftraud.
T
55
quae rustici tenentur colere, serere, invehere. Item advehere ligna necessaria,
Item vehere ad molendinum. Jura stolae, ut in Radstatt. Ludimagister nullus,
Aedituus est director horologii Joannes Zehmer, incola. Satisfacit officio,
constituitur a communitate. Pro competentia habet omnes decimas primi post
ditissimum pagi et immunitatem personalem. Ex funere majori 1 Schilling,
minore O0, compulsatione ad funus 1 Schilling, copulatione mediam amphoram
vini, panem, olera et carnem; latione, scopis et sale 1 fl. 6 batzen. Domus
exstructa pro ludimagistro a communjtate inhabitatur a subulco !; signo chariores
illis esse porcos quam pueros, cum illis de subulco provideant, hisce non de
ludimagistro.
Vigent valde superstitiosae benedictiones vetularum.
Confraternitas nulla.
Pro choreis licentiam facit pastor teste praetore. Festis subinde labo-
ratur in agris, als im Welfchforn. Ex concione et sacro excurritur. Nullus
habetur catechismus. Venerabili, quando ad aegros defertur, nullus flectit, minus
comitatur. Scandalum publicum nullum. Obstetrix jurata. Fundatio pro pau-
peribus annue 1 Rtblr. solvitur et distribuitur. Inventarium ecclesiae nullum.
A 60 annis non confirmati; ab hominum memoria nulla visitatio.
Parvuli non sepeliuntur per pastorem. Nulla ratio communionis paschalis.
Nulla insolentia aut excessus sub divinis.
Monita. Coemeterium expurgandum, claudendum. Providendum pueris
de scholis et ludimoderatore. Cavendum vetulis a superstitiosis benedictionibus.
Non excurrendum ex concione, et quando catechesis habetur ab omnibus fre-
quentanda. Flectendum quando venerabile transfertur-et deducendum ad aegros
et templum. Parvuli baptizati sepeliendi per pastorem.
Reliqua neo pastori, quem audimus esse in via, reliquimus emendenda.
Substitimus nos hac in parochia horis octo, quando ad populum diximus 2,
catechesis habita 1; communicantes 96 ?.
Bericht der bifchöfl. jpeierifhen Bifitatoren Georg Klein und Urban Robert,
Soc. Jesu, über Ödigheim. Lib. visit. de anno 1701. Fol. 93.
Parochia haec serenissimo Badensi in temporalibus subjecta numerat fa-
milias 25, omnes catholicas. Administrat eam binando rev. dom. Fridericus
Fröhlich, in Rastatt (fpäterer Zuſatzt P. Solanus Warmuth, Franciscanus ex
conventu Rastadiano 1725).
... Parochus ex certis agris habet medietatem minorum decimarum. In-
super tenetur domina abbatissa in Frauenalb annuatim ei pendere 15 mald.
siligenis et 11 avenae; at medietas horum ab aliquo tempore fuit substracta,
ex quo capite nescitur... Lampas ante venerabile non ardet ex defectu olei,
quod ab aliquot annis frustra exigitur a Badensibus.
Gravamina. 1. Alba dominarum renuit ab aliquo tempore parocho
dare totam competentiam. 2. Non reparantur tecta templi. 3. Aedes paro-
chiales ex defectu reparationis vergunt in ruinam.
1715. Juni 14. Aus dem Berichte ber bifchöflich fpeierifchen Pifitatoren
1 Subuleus, Schweinehirt.
?2 Aus: Liber visitationis episc. Spir. 1683. pars II. Im ältern Eremplar
S. 2—94, in der Abſchrift S. 132—137. Ztſchr. f. Gefch. d. Oberrh, Bd. XXVI.
©. 464—67.
Bin
2 0
56
Petrus Gornelius, Biſchof von Metbone, und Kirchenrath Heinrich Thbeifen, über
Otigheim: Relatio visitationis de anno 1715, p. 127—39,
Oettigheim est parochia capituli Gernsbacensis, jurisdicetionis Badensis.
Joannes Henricus Leon, patria Badensis, 34 annorum, administrat per tres
annos; habet familias 30 omnes catholicas. Inventa est juventus praerudis. —
Leon war zugleih Pfarrer in Raftatt, die Gemeinde Otigheim übergab der Viſi—
tationscommiffion eine Eingabe an ben Biſchof, worin berjelbe um die fonderbare
bochfürftlihe Gnade gebeten wurde, die Ädtiffin zu Frauenalb dahin zu vermögen,
daf fie entweder die Gemeinde wieder mit einem eigenen Pfarrer verfche, oder aber
dem bermaligen Pfarrer die verweigerte Gompetenz wieder reihe, damit biejer einen
Gaplan in Dtigheim halten oder für Verfehung des Gottesdienftes durch die Franzis—
faner in Raftatt forgen könne. Ztſchr. XXVI, ©. 467.
8. Steinmanren.
Bei diefem Dorfe an der Murg, einer alten baden-baden'ſchen Zoll:
jtätte, bejtund eine jtarfe Nheinüberfahrt. Der Ausflug der Murg
in den Rhein iſt heute noch der Sammelplat aller Bord: und Holländer:
flöße, welche bier zu Nheinflößen zufammengebunden werden. Es gab
diejes8 dem Orte von jeher viel Nahrung und Steinmauren jpielte
mit feinen Wirthshäufern während des Mittelalters eine nicht unmwichtige
Rolle in der Gedichte der Murgichifferichaft ?.
Der lecken weist auh römijhe Münzfunde auf?, jcheint da—
her zu den ältejten Orten der Gegend zu gehören und der Landungs—
plat gemwejen zu fein für Diejenigen, welche nad Rajtätten und Baden
wollten. Selbſt der Name Steinmauren (Steinmur) jcheint ein
Zeuge für den Beitand des Drtes unter den Römern.
An den mittelalterlihen Urkunden ijt wenig von Gteinmauren
die Nede. An einer folden von 1239 wird ein W. scultetus de
Steinmur genannt ?. Das Dorfgericht beitund aus dem Schultheißen
und ſieben GerichtSleuten, was bei ſolchen Bauerngemeinden die ge-
wöhnliche Zahl war ®.
Über die Steinmaurer Kirche findet ſich die erfte Nachricht
aus jpäter Zeit im Jahre 1481. Ein Ablafbrief vom fpeieriichen Ge—
neral:Bicar ertheilt allen denen Nachlaß ihrer läßlihen Sünden, welche
diejelbe an gewiſſen Tagen bejuchen und zu deren Neparatur etwas
beitragen ®.
1 Kolb, er. VII, 252. Eminghaus, bie Murgicifferihaft in der Graf:
ſchaft Eberftein. Jena, 1870, Trenfle, Geſchichte der Schwarzwälder Induſtrie.
S. 166. Oberrh. Ztſcht. XI, 278 und XIII, 285.
2 Zeitſchr. XV, 164. 3 Zeitfchr. I, 119.
* Zeitfchr. XV, 263.
5 Bad.-Bab. Repert. im G. L.Archiv.
57
Nach einer Urkunde des gleihen General:Bicard von 1522 wurde
diefe Kirche, welche sub ecclesia parochiali villae Elchesheim jtund,
von Grunde aus neu erbaut (templum sive sacellum ex fundamentis
de novo reaedificatum) und eingeweiht!. An der Thurmthüre it
das baden=jponheimifhe Wappen angebradt und an einem Chorpfeiler,
etwa 6 Schuh in der Höhe, steht die verjchnörfelte Kahrzahl 1516 mit
den Buchſtaben I. H. A., was mohl dahin zu ergänzen it, daß der
Bau in diefem Sahre (inchoatum hoc anno) begonnen und der
Grundſtein gelegt worden jei ?.
Die Competenz dieſer Elcheöheimer Filiale wurde 1567 neu feit-
geitellt. Die Pfarrer genannten Ortes hatten vielfahe Beſchwerden
zu erheben, wie Pfarrer Konrad Schäffer eine im Jahre 1574 gegen
das Collegiatjtift Baden wegen feiner zu beziehenden Gompetenz. Diejes
hatte nämlich den Pfarrverweier oder Caplan zu falariren, war aber
damit im Rückſtande geblieben. Solche Beſchwerden dauerten Jahre
zehnte lang.
Sm Anfange des vorigen Jahrhunderts war Steinmauren nod
Filiale von Elchesheim und ſteht al3 ſolche in den Bifitationsprotocollen
von 1701 und 1715 aufgeführt. Erſt um 1740 wurde der Ort von
jeiner alten Pfarrhöre getrennt und jofort die neue ecclesia parochialis
dur) einen Caplan verjehen ?.
Aus den Bifitationsprotocollen entnehmen wir über Gtein=
mauren folgende Einträge:
Steinmauren.
Parochia haec 70 censet familias catholicas, ad fluvium Murcham sitas
longo ordine, ex quibus pleraeque se alunt devehendis in inferiorem Rhenum et
Hollandiam, asseribus, trabibus et arboribus. Jurisdictionis temporalis est Ba-
densis satrapiae Radstattensis, decanatu® Ettlingani.
Patronus: S. Nicolaus. Dedicatio: Dom. post nativitatem B. V.
Collator: Collegiata Badensis, Decimatores: haec et marchio hujus
partem mediam, pariter obligantur rustici in campis colligere, invehere, tri-
turare et ad ejus mandatum devehere, quo mandat. Pars seu medietas capituli
elocata communitati, exin hoc anno solvunt 16 Malt. tritici et 25 Maldera
avenae. Minores decimas accipit et dividit marchio cum pastore ut in superiori.
Animalia seminalia curat et alit communitas, pro quibus certi designati agri,
qui cum hoc onere elocantur a communitate. Ecclesia pulchra lucida ampla
1 Dasfelbe, Urfunde vom 22, April 1522.
? Mone, bad. Archiv, I, 134.
’ Ardivalten: Die Separation ber Pfarrei Steinmauren von ber zu
Elchesheim, die dem Stifte Baden überlafjenen Patronatsrechte, Feſtſetzung der Pfarr:
competenz und von ber Gemeinde übernommene Bau und Unterhaltung des Pfarr:
und Schulbaufes von 1715, 1743 bis 1745.
98
ac bene reparata curatur et conservatur in omnibus ex propriis reditibus.
Coemeterium apertum, sentibus oppletum, depascitur ab aedituo. Campanae
hic tres benedictae. Reliquiae nullae. — Altaria tria non consecrata nec do-
tata. Sacrarium in pariete honestum, mundum et clausum. Lampas festis et
sub divinis tantum accenditur. — Venerabile cupreum. Ciborium cupreum
deauratum. Pixides pro sacris oleis stanneae. Calix deauratus, ejus pes
cupreus et cupa argentea. Casulae tres. Alba una, missale Romanum, agenda
Constantiensis, cantuale nullum, cantus nullus. Baptisterium, confessionale, ca-
thedra bona et decenti loco. Liber baptizatorum antiquus, sed in quem
nulli mortui aut copulati relati, et hinc inde mancus 1. Confirmationis et visi-
tationis meminit nemo. Sedes curantur ab ecclesia et sunt communes, hinc
eirca illas aut sepulturas aut bona ecclesiae lites nullae. Processiones cum
venerabili una tantum dominica infra octavam corporis Christi per pagum. In
festo S. Marci in Bikesheim, festo S. Philippi et Jacobi in Oeticheim,
festo inventionis S. Crucis in Bitichheim, feria 2 rogationum in Elches-
heim, feria 3 in Aw, feria 4 vacant et excipiunt processiones ad se venientes.
Anniversarium nullum. Reditus ecclesiae colliguntur a duobus juratis;
rationes reddunt administratori spiritualium, qui pecunias ad se abstrahit, et
nihil in ecclesia curatur aut reparatur; habet ecclesia ex censu annuo fixo 70 fl.
Pastor idem?, qui in Ilchesheim cum qua et hac alternat, habet hinc sin-
gulis septimanis 1 fl., decimas minores et jura stolae ut in Ilchesheim. Ludi-
magister nedituus et director horologii Joannes Wieg, sutor, satisfacit officio,
constituitur a pastore et praetore et juratis. Pro competentia habet: Ditioris
rustici decimas ex omnibus suis agris. Item ex ecclesia 8 fl., item ex in-
structione pueri per septimanam !/, Batzen, item ex copulatione panem, am-
phoram vini, carnes cum oleribus vel horum loco 21/, Baken, item ex funere
majori 17 Kreuzer, item ex funere minori 1 Schilling. Communicantes 224.
Vifitationsprotocoll v. 1701 fol. 100.
Steinmauren. Est ecclesia filialis, spectans ad parochialem in Elches-
heim, numerat familias circiter 40. Sarta tecta templi sunt adhuc in bono
statu; at fenestrae indigent reparatione., Aedes scholares suis cineribus
tumulatae jacent.
Vifitationsprotocoll v. 1715 (Missio).
Steinmauren. Filialis, pertinens ad matricem in Elckesheim. Patro-
num habet S. Nicolaum. Tria exstant altaria: 1 S. Crucis, 2 Bmae Virginis,
3 S. Nicolai. — Fenestrae ecclesiae indigent reparatione. Tenentur decima-
tores; hi tamen hoc onus rejiciunt in ecclesiam aut communitatem. — Domus
parochialis nunquam hic exstiti.e. Domus scholaris cineribus suis se-
pulta jacet. Ludimagister accipit ab ecclesia 8 fl., a singulis eivibus — 1
manipl.
Gravamina. Parochus non gerit curam parochianorum; unde crebro
accidit, ut diebus dominicis non intersint divinis.
1 Mancus, verjtümmelt.
2 Joachimus Beuschel.
ee
59
9. Durmersheim mit den Filialen Bickesheim und Würmersheim.
An Bickesheim jowohl ald in Durmersheim (Thurmares-
heim) zeigen ſich Spuren einer römiſchen Straße, melde nad) Lauter—
burg führte!. Hier beſaß ſchon unter den Merovingern das Stift
Weiſſenburg verjchiedene Güter und Rechte, melde im 13. Jahr—
hundert zum Aufichriebe gefommen. Damals bereit3 bejtund eine Zehnt—
firde bajelbit ?.
An einem berrenalbijchen Wrtheilbriefe von 1310, wornach der
Speierer Gerichtshof zwifchen dem Kloſter Herrenalb und den Dörfern
Dtigheim und Bietigheim wegen Waidgerechtigkeiten entfchieb, wird
eine Dechanten (Decand) zu Durmerdheim ermwähnt?, wie in einer
Urkunde von 1366 ein PBfarrreftor Conzmann zu Durmerdheim, und
in einer von 1381 ſowohl der Pfarrer Claus, ala der Frühmeſſer
Johannes in der Capelle zu Bickesheim aufgeführt *.
Markgraf Karl I von Baden lie in der Kirche zu Durmersheim,
welcher er Stiftungen zuwandte, jein Stammmwappen anbringen.
Es trägt die Jahreszahl 1473, iſt aber ohne weitere Anjchrift?.
Es war demnad) dieje Kirche eine der größeren und bedeutenderen der
Umgegend.
In der Nähe Hatte das Klojter Herrenalb nad einer Urkunde
von 1216 einen Maierhof, eine grangia, der „Lindenhard” genannt,
welcher in der Mörjcher Gemarkung gelegen wars. Die Gemeinde der
„armen Leute”, d. 5. die leibeigenen Bauern zu Durmersheim, for:
derten 1377 für ihre diefem Hofe ſchuldigen Frondienfte die gewöhn—
liche Atung an Eſſen und Trinken (Milch, Käs und Anderem),
wurde aber damit abgemwiejen, da alle berrenalbijhen Hofgüter
auf der Hard durch ihre früheren Herren und Beier (die Grafen
von Eberjtein und Markgrafen von Baden) von derlei Leitungen er:
ledigt worben 7,
Auch jpäter, um's Jahr 1468, hatte dasjelbe Klojter einen Streit
ı Zeitfchr. f. Geich. des Oberrh. X, 206. XXV, 380.
? Zeuss, trad. Wiz. CXCIII.
3 Zeitfhr. V, 455, Anmerk. 1.
% Dafelbft IX, 106. XXV, 380.
5 Bab. Ardhiv von Mone I, 134.
6 Zeitſchr. I, 117.
’ Dafelbft IX, 93. Pfalzgraf Ruprechts (als Vormünders der "jungen Mark—
grafen von- Baden) Beftätigung jener Freiheiten, welche die von ben Häufern Eber:
fein und Baben an das Klofter Herrenalb geliehenen Höfe auf der Harb von jeher
beſeſſen und 1250, wie 1286 erneuert erhalten, von 1377.
Meet
nn:
60
mit der Gemeinde wegen des Lindenharder Hofes, deſſen Schickſal
in der Zeitjchrift für Geſchichte des Oberrheines mitgetheilt ijt .
Zwiſchen diefer Gemeinde und ihrem Pfarrer entjtund wegen Als
mendgenufjes an einer Wieſe, ſowie wegen des der Pfarrei zu—
fommenden Fleinen Zehntens um 1536 ein Streit, welder aber
ihon 1538 gütlich beigelegt wurde?. Der aus dem Durmersheimer
Heiligenfonde nad Wintersdorf und an’ Ettlinger Stift (aus einem
an bie Kirche zu Bickesheim verwendeten Gapitale) zu zahlende Zins
von vierthalb und von drei Gulden wurden im Sahre 1589 auf herr—
Ihaftlichen Befehl aus den Einkünften des Stiftes beftritten ?.
Diejes find über Durmersheim die einzigen Nachrichten aus
dem 15. und 16. Kahrhunderte, und auch aus dem folgenden ijt wenig
Anderes befannt, al3 daß zwiſchen 1601 und 1612 auf dem Kirch—
tburme dajelbit (wie aud zu Bietigheim und Steinmauren) bie
Schlaguhr reparirt worden, und die Pfarreien zu Durmersheim und
Bietigheim wegen Priejtermangel binirt gewejen *.
Erit im Anfange des 18. Jahrhundert3 wurden diejelben wieder
getrennt, wobei man die Competenz, den Zehnten und die Ge—
fälle neu bejchrieben hat’. Hierauf erhielt die Kirche eine Ermei-
terung, da die Drtsbevölferung zugenommen. Die Beiträge hiezu,
jowie zur Unterhaltung, Tleijteten die Dezimatoren, die Yandesherridaft
(mit jährlid 2 Malter Korn), der Pfarrer (mit jährlich einem Malter
Korn) und die von Trapp’ihe Stiftung.
Auch der Bau eines neuen Pfarrhauſes fiel in diejes Säculum.
Damals lebte der in den Bifitationsprotocollen von 1683, 1701 und
1715 Häufig erwähnte Pfarrer Franziscus Wied, ein geborener
Badener, der gegen 60 Jahre lang Pfarrer war.
In Würmersheim, einem kleinen Yilialorte, wo das Stift zu
Ettlingen ein großes Hofgut befaß, wurde erjt 1776 eine Gapelle er:
baut, wobei die Gemeinde zur Faſſung des Altars ein Gnadengejchent
von 75 Gulden jpendete®.
Das andere Filial, Bickesheim, tritt erſtmals in einer Urkunde
des Königs Heinrih IV von 1102 auf. Die dortige Capelle wurde
wahrjdeinlih von Markgraf Rudolf und feiner Gemahlin Kunigunde,
welde im Jahre 1290 im Klojter Lichtenthal ftarb, um Mitte des
13. Jahrhunderts erbaut, jodann im Laufe des 14. und folgenden
Jahrhunderts mit Pfründen reich bewibmet, endlid im Jahre 1459 unter
! Zeitfchr. I, 157. IX, 98—9.
2 Akten des ©. L.-Archins.
®s Ebenfo. Ebenſo. 5Ebenjo. 6 Ebenio.
61
Aufhebung der dortigen vielen Caplaneien mit dem Stifte zu Ettlingen
vereinigt, worüber eine ausführliche Urkunde des Papſtes Pius II vor:
banden iſt!.
Nahdem im Sabre 1630 die Kejuiten in der Marfgraficaft
Baden-Baden fi aufgethan und 1666 diefe Gejellihaft in Ettlingen
ein Gollegium gegründet, wurde die durch ein Gnadenbild befannt ges
wordene Gapelle S. Mariae Virginis von den Jeſuiten-Patres verjehen.
Auch fanden im 17. und 18. Jahrhundert mehrere denkfwürdige Kirchliche
Seite dajelbit ftatt 2.
Wir bejchränfen ung Hinfichtlich der Bickesheimer Gapelle
auf die wenigen Mittheilungen, da dieje Wallfahrtskirche in einem be:
jondern Aufjate ausführlicher behandelt werden joll.
Das VBijitationgprotocoll von 1683 jchildert die kirchlichen Ver:
bältnifje zu Durmersheim und Bidesheim, wie folgt:
Turmersheim.
Pagus hie 30 censens familias et Wuermersheim 13, catholicas omnes,
unam conficiunt parochiam; subjacent in omnibus jurisdietioni temporali Ba-
densi. Decanatus Ettlingani. Patronus ecclesiae S. Dionysius. De-
diecatio dominica ante festum S. Laurentii. Collator Smus marchio Badensis.
Decimator majorum decimarum, quo ad duas tertias marchio et pastor quoad
unam; extendunt illae sese universim ad 75 Maldera. Decimator minorum
decimarum, quoad duas tertias domus tertiae probationis Itlingana ? et pastor
unam tertiam. Animalia seminalia curat et alit quaelibet pro se communitas.
Ecclesiae status mediocris, qua parte defieit, incipit reparari.
Coemeterium clausum depaseitur ab aedituo ex gratia pastoris. Sanctus
(fundus) hie est ecclesia ex suis reditibus debet conservare chorum, sacristiam,
fenestras, ornatum, sedilia, januas, vinum, hostias, libros. Marchio censervat
navim ecclesiae. Communitas conservat turrim, campanas, funes, ossuarium,
murum coemeterii, crates, portas. Altaria tria, unum consecratum, duo pro-
phanata, utrumque ornata non dotata. Reliquiae nullae. Baptisterium et
cathedra bona et bono loco, non ita confessionale, quod antiquius. Campanae
tres bonae et benedictae. Sacrarium in pariete mundum et clausum. Lampas
sub divinis tantum accenditur. Monstrantia cuprea. Ciborium cupreum. Pixides
pro sacris oleis ex stanno. Calix argenteus. Casulae 4. Alba una, missale
Romanum. Agenda Argentinensis. Liber baptizatorum bonus; nullus intra 50
et plures annos confirmatus. Lites circa sedes sepulturae alt bona ecelesiae
nullae. Processiones duae cum venerabili prima in festo Corporis Christi in
et circa pagum, 2d# in festo B. V. visitatae in Bickesheim, ex voto nuncu-
pato gravante AP 1667 peste, quo vix concepto omnis pestis desiit saevire.
ı Remling, Urfdenb. I, 80. Z3tſchr. I, 110; VI, 133; XXIV, 466. 467.
Copb. 104, Fol. 97. 98. Urkde. 1421, 18. Nov. Repert. Remling II, 29.
2 Akten. Siehe bie Anlagen.
’ Das im Jahre 1666 gegründete Jefuitencollegium.
—
62
Festo S. Marei et feria 4 Rogat. in Bidicheim, festo S. Philippi et Jacobi
in Oetigheim. Fer. 2% rogationum in Elchesheim, feria tertia in Aw.
Anniversarium nullum. Reditus ecclesiae sunt quotannis 12 fl. 6 modii siliginis;
colliguntur a duobus juratis; rationes fiunt administratori spiritualium et uni
deputato ex camera absente pastore.. Pastor R. D. Franciscus Wiech, Ba-
densis 34 annorum; pro oeconoma habet matrem, bene fungitur officio pastoris
et quiete vivit, satisfacit in administratione sacramentorum, concionibus, ca-
techesibus, quas singulis dominieis et festis duplicat in utraque parochia.
Assistit morientibus et sponsalibus, nullum neglexit, nullum copulavit vaga-
bundum nec alterius parochiae, uti nec ex se dissolvit sponsalia, parochiam
utramque possidet ex commenda, quam annue redemit. Capituli est Ittlingani,
cui paret et solvit jura.. Competentiam suam incipit in festo S. Georgii; nullum
habet conflicetum, aut dissensionem cum magistratu aut parochianis. Domum,
quae commoda et usibus parochi aptata, conservat marchio. Pro competentia
habet tertiam majorum et minorum decimarum, hortos, agros et prata aliquot:
in pecunia et vino nihil. Jura stolae ex sponsalibus et proclamationibus 0, ex
copulatione 20 Baken, dimissoriis 20 Batzen, provisione aegrorum 0, administratione
aliorum sacramentorum 0, baptismo !/, fl., introductione O0, conductu funeris me).
et tribus sacris 1 Rtbl., conductu funeris minoris 1/, fl., concione funebri 1 Rthl.,
sacro per annum votivo !), fl. Ludimagister, aedituus et director horologii
Joannes Jacobus utroque fungitur officio, praesentatur a communitate,
constituitur a pastore. Pro salario sola habet 12 Maldera siliginis, ex quibus
sex habet a pastore et sex a communitate; ex copulatione offam, panem,
frustum carnis et amphoram vini. Ex funere majori 17 Greuzer, minori 6 Greuger.
Ex instructione unius per quartam anni partem 15 Greuger. Pueri ex utroque
pago de hieme diligenter mittuntur ad scholas. Superstitiones et aniles bene-
dietiones multum abrogatae, serpunt tamen adhuc; nullam habent confraterni-
tatem nisi quae est in Bickesheim, in qua frequenter. Licentia producendis
choreis petitur a parocho. Nulla tractantur servilia diebus festis nisi ex
necessitate et de licentia parochi; uti nec excurritur iis diebus extra parochiam
sine ejus praescitu. Concioni et catechesi diligenter et constanter intersunt.
Nullum scandalum publicum in parochia. Venerabile quando ad aegrum de-
fertur, ducunt et reddunt 2 vieini. — Obstetrix jurata et bene informata.
Fundatio pauperum 2 fl., qui annue distribuuntur. Habent inventarium
recenter renovatum. WVisitatio ante annos viginti octo coepta, sed non con-
tinuata. Infantes suos illi ipsi sepeliunt. Communio paschalis accurata exacta
schedis. Sub divinis nec luditur nec potatur nec venditur.
Gravamen pastoris, quod mancipiorum instar a saecularibus graventur
ecclesiastici contra omnia jura et privilegia status novis teloniis et impositio-
nibus inauditarum accisarum.
Monita. Pueros suos faciant dein ritu et more catholico sepeliri per
pastorem. Et constanter abstineant a superstitiosis vetularum benedictionibus
ac perseverent in bene fundata devotione ac honesta prolium educatione.
240 communicantes.
(Atque hinc invitati ab utroque R. P. rectore Badensi et Ittlingano pro
sacro canendo in festo S. P. Ignatii adivimus Ittlingam, unde sacris peractis
eadem mox die in
Aw, 31 Juli hora 5# vespertina).
63
Bifitationsprotocoll 1701 (p. 80): Parochia est unam habens filialem
Wuermersheim; familias numerat 34, omnes catholicas. Administrat eam ab
annis 20 per binationem R. D. Franciscus Wiech, Badensis, parochus in
Bietigheim.
Bijit. 1701 Durmersheim, p. 208: Parochum agit jam ab annis 20
rev. dom. Franciscus Wiech, camerarius. Numerantur familiae catholicae 34.
Filialem habet in Wuermersheim. Gravamina: Aedes parochiales indigent
reparatione. Tenetur Smus marchio.
Bickesheim.
Locus hic a frequentibus per annum nundinis celebris, celebrior a magno
eultu M. Matris, cujus hic statua miraculis clara et ad quam per annum in-
numera vota et supplicationes fiunt. Fuit olim ecclesia collegiata
24 canonicorum, qui circum ecclesiam habitabant, quarum aedium nec rudera
amplius prostant, ita illis Itlingen ob insolentiorem et dissolutam vitam trans-
portatis ac intra civitatis moenia restrictis. Ecclesia haec M. Matris sola bono
muro cincta, cui parva sacristae aedicula incumbit in amplissima planitie sita,
ab episcopo et marchione Badensi directioni rr. pp. societatis Jesu domus
tertiae probationis Ettlinganae postliminio est commissa cum omni emolumento
et damno. Ecclesia est perampla, quatuor altaribus exornata, quorum medium
ad ingressum in chorum praesentat statuam B. V. miraculosam. Ornatus hic
altarium et sacerdotalium vestimentorum non exiguus. Monstrantia et ciborium
argentea deaurata, mundo et clauso reservantur in sacrario in pariete efformato !.
Calices argentei deaurati tres, alia ecclesiae suppellex copiosa. Campanae duae.
Officium fit hic a patribus omnibus per annum diebus sabbatariis; item omnibus
festis B. V. quibus ob frequentiam communicantium, tot huc mittuntur sacer-
dotes, quot haberi possunt. Maxime festo Virginis visitatae, quo innumerus
prope populus confluit, ut a viginti et pluribus saepe confessariis poenitentium
numero satisfieri vix possit, et vere locus hie Badensium et latae eorum viciniae
est poenitentiaria.
Nos hoc loco non celebravimus, sed quando sub horam primam D. Vir-
ginem salutatum ac campanam benedicturi accessimus, nos praestolantes ? in-
venimus processiones pagorum Turmersheim, Wuermersheim, Bidig-
heim, Moersch, Forchheim, Daxlandt et Aw, qui ad hanc ecclesiae
ceremoniam videndam clausis aedibus desertis pagis omnes effusi magno numero
et benedicentem spectarunt et dicentem audierunt, quando panes 700 juventuti
distributi in memoriam et duo ahmae vini non sufficiebant. Finita hic bene-
dictione ac refectione parvä sumptä, paratis nobis equis pervenimus in Moersch.
Über die biſchöfliche Vifitation im Jahre 1715 berichtet das Protocol
138) das folgende:
Durantibus his interrogatoriis plures fuerunt confessi et ss. epulis refecti.
Post prandium habitus fuit catechismus, inventaque est juventus praerudis,
qua propter parochum monuimus privatim, ut juventutem melius in rebus fidei
instruat, habitaque alia concione monuimus parochianos, ut sibi provideant de
speciali pastore equorum, ne diebus dominicis impediantur ab ecclesia et
En
@
! Efforato ? ? Praestolari, warten.
re
64
catechesi, item ut juventutem diligentius mittant ad scholam, ut in vigiliis non
autem diebus festis colligant pabulum, item ac juniores tempore noctis de pago
in pagum ut hucusque vagentur. Dataque benedictione versus Durmersheim
deducti fuimus, ubi adventantes processionaliter excepti in ecclesia praevia
coneione causam nostri adventus indicavimus, exinde cum D. rectore $. J. Ett-
lingano perreximus in Bickesheim, ecclesiam quondam collegiatam, nunc ad
soc. Jes. in Ettlingen cum omnibus emolumentis translatam, et festivo cam-
panarum sonitu excepti invenimus ecclesiam sat vastam praeter tectum, quod
indiget reparatione, petiimus ex praefato P. rectore, quis ad hujus reparationem
veneatur, aegre respondit; putabat autem ex oblatis, quae anno excrescunt ad
30 fl., reparandum.
Urbanus Robert, colleg. soc. Jesu in Ettlingen, Rector dafelbit,
ihreibt unterm 28. October 1737 an den Biſchof von Speyer:
Eminentiae suae humillime significo statuam Virginis thaumaturgam, quam
ab novissimo belli periculo Bickesheimio Ettiingam ad templum patrum soc. Jes.
securitatis causa translata et ibi asservata fuit.
Statua enim divae Virginis, facto et audito ante Ettlingam sacro a 12 virg.
in portando alternantibus inter pios cantus et preces elata fuit, processionem
Ettlinganam subsecuta est processio Stapfericensis, cui in Harta, seu media
via sese adjunxere Schoelbronnenses, Ettlingenses, Weyerani, Malschenses,
Buhlacenses, singuli vexillis suis instructi, dum omnes pulchro ordine ali-
quantum processerunt, excepere Auenses, Moerschenses, Durmersheimenses et
Daxlandiani et denique etiam ipse serenissimus marchio Badensis Rastadio
delapsus ! cum comitatu suo obviam processit divamque virginem alternantibus
tubis et piis canticis prosecutus est in templum, summoque sacro, quod musieci
aulici adornarunt, devotissime interfuit, summum sacrum excepit hymnus Am-
brosianus et hine concio, qua finitä omnis populus processionaliter ad propria
reversus est. Gntbalten in ben Akten: „Die VBerbringung des zu Ettlingen auf:
bewahrten Muttergottesbildes nad Bidesheim.“ Icon thaumaturga Bmae Mariae
Virginis ab novissimi belli hostiliumque incursuum amota ad praedictam urbem
(Ettlingen). Restitutio per solemnem processionem, ad renovatam ecclesiam
loci Bickesheim.“*
Das Näditfolgende wird bringen: Die Geſchichte der Piarrei des
Dorfes Niederbühl bei Rajtatt, dann jene des früheren Dorfes, der
ipäteren Stadt Raſtatt; an dieje ſchließt ſich die Gejchichte der Pfarreien
der großen Orte Kuppenheim, der früheren Amtsjtadt und Feſtung,
der Dörfer Malſch, Mudenjturm, Oberweier am Eichelberg, bes
Klojter Frauenalbijhen Ortes Völkersbach, jene von Moosbronn
mit Freiatsheim und Mittelberg, an der würtembergijchen Grenze gelegen;
auf dieje werben folgen die Pfarrei Ettlingen, jene der Dörfer des
Albthales, Murg: und Dosthales. Die Pfarrei Baden-Baden
ſoll den Schluß bilden.
1 Bon delabor, heißt auch: unverhofft erſcheinen.
Die
SHtadt- und Pfarrgemeinde Bühl
unter Windel
geſchichtlich dargeitellt.
Don
C. Reinfried,
Bicar in Meersburg.
Quellen und Hilfsmittel.
1) Die Urkunden und Akten ber Pfarr- und tbeilweife auch ber Ge-
meinde-Regiftraturen Bühl, Ottersweier und Kappel: Winbed.
2) Eopien ber widtigften Urfunden über ben ehemaligen Marftfleden Bühl
aus dem 16. und 17. Jahrhundert, gefammelt von Ludwig Stolz, Apotheker zu
Bühl (zwiſchen 1843 u. 1853), Handidr. 230 S. Fol. Die Originalien biefer
Copien finden fi größtentbeild im General-Landes-Archive zu Karlsruhe, andere
Stüde find Abjchriften von Urkunden aus der Amts: und Domänen-Kanzlei zu Bühl.
3) Historia rectoratus Otterswilani antiqua et nova per P. Phi-
lippum Heyl, p. t. rect. a. 1774, Handſchr. 84 ©. Fol. Der I. Thl, die Hist.
antiqua, enthält eine aus den Urkunden und Aften bes ehemaligen Rectorats-Arhivs
zu DOttersweier gezogene Furze Darftellung ber geſchichtlichen und rechtlichen Verbält:
nilie des Rectorats mit feinen früheren Filialen und incorporirten Pfründen, wozu
auch die Bühler Pfarrei gehörte. Der II. Theil, bie Hist. nova, enthält eine
von Aufhebung der Jeſuiten-Reſidenz (1774 bis 1783, dem Tobesjahre bes Verfafjers)
fortgefegte hronilale Aufzeihnung aller bemerfenswerthen Vorkommniſſe in
Gemeinde und Staat. Den Zweck biejer Chronik gibt ber Berfajier im Prooemium
mit folgenden Worten an: Postquam sublata hie societate Jesu archivum
omniaque hujus parochiae documenta a caesareis commissariis Friburgum
abducta sunt, ne ii, qui posthac rectoratum administraturi sunt, eorum, quae
huc pertinent, plane ignari sint, utile et consultum putavi, capita praecipua ex
antiquis fragmentis hic annotare, quod per paragraphos sequentes exequor,
enixe rogans dominos successores, ut notabiliora singulis annis hic adnotare
et parochiae historiam quasi texere pergant.
4) Die vom Großh. Landesarhive herausgegebene Zeitfhrift für die Ge:
Ihichte des Dberrheins, befonders Bd, XXVII, wo (S. 105—120) bie im Ardive
fich befindlihen Bühler Urkunden, meift in Regeftenform, mitgetheilt werben.
5) Die befannten Drudwerfe über die Bad. Lanbesgeihichte von Schöpflin,
Sachs, Mone, Bader, VBierordt und Anderen.
nn —
— — — — —
Im mittleren Theile unſeres Großherzogthums, gleichſam im Herzen
des Landes, zwei und eine halbe Stunde ſüdlich von der alten Bäder:
und ehmaligen Landeshauptitabt Baden, liegt das Städtchen Bühl, durch—
jhnitten von der von Frankfurt nad) Bajel ziehenden Bergſtraße. Wer
auf diefer Straße von Steinbad herfömmt, muß etwas bergan jteigen,
und der Ort jelbit ift auf einer mäßigen Anhöhe erbaut. Da—
ber wohl aud) fein Namen; denn Bühl (althd. Puil, mittelhd. Bühel,
nahe verwandt mit Buckel, welches aber von „bucken“ abgeleitet wird,
während Bühel unmittelbar vom alten „biugan“ jtammt) bedeutet Hügel,
eine mäßige Erhöhung, eine aufgebogene Stätte, im Gegen:
ja zur Ebene.
Der Ort liegt 152 Meter über der Meeresfläche, in einer altculti-
virten, durch Wein: und Obſtbau reichgejegneten Gegend, am Ausgange
des zwar nicht großen, aber an Naturſchönheiten reihen Bühlerthales,
defien Vorhügel dad Städtchen, es Tieblich befränzend, von Norden bis
Süden im Halbfreife umgeben !.
Am DOften erheben ſich die dunfeln, waldbewachſenen Berge des
Bühlerthales und deren Ausläufer in langgeſtrecktem Zuge biß zu
einer Höhe von 874 M., namentli der Omerskopf mit dem Heiden:
berg (874 M.), der’ Buhfopf (596 M.), der Ludikopf, ber
Klotzberg (311 M.), der Storemberg, der Eidheljteinbrud,
der Bichelberg, der Lililiberg, ber Kabenrüden (462 M.),
der Schartenberg (522 M.) mit dem Mekenberg; und mie jie
alle heißen, die tannen= und buchenbewachſenen Bergeshäupter, die jo
majeftätijch in die Ebene herniederijchauen, mit ihren uralten, nicht jelten
mythiſch klingenden Namen.
1 Bergl. Heuniſch und Bader, Das Großh. Baden. Heidelb. 1857,
©. 336, 340. Babenia I (1839), 151. Eine geognoftifhstopogr. Beſchreibung
bes Amtsbezirks Bühl ift enthalten im XI. Hefte der Beiträge zur Gtatifiif des
Großh. Baden. Karler. 1861, ©. 1. Die phyſikaliſchen Verhältniſſe befpricht
2. Stolz in feiner Schrift: Die Landwirthſchaft im Amtebezirfe Bühl, Karler.
1344, ©. 6.
5*
> Sr Pr
68
Nördlich und ſüdlich vom Städtchen zieren zwei Burgruinen
die MWaldberge. Gegen Norden erhebt jih auf einem mächtig empor-
ragenden Porphyrfegel die bleihe YUburg, ein altes Beſitzthum des
marfgräflichen Hauſes Baden ; jühlich etwas näher gelegen, begrüßt uns
von einem weniger hohen Bergesvorſprung herab bie zwillingsthürmige
Windel, einft Stammſchloß und Sit eines der angejeheniten Nitter-
geſchlechter der Ortenau, deſſen Mannen Sahrhunderte lang Bajallen
der mädtigen Grafen von Eberjtein und der Markgrafen von Ba-
den, Lehengträger vom Reihe und vom Hoditifte Straßburg
waren, und weithin die Gegend beherrichten.
Unten an diefe Berge und Burgen lehnen ſich jene rebenbejäeten
Hügel an, auf welchen der feurige Bühlerthäler, der Barnhalter
(Farrenhalder) und das Traubenblut de3 weltbekannten Affenthalers
gedeiht.
Weſtlich von Bühl dehnt fich zwei und eine halbe Stunde weit
bis zu den Ufern des Rheins eine fruchtbare, ader= und mwiejenreiche
Ebene aus mit zahlreihen Dörfern und Weilern, ehmals ſämmtlich
zum Gebiete der alten Benedictiner-Abtei Schwarzach gehörend, deren
herrliche, im romaniſchen Stile erbaute Kirche im ihren großartigen
Formen dem Auge in der Ferne noch ſichtbar iſt. Durchfloſſen ijt
Bühl von der Billot (mittelhb. „Bühelat”), die als Widibad aus
verjchiedenen Quellen theil3 am Widiberg, theild am Heidenberg und
Kohlwald entipringt, in geihäftigem Laufe das Bühlerthal durdeilt,
unterhalb Bühl den Namen Sandbad) annimmt, und nad achtſtündigem
Laufe bei Iffezheim in den Rhein fich ergießt.
Bühl war jhon im Mittelalter ein Ort von einiger Bedeutung,
der Sit eines baden-badiſchen Amtes, gemwerbreih und meither bejucht
feiner Wochen- und Jahrmärkte wegen, welche als die jtärfiten in der
Markgrafihaft galten. Daher denn auch der Flecken jhon in alter Seit
al3 ein Kleinod des badiſchen Beſitzthums bezeichnet wurde. Obgleich
derjelbe feine Stadtrechte beſaß, und Sebaſtian Münſter in jeiner
Weltbeihreibung ihn als eines der „Drei großen Dörfer in ber
Mordenaw“ anführt, jo hatte er doh Graben und (zwei) Thore,
wurde daher auch zuweilen oppidum genannt !.
Gegenwärtig (1877) zählt die Stadtgemeinde Bühl 3032 Ein-
wohner, davon 2552 Katholiten, 188 Proteftanten und 290
1 Zum Unterſchiede von bem ebenfalls in ber Markgrafichaft gelegenen Dorfe
Bühl (Niederbügl) bei Raſtatt wurbe in früheren Zeiten ber biefige Ort mit ben
Zufägen bezeichnet: „ber Flecken“, oder „unter Windel”, aud) „am Landweg“. Dem
Namen entfpredhend führt Bühl feit ben älteften Zeiten brei Hügel (Bühle) im
Drtsfiegel.
69
Sfraeliten find. Gemeindebürger zählt der Ort 500, Haus:
baltungen 633, Wohnhäujer 380. Das Areal der Gemeinde
beträgt 1159 Hektare und 20 Are, wovon 246 Hft. 60 A. Aderfeld,
108 Hkt. 36 A. MWiefen, 24 Hkt. 84 U. Nebgelände und 779 Hkt. 40 N.
Waldungen find. Staat3- Areal liegt in der Ortsgemarkung 5 Hkt.
Zur Pfarrei Bühl gehören noch aus der Gemeinde Hatzenweier
80 katholiſche Einwohner aus 19 Haushaltungen.
Ans den älteften Zeiten.
Kelliſches.
Daß der Anbau hieſiger Gegend uralt iſt, und weit in die Zeit
vor Chriſti Geburt zurückreicht, beweiſen viele Berg-, Bach- und Flur—
namen in näherer und weiterer Nachbarſchaft, welche erwieſener Maßen
feltifhen Urſprungs find, aljo von ehemaliger Niederlajjung des
Keltenvolfe® in unferer Heimat zeugen. Die Namen Klobberg,
Nägeliskopf, Ochſenkopf, Riegel, jümmtlih Bergbezeichnungen
des Bühlerthals, werden von den keltiſchen Stämmen Klok (Bergitod),
Nägel (Berg), Ochſen (Gipfel), Riegel (Vorjprung) abgeleitet.
Die Bahnamen Billot, Liehenbach, Wöſch bei Bühl leitet
man ebenfalls aus dem Keltijchen ab. Auch die Ortsnamen in der Nad):
barſchaft: Altſchweier (Alſchweier) und Affenthal (Afenthal) jollen
Zujammenjegungen mit den Eeltiihen Stämmen Afen und ALS jein,
welche beide Wafjer bedeuten; jodann die Flur: und Ortönamen: Strut,
Hart, Haft, von Strut (Sumpf), Hart (Mald), Haft (Wohnort).
Im Bühler Lagerbuch von 1533 wird ein „Walweg“ und „Wal:
ſteg“ bei Bühl erwähnt, d. 5. Weg und Steg der Walen (Gallier,
Kelten). Ebenfo: die „Wäljchenäcer” bei Riedersbach; das „Walds—
feld“ bei Ottersweier wurde im Mittelalter „Walchesvelde“ gejchrieben,
was auf einen ähnlichen Urſprung Hinweißt. Ob die Worte: Hennen:
graben unterhalb der Burg Windel, Hennenrod bei Hatzenweier,
Hünerberg bei Altjchweier von Henne und Hühner herkommen, oder
von „Hune“ abzuleiten find, wornad fie Grabitätten der Hünen, ber
Urbewohner, der Niefen, bedeuten würden, lajjen wir dabingeitellt ?,
Unter den Hömern.
Bekanntlich faßten die Römer unter Kaijer Hadrian (117 bis
138), der als Gründer der Stabt Baden (Civitas aquensis) angejehen
1 Mone, Kelt. Forihungen ©. 235.
? Bol. Oberrb. Ztihr. XX, 409. Die Sagen vom Hennegraben in
Schnetzlers bad. Sagenbud II, 146.
70
wird, in biejiger Gegend feiten Fuß. Bon Baden, dem Hauptorte der
römijhen Vorlande am Oberrhein, zog die Heerſtraße an den Vorhügeln
der Berge Hin über Steinbadh und Bühl landaufwärts!, geſchützt
duch zahlreihe Wachtthürme, mie jolde auch die Winded und bie
Yburg waren. . Bon Bühl zog längs der Billot Hin eine römiſche
Seitenftraße in das Bühlerthal, wie die alten Namen „Steinweg“
und „hoher Weg” andeuten. Im Bühlerthale ſelbſt kommen die Ge:
marfung3bezeihnungen Heidenader, Schelmenftein, Hermes—
matte vor, ferner die Namen Rothengüter und Rothmatt (mohl
Namensſpuren einer römischen Ziegelei). Die alte Kapelle im Thale
war bem hl. Michael geweiht, weldhe Dedication, bejonder bei alten
Berglichen, in der Regel auf eine ehemals römiſch-heidniſche
Kultjtätte hinmeist 2.
Db bei Bühl eine römiſche Niederlaffung bejtanden, ijt ungemiß.
Eine alte Volksſage behauptet, daß der Thurm der Bühler Kirche noch
von „den Heiden” erbaut worden jei, worunter gewöhnlich die Römer
gemeint find. ebenfalls ift der unverhältnigmäßig große
Flächenraum auffallend, den ber Thurm der alten Kirche einnimmt, jo=
wie die Dicke feiner Mauern (je eine Duadratjeite mißt 8 M. 10 Gentim.,
und der Durchſchnitt der Grundmauern beträgt 2 M. 10 Gentim.).
Darnach jtand er in einem unförmlichen Berhältnifie zur Fleinen ehe—
maligen Dorfkirche.
Bei ähnlich conjtruirten Thürmen der Nachbarſchaft, 3. B. bei dem
zu Ottersweier, Achern und Oberaddern, hat Mone aus dem angegebenen
Grunde, jowie aus der fonjtigen baulichen Eonftruction die Vermuthung
ausgeſprochen, daß fie in ihren Grundmauern noch aus der römiſchen
Zeit jtammen, und daß ihre Grundflähe wohl das Areal eines
römijhen Sacellumß gemejen fein möge? In dieſer Beziehung
könnte num bie alte Volksſage binfichtlich des hieſigen Kirchthurms wohl
Berechtigung haben, ſei e8, daß hier, ala an der Ausmündung des von
den Römern bejegten Bühlerthales, und an dem Knotenpunkt dreier
Straßen (Trivium), eine jog. römiſche Tiefburg ftand, welche mit
dem Wachtthurme auf der Winde correjpondirte, oder daß daſelbſt
ein römiſches Sacellum ſich befand.
! Dberhalb Bühl ging bie römifche Bergitraße in gerader Linie an ber jegigen
Wallfahrtskirche Maria-Linden vorüber, berührte die Ortlichkeit von Haft und traf
bei Sasbad mit ber heutigen Landftraße wieder zufammen. Oberrh. Ztſchr. XIV, 261.
2 Über die Windel und die Yburg als Römercaftelle vgl. die Schriften
bes bad. Altertb.. Ber. I. Bb., ©. 337, und Mone, Urgeſchichte v. Bab. I, 202.
Vgl. Mone, Urgefch. I, 141. 171, und Oberrb. Ztjchr. VIII, 426. 429.
432; und XIV, 14,
71
Noch mehr Wahrſcheinlichkeit erhält dieſe Annahme durch den Um—
ſtand, daß ſeit den älteſten Zeiten hart an der Kirche, wo die Landſtraße
vorüberführt, und der Seitenweg in das Bühlerthal ſich abzweigt, eine
Steinjäule (1 M. 12 Centim. hoch, 38 Centim. im Durchſchnitt) ſtand,
welche mit den römiſchen Leukenſäulen oder Meilenzeigern
große Aehnlichkeit hat. Die alte Inſchrift iſt leider ausgemärzt
durch die neuere, welche den Stein als „Immenſtein“ oder Markungs—
grenzſtein („Imi“, althd. ein Getreidemaß) bezeichnet. Als Gemarkungs—
grenzſtein aber kann dieſe Säule an dieſem Orte nie gedient haben.
Ein ähnlicher Stein ſteht auch an der Landſtraße zwiſchen Bühl und
Steinbach, wo die Steingaſſe (es kommen ſonſt dort keine Steine
vor) über das Rebgelände in's Bühlerthal führt. Er iſt ebenfalls
als „Immenſtein“ bezeichnet, und diente im Mittelalter als Grenzſtein
der Ämter Bühl und Steinbach!.
HSeidniſch - Deutſches.
Bekanntlich ging zu Anfang des fünften Jahrhunderts das rechte
Rheinufer den Römern verloren, und wurde von den Alamannen in
Beſitz genommen, melden es in der folgenden Zeit von den Ufern bes
Bobdenjeed bis hinab zur Osbach verblieb, bie nach der Schlacht von
Zülpih im Jahre 496 die Grenzjcheide zwiſchen Alamannen und
Franken bildete. Daß indefjen auch jenjeitS der Oos fränkiſche
Anfiedler fi niedergelafjen hatten, inZbejondere bei Bühl und in
deſſen Nahbarichaft, Hat Mone aus alten Familiene und Gemarkungs—
namen biefiger Gegend nachgewiefen. Darnach märe die Bevölkerung
der hiejigen Gegend nicht rein alamanniſchen Urſprungs.
Als Überbleibjel aus der heidnifch = deutihen Vorzeit dürfen wir
wohl die mit Heſſen, Haſſen (= Heren) und Megen zujammenge:
ſetzten Ortöbezeihnungen in der Nahbarihaft anſehen. Mone fieht
darin Bezeihnungen entweder von altheidnijchen Berjammlungsorten,
ober von heiligen den Göttern geweihten Stellen, Opferitätten und der—
gleihen. Solde find: Heſſenbach (MWiejengelände bei Bühl), Haſſen—
berg bei Affenthal, Hakenmwird im Bühlerthal, Haßenmeier,
Metzenberg bei Eijenthal und Heidenberg im Bühlerthal.
Ob aud die mit „Hund“ und „Katze“ zufammengejegten Worte,
3 B. Hundsed, Hundsbach und Hundsmatt im Bühlerthal,
und Kabenrüden bei Affenthal, hierher gehören, laffen wir dahin-
% Über die zwei röm. Meilenzeiger, welde 1582 zwifhen Steinbad und
Sinzheim ausgegraben wurden, vgl. Schoepflin, Als. illustr. I, 553. Über ben
Immenſtein vgl. v. Beuft, Die Ritter v. Windel (Raftatt 1857), ©. 3 f.
12
gejtellt. Einen „heiligen Bronnen“ zu Bühl, der 1533 erwähnt
wird, bezeichnet Mone ebenfall3 als eine heilige Stätte ber heidniſchen
Vorzeit, oder ald Taufbrunnen der erjten chriftlichen Zeit.
Nicht wenige Gemarkungsnamen in hiefiger Gegend find mit „Schart“
. und „Schelm” zufammengefegt, was auf alte Begräbnißpläße
hinweist, mögen fie nun aus der Heibnifchdeutfchen, oder römischen, oder
feltiihen ‘Periode jtammen; jo der Schartrain bei Riedersbach, der
Schartenbad bei Altſchweier, der Schartenberg bei Affenthal,
der Schelmenftein und Schelmenbichel im Bühlerthal, der Schel-
menminfel bei Hatenweier, der Schelmenröbern und Schelmen—
ruden bei Haft. Vielleicht find aud die Namen Sigewald im
Bühlerthal, Sigfried3mweg und Dietrichsgraben (1533) bei Neu—
jat, Ameled und Amelbojch im Bühlerthal, Nachklänge an die alt»
deutſche Heldenjage.
Faßt man alfe diefe Erjcheinungen von keltiſchen Berg, Wafjer:
und Feldnamen, von Heiden= und Schelmenädern, heidniſchen Eultftätten,
von römischen Überreften an Straßen, Thürmen und dergleichen zu—
jammen, jo gejtaltet ſich's zu einem reichen Bilde der ältejten Vorzeit.
Herrſchaftsverhältniſſe und äußere Schidjale.
Urkundlid wird Bühl zuverläſſig erjt jeit 1283 genannt ?, obwohl
der Drt offenbar viel älter it, da er damals ſchon eine ausgedehnte,
bis in’3 Bühlerthal hinein reichende Gemarkung bejaß, und zwanzig
Jahre jpäter bereits al3 eine Windedifhe Hauptbejigung erjcheint.
Im Sabre 1283 vergabt der Edelfneht Burdard von Krautenbach
jeine Güter in banno Buhel, nämlich fünf Stedhaufen Reben, eine
Mannsmatt und drei Stück Acderfeld gelegen in der „Härenbach beim
Wiſſenſtein“ (jetzt Altjchweirer Gemarkung), dem Abte und Convent zu
Shmwarzad?.
Damals, im 13. Jahrhunderte, gehörte die Hiefige Gegend noch
zum Gebiete der mächtigen Grafen von Eberjtein, melde den größten
ı Im Anzeiger für Kunft und Alterth. V, 61; VI, 227. 235; VII, 318.
2 Die Angabe von einer Güterfhenfung zu Bühl von 1057 durch Kaifer
Heinrih IV an bie Kirche zu Speyer bei DUmge, reg. Bad., ©. 106, welche auch
in das 2er. von Baden (Art. Bühl) übergegangen, beruht auf einem Irrthum;
benn es ift das Dorf Niederbühl bei Raftatt (im Uigau) gemeint.
s Bol. Diplom. Geſchichte ber Abtei Shwarzad, II. Bb., Beilagen ad
ann. 1283. Krautenbad ift jetzt noch ein aus zwei Höfen beftehender Zinken
zwifchen Bühl und Altſchweier, zu legterer Gemeinde gehörig (vgl Oberrh. Ztſchr.
XXVI, ©. 115. 117. 118. 119). Cine Sage vom hinteren Krautenbacher Hof
theilt Schnegler mit (Sagenbud II, 141).
73
Theil des Landes von der Alb bis zur Bleih beherrihten, und unter
deren Dberlehensherrlichkeit eine Menge Familien vom niederen Adel
als eberfteinijche Minijterialen dienten . Unter diejen vagen bejonders
die Herren von Windeck hervor, deren Stammſchloß unmeit Bühl
lag, und die jeit 1212 urfundlid vorkommen? Im Jahre 1302 er:
iheint Bühl und jeine Umgebung als eberjteinijches Lehen in der Hand
diefer Herren. Reinbold von Windel, ein Sohn des Berthold von
Winde, überläßt mit Zuftimmung des Grafen Heinrich von Eberitein
unter andern eberjteiniihen Lehen auch „Bühele, ſwaz min Vatter
da hatte, durf, Gerichte und Liute“, an feinen Bruder Eberhard.
Bereit3 1324 hatte das Dorf ein Zwölfergericht mit einem Scult:
beißen an der Spike.
An den Jahren 1370 und 1371 hatte Bühl und feine Nachbar—
ihaft während der zwiſchen Reinhard von Winde und der Stabt
Straßburg ausgebrodenen Fehde viele Kriegsleiden zu beitehen.
Zweimal rückten die jtädtiihen Heerhaufen vor die Burg Winded,
, um ben dort gefangen gehaltenen ſtraßburgiſchen Domprobjt Johannes
von Ochſenſtein zu befreien. Da ihnen dies bei der tapfern Vertheidigung
der Feſte nicht gelang, „Jo verhergetent jie und verbrantent die
Gegenen darumbe, das Bühlerthbal und was dem von
Windede zugehörte”.
Bis zum Jahre 1386 werben markgräflih badiſche Herrſchafts—
rehte zu Bühl nirgends erwähnt. Da im genannten Sabre Graf
Molf von Eberjtein Schulden halber feinen Antheil an der Grafidaft,
„ale unjere Dörfer und Eigenjhaft an Land und Leuten, was das
Alles ift, was unfer heißt, nicht? ausgenommen”, an Markgraf Rus
bolf VII von Baden verkaufte, jo jcheint damit der größere Theil
bes Ortes, der von der Billot getrennte nördliche Theil, an Baden
gefommen zu fein, da er von diejer Zeit ala badijhes Beſitzthum
erwähnt wird ®.
Der von dem Bühlerbadhe jüdlih gelegene Ortstheil, die
1 An unferer nächſten Nahbarihaft die von Einfiedel, auch Roſenſtein ge
nannt, bei Kappel-Winded, bie von Roeder in Millenbah und Neuweier, bie
von Wendelbad bei Lauf, die von Dtterswilre und die von Balzhofen, in
den Dörfern gleichen Namens anfäßig. Bgl. Oberrb. Ztichr. I, 96. 243; II, 461;
VII, 223. 462; VIII, 72. 175; XXIII, 100; XXV, 325. Die eberfteinijchen
Dienftmannen von Bühl waren nicht bier anfäßig (v. Beuft, Die Ritter von
Rinded, ©. 5), fonbern in Niederbübhl.
2 Bader, Babenia I (1839), ©. 153.
Oberrh. Ztfhr. XXI, 275; XXV, 325.
* Krieg, Geld. der Grafen von Eberitein, ©. 83.
74
jo genannte Oberbrück („ober ber brucken“, 1373) mit dem Wiedich!,
war ein freies Neihslehen in ber Hand ber Herren von Winded
bis zum Erlöſchen ihres Mannsſtammes im Jahre 1592. Die Herren von
Windeck beſaßen auch dafelbit ein Schloß mit bedeutenden Gütern. Dieſes
Schloß, von dem 1780 noch ein mächtiger Thurm und das Portal
itand, diente dem jeweiligen windedijchen Amtmanne oder Vogte, und
im 16. Jahrhunderte auch den lebten windedifchen Yamiliengliedern zur
Wohnung. Nah einer Sage ftand dasſelbe durch einen unterirdijchen
Gang mit der Burg Winde in Verbindung ?.
Im unteren badiſchen Ortstheile bejaßen die von Windec eben:
falls einen Hof mit Gütern, den Kunhof, an dem aber bereit3 1430
Baden einen Antheil erworben hatte Die Markgrafen Bernhard
und Jakob traten im genannten Jahre außer ihrem Antheil an ber
Burg Altwindel und andern Rechten vom Kunhofe in Bühl 40 Bier:
theile Korn und drei Seiter Leinfamen gegen ein Darlehen von 1580
Gulden an Weihrich von Hohenberg ab. Seit dem Jahre 1404 aber
waren in Folge eine? Vertrages zwiſchen Bernhard und den eberjteinijchen
Gebrüdern die von Windec mit ihren ehemaligen geistlichen und melt-
lichen Lehen unter die Oberlehensherrlichkeit von Baden getreten ?,
Bon großer Bedeutung für das Aufblühen und den Wohljtand
von Bühl ergab fih die Erridtung eines Wochenmarktes dajelbit,
wofür der Ort Hinfichtlich feiner Lage auch vorzüglich geeignet mar.
Kaijer Albrecht II belehnte 1438 mit dem hieſigen Marktrecht die
Herren von Winde, welche Belehnung 1481 Kaifer Friedrich II
denjelben auf's Neue bejtätigte. In dem Tejtamente des Markgrafen
Jakob I (geftorben 1453) wird dem ältejten Prinzen Karl ber
väterlihe Antheil an dem Schlojie Altwindef mit dem Dorf
Bühel, item Walftege und Diersberg mit ihren Zugehörben zugetheilt,
ben Weinzebhnten dagegen zu Bühl, Bühlerthal, Kappel und Rübiz-
bad erhielt der Prinz Bernhard (der Selige) *.
1Wiedich, vom althd. Widach, Wideche, Weidengebüſch. Die Häufer biefes
Ortstheiles lagen nämlich längs bes Iinfen Billotufers, das mit Weiden befegt war.
2 Das jetige Gafthaus zum Badifhen Hofe fteht an deſſen Stelle. Die
Umgebung desjelben hieß noch zu Anfang dieſes Jahrhunderts „ber Schloßhof“
und bie „Schloßbünd“. Die Steinplatte mit ber Jahreszahl 1565, welche jekt
an der Vorderſeite des Haufes angebracht ift, und noch vom alten Schloſſe herrührt,
ftellt Junker Jakob von Windel und befien Frau Eliſabeth von Reinach bar.
Letztere, geitorben 1551, liegt in ber Kirche zu Dttersweier begraben.
s Pfarr-Regiftratur zu Ottersweier. Bon Krieg, Geſch. der Grafen von
Eberftein, ©. 9.
® Schoepflin, Als. diplom. Nota zu Urk. Nr. 1407, und Hist. Zar.
Bad. VI, Nr. 401.
75
Bereits um dieſe Zeit erſcheint Bühl als Hauptort eines Gericht—
ſtabes oder Amtes, welches ein Condominat des markgräflichen
Hauſes und der Herren von Windeck war. Dies beurkundet ein Ver—
tragsbrief vom 5. März 1459 zwiſchen Markgraf Karl und Berthold
dem Jüngern, Kaſpar und Reinhard, Peters ſeligen Söhnen von
Windeck, als Mittheilhaber des Gerichtſtabes. Nach dieſer Uebereinkunft
hatte Baden 7/,, und Windeck /,, Antheil am Gericht, Zoll und Un:
geld. Der Gerichtsſtab umfaßte die zwei Kirchipiele Bühl und Kappel:
Winde mit ihren Dörfern, Zinken und Höfen, und wurde von einem
marfgräflihen Bogte oder Amtmann, der im Flecken wohnte, ge—
meinjam mit dem windeckiſchen Vogte verwaltet . Bon 1459 an er:
ſcheint der Gerichtsftab Bühl immer als eined der acht Ämter der
mittleren Marfgrafihaft; auf den baden-badiſchen Randtagen des
16. Jahrhunderts war e8 durch eigene Abgeordnete vertreten.
Bon dem 1474 zur Aufredhterhaltung des Landfriedens geitifteten
Bereine der Drtenauer Ritterfhaft, an deren Spike Rein:
bard von Windeck erjcheint, wurde 1474 neben den Städten Baden
und Oberkirch auch das Ortsgericht zu Bühl befugt, unter Leitung
eines vom Markgrafen bejtimmten Obmanns und zweier von der Ritter:
Ihaft zu mwählenden Mitglieder die Streitigkeiten der Bundesmitglieder
zum Austrag und zur Entiheidung zu bringen. Schon früher, unter
dem 30. Mai 1474, war das Ortsgericht in einem Streite zwiſchen
dem Markgrafen Karl und dem Pfalzgrafen Friedrich von eriterem
ı Zu Anfang des 14. Jahrh. hatte ſich die windediiche Familie in die beiden
Äfe von Alt: und Neur-Winded getrennt. Hanns Reinhard (7 1465) war
ber Letzte bes altwindbedifhen Stammes, deſſen Erbtodhter Barbara um 1459 mit
Berthold, dem äÄlteften Sohn bes Peter von Neu-Windeck verheiratbet wurde,
wodurch bie beiden Linien ſich wieder vereinigten. Dieſes war bie Veranlaſſung zum
Bertrage von 1459. Nah dem Bühler Lagerbud (von 1533) beginnt bas
Gezirf des gemeinen Stabs zu Bühel beim Jmmenftein, an ber Landſtraße
zwifchen Bühl und Steinbach. Bon da lief die Grenze öſtlich die Steingaſſe hinauf
gen Altjchweier in bie Liehenbach, von ba über die Wintered „bis zum Geiceib uf
dem Plättich”; vom Plättih füdäftlicdh über den Bernftein und Sigenwald, auf
dem Bergrüden bes oberen Bühlerthales hin bis auf die Neufager Ed; von bier jüb-
lich den Burgweg herab bis nah Waldmatt, über den Hartberg, Wolfshag, am Land:
graben bin gegen den Lauferbah; von da weitlich gegen ben Kempferſteg, über bie
Furt bei Bimbud bis wieder zum Jmmenftein an ber Landſtraße. Nördlich grenzte
das Amt an das Steinbadyer Amt (Herrichaft Iberg), öftlich an das württembergifche
Gebiet, ſüdlich an das ortenauifche Gericht Achern (Aftergericht Diterdweier), und
weſtlich an den Abtftab Schwarzadh (Gericht Vimbuch). Die bezeichnete Grenzicheide
beruht nah Mone auf einem ältern Umfang und fcheint urfprünglih eine Mark:
beihreibung geweien zu fein. Bgl. Oberrb. Ztſchr. XXI, 262. Anzeiger für
Stabt u. Land im Kreife Baden, Jahrg. 1872, Nr. 4.6. 10: Das Amt Bühl in alter Zeit.
76
zu einer Kundſchaft veranlaßt worden, die Banngrenzen der fogenannten
obern oder Sasbacher Mark betreffend '.
Das Condominatsverhältnig des Amtes und Fleckens Bühl führte
zu mannigfadhen Irrungen und Streitigkeiten hinfichtlich der Nechte und
Anſprüche beider Herrſchaften. Als daher Markgraf Chriftoph 1488
ſämmtliches badiſches Beſitzthum in feiner Hand vereinigte ?, jo war er
vor Allem bemüht, die herrihaftlihen WBerhältnifje zu ordnen. Zu
dieſem Zwecke traf er jchon im eriten Jahre feiner Alleinregierung mit
Reinhard dem Ältern und Jakob von Windel, als gemeinjchaftlichen
Amtöherren, eine Übereinkunft wegen „Ordnung der Polizei“. Es
find nicht weniger, ald 96 Artifel!
Eine Erneuerung biefer Amts- und Dorforbnung fand 1507
ftatt zwiſchen dem Markgrafen Ehriftoph und Sebastian von Windeck,
Kirhheren zu Ottersweier, als Vormünder des minderjährigen Wolf,
eined Sohnes des markgräflich badiſchen Nathes Jakob von Winded ?.
Diejelbe geihah „zum Lob dem Allmächtigen, auch dem Flecken, Gerichts—
tab und allen Anwohnern des Amts Bühl zue guetem Aufgang und
Nutzen“.
Markgraf Chriſtoph hatte bereits zwölf Jahre vor ſeinem Tode
(1515) die badiſchen Lande unter feine drei Söhne Bernhard II,
Philipp und Ernſt getheilt. Erfterer wurde befanntlid Stamm:
vater der baden-badiſchen, Ietterer der baden-durlachiſchen Fürftenlinie,
Das Amt Bühl war bei diejer Theilung dem Prinzen Bernhard
zugefallen, wurde ihm aber von feinem Bruder Philipp vorbehalten;
aud erhielt Iegterer 1521 von Kaijer Karl V unter andern Lehen
aud bie Anvejtitur derjenigen, welche „von denen von Winbed an
ihn und feine Vorderen gekommen”. Als nun Philipp 1533 ohne
männlide Nachkommen ftarb, jo fiel, nad) zweijährigen Unterhandlungen
wegen der Randesvertheilung zwijchen den beiden marfgräflichen Brüdern,
Bühl jammt dem Amte wieder dem Markgrafen Bernhard zu
ı Sads, Geſch. der Markgrafſch. II, 495; und Oberrb. Ztſchr. XX VII, 107,
2 Am Lebensbrief des Kaifers Friedrich III für ben Marfgrafen Chriſtoph
von 1475 werben aud) die Leben genannt, bie von weiland Hans Reinbold und
Burkhard von Windel an feine Vorfahren gelommen waren. Schoepflin,
hist. Z.-B. VI, num. 421.
3 Jafob von Winded war verheirathet mit Guta von Hobenberg. Ihr Sohn
Wolfgang wurde 1512 mündig. Sein Vormünder, Sebaftian von Winded, Sohn
Reinhard des Älteren, Ganonicus zu Selz und Kirchherr zu Dttersweier, Erbauer ber
Pfarrkirche dafelbft (1512), geftorben 1531, Tiegt im Chore begraben. Vir clementia
vitae morumque honestate eximius, qui ecclesiae hujus in annum usque vi-
cesimum octavum gubernacula tenuit, jagt von ihm das Cpitaphium.
17
und verblieb bei ber Bernharbdiniichen oder baden-badiſchen Linie bis
zu deren Ausſterben im Jahre 1771.
Bon der windedifhen Stammherrſchaft waren im Laufe der Zeiten
immer mehr Leute, Güter und Rechte an dad Haus Baden gekommen,
bejonder3 da die von Windeck öfter in Gelbnoth ftecften, was die Mark:
grafen klug zu benügen veritanden . Bereit? 1528 mar aud) der
obere Theil des Fleckens Bühl, das „windeckiſche Reichslehen“,
durch einen Vertrag unter die badijche Kandeshoheit gefommen . Das
bisherige gute Einvernehmen zwiſchen den Vaſallen und ihrer Lehens—
berrichaft wurde aber mehrfach geitört, und es erhoben ſich Irrungen
wegen der betreffenden Antheile. Dies veranlaßte von Zeit zu Zeit
jogenannte Abjcheide oder Vereinbarungen zwijchen den beiden Amts:
berrichaften auf den „gemeinen Tagen”, die gemöhnlid auf Dttilien-
und Luzientag (13. Dezember) zu Bühl abgehalten wurden. Proto—
kolle dieſer Abjcheide Haben wir noch aus den Jahren 1563, 1565, 1568,
1570, 1574, 1577, 1585 und 15983. Bejonderd wichtig iſt die Ver:
abjhiedung von 1585 zwiſchen Markgraf Philipp II und Junker
Georg von Winde, wodurd die Amts- und Fledenordnung von 1507
mande Abänderungen und Zuſätze erhielt,
Bald nad diefer Vereinbarung (1588) ftarb Junker Georg, einen
minderjährigen Sohn Jakob und zwei Töchter Urſula und Elijabeth
binterlafjend. Jakob von Winde follte der legte fein des windeckiſchen
Mannsſtammes. Auf einer Reife nah Stalien jtarb er 1592 zu Benedig
finderlos, das väterlihe Erbe feinen zwei Schweitern hinterlajjend >.
ı Im Vertrag von 1459 war bejtimmt, daß, „wenn ein Theil im Gerichtsjtab
etwas wolle verfaufen, verjeßen unb verändern, es allein bem andern Theil und
feinem Fremden um einen ziemlihen Werth geben, zuftehen und laſſen folle. In ben
legten Jahrzehnten vor dem Erlöſchen des winbedifchen Gefchlechtes juchte Georg
von W. das fehr geminderte Stammgut durch zahlreiche Güterfäufe zu Bühl und
Bühlerthal zwar wieber zu confolibiren. SKaufbriefe von 1574, 1576, 1582, 1586,
Bol. Oberrb. Ztſchr. XXVII, 115.
2 Sachs, Geſch. der Markgrafſch. Baden, III, 631.
s 2, Stolz, Urfundenfamml. von Bühl. Für bie alte Topographie des Amtes
und Fledens Bühl fowie für die Gulturgefchichte biefer Gegend find die Abſchiede
von hohem Werth.
+ Georg von Windel war faiferl. Rath und lebte meift auf feinem Gute zu
Bühl, dreimal verbeirathet, zuerfi mit einer Kochlerin, welche Ehe kinderlos blich,
fodann mit Kunigunde von Zorn, zulegt mit Veronica Bod von Ehrftein. Aus
legterer Ehe ftammen bie drei Kinder. Ditersw. Pfarr-Regiftratur.
5 Bei ber Erbtheilung ber winbed. Güter erhielt Urſula, die Ältere Erbtochter,
das Schloß zu Bühl, den Schweigbof, den bintern Ringelhof, die (übrigens ſchon jeit
30 Jahren in Ruinen liegende) Burg Altwinbed und das Gut zu Waltersweier
(bei Offenburg), Elifabeth die windeck. Güter zu Bühl, bie zum Kunbof (jest
13
Die windeckiſchen Erbtöchter Hofften zu ihren übrigens nicht jehr
bedeutenden Allodialjtücden die Belehnung mit dem bühlifchen
Reichslehen vom Kaiſer zu erhalten i. Ihre beiden Pfleger Friedrich
Bock von Geritheim und Hans Philipp von Kippenheim, Amtmann
zu Oberkirch, wendeten ſich zu biefem Zwecke alöbald mit einer rühren:
den Borftelung an den Kaiſer?. Dieſer jedoch entſchied nicht für bie
beiden Schweitern. Es wurde ein Commifjär nad) Bühl gefickt, welcher
die Beamten windeckiſchen Theild ihrer Verpflichtung enthob und für
das Meich beeidigte.e Das Lehen aber fand man beitehend in einem
Drittel des Gericht? und der Frevel, einem Antheil an der Bete (Grund:
ſteuer), Jahrmarkt, und im halben Zoll, Un= und Pfenniggeld.
Auch Baden wendete Alles auf, um vom Kaijer die Belehnung
nit dem bühliichen Lehen zu erhalten, und das von feinem Gebiete ein-
geichlofjene „Kleinod“ nicht in fremde Hand gelangen zu lafien. Diejer
begnabete jedoch damit jeinen Reichshofs-Vicekanzler Kurz von Seftenau
für geleiftete Dienfte, welcher geneigt geweſen, dasſelbe an die Schweitern
von Winde um 11,000 Gulden zu übertragen; er ftarb aber vor Be-
endigung der Sache.
Am Jahre 1594 Hatten jich die windedijchen Schweitern verheirathet,
Urjula, die ältere, mit Friedrich von Fledenftein, und Elijabeth
mit Johann Heinrich von Hüffel, Beide elſäſſiſchen Adelsgeſchlechtern
angehörig, die auch jchon früher mit denen von Winde Tamiliens
verbindungen eingegangen hatten. Dieje bemühten fi auf's Neue um
noch Maierhof genannt) gehörten, fammt dem vorderen Ringelhof. Über die winded.
Erbtheilung vgl. die Sage in Schneglers Sagenbud II, 144,
1 Die folgende Darjtellung ber Schidjale bes winbedifchen Lebens Bühl ift
größtentbeil® Baders Badenia I (1839), ©. 161 entnommen. Der Vollfländigfeit
des Ganzen, jowie der Überfichtlichfeit wegen, ſchien dies zwedmäßiger, als eine ein-
fache Verweifung. Die Darfielung Baders ift wohl nad einem Manufcripte bes
Arhivraths Leihtlin bearbeitet, „Senealogie der 1592 ausgeftorbenen
Herren von Windeck in der Ortenau, 1813*. Dem Schreiber Diefes war
dieß Manufcript unzugänglid.
* Die Meine Hdjchr. enthält nur eine unvollfiändige Stammtafel mit furzen
Belegen, einige Urkunden-Regeſte und eine bünbige Relation über das Bühler
Reichslehen. Anm. d. Reb.
2 „Diefer uralt abelig Stamm von Windeck (heift es darin) hat weiland
Euerer Majeftät Vorfahren am Reich mit Darftredung Leibs, Guts und Bluts oft
und viel Ritterdienft erzeigt, und inmittelft durd den Gegen bes Allmäcdhtigen
und fleißige Haushaltung feinem Stand nad feine eigenthümliche Güter an fich ge
bradt, ja jih gegen feine Lehensuntertbanen in vorfallenden ge
meinen Nötben und Anliegen bermaßen mitleibig und väterlid
bewiefen, daß biefelben vom lieben Gott nichts erflehet, als bei dem
abeligen Geblüt von Winbed verbleiben zu können.“
79
die Belehnung mit dem ehemald windeckiſchen Lehen. Allein fie waren
nicht glücliher ala ehemald die Vormünder ihrer Frauen!. Denn
1602 befam der Faijerliche Geheimrath von Hornjtein die Anwartſchaft,
welcher die kurziſchen Erben anderwärts befriedigte. Bon deſſen Familie
erwarb fodann der Kurfürjt von Trier und Bilhof von Speyer,
Philipp Chriſtoph von Sötern, den betreffenden Lehensantheil zu
Bühl für das Hochſtift Speyer um die Summe von 11,000 Gulden, „er
joll aber unter Brüdern 80,000 Gulden werth gemwejen fein“.
Derjelbe übertrug das Lehen jodann mit Faiferliher Bemilligung
auf jeinen Brudersſohn, den Freiheren Johann Reinhard, bei deſſen
Familie e8 bis 1682 verblieb?. Weil nun das (fpäter in den Grafen:
itand erhobene) Gejhleht von Sötern gegen das Ende bed 17. Jahr:
hunderts allein auf dem Grafen Philipp Franz berubte, welcher Feine
männliden Nachkommen hatte, jo verlieh 1682 Kaifer Leopold dem
Reichs-Vicekanzler Freiherrn von Waldersdorf anwartſchaftsweiſe
dieſes Reichslehen.
Aber auch Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden trat als
Bewerber auf, weßhalb der Freiherr dem Kaiſer zu Gefallen auf ſeine
Anwartſchaft verzichtete, wofür ihm für den Fall des Abgangs der
baden-badiſchen Linie ein Exſpectanzbrief ertheilt wurde. Somit erhielt
ber Markgraf das Lehen „in Anerkennung jomohl des gejammten fürjt-
lihen Haufes, als auch jeiner hochfürſtlichen Durdlaudt
jelbjiten, Ihrer Majejtät und dem Reich bezeugender treugehorjamiter
Devotion, ſonderlich aber dero bei dieſem wider den Erbfeind chrijtlichen
Namens führenden jchweren Krieges und Eroberung unterjchieblicher
Pläte rühmlich erwiefener Tapferkeit und annoch wirklich continuirenden
jehr erfprieslichen Dienſten“.
Mit dem Grafen von Sötern fand ſich die badijche Regierung
über die Abtretung des Lehens für die Summe von 20,000 Gulden, am
22. Mai 1688, ab und nahm dasſelbe in Bejik. So war der ganze
Ort baden-badiſch geworden und blieb es bi zum Ausſterben dieſer
marfgräflihen Linie im Jahre 1771.
Da für das Eintreten dieſes Falle die waldersdorf'ſchen Erben
ben Faijerlihen Eripectanzbrief von 1686 bejaken, jo ſuchte Markgraf
Karl Friedrich von Baden-Durlach jeit Abſchließung des Erbvertrages
mit Baden-Baden (vom 28. Jänner 1765) dieje Lehenanwartidaft an
1 Die Herren von Fledenftein befaßen windeckiſche Güter zu Bühl bis 1673,
wo fie durch Kauf an Baden fielen, die hüfflifch-wind. Güter erwarb basjelbe 1721,
Notizen von Stolz. Über hüffliſche Gütertaufche vgl. Oberrh. Ztſchr. XX VII, 119.
2 Vgl. Remling, Gefh. der Bilhöfe von Spever, II, 480.
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ih zu bringen. Er traf daher mit dem Kurfüriten Johann Philipp
von Trier, ald dem damaligen Haupte der waldersdorf'ſchen Familie,
und mit Marianna Philippine, der verwittweten Reichsgräfin von
Waldersdorf, ald der Mutter und Bormünderin ihrer zwei Söhne, am
16. Zuni 1767 eine Übereinkunft, wonach Letztere um die Summe von
30,000 Gulden der Anmwartihaft auf das Reichslehen für immer ent-
jagte und diejelbe mit allen daraus erworbenen Rechten an den Mark:
grafen abtrat !.
Die jeitherigen Orts- und Amtsverhältniſſe blieben dieſelben auch
unter der neuen Regierung biß 1791, mo da3 alte Amt aufgelöst und
dad Dberamt berg errichtet wurde mit dem Site zu Bühl. Es
war gebildet aus den alten Gerichtöbezirfen Bühl und Großmeier,
wie aus Theilen der ehemaligen Ämter Steinbah und Stollhofen,
wozu 1801 (nad dem Frieden von Luneville) noch das Abteigebiet von
Schwarzach fam. Bereits um 1689 waren die das Amt Groß—
weier bildenden Ortihaften Großmeier, Neuſatz, Waldmatt und Unzhurft
mit dem biefigen Amte verbunden worden.
Vorübergehend wurden (von 1807 bis 1809) die Ämter Stein:
bad und Schwarzach wieder errichtet, eritered (von 1813 bis 1819)
noch ein Mal. Seit 1819 aber it der Beitand de8 Amtes Bühl
unverändert geblieben; e8 umfaßt einen Flächenraum von 24,210 Hectare
3 Ure, und zählt 29 Gemeinden. Am 2. September 1835 wurde der
alte Amtsort und Marktfleden Bühl durh Großherzog Leopold zur
Stadt erhoben unter dem damaligen Amt3vorjtande Obervogt Häfelin
und dem Bürgermeifter Fiſcher. Der Ort zählte damals 2600 Ein-
wohner.
Gerichtsverfaſſung und Gemeindeweſen.
In der Geſchichte eines Ortes darf ſeine ältere Verfaſſung,
ſein Gerichtsweſen, und was damit zuſammenhängt, nicht über—
gangen werden, da dieſe Momente in culturgeſchichtlicher Hinſicht nicht
bloß für die Entwicklung de Ortes jelbit, ſondern gewöhnlich auch
für die ganze Gegend von weſentlicher Bedeutung find.
Was nun die Gerichtsverfaſſung bed Fleckens und Amtes
Bühl betrifft, jo war dieje, wie au dad Gewerbeweſen, mit Bes
rückſichtigung der biäherigen alten Übungen und Gewohnheiten, in ber
„Drdnung der Polizei zu Bühl“ von 1488 zum eriten Male feit
ı Sachs, Geſch. der Markgrafſch. Baben III, 361; V, 288. Oberrb. Ztſchr.
XXVII, 118.
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81
normirt worden !. Die Renovation diefer Ordnung von 1507 jtimmt
im Wejentlichen mit berjelben überein, hat aber mande Zujäte Die
Bereinbarung von 1585 hat mehrere Abänberungen und gibt (mit
Rüdfiht auf die im Laufe der Zeit eingetretenen Irrungen) genauere
Beltimmungen. Die 1507er Ordnung, wie die meijten während des
16. Jahrhunderts von den Amtsherrſchaften erlafjenen Verordnungen,
Zunftitatuten und dergleihen, find gejammelt im Bühler Polizei:
Bud ?.
Nah den Ordnungen von 1488, 1507 und 1585 waren die Bür—
ger und Inſaßen des Amtes und Fleckens Bühl hörig, und nad
der Zutheilung an die eine der beiden Ortsherrſchaften entweder mark—
gräfiſch oder windedijh. Die badiſchen Unterthanen bildeten je-
doch ſchon zu Anfang des 16. Jahrhundert den größern Theil und
nahmen bejtändig zu.
Nah dem Vermögen waren die Leute eingetheilt in vollberechtigte
Gemeindebürger und in Hinterfaßen. Die Herrichaftsrechte
wurden ausgeübt durch einen marfgräfliden und einen wind:
eckiſchen Vogt oder Amtmann, welche im Flecken wohnten, erjterer im
untern, letterer im obern Theile.
Laut der Ordnung von 1488 beitand das Gericht zu Bühl
(für den Fleden und dad Amt), altem Herkommen gemäß (jchon feit
1324), aus einem Schuldheißen und zwölf Gerichtsleuten, die
„Zwölfer” genannt, melde jowohl Richter (Schöffen) als Räthe
waren. Nach der Bereinbarung von 1585 beitellt und entläßt der
Markgraf unter Zuftimmung des von Windel den Schuldheigen und
gibt ihm eine jährliche Bejoldung von 13 Pfenningen, wozu der Junker
noch fünf meitere fügt. Diefe Gabe (etwa 9 Kreuzer) follte jedoch
nur da8 Zeichen der dem Schuldheigen von beiden Amtherren übertragenen
Gerichtöbarkeit fein. Seine eigentlihe Bejoldung beitand in dem An
theile an den Gerichtögebühren (Urtheildgeld) und Nutzungen, aljo in
indirecten Einnahmen und Accidenzien. Das Schuldheißenamt wurde
zumeilen auch vom marfgräflihen Vogte verjehen. Nach einer Verordnung
der Amtsherrſchaften von 1525 durfte der Schuldheig „mit Verkaufen
von Wein, Korn und Hanf feine Handierung treiben; doch foll
demjelben nit abgejchlagen fein, mit Tuch oder anderer Waar feinen
Handel oder Handwerk zu treiben“.
1 Einen Auszug daraus (Art. 1 „Das gericht antreffend“ und Art. 23 „Heim:
burgen“) bat Mone veröffentlicht in der Oberrh. Ztſchr. VII, 267.
2 ‘m großh. EL. Arhive zu Karlsruhe. Copien bavon in L. Stolz,
Urkundenſamml.
Archiv. XI. 6
32
Die Richter follten „mo möglich nit gefippt“, d. h. verwandt oder
verihmwägert jein. Sie waren lebenslänglich beitellt. Starb einer
der Gerichtözwölfer, jo jchlugen die übrigen „bie Vernünftigſten, Ehr—
barjten und Redlichſten“ aus der Bürgerjchaft vor. Und hiebei jollten
die vorjchlagenden Richter „nach ihren geſchworenen Eiden weder Freund—
ihaft, Lieb, Gunft, noh andere Sad, jondern allein Gott
und den gemeinen Nutzen vor Augen haben“ Wenn der neue
Richter von den Amtherrihaften gewählt und angenommen war, jo
jollte er „jeine Treue geben und einen Eid ablegen zu Gott und
jeinem Wort, mit feinen Gefellen Urthel zu fprechen nach beitem Ver—
itand, und weder Gold, Silber, Freundſchaft, nod Würde an-
zufehen, au alle Sachen, was im Geheimb verhandelt würd’, zu ver-
Ihmweigen und fie Niemand zu öffnen fein Leben lang; dazu dem
Schuldheißen in allen ziemlichen Gebot und Verbot gehorjamb zu fein“.
Unter den Richtern jollten je 9 marfgräflide und 3 windeckiſche
Unterthanen jein.
Der Gerichtsſchreiber war gewöhnlich zugleich auch Amtsjchreiber ;
e3 jeßte ihn der Markgraf je zwei Mal nacheinander, je ein Mal der von
Windel „mit des andern Herrn Vormifjen und Gefallen”. Den Ge:
rihtsboten durfte der Herr von Winde allein jeßen mit Zuſtimmung
des Markgrafen. „Und von ſolches Dienjte8 wegen hat derjelbige zu
nießen drei Aeckerlein auf ein Jauch Feld3 bei dem Schußrain zu Bühl
gegen dem Waſſer (bett?) gelegen.”
Zum Gericht gehörten auch die Fürſprecher, deren drei waren,
die den Parteien, melche ihrer begehrten, „dag Wort getreulich thun
jollen”. Dafür hatten fie in Eigenthums- und Erbklageſachen auf den
eriten Rechtstag 9 Pfenning, auf den zweiten Rechtstag und in andern
gemeinen Sachen 6 Pfenninge anzujpreden. „Und die Fürſprecher jollen
Niemand höher treiben, bei einer Strafe von 10 Scillingen.“
Gerichtsſitzung war alle 14 Tage „nah altem Herkommen“,
jedesmal am Dienstag. „Bon ehienhaiter Noth wegen“ und mit Er-
laubniß der Amtleute durfte der Schuldheig das Gericht auch zwijchen
diefer Zeit berufen. Einem Fremden mußte auf fein Begehren jeber-
zeit Recht geſprochen werden. Der verurtheilte Theil Hatte jedoch dabei
den Richtern 10 Scillinge als bejondere Gebühr zu bezahlen „megen
der Saumnuß“. Die Gerihtzjigung mußte jedesmal am Sonntag vor-
ber in den beiden Pfarrfirden des Amtes zu Bühl und
Kappel öffentlich verkündet werben, „auf daß Kedermann wiſſe,
jein Redt zu juden“.
Zur Gerihtsfigung wurde mit der Bürgerglode drei Mal in
beitimmten Zwiſchenräumen ein Zeichen gegeben. Nach dem britten
83
Zeihen geht der Gerichtsbote auf’3 Rathhaus und zündet dort „nad
altem Brauch” ein dünnes Wachslicht an, ungefähr eine Spanne
lang. Und wer bann von den Richtern erit nad Erlöjchung des Lichtes
fommt, der hat zur Pön zu zahlen ein Plappert, und zwar noch „vor
figendem Gericht“. Diefe Strafgelder wurden am Schluffe bes
Jahres unter die Zmwölfer vertheilt. So hatte das Gericht ſelbſt weiſe
Fürſorge getroffen für pünktliches Erſcheinen feiner Mitglieder.
Anfang und Schluß der Sikung waren genau bejtimmt, im Winter
von 7 Uhr Morgens bis 1 Uhr Mittagg, im Sommer von 6 Uhr
Morgens bi um die zmölfte Stunde; ed müßten denn nur außerorbent:
lide und wichtige Fälle zur Verhandlung fommen. Wer von den Vor:
geladenen zur beitimmten Stunde nicht erſchien, mußte 2 Scillinge
Strafe zahlen, welche dem Schuldheiße zufielen.
Das Gericht beſaß, wie aus den verjchiedenen Verabſcheidungs—
protofollen des 16. Jahrhunderts hervorgeht, die Civilgerichtsbar—
feit für Bürger und Hinterfaßen de3 Amtes in eriter Inſtanz. Die
Polizeifachen erledigte meiſtens der Schuldheiß für fi) allein. Ihm
mußte angezeigt werden, „wo fi) begebe, es wäre bei Tag oder bei
Nacht, daß Einer den Andern jchlüge, jteche, haue oder leiblos mache,
und ein jolcher Verbrecher von Jedermann ihm fürbaß zur Hand ge
bracht werben“.
Bon einem Urtheilsijprud des Bühler Gerichtes konnte „man Be-
tufung thun an das Hofgeriht zu Baden, jo Jemand vermeinte,
mit feinem Urtheil bejchwert zu jein“, Doch mußte er feine Appellation
noch „vor jigendem Gericht“ oder in den nächſten zehn Tagen anzeigen,
worauf ihm der Schuldheiß den Urtheilsbrief zuftellte, „mit Klag’, Ant:
wort und Wiederred'“. Der Schuldheik Hatte aud die Macht, einen
Rechtsſpruch der Zwölfer „zu verhalten“, wenn er ihm nicht dem Recht
gemäß entſchieden zu fein jchien, und darüber beim Hofgericht zu Baben
Rath3 zu pflegen.
Das Urtheilsgeld (Sporteln) hatte der „Unterlieger” zu ent-
rihten; es fam dem Schuldheiße und den Richtern zu gut; bie Frevel—
oder Strafgelder aber gehörten ben Herrichaften. Der Markgraf
bezog von 18 Pfenningen Gerihtäjtrafen je 13, der Junker je 5; ber
Schuldheiß zog fie ein, und führte Rechnung darüber. Für Criminal:
verbreden, bie in ben beiden Ämtern Bühl und Steinbach verübt
wurden, war unterhalb Bühl an der Landitraße die Richtſtätte. Dieje
wird heute noch durch den Gemarfungsnamen „Galgenbuckel“ bezeichnet.
Die legte Hinrihtung fand bajelbit im Jahre 1752 jtatt .
ı Taufbuc der Pfarrei Bühl, Anhang: Convers. ad annum 1752.
6*
54
Gegen Ende bes 17. Jahrhunderts verfchwindet der Name Schuld—
heiß, und an feiner Stelle erjheint ein Stabhalter. Die früheren
Rechte und Befugniffe des Ortsgerichtes werden von diefer Zeit
an größtentheild vom markgräflichen Amtmann ausgeübt.
Über bie Aufnehmung ber Bürger in Amt und Flecken
Bühl enthält die Verabſcheidung von 1585 befondere Beftimmungen.
Darnad betrug das Bürgergeld für einen auswärtigen Chetheil
10 Scillinge, wenn beide fremd waren, 1 Pfund. Wenn ein Bürger
ein Jahr außerhalb des Amtes „haushaltlich“ fich niedergelaſſen, jo
mußte er fein Bürgerredt neuerdings Faufen, falls er wieber in den
Gerichtsſtab ziehen wollte Das Bürgergeld fiel hälftig der Gemeinde:
kaſſe, hälftig den Amtsherrichaften zu (dem Markgrafen 13, dem von
Windet 5 Pienninge von je 18). Seinen Herrn (ob badiih oder
windeckiſch) konnte jeder Fremde felbit wählen, worauf er dem betreffen-
ben Herrihaftsamtmann zu huldigen hatte.
Nah der Ordnung von 1507 mußten alle Bürgersjöhne, jobald
fie dad vierzehnte Jahr zurücdgelegt, ihrer Herrihaft huldigen,
und dem Amtmanne die Treue geloben, fih ehrlich zu verhalten.
Diefe Huldigung wurde alljährlich vierzehn Tage nah Weihnadten und
vierzehn Tage nad) Sohannistag auf der Bürgerjtube zu Bühl vor:
genommen. Am Abſchied von 1631 war noch beitimmt, daß jeder
Fremde, ber im Amt oder Flecken Bürger werden mollte, einen „red:
lichen Geburtsbrief“ darüber beibringen müffe, daß er feinem fremden
Herren leibeigen fei; er mußte an Vermögen menigftend 60 Gulden
befigen, mit einem Ober= und Untergewehre und einem Feuereimer ver-
jehen jein, „wie fi von Alters her gebühre".
Die Steuern und Abgaben beitanden außer den Servituten,
welche mit der Leibeigenihaft verbunden waren, in der Bete, dem Un:
geld und dem Zolle. Ueber die „betbaren Güter“ führten beide
Herrihaften eigene Regifter. Nach dem Abſchiede von 1585 zahlte jeder
gemeine Unterthan von jedwedem Gulden Werth eines betbaren
Grundſtücks jährlich 1 Pfenning, in zwei Terminen, an Georgi und
Martini zahlbar, „doch joll unter folder Bet die Schatzung aud) in:
begriffen und eingerechnet fein, und ber Unterthan darüber und weiter
nit beſchwert werben.“ 1
Ungeld (Acciſe) mußte von allen in Wirths- oder Privathäujern
(durch jog. Gafjenwirthe) verzapften Wein entrichtet werben, nad den
Ordnungen von 1488 und 1507. Im Jahre 1530 wurde dem Un—
! Pol. Anzeiger für den Kreis Baden. Jahrg. 1872, Nr. 16. 19. 22: Das
DOrtss und Amtsgericht zu Bühl während des 15., 16. und 17. Jahrhunderts.
8
gelde zu Bühl eine ausführlide Ordnung gegeben, „damit recht
und aufrecht gehandelt werde”. Bon 12 Pfenningen Ungeld bezog ber
Markgraf 7, der von Winde 5. Dieß wurde 1585 abgeändert, „die-
weilen man befunden, daß ſolche Beſchwerungen mehrentheil3 auf den
Fremden und Neijenden liegen, jo fürterhin von jedem Ohm 4 Maß
Wein zu Ungeld gerechnet und gegeben werben. Gleichergeitalt ſoll auch
binfürter der Mappfenning (von jeder Maß 1 Pfenning) wie bis—
ber eingezogen und gleich dem Ungeld vertheilt werden”. In der Orb:
nung von 1530 heißt e8: „Der Wirth, der gegen die Ungeldordnung
handelt, der joll für meineidig geachtet werden, und fürter feinen Wein
mehr jein Lebenlang jchenken, und nit deito minder in Straf an Leib
und Gut den Herren ftehen. Defjen mag fi ein jeder wiſſen zu hüten,
oder des Weinſchenkens jtill ſtehen.“
Bom Zoll bezog ebenfalld der Markgraf von je 12 Pfenningen 7,
der von Windel 5. Einen alten Zollrotel, „worin angezeigt wird,
wie zu Bühl gezollt werben joll“, haben wir noch aus den dreißiger
Sahren de3 16. Jahrhunderts. Bon Bete und Ungeldb muß bie
Ginnahme ziemlich beträchtlich geweſen fein, denn bei der Verab-
iheidung von 1585 bewilligte aus freien Stüden der Markgraf
2000 und der Herr von Winde 1000 Gulden aus ben Überjchüffen
„dem gemeinen Flecken Bühl zu Gutem, zur Aufnehmung und Er:
göglichkeit”.
Für die Handhabung dev Polizei in Dorf, Feld und Wald, fo:
wie für Injtandhaltung von Graben, Zäunen, Wegen, Feuergeräth—
ihaften, ferner für die Verwaltung des Gemeindehaushaltes war
ein Heimburge oder Bürgermeijter mit vier von ihm zu jeinen
Dienjten gewählten Bürgern, den ſog. VBiermännern, aufgeftellt.
Bor 1488 wurden Heimburge und Vierleute alljährlich erneuert; da
hieraus aber „Srrung und Schaden” entitand, jo verorbnete man da—
mal3, daß fünftighin jeweils nur zwei ber Vierer austreten jollten,
„damit die alten die neuen des Dorfes Saden berichten und mit ihnen
beito ftattlicher mifjen zu handeln“ 2.
Nah dem Abſchiede von 1585 Hatte der Markgraf das Recht,
zwei Jahre Hinter einander einen von feinen Unterthanen zum Bürger:
meister zu ſetzen, je dag dritte Jahr jekte ihn der Herr von Winded.
Bürgermeifter und Bierleute ſchwuren beim Dienftantritt „auf der
1 Vereinbarungen in Betr. ber betepflichtigen Untertanen im Amte und
Flecken Bühl haben wir aus den Jahren 1532, 1534, 1541 und 1542. Bol.
Oberrb. Ztſchr. XXVII, 110. 113.
2 2, Stolz, Urkundenfamml.
86
Herrihaft Oberkeit und Rechte, auch der ganzen Gemeinde hergebradhte
Gebräud und Gewohnheit ein getreuliches Aufjehen zu haben.“ ber
die Verwaltung des Gemeindevermögend? mußte der Bürgermeilter oder
Heimburge alljährlic vor den beiden Amtmännern Rechenſchaft ablegen.
Außer dem Schuldheißen mit feinen zwölf Richtern und dem Heim
burgen mit den Vierleuten gab e8 im Fleden Bühl noch eine Menge
ſonſtige Gemeindeämter, melde auf ihre bejonderen Statuten be=
eidigt waren. Es gab einen herrſchaftlichen Zoller, einen Ungelder,
zwei Marktmeiſter oder Marktihauer, vier Untergänger (Feld—
mefjer, Markiteinjeger), zwei Sönner oder Eicher, einen Stuben:
meijter und Stubenfneht zur Bejorgung der Bürgerftube, einen
Weinſticher, je zwei gefhmorene Weinſchätzer, Brod-, Fleiſch—
und Hanfſchauer. Dazu kamen noch der Spitalvater, die Wächter
auf den Gaſſen, der Gerichtsbote, die Bannwarte, die Graben—
meiſter und Wäſſerungsknechte, die Waldknechte und drei
Gemeindehirten.
Was die Ordnung und Polizei betrifft, ſo wurden während des
16. Jahrhunderts darüber viele Verfügungen erlaſſen, namentlich in Be—
ziehung auf die Annahme von Fremden zu Bürgern, auf Schulden
und Fronungen (Confiscationen), auf Kauf und Verkauf von Häuſern
und Grundſtücken, auf die Feuerordnung, auf die Gaſſenwächter,
die Reinigung der Teiche und Bäche!.
Landwirthſchaft und Gewerbethätigkeit, Markt und
Handel waren ?, wie heutzutage, auch im Mittelalter die Nahrungs—
quellen der Einwohner von Dorf und Amt. Der Feldbau aber
wurde früher nicht in der Ausdehnung betrieben, mie gegenwärtig, da
noch bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts der größte Theil
der Ortsgemarkung, der jog. Elet?, meiſtens aus Weideplat und
18, Stolz, Urkundenſamml. Bgl. Anzeiger für den Kreis Baden, Jahrg.
1872, Nr. 25. 28. 31 u. 34: Die Gemeinbeverwaltung im Amte Bühl vor 300 Jahren,
® Näheres bierüber im Anzeiger für den Kreis Baben, Jahrg. 1872,
Nr. 3I—56: Die Landwirthihaft im Amte Bühl in früheren Jahrhunderten.
3 Der Elet (im Mittelalter „Ehelat“; erinnert Ehelat nicht an Bühelat?)
ijt der Landitrih von Bühl bis Sinsheim, an ben beiden Ufern ber Sandbach
bin, bis zu Ende bes vorigen Jahrhunderts meift Wald und Weideland, jetzt zu
fruchtbaren Feldern und üppigen Wiefen umgewandelt. Er war, wie die Waldungen
des Bühlerthals, eine Almende ber vier Kirchſpiele Steinbad, Bühl, Sinsheim
und Vimbuch. Bereinbarungen der genannten Kirchſpiele über Weidgang und
Waldbenugung auf dem Ehelat befigen wir nod aus den Jahren 1472, 1475 und
1717. In ber Urkunde von 1475 wird den „Oberbühelatern“ ber Weibgang auf
bem Elet und den „Unterbübelatern” Weib: und Waldrecht im Neihsland Ortenau,
jenfeits der Billot, wie vor Alters ber, aufs Neue verbrieft. Über bie Fiſcherei—
87
MWaldung bejtund. Dagegen war die Viehzucht in Rindern, Pferden,
Schmeinen und Schafen viel bedeutender, ald gegenwärtig. Cine bes
ſondere Feldpolizei wurde 1568 „auf Befehl gemeiner Amtleute und
eined ehrjamen Gericht? zu Bühl männigli zu Guetem“ erlafien.
Daß unfere Vorfahren die Wichtigkeit der Wiejencultur mohl
erfannten, geht aus verfchiedenen Bewäſſerungsordnungen hervor.
Mir befiten folcher noch zwei, die „Mattenorbdnung am Landweg” von
1527 1, eine Erneuerung der früheren von 1514, und die „Wäſſerungs—
Ordnung in der Kirchgaſſen“ von 1609. Dadurch, daß die Namen
ſämmtlicher damaligen Wiefenbefiger angegeben jind, bieten dieje Ord—
nungen ein bejondere3 Intereſſe.
Bebdeutend waren die Vortheile, welche die Bürger des markgräf—
lihen Ortstheiles (Unterbrüd), welche in Bühl eingepfarrt waren,
aus dem Kirchſpielswalde zogen. Dieſer Wald, der vom Fremers—
berg bis auf die Herrenmwieje über die Bergrüden des Bühlerthales ſich
ausdehnte, war jeit alten Zeiten ein Gemeingut der vier markgräflichen
Kirchſpiele Steinbach, Bühl, Sinsheim und Vimbuch, und jtand
unter der Oberbannherrfichfeit der Stadt Steinbad. Eine Verein:
barung dieſer vier Kirchipiele über das Benützungsrecht diejer Wälder
befigen wir nod aus dem Jahre 1462. Markgraf Wilhelm erlie
1654 eine Verordnung über Rechnungsſtellung und Beholzung des Kirch:
ſpielswaldes. Übrigens wurde feit 1654 die Bertheilung der biäher
gemeinjchaftlichen Wälder unter die waldberechtigten Gemeinden, bejonders
von Seite Sinsheims, betrieben. Nach vielen Verhandlungen und Streitig-
feiten kam endlih im Sahre 1806 der „Schluß-Vergleich-Receß“
zu Stande, wonach die Gemeinde Bühl (Unterbrüd) 1200 Morgen
vom ehemaligen Kirchſpielswald zugetheilt erhielt ?.
Die Unterbrüder oder Unterbilloter hatten aber noch überdieh
Gerechtigkeit in dem ben Elet durchfließenden Sulzbach entitanden zwiſchen ber
Gemeinde Bühl und ber Abtei Schwarzach Streitigkeiten (von 1698 bis 1713),
beren Ausgang aus ben Gemeinde-Aften nicht erfichtlih if. Won 1774 bis 1789
wurbe ber Elet auf landesherrliche Berorbnung theilweile urbar gemadt (für ben
Sleden Bühl damals 97 Morgen), und 1814 unter bie theilberechtigten Kirchipiele:
gemeinden nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl vertheilt. Die Elettheile bilden
noch heutzutage (nebft den Holzgaben aus dem Gemeindewalbe) einen nicht unbeträcht:
lien Bürgergenuß der Gemeinde Bühl. Gemeinde-Regiftratur von Bühl, Oberrh.
Ztſchr. XXVIT, 118.
1 Oberrb. Ztſchr. III, 176, wo die Ordnung abgebrudt ift.
2 Der Bodenwerth dieſer 1200 Morgen wurbe zu 43,011 Gulden, ber Holz:
beftand zu 93,932 Gulden angeihlagen. Das Klafter Buchenholz wurde damals zu
2 Gulden 15 Kreuzer, das Klafter Tannenbolz zu 1 Gulden 15 Kr., Eichenholz das
Klafter zu 1 Gulden 45 Kr. berechnet!
88
Antheil an dem jog. Windeder-Genofjenihaftswald, an dem
die Kirchſpiele Kappel, Ottersweier, Sasbach und Bühl genuß—
berechtigt waren, wie die windedifhe Waldordnung vom Jahre
1495 und eine Urkunde nebſt Zeugenverhör von 1554 nadhmeist.
In Teßterer geiteht Jakob von Windel „altem Herfommen gemäß“
den genannten vier Kirchipielen, welche die „windedijche Genoſſenſchaft“
bildeten, das Holzreht in dieſen Waldungen zu. Als es ſich zu Ende
de3 vorigen Jahrhundert? auch um Vertheilung dieſes Waldes handelte,
jo wurde den bühler Kirchipieldgenofjen die Gleihberehtigung von den
Übrigen ftreitig gemacht. Dieß rief einen langwierigen und koſtſpieligen
Prozeß (von 1810 bis 1819) hervor, der aber in allen Inſtanzen zu
Gunften der bühler Kirchſpielsgemeinde entjchieden wurde, Von
den Waldungen wurden der Gemeinde Bühl 965 Morgen zugetheilt.
Bezüglih der Beholzung hatten die Bürger de windedifhen
Antheils, weil fie nah Kappel- Winde eingepfarrt waren, an dem
dorthin gehörigen Almendgute, dem Hägenih=Walde!, ihren Mitgenuß.
Die „Ordnung des Waldhägenih“ von 1516 iſt eine jehr interefjante
Urkunde As im Jahre 1791 diefe Waldung unter die Kirchſpiels—
gemeinden vertheilt wurde, befamen die Bühler von Oberbrüd (damals
47 Genußberedhtigte) 15°/, Morgen zugejchieben.
Die Gewerb3thätigfeit war auch ſchon im Mittelalter zu
Bühl bedeutend, wie fih aus den no vorhandenen Ordnungen er-
jehen läßt. Für die Bäder, Müller, Metzger und Wirthe waren
ihon 1488 und 1507 Statuten gegeben. Sämmtlide Meiſter des
Amtsbezirked bildeten Zünfte, welche im Flecken den Zunftmeiſter und
ihre Herbergen hatten.
Für die Bäder und Müller wurde 1521 vom Schuldheiß und
Geriht eine neue ausführlihere Ordnung erlafien, gegen melde die
Zunft beim Markgrafen protejtirte: „weil einige Artifel darin ihnen
zu bejhmwerlih, dem Landsgebrauch widrig, und in anderen Stäbten
und Flecken auch nit Übung feien“. Der Protejt wurde abgemiejen,
und dem marfgräflihen Vogt, wie dem Gemeindeſchuldheißen, der Befehl
ertheilt, mit Ernft darauf zu jehen, daß die neue Ordnung „gemeinen
Nutzen zu gut ftattlih gehalten werde”. Nach dem Abjcheide von
1 „Zu des ganzen Waldgezirks Beften und Aufrechterhaltung der alten Ordnung“
war ein Waldgericht eingejeßt, welches aus 24 Mitgliedern (12 aus dem Otters:
weirer, 12 aus dem Kappler Kirchſpiele) beftand. ANljährlih im Auguft oder
September wurde unter dem Vorſitze des Bannherrn, welches ber Herr von Winded
war, oder feines Abgefandten, zu Ottersweier in feierlicher Weiſe das Waldgericht
abgehalten. Waldgerihts:Protocolle aus dem 16. und 17. Jahrhundert find noch
vorhanden in den Gemeinde-Regiftraturen zu Dttersweier und Kappel: Winded.
89
1563 joll im Amt und Fleden Bühl die Bäder: und Müller-Ordnnung
der Stadt Baden eingeführt werden, „damit der arme Mann das—
jenige, jo ihm gebührt, befommen möge“.
Auch die Metzger erhielten in den zwanziger Jahren bes 16. Jahr:
hundert3 eine neue Ordnung ihre Handwerks, vom Bogt, Schuldheiß
und Gericht mit vieler Sorgfalt „zum Beſten de3 gemeinen Mannes”
entworfen . Der Fleiſchverbrauch muß damals bei der in größerem
Maßſtabe betriebenen Viehzucht und Viehmäſtung viel jtärker gemejen
jein, al3 heutzutage Auch noch im verflofjenen Jahrhundert war die
Zahl der Mebger bei geringerer Einwohnerzahl viel größer, als gegen:
wärtig?. Im Sabre 1584 wurde von Markgraf Philipp II in
der ganzen Markgrafihaft eine allgemeine Mekger-Ordnung
eingeführt.
Bon jeher war der Flecken Bühl auch mit Wirtbihaften reich
gejegnet. Einmal wähst im Amte felbjt viel und guter Wein, und die
Leute waren trinkluftig (fie find e8 no); dann erfreute ji) der Ort
eines jehr lebhaften Verkehrs, bejonders durch feine Wochen: und Jahr—
märkte. Schon die Drdnungen von 1488 und 1507 enthalten zwölf
Artikel „die Wirthe und Weinſchenken antreffend“. Eine neue
Ordnung für die Wirthe im Fleden Bühl wurde in den dreißiger
Jahren des 16. Jahrhunderts gegeben; ein Nachtrag dazu erfolgte 1584,
und eine Hochzeits-Ordnung für die Wirthe im Amt und Flecken
Bühl erging 1609 durch Amtmann und Schuldheiß.
Eine öffentliche Gemeindewirthſchaft beftund auf der Bürgerftube,
wo in der „vorderen Stube” ehrbare, eingejefjene Bürger und fremde
Nahbarn, in der „hinteren Stube” aber Edelleute, Priejter, Amtleute,
Schuldheiß, Richter und andere fremde, ehrbare Perjonen zehren Fonnten.
Für Trunf und Efjen hatte der Stubenmeijter zu forgen, mie Die
Ordnung der Bürgerftube in den Amts- und Fleckenordnungen
von 1488 und 1507 bejagt.
Für Hafner und Krempen (Bictualienhändler) im Flecken Bühl
befigen wir ebenfall3 eine furze Ordnung von 1517, Ein „Grampen-
gäßlein“ wird dahier 1508 erwähnt? Eine Küfer- Ordnung von
1580 wurde durd die damaligen Meiſter des Küferhandmwerf3 in Amt
und Fleden (e8 find ihrer 7 unterjchrieben) unter ſich vereinbart und
beſchworen.
1 L. Stolz, Urkſamml. Neue Beſcheide zur Bühler Metzgerordn. von 1533.
2 Noh im Jahre 1813 zählte Bühl bei 1721 Einwohnern 24 Metzger (!).
Dazu famen noch 23 Bäder und 21 Wirthe.
3 Dberrb. Ztſchr. XXVII, 109,
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Außer den gewöhnlichen, allerort3 vorkommenden Gemwerben finden
mir im biejigen Orte in früheren Sahrhunderten auch die Hänfer,
welche ſich mit.der Zubereitung des Hanfes befakten, der in biefiger
Gegend vorzüglich gedeiht. Sie waren zünftig, und meiſtens im öſt—
liden Ortstheile anſäßig, mo fie längs des Mühlbaches ihre Blaulen
(Hanfitampfen) hatten, weßhalb berjelbe biß heute den Namen Hänfer-
dorf führt. Eine Ordnung, die Hanfrögin betreffend, von 1540
legt die Streitigkeiten bei zwijhen den Hanfpflanzern zu Bühl
mit ihrem Anhange zu Dbermeier, Bimbuh und Oberbrud
einerfeit3 und der Gemeinde Bühl anderjeit3 wegen Wafjerabfluß der
„Bühelat“. Darin beißt es: „Weß großen verderblihen Schaden ber
ganzen Gemeind (durch Trodenlegung der Hanfrötzen) entitände, da ſich
über 200 Menjhen mit täglider Arbeit ihr Weib, Kind
und Hausjtatt daraus erhalten und ernähren müßten, geſchwygen
des hohen Gelds, jo täglich dadurd in das Land gebracht, damit unjeren
gnädigen Herren Zins, Nent und Gült deſter ftattlicher bezahlt werben.“ ?
„Drdnungen der Hänfer und des Hanfkaufs“ haben wir noch
drei. Die zwei erjten gehören dem 16. Jahrhunderte an, die dritte,
eine „Abredung etlicher Artikel, wie die Hänfer begehren, daß fie
geändert, und etliche von Neuem zu ordnen, die von Hänfern und
Sürfäufern gehalten werden jollen”, fällt wahrſcheinlich in die erite
Hälfte des 17. Sahrhundert3?. Seit dem Anfange des gegenwärtigen
Jahrhunderts ift die Hänferzunft dahier erlojchen.
Wohl mögen noh andere Gewerbe bahier eigene Ordnungen
bejefien haben, die im Laufe der Zeit verloren gingen. Übrigens können
wir ſchon aus dem bisher Ermwähnten erjehen, wie blühend das Gemerbe-
mejen ehemal3 im Tleden Bühl geweſen jein muß. Noch zu Anfang
diejes Jahrhunderts waren bejonders die jog. Kleingemwerbe dajelbit
zahlreicher, al3 Heutzutage *.
Markt und Handel bildeten neben dem Handmwerfe und der
Landwirthſchaft eine weitere Nahrungsquelle der hiefigen Einwohnerſchaft.
Die Ordnungen von 1488 und 1507 enthalten 11 Artikel, „die Wochen—
ı Im Jahre 1596 werden dahier das Hänferbaus und fünf Blaulen
erwähnt, ſämmtliche am Mühlbache gelegen.
2 Rol. Oberrh. Ztſchr. XXVII, 110, wo bie Urkunde abgebrudt ift.
3 Bol. Oberrb. Ztſchr. XX, 299, wo bie beiden älteren Ordnungen aus bem
„Bühler Polizeibuch“ abgedrudt find. Die britte Ordnung gibt 8, Stolz in
jeiner Sammlung.
* Kolb, 2erifon v. Bad. I, 180. Über die neneren gewerblichen Verhältniſſe
der Stadt Bühl vgl. Dieg, Die Gewerbe im Großh. Baden (Karlsr. 1863), ©. 67,
242, 485, 681.
91
märft und Fürfäufer (Händler) antreffend“. Für genaue Hand—
babung der Marktordnung waren zwei beeibigte Marftmeijter ober
Marktihauer aufgeitellt, einer vom DOrtögericht, der andere von der Ge-
meinde gewählt. Außer ben möcentlihen Montagsmärkten und
den vier Jahrmärkten wurde auh an Sonn und Keiertagen
ein Markt gehalten, was aber im Abjcheide von 1585 von den Amts:
herren „gänzlich abgejtellt und verboten wurde”. Im Jahre 1654 aber
gab Markgraf Wilhelm dem Flecken das Net, daß die vier Jahr:
märfte je zwei Tage (Montag und Dienftag) währen dürften.
Als 1663 zu Bühl ein neuer Pfundzoll eingeführt wurde, proteitirte
die Straßburger Krämerzunft dagegen, und da fie beim Mark:
grafen die Minderung des Zolld nicht erlangen Fonnte, wurde 1674
durh Rath und Zunft der Beſuch der Bühler Märkte jämmtlichen
Bürgern und Inſaſſen von Straßburg verboten t. Auch heutzutage nod)
wird der Bühler Wochenmarkt von Käufern und Verkäufern aus einem
weiten Umkreiſe befucht und gehört zu den bedeutenditen des Landes,
Handel wurde dahier getrieben Hauptjählih mit Hanf und Wein.
Der Bühler Hanf Hatte jeit alter Zeit einen bejonder3 guten Ruf, und
wurde theurer bezahlt, als anderer. Daher heißt e3 in der Abredung
der Hänferzunft: „Was Hanfs die Fürfäufer auswendig herzu—
bringen, er komme, woher er wolle, den jollen fie hinfüro allmegen
fonder legen, und unter den Bühler Hanf gar nit milden;
jollen jagen, wo jeder Hanf gewachſen fei, und dem Käufer jeinen
Willen werden lafjen, einen jeden nad jeinem Werth zu kaufen.“ Und
in einer Verordnung für die Hänferzunft von 1614 heißt es: „Was
Bühler Hauf iſt, es ſei Lüßel oder viel, joll mit des Fleckens
Bühel Zeihen gezeihnet werden, bei Strafe von einem Pfund
Pfenninge.”
Die Weinausfuhr ging hauptjählid nad Würtemberg, auf
den Schwarzwald und in's Donauthal. Namentli) war der rothe
Affenthaler jhon frühe allgemein befaunt und geſucht?. Die Wein:
1 Ratbsprotocolle des Straßb. Stadtarchivs, mitgetheilt von Hrn. Archivar
Bruder.
? Die Anpflanzung des rothen Burgunder, ber auf dem Granitboben von
Affenthal und der Nahbarichaft fein herrliches Bouquet erhält, muß wohl bem
Klofter Lihtenthal zugefchrieben werben, welhem die Markgrafen Hermann VI und
Rubolf I 1245 verfchiebene Rebhöfe in Ummeg und Affenthal zur Dotation ver:
gabten. Lichtenthal ftand mit bem Mutterflofter Giteaur in Burgund auch nach feiner
Gründung gewiß in vielfältigem Verkehr. Der Wein von Affenthal wird bereits
1330 im Tagebuch des Gebeimfchreibers des Herzogs Werner von Urflingen gerühmt
und dem Malvafier gleichgejtellt. Über die Befitverbältnifje der Rebgelände von
Afenthal vgl. Oberrb. Ztſchr. XXV, 424. Bol. auh Mone, Quellenſamml. III, 266.
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ausfuhren jtockten jelbit während des breißigjährigen Krieges nit. Ein
bejonderer Salzhandel für ben Fleden und dad Amt Bühl mwurbe
1585 nad) dem Abſcheide von beiden Herrſchaften in Gemeinjchaft mit
der Gemeinde errichtet, worüber eine bejondere Ordnung eridien.
Jeder der drei Theile legte 300 Gulben ein, der Gewinn jollte ebenfalls
gemeinjchaftlich jein. Dieſes Salz:Verfaufsreht beſaß der Flecken für
jämmtlide Ortſchaften des alten Amtsbezirks bis 1795; der „Salz:
profit“ betrug jährli ungefähr 300 Gulden.
Der Geldkurs, wie ihn das Bühler Lagerbuch von 1598 ent—
hält, und mie er für da3 Amt damals Geltung hatte, war folgender:
1 Pfund Pfenninge galt 2 Gulden markgräflicher Währung;
8 Pfenninge galten 1 Batzen, 6 Pfenninge 1 Blappart, 2 Pfenninge
1 Kreuzer. Nah jegigem Merthe käme dad Pfund Pienninge auf
4 Gulden 33 Kreuzer oder 7 Mark 80 Pfennige zu Itehen, der Schil—
ling aber auf 13 und einen halben Kreuzer oder 39 Pfennige.
Wenn wir das Vorſtehende überbliden, jo erhalten wir dad Bild
eines in jeder Beziehung wohlgeorbneten Gemeinbemwejengd, wo
für die Spnterefjen der Gejammtheit mie des Einzelnen weiſe Fürforge
getroffen war, und wo man, wie die alten Ordnungen fih oft aus:
drüden, „des gemeinen Weſens Nuten, Ehren und Wohlfahrt
nah Kräften zu handhaben”, rveblihe Bemühung zeigte. Zumal galt
diejed in Bezug auf die Überwahung der Waaren und Nahrung:
mittel, damit fich nichts Schlehte8 und Unächtes in den Öffentlichen
Kauf einjchleiche, worin die Neuzeit dem Mittelalter weit nadjteht.
Die kirchlichen Verhältniſſe.
Pfarrei und Pfarrpfründe.
Bühl mit dem Bühlerthal bildeten urfprünglich einen Beſtand—
theil de8 Ottersweirer Kirchſpiels, welches jhon 774 beitand,
eine der älteften und ausgebehnteiten de Bisthums Straßburg war,
und aud dem Landfapitel den Namen gegeben bat!. Die Pfarrkirche
daſelbſt (ad S. Joannem bapt.) ift Mutterkirche für faſt jämmtliche
Pfarreien der Nahbarihaft. Wohl wegen Zunahme der Bevölkerung
mwurben im Jahre 1311 die nörblich der Billot gelegenen Theile von
Bühl, Altſchweier und Bühlerthal vom Kirhipiele getrennt und
zur befonderen Pfarrei vereinigt, und die alte, ben Apoiteln Petrus
und Paulus geweihte Kapelle zu Bühl zur Pfarrkirche erhoben ?.
1 Grandidier, Hist. de l’&glise de Strassb. I, 289. 291.
? Hist. rect. Ottersw. IV. Baber gibt (Babenia, Jahrg. 1839, ©. 161)
als Gründungsjahr der Pfarrei 1370 an, was offenbar ein Irrthum ift. Wurde
93
Diefelbe ftand jedoch immer in einem gewiſſen Abhängigkeitöverhältnig
zum Rectorate Ottersweier, welchem fie zeitweije mit ben Nebenpfrünben
incorporirt war; aud die Urkunden der hieſigen Pfarrei lagen bis
1592 im dortigen Pfarrardive *. Als eriter Pfarr-Nector zu Bühl
aber wird 1318 genannt Erchanger von Windel, ein Bruber des
Ritters Reinbold von Winded ?.
Außer den bezeichneten Drtötheilen von Bühl, Altjhweier
und Büblerthal (mit den Zinken Lienbach, Bichelbach, Längen:
berg, Freienhöfen, Plättich, bis hinauf auf die Höhe der
Herrenmwieje, jomweit ded alten Gerichtsjtabes „Bann und Bezirk“
ging,) gehörte zum Bühler Pfarriprengel eigenthümlicher Weile noch
der Weiler Haft, mo dad Bühler Frühmeßbeneficium jeit 1319 den
Zehnten beſaß. Um 1650 wurde Haft der Pfarrei Diterdweier incor-
porirt, wogegen ein anderer dahin biöher gehöriger Zinken Rieders—
bach, bei Kappel:Winded gelegen, der Bühler Pfarrei zugetheilt ward ?.
Die ſüdlich der Billot gelegenen Drtätheile von Bühl (nämlich
Dberbrüd mit dem Wiedih und der Hejjenbad), Altihmeier
und Bühlerthal, haben ſeit den älteften Zeiten zum Kirchipiele
Kappel: Winde bis zur Arrondirung ber beiderjeitigen Pfarriprengel
im Jahre 1824 gehört ®.
vielleicht 1370 die Kirche erweitert? Die Dedication einer Kirche auf die Apoitel:
fürften verräth in ber Regel ein hohes Alter. Sie ſcheint bei der Bühler Kapelle
auf die Benebictiner-Abtei Schwarzach hinzudeuten, welche diefelben Schußbeiligen
hatte und jhon frühe in nächſter Nähe begütert war.
* An Leichtlins Schrift über Windel flieht beim Jahr 1319 das Regeſt:
„Fundation ber Frühmeſſe in ber Gapellen zu Bühel, welde die von Winded
geftiftet.” Hiernach beſtund bamals die Pfarrei noch nit. Auch ift im Stamm:
baume ber Erdinger von 1318 nicht als Kirchherr bezeichnet.
Anm, d. Reb.
1 Der linke Theil des Schranfes in ber Sacriftei ber Dttersweirer Pfarrkirche
batte die Auffchriften: Litterae plebanatus ac primissariae, altar. S. Margarethae
et S. Crucis in Buehel, anno (15)22. Erzpriefter Ferler von Dttersweier be:
zeugt 1593, daß die Vormünber der winbediichen Töchter bie Briefſchaften des Rectorats
1592 den öfterreihifchen und badijchen Behörben eingeliefert, nicht aber bie der Pfarrei
Bühl Bielleiht famen fie mit ben übrigen winbedifch.büffliihen Schriften in ben
Befig der Herren von Gayling (der Rechtsnachfolger derer von Hüffel), deren Archiv
fih zu Ebnet bei freiburg befindet, von dem Schreiber Diejes aber nicht benukt
werben fonnte.
? Beih. v. Shwarzad, 2b. II, Urf. 60.
3 Pfarr-Regiftratur von Öttersweier.
+ Wir geben im Folgenden einige hiſtor. Notizen über bie chemaligen
Bühler Filialen, die Pfarrei Kappel: Windel und das jegige Filial Hatzen—
weier (meift ben Pfarr-Acten entnommen).
Für Bühlerthal wurbe 1763 eine eigene Pfarrei errichtet und bie Filial—
y4
Die Pfarrei Bühl wurde urſprünglich dotirt aus Gütern und
Zehnten des Dtteröweirer Rectorates, als deſſen Fundatoren bie
kirche daſelbſt zur Pfarrkirche erhoben. Bon dem bisherigen Bühler Pfarr:
antbeile famen 123 Familien und 572 Communicanten, vom Kappler Ans
theile ungefähr gleichviel, zur neuen Pfarrei. Durch einen Vergleich von 1781
faufte fih die Gemeinde um bie Summe von 798 Gulden von der Baupflicht zur
alten Pfarrfirhe zu Bühl los. Die neue Pfarrfirde im Bühlertbale, zwifchen
1862 und 1866 gebaut, wurde von Hübjch entworfen und ift ein ſehenswerther
Bau (dreiſchiffige Baſilika). UrfundensAuszüge ans dem G. 2. N. über Bühler:
tbal, vgl. Oberrb. Ztſchr. XXVII, 120.
Die Waldkolonie Herrenwieje, auf ber Höhe des Bühlerthales, gehörte noch
zum Bühler Pfarriprengel. Wegen der weiten Entfernung verfah das im Jahre 1622
gegründete Kapuzinerkflofter in Baben längere Zeit die Seelſorge dajelbfi. Als
die Anfiedelung duch berrihaftlihe Dienftleute, Holzhader, Köhler, jtärfer wurde,
errichtete der Bilhof von Straßburg, Gardinal Rohan, bier eine Kirdye (ad S. An-
tonium Pad.) und Pfarrei, welche 1763 den Franzisfanern auf dem Fremersberge
übertragen wurbe.
Die Nahbarpfarrei Kappel: Windel, welcher der windedifche Theil des Fledens
Bühl Jahrhunderte Jang eingepfarrt war, mit der Pfarrkirche ad B. Mariam Virg.,
ſcheint ebenfalls urſprünglich ein Filial des Dttersweirer Rectorates geweſen
zu fein, denn beide Pfarreien bejaßen (bis 1791) ein gemeinſchaftliches Kirchſpielsgut
(den Waldhägenich), und führten im Wappen bdasjelbe Kirchipielszeihen (einen Kelch).
Am Sabre 1302 gibt Reinbold von Windel „Gappelin, burf und kirchſatz“, welche
ein eberjteinifches Yehen waren,„an feinen Bruder Eberhard. Bereits 1366 be—
ftanden zu Kappel vier Beneficien, als beren Stifter und Gollatoren die Herren
von Windeck angegeben werben, und in der alten Pfarrkirche befand fid, die Grab:
lege des windediichen Geſchlechts.
Da durb die früheren Herrichaftsverhäftnifie die Piarriprengel Bühl und
Kappel eigenthümlich ineinandergriffen und zerjtüdt waren, jo wurde durch Konft.
Orbdinariats:Erl. vom 7. Mai 1823 eine Arrondirung der beiberjeitigen Pfarrgebiete
angeordnet, welde durch die Umpfarrungs:Urfunde vom 17. Aug. 1824 zu
Stande fam. Dadurch Fam ber bisher nady Kappel eingepfarrte Theil des Fleckens
Bühl (Oberbrüd) zur Pfarrei daſelbſt (572 Seelen); dagegen wurde ber Zinken
Riedersbach und ber bisherige Bühler Theil von Altſchweier der Pfarrei Kappel
zugetbeilt. Die Umpfarrung trat mit dem 1. Nov. 1824 in Wirffamkeit (Canon.
Beftätigung vom 23. Oct. 1824). Damals zählte die Pfarrei Bühl mit Haken:
weier 2450 Seelen, und batte eine Schule mit 350 Kindern unter 3 Lehrern.
Altfhweier (Alswiler, 1234), am Eingange des Bühlerthals, mit ber auf
ber ehemaligen Kappler Seite gelegenen Kapelle (ad S. Gallum), feit 1824 mit
Kappel vereinigt, wurde 1869 zur eigenen Pfarrei erhoben. Fundirt wurbe biejelbe
vom verftorb. Pfarrer Konrab Kappler zu Kappel mit 40,000 Gulden. Die
Ihöne von Hübſch entworfene Kirche wurde zwifchen 1863 und 1868 gebaut und
am 20. September letzteren Jahres eingeweiht. Bol. Oberrh. Ztſchr. XXV, 224,
Hatzenweier (Hassenwilre, Hassonis villare, nicht Hafenweiler), ein Fleines
Dörfchen bei Dttersweier, lag im ſog. Waldhägenihd. Es war ein Gonbominat,
bälftig zur öfterr. Landvogtei Ortenau, bälftig zur Marfgrafihaft Baden gehörig.
Der das Orichen durchfließende Sulzbach bildete die Grenzſcheide. Bis 1783 gebörte
95
Grafen von Eberjtein und deren Lehendträger, die Herren von
Windeck, genannt werben. Der größere Theil des Zehntens im Kirch»
jpiel war übrigens weltlich. KHauptdecimatoren waren die Markgrafen
von Baden, die Herren von Winded, die von Nöder und die
von Bad) (jpäter, nad) 1538, die von Schauenburg)!. Neben
diejen zehnteten noch in einzelnen Dijtricten dad Rectorat Otters—
mweier, das Klojter Lichtenthal (Meinzehnt, ſeit 1360 von Baden
überfommen), die Frühmeß-Caplanei in der oberen Kirche zu Gerns—
bach?, dad Gotteshaus Reichenbach (bei Freubenjtadt), die Filial—
firde ad 8. Mich. et Wendel. im Bühlerthale (MWeinzehnt), die
Heilig Kreuz: Pfründe zu Kappel (Meinzehnt) und das Gotteshaus
Schwarzach (Heuzehnt von 2 Tauen Matten).
Die ältejte Zehentbejhreibung der Pfarrei ijt enthalten in
den von Sebajtian von Windel, Pfarr-Rector zu Ottersweier, zu:
jammengejtellten Extractus specificationis decimarum rectoratus
Otterswilensis de 1515. Eine zweite jteht in der Nenovation von 1577
und die jüngjte in der Erneuerung über den Bühler Mark: und
Amts-, Groß: und Kleinzehnten von 1718, worin genau bejchrieben,
wieviel im Bühler Kirchjpiel von allen Adern, Matten und Gärten,
joweit deſſen Markung, Zwing und Bann gehen, an Waizen, Korn,
Veſen, Wälſchkorn, Haber, Gerjte, Erbien, Linjen, Magſamen, Bohnen,
Hanf, Flachs, Heu, Wein einem jeden Zehntherrn zugehörte. Nach
einer Urkunde von 1626 über die Kirhenbaupflicht der Zehntnießer
war das Verhältniß des Pfarrzehnten® zu dem der übrigen Deci:
matoren, wie 145 zu 987; der Pfarr: und Meßnerzehnt betrug
H. ungetbeilt zur Pfarrei Ottersweier. Da damals bie badiihen Ortſchaften
Breitburft, Neujag und Waldmatt von DOttersweier bismembrirt wurden,
baten die Einwohner bes bad. Antheils (höherer Weifung zufolge) um Einpfarrung
in die bad. Pfarrei Bühl. Die Einpfarrung wurde gegen Yeijtung von 15 Gulden
jährlih an die Pfarrei, fowie gegen Entrichtung des betreffenden Antheils am Kirchen,
Schul- und Pfarrhausbau alsbald vollzogen (Can. Beltät. vom 29. April 1783).
Nahdem die Ortenau an Baden gefallen (1806), hatten die Bewohner des Bühler
Theild von Hapenweier gebeten, nach dem näheren Ottersweier eingepfarrt zu werben,
es aber nicht erlangen können.
1Vgl. Oberrh. Ztſchr. XXVII, 106. 114. 116. 122.
2 Diefer Zehent, der vierte Theil des winded. großen Zehnten im Gerichtsitab
Bühl (jenfeit des Billotbadhes hinabwärts gegen den Immenſtein, zu beiden Seiten
der Lanbdftraße), deſſen andere drei Theile ſchon bisher denen von Windeck zus
geftanden, wird 1571 von Markgraf Philipp II und Graf Philipp zu Eberftein
auf 20 Jahre gegen eine jährlihe Abgabe von 23 Gulden dem Junfer Georg von
Windel verliehen. Nach 1592 fam der St. Anna- und Jafobfond zu Gernsbach
in ben Beſitz diefes Zehntens.
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aljo kaum dem jiebenten Theil des Zehnterträgnijjes überhaupt. Das
Rectoratsurbar von 1771 berechnete das Erträgnik des Frucht-,
Heu: und Weinzehnten? der biefigen Pfarrei in mittleren Jahren auf
300 Guben.
Außer dem Zehnten bezog die Pfarrei anfehnlide Gülten (Boben-
zinfe, Korn, Wein:, Wachs und Nußgülten) aus verſchiedenen Hof:
jtätten, Häufern, Aedern, Weinbergen und Wiejen zu Bühl, Alt:
ihmweier, Bühlerthal, Kappel, Vimbuch“. Nicht ſehr zahlreich
iheinen die Seelenmeßftiftungen gemejen zu fein, deren gegen:
wärtig nod 142 beitehen 2, und liegende Güter bejaß die Pfarrei
auh nur wenig. Das Urbar von 1679 nennt als Pfarrgut
23/, Jauchert Aderfeld in der Strut, im Wafjerbett und auf der
untern Hollenbad, und 43/, Tauen Matten, in der Holdermatt, im
Kornihollen oder Derlen, auf der Oberweirer Wöfch und auf der Land—
matt im Eichſtaten zerjtücelt gelegen; im NRectorat3:Urbar aber
werden 7 Sauchert Acerfeld und 51/, Tauen Wieſen als zur Pfarrei
gehörig angegeben.
Durch den Schmwedenfrieg, und vorher ſchon durch die Stürme
der Reformation, waren ber Pfarrei mande Güter und Gefälle
verloren gegangen, jo daß ein Bericht von 1704 jagt, die hieſige
Pfarrei fei eine der am menigiten bemittelten in der ganzen Mark—
grafihaft, da fie mandes Jahr, wann die Gemeind und insbejondere
die Bruderſchaft nicht Beihilf thäte, nicht einmal ihre Ordinari-Ausgaben
bejtreiten Fünnte. Die Competenz eined jeweiligen Pfarrherrn jei,
was die Naturalbezüge angehe, unbejtändig. Alles zu Gelb angeichlagen,
fomme fie nicht völlig auf 400 Gulden.
Bei Aufhebung ber Jejuitenrejidenz zu Dtterämweier im Jahre
1774, welder die Pfarrei incorporirt war, wurde dad Pfarrei:Ein-
fommen mit Ausnahme des Ertragd der geringen Pfarrgüter auf
390 Gulden 42 Kreuzer berechnet. Gegenwärtig beträgt daß Pfründe-
Einkommen in Geld, Güterertrag und Naturalcompetenzen etwa
1 Gültbriefe der Heiligenpflege zu Bühl im ©. 2.:N. vgl. Oberrb. Ztſchr.
XXIV, 224; XXV, 328; XXVII, 122. Renovationen ber Bühler Gült:
bücher aus den Jahren 1679, 1742, 1806. Es bezogen noch andere Kirchenpflegen,
Pfründen und Gottesbäufer aus ber Nahbarihaft Gülten und Zinfe aus Gütern
bes Bühler Kirchſpiels, 3. B. die Pfarrfirden zu Kappel, Ottersweier, Stein:
bad, Bimbud, die Burgfaplane zu Baben, bie Klöſter Shwarzad und
Herrenalb (Helerzins). Vgl. Oberrb. Ztſchr. XXIII, 453, XXVII, 121.
2 Das alte „Seelbuch“, das 1573 erwähnt wird und einige windeckiſche
Anniverfarien enthielt, ift verloren gegangen. Die gegenwärtigen Anniverjarftiftungen
reihen nicht über die Mitte des 17. Jahrhunderts hinaus.
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3880 Mark, da3 Kapital des Kirchenfonds ift auf 52,428, und
da8 des Baufonds auf 7842 Mark angegeben.
Dad Patronatsreht über das Nectorat Ottersweier, jo-
wie über die aus deſſen Gütern fundirte Pfarrei Bühl, befaken ur:
Iprüngli die Grafen von Eberftein, als Fundatoren des Nectorates.
Bon dieſen ging die Kirchenherrlichkeit auf die Markgrafen von Baden
über (wahrſcheinlich um 1386). Bon den Markgrafen trug dann bie
adelige Familie von Winde die Pfarrei zu Lehen, mobei jich jedoch
Baden den Pfarrſatz vorbehielt!. Seit 1650 murbe die hiefige Pfarrei
dur) jog. Missionarii, welche der jeweilige Superior ernannte, vom
SJejuitenhojpiz zu Ottersweier aus abminijtrirt, von 1730 an
jührten die Adminiftratoren, die nun zu Bühl wohnten, den Titel
Pfarrer und wurden vom Rector de3 Collegiums zu Baden er-
nannt. Nah Aufhebung der Dtterämweirer Nejidenz im Jahre 1774
wurde die Pfarrei Bühl wieder als marfgräflides Patronat
betrachtet ?,
Die Frühmeh- oder 5. Margarefenpfründe.
Diejelbe ſcheint zugleih mit der Pfarrei oder bald darauf geitiftet
worden zu jein, wie aus einem von der biihöflichen Curie zu Straßburg
ausgejtellten Vidimus von 1319 hervorgeht, worin der Frühmeſſe
verjchiedene Zehntbezüge, darunter auch der Wein» und Objtzehnt zu
Haft, vergabt werden?. Die Pfründe war auf den St. Margareten-
und Katharinenaltar (ſüdlicher Seitenaltar) der alten Pfarrkirche ge—
ftifte. AS Fundatoren und Gollatoren diefer, wie der Kreuz:
pfründe, werden die Herren von Winded genannt. Im Jahre 1366
vergabte der auf dem Ginjelhof bei Kappel-Windeck anſäßige Edelknecht
Heinrich von Einfiedel, genannt „Roſenſtein“, von jeinem Gute da-
1 Windel. Lehbenrevers von 1405, in der Renovation von 1595 sub rubro
Kirhenfaß und Lehenſchaft.
? Aus der Äncorporation in bie Nefidbenz Ottersweier und aus anderen
Gründen ſucht P. Heyl (IV, 7. 8) weitfchichtig zu beweijen, baß die Pfarrei Bühl
nad der Aufhebung des Hofpizes geiftliches Patronat fei. Haec adeo fusius ad-
notare placuit, ſetzt er zum Schlufje bei, ut qui aliquando viribus plus valet,
atque ego, sciat, quibus ex argumentis jus suum persequi possit. x
3 Orig. in ber Pfarrregiftr. zu Ottersweier. Die Urk. ift durch feuchte
Lage zum größten Theil unleferlich geworden, bie Siegel find abgefallen, Auf der
Rüdjeite fteht von etwas fpäterer Hand: „Ein Bidimus betreffend die Früemeß—
pfrund in Bühell, fo die von Windeck geftifftet und vnderſchidliche hierin fpeziftcirte
Zehnden dahin verordnet, als nemlich den Dorfzehnden zu Dttersweyer, Wein:
und Obftzehnden zu Haft. De anno 1319.*
Ardiv. XI. 1;
98
jelbit ein Viertel Korn „um feiner Seel’ willen an die Mejje, die
Pfaffe Obreht von Tigeshein Hat zu Bühl“ 1,
Im Jahre 1455 verkaufte der Frühmefjer Heinrih Fuhrer,
genannt „Sartor“, Haus, Hof, und Scheuer, welche der Margareten:
pfründe gehörig waren, um 20 Pjund Pfenninge Am Jahre 1494 hat
Sebajftian von Windel, der Kirchherr von Ottersweier, dem Pfarrer
und Frühmefjer Heinrih Unz zu Bühl die neuen eben an den
Hafter Halden unten am Leußelberg, jo früher Acer gemejen,
zur Zehntnutzung auf lebenzlänglich gütlich überlafjen von megen
gemeldter Frühmeß, damit er ein Recognition von ihm habe?. Diejer
Neupflanz, 8 bis 9 Stedhaufen, erträgt jährlid 1 bi3 2 Ohm.
Als 1568 die Neformation dahier eingeführt und die Pfründe
filtirt war, wurde von Markgraf Philibert das Kaplaneihaus nebit
Scheuer und Hofraite, am Baderſteg (jet Lammſteg) gelegen, dem da—
maligen Gerichts: und Amtsjchreiber Theobald Hoſch um 40 Gulden
Fäuflich überlafien?. Wann da3 Frühmefbeneficium mit der Pfarr:
pfründe vereinigt worden, ijt nicht befannt; bis 1626 wenigſtens hat
man noch über die betreffenden Gapitalien bejondere Rechnung geführt.
Doch beſchwert ſich ſchon 1593 der Pfarr-Rector Ferler von Otters—
weier, daß die Vormünder der windeckiſchen Schweſtern die Häuſer und
Güter, welche den Caplaneien zu Bühl und Maria-Linden gehörten,
an ſich gezogen. Auch klagte 1606 die geiſtliche Verwaltung in Baden,
daß die von Windeck die Gefälle dieſer und anderer Pfründen vor vielen
Jahren der Kirche wieder entzogen.
Nach der windeckiſchen Renovation von 1595, ſowie nach dem
Theilregiſter von 1618, müſſen die Einkünfte der Margareten—
pfründe nicht unbedeutend geweſen ſein“. Ein durch die Bruderſchaft
„vom guten Tode“ im vorigen Jahrhundert in honorem S. Margaretae
1 Oberrb. Ztſchr. XXV, 327. 328. Die YJunfer von Tigesbein oder
Digensbein gebörten zum niederen Landabel und waren im 14. Jahrh. zu
Niedersbah bei Kappel:Winded anfälfig, wo noch im vorigen Jahrhundert ein
Gemarkungstbeil den Namen „Tigesheimer Bünd“ führte.
? Pfarr-Regiftratur zu Bühl und Dttersweier.
3 Dberrb. Ztſchr. XXVI, 114.
+ Nach der winded. Renovation von 1595 bezog bie Pfründe den Wein:
zehnten aus 175 Stedhaufen zu Altſchweier im folgenden Gemarkungsitüden:
Bergel, Hafenberg, Haulftüd, Honau, Klams, Krumme-Bünd, Oberſteinloch, Pfaffen—⸗
ader, Große-Reih. Nah dem windeck. Theilregifter von 1618 hatten zur che
maligen Margaretenpfründe folgende Güter gehört: 4 Jauch Feld in der großen
Bünd zu Altjchwerer, die jog. Jubenmatte auf ber Kraftened beim winded. Rebhof,
die Rinbmatt bei der Blaul zu Altichweier. Aus dem Eſelshof zu Altjchweier mit
feinen Beiträgern (36 Steckhaufen Neben) bezog bas Beneficium 141/, Ohm Gültwein.
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auf den 20. Juli geitiftete8 Meßamt ijt gegenwärtig noch die einzige
Erinnerung an dieſes Beneficium.
Die SHeilig-Arenzpfründe.
Rah einer Urkunde vom Mai 1531 waren die Einkünfte biejes
„Pfründleins“, welches durch die Herren von Winded auf den
Kreuzaltar der Pfarrkirche geftiftet worden, zwilchen einem Kaplan
und einem Schulmeifter hälftig getheilt. Die Pflegerei der Pfründe
führte der minbdedifhe Amtmann bis 1601, wo der Gemeinde Bühl
auf ihre Bitte „die Pfründ mit ihrer Fundation jammt Golligenden“
übergeben wurde. Die Grundftücde ber Pfründe waren dem Schul:
meijter (als Meßner?) pro parte Salarii zur Benützung überlajien.
Zur Pfarrcompetenz hatte das Benefictum 51/, Klafter Holz zu liefern.
Nah den Rechnungen (von 41756 an) wurden aus der Pfründe zu:
weilen auch Almojen an Arme verabreiht und SKirchenrequiliten an:
geihafft. Bei der letzten Nenovation von 1805 belief ſich der Ver:
mögensſtand der Pfründe auf 4000 Gulden. Im Jahre 1838 wurde
dieje8 Beneficium mit dem Heiligenfonde vereinigt‘.
Das Meyer’fhe Beneficium.
Im Jahre 1758 wurde dasfelbe von einem hiejigen Bürger und
Gerihtämanne, dem Bäder Joſeph Meyer und dejjen Ehefrau (jie
waren finderlo8), mit einem Kapitale von 4000 Gulden „mwohlthätig“
geitiftet. Nach dem Stiftungsbriefe ſollte aus den jährlihen Zinjen ein
Capellanus oder Vicarius manualis, den der Biſchof prüft und nad)
Belieben jeßt, dem Pfarrer in allen geijtlihen Verrichtungen behilflich
und ihm in Allem untergeben fein. Außerdem Hatte der Vicar die Ver:
pflihtung zur täglichen Leſung der Frühmeſſe. Für die Sujtentation
degjelben hat der Pfarrer 180 Gulden (?/;o des berechneten Singer:
trägnifjes) aus der Stiftung anzujpreden.
Nah einer mit dem Superior von Ottersweier getroffenen
Uebereinkunft jollte die VBicarie von einem Prieiter der Geſellſchaft
Jeſu verjehen werden; als aber der Drden aufgehoben wurde, con
firmirte ber Stifter nochmals feine Stiftung, für deren Erhaltung
auch die Gemeindebehörde und Bürgerjhaft jich verpflichteten. Nichts—
deitoweniger jcheint man damit umgegangen zu fein, das Beneficium
mit der Pfarrpfründe zu vereinigen, daher gab der Stifter 1778 vor
dem Ortsgericht nochmals feinen Willen dahin Fund, daß dieje Vicarie
ı 2. Stolz, Urkundenſamml. Pfarr-Regiftratur Bühl.
—
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niemal3 ohne Genehmigung des biſchöflichen Ordinariats mit der Pfarr:
pfründe unirt werben bürfe.
Der Stifter verjtarb am 27. December 1792, nachdem jeine rau
ihon am 27. September 1769 ihm vorausgegangen, und ald Benefactrix
ecclesiae eminens in ehrender Dankbarkeit vor dem Bruderſchafts—
altar der Pfarrkirche begraben worden. Die beiden Stifter haben auch
ein Anniverjar , Die getrennte Verwaltung de3 Kaplaneifonds begann
1794; gegenwärtig iſt das Stiftungstapital auf 10,300 Mark
angewachſen.
Die Meßnerei.
Diefe war mit einem nicht geringen Frucht: und Weinzehnt
begabt, der ungefähr den vierten Theil ded Pfarrzehnts betrug ?, Außer:
dem hatte der Meiner von Alter8 her die dem SHeiligenfonde (Kreuz-
pfründe) gehörige Mefnermatte zur Benüßung, und bezog für das
ſog. Wetterläuten von allen Aedern des Kirchjpield die Mepnergarbe,
deren Abgabe in den Abjcheiden des 16. Jahrhunderts und in den
Nüggerichts-Protofollen öfters bei Geldſtrafe eingefhärft wird. Wie
der Schultheiß, Gerihtsichreiber und Gericht3bote, war auch der Meßner
„gefreit von allen FZuhr:, Hand- und Frohndieniten, wie von Alters
hero“. Inſofern derjelbe aber zugleih den Schuldienjt verjah, Hatte
er neben dem Schulgeld noch bejondere Güternußungen.
Bis zum Jahre 1863 war der Mehner: und DOrganijtendienjt mit
dem Schuldienit (I. Hauptlehreritelle) verbunden. Die damalige Tren—
nung beider Ämter veranlaßte einen Streit zwifhen der Pfarrei und
der Gemeinde, indem lettere die Meinerpfründe für den Schuldienſt
beanjpruchte und einen provijoriihen Meßner aus Gemeindemitteln ans
ftellte. Durch bezirksamtliches Erkenntniß vom 26. Juni 1869 wurde
entjchieden,, daß die Mehnerpfründe ala eine kirchliche Stiftung
der Pfarrei zu übergeben jei, was jofort geihah. Durch Beſchluß des
t Auf dem Kirchhofe bei Kappel ftebt noch der Grabſtein bes Stifters mit
ber Infchrift: Hier ruhet der ehrsame Herr Joseph Meyer, Gerichtsverwandter
zu Bühl, der mit seiner Ehefrau Katharina Goetzin stiftete die Bühler
Kaplanei mit 4000 Gulden wohlthaetig. Starb den 27. Dec. 1792. R.i.p.
2 Der mit dem Meßner zu Bühl halbtheilige Fleine Weinzehnt im Hunger:
berg wurde 1727 von dem bamaligen Mitzehntnießer Freiherrn von Göllnis um
800 fl. an den Marfgr. Ludwig Georg von Baden verfauft. Vgl. Oberrh.
Z3tſchr. XXVI, 120.
3 Abjheid von 1585: „Dem Meßner allhier jol ein Jedes bei Straf von
5 Schilling fein Gerechtigkeit und Meßnergarb geben, was ein jedes Jahr fürberlich,
und Alles ohne einiges Weigern oder Vortheil zu gebrauchen, abrichten und bezahlen.“
Ebenjo 1631.
101
Capitelsvicariats vom 13. April 1870 wurde für die hieſige Pfarr-
firde ein bejonderer Drganijt und Meßner beitellt. Für eriteren
find 280, für letzteren 220 Gulden aus der Meßnerpfründe ausgemorfen.
Dad Einkommen diefer Pfründe wird auf 650 Gulden (1120 Marf)
angegeben.
Kirche, Kirchhof und Pfarrhaus,
Die alte (noch gegenwärtig ftehende) Pfarrkirche wurde zwiſchen
1514 und 1524 erbaut, wie die Jahrzahlen über dem Thurmportale
und an einem Chorpfeiler andeuten. Sie erhebt fih auf demjelben
Plake, dem Kirhbühle, auf welchem die urſprüngliche, den Apofteln
Petrus und Paulus gemweihte Kapelle geitanden. Thurm und Chor
zeigen die Kunftformen des ſpätgothiſchen Bauftiles.
Erbaut wurde die Kirche mwahrjheinlih von Werkleuten der be=
rühmten Bauhütte des Eifterzienjer-Klofter8 Maulbronn bei Bretten,
weldes in biefiger Gegend begütert war!. Nach einer Urkunde von
1533 befreite Markgraf Philipp I den Steinmegen „Hang von
Maulbronn”, der jchon Früher (mohl des Kirchenbaued wegen) zu
Bühl fich niebergelafjen, mit feinem Haus, Hof und Garten von ber
Bet, Steuer, Frohnd, Wacht, Hut und anderer Dienftbarkeit, damit er
feinem Handwerke beſſer obliegen könne 2,
Es müfjen ungefähr acht Funftgeübte Steinmeßen beim Bau beichäftigt
gemwejen jein, denn joviele verjchiedene Steinmekzeihen lafjen ſich
noch am Portale, der Galerie und den Tialen des Thurmes, wie an ben
Eck-, Fenſter- und Pfeilerjteinen bed alten Chores erkennen. In den
Giebeln der vier vorderen Chorpfeiler jehen wir die Wappen der Mark»
grafen von Baden und der Herren von Bad, die ald Hauptbeci-
matoren des Kirchipield zum Chore baupflichtig waren, jomwie ein Stein-
bauerzeichen (mohl das de3 Baumeiſters) und die Jahrzahl 1514. Die
Scälußjteine der beiden Sterngemwölbe des Chores und der Thurmhalle
baben ebenfal3 Wappen, die aber durch Meberfaltung leider unfennt-
lich find.
Am Chore ftanden noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts einige
Grabfteine ber Herren von Windel, welche aber ſpäter, wahrſchein—
[ih bei der Erweiterung der Kirche im Jahre 1773, entfernt wurden.
Jetzt decken nur noch einige Gedenkſteine fpäterer Pfarrer und
jonftiger Geiftlihen den Chorboden. Im Abſcheide von 1585 wird ein
ı Klunzinger, Geihicdhte von Maulbronn. Reg. ©. 15, 41.
2 Mone, Beiträge zur Kunftgefchichte bes Mittelalters in der Oberrh. Ztfchr. III, 45.
102
Gewölb auf der Kirche (wahrfceinlih im Thurme) erwähnt, wo bie
Hauptbriefe des Amtes und Fledend verwahrt wurden. Thurm
und Chor find nad dem Urtheile von Kunitverjtändigen in architek—
tonifcher Beziehung beachtenswerthe Baue !. Nach verjchiedenen größeren
Reparaturen, bejonderd in den Jahren 1626 und 1725, kam endlich,
nad längeren Unterhandlungen zwiſchen den baupflichtigen Zehntherren
und den Kirchipielögenofjen, im Jahre 1773 ein Neubau des Schiffes
zu Stande ?, weil dag alte Schiff, wie jhon ein Viſitationsprotokoll von
1761 Elagte, kaum die Hälfte der Pfarrgenofien zu fallen im Stande
war. Weber den Neubau, die Baukoiten, Einweihung der neuen Kirche
und dergleichen, konnten Feine Actenjtüce aufgefunden werden mit Aus:
nahme der Bau-Urkunde, melde in den Grundftein gelegt wurde.
Der Anbau der Kirche ift im jog. Nococoftile gehalten; von be=
ſonderem Kunftwerthe ift nichts vorhanden. Näheres über die Kirche,
deren Gloden?, Altäre, Grabitätten und bergleiden, enthält bie
Schrift: „Beijhreibung der alten und neuen Stadtpfarr—
fire zu Bühl nebit gejhichtlichen Notizen. Karlsruhe, 1877.”
Die uene Pfarrkirde.
Diefe wurde in den Jahren 1872 bis 1876 erbaut nad dem
Plane des großherzoglihen Bauinſpektors Dernfeld von Baden. Die
Erdarbeiten begannen den 20. Auguft 1872; die Grundfteinlegung
fand unter den entjpredhenden Teierlichkeiten Sonntag, den 17. Auguit
1873 ſtatt. Am Pfingſtſamſtag, den 3. Juni, an meldem Tage die
Kreuzblume auf die Spike der Thurmpyramide gejett wurde, war ber
Außenbau der Kirche vollendet. Um dad Zuſtandekommen des Baues,
wie um die Förderung besjelben, haben ſich die Herren Stadtpfarrer
Knoblaud, Bürgermeifter Schütt, Hug und Knörr bejondere
Verdienſte erworben.
Die dreifhiffige Kirche, die für 4000 Perjonen Raum bietet,
ı Eine Beihreibung in ben Freib. chriſtl. Kunftblättern, Jahrg.
1873, Nr. 138.
2 „Altem Herfommen gemäß“ hatten bie Zehntherren ben Chor und bie
Sacriftei ganz, und vom Schiffe zwei Drittel zu bauen und zu unterhalten,
während die Bürgerſchaft und die Kirchfpielsgenofien den Thurm und das übrige
Drittel vom Langbaue baut (Vergleich von 1626). Darnach wurden bie Bau⸗ und
Unterbaltungsfoften ber Kirche bis zur Ablöfung bes Zehntbezugs auf bie Einzelnen
vertheilt. 2. Stolz, Urkundenfamml.
3 „Bei der Glodenhütte” heißt ſchon feit dem 16. Jahrhundert ein Ge:
marfungstbeil am nördlichen Ende bes Ortes vor dem „unteren Thore“, vielleicht
weil einmal eine Glodengießerei dort war, oder bie Kirchengloden in einem Noth—
thurme (von 1514 bis 15247) bafelbft aufgehängt waren.
103
63 Meter lang und 24 Meter breit ift, und auf 270,000 Mark zu jtehen
fommt, iſt mit ihrem 63 Meter hohen durchbrochenen Thurme ein herrliches
Denkmal gothiſcher Baukunſt, eine Zierde für die Stadt und die ganze
Umgegend. Fünf Altäre, ſämmtliche von rühmlichſt befannten Künftlern
Süddeutſchlands im altdeutihen Stile ausgeführt, ſchmücken das Innere;
fie find mit Ausnahme des Hochaltar alle fromme Stiftungen von
Piarrangehörigen. Die neuen Gloden, die auf 12,000 Mark zu
ftehen kommen, bat Herr Pfarrer und Kammerer Herrmann zu
Sdutterwald „der römijch-fatholiihen Pfarrgemeinde feiner Vaterſtadt
Bühl zum ewigen Andenken“ gewidmet. Die verſchiedenſten Künftler,
Baumeijter, Bildhauer, Glasmaler, Glocengießer, ſowie edle Frauen—
hände, — leßtere lieferten die mannichfachſten Paramente — haben id)
vereinigt, um ein in allen feinen Theilen vollendete und prachtvolles
Gotteshaus zu errichten und auszuſtatten.
Die feierlihde Einweihung der Kirche und des Hochaltars wurde
am Bittjonntage, den 6. Mai 1877, die Weihe der vier GSeitenaltäre
am folgenden Tage dur; den Hochwürdigſten Weihbiſchof und Bisthums-
verwejer von Kübel vollzogen, unter freudiger Betheiligung aller Ein:
mwohner ohne Unterjchied des Neligionsbefenntnifjes und unter Zuſammen—
jtrömen einer zahllofen Menſchenmenge von Nah und Fern!. Am 8.
und 9. Mai wurde jodann das Sacrament der Firmung an die hiejigen
Firmlinge und die der Nachbargemeinde gejpendet.
Eine ausführlihe Schilderung der neuen Kirche, ihres Außern,
ihrer Altäre, Stiftungen und Kunjtgegenftände enthält die ſchon er:
wähnte Feſt-Schrift. Das Büchlein enthält zugleih eine Anjprade
von Profeſſor Dr. Alban Stolz an bie Bühler, feine Landsleute.
Der Kirchhof.
Der die Pfarrkirche umgebende Raum, der jog. Kirhbühl, der aber
ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts geebnet iſt, diente jeit den ältejten
Zeiten al3 Begräbnißplatz für die Kirchipielägenofien. Nach dem
Abſcheide von 1574 wurden 82 Gulden „aus der Verlaſſenſchaft des
Trappen Daniel Schmweiter, jo fich jelbit entleibt, an Bauung des Ge-
meind-Kirchhofs verwendet”. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts
hat man einen neuen Gottesacker bei Kappel-Windeck, und eigenthümlicher
Weile auh auf Kappeler Gemarkung angelegt. Mehrere Ge:
ı Einen ausführlichen Bericht über bie Feierlichkeiten der Grundfteinlegung
und Einweihung ber neuen Kirche bradte das Wochenblatt für bie Bezirfe
Baben und Bühl vom 19. Auguft 1873, 8. und 15. Mai 1877, ebenfo der Bad.
Beobahter vom 20. Auguft 1873 und 8. Mai 1877, bas Freib. Kirchenbl.
vom 24. und 30. Mai 1877.
104
denkiteine in den Umfafjungsmauern, melde Familienwappen mit den
Sahrzahlen 1605, 1606 und 1607 enthalten, ſowie die Jahrzahl 1605
auf dem alten Kirchhoffreuze deuten auf diefe Zeit der Anlegung hin.
An diefem Kreuze befindet fich überdies ein Wappen (Schlüfjel
und Zmeig) mit der kaum noch lesbaren Umſchrift: Johannes Lang,
Schuldheiss (1601 bis 1609). Die Inſchrift auf der Rückſeite des
Querbalfenö: Anno Domini 1572 den 17 dag Aprillis ist
diser Gottesacker geweicht worden, bezieht ſich höchſt wahr:
Iheinlid auf den Begräbnißplat um die alte Pfarrkirche,
von dem das Kreuz wohl hierher verfet wurde, und auf die Wieder:
einweihung dieſes Friedhofes nach Wiedereinführung der katholiſchen Reli:
gion in der Gemeinde im genannten Jahre '.
Am ſog. Bein häuschen ift ebenfalld ein Wappen audgehauen
mit der Jahrzahl 1608. Es mögen dieſe Wappeniteine auf die Stifter
und Gutthäter bed Kirchhofs fich beziehen. Als ſolcher wird nament-
ih von der Sage ein Bühler Bürger Georg Kentner bezeichnet,
der beim Adern auf diefem Felde eine feiner Töchter mit der Pflug:
Ihar im Zorne getödtet haben joll, weßhalb er dieſes Feld, obmohl auf
fremder Gemarkung liegend, der Pfarrkirche in Bühl zu einem Gottes
acer ſchenkte. Derjelbe iſt mit feiner ganzen Familie, feinen drei rauen
und fünfzehn Kindern, auf einer großen fteinernen Botivplatte an ber
innern ſüdlichen Kirchhofmauer dargeitellt.
Geit dem Anfange des vorigen Sahrhundert3 wird ein Gottes-
ader um die Michaelisfapelle im Bühlerthale erwähnt für Die
dortigen Filialiften. Der Begräbnißplag um die Pfarrkirche blieb neben
dem zu Kappel nody bis 1732 im Gebraude, doch mußte für ein Be—
gräbnig dahin eine bejtimmte QTare in den Heiligenfond bezahlt werden.
Im Fahre 1858 wurde der Gottesacer bei Kappel bedeutend vergrößert,
und am Allerheiligentage durch den damaligen Pfarrvermeier Schult-
heiß eingeweiht. Einige jhöne Grabdenfmale von Bildhauer Knittel
in Freiburg zieren den Friedhof.
Das Pfarrhaus.
Der alte Pfarrhof ftand ungefähr auf dem nämlichen Plate,
wie der jegige. In einem Berichte de marfgräflichen Amtmannd
Baftian Steurer von 1565 über Pfarrhaugßreparaturen zu Bühl
heißt es, „daß der hieſige Pfarrhof feit Menichengedenfen von Herr:
ihaftswegen durch den marfgräflihen Vogt im Bau erhalten worden;
1 Jetzt fteht diefes Kreuz an dem Feldwege von Bühl nah Affentbal, nachdem
e8 1856 durch ein neues erſetzt worden.
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bi3 dahin fei er mit Stroh gedeckt geweſen, folle aber jego mit einem
Ziegeldacd repariret werden“. Ein Schreiben von 1613 bejagt, es
hätten die von Winded den Pfarrplat (Garten?) vor Zeiten ver—
äußert, ihre Erben aber im genannten Jahre benjelben der Gemeinde
reitituiren müjjen. Nach einer Relation von 1704 „ilt der Pfarr:
hof, jowie dad Kaplaneigebäude, mit dem Fleden und der Kirche
in den eriten Jahren des dreigigjährigen Kriege8 (1622) durch die
Kroaten völlig abgebrannt worden“,
Sm Sahre 1623 wurde bereit3 über die Erbauung eines neuen
Prarrhaujeg verhandelt, allein da die Regierung, die Zehntherren und
die Kirchipielögemeinde ſich nie einigen fonnten oder wollten, jo wurde
der Neubau dur zwei Jahrhunderte hindurch immer „auf befjere Zeiten“
verijhoben (von 1623 bis 18101). Die Piarrgeiftlihen mußten während
diejer Zeit in Privathäufern Wohnung juchen !. Seit 1730 beitritt
die Jeſuitenreſidenz Ottersweier die Kojten der Miethe für ben von
ihr gejegten Pfarradminijtrator. Pfarrer Molitor, der nah Auf:
bebung der Nefidenz zum Pfarrer von Bühl ernannt worden, „weigerte
ih abjolut, den Hauszins zu bezahlen, und hat aud) erpreß feinen
bezahlt bi zu jeinem Tode“ (1789).
Sein Nahfolger Geene (von 1789 bis 1799) jeßte die Klagen
und Beſchwerden wegen des Pfarrhausbaues fort, „konnte aber nicht
anders Wohnung finden, als er bezahlte alljägrlih an Herrn Knaps
33 Gulden.” Pfarrer Be aber, der 1800 die Pfarrei erhielt, betrieb
den Pfarrhausbau mit aller Energie. Nachdem er im Namen der
Pfarrei wegen der Baupflichtigkeit mit den Zehntnießern und der Ge—
meinde zwei langwierige Procefje geführt, die in letzter Inſtanz zu
Gunjten der Pfarrei entjchieden wurden, bradte er den Neubau zu
Stande und konnte 1810 das Haus beziehen.
ı In einer Borftellung der Gemeinde Bühl an die marfgr. Regierung wegen
Erbauung eines Pfarrhbaufes de anno 1730 heißt es: „Der verorbnete
Pfarrer bat wider alle Decenz, beſonders für einen Religiofen, in denen Wirt 8
bäuferen logieren, und barinnen feine Koſt nehmen müſſen, ja faum jolche füglich
haben können, indem es nicht eines eben Gonvenienz, ein Anderer aber nicht im
Stand ift, dergleichen Koftgänger zu haben, dem Pfarrer hingegen ebenfowenig ans
Rändig, noch zugemuthet werden kann, joldhyergeftalten im Flecken herumzuwandern,
und jo inecommod contra decorum ac statuta Societatis (Jesu) zu leben,“ Zehn
Jahre jpäter, 1740, „als dem Pfarrherrn Koft und Quartier von jeinem Haus:
bern, Kaufmann Peter Stolz, wegen jonftiger Benöthigung aufgefünbigt wurde“,
fam ber Pfarrhausbau abermals in Anregung, ebenfo 1761 bei ber Kirchen:
vifitation; 1779, wo bie Gemeinde im gleicher Angelegenheit beim Marfgrafen petitio=
nirte, „aus Furcht, den angehäuften Hauszins des Pfarrers Molitor endlich zahlen
zu müſſen“. PfarrsRegiftratur.
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Der Bau de3 neuen keineswegs jehr geräumigen Pfarrhaujes
foftete mit Einfluß der Nebengebäude die für jene Zeit fajt unglaubliche
Summe von 13,000 Gulden. E3 nimmt mit der Zubehör einen Flächen:
raum von 4 Are 68 TMeter ein, ijt ziemlich jolide gebaut und hat
eine prachtvolle Ausſicht auf den nahen Kloßberg. Die Zubehör
beiteht in einem Hofraume mit Scheune, Brunnen und Waſchhaus, nebit
einem Eleinen Gemüjegarten.
Schule und Schulwejen.
Die Nachrichten über die hiefige Schule in früheren Jahrhunderten
find fehr jpärlid. Zum erjten Male findet jih Schule und Schulmeiſter
dahier urkundlich im Jahre 1531 erwähnt. Da die Zeit ded Bauern
frieges und die damaligen religiöfen Wirrjale überhaupt nicht darnad)
angethan waren, Schulen zu errichten, jo dürfen wir mohl annehmen,
daß eine jolde jhon vor der Zeit der Kirchenſpaltung dahier be—
ſtanden habe.
Die hiefige Schule wurde, wie es auch anderorts meiſtens ber
Fall war, zum größten Theil au kirchlichen Mitteln unterhalten.
Nach der erwähnten Urkunde von 1531 jtand die Hälfte der Kreuz-
pfründe dem Schulmeifter zur Nußniegung zu, wie aud bie Schul:
matte im Stödich, die ein Eigenthum diejer Pfründe war. Im Jahre
1601 Elagte der Schultheiß und das Gericht dahier, „daß die Schuel
wirklih in Abgang gerathen, und ein Schulmeijter bishero mit dem
Schulgeld fi nicht wohl ausbringen möge”. Das Ortsgericht wolle
darum, da die Kaplanei fijtirt jei, den Ertrag der Kreuzpfründe dem
Schulmeijter zuwenden, „damit man einen joldhen gemeinen Nutzens
und der Jugend zum Beten erhalten könne“ 1,
Im Jahre 1609 war die Schule wieder bejegt, da der Schul:
meilter als Nußnießer der Schulmatte angeführt wird. Um 1653
jcheinen bereit? zwei Schullehrer dahier angeltellt gemejen zu fein,
da ein Johann Adam Eifenjhmied als Archigrammaticus (Ober:
jhulmeifter) angeführt wird. Ein Verzeihniß der Bühler Schul-
meiitergefälle von 1689 ift unter den Pfarracten erwähnt, befindet ſich
aber nicht mehr in der Regiftratur. Nach dem Kirchenviſitations—
protofoll von 1761 war an der hiefigen Schule ein Ober: und ein
Unterjhullehrer (Präceptor). Der angeltellte Schulmeijter wohnte im
Schulhaus?
18, Stolz, Urkundenfammlung.
? Im orlcans’ihhen Kriege anno 1689, wo fait ber ganze Flecken verbrannte,
ging auch das Schulhaus in Flammen auf. Das Haus fonnte aber, ba bie Ge:
107
Außer den Gütern und Gefällen der Meßnerei, ben Bezügen aus
dem Kirchenfonde (für geftiftete Aemter und bergleihen) und dem Ueb—
lihen bei Caſualien, erhielt er an Schulgeld woͤchentlich 2 Kreuzer
von jedem Schüler. Es jollte etwa zwanzig Wochen im Jahr ge:
ſchult werden; nad Oſtern, wo bie Feldarbeiten anfangen, war mit
dem Schulbalten nit mehr viel zu thun. Das Schulgeld für bie
armen Kinder (für einen Schüler etwa 40 Kreuzer im Jahr) wurde
dem Schullehrer aus dem Almojenfond bezahlt.
Seit Anfang des vorigen Jahrhunderts lernten aud die Mädchen
ihreiben, wie aus ben jpäteren Frauen-Unterjchriften in den Kirchen:
büchern fi ergibt. Schuljtrafen fommen jeit etwa 1750 vor und
fielen dem sSHeiligenfonde zu. Im Anfange gegenwärtigen Jahr—
hundertS wurde noch ein zweiter Unterlehrer angeitellt bei einer
Schülerzahl von 250 big 280 Kindern, und im Jahre 1836 eine zweite
Hauptlehrerjtelle gegründet. Das Einkommen bes erjten Hauptlehrers
betrug damald mit der Meßnerei 637, das bes zweiten: 423 Gulden.
Am Sahre 1863 wurde die bisher einfache Volksſchule in eine er—
weiterte verwandelt, nachdem das Beitreben ber Gemeinde, eine Höhere
Bürgerihule zu erhalten, theild wegen Mangel der erforderlichen
Räumlichkeiten, theils aus andern Gründen, nicht hatte realifirt werden
fönnen. Zu gleicher Zeit wurde eine zweite Unterlehrer- und
1873 eine dritte Hauptlehrer-Stelle erridtet. Seit 1869 ift
die erweiterte Volksſchule von der einfachen getrennt, wird aber von
dem eriten Hauptlehrer und erften Unterlehrer bejorgt. Gegenwärtig
zählt die einfache Volksſchule etwa 350 Schüler, 3 Hauptlehrer und
3 Unterlehrer, die ermeiterte Schule aber nur beiläufig 50 Schüler.
Die Gemeindebehörde hat ſchon feit mehreren Jahren, die Wichtigkeit
einer guten Jugendbildung erfennend, und bemüht, diefe auf jede Weile
zu heben, die geſetzlichen Gehaltäbezüge der einzelnen Lehrer durch be—
fondere Remunerationen erhöht.
meinde durch bie fortwährenben Kriegsleiden und Kricgslaften in gänzlihe Armuth
geratben war, erft im Jahre 1701 in Bau genommen werben. Zur Förderung bes
höchſt nöthigen“ Schulhausbaues bittet nun die Bürgerfchaft in einer Eingabe vom
18. September genannten Jahres ben Markgrafen, ihr alte 1688 an bie Truppen bes
ſchwäbiſchen Kreijes gemachte Lieferungen in Wein, Frucht, Vieh, Heu und Strob,
Alles berechnet zu 980 Gulden, vergüten Iafjen zu wollen, „da fie dejien zu dem Baue
höchſt bedürftig fei, auch verhoffe, bas neue Schulhaus werbe bem jFleden zur Zierbe
gereichen“. Diefes Schulhaus fand an ber Stelle bes jegigen. Im untern Stode
war bie fog. Hanflaube, b. b. das Lofal für ben Hanfverfauf an den Marfttagen,
im obern bie Schulftube und die Schulmeifterswohnung. Das gegenwärtige,
vierftödige, fehr freunblihe Shuls und Rathhaus wurde 1824 unter dem Vogte
(Bürgermeifter) Buhl erbaut und 1867 bebeutend erweitert.
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Eine felbitändige ifraelitifhe Volksſchule beiteht bier jeit
1834 mit etwa 40 Kindern unter einem Hauptlehrer. Eine Gewerbs—
ſchule ijt ebenfalls ſeit 1834 eingerichtet. Sie zählt beiläufig 30 Schüler
in zwei Klaffen, und wird (Sonntags und Montage) von 3 Neben:
lehrern bejorgt. Im Sahre 1869 wurde dahier für den Kreis Baden
eine landwirthſchaftliche Winterfhule? eröffnet. Die In duſtrie—
ſchule für die meibliche Jugend bejteht jeit 1820. Eine Kleinkinder:
bewahranjtalt wurde 1861 errichtet, und ijt, wie auch die Induſtrie—
ihule, von 1868 bi8 1877 zur Zufriedenheit der Gemeinde von einer
Vincenzſchweſter bejorgt worden.
Seit dem 1. Januar 1877 iſt in Folge des neuen Schulgeſetzes
die ſeitherige iſraelitiſche Volksſchule mit der Hriftlihen zur Communal—
ſchule vereinigt, an leerer ein ifraelitifher Lehrer angeftellt, und In—
duſtrie- und Kleinkinderſchule, im Locale ber bisherigen ifraelitifchen
Volksſchule, einer weltlichen Lehrerin übergeben. Eine Privatſchule,
hauptjählih zur Erlernung fremder Spraden, bejteht hier jeit dem
Sabre 1863,
Spital und milde Stiftungen.
Für Unterftüßung der Armen und Pflege der Kranken war in
biefiger Gemeinde durh eine Almofenpflege, ein ſog. Gutleut-
haus und ein Spital gute Fürjorge getroffen. Genauere Nachrichten
über dieſe Anftalten fehlen uns leider, „weil in denen bie bevorigen
land3verderbliden Kriegsläufen (befonderd anno 1689) die Brief’
und andere Acta verloren gegangen” ?. Am Bühler Abſcheide von
1574 wird bejtimmt: „ES jollen aud) die Spitalpfleger desjelben
Einkommens und aller ihrer Adminiftration halber jährlich beiden
ihren Herrihaften guet Rechnung thun, und hinfüro allweg, jo ein
Marfgräfiiher vier Jahr in Verwaltung ſolchen Amts gemwejen, nach—
mal3 einem Windedijchen dasjelbe zwei Jahr lang befehlen, aljo ab:
wechjelnd.”
Das Gutleuthaus, bereit3 1508 erwähnt, ftand vor dem untern
Thore am „armen Graben”, und war zur Abfonderung und Pflege
ſolcher Leute beftimmt, die mit anftecfenden oder unheilbaren Krankheiten
behaftet waren. Im Jahre 1628 befand ſich dasſelbe bereit3 in Ab
gang (mohl durch den Ortsbrand von 1622). Die noch übrigen wenigen
Kapitalien, Grundjtüde und Gefälle kamen an bie Spitalpflege.
I Bericht über bie landwirthſchftl. Kreis:Winterfchule zu Bühl im Winter
1869/70. (Bühl, Röger, 1870.)
2 Renov. ber Almojengefälle von 1722,
109
Zum Gebraude für Gefunde und Kranfe beitand Hier auch eine
Baditube, am Mühlbadh gelegen im Hänferborf, wo ein Meifter
Bader oder Scherer „mit Baden, Scheren, Abderlafjen, Schröpfen und
anderem guten Rath” die Leute bediente. Im Jahre 1558 wird ala
jolder dahier genannt Meijter Hanns Riefflin.
Das Spital, Hauptjählich für Gebrechliche und Solche bejtimmt,
die feine anſteckenden Krankheiten hatten, lag mitten im Flecken, hinter
dem Rath und Schulhauje, an der Billot. Zu Anfang des vorigen
Jahrhunderts umfaßte basjelbe die Wohnung des Spitalvaterd, die
Armenjtube und noch zmwei Krankenftuben. Im Jahre 1790 wurde e3
bedeutend vergrößert. Nah der Nenovation de Lagerbuchs des
Spital3 und Gutleuthaufes von 1767 bejaß das Spital, außer den
wenigen ehemaligen Gutleuthaus ſtücken, an eigenthümlihen Gütern
das Haus mit Scheune und Stallung, das Spitalgut im Steinloch
und die Spitalmatte im Steinfeld, und an Kapitalien 4500 Gulden.
Der Spitalvater, welder das Hausmejen und den Wärterdienit
im Spitale zu bejorgen hatte, bezog außer jeiner freien Wohnung an
Gehalt jährlih 25 Gulden von der Gemeinde und 4 Gulden aus der
Almojenpflege. Er handhabte zugleih auch als Bettelvogt die
Armenpolizei, hatte 3. B. jeden Freitag Vormittag die Armen durch den
Flecken zu begleiten, mo diefe unter Voraustragung eines Kreuzes und
Abbetung des Roſenkranzes vor den Häufern ihre Almojen in Empfang
nahmen.
Die Almojenpjlege war zur Unterftügung der Hausarmen be:
jtimmt ?, Als Eigengüter werden genannt die Erlenmatt und bie
Almojenmatt auf den Sandmatten (zujammen 1 Tauen), melde der
Pfleger als Remuneration zu benügen hat. Die Kapitalien waren nicht
jehr bedeutend, ebenjo die Gültbezüge.
Spital und Almojenpflege bejtunden bis 1838 als Bezirksfond,
woran die zwölf Gemeinden de3 ehemaligen altbadiihen Amtes Bühl:
Großmeier Antheil Hatten, nämlih Bühl, Großmeier, Altichweier,
Bühlerthal, badiſch Hatzenweier, Herrenwieſe, Hundsbach, Kappel: Winde,
Neuſatz, Oberwaſſer, Unzhurſt mit Breithurſt und Waltmatt. Bei der
Vertheilung des Vermögens beider Fonds unter die genußberechtigten
Gemeinden fielen der Gemeinde Bühl 5438 Gulden vom Almoſen-, und
5518 vom Spitalfond zu ?, welche ſeitdem als vereinigter Spital—
und Almoſenfond verwaltet werden, und deren Zweck die Unter—
ı 2. Stolz, Urkundenſamml. Oberrh. Ztſchr. XXVII, 109. Reg. 174.
2 Renovationen ber Gefälle derſelben von 1663, 1722 und 1767,
® Kreisgeriht3:Befhlug vom 23. März 18383,
110
ftügung und Verpflegung armer chrijtliher Einwohner der biefigen
Gemeinde iſt. Das jeitherige Spitalgebäubde wurde im Jahre 1841
um 600 Gulden für die Gemeinde erworben !.
Dad neue Spital in der Rheinſtraße wurde, da das alte im
Raume längit zu beſchränkt war, 1864 um 4800 Gulden von der Ge—
meinde angefauft und deſſen Leitung jeit dem 1. Jänner 1866 den
Schweſtern vom 5. Kreuz aus Ingenbohl übertragen. Der gegen-
wärtige Vermögensſtand des vereinigten Spital: und Almojenfonds
beläuft jih auf 38,372 Mark.
An andern milden Stiftungen beitehen hier noch der jog.
Jäckel'ſche Fond, duch lektwillige Verfügung de Handelsmanns
Franz Joſef Jäckel (geitorben 23. April 1829) mit 4000 Gulden ge—
gründet, deren Zingerträgnig theil3 zur Unterftüßung von Haußarmen,
theil3 zur Bejtreitung des Lehrgeldes armer Handmwerkälehrlinge verwendet
werden jol. Der Waifenfond zur Pflege verwaister und verwahr-
loßter Kinder, durch die Bemühungen des Stabtpfarrerd? Zimmer:
mann im Jahre 1853 von verjchiedenen Wohlthätern gejtiftet, deſſen
Vermögen in 6964 Mark beiteht. Endlih die Friedrich-Luiſen—
ftiftung zur Unterftüßung armer Erjtcommunicanten, von Stadt und
Bezirk Bühl, im Jahre 1856 bei Gelegenheit der Vermählungsfeier des
Großherzogs gegründet, welche ein Vermögen von 1824 Mark beſitzt.
Der Bauernaufſtand zu Bühl und in der Nachbarſchaft?.
Schon jeit dem Schlufje de 15. Jahrhunderts Hatten fi in ver:
ihiedenen Theilen unferes Landes, namentlih im Kraihgau, Breis—
ı jiber das alte biefige Spital und feine Einrihtung vgl. Volz, Das
Spitalwefen und bie Spitäler im Großh. Baben, 319. 478,
? Die Schriftftüde über den Bühler Bauernaufitand von 1514 hat H. Schreiber
in einem jeßt felten gewordenen Büchlein (Der Bundſchuh zu Leben und ber
arme Gonrab zu Bühl. Freib. 1824) veröffentliht. Die Darftellung, welche er
von ben Borfällen gibt, ift in manden Punkten ungenau, weil nicht chronologiich
geordnet. Die Drig. der Schriftftüde beſitzt das Stadtarchiv zu Freiburg. Es
find fieben Stüde: 1) Die „Artifel und Anſchläg“ bes Gugel:Baftian
und Genojjen, worin fie Freiheit oder Milderung begehrten, (Ohne Dat.) 2) Ein
Schreiben bes Marfgrafen Philipp von Baben an ben Rath ber Stadt
Freiburg, worin er dem Rathe im Namen feines Vaters für bie Gefangennehmung
bes Gugel-Baftian dankt und zugleich bittet „um bejien Inquirirung und Bericht
feiner böfen Handlung“. Dat. Baden, auf Mittwoh nah Afjumpt. Mariä (16. Aug.)
1514. 3) Eine Rüdantwort des Marfgrafen auf ben Bericht bes
Rathes von Freiburg. Dat. Baden, auf Freitag nady Affumpt. Mariä (18. Aug.)
1514. 4) Ein Dankſchreiben des Markgrafen an den Rath von Frei:
111
gau, Kleggau und Hegau, bäuerifche Verſchwörungen und Aufjtände
gezeigt. Auch in der Markgrafihaft Baden regte ſich unter dem Land:
volfe große Unzufriedenheit. Die Servitute der Leibeigenſchaft
lajteten nämlich ſchwer auf dem gemeinen Manne. Dazu kam nod, daß
die Negierung durh neue Zölle für Frucht und Wein, durch eine
neue Erbordnung, wonad ein Chetheil den andern nicht erben
jollte, durh Hegen des Wildes für die hohe Jagd, durch über:
mäßiges Frohnen und andere das alte Herfommen angreifende Ord—
nungen die Unzufriedenheit der Unterthanen reiste.
Diejed benügte ein unruhiger Kopf und Abenteurer, Sebajtian
Gugel, Hinterfaß von Bühl und auf der jog. Heſſenbach jehhaft,
zur Anzettelung einer Verſchwörung gegen die Herrſchaft. Durch Trotz
und Auflehnung wollten fie „die alten Nechte” und Erleichterung der
bäuerlichen Lajten erlangen.
E3 war am 7. Juni 1514, al3 der markgräfliche Vogt (Amtmann)
Hanna Vollmer die gewöhnlihe Frohn in dem herrſchaftlichen
MWiejengelände Hartgraben bei Riedersbach anordnete. Dazu wurde
auh der Gugel-Baſtian aufgeboten; derjelbe traf aber mit zwei
jeiner Genojjen erſt nad 10 Uhr ein, als die Heuarbeit bereit gethan
war. Bis dahin hatte er mit jeinen Gejellen im Wirthshauſe gejejien
und fih ungejheut grobe Schmähungen gegen den Vogt und die Re—
gierung erlaubt. Jörg Melder und Schneider Benz, beide Vier—
männer in Bühl, jtellten ihn wegen jeiner VBerfäumniß zur Rede; Gugel
drohte mit Schlägen und fuchte auch die andern Frohner einzufchüchtern.
Yeiht ließ fich vorausjehen, daß ein ſolches Betragen nicht ungejtraft
hingehen werde; indefjen warb der Verwegene noch mehr Geſinnungs—
genojjen und machte mit ihnen „einen Anſchlag“.
Am Dreifaltigkeitsjonntage follte e3 losgehen. Mit einer
großen Schaar feiner Gejellen (bei jechzig) zog Baltian mit Trommlern
und Pfeifern vor die Vogtei. Er rief troßig dem Amtmann hinauf,
ob er etwas mit ihm wolle, und ob er ihn und feine Genofjen wegen
burg für das von biefem überjandte Inquifitionsprotocoll des Gugel-Baftian. Dat.
Baden, auf Dienftag nad Nativ, Mariä (12. Sept.) 1514. 5) Eine Inftruction
des marfgr. VBogtes Hanns Vollmar zu Bühl, an den Schuldheißen
und das Gericht dafelbft, wie fie in Betr. des Gugel in fieben Punkten „der
Wahrheit Kundſchaft erheben follten“. Obne Dat. 6) Das amtlihe Zeugen:
verbör wider Gugel:Baftian, „ber ber arm’ Kung zu Bühel gewejen tft“,
erhoben und befiegelt von Berg-Glaus, dem jungen, Schulbheiß zu Bühl, und bem
Gericht daſelbſt. Dat. Bühl, auf den Samftag nad) St. Bartholmes, bes heil. Zwölf:
boten (26. Aug.) 1514. 7) Verbör des Gugel:Baftian zu Freiburg und
Urtheilsfprud. Dat. Freiburg, auf Donnerftag nad Franzisci (5. Oct.) 1514.
112
des unterlafjenen Frohnens trafen werde. Dann zogen fie, da ein
Regen einfiel, unter Drohungen weiter, in die nächſten Dörfer, um noch
mehr Anhänger zu jammeln.
Auf den Abend dieſes Tages jollten Alle, die e8 mit Gugel—
Baſtian hielten und „ihre alten Nechte” wieder wollten und die „neue
Drdnung“ helfen abthun, auf dem Wiejenplaß bei der Heſſenbach zu
Bühl eintreffen. Als es bämmerte, fand fich daſelbſt auch eine große
Menge Mipvergnügter und Neugieriger ein. Gugel:Bajtian wollte
jih da ald einen neuen armen Konrad, al3 einen neuen Heiland
der Bauernjhaft aufwerfen. So Hatte fi nämlich vor einiger Zeit
ein Bauernbund im Würtembergiichen genannt, nad jeinem Stifter
Konrad, wobei man tendenziös das MWortjpiel machte: „Dem Armen
fein Rath“ (koan Rat).
Gugel-Baſtian hielt nun eine Anjprahe an die Verjammelten
und forderte fie auf, ihm Xreue zu leijten. Dabei 309g er einen Ning
und forderte die Anmejenden auf, Hineinzutreten und ihm zu ſchwören.
Da die Keiner thun wollte, rief er: „Wer mit mir einverjtanden ijt,
der joll die Hand aufheben.” Die Einen thaten ed, die Andern nicht.
Bei jo getheiltem Vertrauen ſchlug er vor, zwei Männer in jeinen Rath
zu ziehen, einen von Bühl und einen von Altjchweier, „die ihm
fürder rathen jollten, wie er ji zu halten habe“. Auf das wählte er
den Yuden=Claus von Bühl und den Jünger-Bernhard von
Altſchweier zu Rathgebern.
Der Erſtere gieng ganz auf Gugels Geſinnungen ein und rieth
namentlich, demnächſt nach Achern zu ziehen und dort die Mehlwage
zu zerſchlagen, alsdann würden die Acherner 400 Mann ſtark mit ihnen
herabziehen und den Blewelbacdh ausfiſchen helfen, wie fie bereits
diefer Sade einig geworden wären. Der Jünger-Bernhard aber
jtimmte einen andern Ton an; ihm dünke der ganze Handel nicht gut,
jeine Meinung ei, ihre Bejchwerden zuvor an ihren gnädigen Herrn,
den Markgrafen, und an den Vogt ald gütliches Anſuchen zu bringen.
Diejem bejonnenen Rathe neigten die Meijten fich zu, und die Verſamm—
lung verlief ji, ohne daß ein bejondered Reſultat erzielt worden wäre,
Nur Einzelne gaben dem Bajtian die Treue, „bei ihm zu jterben und
zu genejen“.
Am Montag und Dienjtag zogen nun dieje abermald unter
ZTrommelihlag und Pfeifenklang in den benadbarten Dörfern umher,
1 Der Theil der Billot und des Mühlbaches, an dem die Stampfen (Blaulen)
ber Hänfer jtanden, bieß Blevelbad. Bleuel = malleus, ein furzes, breites, flaches
Hol; zum Stoßen.
113
fuchten die Unzufriedenen für ihre Pläne zu gewinnen und ihre Anzahl
zu verftärken, um die Sache gemeinjam zu einem gewaltjamen Ausbruch
bringen zu können. Das Signal der Empörung jollte da3 eigen:
mächtige Augfifchen der Billot fein. Diejer Bad war jeit Menjchen-
gebenfen ein der Herrichaft gehöriges Bannwaſſer und murde jährlich
um einen bejtimmten Zins zum Augfiihen vergeben. Gugel:Bajtian
aber behauptete, der Bach fei eine Almende, und das Fiſchrecht ein
Gemeinderedt. Auf Mittwoh vor dem Frohnleichnamstag
(14. Juni) jollte der Kramall losgehen.
Am Dienftag früh begab fih Gugel-Baftian zum Bürgermeifter
von Bühl, Klaus Frank, welder ſchon bei vierzig Jahren diejes
Amt bekleidete, und „von der Gemein’ wegen viel gehandelt”. Er jtellte
an ihn da Begehren, durch die Bürgergloce die Gemeinde verfammeln
zu lafjen. Es jei der im Bühlerthal und zu Altſchweier Wille
auch, denn es jeien einige Artikel, die man der Gemeinde vorhalten
wolle. Der Bürgermeijter gab ihm eine abſchlägige Antwort. In kurzer
Zeit fam Gugel wieder mit dem nämlichen Begehren, und war un:
geitümer als zuvor. Der Bürgermeifter ermwiederte, er wolle zuerjt die
Meinung der Heimburgen von Kappel, Altſchweier und Bühlerthal
vernehmen.
Jener eilte nun in's Bühlerthal, nah Altihmweier und
Kappel, und wußte auch an den zwei erſten Orten die Heimburgen
und Bierleute zu veranlajjen, daß fie die Gemeinde verjammelten, um
deren Bejchwerden zu vernehmen, die fie morgen (Mittwochs) in Bühl
anbringen jollten. Der Heimburge von Kappel dagegen, Körg Rapp,
gab dem Agitator einen abihlägigen Beſcheid.
In Bühl jelbjit war diejer von Haus zu Haug gegangen, um für
jeine Mühlerei zu werben. Die Unentjchiebenen fuchte er durch Drohungen
einzufchüchtern, andere durch Vorfjpiegelungen zu gewinnen; jo 3. B.
drohte er den DBierleuten Schneider Berti, Aörg Melder, Hanns
Trutz und Klaus Falk mit Demolirung ihrer Häujer, wenn fie nicht
mithielten; ebenjo jeinen Nachbaren Behtold Guder und Hanns
Holdermann; aber bei den Meilten fand er wenig Anklang.
Indeſſen waren doch des andern Tags, am Mittwoh (14. Juni),
viele Bauern aus dem Bühlerthale, aus Altſchweier, Kappel
und andern Orten der Nahbarihaft in Bühl zufammengefommen,
theil3 weil fie eingejhüchtert worden, theild weil fie Abhilfe für ihre
Beihmwerden hoffen mochten. Gugel-Baftian ließ ſich dieſe vortragen.
Sie beitanden in folgenden acht Punkten: 1. Daß Jeder, jo in jeinem
t „Artikel und Anjchläg des Gugel-Baſtian“ x. Nr. 1.
Archiv. XL. 8
JJ
114
Weingarten vom Wilde gejhädigt jei, Macht haben follte, ſolches
zu jhießen, zu fangen oder ſonſt umzubringen, e3 für fi) zu behalten
oder dem Vogte zu verehren, ohne als Frevler zu gelten. 2. Die
neueingeführte Erbordnung, wornad ein Ehegemahl da3 andere
nicht erben kann, ſoll abgethan werden. 3. Es jolle Einer ungejtraft
ein Ejjen Fiſch aus dem Bade fangen bürfen, wenn jeine Haus—
frau guter Hoffnung wäre 4 Am Zolle zu Steinbach und Bühl
joll man, wie vor Jahren, vom Fuder nur 6 Pfenninge geben und nicht
wie jeßt, 5 Plapert. Und jo Einer etwas Wein in’3 Ried? führt,
für den Hausbedarf jeiner Freundſchaft, daß er das ebenſo wenig zu
verzollen habe, wie die ruht, jo er taujchweife für gelieferten Wein
aus dem Ried bezieht. 5. Daß man den Futter-Hafer im Stein:
bader Amt ringern und nicht mehr jo viel geben wolle, als bisher.
b. Dap die Nüggerichte nicht mehr jo jcharf fein jollten, und daß
ein guter Nachbar den andern „in brüdigen Händeln“ nit angeben
müßte. 7. Sollen die Gültbriefe todt und ab fein, wenn fie jo
lange geitanden, daß dad Hauptgut abgenußt fe. Endlich 8. jolle die
Frohn im Hartgraben abgethan jein, oder man wolle ihnen die
Waid um den Zins davon überlafjen.
Man jieht Hieraus, dag die Forderungen der Bauern nicht
gerade unbeſcheiden, und ihre Beſchwerden in manden Punkten
wohl begründet waren. Hierauf wurde zur Demonjtration gemeinjam
dag Ausfiihen des Bühler Baches vorgenommen, und der marfgräf:
lihe Vogt mußte diejen Eingriff in da3 herrichaftlihe Recht unge:
hindert vor fich gehen lajjen, da die Menge zu groß und er von allen
Hilfsmitteln entblößt war. Denn, verfiherte Gugel-Baſtian, hätte
ihnen der Vogt das Fiſchen wehren wollen, jo hätten fie nichts um ihn
gegeben, jondern Gewalt gebraudt! Es wurbe überhaupt be:
ihlofjen, gegen Jeden Gewalt zu brauden, der ihnen die Handhabung
ihrer alten Rechte vermehren wollte.
Dur diefen Erfolg ermuntert, dehnte Gugel feine Agitation
immer weiter aus. Schon war eine VBerjammlung von mehr als
800 Bauern aus der Markgrafihaft und andern Herridaftägebieten
auf einen bejtimmten Tag angejagt, melde in dem Walde beim Dorfe
Oehnsbach oberhalb Achern jtattfinden jollte, al Markgraf Philipp
duch einen plöglichen Überfall den Flecken Bühl und das Bühler:
thal mit jeinen Truppen bejeßte. Dadurd war die Verſammlung ver:
eitelt. Verſchiedene Bauern murden gefangen genommen, die Andern
1 Die drei Dörfer Ottersdorf, Wintersdborf und Blittersborf in ber
Rheinebene bei Naftatt bilden das Ried.
115
eingeſchüchtert; der Aufmwiegler jelbit rettete fich durch die Flucht,
warb aber nad mehrwöchentlichem Umpherirren im Gebiete der Stadt
Freiburg gefangen genommen.
Hier nun wurde ihm, nadhdem am 26. Auguft vor dem Gerichte
zu Bühl das Zeugenverhör vorgenommen war und er jelber ein offenes
Geſtändniß abgelegt hatte, der Prozeß gemadt. Unterm 12. September
bittet der Markgraf die Stadt, „jie möge von Obrigfeitwegen gegen
den Bajtian gebührende Strafe fürnehmen, wie es ihr nach Gelegen—
beit der Sache ziemlich und recht bebunfe, und ſolche nad ihrer Orb-
nung vollziehen lafjen, damit das Ülbel geftraft werde”. Am 5. October
wurde der Gefangene zur Enthauptung verurtheilt, „weil er Ufgelauf
und Conjpiration gemadt”. Das Urtheil vollzog man auf des Mark:
grafen bejonderen Wunſch an Gugel erit „nachdem jeine Hausfrau
eines Kindes genejen“.
So hatte der Rädelsführer jeine Verwegenheit mit dem Leben be=
zahlen müfjen. Die Beſchwerden der Bauern aber blieben, und ber
Funke der Unzufriedenheit glimmte unter der Ajche fort. Am Sommer
1517 fanden neue VBerfammlungen von Mifvergnügten auf dem Kniebis
itatt, und das Jahr 1525 fachte den Funken zur hellen Flamme an,
im berüchtigten Bauernfriege, welcher auch in unjerer Gegend viele
Wirrjale und manderlei Gräuel hervorrief.
Religionsichidjale und Firhliches Leben während des
16., 17. und 18. Jahrhunderts,
Zur Zeit der Kirhentrennung und in der nädjtfolgenden Zeit
theilte Bühl im Allgemeinen die Schidjale der baden=badijchen Ort:
ihaften überhaupt. Al Markgraf Philipp bald nah Luthers Auf:
treten die neue Xehre in feinen Landen offen begünftigte, die Priejterehe
und ben Laienfelh gejtattete, da fand das „neue Evangelium“ bald
auch in Hiefiger Gegend feine Anhänger und vermwirrte Manchen die
Köpfe. Die allenthalben gepredigte „Freiheit des Chriſtenmenſchen“
fam gerade recht, um dem nocd immer glimmenden Funken des Aufruhrs
und der Empörung, welcher durch die gewaltjame Unterdrüdung des
Gugel:-Aufitandes nicht erſtickt worden war, auf’3 Neue anzufachen.
In der Oſterwoche von 1525 fammelten fi in Bühl und Stein
bad große Haufen bewaffneter Bauern aus den umliegenden Dörfern,
zeritörten das marfgräflide Schloß Yburg und plünderten die Abtei
Shwarzadh!. Da der Markgraf diesmal den Weg der Güte betrat
ı Näheres bierüber vgl. Freib. Kirchenbl. 1873, Nr. 48 u. 49: Die Res
ligionsfchidjale im Amte Bühl.
8*
116
und mit den Aufſtändiſchen unterhandelte, jo wählten biejelben den
Schuldheißen von Bühl, Wolf Tucher, zu ihrem Abgeordneten. Die
Berhandlungen mit dem hieſigen und dem obern ortenauiihen Bauern:
haufen wurden von Seiten der ortenauiichen Herridhaften und den Ver:
tretern der Bauernihaft zwijchen dem 21. und 25. Mai zu Nenden
geführt, und fanden in den jog. zwölf Bauernartifeln ihren
Ausdrud,
Hinfihtlih der Religion verlangten die Unterthanen, daß bie
Pfarrer, deren Anjtellung und Entlajjung von den Orts—
geritten abhängen ſoll, dem Volfe das Wort Gottes „lauter und
unverdunfelt” zu verkünden haben, und fih in ihren Predigten halten
jollen „nah Form und Regel der Verkünder des göttlichen Worts“
(d. h. der lutheriichen Prädicanten)!. Da indejjen die Artikel bei ber
Ausführung manderlei Hindernifje fanden, jo ward auf einer Ber:
jammlung zu Bühl am 8. November 1525 eine neue Bereinbarung
zwiſchen den Herrihaften und Etlichen von der ortenauijchen Ritterichaft
abgejchlofien 2.
Die Neformation und die Wirren des Bauernfrieges vertrieben
manden Geiftlichen, der ſich nicht fügen wollte, von jeiner Pfarrei. So
iheint e8 aud dem damaligen Pfarrer von Bühl, Heinrih Unz,
ergangen zu jein, der ſeit 30 Jahren als Frühmeſſer und Pfarrer da=
jelbft gewirkt hatte. Nach 1525 finden wir ihn zu Dttersmeier als
Beneficiat der St. Michaelspfründe, als welcher er auch dajelbit jtarb.
Daß gegen Ende der zwanziger Jahre in Bühl der proteſtantiſche Cult
bereit3 vollftändig eingeführt war, erhellt 3. B. aus Zunftbeſcheiden
jener Zeit, worin bezüglich der Sonntagsheiligung nur von der vor—
mittägigen Predigt die Rede it, während erſt 1533 wieder Meſſe
und Amt erwähnt werden.
Da Markgraf Philipp befanntlidh in den letzten Jahren jeines
Lebens ſich wieder der katholiſchen Kirche zumandte, jo mußten auch
die Pfarrer wieder dad Amt der Mejje fingen, die Sacramente nad)
altem Gebrauche |penden, Teittage, Falten und Geremonien beobadıten,
wie der „ernftliche Befehl“ (vom 21. Juni 1531) an den marfgräflichen
Vogt zu Bühl, Matthias Kirjer, lautete, der für Beobachtung dieſer
ı „Abrede und endbliher Bortrage zwifden ben Sammlungen
zweyer Hauffen in Drtenav vor Dffenburg und zwiſchen Bühl und
Steinbadh uffgerihtzu Renhen uff Ascensionis Domini anno XXV“.
Eine alte Gopie biefes Vertrages befindet fi no in der Pfarr:Regiftratur zu Neus
Tag, wahricheinlich vor Dttersweier dahin gekommen.
2 Abjcheib von Bühl, Zufak zum Ortenau: Vertrag, bat. 8. Nov. 1525.
Im Stabtarhive zu Straßburg.
*
117
landesherrlichen Anordnung ſorgen jollte!. Das war die erſte Gegen—
reformation in unjerer Gegend. Hierauf wieder Einführung des Prote—
ſtantismus unter Markgraf Bernhard Ill (1535 bis 1536). Nach
deſſen frühzeitigem Tode wurden fodann mwährend der Regierung der
baieriichen Vormundſchaft (1535 bis 1556) Land und Leute wieder zur
alten Kirche zurückgeführt — bereit die vierte Religionsände—
rung jeit dem Bauernfriege.
Al Markgraf Philibert 1556 felbjt zur Regierung gelangte,
jo begann er alsbald, „ein Amt nach dem andern zu reformiren“, da
er wie jein Vater, Markgraf Bernhard, dem Augsburgiichen Be—
fenntniffe zugethan war. Die Pfarreien wurden allenthalben mit prote=
ſtantiſchen Predigern bejeßt. Damals wirkte der Lutherijche Prädicant
Liborius Schlude als Pfarrer zu Bühl. Ein Georg Schlude
wird 1585 ald Pfarrer dahier genannt, mwahrjeinlih der Sohn und
Nachfolger des Vorgenannten?.
Daß um diefe Zeit auh die Wiedertäufer im Amte Bühl
ihr Unmejen trieben, erjieht man aus dem Abjcheide von 1563, worin
„ihre Austretung und Arreftirung ihrer Hinterlafienihaft“ dem da—
maligen Bogte Hieronymus Stemler aufgetragen wird. Dazu
famen nocd während diejer Jahre mandfahe Herenverfolgungen
in den Ämtern Bühl und Steinbach. Das Volk jcheint feinen
großen Eifer im Beſuch des Gottesdienftes und in Anhörung der Predigt
des neuen Evangeliums an den Tag gelegt, namentlich auch während
derjelben „Unfug“ getrieben zu haben mit Kaufen und Verkaufen, wo—
gegen im Abſcheide von 1569 ein „Iharfer Befehl“ erging ?.
Zum zweiten Mal kam die Marfgrafihaft unter die vormund—
ihaftlide Regierung von Baiern nah dem Tode Philiberts
1569 *. Der baieriiche Statthalter zu Baden, Otto Heinrid von
Schwarzenberg, rief die unter Philibert3 Negierung vertriebenen
katholischen Geiftlichen zurück und begann, mit Hilfe der Mijfionsthätig-
keit der Sejuiten, Land und Leute wieder zur alten Religion zurid:
1 Do wurde noch unter dem 1. April 1530 dem aus Bühl gebürtigen Pfarrer
zu Sandweier, Jakob Grenikh, ber lutherifch gefinnt und verheirathet war, nıarfgr.
Schutz gewährt. Vierordt, Reformationsgefchicdhte von Baben I, 325.
2 PfarrsRegiftratur zu Bühl; vgl. Oberrb. Ztſchr. XXVII, 114.
’ 2. Stolz, Urkundenſamml.
+ Die Alten aus der Zeit der baierifhen Vormundſchaften von
1936 bis 1556 und von 1569 bis 1574, welche ſich im Reichs-Archive zu Münden
befinden, und beſonders binfichtlich der katholiſchen Reſtaurationen in biefen Zeiten
viele Nachrichten über die baden-badiſchen Pfarreien enthalten, find bis jekt
noch nicht benußt worden.
118
zureformiren. Das Bolf aber war diejer vielen Religionswechſel
endlid müde geworden. Daher dürfen wir ung nicht wundern, daß
unter Anderen auc die Abgeordneten ber beiden Ämter Bühl und
Steinbad nad Münden das Anſuchen jtellten, „die Unterthanen bei
dem Augsburgiſchen Befenutnijje zu belafjen“, eine Bitte, welcher
natürlich nicht entiprodhen wurde. Bereit? um Oftern 1572 muß im
Sleden Bühl der katholiſche Eult wieder hergeſtellt gemwejen fein,
denn am 47. April wurde der um die Kirche liegende Gottesacer (und
wohl auch die Kirche jelbjt) neu eingeweiht (reconciliirt), wie bie
Inſchrift am alten jteinernen Kirchhofkreuz bejagt.
Als 1574 der majorenn gewordene Markgraf Philipp II, ein Sohn
Philiberts, zur Regierung gelangte, errichtete er alsbald ein Eonfiftorium,
um fein Land von den an manden Drten ſich noch vorfindenden Reſten
de3 Protejtantismus zu reinigen. Dieſes Conſiſtorium übertrug 3. B.
aud 1578 dem damaligen Pfarrer von Bühl Georg Schlude (?) die
jpezielle Beauffichtigung des benachbarten Pfarrer von Kappel-Windeck,
Eberhard Vetter, weldher Reformationsbeſtrebungen verdächtig war, und
drohte letzterem mit Entziehung feiner Bejoldung, wenn er fortfahre,
„Beiht und Abjolution hier auf lutheriihe Weis zu verrichten“.
Daß der damalige Pfarrer zu Bühl bejonders eifrig Fatholijch
ji) zeigte, ergibt fi) auch daraus, daß er den gerade um dieſe Zeit ang
Licht getretenen und vom Gonfijtorium empfohlenen Katehismus des
Sejuiten Caniſius bereit eingeführt hatte, und darnad) dad Vol
unterrichtete, während fajt jämmtlide Pfarrer der Nahbarihaft (zu
Kappel, Steinbad, Bimbud, Sinsheim) no durch einen be=
jonderen marfgräfliden Erlaß von 1584 dazu ermahnt werden mußten.
Bon 1594 bis 1622 famen befanntlid die baden-badiſchen Lande
unter baden-durlachiſche Herrſchaft. Obwohl Markgraf Ernit
Friedrich von Baden-Durlad) bei der Occupation der baden=badijchen
Markgrafihaft in einem Revers verjprocden hatte, die Unterihanen bei
der bisherigen römiſch-katholiſchen Religion belafjen zu wollen, und
obihon jein Nachfolger Georg Friedrich dasjelbe gelobt hatte, jo
war man doch bemüht, das Land allmählich wieder zu „evangelifiren“.
Schon im erjten Kahrzehnt der durlachiſchen Beſetzung hatte der Prote—
ſtantismus in biefiger Gegend wieder ſolche Verbreitung gefunden, daß
an Ditern 1604 niht weniger als 200 Perſonen aus Bühl
und Steinbah nad Lihtenau gingen, um dort das Abend—
mahl in reformirter Weife zu empfangen.
Wegen des der gewaltjamen Unterdrüdung der katholiſchen Religion
im Wege ſtehenden Reverſes befolgte Georg Friedrich den Eugen
Kath, „alle Untertanen nad) und nad dahin zu bringen, dag jie von
119
ſelbſt () um Abſchaffung der Meppriejter einfämen“. Das braten
denn auch die markgräflich-durlachiſchen Amtleute an vielen Orten ohne
bejondere Mühe zu Stande. Zu Kappel:Winded war 1611 der
dortige Fatholiiche Pfarrer gejtorben. Eine Anzahl Bürger und viele
Einwohner des nahen Fleckens Bühl kamen darauf „von felbit” bei
dem Markgrafen mit der Bitte ein, einen protejtantijhen Pfarrer
bei ihnen anzuftellen, was auch im Februar genannten Jahres geſchah.
Zu Bühl mar fait um die gleiche Zeit (1610) der alte fatholijche
Pfarrer Georg Kroll geitorben. Sein Nachfolger wurde Johannes
Steinfall, der bereit3 in die Ehe getreten, und dem die abnehmende
Zahl der Fatholijch bleiben mollenden Bürger neben Anderem auch vor:
warf, daß jeine Predigten mehr proteitantijch feien als Fatholiid !.
Doch jagen alte Nahrichten, daß zu dieſer Zeit (während der dur:
lachiſchen Occupation von 1594 biß 1622) der katholiiche Eult zu Bühl
nie ganz ausgegangen jei, wie es (mit Ausnahme der Klojterfirchen zu
Schwarzach und Lichtenthal) in fämmtlihen Pfarreien der Mark:
grafichaft der Fall war.
Als der baden=badiijhde Markgraf Wilhelm nad der Schladt
bei Wimpfen (1622) durch kaiſerlichen Schiedsſpruch fein väterliches
Erbe zurücderhalten hatte, jo war die katholiſche Nejtauration feines
Landes eine feiner erjten Sorgen; er machte, wie feine Vorgänger, von
bem Jus reformandi Gebraud) ?. Unterm 11. Dezember 1624 ergieng
auch an die Ämter Steinbad und Bühl der Befehl: „Unterthanen,
die fich noch immer in widermwärtigem Glauben befänden und
feine Geduld mißbrauchten, al3 letten Termin das nächſte Weihnachtsfeſt
anzufündigen, an weldem fie jich zur katholiſchen Beicht einftellen oder
in den folgenden acht Tagen die Markgrafichaft verlajien jollten.” Doch
wurde es damit nicht jo genau genommen, da nod am 9. Auguit 1625
dem Amtmann zu Bühl, Karl Haug, auf die Klage des dortigen Pfarrers
Martin Hoffmann die Weijung zuging: „halzjtarrige Lutheraner
nicht länger im Drte zu dulden, jondern fie auszumeijen, und laue um
3 Pfund Pienninge zu Anfhaffung von Kirchenornaten zu jtrafen” ®,
ı Bol. Vierordt, Reformationsgefch. I, 514; II, 59. 60.
2 In den älteſten Kirchenbucheinträgen der Pjarreien Bühl (von 1666 an)
und Kappel-W. (von 1663) begegnet man noch auffallend vielen proteftantifhen
(bei. altteftamentlihen) TZaufnamen. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts lebten
zu Bühl mod einige Bürger, „weldhe in ihrer Jugend annodh im Luther:
tbum und für bie Zeiten bes Schwebenfrieges ftarfe Zeugen gewejen
find“. (Pfarr-Regiftratur zu Bühl.)
3 Bierorbt, Reformationsgeich. II, 176. Erft zu Anfang diefes Jahrhunderts
ließen fich wieder einzelne Proteftanten zu Bühl und in der Nachbarſchaft nieber.
120
Im Bühler Nüggerichte, abgehalten von den Bevollmächtigten
de3 Markgrafen Wilhelm von Baden und des Freiherrn Philipp
Franz von Sötern (um 1640?), jchärften die beiden Amtäherrichaften
ihren Unterthanen eindringlich dag Predigthören, den Sacrament3-
empfang,die Sonntagsheiligung und Anmohnung der Chriſten—
lehre ein. „Hochgeboten jei, daß auf der Geeljorger emfiges Predigen,
Berfünden und Beirufen alle Unterthanen und Hinterjaßen fammt
ihrem Gejind den Gottesdienſt eifrig befuchen, infonderheit zu Oftern
und Weihnachten und jonjten zu nothwendigen Zeiten die heiligen
Sacramente gebrauden und nießen jollen, bei der Straf, jo beide
Gerichtsherren hiermit vorbehalten wollen haben. Ingleichen jollen die
Kranken dahin gewiejen werden, daß fie bei Zeiten ermahnt, mit den
Sacramenten wohl verjehen werden, und jolches nit verſäumen. Es
jollen aud) die Jugend, Sinaben und Maidlin, die Kinderlehr fleißiger
beſuchen, al3 bisher bejchehen, oder auf des Pfarrers Anbringen die
Straf ein Jedes gemärtig fein. Belangend die Sonn= und Feier:
tag iſt geboten bei Straf von 5 Schilling, daß ein Jeder für fi und
jein Hausgefind an Sonn- und gebotenen Feiertagen die Kirch, das
Wort Gottes anzuhören, bejucdhen ſoll; daß auch zwijchen der Predigt
Niemand auf den Pläßen oder fonjten ftehen bleibe, um zu ſchwätzen,
jondern im die Kirch’ gehe bei Thurmſtraf. Inſonderheit jol man nicht
aus der Kirch’ laufen, jondern dem Gottesdienit und dem Predigen
abwarten, und unter der SKinderlehr’ joll Niemand in den Wirths—
häuſern bleiben“ !. Dieje Nügungen lajjen uns zugleid einen Blick
thun auf die Sitten und Unfitten jener Zeit.
In den dreißiger Jahren des 17 Jahrhunderts Hatte die hiefige
Gegend durh den Schwedenkrieg viel zu leiden. Die Paſtoration
war in jenen Sahren vielfach unterbrochen und eine jehr unregelmäßige;
zeitenweife wurde die Bühler Pfarrei von MWeltpriejtern, dann
Im Jahre 1350 bildete ſich dann eine proteftantifche Kirchengemeinde (es gab damals
44 proteftantifche Einwohner zu Bühl, 67 im Amtsbezirf), welche jeit 1854 eine eigene
Kirhe und einen eigenen Baftorationsgeiftlihen bat. Die israelitiſche Ge—
meinde zu Bühl ift alt; fhon im 16. Jahrhundert werben babier jüdiſche Ein:
wohner erwähnt. Die ftarfbefudhten Märkte und die jonftige günflige Lage bes Drtes
mochten ſchon frühe israelitifhe Familien zur Niederlafjung dahier beftimmt haben.
Sie waren jedoch nur im marfgr. badifhen Theil des Fledens (meiftens im
fog. Hänferdorf) anfäßig, und auf eine beftimmte Anzahl von Familien bejhränft,
welche das landesherrliche Schugredht genojjen. Eine „Judenſchule“ wird urkundlich
1742 erwähnt, gelegen „bei der Eih am Mühlbach“. Die neue geräumige Synagoge
wurde 1824 erbaut. Seit 1832 ift dabier ber Sit eines Bezirfsrabbinats und
jeit 1833 bat die biefige israelitifche Gemeinde auch ihren eigenen Begräbnißplatz.
2. Stolz, Urkundenfammtl. ß
121
wieder von Miljionären der Geſellſchaft Jeju, auch einige Zeit von
Prämonjtratenjern aus Allerheiligen verjehen . Im Sabre 1641
übertrug Markgraf Wilhelm den Sejuiten dag NRectorat Otters—
weier, von wo aus fie feit 1650 auch unjere Pfarrei verjahen ?.
Im Jahre 1663 wurde das Miſſionshaus der Jejuiten zu Otters—
weier zu einem vom Collegium in Baden abhängigen Neben-Col—
legium (jog. Refidenz) erhoben, welchem der Markgraf 1679 das
Dttersmweirer Nectorat mit allen feinen Gütern, Nechten und Laiten
förmlich incorporirte. Hinfichtlih der Pfarrei Bühl kam zwiſchen dem
Collegium und dem Ottersweirer Landfapitel ein Vergleih zu Stande,
wornad die Pfarrei von der Reſidenz aus durch einen Prieiter der Ge:
jellichaft, welchen der Rector ernennt, excurrendo verwaltet werden
joll, dagegen entrichtet da8 Collegium den jährlich üblichen Beitrag von
vier Gulden in die Kapitelskaſſe?.
Auf Bitten der Gemeinde bejtimmte 1730 das biſchöfliche Drdinariat
zu Straßburg, daß ber jeweilige Pfarradminiftrator im Pfarrorte
jelbjt zu wohnen Habe. Die Adminijtratoren führten von da an
den Namen Pfarrer, wurden vom Provinzial ernannt und vom
Superior in Ottersweier invejtirt. Übrigens wechjelten fie anfangs fait
alle zwei, drei Jahre.
Nah Aufhebung des Jeſuitenordens und Säcularijation der Reſi—
denz zu Ottersweier am 8. April 1774 wurde die Pfarrei wieder
von Weltgeiftlichen verjehen +. Der erjte war der Erjejuite Karl Mo:
litor, welcher vom Markgrafen Karl Friedrich bereitö 1773 auf
die hiefige Pfarrei präjentirt worden. Was die jeelforgerlihe Wirk:
jamfeit der Sejuiten in hieſiger Pfarrei während des legten und vor:
legten Jahrhunderts betrifft, jo ertheilte ihnen das biſchöflich jtraß:
burgiihe Drdinariat zehn Jahre vor ihrer Aufhebung, unterm
29. April 1763, das Lob, daß fie die Paftoration in hiejiger Gemeinde
„mit größtem Seeleneifer” (maximo zelo) bejorgt hätten, und der mark:
1 Pfarr-Regiftratur zu Bühl.
2 Der damalige Pfarrer von Bühl, Paul Gräff, „Fonnte wegen feiner
continuirlichen Leibesblödigkeit der Seelſorg' nit mehr abwarten, babero er fie gänzlid)
tefignirt bat... . Alfo mögen bie Patres Soc. Jesu don Baben aus, bie:
felbige, wie bishero mit jonderbarem chriſtlichem Nupen beſchehen, aljo auch fürter
folang provifieren, bis ein MWeltpriefter gejegt werden kann“. Schreiben bes
General:Bic. Straßb. vom 31. März 1650. (Kapitels:Ardhiv zu Sasbach.)
3 Viarr-Regiftratur zu Ottersweier. Urk. vom 9. Jänner 1679 unb
29. September 16837.
9 Bol. Freib. Kirchenbl. 1874, Nr. 15 und 16: Die legten Jeſuiten zu
Ottersweier.
Bad, x
122
gräflihe Amtmann von Harrant jagt in einem Bericht vom 4. April
1724, „die Patres der Geſellſchaft Jeſu hätten dahier bereits ſeit achtzig
Jahren zu abjonderlidem Troſt der Pfarrfinder ohne einzige Klag’ ala
Pfarrherren gemirkt, mit fonderbarem Eifer und Seelennugen zu all
gemeiner Zufriedenheit“ '.
Als Frühmefjer und Beichtväter waren aushilfsweiſe in hieſiger
Pfarrei jeit Anfang des vorigen Jahrhunderts aud) bie Franziskaner
vom Fremersberg thätig. Am Jahre 1702 ftifteten Johann Ziegler
von Bühl und andere Pfarrgenofjen ein Kleines Kapital, wodurch das
regelmäßige Lejen einer Frühmeſſe an allen Sonn: und Teiertagen
durch einen P. Franziskaner ermöglicht wurde. Bis wenige Jahre vor
Aufhebung des Klöfterleind (1826) war immer ein Pater vom Fremers⸗
berg hieſiger Frühmeſſer, Feittagsprediger und Beichtvater. Daß bie
Franziskaner beliebter waren bei den Leuten, als die MWeltpriefter,
und die andern Ordensgeiſtlichen (Sejuiten), kam vielleicht daher, daß
fie, bei ihrer eigenen gänzlihen Armuth, mehr als dieſe es verjtanden,
Leid und Freud mit dem Volke zu theilen?.
Um den Fatholiihen Glauben zu befeitigen, den Empfang der Sa:
cramente zu befördern und das fittliche Leben zu heben, was in ben
Wirrjalen des dreigigjährigen Krieges Alles jehr Noth gelitten Hatte,
führten die Jeſuiten bald nad der Webernahme der hiejigen Pfarrei
eine Bruderjhaft ein, melde inmitten der Kriegädrangjale aus
dem Volke ſelbſt hervorgegangen, auch befähigt war, das Volk zu er:
greifen und feinen Bebürfnifjen bei den vielfachen Nöthen der Zeit in
Pfarr⸗Regiſtratut zu Bühl.
2 Ilber die Schidjale des Klöfterleins auf dem Fremersberg vgl. Bader,
Babenia, neue Folge I, 479.
Als im Jahre 1818 das Fremersberger Klofter aufgehoben werben follte, jo
richteten die Ortsvorftände ber umliegenden Gemeinden Steinbach, Bühl, Bims
buch, Altihweier und Sinsheim eine rührende Gegenvorftellung an ben Groß—
herzeg ein, worin es beißt: „Dasjelbe Kfofter bat bisher in ben benachbarten Pfarreien
mit Abhaltung des Gottesdienftes, mit Seelforge und Krankenpflege, bei.
bei cingerijienen Epidemieen, wejentliche Hilfsdienfte geleiſtet. . . E8 nimmt nicht
nur Reifende auf, jondern bietet auch den Armen ber umliegenden Orte eine Zus
fluchtsftätte, wo fie in Zeiten ber Noth an ben zufammengebradhten Almofen einen
Ihönen Theil erhalten. So haben bie Patres während ber jüngften großen Theurung
(1817) viele Familien ernährt und fozujagen vom Hungertobd errettet. Es wurden
durch fie täglih 30 bis 40 Laibe Brod und ebenfoviele Portionen Suppe verabreicht.
Was alfo von guten Leuten ohne deren Nachtheil dem Kloſter an milden Gaben zus
fließt, ijt gleihfam nur als ein hinterlegter Schatz für bie Bebürftigen der
Umgegenbd zu betradten.” Dat. 31. Jan. 1818. Das Klofter beftand noch adıt
Jahre, da erreichte es endlich doch das umerbittlihe Geſchick, den 27. April 1826,
gerade am 400, Jahrestag feiner Gründung. Bader J. c. 494,
123
bejonderer Weije entgegen zu fommen. Es war die Confraternität
vom guten Tode (de agonia Christi, sive de bona morte)!. Als
dieje Bruderſchaft 1665 zu Bühl feierlich eingeführt wurde, erſchien
ber Markgraf Wilhelm von Baden und ließ fih, um feinen Unter:
thanen mit gutem Beijpiel voranzugehen, al3 der Erjte in da3 Bruder:
ſchaftsbuch einjchreiben, nachdem er der Predigt und der Procelfion nad
ber Wallfahrtskirche Maria-Linden beigemohnt hatte.
Die Jahrbücher der Sefuiten zu Baden enthalten über die raſch
aufblühende und bald die ganze Gemeinde umjpinnende Eonfraternität
folgende Notiz: Quae congregatio sequentibus annis magnis in-
crementis, magno populi concursu frequentatur. Plures, quos
non infrequens persecutio vacillantes effecerat, in fide orthodoxa
confirmati, vel ad gremium ecclesiae reducti sunt. In legterer Be:
ziehung wollen wir nod) beifügen, daß während der folgenden Zeit und
bi3 gegen Schluß de vorigen Jahrhunderts fait Fein Jahr verging,
in dem die Kirchenbücder nicht eine oder mehrere Converjionen er-
wähnen.
Die Bruderſchaft hatte eine den Sejuiten = Congregationen ähnliche
Einrihtung mit einem eigenen Magijtrat. Jedesmal der zweite Sonn
tag im Monat war „Brubderjhaftsjonntag” mit den in den Statuten
vorgeihriebenen religiöjen Übungen in den verjchiebenen Ausgaben des
Bruderjhaftsbüdhleind von 1708 an. Das Hauptfejt der
Bruderihaft (Sonntag nad SKreuzerhöhung) wurde hochfeierlich be-
gangen, wie dad Kirchenpatrocinium. Päpſtliche Ablaßbreven für
den Bruderſchaftsaltar der hiefigen Pfarrkirche find noch vorhanden aus
den Jahren 1683, 1695, 1704, 1774 und 1801 von Innocenz XI,
Innocenz XII, Clemens XI, Clemens XIV und Pius VI? Bon dem
opferwilligen Sinne der Mitglieder geben das Gutthäterbucd der
dahiejigen Pfarrlirhe, wie das Gutthäterbud der Bruderſchaft,
weldhe dem anno 1708 beginnenden Catalogus congregationis ange:
hängt find, reichliches Zeugniß.
Das Hundertjährige Jubiläum der Bruderfhaft wurde 1765 feier:
ihit begangen, unter Pfarrer Baltajjar Satorius 8. J., der ala
Seitgabe dazu dad Bet- und Gejangbüdlein der Bühler Pfarrei ver:
faßte: „zur Zeit, mo Jubel war, von wegen ein hundert Jahr der Bruder:
ihaft in Bühl“. Nah Aufhebung des Jeſuitenordens, dem dieje Bruder:
haft aggregirt war, wandte fich der feeleneifrige Pfarrer Molitor
nah Rom um neue canonijhe Beitätigung der Bruderſchaft
t Bol. Freib. Kirhenler. XII, S. 1194,
2 Piarr-Regiftratur Bühl.
124
für hiefige Pfarrkirche, was durch ein päpſtliches Breve vom 20. Juli
1774 gewährt wurde; die bijhöflihe Gonfirmation erfolgte unterm
9. September 1774. In den zwanziger Jahren unter Pfarrer Lenz
erlojch die Bruderjchaft.
Bejondere firhlide Feierlichkeiten, Andachten, Pro—
zeſſionen und dergleichen, wie ſie ſeit alter Zeit in der Pfarrei Uebung
waren, werden in dem Bühler Gebet- und Geſangbüchlein von 1765
angeführt: Prozeſſionen z. B. wurden gehalten am Joſefstage nach
Maria-Linden; am Marcustag ging man nah Steinbad, in ber
Kreuzwode nah Kappel, Steinbah und Maria-Linden, auf
Chriſti Himmelfahrt „um den Bann“ und an Allerheiligen auf den
Gottesacker bei Kappel. Unter Pfarrer Lenz (1824 bis 1847) wurden
dieje Bittgänge bis auf die zwei letzten abgeihafftl. Heiligentage,
die durch bejondere Andachten und eierlichkeiten in der Kirche ausge—
zeichnet wurden, waren der Tag des bl. Sebajtianug, des HI. Jo—
hannes von Nepomuk jeit 17291, der Hl. Martyrin Margareta,
jeit alter Zeit, des Hl. Michael, Patrons der Filialfirde im Bühler:
thal, des Hl. Wendelin, jeit alter Zeit, der hl. Martyrin Katharina,
jeit alter Zeit. Beſonders hochfeierlih wurde jedesmal das Kirden-
patrocinium (29. uni) begangen ?.
Das Pfarrgeſangbuch von 1765 enthält auch eine Anzahl veligiöfer
Volkslieder, welche „die hriitliche Lehrjugend, anftatt des müßigen,
verführeriſchen Herumlaufens bei Gejellichaften, nach gehaltener chriſt—
licher Lehr in der Kirche zu einem andächtigen, auferbaulichen und ver—
dienſtlichen Zeitvertreib an Sonntagen abſingen kann“. In der Schule
und bei der Chriſtenlehre wurde „der kleine Caniſi“ gebraucht,
worin noch vor einigen Jahrzehnten die älteren Leute meiſtens ſchlag—
fertig bewandert waren.
Wenn fih die Sittlihfeit einer Gemeinde im Allgemeinen
ihäßen läßt nad dem Berhältnifje der ehelichen Geburten zu deu uns
ehlichen, jo jtand es im diefer Beziehung in hieſiger Pfarrei während
uralte Brücke ſchmückte, welche den Ort in „Oberbrüd“ und „Unterbrüd“ theilte, war
eine Votivftiftung eines marfgräflih badiſchen Haushofmeifters (Van:
cunov?). Als diefe Brüde, an welder mehrere Wappen ausgehauen waren — das
windedifche und das Ortswappen waren noch beutlich zu erfennen —, ber Nivellirungse
jucht unferer Zeit zum Opfer fiel, wurde das Steinbild auf bie Müblfanald-Brüde
im fog. Hänferborf verfegt (1868).
2 Zu Ehren ber Ortsheiligen erhielten im vorigen Jahrhunderte nach Ausweis
der Geburtsbücher Knaben nicht felten bei der Taufe den Namen „Beter— Raul“.
125
famen nämlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf 105 ehliche
Geburten eine außerehliche, im vorigen Jahrhundert gejtaltete fich das
Verhältnig, Kriegszeiten, 3. B. die Jahre von 1702 bis 1714 abge:
rechnet, noch viel günjtiger.
Zur Sitten und Culturgefhichte des Amtes und Fledens Bühl
während des 16. und folgenden Jahrhunderts.
Berabihiedungen, NRüggerihtsprotofolle, Zunftorb:-
nungen und bdergleihen aus diefen Jahrhunderten, wovon mir noch
eine gute Anzahl befiten ?, Tiefern manche nicht uninterefjante Beiträge
zur Sitten: und Culturgeſchichte der biefigen Gegend während
des bezeichneten Zeitraums, welche wir hier zujammenjtellen wollen.
‚sreilich lernen wir aus ſolchen polizeilichen Verordnungen im Allgemeinen
mehr die ſchlimmen Seiten de3 Volkscharakters kennen als das
Gute und Löbliche, welches gewöhnlich jtill und unerwähnt durch)
die Zeit jchreitet.
„Trinken, Spielen und Zehen“ wurden in den polizeilichen
Verordnungen des 16. und des folgenden Sahrhundert3 am öftejten
und eindringlichiten geahndet. Freilich war dazu auch die Gelegenheit
jehr einladend. Nicht nur, daß im Amte ſelbſt viel und vortrefflicher
Mein wuchs ?, und im lecken eine Menge öffentlicher Wirthichaften be—
ftunden, e3 durfte überdies nach der Fleden-Drdnung 1507 jeder Ein-
wohner feinen jelbjtgezogenen neuen Wein von Herbit bis Yichtmeh
„vom Zapfen” ausichenfen. Landesherrlihe Verordnungen gegen
da8 „unnüß’ Zehen, Spielen, AZutrinfen und Gottesläſtern“ haben
wir noch aus den Jahren 1522 und 1530. Der Bejudh der Bürger:
Trinkſtube auf dem Nathhauje war in der Ordnung von 1507 jüngeren
Leuten, fremd oder heimiſch, jtrenge unterfagt. „Darauf jollen die
Stubenmeijter- und Knecht zu allen Theilen gut acht haben, und es aljo
handhaben, daß grobe Spieler und andere Verführer von ihnen vermieden
ı 8, Stolz, Urkundenſamml.
2 Als eine Merfwürdigfeit wird berichtet, daß im Jahre 1726 fo viel Wein
im Bühler Amte wuchs, daß die Ohm um 12, 15 und 18 Kreuzer verfauft wurde,
Die Herrfchaft erhielt in jenem Jahre fo viel Zehntwein, daß fie nicht Fäſſer
genug auftreiben fonnte, um ihn einzulegen, weßhalb er in Bütten jteben blieb,
wodurch er am Enbe jo verbarb, daß er hinweggeſchüttet werben mußte Ein
ähnliches außerorbentliches Weinerträgniß lieferte auch das Jahr 1828, wo bie alte
Ohm 48 bis 54 Kr. galt. Fortlaufende Aufzeihnungen über die Weinpreife bes
biefigen Amtes, fowie über die Preife ber bierorts zu Markt gebrachten Tandes-
probucte, haben wir vom Jahre 1780 an. (Gemeinde-Regiftratur.)
126
bleiben. Und wenn dem zumider die Buben freventlih auf die Stube
geben, jo joll man fie mit Gerten und bei dem Haar herab:
mweijen.“
Am Betreffe des Spielens jagt diejelbe Ordnung: „Es joll
alles Spiel auf den Stuben und in den Wirthshäufern verboten fein,
aud in dem ganzen Gerichtsſtab bis auf Änderung der Gerichtöherren.
Doch iſt zugelafien, daß die ftatthaftigen, ehrbaren, ingejejjenen
Bürger auf der Karten oder dem Brett um einen Heller ober
Pfenning zum Höchſten mögen Furzmweilen. Und daß darauf genau
gehalten werde, joll der Schuldheiß und Büttel mit Fleiß Adt und
Aufiehen haben. Welder Anwohner des Gerichts zu Bühl außerhalb
dem Gerichtsſtab fpielt, er jei weh’ Herrn er wolle (mo man das wahr:
li erfindet), diejelben jollen mit zweifaltiger Pön geitraft werben.
Wenn die Spieler etwa einen Wirth vertröjten, da fie ihn aus dem
Schaden heben wollten, und e8 ber Wirth heimlich zuließe zu ſpielen,
jo joll derjelbe zur Buß’ geben ein Pfund Pfenninge, und ein jeder
Spieler 10 Schilling Pfenning. Ähnliche Beltimmungen hat auch die
MWirthb3ordnung von 1584. Die Feierabenditunde war in jenen
Zeiten für den ganzen Gerichtsſtab auf 9 Uhr Abend feſtgeſetzt. „Nachts
nad der neunten Stund’ joll Niemanden mehr auf der Stube, wie in
den Wirthshäufern, zu zehren gejtattet werden, aud die Stubenknecht
und Wirthe bei Straf’ Niemand weder Wein nod Licht geben.“
Da bejonder3 in den Weinorten des Bezirke blutige Schlä-
gereien bei Tanzbeluftigungen, Hochzeiten und ähnlichen Anläfjen feine
Seltenheit waren, jo hatten die beiden Herrichaften eine bejondere Straf:
ordnung für ſolche Vergehen mit einander verabſchiedet. Sie iit der
Drdnung von 1507 beigefügt und für die Kenntnig der damaligen
Straf-Rechtspflege nit ohne Intereſſe. ine „Ordnung wider die
Unzucht für das Amt Bühl“ (dem Anjcheine nad aus der eriten Hälfte,
des 16. Jahrhunderts) Elagt über die Milderung, die noch im Gerichtg-
jtab mehr denn in anderen Ämtern gegen Heimijhe und Fremde Hin:
fihtlih der Unzudtsjfünden geübt werde, was eine „Unform“ ſei.
Es wird dem Schuldheifen von Bühl, wie den Heimburgen in den
Amtsorten, ernjtlicher Befehl ertheilt, daß jie und die von ihnen auf:
zuftellenden Männer gute Adtung haben jollten auf jolche fittliche
Ärgernifje, Ehebrüche, Concubinate und bergleihen; daß fie diejelben
aufheben und von Jedem, dev in ſolchen Sünden betroffen morben,
30 Schilling Pfenninge ald Strafe erheben, und überdies, nach Erkunden,
die Pön noch verjhärfen jollten. Dieje Strenge motivirt die Verordnung
damit, „weil jih Niemand felbft regieren und gütlich davon
weijen lafjjen will”.
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Hinfihtlih der Sonn= und Feiertagsheiligung enthalten bie
Zunftordnungen des 16. Jahrhunderts verjchiedene Beitimmungen, welche
mit dem Fortſchritte unferer modernen Zeit arg contraftiren. So durften
die Bäder an feinem Teiertage baden bei Strafe von 5 Schilling
Pfenningen, außer e8 märe Mangel an Brod vorhanden und der
Schuldheiß erlaubt es. Die Metzger follten „an Sonn: und anderen
gebotenen Feiertägen, jobald man zujammenläutet, bis zu End der
Predigt, Fein leiih hauen und verfaufen bei Bön von 10 Scdilling
Pienningen. Wa3 Einer am Montag (auf den Wochenmarkt) ausbauen
und verfaufen will, joll er am Sonntag Abend, zur Winterszeit Nach—
mittag3 2 Uhr, des Sommers nad gethaner Veſper, jchlagen, ſtechen,
aufhängen und zur Bank bereit halten.” !
Im Jahre 1631 wird geklagt, daß „bei der gemeinen Burgerſchaft
großer Ungehorjam, Muthmwill’ und Halsftarrigkfeit verjpürt
worden, und die Einwohner den vorgejeßten Amtleuten, Schuldheißen,
Geriht und Burgermeiiter, die gebührende Ehr und Reſpect nit geben,
nit erjcheinen, wenn der Burgermeifter den Bot’ in's Haus ſchickt, was
aber künftig das erjte Mal mit 2, das ander Mal mit 5 Scillingen,
das dritte Mal aber mit 5 Pfund Pfenningen und mit dem Thurm ohne
Snad’ abgeitraft werde”. Ferner wird geklagt, daß „der wenigfte
Theil der Unterthanen erſcheine, wenn die Bürgergloce geläutet werde,
jondern ganz ungehorjamlich zu Haus verbleibe; deögleihen, daß bei den
gemeinen Amtstagen unterjchiedlihe ungehorjame Gejellen mit ein oder
andern ſchlechten Ausreden davon abziehen wollen, damit fie ihr Gegen:
part (Kläger) oder ihre Schuldjachen weiter auflängern können, welder
Muthwill’ aber Hinfüro ganz und gar nit mehr geitattet
werden jolle”. Man jieht hieraus, wie während der Zeit de3
30jährigen Krieges das Anjehen der Obrigkeit beim Wolfe immer mehr
Ihmwand, Unbotmäßigkeit und Rohheit überhand nahmen, und Alles aus
Rand und Band zu gehen drohte.
Aus den noch vorhandenen Zunftordnungen erjehen wir, daß
Ihon in alten Zeiten die nämliden Handmwerfsportheile und
Practiken bei einzelnen Gemwerben im Schwunge waren, wie heutzu=
tage, wir jehen aber audh, daß man damals von Obrigkeitswegen das
Publitum, „den gemeinen Mann“, gegen Übervortheilungen und Be:
trügereien mehr zu ſchützen bemüht war als heutzutag. So waren
3. B. nad) der Ordnung von 1507 „zwo verjtändig und geübte Wein:
ſchätzer aufgeitellt, welche auf ihre geſchworenen Eide einem jeden Wein:
ſchenken jeinen Wein nad gemeinem Landlauf jhäten follen, mie ſich
ı Nahben Bäder: und Meggerordnungen von 1507, 1521, 1533 und 1534.
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nah Güte oder Schwäche des Weins gebührt; und follen dabei nit
anjehen weder Freundichaft, Gab oder Geſchenk, damit der gemein’
Mann, fremd oder heimifh, von den Wirthen nit übernommen und
bejchweret werde, jondern einem ‘eben nach gemeinem Landlauf der Wein
gegeben werde um ein ziemliches Geld“.
Die Weinverfälihung ift nicht erjt eine fortichrittlihe Er—
rungenjchaft des 19. Jahrhunderts! Bereit3 in der Amtsordnung von
1488 und 1507 heißt e8: „Atem die Wirth und Weinſchenken jollen
ihren Wein halten unvermifht, ganz ungemwäljert und ohne
Arznei (sie!), die dem Menſchen im Trank jchaden möchten, bei der
Straf nad Erkenntniß der Vogtsherren.“ Die neue Wirthsordnung,
gegeben um 1530, jetst noch verjchärfend Hinzu: „Bei Straf an Leib
und Gut,“
Eine Wirthshaustaxe aus dem Jahre 1631 für dag Amt
Bühl lautet: „Die Wirth’ und Gaftgeber jollen Hinfüro dem Gajt
aufitellen und rechnen für eine Suppe und ein Pfund Fleiſch 1 Baken;
für ein“gutes Voreſſen, wie für eine Portion Gemüß mit Fleiſch,
1 Bagen 1 Kreuzer; für ein Pfund Braten 5 Kreuzer; für eine
Portion gejottener oder gebadener Fiſche bejjerer Gattung 6 Kreuzer;
für gemeine aber 1 Baben 1 Kreuzer; alle bei Strafe von 2 Pfunden.“
Eine Fleifhtare für den Fleden Bühl enthält der Metzger—
Beiheid von 1534, wornach 4 Pfunde Kuhfleiſch gelten jollen
7 Bienninge „und nit höher, es wäre denn dermaßen guet, daß bie
Schauer eradten, es höher zu ſchätzen“. Das Pfund Farrenfleiſch
jollte gelten 2 Pfenninge, das Pfund Kalbfleiſch 3 und dag geringere
2 Pfenninge. .
Den Müllern, von melden „bishero viel Nachred gejchehen,
wie fie denen, jo bei ihnen mahlen, dad Ihrige nit vollkommentlich
wiedergeben, und mit dem Mahlen groß Gefährd’ gebrauden“, wird
bereit3 1507 eingefchärft, ji in dem Mahlen aufrecht zu halten,
Jedem jeine Frucht unvermifcht zu laſſen, und von einem Viertel einen
gehäuften Vierling als Mulzer zu nehmen, und nicht mehr, bei Vogt:
herren Straf an Leib und Gut”. Ebenſo 1631: „Die Müller jollen
ihr Gemwifjen wohl betradten (sie), aufreht und redlich Meßge—
ihirr halten, damit einem ‘eben das Seinige ohne einige Lift wieder
werde.“
Den Bädern wird in ihrer neuen Ordnung (1521) ebenfalls
eingeihärft, „unverfälicht” zu baden, Semmel für Semmel, Boll
für Boll, Roggen für Roggen, damit dem Armen gegeben werde
um feinen Pfenning wie dem Reichen, und dem Reichen wie
dem Armen.” Man hatte damals zu Bühl folgende Brodjorten:
129
Noggen: oder Schwarzbrod, wovon der einpfündige Laib 11 Pfenninge
foftete; Weißbrod: Fochzen, Spitweden, Bollweden je zu 1 Kreuzer,
und runde Pfenningbrödchen. Landbefannt waren insbeſondere die
Bühler Bollweden, eine eigenthümlich geformte, feinere Brodgattung,
wie fie allein von den Bühler Bädern gebaden wurde. Noch jett ijt
der Bollweck für die ländlihen Marktbeſucher der unvermeidlihe Kram
vom „Bühler Menti” (Montag).
Über die unverhältnigmäßig hoben Arbeitspreife der
Schmiede, Wagner, Schuhmacher, Gerber, Schreiner, Hafner, Schneider,
Küfer, Seiler und anderer Hantirungsleute wird beim Rüggericht
1631 geklagt, und ihnen aufgegeben, fie jollen „ihre Waar’ und Arbeit
nit zu hoch preifen und jpannen, und fi ihres Gewiſſens dahin be=
fleißen, daß der fürftlichen Tarordnung nit zumider gehandelt werde, bei
Straf. Da aud die Taglöhner anfangen, den gemeinen Mann ziem:
ih zu übernehmen, jo wird geordnet, daß der Taglöhner zur Sommers:
und Winterszeit 2 Baten haben joll, und Mehreres joll ihnen nit ge-
geben werben.”
Eine düftere Seite im Volksleben de 16. und folgenden Jahre
hunderts bilden der kraſſe Aberglaube und die Herenverfols-
gungen, denen man in diejer Zeit fait allerortS begegnet. Auch unjere
Heimat Hatte ihre Herenprocefie und Herenverfolgungen. In den
Bühler Abjhieden aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ijt
bin und wieder von Beitrafungen und Güterconfiscationen von Malefiz:
PBerjonen die Rebe, jo insbejondere im Abjcheide von 1574. Als
Gefängnig und Anquifitionglofal für die der Zauberei angejhuldigten
Perjonen diente der im windeckiſchen Theile des Fleckens oberhalb der
Brücke ftehende Herenthurm. Er war wohl ein Theil des wind—
eckiſchen Schlofjes, und jtand noch bi in die achtziger Jahre des vorigen
Sahrhunderts. Bekannt it die Sage, welde und unjer Landsmann
Aloys Schreiber ald Erinnerung an gehörte Erzählungen aus feinen
Kinderjahren mittheilt, von einer al8 Here unſchuldig angeflagten Jung:
frau, welche in diefen Thurm geworfen und auf fait wunderbare Weije
durch einen plötlich eingetretenen Negenguß vom Feuertod gerettet wurde !.
Am ärgften mwüthete das Herenmwejen kurz vor den Sammer:
zeiten des breifigjährigen Krieges, welcher eine Periode der deutjchen
Gedichte abſchließt, wo alle Kreije der Gejellihaft in die Lajter des
Unglauben3 und Aberglaubens, des gottezläfterlichen Fluchens und
Schwöreng, der Üppigkeit, Rohheit, Völlerei und Unzucht ver:
funfen waren, daß die Kataftrophe dieſes Krieges, dejjen Drangjale bei
ı Schnegler, Vad. Sagenbud II, 135 u. 137. Karlsr. 1846.
Arhiv. XL 9
130
uns eigentlich erjt mit dem Jahre 1630 eintraten, als verdiente Strafe
des Himmels erjcheint.
Aus diejer Zeit ift no ein ausführliches Malefiz:Protofoll
über viele der Hexenkunſt angeklagte Perjonen von Bühl und der
näcditen Umgebung vorhanden. Das Schriftitüd reicht vom 3. October
1625 bis zum 13. October 1629, ijt aber leider unvolljtändig . Das
Yerhör der Maleficanten wurde von einem landeöherrliden Come
miſſär in Gegenwart de Amtmanns und des Ortsfchuldheißen von
Bühl geführt. Das Verfahren war rein inquifitoriih; von Manden
wurde das Gejtändnig gütlich gegeben, bei Andern mußte zur Tortur
geichritten werben.
Wir übergehen die Bejchreibung der im Protofoll angegebenen
Beinigungen. Mehrere Angeklagten haben auch ohne Tortur, entweder
auf gütliches Zureden, oder wenn jie die Peinwerkzeuge jahen, Ge:
ſtändniß (!) abgelegt. Wenn die Belenntnifje mehrerer Angejhuldigten
beendigt waren, jo wurden ihnen ihre Ausjagen in Gegenwart von
jieben Drtöbürgern (den „Siebenern”) vorgelejen. Die Ausjagen der
einzelbhaft Anquirirten waren in der Megel von überrajchender
Übereinftimmung, oft bis in's Heinfte Detail, und liefen ſämmt—
lid) hinaus auf Bündnig und Unzucht mit dem Teufel, Wettermaden,
Dageljieden, Vieh zu Schaden richten, den Kühen die Milch entziehen,
Menſchen fiech oder fie gar fterben machen und dergleichen. Mehrere
befannten aud ohne Weiteres die gröbiten Sacrilegien.
Als Drte, wo nad den Ausjagen der Angeklagten die nächtlichen
Zujammenfünfte, die jog. Herentänze und Teufelshochzeiten, gehalten
wurden, find unter andern genannt: auf dem Schartenberg, Kloßberg
und Hungerberg, bei der Glodenhütte, beim Immenſtein und Elet-Brunnen,
im Maldhängenich, bei der Kornlaube in der Schwanengajje, bei dem
Burgerhaus (Rathhaus), bei der Tanzlaube, auf der Ameleck?. Das
rihterlide Endurtheil enthält dad Schriftſtück nicht; über ihr
traurige Schickſal kann aber Fein Zweifel fein, da im Abſcheide von
1631 über die confiscirten Güter der hingerichteten zauberiihen
Perjonen Verfügung getroffen wird. Nah Abzug der Proceßkoſten
jollen drei Viertheile des Vermögens den hinterlafjenen Kindern, ein
1 Pol. Mone, Anzeiger VIII, 119.
? Mone madt 1. c. auf bie eigenthümliche Ericheinung aufmerkjam, daß diefe
vorgebligen Herenzufammenkfünfte alle auf Stätten uralten Religionscultes
ober (was damit zufammenhängt) uralter Volks: und Gerihtsverfamme
lungen, ober an folgen Orten, wo die gewöhnlichen Tänze ber Dorfleute abgehalten
wurden, am liebften aber auf Bergen ftattfanden, beren Namen mytbifch Tauten
und an das Heidbentbum und ben Götzendienſt ber Vorzeit erinnern.
——
131
Biertheil den Amtsherrihaften (Baden und Sötern) zufallen . „Auch
jollen fünftighin die Malefizperfonen durch den gemeinen Gerichts:
büttel beigefangen, und denjenigen Perſonen, welche dabei gebraucht
werben, nit mehr jo viel, al3 diesmal, paffirt werben!" Übrigens
ſcheint dies doch der letzte Herenproceß in hieſigem Amte geweſen zu
ſein, wenn auch die Hexenangſt und mancherlei Aberglaube
noch bis in dieſes Jahrhundert unter dem Volke ſich erhalten haben?.
Man hätte das Hexenweſen gerne der katholiſchen Kirche in
die Schuhe geſchüttet; die hiſtoriſche Unterſuchung darüber iſt aber
anders ausgefallen. Nicht die Geiſtlichen unſerer Kirche, ſondern
die Ju riſten haben den Hexenproceß auf's Höchſte geſteigert, und in
proteſtantiſchen Ländern hat derſelbe noch ärger gewüthet, als in
katholiſchen. Ja, und katholiſchen Fürſten gebührt die Ehre, ihn zuerſt
abgeſchafft zu haben!
Betrachten wir nun auch dieheiteren Seiten des Volkslebens
in hieſiger Gegend. Spiel, Tanz und Geſang waren allerorts im
Mittelalter ein Lieblingsvergnügen des deutſchen, und beſonders des
ſüddeutſchen Volkes. Faſt jedes größere Dorf in Süddeutſchland hatte
ſeine Tanzanſtalt, ſeinen Tanzplatz, gewöhnlich unter der Dorflinde.
Auch zu Bühl wird 1533 eine „Tanzlaube“ erwähnt ?, welche ein auf
dem Marktplage aufgejchlagener bedecter QTanzboden war, mo zu ge:
wifjen Zeiten, 3. B. an der Kirchweihe, Faſtnacht und an Jahrmarkts—
tagen, das junge Volk unter den Augen der Altern und der Ort3obrig:
feit ehrbar fich belujtigte*. Gin allgemeiner Feſt- und Freudentag be-
ı Als folhe, „welde ald des Lafters der Zauberei flüchtig worden, und
an anderen Orten haushäblich fich untergelafien, ungeachtet fie annoh zu Bühl
bürgerlih und respective mit Leibeigenſchaft verpflichtet find, und beren Güter in:
zwifchen mit Beſchlag belegt worden, bis fie zur Entrichtung des legten Hellers bie
Straf abgerichtet hätten“, werben genannt: Georg Peter, ber Schwanenwirth,
Jakob Wirth, der Metzger, mit Frau und Tochter, Matthäus Lang und feine
Frau, je mit 1000, und Stefan Glüdhers Wittib ſammt ihrer Tochter mit
300 Gulden.
2 Die verfhiedenen Sagen aus biefiger Gegend, worin fi der Volks—
aberglaube an Zauberei und Herenfünfte ausſpricht, bat zuerft Major Me:
dicus gefammelt in feinen Volksmärchen aus Baben“, 13. Bd. Karlerube 1801
(Handihr.), dann Bernhard Baader, Bolksjagen, Karlsr. 1851, Nr. 135, 136,
139; vgl. auh Schnegler, Bab. Sagenbudy II, 171 bis 249,
: Zu Ditersweier wird ebenfalls ein „Tanzbühel“ und eine „Tanz:
ſcharr“ erwähnt (1588). Über den Zuſammenhang biefer Anftalten bes Volks—
vergnrügens mit dem Volksliede und der Volfsdichtung, dem Minnes und Meiftergefang,
vgl. Mone, Anz. V, 52.
Es war biefes gewiß ein umverfängliheres und ebleres Ber:
9%
132
fonder8 für die Frauen war ber ſog. Schauertag an Maria:
Lichtmeß. Nah altem Gebraudh wurde auf biefen Tag den Weibern
aus der Kirhjpieldverwaltung ein Baum gegeben, „den fie alddann
verfaufen und verzehren mögen“. Die Sitte beitand no 1723 1.
Die Hochzeitseſſen wurden in der Regel im Wirthshauſe ge—
halten. Die Hochzeitsordnung für die Wirthe im Amte Bühl
von 1609 gebietet dieſen bei Strafe von 10 Schillingen, „die Hod:
zeitsgäſte nit bejchwerlich zu tractiren und mit Rechnung ber Zeh
ein’ Beicheidenheit zu gebrauchen.” Anderſeits wird aber mit dem glei=
hen Bußgelde die Unſitte belegt, daß „die Hochzeitsgäſte, jonderlich
die Weib3leut’, über den Mahlzeiten den Wirthen nit allein das
Brod, jondern aud was in den Platten übrig geblieben, herausnehmen,
in den Sad jhieben und heimtragen, oder durch ihre Kinder heim=
tragen laſſen“. Da bei den Hochzeiten „aud ein vielfältiger Über:
lauf von Bettelleuten vor ben Tiſchen verjpürt worden, jo ijt Be—
ſcheid, daß die Wirth’ diejelbigen abſchaffen. Wo fich aber die Bettler
widerſetzen würden, jollen fie alöbald in den Spital geführt und mit
dem Bloc gejtraft werden.“
Daß bei Hochzeiten, Kindtaufen und ähnlichen Anläfien,
jelbit während den Jammerzeiten des Schweden-Krieges in hiejiger Ge:
gend übermäßiger Luxus berrichte, beweist folgende Verordnung im
Abjcheide von 1631: „Demrad man bißhero bei den Schappelhirjen
und Kindtaufen überſchwängliche Kojten verjpürt und ſchlechte Ord—
nung gehalten wird, aljo iſt amt: und gerichtlich erkannt, daß ein Burger
ji) verhalten ſoll wie folgt ?: derjenige, joein Sohn oder Todter
in Heirath gibt, und ein Schappelhirjen haltet, der joll Niemand
zu Tiſch ſetzen, als die Eltern, näditen Verwandten, Brüder und Ge:
ipielen, und jollen fi) feine Eheleute mehr dabei finden lafjen, auch
die ledigen Leut einen ehrlihen Tanz halten, und von dannen nad)
Haus gehen, bei Straf von einem Pfund Pfenninge unnadläßig ?,
Derjenig’, jo ein Kind taufen laßt, foll zur Taufſupp' über
gnügen, als unſere gegenwärtigen Tanzrafereien ber ledigen Leute ohne alle Auf:
ſicht bis in die Tiefe ber Nacht hinein!
ı Walb-Gerihtsprotocol! über ben Waldhägeni von 1723. Über ben
„Schauertag” vgl Oberrb. Ztſchr. XX, 76.
2 Schappel-Hirfe war ein Nachtimbiß, ber urfprünglich in einem Hirfe
brei beitand, welder am Tage vor ber Hochzeit in des Brautvaters Haus ein-
genommen wurbe, und wobei bie „Schappel oder Kränzel“ gemadt wurden für
bie Braut und bie Hochzeitsjungfern (Geipielinnen). Gewöhnlich wurden bazu aud)
bie Patben ber beiden Brautleute („Pfetterih” und „Götel“) und fonftige Hochzeits—
gäfte eingeladen. Vgl. Oberrb. Ztſchr. XXIV, 422,
133
Tiih Niemand behalten, ala feine Gevatterleut’ und etlihe Nachbars—
meiber, die in Kindsnöthen beigemohnt, bei gleiher Straf. Will er
denen mit der Tauf’ gegangenen Weibern neben feiner Bebankung einen
Trunk ftehend geben oder anbieten, jo fteht e3 zu jeinem Gelieben.“
Die noch jett beitehende Sitte, daß bei einer Taufe nebit den Pathen
auch der Bater des Kindes in der Kirche anmejend ift, wurde im
Nüggeriht von 1631 durch die Amtsherrichaften eingeführt.
Trunt und Imbiß waren gleihjam obligat beim Abſchluſſe von
Kauf und Verfauf, bei Rechnungsabhörungen und ähnlichen Anläfjen.
Daß hierin auch manchmal des Guten zu viel gejhah, beweist ein Vers
bot von 1631, wornad bei Käufen von 100 Gulden Kaufjumme „nit
mehr verzehrt werden joll, denn 1 Reichsſsthaler, bei Straf”. In der
Ungelder: Ordnung von 1530 heißt ed: „So man zu den Fron—
faften das Geld überantwortet (Zoll und Ungeld), ſoll fürter von den
Amtleuten oder Ungeldern und Andern nit darauf gezehrt
werben, weber mwenig noch viel; aber die Amtleut’ mögen den Ungelder
und Zoller beim Einlegen an Fronfaſten jedem einen oder zwei Plappert
ihenfen für Zehrung, je darnach er ſich gehalten hat.“
Für Fleinere Dienftleiftungen erzeigte die Gemeinde ihre Erkennt:
lichkeit nicht durch Geld, jondern durch freundliche Bemwirthung.
So murde 3. B. den Mufifanten „für ihr Blajen” auf Corporis
Christi ein „Trunf Wein“ gereicht (und zwar ein Ohm) nebit einem
Imbiß, Statt deffen von 1789 an 18 Gulden (!) angerechnet find.
Dagegen wurden den „Singjungfern” für ihr Singen auf Marias
Lichtmeß Wachsſtöcke verehrt. Auch den in der Kreuzwoche mit ben
ausmärtigen Prozeflionen fommenden fremden Schulmeiftern wurde nad)
altem Herkommen Trunf und Zehrung gereidt.
Hier ift au der Narrengejellihaft und des Narrenbudes
zu gedenken, woburd der Flecken Bühl einft landbefannt gemejen, und
wa3 ihn, wie unfer verehrter Landsmann Alban Stolz jagt, jeit
Menſchengedenken in einen „närrifchen Geruch“ gebracht hat!. Dieje
Narrengejellichaft mit ihren Statuten und Einrichtungen war ein Kind
der munterften Laune und eines berben naturwüchſigen Volkswitzes.
Über die Zeit ihrer Entftehung ift nichts befannt, jedenfalls aber hat
ſich dieſelbe erjt nach dem Schwedenkrieg gebildet, da fie vorher nirgends
erwähnt wird. |
ı In unferem Lande beftebt wohl nur noh zu Stodad eine Narrenzunft,
worüber Bader in feinen Fahrten und Wanderungen II, 25 f. berichtet.
Häufiger finden wir Narrenbücder und Narrengerichte im Hobenzollerifhen und
Würtembergifhen. Berühmt ift z. B. das Groffelfinger Narrengericht. Bol.
Birlinger, Volksthümliches aus Schwaben II, 35.
134
Die Narrenzunft machte es ſich zur Aufgabe, die Thorheiten und
Laſter der Menjchen zu geißeln und durch Spott und Satire zu züch—
tigen. Zu diejem Zwecke wurden alle dummen oder ſchlimmen Streiche,
die in Nah und Fern ich ereigneten und ruchbar murden, in das in
einen Schafspelz gebundene Narrenbuch eingetragen. Alljährlid an
der Faſtnacht wurde dann beim Narrengeriht, wozu eine große
Volfsmenge herbeizuftrömen pflegte, da8 Buch vorgelejen zur Beſſerung
für die „Narren“ und zur Warnung für die „geſcheiden Leute”.
Darum war aud das Narrenbuch weithin gefürdtet, und wie man
jonjt jagte, wenn Jemand einen vecht thörichten Streid begangen hatte:
„Du gehörit in den Kalender”, jo hieß es früher im Altbadijchen:
Gib Adt, du fommit in’3 Bühler Narrenbud!
Wie unparteiifh die Narrenrichter zu Werfe gingen, beweist der
Umjtand, daß jelbit ein Markgraf in’ Narrenbud fam, weil er einmal
zur Winterszeit mit Pferden, die mit Fliegennetzen behangen
waren, durh Bühl fuhr. Mehrere andere jpakhaften Vorkommniſſe,
die im Narrenbuche jtanden, erzählt Medieus in feinen babijchen
Volksmärchen (Handichrift der Frau Neihsgräfin von Hochberg ge:
widmet, 1800) 1. Die Herrihaft pflegte alljährlih auf Faſtnacht der
Narrenzunft ein Faß Wein zu jpenden, das aber einmal während
de3 Narrengerihtd von einem Schalfe unvermerft am hinteren Boden
angezapft und halb geleert wurde, weßhalb die Narrenrichter ji)
jelbjt als „genarrt” in’3 Bud) jegen mußten. Die Herberge der Narren
zunft war das ehemalige Gaſthaus „zum Rebſtock“ neben der alten
Kornlaube (jet das Kaufmann Glücherr'ihe Haus).
AB die Narrenzunft gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts
ausartete, geiftlihe und weltliche Obrigkeit angriff, wurde jie vom Mark—
grafen Georg Augujt auf Betreiben des Drtögeijtlihen verboten.
Das Bud) jelbit, daS gewiß auch manche geſchichtlich werthuolle Notiz
enthalten haben mag, ijt feit dem Ende vorigen Jahrhunderts verjchleppt
und jeitdem jpurlos verſchwunden, die Erinnerung an Zunft und Bud
aber ſowohl bei den Hiefigen Einwohnern, al3 bei den Leuten der Um:
gegend, noch nicht erlojchen. „Bühler Narr“ gilt nämlich jetzt noch
in den Nachbarorten als das gewöhnliche Stich- und Schimpfwort der
Bühler, worauf der aljo Gefoppte dem Fopper zu erwiedern pflegt:
„Der dümmſte Narr von Bühl ift immer noch gejcheider, als der Ge—
jcheibeite von anderswoher.“
Eine Erneuerung der alten Narrengejellihaft zu Bühl im
135
Jahre 1858 konnte nicht proiperiren, da unjere Zeit zu Derartigem
nicht angelegt it. Medicus jchliegt jeinen Bericht über dad Bühler
Narrenbuc mit den Morten:
Wenn ſolche Bücher exiftirten,
Da e8 an Streichen nicht gebricht,
Bewährte Männer regiftrirten,
Sp zweifelt der Verfaſſer nicht:
Die Streihe würden fid vermindern,
Man künnte mande Albernbeit
Durch ſolche Bücher glüdlich hindern:
. Dieß war der Zwed zu jener Zeit!
Ein kultur- und jittengejchichtlihes Moment ijt au die Eigenart
einer Bewohrerihaft in Tradt, Sprade und Ausdrudsweije,
Nach alten Bildern und Schilderungen waren bei der männliden
Bevölkerung der hiefigen Gegend noch bis in die erjten Jahrzehnte diejes
Jahrhunderts durchgängig kurze über dem Knie gebundene Lederhojen,
wollene ſchwarze oder weiße Strümpfe und Schnallenſchuhe im Gebraud) !.
Der etwas lange Rod mit auıfrechtitehendem Kragen und einer Reihe
Knöpfe war in den Neborten gewöhnlich von Zwilch, ſchwarz glänzend,
innen gefüttert mit weißer Wolle. Im Flecken trug man Tuchröcke
von gleihenm Schnitte und meijt dunkelblauer Farbe. Das Brujttud
(Weite) war in den Neborten von rothem QTuche, oft grün eingefaht;
ein ſchwarzes Haldtuc vollendete den Anzug. Als Kopfbedeckung diente
ein breitfrempiger ſchwarzer Fil zhut, zweifach geitülpt, jo daß dadurch
ein rechter Winkel entitand („Dreiſpitz“). In den Ortjchaften der Rhein—
ebene trugen die Mannsleute ſog. Pudelkappen (jhildloje Kappen
von Marder: oder Fuchspelz) mit bunten Troddeln.
Das weibliche Geihleht trug jog. Zwidelröde, über dem
„Mugen“ (Mieder) ein buntfarbiges, Hals und Brujt bedeckendes, drei—
eckiges Halstuch. Das „Fürtuch“ (Schürze) ging Hinten faſt zu—
ſammen, und war für hohe Feſttage wohl gar von Taffet, was als
„rechter Staat“ galt. In den Landorten liebte man mehr die grellen
Farben, im Flecken mehr die dunkeln. Die verheirathete Frau unter—
ſchied ſich von dem Mädchen durch die Kopfbedeckung, ein kleines
ſchwarzes ſammtenes Häubchen, welches die Haare zuſammenhielt. Für
Sonn- und Feſttage war die Haube auch von buntem Sammet, mit
Goldſtickerei und Goldborten verſehen. Eine Schnur von Granatſteinen
mit goldenem Kreuzchen bildete den Halsſchmuck wohlhabender Frauen
1 Die Weißgerberei und Strumpfſtrickerei waren noch zu Anfang dieſes
Jahrhunderts blühende Gewerbe zu Bühl. Noch 1814 zählte man dahier 3 Weiß—
gerber und 5 Strider, während jetzt dieſe Gewerbe ganz eingegangen find.
136
und Jungfrauen. Eigenthümlih waren in biejiger Gegend auch die
log. Kapuzmäntel, fonjt eine fränkiſche Tracht. Sekt ift ſowohl
beim männlichen wie beim meiblihen Theile der Bevölkerung bie alte
Tradt völlig verihmwunden; nur noch in den Gebirgsorten finden fi)
zumeilen einzelne Reſte davon. |
Der Dialekt des hiefigen Volks ift der alemannifche mit der
faft jeder Drtjchaft wieder eigenthiimlichen Nüancirung. Näher hierauf
einzugehen, verbietet der Naum. Der von Bühl gebürtige befannte
badijche Hiltoriograph Aloy3 Schreiber hat in feiner Sagenfammlung
de3 unteren Schwarzwald Einiges in hiefiger Mundart mitgetheilt.
Der VBolkston, wie er hierort3 herrſcht, findet fich in unübertrefflicher
Meije wiedergegeben in ben populären Schriften eine® anderen Lands:
mannes, nämlich des Volksjchriftiteler® Alban Stolz, bejonders in
den eriten Jahrgängen feines berühmten Kalenders.
Kriegszeiten und Kriegsleiden.
Aus den Zeiten vor dem Schwebenfriege find nur wenige Nach—
richten über Kriegsereigniffe, welche den hieſigen Ort und feine nächite
Nahbarihaft betreffen, auf ung gekommen. Bon der windeckiſch—
ſtraßburgiſchen Fehde in den Jahren 1370 und 1371 mar bereits
oben die Nede. Zwei Sahrhunderte jpäter (1569) hatte der Flecken
durh da3 uraniſche Kriegsvolk zu leiden, welches von Frankreich
aus in die Markgrafſchaft einbrach, plündernd umherzog und die Dörfer
brandihaßte Die „uranijhen Kriegskoſten“ follten nad) dem Abjcheide
von 1570 in der Art umgelegt werden, daß die windedijchen Unter:
thanen des Fleckens daran 120 Gulden, das übrige die markgräfiſchen
zu tragen hätten.
Im dreißigjährigen Kriege wurde bie hiefige Gegend bald
von den Kaijerlihen, bald von den Schweden und Franzojen bejekt,
verbrannt und geplündert. Schon in den erjten Jahren bed Krieges,
im Juli 1622, al3 Spinola die Markgrafichaft befegte, wurde der
Flecken Bühl von den Kroaten faft ganz in Ajche gelegt, wobei ber
Umftand viel zu dem Unglüce beitrug, daß bie meiſten Hänfer noch
Strohdäher hatten!. Da aud die öffentlichen Gebäude, Vogtei,
Rath: und Pfarrhaus in den Flammen aufgingen, und dieje wegen
. 1 Abgebrannte Hofftätten“ zu Bühl werben in ben Kaufurfunden von
1623 und in den folgenden Jahren öfters erwähnt, vgl. Oberrh. Ztjhr. XXVII,
117. 118. Die Abfhaffung der Strohdächer wird im Abſch. von 1631 „wo müglich“
anbefohlen.
137
be3 Elend der Zeiten nicht mehr aufgebaut wurden, jo galt feitdem
bis Anfang dieſes Jahrhunderts als Wahrzeihen von Bühl:
Ein Rath und fein Rathhaus;
Ein Pfarrer und fein Pfarrhaus;
Thore, und body feine Stabt.
Der damalige Schuldheiß Jakob Rößler jagt in einem Schreiben
vom 31. October 1622, daß ber Marktfleden in einem „erbärmfichen
Zujtand” fei. Zweimal auch mar die hiefige Gegend von ſchwediſchen
Truppen bejegt, das erjte Mal vom October 1632 bis 1634 unter
Feldmarſchall Horn, da3 zweite Mal, wo fie noch ärger hausten, im
Sabre 1643 unter Bernhard von Weimar. Über jene erſte Ber:
beerung im jegigen Amte Bühl gibt ung Abt Gallus Wagner von
Shmwarzad in feiner Chronik ein anjchauliches Bild!. Die Leute be-
wohnten ihre Dörfer nicht mehr; Hunger und Seuchen, Plünberung
und Mordbrennerei hatten fie von Haus und Hof vertrieben. Während
zu Anfang des Krieges (1619) zu Bühl das Fuder Wein 33 und das
Viertel Korn 2 Gulden galt, war nad) der erjten ſchwediſchen Decupation
der Preiß um mehr al3 dad Zehnfache geitiegen!
Sm Sabre 1641, den 3. April, fiel bei Bühl ein bedeutendes
Treffen vor zwiſchen den Kaiferliden und den mit den Schweden ver:
bündeten Franzoſen, welche unter ihrem General Nojen zurücdgemorfen
wurben, wobei 300 (nad) anderer Angabe nur 50) Franzoſen auf dem
Plate blieben. Von Bühl aus, wo bie Kaijerlihen ihr Hauptquartier
hatten, machten dieje einen Angriff auf das von den Franzoſen bejekte
Willſtätt, dad am 10. April fich ihnen übergab ?.
1 Wir lajjen bier die Angaben der Ghronif über den bamaligen Zuſtand einiger
Dörfer in nächſter Nahbarfchaft von Bühl, die damals zum Abteigebiete gehörten,
folgen: „Bimbud, von 48 Bürgern find nod 3 übrig, zu Grund gerichtet find
26 Hofftätten, übrig ift noch eine einzige Kub; der Schaben kann gar nicht geihägt
werden. Oberbruch, von 25 Bürgern find noch 4 übrig, 9 Häufer find ruinirt,
vorhanden find noch 2 Kühe. Dberweier, von 19 Bürgern find noch 2 da, 1 Haus
ift verbrannt, 7 zufammengeftürzt; bie Bürger haben Alles verloren. Balzbofen
und Henchhurſt, von 33 Bürgern find noch 2 übrig, in Flammen gingen auf
2 Häufer, zerfallen find 12, vom Vieh ift nichts mehr übrig. Moos, zufammen-
geftürzt und in Flammen aufgegangen find 26 Häufer; acht Jahre hindurch wohnte
Niemand im Dorfe; es waren vorher ihrer 38 Bürger, von denen wenige übrig ges
blieben find. Die Einwohner find gänzlich ausgeplündert worden, fie verloren ihre
Pferde 350 Stüd (?), Rindvieb 240 St., Schweine 200 St. Zell, Häufer find
verbrannt 12, zufammengeftürzt 9; Pferde find verloren 117 St., Rindvich 136 St.,
Schweine 106; der Schaden an Hausrath und Getreide kann gar nicht tarirt werben.“
Bon Ulm heißt es: „Nach ber ſchwediſchen Verwüftung find bie — zehn —
lang unbebaut liegen geblieben.“
2 Theatr. Europ. IV, 546.
138
Später waren es bejonder8 der orleaniſche und der jpanijche
Erbjolgefrieg, in denen Bühl und dejjen Umgebung zu leiden hatten.
Am erjtern theilte der Flecken das Loos der Einäjherung mit jo vielen
Städten und Dörfern des Rheinthales. E3 war am 23. Auguft 1689,
am Vorabend des Bartholomäusfeites, al3 die Jranzojen in den Ort
einrücten, ihn plünderten und in Brand jtedten; nur drei Häujer,
welche der Volksmund jet noch bezeichnet, jollen vom ganzen Flecken
noch übrig geblieben fein !. Bon den Einwohnern hatte jih, mas fliehen
konnte, in die Wälder des Bühler: und oberen Murgthales geflüchtet,
wo Viele (nad Ausmweiß der nad diejer ſchrecklichen Kataſtrophe neu
angelegten Pfarrbüder) vor Hunger und Elend umfamen!
Eine große Bedeutung gewann der Flecken Bühl als feiter Pla&
und Hauptangriffspunft des feindlichen Heeres im ſpaniſchen Erb:
folgefrieg während der Jahre 1703 bis 1707, wo durch die Helden:
müthige Vertheidigung der jog. Bühl-Stollhofer Linie dur den Mark—
grafen Ludwig Wilhelm „das liebe Vaterland“, wie er jelbit jagt,’
„dor der feindlihen Anvafion geihüst und mit Gottes
Hilf’ aufreht erhalten worden“? Schon im 15. Jahrhunderte
lief ein jog. Land» oder Markhag vom Rhein zur alten Feſtung
Stollhofen, und von da in einer Breite von 12 bis 20 Schritten
an der Sandbach und deren Nebenbähen und Wäfjerungsgräben bis
an die Bergſtraße zwiſchen Bühl und DOttersmweier hin. Der Markgraf
lieg nun im Frühjahre 1701 diejen alten, theilweije zerfallenen Landhag
auf's Neue fortifiziven; er jollte der Schutzwall Deutſchlands gegen feine
weitlichen Feinde werben. Bühl am öjtlihen und Stollhofen am
weitlihen Ende jollten die Hauptvertheidigungspunfte bilden ?,
1 68 follen dieß fein: das Gafthbaus zum Storden bei ber Kirche, bas
Kupferihmied Maver’fche (jet neugebaute Kaufmann Vollmer’iche) Haus neben
der Domänenverwaltung (ber alte Grunbdftein trägt die Jahreszahl 1576) und bas
Schloſſer Frig’fhe Haus im fog. Hänferborf, welches Taut der Infchrift inner:
halb ber Scheune 1661 gebaut wurde. *— Man findet in unjerer Gegend jelten ein
älteres Haus, das nicht irgendwo bie Jahreszahl feiner Erbauung, bie Anfangs:
buchſtaben feiner eriten Bewohner nebſt einem Familienfymbole oder einem religiöfen
Zeihen trägt, während dieß bei neueren Gebäuden faft gar nicht mehr vorfommt.
Es jcheint, unfere Voreltern haben mehr hiſtoriſchen Sinn bejefien, als bie jegige
leichtlebige Generation.
? Die Darftellung der Greigniffe von 1703 bis 1707 ift nach ben Briefen und
militärifchen Berichten des Markgrafen jelbft gegeben. Eie find von Freiherrn
Phil. v. Röder veröffentlicht worden unter bem Titel: „Kriegs: und Staat&
Ihriften des Marfgr. Lubwig Wilhelm von Baden.“ Karler. 1850. 2 Bbe.
3 Eine militärifche Beichreibung der Bühl-Stollhofer Linie ift gegeben in
dem „Bad, Mifitäralmanach*, III. Jahrg. 1856.
139
Bereits im Juli 1701 hatte Markgraf Louis, als Faijerlicher Feld—
marjhall und Oberbefehlshaber der Neichdarmee, fein Hauptquartier zu
Bühl aufgefhlagen. Doch erit im Frühlinge 1703 kam es vor ber
Linie zu ernftlihen Kämpfen. Am 419. April nämlich waren Die
Marihälle Billars und Tallard mit einer Armee von 60,000 Mann
vor der Boltirung angefommen, wo der Markgraf mit faum 16,000 Mann
und 39 Geihüßen jtand. Troß dem Unverhältniſſe der Streitkräfte
wurden die Feinde auf allen Punkten, wo fie angriffen, zurückgeſchlagen.
Billars ließ nun, verzweifelnd an dem Gelingen eines offenen
AUngriffes, die Bühler Poſtirung am 20., 22. und 23. April aus allen
jeinen Gejhüßen beſchießen. Mehrere Einwohner büßten bei diejem
Bombardement ihr Leben ein, einige famen auf der Flucht um.
Tags darauf wurde vom Feinde nochmals ein Angriff unternommen,
diefer aber jo Fräftig zurücgeichlagen, daß die Franzoſen bis nad)
Difenburg retiriren mußten. Dieje fünftägigen Gefechte verurjachten
denjelben einen Verluft von nahezu 3000 Mann, wogegen der Marl:
graf, gedeckt durch die Bühler Wälle, kaum einige Hundert Gemeine
und nur drei Dffiziere verlor. Mit Necht aljo durfte er in jeinem Be—
richte vom 29. April aus dem Hauptquartier Kaijer und Neich beglücd-
wünjhen, daß durch die Linie von Bühldem Eindrang des
Erbfeindes in das Herz von Deutjhland ein Ziel gejegt
worden.
‚sreilih mußte bei diejen Kämpfen unjere Gegend Vieles und
Schweres leiden, und die Einwohner hatten große Opfer zu bringen.
Hören wir, wa3 der Markgraf jelbjt in einem Schreiben aus Bühl vom
3. März 1703 hierüber jagt: „Die Truppen und Pferd’ in diefem Lager
hätten verhungern und frepiren müßen, wann ich nicht aus meinem
wenigen nocd übrigen biejigen Yand da3 Stroh und Heu biß auf den
legten Halm alles hätte zuſammen juchen, ja gar daß Brod meinen
Undertbanen nehmen und diejer Enden jtehenden Truppen reichen
lajien.” Da die Bühler Linie, „woran das Heyl von ganz
Teutjhland gelegen”, wie der Markgraf in einem andern Schreiben
jagt, ohne Alles nach fich zu ziehen „nit über Haufen gehen dürfte”,
jo mußten im März und April 1703 bejtändig ein paar taujend Bauern
aus den benachbarten Ortſchaften an ihrer Fortification frohnen.
Das Broviantfuhrmwejen mußte ebenfalld durch die Unterthanen
bejorgt werden, „deren Pferd’ und Vieh,” mie es weiter heißt, „bei diejem
ihlimmen Wetter und Weg völlig zu Grund gerichtet und in wenig Tagen
zu weiterem Gebrauch nit mehr im Stand fein werden, eine Fuhr zu thun“,
Dazu kam noch, daß der Feind, ungeachtet der eingetriebenen Gontris
butionen, „ba8 Meiſte im Gebirg und flahen Land verbrannte
140
und allen Muethwillen verübte”. An einem Briefe an ben
Kaijer vom 27. September 1703 Hagt der Markgraf: „Ich bin hiebei
der Unglüclichite, weil ih Land und Leut’, durch Überhäufung
der aldort liegenden Truppen, ruinier’ und zu Bettler
mad’ Ja, e3 fallt dem übrigen Land weniger verderblih, die Con—
tribution zu zahlen und in Ruhe zuzufehen, ala zur Defenfion des ge:
meinen Mejens im Sommer und Winter die Fouragirung, den Bor:
jpann, die Transporte und allen übrigen Landſchaden zu tragen, wobei
in einem Haufe meift 6 bi8 10 Mann einquartiert liegen. Sch muß
beiorgen, daß die Truppen allda verderben und meine Unterthanen von
Haus und Hof werden verlaufen müßen.“ Der große moralijde
Schaden, den das Zufammenziehen jo vieler Truppen am hiefigen Orte
mit ſich bradte, it au dem Geburtsbucde (von 1701 bis 1707)
erſichtlich!
Vorübergehend vom 17. Juni 1704 führte ſtatt des Markgrafen
der „edle Ritter“ Prinz Eugen von Savoyen den Oberbefehl in der
Bühler Linie. Wir unterlaſſen es bier, den Wechſel der einzelnen Regi—
menter und ihrer Anführer, wie er von 1704 bis 1707 in ber Linie
itattfand !, näher zu bejchreiben, und fügen nur noch bei, daß am
15. Juli 1705 zu Bühl eine Conferenz ber vorderöſterreichiſchen
Landſtände behufs Nepartirung der Kriegäkoften tagte. Im Spätjahr
1705 berrihte große Theurung, da faſt fämmtliche Lebensmittel von
den Kriegsvölkern aufgezehrt waren; dennoch wollte der Markgraf die
Bühler Verſchanzung um jeden Preis erhalten, da fie von jeher
dem Feinde „ein großer Dorn im Auge” gemwejen; fie wurde aud von
ihm bis zu ſeinem Tode (den 4. Januar 1707) mit unjäglichen Opfern
vertheidigt und ruhmvoll behauptet.
Kaum hatte derjelbe aber die Augen geſchloſſen, als der Feind einen
neuen Angriff auf die bisher für unüberwindlich gehaltene Linie vor:
bereitete. Am 22. Mai 1707 langte Villars mit 30,000 Mann vor
Bühl an. Der durlachiſche Erbprinzg Karl Wilhelm (der nachmalige
Gründer von Karlsruhe), der dajelbit mit nur 2000 Mann Fußvolk
und beiläufig 600 Dragonern lag, mußte der Übermacht weichen. Er
beſchloß, die Linie preißzugeben, und marjchirte am 24. Mai, des Morgens
4 Uhr in aller Stille nah Pforzheim ab, mworauf die Franzofen in
die Linie einzogen, Ein großer Theil der Einwohner war ebenfall® mit
den Truppen fortgezogen aus Furcht, weil man das Schlimmite ver-
ı jlber den jämmerlihen Zuftand der Reichsarmee vergleiche bie Berichte bes
Markgrafen aus Bühl vom 31. Zuli 1701, 21. Februar, 3. März, 26. Mai 1703,
17. Aug. 1705.
141
muthete. Doc hielten die Offiziere unter den Truppen jtrenge Mannes:
zudt. „Die Einnahme der Linie gieng leicht,” ſagte Villars, als
er der vermwittweten Markgräfin Augujta Sibylla zu Raſtatt die
Aufwartung machte!, „denn der Markgraf war tobt.“
Die Wälle wurden dem Erdboden gleihgemadt; Marihall Villars
lieg 4000 Bauern aus den Dörfern der Nahbarihajt dazu aufbieten.
Gegenwärtig erinnern noch einige Gemarkungsnamen bei Bühl, z. B.
„Schänzel” und „Dammſchanz“, an die einjt jo berühmte Schugwehr
Deutſchlands gegen deſſen Erbfeind, an ihre glorreiche Bertheidigung
und ruhmloje Preisgebung!
Noch öfters während des vorigen Jahrhunderts hatte Bühl! durch
die franzöſiſchen Einfälle zu leiden, wie namentlih in den dreißiger?
und neunziger Jahren. Die Jahre von 1793 bis 1799 find fait
ganz ausgefüllt mit Truppendurchzügen und Einquartierungen bald von
Seiten der Franzoſen, bald von Seiten der Reichsarmee. Bon 1793 bis
94 hatten die Prinzen Condé Duc de Berry und d'Angouléême
mit ihrem Armeeforps hier das Winterquartier bezogen, wobei ji) ein
großer Hofjtaat von den adeligen Gmigranten im Flecken jammelte,
die beſonders in erfter Zeit majjenhajtes Geld in Umlauf bradten.
Im Sahre 1796, als Moreau mit dem franzöfiichen Heere den
Rhein Überjchritt, Fam es zwiſchen bier und Steinbach zu einem Vor—
poftengefecht feiner Avantgarde mit den DOfterreihern unter Sztarray
(den 4. Juli). Drei Viertheile der Einwohnerſchaft hatten fich nad) dem
Berichte des damaligen Gemeindepflegers Weiber bei dem Anrücden
der Franzoſen in’3 Gebirg geflüchtet, und der Wochenmarkt war von
Ende Mai bis Mitte Juli ſiſtirt. So beſchwerlich auch den Leuten
die bejtändigen Einquartierungen und FouragesXieferungen fallen mußten,
jo war man doch jede Mal wieder froh, wenn die Diterreider ein-
rücdten. In einem Schreiben aus Mannheim vom 25. Jänner 1797
drüdt der fiegreiche Erzherzog Karl den Einwohnern Bühls feinen Dank
aus „für die vielfältigen Beweile von ähter Anhänglichkeit für
die kaiſerliche Armee“.
Die Kriegskoften beliefen fih für die Gemeinde Bühl pro
anno 1796 und 1797 zufammen auf 5461 Gulden. Dazu kamen noch
Hagelihlag und Mißwachs, jo namentlich im Jahre 1797, wo der
Hagel fait Alles auf dem Felde zerichlug (14. Mai), jo da man ber
1 Bol. Sachs, Einleitung in die Gef. der Markgrafſchaft, V, 80.
2 In Lebbafter Erinnerung an bie Ruhmesthaten bes Markgrafen Ludwig
Wilhelm bei Vertheidigung ber Bühler Linie pflegte man bamals 1730 zu jagen:
„Hätte man ben Hut des Markgrafen an einer Stange am Rhein auf:
geftedt, bie Franzoſen hätten es nicht gewagt, herüber zu fommen.“
142
Bürgerfhaft den Zehnten zu zwei Dritteln nadlafien mußte. Anno 1799
it faft Fein Wein gewachſen, jo daß das Fuder 223 Gulden galt,
während man in den achtziger Jahren für dasjelbe nur 40 bis 50
Gulden bezahlt Hatte‘.
Beim damaligen Einfalle nahmen die Franzoſen aus dem Bürger:
haus auch zwei Kleine Kanonen mit, melde die Gemeinde feit alter
Zeit befaß?. Sie famen in die Eitadelle nad Straßburg. Nach der
Einnahme diejer Feltung dur die deutſchen Truppen im Sabre
1870 wurden der Stadtgemeinde die beiden alten Geſchütze wieder zu—
rüderjtattet; die Abholung derjelben am 12. Detober gejtaltete fich zu
einem patriotiichen Feſte.
Aus den Napoleonijhen Kriegen ift, hiefigen Ort betreffend,
nicht3 Bemerfenwerthes zu berichten. Die Truppen-Durchmärſche, Eins
quartierungen, Lieferung an Lebensmitteln, Heu, Stroh und dergleichen,
vom Jahre 1800 bis 1815 dauernd, verurjadhten der Gemeinde eine
Kriegsſchuld von 14,692 Gulden, welche erſt in den dreißiger Jahren
volljtändig abgetragen werden Konnte. Erwähnung bürfte noch ver—
dienen, daß nad dem Sturze Napoleons der Kaijer Franz und deſſen
Bruder Leopold, der damalige Großherzog von Würzburg, im Dezember
1813 auf ihrer Durchreiſe von Frankfurt nad Freiburg zu Bühl das
Nachtlager nahmen, mobei der jchöne gothiſche Kirchthurm, ſowie die
Hauptitraße des Drtes, dem Kaiſer zu Ehren prächtig beleuchtet wurden.
Verdiente und namhafte Männer aus Bühl.
In einer Ortsgeſchichte müffen au jene Männer Erwähnung
finden, welche hervorragend entweder durch ihre Talente und ihre Stellung
in Staat und Kirche, oder ſich augzeichnend in Kunft und Wiſſenſchaft
dur ihre Geburt dem Drte angehören. In unjerm Lande gibt es
fait fein Städtchen oder fein größere® Dorf, das nicht den einen oder
andern derartigen Mann aufzumeijen hätte. Bon Bühl find folgende
PBerfönlichkeiten nennenswerth:
Wolfgang Tuder, Dr. beider Rechte, am Schlufje des 15. oder
zu Anfang des 16. Jahrhunderts dahier geboren. Um 1548 war er
Generalvicar in spirit. des Biſchofs Erasmus von Straßburg. Näheres
über jeinen Lebensgang ijt dem Schreiber biejed nicht bekannt.
ı Alten der Gemeindbe-Regiftratur.
2 Jede ift etwa 2 Meter lang und 500 Kilogr. ſchwer. Oberhalb der Mündung
ift die Jahreszahl 1676 eingegofien. Das eingegojiene Wappen hat zwei Felder, das
rechte ift leer, das Tinfe zeigt in ber obern Abtheilung einen Baum, in ber untern
drei ſenkrechte Balfen, darüber bie Freiberrnfrone mit den Buchſtaben H. V. S.
143
Johann Heinrih Tucher, Dr. der Philojophie und beider
Rechte, zu Bühl geboren um 1540, wohl ein Verwandter (Neffe?)
des Vorigen. Am Jahre 1558 bezog er bie Univerfität Yreiburg,
wurde im folgenden Jahre Baccalaureus, 1561 Magilter der freien
Künfte, war von ba falt fünfzig Jahre hindurch an diefer Hochſchule
thätig, zuerit al3 Profeflior der alten Sprachen und der Rhetorik bis
1587, von da an in ber juriftiichen Facultät als Lehrer des römiſchen
und des Kirchenrechtes bis zu feinem Tode im Frühjahre 1609 1. Näheres
über jein Leben und die von ihm edirten Schriften (juriftiichen Inhalts)
findet jih bei Schreiber, Geſch. der Univerjität Freib. II, 177.
Aloy3 Schreiber, Dr. der Philojophie, der befannte badiſche
Hiltoriograpb, Dichter und Novellift, wurde in dem zur Pfarrei Kappel:
Mindef damals gehörigen Ortstheil von Bühl (Oberbrüd) geboren
den 12. October 1761? Sein Bater Ignaz war Kaufmann und
Mitglied des Zwölfergerihts zu Bühl. Aloys machte jeine Studien am
Gymnafium von Baden, wo er auch von 1754 bis 1788 eine Profejjur
befleidete, lebte dann als Privatgelehrter zu Bühl bei feinen Verwandten
und zu Naftatt; gab während der Congreßzeit daſelbſt das Congreßhand—
buch heraus. Von 1805 bis 1813 war Schreiber Profefjor der Äſthetik
an der Univerfität Heidelberg, von 1813 biß 1841 lebte er als
„badiſcher Hiltoriograph” zu Baden, mo er den 21. October 1841 jtarb.
Schreiber war ein Schriftjteller von großer Probuctivität und
auf dem Gebiete der vaterländijchen Topographie, Gedichte und Sage
bis zu jeinem Tode thätig; er hat audh die Sagen feiner Heimath
zuerjt gejammelt. Seine Werfe find verzeichnet im N. Nefrolog der
Deutſchen 19, 1294, bei J. Kehrein, Biogr.=hiltor. Yer. der fa-
tholiſchen Dichter und Volksjchriftiteller ded 19. Jahrhunderts II, 126.
Der ebenfalls als vaterländijher Schriftiteller befannte Profeſſor Guido
Schreiber war ein Sohn des Hofraths.
Beiondere Verdienſte um die Verbeſſerung der Landwirthichaft im
Amtsbezirfe Bühl, ſowie auch um die Gejhichte feiner Heimat Hat fich
ı Die Tuher waren während bes 16. Jahrbunberts eine ber angefchenften
Bürgerfamilien zu Bühl; Mitglieder derfelben finden wir als Schuldheiße, Bürger:
meifter, Gerichtsleute. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts war fie bereits dahier
erlofhen. Ob diefe Familie mit dem befannten Patricier-Geſchlecht der Tucher zu
Nürnberg verwandt gewefen? (,Gedenkbuch des Tucher'ſchen Gejchlehts von 1386
bis 1454* in den „Nürnberger Chroniken“, 4. Bd. Leipzig, Hirzel, 1872.)
2 Bol. Liber Baptiz. der Pfarrei Kappel-Windef ad 12. Oct. 1761. Darnach ift
bie Angabe des Geburtsortes, bed Geburtsbatumg und Taufnamens (nicht
Wilhelm) von Aloys Schreiber in den Schrifftellersterifa und Literatursdandbücern
zu berichtigen. Auch in ben Bad. Biograpbieen II, 279 find faliche Daten.
144
erworben Ludwig Stolz, Apotheker zu Bühl, Tangjähriger Vorſtand
de3 landwirthſchaftlichen Bezirksvereins, zeitweilig Landtagsabgeordneter
für Bühl-Achern, als welcher er zur conſervativen Partei zählte, dahier
geboren den 14. Februar 1788 und geſtorben ben 11. März 18601.
Apotheker Stolz genoß wegen jeiner vielen Verdienſte um das Ge-
meindewohl, wie wegen feiner außgebreiteten Kenntniffe, feine menjchen-
freundlichen Charakter und jeiner Wohlthätigkeit, die ungetheilte Hoch—
ahtung feiner Mitbürger. Außer der in dieſer Arbeit oft citirten
„Urkundenſammlung des ehemaligen Warktfledend Bühl“ Hinter:
lieg Stolz noch eine Hiſtoriſch-topographiſch-ſtatiſtiſche Be—
ihreibung des Amtsbezirks Bühl, 1845 (Mier. 354 ©. in Fol.),
eine Arbeit, die bejonders im naturwifjenihaftlihen Theile (S. 82 bis
2835) sehr erihöpfend und gründlih if. Im Drude find erjchienen:
„Die Landwirthſchaft im Amtsbezirke Bühl, Karlsruhe bei Gutſch,
1844”, außerdem zahlreihe Aufjäße im landwirthſchaftlichen
Wochenblatte, namentlich über die Nebencultur in biefiger Gegend.
Alban Stolz, ein Bruder de Vorigen, Dr. der Theologie, Geift-
liher Nath und Profeffor der Paitoraltheologie, und Pädagogik an der
Univerfität Freiburg, der bekannte hochverdiente Volksſchriftſteller,
wurde dahier geboren den 3. Februar 1808.
ALS Verfaſſer mehrerer vaterländiihen Schriften ift noch zu nennen:
Karl von Beust, geboren zu Bühl den 29. Juni 1809, Großherzog:
licher Kammerjunfer und Rechtsanwalt, geftorben zu NRajtatt den 27. Juli
1860. Seine Schriften behandeln die Ritter von Winded, die Stadt
Bühl und Umgegend (1857), die Grafen von Eberjtein (1855), das
Schloß zu Naftatt und dejjen Erbauer (1855), das Luſtſchloß Favorit
und deſſen Erbauerin (1858) und die Kirchen von Najtatt (1859).
Auperdem find jeit dem vorigen und in biefem Jahrhunderte noch
eine Reihe von Geiftliden, Philologen, Jurijten und Medi—
cinern aus Bühl hervorgegangen, troßdem bajelbit feine Gelegenheit zu
höheren Studien geboten war; an Geijtlihen 3. B. zählt die neuanges
legte Pfarr: Chronif allein vierundzwanzig auf, welche jeit der Mitte
de3 vorigen Jahrhunderts hier geboren mwurben 2.
ı Die Familie Stolz, urfprünglih im Bühlerthale anſäßig, erfcheint jeit 1628
in ben Bühler Gemeindeaften. Aloys Stolz, der Vater von Lubwig Stolz, gründete
im Jahre 1786 bie biefige Apotheke.
2 Inter diefen ift befonders erwähnenswerth ber verdiente Geijtlihe Nath und
Piarrer Ignaz Kling, bahier (in Oberbrüd) geboren den 29, Juli 1780, Prieſter
jeit 1815, geftorben im 97, Lebensjahre den 3. November 1876. ©. Freib. Kirchen:
blatt 1376, Wr. 47.
Die
Freiherren von Wartenberg.
Von
Dr. Franz Ludwig Baumann.
Das hochadelige Gejchleht der Freiherren, Nobiles von Warten:
berg, weldem der fchöne, öftlih von Donaueihingen liegende Berg
d. N. Sik und Namen gegeden bat, bürfte troß feiner ausgedehnten
Güter in der Baar, in Oberſchwaben und in der Weſtſchweiz, trotz ber
firhlihen Würden, welche mehrere feiner Glieder bekleidet, trot des
landgräflihen Amtes, das ein Zweig desfelben erworben hat, und trotz
jeiner nahen Beziehungen zum Hofgerichte in Rotweil bisher nicht
genügende Würdigung erfahren haben. Deßhalb entſchloß ich mich, um
diefem Haufe die ihm gebührende Beachtung wieder zu verichaffen, jeine
Gedichte eingehend darzuftellen. Dieſes Vorhaben aber kann ih, ob:
wohl ich feit vier Jahren allen mir zugänglichen einjchlagenden Stoff
gejammelt babe, an diejer Stelle noch nicht ausführen, weil mein
Material, namentlich über die Wartenberger des 15. Jahrhunderts, noch
zu viele und zu große Rüden zeigt. Ich zmeifle indeffen nicht, daß
noch mande wartenbergiſche Urkunde in den Archiven unferer Städte,
in den Negijtraturen unjerer Pfarreien verborgen liegt. In der Abficht,
damit manchen localfundigen Lejer unjerer Zeitichrift zu Nachforſchungen
bewegen zu können, und in der Hoffnung, recht viele Nachträge zu
meinem Materiale auf diefem Wege zu erhalten, gebe ich bier vorerit
die Regeſten der mir bisher zugänglichen mwartenbergijchen Urkunden !.
Im folgenden Jahre aber hoffe ich die Gejhichte und den Stammbaum
des Haufes Wartenberg, ſowie eine eingehende Darjtellung feiner Be:
figungen und feiner Stellung zum Rotweiler Hofgerichte und zur Land—
grafihaft Baar bieten zu können.
1 Ausgefchlofien blieben alle Urfunden, welde Glieder des Haufes nicht als
folde, fondern im ihrer Stellung als Landrichter zu Rotweil, als Äbte von St. Gallen,
Reihenau, Gengenbady u. ſ. w. gegeben haben.
10*
a
148
1. — 1086.
Quidam miles Lantfridus * dedidit S. Georgio ? allodium suum
in villa Owoluingen ?, circiter 2 mansos.
Not. 8. Georgii in ber Oberrh. Zeitſchriſt IX, 203.
2. — 1090, Juni 15.
Zeuge im unädten Stiftungsbriefe des Kloſters Weingarten *:
comes Berchtoldus de Wartenberc°.
Wirtenberg. Urkundenbuch I, 295.
3. — 109, Behr. 2. 5t. Georgen.
Cöno, miles de Gisingen ®, et filii eius Bertholdus et Conradus
tradunt 8. Georgio in ipsius cella ’, quicquid habuerunt apud Par-
mam ® in rupibus, quae propter aspirantem videntur Serrae ? uocari.
Not. S. Georgii in ber Oberrb. Zeitſchr. IX, 219, Nr. 98.
4. — 6. 1099. Rotweil.
Zeugen der Stiftung des Klojterd Alpirsbach 1% mitten unter uns
beitreitbaren nobiles: Bertoldus et Chönradus, fratres de Gisingin.
A. apud uillam, que Rotwile ?! dieitur.
Wirtenberg. Urfundenbud) I, 317.
5. — 1111.
Herr Nuodolf und Herr Wernher von Zimmern 1? jchenfen auf
Bitten ihrer Mutter Alathilden dem Klofter St. Georgen zum Seelen:
— — — — —
1 sc. von Gifingen, ſ. Regeſt Nr. 7. Daß die Freiherren von Wartenberg mit
ben nobiles de Gisingen identiſch find, fol im zweiten Theile gezeigt werben.
2 Klofter St. Georgen an ber Brigach, Bez.:A. Villingen.
3 Aulfingen im Aitrachthal bei Geifingen ; biefes Allod veräußerte St. Georgen
ſchon 1094 tauſchweiſe wieder, bei welchem Anlaſſe Lantfried senior Lantfridus ge:
nannt wird. In diefer Stellung bezeichnet senior nicht das Alter, fondern ben
Senioratsherrn, ben Lehensherin; Lantfried von Geifingen gehört aljo ficher zu ben
nobiles, zu ben Dynaſten. Vgl. Oberrh. Zeitſchr. IX, 213.
+ Ehem. berühmte Reihsabtei im O.A. Ravensburg.
5 Diefe Urkunde wurde wahrjheinlid im 13. Jahrh. zum Theil nach ächten
Vorlagen fabricirtt.
6 Geifingen an der Donau, Bez.:A. Donauefdingen.
? db, h. im Klofter St. Georgen ſelbſt.
8 Unbeftimmt, faum auf Beuron zu deuten, bern bies heißt alt Buren.
9 Gemeint find die Feljen bes Donauthales von Mühlheim bis Scheer; „ſcerra“
bedeutet altdeutich Fels, Klippe, von ben bier gemeinten „Scherren“ hat ber Scherragau
feinen Namen.
10 An ber Kinzig, D.:A. Oberndorf. 1! Wirt, Stabt am Nedar.
12 Befanntes Freiberrengeichledht, bejien Stammort Herrenzimmern bei Rotweil war.
149
heile ihres Vater? Mangwalt etliche Höfe zu Nulinkhofen 1, vor dem
Stäbdtlein Herrenzimmern gelegen.
Dieſe Alathild jol eine Freiin von Wartenberg und zwar von ber
Wildenfteiner Linie geweſen fein, ihr Vater Anshelm habe zu Wilden:
jtein an der Eſchach gemohnt ?.
Zimmerifhe Chronif I, 61—62.
6. — 1112, April 22. Kloſter Shaffhaufen.
Counradus de Gisingen bezeugt eine Schenfung an das Klojter
Schaffhauſen.
Actum in villa Scafhusa in monasterio s. Salvatoris 1112,
X Kal. Mai.
Fickler, Quellen und Forfhungen ©. 35.
7. — c. 1115. Kloſter Rheinau.
Lantfridus de Gisingen tradit hereditatem suam, quam habet
de Podilshusin ?, et situm est hoc oppidum in pago, qui Bara
dieitur, juxta Danubium, monasterio, quod Rinowa* dieitur, ea
ratione, ut ex hac hora mansionem suam in praedicto monasterio,
sicut quilibet monachus, habeat.
Actum in ipso monasterio, domno Ottone abbate praesente et
domno Heinrico IV ® regnante.
Van der Meer, hist. dipl. mon. Rhenaugiensis in Zapf, Anecdota 465,
nr. 31.
8. — 1138.
Zeugen ber Schenfung eine® liber homo de Baldingen® an
St. Georgen: Conradus de Wartenberg, Bertholdus de Guot-
matingen ®.
Oberrb. Zeitichr. IX, 223.
1 Abgegangen.
2? Dbiger Angabe mag, was die erwähnte Schenfung und bie Eriflenz einer
Alathild von Zimmern betrifft, Wahrheit zu Grunde Tiegen; jedenfall aber gehört
biefe Freiin nicht zu ben Wartenbergern, benn eine Wildenfleiner Linie biefes Ge:
ſchlechtes gab es 1111 no nit. Zudem, hieß nie ein Wartenberger Anshelm, wo—
gegen dies ein Lieblingsname jener Freiberren von Wildenftein (nicht an ber Eſchach
bei Rotweil, fondern im Donauthal) war, melde zum Stamme ber Edeln von
Juftingen gehörten; aber auch dieſe Famen erſt c. 1250 als Erben ber ältern
Dynaften von Wilbenftein in Beſitz dieſer Herrſchaft.
3 Bolzhaufen, abgegangen, es lag öflih von Geifingen an der Donau.
+ Rheinau, Canton Zürich.
> Die Rheinauer bezeichnen Kaifer Heinrih V als Heinrich IV, weil fie, echte
Gregorianer, deſſen Vater nicht anerkannten.
6 Dberbaldingen, Gutmabingen, beide Bez.:A. Donaueſchingen.
150
9. —— 1140.
Zeuge einer Schenkung in Brunnehoubiton * und Baldingen an
St. Georgen: Conradus de Wartenberg.
Oberrh. Zeitſchr. IX, 224,
10. — 1169, März.
Conradus de Wartinberc, Berhtoldus Sceizili de Baldingin
bezeugen eine Güterübergabe Rudolfs von Bat? an feine Gemahlin
und an Salem in generali placito coram comite prouinciali Heinrico ®.
Karlsruhe, Salemer Copialbuch I, 62, Nr. XXXIV.
11. — 1179, März 7. Riegel.
Zeuge einer Schenkung bed Herzogs Berthold von Zäringen in
Roggimbach, Vilingen, Afiheim, Toöchingen* an Klofter Thennenbadh >:
Conradus de Wartimbere.
Datum in castro Riegol ®.
Schriften des badiſchen Altertfumsvereins II, 191.
12. — 1187, Aug. 29. Zürich.
Zeuge einer in Zürich gegebenen Urkunde des Herzogs Berthold
von Zäringen: Chunradus de Wartenberch.
Zeerleder, Berner Urkundenbuch I, 141.
13. — 1205, April 6. Gonflanz.
Dethalmus, Constantiensis episcopus, notum facit, quod duo
viri nobiles et ingenui, fratres germani, milites, Chönradus et
Beringerus predium in Shuzinret 7” cum pluribus aliis prediis Pre-
monstratensi ordini, ut ejusdem religio ibi viveret, donaverunt.
Illis vero ab hac luce migrantibus, vir nobilis, libere conditionis
miles, dominus Chönradus de Wartinberch, eo quod esset proximus
de sanguine illorum, predia jam dicta occupavit et nomine here-
dipete hereditatis omnia retinere nitebatur. Tandem, lite suscitata
et querela sepius instaurata, partem suam (sc. Dethalmi episcopi)
interponi placuit, et, multorum bonorum virorum fusa prece et
accedente consilio, ad hunc finem res deducta dinoscitur, ut jam
nominatus miles fundum illum Shuzinret cum omnibus suis per-
t Bronnhaupten, O.⸗A. Balingen.
2 In Graubündten, 3 von Heiligenberg.
Dauchingen, Bez. Villingen; Afen, Bez: A. Donauefhingen; Roggenbach, abs
gegangen, im Kirnachthal unweit Villingen.
5 Bei Emmendingen im Breisgau. 6 Riegel am Kaiferjtuhl.
? Schuflenried, O.A. Walbfee.
151
tinentiis et prediis Vdilsrutti, Amicineswilleri, Chuirinbach, Löic-
bach ', religiosis Premonstratensis ordinis ad serviendum in ipso
fundo deo in perpetuum donaret, aliam vero partem eorundem
prediorum, seilicet Richinbach, Hertin, Dorf, Nuuiron ? cum suc-
cessoribus suis absque religiosorum omni in posterum pulsatione
quiete possideret. Omni autem jure, quod in dicto fundo Shuzinret
habere videbatur, dominus Chönradus et successores sui renuntia-
verunt filii, nec officium vel jus vel nomen patroni ibi retinebunt,
sed nec locus nec homines loci eis in aliquibus erunt obnoxii, nisi
quod pro eis jus spiritale fundatoribus locorum debitum, scilicet
orationum munus specialius et devotius, quam pro aliis deo offeratur
et pro tota eorum succedente posteritate.
Erant viri venerabiles et religiosi de Salem et de Rinaugia
abbates et honorabiles personae litteratae Constantiensis ecclesiae
canonici Albertus, praepositus de Sindiluingin?, Wernherus de
Stöifin*, ministeriales accepti domini regis Philippi Fridericus,
dapifer de Walpurch, Heinricus de Smalineege® jam dicte trans-
actionis mediatores.
Acta sunt hec et in synodo Constantiensi coram omnibus pu-
blicata proxima quarta feria ante Cenam domini 1205.
Wirtenberg. Urfundenbud II, 349—51.
Diefe Urkunde ift zweifellos, was ihre Form betrifft, gefälfcht; an der Wahrheit
ihres Inhaltes aber darf nicht gezweifelt werben, weil die Urkunde von 1220 (Mr. 15)
einen durch Biſchof Diethelm gefchloffenen Vertrag zwiſchen Schuflenried und Warten:
berg erwähnt, weil ber Vertrag von 1220 nur als weitere Ausführung des Anlaſſes
von 1205 erſcheint, und endlich weil die Wartenberger wirklich nod im 14. Jahre
hundert von Schufjenried als Stifter geehrt wurden. Ein weiterer Beweis bürfte
auch in folgender Erzählung der 1524 verfaßten libri preelatorum Weissenaugensium
(Handſchrift im Stuttgarter Staatsardive), Buch II, 111. 112 Tiegen:
Fratres in Soreth quomodo eiecti et iterum assumpti. Cun-
radus, miles de Wartenberg, filius sororis fundatoris® in Soreth, post mortem
eorum petebat heereditatem et uenit ad Soreth uiolenter, omnes eiecit fratres
atque ecclesiam parochialem cuidem Heinrico de Amedes ’ concessit. Fratres,
qui eiecti fuerant, tunc temporis non habebant pr&positum, reuersi sunt ad
Augiam ®?, ad matricem ecclesiam suam. Consilio itaque prspositi atque con-
uentus habito, miserunt Romam, et impetratis judicibus excommunicatus est
aduersarius eorum, et terra sua posita est sub interdicto. Ipse uero tyranidem
Olzreute, Enzisweiler, Kirnbady bei Schuffenried und Laubach, O.⸗“A. Saulgau.
? Nidenbah und Herten bei Winterthur, Dorf bei Andelfingen, alle brei Gant.
Züri, Neufahrn (Ober:, Nieder-) bei Frauenfeld, Cant. Thurgau.
s Sindelfingen bei Stuttgart. + Staufen bei Hilzingen (badiſch).
> Waldburg und Schmaled, D.:U. Ravensburg.
6 fies fundatorum. " Ems bei Chur. Weißenau bei Ravensburg.
152
suam contra fratres, quos eiecerat, et etiam ecclesiam Augiensem exercebat,
ubicunque poterat, itaque quod domos eorum in Bufenanch ! succendebat. Cum
uero supradicti fratres multa mala fuissent perpessi et aliquoties a judicibus
delegatis in possessionem suam missi essent et iterum eiecti, conuenerunt una
die Cunradus prepositus Augiensis, cum suis fratribus tam Augiensibus, quam
illis de Soreth ?, et Cunradus de Wartenberg cum suis fautoribus et amiecis
Constantiam in presentia domini Diethalmi episcopi et mediantibus abbate de
Rinow et abbate de Salem et Alberto, pr®posito de Sindelfingen, Heinrico de
Waldpurg et Heinrico de Schmalneg, militibus. Hier folgen ſodann genau bie
oben angegebenen Bertragsbeftimmungen.
14. — 1215. Alm.
Cünradus de Wartenbere et Hainricus, frater suus, zeugen in
einer Urkunde Abt Heinrichs von Reichenau über die Vogtei der Kirche
Schienen.
Acta sunt hec autem coram multis nobilibus in regia curia
apud Ulmam sollempniter celebrata 1215, indietione II.
Acta succincta Augiae Divitis (Handſchrift des 18. Jahrh. auf ber
Staatsbibliothef zu Münden).
15. — 1220.
Cum viri nobiles de Shvzzinr&it Conradus et Berngerus, frater
eius, monasterium Sorech ? in suo fundassent allodio cum uni-
versali prediorum suorum donatione, in facie imperii et sollempni
prineipum curia temporibus Friderici imperatoris filiorumque eius
crebrius facta et imperiali auctoritate roborata ®, nemine prorsus
contradicente, mortuis eisdem Conrado scilicet et Berngero, viri
illustres germani de Wartinbere, Conradus et Hainricus, sed et
pater ipsorum, prioribus temporibus eorundem fundatorum proximi,
donationem ipsam irritare contendebant, dicentes, ipsam usque-
quaque non esse legitimam, quod ipsorum juri hereditario pre-
judicium generare videretur. Econtra monasterium asserebat, nullam
ipsis post mortem fundatorum actionem conpetere, cum, scientibus
ipsis, predictum monasterium prediorum illorum jam pridem quieta
possessione frueretur. Post longam concertationem lis in hunc
modum, mediantibus viris bonis et honestis, terminata est:
Fluviolus, qui Ostrach * dieitur, quasi. pro limitari termino
statutus est, et universa predia, que sita sunt ex parte orientali
eiusdem amnis, que libera, id est non infeudata sunt, libere cedant
sepedicto monasterio. Prediorum vero, que ex eadem parte sita
1 Baufnang, B.A. Überlingen.
? Das Klofter Schufienrieb hieß auch Soreth.
Nämlich 1183. + Münbet bei Mengen in die Donau.
153
sunt, et titulo feudali obligata, hec erit ratio, quod proprietas
quidem erit monasterii, persone vero seu milites, qui predia illa
de manu dominorum de Wartinbere in feudo tenent, in eodem
hominio permanebunt. Et item, si que earundem personarum,
que feuda tenent, aliquid de eisdem feudis pro remedio anime sue
monasterio gratis conferre voluerint, domini de Wartinberk contra-
dicere non poterunt. Si quid vero de eisdem feudis monasterium
per emptionem sibi conquisierit, hie consensus sepedietorum do-
minorum de Wartinberc requiretur, qui etiam consentire debebunt,
eo pacto, ut per pecuniam emptionis alia terra conparetur, que
in feudo de manu ipsorum teneatur. Predia vero, que ex parte
occidentali eiusdem amnis sita sunt, sive sint libera sive infeudata,
itemque predia secus Renum sita, id est Richenbach cum suis
appenditiis, libere et universaliter cedent dominio predictorum
dominorum. Huic conpositioni, olim facte coram bone memorie
episcopo Diethalmo, interfuerunt viri religiosi Hainricus de Rinaugia
abbas, Ebirhardus de Salem abbas, Conradus tunc prepositus de
Augia !, nunc vero abbas Premonstratensis? et alii quam plures.
Postmodum vero, presentibus nobilibus viris Conrado et Hainrico
de Wartinberc, per renovationem publicata et protestata est eadem
forma compositionis a prefatis venerabilibus abbatibus et O., pre-
posito in Augia°, et a partibus utrimque acceptata.
Actum est autem hoc anno incarnationis dominice 1220.
Wirtenberg. Urfundenbud, III, 106—107.
16. — 1222, März 3. Salem.
Conradus de Wartinbere Zeuge eined VBermädtnifjeß des Grafen
Berthold von Sulz an das Klojter Salem.
Wirtenberg. Urfundenbud III, 131.
17. — 1223.
Propſt Conrad von Soreth kauft von den Herren von Wartenberg
die an dieſelben in Schuſſenried heimgefallenen Lehen um 40 Pfund.
Dieſelben geben dem Kloſter auch das Eigenthum an den Lehen des
Ritters Heinrich von Schuſſenried und der Wittwe Friedrichs von
Schufjenried *.
Schuffenrieder Chronif, Handſchrift des 18. Jahrh. im k. Staatsarchive
zu Stuttgart, ©. 13.
1 Weifjenau bei Ravensburg. 2 Nämlih vom Klofter Premontre.
3 Drtolf, Propft von Weiſſenau.
* Die betr. Urkunde fcheint nicht mehr vorhanden zu fein.
154
18. — 1228, Aug. 1. Geifingen.
Hainricus de Wartinbere bezeugt die Reſignation ber Rungtaler 1
Zehnten in die Hand Abt Conrads von St. Gallen durch dejjen villicus
Burcadus (sic) de Kilchdorf ?.
Anno 1228, Kal. Aug. Actum est hoc in Gisingin.
Salemer Copialbuch II, 47.
19. — 1236, Juni 1. Reichenau.
C., nobilis vir de Wartenberg, bezeugt die Übergabe des Gutes
Mecinheim 3 durch den Konvent des Kloſters Neichenau an das Hoch—
jtift Speier,
Act. Augie 1236, Kal. Jun. ind. IX.
Stillfried, Mon. Zoller. I, nr. 166.
20. — 1239. Konzenberg.
Cunradus et Cvnradus itemque Cvnradus, Cvnradi quondam
Furstonis* filii, [cum pater ipsorum pie memorie in extremis la-
borans apud monasterium de Salem propter longam familiaritatis
amicitiam, quam cum eodem contraxerat, sepulturam elegisset et
cum amicis suorum filiorum, qui circa ipsum erant, ordinasset, ut
pro anime sue remedio predium honestum eidem monasterio tra-
deretur, et ipse, morte jam urgente, consummare non potuisset et,
defuncto apud prefatum monasterium honorifice tumulato, propter
conceursum et occursum amicorum, qui vocati copiose ibidem con-
venerant, monasterium graves sustinuisset expensas] de consilio
amicorum et maxime avi sui, domini Hainrici de Wartinberc, per
quem omnia sua negotia potissimum gerebantur, tum pro remedio
anime patris sui, tum pro expensarum illarum restauratione, mo-
nasterio predium, quod habuerunt in Balgehein’, totaliter cum
omni jure suo tradunt. Mater autem eorundem, domina Vdel-
hildis, cui idom predium attinebat eo jure, quod vulgariter morgin-
gabe nominatur, suadente avo eorundem, patre suo, juri in predio
renuntiat et manu sua cum filiis suis tradit. Promittunt porro, se
omnem impetitionem, que super eodem predio a quocunque homine
forsitan mota fuerit, pro monasterio responsuros esse. Abbas Eber-
hardus et conventus de Salem reddunt eisdem hübam unam in
’ Nunsthal, abgegangen, bei Villingen. ? Kirchdorf, BA. Villingen.
3 Bei Speier in ber Rhbeinpfalz.
* Die Fürften von Konzenberg, ein uraltes Gefchleht, ſtammen von Hirfched,
DU. Saulgau,
5 Balgheim, O.A. Spaichingen.
155
Wigeher ‘, quam pater eorum longe ante, cum sanus adhuc esset,
pro solatio anime sue et pro quodam damno ipsis illato donavit.
Acta sunt hec in castro Cünzenberc ? anno verbi incarnati
1239°, presentibus H. de Wartinberc, avo Furstonum, . .. Livt-
frido plebano de Nendingen ?, Gerone de Waltinstein *, Bilgerino
de Tutelingin, Hvgone de Meringen ®, Verico de Steinhüsen ®, Cünone
et fratre suo Hainrico, Cünrado clerico et medico de Meschilh ’.
Wirtenberg. Urkundenbuch III, 428.
Die Ausfteller fiegelten mit dem Siegel ihres Vaters, das cinen fchräg rechts auf
vier Felſenſpitzen aufwärts rennenden Hirſch zeigt und die Legende bat: S. C. (nit E.)
PRINCIPI .. . HIRZECCHE.
21. — 1242, Mär; 10. Winterfäur.
C. senior et H. et E. juniores, filii sui, de Wartenberc et
uxores suae et liberi utriusque sexus medietatem rerum, quas in
Richenbach® titulo proprietatis possederunt, videlicet servos et
ancillas, prata, vineta, nemora, terram cultam et incultam cum
omnibus pertinentiis nobilibus viris H. et H., comitibus de Kiburc,
et M., illustri senioris comitis uxori, pro 120 marcis argenti
vendunt; uxores autem sue juri, quod in eisdem rebus nomine
dotalitii habere videbantur, ad manus heredum libere renunciant
et ipsae et liberi in eandem secum donationem consentiunt ?.
Acta sunt hec sollempniter apud Wintertur 1242, VI Id.
Mart., indict. XV.
Unter den Zeugen: C. et H. de Tengen !°, dominus R. de Hewen ſo.
Kopp, Urkunden zur Gejch. der eidgendff. Bünde II, 87,
22. — 1242, Juni 20. Reichenau.
Heinricus de Wartinbere Zeuge in einer Neichenauer Urkunde
für das Klofter Wald (bei Sigmaringen).
Actum in Augia 1242, XII Kal. Jul.
dv. Laßbergiſche Abfchrift in Donauefchingen.
23. — 1244. Billingen.
Cünradus senior de Wartinbere et Hainricus, filius eius, be:
1 Meigheim, O.⸗A. Tuttlingen. 2 Ruine bei Tuttlingen.
3 Bei Tuttlingen. + Unbelannt, lag wohl bei Tuttlingen.
5 Möhringen, B.⸗A. Engen. 6 Steinhaufen, D.:A. Waldſee.
Meßkirch, hier war alfo 1239 ein Kleriker zugleih Arzt.
* Ridenbad bei Winterthur.
9 Die gen. Grafen von Kiburg fagen 1247, Sept. 11, daß diefe Güter gefauft
feien a viris nobilibus C. et H. de Wartenberc. Bgl. Kopp, Urkunden II, 88.
19 Thengen, Hobenbewen, BA. Engen,
156
zeugen die Beilegung des Streite3 über den Runstaler Zehnten zwiſchen
dem Klojter Salem und den ſanktgalliſchen Maiern in Kirchborf.
Oberrb. Zeitfchr. VIII, 366 und III, 467.
24. — 1248, Februar 11. Lyon.
Schreiben de3 Papſtes Innocenz IV an den Biſchof
von Conjtanz, die Jncorporation der Kirdhe Altdorf in
Uri zum Stifte Zürich betr.
Innocentius, episcopus, servus servorum dei, venerabili fratri,
episcopo Constantiensi, salutem et apostolicam benedictionem. In
presentia nostra dilecti filii, nobiles viri, C., comes de Toggenbure,
et H., dominus de Wartinbere, devoti nobis et sedi apostolice,
retulerunt, quod, cum monasterium Turicense ordinis sancti Bene-
dicti Constantiensis diocesis olim in temporalibus habundare solitum
per hostes ecclesie ad gravem penuriam sit redactum, ita ut dilecte
in Christo filie abbatissa et conventus ipsias monasterii de bonis
eiusdem vix valeant sustentari; tu circa eas pie dirigens benigni-
tatis affectum, ecclesiam de Haltdorf diete diocesis, in qua ipse ius
patronatus habeant, eis in usus proprios perpetuo retinendam de
tui consensu capituli liberaliter contulisti, portione congrua pro-
ventuum ipsius ecclesie reservata vicario, qui pro tempore fuerit
in eadem. Cum autem nos in hac parte personas predictorum
nobilium honorare velimus, quorum due neptes in eodem monasterio
sub religionis habitu discuntur domino deservire, nos ad preces
eorum collationem huiusmodi, sicut pie ac provide facta est, gratam
habentes, presentium tibi auctoritate committimus, ut abbatisse et
conventui memoratis ecclesiam ipsam, si non habet collegium cleri-
corum, auctoritate nostra confirmes, contradictores per censuram
ecclesiasticam, appellatione postposita, compescendo.
Datum Lugduni III Idus Februarii, pontificatus nostri anno
quinto.
Gefhichtsfreund des hiſt. Ver. der fünf Orte VIII, 11—12,
Da fein Wartenberger an einem bebeutenderen Greignijje Antheil nahm, außer
bem oben erwähnten Heinrih, fo glaubte ich die Urkunde, welde uns benjelben am
großen Kampfe zwiſchen riebrih II und Innocenz IV betbeiligt zeigt, wörtlich
geben zu jollen.
Die gen. beiden neptes find feine Enfelinnen bes Grafen C. (Krafts) von
Toggenburg, benn berjelbe wird erjtmals 1228 genannt und beirathete erft nach 1246
ElifabetH von Bußnang, eine Verwandte bes Sanftgaller Abts Berchtold von Falken:
fein. Da biefer 1248 Heinrih von Wartenberg avunculus nennt (f. Nr. 26), fo
war Kraft weitläufig mit Letzterm verfhmwägert. Die neptes find auc feine Töchter
eines Sohnes Heinrihs von Wartenberg, denn von 1231—69 erfcheint feine Nonne
d. N. in Züri. Vermutblih find darunter die Schweftern Medtild und Hebwig
157
von Wunnenberg verftanden, die von 1244 an Nonnen in Züri waren, von denen
die Erftere Äbtiffin des Stiftes 1255—69, und beren Mutter eine von Hagenbuch
war. Wie diefelben aber mit dem Toggenburger und Wartenberger eigentlich ver:
wanbt waren, vermag ich micht zu fagen.
25. — 1248, April 15. Sfraßdurg.
H. de Wartenberg et C. filius eius zeugen in einer Urkunde
des Biſchofs Heinrid von Straßburg.
Datum Argentine XVII Kal. Maii 1248.
Kopp, 1. c. II, 90.
26. — 1248, Aug. 6. Sf. Gallen.
Bertholdus, sancti Galli abbas, decimas in Chilchdorf ', ad
suum monasterium pertinentes, viro nobili Heinrico de Wartinberc,
avunculo suo, ejusque filiis locat seu concedit sub annuo censu,
qui consuevit ipsi de ipsis decimis ab antiquo persolvi, statuens
eisdem terminum et diem solutionis, qui more debito et antiquo
consueverat observari.
Datum apud st. Gallum, anno MCCXLVIII’, VIII Id. Aug.,
ind. VI.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel des Ausftellers ſtark beſchädigt.
27. — 1249, Juni 11. Geifingen.
Abt Berthold von St. Gallen ?, welcher lange Zeit vergeblich den
Streit zwijhen Salem und den WWartenbergern über den Zehnten von
Runstal zu ſchlichten verfuht und endlich die letztern bewogen hatte,
den Streit dur den Salemer Mönch Gozzold und defien Bruder C.,
einen Bürger von Villingen, entjcheiden zu laſſen, beurfundet, daß
dominus Hainricus de Wartinberg et Cunradus et alter dictus der
Strüz °, filii sui, für 5 Mark Silber ihren Anſprüchen auf dieſen
Zehnten entjagt haben.
Acta sunt apud Gisingin, 1249, III Id. Iuni, praesentibus
domino H. de Unendingen *, C. et G. de Gütmotingen*, Hugone
* Kirchdorf bei Billingen.
2 Küchenmeifters neue casus mon. S. Galli (Mittbeilungen bes hiftor. Ber. von
Et. Gallen I, 21) fagen bierüber: „Nu nöß fin (Abt Bertholds von Falkenſtein)
öhem von Wartenberg ben zebenden ze Kylchdorf by Vylingen, ben fragt er (ber
Abt), ob ym ber zehent üt ftuond, bo verjach er, baz er im nit fund.“
3 Durd Reg. von 1257, Juni 9 (Mr. 35), erfieht man, daß biefer Strüz
Heinrich hieß. Der Beiname Struz dürfte nicht der Name bes Vogels Strauß fein,
jondern mit ſtruz — Strauß, Streit zufammenbängen, er bedeutet aljo wohl einen
„Streiter, Kämpfer”,
* Unadingen, Gutmabingen, B.:A. Donauefhingen.
158
de Meringen , Cünrado et Bertoldo, fratribus de Gisingen, Cünrado
de Emingen?, H. de Gisingen, B. et H. de Sunthusen ?, Gerungo
de Cinbern ?, Cünrado de Ashain ?.
Oberrh. Zeitſchr. III, 468 und VIII, 367.
Die Siegel bes Abts und nobilium predictorum. Letzteres ift ein mittel:
großes Spipfiegel, zeigt ben rechts auffleigenden Löwen und bat die Umſchrift:
S. H. DE. WARTENB’G.
28. — 1251. Alpirsbad.
Schied3geriht über den Umfang der Vogtrechte zu Dornhan?, mit
denen Volmarus, miles de Brandecke*, a nobili viro, domino
Egilolpho de Wartemberg, belehnt war.
Actum Alpirsbach 1251.
Unter ben Zeugen: E. nobilis de Wartenberg jelbit.
Besold, documenta rediviva 254.
29. — 1251, April 5.
Berh., praepositus de Soreth, dat viro provido et honesto,
domino Conrado militi, dieto de Soreth, 4 marcas argenti in hac
forma, ut ipse jus proprietatis curiae monasterii in Celle® coram
dominis suis Conrado et Heinrico de Wartenberch, fundatoribus
monasterii sui, eidem monasterio suo libere resignet.
Testes autem sunt domini sui C. et H. et filius domini H.
Datum Non. Apr. 1251.
Perg. Or. im f, Staateardyive zu Stuttgart.
An ber Urfunde hängt bas Siegel bed Ausitellers.
29a. — 1252, Februar 21. Sf. Gallen.
H. de Wartinbergh, vir nobilis, Zeuge in einer Urkunde des
Abtes Berchtold von St. Gallen.
Acta apud sanctum Gallum 1252, VIII Kalendas Martii.
Wartmann, St. Galler Urfundenbud III, 126.
30. — 1254.
Die Edlen von Wartenberg ſchenken ihre Lehengüter zu Kirnbach
zur Sühne dem Klofter Schufjenried ®.
Beihr. des O.“A. Waldfee S. 198.
1 Möhringen a/D., BA. Engen.
? Hochemmingen, Suntbaufen, Zimmern, Aafen, B.⸗A. Donaueſchingen.
3 Dormnban, Stabt im O.A. Sul. + Muine bei Dornban.
5 Zellerhof bei Schuffenrieb.
6 Lift fich urkundlich nicht belegen, falls nicht Nr. 32 darunter gemeint fein follte.
159
31. — 1255.
Cuonrat de Wartenbere und ein zweiter Cunrat de Wartenberc
find Domherren zu Straßburg.
Grandidier, oeuvres hist. inedites IV, 3.
32. — 1256.
C. et H., viri nobiles de Wartinbere, ad petitionem C. et VI.
et Burch., fratrum de Kürenbach, suorum vasallorum fidelium,
omnium eorum possessionum proprietatem in Kürinbach monasterio
in Soreth conferunt, recepta tamen ab eisdem prius resignatione
juris feodalis manuali.
Testes: C. et H. et filius domini H.
Datum 1256.
Perg. Or. im f. Staatsardive zu Stuttgart.
Die Siegel der Ausfteller fehlen.
33. — 1257.
Anno domini 1257° Cvnradus, dietus Habse, feodum, quod
habebat a Cvnrado de Wartenberc situm in Fridingen !, ecclesie
in Salem contulit per concambium, uidelicet pro duobus agris sitis
in Grindelbvch ? de consensu predicti Cünradi, in cuius manus
resignauit, qui etiam proprietatem eiusdem feodi libere tradidit
monasterio prelibato.
Anno domini 1257° Fridericus et Albertus, filius eius, et
Hainricus de Ebingen? feodum, quod habebant in Fridingen
a Cünrado de Wartenbere, dederunt monasterio de Salem de
consensu eiusdem C., qui similiter proprietatem eidem monasterio
contulit libere possidendam.
Salemer Eopialbud I, 273; daraus in ber Oberrh. Zeitichr. IT, 81.
34. — 1257, Sannar 13.
Cünradus et Heinricus et Cünradus senior, viri nobiles de
Wartinberch, monasterio de Soreth feoda, quae miles Hermannus,
dietus Genus, in Cürnbach a se habuit, et quae Gebehardus, vir
nobilis de Cürnbach, in eadem villa ab Heinrico, milite de Slege-
wilre *, et iterum ab Heinrico, dieto Büteli, pecunia comparavit,
et insuper omnia bona, quae Conradus, miles de Soreth, in Hopfer-
bach’, quaeque Vlricus de Steinhvsin in Richelingenhus ® in testa-
mento ecclesiae Soreth delegant, conferunt.
Testes: Berhtoldus, praepositus ecclesiae (Soreth), Albertus
I Friedingen, O.A. Tuttlingen. 2 Gründelbuch, B.⸗A. Stockach.
O.⸗A. Balingen. Unbekannt. 5 Hopfenbad bei Schuſſenried.
6 Reichertshbaus bei Waldfee.
160
claviger, Cvnradus canonicus eccl. Argentin. ‘, Hainricus miles de
Gisingen, Gebehardus de Otolf(eswanc) 2.
Datum 1257 in die Hilarii.
Perg. Or. im f. Staatsardive zu Stuttgart.
An ber Urkunde hängen nod zwei Siegel; eines berjelben zeigt die noch lesbare
Umfdrift: +. S. CVRA, IV..... S. IN. WARTENB.
35. — 1257, Zuni 9. Gonflanz.
Viri nobiles Cunradus de Wartenberg et Hainricus, frater
suus, dietus Struz, bezeugen einen Vergleich der Grafen von Beringen
mit dem Kloſter Salem.
Mittheilungen bes Vereins für Geſch. in Hohenzollern III, 51.
36. — 1258.
Abt Bertolt von St. Gallen ſchreibt u. a. an magister R. de
Eschingen ?, feinen Gejdäftsträger in Rom: „Habete recomendatum
nuntium avunculi nostri E. de Wartinberc super absolvendis
fidejussoribus suis, prout ipsemet per litteras suas vobis nuntiat.“ *
Gollectaneen bes Ildefons von Arr (Handſchr. in Donaueſchingen) I, 449.
37. — 1258, März. Otterswang.
Vlrieus, nobilis de Gundeluingen°, vult ad notitiam omnium
pervenire, quod dominus Conradus de Scuzenreit feodum, quod
dudum a suis progenitoribus apud Hopferbach a dominis de
Wartenberc possederat, monasterio de Soreth in presentia sua pro
20 marc. arg. vendidit, quodque dieti domini de Wartenberc pro-
prietatem feodi monasterio contulerunt.
Testis Vlricus fillus suus (de Gund.).
Datum apud Otolfeswanc 1258, mense Mart.
Perg. Or. im f. Staatsardhive zu Stuttgart.
Das Siegel des Ausftellers hängt an der Urkunde.
38. — 1258, Dec. 14. Winterthur.
Nobiles Cunradus de Wartinberche Zeuge einer Schenkung
Graf Hartmanna von Kyburg an das Klofter Paradies.
Herrgott, geneal. Habsburg. II, 342, nr. 420.
1 Einer ber in Nr. 31 genannten Wartenberger.
2 Otterswang, D.A. Waldſee. 3 Donaueſchingen.
In welcher Angelegenheit die Bürgen Egilolfs von Wartenberg päpſtlicher
Abſolution bedurften, vermag ich nicht zu ſagen.
O.⸗A. Münfingen.
—
161
39. — 1260.
Conradus, nobilis de Wartenbergh, Zeuge bei einem Gütertaujche
zwijchen den Klöftern Reichenau und Katharinenthal !.
Annales Augiae Divitis (Handſchrift des 18. Jahrh. auf der Staats:
bibliothef in Münden).
40. — 1260, April 21. Gonflanz.
Dominus Cünradus de Wartenberg, nobilis, ‚Zeuge eined Rei:
henauer Privilegiums für das Kloſter Katharinenthal.
Actum Constantie 1260, XI Kal. Mai, ind. III.
Abichrift von Laßbergs in Donaueſchingen.
41. — 1260, Zuli 7. Enfisheim im Elfak.
Conradus de Wartinberch, Egilölf Struz de Wartinberch,
nobiles, Zeugen in einer Urkunde des Biſchofs Walther von Straßburg.
Kopp a. a. DO. II, 97.
42. — 1261, Iuni 27. Üslingen.
Cvnradus, nobilis de Wartenberch, Zeuge eines Tauſches zwiſchen
Reihenau und Katharinenthal inter militibus et ipsius ecclesiae
(Reichenau) ministerialibus.
Act. ante fores ecclesie Yselingen? 1261, V Kal. Jul.
Herrgott a. a. D. II, 368, nr. 446.
43. — 1262, März 4. Botfenmünfter.
Egelolfus, nobilis vir de Wartenberch, befiegelt den Verkauf der
Güter des Cünradus, Hainricus et Fridericus de Wildenstain ? in
loco Husen *, melde Rüdolfus miles, dietus Hauer, von ihnen zu
Lehen getragen und in ihre Hand refignirt hatte, an das Klofter Salem
um 4 Mark Silber.
Acta apud Rubeum monasterium® in strata publica, IV Nov.
Mart.
Salemer Copialbuch III, 100—101, daraus Oberrh. Zeitfchr. III, 71.
44. — 1262, Mai 6. Dachflein.
Waltherus, episcopus Argentinensis 6, ad petitionem consan-
guineorum suorum E. de Sultzi, archidiaconi, et C. de Wartinbere,
canonici ecclesiae suae, promittit, quod, durante guerra inter se’
et cives suos Argentinenses, domum Northeim ’, quae est C. de
ı Bei Diefienbofen, Canton Thurgau.
2 Üslingen bei Frauenfeld, Ganton Thurgau.
’ Im Donautbal, B.⸗A. Meßkirch. + Haufen im Donauthal.
5 Rottenmünfter, O.⸗A. Rotweil. 6 Aus dem Geſchlechte Geroldsegg.
Nordheim im elſäſſiſchen Canton Waſſelnheim.
Archiv. XI. 11
162
Wartinbere, predicti canonici, ulterius non firmabit, nec munitionem
ibidem aliquam faciet, neque etiam ipsos cives seu eorum fautores
de dieta domo damnificabit aut ab aliis molestari procurabit‘.
Actum et datum Dabichinstein ? sabbatho post inventionem
s. Crucis anno domini 1262.
Schöpflin, Alsatia diplomatica I, 437, nr. 604.
44a. — 1266, Iufi 13. Kurzdorf bei Franenfeld.
Cuonradus de Wartenberch et frater ejus, dietus Strüs, nobiles,
Zeugen bei Abt Berthold von St. Gallen.
Acta sunt hec apud locum dietum zer Loubun ? juxta villam
dietam Erchingen 1266, III Idus Julii.
Wartmann, Urkundenbuch von St. Gallen III, 172.
45. — 1267. Burg Schopfeln auf der Reichenau.
Albertus abbas totumque capitulum Augie Regalis* belehnen
mit dem halben Zehnten grangie sue in Grindilbüch das Kloſter
Salem. Denjelben hatte Salem von Cünrado de Legilon ° et Gerone
de Waltenstein®, qui de ipsa (sc. grangia) a nobili uiro, domino
Cünrado de Wartinbere, fuerant infeodati, um 6 Mark Silber er-
fauft, zugleich hatte Conrad von Wartenberg, der jeinerjeit3 damit wieder
von Reichenau belehnt geweſen, das ihm von den Verkäufern rejignirte
Lehenrecht an letzteres aufgegeben.
Actum apud Schophiloch ® castro, indietione X.
An der Spite der mweltlihen Zeugen: Struz de Wartinberc.
Dberrb. Zeitichr. III, 479 aus dem Salemer Gopialbud III, 210.
Nobilis vir Conradus de Wartenberch Zeuge in der Urkunde
des Abtes Albert von Reichenau, worin derjelbe die Schenkung von
Gütern, genannt Wißholz, in der Pfarrei Ramishaim? dur den
1 jlber den bier erwähnten Krieg f. Grandidier, oeuvres historiques
inedites IV, 20.
2 Dachſtein im eljälfiihen Canton Molsheim.
3 Diefe Malftätte lag an ber „Laubjtraße”, die von Kurzborf (Erchingen) auf
ber linken Seite der Murg nad Frauenfeld, der Hauptftabt des Thurgaues, führt
(j. Wartmann a. a. D.).
4 Reichenau. 5 Beide nicht ficher zu beftimmen.
6 Pag am Oſtende ber Inſel Reichenau.
" Ramien bei Stein, Canton Schaffhauſen.
163
Minifterialen feines Kloſters, Albert von Marbad !, an Kloſter Ka—
tharinenthal bejtätigt.
1267, pridie Cal. Maii, indict. X.
Aus dem Gopialbuche des Klofters Katharinenthal II, 106 in Frauenfeld,
mitgetheilt von Dr. Riezler, f. f. Archivrath.
47. — 1268, Inli. Geifingen.
C. et C.etC. et O., Principes, fratres de Chünzenberc, castrum
Hirzege ? cum omnibus bonis et hominibus, spectantibus ad eundem
locum, cum omni jure C. et H., fratribus de Wartenbere, avun-
culis suis, tradunt et ad manus eorum resignant, excepto quod
Princeps junior non resignat virilia feoda, quae manlen vulgariter
appellantur; proinde dominum reverendum episcopum ÜConstan-
tiensem suppliciter deprecantur, ut hujus rei testimonium per-
hibeat.
Actum in Gisingen, mense Julio.
Perg. Or. im Staatsarhive zu Stuttgart.
An der Urkunde hängt noch ein beſchädigtes Siegel.
48. — 1268, JZuli.
Humilis decanus in Phorren ? reverendo in Christo patri ac
domino, E., dei gratia Constant. episcopo, quia per dominum C. de
Wartenberch, militem, seniorem, non litteris episcopi, sed verbo
percepit, ut, si domini Principes de Hirzegge libere hoc idem
dominium in manus domini C. de Wartinbere traderent, per litteras
suas testimoniales episcopo rescriberet, significat, se vidisse et
audivisse, quod senior Princeps et alter C., frater ejus, et plebanus
in Ezzelingen °, frater ipsorum, libere totum jus ipsorum in prae-
dicto praedio resignaverunt, excepto quod alter sibi retinuit feoda,
quae manlen vulgariter nominantur, et alter nobiles homines,
qui spectant ad saepe dietum dominium. Testes autem interfuerunt
comes Her. de Sulze*, C., miles de Rifenbere°’, C., filius domini
de Wartinberc, Eber., miles de Talhain®, Gerungus, miles de
Zimbern, et filius suus, H. de Imendingen®. C. de Gisingen, VI.
1 Marbad bei Wangen am Unterſee. 2 Hirihed, D.:A. Saulgau.
3 Pfohren, Ehlingen, B.⸗A. Donauefchingen.
+ Sul, würt. Stadt am Nedar; Graf Hermann ift zugegen ald amtirenber
Graf der Baar.
5 Meifenberg, Ruine bei Thalbeim, D.:A, Tuttlingen.
6 Immendingen, badiſch, an ber Donau.
11*
164
Gipeche, Vl. de Zimbern, H. de Zimbern, C. de Zimbern, Ruper-
tus de Beringen '.
Sine dato ?.
Perg. Or. im Staatsardiv zu Stuttgart.
Das Siegel bes Defans zeigt einen Drachen und die Umſchrift: S... ANI...
PHORREN.
49. — 1268, Nov. 27. Goͤttlieben.
C. et H., fratres, nobiles de Wartenberch, cum commendator
et fratres domus in Alzhusen ? possessiones in Hirzegge, mediantibus
probis viris et idoneis, a se emptionis titulo comparassent, cum
filio suo ©. (sc. Conradi) easdem cum omnibus appenditiis, dumtaxat
jure patronatus in Bolsters? et hominibus, qui ad possessiones
easdem pertinebant, exceptis, huic domui donant et tradunt.
Actum in castro Gottelubon * 1268, fer. IV ante festum beati
Andree apostoli.
Perg. Or. im Staatsarchiv zu Stuttgart.
An weiß-blauen Schnüren hängen an ber Urkunde die Siegel ber zwei Warten
berger, des Bilhofs von Gonftanz und des Abts von St. Gallen. Das Conrabs
von W. ift völlig dasſelbe, wie in Nr. 34; von ber Umfchrift ift noch zu leſen:
* S. . VRA. EVD. BIS IN. WA ... NB...
50. — 1269, Juni 14. 5traßburg.
C. de Wartenberg, can. Argentin., Zeuge beim Verzichte Rudolfs
von Hababurg auf die Vogtei zu Rufach im Elſaß.
Actum Argentine 1269, XVIII Kal. Jul.
Herrgott a. a. D. III, 415, nr. 502.
51. — 1271, Mai 7. Pfalz zu Conſtanz.
Als Domherr von Conjtanz wird in der dortigen bijchöflichen
Pfalz gegenwärtig genannt.... de Wartenberc.
Neugart, episc. Constant. II, 645.
Diefer Domberr bie Conrad, denn das necrol. Constant. (Handſchrift ber
f. Hofbibliothef in Donauefhingen) bemerft zum 26. Januar (VII. Kal. Febr.):
Cunradus de Wartenberg, canonicus huius ecclesie, obiit. Als Geelgeräthe ver:
machte berjelbe nach dieſem Nefrolog feiner Domkirche ein Gut zu Gelvingen. Er
ijt gemeint, wenn es in einer Aufzeichnung aus der Mitte bes 13. Jahrh. heißt:
„Noverint omnes, quod prima vacatura prebenda in ecclesia Constant. debetur
dominis de Wartenberg et de Sulcebere (Sulzberg, Canton St. Gallen; Neugart
l. e. II, 627).
1 Miebböhringen bei Donaueſchingen.
? Das Datum folgt aus dem vorhergehenden Regeſt Nr, 47.
s Altshaufen, Bolftern, D.:A. Saulgau.
* Gottlieben bei Gonftanz, Canton Thurgan.
165
52. — 1271, Iuli 16. Baden im Argan.
C. de Wartenberc, nobilis, Zeuge in einer Urkunde Rudolfs von
Habsburg.
Datum apud Badin 1271, XVII Kal. Aug.
Herrgott a. a. O. III, 428, Nr. 516.
53. — 1272, April 18. Lieflal.
Heinrich, der Herr von Grendingen !, verfauft an die Commende
Sandegg ? — Mainau um 26 Mark Silber das Reichenauer Lehen, das
Herr Arnold von Langenftein ? von ihm hatte, und gelobt, Herrn
Günrad von Wartenberh und Herrn Joh. von Blumenberd * zum Ber:
zihte auf ihre Rechte an diefem Lehen zu bringen.
Ze Lieſtal“ 1272, an dem mentage vor St. Georgentage.
Roth von Schredenjtein, Mainau 319—20.
. 54. — 1272, Juni 14.
Heinrih von Wartenberg wird gegen Ulrih von Güttingen zum
Abte von St. Gallen von der Mehrheit des Conventes ermählt. Er
jtirbt zu Arbon im April 1274 und wird hier in der Gallugfapelle
beigejeßt.
Helvetia sacra I, 116.
Derfelbe gehört ficher zu unferm Geſchlechte, denn Küchimeifter fagt von ihm:
„der von Wartenberg waz mäg abt Berthollz* (von Falkenftein). (Mittheilungen bes
bift, Ver. von St. Gallen I, 22.)
Vgl. über diefe Wahl und ben Kampf ber Gegenäbte: Vadian, Chronik ber
Äbte des Kloſters St. Gallen, ed. Götzinger I, 340 ff.
55. — 1273.
Conrad de Wartenberg Domherr in Straßburg.
Grandidier, oeuvres hist. inedites IV, 39.
1299 erſcheint berfelbe nicht mehr im Straßburger Stapitel, ſ. Grandidier IV, 76.
56. — 1273, April 13. Geifingen.
Cünradus et Hainricus, dietus Struz, fratres de Wartvnberch,
ecclesiam et jus patronatus ecclesiae in Bolstern ®, quod Wernherus
de Swarzenbach.‘ a se ipsis jure feodali illucusque tenuerat,
possessiones in Gvntzenhusen ’ a Bern, dieto Haller, jure feodali
ı Kränfingen, B.:A. Bonnborf. 2 Am Unterfee im Thurgau.
’ 83.4. Stodad. % Blumberg, BA. Donauefchingen.
Canton Bajelland. 6 Bolftern und Echwarzenbad, D.:A. Saulgau.
? Gunzenhaufen, O.A. Sigmaringen.
166
a se ipsis possessas, ac possessiones, dictas Betzwisan ', sitas prope
grangiam Raithaslach ?, quas Wethzlo, miles, et Burchardus,
fratruelis ejus, dieti de Rischa ?, titulo feodali a se possederant,
resignatione per dictos feodatarios in manus suas facta, monasterio
Salem, concurrente heredum suorum omnium voluntate, pro ani-
marum suarum suorumque remedio donant.
Acta sunt hec apud Gisingen anno domini 1273*, Idus
Aprilis, subnotatis testibus presentibus et rogatis, videlicet nobili
Hermanno, comite de Sulze, Ber. de Synthusen C. et C. de Güt-
metingen, H. de Svnthain® et H., dicto Fridinger, de fratribus
vero de Salem Hainr. cellerario, Rüdolfo bursario, et Nycolao
monachis aliisque quam pluribus probis viris.
Nah dem Originale in Sigmaringen mitgetheilt von Profeſſor Lichtſchlag
in Hanau,
Es fiegelten die Ausfteller; unter dem Siegel berfelben (predietorum nobilium
de Wartenberch) bezeugen bie Wahrheit des Vorfichenden Wernherus de Swarzen-
bach, Bernherus, dictus Haller, Wetzlo et Burcardus, dicti de Rischa, von denen
die beiden erftern ihre vorgen. Lehen an Salem geſchenkt, bie letzteren aber verkauft
hatten, weil fie ſämmtlich eigener Sigille entbehren. Das Siegel Conrabs von W.
zeigt, wie das Heinrichs, den befannten Löwen; die Umfchrift lautet: + S. C.- DE.
WARTENBERC. LANTGRAVII IN. BARA; bie Umfchrift des Siegels Hein—
richs 6 lautet: + S. HAINRICI. DE. WARTENB'’G. DCI. STRVS.
57. — 1275, Augufl 28.
H. de Wartinbere monachus monasterii s. Galli.
Wartmann, Urfundenbuh von St. Gallen III, 201,
Derjelbe ericheint 1279, am 18. Juni (Wartmann 11T, 217), nit mehr im
Verzeichniſſe der St. Galler Mönde; er ift alfo vor diefem Tage geftorben. Nicht zu
verwechſeln mit bemjelben ift der St. Galler Pförtner Heinrich 1278 ff., denn dieſer
gehört zum Gejchlechte der Edlen von Ramftein; f. Wartmann III, 245. 277.
58. — 1276, Februar 8.
Cvnradus senior et H. frater suus, dietus Strus, domini de
ı War fein Ort, fondern nur ein Gewann; bie Urkunde jchreibt ein zweites
Mal deilen Namen Beigewifon.
2 B.⸗A. Stocach. s Reifhah, O.“A. Sigmaringen.
% Irrig gibt das wirt. Urk. II, 337 als Datum diefer Urkunde 1200.
5 Zweifeldohne ber 879 mit Donauefhingen und Aufen zufammengenannte
Drt, ben Dr. Riezler wohl mit Recht in dem füblihen Theile von Aufen (dem
mittelalterlihen Unteraufen) ſucht. S. Fürftenberg. Urkundenbuch II, 268.
6 Irrig nennt Staiger (Salem 92) denjelben Burkard.
167
Wartenbere, jchenfen der Commende Altshaujen predia sive pro-
prietates suas, in Liechenovelte ! sitas, ad culturam septem boum.
Datum VI Ydus Febr. 1276.
Perg. Or. im Staatsardive zu Stuttgart.
An der Urkunde hängen die Siegel? ber Ausjteller ®.
59. — 1277, März 4.
Cella Marie*. Rector eiusdem, scilicet dns. Cünr. de War-
tenberg, can. Argentinensis, iur. in toto de hac ecclesia 36 libr.
Rotwil. in redd. Ex hiis soluit primo viceplebanus ibidem dimi-
diam marcam in argento, adhuc tenetur in dimidia marca, quam
promissit dare vsque ad octauam pasche. Actum feria quarta
ante Letare, ind. quinta °.
Liber decimationis im Freiburger Didcefan-Ardhiv I, 37.
60. — c. 1277, März 4.
Bochingen‘. Rector eiusdem, scil. dns. Conradus de War-
tenberg, can. Argentin., iur. de toto in hac ecclesia 28 libr. Tvwingen
in redd., soluit primo per Conr. dietum de Sultz 48 sol. Tvwingen,
adhuc tenetur in 8 sol. Tvwingen den.
Freiburger Diöceſanarchiv I, 38.
61. — ce. 1277, März 4.
Wangen’. Pro rectore ibidem vicarius iur. viginti quinque
mar. in redd. Rector ibidem soluit primo quinque libr. Constanc.
et adhuc debet iurare et taxare de aliis suis ecelesiis prouentus.
Idem rector, scilicet dns. de Wartenberg, expediuit unam mar-
cam de ecclesia sua in Wolmütingen, pro qua obligauit calicem
argenteum. Idem dns. de Wartenberg in eadem marca postmodum
dedit duas libr. Constanc. den.
Freiburger Diöceſan-Archiv I, 116.
62. — 1278, Iuni 16. Geifingen.
Nobiles viri Heinricus, dietus Struz, et Cvnradus, filius quon-
dam C. de Wartenberc, cum Vlricus et Berhtoldus fratres, dieti
1 Lichtenfeld, D.:A. Saulgau.
2 Die Umfchrift des erften lautet: +. S. C. DE. WARTENBERC. LANT-
GRAVII. IN. BARA; bie bes zweiten: + S. HAINRICI. DE. WARTENBERC.
DICTI STRVS.
3 Mitgetheilt von Hofrathb Dr. Staudenmayer, Ardhivar in Lubwigsburg.
+ Mariazell, DA. Obernborf.
> Ind. V war 1277, fer. quarta ante Letare ijt aljo 4. März 1277, octava
pasche 4. April d. %.
O.⸗A. Oberndorf. ’ Wirt, Oberamtsflabt im Allgäu.
168
de Kvnegesegge !, quasdam possessiones in Ragenrute ! sitas, curiam
videlicet et molendinum, quas a se hactenus ipsorum progenitores
in feodo tenuerunt, domui Alshusen vendiderint, nobilium prae-
dictorum de Kvnegesegge preecibus inclinati, proprietatem earundem
possessionum domui antedictae confuerunt.
Testes: C. decanus in Kilchhein ?, VI. et Kv. milites de Ymen-
dingen, H. et Hugo de Ymendingen, H. venator, Ysengrü ....
wardus, C. notarius „noster“ °,
Datum et actum in Gisingen XVI Kal. Jul. 1278.
Perg. Or. im Staatsardive zu Stuttgart.
Nur das Siegel Heinrid, des Struzes, ift erhalten.
63. — 1278, Juli 29. Geifingen.
H., dietus Struz, et C. de Wartenbere, filius fratris eiusdem,
domui Theutonicorum in Alshusen proprietatem possessionum, quas
a se C. de Stuben * ad duorum culturam boum in Hyrzegge sitas
in feodo tenuit°, conferunt.
Datum et actum in Gisingen fer. sexta post dominicam Omnes
gentes 1278.
Perg. Or. im Staatsardive zu Stuttgart.
Die Siegel ber Ausfteller hängen an der Urkunde; das Konrabs ift völlig das—
jelbe, wie an Nr. 76; von der Umfchrift derfelben find bier aber nur noch Reite
zu feben.
64. — 1278, Nov. 21. Neckarburg.
Zeuge einer Urkunde Graf Hermanns von Sulz für Klofter Alpirs-
bad) Conradus de Wartenberg, can. Argent., consanguineus Her-
manni comitis.
Datum apud Neckerburgum ® XI Kal. Dec. 1278.
Neugart, episc. Constant. II, 334.
65. — 1279, März 12. SHerrenzimmern.
Conradus, dietus de Wartenberg, canonicus Argentinensis
omne jus, quod habere videtur in bonis in Hopfowe ’ sitis, quae
carissimus suus consanguineus, dominus Hermannus, comes de
Sulze, abbati et conventui in Alperspach vendidit, resignat.
Data sunt haec in pomerio ante Zimmern sito 1279, indietione
septima, in media quadragesima, quarto Idus Martii, praesentibus
’ Königsegg und Ragenreute, D.:A. Saulgau.
? Kirchen bei Geifingen. 3 d. b. der Herrn von Wartenberg.
+ Stuben, O.A. Saulgau.
*Nach anderweitiger Angabe waren es zwei Höfe.
6 Pag bei Roweil. ’ Hopfau, DA. Eul;.
169
testibus Hermanno, supradicto comite de Sulze, Berchtoldo, nobile
de Valkenstein ', Wernhero et Alberto, nobilibus, fratribus dictis
de Zimmern, Wernhero et Conrado, filiis dieti Wernheri, Hugone,
milite, dicto de Linstetten ?, Gernodo, advocato saepefati comitis
Herm. de Sulze, Berchtoldo, dicto de Giselingen °.
Gerbert, hist. Nigr. Silv. III, 194, nr. 144.
65a. — 1280, April 23. Rorſchach.
„Der Struz von Mertenberg” (sie) ift Zeuge eines Vergleiche der
Edeln von Rorſchach mit den Kindern Eglolfd von Nojenberg.
Diſs geſchach zuͤ NRoihad * an dem zinstage in der Oſterwochen
1280, in der achten indiction.
Wartmann, Urkundenbuch von St. Gallen III, 224.
66. — 1281, Januar 14. PBilingen.
Heinrih, der Struzh, und Günrat, jeined Bruderd Sohn, die
Herren von Wartenberc, verkaufen ihr Eigen zu Wigehein Bertolt, dem
Zanheimer? von Furitenbere® um 180 Mark Silber, und zwar mit
dem Kirhenjage und allen Rechten, auch „mit den hageſtolcen, e3
fin man oder froumen, die zü dem güte hoerent, ane die lüte alleine,
die ſeſſehaft ſint vswendig des etterd anderswa“, mit Conſens der
ehelihen Wirthin Cuonrats von Wartenberg, Frau Annen, und
ihre8 Sohnes Heinrich”, ferner ihres Vetters, Herrn Eberhart3 von
Xupphen ®, und dejjen Kinder, und ihres Bruders Bertold3 von Lupphen,
Eberhart3 Brudersjohnes.
„Dis geſchach in der jtat ze Vilingen an jt. Hilarientag 1281.
Riezler, Fürftenberg. Urfundenbud I, 270—271.
Es fiegelten die Grafen Heinrih von Furftenbere und Hermann von Sulze,
die vorgen. zwei Herren von Lupphen und beide Ausfteller 9. Zeugen: Graf Egene
ı Nuine bei Schramberg im wirt. Schwarzwald.
? Peinftetten bei Sul. *° Geislingen, O.A. Balingen.
Rorſchach, Canton St. Gallen.
5 Die Thannheimer waren ein aus Thannheim bei Donauefhingen ftammenbes
Billinger Patriciergeſchlecht.
Fürſtenberg, Städtchen bei Donauefhingen.
Heinrich ift fein Sohn Conrads von Wartenberg, denn biefer fagt: „mit
miner eilichen wirtinne, vro Anne, bant, willen vnd gevolge für ſich vnd irn fun
Heinrihen“; wäre Heinrih Gonrabs Sohn, fo würde ihn dieſer wohl „minen fun“
nennen. rau Anna von Lupfen wirb aljo mit Gonrab in zweiter Ehe gelebt und
aus einer nicht näher bekannten früheren Ehe jenen Sohn Heinrich mitgebracht haben.
® Ruine, O.A. Tuttlingen.
9 Neugart gibt ep. Const. II, 338 an, baß bie Umfchrift des Giegeld Gonrabs
von Wartenberg lautet: „Sig. Conradi de Wartenberg, Lantgravii in Bara“.
170
von Furftenberg, Herr Friderih von Almshouent, ber junge, Herr Ruodolf von
Baldingen, Burdart von Berne ?, Bertolt von Beringen, Cuonrat von Hüuingen 1,
Johans won Tanneke?, Heinrich Bergeli, der Echultbeiß von Pilingen, und viele
Bürger von Vilingen.
67. — 1281, April 1. Freiburg i. Br.
Graf Heinrich von Freiburg entjagt allen Anſprüchen auf Güter zu
Dunfel *, die fein Vater Conrad an das Kloiter St. Trudpert verfauft hat.
Acta... Vriburg 1281, feria tercia proxima post annunciationem
beate virginis Marie, present..nobili viro Cünrado, dicto Strüz,
de Wartenberg.
Oberrh. Zeitihr. X, 97.
68. — 1281, Mai 2. Geifingen.
(Anna), filia nobilis viri, domini de Wartinberg, uxor scilicet
legitima nobilis viri Heinriei, comitis de Vriburg, juri, quod ipsi
competere potuit foedere conjugali, sive ex donatione propter
nuptias, sive ex consuetudine aliqua, in bonis Tonsol in Briscaugia,
quae monasterium sancti Trudperti in Nigra silva a nobili viro
Cvnrado, quondam comite de Vriburg, comparavit, renuntiat.
Datum Gisingen 1281, feria quinta post Walburgis.
Oberrh. Zeitihr. X, 9.
Es fiegelten Vater und Gemahl der Ausftellerin; beide Siegel find fehr beſchädigt.
69. — 1282, Februar 8.
H. dietus Struz et C. de Wartenberc proprietati feudi in Bins-
wangen 5, quod Walterus de lIchstetten ® conventui monasterii
Vallis S. Crucis® pro 19 mareis argenti vendidit, renuntiant.
Datum 1282 dominica post purificationem beatae Virginis.
Perg. Or. Stuttgart. (Mitgetheilt von Archivrath Dr. Stälin in Stuttgart.)
Die Siegel der Ausfteller find undeutlic geworden; bas Konrabs ift das in
Nr. 56 befchriebene; basjenige Heinrihs bat die Umfdrift: +. S. HAINRICI. DE.
WARTENBERG. D. STRVS.
69a. — 1282, Mai 17. SHtühlingen.
H. dietus Strüz Zeuge eine Güterfaufes in Meskirch.
Actum pro Stülingen in pomario 1282, XVI Kal. Jun,,
mense Majo.
Zimmerifches Copialbuch in Donauefhingen, Bl. 42.
1 Almenshofen, Hüfingen, B.:A. Donaueſchingen.
? Qag bei Rotweil am Nedar. 3 Lag an der Wutach bei Bonnborf.
+ Thunfel, B.⸗A. Staufen.
5 Binswangen, Heiligfreuzthal, D.:A. Riedlingen.
6 Eheftetten, D.:A. Münfingen ?
70. — 1283, Iuli 14. MWurmlingen.
Cünradus, miles de Wartinberce, decimam sitam in Büchain 1,
qua ab abbati et capitulo Augie maioris infeodatus erat, et quam
ab ipso Hainricus de Waltinstain jure possederat profeodali, facta
sibi resignatione eiusdem, ad manus predicti abbatis ob humilem
instantiam abbatisse et conventus monasterii in Walde publice
resignat.
Actum et datum in Wurmlingin ? 1283 proxima feria secunda
ante festum Marie Magdalene, indictione undecima, subnotatis tes-
tibus presentibus et rogatis, videlicet domino Berhtoldo, rectore
ecclesie in Wurmlingen, domino Marscalko, fratre eius, sacerdo-
tibus, domino Eberhardo de Luphun, dicto Vende de Riethain ?
militibus, magistro Cünrado, ministro de Luphvn, Berhtoldo, celle-
rario de Tutilingen, Bvrehardo de Büchaldum ?, dicto Cutili,
fratre Fridrico, converso in Walde.
Perg. Or. in Sigmaringen.
An bemfelben hängt nad) Laßberg das Siegel des Ausjtellers; von deſſen Um:
Ihrift ift nur noch erhalten: ... RTENBERG ....
71. — 1284. Mainau.
„Der Struß von Wartenberg“ iſt bei der Heiratsabrede zwiſchen
Leuchtold, Freiherr von Megenäberg *, und Gertraut, der Tochter des
Treibern Eberhart von Lupfen, zugegen.
Klingenberger Ghronif, ed. Henne 33, Anmerkung.
72. — 1284, Mai 26. Geifingen.
Den Verkauf eines freieigenen Gutes zu Bvejenhain ® durd Hain
ri und Nainolt, die Herzoge von Brfelingen ®, an die Brüder, Herrn
Bertold, Herrn Herrmann, Hainrid und Gönrad von Sonthujen ® be=
zeugen unter anderm der Verfäufer frunde, herre Heinrich, der Strug,
vnd her Gönrat, die herren von Wartenberh.
Gegeben ze Gifingen 1284 an dem nechſten vritage nad jt. Vr—
banstage.
Oberrh. Zeitſchr. XI, 376.
73. — c. 1287.
„By denſelben ziten hattent ſich ettlich herren von Swaben
offenlich von dem küng geſetzet, und waz das ainer der von Warten—
! Buchheim bei Meßkirch. ? Murmlingen und Rietheim, O.⸗A. Tuttlingen.
3 Abgegangen ? + Canton Zürich. Ä
5 Biefingen, Sunthaufen, BA. Donaueſchingen.
6 Irslingen bei Rotweil.
172
berg * unb der von Helffenjtayn und der von Zollern und der von
Nellenburg und ander herren, die e3 bel nam.“
Kuchemeifterd casus mon. s. Galli in den Mittbeil. bes bift. Vereins in
Et. ®allen I, 35.
74. — 1287, Ian. 15. Gonflan;.
Dominus Cünradus de Wartenberch Zeuge in einer Urfunde
Johannes von Niethufen 2, betr. Verkauf von Gütern in Neufrah? an
Salem.
Acta sunt hec apud Constantiam 1287 feria quarta proxima
post octauam Epiphanie.
Salemer Eopialbud III, 4.
74a. — 1289, Januar 6. Tuttlingen.
Conradus, nobilis de Wartenbere, Conrado et Eberhardo, comi-
tibus de Landowe*, dimidium mansum in Binswangen * libere
possidendum resignat.
Datum Tutelingen 1289 in epiphania Domini.
Perg. Or. Stuttgart. (Mitgetheilt von Archivrath Dr. Stälin in Stuttgart.)
Das Siegel zeigt ben Löwen; die Umfcrift Icutet: +.S.C. DE. WAR..... RG.
LANTGRAVI. IN. BARA.
Herr Gönrat von Wartenberg, Herr Hainrid von Crenkingen, ber
„Haiden“ von Crenfingen und deſſen Brüder Friedrih, Lodewig und
Diethelm genehmigen den Berfauf von zwei Gütern zu Bofjenhain und
einem Gute zu Haidenhouen ® dur Herrn Hermann von Sonthujen ?
und deſſen Bruder Hainrich an das Spital zu Villingen.
Geben 1290 an dem nehiten vritage nad jt. Bartholomäustage.
Perg. Or. in Donauejdingen.
An der Urkunde hängen bie Siegel des Wartenbergers, bes von Crenkingen
und bes „Haiden“, ber fi in demjelben de Wisenburg nennt. Das des Erflern iſt
arg verftümmelt; von der Umſchrift ift nur noch zu jehen: + S. C.......... ERG.
J— A (Cunradi de Wartenbere, lantgravii in Bara); dasſelbe hängt an
einer roth und gelblihen (urjprünglic weißen?) Leinenjchnur.
1 Bweifelsohne verfchrieben für Wirtenberg, ba nirgends fonft ein Wartenberg
als Feind Nubolfs I genannt wird, und 1287. Legterer mit Graf Eberhard von
Wirtenberg und 14 anderen Grafen in Schwaben Krieg führte; ſ. barüber Stälin,
Geſchichte von Wirtenberg III, 59.
2 Wirt. OA. Saulgau. BA. Überlingen.
* Landau, Binswangen, im wirt. O.A. Riedlingen.
5 Biefingen, Heibenhofen, Sunthaufen, B.:A, Donaueſchingen.
173
76. — 1291, San. 30. Gonflanz.
Nobilis vir Conradus de Wartenberch, miles, pro remedio
animae suae et parentum suorum Cvnradum, dietum de Mendel-
buron !, seryum suum cum una petia terrae, uno bove aranda, in
villa Swarzenbach ', quam idem a se in feodum possidebat, fra-
tribus domus Theutonicorum in Maiginowe ? donat.
Actum Constantie 1291, III Kal. Febr.
Perg. Or. im Staatsardive zu Stuttgart.
Das Siegel des Ausitellers hängt an der Urkunde; deſſen Umfchrift Tautet:
+8.0.D...RTENBERG. LANTGRAVIL IN. BARA.
77. — 1297.
Anſelm (sie) * und Conrad von Wartenberg geben Burkard Halber:
ſpach, Bürger zu Rotwil, die Eigenjchaft de Homelindgutes zu Dirbheim >.
Altes Repertorium von Rottenmünfter im Stuttgarter Staatsardive.
718. — 1297, April 26. Rotweil.
Herr Eünrat von Wartenberg, ain vrige, geiteht dem Grafen Hain
rich von Vriburg, feinem Better und dejjen Wirthin, Frau Anna 6, feiner
Muhme, und ihren Erben das Wiederfaufsreht an ihrem Theil des
Hofes zu Evin?, „da der firchenjag ze Evingen”? in horet“, den er
von ihnen gefauft, von diefem Tage bis St. Walpurg (1. Mai) und
von da an über ein Jahr „inrehalb den ziln” um 90 Mark Silber,
„Rotwiler geweges“.
Geben ze Rotwil an deme nehiſten vritdage nach ſt. Markusdag 1297.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel des Auoſtellers iſt abgefallen.
79. — 1299, Nov. 7. Futtlingen.
Konrad von Wartenberg jchenft den Sohannitern zu PBillingen
dad Eigenthum des Gerichtes in Dürrheim °, das mit dem Kirchenſatze
in den Frohnhof dajelbit gehört.
Zutelingen, am Samstag vor jt. Martindtag 1299.
Unter den Zeugen: ber Alber von Werbenwag?, Ritter, ber
t Menbelbeuren, Schwarzenbadh, D.A. Saulgau. 2 Mainau,
3 Diefelbe ift doppelt vorhanden.
* Anjelm ift fein Wartenberger Name; obiger ift höchſt wahrfcheinlich identisch
mit bem zu ben QJuftingern gehörigen Anfelm von Wildenftein, der nad bemfelben
Diplomatar 1314 Werner bem Vogel wegen befjen guter Dienfte alle feine Rechte an
einem Gute zu Welälingen und an einem Gütlein zu Airheim gibt, das zum halben
Theile von Wildenftein Leben war.
5 Dürbheim, O.⸗A. Spaichingen.
6 geb. von Wartenberg. ? Ofingen bei Donauefdingen.
B.A. Bilingen. °? Werenwag, B.:N. Meßkirch.
174
Hug von Waehingen !, Bruder Alber von Waehingen, Hermann
von Hujen ?,
Perg. Or. in Karlsrube.
Das Siegel ift faft ganz abgegangen.
80. — 1299, Nov. 7. Tuttlingen.
Herr Cönrat von Wartenberg gibt die Eigenjhaft des von Winken—
ſies (sic) Gute zu Dürrehain, das um 7 Mark Silber von Bernhart
von Notwil gekauft ward, zu feinem und feiner Vordern Seelenheil den
Sohannitern zu Billingen.
Zuttelingen, Samjtagd vor Martini 1299.
Perg. Or. in Karlsrube,
Bon der Umſchrift des Siegels ift noch erhalten: +S.C.D.. WARTE...
Den übrigen, jegt weggebrocenen Theil ber Umjchrift füllten, wie aus deſſen Umfang
zu fchließen, die Worte: LANTGRAVII. IN. BARA. aus.
81. — 1300, April 15. Badenweiler.
Bro Anne, hern Hainrichez jaeligen tochter von Wartenberg, dez
Stroſſes, gibt mit Willen ihres Gemahls, Graf Hainrichs von Friburg
und ihres Vogts, Graf Hermanns von Spolte, den Sohannitern ze
Vilingen „die eigenihaft des gerihtes, bez twinges und dez bannes
ober das dorf ze Dorrehain um Gott und ihrer Vordern Seelen willen,
und da fie Gemißheit hat, daß diefe Eigenihaft ohne dies zu Necht
lollte in den Hof ze Dorrehain gehören, darin der Kirchenjat gehört,
und welcher der Johanniter ilt.
Ze Baden vf der burg 1300, an dem Fritage in der Oſterwochen.
Oberrh. Zeitichr. XI, 252.
Es fiegeln die Ausftellerin, ibe Gemahl, Vogt und Tochtermann, ber Otte,
Graf von Strasberg ?.
Anna's Wappen hat rechts den Freiburger Adler, Tinfs den Wartenberger
Löwen. Umſchrift: + S. ANNE. DNE. DE. WARTEN .... FRIBVR.
82. — 1302, März 29. Amtenhanfen.
Johannes de Sunthausen, dietus in dem hof, Burcardi filius,
verkauft mit Conjens feines Herrn, Konrad von Wartenberg, Land:
grafen in der Bar, je einen Hof in Efingen, Flat * und Oberbaldingen ®
um 20 Mark Silber Billinger Gewichts in presentia plurimorum
testium. Littere cum sigillo comitis Conradi roborate®.
St. Georger Jahrbücher VI (in Karlsrube).
ı Mebingen, D.:A. Spaichingen. 2 Haufen, B.A. Mepfird.
3 Gemabl ber Gräfin Margaretha von Freiburg, der Tochter Anna’ von
Wartenberg.
+ Oberfladt, O.⸗A. Tuttlingen. 5 8:4. Donauejhingen.
6 Das Original fehlt jetzt.
175
83. — 1302, Juli 25. Öfingen.
Conrad von Wartenberg fiegelte eine noch zu Neugartd Zeit im
Archive zu St. Blaſien befindlide, jet verjchollene Urkunde „apud
Evingen in festo s. Jacobi.* Sein an derſelben hängendes Siegel be-
ſchreibt Neugart alfo: Sigillum rotundum in clypeo triangulari leonem
salientem exhibet, Habsburgico simillimum, cum reliquiis in-
scriptionis: f 8. Cunr...... ara, woraus Neugart mit Recht, wie
Nro. 81 darthut, folgert, Conrad habe ſich 1302 Landgraf der Baar
genannt.
Neugart, episc. Constant. II, 349.
84. — 1303, Aug. 10 oder 13. Wartenberg.
Anna, die Gräfin von Wartenberg, Graf Heinrichs jel. von Frei:
burg Gemahlin, und ihr Tochtermann, Graf Dtto pon Strazberg, ver:
jeßen an den edeln Mann, Hainric) von Sunthufen, ihren Kelnhof halb
zu Kilchheim ? mit feiner Zugehör, ausgenommen den Kirchenjfa und
dag Gericht, um 10 Mark Silber „Fryburger gelötes“,
Datum zu Wartenberg, die martyris Laurenti.
Auszug von Pregiger in Donauefchingen,
In einem zweiten Auszuge Pregigers fteht ald Datum: 1303, die martis
post Laurentii.
85. — 1304, Febr. 13.
Anna von Wartenberg, Graf Heinrihg jel. Ehefrau von Friburg,
ledigt da3 Frauenkloſter St. Claren zu Mindren Baſel? aller Zinſe,
Gilten und Schulden, die es ihr von dem Gute von Babenmwilr? wie
immer jchuldet.
Geben 1304 an dem Donrijtac vor der alten Vaſnacht.
Perg. Or. im Staatsardive Bajel.
Das Siegel der Ausftellerin hängt an ber Urkunde ®.
86. — 1305, Mai 5. Villingen.
Herr Hainrih von Wartenberg betätigt den Verkauf je eines
Gutes in Geptenhufen® und Euingen an da3 Klojter Amtenhaujen ©
dur) die Frau, gen. „in dem hove von Eunthujen”, Johans, ihren Sohn,
und Schweiter Adelhait von Sunthufen um 5 Mark Silber PBillinger
Währung und 8 Pfund Brisger Pfenninge,
Dillingen, mitwoch nad ft. Walpurgstag 1305.
Perg. Or. in Karlsruhe.
1 Kirhen bei Geifingen. ? Kleinbajel. 3 Badenweiler im Breisgau.
+ 68 zeigt ihr Allianzwappen, rechts ben Freiburger Adler, Iinfs den Wartenberger
Löwen. Bon der Umſchrift it noch zu lefen: S. ANNE. DE. WARTENBERG....
5 Abgegangen, bei fingen. 6 BU. Donauefchingen.
176
87. — 1306, Jan. 28.
Ein Herr von Wartenberg iſt im Gefolge König Albrechts in
Zürid.
Dieß folgt daraus, daß das Wartenberger Wappen (ein rother Löwe in weißem
Feld) im Haufe „zum Loch“ in Zürich angemalt war (ſ. hierüber Mittbeilungen ber
antiquar. Gejellichaft in Zürich XVIII, ©. 108 ff. und Tafel III, Nr. 158).
Dasfelbe Wappen enthält auch bie befannte Zürcher Wappenrolle (Nr. 191) und
führt heute noch ber Wartenbergifche Stammort Geifingen, verbunden mit dem Fürften-
bergifchen Adler, freilich falſch tinftirt (blauer Löwe in goldenem Felde).
88. — 1307, Febr. 12. PDürmentingen.
Hainricus de Wartenberch inspectis litteris praedecessorum
suorum, Cün. videlicet senioris de Warthinberch et H., fratris
ejus, dieti Strüz, super donatione proprietatis bonorum in Lieten-
velt!, quae se extendunt ad culturam septem boum, fratribus
hospitalis domus in Alshusen facta, hanc donationem corroborat,
quia roboratam sigillis praedietorum de Warthinberch videt.
Datum in Thirmedingen ?, anno 1307 pridie Id. Febr °.
Perg. Or. im Stuttgarter Staatsardive.
Das Siegel bes Ausitellers hängt an der Urfunbe.
89. — 1307, März 29. Wartenberg.
Anna, comitissa de Friburgo, domina de Wartenberg, H., comes
de Furstenberg *, et Adelhaidis magistra ac conventus monasterii
in Amptenhusen capitulo Constantiensi praesentant Rüdolfum sa-
cerdotem, dietum Muller, de Gisingen ad ecclesiam Evingen ex
morte quondam Petri, rectoris eiusdem, vacantem, cuius jus pa-
tronatus ipsis pertinet.
Datum Wartenberg 1307, IV Kal. Aprilis, indietione V.
Perg. Or. in Karlsrube.
90. — 1307, Ang. 22. Wartenberg.
Johannes von Baldingen, geieflen zu Briburg, verkauft mit
Zuftimmung feiner Frau, der Gräfin Annen, Graf Hainrihs el.
von Briburg eheliher Wirthin, und feine Herrn, Graf Hainrichs von
Forſtenberg, ihres Tochtermanng, einen Hof zu Baldingen um 23 Marf
! Fichtenfeld bei Altshaufen. 2 Dürmentingen, O.A. Riedlingen.
I Bol. Regeit von 1276, Febr. 8, Nr. 57.
* Graf Heinrih von Fürftenberg war Anna's Schwiegerfjohn, Gemahl ibrer
jüngern Tochter, der Gräfin Verena von Freiburg.
117
Silber „Briburger geweges“ an das Klojter zu Nidingen vffen Hoven !
als lediges Eigen.
Geben ze Wartenberg 1307 an dem nehiten zinjtag vor ft. Bar-
tholomeustag.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Die Siegel (da ber Ausfteller eigenes nicht hat) der Gräfin Anne? unb bes
Grafen Hainrid von Fürftenberg hängen an ber Urkunde.
91. — 1308, Jebr. 5. Futtlingen.
Herr Conrad von Wartenberg erlaubt Ulrih von Xitlingen ?,
vasallo suo, ein Gut zu Mainhaim* an das Klojter Neidingen zu
veräußern.
Actum Tuttlingen, 1308 an jt. Agthatag.
Auszug von Pregiger in Donaueſchingen.
92. — 1308, nad Febr. 5.
Blrih Aitlinger gibt ein Gut zu Mainheim dem Kloſter Nei:
Dingen mit Conſens der Frau Anna, Graf Heinrichs von Freiburg
eheliher Gemahlin, und des Grafen Heinrichs von Fürftenberg, ihres
Tochtermannes.
Auszug aus Gabelkhovers Collectaneen von Döpſer in Donaueſchingen.
93. — 1309, Ian. 10. Billingen.
Frau Anna von Wartenberg, Frene, ihre Tochter, und Graf
Hainrich, ihr Tochtermann, geben den Johannitern zu Villingen um ihr
und ihrer Vordern Seelenheil willen, „dem pfrondener vf der Kilchvn
30 Pforren?, er fi ir broder oder nit,“ jährlich 20 Fuder Holz aus dem
Holz, dad man da jpricht Vnderholtzer ®.
Gegeben ze Vilingen 1309 an dem freitag nach dem zwoͤlftentag.
Perg. Or. in Karlsruhe.
94. — 1310. 5t. Blaſien.
—— der Burger, von Giſingen vergleicht ſich mit dem Kloſter
aloſter Moriehof in Neidingen.
2 Dasfelbe zeigt in dem von der jetzt abgeſchliffenen Umſchrift gebildeten Kreiſe
ohne Wappenſchild redts den Freiburger Adler, links den Wartenberger Löwen.
Dasjelbe ift abgebildet in F. K. Fürft zu Hohenlohe: Waldenburg, ſphragiſtiſches
Album, Beilage E zu Fürftenberg Nr. 10.
3 Abgegangen, bei Blumberg im bad. Aitrachthal.
+ Mauenheim, B.⸗A. Engen.
> Pfohren bei Donauefhingen. In berfelben Urkunde verzichtet Gräfin Verena
noch auf ben Kirchenſatz dafelbft, der ihr Pfand von ihrem Gemahl war, zu Gunften
der gen. Zohanniter.
6 Mald Unterhölzer am Fuße des Wartenbergs.
Archiv. XI. 12
178
St. Blafien wegen des Zehntens zu Emingen in der Bar, jo daß das
Klojter ihm davon 4 Schillinge und 1 Pfund Pfennige, die zu Emmigen
gang und gäbe find, zu Vogtſteuer geben joll.
Diejen Bergleih ihre8 Diener betätigen die Frau des Grafen
Heinrich felig von Vriburg, geborene von Wartenberg, und Graf Hein—
rich von Fürftenberg, ihr Tochtermann.
Unter den Zeugen: Hainrih von Ammendingen, Chonrat von
Gifingen, Johans von Swanborf ?, Chunrat von Tainingen 3.
Ze St. Blefin 1310.
Perg. Or. in Karlsruhe.
95. — ce. 1311.
Henricus de Wartemberg Wolthäter Alpirsbad).
Gerbert, Nigr. Silv. II, 161.
96. — 1311.
Heinrih von Wartenberg iſt Bürge für die Grafen von Sulz.
Auszug Pregiperd in Tonauefhingen.
97. — 1312, Ian. 13. Futtlingen.
H. de Wartinberg, nobilis, cum H. de Wildenvels * possessiones
suas sitas in Bvchain ® universas cum media parte decimae maioris
ibidem sitae quae omnia a se idem in feodo habuit, monasterio
in Salem pro 62 marecis argenti ponderis Constant. vendidisset, has
possessiones cum decima a venditore in monasterium transfert et
omni juri suo in eisdem renuntiat, receptis a praelibatis partibus
4 marcis argenti. H. de Wildenholz praemissa omnia vera esse
profitetur sub sigillo domini H. de Wartenberg.
Datum et actum in Tuttelingen 1312 in octaua Epiphanye,
indictione X, testibus honorabili viro C., viceplebano in Tuttelingen,
C. et Egelolfo „fratribus meis“ (i. e. Hainrici de Wartinberg).
Salemer Gopialbud IV, 7, Nr. 7.
98. — 1312, April 8. Mengen.
H. de Wildenuels et Anna, uxor ejus legitima, vendunt mo-
nasterio in Salem pro 62. m. arg. ponderis Constant. mediam
ı Hohemmingen, B.⸗A. Donaueſchingen.
? Dberfhwandorf, B.A. Stodad). 3 Thuningen, O.⸗A. Tuttlingen.
+ Die von Wildenfels find Mannen der Freiherren von Wilbenftein. Wo ihre
Burg lag, ift nicht befannt; Feinesfalls ift dieſelbe mit Wildenftein ſelbſt ibentifch.
Ih möchte diefelbe in dem fog. Lenzenihlößle, einem Burgitall bei Thiergarten im
Donautbale, vermuthen.
5 Buchheim, B.:A. Stockach.
179
partem decimae maioris in Büchain, quae ex antiqua laicalis ex-
stitit, et possesiones suas in eadem villa, videlicet curiam, quam
colit Ber., dietus Buman, et des Ludirs gut de consensu et per
manus domini sui H. de Wartenberg, nobilis, a quo decimam et
possessiones in feodum possederunt. Heinrici frater, H. de Ror-
dorf ', receptis 10 marcis argenti a monasterio dieto, omni juri suo
in venditis bonis renuntiat.
Actum et consummatum in Mengen? 1312 in die beati Wil-
helmi, ind. X.
Salemer Gopialbud IV, 6, Wr. 6.
Das Driginal fiegelte mit Andern aud H. de Weartinberg.
99. — 1313 15.
H., nobilis vir de Wartenberg, pro salute animae suae et
suorum progenitorum proprietatem juris patronatus in Dvrnun prope
Sulgen ® et Annam, relictam, dietam de Ruggenberg*, cum liberis
suis et omni prole illorum genita et gignenda jure sibi proprie-
tatis pertinentem, monasterio in Salem ad restauranda damna, per
quondam C. piae recordationis, patrem suum, monasterio illata,
eidem donat.
Salenıer Gopialbud) IV, 32.
100. — 1313, Jan. 13. Engen.
Heinrih von Wartenberg genehmigt als Lehensherr den Verkauf
von Zehntgefällen zu Lohn und Biberen® durch Gunzlin und Eunzlin,
Gebrüder von Herblingen?, an das Kloſter Paradies 6 und verzichtet auf
feine Rechte zu Gunſten des Kloſters, jomwie der Kirche zu Lohn.
Perg. Or. in Schafihaufen (mitgeteilt von Dr. Glatz in Neufra).
101. — 1313, Juni 14. S$tokad.
Eünrat von Wartunberd, ain vrie, gibt dem SKlofter Wald Ge:
währe, fall3 e8 um das Gut ze Althain angeſprochen werden jollte.
Zeugen: ber Hainri von Honburd ®, Ritter, her Wezel und her
Johans von Riſach?, Nitter, Burdart von Walzberch !%, Burdart von
1 Nobrborf, B.⸗A. Meßkirch. 2 O.⸗A. Saulgau.
3 Dürmau, O.A. Riedlingen, + Inbefannt.
5 Alle drei Orte liegen im Ganton Schaffhauſen.
6 Santon Thurgau am Rheine, Altheim bei Meßkirch.
° Homburg bei Raboljszell. 9 Lies Riihad.
0 MWaldsberg lag bei Bol, B.:A. Meßkirch.
180
Madingen , Burdart der Orhan, Hanrid von Manbüran ?, Wernher
ber Snider von Stoda?, Mercli der Weber.
Geben ze Stoda an dem dunſtage nad jt. Barnabas dage 1313.
Copie Laßbergs aus dem Archive des Kl. Wald in Donaueſchingen.
102. — 1314, Dec. 28.
Heinrih von Wartenberg gibt dem Gotteshaufe Friebenmweiler * bie
Eigenihaft und alle jeine Rechte an dem Gute zu Dittishaufen *, das
demjelben Herr Haug von Dittishaujen? gab, und das von ihm und
feinen Vordern Lehen war.
Geben 1314 an der unjhuldigen Kinblin tag.
Friedenweiler Gopialbud von 1663, fol. 61, in Donaueſchingen.
103. — 1315, Fedr. 10. Wotweil.
Hainrih von Wartemberg wird mit Herren Covonrad, Herzog von
Urjelingen, als Schiedsrichter von wegen der von Lupfen aufgeitellt,
wenn zwiſchen legtern und Graf Nubolf von Hohenberg wegen der von
diejem an jene verpfändeten Burg Lupfen Streit entjtünde,
Ze Rotwil an dem naehſten maendage vor jt. Valentins dag 1315.
Schmid, mon. Hohenbergica, ©. 200, Nr. 246.
104. — 1316, Iufi 15. MNeidingen.
Goonrat von Wartenberg verkauft der Sammlung Bifen hove bi
Nidingen feine Vogtiteuer von Cvonrat Gofjoldes jel. Gut zu dem nideren
Baldingen 6, die ihm jährlih 1 Sceffel Kernen und 2 Scheffel Haber
Nidinger Me galt, und all jein Recht an diefem Gute und an Leib
und Gut Bruder Wernhers, des vorgen. Gojoldes Sohn, um 8 Pfund
Pfenninge alter Brisgomer.
Dis geihad ze Nidingen ®, 1316 an ft. Margaretentage 7.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
105. — 1319, März 12. Stodad.
Heinrih von Warttenberg, ain vrier herre, verkauft an bie Co—
mende Altöhujen die Eigenichaft der Lehen, welche Neynhart von Stayn—
hoſin und defjen Bruder Vzze, Edelfnehte?, von ihm zu Haginome,
ı Mödingen, B.:A. Conſtanz. ? Mammern am Unteriee, Canton Thurgau,
’ Stodadh im Hegau. B.⸗A. Neuftadt. 5 Geihab 1302, April 6.
s Unterbaldingen, B.:A. Donaueſchingen.
’ Dbwohl Gunrat fagt, er fiegle mit feinem Siegel, jo hängt boch das Heinrichs
von Wartenberg an der Urkunde. Die gut erhaltene Umfchrift Tautet nämlich:
+ S. HAINR. NOBILIS. DE. WARTENBERCH.
Dieſe verkaufen an demfelben Tage diefe Lehen an nen. Gommende. Sie nennen
fih dabei Diener des Schenken Herman von Winterfletten, find aljo feine Warten:
berger Dienftimannen.
181.
„als es da lit in Alahojer kilchſpel“, zu drien rindirn akkirs“, getragen
haben, um 4 Pfund Pfenninge Eonft.
Geben 1319, an ft. Gregorientag in dem merzzin ze Stockach in
der jtat.
Perg. Or. im Stuttgarter Staatsardive.
Dasjelbe fiegelte der Ausſteller.
106. — 1320, Fedr. 27. Schaffhaufen.
An der Sühne zwiichen Graf Heinrih von Fürſtenberg und dem
Abte Diethalm von Neichenau, der von jenem gefangen genommen
worden war, wird u. a. beitimmt: „Wir abbte Diethelm, der vorgenant,
verjehen auch, daz wir mit den lehen, die erb (fic) ahne, die alte grauen
Hainriched wilent mas eheliche mwittenne von Friburg?, von Awe? ze
leben bett, thuen jollen mit vinemen, mit leihen ald mit gemächten ir
und wen fi es bittlichen an den ftetten, all3 ſy es begert, vnd was
bie drey haikent, herr Gonradt von Bluemenberg *, herr Hainrich von
Randegge? vnd herr Albreht von Glingenberg®, die wir baidenthalb
darüber genomen hent, vnd als dich jie es haißent, mit unjere handt
vnd mit unjerem brief. it auch, das die drey haißent, das wir da3 lehen
trägen von dem Fhönige, das jollen wir dan thuen inventh vier meillen
von Owe vnd jeyen nit fürbad gebunden, und jollen das thuen inrent
ainem jar, e3 wäre danne, da3 der fhönig im die gegen nit khäme in
der jarsfriit, jo hondt die drey gemalt fürbad, tag ze geben ain jar,
daz ze vollefüeren.“ Stirbt einer dieſer drei Schied3männer, jo ſollen
die überlebenden einen Erſatzmann mit gleichem Nechte zu fich nehmen,
„ond wa wir das lihen nit vollebrechten und vollfierten, ald da vor ges
ihriben ift, und vns die drey haifent und vns auch die drey darumb
ihuldig geben, jo wären mir geuallen dem vor genannten grauen Hain
rih 500 marckh ſilbers Coſtanzer gewiges,“ worüber Abt Diethalm 40
namentlich aufgezählte Bürgen jtellt ©.
Gopie des 18, Jabrh. in Donaueſchingen.
107. — 1321, März %6. Conſtanz.
Vicarii episcopatus Constantiensis generales notificant, quod
strenuus vir Berhtoldus de Svnthusen ?”, miles, nec non Hermannus,
rector ecelesie in Haidenhouen ”, Berhtoldus et Hainricus, fratres
ı Hangen, D.:A. Saulgau. ? Anna von Wartenberg.
3 Reichenau. Blumberg, B.:A. Donauefdingen.
’ Randegg, Canton Schaffbaufen; Klingenberg, Ganton Thurgau.
6 Zu ben Neichenauer Lehen der Wartenberger gehörte namentlih ihre Stamm:
burg Wartenberg jelbit.
’ Suntbaufen, Heidenbofen, B.:A. Donaueſchingen.
182
carnales, quondam Hainrici de Synthusen armigeri filii, curiam suam,
sitam in Büsenhain ', unam scoposam, sitam in inferiori Baldingen ,
et in villa Baldingen ! pratum, situm ze Heichenwage, et scoposam
unam, sitam in Geptenhusen ?, et in villa Svnthusen pratum, quod
nominatur die Clainheige, altari beate virginis Marie in ecelesia
Svnthusen in animarum suarum suorumque predecessorum ac pos-
terorum remedium donaverint, statuentes de consensu nobilium per-
sonarum, domine Anne, relicte Hainrici, quondam comitis de Fri-
burg, domine in Wartemberg, et domini H., comitis de Fürstem-
berg, generi eius, et domine Verene, uxoris ipsius, ad quas per-
sonas jus patronatus diete ecclesie in Svnthusen pertinet.
Datum Constantie 1321, VII Kal. Aprilis, indictione quarta.
Oberrh. Zeitichr. XII, 358—361.
Das Original hatte neun Siegel; erhalten find davon fieben. Das Siegel
der Gräfin Anna zeigt das mehrerwähnte Allianzwappen. Umſchrift etwa zu lefen:
+ S’. ANNE. DNE. DE. WARTENBERG. VXORIS. HEINR. DE. FRIBVRG.
108. — 1321, Ang. 1.
Todestag der Gräfin Anna von Freiburg.
ALS folhen bezeichnet ben 1. Aug. das in Donaneihingen befindliche Necrol.
Amtenhus. fol. 219, das bier bemerkt: „Die hochgeborne Anna, Gräfin von
Wartenberg, Elijabetba und Heinrih, ihres Herrn.“ An einer andern
Stelle (fol. 380) bemerkt biefes Necrologium: „Die bohgeborne Frau Anna,
Gräfin von Wartenberg, Elifabetba von Wartenberg und Heinrid
von bar haben gejtiftet ein Nebgut zu Almanſpach“? (nämlich als ihr
Seelgeräthe an das Klofter Amtenhaufen). Heinrich ift zweifelsohne Vater der Gräfin
Anna, alfo Heinrih Struz; wir bürfen alfo die mitgenannte Elifabeth unbedenklich
als Mutter berjelben und Gemahlin des Struz erklären.
Daß ber 1. Aug. wirflid der Todestag ber Gräfin Anna war, folgt ferner aus
ber log. fürftenbergifchen Chronik des 17. Jahrh. in Donauefhingen, denn bieje jagt:
„1320. Auffden 1. Augufti geftorben Fraw Anna, Gräffin von Frey—
burg, geborne Freyin von Wartenberg” Da Anna noch 1321, März 26,
thätig ift, jo fann fie nicht Schon 1320 geflorben fein, aber 1322 lebte fie nicht mehr,
denn am 3. April d. 9. nennt ſich Graf Egon von Fürftenberg in einer Friedens—
weiler Urfunde „Herr zu Wartenberg“, ein Titel, ben zu Lebzeiten der Gräfin Anna
nicht einmal ihr Schwiegerſohn, Graf Heinrich, führte und überhaupt führen fonnte,
denn Anna erjcheint bis zur legten Nennung ihres Namens als wahre und eigent-
liche Herrin von Wartenberg. Somit ergibt fi als Todestag berjelben wirffid ber
1, Aug. 1321.
109. — 1325, Aug. 23. Bofweil.
Burdard von Triberg *, ein Nitter, Dienjtmann de3 römiſchen
! Biefingen, Ober:, UntersBaldingen, BA. Donauefhingen.
? Abgegangen, bei Efingen. 3 Allensbad, B.⸗ A. Gonftanz.
+ Im Schwarzwald,
183
Reichs, defien Mutter eine von Wartteberg war, gibt St. Georgen ein
Gut zu Dürrheim jammt einem Leibeigenen.
St. Georger Jahrbücher VI (in Karlsrube).
110. — 1326, Iuli 24. Villingen.
Cuͤnrat von Wildenftain, ain vrie, leiht den Hof, zu Norborf!
gelegen, den Hainrih von Rain baut, Wernhern von Althain! und
defjen Erben zu einem rechten Lehen.
Geben ze Bilingen an ft. Jakobs abent 1326.
Perg. Or. in Donauefhingen.
Das Siegel bes Ausitellers ift gut erhalten; e8 zeigt deutlich den Wartenberger
Löwen; die Umfchrift lautet: + S. CVNRADI. DE. WARTENBERG. NOBILIS.
Diefer Conrad ift demnach Stifter ber Linie Wartenberg Wilbdenftein, die fich häufig
von Wildenftein (im Donautbale) allein nannte.
111. — 1332.
Herr Burkart von Triberg, „des mutter von Wartemberg was“,
ftiftet die Beichtigeritelle im Klofter Rottenmüniter.
Repertorium von Nottenmünfter im Staatsardive zu Stuttgart.
112. — 1333, Nov. 29. Bufflingen.
Cünrat, genannt von Wartenberg, Herr zu Zutelingen, verkauft
dem Deutjchhaufe zu Alshuſen die Eigenihaft ded Gutes zu Lüthark-
wile?, „dez do fint ze fünf rindern ader”, um 26 Pfund Pfenninge Eonit.
Tutelingen 1333, an jt. Andre abent.
Perg. Or. im Staatsardhive zu Stuttgart.
Das Siegel des Ausitellers hängt an ber Urkunde.
113. — 1337, Dec. 7. Bürid.
Jungher Eglof von Wildenftein, fryge, beicheinigt den erbern,
weiſen Leuten, dem Bürgermeilter, Nath und den Bürgern von Zürich,
in deren Dienst er ſich verbunden, die völlige Bezahlung feines Soldes ?,
Geben Zürich mornendes nad ft. Nyclaus tag 1337.
Perg. Or. in Zürich.
Das theilweife zerbrochene Siegel zeigt den Wartenberger Löwen. Von ber
Umſchrift ift noch zu lefen: + S. EGGLOLFI. D..... ENBERG.
(Mitgetbeilt von Profeſſor Dr. Mever von Knonau in Zürich.)
114. — 1338, Nov. 5. Tuttlingen.
Heinrih von Wartenberg, ein Frei, gibt der Priorin und den
Frauen in der Glaufe zu Talhaim* den Zehnten zu Efingen, den fie
1B.⸗A. Meßkirch. ? Luditsweiler, D.:A. Saulgau.
’ Nah dem Schweiz. Muſeum I, 86—87 quittirte derſelbe an gleichem Tage
Zürih aud über erhaltene Entihädigung für den Abgang von Meiden (Streitroffen).
+ Thalheim, O.A. Tuttlingen.
184
lange genofjen Haben, zu Lehen, und ftellt ihnen als Träger Peter
Krellen, Cunrad und Friedrich von Emingen! und Cunrad von Er—
zingen ?,
Geben ze Tutlingen, in feiner ftabt, 1338, Donnerftag vor ft.
Martinstag.
Auszug Pregigers in Donauefhingen.
115. — 1342, Mai 31.
Hana? von Wartenberg ijt Bürge im Friedensvertrage zwiſchen
der Stadt Rotweil und Conrad und deſſen Sohn Peter von Emmingen.
Geben freitag nad) Urbani. 1342.
Rudgaber, Geſchichte von Rotweil IT, 132.
116. — 1342, Dec. 7. Oberndorf am Nekar.
Junker Oſwald von Wildenftain ift Bürge für Conrat von Falken—
ftein gegen Klofter Alpirsbach, betreffend den Kirchenſatz Waldmöſſingen“.
Geben ze Oberndorf, ſamstag nad) ft. Niclaustag 1342.
Diplom. Alpirsbac. fol. 43 im Stuttgarter Staatsardive.
117. — 1344.
Junker Oſwald von Wildenjtein verbürgt fi zum Einlager gen
Rotwil für Hana von Schabenhaujen ®.
Baumgartners Gollectaneen von 1785 in Donaueſchingen.
118. — 1344, April 30. Rotweil.
Jungher Oſwalt von Wartenberg iſt Bürge für Herman, ben
Jäger von Conzenberg 6, defjen Iupfiiche Lehen zu Thalheim 6 betreffend.
Geben ze Rotmil, an ſt. Walpurgs abende 1344.
Perg. Or. in Donauefhingen.
119. — 1344, Wai 3.
Konrad von Wartenberg, Propft und Keller von Reichenau, ver—
eint fih mit dem Gomenthur zu Villingen über leibeigene Leute zu
Weigheim ®,
Datum an jt. Urbanstag 1344.
Baumgartners Gollectaneen von 1785 in Donauefdingen.
1 Efingen, Hochemmingen, B.⸗A. Donauejdingen. 2 9... Waldshut.
3 Zweifelsohne verfchrieben für Heinrih, da es um 1342 feinen Wartenberger
Namens Hans gibt.
O.A. Oberndorf. 5 B.⸗A. Villingen. 96 D.N. Tuttlingen.
Nach Pregiger war Konrad fhon 1343 Propft in Reichenau; vgl. Gallus
Ohem, Chronik von Reichenau, ed. Barad 155. Obem nennt bdenfelben Guitor,
Keller und Propſt.
185
120. — 1344, Sept. 30. Rotweil.
Cuonrat von Wartenberg, ain frige, Hofrichter von des römijchen
Kaijerd Ludwig Gemalt und an feiner Statt auf feinem Hof zu Routwil!.
Geben Donnerftag nad ft. Michelstag.
Zimmerisches Copialbuch, Bl. 158, in Donaueihingen.
121. — 1345, Juni 23.
Bor dem Hofgericht zu Rotweil verjegt Graf Cunrat von Yürften:
berg feiner Gemahlin Adelheit von Griejjenberg zu rechtem Pfande:
Gifingen, die Stadt, mit Leuten und Gütern, Gijingen, die Burg, ges
legen vor berjelben Stadt, die Mühle unter berjelben Burg an der
Thünowe und den Laienzehnten, der „zü ben viltinan” gehört, um
400 Mark Silber Eoftenger Gewichts ?.
Geben ze Rotwil 1345 an jt. Johansabent ze jüngihten ®.
Perg. Or. in Donaueldingen.
122. — 1346, Febr. 24. Tuttlingen.
Heinrih von Wartemberg, ein freier Herr, erlaubt Herrn Heinrich
von Fridingen*, Nitter, feinen Bruder, Herrn Nübolfen, zum Gemeinder
zu dem von ihm lehenbaren Gute zu Beringen* nach Xehensrcht zu
nehmen 5.
Geben ze Tuttelengen an ft. Mathyas tag des Hl. zwelfbotten 1346.
Perg. Or. in Donaueidingen.
Das Siegel des Ausftellers bat die BEN 7 S. HEINRICI. DE. WAR-
TENB’G. MILIT.
1 Derjelbe erjcheint jehr häufig zwiſchen 1344 und 1359 als Hofridhter. Als
folder führte er im feinem Siegel einen einfachen, rechts ſehenden Reichsadler und
bie Umfcrift: + S. CVNR. D'. WARTEB’G. IVDIC. CVR. ROTWIL (vgl.
Dberrh. Zeitihr. VIII, 332. 334). Zum legten Mal finde ich ihn im biefer Würde
am 25. Dec. 1359 (Mittbeil. des hiſtor. Ver. für Hohenzollern VIII, 79). Bon ihm
fan biejes einträgliche, angefehene Reichsamt an Graf Rudolf von Sulz, bem Kaifer
Karl IV am 4. Nov. 1360 das Yandgeriht bei ber Stadt Rotweil empfiehlt,
j. Huber, A., Regeften Karl’s IV, 2. Abtheil. 278, Nr. 3401.
? Die bier genannten Orte famen als Wartenberger Erbe an bie Grafen von
Fürſtenberg.
3 Ebenfalls 1345 verweist Graf Conrad von Fürſtenberg ſeine vorgen. Gemablin
„vff das ort zue Wartenberg an ber burg, ba bie pfiſterey vnd die kuchin vnd fein
kammer vff fteht“ um 1200 Mark Silber Wiberlegung mit Conſens des Abts in ber
Dw, von dem es Lehen (nad Gabelkhovers Eollect. in Stuttgart I, 363).
+ Hobenfriebingen, Böhringen, bei Rabolfszell,
5 1360 war die Lehenseigenſchaft dieſes Gutes an bie Grafen von Fürftenberg
gebiehen, vermuthlich durch Kauf, da die Zuttlinger Linie der Wartenberger mit den
legtern ſich nie verjchwägert bat.
186
123. — 1347, Dec. 31. Bottenmünfter.
Der erber geiitlid Herr, her Georie Wartenberger, gen. von Wilden:
ftain, Chorherr ze jant Gallen und Probit ?.
An ft. Silveiterdtag 1347, ze Notenmüniter.
Cod. trad. Sangall. I, 588.
124. — 1348, Mai 6. Billingen.
Hermann, der Jeger von Tuttlingen ?, verfauft fein Gut zu Thal-
heim an Elsbeth von Tannegg? um 30 Pfund Heller mit Conſens
Herrn Heinrichs von Wartenberg.
Billingen, zinjtag nad) jt. Walpurgstag 1348.
Baumgartners Gollectaneen in Donaueſchingen.
125. — 1350, Febr. 11. Rotweil.
Günrat von Wartenberg, ain frier Herre, Probit des Gotteshaujes
in der Nychenoume, belehnt im Namen der Söhne feined Bruders jelig
den Cünrat da Hindenan, Sohn Johanſen da Hindenan von Bihain *,
Burger von Routwil mit einem zehendeli zu Eſchingen“, da3 vordem
Burfart in dem Hofe von Sunthujen bejaß.
Geben zu Routwil an dem nehiten dunritag vor jt. Valtinstag 1350.
Riezler, Seid. von Donauefhingen ©. 70 6,
126. — 1351, Januar 20.
Graf Johans von Fürltenberg bittet Herrn Wernher von Zimmern,
da er „an ainem pferit“ Conraten von Wildenjtain, Landrichter auf
bem Hofe zu Notwil, 6 Pfund Heller jchulde, in feinem Namen dieje
Summe demjelben, falls er ein Pferd Faufe, auszuzahlen.
Geben an jt. Fabiani und Sebajtianitag 1351.
Zimmerifches Copialbuch, Bl. 276, im Donaueihingen. Bol. Zimm,
Ebronif III, 175.
127. — 1351, März 16. Reutlingen oder Wiedlingen.
Conrad von Wartenberg, St. Johannig Ordens, verzichtet auf
die Güter jeiner Brüder Oswald, Friedrich und Heinrich von Warten
berg gegen eine Jahresrente von 10 Piund Heller aus dem Zoll zu
Tuttlingen,
Es fiegelt mit ihm jein lieber Vetter, Herr Conrad von Warten:
1 Nämlich der zu St. Gallen gehörenden Propftei Ebringen im Breisgau,
? Derielbe, der oben Nr. 118 Jäger von Gonzenberg heißt.
B.⸗A. Bonndorf. + Aufen bei Donaueſchingen. 5 Donauefdingen.
6 Das im Donauelhingen befindliche Original zeigt das Neichenauer Propft-
fiegel, aber ſehr befhäbigt; unter dem Bild des Patrones ift in eigenem Schilde ber
Wartenberger Löwe. Bon ber Umfchrift find nur noch wenige Buchſtaben erkennbar.
187
berg, Probit und Keller in der Nichenow, und jeine lieben Oheime,
Herr Eglolf, Ritter, und Albreht von Stüßelingen!, Werner und
Johannes von Schmweindorf ?.
Geben zu Nütlingen an jt. Gertruden abendt in der faſten 1351.
Auszug Pregipers in Donaueſchingen.
128. — 1351, Och. 14. Juttlingen.
Djwalt von Wartenberg, Ritter, und Friederich und Hainrid von
Wartenberg, Gebrüder, geben ihre Leibeigene Mahthilden, des Sunt—
huſers Tochter, von dem oberen Baldingen ihrem lieben Herrn, Graf
Günraten von Fuͤrſtenberg, Landgrafen in der Bar, gegen Mathilden,
Volkmars Tochter von dem nidern Baldingen.
Geſeriben ze Tuttlingen an dem naditen fritag vor it. Gallen
tag 1351.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Die Siegel ber Ausfteller führen den Wartenberger Löwen. Don ben lm:
Ihriften find? noh zu leſen: 1)+S....SWALDI D’. WARTEB’G.
2) + HAINR. X. NOBIL. DE. WARTEBG.
129. — 1359, Oct. 15.
Friedrich von Wartenberg wird Bürge für feinen Freund Rainald,
Herzog von Urslingen.
Geben 1353, ft. Gallenabend.
Altes Repertorium von Rottenmünfter im Stuttgarter Staatsardive.
130. — 1354, April 28.
Oswald von Wildenjtain, ain frie, ſchlichtet Streitigkeiten zwiſchen
jeinem „rund Hainric von Blumenberg, dez Kalpfen ijt“ ?, und Herrn
Johanſen von Blumenberg, dem jungen, Ritter.
Geben an dem nehiten maentag vor jt. Walpurg tag.
Perg. Or. in Donaueldingen.
131. — 1356, Dec. 13.
Der edel rei, Friderich von Wartenberg, gibt in jeinem und des
edeln Freien Oßwald von Wartenberg, Nitterd, Namen ihre gemein=
jamen Lehen vor Abt Eberhard von Reichenau mit dem edeln Freien
Albredten von Steuglingen und dem vejten Nitter, Herrn Hainrichen
von Blumberg, dei Karpfen ift, auf und bittet, daß all die Xehen,
melde er und fein vorgenannter Bruder von Reichenau gehabt, nämlich)
Vogtei und Maieramt zu Tutlingen, die Wiefen, Acer, Holz und Feld
Steußlingen, D.:U. Ehingen. 2 Ehwanborf, BA. Stodad,
’ Eine Linie der Herren von Blumberg bei Donauefhingen beſaß bis in’s
15. Jahrh. hinein Hobenfarpfen, O.A. Tuttlingen.
—
188
und die Viſchenz, im Quttlinger Bann gelegen, jammt den dazu ge:
börigen Leuten, ferner die Leute und Güter in den Dörfern zu Effingen,
Baldingen, Sunthujen, Bettenhujen !, foviel fie da haben, Nendingen ?,
den Kirhenfaß und die Laienzehnten daſelbſt, und die Lehen, die fie zu
Tutlingen und den vorgenannten Dörfern zu leihen haben, „ihnen mit
einander in ainer gemain verliehen werden”. Darauf leiht Abt Eber—
hard „in gemain” dieſe Stüde Albredten von Steußlingen, Herrn
Hainrihen von Blumenberg, dem vejten Ritter, Herrn Eglofen von
Steußlingen, Eonraden und Hainihen von Steußlingen, des vorgenannten
Albrechts Söhnen, Hanjen, dem Truchjejjen, des vejten Ritters, Herrn
Hanjen, Truchjeffen von Diekenhofen ? Sohn.
Geben 1356 an jt. Yucientag.
Pregigers Auszug in Donaueldingen.
132. — 1359, Januar 3.
Oswald von Wartemberg, Nitter, leiht auf Bitten der Urjula
von Helmädorf *, eheliher Hausfrauen des Friedrich Gremlich? jelig,
und de3 Johann von Schmeindorf, meiland ihre Tochtermannes, den
Zehnten zu Gebharbömeiler ®, den fie von ihm zu Lehen getragen, dem
Diethelm Gremlih und feinem Bruder.
Perg. Or. in Sigmaringen. (Mitgetheilt vom f. hohenzoll. Archivar Schnell.)
133. — 1359, Zuli 30.
Dswald von Wartenberg, Frei, Nitter, verjegt mit Genehmigung
ſeines Bruders Friderihen von Wartenberg feiner Hausfrau Clara,
geb. von Landau, Tutlingen, die Stadt, Leut und Gut mit aller Zu:
gehör, mit Zwing und Bann, Gerichten, Steuern, Fällen und aller
Ehehafte, was alles Lehen von Neichenau it, um 2600 Gulden für
ihre Heimjteuer, jo daß diejelbe, Graf Eberhart3 von Landau Tochter,
und ihre Erben dieje Stüde als rechtes Pfand nutzen jollen, bi3 Oswald
oder feine Erben fie wieberlöjen.
Geben 1359 feria secunda prius? Petri Apostoli.
Auszug von Pregiper in Donaueſchingen.
134. — 1360.
Georgius, abbas monasterii 8. Galli, dotem et patronatum ec-
clesiae in Kilchdorf® domino Oswaldo de Wartenberg propter
1 Lies Geptenhujen. 2 O.⸗A. Tuttlingen. 3 Am Rhein im Thurgau.
+ Bei Immenſtaad am Bodenſee.
5 Die Gremlid waren reichbegüterte zu Ravensburg und Pfullendorf anfäffige
Geſchlechter.
6 Bei Salem, B.⸗A. Überlingen. Dafür iſt wohl post zu leſen.
® Kirchdorf, B.:A. Villingen.
189
fidelia sibi et suo monasterio praestitas ervitia donavit anno 1360,
ut latius patet in registratura noviter descripta fol. 105.
Annales succincti Augiae Divitis (Handſchrift bes 18. Jahrh. auf ber
Staatsbibliothet zu Münden) sub anno 1446.
135. — 1360—79.
Georg von Wartenberg, genannt von Wildenjtein, Abt zu St.
Gallen.
Mülinen, Helvetia sacra II, 95.
Derjelbe war 1347 (j. oben Nr. 123). Bropft zu Ebringen, 1357 Werkdefan
und Propft im Breisgau. Seine Wahl zum Abte wurde vom Papfte nur auf ein
befonderes Empfeblungsichreiben des Kaifers Karl IV am 16. Oct. 1360 beitätigt.
Abt Georg führte zuerft unter den Abten von St. Gallen neben dem Gtiftswappen
auch das feines Gefchlehts. Über benfelben ſ. Arx, Geſch. von St. Gallen II, 66-78,
und Arr, Geſch. von Ebringen 18, Mittheil. des bift. Vereins von Et. Gallen II, 2
und XI, 125, Badian, Chronik der Äbte von St. Gallen, ed. Gößinger I, 457—465,
Durdy diefen Abt Georg vermuthlich kamen bie MWildenfteiner in näbere Bes
rührung zu ben Geſchlechtern der Etabt St. Gallen; wenigitens ift ibr Wappen in
die Wappentafel der St. Galler Abelsinnung zum „Nothveititein‘ und ihr Name in
die Matrifel berfelben als Ehrenmitglieder eingetragen. Gegründet wurde dieſe
Innung im 14. Zahrb.; fie follte, was ſchon ihr Name befagen will, ein feiter
Stein in ber Noth fein, daher auch ihr Gefellichaftshaus, ein burgäbnliches Gebäude,
als feites Bollwerk gegen die Außenfeite hart an einen Hauptthor der Stadt gelegen,
äußerft wehrhaft geftaltet war. (Mitgetheilt von Präfident A. Naef in Et. Gallen.)
136. — 1361, Dec. 13. Oberndorf a. A.
Oswalt von Wartemberg, Ritter, ift Hauptbürge für Hainrich
und Zaifolf, Gebrüder von Lupffen, gegen Hanin, den Süngling,
Bürger von Wolffach, dem diejelben 15 Pfund Heller und 15 Eier jähr:
liden Geldes au8 dem Dorf ze Troffingen t für 150 Pfund Heller ver:
Ihrieben haben.
Geben ze Oberndorf an jt. Zucyentag 1361.
Zimmerifhes Gopialbuh Bl. 96—97 in Donaueſchingen.
137. — 1362, März; 10. Conſtanz.
Oswaldus de Wartenberg, libere condicionis miles, eröffnet dem
Biihofe Heinrih von Conſtanz oder defjen Generalvicar, dak er als
patronus ecclesie parrochialis in Nendingen ! dem Tauſche biejer
Kirche per discretum virum Hainricum, dietum Linder, rectorem
ecclesie in Nendingen, gegen jene zu Münolstorf? cum discreto viro
Friderico de Wartenberg, rectore ecelesie parrochialis in Münols-
I DNA. Tuttlingen, 2 Mindersborf in Hobenzollern.
190
torf jeine Zuftimmung gegeben habe und bittet um bie bifhöfliche Be—
ftätigung.
Datum Constantie 1362, VI Idus Martii, ind. XV.
Perg. Or. in Karlörube. (Mitgetheilt von Ardivdirector Dr. Roth von
Schredenflein.)
Am Driginale hängt das Siegel des Ausftellers, deſſen Umſchrift Tautet:
+ S’. OSWALDI. DE. WARTENBERG. MILITIS.
Nach zwei weitern im Karlsruhe befindlichen Urkunden beftätigt an bemfelben
Tage dieſen Pfründentaufh Nbt Eberhard von Reichenau als Patron der Kirche
Muünolstorf, und befiehlt ebenfalls am 10. März Bifchof Heinrih den Defanen zu
Etodah und Meringen?!, die beiden Pfarrberren in die ertaufcten Pfarreien zu
inveftiren 2.
138. — 1362, April 5.
Herr Oswalt von Wartenberg, Ritter, iſt Bürge im Heirathäbriefe
Walter von Hohenklingen mit der Gräfin Kunigunde von Fürftenberg.
Donjtag nad) ingandem Abrellen.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Dswald ift bier nicht als „Frei“ bezeichnet, obſchon unmittelbar vor ibm Peter
von Hewen und ein Krenfinger ausbrüdlid „frye* genannt werden. Sein an ber
Urkunde bängenbes Siegel bat die Umſchrift: + S. OSWALDI. D'. WART......
MILIT.
139. — 1362, Ang. 10.
Oswalt von Wartenberg, den man nennt von Wildenjtain, ver:
mittelt mit Graf Conrad von jjürjtenberg und Herrn Hans von Blum:
berg, genannt der Gebur, zwiſchen Albreht von Magenbüd ? und Herrn
Wernher von Zimmern,
Geben an ft. Zaurentistag 1362.
Zimmeriſches Copialbuch Bl. 123—124 in Donauefhingen.
140. — 1364, Januar 13.
Herr Oswald von Wartenberg, Nitter, verjegt mit Conſens bes
Lehensheren, Abt Eberhards von Reichenau, feines Oheims, Frau Claren
von Landau, feiner Hausfrau, die Viihenz zu Nendingen um 200 Pfund.
An st. Hilary tag.
Auszug Pregipers in Donaueſchingen.
141. — 1366, April 26. Prag.
Karl IV, bittet den Abt von St. Gallen, „des edeln Oswaldes
von Wartemberg, genannt von Wildenjtein, fune eynen, die wir dorzu
1 Möhringen, B.⸗A. Engen.
2 Bol. Roth von Schhredenftein, Gefh. von Mainau 293.
3 In Hohenzollern.
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geebelt vnd gefriet haben“, im fein Stift zu nehmen und ihm eine ge—
wöhnlihe Pfründe zu geben.
Geben zu Prage, am funtag nad ft. Georgen tag, feiner Reiche im
20., des Kaiſerthums im 12. Jahre.
Zimmeriſches Gopialbuh Blatt 2376 in Donauefhingen.
142. — 1366, Juni 15. Juttlingen.
Ofmalt von Wartenberg, Ritter, und Friedrich von Wartenberg,
Gebrüder „fryge herren“, eignen den erbern Knechten Andres und
Hans von Mendelburen dag Gütlein, da3 fie von ihnen ze Hirſſegg zu
Lehen gehabt haben.
Geben an ft. Vits tag 1366 ze Tutlingen.
Perg. Or. im Staatsarchive zu Stuttgart.
Die Siegel beider Ausjteller fehlen.
143. — 1366, Dec. 2.
Oſwalt von Wartenberg eignet die halbe Eigenſchaft der Güter,
der Mühle und des Weihers ze Ragenruti, welche Chuͤnrat Hagenomwer von
Eulgen ? und Hans, der Galler, von Althujen von ihm zu Lehen ge:
tragen, und die allezeit von jeinen Vordern Lehen geweſen find, den
genannten Lehenzleuten.
Geben 1366, mitwoch nad jt. Andrestag.
Perg. Or. in Stuttgart.
An der Urkunde hängt das Siegel des Ausftellers.
144. — 1367.
Frau Anna von Zutlingen, Nonne zu Rottenmünfter 2, vermadt
der Pitanz ihres Klofters 2 Malter Kernen aus einem Gute zu Frit—
lingen ?, damit man ihren und Herrn Konrads von Wartenberg, eines
Klofterherrn zu Reichenau, Jahrtag begehen möge.
Altes Repertorium von Rottenmüniter ©. 256 in Stuttgart.
145. — 1367, Zuti 1. Villingen.
Oſwald und Fridrich, Gebrüder, von Wartenberg, Herren ze Dut-
lingen, eignen bem erbern Manne Johanſen von St. Gallen zu Alf:
huſen die halbe Mühle ze Nagenruti, die von ihnen bisher Lehen gemejen.
Geben an Dornitag vor ft. Vlrihstag 1367 ze Vilingen.
Perg. Or. in Stuttgart.
Die Siegel beider Ausfteller hängen an ber Urkunde.
! Saulgau, wirt. Oberamtsjtabt. 2 O.⸗A. Rotweil.
146. — 1367, Nov. 27.
Friberih von Wartenberg verkauft jeinen halben Theil und feine
Rechte an der Stadt Tutlingen, was alle er von Reichenau zu Lehen
hat, an feinen Bruder, Herrn Oswald.
Uff jamftag post Conradi.
Auszug Pregipers in Donaueſchingen.
147. — 1370, FJebr. 9.
Herr Oswalt von Wartenberg und fein Bruder Friedrich von
Wartenberg werben bei der Berpfändung des Dorfes Wolterdingen
durch Graf Hug von Fürftenberg für diefen Bürgen.
Samstag nad ft. Agathentag 1370.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
148. — 1370, März 17. Billingen.
Sriderih von Wartenberg jiegelt die Lehensaufgabe Conrats von
Steußlingen gegen die von Gundelfingen.
Geben ze Vilingen an ft. Gerdrut tag 1370.
Perg. Or. in Donauefdingen.
Das Siegel des Wartenbergers ijt ſehr beichäbdigt.
149. — 1372.
Graf Rudolf von Sulz verjchreibt Herrn Oswald von Warten:
berg und feiner Hausfrau Clara von Landau die Vogtei der Stadt
Tuttlingen, die Burg dajelbit, Effingen und Oberbaldingen und Halb
Sunthaujen, das er alles von ihnen gekauft, zu lebenslänglicher Nuß-
nießung.
Auszug Pregigers in Donaueldingen.
150. — 1372.
Graf Rudolf von Sulz übernimmt die Schulden ſeines Oheims
Oswald von Wartenberg, Ritters, und feiner Hausfrau Clara von
Yandau, darunter 1000 Gulden an Friedrich von Wartenberg, 600 Gul-
den an Rubin von Blumenberg, 100 Pfund Heller an Gerien von
Zupfen, 85 Pfund Heller an die Maierin von Trofjingen ', der
Tochter Wernherd von Schweindorf ? jel., und ihre Kinder, die fie bei
Conrad dem Maier von Troffingen jel. gehabt hat.
Auszug Pregipers in Donaueſchingen.
151. — 1372, Nov. 20. Wadolfzell.
Abt Eberhart von Neichenau belehnt mit der Vogtei über die Stadt
zu Tuttlingen, mit der Burg daſelbſt, mit fingen, Oberbaldingen und
ı DNA. Tuttlingen. ? Schwandorf, B.A. Stodad.
193
halb Sunthaujen und mit aller Zugehör diefer Güter, die fein Oheim,
Herr Oſchwalt von Wartenberg, an Graf Rudolf von Sulz verkauft
bat, den lebten und jeine Erben.
Geben zu Radolfszell 1372, ſamſtag vor ft. Gatharinentag.
Gopie bes 17. Jahrh. in Donaueldingen.
Es fiegelte der Abt und Oswald von Wartenberg.
152. — 1373, FJebr. 24.
Eberhart von Kungsegg !, Ritter, trägt jeinen alloden Hof unter
Kungsegg, genannt Hiltmishufen ?, dem Grafen Heinrich von Fürften-
berg zu Lehen auf, weil letsterer den Hof bei Sulgen !, genannt Swarzen-
pach!, den er und feine Vordern von Türjtenberg zu Lehen getragen,
dem erbern Hanſen Lullin von Sulgen geeignet bat.
Geben 1373 an ft. Mathiastag.
Perg. Or. in Donauefdingen.
Das Siegel des Ausftellers zeigt die befannten Fönigseggiihen Weden; bie
Umſchrift ift abgeſchliffen.
Aus dieſer Urkunde folgt, daß auch die Wartenberger Linie zu Wartenberg
(und alſo auch ihre Erben, die Grafen von Fürſtenberg) einen Antheil an der
Schuſſenrieder Verlaſſenſchaft beſeſſen haben.
1524. — 1373.
Graf Nudolf von Sulz verjchreibt (wiederholt) dem edlen Ritter
Oswald von Wartenberg und feiner Frau Clara von Landau Tuttlingen
Stadt und Burg, Eifingen, Oberbaldingen und halb Sunthaujen, das fie
an ihn vordem um 3150 Gulden verkauft haben, zu lebenslänglichem Leib—
geding, jo daß ein Gatte den andern beerbt, gegen jährlich 5 Schilling Heller.
Auszug Pregigers in Donaueſchingen.
153. — 1374, Hebr. 25.
Konrad Bock kauft um 100 Pfund Heller die Hälfte von Stetten
ob Notweil von den Gebrübern Egnolf, Gerie und Oßwald von Warten
berg, gen. von Wildenjtein, welche diejelbe von den von Falkenſtein als
Pfand erhalten hatten.
Beichreibung des Oberamts Rotweil 527.
153. — 1375, April 5.
Görg von Wartenberg, gen. von Wildenſtein, ein Freiherre, Bürger
ı Königsegg, Saulgau, Schwarzenbach, wirt. O.“«A. Saulgau.
2 Jetzt Milpishaus, |. Befchreibung bes Dberamts Saulgau 231. Unzweifels
baft ift bier das Hiltewishufen zu fuchen, nad dem ſich eine Nitterfamilie bes
13. Jahrh. benannte (Oberrh. Zeitichr. I, 336), und das id in ben Acta s. Petri
in Augia (Oberrh. Zeitſchr. 29, 24) nicht zu deuten mußte.
Archiv. XL 13
194
Neimenburg 26 Scheffel Noggen jährlichen, alle Jahre auf den zwölften
Tag nad) Weihnachten zu Neüwenburg zu gebenden Zins ab dem halber
Theil des Laienzehnten, der gen Dme bei Neimenburg gehört, um
26 Mark „Fryburger brandes und Neümenburger geweches“. Als
Bürgen ftellt er Konrad Homwarth, feinen Wirth, und Rutſchin Wiler,
auch Bürger in Neimenburg.
Es fiegeln Bürgermeilter und Nath von Neümenburg.
1375, Donnerstag nad) ft. Ambrofientag.
Huggle, Geh. von Neuenburg a, Rhein II, 182.
Markgraf Otto von Hachberg, von dem biefer Zehnten zu Lehen rührt, beftätigt
diefen Verkauf 1375, Samstag vor dem Maitag (28. April).
154. — 1379.
Egenolf, Geori und Oswald von Wartenberg, gen. von Wilden:
jtein, verpflichten jich, die Gebrüder Burkhard und Ulrich von Neuned 1
an der Veſte Nedarburg ? nicht mehr zu irren.
Beichreibung bes Oberamts Rotweil 322.
155. — 1379, Juni 30.
Oswalt von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, Frie, Hofrichter
zu Notwil, im Namen und anjtatt Graf Rudolfs von Sulz ?.
Schmid, monum. Hohenberg, nr. 651, p. 630.
156. — 1380.
Dsmalt von Wartenberg gibt einen halben Huben zu Nendingen
dem Klojter Beuron zu eigen.
Wirtenbergiiche Jahrbücher 1838, Heft 1, ©. 208,
157. — 1380/81.
Beim Tode Friedrichs von Wartenberg fallen jeine Neichenauer
Lehen, nämlich Nendingen, Leut und Gut, dem Stift Reichenau anheim.
Seine Erben find feine Töchter Sophia, Gemahlin Hanjen Krömel von
‚sreundegg *, und Leuggin, Hausfrau Walthers de3 jüngeren vom Hof
zu Conjtanz, deren Lehenäträger 1351 Herr Johannes Trucjeß
Nitter, gen. Blumglanz, it. Weitere Töchter Friedrichs find Agnes
und Wendela; jeine rau war Frau Lüggen von Namftein ®.
Auszug von Pregiger in Donaueſchingen.
1 DON. Freudenſtadt. ? Bei Notweil.
3 Als Vicebofrichter erfcheint Oswald nod 13832, Oct. 8 (Herrgott, geneal.
Habsb. III, 740). Nah Pregiger foll er ſchon 1360 als foldyer genannt werben.
Diefe Angabe ift jedoch zweifellos irrthümlich.
Ruine bei Abldorf, D.:A. Horb. 5 von Diekenhofen.
6 Bei Schramberg im wirt. Schwarzwald.
195
158. — 1380, März 24. 5chaffhauſen.
Burkart und Egbreht von NRandenburg !, Gebrüder, verfaufen des
Hebers zu Beggingen ! Gut al3 freieigen um 33 Gulden an das Klofter
Allerheiligen an deſſen „jahrzit” und verbürgen ſich für ihre Schmeiter
Glaren, Oſwaltes von Wartenberg, den man nennt von MWilbenftain,
ehelihe Hausfrau, und deren Erben, daß auch fie diefen Kauf jtäte
Halten follen.
Geben ze Schaffufen 1380 an dem Heiligen aubend ze Ditran.
Perg. Or. in Schafihaufen.
An der Urkunde hängen die nicht gut erhaltenen Siegel beider Ausfteller,
(Gütigſt mitgetheilt von Staatsarhivar Wildberger in Schaffhaufen.)
159. —— 1380, Nov. 27.
Eglof von Wartemberg, gen. von Wildenſtein, ein Frei, Hofrichter
zu Rotweil anſtatt und im Namen des Grafen Rudolf von Sulz 2.
Weizfäder, deutſche Reichstagsaften I, 191.
160. — 1380, Dec. 24.
Egnolf, Geric und Ofjwald von Wartenberg, gen. von Wilden-
ftein, Freie, Schulden dem ehrenmwerthen Diemon, Schultheißen zu Dorn:
ftetten?, Bürger in Notweil, 60 rhein. Goldgulden, die nach Belieben
desjelben in Notweil oder in Horb heimzuzahlen find. Bürgen: Zaifolf
von Lupfen, Egnolf und Erhart, Brüder von Balkenftein, der Namftein
ift, Heinrich der Maier von Trofjingen.
Geben an dem Hl. Weihnahtsabend 1380.
Glatz, Negeiten von Rotweil ©. 44.
1 Ganton Schaffhaufen.
? Nach Pregiter fol Eglolf auch 1381 als BVicebofrichter genannt werden. Ich
fand ihn als ſolchen jedoch zwifchen 1380 und 1394 niemals erwähnt. Vom
28. Juli 1394 an aber erjcheint Eglolf fehr häufig als Vicehofrichter bis in’s Jahr
1419 hinein. — Nach der zimmerifchen Chronik (I, 240) fol noch 1434 Eglolf Hof:
richter geweſen fein; allein diefe Angabe ift irrig, ba der dabei mitgenannte Graf
Eberhart von Werbenberg ſchon 1416 geftorben ift, und dba die Chronik (I, 241)
ſelbſt jagt, das Nechtsgeihäft, das vor Eglolf als Hofrichter 1434 ftattgefunden hätte,
fei ungefähr 15 Jahre vor dem Ankauf Jungnau's durch die Werdenberger, der 1420
geihah, vollzogen worden. Man wird aljo ftatt 1434 in biefem alle 1404 oder
1414 zu leſen haben. — An gleicher Stelle behauptet bie zimmerifche Chronik auch,
daß Eglolf zu Wildenftein an ber Eſchach (bei Rotweil) gehaust habe; wenn bieje
Angabe überhaupt ftihhaltig ift, fo muß Eglolf vor 1399 zu Wildenftein geſeſſen
baben, weil von biefem Jahre an bie von Kürned als Herren ber gen. Burg er=
fcheinen (Beihreibung des Oberamts Rotweil 459).
3 D.:N, Freudenſtadt.
13*
196
161. — 1381, Januar 17.
Eglolff, Gerye und Oswald von Wartenberg treten an ihren lieben
Oheim, Herrn Wernhern von Zimmern, ab den Layenzehnden, den die
Gremlih von Pfullendorf ze Sipplingen 1, dem Dorf, in Zwing und
Bann haben, der Lehen von der Herrihaft von Wartenberg gemejen,
und deſſen Lehenihaft an fie erblich gefallen und angeitorben 2 ift.
Geben an dem nehiten gütem tag nad) jt. Hylarien tag, dez zwain-
zigoften tag ze Wihenechten 1381.
Zimmerifches Copialbuh BI. 311 in Donauejhingen.
Bal. Zimmerifche Chronif I, 191. Das Driginal fiegelten alle drei Ausiteller.
162. — 1381, Mai 3.
Engolff von Wartenberg von Wildenjtein verfauft jein Recht und
Gut in Peterszell, Milbah und Hodenbrunnen? an St. Georgen um
50 Pfund Heller.
Et. Georger Jahrbücher VII in Karlsruhe.
163. — 1381, Iuli 21. Motweil.
Diem, der Schultheiß von Dornitetten, übergibt der Stadt Rot—
weil die Gilten und Schulden, jo die Junker Egnolf, Georg und Os—
wald von Wartenberg, gen. von Wildenftein, ihm jchulden.
Geben Rotweil an M. Magdalenen abend 1381.
Glatz, Regeiten von Rotweil ©. 45.
164. — 1382, März 12.
Eglof von Wartenberg von Wildenjtein verfauft an St. Georgen
um 73 Pfund Heller die Vogtei zu Peterdzell, Milbah und Hoden
brunnen.
St. Georger Jahrbücher VII in Karlsrube.
165. — 1383, Iuni 18.
Eglolf von Wartenberg verjpriht, dag die Veſte Schiltegg * jtet3
offenes Haus der Stadt Notweil fein ſolle. Bürge biefür iſt jein
Bruder Oswald.
Datum donjtag vor Johannis jungichten 1383.
Langen, Geld. von Rotweil 385.
Graf Rudolf von Hobenberg nämlih hatte demfelben 1382 Schiltegg weg—
genommen und den Notweilern zur Beſetzung überlafien, die dasſelbe aber noch 1382
dem Wartenberger wieder zurüdftellten.
1 Am Bodenfee bei Überlingen.
2 Durd das Erlöfchen der Tuttlinger Linie.
3 Veterszell und Mühlbach, BR. Villingen; Hochenbrunnen abgegangen ?
» Bei Schramberg, O.⸗“A. Oberndorf.
197
166. — 1383, Juni 18. Rotweil.
Eoloff von Wartenberg, genannt von Wildenftein, urkundet, daß
er mit Zuftimmung des Grafen Rudolf von Hohenberg auf Antrag
Gonrad3 von Stein von Richenſtein! von dem Schuldheiß Würth
von Mottweil und Heinrih dem Dietinger, Bürger in Nottweil,
mit der Beite Sciltegg belehnt worden. Denen von Rottweil ver:
ſpricht Egloff Lehenpfliht zu Halten. Oßwald von Wartenberg ge:
nannt von Wildenjtein, Bruder Egloffs, fiegelt diefe Urkunde mit dem
Berjprehen, wenn er die Veſte Schiltegg erbe, ebenfall3 Lehenpflicht
zu halten.
Geben Rottweil Donnerdtag vor St. Johann zu Sungihten 1383.
Eopie aus dem 18. Jahrh. in Notweil. (Mitgetheilt von Dr. Glatz,
Pfarrer in Neufra.)
167. — 1384, Ang. 6.
Egnolf von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, verjeßt dem edlen
Jakob Freiburger, Bürger in Rotweil, und feinen Erben um 17 Pfund
Heller einen Maiden? unter der Bedingung, daß berjelbe diefem jede
Naht */, Biertel Haber füttern jolle.
Geben jamjtag vor ft. Laurenzitag 1384.
Glatz, Regeften von Rotweil S. 49.
168. — 1384, Sept. 20.
Egnolf von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, gibt feinem Obeim
Johann von Zimern Gemwalt, den Zehnten zu Gutenftein? und Bil:
fingen * nad Gefallen zu verjeßen, zu verkaufen ober zu behalten.
Geben an jt. Matheus abent 1384.
Perg. Or. in Donauefcdingen.
Das Eiegel bes Ausftellers ift jehr verborben.
169. — 1386.
Die Gemeinde Mühlheim a/Donau kauft von der Edelfrau Luggard
von Wartenberg, der ältern, die Hälfte der Veſte Kraftjtein ® mit allen
Zugehörden um 40 Pfund Heller.
Mühlheimer Gemeinderegiftratur. (Mitgetbeilt von Rentamtsverwalter
Wiefer in Mühlheim.)
170. — 1387.
Die Stadt Mühlheim kauft von der Edelfrau Luggard von Warten:
tenberg, ber jüngern, Ehefrau des Walters von Hof in Conſtanz,
1 DA. Ehingen an ber Donau. Stammfit ber befannten Familie Stein ift
Rechtenſtein an ber Donau, D.:R. Ehingen.
3 Streitroß. B.⸗A. Meßlkirch.
Bei Sigmaringen. 5 O.A. Tuttlingen,
198
Probe genannt, um 80 Pfund Heller die Hälfte der Veſte Kraftitein
mit Zugehörbe.
Mühlheimer Gemeinberegiftratur. (Mitgetheilt von NRentamtsverwalter
Wieſer.)
171. — 1387, Mai 20.
Georg von MWartemberg, gen. von Wildenftein, einigt ſich mit den
Markgrafen Hand und Heflen von Hachberg dahin, daß fie fein Lehen,
nämlich den von ihm an Ulman Wirt, Bürger zu Neuenburg, verjeßten
Zehnten „in Dumer, im Hader, in Dugheim ? und in Müllheimer ?
Bännen und um Neuenburg ebenſo löjen dürfen, mie er ober feine
Erben jelbit.
1387, Montag vor Pfingjten,
Sachs, Geſch. von Baben I, 449.
172. — 1388.
Jahrtag Egnolff3 von Wartenberg, gen. von Wildenftein.
Angabe des Necrolog. Villinganum nad Baumgartners Collectaneen in
Donaueſchingen.
173. — 1389, ZFebruar 23.
Suffyg von Wartenberg jtiftet an das Kloſter Kirchberg ? jährlich
1 Pfund und 10 Scilling Heller aus einer Wiefe am Nedar unter
der Wittinger ? Brud zu einem Seelgeräthe.
Mittheil. des Vereins für Geſch. in Hohenzollern VIII, 72, Nr. 10.
Das Siegel ber Ausftellerin hängt am Originale.
174. — 1389, April 25.
Hand Kröwel von Frundegg und Vyg von Wartenberg, feine ehe=
lihe Wirthin, bekennen, mit Junker Hanjen von Zymern um alle An—
ſprüche und beionderd von der Schuld wegen von Brunna* quitt ge—
worden zu fein.
Geben an ft. Marcudtag 1389.
Zimmeriſches Gopialbudy BI. 15 in Donauefhingen.
175. — 1389, Suli 4.
Hans Krömel ab Frundeg und Fye von Wartenberg, feine eheliche
Wirthin, verkaufen einen Zins zu Witingen an den frommen Knecht
Geryen von Nümeneg um 20 Gulden.
Geben an jt. Vlerinstag 1389.
Perg. Or. in Donauefdingen.
1 Auggen, Mühlheim, Neuenburg im Breisgau.
2 O.⸗ Sul. ° Weitingen, O.⸗A. Horb,
+ Schloß Bronnen im Donauthal.
199
176. — 1389.
Hanjen Kröwels Wittwe, (Viga) von Wartenberg, verkauft mit
ihren Kindern Friedrih, Hainrich und Hänslin 1389 Frundegg, die
Burg, dazu das Dorf, ihren Antheil, den-Hof, den ihr Mann von Diem
von Richtenvelz t gekauft hat, dazu 3 Morgen Weingarten zu Pfeffingen ?
am Heßlach gelegen, Aigen und Lehen, um 1750 Pfund Heller an
Konrad von Wittingen, der im gleichen Jahre damit von Dfterreich be:
lehnt mwurbe.
Beihreibung des Oberamts Horb S. 126.
177. — 1390, Ang. 4.
Egnolf und Oswald von Wartenberg, Brüder, gen. von Wilden:
ftein, dulden dem Günther von Mundelfingen ?, Burger zu Villingen,
und Hanjen, dem Fuchs, ſeßhaft zu Villingen, 25 Pfund Heller.
Geben an ft. Oswalds Abend 1390.
Glatz, Regeften von Rotweil ©. 52,
178. — 133.
Herr Eberhart * von Wartenberg bürgt für Nigelwart von Falken:
ftein und deſſen Sohn Berthold gegen Stephan Bollen, Bürger zu
Rotwil.
Auszug Pregitzers in Donaueſchingen.
179. — 1393, Mai 12.
Eglof von Wartenberg, gen’ von Wildenftein, legt die Fehde der
Stadt Rotmweil mit Heinrich von Hornberg > bei.
Montag vor Chriſti Himmelfahrt 1393.
Rudgaber, Rotweil II, 133.
180. — 1394, Juli 11. Rotweil.
Frau Viga von Wartenberg, Hanſen des Kröwels jel. eheliche
Hausfrau, verzichtet für ſich und ihre Kinder auf alle Anſprüche gegen
Herrn Hanſen von Zimmern, nachdem er ihr in Folge der Vermittlung
des edeln Egnolff von Wartenberg, gen. von Wildenſtain, Cunrat, des
Bocks, Cunrat Hagge und Hans Engelfrit, Bürger ze Rotwil, 34 Gul—
den gegeben hat.
Geben ze Rotwil an dem ſamſtag vor ſt. Margarethen tag 1394.
Zimmeriſches Copialbuch in Donaueſchingen.
Ruine bei Glatt in Hohenzollern. 2 O.A. Balingen.
’ B:N. Donaueſchingen. + Pies Eglolf. 5 8:4. Triberg.
200
181. — 1394, Juli 18.
Marfgraf Heſſo von Hachberg verfauft um 736 Gulden an die
Sohannitercommende Billingen feine Zehnten in deu Amer, Müllheimer
und Hader Bännen und um Nemwenburg mit aller Zugehörde, es jeien
Korn: oder andere Zehnten, wie fie von dem von Kürneck herrühren,
und wie fie Georg von Wartenberg, gen. von Wildenftein, von dem
Markgrafen zu Lehen hatte, nachdem er dieſes Lehen von Georg von
Wildtenberg und defien Brüdern Oswald und Egnolff wieder an fi
gekauft hat.
1394 am nächſten Samstag nad jt. Margarethen tag.
Huggle, Gefch. der Stadt Neuenburg a. Rhein I, S. 93, Nr. IX.
182. — 1397, Nov. 28.
Der fromme, velte Junker Oswald von Wartenberg, gen. von Wil:
denitein, fiegelt ben Verkauf von Zehnten in Mundelfingen an die Herrn
von Schellenberg * durch Peter von Gronburg ?.
Geben Mittmodh vor Andrestag 1397.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel ift abgefallen.
183. — 1398, Mai 1.
Oswalt von Wartenberg bezeugt den Revers jeines Oheims Con:
rad von Blumberg, den Verkauf von Almshofen betr., gegen Conrab
von Scellenberg.
Geben an dem Maitag 1398.
Perg. Or. in Donauejdingen.
Das Siegel ſehr verborben.
184. en 1399, Der. 8.
Oswalt von Wartenberg und Conrad Stähelin, Bürger zu Bil-
lingen, vergleihen Anna, Wittwe Heinrichs von Blumberg, und Graf
Heinrih von Fürftenberg wegen ber erjteren Güter zu Dittiöhaujen
und ihres Vogtrechts zu Döggingen.
Geben mentag nad ft. Nikolaus tag 1399.
Perg. Or. in Donauefdingen.
Das anhängende Siegel bes Wartenbergers zeigt in einem ſchrägſtehenden Schilde
ben Löwen, barüber einen Helm mit einem Löwen ald Zierbe; beide ſiehen in einer
geigenförmigen gothiſchen Einfaſſung; die Umfcrift lautet: + S. OSWALDI. DE
WARTENBERG. f
! Damals Herrn von Hüfingen.
* Grünburg bei Umadingen, B.:4. Donaueidingen.
201
185. — 1401, Sc. 31. Rotweil.
Oswald von Wartenberg, gen. von Wildenftein, bezeugt den Ver—
fauf eines Theiles von Almshofen! an die von Schellenberg.
Rotweil, Allerheiligen abend 1401.
Perg. Or. in Donauejdingen.
Am Originale yängt das in Nr. 184 beichriebene Siegel.
186. — 1402, Oct. 15.
Oswald von Wartenberg, gen. von Wilbenjtein, iſt Träger des
fürftenbergijhen Leheng, der Vogtei des Thales Kirnach, für das Klofter
St. Georgen.
Perg. Or. in Donauefdingen.
187. — 1404, Auguft 5.
„Item Auncher Oſwalt von Warttenberg, genannt von Wilden:
ftain, ijt burger an finem halben Hufe, gelegen im Niet, waz Eberhart
Studen, wider den Aggenhujer, ipsa die Oswaldi anno 1404.
Eintrag in dem 1401 angelegten Bürgerbuche der Stabt Villingen.
188. — 1404, Nov. 16. Donaueſchingen.
Heinrich Brendli von Donauefhingen fit im Namen feines gnädigen
Herrn, Junker Oſchwalts von Wartenberg, gen. von Wildenftain,
öffentlich zu Donauejchingen wegen eines Zinſes aus einem dem rauen:
altar in Mundelfingen zu Donaueſchingen gehörigen Lehengute zu Gericht.
Geben ze Tunoweſchingen an ft. Othmarstag 1404.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel Oewalds von Wartenberg ift abgefallen.
189. — 1405.
Junker Oswald von Wartenberg, gen. von Wildenftain, fiegelt die
Ergebungsurkunde einer Frau von Ashain ? an das Stift Zurzach?.
Huber, Urkunden des Stiftes Zurzach 11.
190. — 1406, April 21.
Oswald von Wartenberg, gen. von Wildenftein, der ältere, ijt Mit:
fiegler beim Verkauf der Mechte feines Oheims Conrad von der alten
Blumberg zu Almshofen an die Herrn von Scellenberg.
Geben Mitwod vor Georgi 1406.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel Oswalds fehlt.
——
I Almenshofen bei Donaueſchingen.
3 Aajen, BA. Donauefhingen. ° Ganton Argau.
202
191. — 1408, April 18.
Der edle Junker Oswalt von Wartenberg, gen. von Wildenitain,
jiegelt einen Schuldbrief Graf Heinrichs von Fürftenberg gegen die Stadt
Wolfach.
Geben an der mitwochen nad) dem Hl. öſterlichen tag 1408.
Perg. Or. in Donaueldingen.
Das Eiegel Oswalds ift das von Nr. 184,
192. — 1408, 3uli 30.
Johann von Tierberg 1, der ältere, wird Träger der fürjtenbergifchen
Lehensvogtei des Thales Kirnah für das Klofter St. Georgen anitatt
Oswalds von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, der dem Klojter die
Trägerſchaft aufgejagt hat.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
193. — 1408, Sc. 31.
Junker Oſchwalt von Wartenberg, gen. von Wildenjtain, der
ältere, derzeit jeßhaft zu Donauejhingen, fiegelt den Kauf einer Korn
gilt in Mundelfingen durh Conrad von Scellenberg.
Geben Gutentag vor Allerheiligen tag 1408.
Perg. Or. in Donaueldingen.
Das Siegel Oswalds iſt abgefallen.
194. — 1409, Dec. 6.
Junker Oswald von Wartenberg, gen. von Wildenſtein, ift Zeuge
in einem Schuldbriefe ded Grafen Heinrich von Fürſtenberg gegen die
Städte Wolfah, Haslad) und Hauſach.
Geben an ft. Nycolaus tag 1409.
Perg. Or. in Donauefdingen.
Das Siegel Oswalds ift abgerifien.
195. — 1410.
Herr Albreht Thumb von Neuburg ( 1462) heirathet Urfula,
Freifrau von Warttemberg ?.
Mitgetheilt aus dem freiherrl. Thumb'ſchen Arhive zu Unterboihingen von
Pfarrer Staib in Köngen.
196. — 1411, Ict. 16.
Oswald von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, ſchlichtet den Streit
DM. Balingen.
2 Urſula war um 1400 im Frauenzimmer der Gräfin Antonia von Wirtenberg,
ſ. Steinhofer, neue wirt. Chronif II, 572.
203
zwifhen Hans von Krenkingen und Conrad von Scellenberg wegen
des Zehntens in Almshofen.
Geben an ft. Gallentag 1411.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel ift das von Nr. 184.
197. — 1412, Jufi 15.
Nitter Eglolf von Wartenberg, gen. von Wildenftain, bejiegelt den
Verfauf eines Theiles der Stadt Hayingen * von den Herrn von
Zimmern an die von Gundelfingen.
Geben an jt. Margreten tag 1412.
Zimmerifches Gopialbud Bl. 9 in Donaueſchingen.
198. — 1414.
Herr Eglolf von Wartenberg, gen. von Wildenftain, fagt aus, wie
e3 der Frevel zu Peterzzell halber zwiſchen ihm, al3 er die Vogtei da-
jelbjt inne gehabt, und Cunzen Hagg gehalten worden ei.
St. Georger Jahrbücher VII in Karlörube,
199. — 1416, April 18.
Todestag der Urjula von Wartenberg, Freiin, Gemahlin des Ritters
Albreht Thumb von Neuburg. Sie Liegt begraben zu Köngen bei Ch:
lingen a / Neckar. 1417 ftiftet ihr Gemahl zu ihrem Seelenheile einen
Sahrtag zu Köngen.
Auszug Pregigers in Donauefhingen.
200. — 1417, Sept. 17.
Oswalt von Wartemberg, gen. von Wildenftein, ift Zeuge beim
Berfaufe Bachheims ? an die von Almshofen durch Albreht von
Blumberg.
Geben fritag nach des hl. crußstag zuͤ herbit.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
Das Siegel ift das von Nr. 184.
201. — 1418, Wei 29.
Sunfer Oswald von Wartenberg, gen. von MWildenjtein, ift Schieds—
richter zwifchen Hainrih von Sunthufen und Brun von Lupfen.
Sontag nad) corporis Christi 1418.
Zufpruh Bruns von Lupfen 1433 ꝛc. (Handſchrift im Karlsruher Generals
Landes⸗Archive.)
1O.A. Münfingen. 2 BA. Donaueſchingen.
204
202. — 1418, Aug. 28.
Eglolff von Wartemberg, gen. von Wilbenjtain, ain frye, eignet
zu feinem, feiner Borbern und Nachkommen GSeelenheil da3 Zehendlin
zu Eidingen, dad von ihm Lehen war, und das vormals Johanſen
Sohn Dahindenan von Vffhain beſaß, der Bruderjchaft bei dem heiligen
Kreuze zu Rotwyl, angejehen folder Gutthaten und Almojen, die da
durch diejelbe täglich armen Leuten gejchehen.
Geben an ft. Pelagien tag 1418.
Niezler, Geih. von Donaueihingen ©. 76.
Das Siegel Eglolfs ift am Driginale vorhanden, von der Umfchrift jedoch nichts
mehr lesbar.
203. — 1421.
Conrad von Wartenberg, gen. von Wildenjtain, verkauft Schilted,
die Burg, an Bernhard und Sophie von Aumw!. Bon diefen fam fie
an die von Neuneck?.
St. Georger Jahrbüder VII in Karlsrube.
Nah Pregipers Auszug (in Donauefhingen) gehörten damals zu Schilted zwei
Höfe bei Burgſtall gelegen.
204. — 1421, Mai 25.
Berhtold, Schulthais von Hüfingen, und Anna von Warttemberg,
gen. von Wildenftain, feine ehelihe Hausfrau, ſeßhaft zu Vilingen, ver:
faufen mit Zuftimmung Hainrichs, des Schulthaiffen, Berhtolds Bru—
der, an Hand Glungge, Bürger zu Vilingen, ihre zwei Theile des gen
Reichenau lehenbaren Scultheißenzehntens zu Qunoweihingen um
62 Pfund Heller.
Geben vff ſt. Urbantag 1421.
Riezler, Gef. von Donaueidingen ©. 77.
205. — 14241453.
Egenolf I de Wartenberg, natus de Wildenstein, Abt von
Gengenbad).
Gerbert, hist. Nigr. Silv. II, 236.
206. — 1424, Dec. 22. Rotweil.
Bertolt, Schultheiß von Hüfingen, und feine Gemahlin Anne
von Wartenberg , gen. von Wilbenftein, vergleihen ſich mit der Herr:
haft Wirtenberg über die Zahlung der 200 Gulden, melde die Frau
ı Glieder der noch blühenden Familie von Ow.
2 O.A. Sul.
205
von Wirtenberg, die von Mayland, gen. Annen, für ihre Dienfte in
ihrem Frauenzimmer verjchafft Hat.
Zeugen: Annas Brüder, der Abt von Gengenbah und Konrad von
Wartenberg, gen. von Wildenftein.
Geben ze Rotwil freitag nah jt. Thomas tag 1424.
Perg. Or. in Stuttgart.
207. — 1427, März 12.
Der edel und veit Cunrat von Wartenberg, gen. von Wildenftain,
verkauft an des Jünglings Meſſe zu Wolfah 8 Gulden und 8 Hühner
jährlihen Zin® von und ab dem Schloß Schiltegg und Zoll, Leuten
und Gütern dajelbit.
Geben an jt. Gregorientag 1427.
Erwähnt in einer Urkunde für gen. Meſſe von 1526 in Donaueſchingen.
208. — 1428-1454.
„Her Fridrih von Wartenberg, von Wildenjtain geporen, des vor:
dern fryen gemejen jyen und ſich durch ire gemachel entfrugt hatten,
de3 mütter aine von Nandenburg was, ain conventherr zit ſt. Bläfy !
und brobit zü Klingnow“?, wird Abt zu Neihenau, und jtirbt als
jolher 1454, 31. Dezember.
©. über ihn Gallus Oheim 159—63 (Bibl. des Stuttg. literar. Ver. 84);
Schönhuth, Reichenau; Freib. Diöcefanardhiv IV, 232—86; Mone,
Quellen II, 235. Belonders eingehend reden über Abt Friedrich die
Annales suceincti Augiae Divitis (Handſchrift in Münden).
209. — 1428.
Der Bruder 3 des Abts Friedrih von Neichenau ertrinft in der
Kinzig, al3 er demfelben in Straßburg Tud) und Gewand bringen
wollte. Man jagt vom Abte, „das er, nad) dem er fined bruͤders tod
innen ward, numerme vecht fröhlich gejehen wurd“,
Derjelbe Bruder war bei der Wahl Friedrichs zum Abte thätig.
Oheim a. a. D. 159 und 160.
210. — 1428.
Abt Friedrich von Neihenau und fein Bruder, Abt Egloph von
Gengenbah, vertragen fi mit ihrer Schweiter Anna von Wartenberg
und deren Gemahl Bruno Wernher von Homberg ? dahin, daß die
Veite Schiltegg mit ihrer Zugehörde gen. Frauen jein und bleiben joll.
Ferner ſoll die Kirche und der Kirchenſatz zu Kilhdorf? im Brigenthal
beiden gen. Prälaten zuftehen, dagegen ihre Schweiter den Zehnten zu
ı &t. Plafien. ? Im Argau. 3 Der Name wird nicht genannt.
» Hornberg im Schwarzwalb. > Kirchdorf, BA. Villingen.
206
Überachen 1 lebenslänglich nutzen und ihren Leibeserben gen, Kirchenſatz
ſammt dem Überaher Zehnten folgen; ftirbt diejelbe aber ohne Leibes—
erben, fo fallen beide Stüde an die zwei Prälaten. Aus dem Zehnten
zu Überaden endlich find 2 Malter Korngeldes, die Oſchwald von
Wartenberg den Barfüßern zu Billingen für Abhaltung feiner Fahrzeit
verichafft hat, und Frauen Anajtafia von Wartenberg, des Klojters zu
Friedenweiler? Meijterin, 12 Malter Korngeld zu Leibgeding und jähr-
licher Lieferung zu reichen.
Annales succincti monasterii Augiae Divitis.
211. — 1431, April 12.
Hainrih Günburger zu Rotwil, der mit Hanna Mäjlin von
Annen von Wartenberg, Bertolt Schulthaifjen von Hufingen fel. Haus—
frau, und Hainrichen Schulthaiffen von Hüfingen, ihrem Scmager,
deren Drittheil am grofjen Zehnten zu Tegkingen? und deren Halbtheil
am fleinen Zehnten daſelbſt vor Zeiten gekauft hat, veräußert dieſe
Theile an gen. Hanna Mäjlin, worauf Heinrid, Graf von Fürftenberg,
legtern damit belehnt.
Geben donrftag vor dem fonnentag Mifericordia domini 1431.
Perg. Or. in Donauefdingen.
212. — 1451, Mai 25. Pillingen.
St. Georgen Fauft von Hank Geißli, Bürger zu Villingen, Zinje
aus Gütern zu GSumredtshufen und Mönchmweiler*, die Lehen find
von Wartenberg ®.
Et. Georger Jahrbücher VII in Karlsruhe.
213. — 1434.
Abbas in Gengenbach Egolfus decimas frumenti in Kilchdorf
sibi a sorore sua Anna de Wartenberg legatas Balthasaro de
Wartenberg ®, germano suo fratri, libera voluntate tradidit.
Annales Augiae Divitis (in Münden).
214. — 1439.
Balthasarus de Wartenberg portionem suam haereditariam
sibi ex jure patronatus et decimis in Kilchdorf competentem ven-
didit abbati Friderico eiusque monasterio Augiensi pro 100 fl. rh.,
überauchen, BU. Villingen. 2 B.:N. Neuftabt.
3 Döggingen, B.⸗A. Donaueſchingen. + Bei Villingen.
5 Weitere Wartenberger Lehen in Mönchweiler erwirbt St. Georgen am
18. Mai 1435 (nad) derfelben Quelle).
6 Nach Pregigers Auszug in Donaueihingen war B. Gemablin Dorothea, die
Tochter Nubdolfs von Balded und der Agnes von Schellenberg.
207
et ut sorori suae Endlin de Wildenstein, moniali in Veltbach ,
unum plaustrum vini et quatuor librae nummorum annuae dotis
loco tribuantur.
Annales Augiae Divitis (in Münden).
215. — 1442, Sepf. Bürid.
Friedrich III legitimirt den Eglof von Mildenjtein, alias de War-
tenberg ex abbate et soluta muliere, et quod etiam possit deferre
arma progenitorum suorum legitimorum.
Chmel, Regesta Friederici IV, p. 127, nr. 1162.
216. — 1444, Januar 4.
Der veite Balthajfar von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, thädigt
zwijchen Dorothea von Schnellingen ? und Alber von Gippichen ? wegen
der Berlafjenihaft Rudolfs von Echnellingen.
Geben Samftag vor der drei Könige Tag 1444.
Perg. Or. in Donauefdingen.
Balthajars Siegel ift abgefallen.
217. — 1444, Juli 14.
Vertrag zwiſchen Heinrid” Semüller, Bürger zu Hüfingen, und der
ehrwürdigen, geiftliden Frau, Frau Anaftafien von Wartenberg, gen.
von Wildiftein, Meifterin des Gotteshaufes zu Fridenwiler, wegen der
dieſem Klojter gehörigen Seemühle zu Hüfingen.
Geben zinjtag vor ft. Margreten tag 1444.
Perg. Or. in Donaueſchingen.
218. — 1446.
Balthajar von Wildenjtein ift Schultheig von Gengenbad).
Pragmat. Geſch. des Haufes Hohengeroldseck ©. 169.
219. — 1446.
Balthasarus de Wartenberg, postquam dominus Egolphus de
Wartenberg, abbas in Gengenbach, domino Friderico de Warten-
berg, abbati Augiae Majoris, germano suo, portionem suam de
jure patronatus et decimarum in Kilchdorf contradidit, omni juri
suo sive quaesito sive quaerendo sive habito sive habendo ab-
renuntiat.
Annales Augiae Divitis (in Münden).
220. — 1453.
Fridericus, abbas Augiae Majoris, ex haereditate sua tradidit
monasterio suo ecclesiam in Kilchdorf cum decimis ibi et in
ı Feldbach, Canton Thurgau. ? Im Kinzigthal.
208
Ubrach, ob quod a conventualibus suis pro suae suorumque ani-
marum salute anniversarium ad nostra usque tempora quot annis
rite celebratur.
Annales Augiae Divitis (in Münden).
221. — 1453, Mai 23.
Hana von Leinftetten 1, Vogt zu Nofenfeld !, Heinrih von Gült—
fingen ? und Wolf von Rofenfeld verjchreiben Balthafar von Warten
berg, gen. von Wildenjtein, 5 Gulden jährlihen Zind aus des erit-
genannten Gehauß zu Oberndorf.
Geben Mittwoch in der HI. Pfingſtwochen 1453.
Nah dem Driginale in Stuttgart mitgetheilt von Archivrath Dr. Stälin.
222. — 1459-61.
Egenolf II von Wartenberg, Abt von Gengenbad).
Gerbert, hist. Nigr. Silv. II, 236.
223. — 1460, Sannar 13.
Neverd Caſpars von Kirnegg? ald Trägers von St. Georgen
gegen Baltafjar von Wartenberg, gen. von Wildenftein, wegen ber
Güter von Sumerzhofen bei Münchmeiler.
Hilarii 1460.
St. Georger Jahrbücher IX in Karlsruhe.
224. — 1460, April 7. Brudfal.
Baltafer von Wildenftein, Schultheiß zu Gengenbad, consiliarius
Wurtembergicus, wird al3 Schiedsrichter im Bündniß des Kurfürften
Friedrich von der Pfalz mit dem Grafen Eberhard von Wirtenberg im
Falle von Streitigkeiten der Verbündeten unter ſich miternannt.
Dt. Bruchsal, feria 2 post dominicam Palmarum 1460.
Datt, de pace publica p. 194, $ 108.
225. — 1462, März; 10. Conflanz.
Balthajar von Wartenberg, Schultheiß zu Gengenbad, bittet ala
Gejandter des Kurfürften Friedrih von der Pfalz die Eidgenofjen zu
Coſtentz, Mitwoch nad Invocavit, um Hilfe gegen die Feinde jeineg Herrn.
Tſchudi, eidgen. Geſch. II, 622—623.
226. — 1463.
Herr Balthafar von Warttenberg, genannt von Wildenftain, Yand-
vogt der Herrihaft Hohenberg.
Zeitfchrift des Freiburger hiſtor. Vereins II, 176.
1 D:N. Sulz 2 IN. Nagold. 3 Bei Billingen.
209
227. — 1463, März; 10. Gonflanz.
Balthajar von Warttemberg, gen. von Wildenftain, und Berthold
von Winndegt !, Benollmächtigte des Kurfüriten Friedrich von der Pfalz,
erjtrefen gemeinjam mit den Gejandten des Herzogs Ludwig von
Baiern:Landöhut den nah Konjtanz auf vergangenen jt. Michaelätag
angejegten, dann auf Reminijcere (6. März 1463) verſchobenen, aber
nicht zu Stande gekommenen gütlihen Tag zwiſchen den Erzherzogen
Albreht und Herzog Sigmund einer und den Eidgenofjen anderſeits
auf fommende Sonnenmwenden (24. Juni 1463).
Fontes rerum Austriacarum II, Abtbeil. II, 125, Nr. 19.
Vol. Tſchudi, eidgen. Geſch. II, 625—626.
228. — 1467, Nov. 25.
Baltajar von Wartenberg, gen. von Wildenjtein, leiht feinem Oheim
Gaipar von Kirnegg ald Träger von St. Georgen die Acer zu
Sumerzhofen.
Et. Georger Jahrbücher IX in Karlsruhe.
229. — 1468, Juni 10.
Balthafar von Wartemberg, gen, von Wildenjtein, Landvogt, wird
von der GErzherzogin Mechthild zu ihrem Zejtamentserecutor ernannt.
Zeitfehrift des Freiburger hiſtor. Vereins II, 212,
230. — 1470, Mai 22.
Balthajar von Wartenberg, gen. von Wildenjtain, Landvogt in der
Herrihaft zu Notemburg am Nedar, Lehend: und Ambahtmann des
Kloſters Gengenbad.
Oberrb. Zeitihr. XVI, 401.
2302. — 1471, Dec. 3.
Landvogt Balthafar von Wartenberg zu Wildenjtein ? vergleicht mit
der Erzherzogin Mechtilde und anderen Graf Eberhard von Wirtenberg
und Markgraf Karl von Baden wegen der jtreitigen Schagung im
Dorfe Tuttlingen ꝰ.
Steinbofer, wirtenberg. Ghronif III, 193.
231. — 1476, Aug. 22.
Hainrid von Buch“‘ reverfirt als Träger von St. Georgen gegen
I In der Ortenau.
2? Nah dem Nefrolog des Klofters Feldbach (Diöc.:Arhiv VII, 294) ftarb
Balthiser de Wartenberg, frater monialis (vgl. Nr. 214) am 2. Mai ungenannten
Jahres, vermuthlich 1472.
3 Dietlingen bei Pforzheim,
+ Die von Bud find fürftenbergiiche Lehensmannen, von welchem Orte aber fie
fih nannten, vermag ich nicht zu fagen.
Arhiv. XI. 14
210
Hans Jacob von Bodman, Bormund feines Better Wilhelm von
Martenberg, gen. von Wildenjtein, über die Güter zu Sumerzhofen.
Dornftag vor Bartholomei.
St. Georger Jahrbücher IX in Karlerube.
232. — 1481, Ang. 5.
Der edle und veite Wilhelm von Wartenberg, gen. von MWildenitein,
belehnt St. Georgen mit den Yehengefällen zu Sumerzhofen.
Oswaldi 1481.
St. Georger Jahrbücher IX in Karlsruhe.
233. — 1487.
Auf dem Neichdtage zu Augsburg erlangt Herr Johans Wernher
von Zimmern die Freiheit, „demnad in wenig jarn barfor die freiherren
von MWildenjtain, mit denen der uralte jtamın, auch ir ſchilt und helm
vergraben, mit tod abgangen“, daß er und jeine chelichen Leibeserben
derjelben Schild und Helm, nämlich „ain roten leonem in weißem feld
und ain rote hirsprujt mit aim weißen gehuren auf dem helm”, quartiert
neben dem Zimmern’ihen Wappen führen und ſich einen Herrn zu
Wildenſtein jehreiben dürfen.
Zimmerifche Chrönif I, 454 und III, 291.
Unreibbar jind folgende Stüde:
234. Ghriitan Schedler jchreibt am 15. April 1550, dak der
Dreifaltigkeitäfaplanei im Münſter Neichenan Stifter, vor mehr denn
100 Jahren, ein Herr von Wartenberg gemwejen, der an biejelbe die
Pfarrkirche Niedberingen ! mit dem Patronate ergeben habe.
Driginalbrief in Donaueichingen.
235. Am 17. Sept. feierte das Kloſter Amtenhaufen den Jahres—
tag einer Frau Dthilia von Wildenitein.
Necrol. Amtenhus. fol. 261 (Handſchrift der f. Hofbibl. zu Donauefchingen).
236. Den Schluß diefer Sammlung möge folgende von bem Abte
Gaifjer zu St. Georgen aufbewahrte Sage bilden:
Saepe etiam ex una familia geniti et, quod mireris, germani
fratres capitalia inter se odia exercuerunt. Sic fama est, duos e
familia baronum Wartenbergensium, quorum unus vetus castrum,
quod modo in ruinis jacet, alter novam, quae superest, arcem
habitabat, germanos acri inter se bello digladiasse.
Mone, Quellenfammlung der bad. Landesgeſch. II, 451.
1 B:N. Tonaueihingen,
Beiträge
zur
Geſchichte der Kiftercienjer-Hlöfter
Schönthal und Alergentheim,
Von
€. Schnell,
Arbivar in Sigmaringen.
I
Die Äbte des Kloſters Schönthal.
User da3 frühere und wegen feiner jhönen Lage mit Recht jo
genannte Männerklofter Schönthal des Ciſtercienſer-Ordens be:
merkt ein im Sahre 1720 für das General-Capitel amtlich angefertigter
Catalog Folgendes:
„Schönthal (Vallis speciosa), zuerjt ein Filial des Klojterd Maul:
bronn, hernach aber des Reichs-Gotteshauſes Kaijersheim, liegt im Bis:
thum Würzburg, im Odenwald (Silva Ottoniana), an dem Fluſſe Jart,
an der Grenze von Franken und Schwaben, wurde erbaut von Wolfram
von Behenburg im Sahre 1157, welcher hernach in jeinem neu ges
ſtifteten Kloſter den Eiftercienfer-Drden angenommen hat, ala ein Laien—
bruder dajelbjt gelebt hat und geitorben iſt. Dieje Stiftung haben
veihlih vermehrt die edlen Herren von Berlichingen, deren Begräbnifje
in dem SKreuzgange zu jehen find.“
Hiezu iſt noch beizufügen, daß unter dieſen Grabdenkmalen auch
jenes des befannten Götz (Gottfried) von Berlichingen jich befindet mit
der Angabe, daß derjelbe Donnerftag, den 23. Juli, Abends 6 Uhr, des
Jahres 1562 in einem Alter von mehr ala 80 Jahren gejtorben jei.
Bon der eijernen Hand iſt aber auf dem Grabmale nicht? zu entdeden.
Über das Klofter Schönthal hat der verdiente Gejchichtichreiber
Plarrer Ottmar Schönhuth in Wahbah im Jahre 1850 eine Chronif
herausgegeben (Mergentheim bei Thomm). Dhne die Quelle zu nennen,
bat Schönhuth jehr wahrjcheinlich die von dem Abte Franz Kraft unter
dem Titel: Schönthalenses annales ecclesiastico - politico - ascetico-
oeconomici de anno 1150—1675 in 5 Quartbänden verfaßte Chronik
benutzt.
Außer dieſer Chronik beſteht aber noch eine unter dem nachfolgenden
Abte Benedict Knüttel verfaßte, jet unter Nr. 600 der Handſchriften—
Sammlung ber f. f. Hofbibliothek zu Donaueſchingen aufbewahrte latei—
niſche Chronik des Kloſters Schönthal und deſſen Propſteien, verfaßt
von Fr. Joſeph Müller von Gerolzhofen, Prior, und Fr. Richard
214
Stöcdlein von Krautheim im Jahre 1698 mit jpäteren Nachträgen von
anderen Händen.
Dieſe jehr werthvolle Papierhandihrift mit 225 Blättern in einem
Holzdecfelbande mit gepreßtem Leberüberzug, mit Budeln und Spangen,
welche mir mit gewohnter Liberalität zur literariichen Benutzung über:
laſſen wurde, enthält mehrere einzelne Abtheilungen, und zwar:
Blatt 1. Die fehr ſchön geichriebene Debication „Uni Deo in substantia
Trino* ete., wie überhaupt der urfiprüngliche Tert mit jehr feften und fauberen
Buchſtaben geichrieben ift und die einzelnen Biograpbien mit fehr hübſch colorirten
Wappen verfehen find. Die jpäteren Nachträge verrathen die von Jahrhundert zu
Jahrhundert fortfchreitende Gorruption der Schreibart. Am Schluffe der Debication
ift beigefügt: 1698. Actum in ipso festo S. S. S. Trinitatis, die 25. Maii,
hora 6 mat.
Blatt 3—6. Descriptio correcta monasterii Speciosae Vallis in dioecesi
Herbipolensi, in finibus sylvae ÖOttonianae, juxta amnem Jaxt, inter Berlingen
(sic) et Biringen siti, qualis descriptio pro capitulo generali Cistercii celebrato
1651 postulata fuit ab adm, rvdo. P. Joanne Bougent, ordinis secretario etc.
Blatt 10—12a. Bulla confirmationis (von Papſt Alerander III im Jahre
1176), privilegium Frideriei I imperatoris (vom Jahre 1157) et confirmatio
Gebhardi episcopi Herbipolensis (vom Jahre 1158).
Blatt 19—26. Statua I-XVII, Lapis I—-XXI. Epitaphia (Berzeidy:
niß der darauf befindlichen Inſchriften).
Blatt 30—6la. Series abbatum (reiht bis zum 49. und letzten Abte und
bis zum Jahre 1811).
Blatt 66—67. Series et ordo venerabilium P. P. prierum (reiht bis zum
Sabre 1766).
Blatt 70—71. Catalogus et ordo oeconomorum, majorum cellerariorum,
sive, ut modo appellatur, bursariorum (reicht bis zum Sabre 1768).
Blatt 7I—76a. Ortus praepositurae et ordo praepositorum in Mergen-
thal (bis 1767). ©. unten ©. 222.
Blatt 78—79. Progressus et transitus religiosorum patrum officialium in
Heilbronn et Wimmenthal ab anno 1314 inel. (reiht bis 1761).
Blatt 81 b—82. Ortus et occasus capellanorum in sacello bmae. virginis
Matris Dei Mariae in Halla Suevorum (reicht bis 1582).
Blatt 83. Ordo omnium religiosorum patrum officialium et parochorum
in Gommersdorff ab anno 1598 (bis 1773),
Platt 86a. Ordo omnium officialium curatorum in Aschhausen ab anno
1676 (bis 1763).
Blatt 88. Primissarii et parochi religiosi in Oeden sive Oedheim (bis 1761).
Blatt Wa. Series P. P. officialium et curatorum in libero castro Apri-
montis sive Ebersberg sub annum 1698 acquisito (bi® 1766).
Blatt 92—225a. Religiosa propago Speciosae Vallis. Sive: Nomina
abbatum et religiosorum quorundam immediati, imperialis et exempti monasterii
Speciosae Vallis S. et exempti ord. Cistere., quae ex documentis colligere
lieuit. (Mit Nachträgen bis zur Aufhebung des Kloſters. Voraus eine Vorrede mit
ber Unterichrift: P. F. Angelus Hebenstreit. ob. a. 1669.)
215
Dieſe werthvolle Handſchrift enthält noch viele interejjante Notizen
zur Gejchichte des Kloſters Schönthal und feiner Filiale, da Schönhuth,
übrigens unter öfterer Anerkennung der Leiltungen des Mönchsweſens,
jelbjtverjtändlich einen Firchlihen Standpunkt nit eingenommen bat,
vielmehr für rein firchliche Verhältnijje und Ausdrüde das richtige Ber:
ſtändniß nicht bejigt und manche Animofitäten nicht zu unterdrücden
vermochte, wie er 3. B. einmal die gerühmten „burd ihre Reinheit
glänzenden Sitten” eines Abtes mit „unfträflichem Lebenswandel” über:
jegt. Dagegen jhildert derjelbe die bei der Aufhebung dieſes und anderer
Klöjter begangenen Ungerechtigkeiten mit grellen Farben.
Wir müffen uns bier darauf beſchränken, dasjenige mitzutheilen,
was Schönhuth nicht angeführt hat und was big jet noch ungedrudt iſt.
Dies beiteht hauptjächlich in einer authentiſchen Neihenfolge ſämmtlicher
49 Äbte vom Jahre 1157 bis 1811, von welden Schönhuth mehrere
nicht angibt, nebjt den Wappen der einzelnen Äbte ſammt ihren Legenden,
ihren Wahlſprüchen und hervorragenden Eigenſchaften in Diftichen.
Die einzelnen Äbte find folgende:
I. Herwicus (Herwig) I, Abbas, ordinirt 1157, gejtorben 1172.
Wappen: in einer Hälfte zwei Schlüfjel im rothen Felde, in der anderen
Hälfte ein halbes Mühlrad in jchwarzem Felde Umſchrift: Hae
pandunt aditum, praeparat ista cibum. Wahlſpruch: Labore et
diligenti custodia. Dijtidon: Mulbrunno ! fluxit, secum nova ger-
mina duxit, Herwicus, de quo nunc est Speciosa propago.
I. Heinrich I, erwählt 1172, geit. 1186, 5. März. Wappen:
ein blauer Doppeladler in weißem Felde. Umjchrift: Sunt duo, non
duo sunt. Wahlſpruch: Unanimitate et fidelitate. Dijtihon: Abbas
Henricus, Speciosae Vallis amicus Et confirmari petiit fundum,
atque probari.
III. Sibodo, erw. 1186, geit. 1200, 5. April. Wappen: ein
Todtenkopf unter einer Peitjihe und Ruthe. Umſchrift: Mortificate
membra vestra. Coloss. 3, 5. Wahlſpruch: Poenitentia et sub-
jectione. Dijtihon: Uberiore modo (successit quando Sibodo)
Vallis ditatur, Gommersdorff namque dabatur.
IV. Albert, erw. 1200, gejt. 1216. Wappen: ein Schwan in
rothem und blauem Felde. Wahliprud: Candore et aequanimitate.
Diſtichon: Abbas Albertus succedens ordine quartus Census nostro-
rum studuit cumulare bonorum.
V. Richalmus, erw. 1216, gejt. 1219, 2. December. Wappen:
ein Kreuz auf einem rothen Herz in jchwarzem Felde Umſchrift:
1 Maulbronn, von welchem Schönthal ein Filial war.
216
Probasti cor meum. Wahlſpruch: Desiderio et perseverantia. Di-
jtidon: Moribus hine almus splendet meritisque Richalmus, Rerum
arcanarum quem fecit Visio clarum '.
VI. Godefridus (Gottfried), erw. 1219, vejig. 1222. Wappen:
ein gefrönter Löwe in blauem Felde. Umſchrift: Defendit ab hoste.
Wahliprud: Magnanimitate et clementia. Diſtichon: Godfridi mores
meruerunt patris honores Is praelaturam cepit, cum munere curam.
VO. Joannes I, erw. 1222, geit. 1226, 27. October. Wappen:
ein ſchwarzes Kreuz in goldenem Felde. Umſchrift: In cruce salus.
Wahliprud: Pro Deo et religione. Dijtihon: Nix binis annis
duravit vita Joannis, Nam cum successit, cito post cum morte
recepit.
VIU. Sifridus (Sigfrid), erm. 1226, geit. 1230, 19. Februar.
Nappen: ein rothes Mühlrad in ſchwarzem Felde. Umſchrift: Nostros
agitatur ad usus. Wahlſpruch: Assiduitate et charitate. Dijtichon:
Unanimi fidus deposeitur ore Sifridus, Sit dispensator domui, ceu
pacis amator ?.
IX. Arnold I, erw. 1230, geit. 1236, 15. Juli. Wappen: ein
Engel mit vothen Flügeln in blauem Felde. Umſchrift: Delectatur
amando. Wahliprud: Devotione et fervore. Dijtihon: Arnoldus
electus, vitae moderamine rectus, Abbas intravit, cui papae
gratia favit.
X. Rupert, erm. 1236, geit. 1238. Wappen: eine rothe Traube
in ſchwarzem Felde. Umjchrift: Est cibus et potus. Wahlſpruch:
Utile, honestum, jucundum, necessarium. Diſtichon: Est (indefesse
monachus, qui jure praeesse Posset) Rupertus condignus honore
repertus.
XI. Albert II, erw. 1238, geit. 1240. Wappen: ein mit vielen
Quadern verzierte Ei in ſchwarzem Felde. Umichrift: Ama latere et
nesciri. Wahlſpruch: Soli Deo honor et gloria. Diſtichon: Unanimi
petitur conventus voce secundus Albertus, praesul vigilans, nulli-
que secundus.
XII. Heinrich II, erw. 1240, geit. 1248. Wappen: drei Neger:
finder in ſchwarzem Felde. Umſchrift: Nigri sunt, sed formosi. Wahl:
ſpruch: In paupertate, castitate, obedientia. Diſtichon: Creditur
’ Rihalmus ift berühmt durch feine unter dem Titel: Richalmi V abbatis in
Speciosa Valli visionum liber herausgegebenen Vifionen. Er farb im Rufe ber
Heiligkeit,
2 Die beiden Übte Joannes I und Eigfridus finden jih nit in Schön—
butbs Ghronif.
217
Henrico, patri abbatiae secundo, Annos post octo jubet hune
mors cedere mundo ',
XIII. Hildebrand, erm. 1248, gejt. 1269. Wappen: ein rothes
Jagdhorn in weißem Felde und ein weißer Hund in rothem Felde.
Umjdrift: Ut canis ad sonitum. Wahljprud: Sie currite, ut com-
. prehendatis. Dijtihon: Hine Hildebrandus sublimi in sede locandus
Altius ascendit, virtutis ad ardua tendit.
XIV. Thomas, erm. 1270, geit. 12854. Wappen: drei rothe
Beilhen in blauem Felde. Umſchrift: Christi bonus odor sum. Wahl:
ſpruch: Fortiter, sapienter, suaviter. Dijtihon: Nunc Keisershemum,
Speciosae Vallis eremum Natam Maulbronna sibi adoptat prae-
sule Thoma 2,
XV. Heinrich III, erw. 1284, geſt. 1294. Wappen: ein blaues
Beilhen in goldenem Felde. Umſchrift: Post florem collige fructum.
Wahliprub: Ante laborandum, pausandum postea.. Dijtidon:
Pastor sollicitus fratrum per vota petitus, Tertius Henricus custo-
dit ovile peritus.
XVI. Walchimus, Edler von Crailsheim, erw. 1294, geit. 1304.
Wappen: ein großes weiße A in ſchwarzem Felde und zwei fleine a
in weißem Felde. Umjchrift: Nascentium vox primA. Wahlſpruch:
Amore Dei, amore proximi, abnegatione sui. Diſtichon: Emit
Walchimus bona Sirmingensia primus, Cum magna cura servavit
propria jura ®.
XV. Fridrich, erw. 1304, gejt. 1310, 3. October. Wappen:
eine goldene Sonne in blauem Felde. Umſchrift: Et semper et omnibus
idem. Wahlſpruch: Zelo et benignitate. Dijtihon: Dignus censetur
Fridericus, itemque jubetur, Ne sine lege greges errent, prae-
scribere leges.
XVIII. Walther, erw. 1311, geit. 1318. Wappen: drei goldene
Sterne in blauem Felde und drei im weißen Felde. Umjdrift: Sole
micante latent. Wahlſpruch: Cognitione Dei, cognitione mei. Dis
itihon: Vere Waltherum pastorem judico verum, Qui plus prodesse
intendit, quam velle praeesse.
XIX. Eonrad I (Kübel von Heilbronn), erw. 1318, get. 1319.
Mappen: ein Tobtenbein auf einem ſchwarzen Flügel. Umſchrift: Vivit
1 Über die Äbte Albert IT und Heinrich II hat Schönhuth zweifelhafte Angaben.
2 Inter Abt Thomas erhielt ftatt Maulbronn bas Klofter Kaifersheim (bei
Donauwörth) die Paternität und bas Bifitationsreht über Schönthal.
s< Nah Walhimus bat Schönhutb einen Abt Gottfried II, den unfere Ehronif
nicht fennt.
218
post funera virtus. Wahlſpruch: Fuge, tace, quiesce. Diſtichon:
Postea Conradus venit ad sublimia natus, Morte sed abreptus
regnum est splendoris adeptus.
XX. Albert III, erw. 1320, geit. 1321. Wappen: drei rothe
Roſen auf einem weißen Balken in ſchwarzem Felde. Umſchrift: Pariunt
tempora certa rosas. Wahlſpruch: Fide, spe et charitate. Dijtihon:
Tertius Albertus virtutum laude refertus, Omnibus est carus, mun-
dum contemnere gnarus.
XXI Reinold, erw. 1321, refign. 1365. Wappen: eine halb
blaue und halb weiße ſchlangenförmige Arabeske. Umſchrift: Serpentes
tollit. Wahlſpruch: Integritate, puritate. Dijtihon: Demirare senem
Reinoldum pectore lenem, Annis longaevum nostrum memorare
per aevum.
XXI. Conrad II, erw. 1365, geit. 1371. Wappen: drei blaue
Blätter in rothem Felde. Umjchrift: Folium eius non defluct. Wahl:
iprud: Recta intentione et viridi observantia. Dijtihon: Dein sibi
Conradi virtus insignia tradi Postulat abbatem: non est jus tale
negatum.
XXI. Werner, erw. 1371, geit. 1373. Wappen: ein großer
weißer Adler in goldenem Felde. Umſchrift: Provocat ad volandum
pullor. Wahliprud: Verbo et exemplo. Dijtihon: Vallis, Werneri
gaudet pietate foveri, Qui bona promovit, dum noxia cuncta removit.
XXIV. Marquard, erw. 1374, geit. 1377. Wappen: drei
goldene Mondficheln in rothem Felde. Umſchrift: Creseit, decreseit,
non triplex luna, sed una. Wahlſpruch: Sie transire per bona
temporalia, ne amittantur aeterna. Dijtihon: Claret Marquardus
non ad sua munera tardus, Nam quae suadebat, facto facienda
monebat.
XXV. NRabanus, erw. 1377, geit. 1390. Wappen: ein rother
Krebs in goldenem Felde. Umſchrift: Terrae marisque incola.. Wahl-
jprud: Juste coram Deo et hominibus. Diftihon: Judicio sano
mandatur cura Rabano, Officio dignus vir erat pius atque benignus.
XXVI Burcard von Sindingen!, erw. 1390, geit. 1400,
9, December. Wappen: blaue und weiße Blätter in Rhomben. Um—
irift: Servetur in omnibus ordo.. Wahlſpruch: Humiliter Deo,
ordinabiliter sibi, sociabiliter proximo. Dijtihon: Te Burcharde
ducem gregis, atque per omnia lucem, Exemplo Christi placida
cum mente dedisti.
1 Abt Burcard wird von Schönhuth nicht bejonders genannt.
219
XXVH. Heinrid IV, Hirich !, erw. 1400, geit. 1407, 26. Juni.
Wappen: ein ſchwarzes Hirjchgeweih in blauem Felde. Umſchrift: Ut
magis excrescant, deponit cornua cervus. Wahliprud: Humiliare
et apprehendisti. Dijtidon: Quarte Henrice veni, celebrare laude
perenni, Ceu multum gnarus, profitendi munere clarus.
XXVIII. Heinrid V, Rojenkeim von Forchtenberg, erw. 1407,
gejt. 1425, 12. April. Wappen: drei aus einem Hage entjprofjende
rothe Blumen. Umſchrift: Triplicato flore trinum. Wahliprud: Ex
toto corde. Diltihon: Henricum quintum praeclarum suspice gestis,
Quorum multa patet lectori pagina testis.
XXIX. Heinrich VI, Höffling von Magjtadt, erw. 1425, geit.
1445, 21. Mai. Wappen: eine goldene Krone auf goldenem Tiiche in
rothem Felde. Umjchrift: Reposita est mihi corona.. Wahlſpruch:
Viriliter age et confortetur cor tuum. Dijtihon: Henricum senum
meritorum pondere plenum Nemo postponat, quia primum hie
mitra coronat.
XXX. Simon Marbach aus Schwäbiſch-Hall, erw. 1445, geit.
1465, 7. September. Wappen: ein weißer Flügel in ſchwarzem Felde.
Umjgrift: Hac itur ad astra. Wahliprud): Contemplatione et ora-
tione. Diltihon: Ad regimen raptus, tantis vir honoribus aptus,
Simon rectorum lucebat lampade morum.
XXXI Joannis I, Hubner von Heilbronn, erw. 1465, geit.
1468, 2. Februar. Wappen: drei rothe Sterne in ſchwarzem selbe
und drei rothe Sterne auf weißem Balken in blauem Felde. Umſchrift:
Est nobis aliunde jubar. Wahlſpruch: Gratitudine, sinceritate.
Diftihon: Fit modo jure pater Joannes nominis alter, Sub quo
mitescunt jejunia, plura rigescunt.
XXXII. Bernhard, erw. 1468, geit. 1486, 10. Mai. Wappen:
zwei grüne Blätter in goldenem Felde. Umſchrift: Erit folium eius
viride. Wahlſpruch: Non solum praeesse, sed et prodesse. Di:
itihon: Abbas Bernardus fragravit ut optima nardus, Norma fuit
cleri monachi, quoque regula veri.
XXXIII. Joannes II, Hoffmann von Neuſtadt am Kocher,
erw. 1486, rejign. 1492. Wappen: ein von einem Mönche in ſchwarzer
Kutte gehaltener Abtsjtab in blauem Felde. Umſchrift: Sustentat,
dirigit, arcet. Wahliprud: Consilio, doctrina, dexteritate. Di:
jtihon: Cura pervigili Joannes pastor ovili Tertius intendit, ceui
coelum praemia pendit.
ı Abt Heinrih IV war Doctor der Theologie und Profeijor an der Unis
verfität Heidelberg.
220
XXXIV. Georg Hertlin von Gerolzbrunn, erw. 1492, refign.
1511. Wappen: zwei weiße Stämme in ſchwarzem Felde. Umſchrift:
Concupiscenti animo praeparata. Wahlſpruch: Fortiter et constanter.
Diftihon: Ceu Phoebus lauro, splendere Georgius auro Cernitur,
en! ambit caput infula, tempora lambit.
XXXV. Erhard Dfer von Mödmühl, erw. 15141, 45. Juli,
geit. 1535, 19. Juni. Wappen: ein Schiff mit zwei Nubern in rothem
Felde. Umſchrift: Non est sine remige tuta. Wahlſpruch: Temere
nihil, omnia caute! | Diftihon: Vexabat multus sub Erhardo
claustra tumultus, Qui tunc primatum tenuit virtute paratum.
XXXVI Elias Wurft von Craildheim, erw. 1535, geit. 1537,
13. Juli. Mappen: zwei braune Würjte in blauem Felde. Umſchrift:
Pro bono communi. Wahljprud: In spiritu et virtute Eliae. Di:
ftihon: Edocet vias virtutum praesul Elias, Ipsius dotes cele-
brabunt jure nepotes.
XXXVI. GSebaltian I, Stadtmüller, Profeß bed Kloſters
Kaijersheim, erw. 1537, geit. 1557, 17. Februar. Wappen: ein gelbes
Mühlrad in rothem Felde. Umjchrift: Hinc mergitur, inde levatur.
Wahlſpruch: In prosperis non superbire, in adversis non desparare.
Diftihon: Enarrant fasti sublecti facta Sebasti, Quem patrem
patrum fecit discordia fratrum.
XXXVII. Sebajtian Il, Schanzenbach von Möcmühl, erm.
4557, geft. 1583, 31. December. Wappen: ein Schiff mit zwei brennen:
den Fackeln. Umſchrift: In huius transitu orta fuit horribilis tempestas,
ita ut et tonitrua audirentur, fulguraque et corruscationes ap-
parerent in tantum, ut non secus, ac in media aestate campanae
omnes pulsandae fuerint. Wahljpruh: Argue, obsecra, increpa.
Diſtichon: E gremio inde pater datur huius nominis alter, Non
lectans fastus, hoc dignus honore Sebastus !.
XXXIX. Soannes IV, Lurz von Amorbad, erw. 1584, 3. Ja:
nuar, geit. 1607, 6. Mai. Wappen: zwei Sicheln in rothem Feld.
Umſchrift: Pater meus agricola est. Wahlſpruch: Ut aedifices et
plantes. Diftihon: Joannis quarti virtuti plaudite et arti, Census
adjecit, collapsaque tecta refecit.
XL. Theobald I, Kod von Amorbach, erw. 1607, 13. Mai,
geit. 1611, 22. Januar. Wappen: ein Todtenkopf mit gekreuzten Ge:
beinen. Umſchrift: Quid eris, semper meditiris. Wahliprud: Pauca
loqui, bene verba coqui, vult providus. Diftihon: Lux elarorum
! Schönhuth erwähnt einfah, daß der Abt Sebaftian II am 21. (in Wirklich—
feit aber am 31.) December 1583 unter einem ſchrecklichen Donnerwetter geftorben fei.
' 221
Theobaldus culmine honorum, Dum curam gessit, vitium virtute
repressit.
XLI. Theobalb II, Fuchs von Walldürn, erw. 1611, 29. Januar,
geit. 1626, 6. Mai. Wappen: ein jpringender Fuchs in weißem Felde.
Umjdrift: Astus persaepe refellitur astu. Wahlſpruch: Prudenter
eircumspecte. Dijtihon: Incipit alter onus Theobaldus ferre colonus
Alta mente virum structuris aspice mirum.
XLI. Sigmund Fitlin von Garlitabt, erw. 1626, 14. Mai,
gejt. 1633, 19. März. Wappen: viele umgekehrte Zweige in rothen
und weißen Feldern. Umſchrift: Nostros in brumis videas frondiscere
ramos. Wahlſpruch: Deo et aeternitati. Dijtihon: Sigmundus
munus prae cunctis obtinet unus, Cuius habet funus sibi Stambs ,
animamque Triunus.
XLIII. Johann Leonhard Meinhard von Heuchlingen, erw.
1635, 5. Februar, gejt. 1636, 17. October. Wappen: ein Mohr mit
zwei Pfeilen. Umjchrift: Ad mortem vitamque paratus. Wahlſpruch:
Resginatione et fiducia in Deum. Dijtihon: Pleno virtutum curam
est comittere tutum Abbatialem, Leonardo cedite talem.
XLIV. Ehrijtoph Hahn von Buchheim, erw. 1636, 28. October,
geit. 1675, 20. November. Wappen: ein Hahn in weißem Felde. Um—
\hrift: Jacentes excitat et somnolentes increpat. Wahlſpruch: Vigi-
late et orate. Dijtihon: Christophori Galli prodest vigilantia Valli,
Primaevo flori, quam reddidit atque decori.
XLV. Franz Kraft von Altdorf bei Weingarten, erw. 1675,
27. November, gejt. 1683, 5. Juli. Wappen: ein weißes Nad in roth
und ſchwarzem Felde. Umijchrift: In medio verus consistit. Wahl⸗
jprud: Sobrie, juste, pie. Dijtihon: Francisco demum regimen
concedi supremum, Illius virtus reddet velut inclyta myrtus.
XLVI. Benedict Knüttel von Lauda, erw. 1683, 6. Juli, geit.
1732, 21. August; regierte 50 Jahre. Wappen: ein Marterkolben, ges
tragen von der Hand eines gewappneten Ritters in blauem Felde. Um—
ihrift: Qui docet manus meas ad praelium. Wahlſpruch: Pugnando,
tolerando, sperando. Bonitatem et disciplinam et scientiam doce me.
Diftihon: Exemplo raro Benedictus nomine, claro Praefuit illustris
bisquinis perbene lustris.
Abt Benebict erbaute die gegenwärtig nod) vorhandenen ſchönen und
großen Gebäude des Kloſters nebſt der Kirche und jchaffte jehr koſtbare
Paramente an. Er war ein jehr gelehrter Mann und nebenbei aud)
8 Giftercienfer- Abtei Stams in Tirol, wo Abt Sigmund ftarb.
222
Dichter. Er verfaßte auch die große Chronik des Kloſters Schönthal
bis zum Jahr 1723.
XLVII. Angelus Münd von Gommersdorf, erw. 1732, refign.
1761, geit. 1762, 17. März. Wappen: ein Engel mit grünem Lorbeer:
zweige. Umſchrift und Wahlſpruch fehlen.
XLVIII. Auguſtin Brunnquell von Lauda, erw. 1761, reſign.
1784, 1. December, geſt. 1795, 8. Mai. Wappen: ein Springbrunnen
in weißem und rothem Felde. Umſchrift und Wahlſpruch fehlen.
XLIX. Maurus Schreiner von Stangenroth, erw. 1784, 3. De:
cember, gejt. 1811, 17. Auguit in Ajchhaufen mit den Worten: Deo
gratias!
Unter ihm wurde Schönthal durd den Reichs-Deputations-Haupt—
ſchluß vom Jahre 1503 jäcularifirt und der Krone Württemberg zu:
geſprochen. Am 1. October 1807 wurde die Kloſterkirche als Katholische
Pfarrkirche erflärt, im Jahre 1811 aber im Klofter eine der vier
niederen evangeliihen Seminare eingerichtet.
II.
Das frühere Ciſtercienſer-Kloſter in Mergentheim.
An allen dem Verfaſſer zu Gebot jtehenden hiſtoriſchen und ſtatiſti—
ihen Handbüdern von Württemberg iſt angeführt, daß außer dem
Hauptjige des deutſchen Nitterordens in Mergentheim ein 1250 ge:
jtiftete8 Dominifaner:Klofter und ein 1628 erbaute Kapuziner-Kloſter
beitanden habe. Nur in dem Univerjalstericon von C. Th. Griefinger,
das neben vielen Wiederholungen und Unrichtigfeiten mande brauchbare
und anderwärt nicht findbare Notizen bringt, ilt angedeutet, daß in
Mergentheim früher ein Hof des Kloſters Schönthal fich befunden Habe.
Das war aber früher fein einfacher Klofterhof, mie fich ſolche alte be-
deutendere Klöjter in den Hauptitädten, mit denen fie im gejchäftlichen
Verkehre Itanden, ala Abjteigequartier zu halten pflegten, fondern es war
ein eigenes Klojter, ein Filial des Giftercienjer:Klofters Schönthal.
Das geht unzweifelhaft hervor aus der oben ©. 213 citirten hand:
ſchriftlichen lateinischen Chronik des Kloſters Schönthal vom Jahre 1698.
Dort iſt außer den zum Kloſter Schönthal gehörigen Filialanftalten zu
Heilbronn, Wimmenthal (sie) und Schwäbiſch-Hall und außer den in—
forporirten Pfründen zu Gommersborf, zu Aſchhauſen, zu Ddheim und
Schloß Ebersberg aud die Propftei Mergentheim genannt, und zwar
unter dem Titel: „Ortus praepositurae et ordo praepositorum in
Mergenthal..* Daß unter Mergenthal das heutige Mergentheim zu
223
verjtehen jei, ijt eine von feinem Geſchichtsforſcher angezmweifelte Thatjache,
Das Klojter St. Märgen auf dem badiihen Schwarzwalde wird in
den Urkunden cella Sanctae Mariae, Mariazell, genannt. Auch das
in manchen protejtantijhen Orten des mwürttemb. Unterlandes jet nod)
übliche „Märgeläuten“ ift nicht, wie ſchon interpretirt wurde, das Mor:
gengeläute, jondern das aus Fatholiicher Zeit jtammende Ave Maria,
ber engliihe Gruß.
Die erwähnte Handſchrift enthält in lateiniſcher Spracde folgenden
Bericht über die Entjtehung der Propſtei Mergenthal.
Im Sahre 1291, 25. October, hat Berthold Pfoſch von Mergenthal
jein Haus jammt Keller, Zorkel, Garten und anderen Gebäuden, aus
denen bie jegige Propſtei bejteht, für 50 Pfund Heller dem Abte Heinric)
(III von Schönthal) verkauft unter Zuſtimmung des Grafen Erafft und
jeined Sohnes Conrad von Hohenlohe, denen ganz Mergentheim gehörte.
Im Jahre 1366 Faufte der Abt Conrad II für die Propitei den
Hof und die Güter in Schwaigern für 230 Pfund Heller von Heinrich)
von Hartheim. — Schon 1296, 3. Juli, hatte der Graf von Hohenlohe
mit feiner Gemahlin Agnes und feinen Söhnen Craft und Conrad, von
Schulden gedrüdt, dem Abte Walhimus einen Hof in Sindingen und
Diepah unter der Burg Schönftein, einen Hof in Gundershofen und
ganz Sirmingen für 770 Pfund Heller und 30 Scillinge verfauft
unter Zujtimmung des Biſchofs Mangold von Würzburg.
Am Sabre 1345 kaufte Heinrich von Hobad viele Güter in Igels—
rüth (Igelsreuthe?) für 100 Pfund Heller von Heinrich Reinhard,
Bürger in Mergentheim, jchenkte diefelben, nach dem Tod feiner Frau
und jeines einzigen Sohnes, dem Abte von Schönthal und wurde dort
jelbit Mönch.
Im Jahre 1366 ertheilte der Biihof Albert von Würzburg die Er:
laubniß, in unjerem Hofe zu Mergentheim eine Kapelle einzurichten und
dajelbit Gottesdienjt zu feiern. Am Jahre 1371 war dieje vollendet und
wurde zu Ehren der hl. M. Magdalena und der hl. Agnes eingeweiht,
und die ahresfeier der Kirchweihe auf den Sonntag vor St. Agnedtag
(21. Januar) feitgejekt.
Am 14. Mai 1373 jtiftete Adelheid Vilmennin von Mergentheim,
Wittwe des Heinrih von Hobach, 300 Pfund Heller, um an Sonn:
und Feſttagen Gottesdienit zu halten, worauf der Abt Werner das Ver:
ſprechen ertheilte, auf immermwährende Zeiten einen eigenen Ordens—
priejter in Mergentheim zu unterhalten.
Nah diejer Einleitung folgt die Neihe der Pröpite:
1336. Lucius. 1343. Conradus. 1365. Henricus, zuerſt ver:
beirathet, nachher Mönch in Schönthal. 1371. Der gleihe Henricus
224
Hobach. 1388. Joannes. 1409. Erhardus. 1429. Jodocus. 1445. Joan:
ne3 Kittel. 1460. Henricus Prembs. 1474. Joannes Hoffmann, wurde
im Sabre 1486 Abt. 1487. Georgiuß Heitlein, wurde 1492 Abt.
1489. Conradus Wagemann. 1499. Michael Schlögerbad. 1511. Er:
hardus Djer, wurde am 15. Juli des gleichen Jahres Abt. 1511. Con:
radus Wagemann. 1518 und 1519. Bernhardus Villhauer und Wende—
linus Ammerich, gleichzeitig Pröpite bis 1523. 1523. Job Dittwahr
von Walldürn. 1524. Wilhelmus Reinhard von Möcmühl. 1538. Phi:
lippus Gransheim bis 1548, von welchem Jahre an wegen dem Abfalle
der Stadt Mergentheim zum Lutheranismus nad) dem Beijpiele jeines
Großmeiſters (des deutſchen Nitterordens) die Propjtei eined Ordens—
priejter8 entbehren mußte und durch Weltgeiftliche verwaltet wurde, und
zwar von 1548 bis 1557 durch Jacobus Werih, und 1557 bis 1561
durch Lucas Trauttwein. 1561. Joannes Karpf, welcher im Jahre 1574
Prior wurde. 1574. Andreas Bogel von Widdern. 1602. Theobaldus
Koh, wurde am 13. Mai 1607 Abt. 1607. Sigismundus Fichtlin
oder FFichtl, wurde am 14. Mai 1626 Abt. 1626. Caſparus Dollmayr,
wurde 1630 Burjarius (Großfellermeijter). 1630. Joannes Leonardus
Meinhard, wurde den 5. Februar 1635 Abt. 1635. Matthias Efhard,
Senior des Klofterd. 1640. Bartholomäus Kremer, wurde 1650
Prior. 1650. Gajparus Wilhelmus Adelius. 1652. Bernardus Heilig.
1653. Adamus Shüll. 1665. Angelus Hebenftreit. 1669. Franciscus
Kraft, wurde am 27. November 1675 Abt. 1675, 2. December. Gans
didus Gafjenfeyl, gejtorben in Gommersdorf. 1677, 15. September.
Petrus Schönleber. 1682, 21. März. Eonjtantinug Schönhard, welcher
am 2. Juli 1682 plöglid am Schlagfluffe ſtarb. 1683, 13. Juli.
Joannes Beger, Senior und AJubelpriejter, gejtorben in Wimmenthal.
1706, 8. Januar. Edmundus Volpert, nahher Burfarius. 1710, 22. No:
vember. Candidus Delneffe von Namur, jpäter Prior. 1715, 10. October.
Paulus Göß, von 1719 an mit dem Robert Weinzierl ald Adjuncten.
1724, 13. Februar. Petrus Mühling, gejtorben zu Mergentheim am
31. Juli 1740. 1740, 11. August. Henricus Brenner von Würzburg.
1749, 6. October. Michael Opilio (Schäfer). 1755, 19. Juli. Henricug
Brenner, zum zweiten Mal. 1763, 18. Mai. Fridericus Kilber. 1767,
29. April. Ambrofius Riedel,
Hier hört die Reihenfolge der Pröpfte auf ohne Angabe eines Grundes.
Die
Glaufe in der Egg
bei Heiligenberg im Yinzgan.
Bon
Cheodor Alartin,
f. f. Hoftaplan auf Heiligenberg.
Quellen.
1. Donatio monasterioli in der Egg dicti per religiosum fratrem Hein-
ricum Fink anno 1256. Handſchrift im Schloſſe zu Heiligenberg. Diejelbe
ftammt aus dem Klofter Salem, wo fie im Sabre 1528, auf 52 Papierblättern
mit ftarfem Lebereinband, in Form eines Gopialbucdhes angefertigt worben. Die
Schrift ift von verfchiedenen Händen und namentlich in den Tateinifchen Terten mehr:
fa fehlerhaft. Das Buch enthält 17 Urfundenabfdhriften, deren Inhalt in
nachſtehender Abhandlung jeweild durch die Ordnungsnummer ber betreffenden Ur—
funde angedeutet if. Zwiſchen ben einzelnen Urkunden find 11 Feberzeihnungen,
hübſche Gompofitionen, welde den Anhalt der Urkunden illuftriren. Jede Urkunde
trägt am Anfang einen leeren Raum zur Ausführung eines fünftleriihen Anfangs:
buchflabens. Die letzte Seite der Handſchrift trägt frei die Zahl 1520.
2, „Actenmäßige Relation über die Gravamina zwiſchen Salmansweiler:
Heiligenberg und vieissim,* von 1724, im f. f. Archiv zu Donaueſchingen.
3. Actenftüde in ber Pfarr-Regiftratur zu Weilborf.
4. Zimmernſche Chronik, herausgegeben von Baraf. — Ob im badiſchen
Landesarchive unter der Abtbeilung Salem vielleicht noch weitere Quellen vorhanden,
fonuten wir troß reblihem Bemühen bis jeßt nicht erfahren.
Bu den Füßen des fürjtenbergifchen Schlojjeg Heiligenberg im
Linzgau breitet ji, einem wunderſchönen Teppiche glei, ein meites
Thal aus. Am Süden von dem Silberijhaume des Bodenſees beipült,
bat dasſelbe im Norden feinen Abſchluß in malbigen Höhen, und im
Diten feine Grenze in dem Berge, ber von Gero, dem Schwager Karla
des Großen, jeinen Namen führt. Nicht ohne Grund daher war diejes
Thal ſchon früßzeitig mit Weilern und Dörfern beſäet. Beuren wird
ihon 783, Weildorf 849, Frikingen 1121 genannt, und nicht viel fpäter
(1134) begann die Blume des Thales, das Ciitercienferftift Salem,
diefem Garten der Natur zu entſproſſen. Deuten ja die Orte Riken—
bad, Beuren und Niederften- Weiler t ſchon auf das Vorhandenjein einer
Nömerftraße, die von Stodah her an den Oberſee führte und
manches Jahrhundert nachher noch als freie deutihe Reichsſtraße be:
nüßt wurde.
Die Gelegenheit war jo günftig, daß es ganz zum Verwundern
wäre, wenn ſich auf den Höhen längs diejer Straße früher nicht auch
Ritter und Nitterlein angebaut hätten, um Goldvögel zu fangen, die
vorüberjtreihen wollten. Solche Ritter mögen wohl die gemejen jein,
welche auf einem Schloß bei Altenbeuren hHausten und fi 1268
die Zerjtörung ihrer Burg um jalemijches Kloftergeld gefallen Lieken.
Und fold ein Ritter war wohl der Bruder Heinrichs des Geigenhaljeg,
jener Rudolf von Rammsberg, welcher jih auf der Höhe Hinter
Pfaffenhofen ein warmes Neftlein bauen wollte, aber im Februar 1222
um benöthigtes Geld das Gelöbniß ablegte, zwiſchen Stockach, Deggen
haufen, Markdorf und dem See feine Veſte zu erbaueı.
Nicht viel befjer als diefe Herren dürfte ein Dienſtmanns-Adel der
Grafen von Heiligenberg gemwejen fein. Vink, Vinko oder Fink war
der Namen diejer Dienjtmänner, und ihre Heimath oder Wohnſtätte lag
am Fuße des Heiligenberges, genau da, wo bis 1780 dad Scharfrichter—
geihleht Krieger das jtumpfe Richtſchwert jchliff, wenn e3 galt, der
I Urbar von Et. Blafien 114; Zinsbuch von Salem 1449; Eggbanbs
ſchrift; Nellenburger Zinsbud.
15”
228
Frau Justitia Menjhenblut zu opfern. Noch Heute nennt ber Volks—
mund jenes Gut „Finkenhauſen“. Die Geihichte kennt diefer Vinken
drei: den Hermann Fink ald Zeuge, da Salem am 18. Januar 1251
den nachbarlichen Hartwald faufte, den Ritter Werner Fink, da Güter
in Weildorf an Salem verkauft worden, und endlich den Ritter Heine
rich Binf. e
Ob die Gottesmänner des Klofterd Salem dieſen Leßteren zur
richtigen Erfenntniß von „Mein und Dein“ gebracht; ob er jelbit etwas
zartere Gewiſſensſaiten gehabt, als ed bei Rittern damaliger Zeit der
Fall geweſen zu fein jcheint, dad kann Niemand mehr mijjen. Aber
unbeftreitbar ift, daß im Jahre 1256 Nitter Heinrich fih vom ſün—
digen Menjhengetümmel zurüdzog, und nahe am „Heiligen Berge” in
heiliger Einſamkeit ſich ein heilige Leben auferbaute. Er jelbit erzählt
der Nachwelt:
„Allen den, bie dijen brieff iemer werden anjedhen, bruder Hain
rich in der eindden jtatt, die da genemt wirt in der Egge, ſtoſſet
an den Hailigen berg, zu urkund ains beichechnen dings. Um des
willen, daß die gejchicht” der miüden welt durch nacherkommender men
ihen vergefjenheit nit mügenn erlöjchen, jo jollen fie mit briefen ver—
erwiget werden. Hierum jo thun ich allen meniglich zu wiſſen, daß
nachdem die göttlich” fürſichtigkait us jrer ungemehnen gietigfait einen
anziehenden ſchin über mich gejant, ich dardurch gezogen bin us der
bölle miner böshait und us dem undererdrich zu dem jtand hailſamer
rum, und an bie jtätte genömt in der Egg, mir daſelbs zu über:
fommen bie hoffnung des Himmeljchen vatterlands. Und nachdem ich
dajelb8 nad) minem ingang in diejelbe jtätte im jahr’ do man zalte
von Chriſtus geburt tujend zwai hundert ſechs und funfzig, lützel tag’
under ainem jchnöden hüsli gemwonet, jo gab mir der erlüchter ber
bergen ? us finer mitfliefjenden gütifait ainen fürjaß, daß ich bajelbs
dur glöbiger lüte almujen in der ehre ſant Sohanfen des Töffers
und fant Katherinen der junffrawen und marterin, ain Capell' jolle
bumen. So id aber ſolchen fürjag in minem gemiet empfangen und
gevejtnot, jo wollt’ ih dag dann noch nit anheben, es wer denn, daß
der ebel und mwolgeborn her Berchtold, graf zu dem Hailigen Berg,
1 Diefe Sprache erinnert jehr an die Myftifer ber damaligen Zeit, und es
icheint, daß Nitter Heinrich, von ihrem Geifte ergriffen, unter die „Sottesfreunde“
gegangen, welche jeit der Mitte des 13. Jahrhunderis ihren Geheimbund verbreiteten.
Eie bildeten einen Gegenfaß zu ber einreißenden Verweltlichung, womit bie
Geiftlihen und Paien jener Tage bedroht waren, unb hatten ihren Haltpunft an bem
neu aufgefommenen Orben ber Dominicaner ober Prebiger, beffen Einfluß auf die
Devölferungen in Stadt und Land wunberbar zunahm. Anm. d. Red.
229
der zu derjelben zit der vorgenanten jtette rechter herr was, denjelben
boden in der Egge mit allen finen zugehörden und das wäldle
daran gelegen, mit gunjt und willen ſinens eelichen gemachels und
aller jiner finden, und auch aller deren, die darzu gehaft und gemant
wären, denn die gehörten inz zu mit dem titel der eigenjchaft’, mir bie
mit vollem rechten und offenliher gab’ zu bejizen gäbe, mit aller
frybait. Das er aljo do thät und volbracht in gegenmwärtigfait diſer
nachgejhribnen zugen mit namen Fridrich von Maugenbud, Albrecht
von Eberhartswiler, baid’ ritter, Mangolt und Kunrat gebrüber
von Milnhofen, Ulrich, den man nämt NRappenjtain, Hug von Leu:
jtetten und der Schüjjler.” !
Nahdem Heinrich Fink den Boden, den ihm Graf Bertold von
Heiligenberg und dejjen Gemahlin Hedwig von Montfort:Bregenz ge:
ichenft, „etwie vil jar im gerumer, friblicher gewär ingehebt und be—
jejien“, begann er den Vorſatz des Kapellenbaueg zur Ausführung
zu bringen. Er wandte ſich zunächſt an Hermann, den Kirchhern
zu MWeildorf, um Bauerlaubnig, da die Egg in dejjen Kirchjpielögrenzen
lag. Dieje Erlaubniß blieb jo wenig aus, al3 jene des Biſchofs Eber—
bard von Conſtanz. Letzterer gejtattete im April 1263 dem Bruder
Heinrih, zum Kapellenbau Almoſen zu jammeln und ertheilte allen,
jo zum frommen Werke beijteuerten, einen zehntägigen Ablaß?.
Immerhin aber vergingen nod Jahre, ehe das Thürmlein der Egg—
fapelle von feiner einjamen Höhe in’3 meite Thal herabſchaute. Denn
erit als Rudolf III von Habsburg auf dem bijchöflihen Stuhle zu
Conſtanz ſaß (1274 bis 1293) und ald Marquart von Lindau Kirch:
herr zu Weildorf war, wurde der Bau vollendet.
Schon im Jahre 1257 geihah der erite Schritt dazu, der die
Mutterfirhe Weildorf 1291 völlig in die Arme des Ktlojterd Salem
führte. Was Wunder, dat mit der Mutter ſich auch die Tochter bald
demjelben Ziele zuzumeigen begann? Im November 1277 vermad)te
1 —— Pfarrdorf im Reg.Bezirk Sigmaringen. In Urkunden von
1246, 1252 und 1256 wird Friedrich, und von 1292 Ritter Heinrich von M.
genannt. Ihre Befigungen kamen fpäter an bie von Zimmern. Eberhartsweiler
in der Pfarrei Herbwangen bei Pfullendorf. Mühlhofen, an der Strafe Salem:
Meersburg, ehedem ber Sitz eines beiligenb. Dienſtadels. MRappenftein bei
Heiligenberg ift ein Rappenfelfen. Leuftetten am Fuße bes Heiligenberg war eine
linzgauifche Dingftätte.
2 Universis, heißt e8 in biefem Indulgenzbriefe, Christi Aiddelibus, qui tibi ad
tam pium opus elemosinas suas contulerint perficiendum, quantum ipsis divi-
nitus fuerit inspiratum, vel ibidem suis animalibus laboraverint, aut propriis
in personis, de omnipotentis dei misericordia et gloriose virginis Marie genetricis
dei decem dies de iniuncta sibi poena relaxantes. lrf. Nr. 13.
230
Bruder Heinrid, in Gegenwart des Biſchofs und Domcapiteld zu
Gonitanz, einiger Ritter, Patricier und Bürger von dort ‘, jeine Kapelle
in der Egg mit Grund und Hofraite, unter dem Abte Ulrich (aus
der Familie Gräter zu Biberah), eine Schenkung, welcher der bifchöf-
lihe Stuhl 1278 feine Beitätigung ertheilte ?.
Am eriten Sonntag im Mai 1278 war bei der Bruderfapelle in
der Egg „eine Menge von Menſchen“ verjammelt; doch, der fromme
Maldbruder mochte ihrer kaum achten. Sein Auge und jeine Gedanken
jchweiften hinüber zu dem nachbarlichen Salem, mo der weilte, welcher
dem Werke jo vielen Schweißed und jo vieler Sorgen jetzt bie Weihe
jpenden jollte Die Sonne war über die Kronen der majeftätijchen
Waldung im Diten bereit emporgeitiegen. Da trat der Klaußner aus
jeiner Kapelle, fiel mit allem Volke auf die Kniee und bot demjenigen
jeinen Gruß, der gefommen war im Namen des Herrn.
Ptolemäug, Biſchof von Sardes, Weihbiſchof von Konjtanz ?
(12:7 bis 1287), war e3, um deſſenwillen Hunderte an diefem Tag nad
der Egg zujammenjtrömten. Er hielt Kirchweihe in jtiller Waldeinſam—
keit. Drinnen im kleinen Heiligthume feierte der hohe Sendling das
heilige Dpfer, draußen auf grüner Flur Eniete ein frommes Nölklein,
jein Flehen mit dem Gebete des Biſchofs vereint zum Himmel zu jenden.
Nach Beendigung der Feier jprad) Ptolemäus den Segen und ver:
fündete der gläubigen Edaar, dab, wer jährlid am Sonntage nad)
Philipp und Jakob in der Egge das Gedächtniß der Kirchweih feiere,
eines Ablajjes von einem Jahr und 40 Tagen theilhaftig werden könne
Mer fühlte ſich jett glücklicher, ald Bruder Heinrih! Nunmehr
war das Ziel jeiner Erdenpläne erfüllt; nunmehr Fonnte er im gott:
geweihten Haufe das Lob Gotted verfünden. Und wenn er müde bed
Betend und Betrachtens geworden, jo mochte er draußen in frilcher,
jreier Luft ohne Kummer und Sorgen feine Bäume pflegen, oder an
den gewaltigen Felſen gelehnt Hinausfchauen in die weite, ſchöne Welt
1Es waren außer dem Biſchoſe Rudolf der Dompropft Hainrich von Klingen—
berg, Maijter Walfo der Dechan, Berchtold der Cuſtos und Burfart ber Schulherr,
Gebrüder von Hohenfeld, Nupreht von Tannenfels, Hainrich von Wigoltingen,
Hainrich von Kurkad, N. von Sulkberg, alle Domberren zu Goftenz; Berchtold,
Graf zum Hailigenberg, Ghorberr zu Goftenz in Sant Jobannsfirhen, Berchtold
von Lügeliietten, Maifter Konrad, genannt Piefferhart, ein Priefter; Albrecht von
Gaftel, Ritter, Rudolf und Walther Jöchler, Gebrüder und Bürger zu Coſtenz.
2 In dem Beflätigungsbriefe erfcheinen, außer ben Obgenannten, Maijter
Walther von Schafibufen, Maifter Jakob von Zürih, Maifter Konrad von
St. Rupert und Maifter Ulrich Unterfchopf als Zeugen. Urk. Nr. 1 u. 2.
’ Val. über ibn Diöc.-Archiv VII, 211. Anm, d. Red.
+ Na ber Urkunde Nr. 7.
231
und Gottes Allmaht und Liebe bewundern. Wirklich wird bei ber
Egge auch ſchon jehr früh für dieſe Gegend (nämlich 1484) eines
„Baumgärttles“ erwähnt. Auch anderer Thätigfeit de3 frommen Wald:
bruders gedenft ein fröhlicher Meiiterfinger:
Als Heinrih Fink von Lichtenſtein Es regnete, jo Tag, mie Nacht,
Zur Egg emporgeitiegen, Bier Moden ganz abſcheulich.
Sah er im gold’nen Sonnenſchein Doch unſer Fink von Lichtenftein,
Die Alpen vor ſich liegen. Der ließ die Waſſer laufen
Da ſprach er: „Halt, das iſt ein Platz, Und lachte: „Auf dem Heilgenberg,
Zum Heile zu gelangen; Da kann ich nicht verſaufen.
Dem Himmel nah' kann ich bereu'n, Die Küche, die iſt wohlbeſtellt,
Was Sünde ich begangen.“ Gefüllt iſt auch ber Keller.
Er ſchaffte Holz und Steine bei, Da oben wart’ ich's ruhig ab,
Griff felbft auch zu ber Kelle, Bis daß der Himmel heller!“
Hat fleißig ringsum terminirt D guter Fink von Lichtenflein,
Und baute bie Kapelle. Auch wir find eingemwäjlert,
Als dann bie Herbftzeit fam heran, Dein Troft ber jen auch unfer Troft,
Da warb ber Himmel gräufic; Bis fih die Sache beflert.
Nicht übel, lieber Meifterfinger! Nur Schade, daß Bruder Hein:
rich Fink, der Erbauer der Eggfapelle, und Bruder Heinrih von
Lichtenstein, der zweite Eggbruder, verfchiedene Perjonen find. Auch
dürfte die Küche eined Einſiedlers, der früher „Ritter” war, doch nur
jehr befcheiden bejtellt gemejen fein! Suppe aus Bucenlaub und ges
trodneter Brei, den fie Brod nannten, waren zu jener Zeit noch
Lederbiffen, mit denen die Salemer Mönde ihren Hunger ftillten.
Man mwähne nicht, daß allzeit im deutſchen Reiche die Frömmigkeit
vom Bierfefjel und Weinfajje ungertrennlih, und Falten und
Beten und Seligwerden in einfamer Zelle immer und überall fitten-
und polizeimidrig geweſen! Heutzutage, ja! Darum werden mehr
Wirthshäuſer als Einfiedeleien und Klöfter gebaut. Doc aber
morgen iſt's auf der runden Welt vielleicht wieder anderd. Gott er—
halte dich!
In der Zimmernfhen Chronik fteht geichrieben: „Das waißt man
wohl, dat er (Graf Bertold von Heiligenberg) vor feinem Abjterben
ain Eremitage am Hailigenberg gebauen ſammt ainer Kirchen, genannt
in der Ed. Darin mohnet jtet3 ein Frater von Salmensmweil; der
bat auch jein Underhaltung daſelbs. Wie aber bald hernad Graf
Berhtolden feine Kinder mit Todt abgangen, dadurch er verurſacht, bie
Grafihaft denen von Werdenberg zu verkaufen, dag ift wegen Länge
ber Zeit in ain' Vergeß fommen. In der Kirchen ift dijer let? Graf
vom Hailigenberg begraben, Gott jey jm gnädig.“
Bermeintlih ift an der Ede der Altaritufe auf der Evangelienfeite
biefer Begräbnißplak gefunden. In Wahrheit aber ruht der leßte
232
Bertold von Heiligenberg, der 1276 den Verkauf feiner Grafſchaft
abſchloß, in Chur, wo er Biihof war und am 17. Januar 1298 verſtarb.
Als Biſchof Ptolemäus die Eggfapelle einmweihte, madte Bruder
Heinrich bei der Opferung in der heiligen Mefje an feine Stiftung eine
bedeutende Schenfung. Es Hatte nämlich Graf Bertold von Heiligenberg
im nahbarliden Dorfe Beuren am „Gaißmarkt“ (heute die Häufer:
veihe vom Schulhauje gegen Norden) einen Hof, genannt „Pflegelinshof“.
Konrad von Andelfingen (bei Riedlingen) trug denfelben von ihm zu
Lehen. Aber Heinrich Faufte diefen Hof, löste mit 161, Mark
Silber (etwa 83 Gulden) die Lehenshaft ab und brachte den Hof der
Eggkapelle zum Weihopfer ?.
Diejes Pflegelinsgut in Beuren fam von der Egg durch das Stift
Salem al3 Lehen an einen gewijjen Speflin und im 15. Jahr:
hundert an Hanns Haine Als diejer jtarb, wurde der Hof von
Peter Pfiiter, der dem Vorgänger das „Ejjen und Trinken nad
Notdurft gereicht” (was ein Leibgeding bezeichnet), als Erblehen an-
geiprocdhen. Doc aber, da3 Landgericht zu Beuren entjchied im Jahre
1481, daß das Gut an die Egg heimfalle und das Lehen erlojchen jei.
Am Gerichte waren erſchienen im Namen des Stiftes der Convent—
herr Gebhart Maurer ald Verweſer der Eggfapelle eines: und der
Bauer Pfijter als Beklagter anderntheild. Der Erjtere legte gegen die
Behauptung de Lebteren eine Urkunde vor, melde e3 Klar enthielt,
daß dag jtreitige Hofgut der Kapelle „zu Eigenthum“ gegeben worden.
Hiernah fiel das vom Freilandrichte Hanns Tyringer verkündete
Urtheil ? dahin aus: „Nachdem der Pfijter nichts Anderes, ala Worte
dargethan, jo falle das Gut als ledig an die Eggkapelle zurück.“
Peter Pfiſter mußte ſich alſo mit dem Prleglingshofe auf's Neue
belehnen lajjen. Sein Nachfolger in diejem Lehen war Claus Nonnen:
macher. Derfelbe entrichtete jährlih auf Martini an die Eggkapelle
16 Schilling Pfennige und auf Oſtern 40 Eier. Er jollte vertrag?
mäßig ein Haus auf dieſes Lehengut bauen; dba er aber durch böje
Zeiten am Bau verhindert wurde, jo Hagte der damalige Eggbruder
Hanns Henfel im Jahre 1519 auf Nichterfüllung der Lehenpflicht.
Der Nonnenmader mit jeinem Anwalt Kleck und der gegnerijche
Anwalt Jakob Zinsmaier erſchienen ſofort vor dem Gerichte zu
Beuren; aber erjt in zweiter Verhandlung wurde nad Klage, Antwort,
ı Laut ber Urfunde Nr. 3.
2 Melches bie Urkunde Nr. 7 enthält.
3 Im Jahre 1562 ftürzte ein Veit Zinsmaier, fürftend. Hauptmann auf
Heiligenberg, in beraufchtem Zuftand fammt feinem Pferde über die Felſen hinter ber
Egg und farb an diefem alle.
233
Rede, Widerrede und Verhörung der eingelegten Briefe entichieden, daß
der Beklagte innerhalb Jahresfriſt auf jein Lehengut ein Haus zu
bauen habe!. So finden wir bei diejen mittelalterlihen Gerichtsfigungen
neben Richtern, Schöffen, Klägern und Angeklagten auch das gejährliche
Geichleht der Advocaten; finden Anklage, Zeugenverhör und Vers:
theidigung und zweifeln nicht, daß dabei bisweilen Verbrehungen vor:
gefommen, wie heutzutage, nur waren biejelben in der „Finſterniß des
Mittelalters“ weniger greifbar!
Bei der Einweihung der Eggfapelle hatte auch Heinrich Cott—
mann einen Acer in Bächen und Burkard Sutor einen jolden in
Beuren an ben frommen Einſiedler und jeine jtille Clauſe vermadt ?.
Das Einfommen vom Pfleglingshofe und von diejen Gütern mochte
wohl hinreidhen, einen einſchichtigen Waldbruder zu erhalten, und jo ver:
lebte Bruder Heinrich beinahe 67 Jahre in feiner bejcheidenen Hütte
beim Kirchlein in der Egg.
Daß aber Nittersleute, melde auf gemwappnetem Roſſe den
Schild und Speer geführt, ihres glänzenden Handwerks müde, aus der
lauten Welt gejhieden und ſich als Waldbrüder in die Einjamkeit
vergraben, um allein nod dem Himmel zu leben, dad war damals
häufig der all und zumeilen in vermunderlicher Weile. Man erinnere
ih nur des Ritters Berchtold von Ofteringen, welder den glänzenden
Dienit König Rudolfs von Haböburg verließ und als Laienbruder
bes Franciskaner-Ordens in einer Waldelauſe des Argaues jein Leben
beihloß °.
Nachdem Bruder Heinrich gegen 90 Jahre alt und jehr gebred):
lid geworden, verließ der Lebensmüde feine Clauje und begab jih um
1323 nad Salem und entjchlief dafelbjt im Rufe der Heiligkeit. Als
Nahmejer in der Egg folgten ihm 1323 Heinrich von Lichtenitein,
1361 Jakob Jöcher, 1481 Gebhard Maurer und 1519 Hanns Heniel.
1 Nach ber Urfunde Nr. 4,
2 Raut ber Urfunbe Nr. 3.
3 jiber diefen merfwürbigen Mann, welcher ein ſprechendes Beifpiel davon lieferte,
wie fehr jener fromme Geift ber Gottesfreunde alle tieferen und edleren Gemütber
zu ergreifen pflegte, ift in Babers Babenia IV, 186 alles Geſchichtliche geſammelt.
Den Söhnen des 19. Jahrhunderts kommt es freilich ſchwer an, fih in Seelen:
zuftände bineinzudenfen, wie fie bamals bei einem großen Theile ber Bevölkerungen
berrihend geweien. Wer fih aber mit ben Schriften der Myſtiker eingehend be:
ſchäftigt, dem ergreift e8 im ähnlicher Weife, und er fühlt immer Iebhafter, daß fie
etwas geheimnigvoll nah einer höheren Welt fih Sehnendes in feinem Innern
erwedten, was bisher jcheintodt darin gefchlummer.. Der Menſch müßte ein be=
dauernswertbes Geſchöpf fein, wenn diefe Sehnſucht nichts anderes wäre, als ein
Spiel feiner Phantaſie. Anm. d. Reb.
234
Der Erijtere begabte bei jeinem Antritt die Eggkapelle mit bem
mannlehenbaren Ludwigsgute zu Echbeck bei Heiligenberg, welches er
um 10 Pfund Pfenninge (etwa 18 Gulden) vom Lehensheren, dem
Reihsdienitmanne Rudolf von Andel3hofen, erfauft hattet. Diejes
Gut erhielt jofort Paul Roth zu Lehen, und von demjelben ging e3
1493 an jJeinen Schwager Michael Miller über, mwelder davon
12 Biertel Veſen, ebenjoviel Haber, 12 Scilling-Pfenninge, 50 Eier
und 4 Hühner jährlichen Zinſes entrichtete 2,
Im Jahre 1325 verkaufte der Edelfneht Conrad Hug, Wappen:
träger auf Heiligenberg, für die Eggkapelle 3 Jauchert Ackerfeld bei
Nähjenried (Benennung einer nahegelegenen Kälbermeide) zwiſchen
dem Walde Hohenjtein und dem Krautader von Staygen, einem Gehöfte
am Fuße de3 Berges, an Salem, weldes hiefür 3 Pfund Pfenninge
bezahlte. Den Kauf aber bezeugten Ulrich Ungereht, die Müller
Göring von Straß bei Pfullendorf, Heinrich Meifter von Bähjen-
vied, Bruder Heinrih von Membliswiler und Bruder Heinrid
Rohſeler 3.
Dad Armenſpital an der Rheinbrücke zu Conftanz durfte aud)
Pründner aufnehmen. Unter diefen war ein Mohlthäter der Egg,
Peter von Sulgen. Derjelbe vermadte 1361 für das Kirchlein in
die Hände des Eggbruders Jakob einen Ader in Staygen (Nr. 4).
Im Jahre 1362 jtiftete der Amtmann Schmeltle von Heiligenberg
an das ewige Licht der Egg ein Jauchert Acerfeld, das, über der Egg
gelegen, an die Stiege grenzte, welche damals, wie heute, „us der Egge
an den Weg gen Bettenbrunnen“ gegangen, die jetige Jakobsleiter!
Diejes Feld, das einen jährlichen Recognitionszins von einem halben
Piunde Wachs trug, wurde 1484 von Graf Ulrid von Werbenberg
gegen anderes umgewedjelt, daß am „Baumgarttle” bei der Egg ges
legen war ®. |
So fam durd) die Waldclaufe Egg eine ziemliche Gütermenge nad)
und nach an Salem in die „todte Hand“, Doc diejelbe jtreute durch
Sahrhunderte Hin Segen aus unter da3 arme Voll, Salem jpendete
in drei Monaten des Jahres 1634 über 20,000 Almojen. Die „lebende
Hand” von heute — bejchnittene und getaufte Juden aber benügen ihr
Leben nur dazu, das arme Volk augzubeuten und zu quälen, und mit
gleignerijcher Nede ihre Schandthaten an Bauern und Bürgern zuzubeden.
ı Nah Inhalt der Urkunde Nr. 5.
? Laut den Urkunden Nr. 8 und 9.
3 Wie die Urfunden Rr. 15 und 17 barthun.
+ Alles nach den Urfunden Nr. 6 und 14.
235
Mie die Grafen von SHeiligenberg, fo zeigten fi auch deren Nach—
folger, die Grafen von Werdenberg, der Einfiebelei in der Egg jehr
günftig. Sie waren es ja, welche dem Bruder Heinrich die Schenfung
jeiner Claufe an Salem gejtatteten; fie waren es, melde die Egg—
brüder reichlich unterjtüßten,, ihnen den Weidgang für 3 Stüd Vieh,
wie Brennholz und Anderes bemilligten, und dafür nur verlangten, daß
von den „Eggherren” wöchentlich in der Schloßfapelle eine Mefje ge:
lejen werde. Die Grafen von Fürftenberg traten in die Fußftapfen
der Werbenberger. Graf Joachim gab die Erlaubnik zur Weide von
fünf Stüden Vieh und eined Kalbes, ebenjo zum Sclage von Brenn:
holz nad Nothdurft. Nur jollte am Dienjtag oder Samjtag in
Heiligenberg eine Wochenmeſſe gelefen werden, wenn nicht tiefer
Schnee oder dergleichen den Weg verjperre.
Aber die Eggherren waren meijt alt und gebrechlich; auch Hatten
fie um diefe Zeit aus dem vornehmen NReichsftifte Salem ſchon theils
weiſe den Geift mweichliher Bequemlichkeit mitgebradht, und zu alledem
mehrten die verjchiedenen Güter der Kapelle die Sorge um das Zeitliche.
Es ift darnach begreiflih, daß die Meſſe auf Heiligenberg den Ein:
fiedlern eine Laſt war, von welcher ſich diejelben oft und gerne dispen—
firten. Aus dieſen und vielen anderen Gründen entjtund zwijchen
Salem und Heiligenberg ein Streit, der endlich 1637 zu Über:
lingen mit einem Vergleiche ſchloß. Darnad war der „Maier in der
Egg“ beredtigt, vier Stüde Hornvieh und ein Schwein zu halten und
acht bi zehn Klafter buchenes und tannenes Holz zu beziehen, und follte
jonjt wie ein Heiligenbergijher Unterthan gehalten fein.
Eo wurde die gottgeweihte Egg eine jalemijche Meiereil Wer das
nicht weiß, Könnte leicht zur Meinung fommen, die Einflüffe der Nefor:
mation hätten ſich auch in der jtillen Walbelaufe geltend gemacht und dem
„Bruder“ eine „Schmwejter” zugeführt. Denn 1680 mohnte in der Egg
neben Jakob Schneeberger eine Anna Burghofer, und jofort erjcheinen da=
jelbit 1684 als Meier Michael Heudorf mit Anna Maria Schurtenberger,
1686 Markus Kriß mit Anna M. Schurtenberger, 1687 Franz Schurtene
berger mit Anna Egger, 1697 Midael Henngartner mit Katharina
Neffin, 1701 Adam Mayer mit Katharina Wezel, 1710 Sohannes
Degen und Elifabeth Hoffmann, 1715 Joſeph Kolb und Agatha Dältichler,
1741 Anton Kopf und Anna Maria Kufter, 1768 Conrad Fröhlich und
Agnes Roh und 1783 Ferdinand Koh und Maria Anna Müller,
4 Unter Abt Stephan von Salem (1698 bis 1725) erhielt der penfionirte
Stallmeifter Wolfgang Paſſauer die Egg an Penfionsftatt auf lebenslang, fcheint
aber nie bort gewohnt zu haben.
236
Der Lebtere war es, welder die Egg, wohin Abt Robert von
Salem nod 1782 ein Glödlein ftiftete, fich zu eigen machte und an
feinen Sohn Anton vererbte, den man in ber ganzen Gegend nur unter
dem Namen „ber Egger” fannte Schade, daß diefer Egger und jeine
gleich komiſche Gattin fterben mußten; ihr jeltfam Weſen taugte jo ganz
in die Waldeinfamfeit! Koch aber verfaufte am 25. Augujt 1844 fein
Heim um 4200 Gulden an ben Fürſten Karl Egon zu Fürjtenberg,
und dichtete jeiner hohen Herrihaft noch manch’ lächerige Neimerei, bis
er jih 1870 endlich unter den Grabjtein legte, welden er, wie auch
jeine Grabrede, längjt jich jelber geitiftet hatte.
Seit 1844 ift die Egg demnad Fürjtenbergifh, und gehört feit
dem 14. Juli 1812 zur Pfarre Röhrenbach. Mögen aud von Finks
„ſchnödem Hüsle“ umd feiner Kapelle kaum wenige Überreſte mehr er:
halten jein, immerhin hat die Leßtere nad dem Urtheil Sachkundiger
manches Jahrhundert hinter ſich. Vergangen, verändert jeit 1256 ift
Manches; aber gleich geblieben ijt der ſchöne Ausblick von der heimlichen
Waldecke auf das herrlihde Salem und fein gejegnetes Thal; auf bie
Silbermogen des Sees, denen die Lieblihe Maienau entiteigt; auf
das Schweizerland, wie ed umjäumt it vom Grün herrlicher Ge—
filde und gekrönt mit der gewaltigen, eisſtarrenden Alpenkrone. Was
einjt die Seele eined reuigen Ritters zu Gott erhoben, das entzückt
nod heute ein jeglihe® Menſchenkind — ein großartiges, unendlich
zauberijches Landſchaftsbild!
Ein Schreiben
de3
GardinalsErzbiihofs von Mailand
Karl Borromäus
an
Propſt und Kapitel in Zurzach,
die Zurüdführung der Einwohner zu Kadelburg zur katholiſchen Kirche
betreffend.
Mitgetheilt von
3. Huber,
Stiftepropft in Zurzach.
Dorberidt.
Das Verſtändniß de interefjanten Actenſtückes jett die Kenntniß
ber Beziehungen voraus, in denen dag Gollegiatjtift zur Hl. Verena in
Zurzad vormald zum Dorfe Kabdelburg gejtanden. Unjer Bor:
bericht wird fi demnad mit einem furzen Nücdblide auf die kirchliche
und politiihe Geihichte bejagten Dorfes und deſſen VBerhältnifje zum
Berenaftifte Zurzach befafjen !.
Kadelburg, ein am rechtieitigen Ufer des Rheines im Amte
Waldshut, der alten Burgruine Küfjenberg und dem ehemals jo be-
rühmten Marftfleden Zurzach gegenüber freundlich gelegene Dorf mit
fait 480 reformirten und 326 katholiſchen Einwohnern, war jeit alten
Zeiten mit dem Stifte Zurzad in mehrfacher Beziehung verbunden.
Einmal war dieje Ortichaft jeit den ältejten, urkundlich nicht genau
zu bejtimmenden Zeiten ber Stiftspfarrei Zurzach kirchlich zugetheilt.
An der dortigen, durch namhafte Beiträge jeitens der Stiftäherren zu
St. Verena-Zurzach allmählich dotirten Kapelle zum hl. Martin wurde
jpäter von Biſchof Franz Konrad von Conſtanz, mit Decret vom
26. September 1774, nad) dem ihm vom Stijtöfapitel eingereichten Ent:
wurfe eine Kaplanei mit Reſidenz in Zurzacd errichtet. Die Obliegen:
beiten des DBeneficiaten find im Stiftsconeluſum vom 12. Augujt 1775
und in ber bijchöflihen Beitätigungsurfunde vom 26. Augujt gleichen
Sahres ausführlih enthalten. Vom alternativen Wahlrechte Gebraud)
madhend, wählte der Biſchof am 1. Dectober 1775 als erſten Kaplan
der neuerrichteten Pfründe einen Frz. Joſef Schider von Baar, Canton
Zug. Im Sabre 1803 drang die Schwarzenbergiihe Negierung in
Thiengen auf eine jelbitändige Seeljorge in Kadelburg. Die darüber
1 Belfanntlih ift das altehrwürbige, von Biſchof Rudolf III von Gonftanz aus
der zerfallenen Benebiftinerabtei im Jahre 1279 in ein Gollegiatftift umgewanbelte,
wohlthätig wirkende Priefterafyl ben 17. Mai 1876 durch Mebrheitsbeihluß des
Großen Raths in Aarau aufgehoben worden.
240
gepflogenen Unterhandlungen mit dem Stifte Zurzach, als Zehntherren
des Ortes, dauerten bis 1809. Im Verlaufe derjelben begnügte ſich
aber die Schwarzenbergifhe Regierung jhon nicht mehr mit der bloßen
Überfiedelung des in Zurzach refidirenden Kaplans nad Kabelburg, fie
verlangte eine eigene, vom Stifte unabhängige, aber von ihm ald Deci-
mator zu botirende Pfarrei. Im berrichaftliden Schlofje zu Thiengen
wurde den 27. October 1807 die Angelegenheit zum Abſchluſſe gebradtt.
Der dem Projecte überauß günjtige Bisthumsverweier v. Weſſenberg
beitätigte da3 bezügliche Verhandlungsprotocoll und erhob mit Erlaß
vom 27. April 1809 die Kaplanei zu Kadelburg zur Pfarrei. Die
durch beträchtliche Stiftsjubfidien neuerjtellte Pfarrkirche daſelbſt wurde
am Donnerstag den 9. Mat 1833 von dem Weihbifchof v. Vicari, dem
nachmaligen Erzbiſchof von Freiburg, zur Ehre des heiligen Biſchof Mar—
tinus feierlih eingeweiht. Die neue Pfarrei ward dem Landfapitel
Kleggau einverleibt.
Wie in Firdlicher, jo war Kadelburg auch in politischer Beziehung
mit dem Stifte Zurzach verbunden. Dft wechjelte Kadelburg, wie ber
Kleggau überhaupt, zu welchem es gehörte, feine Beſitzer. Kelten,
Römer, Alemannen und Franken waren die mwechjelnden Herren. Nach
dem Tode Erchangers, des letzten fränkischen Landgrafen im Kleggan
(912), fiel die ganze Gegend unter dem Namen einer Randgrafihait an
die begüterten Grafen von Habsburg, und nah der Spaltung des
Habsburgiihen Hauſes (um 1230) an die jüngere Habsburg-Laufen—
burger Linie. Am 18. Mai 1408 ftarb Graf Johann IV, der Lette
des Hauſes Habsburg:Laufenburg, und hinterließ eine Erbtochter, Urjula
mit Namen, welde, mit dem Grafen Rudolf von Sulz (geb. 1418)
vermählt, die Landgrafihaft Kleggau nebſt der Herrihaft Krenkingen
und Rothenburg an das gräflich julzische Haus brachte. Nach dem Tode
des lebten julziihen Grafen Johann Ludwig (21. Auguit 1687) kam
die Landgrafihaft an feine ältejte Tochter M. Anna, welche feit 1674
mit dem öſterreichiſchen Fürften Ferdinand von Schwarzenberg ver:
mählt war. Der Kleggau, ſchon jeit 1430 zu einem öjterreichiichen
Lehen erklärt, wurde aus einem Mannslehen ein Kunfellehen, und zu
einer gefürjteten Landgrafihaft mit Sit und Stimme auf der Fürften-
bank des ſchwäbiſchen Kreifes erhoben. Regierungsſitz war Thiengen.
Im Sabre 1812 ging der Kleggau an Baden über.
Kadelburg insbejondere betreffend, jo kamen 876 Gotsberts Be:
jigungen in Kadoltesburg (Kadolzburg) an Rheinau, bald darauf, unter
Karl dem Diden, andere an die Neihenau. Auch die Herren von
Klingen bejaßen hier Güter, bie fie aber an das Kloiter St. Blafien
vertaufchten. Vom Jahre 1416 an werden in den Urkunden ala Herren
241
von Kadelburg nad einander genannt: Konrad von Teyningen, Heinrich
von Rümlang, Albrecht Merler von Schaffhauſen, Edelfnecht des Johann
von Rojened (1450). Am Freitag nad St. Bartholomäus (27. Augujt)
1451 verkaufte Albrecht Merler unter Zuftimmung feiner mit Klinhans
MWigemann verehelihten Schmweiter Elsbeth dem Stifte St. Verena
Zurzach um 575 rhein. Gulden jein ganzes kadelburgiſches Beſitzthum,
al3: den halben Kelnhof, Gericht, Zwing und Bann ganz, Holz, Feld,
Wunn und Weid, Vogtſteuer mit aller Gemwaltfame, Rechten und Zu—
behörden, den vierten Theil an dortiger Nheinfähre, den Weinberg im
See mit Trotte, die Wieje im Bruggbad u. |. w.
Bon diefer Zeit an gehörte bie niedere Gerichtäbarkeit zu Stadel:
burg dem EChorherrenitift Zurzad) ; die höhere war dem gräflich Sulziſchen,
ipäter dem fürftlihd Schwarzenbergiihen Dberamte Thiengen zujtändig.
Bor jener Inſtanz wurden alle Bolizeifälle, vor diefer alle den Belang
von 10 Pfund überjteigenden Klage: und Criminalfälle abgeurtheilt.
Geriethen aber dieſe beiden Gemwalten entweder untereinander oder mit
ihren Eigenleuten in Conflikt, was eben nicht jelten geihah, jo fehlte
ihnen zujammen der amtlide Vermittler. Dieß entiprang aus ihrer
verſchiedenartigen politiihen Lage. Denn das gräfliche Obergericht jtand
unter dem Reiche, erkannte aljo das Urtheil des jchmweizerifchen Land:
vogted und Syndikates zu Baden nicht an und ließ ſich vom Nieder:
gericht des Stifte Zurzach niemal3 vor dieje Appellationsinſtanz laden;
gleihwie es dieſem Niedergerichte, ald auf Schweizergebiete jehhaft,
ebenfo verwehrt blieb, feinem beutjchen Gegner vor das Tribunal des
Neihskammergerichted zu folgen. Das führte zu den unerquiclichiten
Miphelligkeiten und Verdrießlichkeiten, denen die Greignijje bed Jahres
1803 ein plößliche® Ende machten. Kadelburg kam an die fürftlidh
Schwarzenbergijche Regierung und wurde von diefer 1812 käuflich an's
Großherzogthum Baden überlafjen !.
Eine der ſchwierigſten, das Band des Friedens und der Eintracht
zwiſchen Kadelburg und Stift Zurzach lockernden Perioden bildete eben
die Zeit der Kirhenjpaltung im Anfange des 16. Jahrhunderts. Wäh—
rend die Bewegung, von Dr. Balthajar Hubmaier angefaht und ge—
leitet, in Waldshut (1524) und in der gräflic Sulziſchen Landgraf:
ihaft (unteres Kleggau) immer weiter um fi griff und in offenen
Aufruhr gegen die Landesregierung außlief: da war es Graf Rudoif
von Sulz, eine ernjte Förnige Natur, der am Samjtag nad) Allerheiligen
ı Bol. meine Schrift: „Des Stifts Zurzach niebere Gerichtäherrlichfeit in Kabel:
burg, vom Sabre 1451—1803, nad) 57 Urkunden dargeftellt,“ in ber Zeitichr. Ar:
govia IV, 1—162.
Archiv. XI. 16
242
(4. November) 1525 in der entjeßlichen Meßelei bei Grießen ber auf:
rührerifhen Bauernmwirthihaft und Glaubendneuerung auf jeinem Gebiete
ein Ende machte. Dagegen loderte im oberen (ſchweizeriſchen) Kleggau
und in ber alten Grafjchaft Baden, jowie in den biſchöflich conjtanzischen
Ämtern Klingnau, Kaiferftuhl und Zurzach, das von Zürich aus an-
gelegte und unterhaltene Nevolutionsfeuer in hellen Flammen.
An Zurzah wurde am Sonntag nad St. Gallus (17. October)
1529 mit Stimmenmehrheit bejhlofjen, zur Zwingliſchen Lehre über:
zutreten. Sofort wurde die Stiftäfirhe jammt dem Grabmale der
hl. Verena profanirt. Dem Vandalismus der Neuerer war nichts mehr
heilig genug. Es war eine wüſte, rohe Zeit, dieſe Zeit der neuen
Glaubenzftiftung. Die Stiftöherren in Zurzach wanderten in’3 Eril,
indejjen ein Diener des „lautern Evangelii” in Zurzad und in ben
verwüſteten Kirchen functionirte.
An al’ diefen Vorgängen in Zurzach betheiligte fich lebhaft auch
das ſtiftiſche Prarrfilial Kadelburg. Obgleich es mit Stimmenmehrheit
beſchloſſen hatte, beim fatholiihen Glauben zu verharren, jo vermochte
eö ber Verſuchung doch nicht zu widerjtehen und nahm die Zmingli’jche
Lehre an. Heinrich Küfjenbergd Chronik bejagt über Kadelburgs Abfall
wörtlih: „Zu Kabelburg wurde damals bey gehaltener Gemeindt umb
1 Mann des Mehr bei dem alten catholiihen Glauben zu verbleiben
underbrocden, ohnangejehen fie zuvor den Chorherren verjprocdhen bey
ihrer Treum, beym alten catholiihen Glauben zu verharren: aljo wiewohl
unberbejjen Fr. Hr. Heinrid Oftinger, Gantor des Stifts Zurzach ohn—
gefähr bey 13 mal noch gepredigt hatte zu Kabelburg, hat fich doch mit
der Zeit bald ein anderes bajelbit ereignet.”
Der Kappeler Krieg (11. October 1531), in welchem Ulr. Zwingli
dad Zürcher Banner getragen, machte den traurigen, von der Gtaatd-
gewalt großgezogenen und gehätichelten Religionswirren ein Ende, und
ermöglichte den DBertriebenen und zum Glaubendmwechjel gewaltiam Ge:
nöthigten die Nückkehr zu Eigentbum und Glauben? Die Art und
Weije, wie gewijje, der Glaubensneuerung zugethbane Regierungen nach
der unjeligen Nechtätheorie: „cujus regio, illius religio“ katholiſch ge-
bliebene Unterthanen zum Glaubendabfall oder zur Auswanderung
nöthigten, legten auch dem Stifte Zurzad den Verſuch nahe, die re:
formirt gebliebenen Kabelburger zu demjenigen Glauben zurüdzuführen,
ı Mol. Archiv der fchweizer. Neformationsgefchichte III, 433.
! Über die Reformation in Zurzach und Umgegend vgl. meine „Geſchichte bes
Stiftes Zurzach“ S. 74—105, „Urkunden des Stiftes Zurzah“ 420—425. Archiv
für fchweizerijche Reformationsgefchichte II, 533—536; III, 411—462.
243
zu dem fich ſowohl ber niedere als der höhere Gerichtäherr (auf jchmei-
zeriihem und beutfchem Gebiete) befennen. Das Stift erjucht mit
Schreiben vom Dienftag nad) Judica (13. März) 1554 die fünf fatho:
lichen Orte um ihre dießfällige Mitwirfung. Die Angelegenheit kömmt
in der eidgenöffiihen Tagſatzung zu Baden, am 28. Juli 1554, in Bes
rathung und ed wird zu Recht erkannt: „Stift Zurzad und Gemeinde
Kabelburg bleiben bei ihren mohlerworbenen Nechten und Freiheiten, die
rejormirten Kabelburger bei ihrem neuangenommenen Glauben.“
Damit mar die Sade erledigt und jeder weitere Verſuch des
Stiftes, bie übergetretenen Kadelburger mit Hülfe der Staatsgewalt
zur Einheit der Kirche zurüczuführen, fruchtlos und unftatthaft.
Vorausgeſetzt, daß alle dieje Verhältniffe zwiſchen Stift Zurzach
und Gemeinde Kadelburg dem Hl. Karl Borromäus ala päpjtlichem
Bifitator der Kirchen im Schweizerlande nit unbekannt geblieben fein
fonnten, dürfte denn doch die Zumuthung des ebenfo klugen und ge:
Ihäft3gewandten, als um das Heil der Seelen bejorgten Bifchof3 an
das Stift Zurzach, die Kadelburger Reformirten wieder zur Einheit der
Kirche zurüczuführen, etwas befvemden. Wenn man aber annimmt und
nothmwendig annehmen muß, jelbjt nach dem Wortlaute des Schreibens,
daß der Hl. Karl Borromäus von einer mit Gewalt, mit Hilfe des
Staates erzmungenen Belehrung der Kabelburger nichts wiſſen will,
wohl aber von einer durch Wort und Beijpiel der Stiftäherren zu er:
zielenden Wiedervereinigung mit der Mutterfiche, jo ift der ganze
Tenor des Screibend, voll des väterlihen Ernſtes und Ermahnens
jomwie der Liebe und Sorge, mehr als gerechtfertigt. Denn wenn man
weiß, mie jehr die damaligen Chorherren zu St. Verena: Zurzah an
den Gebreden und Schwachheiten und Sünden ihrer Zeit litten und
barnieberlagen 1, jo durften fie wohl mit Recht ber Sorglofigfeit (in-
euria) und der Miturjahe am Abfall der Kadelburger beſchuldigt und
zugleich aufgeforbert werden, fich jelbjt zu reformiren und dann durch
Lehre und heiligen Wandel die Verirrten auf den Weg bes Heiles
zurüdzuführen.
Propit Ludwig Edlibad) hat, wie er am 2. September 1584 dem
Junker Heinrich Fledenftein, Schultheiß in Luzern, berichtet, die Zu:
ſchrift des Cardinals ermwiebert und das Concept dem Schultheiß mit:
getheilt.. Das lateiniſche Schriftſtück jucht beitmöglidjt den Vorwurf
ı Bol, Zeitichrift für bie Gefhichte des Oberrheins, 25. Bd. (Über ben Bildungs:
und Sittenzuſtand des Fatholiihen Klerus im Aargau im 16. Jahrhundert); ber Ges
Ihichtsfreund bes Vzörtigen biftorifchen Vereins 28. Bd. S. 48—179. Eidgenöſſiſche
Abfchiede IV. Bd. Abth. 2. ©. 1104 ff.
16*
244
der Sorglofigfeit vom Stifte abzumälzen und an der Hand eidgenöffischer
Abſchiede die Unftatthaftigkeit weiterer Belehrungsverjude an den Kabel:
burgern nachzumweijen. Anderes läßt da3 Antwortſchreiben unberührt.
Hat der Cardinal mit feiner Zuſchrift an das Stift Zurzach am
Stand der Dinge au nicht? geändert, jo wurde das Actenftück gleich:
wohl bis heute jorgfältigjt im Stiftsarchive aufbewahrt ald Unterpfand
der Hirtenjorge eines der größten und einflußreichiten Kirchenreformatoren
jeiner Zeit, al fortwährender Mahnruf des großen Heiligen an Sabel-
burg, in der von Gott gejtifteten heiligen Mutterfirde das Heil zu
ſuchen. Das Schreiben gewinnt auch injofern an Bedeutung, als e3
nur ſechs Monate vor dem Mbiterben des heiligen Mannes (4. No—
vember 1584) außgefertigt worden ijt.
Admodum reverende Praeposite.
In hoc apostolicae visitationis munere, quod Pont. Max. pro
sua paterna charitate erga inclitam gentem Helvetiorum, mihi
iniunxit, illud mihi in primis curandum esse duxi, ut fides catho-
lica, ubi floret conservetur; ubi collapsa est, in pristinam digni-
tatem restituatur. Cum igitur renunciatum mihi sit, incolas
Casalburgi, vestrae iurisdictionis, magna ex parte, catholica reli-
gione repudiata, teterrimarum haeresum contagione infectos esse,
offieii mei esse duxi, A. (Amplitudinem) tuam monere, ne hanc
tantam labem sibi atque isti insigni Collegio aspergi velit, non
enim, sine gravi negligentiae nota, audiri potest, gentem juri
curaeque vestrae subjectam, ab avita religione defecisse, et in castra
impietatis transfugisse, et in illis ipsis, nemine revocante, persistere.
Nam Dei opt. Maximi indignationem, atque iram, eiusmodi negli-
gentiae ultricem, hominibus catholicis commemorare supervaca-
neum est. Ut enim nihil est Deo carius, nihil antiquius salute
animarum, pro quibus ipse, quasi optimus pastor animam suam
posuit, vitamque profudit; ita nihil ipsi detestabilius est, ani-
marum contemptu, in iis praesertim, quibus aliquam earum curam,
administrationemque iniunxit. Quod si turpe apud homines, fla-
gitiosum apud summum illum iudicem est, populos curae nostrae
concreditos, per incuriam nostram, salva fide, peccare; quid erit
fidem ipsam abjicere et ab ecclesiae catholicae auctoritate disce-
dere? Rei gravitas cogit me paulo longiorem esse in scribendo,
charitatis vestrae fiducia facit, ut hanc ipsam longitudinem minus
necessariam esse sperem. A. T. igitur, quam maxime possum
precor atque obtestor, ut pro eo quanti Dei nomen, et animarum,
nimis magno pretio redemptarum, salutem facit: pro eo etiam,
245
quanti suam atque ipsius inclitae ecclesiae existimationem putat,
ut in Casalburgii incolis in rectam viam revocandis, et ad sedis
apostolicae obedientiam reducendis operam, curam, sollicitudinem
contentionem impendat, rei magnitudini parem. Quod si quid est,
quod & me proficisci possit ad hoc officium conficiendum, libenter
ego omne meum studium omnemque auctoritatem in tam praestanti
officio collocabo.
Bene vale in Domino. Mediolani VI Cal. Junij 1584.
Ai
studiosissimus
C. Car!“ tit. S'* Praxedis.
Admodum R“' Dris Praeposito et Canonieis
Zurzachij.
Schließlich bemerken wir nod, daß die reformirten Einwohner von
Kadelburg mit den übrigen Kirchgenofjen der reformirten Pfarrei Zurzach
die dafige Simultanfirche big 1725 bejucht haben, in welchem Jahre
reformirt Zurzach feine meuerjtellte Kirche beziehen konnte. Hundert
Jahre jpäter geboten kirchliche und territoriale Verhältniſſe eine Ab:
löjung der veformirten Gonfelfionsgenojjen in Kabelburg vom Pfarr:
verbande mit Zurzach und die Erjtellung einer eigenen Pfarrei in Kabel:
burg. Im Sabre 1832 kam fie zu Stande. Das ſchmucke Kirchlein
ſteht auf einer freundlihen Anhöhe (Rothhalde) mit reizender Ausficht
über das Rheinthal.
Über das
Todesjahr des heiligen Trudpert.
Quellen und Hilfsmittel.
1. Vita s. Trudperti, der Gober bes Klofters, abgebrudt bei ben Bollan—
biften, acta Sanctor. III, 424.
2. Vita prior, auctore anonymo, bei Herrgott, geneal. Habsburg. I, 178.
3. Vita altera, Erchanbaldo auctore, wovon vier Hanbichriften, zu
Et. Gallen, Einfiedeln, Bafel und Zwiefalten, vorhanden, ebenbaf. I, 285.
4. Mone, über bie brei vitae, in ber bad. Quellenfamml. I, 17.
5. Greiths Geld. ber altirifchen Kirche, Friedrichs deutſche Kirchengefchichte,
Neugart, episcopat. Constantiensis, Merfs Chronif ıc.
Haft allgemein gilt da3 Jahr 643 ala das Todesjahr des hl. Trud—
pert; im Folgenden wird verjucht, hierfür dad Jahr 607 zur Geltung
zu bringen.
Die erjtere Annahme ſtützt fih auf dad Brevier des Kloiters
St. Trudpert, welches auch in das Conſtanzer und Freiburger Pro:
prium überging (Lectio VI). Dort leſen wir, daß Trudpert mit
eigener Hand und großer Anjtrengung eine Kirche (ecclesiam) in aus:
gezeichneter Form und Größe erbaut habe, deren Einweihung zu Ehren
der Apoitelfüriten durch den Biihof Martin von Conſtanz in feier:
licher Weije gejchehen jei (Lectio V).
Was jagen nun die Geſchichtsquellen hierzu? Der alte Codex
Trudpertinus, mwelder jid im dortigen SKlojter befand und in den
Bollandiften zu lejen ift, nennt kein Todesjahr und ſpricht nur von
einem Bethaufe (oratorium), das aber Trudpert nicht jelbit vollendet,
jondern erit Graf Dtbert nah befien Tode ausgebaut habe. Von
einer Kirchweihe durch Biſchof Martin fagt diefer Codex nichts.
Es gibt noch vier weitere Godices, der von St. Gallen (angeb:
lich faſt 900), der vom Kloſter Zmwiefalten (500), ber von ber
Stadtbibliothek zu Baſel (300 Jahre alt), und der von Straßburg,
welcher erit vor 100 Jahren entdeckt und ala gleich alt mit dem von
St. Gallen geihäßt worden. Alle Codiced find fich in Bezug auf ben
Inhalt ähnlich, benügten demnach diefelben Acten. Der urjprüngliche
Verfafjer berjelben mag Abt Erganbald in ber erjten Hälfte des
9. Jahrhunderts geweſen fein, wie folgende Ranbdverje im codex Trud-
pertinus anbeuten:
Has Erganbaldus Trudperti martyris almi
Praesul post cineres renovando extruxerat aedes,
Tactus amore Dei; venerandos scribere Sancti
Actus non piguit, sed id pro posse peregit.
Aus Beſcheidenheit nennt er in den Acten nie feinen Namen, obige
Berje aber verrathen ihn al3 den Wieberheriteller des Klofjter und den
Verfaſſer der Acten. Sein Gotteshaus wurde gemäß dem Straßburger
250
Codex im Jahre 815 geweiht, aljo um diefe Zeit fertigte er auch
die Acten.
Nun, in all dieſen Codices jteht niht3 von der Ermordung be
Heiligen im Jahre 643, und nichts von einer ſchönen Kirche, die Biſchof
Martin von Conftanz um jene Zeit geweiht hätte Nur ein Bethaus
kommt in dem Coder von St. Trudpert vor, der deßhalb etwas andere
oder mehr Quellen benütt Haben muß. Die Angabe de Breviers
wird demnad) durch die Codices in all diefen Theilen nicht unterjtügt.
Angenommen aber, da die Einweihung eines Oratoriumd durd)
Biihof Martin wirklich jtattgefunden habe, jo müßte das nicht noth-
wendig um 643 gemejen jein; vielleicht wäre e3 jogar unmöglid. Denn
wann, müfjen wir fragen, hat diefer Biſchof, auch Martian genannt,
etwa gelebt?
Das berühmte Diplom des Kaiſers Heinrich I von 1155 bejagt
zwar, daß zur Zeit des Biſchofs Martian der König Dagobert (von
Auſtraſien), der von 625 big 638 regierte, die Grenzen des Bisthums
Conſtanz fejtgeitellt Habe. Friedrid, Neugart, Hefele und andere
neueren Geſchichtsſchreiber“ wollen über dieſe Stelle nichts kommen
laſſen; aber Greith? glaubt diefe Nennung Dagobert3 al3 einen
Gedächtnißfehler de3 kaiſerlichen Notars anjehen, und gegen die neueren
Autoren an dem Umjtande fejthalten zu müflen, daß Biidof Martian
nicht zu Dagobert3 Zeiten, jondern etwas früher gelebt habe.
Als Grund für dieſe Behauptung führt er an, daß die alten
Autoren, die ältejten Gejcichtsquellen und Cataloge den Martian
nad Gaubdentius, der etwa 613 ftarb, und vor Johannes, ber 616
Biihof wurde, in die Reihe jtelen?. Wirklich it von 613 biß 616
eine Yüde, wenn man die alten Cataloge nicht berüdfichtigt; denn 613
wurde die Biſchofswürde durh Herzog Kunzo dem Bl. Galluß ans
geboten, mo derjelbe aber ablehnte, hierauf 616 wiederholt, mo er feinen
Diaton Johannes als Biſchof durchſetzte.
Wer war nun von 613 bis 616 Biſchof? Friedrich jagt: „Der
Sit blieb vacant, indem Gallus die Entſcheidung jo lange Binauszog.“
Greith meint, der Sit jei doch nicht vacant geblieben, denn dieſe drei
Jahre wären einfadh die Zeit, mo Martian regierte, mwelder in den
ältejten Catalogen zwijchen Gaubdentius und Johannes ftehe, und aud)
von ſpäteren Hiltorikern, wie Tſchudi, Metzler, Stipplin, Manliug,
! Val. Friedrich, deutiche Kirchengeſch. II, 555 in ber Anmerf.
2 Geſchichte ber altirifhen Kirche, Bud III, Eapit. 5.
’ Bol. Freib. Diöc.-Archiv VII, 8. Mone, bad. Quellenfamml. I, 303.
Anm. db. Reb.
251
Merk, Bucelin und Mabillon, zwiſchen ihnen angeführt werde (auch in
den Gatalogen theilweife ſchon vor Gaudentiuß). Johannes regierte
dann von 617 bis etwa 642.
Erſt Neugart, Hefele und andere neuere Hiltorifer haben den
Martian nad Johannes aufgeführt. Hat nun alfo Martian von 613
bis 616 das Bisthum verwaltet, jo Hätte er wohl ein von Trud—
pert angefangene? und von Albert vollendetes Bethaus einmweihen
fönnen, auch wenn Erfterer fhon um das Jahr 607 mit Tod ab:
gegangen märe.
Was ift denn aber für ein Anhaltspunkt für das Tobesjahr 6077
Die Antwort gibt und der Codex bed Kloſters Zwiefalten, ber,
hierin abweichend von den anderen Codices, welche davon ſchweigen, in
jeinen erjten Zeilen erzählt, daß der Heilige nad einem dreijährigen
Aufenthalte dahier unter Papſt Bonifaz III und Kaijer Phokas mit
dem Martyrtode gekrönt worden ſei. Bonifaz regierte von 606 bis 607,
Phokas von 602 bis 610; da haben wir aljo da3 Jahr 607!
Warum jollte dieje Angabe nicht auf hiftorijhem Grunde beruhen ?
Bater Bez hat den Eoder jhon 1730 in diefer Beziehung gegen Pater
Hanzig vertheidigt. Daß ihn Pater Herrgott mit diejer Angabe
nit will gelten laſſen, ijt leicht erflärlih, denn er kannte noch nicht
alle Eodice8 und mollte den Dtbert und mit ihm den Trudpert
abjolut in’3 8. Jahrhundert Hinaufjchrauben, weil jeine Codices den
Grafen Rampert, welder mit Erganbald die Kirche wiederhergeftellt,
einen nepos Otberti, einen Enkel nennen, während die anderen Codices
ihn al3 abnepos und pronepos, aljo ald einen weitläufigern Descen—
benten bezeichnen. Wenn Herrgott die Angabe obiger Zeitbejtimmung
einen Gedächtnißfehler des Scribenten nennt, jo it e8 viel glaublicher,
dag ein kaiſerlicher Notar ih in der Perjon des Dagobert, als ein
Geſchichtsſchreiber in der Perſon von Kaiſer und Papſt geirrt habe.
Der lebte Gefchichtsjchreiber des Klojterd St. Trudpert, Pater
Eljener, mwelder 1803 verftarb, hat in feinem Werke auch dad Jahr
607 zu Grunde gelegt und dasſelbe eifrig vertheidigt.
Die Annahme, daß der Heilige Trudpert im Jahre 607 fein
Leben beichloß, löſet auch mande Schwierigkeiten in der Zeitrechnung.
Daß die Einweihung feines Bethaufes durch Bifhof Martian von
Gonjtanz keine Schwierigkeiten mehr habe, wiejen wir oben nad. Dann
ift die Zeit, da der heilige Rupert von Salzburg gelebt, trog aller
Eontroverjen 1, und troß der gelehrten Arbeit Friedrichs noch nicht
endgiltig feitgeitellt.
1 Bol. die Zeitſchr. Sion 1867, ©. 209, 231.
252
Bekanntlich hat man ſich Hierbei oft auf den heiligen Trudpert
bezogen, der nad) ältefter Überlieferung ein Bruber Ruperts gemejen t
und zugleich mit ihm von einer Pilgerreije auß Ron in's Breisgau
gekommen fein und fich dajelbit von ihm getrennt haben joll, während
Rupert den Rhein hinab meiter z0g und Bilhof von Worms murbe,
Ließe ſich nun die Angabe der Bollandijten rechtfertigen, welche den Tob
besjelben auf das Jahr 628 ſetzen, jo fände ſich auch noch darin Unter:
ftügung, daß Trudpert fhon 607 erſchlagen wurde, Rupert aber
ganz gut noch bis 628 gelebt haben Eonnte.
Das Jahr 643 war in der Geſchichte des Gottehaufes St. Trud—
pert jedenfalls von hoher Bedeutung, was und vermuthen läßt, daß in
demjelben jene zweite Beiſetzung des Heiligen ftattgefunden habe, welche
post aliquanta annorum curricula erfolgte, um den Leichnam, welcher
nod unverwejen war, aus dem feuchten Grabe in ein troceneres
zu legen 2,
Damals joll Dtbert nod gelebt haben; wenn er 607 noch jung
war, kann das mohl der Fall gewejen fein. Die Angabe, daß jene
zweite Beifeßung im Jahre 650 ftattfand, ift nicht weiter verbürgt;
die damit gegebene Schwierigkeit, wie damals ſchon presbyteri pagi
illius anmejend fein konnten, [öst fi) aber ganz gut, wenn man ans
nimmt, daß der Heilige 607 ftarb, von wo bis 643 wohl ſchon ein
großer Theil des Breisgaues chriftlich geworden und eine Anzahl
Prieſter gewonnen haben konnte ?,
— —— — —— —
! Der Zwiefalter Eoder ſagt: Cuiusdam ducis filii.
2 Bol. Mone, bad. Quellenfamml. I, 17.
3 Bl. Diöc.:Arhiv VI, 162.
Zur neunten
Säcularfeier des heiligen Konad,
In der alten Biſchofsſtadt Gonjtanz wurde vom 24. November
biß zum 3. December des vorigen Jahres die neunte Säcularfeier des
bl. Konrad, des Patrons unjerer Erzdidceje, in der folennften Weife
begangen.
Durch bejonderes Hirtenjchreiben hatte der hochw. Herr Bisſsthums—
verwejer auch eine allgemeine Feier für die Kirchen der ganzen Didceje
angeordnet.
Eine kürzere Lebensbeſchreibung des Heiligen war ala Feitichrift
erfchienen, gleihfam als hijtoriiche Einleitung auf die Jubelfeier. Über
dieje jelbit haben die Tagesblätter berichtet. Eine vor Kurzem veröffent:
lichte größere eitjchrift bringt ausführliche Mittheilungen über die Vor:
bereitungen zu dem Feſte, über die Nejtaurationsarbeiten der Konrabi:
Kapelle, über da3 Programm des Feſtes und dejien glänzenden Verlauf,
die dabei mitwirfenden Perſonen u. j. w., jodann den Wortlaut ber
ſechzehn während der Feſtoctave gehaltenen Predigten. Drei Beilagen
berichten über die im verfchiedenen Kirchen noch erhaltenen Reliquien
des heiligen Biſchofs und die beabjichtigte Neitauration deg Conjtanzer
Müniters !,
Daß eine in der Geſchichte unjeres Bisthums jo bedeutungsvolle
Feier im Didcefan-Arhiv nicht ohne Erwähnung bleibe, dürfte wohl
von unjeren Mitgliedern als felbjtverjtändlich erwartet werden. Die
Redaction war und ift ſich diefer Verpflichtung bemußt, fieht fich jedoch
zur Zeit nicht in der Lage, derjelben in einer Weije genügen zu fönnen,
wie ſolches der erhabenen Perjönlichkeit der Feſtfeier würdig wäre.
seitberichte zu geben Liegt nicht in der Aufgabe unjerer Zeitjchrift, ohne:
bin wäre dafür die Zeit längjt vorüber und iſt ſolches, wie erwähnt,
in reihlihem Maße auch geichehen.
Was wir für jebt bieten, will als ganz beicheidene Gabe aufs
genommen fein. Wir wollen in aller Kürze den Leſer orientiren über
1 Herausgeber biejer größeren Feftichrift ift der gegenwärtige Münfterpfarrer
Brugier, Berfafler der früheren Fleineren ber Gooperator Marbe in Gonitanz.
Beide Schriften erfchienen im Herder'ſchen Verlage.
256
die älteiten Quellen, mwelde ung die Gejchichte des hi. Konrad über:
liefert haben. Wielleiht findet fi) einer unferer Herren Mitarbeiter
dadurch angeregt, das Leben und Wirken bes heiligen Biſchofs für
unſere Zeitichrift zu bearbeiten.
Sodann geben wir die Legende des Heiligen nach ihrer, ſoweit
befannt, ältejten Geitalt: das Bild besjelben, wie es ſich durch
Sahrhunderte hindurch in der Anihauung und Verehrung des gläubigen
Volkes erhalten hatte.
I.
Das Leben des Biſchofs Konrad iſt ung in zwei Darftellungen,
in der für die Hagiographien üblich gewordenen Form, überliefert
worden. Die ältere Lebensbefchreibung, Vita prior, entitand un—
gefähr 150 Zahre nah dem Tode Konrads; die jüngere, Vita altera,
ijt eine Umarbeitung und Ergänzung der erfteren, und zwei oder brei
Decennien jpäter verfaßt morben, wie fi im Folgenden noch näher
zeigen wird.
1. Die Beranlafjung zur Abfaffung der älteren Vita mar dieſe.
Biſchof Konrad hatte am 26. November 976 feine irdiſche Lauf:
bahn vollendet, nachdem er 42 Jahre (jeit 935) die ausgedehnte Didceje
Conſtanz in apoftolifhem Geifte geleitet hatte. Nacd; feiner Anordnung
wurde fein Leib an der äußern Wand der von ihm erbauten Kirche bes
hl. Moriz beerdigt ?.
Wie dad Andenken an die glänzenden Tugenden, insbejonbere an
die vielen Wohlthaten des Verklärten, dem gläubigen Wolfe in leben:
diger und danfbarer Erinnerung blieben, jo war auch bald die Iekte
Ruheſtätte ein Ort befonderer Verehrung von Seiten der Gläubigen.
Deßhalb ließ der Biihof Gebhard III, aus dem Geſchlechte der Herzoge
von Zäringen, Bilchof zu Conſtanz 1084 bis 1110, auf den einftimmigen
Wunſch von Klerus und Volk die Gebeine Konrads aus dem eriten
Grabe entheben und in die der heiligen Jungfrau geweihte biſchöfliche
Hauptlirde, das Münfter, übertragen, wo fie rückwärts vom Kreuzaltar
unter der Kanzel (sub pulpito) beigejegt wurben, im Jahre 1089 2,
i Pretiosus vero sacratissimi corporis thesaurus, sicuti ipse adhuc
vivens disposuerat, apud ecclesiam sancti Mauritii, quam ipse construxerat
extrinsecus juxta parietem summa cum reverentia reconditus est. Vita altera
c. 23. Vita prior c. 11. Pertz VI, 434. 440. Vgl. Neugart, episc. Const.
I, 294, 295.
2 Igitur cum per multa temporum diversis temporibus plurima apud se-
pulchrum beatissimi praesulis Kounradi miraculorum clarescerent insignia,
celebre nomen ejus ubique ferebatur. Factum est autem temporibus venerandi
257
Auf Gebhard III folgte Ulrich I, 1110 bis 14127. Diefer, im
Hinblicke auf die durch die Fürbitte des Biſchofs Konrad erfolgten
Wunder, von deren Glanz ganz Alamannia widerftrahlet, vichtete
wiederholt an den apoftoliihen Stuhl die Bitte, den hochbegnadigten
Vorfahren zu canonijiren. Die entſchieden gehaltene Antwort Yautete
dahin, e8 müjje zuvor die Lebensbeſchreibung, vita, des Seligen verfaßt,
diefe vor einem allgemeinen Concil vorgelefen und geprüft, ebenſo in
Betreff der Wunder glaubwürdige Zeugen beigezogen werben ?. Biſchof
Ulrich ließ fih nun angelegen fein, Alles zu jammeln, was jih an
früheren Aufzeihnungen vorfand, und zwar mehr dad auf das verbienit-
lihe Wirken Konrad Bezüglide, als die vielen Wunder; von diejen
wurden nur wenige, ficher beglaubigte aufgenommen ?.
Wie über die VBeranlafjung zur Entjtehung der ältern Vita haben
wir aud über die Perjon, welcher die Ausführung übertragen wurde,
nähere Kenntniß.
Gleichzeitig mit diefen Bemühungen des Biſchofs Ulrich fällt der
Aufenthalt zweier auswärtiger Kleriker in Conjtanz, bed Abts Egino
vom Klofter St. Uri und Afra in Augsburg und eines feiner Mönche,
antistitis Gebehardi, ejusdem nominis tereii, placuit eidem episcopo, et con-
silio habito cum beatae recordationis Heinrico praeposito ac vicedomno ejusdem
loei ac tocius cleri ac populi contionis voto in unum concordante, transtulerunt
corpus ejus de priore sepulchro in aecclesiam sanctae Dei genitricis Mariae,
ibique cum omni honore et reverentia posuerunt illud retro altare sanctae
Crucis, sub pulpito ejusdem aecclesiae, ne videlicet clarissima lucerna sub
modio lateret absconsa, sed omnibus qui in domo sunt ejus claritas fieret mani-
festa. Vita altera, de signis c. 1. Pertz l. c. 441.
1 Sicut enim splendor veri solis plures mundi partes electorum suorum
meritis quasi totidem radiis penetravit, ita ad nostrum quoque vergens occi-
dentem, per felicis memoriae Chunradi Constantiensis episcopi miraculorum
insignia non impari luce totam nostris temporibus Alamanniam perfudit.
2 Pro cujus gloria, ut moris est ecclesiarum, canonizanda cum sedis
apostolicae praesentiam crebris jam dudum interpellassem litteris, hoc immu-
tabilis sententiae responsum accepi, vitam ejus in concilio recitandam et con-
propandam fore generali et testes insuper ydeneos signorum, quae per eum
fiunt seu facta sunt, ibidem adhybendos, ut tantis coelestium donorum beneficiis
reverentia fidelium assurgat universalis, et per hoc invidia, quae nec mortuis
parcit, obstruatur particularis.. Vita prior, prol. Ofr. Vita alt., translatio
s. Conr. ec. 1. Pertz |. c. 430, 444.
3 Quapropter operam dedi, ex patrum scedulis, hujus viri dignissimam
Dei conversationem potius quam miracula, quae nonnunqguam reprobis cum
sanctis communia sunt, continentibus, sequens opusculum colligere. ... Adjeci
ex innumeris, quibus plurimae ad memoriam ejus laetificantur nationes sub
probabili testimonio, pauca dumtaxat signa, ne sicut videntibus gaudium, ita
audientibus nimietate sua generent fastidium,
Archiv. XL 17
258
Udalschalk, welcher feinen durh Bilhof Hermann in Augsburg,
einen Anhänger Heinrih3 V, vertriebenen Abt begleitet hatte. Biſchof
Ulrich gewährte den Flüchtigen gerne ein Aſyl!.
Diefen Udalschalk, virum eruditissimum, wie ihn der Ber:
fafjer der zweiten Vita charafterijirt, beauftragte Ulrih mit der Be:
arbeitung des gejammelten Materiald. Willig und mit dem gewünſchten
Erfolg fam Udalschalk dem Befehle nad) ?.
Nach Beendigung der Arbeit wurde Udalschalk mit dem bifchöf-
lihen Vicedominus Heinrich, Propſt des Klofters Kreuzlingen, als Ge:
jandter nah Nom beorbert, um dem damaligen Papſt Galirt II das
Schreiben des Bijchof3 ? mit der Vita zu überreihen und die Heilig-
ſprechung Konrads zu erwirfen. Nachdem die Angelegenheit geprüft,
verfündete der Papſt (ex decreto generalis coneilii) diejelbe durch eine
am 28. Mär; 1123 an den Bilchof Ulrih von Conſtanz erlafjene Bulle *,
An demjelben Tage wurde den Gejandten die Bulle zugejtellt und
diejelben mit dem apojtoliihen Segen entlajjen. Auf der Rückreiſe traf
jie ein unermwartetes Hinderniß, fie geriethen auf einige Seit (quaestus
gratia) in Gefangenjhaft. Die dadurch gegebene Muße wurde dazu
benüßt, der Vita eine bejjere formelle Abrundung zu geben ®.
Was den Anhalt diejer eriten Vita betrifft, jo ijt derfelbe in ber
fnappiten Weije zugemefjen; dem nächſten Zweck entiprehend, hat
die Darjtellung vorzugsweije, wie da8 Schreiben Ulrichs betont, die
—
1 Ndalschalf verfaßte Über den Handel zwiſchen Biſchof und Abt eine eigene
Schrift, fie ift mitgetheilt bei Canisius, thesaur. ed. II. III, 2. 1. 599.
2 At ille praeceptum quidem obedienter suscepit, efficaciter, ut jussum
erat, adimplevit.
3 Diefes Schreiben des Biſchoſs Ulrich, dem bie obigen Stellen entnommen jind,
ift vollftändig abgebrudt als Prologus in vitam (priorem) S. Chunradi bei Pistorius
(j. unten), bei Merd, Bistbumschronif ©. 70, Pertz 1. c. 430, 431.
+ Das hier erwähnte Concil ift das neunte öfumenifche, das erjte allgemeine
im Lateran, beffen Hauptgegenftand das Wormſer Concorbat bildete. Die Bulle ift
noch erhalten, jept im Generalsfandes:Ardiv zu Karlsruhe, abgebr. bei Merd,
Bisthumshronif S. 72, Pistorius, Dümge, Reg. Bad. p. 127, in beutfcyer Über:
jeßung bei Marbe ©. 82.
5 Impositi ergo ergastulo inerti non indulserunt otio; sed jam dictus
monachus rogatu concaptivorum suorum historiam saepedicti confessoris Christi
Counradi suaviter modulatus est, quam non multo post dimissus pontifici
(dem Biſchof Ulrih) cum apostolicis literis detulit. Vita alt., Transl. c. 2,
Daß Udalshalf an dem Inhalt änderte, läßt fih, nachdem biefer in der feierlichiten
Weife geprüft und approbirt war, nicht annehmen; wohl aber fonnte dieß bezüglich
ber Form, ber fiyliftifchen Abrundung geſchehen; bie Worte suaviter modulatus est
können nicht anders verſtanden werben, an einen mufifalifch Funftvollen Vortrag ber
Vita ift ja nicht zu benfen.
259
dignissima Dei conversatio ber Perjon Konrads im Auge;
jelbjt über feine vornehme Herkunft, feine Erziehung u. ſ. w. find nur
flühhtige Angaben gemadht?!. Das apojtolijche Leben und Wirken des—
jelben als Priejter und Biſchof, die überall ſich kundgebende göttliche
Gnadenführung ift es, was für den durch jtrenge Asceſe und große Be—
lefenheit in den bibliſchen Schriften gebildeten Verfaſſer den Stoff bildet;
die äußere Thätigkeit Konrads al3 Kirhenfürit, jeine Stellung zu den
politijhen Fragen u. j. w. bleibt fait ganz unberührt.
Die Vita umfaßt 23 Kleine Capitel, 6 Folioſeiten bei Perk.
C. 1—2: Herkunft, Erziehung und Bildung Konrad ?. c. 3:
Stellung bei dem Biſchof Noting. c. 4: Ermwählung zum Biſchof.
ec. 5: Züge des bijchöflichen Wirkens (Hic veritatis doctor, hie operator
justiciae operum), ingbejondere die väterliche Fürſorge für die Armen,
Gründung eined eigenen Haufe und Stiftung für diejelben. c. 6:
Ausſchmückung der biihöflihen Kirche. Neubauten von Kirchen und
Bergabungen an diefelben. Vermehrung des Elerus. c.7: Wallfahrten
in das heilige Land. c. 8: Freundjchaft mit dem Biſchof Ulrih von
Augsburg. Der Vorgang beim Rheinfall in dem Schloß Laufen. c. 9;
Prophetiiche Gabe. ce. 10: Der Vorgang mit der Spinne ce. 11: Tod
und Begräbniß mit genauer Angabe der Chronologie. c. 12—23:
Wunderberichte. — Der Verfaſſer bemerkt, daß zu feiner Zeit scriptorum
incuria die Mehrzahl der früher gejchehenen Wunder jchon unbekannt
geworden, daß e3 jeboch deren um jo weniger bedürfe, da auch in der
Gegenwart immer neue Bezeugungen ftattfinden. — Mehrfach führt er
fich jelbjt al3 Augenzeugen ein durch die Formeln: vidimus, vidi.
2. Die Vita altera. — Die Berjon des Verfaſſers ijt nicht be=
fannt; daß er ein Geiftlicher war, iſt unzmweifelhaft, höchſt wahrſcheinlich
gehörte er der Konjtanzer Kirche jelbit an.
Wie über feine Perſon, jo hat er auch über jeine Zeit feine
näheren Angaben. Die ausführlide und anſchauliche Schilderung, melde
er von der Tranglatio nad) erfolgter Ganonijation macht, meist auf
einen Augenzeugen, und jo könnten als Zeit der Entjtehung wohl die
1 Der Verfafjer verweist felbft c. 10 auf bie ihm vorgefchriebene epistolaris
angustia.
2 Die Schreibung bed Namens varlirt: in dem Schreiben bes Biſchofs Ulrich
und in ber erjien Vita lautet er Chunradus, in der zweiten wechſeln die formen
Counradus und Kounradus; in c. 13 gibt ber zweite Verfafjer auch eine Erflärung
bes Namens: Ille super speculam Domini positus, dormitantem pigritia servum
non est imitatus, sed secundum nomen suum strenuo consilio pro domo
Israel factus est murus aeneus etc. Die Varianten bei Mone haben Cünradus,
Coünradus, Conradus, Konradus, Chünradus. Die Legenda aurea bat Conradus.
17*
260
wohl die nächſten Jahre nad) 1123 angenommen werden. Das für die
Didcefe jo freudige Ereigniß, die glänzende Feier, bie zahlreiche Be:
theiligung mußten ohnehin den Wunfch rege maden, ben außerorbent-
lihen Vorgang aud dem Gedächtniß der Zukunft durch getreuen Bericht
zu erhalten.
Immerhin wurde diefer, wenn auch ohne Zweifel jofort begonnen,
doch nicht ſobald vollendet und der Offentlichkeit übergeben. Dies be-
weist die Art, wie des Biſchofs Ulrich erwähnt wird: Reverendae
memoriae Oudalricus, ejus nominis primus Constantiensis eccelesiae
episcopus?!. Die Worte zeigen, daß Ulrih nicht mehr am Leben war.
Noch deutlicher geht Died aus einer fpäteren Stelle hervor, welche
über die Vergabungen Ulrichs an die Kleriker des von ihm geftifteten
Klojter8 Kreuzlingen berichtet und dann beifügt: Horum autem con-
versatio in eo loco per illum quidem exordium sumsit, incremen-
tum vero in hodiernum diem laudabiliter gratia Christi mi-
ninistrare non desinit, — was auf eine längere Zmwiichenzeit hinweist ?.
Eine fernere Bemerkung über Udalschalk, den Verfaſſer der
eriten Vita: Qui postea monasterio beatae Afrae penes Vindelicam
strenue praefuit? berechtigt, den terminus ad quem nod) etwas
meiter abwärts anzujegen: Udalschalk war 1123 einfaher Mönch, Be:
gleiter jeines noch lebenden Abtes, für die Zwiſchenzeit und für bie
Dauer feiner Abtswürde 20—25 Jahre anzunehmen, dürfte nicht zu
viel fein, ſodann jeßen die Worte strenue praefuit ebenfall3 das
bereit3 eingetretene Ableben voraus *.
Nach dem Gejagten wird der Annahme, bie Vita altera falle um
zwei bis drei Decennien jpäter al3 die Vita prior, alle Wahrſcheinlich—
feit zufommen.
Welchen Zweck verfolgte der Berfaffer mit feiner Arbeit? Die
furze Praefatio bemerft hierüber: De vita et actibus praecelsi con-
fessoris Christi Kounradi aliqua quam paucis stilo cupimus exa-
rare; dicta vel scripta praecedentium non vituperando, set magis
pro modulo nostro sequendo atque laudando, quaedam etiam ne-
i Transl. o. 1.
? Transl. c. 7. — Bifhof Ulrich ftarb 27, Auguft 1127 auf ber Rüdreife
vom Wormſer Reichstage im Klofter St. Märgen. Ulrich gehörte ſelbſt dem Auguftiners
orden an und hatte dem Klofter Marien-Zelle fih als großen Wohlthäter erwielen,
fo daß er als deſſen zweiter Stifter zu betrachten if. Bol. Betershbaufer Chronik
bei Mone, Quellenf. I, 157. Didcefan-Ardiv II, 224.
> Transl. c. 2.
4 Nach einer Angabe bei Haller, Bibliothek der Schweizergeih. III, 30, ift
Udalshalf im Jahre 1151 geftorben.
261
cessario his simplieiter adiciendo. Ceterum fides dietorum penes
auctores erit; ad nos enim pertinet quaeque competenter ordinare,
ad illos vero veritatem dictis observare.
Demnad waren Ergänzung, Vervolljtändigung und bejjere
Drdnung des Stoffes die ihn beitimmenden Gefichtspunfte Wie die
angeführten Säte vermuthen laſſen, jtanden ihm neben der Vita prior
und der mündlichen Überlieferung auch noch andere jchriftliche Quellen
zu Gebote. Die nächſte und vor Allem zu berücdjichtigende war jelbit:
verjtändlich die Vita prior. Diejer gegenüber wurde die Aufgabe, die
er fich geftellt, gewiſſenhaft feitgehalten. Was die erjte aus dem Leben
des Biſchofs mittheilt, findet ſich im jelbitändiger Verarbeitung auch in
der zweiten; ebenjo ift in der Hauptiache diefelbe Anordnung und Ab:
folge beobachtet, aber Manches ijt erweitert.
Der zweite Bearbeiter theilt mit dem erjten dieſelbe fromme Auf:
fafjung bei der Schilderung jeines Helden, diejelbe Vorliebe für Hin:
weiſung auf bibliſche Parallelen, nur find bei ihm, bejonders die alt=
teftamentlihen Allegationen nod viel häufiger als bei Udalschalk.
Diejer, der Drdensmann, behält vorzug3meije, wie oben bemerkt, das
religiöjfe Moment im Auge; die Anfchauung des zweiten iſt nicht
jelten eine weitere. So gibt namentlich der dritte Theil, der Bericht
über die eier der Ganonifation, mehrfache Andeutungen über die da-
maligen Zeitverhältnifje; mit fichtlicher Freude jchildert er das glänzende
Feſt, den zahlreihen Beſuch aus allen Gegenden, aller Stände und
Klaffen, den ungejtörten, friedlihen Verlauf, troßdem daß damals
bittere, ja töbdtliche Feindſchaft Viele entzweit hatte Er gebenft auch
der reihen Opfergaben, die von den zahlreichen geiftlichen und meltlichen
Beſuchern dargebraht wurden; felbit die die hehre Feier begünjtigende
Witterung bleibt nit unerwähnt !.
1 Zugleih als Probe ber Darftellung möge Folgendes dienen: Die denominato
prompto animo conveniunt innumeri, non solum ex vicinis, verum etiam ex
longinquis regionibus et civitatibus. Aderant autem tunc in praesentia patres
monasteriorum viginti quatuor, cum religiosorum caterva diseipulorum, presby-
terorum etiam atque diaconorum aliorumque clericorum infinita multitudo.
Saecularium vero dignitatum proceres religiosa cum devotione pariter con-
venerunt, tres videlicet duces cum praefectis atque consulibus plurimis, militum
quoque turmae cum innumera vulgi multitudine sexus utriusque et aetatis. In
quibus omnibus solum erat admirabile simulque delectabile, quod cum non
solum eccolesiae atque domus, verum etiam plateae atque campi ita constipati
essent hominibus, ut vix quoquam se quisquam vertere posset, inter quos pleri-
que inimicitiarum discordiis ita erant sejuncti, ut sanguinem alterutrum
magno opere sitirent, nullarum tamen seditionum vel rixarum tumultus
in his prorsus audiebatur, sed fraternus amor omnium ibi corda possidebat.
262
Auf dieje allgemeinen Bemerkungen lajjen wir die nähere Inhalts—
angabe folgen.
Eine furze Praefatio begründet das Vorhaben, die Tugenden und
Berbienite des heiligen Biſchofs aufs Neue zu bejchreiben: die den
Heiligen erwieſene Verehrung iſt auch eine Verherrlihung Gottes jelbit,
und die fittlihe Borbildlichfeit bringt den Verehrern großen Gewinn:
Per exemplum enim plerumque discitur, quod per simplex prae-
ceptum minime retinetur.
Das reicher gefammelte Material wird in drei Theilen dargeſtellt:
Vita, Signa und Translatio, zufammen in 50 Gapiteln, 5 Foliojeiten
bei Pertz, mit Fleinerem Drud.
a. Der erjte Theil, die Vita im engeren Sinne, umfaßt 24 Capitel.
C.1—10. Die Zeit vor der Erhebung zur biihöflihen Würde.
c.1—3: Abjtammung, Heimath, Erziehung und erfte Bildung im elter-
fihen Haufe. c. 4—6: Vollendung derjelben an der Domſchule in
Conſtanz unter der bejonderen Leitung des Biſchofs Noting. c. 7:
Weihe zum Prieiter. c. 8: Hervorragende Stellung bei dem Biſchof!.
e. 9: Einftimmig vom Klerus zum Präpofitus gewählt. c. 10—13:
Tod des Biſchofs Noting. Auf den Rath des Biſchofs Ulrich von
Augsburg wird Konrad „utpote qui et sanctimonia vitae, aetatis ac
sapientiae maturitate apud Deum et homines clarus habebatur*
einjtimmig und zur höchſten Freude von Klerus und Volk zum
Bijhof ermählt. c. 14. 15: Das apojtolifche Leben und Wirken,
Sorge für die Armen, Stiftung eines Hojpitium. c. 16. 17: Drei:
malige Wallfahrt nach dem Heiligen Land, mit dem Wunſche, dort zu
iterben ?. ce. 18: Das weitere tugendhafte Leben; Erbauung und Do-
tirung ber Kapellen und Kirchen des hl. Moriz, des hl. Johannes Bapt.
Ibi juxta prophetam (Jes. 11, 6) lupus cum agno pascebatur quia nocens et
innocens divino officio fervide fruebatur. Ibi leo et bos paleis simul pasce-
bantur, quia cum sacerdotibus Christi tyranni crudeles unanimiter vacabant
eloquiis divinis atque sacrificiis. Aör quoque ipse huic negotio, ut creditur,
militabat, quia ultra solitum hibernis temporibus tranquillus atque serenus
commeantibus arridebat. Videres corpora universorum aestuare, atque eximia
vi comprimentium sudore madescere, cum quisque alium nitebatur praevenire,
ut sacri corporis sepulchrum tangere mereretur vel saltem videre. etc.
Transl. c. 3.
1 Consiliis ejus (Conr.) domi forisque in omnibus uti coepit, universa
episcopii negotia ad ejus nutum cedere constituit. Neugart madt bie Be:
merfung: Aliusne munus istud administrarit ante Conradum, non habeo per-
spectum, L. c. 282.
2 Sed suavis Dominus universis Kounradum nobis reservabat, per quem
nebulosam patriam nostram illuminari disponebat.
wu j
263
und Johannes Evang., des hl. Paulus. c. 19: Vermehrung des Klerus
der biihöflihen Kirche, Dotation und Ausfhmüdung des Münſters.
e. 20: Der Vorgang mit der Spinne. c. 21: Prophetiihe Begabung.
ec. 22: Der Borgang bei dem Schloß Laufen. c. 23, 24: Hinfcheiden
und Begräbniß; hronologijche Angaben.
b. Der zweite Theil, De signis, in 16 Gapiteln.
C. 1 berichtet über die unter Biſchof Gebhard III erfolgte Über:
tragung der Gebeine aus dem erjten Grabe in die Domkirche (j. oben
©. 256, 57), die Erbauung einer neuen Kapelle über dem frühern
Grab zu Ehren des HI. Nikolaus und die Ausſchmückung der neuen
Grabjtätte durch den Vicedominus Heinrih. Die folgenden Gapitel
enthalten Wunderberichte.
Wie der Verfafjer der erjten Vita, will aud) der Anonymus, wie
er wiederholt betont, aus der Unzahl der am Grabe des Heiligen er:
folgten Erhörungen und Heilungen!? nur Weniges mittheilen, ohne
Beachtung der hronologiihen Ordnung ?, Seitdem unter Biſchof Ulrich
die Heiligiprehung erfolgt war, mehrten ſich die Bejucher des Grabes
aus allen Ländern in's Unendlihe, große Procejfionen wurden dahin
veranjtaltet . Selbſt die Sitte, Wachsgebilde als signa curationis
aufzuhängen, wurde jhon zum Übermaß geübt *.
Inhaltlich bringen diefe Berichte fait ſämmtlich diejelben Vorgänge,
wie jie die Vita prior ſchon gegeben; der Verfafjer wollte offenbar vor
allen diejenigen beibehalten, welche die firhlihe Prüfung und Appro-
bation erhalten hatten; ihm eigen ijt mander Zuſatz, theologijche Re:
flerionen, wie 3. B. über die Bedeutung und den Zweck ſolcher Wunder,
wie auch des übels und der Leiden: Es gibt Leiden, welde verhängt
find al3 Strafe für Sünden, bald des Leidenden jelbjit, bald auch für
die Sünden jeiner Eltern; wird die Seele von den Banden der Sünden:
ihuld erlöst, jo wird meiltend auch der Leib von feiner Yajt befreit:
ut videlicet per corpus in aperto declaretur, quid circa animam
i Tantam denique gratiam suae largitatis apud ossa ejus cunctis diversis
calamitatum miseriis laborantibus dignatus est omnipotens Deus ostendere,
quantam nullarum etiam disertissimarum exprimere valeat facundia linguarum.
Vita c. 24.
2 De signis c. 2.
®? A cunctis finibus terrarum suavissimo odore sanctitatis ejus attracti,
cottidie innumerabiles confluebant; sacerdotes etiam cum plebibus suis domini-
cum praeferentes vexillum, catervatim confluebant atque cum ymnis et laudibus
dominum nostrum Iesum magnificabant. De signis c. 16.
* Tanta enim monstra cera formata circa monumentum ejus dependentia
conspiciuntur, ut totius numeri rationem excedere videantur. c. 15.
264
etiam in occulto geratur. Plerumque contingit, sicut Dominus
in evangelio dieit, ut neque pro suis neque pro alienis peccatis
constringatur, set ut gloria Dei in illo manifestetur '. Die Ber:
berrlidung Gotte und auf Seite des durch Fürbitte begnadigten Men
ſchen, die mit ber leiblihen Heilung erfolgende Reinigung der Geele,
die ſittliche Neufhaffung, betrachtet der Verfaſſer als Zweck der Wunder 2,
c. Der dritte Theil, die Translatio, in 10 Capiteln, gibt nad)
kurzem Rücbli auf den Verlauf der Canonijation eine Bejhreibung
der Erhebungsfeier (elevatio) des Heiligen am 26. November 1123.
C. 1, 2: Bericht über die Bemühungen des Biſchofs Ulrich I wegen
der Heiligjprehung, über die Entjtehung der Vita prior und die Ge
jandtiaft an den Papit (ſ. oben ©. 256 f.). c. 3: Verkündigung des
Canonifationsdecretes an Klerus und Volk, Feitfeßung des Tages der
feierliden Erhebung. Große und freudige Betheiligung aller Stände
und aus weiter Ferne, würdiges Verhalten, Darbringung von Gaben.
c. 4, 5: Heilungen. ce. 6: Die Reliquien werden aus dem Grabe er:
hoben und in einen neuen Sarg niedergelegt, der rechte Arm davon
abgejondert. Procejfion mit den Reliquien nad der Kirche des hl. Ste:
phanuz?, c. 7: Geſchenke der fürſtlichen Gäjte zu Gunjten des von
dem Heiligen gejtifteten, aber inzwijchen in Verfall gerathenen Hojpitiumsg,
einen Theil davon verwendet Biſchof Ulrich in der Folge für feine neue
Stiftung Kreuzlingen. c. 8: Indulgenzertheilung, biſchöfliche Segnung
und Entlafjung der Feſtbeſucher; Rettung Schiffbrüdiger durch die Für—
bitte des Heiligen. c. 9: Feierlihe Procejfion der Conftanzer Bürger
mit den Reliquien dur die Stadt zu der Kirche des hl. Ulrid (das
jpätere Kreuzlingen), Rückkehr zum Münjter und Beiſetzung des Sarko—
phages mit den Neliquien *, Gebet des Verfaſſers. c. 10: Genaue
Hronologijche Angabe über den Act der 'Translatio.
! De signis c. 12.
? AU’ die vielen Arten mit den Worten der Bibel zufammenfafiend, ſchließt er:
et quod his majus est omnibus, diversis peccatorum faecibus aggravati
exonerantur. De signis c. 15.
3 Wegen bes Gebränges der Bolfsmafjen war die Rüdfehr zum Münfter an
bemfelben Tage unmöglich; diefe Angabe jchließt mit den Worten: Pompa vel po-
testas seculi ibi nulla, conditio ibi omnium erat aequa.
Nachdem oben ©. 256 f. die Stelle über bie Begräbnißftätte unb bie erjte
Erhebung mitgetheilt wurde, möge hier auch bie Angabe über die zweite folgen: Inde
(von der Bafilifa bes hl. Ulrich) itaque laeti revertentes, novum in quo recon-
ditus fuerat, sarcophagum in monumento, quo et prius requieverat, posuerunt,
ipso tamen sepulchro prius in melius reformato, ne videlicet fideles ejus accessu
fraudarentur, cujus commanentiae omnes etiam coeligenae congratulantur. c.9.
Über die in biefer und dem früher citirten Stellen erwähnten Grabftätten vgl. bie
265
3. Die Terte dieſer beiden Vitae wurden ſchon mehrfach durch den
Druck publicirt; die ung befannten älteren Ausgaben find folgende:
Bon der erjten Vita die von Jakob Manlius in feinem Chro-
nicon episcopatus Constantiensis; dieſes Chronifon iſt aufgenommen
unter die Scriptores rerum Germanicarum von Piftorius, deren
dritte Ausgabe Struve bejorgte (Regensburg 1726). Die Vita Con-
radi im III Bande, ©. 711—717.
Die zweite Vita wurde nad) einem Cober des ehemaligen Klojters
St. Ulrih und Afra in Augsburg von Leibnitz publicirt in den
Scriptores rerum Brunsvicensium, ®b. II, ©. 1—14.
Auh Pater Gerard Heß in Weingarten ließ nah einer Hand:
ihrift feines Klojterd aus dem 12. Jahrhundert dieje Vita zum Abdrud
bringen in den von ihm bejorgten Monumenta Guelfica (Kempten 1784)
©. 77—97. Der dem MWeingartner Codex mangelnde dritte Theil
(Translatio) iſt aus Leibnig ergänzt. Heß Hat dem Tert Noten und
(S. 83) eine genealogifche Tafel des Welfiſchen Haufe beigegeben, welche
auch Neugart angenommen hat.
Die neuejte und correctejte Tertausgabe der beiden Vitae ijt die
von ©. H. Pertz mit Beihilfe mehrerer Gelehrten bejorgte im vierten
Band (scriptorum) der Monumenta Germaniae ©. 429—445.
Die Vita prior ift gegeben nad einem dem 12. Jahrhundert
angehörenden Goder des Ktlojter Heiligenkreuz bei Wien; ein diejem
verwandter Tert ijt der von Manlius befolgte, weßhalb derjelbe mehr:
fach von Pertz beigezogen wurde.
Reicher war das handſchriftliche Material für die Vita altera.
Für dieſe wurde zu Grunde gelegt ein Weingartner Codex aus bem
12. Jahrhundert, jest in Fulda; wie es jcheint, derjelbe, welchen Pater
Heß publicirte; jodann eine Neichenauer Handſchrift, jet in Karlörube,
aus dem 14. Jahrhundert. Zur BVergleihung wurde meiter beigezogen
der von Leibnig gegebene Tert. Auch die von den Bollandijten ver—
anjtaltete Bergleihung des Augsburgifhen oder (die Varianten—
jammlung ijt jest in der königlichen Bibliothek zu Brüffel) fam für die
Pertz'ſche Ausgabe zur Benübung.
Arhivdirector Mone hat für beide Lebensbeſchreibungen neue Terts
vergleihungen angeftellt: zu dem Tert der älteren wurde ein Reichenauer
Eoder aus dem 12., und ein St. Galler aus dem 14. Jahrhundert, zu
dem Tert der zweiten der von Perk benüßte Neichenauer abermals und
eine bem 15. Jahrhundert angehörende Handſchrift in Bafel neu verglichen.
ſehr eingehenden Beiprehungen in Nr. 14, 15, 41, 45, 46 bes Freib. kath. Kirchenbl.
1875, und bie oben angeführten Feitichriften.
266
Das Reſultat dieſer Vergleihungen mit der Pertz'ſchen Ausgabe
ließ einen wiederholten Abdruck des Textes jelbjt nicht als nöthig er-
deinen, daher wurden im erjten Bande der Quellenfammlung zur
badiihen Landesgejhichte von Mone nur die durch die Vergleihung ges
wonnenen Barianten mitgetheilt, S. 77—79.
Mone glaubte noch eine dritte, jüngste Bearbeitung aufgefunden
zu haben und theilt den Text derjelben (S.79—80 a.a. D.) mit, nad)
drei Handſchriften zu Einfiedeln (13. Jahrh.) Straßburg und St. Gallen
(14. Jahrh.). Diejer Tert, ein kurzer Auszug aus der Vita prior, ift
jedoch längjt befannt, es ijt der in der Ausgabe der Legenda aurea
berfömmliche; die neuejte von Gräfje gibt (pag. 863 sq.) mit wenigen,
ganz unbedeutenden Abmeichungen ganz denjelben Tert, wie der von
Mone publicirte. In den dem erjten Bande der Quellenfammlung beis
gegebenen Nachträgen bemerft Mone (©. 529), er habe zu diejer jüngjten
Vita die Ausgaben des Jacobus a Voragine nicht verglichen.
4. Außer diejen zwei größeren Quellen finden fich einige
größere und Eleinere Angaben a. a. D. bei Mone; jo aus einer St. Galler
Handſchrift ein Bericht über den 968 gemachten Bejuh des Biſchofs
Konrad im Klofter St. Gallen?, nah Ton und Haltung zu jchlieken,
von einem Zeitgenofjen, ©. 216; aus den onftanzer Jahrgeſchichten
©. 303, den Verzeihniffen der Conjtanzer Bilhöfe S. 304, aus ber
Gonjtanzer Ehronif ©. 311, 312.
Hermann von Reichenau, nur wenige Decennien (im Jahre 1013)
nad dem Tode Konrad geboren, berichtet über Konrad deſſen Wahl
zum Biſchof 934 und zu dem Jahre 974 den Tod desjelben, an beiden
Stellen in kurzer, aber rühmendſter Weiſe.
Als Quellen kommen ſodann in Betradht die älteiten Hymnen ?, Die
Lectionarien ſowie die mündlihe Tradition.
Die andermeitigen Quellen über die Zeit Konrad, jeine Stellung
und Beziehung zu den Zeitvorgängen find bei Called, Ban der Meer,
Neugart, Damberger, Stälin u. U. angeführt *.
5. Nachdem wir unjere Aufgabe, die Leſer über die ältejten Quellen
i Tacobi a Voragine, Legenda aurea vulgo historia Lombardica dicta.
Ed. Th. Graesse. Lipsiae 1845, 2. ed. 1850.
2 Konrad war mit St. Gallen verbrübert. ©. Dümmler-Wartmann,
St. Galler Tobtenbuh ©. 71.
3 Vol. die Sammlungen von Mone III, ©. 259—62, Nr. 278—80, unb
G. Morel, ©. 217, Nr. 381.
4 Calles, annales eccles. Germanise, Wien 1758, IV, 194. 599. Dam:
berger, ſynchroniſt. Gedichte IV, 631 ff., die Belege am Enbe bes Bandes.
Stälin, wirtemb. Geſchichte I, 556 fl. Oberrh. Zeitfhr. XXIX, 272.
267
zu orientiren, joweit dieß in Kürze gejchehen konnte, gelöst haben, möge
noch mit einigen Worten der jpäteren Bearbeitungen gedacht werben.
Als jolhe find befannt die betreffenden Abjchnitte in den Bis—
tbumschronifen, in den verjchiedenen Ausgaben der Heiligen-
legenden, einige Fleinere, populär gehaltene Monographien, welche
ihrem nächſten Zweck entiprechend jehr kurz und inhaltlich ziemlich gleid)-
förmig gehalten jind !.
Eine Bearbeitung nad) größerem Maßſtab und nad) den Forderungen
der hiſtoriſchen Kritif hat, wie es jcheint, der fleigige Nheinauer Pater
Moriz Ban der Meer ausgeführt; vgl. ©. 18, Nr. 17 diejes Bandes.
Leider ijt dieje Arbeit zur Zeit unbefannt; daß Ddiejelbe eine gediegene
war, läßt ſich nach dem jonjtigen Charakter der Schriften des gründlichen,
dabei kritiſch-nüchternen Benedictiners, wie insbejondere aus dem ge—
druckt vorliegenden Abjchnitt über Konrads Thätigfeit ald Abt von
Rheinau vermuthen.
Dan der Meer behandelte in einer Reihe von Schriften die Ge-
ihichte feines Stiftes, |. oben ©. 14—18. Für den Drud war das
reichlich gejfammelte Material fertig ausgearbeitet in den drei Foliobänden
der Annales Rhenaugiae. Der Kojten wegen mußte leider die Drud-
legung unterbleiben. Bei jeinem Beſuche in Rheinau lernte der Augs—
burgiihe Hofratd Zapf den trefflihen Ban der Meer und deſſen
hiſtoriſche Arbeiten kennen?; er erbot ji, in der von ihm beabjichtigten
Bublication der Monumenta anecdota die Gefhichte Rheinau's auf:
zunehmen. j
Dan der Meer unterzog den Stoff einer abermaligen Durcharbeitung,
welcher er den Titel Historia diplomatica monasterii Rhenaugiensis
gab. Davon erihien der erjte Theil, die Gejchichte de Kloſters bes
handelnd von 778—1380 mit 82 Urkunden und Siegelabdrüden in
dem eriten Bande der Anecdota ©. 223—430; die Fortfegung war in
zwei weiteren Xheilen bis zum Jahre 1778 ebenfall3 vollendet, blieb
jedoch ungedructt, indem die Monumenta jelbjt mit dem erjten Bande
ihr Ende erreichten.
Biihof Konrad hatte mit dem Bisthum auch die Verwaltung bes
von feinen Vorfahren geftifteten Kloſters Rheinau übernommen — in
dev Reihe der Äbte ift er der fiebente —, und biejelbe biß zum Jahre
975 fortgeführt, wo er freiwillig diejed Amt niederlegte und den Brüdern
1 Bol. die ziemlich reiche Angabe ber Älteren Schriften über bas Bisthum
Gonftanz bei Haller, Bibliothek der Schweizergefch. III, 285 ff., über Biſchof Konrad
Nr. 908-912. Auch die Gallia christiana hat das Bisthum Gonftanz berüd:
fihtigt, V, 891 fi.
2 Bol. Zapf, Reife in einige Klöfter Schwabens u. ſ. w. ©. 159 fi.
268
die auf jein Anjuchen von Kaifer Otto I 973 neu bejtätigte Freiheit
der Abtswahl überlieh.
Die Darjtellung dieſes abtlihen Wirkens umfaßt ©. 310—317
der genannten Historia diplom. In die Zeit Konrads fällt auch die
Miederheritellung der durch die Ungarn 925 zerjtörten Nibzelle (St.
Blafien); an dieſe Frage Enüpft ſich befanntlich eine Controverſe zwiſchen
beiden- Klöjtern, welche Ban der Meer in bejonderen Schriften (j. oben
S. 22, Nr. 29—31) behandelte, und melde auch in diefem Abjchnitt
zum Morte kommt ?.
Eine handſchriftliche Bisſsthumschronik im erzbiſchöflichen Ardiv
zu Freiburg, eine Arbeit des bijchöfl. geiſtl Nathes Dr. U. Reininger,
zulegt Provicar, aus dem Anfang unferes Jahrhunderts, ift eine fleißige
Materialieniammlung zur Gedichte der Bilhöfe von Conftanz aus ge=
drucken und ungedrudten Quellen und Schriften. Der größere Theil
des Manufcripts, 33 Bogen mit vielen Beilagen, hat den Titel: Cata-
logus episcoporum Constantiensium una cum brevi notitia rerum
ab ipsis in conciliis et conventibus cum intra tum extra dioecesin
Constantiensem gestarum.
Die Darftellung iſt annaliftiih, beginnt mit den Biſchöfen von
Windiſch und geht bis auf Biſchof Johann von Praßberg (1645).
Als Beilage folgen mehrere Bogen über die Concilia dioces. Const.,
welche mit dem von dem Gardinal Biſchof Konrad von Rodt 1759 an
geordneten Neudrude der Decrete der jiebenzehnten onjtanzer
Dide.:Synode vom Jahre 1609 abſchließen.
Das Leben Konrad ift in der Weije der früheren Chroniken
ziemlich Fur; behandelt; beigegeben jind mörtliche Auszüge aus Bucelin,
Harzheim, Hardouin, Goldaft, Van der Meer, M. Gerbert, u. A.
Als das Bejte, mas über dag Leben und Wirken des heiligen
Biſchofs von den älteren Bearbeitern geleijtet wurde, muß unjtreitig das
bezeichnet werden, was in dem trefflichen, leider unvollendeten Werke
Neugarts gegeben ift. In nur zu knapper Kürze iſt bier nicht bloß
der Biſchof nad feiner Frömmigkeit, feiner apoſtoliſchen Worbildfichkeit,
wie ihn die Vitae ſchildern, jondern ebenjo auch feine Stellung im
Neiche, feine Thätigkeit und feine Theilnahme an den Synoden und
Neichsverhandlungen gewürdigt; Alles nad) den Forderungen der hiftori=
ſchen Kritik in klarer, überfichtlicher Darftellung.
1 Selbft in der kurzen deutſch gefchriebenen Feſtſchrift (Donauefhingen 1778)
fommt Ban der Meer auf diefe Mlöfterliche Ambitionsfrage. Nüchtern und unbefangen
ſpricht ſih Neugart aus, ep. Const. I, 135.
I.
Die beutfhe Vita, die wir bier folgen laffen, ijt entnommen ber, joweit
befannt, älteften Legendenausgabe: Gedruckt von mir Ginthero Zeiner,
geboren auß Reitlingen, wonent czü Augspurg. Am freytag vor Symonis vnd
Jude, als man zalt von der geburt Cristi tausent vierhundert vnd in dem ein
vnd sibenczigisten jare.
Von dem lieben herren vnd heiligen bischof
Sant Cünrat.
Der lieb herr sant Cünrat ist geboren von edlem geschlecht
des teutschen landes, vnd die geburt seines stams ist geziert über-
flüssig als ein ufgend blüm in dem paradiss. Sein leibliche ge-
burt, die erhöcht in, aber der adel seines geistes erczeigt in vil
höher klärer vnd liechter, wann er was in seiner iugent gancz ver-
wandelt in adel des geistes, von den obrosten genaden volget mit
im ein anfang der tugent vnd beleib ouch in dem geystlichen
leben, in dem mittel vnd in dem alter.
Nun ward der lieb herr Sant Cünrat von seinen fründen
empfolhen den brüdern in der kirchen tzü Costencz, das sye in
lereten die heiligen geschrift; in derselben gemeyne vieng er an
vnd was ein diener des tabernackels der got gemacht was, wann
sein hercz was erfüllet mit der genad des heiligen geistes, dar
vmb ward ir lernung nücz, wann die götlich kunst beschlos er
inbrinstlichen als ein gelirniger mensch gotes, vnd der sam bracht
manigualtige frucht, vnd genad.
Zü der zeit was ein erwirdiger Bischoff, der hiess Nortin-
gus tzü Costencz, der sach vnd erkannt wol des lieben herren
sant Cünrats heyliges leben, darumb nam er in zü seinem dienst
und leret in, wie er nach im bischoff und eyn vorgeer des volks
solt sin in geistlichem fürgang vnd in allen geystlichen sachen,
wann er was ein behender ratgeb mit seinen worten, vnd was
noch behender mit seynem herezen von der gnad gottes. Sein
weisheit, die was fleissig gemerckt in allen sachen und von allen
menschen.
Der lieb herr Sant Cünrat hett gros gütt von vatter vnd
von mütter, das teilet er armen leuten mit und hett gros mit-
leiden mit in vnd kam in zü staten mit allem seinem vermügen.
Nun hetten die armen einen güten fürsprechen an im gegen dem
bischoff, wann sye wehten wol, das er in geren halff durch gottes
willen on alle müt, vnd von seinen grossen tugenden vnd wercken
erwelten in die herren tzü einem Brobst von gemeynes nucz wegen.
270
Zü den zeyten da starb der Bischoff, da ward seyn heiliger
leichnam begraben von dem heiligen erwirdigen Bischoff von
Augspurg, der gebot den briestern allen das sy drey tag vasteten
vnd den heyligen geyst anrüfften vmb einen bischoff, der in nücz
vnd güt were vor got vnd vor den menschen.
Da lieff eyn gros volck tzü von frowen vnd mannen, die
rüfften all got an vmb einen Bischof vnd warteten all von sant
Vlrichen, wen er des ersten nennet zu einem Bischoff, da von
das er ein mechtiger man was. Da sprach der heylig geist sant
Vlrich in seyn herez, man solt sant Cünrat nemen tzü eynem
Bischoff, der nit alleyn vnstraflich ist, er ist och volkomen in
allem dem, dz der zwelfbot spricht vnd schreibt. Vnd cze hannd
was die stym in aller menschen oren vnd mund, vnd sprachen
mit gemeiner begird: den hat vns gott geben.
Da erhöchten die von Costenez den Bischoff vnd saczten in uf
den Bischoffstül, vnd erhüben in mit vil lobes vnd eren, die sy
im erbuten vnd fröweten sich die briester, das in gott als einen
gütten Bischoff tzü hett gefügt, der in vor mocht gesein mit
weissheit vnd mit fürsichtigkeit vnd das volk alles gemeinlichen.
Da pflag der lieb herr sant Cünrat des ampts mit grossem
fleiss vnd dienet got tag vnd nacht mit grosser andacht, vnd mit
grosser übunge, vnd was er das volck leret mit den worten, das
volbracht er mit den werken vnd gewan got vil selen mit seinem
gebet vnd mit seinen güten wercken vnd lere.
Es sprachen och die armen menschen, das sye einen vatter
an im hetten, wann er trost sy emsiclichen mit miltikeyt, vnd
buwet in ein huss in der stat, dar inn waren zwelff armer men-
schen, den schickt er alltag speys, vnd was armer menschen sunst
dar komen, in welher zeyt sye in dem tag komen, so gab man
in ouch tzü essen in demselben huss.
Einsmals an einem ÖOstertag da hett sant Cünrat messs vnd
da er nun vnsers herren fronleichnam empfangen het vnd dz
heylig sacrament von dem kelch empfahen wolt vnd als er in
uffdeckt, da sach er, das ein spinn dar ein gefallen was, da von
der usser mensch stürbt, aber der inner mensch tröstet sich des
vntötlichen trancks vnd het einen vesten gelouben vnd getruwet
gott, es wer nichs tötlichs oder schedlichs da, vnd verzert dz
sacrament begirlichen mit dem gifft, vnd gedacht dar an, das die
gift die alten schlangen überwunden hett mit der gab des leydens
vnsers herren Jhesu Cristi. Da nun seyn diener sahen, das er
da von erblichen was, da forchten sye, er stürb da von vnd
271
waren ser betrübt. Vnd nach der messs gieng der lieb herr sant
Cünrat ze tisch vnd sass ein weil vnd ass nit, da fragt man in
heymlichen, was er tün wölt, da sprach er, ich wart eines gastes
der kompt schier, vnd neygt sich mit dem houbt uff den tisch
vnd tet seinen mund uff, da gieng die spinn herwieder uss, wann
sie mocht im keynen schaden getün. Das wunder sahen seyn
dyener, vnd wurden ze mal fro.
Sant Cünrat mocht von natur nit gefasten, vnd einsmals
solt man im fischen, da für er ouch mit den fischern ferr von
seiner herberg uf dem wasser, da legten sein diener mit einander
an, das man das fischen lanng uf den tag verzüg, das er dester
lenger müsst fasten, vnd da sein zeit kam das er essen solt, da
sagten im sein diener, warumb sy das fischen als lanng hetten
verzogen. Da sprach sant Cünrat, so gesegen euch got vnd
gieng uff dem wasser heym als uff trucker erd. Da sahen die
wol das es gottes will was vnd hetten ims nit für übel. Dar vmb
essen die leut in dem selben lannd käs vnd eyer.
Da er nun seliclichen het gelebt bis an sin end, da ward er
siech vnd starb an dem nechsten tag nach sant Katherinen tag,
da für sein sel zü den ewigen fröden.
Heiliger herr Sant Cünrat hilff vns vmb gott erwerben, das
wir ouch kommen tzü den ewigen fröden. Amen.
Zwei Hymnen auf den hl. Konrad !.
J.
Patrono nostro inclyto Vigili perstitit cura,
Conradoque emerito prelatus prepositura,
cum canticis memoriae ab omni arrogantia,
hymnum canamus gloriae. o preclara Constantia.
Qui ex magnatum genere Post, praesulis officio
natus, nutritus tenere, promotus, exercitio
virtuti se implicuit, pio instans regimini
novum sydus emicuit. iste confessor domini.
1 Da in dem Proprium Frib. fein Hymnus auf ben Patron ber Diöcefe auf:
genommen ift, jo wird wohl mandem Leſer nicht unerwünſcht fein, wenn ber noch
übrige Raum zu obiger Mittheilung benügt wurde, Der erfte Hymnus (bei Morel
©. 217) ift dem Breviarium Const. von 1516, ber zweite (bei Mone III, 260) einer
Freiburger Hanbichrift des 15. Jahrhunderts entnommen.
272
Praesul sua pauperibus
dedit, templa muneribus
replens, augebat meritum
deus tuorum militum.
Vota praesul augmentavit,
Christi turbam visitavit,
hospitem sibi sumpsit talem
urbs beata Jerusalem.
Animas de miseria
per missae mysteria
praesul est eripiens,
verbum supernum prodiens.
O praeclara Constantia,
cole solemnia,
quod est coeli coetibus
junctus florens virtutibus
Cunradus praesul inclitus.
Hie largitatis filius
pater eximius,
pauperum penurias
pellit, fundat ecclesias,
vir totus deo deditus.
Üdalrico qui socio
animas fluvio
cernit in miseria,
ut aves, per mysteria
missae a poena liberat.
Vivam vomit araneam
sumptam, non laesus per eam,
moreque cibi vividi,
ad coenam agni providi.
Conradus hinc miraculis
clandestinis et patulis
fulsit post vitae somnium
deus creator omnium.
Laus patri, nato flamini,
qui Conradi precamine
in coelis donet grandia
beata nobis gaudia.
IL
In paschali solemnio
sacro convivio
illapsam araneam
sumit, nec laesus per eam,
vivae coenä dat exitum.
Ad hujus tumbam sedula
vigent miracula,
caecis visus redditur,
claudis gressus conceditur,
salus aegris exuberat.
Praesta beata trinitas,
da simplex unitas,
tanti patris precibus
solutis a eriminibus
nobis caelorum aditus.
Beiträge
zur
Geſchichte der theologiſchen Facultät
in Freiburg.
Nachtrag zu den Mittheilungen Bd. X, 251.
Bon
Profeſſor Dr. 3. König.
Praecipuum munus annalium reor, ne virtutes sileantur utque pravis
dietis factisque ex posteritate et infamia metus sit.
Taeit. Ann. III, 65.
Quis nescit primam esse historiae legem, ne quid falsi dicere audeat?
Deinde ne quid veri non audeat?
Cicero, de orat. II, 15.
Der im vorigen Jahre ausgegebene Band des Didcejan: Archivs
bradte Beiträge zur Geihichte der theologischen Facultät in Freiburg,
deren erjte Abtheilung ©. 253—R292 die Zeit des General:
jeminars zum Gegenjtand hatte,
Der Berfafjer jener Beiträge, jo ſehr auch aller Polemik abgeneigt,
hält jih ala Mitglied diejer Facultät verpflichtet, in gegenmärtigem
Bande einen furzen Nachtrag dazu folgen zu laffen, und zwar zur Ver:
thbeidigung und Ehrenrettung der dort beiprodenen Perſön—
lichkeiten,
Beranlafjung dazu gibt das fajt gleichzeitig mit dem leisten Bande
diejer Zeitjchrift erichienene „Lehrbuch der Gejhichte der Pädagogik
von Dr. Albert Stöckl, Domcapitular und Profeffor an der bifchöft.
Akademie zu Eichjtätt”. — In diefem Buche werden ſowohl gegen die
damaligen Profejjoren der theologijhen Facultät, wie gegen die
Borjteher und Lehrer de8 Generaljeminars in Freiburg ganz
maßloje Beihuldigungen erhoben.
Da bei einem gejhihtlihen Werke die Frage nad den Quellen
und die Art ihrer Benützung eine der erjten ijt, jo möge darüber eine
furze Bemerkung vorangehen.
Für die Darjtellung der „geiftlihen Seminarien” in der Zeit des
Kaiſers Joſeph II ift Stöckl faſt augfchlieglid dem Buche von Augujtin
Theiner? gefolgt, in dem über die Freiburger Anjtalten Beigebrachten,
wie ſich zeigen wird, nahezu wörtlid. Dieje Duelle wird von Stöckl
erit am Ende des betr. Abjchnitte® S. 616 mit einigen andern Schrif:
ten aufgeführt, vorher aber find größere und Fleinere Stellen, viele
wörtlih, aus dem Xerte Theinerd ausgehoben, ohne Anführungzzeichen,
ı Gefhichte ber geiftliden Bildbungsanftalten. Mainz 1835. — Wir
haben in unferer vorjährigen Mittheilung die gegen Freiburg gerichteten Invectiven
biejes Buches ignorirt, weil wir es für unmöglich hielten, daß ſolche handgreifliche
Unwabrbeiten nah mehr als vierzig Jahren ohne alle Prüfung in einem ge-
ſchichtlichen Lehrbuch wiederholt werden könnten. Hätte Stöckl doch wenigftens
die Artikel des Freiburger Kirchenlerifons über Klüpfel, Wanfer, Hug u, |. w. ver-
gleichen mögen!
18°
——
276
und werden von Stöckl in ben eigenen Tert wie eigene Worte verfloch-
ten; nur zwei längere Noten werden mit Anführungszeichen gegeben ;
hier fteht auc) der Name Theiner, aber ohne Angabe der Seiten und des
Buches, welches wie bemerkt, erit am Schluſſe in der Literaturangabe
genannt wird.
Bei einem gejchichtlichen Werke verlangt man, und gewiß mit allem
Net, in diefer Hinfiht die größtmöglichite Genauigkeit. Durch dieſe
Art der Benüßung feiner Quelle hat Stödl die volle Verantmwortlichkeit
des Vorgebrachten zu tragen.
Für die gegen bie Freiburger Perjönlichkeiten und Inſtitute vor—
fommenben erorbitanten Auglajjungen hat weder Stödl nod fein Ge—
mwährsmann auch nicht eine Spur von quellenmäßiger Begründung
beigebradt !.
Wir gehen jet an die Beleuchtung der betr. Stellen.
I.
Stöckl jagt ©. 604: „Die Univerfität Bonn wurde das Pan—
dämonium dieſer unjeligen Geifter (der Freimaurer und Illumi—
naten). Sie hatte ihre Filialanjtalten, namentlid die Uni-
verjität Freiburg, die an Wirkſamkeit die Mutteranftalt
noch übertraf. Die Schriften der Theologen diejer beiden Hochſchulen
wurden an den meilten theologijhen Lehranſtalten Deutſchlands als
Lehrbücher gebraudt. Dazu kam die Afademie von Mainz, geitiftet
durch den aufflärerijhen Erzbiſchof Karl von Erthal. Hier lehrten
die Lumpen der Intelligenz.“ ?
ı Eine Hauptquelle für bie Schilderung ber Generaljeminarien bildet bei
Theiner ber Brief eines Francisfaners vom 17. September 1788, abgebrudt in
ben Röclamations Belgiques, rec. 13, p. 199— 214. Stödl bat die von feinem
Gewährsmann daraus gemachten Mittheilungen ohne alles Bebenfen aufgenommen,
insbefondere bie grauenbafte Schilderung über bas Seminar in Rattenberg und
„das Scheufal von einem Priefter und Lehrer“, Johann Kolb, einem der Profefioren
bafelbit, S. 606 f. Stödl mußte fi nun durch das erſte Heft (S. 156 ff.) der von
ben Innsbruder Theologen S. J. rebigirten theologiſchen Zeitichrift belehren laſſen,
baß dieſer Brief „bei näherer Prüfung als reine Fiction ober Mpftifi-
cation fi herausftelt, zu bem Zwed erfunden, um Öl in bie auflobernde
Flamme des belgifhen Aufftandes zu gießen,“ — das ſchauerlich gefchilderte „Seminar“
Nattenberg und das Scheuſal Kolb haben ſonach gar nicht eriftirt!
2 Theiner fagt S. 202 f.: „Bonn wurde Stimmführerin für die Fatholifch
theologiiche Bildung in Teutſchland. Bon hier aus mwurbe der Krieg bem vermeint:
lichen Obscurantismus und Romanismus erklärt. Zunähft griff man bie alte
Univerfität Göln, jene berühmte Feſtung des Glaubens an, und rubte nicht eher, bis
ihre ehrwürbdigen Mauern zufammengefallen waren. Mit Göln fiel eines ber ftärfften
277
Melde Berechtigung zu fol’ horrenden Anklagen die Lehrer an
diejen zwei biſchöflichen Anftalten dur ihr Leben und Wirken darge-
boten haben 1, — da3 zu unterſuchen iſt nicht unjere Aufgabe, wir haben
es hier nur mit der Univerfität Freiburg zu thun, jpeciell mit der theo-
logiſchen Facultät, gegen welche dieje Invectiven gerichtet find, und
jtellen ihnen die Erklärung gegenüber, daß nad) den vorliegenden Acten,
wie nad der über die fragliche Zeit noch fortlebenden Tradition von
den Ausjchreitungen und Verirrungen, die in Leben und Lehre der
Bonner oder Mainzer Theologen mögen vorgefommen fein, jenen im
Freiburg Nichts zur Laft fällt, daß überhaupt zwiſchen der theologiichen
Facultät in Freiburg und jener in Bonn oder Mainz während diejes
Zeitabſchnittes Keinerlei Beziehung und Zujammenhang weder perjönlicher
noch jahlicher Art beitanden hat.
Es lautet ſchon vorwegs ganz abjonderlid, daß die 1786 eröffnete
Univerfität Bonn innerhalb vier Jahren (e8 Handelt ſich ja um die
Zeit Kaifer Joſephs, welcher 1790 ftarb) die Mutteranitalt joll ge
worden jein für die um mehr ald 300 Jahre ältere Univerfität Freiburg,
und daß dieje alte Tochter ihre junge Mutter in der von der legteren
eingejchlagenen pandämoniſtiſchen Richtung noch joll überboten
haben !!
Wenn von einer Mutterfhaft bei Anjtalten die Rede ijt, jo ver:
Bollwerfe des Katbolicismus in Teutichland barnieder. Ein Ähnliches Loos wurde
bald allen Afylen der Religion, ber Gottesfurdht und des Glaubens im Fatholijchen
Teutfchland zu Theil. Was Bonn nit leiften fonnte, jollte burd die
Acadbemie in Freiburg im Breisgau geſchehen. Ihre Profejforen
wetteiferten mit benen von Bonn, ja haben die legteren in ihrem
Wirken überboten. Die Schriften ber Theologen biefer zwei Ncabemien
fanden in ben meiften Seminarien und theologifhen Bildungsanftalten Teutſchlands
Eingang. Sie wurden bei öffentlichen Vorträgen zu Grunde gelegt. Zu bem
Schwefterpaare, weldes über das Fatholifche Teutichland die verheerende Tadel
der Aufklärung ſchwang und feine Altäre, bie bag Blut der Martyrer er:
richtet und gebeiligt hatte, umſtürzte: — zu ben Academien von Freiburg
und Bonn, gefellte fich endlich noch die britte, die Academie von Mainz, welde ſich
über bie Trümmer ber alten und gefeierten Apoftelflabt in frehem Hochmuth erhob.“
Bei Theiner ericheint Freiburg noch als Schwejter von Bonn, bei Stödl wird es
zur Todter!
1 Vgl. darüber H. Brüd: Die rationaliftifchen Veftrebungen im katholiſchen
Deutfhland, befonders in ben brei rheinijchen Erzbisthiimern, in ber zweiten
Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Mainz 1865.
An biefer Schrift ift auch nit in einer einzigen Stelle irgend welcher
Zufammenhang oder Beziehung zwifchen ber theologiſchen Facultät in Freiburg und
jener in Bonn ober Mainz angedeutet; bie Freiburger Facultät ift überhaupt gar
nicht genannt und von ihren Lehrern bloß Dannenmayer einmal erwähnt.
278
jteht das Jedermann zuerjt und zunädit in dem Sinne, daß die Tochter
von der Mutter ihre Lehrkräfte, ihre Einrichtung u. ſ. w. erhalten
habe. In dem gegebenen alle wäre demnad) das Umgekehrte denkbar,
daß die neu gegründete Univerfität die Tochter der ſchon lange beitehen-
den älteren geworden wäre — Doc bleiben wir bei der nächiten Frage.
Am vorigen Bande wurde eine biographijchsftatiftiiche Darjtellung des
PVerfonalftandes der theologifhen Facultät in Freiburg während der
Zeit des Generaljeminard gegeben. Die Zahl der Profejjoren in diejem
Zeitabjchnitt beträgt zwölf, darunter iſt nicht ein Einziger, der von
Bonn nad Freiburg berufen worden wäre.
Die Mehrzahl diefer Lehrer, nämlih Stephan Hayd, Auguftin
Goriup, Ludwig Hafler, Engelbert Klüpfel, Raymund Pelz,
Theodor Berger, Fidel Wegicheider und Wild. Wilhelm waren
Mitglieder von Stiften und Klöftern des Kaijerjtaat3; von den vier
übrigen, die dem Weltpriejterjtand angehörten, jtammten Ferdinand
Wanker und Joſeph Schinzinger aus Freiburg, Matthias Dannen—
mayer aus öfterreihiih Schwaben und Karl Schwarzel aus Unter:
djterreih. Ihre Bildung Hatten diefe Männer entweder in den betr.
Klöjtern, oder an den Univerjitäten zu Wien und Freiburg erhalten.
Sie alle waren zur Zeit der Eröffnung der Univerfität Bonn (No—
vember 1786) bereits al3 Profejjoren der Theologie in Freiburg ange—
jtellt, Schinzinger wurde es 1787.
Alſo angejehen zunächſt die Chronologie und die Statijtil kann
von einer Tochteranſtalt Freiburg im Ernjte nicht die Nede fein.
Vielleicht jo die Phraje auf ein geijtiges Verwandtichaftäverhält-
niß hinweiſen; die Freiburger Theologen waren wohl die Nadtreter und
Nachbeter der von den Bonnern begründeten und befolgten Nichtung,
und, mie ja eine häufige Erfahrung lehrt, hätten die Schüler die Lehrer
noch zu „übertreffen“ gejudt. —
Uns will bebünfen, daß weder Stödl nod) jein Gewährsmann
Theiner beim Niederfchreiben der angeführten Stellen überhaupt gewußt
haben, welche Profefjoren in diejer Zeit in Freiburg Theologie lehrten.
Aber ein jolhes Nichtwiſſen, welches ſich gleichzeitig die größten Calum—
nien erlaubt, wird zur jchweren Anklage gegen einen Geichichtjchreiber.
Wer nur einige Seiten eines Buches von Klüpfel, Schwarzel,
Dannenmayer oder Wanker gelefen hat, wird zum mindeſten dieſen
Männern Selbitjtändigfeit nicht abſprechen; fie hatten bereit3 durch
verjhiedene Schriften ihre Literariiche Tüchtigkeit begründet, al3 die Unis
verjität Bonn in's Leben trat; durchweg feite Charaktere hatten fie zu
viel Selbjtachtung, um zu Schleppträgern junger Hitzköpfe fich herabzu—
würdigen.
279
Der, wie aus dem Biäherigen fich gezeigt haben dürfte, grundlojen
Anſchuldigung eines Tochterichaftsverhältnifjes der Freiburger Facultät
zu dem „Bandämonium* in Bonn liegt möglicher Weije die Verwechſelung
mit einem ganz anderen Vorgang in einer ganz anderen Zeit zu Grund,
ein Umstand, der für einen Gejchichtjchreiber nicht minder gravirend ijt.
Faſt zwanzig Jahre jpäter fam Thaddäus Derejer al3 Pro—
feſſor nah Freiburg; Derefer war ſchon 1783 an die damalige Aka—
demie Bonn (zur Univerfität erweitert 1786) berufen worden, Hatte
durch verjchiedene Difjertationen (eine Fam auf den Inder) jeine Ortho—
dorie bloßgeltellt, nahm 1791 feine Entlafjung, ging nad) Straßburg,
betheiligte fi) Anfang3 an der Revolution und wurde 1798 al3 Pro—
fefjor in Heidelberg angejtellt. Im Jahre 1806, ala die Fatholijch-theo-
logijche Facultät in Heidelberg nad Freiburg verlegt, — rejp. mit der
dortigen theologijhen Facultät vereinigt wurde, fiedelte auch Derejer
mit zwei weiteren Gollegen dahin über, zu einer Zeit alſo, wo alle Ber:
bältnifje fi ganz umgeftaltet und auch Derejer ſelbſt feine Anjichten
geändert hattet. Er wäre übrigens nicht der Mann gemwejen, der eine
Faculät in ihrer theologifhen Richtung hätte beeinflufjen oder gar in
jeinem Sinne hätte reformiren können; er zeigte fih wie an andern
Drten jo auch in Freiburg gleich Anfangs unverträglich gegen jeine
Gollegen, und ging ſchon 1810 wieder ab.
Die Freiburger Theologen der bezeichneten Periode erjcheinen in
ihrem lehramtlichen wie in ihrem jchriftitelleriichen Wirken durchweg als
jelbitjtändig, mehrere von ihnen haben unter den zeitgenöfjiichen Fach—
colfegen eine geradezu autoritative Stellung eingenommen. Göhne ihrer
Zeit, theilten fie auch die wiſſenſchaftliche Richtung ihrer Zeit; mas
dieje Schwaches und Einſeitiges hatte, fällt nicht den ‚einzelnen Ber:
jonen als ſolchen zur Lat.
Die theologiſche Wiſſenſchaft erfuhr damals eine Umgejtaltung in
ihrer Methode und Behandlungsweije, wie fie durch die Angriffe dejtruc-
tiver Bejtrebungen (Naturaliften, Encyklopädijten), durch die dominirende
Zeitphilojophie nothwendig geworden war; auch die genannten Männer
wirkten vedlih an diefer Neugeftaltung mit, juchten den Zeitforderungen
Rechnung zu tragen, ohne dabei den Boden des Firhlichen Dogmas und
der kirchlichen Disciplin zu verlafjen oder gar dieſe zu befämpfen, viel:
mehr traten fie als deren Vertheidiger muthig ein; Klüpfel allein jchrieb
vierzehn ausführliche Epifteln gegen Semler, den Vater des theologi-
! Bol. unſere Beiträge im vorigen Bande, 292 ff. Daſelbſt iſt auch S. 306
eine Stelle ausgehoben, in welcher Derefer über feinen eregetifchen Standpunkt fich
ausipricht.
280
ſchen Rationalismus. Er und Wilhelm vertheibigten in der Iſen—
biehl'ſchen Angelegenheit die traditionelle kirchliche Erklärung u. f. m. !
Selbit Karl Shwarzel, der unter den Freiburger Theologen als der
freiefte galt, als entfchiedener Kofephiner, unterjtellt am Schluffe feiner
Paftoraltheologie alles darin Gelehrte dem „untrüglichen Nichterftuhl
der katholiſchen Kirche” 2.
In der angeführten Auslaſſung ift auch hervorgehoben, daß ihre
Schriften an den meiften teutjchen theologischen Lehranftalten als Lehr:
bücher gebraudt worden. Das ift das einzig Thatjächlihe und Wahre
der Stelle; nad dem Zufammenhange ift freilich auch dieſes zu Un:
gunften der angegriffenen Gelehrten bemerkt, eine unbefangene Auf:
fafjung muß aber hierin umgekehrt etwa Verdienftliches finden.
Bei Einführung des neuen theologijhen Studienplanes 3 fehlte es
vielfah an geeigneten Lehrkräften und Lehrbüdern. Die Faiferlihe Re—
gierung jegte daher Prämien aus für die beiten Bearbeitungen von
theologijchen Lehrbüchern; drei von den Freiburger Theologen, Klüpfel,
Dannenmayer und Wanfer, trugen die Palme davon und ihre
ı Was Klüpfel über die Rihtungen ber bamaligen Zeit und über feine
Stellung zu benfelben jagt, war auch bie Anjhauung ber anderen Freiburger
Gollegen: Surrexere e Christianorum familiis non pauci, qui nimio no-
vandi studio adducti, universa, utut certa et explorata, ac ab omni retro
antiquitate tradita et credita Christianae religionis dogmata capitalia labe-
factare modis omnibus adnituntur. Eos certe qui fidei avitae adhaerent,
ceu stupidos traducunt, nominantque genus hominum assuetum veteri vappae,
ac superstitionibus inolitis innutritum. Alii contra religioni ducunt, et grandi
piaculo, a via trita vel latum unguem discedere; ac omnia tuta timent accu-
santque, quae ipsi in scholis non didicere, maxime alieni ab eo, quidquid novum
est, aut nove dicitur; rati, de summa religionis agi, dum in explicanda sacratiore
doctrina aliter quidquam efferri audiunt ac fert receptarum formularum usus.
Nos quidem uti consilia eorum, qui, quidquid religio sacrum habet, im-
pugnant, contemnunt, derident, probare neutiquam possumus: ita alio-
rum, qui, quaecunque sibi inaudita sunt, vel solo novitatis titulo respuunt
et aversantur, &accedere partibus minime possumus, rati ac grato animo con-
fitentes, theologiae recentiore hac aetate subsidia, ac ornamenta minime con-
ternnenda accessisse, tum ex historiae ecclesiasticae monumentis meliore in
lumine collocatis, tum ex criticis, ac philologieis disciplinis; unde divinarum
litterarum intelligentiae locis bene multis lux major affulsit. Praef. in institt.
theol. dogm.
2 Der Paſſus ift im vorigen Bande bes Didc.-Arhivs S. 288 mitgetheilt.
3 Die Gefhichte und verfchiedenen Mobifieationen besfelben find mitgetheilt in
ben früheren Beiträgen, Didc.-Arhiv X, 259 ff. Nebenbei fei bemerft, daß bie
unter Maria Therefia und Kaifer Zofeph eingeführte theologifche Stubienorbnung in
ihren Grundzügen bie bis auf den heutigen Tag an allen katholiſchen theologifchen
Facultäten Deutfhlands und aud an ben biſchöflichen Seminarien beftehenbe iſt.
281
Gompendien wurden in den dÖjterreihifchen Anjtalten und in der Folge
auch anderwärts eingeführt. „Alle diefe Lehrbücher,“ bemerkt Ginzel,
„nahmen in der theologiihen Literatur einen ehrenvollen Plaß ein;
denn ihre Verfaſſer waren Männer, die in ihrer Zeit auf der Höhe
der theologiihen Wiſſenſchaft, namentlid ihres Faces jtanden.” Der
in diefen Schriften herrichende Geiſt, bemerkt berjelbe weiter, ijt „ber
Geift einer allen unfruchtbaren Schulmeinungen abgeneigten, auf Bes
friedigung der Bedürfniſſe des menjchlichen Lebens gerichteten, echt
Hrijtliden Theologie”, — „ie tragen einen mehr praftijden
al3 wifjenjchaftlich gelehrten Charakter an ſich“ i.
Daß diefe Compendien als gut und im Einklang mit dem kirch—
lihen Dogma befunden wurden, beweist, daß fie lange nad dem
Tode Joſephs, als die Ertravaganzen der nad) ihm genannten Richtung
bejeitigt waren, nocd im öffentlichen Gebraud und Geltung verblieben.
Dannenmayer hatte 1805 eine neue Auflage jeined lat. Compen—
diums vollendet, eine deutſche Bearbeitung davon erjchien noch im Jahre
1828 bei Herder in Rottweil ?; von Wankers Moraltheologie erjchienen
von 1794—1811 drei Auflagen; von Klüpfel3 Dogmatik während
jeines Lebens ebenfalls drei Auflagen und nad feinem Tode eine vierte,
von dem jpäteren Biſchof Thomas Ziegler bejorgte, 1821.
Daß dieje Lehrbücher, wie alles Menjchliche, au ihre Mängel und
Schwächen haben, wird Niemand, dem ein competentes Urtheil zufommt,
beitreiten. Sind fie nad) den heutigen Anforderungen in vielen Stüden
veraltet, jo haben doch Tauſende von tüchtigen Geiftlichen durd fie ihre
theologiihe Bildung erhalten; Tauſende, welche zugleich Schüler der
Verfaſſer waren, haben an der Berufs: und Glaubenstreue, an der
moraliſchen VBorbildlichkeit und dem prieiterlihen Wandel eines Klüpfel,
eines Wanker und Schinzinger ſich gefräftigt und erbaut.
Denn auch in legterer Hinficht, was das ſittlich-prieſterliche
Leben dieſer Männer betrifft, liegt Nichts vor, weder in ihren Schriften,
no in der Erinnerung der Nachlebenden, was einen Schatten auf den
einen oder andern werfen könnte.
Diejenigen von ihnen, melde, wie Wilhelm, Perger, Klüpfel,
Wanter, Schinzinger, dem akademiſchen Lehrberuf treu geblieben,
1 Bol. die theologiſchen Studien in Öfterreih und ihre Reform. Wien 1873,
©. 47. 49.
2 Über Dannenmapyer fagt K. Werner (in Wien) in d. Art. der Allgem.
beutfchen Biographie IV, 745 (Leipzig 1876): „Sein bleibenbes Berdienft ift,
ber erſte ein brauchbares, zweckentſprechendes Lehrbud der Tatholifhen Kirchen:
geſchichte in correctem Style und wifienfchaftlich-afademifcher Form gefchrieben zu
haben.”
282
genofjen während ihres Lebens bei ihren Schülern und ihren Collegen
hohe Achtung und allgemeines Anjehen; ja ein Wanker behauptete bei
den Studirenden aller Facultäten geradezu eine väterliche Autorität, und
es war buditäblih die allgemeine Stimme und der allgemeine
Munich, melde diefen Mann als erjten Oberhirten der neu errichteten
Erzdiöceſe defignirte !.
Mehrere vertaufchten das Lehramt mit dem praftiichen Beruf:
Schwarzel wurde Stadtpfarrer am Münfter und Oberaufieher der
ſtädtiſchen Schulen, Hafler, zuerit Pfarrer und Decan in Oberndorf ?,
wurde 1817 als Generalvicariatärath nad) Rottenburg berufen, Goriup
erhielt ein Canonikat in Nheinfelden und jtarb ala Stiftspropſt dajelbit.
— Auch diefe, wie ſchon die ihnen anvertrauten höheren Kirchenämter
zeigen, waren Männer von vielen Verdienſten, von untadelhaftem priejter-
lihem Wandel ®.
Im Hinblik auf al’ dieſes, was bisher über Leben und Wirken
diejer gefeierten Lehrer an unjerer Hochſchule mitgetheilt wurde, auf
Grund von Acten und ihrer eigenen Schriften, wie nach der in ſolchen
Fragen untrüglichen Tradition, — müfjen die ohne allen Beweis
erhobenen Schmähungen jedes Gerechtigkeits- und Wahrhaftigkeitägefühl
jchmerzlich berühren. Über die wiſſenſchaftlichen Strebungen und Rich—
tungen der angegebenen Zeit, ihre Einjeitigkeiten und Schwäden zu
urtheilen, muß Jedem freiltehen; aber etwas Anderes iſt e8, Männern,
die mit beftem Willen, dad Gute zu fördern, mit Überzeugung und
lauterer moraliſcher Gefinnung ihnen gefolgt find, und um Kirche und
Staat fih unleugbar große Verdienjte erworben haben, Alles abzu:
ſprechen, was für den Ehrijten und Prieſter das Höchſte ift, mit einem
Wort, jie mit den Schlehten und Schledtejten, deren es damals mie zu
allen Zeiten gegeben hat, zufammen zu werfen und ganz fummarijch zu
verdammen*.
!ı Bol. das im vorigen Bande S. 290 angeführte Gedicht von Profeſſor
K. Zell, Beigabe zur Gedächtnißrede Hugs.
? „Haßler war ein eifriger Beförberer alles Guten, lebte unbefcholten und
wahrhajt mufterbaft“, dieß das ihm bis heute gebliebene Andenken in Obernborf.
Nach briefl, Mittheil. des Herrn Pfarrers Glatz.
3 Näheres über biefe Männer, ihr Wirken unb ihre Schriften in ben im
vorigen Bande gegebenen Beiträgen.
+ Daß wir nicht zu viel jagen, möge noch eine Stelle zeigen, welche ſich über
alle in der Zeit Joſephs II als Lehrer Angeftellte in folgender Weile ausſpricht: „ALS
Stubdiendirector beförderte van Swieten nur Menfhen ohne Gewiſſen, ohne
Religion, obne Tugend, Frömmigkeit, Sittlihfeit und Menſchen—
würde. Wahres Wiffen wurbe bei ihm gar nicht in Anſchlag gebracht. Wo es ſich
vorfand, wurde es verbrängt, weil man es fürchtete. Man mußte Philoſoph oder
283
I.
Wir fommen nun an die gegen das Generaljeminar er:
hobenen Anflagen, melde an Heftigkeit jene gegen die Facultät noch
überbieten.
Stöckl wie feine Quelle Theiner nehmen fich auch hier nicht einmal
die Mühe, Anjtalt und Perjonen, die auf das Gröbjte geſchmäht werden,
nur auch richtig zu benennen, jo daß man zu der Annahme genöthigt
ift, fie fennen und wijfen gar nit, gegen wen fie jo Arges
außjagen. Sie jpreden von einem „Seminar“ in freiburg und von
Profeſſoren desjelben. Eine theologijhe Anjtalt mit diejem
Namen beitand nie in Freiburg, jondern einzig nur daß Generaljeminar
17835—90; das 1827 neu errichtete Priejterjeminar kommt jelbjtver:
tändlih bier nit in Frag. Daß die beiden Autoren aber nicht
mußten, daß das von ihnen gejchmähte Seminar in Freiburg ein
Generaljeminar war, geht ganz evident varaug hervor, daß Theiner
(S. 303) und ihm folgend Stödl (S. 607) vier Generaljeminarien
zu Wien, Peſt, Pavia und Löwen, und al3 Filialanjtalten derjelben
jene zu Graz, Olmüß, Prag, Innsbruck und Luremburg anführen, reis
burg ala ſolches nit fennen. Dieſe Eintheilung und dieje Auf:
zählung ijt aber unrichtig: durch Hofdecret vom 30. März 1783 wurden
Generaljeminarien errichtet in den Städten Wien, Veit, Prag, Pavia,
Löwen, Graz, Olmüß, Preßburg, Innsbruck und Freiburg, ſodann
noch Lemberg mit zwei Seminarien latini et graeci ritus!. Weiter
ijt unridtig, wenn bei dem Generaljeminar Profejjoren erwähnt
werden; die Alumnen hörten die Vorleſungen an der Univerfität, die
Lehrer der Anjtalt waren der Nector, Vicerectoren und Studienpräfecten.
Die horrende Anklage lautet jo:
„Namentlich zeichnete jih au daß Seminar zu Frei—
burg im Breisgau durch die Jmmoralität und Verworfen—
heit jeiner PBrofejjoren aus.”
Dieje fürdterlihen Worte finden fich gleichlautend bei Theiner und
bei Stödl, von letzterem aber nicht als Citat angeführt. Wenn e3
möglich wäre, den Sinn derjelben noch zu verjchärfen, jo wäre dieje in
Illuminat fein, um Lehrſtühle, namentlich theologifche, zu erhalten.“ Bei
Theiner ©. 298, wieder wörtli bei Stöckl S. 605.
Einen weiteren Beleg, daß nicht alle „Zofephiner“ eo ipso mit Menſchen
„ohne Religion, ohne Tugend u. f. w.“ identiſch geweſen, geben wir in ber unten
folgenden Beilage.
1 ©, ben kaiſerl. Erlaß für die öjterreihiihen Borlande vom 25. April 1783
in ben Beiträgen Diöc.Archiv X, 254 ff.
284
der That durch den näheren Zujammenhang erzielt worden, in welchem
der Saß bei beiden Verfaſſern erſcheint. Bei Theiner (S. 302) geht
der Stelle unmittelbar voraus: „Unter den Profefjoren der Theologie
gab es Männer, welche dffentlihe Berführer der Jugend waren,
und nicht allein ihre Religion, ſondern auch ihre Sittlichfeit untergruben.
Das Seminar zu Freiburg i. Br. zeichnete fih namentlih u. ſ. w.“
(wie oben); dann folgt: „Hier wurde Alles verhöhnt und mit
Füßen getreten.”
Bei Stöcl bildet die Stelle den Schlußſatz einer längeren Ans
merfung (S. 606 und 607), in welcher aus dem (oben ©. 276, Note 1)
erwähnten Briefe des Francisfaner über das erdichtete Seminar in
Nattenberg und das dortige, ebenfalld erdichtete „Scheujal” Kolb
referirt wird, worauf dann Stöckl fortfährt: „Man glaube aber
nit, daß diejer Fall vereinzelt blieb. In anderen Semi—
narien war ed um fein Haar bejjer. Namentlich zeichnete fich
auch da3 Seminar zu Freiburg u. |. mw.”
Welches waren num die jo [wer befhuldigten Männer?
Bei Eröffnung des Freiburger Generaljeminar mit Beginn des
Winterſemeſters 1783 waren ald Vorſtand und Lehrer desjelben an-
gejtellt der Nector Nikolaus Will, und die Bicerectoren Ferdi—
nand Wanfer und Joſeph Schinzinger; an die Stelle des
letzteren trat jpäter (1787) Joſeph Burkart, vorher Alumnus des
Seminars.
Sm Jahre 1783 wurden dazu noch vier fogen. Studienprä-
fecten oder Mepetenten berufen: Xaver Haile für Dogmatif und
Moral, Joſeph Hänle für Kirhenreht und Paftoral, Georg Müller
für Kirhengefchichte, hebräiiche Sprade und Hermeneutif (zugleich Ein—
leitung) des alten Teſtaments, Leonhard Hug für Hermeneutit des
neuen Tejtament3 und griechiſche Sprade.
Bon diejen Nepetenten mußte Haile wegen Krankheit jeine Stelle
bald wieder aufgeben, Müller erhielt durch Präjentation der Univerfität
die Pfarrei Waldjee; für fie wurden berufen Bernhard Galura und
Johannes Nep. Biechele.
Nikolaus Will war geboren in Freiburg den 30. Januar 1740
als Sohn eines ftäbtiichen Senator, abjolvirte mit Auszeihnung bie
niederen und höheren Stubien in feiner Vaterftadt. Nachdem er Prieſter
geworden, trat er für kurze Zeit in bie Geelforge, wurbe 1764 ala
Präje der Burfe Sapienz zurücberufen, fpäter von der Univerfität
auf die Pfarrei Efjendorf in Schwaben präjentirt und von der theo-
logiſchen Facultät zum Doctor promovirt. 1776 wurde ihm bie Lehr:
285
fanzel der jemitiihen Spraden, welche ev bei den Benebictinern im
Klojter Ochſenhauſen ftubirt Hatte, übertragen; jpäter aud die Fächer
der Polemik, Patrologie und der theologiſchen LXiteraturgefhichte. Bei
Erridtung des Seminard wurde er zum Nector ernannt, 26. September
1783. Als folcher Hatte er die Disciplin zu handhaben und die Ober-
leitung de3 Ganzen zu führen; Will wird gejhildert als ein erniter,
äußerlich trenger, im Innerſten aber freundlicher Vorſteher, gegen welchen
die Alumnen mit Ehrfurdt erfüllt waren.
Nah Aufhebung des Seminar 1790 wurde Will von Kailer
Leopold II zum geiftlichen Negierungsrath für die vorderöſterreichiſchen
Lande ernannt, vorher jhon zum Domjholafticus in Linz. Bei dem
Übergang des Breisgaued an den Herzog von Modena 1803 trat er in
den Ruheſtand. Will war einer der nächſten und vertrauteiten Freunde
Klüpfels, mwelder ihm aud in feinem Nefrologium ein Denkmal
wahrer reundesliebe errichtet hat. Er jtarb am 6. März 1804: „Ad
hanc quidem extremam luctam, uti par est, christiano more se
praeparavit, divinae voluntati toto pectore obsequens ?.
Die zwei Bicerectoren Wanker und Schinzinger waren mit
der inneren Leitung betraut: Wanker hatte die fatechetijchen, homi—
letiſchen und liturgiſchen Übungen zu leiten, Schinzinger die täglichen
Meditationen und geiltlihen Eyrercitien; beide Männer, bezeugt Hug,
in den eriten Jahren nah Eröffnung ſelbſt Zögling der Anftalt, waren
von den Alumnen außnehmend geehrt und geliebt. Beide wurden,
Wanker 1788, Schinzinger 1787, in die theologijhe Facultät berufen,
Wanker behielt jedoch die Stelle als PVicerector bei biß zur Auflöfung
der Anftalt. Über beide war ſchon oben die Rede?.
Im Jahre 1788 wurde, wie ſchon bemerkt, das Lehrperjonal ver-
mehrt, für die Fächer der bibliſchen Wifjenichaften, der Dogmatik, Moral,
Kirhengefhichte, Paſtoral und des Kirchenreht3 wurden vier Nepetenten
angejtellt; zmei der zuerjt Berufenen traten bald wieder aus, mie bereitö
gemeldet wurde; im Ganzen wirkten während des Beitandes der Anjtalt
ſechs jüngere Priefter in biefer Stellung. Auch in ihnen finden wir
wieder Perjönlichkeiten mit hervorragenden Eigenjchaften, denen in ber
Folge hohe Anerkennung zu Theil wurde,
Bernhard Galura, geboren zu Herbolzheim 21. Auguft 1764, zuerft
Zögling, dann nad) erhaltener Priejtermweihe 1788 Itepetent des General:
I Bol. Hug in der im erflen Theil biefer Beiträge mitgetheilten Stelle ©. 272.
2 Klüpfel, necrologium p. 287.
’ Das Nähere über ihr afabemijches Wirken, ihre Schriften in dem Aufſatz bes
vorigen Bandes.
287
theologiſchen Studien an der Univerjität gemacht; im Generaljeminar
war ihm die Nepetition des Kirchenrechts und der Pajtoral übertragen.
Nach der Aufhebung des Seminars ſetzte er feine Studien fort, bejtand
mit beitem Erfolg die Nigorojen und wurde am 10. April 1792 zum
Doctor promovirt; hierauf trat er die ihm ſchon im Jahre 1791 über-
tragene Profefjur der Moraltheologie am Lyceum in Laibach an.
Dieſes waren die Männer, welchen das Generaljeminar zu freiburg
anvertraut war.
Werfen wir nun einen Bli in das Innere der Anftalt, in
die Tages- und Lebensordnung, die dajelbjt herrichte !.
Wir finden bier eine Hausordnung, wie jolche in jeder gut einge—
richteten und geleiteten Anſtalt diejer Art bejtehen muß: In der Frühe
um halb ſechs Uhr Aufitehen, dann Morgenandadht und Meditation
unter der Aufjicht des Vicerectors Schinzinger. Hierauf die hl. Meſſe,
nad diejer Privat-Studium; von S—A10 Beſuch der Vorlejungen, auf
diefe folgte wieder Studium; eine Vierteljtunde vor dem Mittagsmahl
war eine fromme Leetüre bejtimmt. Die Vorlefurgen des Nachmittags
waren um vier Uhr beendigt, es folgte eine Stunde der Erholung, von
fünf bis halb jieben Uhr wieder Studium, von Halb fieben bis halb
acht Uhr Nepetitorien, auf diefe dad Abendejjen, um neun Uhr Nacht:
gebet und Schlafengehen.
Während der Ejjenzzeit am Mittag und Abend wurde von einem
der Alumnen ein Abſchnitt aus der Hl. Schrift oder der (in ecclesiasti-
eis) ergangenen Verordnungen vorgelejen, oder von einem Candidaten
des praftiichen Jahres eine Predigt oder Katecheſe vorgetragen. Zwei:
mal in der Woche fanden öffentliche Eraminatorien jtatt aus wichtigeren
und fchwierigen Partien, die gerade in den Borlefungen behandelt wurden.
Bei Eröffnung des Seminars war die Studienzeit auf fünf Jahre
angejeßt, wozu noch ein weiteres für praftiihe Einübung und Aus
bildung kam. Dieje zu große Ausdehnung zeigte ſich bald als unge:
eignet und es wurde 1785 die ganze Dauer wieder auf vier Jahre
reducirt. Don den Alumnen des praftiihen Jahres, welche ſchon Prie:
ter waren, hatte jeden Sonntag einer in der Seminarkirche die Kate:
cheje zu halten, ebenjo an jedem erjten Sonntag des Monat und allen
Feittagen die Predigt. Auf eine tüchtige homiletiſche und Fatechetijche
Ausbildung und Uebung wurde große Sorgfalt verwendet ?.
1 Vgl. hierüber wie über das ſchon Mitgetheilte die im vorigen Bande ©. 269 fi.
aus dem Facultätsbuche abgebrudte Historia succincta von Wanfer und die Ans
gaben von Hug.
2 Wanker, welcher dieſe Übungen zu Ieiten hatte, berichtet darüber Folgendes:
Rem eo modo tractarunt: vicerector tribus vel sex alumnis pro eorum copia
289
einer derartigen Anjtalt ijt aller Erfahrung gemäß aud die Gefinnung,
mit welcher die früheren Schüler derjelben im fpäteren Leben zugethan
bleiben. In diefer Beziehung kann das Freiburger Generaljeminar mit
jeder Anjtalt in die Schranke treten: gerade die beiten und tüchtigſten
der vormaligen Schüler bewahrten ihm das danfbarjte Andenken.
Es wurde im vorigen Bande eine längere Stelle aus einer Rede
Hugs mitgetheilt, welche dem reifiten Mannesalter desjelben angehört;
es möge hier noch eine weitere folgen, nad den Mittheilungen eines
Mannes von hoher kirchlicher Stellung; der fpätere Biſchof Burg be:
richtet in der Biographie des als Decan und Pfarrer in Minfeln 1814
verjtorbenen Joſeph Ulrih Tobias: „Diefem Seminar, jagte er
oft, habe er Alles zu verbanfen. Seinem Verjtande wurde hier da3
Licht mitgetheilt, womit er gewöhnt war, alle Gegenftände feines Lebens
von der rechten Seite zu betrachten und zu beurtheilen. Noch mehr
aber jein ganz unverdborbenes und von jeder Leidenſchaft unbefan-
gened Herz erhielt hier die Grundfeite der Religiofität, worauf er
jpäterhin das ganze Gebäude feiner wahrhaft priefterlihen Tugenden
baute. Er pflegte öfter von diefem General-Seminario zu erzählen:
Wir Alumnen gaben einander das Wort, bie Feinde unferes Inſti—
tut3, die meiſtens lichtſcheue Menſchen waren, dadurd zu beihämen, daß
wir die erhaltenen Grundjäge der Wahrheit und Tugend durd einen
apoftolifhen reinen Eifer und reinen Lebenswandel an
den Tag legen und begründen wollen. XQobia3 hielt auch wirklich un:
verbrühlicd Wort. Diejed Zeugniß geben ihm alle feine Mitjeminarijten.
Es war eine entzücdende freude, mit Tobias zu einem feiner vormaligen
Mitalumnen und Freunde, zu einem Wanker, Galura, Hug, Martin,
Buſchle, Biechele, Flamm, Jäck, Mayer, Einhart, Koh und Andern
zu kommen.” i
Am Schluſſe diefeg Nahtrages angelangt, dürfen wir uns ber
Hoffnung hingeben, daß die Leſer durch unfere früheren und die jeßigen
Mitteilungen in den Stand gejetst find, über den Geiſt und die Hal-
tung des Freiburger Generaljeminars unbefangen zu urtheilen und die
gegen dasſelbe ohne ale Prüfung erhobenen ſchweren Anklagen zu
würdigen. Wir wiederholen, daß wir es nicht zu unjerer Aufgabe
machten, die Inſtitution der Generaljfeminarien jelbjt nad) ihrem Princip,
ihrer Berichtigung u. ſ. w. zu beſprechen; wir wollten in unferen
früheren Beiträgen eine kurze Schilderung über den thatjählichen Be:
itand der Freiburger Anjtalt geben, und in dem Bisherigen ein Wort
der Abwehr, ein Wort zur Bertheidigung der geſchichtlichen Wahrheit,
1 Bei Rofenläder a. a. D. I, 122,
Arhiv. XL 19
—
290
welche ſchwer verleßt ift, wenn bad, was einige diefer Anftalten un-
läugbar gejündigt haben, allen zur Lajt gelegt und jo das Andenken
verdienter Männer gejhmäht wird.
Wir lafjen bier einige Ergänzungen zu den im vorigen Bande
gebraten Berjonalien folgen, die uns inzwijchen begegnet find.
Didcefan-Arhiv X, 275 ff.
Daunenmayer: Zu den angeführten Werten fommen noch zwei
Schriften in der Wiehrl'ſchen Angelegenheit: Gejpräd u. j. wm. Die
MWiehrl’ihen Sätze betreffend. Conſtanz 1781. Rechtfertigung der Frey:
burger philoj.stheolog. Gutachten. Freyburg 1781. Vgl. Gradmanı,
da3 gelehrte Schwaben, ©. 94.
Gorinp: Geboren 1737 in Graz, 1787 von der Univerjität auf
das ihr (jeit Ferdinand I) zuftehende Ganonicat in Rheinfelden präjen-
tirt, wurde am 9. September 1811 zum Propſt erwählt und jtarb ala
folder den 23. April 1819. Vgl. Mülinen, Helvetia sacra I, 53.
Haßler: Bei feinem Abgang von der Univerfität zuerit Pfarrer in
Nottenburg, dann in Oberndorf 1795 —1817, zugleih Decan des Cap.
Nottmweil:Oberndorf; Ende 1817 wurde er als Generalvicariatsrath
nad) Rottenburg berufen, als welcher er am 22. December 1825 ge-
ftorben if, Bei Felder a. a. O. I, 303 find nod einige weitere
Schriften und Aufläße verzeichnet.
Klüpfel: Zu den angeführten Echriften: Aqua rerum omnium
corporearum principium primum. Diff. Rottweil 1764. Trauer:
rede (lat.) auf M. Therefia, Freib. 1781. Sammlung bifhöfliher Ver-
ordnungen und Hirtenbriefe, welche ſeit 1780 beſonders in Deutſchland
erjchienen find, I. Th. Straßburg und Naftatt 1786. Vol. Grab:
mann a. a. O. 295.
Schwarzel: Bei Gradmann S. 605 find noch einige Kleinere
Schriften angeführt, darunter: Über die Menſchwerdung Jeſu Chrifti,
Rede, geh. am Weihnachtsfeite 1799, als der neuerridtete Uni:
verjität3gottesdienft in der akademiſchen Kirche zu Freiburg feier:
(ich eröffnet wurde. Augsburg 1800.
Wegſcheider: Sein Geburtsort iſt Nieblingen an der Donau. Bol.
MWürttemb, Jahrb. 1877. III, 105.
Zu ©. 304 ff.
Derefer: Die ausführlichite Mittheilung über Derejer und feine
Schriften, wie es jcheint, aus feiner eigenen Feder, ift bei yelder I, 156 ff.,
291
wo namentlich feine Luzerner Erlebnifje umſtändlich dargeftellt find.
Über die Zeit ſeines Wirkens in Breslau f. die Literatur in dem betr.
Art. der Allgem. deutfchen Biographie V, 60 (Leipzig 1877).
Beilage
Dad im Nachſtehenden Mitgetheilte ift einem größeren, zwölf
Bogen umfafjenden Manufcripte entnommen, welches die Überjchrift
bat: Kreimüthige Gedanfen über das Studienmwejen in den
K. K. Staaten. Die Perfon des Verfaſſers ift nicht genannt; wie
aus dem Inhalt erjihtlih, war er Mitglied der theologiichen Yacultät
und gehörte dem Weltpriefterjtande an, den Ordensgeiſtlichen zeigt er ſich
jehr abgeneigt. Zur Zeit, als diefe Gedanken niedergejchrieben wurden,
waren für dad Studium der Theologie fünf Jahre vorgejchrieben, dar:
nad fällt die Abfafjung früher ala die Generalfeminarien, auf dieſe it
auch nirgends Bezug genommen. Die Arbeit war beftimmt, publicirt zu
werden, aber nicht im Inland, dieſes hätte, wie er felbjt bemerkt, bei
der jtrenge gehandhabten Genjur für den Autor gefährliche Folgen haben
innen. Ob der Aufſatz wirklich veröffentlicht wurde, ift und un:
befannt.
Nach Ton, Haltung und Tendenz des Ganzen zu fchließen, dürfte
Karl Schwarzel, der Paſtoralprofeſſor, der Verfafjer fein; für dieſe
Annahme ſpricht namentlih die im erjten Abſchnitt (j. unten) befür-
wortete Einführung einer eigenen Geelforge für die Univerfitätßanges
börigen, wad dur die Bemühungen Schmwarzeld an der Univerfität
Freiburg zum Theil auch wirklich erreicht wurde, indem am Schluſſe
des Jahres 1799, für kurze Zeit freilich, ein akademiſcher Gottesdienſt
in’8 Leben trat.
ı Das Facultätsbuch berichtet zum 30, April 1800: Hoc mense etiam allatum
fuit decretum aulicum die 27. Martii subsceriptum et 17. Aprilis universitati
exhibitum, vi cujus officia divina in ecclesia universitatis cum con-
eione et missa solenni, inde jam a die natali Domini nostri Jesu Christi 1799
haberi coepta, confirmantur approbanturque. Decretum hoc nostrae facultati,
sed professori Schwarzel singillatim die 25. Aprilis intimatum fuit, utpote qui
concionandi munus in praedicta ecclesia gratis et sponte, ab excelso regimine
rogatus, in se suscepit.
Zum 17. Juni ift bemerft: Hac die testimonia peraetsae communionis
pascalis a studiosis academicis per decanos facultatum collecta sunt. Beide
Einträge find von Schwarzel gemacht, ber in diefem Jahre Decan war.
19°
292
Der Aufjaß, welcher über die damaligen Studien: und Zeit:
verhältnifje manches Intereſſante enthält, gliedert fih in drei Abjchnitte:
1) Yon dem Chriſtenthum der jtudirenden Jugend. 2) Bon den Wijjen-
ihaften überhaupt: Einrichtung der Univerfitäten; Studienprä-
fecten und Referenten: „Dieje jollen die Wiſſenſchaften befördern,
es fördert fie aber Niemand, außer er jchäßt fie, es ſchätzt fie aber aud)
Niemand, außer er kennt fie, ein Studienreferent muß aljo ein Ge:
lehrter, und nicht ein Gavalier fein.” — Profefjoren: ihre Ernennung,
Gehalte u. ſ. w. „Wenn je ein Amt ijt, mo industria personae, wie
die Juriſten jagen, erfordert wird, jo ift e8 das Amt des Profeſſors;
ed ijt aljo in der Auswahl die jtrengite justitia distributiva zu be-
obachten und das jus dignioris gewiß nit außer Acht zu lafjen. Ein
ſchlechter Rath Kann im Conſeß von bejjern Räthen überjtimmt werben,
ein jchlechter Profefjor aber ijt in feinem Collegio allein, wenn er auch
noch jo unächtes Zeug vorbringt, ed widerſpricht ihm Fein Menſch, der
Discipel glaubt ihm, ja jchreibt jih’3 no auf.” „Sit Jemand bei einem
Stubienreferenten Hofmeijter, jo wird er Profeffor, das ift Heutiges
Tags fait ein untrüglider Schluß, aber eben darum kommen wir mit
den Studien nicht weiter.” — „Ein wahrer Profejjor leiftet dem Staat
einen der wichtigjten Dienjte, dafür ift es billig, daß er gut bezahlt
werde,“ wegen ber vielen literariſchen Bebürfnifje u. |. mw. Ein Profefjor
„ſoll nicht Urjache haben, nad Beförderungen zu zielen, er joll gerne
und fein Lebtag Profefjor bleiben. Ein alter Profefjor iſt wie ein
alter Wein; wer die Profefjur nur als Mittel zu weiterer Beförderung
annimmt, ift Fein wahrer Profeffor, fondern ein Miethling.” — Über bie
Genjur ift er jehr eingehend, fie wird als verwerflich erflärt. 3) Bon
den Wiſſenſchaften insbeſondere: ausführlid über die Theo:
logie, mangelhafte® Studium derjelben und die Urjadhen davon.
Stellung zu den Biſchöfen. Die theologiſchen Studiendirectoren, wie fie
der Verfaffer kannte, find „ein großes Übel, denn fie verhindern das Gute
mehr, als fie e8 befördern, durch ihre Unmifjenheit, Parteilichkeit u. |. w.“
Theologische Profefforen, — ihre Pflichten, Bejoldung, Belohnung:
„Einen theologifhen Profefjor, wenn er fi durch Arbeiten und nüßs
liche Kenntniffe auszeichnet, würde ich vor allen Andern belohnen, weil
ein einziger guter Theologe dur die Bildung guter Seeljorger mehr
Einfluß auf die Herzen der Unterthanen hat, ald Hundert Aurijten,
Advocaten und Räthe.“ Bezeichnend für die Zeit des Verfaſſers ift
der Vorſchlag, wie diefe Belohnung ganz leicht könnte bejchafft werben;
da die Profejjoren auch gute Bibliotheken bedürfen, bei jehr geringen
Bejoldungen aber die Mittel zur Anjchaffung nicht haben, jo gebe man
ihnen Ganonicate, Propfteien, einträgliche Beneficia simplicia, welche
293
ohnedem, vermöge der Abfichten ihrer erjten Stifter, zum Behufe ber
Wiſſenſchaften errichtet find, aber Fein Beneficium curatum, weil fie
Profeſſoren bleiben müſſen.“
In der Jurisprudenz hält er das jus Romanum für über—
flüſſig, es enthalte ja „meiſt längſt veraltetes Zeug“; ſtatt ſeiner ſolle
das jus statutarium, die Landesgeſetze, die Vaterlandskunde, vor Allem
aber „eine rechte Statiſtik tradirt werden“. Ein beſonderes Augenmerk
müſſe auf das jus naturae gerichtet werden: „Zu dieſer Profeſſur
muß ein Mann gewählt ſein, der die ächten Grundſätze wohl inne hat,
der die erjten Grundtriebe der menſchlichen Erſchaffungs- und Erhaltungs:
gejeße wohl mit der Offenbarung zu vereinbaren weiß. Es iſt nicht
nur ein eitles, jondern ein die Religion von Grund aus zerjtörendes
Unternehmen, wenn man das Recht der Natur ohne Beihülfe der Offen:
barung verjtehen und auslegen will; die heutige Gleichgültigkeit der
jungen Leute gegen die Religion wird von Vielen mit Grund denjenigen
Juriſten zur Laſt gelegt, welche mit Hintanjeßung der Offenbarung in
dem Rechte der Natur Alles jo natürlich auslegen wollen, ald ob unfere
Natur von Eridaffung aus jo fein müßte und alle Zeit jo geweſen
wäre, wie jie jet iſt. Hieraus entjpringt nothwendig eine heibnijche
Denfungsart, welche Vielen von ihren Schuljahren an big in das jpäte
Alter nahhängt, und dieß vermehrt die Zahl der heutigen Freidenker.“
Die medicinifche Facultät, wie fie durch van Smieten eingerichtet
worden, erhält den volltommenen Beifall unſers Verfaſſers.
Die Philofophie „hat auf die höheren Wifjenichaften mehr Ein-
fluß, als man inggemein glaubt, denn jo nothwendig eine gute Phyfit
zur Medicin, jo nothivendig iſt die Logik zu allen menſchlichen Kennt:
nifjen“. Die damals feit 200 Jahren dur die Sejuiten gepflegte
Scdulphilojophie wird jtreng verurtheilt, weil „auf jpikfindige Schul»
grübeleien, auf lächerliche, ja unmögliche Fragen gerichtet, über welche
man in den Hörjälen das ganze Jahr zankt, und die in dem menjchlichen
Leben weder Anwendung noch Nuten haben fönnen”. „An der Meta:
phyſik vernünftelt man gar zu heidnijh von dem Ente necessario und
contingenti, und dieß ijt ein großer Schaden nicht nur für bie Wifjen-
Ihaft, jondern auch für die Neligion. Hier brauchte es wohl, daß ein
geihicter Mann den alten Wuft und Unrath wegſchaffte und einen
neuen Grund legte: die beſte Metaphyſik hat der HI. Auguftin in den
Büdern De eivitate Dei und wider die Manichäer gejchrieben. Wer
diefe zu einem philoſophiſchen Vorleſebuch anwendbar umſchaffen mollte,
würde fih um die Wiffenfhaften ein unendliches Verdienſt machen.“
Schlieklid kommt der Aufſatz auch auf die niederen Schulen (Gym:
naften) zu ſprechen und findet da viel „übereiltes, unnüges Weſen“,
294
wie 3.8. Redekunſt, Dichtkunſt. „Wie joll ein junger, unzeitiger Kopf,
ber weder Kenntniß der Sache, weder Richtigkeit der Begriffe hat, Neben
und Gedichte außarbeiten können? Meine Gymnafiiten follen in ben
vier erſten Jahren nicht? anderes als die drei Spraden, Griechiſch, La:
teinijch und die Mutteriprache, in gleicher Vollkommenheit erlernen u. ſ. w.“
Der Berfafler bekundet ſich durchweg als eifriger Vertreter der in
jeiner Zeit gepflegten theologiihen Richtung, mit einem Wort als ent:
hiedener „Joſephiner“. — Als weiteren Beleg zur Würdigung der oben
angeführten ſummariſchen Verurtheilung der Männer diejer Richtung in
religiös-moraliſcher Hinficht laſſen wir nun den eriten Theil „der frei-
müthigen Gedanken” nad ihrem Wortlaute folgen.
Don dem Ehriftenthum der Audirenden Ingend.
Biel und Ende der Studien.
Es ift ein allgemein angenommener und gewifler Grundſatz, baß die Einrichtung
ber Stubien dahin zielen muß, um dem Staate nüßliche, db. i. ſowohl tugenbhafte
als auc unterrichtete Bürger zu liefern, weil ohne diefe zweifache Eigenfhaft Niemand,
er fei geiſtlichen ober weltlihen Standes, feine Pflicht nicht einmal genugfam erkennen,
zu geichweigen erfüllen kann.
Iſt ſeither verfeßft.
Auf den Unterticht in Wiſſenſchaften bat man ſeither manche nützliche Ent:
wirfe ausgearbeitet, auch manches Gute geftiftet, und man hat Vieles verwendet, um
Gelehrte zu bilden; aber um zugleih tugendhafte Chriften aus jungen Studenten
zu machen, bat man, wenigjtens auf Univerfitäten, noch mit feinem Plane bingebacht,
zu gefchweigen, daß man einige Maßregeln dahin genommen hätte, Es ift aljo bas
Ziel und Ende ber Stubien either nur zur Hälfte bearbeitet, und ba man bas
Weſentlichſte vergeflen, vielleicht ganz verfehlt worden,
Böfe Wirkungen davon.
Daher ift entftanden, daß man zwar von Zeit zu Zeit einige gelehrie Männer
von ben Univerfitäten zurüdfehren gejeben, aber wenige gute Ehriften, außer
fie bildeten fi durch die Gnade Gottes jelbft. Daher, glaube ich, rührt es, dab auch
bei ben gelchrteften Männern oft das Chriſtenthum mit feinen wejentlichften Pflichten
völlig vernachläſſigt, oder wenigftens erft hintenan gejegt wird.
Berfaffung der Aniverfitäten in diefem Htüde.
Die auf hohen Schulen ſtudirende Jugend hat vielerlei Gefege: academiſche
Verordnungen weijen fie zu ihrer Pflicht in Betreff ber Vorlefungen ber Profefloren,
ber Koftberren, ihres Vermögens und Aufwandes bin; nur allein in Betreff der
Religion haben fie vollfommene Freiheit, und ba ihnen oft ihr Geld nicht ander:
traut wird, weil man fie für zu unmünbig bält, jo läßt man ihnen doch bie Ber:
waltung bes wenigen Chriftentbums, jo fie etwa aus ben niebern Schulen mit
berüberbringen, ganz über: wenn der Stubent nur bas Collegium nicht ausläßt und
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feinen Koftheren richtig zahlt, dann ift alles gut; ob er Mefje und Wort Gottes hört,
ob er die Sacramente empfängt, mit einem Wert, ob er ein Chriſt iſt, fragt ihn
fein Menſch.
Wie dem zu Helfen?
Diefem Unfuge abzubeljen ift der leichtefte und kürzeſte Weg, daß bie ftubirenbe
Jugend auch in dem Chriſtenthum einen Ephorus habe, fo wie fie in Wiſſenſchaften
einen Profeſſor, einen Mector und andere Univerfitätsobrigfeiten bat, unb gleichwie
diefe mit gemeinfchaftlihen Kräften den Verſtand junger Leute zu bearbeiten trachten,
fo muß Jener zu gleicher Zeit ihr Herz zu bilden juchen.
Wer Rann diefer Ephorus fein?
Dieſer fann Niemand anders fein, als ein orbentliher Seelforger, bem «8
die eigentliche Pflicht ift, aus Einfegung Gottes für das geiftige Wohl feiner Inter:
gebenen zu wachen. Sole Scelforger find bloß allein bie Pfarrer. Da aber bie
aus allen Eden fremder Länder zu den Stubien herzueilenbe Jugend aus verfchiedenen
Urfachen nicht wohl an einen jeweiligen Pfarrer bes Ortes kann verwiefen werben,
jo ift e8 nöthig, daß jede Univerſität ihre eigene Pfarrei und jebe Univerfitätsfirche
ihren ordentlihen Piarrer babe, dem es ein eigenes Geſchäft fein fol, über die Sitten
ber academiſchen Bürger, über ihr Chriftentyum und Geelenheil zu wachen.
Einrihfung einer folhen Pfarrei.
Ein folder Univerfitätspfarrer ift befto Leichter zu haben, ba jede Univerfität
nicht nur ihre eigene Kirche, fonbern aud unter ihren Mitgliedern ein binlängliches
geiftliches Perfonale hat, aus welchem der Tüchtigfte zu ſolchem Amte füglich ge:
wählet werben mag.
Stiftung diefer Pfarrei.
Da ein folder Mann ohnedem als Profeffor bezahlt if, fo braucht es zu feiner
weiteren Stiftung nichts Anderes, als die landesfürſtliche Vollmacht und Gutheißung,
dann ben Orbinariats:Gonjens und Inveſtitur mit gemeinjchaftfiher Zutheilung bes
ihm angehörigen Pfarrdiftrictes und ber untergebenen Pfarrfinder, als da find das
ganze Iniverfitätsperfonale, alle academifhen Bürger, Profeſſoren mit ihren Weibern,
Kindern und Gefinde, aud alles, was fonft unter ber Univerfitätöjurisbiction zu
ftehen kömmt. Diefes Foftet den Landesfürften nur das Wollen und bie Univerfitäts:
pfarrei ift gejtiftet.
Wer Pfarrer fein fol.
Die ſchicklichſte Perſon zu einem Univerfitätspfarrer wäre ber auf jeber Uni:
verfität fih befindende Moral⸗ oder Paſtoral-Profeſſor. Da diefer bie GSeelforger:
pfliten in bem Gollegio unter ber Woche theoretice vorlefen muß, fo bat er am
Sonntag in feiner Pfarrkirche die ſchönſte Gelegenheit, bie gegebenen Lehrfäge auch
practice zu zeigen, und ba feine Zubörer als 5ti anni Theologi oft ſchon Prieſter
find, fo fann er fi aus felben zugleich Gehilfen auswählen, bie ihm zu ihrem
eigenen Unterricht und zur Beforgung des Univerfitäts-Pfarrgottesbienfles mit Meß—
leſen, Predigen, Katechefiren, ja wohl auch, nad Geftalt der Sachen, im Beichthören
an bie Hand gehen können.
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Ffiht des Aniverfitätspfarrers.
Ein jeweiliger Univerfitätspfarrer müßte aljo die ordentlichen Gottesdienfte nad
chriſtkatholiſchem Gebrauche an Sonn: und Feiertagen halten, bei weldyen bie unter:
gebenen Academici fowohl Vor: als Nachmittag erfcheinen, wie auch fonft die Sacra-
mente aus feiner Hand empfangen und bie Lehre ber chriftlihen Wahrheiten aus
feinem Munde anhören müßten, wie e8 wahrer Pfarrfinder Schulbigkeit if. Von
jolcher Pflicht fönnten fi fremde Jünglinge, fie mögen was immer eines Standes
fein, um fo weniger entſchuldigen, weil body ein jeder Chriſt einen ordentlichen Seel:
forger haben muß.
Der Aniverfitätspfarrer muß auch Attestata geben.
Zu dem Enbe follen bie attestata morum, welche feither von ben Profefioren
nur auf Gerabewohl auch denjenigen Discipeln gegeben mworben, mit benen fie oft
bas ganze Jahr faum ein Wort geredet, binfür von dem Pfarrer einzubolen fein,
welcher (gleihwie ein jeder Seelforger von feiner Gemeinde) nicht nur ein genaues
Berzeihnig von den academiſchen Mitgliedern, jonbern auch die genauefte Kenntniß
von ihrer Aufführung und Frömmigkeit haben muß. Dadurch würden zugleich jene
abgejhmadten und Tächerlihen Attestata vermieden, welche man oft einem Fremden,
den man faum bem Geſicht nad fennt, von feiner Aufführung geben fol, und doch
oft mit ben berrlichiten Ausdbrüden (mores sanctissimos, angelicos, superangelicos)
gegeben werben, wie ich ein ſolches Attestatum gejehen habe.
Auf folde Art wäre wenigfiens das Ehriftentdum der Studirenden
in etwas befördert.
Auf folhe Art, bächte ich, foll bei der ftubirenden Jugend auch das Ehriften:
thum, welches beutiges Tages, befonders von gelehrten und in großen Dienften
ftehenden Männern, fo jehr vernadhläffigt wird, am leichteften befördert werben können;
denn wenn man nur gelehrte Männer bilden will, jo ift das Ziel und Ende ber
Studien nur zur Hälfte und zwar nur ber fchlechteren Hälfte nach erfüllt.
Hierauf, dächte ich, follen die Studienpräfidenten, Vorficher und Referenten ihr
vorzügliches Augenmerk richten, bejonders bei ber heutigen Lage ber Sache, wo ſolches
fehr leicht und ohne alle Unkoften in das Werk zu fegen wäre; es koſtet ben Landes»
fürften, der auch fonft, um tugendhafte Untertbanen zu befigen, Feine Million fparen
würde, biefmal nur das Wollen, fo ift das ganze Ziel und Ende erreicht.
Kleinere Mittheilungen.
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rn u
1) Eine feierlihe Doctorpromotion.
Aus dem theol, Facultätsbuche mitgetheilt von Prof. König.
Die vor Kurzem, 8. bis 10. Auguſt, feſtlich begangene vierte
Säcularfeier der Univerfität Tübingen veranlagt ung, den im Nach—
jtehenden bejchriebenen akademiſchen Act mitzutheilen, durch welchen bie
nun unter den glücklichſten Aufpicien in ihr fünftes Säculum ein:
getretene ſchwäbiſche Hochſchule zu unſerer heimathlichen alma mater
Albertina in ein näheres Verhältniß getreten ift, mie ſolches jchon
früher mehrfach der Fall war. So gleich bei ihrer Entitehung. Ahr
Stifter, Graf Eberhard im Bart, „hatte bei feinem Unternehmen
mit dem Beirath feiner Mutter Mechthild gehandelt, welhe — bie in
ihrer pfälziihen Heimath blühende Hochſchule Heidelberg vor Augen —
auch ihren zweiten Gemahl Erzherzog Albrecht zu Gründung einer
Univerfität, der zu Freiburg, im Jahre 1457 veranlaßt hatte“ '.
Und jo kommt e8, daß der Stiftungsbrief der Univerfität Tübingen
eine beinahe wörtlihe Wiederholung jenes von reiburg iſt?.
Auch unter den erjten nah Tübingen berufenen Lehrern mar
eine Anzahl, welche vorher in Freiburg gewirkt hatten: jo der erite
Decan der dortigen Artiftenfacultät, Magijter Johann Stein, welchem
jofort Andere folgten: Konrad Blender, Andreas Trojtel, Andreas
Harzeijer, ber jpätere Kanzler Winkelhofer u. ſ. w.“ Freiburg
war vor und auch nad der Erridhtung von Tübingen die am meilten
von den Schwaben beſuchte auswärtige Univerjität; in der Zeit von
1460—1541 waren es nahezu 1400 ſchwäbiſche Studenten, melde in
Freiburg ftudirten ®.
Im 16. Jahrhundert war die Eberhardina dem katholiſchen Be:
fenntnifje zugethan verblieben biß zum Jahre 1535, in welchem durch
ı Stälin, wirtemb. Geſch. III, 588. Riede, Statiftif ber Univ. Tübingen
S. 2 (Württ. Jahrbb., Jahrgang 1877, 3. Heft).
2 Schreiber, Geſch. ber Univ. Freiburg I, 10. Böd, Geld. der Univ.
Tübingen ©. 23,
3 Bol. Schreiber a. a. O. 91 fi.
+ Statiftif ber Univ. Tübingen ©. 118.
300
Herzog Ulrich die Reformation auch an der Univerfität eingeführt wurde.
Dieje Anderung traf vorerst die theologiſche Facultät, von ihren
Mitgliedern ſchloß fih nur Eines, Balthafar Käuffelin, der Neuerung an.
Mehrere Lehrer und viele Studenten zogen daraufhin nad Freiburg.
Es verflofjen nun über 280 Jahre, bis die Wifjenjchaft der katholiſchen
Theologie wieder an den ſchwäbiſchen Mujenfig zurückkehren und aufs
Neue jich heimiſch niederlaffen konnte.
Durch die Territorialveränderungen im Anfang unferes Jahre
hundert hatte Württemberg einen großen Zuwachs von Fatholiichen
Gebieten erhalten; in Folge davon: mußte auch für die wiſſenſchaftliche
Bildung des Fatholiihen Klerus gejorgt werden. Es wurde zu dieſem
Zwede 1812 die jog. Fatholifch-theologiiche Univerfität in Ellwangen
errichtet; die Anſtalt zählte fünf theologijche Profefjuren, die allgemeinen
philoſophiſchen und philologiihen Fächer follten mit dem dortigen Gym:
najium verbunden werben.
Die für die theologiſchen Disciplinen berufenen Lehrer hatten ſich
vor Antritt des akademijchen Lehramtes das Doctorat zu erwerben, und
es war ber jpecielle Wunſch des Königs Friedrich, daß Diejes bei
der theologiſchen Facultät in Freiburg gejchehe.
Dieß bildet den Anhalt des in jeinem Wortlaut unten folgenden
Eintrages aus dem Facultätsbuch, redigirt durch den gleichzeitigen Decan
Hug, der aud als Promotor fungirte.
Die Einridtung der Ellmwanger Anftalt erwies fi in der Folge
nicht al3 ausreichend für eine gründliche und umfafjende Bildung der
Gandidaten de geijtlihen Standes, insbejondere durch den Mangel
einer philoſophiſchen Facultät?, daher erging im Jahre 1817 dur)
König Wilhelm die Verordnung, an der Univerfität Tübingen wieder
eine eigene Facultät für die katholiſche Theologie, mit denjelben Rechten
wie die andern Facultäten, zu errichten. Gleichzeitig mit ihr (Herbſt
1817) trat auch das, der Facultät als AuffichtSbehörde unteritellte, Con—
victorium in's Leben.
Drei der in Ellwangen ſchon angejtellten und in Freiburg pro:
movirten Profefjoren fiebelten nad) Tübingen über; fie wurden Die
Bäter der neuerjtandenen katholiſch-theologiſchen Facultät.
Die 14. Januarii (1813).
Legit decanus litteras rectoris et professorum universitatis
studiorum Ellwacensis in bonum Catholicorum constitutae recens
ı Klüpfel, Geſch. der Univ. Tübingen ©. 31.
Vgl. die f. Verordnung vom 25. October 1817 bei Riede a. a. D. ©. 10
301
liberalitate Frideriei Württembergiae regis et propediem dedi-
candae. Rector et professores pro parte theologica denominati
regia ordinatione jussi sunt, sibi providere de dignitate docto-
rum in aliqua universitate catholicae confessionis impetranda, mo-
nitigue sunt potissimum regiae majestati placere, ut illud
in Albertina nostra efficiant. Precibus igitur nostram facultatem
adiverunt (d. d. 21. Dec. 1812) rector denominatus
Coelestinus Spegele, professor linguae hebraicae, her-
meneutices et exegeseos veteris testamenti;
Carolus Wachter, professor historiae ecclesiasticae et juris
ecelesiastici ;
Sebastianus Drey, professor theologiae dogmaticae et
historiae dogmatum;
Aloysius Gratz, professor linguae graecae et hermeneutices
nec non exegeseos novi foederis;
Jo. Nepom. Bestlin, professor theologiıe morum et
pastoralis.
Ordo noster theologicus pensatis omnibus momentis constituit,
gradum illis plane conferendum esse, atque etiam, cum totius
Albertinae plurimum intersit, regiam benevolentiam pro viribus
captare et tueri, illos maxima cum solemnitate esse promovendos,
et quantum nos attinet indultis omnibus expensis, eaque de re
facultatem nostram penes amplissimum consistorium scripto inter-
cedere placere. Decano id officii dari, ut seripto hanc facultatis
sententiam consistorio exponat causamque Ellwacensium ejus favo-
ribus commendet, utque etiam curam solemnitatis in se suseipiat
ipsoque promotionis actu defungatur.
Die 14. Februarii decano redditae sunt litterae consistorii
amplissimi d. d. 12. Febr., quibus ordini theologico significatur,
probari quae a nobis ratione gradus theologiei in professores Ell-
wacenses conferendi sint proposita. Placuisse illum maxime cum
solemnitate gratis, remissis omnibus expensis, conferri eaque de re
Ellwacenses scripto factos esse certiores.
Privatim vero magnificus dominus prorector decanum convenit
atque rogavit: vellet, scriberet Ellwacensibus, corpus universitatis
ipsis ultro indulgere omnia honoraria professoribus dari solita, ita
ut omnes expensae remittantur exceptis iis, quas clariss. universi-
tatis syndico, scribae et pedello exsolvere moris sit, utpote queis
ejusmodi taxae, ut vocant, in partem redituum sint assignatae;
quosque proin nos ipsi ex proprio aere indemnes praestare de-
beremus, si quidpiam ipsis decederet. Praevidebat nimirum
1
magnificus dominus, si, quod consistorium amplissimum decrevit,
syndicus, scribae, pedellus ex aerario universitatis redderentur in-
demnes, fore ut illud improbaretur a supremo rationum judicio
atque difficultates inde nascerentur. His ego mandatis magnifici
domini, ut fas est, morem praestiti. Paulo post programma in
lucem publicam emisi, inscriptum: Das hohe Lied in einer noch
unversuchten Deutung. Programm der Zaeringisch-Badisch- Albertini-
schen hohen Schule auf den XAXV. des Monats Hornung MCCMXIII,
quo solemnitatem in diem XXV. Februarii denunciavi, quo die
magnificus dominus rector caeterique professores theologi universi-
tatis Ellwacensis doctores theologiae nominari, proclamari ab Alber-
tina constitutum sit.
Huius programmatis exemplar pulcherrime impressum et niti-
dissime vestitum magnificus dominus prorector noster ad regiam
majestatem Württembergensem transmisit, addita epistola perele-
ganter elaborata, qua pronam in omnia obsequia nostram Alber-
tinam testatum regi fecit.
Die 25. Februarii solemnitas ipsa peracta est praesentibus
d. prorectore magnifico, omnibus vix non almae Albertinae patribus,
professoribus, officialibus, maxima cum doctorum hominum, aliorum
virorum omnium ordinum atque dignitatum frequentia. Postquam
concentu musico coetus est salutatus, nomine atque auctoritate
rectoris magnifici atque professorum theologicorum academiae Ell-
wacensis vir plurimum reverendus D. Bernardus Boll, theo-
logiae doctor, reverendissimi episcopi nostri a consiliis ecclesiastieis,
in basilica ad s. Mariam, universitatis nostrae nomine parochus,
praesentiae rector et a scolis parvulorum regendis decanus, circum-
datus a presbyterii sui venerabilibus viris Joanne Bapt. Frey,
praesentiae canonico, Leonardo Hug, Donato Schwarz et Joanne
Ambs, auxiliaribus, surrexit atque luculenta oratione dignitatem
doctorum theologicorum pro praefatis rectore et professoribus expetiit.
Decanus sacri ordinis, is cum finem petitioni imposuisset, verba
facere exorsus, multis Albertinae animum testatus est ad omnia
venerationis documenta atque in regem obsequia paratissimum;
haec praefatus ad cives academicos sermonem convertit, et ex
more nostro, antiquitus constituto, in eorum gratiam et instructio-
nem dixit quaedam, tempori et occasioni, ut videbatur, apta:
„Vom wahren Studentengeiste“; et denigue solemnibus verbis säcrae
theologiae gradum contulit in rectorem et professores theo-
logicos academiae Ellwacenae, in Coelestinum Spe-
gele, Carolum Wachter, Sebastianum Drey, Aloysium
302
303
Gratz et Jo. Nep. Bestlin. His finitis decanus instrumenta
hujus actus publica, seu diplomata quinque, quae confecerat, cuın
exemplari programmatis elegantius impresso et succineta solemni-
tatis peractae expositione, ut jussus erat ab excelso regis ministerio,
per cursorem extraordinarium tayuöpsuov, Stuttgardiam ad illud
ipsum ministerium transmisit.
Die 23. Martii. Ellwacensis rector et professores multis gra-
tissimum animum facultati nostrae testantur, pro collata in se
doctoratus dignitate insignique solemnitate, qua hunc actum quam
maxime splendidum effecimus.
2) Beiträge zur Baugeſchichte des Münſters in Freiburg.
Mitgetheilt von Archivar F. Zell.
1. verdingbrief des Bürgermeiſters und Raths der Stadt Freiburg für
Meifter Hans Nieffenberger von Graz als Baumeifter des neuen Münfter-
Chores vom 21. September 1471 '.
Zu wiſſen, das wir Burgermeifter und Rat der Statt Fryburg
im Bryßgoͤw, in der ere des allmechttigen Gottes und finer Lieben mütter
der Jungkfrom Marien den erſammen meifter Hanns Niefjenberger
von Grab ze einem merdmeilter bejtelt haben den nuͤwen for hie zü
Fryburg an unnjer Lieben fromen münjter ze buwen und benjelben bum
ze verjehen, ze beitellen und ze bumende zum aller beiten getrümlich und
erberlih, wie er und die pfleger des buweß ze rat werben, aljo lang,
biß der jelb For gebumen mirtt oder einem Nat nitt me füglich iſt ze
bumen, und wenn einem Rat nitt me füglic) wer ze bumwend, das jol
man meilter Hannjen ein halb jar vor hin verkünden und jm dann jin
ergangen ldn geben, und jol denn meifter Hanna daran kein anjprad)
me haben. Wer aber ſach, dad man darnad über furk oder lang fürer
an dem For bumwen woͤltt, das fol man meilter Hannjen zewiſſen tin,
und jol dann meilter Hannd wider bumwen, mie das vor und nad) in
dijem brieff jtöt. Item man fol jm des buwes und der verjehung halb
ze lön geben alle fronvaften fünff guldin, und wenn er in des buwes
dienſt ift oder alhar zü dem bum oder wider heim zuͤchtt, jol man jme
alle tag zuͤ dem vorgenanten lön zwen jchilling und zwen pfening
Rappen geben. tem meilter Hanns fol ouch ze yeber fronvajten ein
1 Diefe Urkunde hat Schreiber in feiner Geſchichte und Beichreibung bes
Münfters (Freiburg 1820) ©. 35 ff. befannt gemadt, aber nicht genau nad obigem
Terte, fondern in etwas modernifirter Übertragung. — Die weiter (Nr. 2) folgende
Urphede bes Hans Nieffenberger von Graz kennt Schreiber dagegen nicht, fie ift
bis jegt nicht befannt gemacht.
304
mol zü dem buw fomen. Er jol oud einen güten erbern parlier haben
und den bum mit gütten gejellen verjehen, die ze rechtter zitt an und
ab gangen und getrümlicdh arbeitten. tem er jol die felben knecht
mindern und meren ye nad) bevelh der pfleger, doch wenn ir zc luͤtzel
oder ze vil wer, fol man meilter Hannjen einen monet vor hin Fund
tin, das er ji) darnach wiß zerichtten, und ob einicher gefell den pflegern
nitt füglich wer, das fdllen ſy meiſter Hannfen oder dem parlier jagen,
der jol jn dann in einem monat verjchiden. tem man fol von Sandt
Peters tag im wintter genant kathedra Petri bis ze Sandt Gallen tag
dem barlier ze lon geben zwen jchilling Mappen und den geiellen ein
tag zwen und zweingig Rappen. tem von Sandt Gallen tag biß ze
Sandt Peter8 tag genant kathedra Petri fol man dem barlier geben
nüntzehen Nappen und einem Gejellen funfzehen Rappen. Atem und
den gejellen, die da jeßent, den jol man zweyer Rappen mer geben.
tem die gefellen jdllen in dem gröffern lon an dem werd fin zu fünffen
am morgen und am abent zü den fibenen davon gon und mögen an
dem morgen ein ftund, ze mittag ein ftund und ze dem abent ein
jtund zum effen gon. tem fi jdllent am Sambftag und an gebannen
virabenden über jar ouch von des heiligen Cruͤtzes ze herbit biß zii des
heiligen Erüß tag im Meyen nitt abent ftund halten. Ey moͤgent ouch
am Sambjtag zü fünffen am abent virabent haben und ye ze vierkehen
tagen an einem virabent umm die drü in das bad gon. Es jol ouch
alles holtzwerck unnjer frowen beliben. Item und ob der meijter mit
yeman jpennig wurd, das fol er gen gemeiner ftatt mit vecht ußtragen
vor unſers gnedigen herren von Oſterrich Iandvogtt und rätten bie vor
ze land und mit eingigen perjonen hie zu Fryburg vor Nat oder gerichtt
on all ander ußzüg. Difen pundten und artideln allen und den bum
erberlich und beitendig zefolfüren, dem allem gnüg zü tünd, getruͤwlich
und erberli noch zefomen han ich meilter Hann obgenant glopt by
trüwen an eyds ftatt on all geverd. Und find diſer brieff zwen glich
gemacht und yedem teil einer gegeben mit unnſers des Burgermeilters
und Rats Secret ouch mit minem meijter Hannjen Nieffenberger3 In—
ſigel verfigeltt uff Sandt Matheus des Zmwolffbotten tag do man von
der geburtt Erifti zaftt viertzehenhundertt jübentig und ein jar.
(Original im Archiv der Münfterfabrif-Berwaltung in Freiburg.)
2. Urphede des Hans Uyeſſenberger von Graz gegen den Bürgermeifter
und Rath der Stadt Freiburg wegen Erbauung des nenen Münfter-
Chores vom 25. November 1491.
SH Hanna Nyejjenberg von Grecz befenn, alß die fürfichtigen
wyjen herren Burgermeijter und Nat zü Fryburg mir vor jaren bem
305
nümen angefengten dor in unfer lieben frowen münjter vertrümt und
bevolhen haben ze bumen, in bem ich vil coften gemacht hab, der mol
vil naher inzogen wer bejonder zit lettjt in anfang der welbung, welh
arbeit yecz durch befichtigung ettlicher meifter für unmerdlicheit und
ungeftalt erfent. So nü der buw langmwirig verzogen, gröffer, unnüczer
coft in manig weg baruffgangen, und nod in vil jaren nit zü vol-
bringen ijt, bin ich in fangtnuß genommen, deßglich min jun und min
balier, in meynung, ich jolt dem buw wiberlegung thün, Hab doch min
herren erbetten, daz jy mir den handel zu gnaden und nit zum bertiiten
anzogen, ouch uff den cojten dißmal nit trungen, jonder min armüt,
jmadeit und alter angejehen und gnab erzaigt haben. Aljo in danck—
barkeit fo bin ic) vom bum geitanden, hab min verjhribung fry hinuß—
geben, die fol mit tranfjumpten, vidimus und jnjtrumenten crafftloß,
bin, tod und ab fin. Ich hab ouch uff den buw und dag, jo ich maint,
der bum mir jehuldig fin folt, verzigen für mid, min erben und nad:
fomen, und ein gelerden eyb zuͤ Gott und ben heiligen gejworn fein
anſprach noch vordrung an berürten bum pfleger, gemein Statt noch
ſonder perjonen ergangner ſachen halb niemer ewiclich ze haben, ze jüchen.
Dud di vangfnuß und was fi darunder mit worten, werden, raten
und getaten geſacht und gemacht hat, in argem noch unguͤt gegen miner
gnedigen herrſchafft von Diterreih, minen herren von Fryburg den iren,
die irs verjprecheng find oder werdent, und wer zü dieſer ſach und vangknuß
verdacht oder verwandt iſt, jy jigent geiftlich oder weltlich, niemer ze
rechen, ze vehen, ouch nieman laid, jmah, cojten, jchaden noch wider:
wertifeit züzefügen mit worten noch werden, heimlich noch offenlich,
durch mich jelb8 noch ander in feinen weg. Ouch de3 nieman gemalt
oder bevelh geben, on arglijt und om geverd. Und wir Hank Nyefjen-
berg der Jung und Andreß Holezer balier gehellent in dig urfecht, haben
ouch eyd zü Gott und den heiligen geſworen daby zübliben, wie vorftatt,
damider nit ze fin, ze thün, ze reden noch ſchaffen gethon werden, in
feinen weg ungevarlid. Ich obgenanter Hank von Niejenberg der Alt
hab mich difer verjchribung zuͤ leben verbürgt, mit dem erſammen mwol-
gelerten Gabriel Hohjtetter von Hagndw maijter in fryen fünften,
Balentin Heil miner töhter mann und Andrei Holczer balier obgenant.
Welh bürgjhafft wir yeczgemelten dry uff pitt unjerd ſwehers an uns
genommen eyd zü Gott und den heiligen gejmoren haben jelb3 gemeinlic)
noch fonberlid wider das, jo vorſtat, nit zehanblen, ze reden, ze thün
noch jchaffen gethon werden, und ob wider diß verjehribung in einem
oder me artickeln gehandelt oder geſuͤcht wurd, wie oder durch wen das
geſchech, jollen und möllen wir dafjelb fürnemen und ufftryben abjtellen
nad unjerm vermögen und eim raut, gemeind oder fonderen perjonen,
Archiv. XI. 20
306
wen das berürt, cojten und ſchaden durch gericht, recht, brieff, zerung,
botenlon, angriff, pfandung ober in ander weg empfangen feinen ſchaden
ußgenommen abtragen und jy jhabloß halten. Darumb verpflichten wir
unfer lib und güter, ligend, varend, zü angriff, fover ed gon mag, und
verzihent ung bier inn all und yeber in ſonnders houpſacher und bürgen,
aller und yeder fryheit, gnaden, gerichg und recht, geiſtlichs und welt—
lichs, ſtettrechtz, landrechten, jhirm, hilff, püntnuß, eynung, geſellſchafft,
aller oberfeit und gewaltjammi, geverd und argliſt gar und gancz
bierinn hindan gejecztt. Des zu urfünd hab ih Hank Niejenberg min
infigel an gehengft und darzuͤ beilih id Hank Niefenberg der Jung,
Andreß Holezer und Valentin alle mit Flyß erbetten ben eblen, veiten
Jungkherr Baftian von Blumnegk fin infigel für ung ouch anzuͤhengken
obgeijchribner ding ze befagen, bod im und jinen erben on jchaben.
Und ih Gabriel Hohjitetter hab erbetten den mollgepornen Herren Herr
Felix graven von Werdenberg und zum Heiligenberg dijer zidt Rector
der hohen Schül ze Fryburg min gnedigen Herren finer gnaden Rector
amptz infigel für mic zuvor an diſen brieff zuͤ hengken. Ich hab ouch
difen eyb vor finen gnaben alß clericus uff dem heiligen emwangelio
erjtattet. Doc ift jolich befiglung finen gnaden und der unmerfitet in
allweg on jchaden beſchehen an Sant Kathrinen aubend nah Erifti
gepurt tujent vierhundertt nünczig und ein jar.
(Driginal im Ardhiv ber Münfterfabrif-Verwaltung in Freiburg.)
3) Zur Geſchichte des Bisthums Conftanz.
Von Stadtardivar Marmor in Gonftanz.
a. Grenzen und Beſihungen.
Es gibt nad) Neugart ſechs Bisthümer in der Kriftliden Welt,
melde den Namen Conjtantia oder Conitantina führen. Das eine
it im mittelländijhen Meere auf der Inſel Eypern, daß zweite in
Numidien, das dritte gehört zu Arabien, das vierte zur osrhoeni-
ihen Gegend in Syrien, das fünfte befindet ji in der Normandie,
und das jechöte, welches hier gemeint ift, umfaßte einen großen Theil
von Schwaben und Helvetien.
Dagobert I, König der Franken, fette (zwifchen 622 und 678)
die Grenzen bdesjelben jo weit, daß vielleicht faum ein anderes Bisthum
in Deutſchland bejtand, mwelche® mit dem von Conſtanz in Bezug auf
jeinen Umfang verglichen werden könnte. Dasjelbe erſtreckte ſich der
Länge nad) von Süden nad) Norden aus der Nähe des Urjprungs ber
Neuß am St. Gotthard über den Thurgau, den Aargau und die
ſchwäbiſchen Gaue bis in die Nähe der Stadt Marbad, an der Grenze
307
des fränfifchen Bistums Würzburg; in der Breite hingegen vom Aller:
fluß, an deſſen öftlihem Ufer das Bisthum Augsburg beganı, bis
nah Breiſach am Oberrheine Die Länge beträgt ungefähr 35 und
die Breite etwa 24 deutſche Meilen, der Flähenraum daher bei-
läufig 840 Quabdratmeilen ?.
In Rückſicht auf die angrenzenden Länder ſtieß das Conſtanzer
Bisthum jüblih an's Erzbisthum Mailand, djtlih an die Bisthümer
Chur und Augsburg, nörblid und norböftlid an die Bisthümer
Speier und Würzburg, meitlid an die Bistümer Straßburg,
Bafel und Laujanne.
Laut der zu Conſtanz den 27. November 1155 gegebenen Bulle
Kaijer Friedrichs I, melde von Neugart als vollflommen ächt nad:
gemwiejen ijt?, wurden bie Grenzen des Bisthums näher bezeichnet.
ı Nah dem Bisthums-Catalog von 1794 betrüge die Ausdehnung von
Norden nah Süden 30, von Oſten nady Weften 20 beutfche Meilen.
? Bon bdiefem wichtigen, ſchon früher bei PBiftorius, Merk, Bucelin,
Neugart und anderwärts abgebrudten Documente haben in neuerer Zeit Dümge
(Reg. Bad. p. 139) und Kausler (Wirtemberg. Urfundenbud II, 95 ff.) kritiſch
genaue Abdrüde gegeben. Die Dagobertijche Grenzbeftimmung, worüber die Ur:
Funde verloren gegangen, ift in ber Fridericianiſchen nicht fireng wörtlich wieber:
gegeben, jondern mit Bezeihnungen bes 12, Jahrhunderts vermengt. Der Kaifer
beftätigt Alles, was von feinen Borwefern am Reiche ber Conſtanzer Kirde ver:
liehen worben, und bezeichnet beren Grenzmarken gegen bie umliegenden Bisthümer,
wie er biefe terminos a Tagoberte rege, tempore Marciani Constantiensis |
episcopi, distinetos vorgefunden, in folgender Weife: —
Versus orientem, inter Constantiensem et Augustensem episcopatum, sicut
Hillara fluvius cadit in Danubium (die Iller vom Urfprunge bis zur Ausmün—
bung bei Ulm). Versus aquilonem, inter episcopatum (Constantiensem et) Wirze-
burgensem et Spirensem, usque ad marcham Francorum et Alemannorum
(db. h. bis zur Grenzicheide zwifchen dem Nedar: und Nagolbgau dieß⸗, und dem
Murr:, Glems und Wirmgau jenfeits, welche fih vom Urfprunge der Murg in
norböftliher Richtung bis an den großen Murrharb bei Badnnang hinzog). Ad occi-
dentem, inter (Constantiensem et) Argentinensem episcopatum, per silvam
Swarzwalt in pago Brisgowe usque ad fluvium Bleichaha (bie „Bleich“ bei
Kenzingen), qui dirimit Mortenowe et Briskowe; inde per decursum eiusdem
aquae usque ad Renum fluvium. Inter (Constantiensem et) Basiliensem
episcopatum, ubi Bleichaha cadit in Renum (bie Bleich füllt zuerjt in bie Elz
und mit dieſer erjt in den Rhein) et sic per ripam Reni, inter pretaxatam silvam,
usque ad flumen Ara (die fi zwiſchen Waldshut und Goblenz in ben Rhein er:
gießt), ac deinde, inter (Constantiensem et) Lausanensem episcopatum, per
ripam Arae, usque ad lacum Tunse (Thuner See). Inde (versus austrum) ad
Alpes (bis zum Gotthard), et per Alpes ad fines Raetiae Curiensis (inter
episcopatum Constantiensem et Curiensem) ad villam Montigels (Montlingen,
im fanctgalliicden Rheinthal). Vgl. die Bisthumsfarte, Diöc.-Archiv VL B.
20*
308
Darnach erſtreckte fich basjelbe gegen Sonnenaufgang bis an den Fluß
Sller, der in die Donau fällt und dad Augsburger und Eonftanzer
Bisthum von einander ſcheidet, bis an die königliche Villa Ulm; gegen
Mitternadt bi8 an das Würzburger und Speirer Bisthum, an ben
Grenzmarken der Franken und Alemannen; gegen Sonnenunter:
gang durh den Schwarzwald und das Breisgau bis an’ Biäthum
Straßburg beim Flüßlein Bleih, welches die Mortenau (jekt
Drtenau) vom Breisgau trennt; nachher demjelben entlang bis an den
Rhein, wo dad Bisthum Baſel beginnt, und an dieſem Strome auf:
wärt3 bis zur Aar, an’ Bisthum Lauſanne, und am Ufer der:
jelben hinan bis zum Thunerjee, und von diefem an durd die Alpen
von Ehurrhätien bis in’3 Rheinthal.
Es umfaßte deßhalb das Bisthum Conſtanz beinahe Alles, wa?
das Haus Oſterreich vor Zeiten in Schwaben und Rhätien beſaß;
ſodann mehr als die Hälfte des ehemaligen Herzogthums Wirtemberg,
ſowie das ganze Breisgau und faſt den größten Theil der Schweiz.
Im Anfange unſeres Jahrhunderts aber umſchloß der Gonitanzer
Kirchenſprengel eine anjehnlicde Reihe weltlicher Gebiete und Herrichaften.
Zu ihm gehörten:
1. Auf deutfhem Reichsboden der größere Theil der jogen.
vorderdfterreihifchen Lande, die der Negierung in Freiburg zus
gemwiejen waren; ferner der vorarlbergiihe Bregenzerwald, zur Ne:
gierung von Innsbruck gehörig; die obere Marfgrafihaft Baden, die
Fürftenthümer Kürftenberg und Hohenzollern, mie neben dem
Heinen conſtanziſchen Stiftlande der weit größere Theil der ſchwäbi—
hen Reihsprälaturen, Grafihaften und Reichsſtände, ſowie endlich die
Gebiete der ſchwäbiſchen Neichsritterfchaft der Kantone Hegau, Algau
und Donau,
2. In der Schweiz umfaßte der Eonftanzer Sprengel die Gebiete
der katholiſchen Kantone Ruzern, Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug,
Appenzell:Iunerroden, St. Gallen, Thurgau, Aargau, der öftlich von
der War gelegene Theil von Solothurn, die katholiſchen Gemeinden zu
Zürid und Kleinbaſel.
Durch die großen Territorial:VBeränderungen, melde der Reichs—
beputationg-Hauptihluß vom 25. Februar 1803 durch Säcularijationen
und Mebiatifirungen, ſowie jpäter der Preßburger Trieben vom 26. De—
cember 1805 durd Abtretung der vorderöfterreihijchen Lande an Baden,
Wirtemberg und Baiern herbeigeführt hatten, waren nun in ben
deutſchen Bisthumsantheilen vier Landesherren: der Großherzog von
Baden, die Könige von Baiern und Wirtemberg und die beiden
Fürſten von Hohenzollern.
309
Die Befigungen oder Herrichaften, melde das Hodftift Conſtanz
im Anfang des jechszehnten Jahrhunderts im Thurgau bejaß!, waren
folgende: 1) Arbon, die Stadt mit dem Dorf Horn und der Land—
ſchaft Egnad. 2) Biſchofzell, die Stadt; 3) Schönenberg mit
Heuberg, Hörmoos, Kenzenau, Kuderader, Mübhltobel, Hub, Aipenreute,
Dlmannswyl, Enziswyl, Buchreute, Schweizerholz, Brugglen, Schlaud),
Anwachs, Langenhalden, Roten, Bühl, Neuhaus, Kralbof, Halden, Lait,
Dberau, Unterau, Anbdreute, Rohren, Kupferhaus, Tümpfel, Winklen;
4) Güttingen, dad Dorf mit Moosburg; 5) Langridenbad mit
Greut; 6) Gottlieben, Schloß und Fleden; 7) Siegershaujen
mit Petershauſen (Bätterdhaufen) und Bommen; 8) Tägermwylen,
da3 Dorf mit Oberfaftel; 9) Wigoltingen, jo viel nämlid davon
zum Kelnhof gehörte; 10) da3 Tanneggeramt, zu welchem Wald,
Schurten, Itaslen, Oberwangen, Bogeljang, Büfelden, Horben, Kitten:
beid, Oberhofen, Sirnach, Kloten, Hub, Krilberg, Hatterswyl, Scherli-
wald, Ziegenjee, Gupfen, Wied, Hadenberg, Niet, Buhwyl, Bettwiejen
und einige toggenburgijche Ortichaften gezählt wurden.
Dieje Gerichte wurden größtentheild ala befonderes Eigenthum
des Biſchofs durch Obervögte verwaltet; Langrickenbach ſtand dem Dom:
ſtifte, Wigoltingen (mit ſeinen Hofjüngern) dem Dompropſte zu.
Was die vielen biſchöflich conſtanziſchen Lehen betrifft, ſo zählten
dazu: 1) Zuben, das Dorf (mit Ausnahme von fünf Häuſern) ſammt
einem Hof zu Belzſtadel und in der Vogtei Eggen in der Hand des
Kloſters St. Gallen; 2) Oberach (fünf Häuſer ausgenommen) mit
Engishofen, Ehitegen, Kratz, Guggenbühl und einigen Häufern zu Bud:
ackern, Ennetah und Andwyl, in der Hand der Herren von Helmsdorf
zu Eppishaufen; 3) Eppishaufen mit Schodersmyl, Bießenhofen,
zwei Häufern in Erlen, Gehrishäugli und Adhmühle in gleichem Beſitz;
4) da3 Pelagiengotteshausgericht bei Biſchofzell mit Bysreute, Breite,
Stoden, Eberswyl, Alten, Reute, Horb, Wylen, Im Schwanz, Rappen:
ftein, Gertau, Limisau, Rothen, Schweizerhaus, Laufen, Mollishaus,
Wolfhag, Trön, Oberholz, Ofterwald, Egerten, Thürlimang, Hafum,
Wengi, Moos, Birnftil, Störßherten, Horbah, Rugglishub, Freiherten
(ein Haus), in ber Hand des Chorherrnitift3 zu Biſchofzell; 5) bie
bijhofzelliiden Stadtgerihte zu Katzenſteig, Mosburg, Ghögg,
Tannen, Stih, Hadbüren, Leuenhaus, Muggenjturm, Klaufenhaug,
Schlatt, Langentannen, in der Hand der Stabt Bifhofzell; 6) Haupt:
wyl mit drei Höfen zu Freiherten; 7) Ziljhlaht mit Degenau und
DBlided, in ber Hand der Welter; 8) Heidelberg fammt Hohentannen,
— — — —
ı Bupilofer, Geſch. bes Cantons Thurgau II, S. 9—11.
310
in der Hand der Stadt Biſchofzell; 9) Otlishauſen mit Befang, in
der Hand der Schenken von Caſtell; 10) Berg mit Preitenberg, dem
Kelnhof unterhalb Berg, Anhaujen, Heimenladen, mit Antheilen an
Mattwyl, Mauren, Goppertöhaujen und Kronbah ſammt einigen zer:
ftreuten Häufern auf dem Dttenberg, in der Hanb der Herren von
Roggwyl; 11) Liebburg mit Lengmylen, Oberhofen, Dettikofen,
Hohenegg und DBloten, im Bejig der Blarer von Eonftanz; 12) Anb-
wyl (zum Theil) mit Happersmwylen, in der Hand des Stifts St. Stephan
zu Gonftanz; 13) Engmylen, in der Hand der Gefchlechter Engwyler,
Meyer und Eglof; 14) Liebenfel3 mit Lanzen-Neunforn, Ammann=
haufen, Eggmühle, Gündelhart, Hörhaujen, Hagenbuch, Helmshauſen,
Nittbrunnen und Schwärzehof, in der Hand der Lanzen von Liebenfels;
15) Pfyn mit Hungerbühl und Ziegelhütten, in der Hand der Mötteli
von Nappenjtein; 16) Wigoltingen mit Niederhofen, Engmwang,
Wagerswylen, Gillhof, Tangwang und Hazli, in der Hand der Herren
von Breitensfandenberg zu Altenklingen; 17) Fiſchingen mit Balters-
wyl, Bicheljee, Brengreute, Buch, Ifwyl, Breitenader und Sommered,
im Beſitze des Kloſters Fiſchingen.
Es beſaß das Hochſtift Conſtanz in Baſel ein Kameralamt, deſſen
Gefälle aber aus Ortſchaften gezogen wurden, die nicht im Gebiet der
Stadt Baſel, ſondern in der markgräflich baden-durlachiſchen Juris—
diktion lagen, wie zu Binzen, Buggingen und Seefelden, Egringen,
Holzen und Mappach, Kirchen, Mühlheim, Badenweiler, Ober: und
Niederweiler, Schalbach. Schliengen und Mauchen lagen im bajeljchen
Gebiete. Zu Bafjendingen oder Bafedingen beſaß es die niebere
Gerichtsherrlichkeit.
Freiherr Luthold von Regensberg verkaufte 1294 Stadt und
Herrſchaft Kaiſerſtul im Aargau, ſammt der Burg an der Brücke mit
Leuten, Lehen und dem Kirchenſatze zu Thengen, an das Bisthum Con⸗
ftanz. Das Schloß Schwarzwaſſerſtelz im Rhein wurde 1363 vom
Biſchof Heinrih von Brandis erfauft nebſt den niedern Gerichten im
Dorfe Viſibach. Ebenjo gehörte dad Schloß Weiß: oder Hochwaſſer—
ſtelz mit der halben Gerichtäherrlichkeit zu Lienheim und Zugehörde,
jammt dortigem Frucht: und MWeinzehnten zum Bisthum. Die Stadt
Klingnau an der Aar wurde 1269 von Walther von Klingen an
Biſchof Eberhard II veräußert.
Sn Frauenfeld erhielt das Bisthum, nachdem ihm im 16. Jahre
hundert die Abtei Reichenau zugefallen war, anfehnliche Gerechtjame.
Ein bifhöfliher Obervogt wohnte in diefer Stabt und bejorgte von
ihr aus die Ortſchaften Ermatingen, Triboltingen und Mannenbad)
mit dem Ort GSalenitein; Frutwylen und Raperswylen, Helzighaufen,
311
Hämylen und einigen Häufern zu Fiſchbach; Berlingen mit Stedborn,
Feldbach, Weyern, Glarigegg, Ziegelhütten, Wolfleln, Mühlheim, Langen
erhingen (Langdorf) mit Oberndorf, Banhalden und Horgenbad. Che:
mals Reichenauifhe, nun bifchöflihe Lehen waren Heſchikofen, im
Beige der Herren von Ulm zu Grießenberg; Mettendorf, Luftorf,
MWellhaufen mit Ufhofen, Waldhof, Bietenhart und Heſſenbohl, ſowie
Thundorf mit Kildberg, Dietlismühle, Auglismoos und Wellenberg,
die Burg, alle im Befige der Mötteli zu Pfyn; Kefikofen mit Islikon
im Befi der Walter von Blided, und der Thurm zu Stedborn, in
der Hand der Stadtgemeinde Stedborn.
Sn der Stadt Schaffhaufen hatte das Hoditift ein Kameralamt
mit der niedern Gerichtöbarkeit im Amte zu Unwiſen, ſowie verjchiedene
Zehnten in der Herrihaft Neukirch, in der Landgrafihaft Kleggau,
in der hegauiſch-blumenfeldiſchen Herrihaft, im Amte Unwiſen zürchi—
ihen Gebiet3 und in der äußern Grafihaft Kyburg.
Ebenſo beſaß das Hochſtift in der Stadt Zürich ein Kameralamt,
jedod ohne alle Gerichtäbarkeit. Der Amtmann Hatte nur verjchiedene
Zehnten (davon die mehrjten Quarten find) zu beforgen, ala: in der
Herrigaft Eglisau, im zürcherſchen neuen Amt, in ber Herrichaft
Bulad, in der Grafihaft Kyburg und in der Herrihaft Regen:
berg. Vom Gotteshaus Reihenau endlich erwarb Biſchof Eber:
hard II im Jahr 1265 den Tleden Zurzach, welcher durch den fürjt-
lihen Obervogt zu Klingnau verwaltet wurde. In die Gerichte dieſes
Fleckens gehören die Dörfer Melliton, Redingen und Niebheim oder
Rieden.
Als der Generalvicar v. Weſſenberg die Verwaltung des Bis:
thums übernahm, belief fich die Seelenzahl der Fatholiihen Bewohner in
den beutjchen und ſchweizeriſchen Beitandtheilen auf etwas über anderthalb
Millionen, wovon ein ftarkes Drittheil auf Baden fam. Die gefammte
Geijtlihfeit des Bistums umfaßte 6608 Perſonen, nämlich 2365
MWeltgeiftlihe, zum größern Theil in der Seeljorge oder im Lehrfach
verwendet, 1220 Kloitergeiftlihe, 906 von den verjdhiedenen Bettel-
orden und 2117 Nonnen. Es kam demnach auf etwa 230 meltliche
Köpfe eine geiftliche Perſon.
Schon im Jahre 1813 wurde von der päpftlihen Nuntiatur in
Luzern eine Trennung der Schweiz vom Bisthum Conſtanz beabfichtigt,
welche jpäter wirklich erfolgte.
Die Iangen Berhandlungen der zu Frankfurt vereinigten jüb-
deutſchen Regierungen (Baben, Wirtemberg, Heffen-Darmftabt mit
Kafjel, Nafjau und Frankfurt) führten endlich zu einer Übereinkunft
mit dem päpftliden Stuble, nad) weldher die neue Kircheneinrihtung
312
jener Staaten geregelt wurde. Dieje follten Fünftig eine gemeinfame
Kirhenprovinz, die oberrheinijche, bilden, und der Metropolit (Erz:
biſchof) derjelben im Großherzogtfum Baden und zwar, mit Aufhebung
des alten Bisthums Conjtanz, zu Freiburg feinen Sig haben.
Der Bisthumsverweſer v. Wejjenberg hatte bis zur Eonjtituirung
der oberrheinifchen Kirhenprovinz die Bisthumsverwaltung fortgeführt;
in einem Hirtenbriefe vom 21. Detober 1827 zeigte er feiner Diöcejan-
Geiftlichfeit die Auflöfung des Bisthums an und nahm von ihr einen
herzlichen Abſchied.
Mit diefem lebten Mcte verihwand eines der älteſten und
größten Bisthümer Deutſchlands aus der Reihe derjelben in Folge
der gewaltigen Ereigniffe, welche den 1000jährigen Bau des deutſchen
Reiches zu Falle gebradit!
b. Politifche und kirchliche Eintheilnng des Bisthums-Gebietes,
Sn älteren Urkunden wird zweier größerer Provinzen erwähnt,
in melden das Bisthum Conftanz auägebreitet war, der Länder
Alemannien und Burgund, melde nad Verjchiedenheit der Zeiten
bald von weiteren, bald von engeren Grenzen umjchrieben waren. Was
Alemannien betrifft, jo jtieß das Bisthum gegen Often an den Led:
fluß, und gegen Welten an den NRheinftrom; im Süden an bie hohen
Alpen, and im Norden an die deutjch-fränkfiiche Grenze. Unter Burs
gund dagegen ijt bier das transjuraniſche (d. h. von und aus das
cisjuraniſche) zu verjtehen, welches fi vom St. Gotthard in einem
großen Bogen bis an den Rhein (zwiſchen Bajel und Coblenz) er:
jtredte. Davon gehörten aber nur die drei Landcapitel Winau, Arberg
und Münfingen zum conftanziihen Bisthumsiprengel.
Der Anfang der Eintheilung des conſtanziſchen Bisſsthumsſprengels
in Ardidialonate und Defanate (Landcapitel) iſt nicht mehr
feftzujtellen. Im Bisthum Straßburg beitunden die Ardidiafonate
Ihon um die Mitte des achten Jahrhunderts, aljo wohl aud im Bis—
thum Conſtanz. Diejelben hatten zum Zwecke, die geiſtlichen Geſchäfte
zu ordnen und zu erleichtern durch eine beſtimmtere Verbindung mit
den Erzprieſtern (Archidiaconi), denen die Landdekane (Decani
rurales seu forenses) untergeben waren, damit der Biſchof bei ſeinem
ſchweren Amte der überſichtlichen Leitung ſich ſicherer auszufinden
und beſſer Raths zu erholen wiſſe.
Dieſe Bisthsums-Eintheilung beſtand bis in's 16. Jahrhundert,
wie eine von Dr. Raßler unter dem Karbinal:Bifhof Andreas von
Dfterreih gegen Ende bejagten Zahrhunderts verfaßte Beſchreibung
ber Arhidiafonate beweist, welche Neugart aus der Karthauſe Sttingen
313
erhalten. Inzwiſchen aber find die Ardidiafonate jo geihmwunden, daß
faum noch der Namen eined Archidiakons übrig geblieben.
Nah) dem Liber decimationis pro Papa vom Jahre 1275 be-
ftand im 13. Jahrhundert das Bisthum Gonjtanz aus zehn Ardi:
diafonaten mit 67 Delanaten. Kolb gibt den Abfall bloß ber
Pfarreien (ohne Klöjter und andere Stifte) in der Neformationgzeit
auf 1855 an. Noch 1769 bejak das Bisthum 52 Landcapitel oder
Dekanate, 1254 Pfarreien, 918 SKaplaneisBeneficien, 243 Klöiter,
8902 geiftliche Perjonen beiderlei Gejhleht3 und 897,624 Seelen. Im
Jahre 1794 zerfiel das Bisthum nad) dem Bisthumsfatalog in 57 Land—
capitel und in 1231 Pfarreien, und es befanden fih 1796 nod)
236 Abteien und Klöſter darin.
Nah Seifrieds ſtatiſtiſchen Notizen betrug das deutiche Reichs—
gebiet des Bisthums beiderjeit3 am Bodenjee fünf Meilen mit den
zwei Städten Meersburg und Markdorf, drei Flecken, vier Klöftern,
jiebenzig Dörfern und 14,000 Einwohnern. Es war eingetheilt in die
Dbervogteiämter Meersburg, Sttendorf, Markdorf, Hei:
henau, Bohlingen, Ohningen, Rielafingen und Staringen‘.
Die meiſten bijchöflihen und hochitiftlihen Beſitzungen lagen in der
Schweiz, meijtend im Thurgau, wie die Obervogteien Arbon, Biſchof—
zell, Gottlieben, Güttingen und eilf Gerichtäherrlichkeiten; dazu find zu
rechnen die Dbervogteien Klingnau, Kaijerjtuhl und Zurzach.
Die Einkünfte des Bistums murden zu 200,000 Gulden ge-
Ihäßt und die Tafelgelder des Fürſtbiſchofs jollen 90,000 Gulden be:
tragen haben.
Der Dompropjtei gehörte die Reichsherrſchaft Konzenberg an
der Donau, aus fieben Ortjchaften beitehend, jammt den Dörfern Wurm:
lingen, mojelbjt der bijchöfliche Dbervogt jaß, Seitingen, Durchhauſen,
Weilheim und Oberflatt; das Hochſtift beſaß die Herrichaft Nötteln, jo-
dann im Thurgau die Gerichtäherrlichkeit Langenrickenbach und Kiebburg,
die Hälfte des Gerichts Pfyn und Äühnliches.
4) St. Katharinenthal.
Von Literat Staiger in Gonftan;.
St. Katharinenthal?, eine Kleine halbe Stunde von Diefjen-
hofen, ehemalige DominikanersFrauenklojter, liegt ganz nahe am Rhein.
ı Kolb, 2erifon I, 220, wojelbit noch weitere ftatiftiiche Angaben über ben
Beftand zur Zeit der Auflöfung. Anm. der Reb.
? Die Geihichte von St. Katharinenthal wurde ausführlich behandelt von Pater
Ban der Meer, j. oben ©. 20. Anm. d. Reb.
20
—
314
Zur Beit, ald Diejfenhofen eine Stadt geworden (Ende des
12. Jahrhunderts), war zu Winterthur ein Verein geijtlicher Schweitern,
Beghinen, unter der Borjteherin Williburga (Williburgis) v. Hünifon.
Diefen Berein wünſchte der Pfarrer Hugo von Diefienhofen für dieſe
neue Stadt zu gewinnen; er beſprach jich darüber mit den Truchſäſſen!,
dieje billigten feinen Plan und verhiegen ihm Unterftügung. Nun be-
mübte er ſich bei der VBorfteherin, zu ihm überzufiedeln. Williburga
willigte ein und die Schweitern erhielten mit Bewilligung des Grafen
Hartmann von Kyburg nächſt der truchſeß'ſchen Burg (Unterhof) eine
Wohnung, wo fie fich Flöfterlich einrichteten. Nachdem ihnen jedoch bald
darauf der Graf jein jchöner gelegenes Jagdhaus außerhalb ber Stadt,
am Rhein, geſchenkt hatte, zogen fie dahin, errichteten hier ein Kloſter,
und diefem gaben fie dann zufolge gewiſſer Erjcheinungen der Hl. Ka—
tbarina mit Erlaubniß des Biſchofs Heinrihd I von Conitanz vom
3. März 1242 und Genehmigung der beiden Grafen Hartmann von
Kyburg, älterer und jüngerer, d. d. 1. Juni 1242 den Namen St. Ka—
tharina. Darauf nahmen fie 1245 den Orden des hl. Dominicus an.
So entitand dieſes mit den Nechten und Freiheiten, wie jie die Schweitern
zu Töß und Straßburg hatten ?, ausgejtattete Stift St. Katharina
oder, wie man es nachher gewöhnlich nannte, St. Katharinathal (Vallis
Sanctae Katharinae), da3 jchnell durch Bergabungen und Vermächtniſſe
jo in den Stand gejeßt wurde, daß e3 ſchon 1246 vom Abt Berthold
von St. Gallen ein Gut zu Widinsdorf (Wilisdorf) um 84 Marf
Silber kaufen konnte, und 1255 jhon Bauernhöfe zu Hettlingen, Hor:
wen, Schwarzad, Schlatt, Hüttwylen und Adlikon beſaß. 1257 kaufte
dag Kloſter von Heinrid) v. Güttingen und jeiner Gemahlin Quitgarde
einen halben Hof zu Weiler (Wyler) und den Wald Bunzenbühl mit
der daranjtokenden Wieje. 1260 erwarb e3 für 160 Marf Silber und
eine Leibrente von Konrad v. Salenjtein das Maieramt Bafadingen
und Rudolfingen, und von der Abtei Reichenau für 109 Mark Silber
noch einige dortige Höfe nebſt einem Weinberg zu Alasbach (Allensbadh).
1263 verzichtet Graf Hartmann von Kyburg zu Gunſten des Klojterd
auf al jein Eigenthum in Schlatt. 1264 wurde von Bilhof Eber:
hard II von Conſtanz die Collatur der Kirche zu Bafadingen dem Klojter
einverleibt. 1269 trat der Bijhof dem Klofter den Wald am Gahlinger
(Sailinger) Berg gegen Taufh ab. 1271 wurden dem Klojter von
1 Über die Truchſäſſe von Diefienbofen, deren Familie der Ghronift Hein:
rich von Diefjenhofen angehört, vgl. Pupikofer a. a. O. I, 131. 186.
Anm. d. Red.
2 Bupifofer, Geſch. bes Cant. Thurgau I, 164; Nüſcheler, Gotteshäuſer
U, ©. 65.
315
Werner v. Nojenegg einige Höfe zu Kunolfingen (Kundelfingen) und
Schlatt vergabt. 1277 jchenft Anna, Gemahlin Königs Nudolf I, mit
ihren Söhnen Albert und Hartmann dem Stift 30 Mark Silber, ala
Pfand dafür aber einitweilen die Hälfte ihrer Güter zu Guntringen, und
1279 verleiht ihm der Biſchof Rudolf II den Zehnten zu Gottmindingen
(Gottmadingen) und Obergailingen, ꝛc. ꝛc. Kurz, das Klojter, das aud)
noch fein Haus zu Diefjenhofen hatte, durch welches es mit der Stadt
verbürgert war, fam durd Schenkungen der Truchſäſſe von Diefjenhofen,
des Hauſes Oſterreich, des benahbarten Adels und dadurch, daß viele
adelige Töchter ? mit reichen Augiteuern in das Stift eintraten, wie z. B.
41317 Katharina, die Tochter des Freiherrn Heinrich v. Thengen, ſowie
dadurch, daß fih Wittwen und felbit Ehefrauen in das Kloiter ver:
pfründeten, während ihre Männer als Laienbrüder auf den Höfen ihre
beiten Kräfte dem Dienite des Stifts mwibmeten oder gegen Shingabe
ihres Bermögens Leibgedinge genojjen, u. dgl., bald zu großem Wohlſtand.
Auf die höchſte Stufe aber brachte e8 der Dominicaner Heinrich
Sujo?, genannt Amandus (gejt. 1366); denn fein längerer Aufenthalt
daſelbſt übte nicht nur großen Einfluß auf die Frömmigkeit und geiftige
Bildung der Nonnen aus, jondern es jtrömten auch von überall Leute
ber, um den außerordentlihen Mann und berühmten Prediger zu jehen
und zu hören, die reichlihe Gaben und Opfer bradten, und jelbit die
Gemahlin des Herzogs Rudolf von Oſterreich hielt fich zu dieſer Zeit
(1335) mehrere Monate dahier auf und ließ andere Klöjter nach dem
Sinn und Geift von St. Katharinenthal einrichten. Ja, feinem Bor:
bilde mag es jogar zuzuſchreiben fein, daß manche Nonne fih durd)
heiligen Sinn und Wandel auszeichnete, wie um 1236 ſchon Elijabetha
v. Stoffeln, indeß Andere wieber ſich wifjenjchaftlihem Streben bingaben.
So jagt man namentlid von Anna v. Hohenberg 1397, daß fie die
Schriften des Dionyfius Areopagita gelejen ®,
Im Kriege der Schweizer gegen Oſterreich 1460 wäre das Klofter
bald verbrannt worden. Als nämlich die Eidgenojjen über'm Rhein ber
zur Eroberung von Diejjenhofen gegen die Stadt heranrüdten, wobei
Hand Schweiger mit feinen Zürichern und mit den Zuzügen von Uri
und Unterwalden vorausgeeilt war, ſich des Kloſters zu bemächtigen,
ergriffen einige Eidgenofjen, weil man ihnen bie Pforte nicht ſogleich
Öffnete, euerbrände, um fie auf dad hölzerne Gebäude zu jchleudern,
und das Klojter hätte au wirklih ein Raub der Flammen werden
ı Bol, oben S. 20, Note. Anm, d. Reb.
2 Bol. Diöc:Arhiv III, 204 fi. Pupikofer a. a. O. I, 202.
Anm. db. Red.
s Bupifofer a. a. D. I, 238.
316
müjjen, wenn nicht der Sammer der rauen und die heilige Weihe der
frommen Stiftung einen Nottmeilter der Unterwaldner, den ſpäter fo
berühmt gewordenen Einfiedler Nikolaus von der Slüe gerührt,
und er, hinweiſend auf das Verbot, Kirchen und Gotteshäujer zu ſchä—
digen, und erfüllt von Begeijterung und Muth, die Unjhuldigen zu
retten, nicht dem Frevel gemehrt und durh Wort und That die-Un=
bejonnenen zurüdgehalten hätte, wodurd, und da ſich nun auch nod) die
Pforte öffnete, die Eidgenofjen nicht weiter an Schädigung daten !.
Die ſchwerſte Noth und Prüfung jedoch Fam über die frauen zur
Zeit der Reformation; da aber zeigten jie ji wie Heldinnen und
Marterinnen, und e8 dürften wohl wenige Klöfter aufzumweijen jein, die
einen jolhen Muth und Standhaftigkeit bewiejen, wie die Frauen zu
St. Katharinenthal. Hören wir übrigens, was Pupikofer jagt: „Wie
eine Mutter, der man den Säugling von der Brujt reißen will, ver:
theidigten fih die Nonnen zu Katharinenthal für ihren hergebradten
Glauben und Gottesdienjt. Den Anforderungen der Bürger von Diefjen:
ofen, die Neformation anzunehmen, widerjtanden ſie; ergrimmt ſuchten
einige mit Srten einzubreden, wurden indefjen durch den Rath ab:
gemahnt, vom Rath ſelbſt hingegen erging der Befehl, die Geremonien
mwegzuthun und die Gapellane zu entlajjen. Setzt flohen die Priorin und
zwei der pornehmiten Nonnen mit Briefen und Siegeln nah Scaff-
haujen. Zu den übrigen, melche, was jie Kojtbares hatten, zu retten
ſuchten und bei Tag und Nacht große Angjt litten, famen Boten von
Züri, Bern, Glarus und Solothurn, Prädifanten der Umgegend, baten
und mahnten, nachzugeben. Umjonjt. Alle Belehrung wieſen fie zurüd.,
So laut jammerten jie über ihr Elend, daß jelbit der Abgeordnete
Zürichs erklärte, e3 jei jo arg nicht gemeint. Gefandte von Uri, Schwyz
und Unterwalden richteten den Muth der VBerzweifelnden noch mehr auf.
Allein jet brachen die Diefjenhofer in die Kirche, verbrannten die
Bilder und warfen St. Nikolaus und St. Katharina, melde nicht
brennen wollten, in ben Rhein. Wie Rafende vertheidigten fich die
Nonnen mit Steinen, Mörjerfeulen, Bejenjtielen. inzelne rauen
jchleppten Altartafeln weg und verbargen fie, die nachher jelbit von den
fräftigiten Männern faum mieder an ihre alte Stelle zurüdgetvagen
werden mochten. Dennoch lagerte fih ein wilder Schwarm in bag
Klofter ein. Oft Liegen die Zechenden, die Schweitern zu jchreden, den
Henker kommen. Auf Klagen beim Landvogt erjchien zu ihrem Schuge
ein alter Beamter. Dem murden die Zähne ausgeſchlagen und er in
1 Thurgauifches Neujahrsblatt pro 1827, ©. 19, 20, und Thurgauifche Beiträge
zur vaterländifchen Geſchichte. 2. Heft, ©. 54. 55.
317
den Thurm zu Diefjenhofen gelegt. Abermals kamen Boten ber vier
Orte an, begleitet vom Abte zu Gappel, von Rathsherren aus Diefjen-
bofen, von mehreren Prebigern. In einer langen Rebe wurden die
Nonnen ermahnt, das Wort Gottes anzunehmen, das wie die Sonne
jo Klar fei, und ungeſäumt die Ordenskleider abzulegen. Auf den
Knieen baten fie um Schonung, beriefen fih auf alle at Orte. Doch
man nimmt einer nach der andern das Ordensgewand, jchiebt fie zur
Thüre hinaus; der folgenden jagt man, die Borgängerin habe ſich ge—
fügt. Nur Eine aber läßt fih täufhen. Die Ordengkleider werben in
der Stadt verbrannt, die Schweitern zur Predigt gezwungen. Bon da
an juchen fie zu entfliehen, unterjtügt von ihren Verwandten aus der
benachbarten Ritterſchaft. Den Meiſten gelingt es. Anfänglid in
Engen, jpäter in Villingen harrten fie, viele krank und gebeugt, auf
bejjere Zeiten.“ ? Endlich im Jahre 1531 Hörte der zwingli’jche Gottes-
dienit dahier auf und kehrten die Frauen wieder über den Rhein in ihr
Kloſter St. Katharinathal zurück, das jet renovirt und der Kirche
wieder ihre frühere Einrichtung gegeben wurde; die Stadt Diefjenhofen
dagegen verlor wegen ihrer Gemaltthätigkeit gegen das SKtlofter und
Einführung der Reformation allda durch die fatholiiden Stände 1534
das Net, ihre höchſten Beamten, nämlid) die vier Alträthe, aus welchen
die Gemeinde den Schultheiß und Vogt ernannte, ſelbſt zu mählen ?.
Nachher, 1536, verlangten die Evangeliihen zu Bajadingen vom Kloſter
al3 Collator ein eigenes Pfarrhaus, welche Forderung aber von ber
Tagjagung abgemwiejen wurde. 1549 ſprachen die fieben Orte das Kloiter
von der Beaufjichtigung durch den Landvogt frei. 1597 geſchah ein
Gütervertrag zwiſchen Stein, Schaffhauſen und St. Katharinathal. 1631
trat das Klofter denen zu Bajadingen gegen Entihädigung das Meiner:
haus jammt Baumgarten als evangel. Pfarrhaus ab. 1715 wurden
unter der Priorin Maria (Anna Maria Joſepha v. Rottenberg aus
Würzburg) die jegigen ſchönen Klojtergebäude und Kirche zu bauen be—
gonnen, 1848 errichtete das Klojter für die Gunft, daß man es bei
ber Säcularijation der thurgauiſchen Klöfter allein beitehen ließ, eine
Erziehungsanftalt für arme verwahrloste Kinder beider Eonfejfionen in
feinen Mauern. Dann 1866, 10. September, legten noch zwei Nonnen
dag Klojtergelübde ab, und 1869, 25. Mai, wurde auch noch diejes letzte
aller tburgauifchen Klöfter aufgehoben und den Frauen Penſionen aus:
geworfen (dev Priorin 1600 Fr., den Eonventualinnen je nad ihrem
1 Bupilofer a. a. DO. II, 73—75. Bol. Sulzberger, Biographiſches Ver:
zeihniß ber ev. Geiftlichen des Gant. Thurgau. Bol, oben ©. 21.
? Dafelbf ©. 111.
318
Alter 1000 bis 1100 Fr., für jede Laienfchweiter nad) Alter 600 big
700 $r.), ſowie jeder Gonventualin beim Austritt aus dem Kloſter ihre
Zimmereinrihtung. Die Frauen verließen am 1. September 1869 St.
Katharinenthal und zogen in das der Familie Gmür gehörige ehemalige
Damenftift Schennis im Bezirk Gajter. So endete nad) einem 600jäh-
rigen Beitand das Klofter St. Katharinathal, dad mit der Priorin ge—
wöhnlih 30 Frauen und 10 Schweitern (bei der Aufhebung 1 Priorin,
11 Eonventualinnen und 5 Laienſchweſtern) zählte und innerhalb feiner
Mauern, zu Gailingen und Nudolfingen die niebere Gerichtsbarkeit und
zu Baſadingen den Kirhenjag hatte. Das Conventsfiegel vom Jahre
1324 (S. Convent. sor. vallis sce. Caterine ppe. Diesenhofen) zeigt
bie Hl. Maria mit einem Biſchof rechts und einer heiligen Jungfrau
lint3, und das Siegel der Priorin vom Jahr 1347 (S. Priorisse in
Diezenhoven) Maria mit einer Enieenden Nonne!. Dieſes Klojter bes
jaß ein Vermögen von mehr ald 1 Million Gulden!
Set find die jehr ſchönen umfangreichen Gebäulichkeiten fammt dem
bereit8 3 Morgen großen Garten zu einem Kranken und Greijen=
Aſyl verwendet, und in der ziemlich großen, prächtigen, reich verzierten
früheren SKlofterfirche, die 7 Altäre (am Fuße des Hocaltar liegt bie
Erbauerin des neuen Klofter und der Kirche, die am 30. Jänner 1738
jelig gejtorbene obgenannte Priorin Maria v. Rottenberg begraben) mit
mehreren vorzüglichen Gemälben, eine Kapelle hinter dem Hodaltar und
eine vortreffliche Drgel hat, wird nun von Diefjenhofen aus der Gottes—
dienjt bejorgt.
5) Zwei Xctenftüde, die erſte Wahl eines Erzbiſchofs von
Freiburg betreffend.
Mitgetheilt von Domcapitular F. S. Schmidt.
1. Declaratio.
Gravibus momentis ductus palam testor, publiceque declaro,
me, cum certior factus sim, regiam celsitudinem, magnum Ba-
darum ducem cum sanctissimo patre papa Pio VII de conferenda
mihi archiepiscopali, quae Friburgi erit, dignitate communicaturum
esse, eumque in finem assensum meum requiri, me — inquam —
praestito hoc assensu haud quidquam professum fuisse, vel pro-
fiteri voluisse, nec ad quidquam eorum me obligasse, vel obligare
voluisse, quae sanctissimus pater ratione ejus, quod in unitorum
ı Nüfcheler, Die Gotteshäufer der Schweiz. 2. Heft, ©. 65. 66.
r.
319
principum conventu actum fuit, partim improbanda, partim futurae
ordinationi reservanda censuit.
Seripsi atque subscripsi propria manu
Friburgi in Brisgaudia, die vigesima mensis Julij, anno 1823.
Ferd. Gem. Wanker,
m. d, Bad. a consil. eccl.,
theol. doctor et professor.
2. Antwort des ernannten Erzbifchofs Bernhard Boll auf die
Anrede des päpflichen Delegaten Burg, vor dem eidlichen Glanbens-
bekenntniß, als Beſchluß des Informativ-Proceffes.
Hohmürdigiter, Hohmohlgeborener,
Hochverehrtefter Herr päpitlider Delegatus!
Sie haben höchſt wichtige, inhaltsſchwere Worte zu mir geiproden,
und mein Herz, das bereits auf diejer Erde 70 Jahre gejchlagen hat,
iſt dabei innigft ergriffen. Der hohe Beruf, die Wichtigkeit des ober:
hirtlihen Amtes, die ſchweren Pflichten, die furchtbare Verantwortung
fallen centnerjchwer auf meine Brujt; die Bulfe müßten bei der Schwach—
heit meines Alter8 und Abnahme meiner Kräfte ſtocken, wenn mic nicht
mein reines Bemwußtjein, mein vertrauensvoller Blifd nah Oben zu
unjerer Aller höchſtem Hirten, und die Hoffnung auf liebevolle Unter:
ftügung im apoftoliihen Glauben bewährter, treuer und weiſer Räthe
mit einigen Gedanken des Troſtes erquidten.
Sie, Hochwürdigſter! wiſſen, daß meine hohe und wichtige Be:
ftimmung nit mein Geſuch, nicht mein Bejtreben war. Nur nad
wiederholter dringender Daritellung meiner Unmwürbdigfeit und meiner
Schwachheit, nur, nachdem Sie mir jhriftlih und mündlich betheuerten,
daß nur durch Hingebung meiner Perjon die heilige Sache zur Aus—
führung kommen fönne, nur, naddem Se. Königl. Hoheit jelbjt meine
unterthänigit vorgetragenen Gegengründe auf eine unbejchreiblich milde
und landesväterliche Weife zu widerlegen gejuht, und am Ende der
Unterredung mit einem mein Innerſtes durchglühenden Händedrude und
mit den Worten: Sie find ed Gott und Ihrer Kirche ſchuldig,
mid entlafjen Hatte, nur dann gab ich mich zum Opfer hin.
Mit diefem Bemußtjein, mit biefer Hingebung in den Arm .der
Vorſehung glaube ich, mein ſchüchternes Herz erheben zu bürfen zum
Throne der Gnade, und mit inniger Zuverfiht bete ich täglich zum
Stifter unjerer heiligen Kirche, daß er meine Muthlofigkeit aufrichten,
meine Schwachheit jtärken, und, da er mir ben uneigennüßigen guten
Willen gab, auch die VBollbringung ded Guten gewähren möge. Denn
320
ich erkläre jeyerlid) vor jeinem mein Herz durchſehenden Auge, daß ich
gewiß nur jeine Ehre, nur das Wohl feiner Erlößten zu ſuchen, nur
jeine, und feiner auf den Felſen Petrus gegründeten Kirche reine Lehre
fejtzuhalten, zu vertheidigen und zu befördern den ernſtlichſten Willen habe.
Doch niht id, jondern die Gnade Gotted mit mir, bie
mir auch dieſes Wollen gab. D, ich bitte Sie Alle, Hochverehrtefte!
mit meinem Gebete das Ihrige zu vereinigen, damit id), wenn je bie
Stunde meiner höhern Wirkjamkeit jchlägt, mit Gottes Hülfe meinem
Borjaze getreu den Wink der Vorjehung, die Erwartung unjers theuerjten
Negenten, und die Sehnſucht nad) einem Oberhirten jeufzender Katholiken
rechtfertigen möge!
Ich glaube faſt, ſchon jet mit Paulus jagen zu dürfen: Ich werde
ion geopfert, und die Zeit meiner Auflöjung ift nahe O, möchte ich
dann aud in jener Stunde, in welcher fi mein Geift vom Körper
trennt, mit ihm jagen fönnen: Ich babe einen guten Kampf gekämpft,
meinen Lauf vollendet, übrigens ijt mir vorbehalten die Krone ber
Gerechtigkeit, welche der Herr, der gerechte Nichter, an jenem Tage mir
geben wird, aber nicht allein mir, fondern Allen, die fich auf feine
MWiederkunft freuen.
Mit diefen aufrichtigſten Gefinnungen, mit dieſem Gebete, mit
diejen Hoffnungen jchreite ich nun zum vierten Male zur eidlichen Er—
Märung meines Glaubens und meines Gehorſams gegen ba3 fichtbare
Dberhaupt unjerer heiligen, Einen, katholiſchen, apojtoliichen Kirche.
6) Literariſche Anzeige.
Bon Profejjor König.
1. Geſchichte des Klofters Alpirsbach nah Urkunden bearbeitet von
Dr. 8. J. Glatz. Straßburg, Trübner, 1877. IX. 442.
Bald find 100 Jahre verflojien,, ſeitdem (1783—84) der Schwarzwald in
Martin Gerbert feinen eriten Gefcichtfchreiber gefunden hat; inzwiſchen ift durch
bie Arbeiten von Bader, Stälin und Anberen wieber Manches geleiftet worden.
Würdig reiht fi dem bie obige Schrift des ſchon durch mehrere hiſtoriſche Leiftungen
befannten Herrn Berfajiers an. Gerbert nannte in feiner Historia silvae nigrae
ben Schwarzwald eine Golonie des Benedictinerorbens; auch die Gejchichte von Alpirss
bach beflätigt dieſes.
Alpirsbach am Südabhang des Kniebis, nahe der badiſchen Grenze, wurde
geftiftet 1095—1098 und erhielt feinen erſten Abt, Kuno, und feine erſten Mönche
aus St. Blafien; es zählt 32 Äbte bis 1563, im weldem Jahre burch den Herzog
Chriſtoph Tutherifche Äbte eingefegt wurden. Auf kurze Zeit, 1629—48, gelangten bie
Benredictiner nochmals in ben Befig, unter zwei Übten. Durch ben weftphälifchen
Frieden fam Alpirsbah mit anderen Klöftern und Stiften an das Herzogthum
Württemberg und hatte von da bis zur gänglichen Auflöfung 1807 Iutherifche Äbte.
321
Die Geſchichte der Stiftung und der Äbte bildet den erften Theil (S. 3—192)
bes Buches; als Blüthezeit des Kloflers bezeichnet ber Herr Verfaſſer bie Megierung
bes Abtes Gerhard 1495—1505. Ein jehr bewegtes Bild bietet hier wie anderwärts
ber nächſt folgende Zeitabjhnitt 1520—1560, die Zeit der Einführung ber Reformation
in Schwaben burd die Herzoge Ulrich und Chriſtoph. Aus der unbefangenen, durch—
weg objectiv gehaltenen Darftellung bed Verfaſſers zeigt fih, daß in Alpirsbach wie
in anderen Klöftern bas Loos, welches fie jchließlich betroffen hat, angebahnt und vor:
bereitet war durch das Iururidfe Leben der früheren Äbte, ihr ehrgeiziges Streben
nad weltlihen Amtern und Würden, während fie die eigenen Rechte und Pflichten vers
gaßen. Dazu Fam die Kurzfichtigfeit in der Benrtheilung der dogmatifchen Fragen und
ihrer Folgen, die Gewaltthätigfeit ber Schugherren, die Verwechſelung der Schuppflicht
mit bynaftifhen Rechten. Eine richtigere Einficht fam zu fpät, die Berufung auf die
Neihsunmittelbarfeit war 1535 eine vergeblihe Sache. In der legten Zeit bes uns
feligen 30jährigen Krieges hatten fih die württembergifchen Klöfter größtentbeils
Franfreic in bie Arme geworfen und dadurch Ofterreich beleidigt und defien Für—
ſprache verjcherzt.
Der zweite Theil (S. 195—260) behandelt die innere Geſchichte bes
Klofters: Würde und Rang bes Abtes, Klofterfirdhe, Kloftergebäude,
Kloftereinrihtung, religiöfes Leben, Armenpflege, Schule, Wiſſen—
haft, Bibliothef, Kunf. Sodann: Kloftergebiet, Gerichtsbarfeit,
Negalien, Rechtsverhältniſſe ber Unterthanen, Abgaben, Zinjen; Bas
tronatsrehte, Zehnten, Leben, Frohnen; Wohlthäter bes Kloſters,
Schutzherren. — Wie biefe Angaben zeigen, kommen bier viele Fragen von all:
gemeinem Intereſſe zur Beiprehung: „Was von Glaube und Frömmigkeit getragener
Fleiß in früheren Jahrhunderten auf dem unwirtblichen Boben des Schwarzwaldes
geihaffen, hat feinen Ausgang und Mittelpunkt ebenjo gut in Alpirsbach, als in ben
vielgenannten Nachbarklöſtern St. Blafien, St. Georgen und Hirfau zu ſuchen. —
Eine großartige Thätigfeit auf literariſchem Felde, wie fie diefe brei Klöfter aufzumeifen
baben, finden wir in Alpirsbadh zwar nicht. Dagegen macht ſich unfer Klofter gegens
über allen fübteutihen, St. Georgen ausgenommen, ja auch vielen norbteutfchen ba=
durch bemerflih, daß in feinem Gebiete fih ein ganz eigenthümliches Rechtsleben
entwidelte, deſſen Folgen ſich noch bis in die neueften Zeiten in ben Sitten und Ges
wohnbeiten jener Gegend erhalten haben. In Alpirsbah machte die Luft Teibeigen.*
Beigegeben find 806 Nummern forgfältig bearbeiteter Regeſten und ein aus
führliches Orts: und Perfonenregifter.
Die ganze Arbeit beruht auf gründlicher Quellenforfhung; unermüdlich hat der
Herr Verfaffer mehrere Jahre hindurch die Ardive zu Stuttgart, Karlsruhe, Donau:
eihingen, Rottweil burchforfcht (vgl. die Vorrede), dabei mehrfach noch Unbekanntes auf:
gefunden, wie bie „Irrungen“ und „Remeburen“ aus bem 16, Jahrhundert; fünf AÄbte
bes Klofters, bisher ganz unbekannt, find durch das emſig geſammelte Material wieder
an’s Licht gefommen. Die Auffaffung und Würdigung der Perfonen und Zuftände,
insbefondere in ber zweiten Hälfte des 15. und zu Anfang bes 16. Jahrhunderts, iſt,
wie bereits angedeutet, eine durchweg objective, gerechte, Licht und Schatten gebührend
vertbeilende; mit wohlthuender Theilnahme werden die Schickſale des unglüdlichen
32. Abtes Jakob Hohenreuter 1547—1563 und der zwei legten Äbte geſchildert. —
Die Darfiellung ift Mar, überfichtlih mit leichter, fließender Diction.
Die Freunde ber einheimischen Landes: und Kirchengefhichte in Württemberg
wie in Baben werben bas auch typographiſch ſchön ausgeftattete Buch willlommen
322
beißen, mandyes Neue aus bem Gebiete der Rechts: und Gulturgefchichte wird ihnen
barin begegnen. — Schließlich wollen wir nicht unerwähnt laſſen, daß bem Herrn
Berfaffer in Anerkennung feines regen, wiſſenſchaftlichen Strebens und feiner tüchtigen
Leiftung die große goldene Medaille für Kunft und Wiſſenſchaft von feinem Landes:
fürften verliehen wurbe.
2. Der Hochaltar im Münfter zu Alt-Breifad. Nebit einer Einleitung
über die Baugejhichte des Münfterd und drei Ercurjen von
Dr. M. Rojenberg, Mit 5 Tafeln. Heidelberg, Winter,
1877. IX. 99.
Dem im Jahre 1866 verftorbenen Lyceums-Profeffor Grieshaber gebührt das
Berbdienft, zuerfi in einem Auffage des Kunftblattes von 1833 auf bie kunſtgeſchicht—
lie Bebeutung bes Hodaltars in feiner Vaterſtadt Breiſach bingewiefen zu haben.
Seitdem wurde das Kunftwerf von ber Fachliteratur mehr beachtet, und bie von
Grieshaber gegebene Beichreibung und Auffaffung blieb die maßgebende; dadurch kam
es, baß auch feine „Irrthümer“ bie weitefte Verbreitung gefunden und barum „eine
neue eingehende Betrahtung zum Bebürfniß geworben if“. — So motivirt obige
Schrift (S. 26) ihre Entflehung. — Der Herr Berfaffer, ein Deutſchruſſe aus Kijew,
ftudirte in Heidelberg und wurbe durch Herrn Vrofeſſor Stark veranlaßt, zunädft
zum Zweck der Promotion eine nähere Unterfuhung des Breiſacher Hocaltars anzu:
jtellen, welche num in erweiterter Gejtalt vorliegt.
Die Einleitung S. 1—22 gibt einen kurzen Überblid der mittelalterlichen Ge:
ſchichte Breifahs in bejonderer Beziehung zu ihrem Kirchenbau. Die Anfänge bes:
ſelben — das Querſchiff, eine Apfis, eine Wand bes Langhaufes — verlegt der Vers
fajjer in das legte Drittel bes 10. Jahrhunderts (S. 8), die anderen romanifchen
Theile in das 11. und läßt die romaniſche Periode mit dem Jahre 1138 oder 39 zum
Abſchluß fommen. Die den großartig angelegten Bau ! begünftigenden Äußeren Um:
ftände waren: bie 1139 durch Annocenz II neu beftätigte Zugehörigkeit der Breifacher
Kirhe zu dem mächtigen Bisthum Bafel; die Schutzherrſchaft der Herzoge von
Zäringen; bie Translation der Mailänder Reliquien nad Breifah 1162; bie Er—
richtung eines Gollegiatftiftes. Dem, nad) mehreren Infchriften in bie legten Decennien
bes 15. Jahrhunderts fallenden, gothiſchen Umbau gehört an: der Chor, der Unter—
bau bes wejtlihen unvollendeten Frontthurmes, das Gewölbe des Hauptichiffes. Aber
auch für Verfhönerung ber innern Kirche geſchah Vieles in diefer Zeit: bie Aufs
ftelung des Funftvoll gearbeiteten Letiners, der ſchön geſchnitzten Chorftühle, ber
fifberne Reliquienfchrein, mehrere neue Altäre und vor Allem ber Hodaltar.
Mit diefem beichäftigt fi ber größte Theil ber Schrift, S. 25—68. Zur Dare
ftellung fommen: Vorbemerkung und Literatur, Befhreibung, Compofition,
1 Wenn wir ſämmtliche romaniihe Theile zufammennehmen, fo erhalten wir
für bie wahrſcheinlich projectirte Anlage einen jehr complicirten Grundbau: dreiſchiffige
Pfeiferbafilifa, zwiichen je zwei Gewölbpfeilern ein Pfeiler für die Scheibebogen mit
eingefügten Säulen für bie Gewölbrippen ber Seitenſchiffe, das Querhaus einſchiffig;
an feiner Oftwand, ben zwei Seitenfchiffen des Langhauſes entiprechend, zwei Apfiden.
Bor bdenjelben, fie in ihrer äußern Rundung ſchneidend, zwei Thürme Das fid
zwifchen denſelben fortziehende Langhaus ſchloß, dem bamaligen Styl entſprechend, mit
einer wahrfcheinlich halbrunden Apfis ab.* ©. 6. 7.
323
Tehnit und Behandlung, Dimensionen, Entſtehungszeit, Neftauration,
bie Sage, funftgefhihtlide Kritik, der Künftler. Aus dem reichen Detail
fann bier nur Weniges hervorgehoben werben. — Der Altar gliebert fih in zwei
Theile: ein großer offener Altarjdhrein mit zwei Flügeln auf einer Prebella ruhend,
barüber ein Aufbau, ein Niſchenſyſtem von Wimpergen und Fialen gefrönt, mit
gothiſchem Laubwerk durchzogen. Die Mitteltafel enthält die Hauptdarfiellung: bie
Krönung Mariä. In der Mitte die heilige Jungfrau in ben Wolfen ftehenb
(nad Grieshaber auf einem unficdhtbaren Throne ſitzend), links Gott Vater, rechts
Gott Sohn, umgeben von Engeln. Auf bem rechten Seitenflügel bie bI. Stephanus
und Laurentius, auf dem linfen bie hl. Gervafius und Protafius. Die Bilder ber
Prebella find die vier Evangeliften. Nach oben ift die Mittelgruppe durch Raubwerf,
eingefaßt durch einen fogen. Kleeblattbogen, abgeſchloſſen; der Aufbau befteht aus fünf
pyramidal neben einander georbneten Nifchen; über der mittleren, in welder bie
bl. Anna mit dem Ghriftusfinde, erhebt fi noch eine jchmälere mit bem bornen=
gefrönten Jeſus; in ben Niſchen neben ihr die bi. Vitalis und Baleria, in ben zwei
äußerften muficirende Engel. — Das Ganze ift eine künſtleriſch durchdachte, einheitliche
Gompofition: ber Mittelpunft bie Verherrlihung der heiligen Jungfrau, dieſe feiern
die Schaaren ber Engel; darüber zwei Scenen aus bem irbijchen Leben ber Hoch—
begnadigten: Maria bei ihrer Mutter Anna, welde das Gottesfind auf dem Schooße
hält, — das höchſte Mutterglüd, darüber der höchſte Mutterichmerz, bas Bild Ecce
homo. Auf ben Geitenflügeln ber Patron bes Münjters, neben ihm ber Schußpatron
gegen Feuersgefahr, anderjeits die Stabtpatrone und in ben obern GSeitennifchen bie
Eltern berfelben.
Die Arbeit, aus Lindenholz geichnitt, beweist eine große tehnifche Meifterfchaft,
manche Feinheit ift freilich durch den dicken braungelben Dlanftrich fehr beeinträchtigt.
Der Berfajjer hebt insbeſondere hervor: die Köpfe von Gott Vater und Sohn, obgleich
von großer Naturwahrbeit, doch mit einem gewiſſen Zug ber Idealität; ber Faltenwurf
ihrer Gewänder ift ganz grandios und von einer erftaunlichen Natürlichkeit. Mit
bejonderer Vollendung find die Hände gearbeitet, bie linfe Hand Gott Vaters kann
für immer als ein Mufter der Holzfculptur gelten u. |. w.
Die Frage nady ber Entftebungszeit bes Kunftwerfes läßt fih mit Sicher:
beit beantworten: basfelbe gehört, angejehen bie architeftonifhen Motive (geſchwungene
Wimperge, gebogene Fialen, Frauenſchuh) wie nad der ikonographiſchen Entwidelung
bes Hauptbildes, in ben Beginn bes 16. Jahrhunderts, in die Zeit des Mococo ber
Gothif. Ein Umftand, der biefe Zeit noch näher zu begrenzen fcheint, macht um—
gekehrt einige Schwierigkeit; ein Engel hält ein Täfelchen mit ber Jahreszahl: Gries:
baber las 1526, jeit ber durch Bildhauer Glänz ausgeführten Reftauration des Hoch—
altars Tiest man bie Zahl 1497 als Datum ber Vollendung und barunter bas
Renovatum 1838. Der BVerfaffer erflärt die von Grieshaber gelefene Zahl für bie
urſprüngliche und richtige, bie andere — 1497 — als eine „ikonographiſch unmögliche“,
und zwar aus dem Grunde, weil die befonbere Art ber Krönung, wie fie bier
bargeftellt ift und wie fie aus ben Arbeiten Dürers, Kraffts und Viſchers fich herleitet,
vor bem 16. Jahrhundert fih nicht nachweifen läßt, ſodann insbefondere wegen ber
verwanbtichaftlichen Beziehung zu dem Gemälde von Baldung Grün im Freiburger
Münfter. Diefes, laut Infchrift im Sabre 1516 vollendet, war unzweifelhaft das
Driginal für bie Breifaher Darftellung; einzelne Abweichungen erflären fid) aus dem
verſchiedenen Material.
Zwei weitere von Engeln gehaltene Täfelhen zeigen bie Buchftaben H L, welche
324
als Monogramm bes nieberländifhen Malers und Kupferfiehers Hans Liefrint
befannt find. Die Breilaher Münfterfage (ſ. S. 53—58 ber Schrift) gibt biefen
Namen einem dortigen jungen Künftler. Man fann fi, bemerkt ber Verfaſſer, für
biefen Namen entſcheiden, benn die Kunftgefchichte nennt uns noch mehrere Liefrink,
bie in ben Kreifen thätig waren, in welden wir ben Berfertiger unferes Altares zu
juhen haben. Wir haben es offenbar mit einer ganzen Künfllerfamilie zu thun,
unter welcher auch ein Bildihniger gewefen fein mag. Es ift dieß um fo wahrſchein—⸗
licher, als die Liefrinf aus ben Niederlanden ftammen, wo bie Heimath ber Schnik-
altäre ift. — Nagler und Paſſavant vermuthen Hans Leu als Verfertiger.
Dem Schriftchen beigegeben find 1) drei Ercurfe: Über den Altar in Nieder
rothweil, eine Nachbildung jenes in Breiſach; — Über den gefehnigten Altar ber Locherer
Kapelle im Freiburger Münfter, welcher für eine Arbeit desjelben Meifters gehalten
wird; ber Verfaſſer tarirt deſſen Kunftwerth viel höher und eignet ihn einem älteren
und „größeren“ Künftler zu. Die Unterfchrift im Fenſtergemälde biefer Kapelle gibt
als Jahr ber Stiftung 1520 an. Ein Irrthum ift es, wenn ber Verfaſſer ©. 73
bie Locherer ober St. Martinsfapelle mit bem „Frauenchörle* verwechjelt, diefe Bes
zeichnung gilt dem Marienaltar in bem rechten Seitenfchiff des Langhaufes; — Über
die Breifacher Reliquien und ben foftbaren von Peter Berlyn in Wimpfen 1496 ges
fertigten Schrein. 2) Drei Beilagen: Abdrud des Grieshaber’schen Aufſatzes und
eines Auszugs aus bem fogen. Münchener Arhiv (b. i. ber in M. erfcheinenden
„Hauschronik“); — Bemerkungen zu ben beigegebenen photographirten Tafeln:
Grundriß des Breifaher Münjters und ber Kropten mit Facfimiles der Inſchriften
am Altar und am Münfter, Gefammtanficht bes Altars, bes Mittelbildbes und
ber Prebella.
Gediegenes Willen, forgfältiges Eingeben in die zu behandelnden Fragen, klare
überſichtliche Darftellung werben bie Feine Schrift ihren Lefern empfehlen; fie fann,
wie ein competenter Beurtheiler (U. 3. Beil. 26. Sept.) bemerft bat, als eine Be-
reiherung unferer Kunftgefhichte gelten, welde ein über die gewöhnlihen Grenzen
der Univerfitätsfchriften weit binausgebendes Intereſſe in Anſpruch nimmt.
Freiburger
Diöceſan-Archiv.
Organ
des kirchlich-hiſtoriſchen Vereins
für
Geſchichte, Alterthunskunde und chriſtliche Kunft
der
Erzdiöceſe Freiburg
mit Berückſichtigung der angrenzenden Diöcefen.
Bwölfter Sand.
Freiburg im Vreisgan.
Herder’jhe VBerlagshandlung.
1878.
Zweigniederlassungen in Strassburg, München und St. Louis, Mo.
Das Recht der Überjegung in fremde Sprachen wird vorbehalten.
Buchdruckerei ber Herber'fhen Verlagshandlung in Freiburg.
Borwort,
Di. verehrlihen Mitglieder erhalten den zwölften Band des
Didcefan-Arhivs. — Das Erreihen diefer Zahl ift ein ehrenmwerthes
Zeugniß für den Inhalt und die Richtung einer Zeitihrift, welche, wie
das Dideefan-Ardhiv ‚ ausichlieglih auf eigene Mittel ji angemiejen
fieht und deren Verbreitung durch die geſetzte Aufgabe in bejtimmte
Grenzen gewieſen ift. Wir mußten bei dem Erſcheinen der letzten
Bände allerdings auch auf Gefahren aufmerfjam machen, melche dem
Beitand unjered Vereines bedrohlich werden könnten; — e8 find dieß
nicht innere: Mangel an Beiträgen ober an mitwirfenden Kräften; bie
Gefahren find äußere: die großen Lücken, welche durch Todesfall in der
Zahl der Mitglieder eintraten, in Folge dejjen die verminderten Ein—
nahmen, da bei den obmwaltenden Zeitverhältnijjen der Erja aus dem
jüngeren Klerus ein nur geringer war. — Auch bie biekjährige Lite
ber Verftorbenen meist wieder die jehr beträchtliche Anzahl von zwanzig
Namen auf.
Bei der Darlegung diefer Sahlage haben wir jeweils nicht unter:
lafien, die Gewinnung neuer Mitglieder angelegentlih zu empfehlen.
Diefer Wunfch blieb nicht unbeachtet; mehrere an dem Gebeihen und
Tortbeitand des Vereines warmen Antheil nehmende Herren ließen fi)
die Sache angelegen fein, und ihrem freundliden Bemühen iſt e8 zu
danken, daß wir dießmal troß des jtarfen Ausfalls ein kleines Plus
im Zugang von neuen Mitgliedern verzeichnen.
An der Auswahl des mehr ald genügend vorliegenden Materials
wurde, mie immer, um den verjchiedenen Wünſchen der Lejer nachzukom—
men, auch eine gewiſſe Mannigfaltigfeit im Auge behalten.
Aug diefem Grunde konnten zwei größere Beiträge — ber Cata-
logus Rhenaugiensis und bie Klojternefrologien — in diefem Bande
IV
nur zur Hälfte aufgenommen werden, Fortſetzung und Schluß follen
im näditen folgen. Was das Inhaltliche derjelben betrifft, jo glauben
wir annehmen zu dürfen, daß Viele von den Lejern das Erjcheinen
diefer Dperate in dem Diöceſan-Archiv beifällig aufnehmen und diefelben
gleih und als ein Werk der Pietät betrachten.
Das ehrmwürdige Stift Nheinau beging vor hundert Jahren in
feierliher Weije fein Millenarium und hätte in dieſem Jahre fein
elfte3 Säcularfeit wohl nicht weniger feierlich abgehalten. Der treff:
lide Moriz VBandermeer, welder die zum Drucd gelangte Feſt—
Ihrift verfaßte, berichtet am Schlufje derjelben, Kaijer Joſeph II
babe bei feinem Beſuche des Nheinfalles in der jog. Kaijerburg „das
taufendite Jahr der Stiftung mit feiner höchjten Gnade gekrönt, indem
er die Freiheiten derjelben durch eine öffentliche Urkunde in Gleichför—
migfeit feiner Allerhöchiten Vorfahren bejtätigte”. Dieſer kaiſerlichen
Beitätigung fich freuend und auf fie vertrauend, dachten die Feiernden
wohl nicht, daß ihre Nachkommen, nur nod einige Wenige und fern
ab von dem Elöjterlichen Ajyle, den Stiftungstag des nächiten Jubel—
jahres ald Tag der Trauer würden begehen müſſen!
Eine Gabe der Pietät wollen auch die Klojternefrologien
jein, — ein beſcheidenes Denkmal zu Ehren der leßten Itepräjentanten
jener Stätten, in' welchen Sahrhunderte hindurch hriftlich-frommes Leben,
Wifjenihaft und Bildung gepflegt wurden, von welchen aus Gefittung
und Kultur über unjere heimatlihen Gauen fi) verbreitet haben.
Bon den aus dem Leben gejchiedenen Mitgliedern ſei noch insbe—
jondere des verehrten Collegen Alzog gedacht; derjelbe hat ſowohl um
die Gründung des Vereines, wie ald Mitarbeiter und Comite-Mitglied
fi) hochverdient gemacht; fein Name wird auch dem Diöceſan-Archiv
jtet3 zur Ehre gereichen.
Freiburg, den 1. December 1878.
Dr. König.
Verzeihniß
der Mitglieder im Jahre 1877— 78.
Srofectoren.
S. Biihöflihe Gnaden der hochwürdigſte Biſchff Andreas zu
Straßburg.
©. Biſchöfliche Gnaden der hochwürdigſte Weihbiſchof Lothar,
Biihof von Leuca i. p. i., Erzbisthumsverweſer und Domdekan zu
Freiburg.
©. Königl. Hoheit der Fürſt Karl Anton von Hohenzollern,
©. Durdlaudt der Fürſt Karl Egon zu Fürjtenberg.
©. Durdlaudt der Fürft Karl von Lömwenftein- Wertheim:
Nofjenberg.
Ehrenmitglieder.
Der hochwürdigſte Herr Biihof von Rottenburg Dr. C. 3. v. Hefele.
Der hochwürdigſte Herr Erzbijchof von München-Freiſing Dr. U. Steichele.
Komits- Mitglieder.
Hert Dr. %. Baber, Ardivrath zu Karlsruhe.
„a Dr. € J. Glag, Pfarrer in Wiblingen bei Ulm.
„ Dr. 2.8. Käftle, Stabtpfarrer in Bruchſal.
« Dr. Al. Kaufmann, fürſtl. Arhivar in Wertheim.
„ Dr. 3%. König, Profejior an der Univerfität Freiburg.
„ Dr. 3. Köffing, Domcapitular in Freiburg.
„» 3. Marmon, Domcapitular in Freiburg.
« Dr. H. Rolfus, Pfarrer in Sasbad am Rhein.
.- €. Sänell, fürftl. Arhivar in Sigmaringen.
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Fr. Abele, Pfarrer, d. 3. in a. a. d. T.
P. J. Albert, Pfarrer in Doſſenheim.
G. Amann, Dekan, Pfarrer zu Waldkirch bei Waldshut.
J. Amann, Stabtpfarrer in Villingen.
E. W. Amling, Pfarrer in Malſch, A. Wiesloch.
P. Anaftafius, Kapuziner in Quzern.
D. Anfelm, Pfarrverwefer in Hilzingen.
W. Anielm, Pfarrverwejer in Bamladı.
%. 8. Afaal, Pfarrer in Sumpfohren.
R. Baber, Pfarrer in Zeuthern.
M. Bader, Geiftl. Lehrer am Gymnafium in Donaueſchingen.
Dr. 2. Baumann, f. f. Ardivregiftrator in Donaueſchingen.
M. Baumann, Pfarrer und Gamerer in Lehen bei Freiburg.
A. Baur, Pfarrer in St. Trubpert.
N Baur, Piarrer in Dietershofen (Hohenzollern).
. Baur, Pfarrer in Schwörſtetten.
J. Bed, Dekan und Stabtpfarrer in Triberg.
©. Bed, Vicar in Ettenheim.
R. Behrle, Domcapitular in Freiburg.
Dr. Bendel, Domcapitular in Rottenburg.
. Benz, Etabdtpfarrer in Karlsrube.
. Berger, Pfarrer in Prinzbach bei Lahr.
F. Beutter, Beneficiat in Freiburg.
8. Beyerle, Anwalt in Gonftanz.
Bibliothef des Capitels Biberach (Würtemberg).
Capitels Conſtanz in Rabolfszell.
f. fe Archivs in Donauefhingen.
Beneb.:Stiftes Einfiedeln, 2 Erpl.
Gapitels Ettlingen.
Gapiteld Gmünd (Würtemberg).
Verbindung Hercynia in Freiburg.
Gapiteld Horb in Altheim (Würtemberg).
kath. Oberftiftungsratbs in Karlsruhe.
Gapitels Lahr in Lahr.
Gapitel® Lauda in Grünsfeld.
Capitels Linzgau in Frickingen.
Capitels Mergentheim in Niederſtetten, O.:A. Gerabronn (Wrtbg.).
Gapitels Mühlhauſen in Tiefenbronn, U. Pforzheim.
Bened.-Stiftes zu Et. Bonifaz in Münden,
Gapitels Oberndorf (Würtemberg).
Gapitels Offenburg.
Gapitels Philippsburg in Huttenheim.
Gr. Eymnafiums in Rajtatt.
Gapiteld Ravensburg (Würtemberg).
Gapitels Riedlingen (Würtemberg).
Bisthumspflege in Rottenburg.
bes Gapitele Rottweil (MWürtemberg).
„ Gapitels Schömberg in Margaretenhaufen (Würtemberg).
„ erzb. Seminars in St. Peter.
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Gapiteld Spaihingen.
Domcapiteld Speier.
„ Gapiteld Stodad in Bobman.
ber Univerjität Straßburg.
des Gapiteld Stuttgart zu Cannſtatt (MWürtemberg).
„ Kantons Thurgau (in Frauenfeld, Schweiz).
„ Wilhelmftifts in Tübingen.
der Leop.-Soph.Stiftung in Überlingen.
des Gapiteld Ulm in Söflingen (Würtemberg).
„ Gapitels Villingen in Köffingen.
„ Lehrinftituts St. Urfula in Villingen.
Bibliothek des Gapitels Waldfee in Untereffendborf (Würtemberg).
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. „ fürftl, Archivs zu Wolfegg, DA Waldſee.
F „ Bapiteld Wurmlingen in Nendingen, O⸗A. Tuttlingen.
A. Biebler, Pfarrer und Gamerer in Spechbach.
. €. Birk, Pfarrer in Oberftogingen (Würtemberg).
. ©. Birf, Eurat in Müllheim.
j. Birk, Pfarrverweier in Gappelrobed.
N. Birfle, Pfarrer in Krauchenwies.
. Birfler, Dekan und Pfarrer in Ohmenheim, DA. Neresheim (Wrtg.).
treiber I. Sr. v. Bodman zu Bodman.
.Böoll, Privat in Überlingen.
% Bollinger, rei. Pfarrer in Ebringen.
K. Bopp, Dekan und Pfarrer in Handichuchsheim.
Boiher, Pfarrer in Gosheim, O.⸗A. Spaichingen.
€. Boulanger, Ord.:Afleffor und Dompräbendar in Freiburg.
C. Braun, Pfarrer in Pfohren.
Dr. &t. Braun, Redacteur in Freiburg.
A. Breunig, Beneficiat und Lehrer an ber höheren Bürgerichule in Buchen,
G. Brugier, Münfterpfarrer in Conftanz.
8. Brunner, Pfarrer und Gamerer in Ballrechten.
J. Brunner, Pfarrer in Iffezheim.
%. Bud, Stadtpfarrer und Defan in Bonndorf.
Dr. A. Bühler, Affiftent der forftl. Berfuchsitation in Hohenheim bei Stuttgart.
X. Buhl, Pfarrer in Böttingen, O.“A. Spaidhingen (Würtemberg).
R. Bumiller, Biarrer in ronftetten (Hohenzollern).
8. Bundſchuh, Stadtpfarrer zu St. Stephan in Gonftanz.
G. Burger, Pfarrer in Rorgenwies bei Stockach.
M. Burger, Pfarrer in Kreenbeinftetten.
Th. Burger, Stadtpfarrer in Hüfingen.
Chr. Burfhart, Pfarrer in Wylen.
9 Bußmann, Pfarrer in Burbadı.
H. Chriſt, Pfarrverwefer in Pforzbeim.
J. Chriſtophl, Piarrverwefer in Lorbach.
L. Dammert, Director des Gymnaſiums in Raſtatt.
D. Danner, Stadtpfarrer in Säckingen.
2. Deder, Pfarrer in Ichenheim.
A. Dietrich, Pfarrer in Unzhurſt.
%. Chr. Diez, Stadtpfarrer und Dekan in Walldürn.
N. Diez, Stabdtpfarrer in Stockach.
A. Dinger, Stadtpfarrer in Neuſtadt.
D. Diſch, Pfarrer, d. 3. in Wintersdorf.
. Difhinger, Bürgermeifter in Bollichweil.
. Dübele, Piarrer in Görwihl.
. G. Dold, Pfarrer in Birnborf.
. Dorf, Pfarrer in Herrifchried.
r. Th. Dreber, Religionslehrer am Gymnaſium im Hedingen.
. Dreier, Pfarrer in Hödingen, U. Überlingen.
.‚ Dürr, Pfarrer in Unterbalbad, A. Biſchofsheim.
. Dürr, Hofmaler in freiburg.
.Eckhard, Negiftrator b. d. erzb. Orbinariat in Freiburg.
.W. Edert, Pfarrer in Königbeim.
. Edelmann, Stiftungsverwalter in Gonftanz.
. Eggmann, Schulinfpector und Pfarrer in Frittlingen, O.A. Spaichingen.
Ehrat, Piarrer in Merzhauſen.
. Eimer, Piarrer in Hilsbach, A. Sinsheim.
. Einbart, Pfarrer, d. 3. in Höchenſchwand.
Dr. F. Eijele, Profeffor an der Univerfität Freiburg.
Em. Eifele, Pfarrer in Bettmaringen.
Eug. Ei ſele, Pfarrer in Aaſen bei Donaueſchingen.
Engert, Pfarrverweſer in Hundheim.
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ST: PER 4-122322 72
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Herr 3. B. Engejfer, Caplan in Neubdingen.
„ 8% Engef er erzb. Bauinfpector zu Freiburg.
M. Engefjer, Tiſchtitulant in Breiſach.
%. G. Erdrich, Pfarrer in Ulm.
Dr. 3. Evelt, Profefior der Theologie in Paderborn.
C. Falchner, Pfarrer in Neumeier.
J. F. Falk, Pfarrverweier in Weingarten, A. Durlach.
M. zaller, Eamerer und Pfarrer in Langenrain.
E. Faulhaber, Piarrverweier in Gerchsheim.
; $ Fehrenbach, Benefiziat in Neujaped.
. Fink, Pfarrer in Oberlaudringen.
. Finneifen, Dompräbendar in Freiburg.
. Kinner, Gamerer und Pfarrer in Niederbühl.
Fiſcher, Pfarrer in Hochſal.
D. Fifher, Pfarrer in Zungingen (Hohenzollern).
F. X. Fifhinger, Pfarrer in Ebersbad, DA. Saulgau.
G. $lum, Piarrverwefer in Untermettingen.
A. Forſter, Caplan in Löffingen.
A. Fräßle, refig. Vfarrer in Gurtweil.
J. Frey, Pfarrer in Rippoldsau.
geld Pfarrer in Kolbingen, O.A. Tuttlingen.
Friß, Pfarrer in Hügelsheim.
Conrad Fröhlich, Benefiziat in Überlingen.
J. G. Früh, Pfarrer und Dekan in Schienen.
Dr. F. Gagg, prakt. Arzt in Weil der Stadt.
J. M. Garſer, Profejior, Pfarrer in Unlingen (Würtemberg).
T Gambert, Pfarrer in Ilmſpan.
P. Gamp, Pfarrer in Wieden,
G. Gafiner, Pfarrer in Griesheim bei Offenburg.
%. Gehr, Stadtpfarrer und Gamerer in Zell a. 9.
J. 4. Gehr, Gorrector in Freiburg.
F. Gebri, Pfarrer in ——
E. Geiger, Pfarrverweſer in Appenweier.
Th. Geijelhart, erzb. Geiſtl. Rath in Sigmaringen.
A. George, Pfarrer in Lottitetten.
PB. Gerber, Pfarrer in Schwarzad.
F. Gießler, Pfarrverweier in Bernau.
E. Ginshofer, Dekan und Stadtpfarrer in Rabolizell.
S. Göfer, Pfarrer in Gattnau, O.⸗A. Tettnang (Würtemberg).
B. Götzinger, Pfarrer in Langenbrüden.
ned. Gottwald, O. S. B., in Stift Engelberg (Schweiz).
afmüller, Dekan und Stabtpfarrer in Baden.
Grimm, Pfarrer in Lienheim.
oß, Pfarrer in Rohrbach bei Triberg.
oß, Pfarrer in Watterdingen.
. Gihwander, Piarrer in Gottenheim.
fell, Pfarrer in Fifchingen (Hohenzollern).
. Gumbel, Pfarrer in Gündlingen bei Breifad.
uftenbofer, Pfarrer, d. 3. in Oberfimonswalb.
Gut, Stabtpfarrer in Oppenau.
utb, Pfarrer in Riegel.
. Gutmann, Piarrverwejer in Gottmadingen.
. Haaf, Piarret von Raithaslach, z. 3. in Radolfzell,
aberjtrob, Dekan und Pfarrer in Kiechlingsbergen.
fer, Piarrer in Braumenweiler bei Saulgau (Würtemberg).
. Hägele, erzb. Regiftrator in Freiburg.
. Hämmerle, PBfarrverweier in Boblingen.
. Hättich, Pfarrer in Nußbach bei Triberg.
r. fner, praft. Arzt in Klofterwalb.
.» B. Hagg, Pfarrer in Feldfird (Vorarlberg).
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albig, Pfarrverwejer in Lauda.
anjer, Pfarrer in Bleihheim.
r. 9. Hansjacob, Pfarrer in Hagnau.
.Hauber, Pfarrer und Gamerer in Heimenkirch bei Lindau.
. Hauenftein, Gurat in Thiergarten,
Pfarrer in Hochdorf bei Freiburg.
Eur Dompräbendar in Freiburg.
.C. Hausmann, Piarrer in Aichen.
. dauf del, u. in Zimmern, O.⸗A. Rottweil (Würtemberg).
. Hefele, Biarrer in Oberkeſſach, D.:A. Künzelsau.
. 98 einel, Piarrer in Ilmenſee.
N eisler, Pfarrer in Volkertshauſen.
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ennig, Pfarrer in Selbad).
err, Pfarrer, d. 3. Pfarrverwejer in Leibertingen,
. Herrmann, Kaufmann in Freiburg.
erzog, Piarrer in Ballwyl, Kanten St. Gallen.
eydt-Vanotti, Privat in Freiburg.
ippler, Piarrer in Obrigbeim.
ch, Pfarrer in Schöllbrunn.
ferlin, Pfarrer in Allensbach.
I Ahle erzb. Geiſtl. Rath, Oberftiftungsrath a. D. in Karlsruhe.
önig, Pfarrverweſer in Speilart.
örnes, Pfarrer in Möggingen.
b. Ehr. Hofmann, Piarrer in Hemsbad).
olzmann, Piarrer in Mablipüren.
opp, Stabtcaplan in Rottweil a. N.
oppenfad, Pfarrer in Schuttern.
ep, B Pfarrer in Vöhringen.
‚uber, Stiftspropft in Zurzach (Schweiz).
uber, Pfarrer in Bellingen.
uggle, Stabtpfarrer in Neuenburg.
uggle, Pfarrer in Ringsheim.
nd, Pfarrverweſer in Bühl, Stadt.
ger, Secretär und Stadtardivar in Freiburg.
äger, Pfarrer in St. Märgen.
ulier, Pfarrer in Zuzenhaufen.
‘. Kärcher, Gaplan in Ohningen.
M. Kärcher, Stadtpfarrer und Dekan in Engen.
Graf Heinrih v. Kagened in Munzingen.
Graf Mar v. Kagened in freiburg.
A. Kaier, Dekan und Stabtpfarrer in Löffingen.
A. Kamm, Pfarrer in Durbad bei Offenburg.
E. Karcher, Gooperator der St. Martinspfarrei in Freiburg.
I. Ked, refig. Pfarrer von Feudenbeim, in reubenberg.
Dr. 3%. u Keller, Pfarrverweſer in Breiſach.
EN. Keller, Pfarrer von Völkersbach, d. 3. in Sidingen
C. Kerler: Mallebrein in Karlsruhe, Walbfiraße 52.
W. Kernler, Pfarrer in Steinhofen, A. Hechingen.
3. %. Kepler, Pfarrer in Dettlingen.
Kiljperger, Pfarrer in Scherzingen.
M. Kinzelmann, Pfarrer in Geftraß bei Lindau—
K. Kirn, Dekan und Gtadtpfarrer in Ettlingen.
6. Kifling, Stabtpfarrer in Zell im Wieſenthal.
G. Klaiber, Stadtpfarrer in Mengen,
A. Klein, Pfarrer in Ortenberg.
Dr. 3. v. Kleutgen, Secretär bes großh. fath. Oberklirchenraihs a. D. zu
Karlsrube.
Knab, Shulinipector und Pfarrer in Herrenzimmern, DA. Rottweil.
. J. Knieriem, Piarrer- in Glotterthal.
Rnittel, Subregens im erzb. Seminar zu St. Peter.
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Herr F. Knöbel, Piarrer in Sipplingen.
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zuz az nz y za 2 z 2 ya zz DD 2 a a m 2
Dr. X. Knöpfler, Repetent in Tübingen.
C. Kod, Stadtpfarrer in Mannheim.
D. Koh, PViarrer in Steinhauſen (Würtemberg).
F. Koch, Pfarrer in Kappel a. Rb.
A. Köhler, Pfarrer in Zußdorf bei Ravensburg (Würtemberg).
A. Kobl, Pfarrer und Gamerer in Tafertsweiler.
J. ©. Kollmann, Defan und Pfarrer in Unterfohen, D.:N. Aalen (Wrtbg.).
Dr. F. X. Kraus, Profejjor an der Univerfität Freiburg.
V. Kräutle, Pfarrer in Altftadt:Rottweil.
P. Kraus, Defan und Pfarrer in Denfingen, D.:R. Spaidingen.
M. A. Krautb, Drdinariats:Ajjellor in Freiburg.
G. Krebs, Dekan und Stabtpfarrer in Gernsbad.
% Krebs, Banquier in Freiburg.
A. Krieg, Pfarrer in Hedlingen.
Dr. E. Krieg, Pfarrverweier in Ebnet.
F. X. Kriegftötter, Pfarrer in Munbderfingen, D.:U. Ehingen.
J. K. Krizowsky, Pfarrer in St. Georgen.
A. Kürzel, Piarrer in Ettenheimmünſter.
F. ©. Kunle, Piarrer in Umkirch.
W. Kurz, Stabtpfarrer in Kippenheim.
H. Kuttruff, Dekan und Stadtpfarrer in Möhringen.
J. Kup, Kaplan in Munzingen.
Fr. Landberr, Piarrer in Vünchweier.
P. Auftus Landolt, Gapitular in Einfiebeln.
M. Lanz, Pfarrer in Empfingen.
8. Laubis, Geb. Hofrath in Freiburg.
A. Lauhert, Eurat in Laiz.
F. M. Lederle, Piarrer in Wehr.
J. B. Leibinger, Pfarrer in Dingelsborf.
. &. Lenber, Dekan und Pfarrer in Sasbach.
$ Lender, Stabtpfarrer in Endingen.
Th. Lender, Geiftl. Rath, Regens des erzb. Seminars, d. 3. in Ottmars⸗
beim (Elſaß).
H. Leo, Stabtpfarrer in Lenzfird.
M. Letzgus, Dekan und Pfarrer in Grießen.
N. Lienbard, Pfarrer in Densbad).
Kat. Lindau, Kaufmann in Heidelberg.
A. Lindner, Gooperator in Oberperfuß bei Innsbruck.
KR. F. Linz, Stadipfarrer in Kuppenheim.
Locher, Lehrer in Sigmaringen.
K. Löffel, Piarrer in Heimbach.
L. Löffler, Vicar in Stockach.
J. G. Lorenz, Pfarrer in Neuſatz.
A. Lugo, Kreise und Hofgerichtsrath in Freiburg.
DB. Lumpp, Pfarrer in Munzingen.
Dr. 9. Maas, erzb. Kanzleidirector in Freiburg.
Dr. A. Maier, Geiftl. Ratb und Profeſſor an der Univerfität Freiburg.
K. Marbe, Eooperator am Münfter in Gonftanz.
2. Marbe, Anwalt in Freiburg.
% Marmor, Stadtardivar in Conſtanz.
% Martin, Dekan und Pfarrer in Göggingen,
Th. Martin, f. f. Hoffaplan in Heiligenberg.
J. P. Mark, Pfarrer und Gamerer in Altichweier.
Dr. ®. Mattes, Stadtpfarrer in Weingarten (Würtemberg).
K. Maurer, Piarrer in Rittersbadh.
K. Maurer, Pfarrverweier in Horben.
EG. Mayer, Dompräbendar in Freiburg.
G. Maper, Pfarrer in Oberurnen, Kanton Glarus (Schweiz).
9. Mergele, Piarrer in Haueneberftein.
Herr 3 A. Merk, Pfarrer in Ruſt.
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eg, Stabtpfarrer in Bräunlingen.
K. Mepger, Pfarrer in Deggenbaufen.
.X. Miller, Stabdtpfarrer in Gamertingen.
. Mohr, Piarrer in Leipferdingen,
Dr. F. Mone, Gumnafialprofefior a. D. in Karlsruhe.
S. Morent, Defan und Pfarrer in Laimnau, O.“A. Tettnang (Würtemberg).
J. ©. Moßbacher, Pfarrer in Haßmersheim.
K. Moſer, Stadtpfarrer in Ettenheim.
A. Mudle, Pfarrer in Ittendorf.
A. Müller, Gaplaneiverwefer in Pfaffenweiler, Amts Staufen.
B. Müller, Pfarrer in Riedern.
ZN. Müller, Dekan und Pfarrer in Stetten bei Lörrad.
Th. Müller, Pfarrer in Hugitetten.
2, Murat, Stadtpfarrer in Wertheim.
J. Mury, Pfarrer in Schlettitabt.
N. Neff, Camerer und Münfterpfarrer in Reichenau.
R. Nenning, Piarrer in Oberried.
G. Neugart, Piarrer in Singen.
Dr. J. B. Neumaier, Director a. D. in Baben.
Freiherr 5. dv. Neveu, in Freiburg.
B. Nillius, Pfarrer in Horn.
J. Noppel, Pfarrer in Weiterdingen.
J. E. Nothhelfer, Pfarrer in St. Ulrich.
Urn, Nüſcheler-Uſteri, Secretär ber Finanzdirection in Zürich.
St. Obergföll, Vicar in Grafenhauſen bei Lahr.
G. Oberle, Siadtpfarrer zu St. Paul in Bruchſal.
T N. Oberle, Pfarrer in Daudingen.
. A. Oberle, Geiftl. Lehrer in Baden.
P. Ignaz Odbermatt, Subprior im Klofter Engelberg (Schweiz).
Dr. %. B. Orbin, Official und Domcapitular in Freiburg.
W. Ott, Pfarrer in Wollmatingen.
Peccoroni, Pfarrer in Beffendorf, DO.:A. Oberndorf.
A. Belliffier, Dekan und Stabtpfarrer in Offenburg.
A. Pfaff, Pfarrer in Puttingen.
M. Pfaff, Geiftl. Lehrer am Gymnaſium in Gonjtanz.
©. Pfeifer, Stabtpfarrer in Adern.
. Vfeper, Pfarrverwejer in Untergrombad.
. dvd. Pfeufer, großb. Geh. Yegationsrath in Karldrube.
. X. Pfirfig, emer. Defan und Pfarrer in Eberöweier.
Pfiſter, Pfarrer in Betra. ö
Pfiſter, Pfarrer in Nußloch.
. Vfifter, Pfarrer in Heiligenzimmern.
. 3. Pfohl, Pfarrer in Hofweier.
Pfreundſchuh, Piarrer in Gommereborf.
railes, Pfarrer in Hardheim.
Preſthe, Pfarrer in Warmbad).
Prutſcher, Camerer und Pfarrer in Minſeln.
Pyhrr „zum Kopf“ in Freiburg.
» Rauber, Pfarrer in Schapbad).
. Reid, Stadtpfarrer in Schönau.
. Neihenbad, Pfarrer in Grunern.
C. Reinfried, Vicar in Meersburg.
. N. Nenn, Pfarrer und Gamerer in Kirchhofen.
. Rieder, Bicar in Oppenau.
B. Niefterer, Pfarrer, d. 3. in Moos,
3 Niefterer, Pfarrer in Liptingen.
Rimmele, Pfarrer in Bombad.
. A. Rimmelin, Pfarrer in Hambrüden,
v. Rink, Pfarrverweier in Ebringen.
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Herr M. Rintenburger, Pfarrer in Linz.
E. Ritentbaler, Pfarradminiftrator in Nuft.
W. H. R. Rochels, Stadipfarrer in Buchen.
Chr. Roder, Profeſſor in Villingen.
J. Röderer, Piarrer in Binteripüren.
Th. Rößler, Pfarrer in Bietigbeim.
v. Roggenbad, Freiherr, in Krogingen.
J. Rotbenbäusler, Pfarrer in Haufen DA. Rottweil.
H. Rubdiger, Piarrverweier in Meersburg.
F. Rudolf, Pfarrer in Wyhl.
E. Ruf, Pfarrer von Menningen, 3. 3. in Immenſtaad.
Dr. K. Rückert, Profeſſor am Ben in Freiburg.
%. ©. Sambetb, Piarrer und Schulinfpector in Ailingen (Würtemberg).
P. N. E. Sambaber, Pfarrer in Nollingen.
K. Sartori, Piarrer in Diersburg.
Dr. 3. ©. Sauter, Pfarrer in Aßmannshart (Würtemberg).
5. Sauter, Defan unb Piarrer in Trochtelfingen.
V. Sauter, Pfarrer in Jmnau.
8. Sayer, Stabtpfarrer in Meßkirch.
K. F. Schäfer, kath. Militärgeiftlicher in Gonftan;.
M. Schäfle, Stadtpfarrer von Steinbach, 3. 3. in Buchholz.
B. Schanno, Defan und Piarrer in Herbern.
O. Schäffner, Pfarrverwefer in Wahlwies.
Dr. 5. A. Scharpff, Domcapitular in Rottenburg.
G. Schaufler, Pfarrer in Schluchſee.
N. Schele, Piarrer in Rait.
Schell, Pfarrverweier in Wafenweiler.
%. Shellbammer, Piarrer in Buchenbach.
K. Scherer, Pfarrer in Nuolfingen.
A. Schill, Pfarrer in Urber
A. Schilling, Caplan in Biberach (Würtemberg).
A. Schirmer, Schulinjpector und Pfarrer in Emmerfeld (Würtemberg).
3 B. —— Dekan und Pfarrer in Bodman.
Schlee, Curat in Arlen bei Singen.
V. Schl — Pfarrer in Melchingen.
A. Schmalzl, Pfarrer in — Amt Stockach.
J. Schmiederer, Pfarrer in Dttenböfen.
Dr. Shmib, Pfarrer in Altnau, Kanton Thurgau.
. ©. Domcapitular in Freiburg.
. A. Schmidt, Dekan und Piarrer in Dielheim.
&. Theodor Schmidt, Geifll. Lehrer am Progumnafium in Brucfal.
J. Schmitt, Pfarrverweier in Hubertshofen.
Chr. Schneiderhan, Pfarrer in Steißlingen.
M. Schnell, Dekan und Stadtpfarrer in Haigerlod.
. Schober, Benefiziat in Gonftanz.
€. Shöttle, Pfarrer in Seefirh bei Buchau (Würtemberg).
Schröter, Stadtpfarrer in Rheinfelden, Kanton Yargau.
K. Schultes, Piarrer in Helmsheim.
Schwab, Pfarrderweſer in Sinzheim bei Oos.
B. Schweizer, Pfarrer in Frieſenheim.
Seitz, Camerer und Pfarrer in Werbach.
Seldner, Profeſſor am Gymnaſium in Freiburg.
.Siebenrock, Pfarrer in Oſtrach.
Singer, Pfarrer in Lauf.
Späth, Pfarrer in Oberhammersbad).
Spiegel, Defan und Stabtpfarrer in Mosbach.
r. 5. Sprotte, Religionslehrer am Gymmafium in Colmar.
. %. Gtaiger, Literat in Gonftanz.
. Start, Pfarrer in Unteribad.
. Staudenmaier, Plarrer in Sulz.
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Her J. AU. Stauß, Pfarrer in Jrdlingen, O⸗A. Rottweil (MWürtemberg).
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M. Stauß, Stadtcaplan in Rottweil (Würtemberg).
U. Steble, Pfarrer in Gruol.
9. Steiert, Religienslehrer am Progymnafium in Offenburg.
N. Stodert, Stadtpfarrer in Burfbeim,
5. Störk, Pfarrverweſer in Bleibach.
Dr. A. Stolz, erzb. Geiſtl. Rath und Profeſſor an der Univerſität Freiburg.
Stork, Pfarrer in Oberhauſen bei Waghäuſel.
Rob. v. Stotzingen, Freihert, in Steißlingen.
K. Stratthaus, Pfarrer in Stettfeld.
U. Straub, Domcapitular in Straßburg.
Straub, Stadtpfarrer in Donauefchingen.
N. Straub, Pfarrer in Diftelhaufen.
L. Streiher, Pfarrer in Mundelfingen.
U. Striegel, Pfarrer in Lausheim.
I. Thoma, Pfarrer in Murg bei Säcingen.
W. Thummel, Stadipfarrer in Vöhrenbad.
K. Treſcher, Pfarrer in Müblbaufen bei Engen.
I B. Trenkle, Secretär anı Berwaltungshof in Karlsruhe.
Türf, Pfarrer und Schulinfpector in Winterftettenftadt, O⸗A. Waldiee.
. X. Ummenbofer, pen‘. Pfarrer in Büchenan.
xX. Urnaner, Schulinjpector und Pjarrer in Schömberg (Würtemberg).
3. 9. Usländer, PBrarrer in Güntersthal.
. &. Balois, Pfarrer in Oberhauſen.
B. Vivell, Pfarrer in Biberach,
A. Bögele, Secretär bei d. erzb. Ordinariat in Freiburg.
Dr. 3. Voche zer, f. Wolfegg’iher Hiftoriograpb in Kislegg, O.A. Waldfee.
A. Bogel, Caplan in Eigeltingen.
Dr. O. v. Wänker, Redtsanwalt in Freiburg.
R. Wagner, Pfarrer in Bohlsbach.
U. Wahl, Piarrer in Deißlingen, O⸗A. Nottweil,
Wahnfiedel, Gamerer und Pfarrer in Oberwolfach.
N. Waibel, Piarrer und Definitor in Thengendorf.
Waldmann, erzb. Geiſtl. Rath und Pfarrer in Orfingen.
A. Walf, Gaplaneiverweijer in Neuenburg.
. Walter, Pfarrerwefer in Lautenbach.
I. Walter, Pfarrer in Hollerbach.
Wambold, Freiherr, in Groß-Umſtadt.
Wanner, Dompräbendar und Domcuftos in ‚Freiburg.
.Warth, Stadtpfarrer zu St. Damian in Bruchſal.
. Wasmer, Tifchtitulant, 3. 3. in St, Peter.
. B. Weber, Pfarrer in Piggersvorf.
. Weber, Pfarrer in Dillendorf.
. Webhinger, Pfarrer in Wiechs.
. M. Wehrle, Pfarrer in Mösbad.
. %. Weidum, Domcapitular in Freiburg.
Weiß, Pfarrer in Wolterdingen.
.B. Weiß, k. k. Univerjitätsprofejlor der Geſchichte in Graz.
. Weiß, Stadtpfarrer in Grünsfelo,
. Weiß, Piarrer in Urloffen.
Welte, Vicar in Kirchhoſen.
B. Werber, Gaplaneiverwefer in Radolſozell.
Werfmann, Stabtpfarrer in Heitersbeim.
Werni, Pfarrverwefer in Dettingen.
eger, Pfarrer in MWellendingen, O⸗A. Rottweil (Rürtemberg).
. Widmann, Pfarrer, d. 3. in Offenburg.
Wiehl, Pfarrer in Langenargen, OA. Teitnang (Würtemberg).
Wiejer, Defan und Stadtpfarrer in Markdorf.
Wieffe, Pfarrer in Nußbach bei Oberkirch.
Will, Pfarrer, d. 3. in Stupferich.
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N. Will, Pfarrer in Stollhofen.
&. Winter, Pfarrer in Habsthal.
5. Wörter, Profejjor an der Univerfität Freiburg.
Wünſch, Pfarrer in Poltringen, D.A. Herrenberg (Würtemberg).
. Zängerle, Pfarrer, d. 3. in Berghaupten.
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. %. Zapf, Pfarrer in Urach.
. Zeitvogel, Stadtpfarrer in Elzach.
. Zell, erzb. Ardhivar in Freiburg.
. Zell, Pfarrer in Billingendorf, D.:A. Rottweil.
. Zimmermann, Pfarrer in Berau.
. Jimmermann, Pfarrer in St. Blafien.
r. Zimmerle, Stabt: und Garnifonspfarrer in Stuttgart.
Zugſchwert, emer. Defan und Pfarrer in Marfelfingen.
. Zureid, Delan und Stadtpfarrer in Staufen.
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Geftorben find ſeit Ausgabe des vorigen Bandes:
Dr. 9. Khuen, Kaplan in Saulgau, 8. October 1877.
J. G. Gruber, Pfarrer in Mundelfingen, 13. December.
% Kleijer, Dekan und Pfarrer in Steinenftabt, 14. December.
Dr. %. 3. 0. Buß, Hofrath, Profeffor an der Univerfität Freiburg, 31. Januar 1878.
Q. Dummel, Pfarrer in Welſchingen, 14. Februar.
Dr. 3. B. Alzog, Geiftl. Rath, Profeffor an der Univerfität Freiburg, 1. März.
Jutz, Pfarrer in Oberndorf, 14. März.
U. Streble, Geiftl. Rath und Stabtpfarrer von Meersburg, 23. März.
E. Kern, Pfarrer in Nordrach, 20. Mai.
A. Licht ſchlag, Gymnafial:Oberlehrer in Hanau, 6. Juni,
M. Waljer, Pfarrer in Niederrimfingen, 17. Juli,
%. ©. Engel, emer. Defan und Pfarrer von Haufen, 10. Auguft.
% B. Seyfried, Pfarrer in Furtwangen, 21. Auguft.
% Faulbaber, Pfarrer in Hundheim, 5. September.
J. Oberle, Pfarrer in Rotbhenfels, 3. September.
J. G. Belzer, Pfarrer in Hindelwangen, 12. October.
3. Erbader, Pfarrer in Pülfringen, 20. October.
. Hennefa, penj. Pfarrer von Stupferich, in Bruchſal, 14. November.
. Bad, Pfarrer in Straßberg (Hohenzollern).
as
Aus früheren Jahren nachzutragen:
M. Keller, Pfarrer in Magenbuch, 24. März 1375.
G. Saifer, Pfarrer in Lembach, 22, Juli 1876.
12,
13
xV
Bereine und gelehrte Inflitute,
mit welchen der kirdhl.-hiftor. Verein in Schriftenaustauſch ſteht:
‚ Allgemeine geſchichtsforſchende Gefellihaft ber Schweiz, in Bern.
. Hiftorifcher Verein für den Niederrhein, insbefondere die Erzdiöceſe Köln, in
Köln.
. Hiftorifcher Verein ber fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, IUnterwalden und Zug,
in Luzern.
. Hiftorifcher Verein bes Kantons Glarus, in Glarus.
. Berein für Gefchichte und Alterthumskunde in Hohenzollern, in Sigmaringen.
. Hiftorifcher Verein des Kantons Thurgau, in Frauenfeld.
. Germanifches Mufeum zu Nürnberg.
. Gejellichaft für Beförderung ber Gefchichte u. j. w. von Freiburg, bem Breisgau
und den angränzenden Landſchaften, in Freiburg.
. Verein für Kunſt und Altertbum in Ulm und Oberſchwaben, in Ulm.
. Hiftorifcher Verein für Unterfranken und Ajdhaffenburg, in Würzburg.
. Verein für Gelhichte und Naturgefhichte ber Baar und der angränzenden Land—
Ichaften, in Donaueschingen.
Berein für Gefhichte des Bobdenjees und feiner Umgebung, in Tettnang und
Friedrichshafen.
Hiſtoriſcher Verein für Oberpfalz und Regensburg, in Regensburg.
14. Königl. Würtemb. Geh. Haus- und Staatsarchiv, in Stuttgart.
15
16.
17
Königl. Baier. Academie der Wiſſenſchaften, in Münden.
Berein für Erhaltung ber hiflorifhen Denkmäler des Elfahes, in Straßburg.
Königl. Würtemb. flatiftifchetopographifches Bureau, in Stuttgart.
18. Berein für Chemniger Gefhichte, in Chemnip.
19
Maatschappij der nederlandsche Letterkunde, in Leyden.
xXVI
Inhaltsanzeige.
Beiträge zuGeichichte des Landcapitels Rottweil. Bon Pfarrer Dr. Glatz
Beiträge zur Geſchichte ber Pfarreien in den Lanbcapiteln Gernsbah und
Ettlingen: Niederbühl, Naftatt, Kuppenheim, Malſch, Mudenfturm,
Oberweier, Bölfersbah, Moosbronn, Gttlingenweier, Ettlingen,
Speſſart, Schöllbronn, Bufenbad, Stupferih, Burbad. Bon Secre—
tür Trenfle . 5
Urkunden des Klofterd Beuron.
Lichtſchlag
Beiträge zur Pfarrgeſchichte Ravensburg. Bon Rep. Dr. Knöpf *
Beiträge zur Geſchichte des ehemaligen Kloſters und Oberamtes Wald.
Von prakt. Arzt Dr. Hafner . F ; —
Beſtätigungsbrief des Kloſters Wald. Mitgetheilt von Archivar Zell
Nachtrag zum Leben des Paters van der Meer. Von Archivrath Dr. Bader
Heinrich Bullingers Alemanniſche Geſchichte. Nach der Handſchrift des Ver—
faſſers herausgegeben von Profeſſor Dr. König
Kloſternekrologien. Geſammelt von Dr. P. Gams, mit Erganpungen von
Archivar Zell
Catalogus religiosorum monasterii — Von Prior F. Bat
tenfpül und Goop. A. Lindner
Kleinere Mittheilungen.
Zur Gefchichte der Freiburger Klöfter. Bon Prof. König P
Das Klöfterlein Rugaker auf dem Heiligenberg. Bon Lit, Staiger .
Refornıen unter Markgraf Karl Friedrich } i . ‚ i
Liter, Anzeige. Von Arhivrath Bader
en von Gomnafial-Oberlehrer
Seite
1—38
39—137
139—149
151—166
167—187
187—188
189— 201
203—228
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251 —288
291—303
303—306
306
306—308
Beiträge zur Geſchichte
des
Yandenpiteld Rottweil a. N.
Herausgegeben
von
Sr ri
Pfarrer Dr. 8. I. Glatz,
Inhaber der Königl. Württemb. großen goldenen Medaille für Wiſſenſchaft und Kunft,
fowie der Fürſtl. Hohenzofl, goldenen Mebaille: „Bene Merenti.‘
Einleitung.
Die Bibliothef de Capitels Rottweil, dermalen zu Rottweil,
befigt einen jehr denfwürdigen Pergamentcoder. In der ganzen Höhe
mißt er 28,1 mm., in der ganzen Breite 20,6 mm. Die erite Schrift:
linie jteht vom oberen Rande 3,7 mm., bie leßte vom unteren Nande
4,8 mm. ab. Vom linfen Höhen= oder Längenrande beträgt der Ab-
jtand der Schrift 4,8 mm., von dem redten 3,2 mm. Die Schrift
jelbit ift bis zur 30. Seite mit Höhe» und Breitelinien, von da an
bi3 zum Ende der 42. Seite bloß mit Höhelinien, auf dem Tetten
Blatte aber gar nicht eingeſchloſſen. Bemalte Snitialien finden fich
nit vor. Der erſte Buchftabe des ganzen Coder, H, die Zahlen
der Eapiteläftatuten nebft „Nota“, die Überjchrift der Refectiones ©. 15,
die Angaben der drei Negiunfel und der Stiftungen ©. 19, ſowie des
Mortuariums ©. 35 find mit Zinnober gejchrieben.
Der Duktus der Hand vom Jahre 1441, ſowie der Einträge vom
15. Jahrhundert ift Eräftig, jehr gut leferlih und weißt die üblichen
Abbreviaturen jener Zeit. Das Ki hat jedesmal feinen Punkt; ſtatt
u fteht v und ftatt v in ber Regel ein u. Der Doppellaut uo iſt ü
geſchrieben; jtatt e lejen wir regelmäßig e. Die Doppellaute find ori:
ginell, ohne Auflöfung miedergegeben. Die Paginirung des Eoder in
eigen Klammern mit arabijhen Ziffern ſtammt vom Herausgeber. Der
Einband de3 Codex ijt der urjprüngliche, mit einem etwas ftärferen
Pergamente ald die Blätter verjehen.
Der Anhalt der Handidrift auf 22 Blättern — ſichtlich find
leider fünf meitere herausgejchnitten, — iſt folgender:
1) Seite 1 beginnt mit der Beftätigung der 37 Statuten des ge:
nannten Gapitel3, welches aus drei Regiunkeln beitand, vom 15. März
1441 durch den Biſchof Heinrih von Conſtanz. Bon ©. 2—13
werden die Statuten mit Nandbemerkungen fpäterer Hände aufgeführt,
an melde fid ein Anner vom Jahre 1477 zum letzten Statut anveiht.
Hierauf folgen S. 15—18
1*
4 t
2) die für das Capitel höchſt intereſſanten Refectiones, d. i. jähr—
liche Beiträge zur Capitelskaſſe mit den am Rande bemerkten Todfällen
von 15 Pfründen, von Decan Nikolaus Bung vom Jahre 1441 neu
regiſtrirt nach den drei Regiunkeln Rottweil, Oberndorf und Wald.
Daran reihen ſich
3) die Anniverſarſtiftungen für das Capitel von Geiſtlichen und
Weltlichen, S. 19—33, von verſchiedenen, nad) der Schreibweiſe mög—
lichſt genau beſchriebenen Händen.
4) Endlich ©. 35 bis Schluß, nachdem vorher fünf Pergament:
blätter, Stiftungen enthaltend, außgeichnitten wurden, folgen die Namen
der verjtorbenen Priejter des Capitels (ohne Zahrzahlen). Nach unſerer
Anſicht reihen ziemlich viele Namen bis in’3 13., ja vielleicht bis in's
12. Jahrhundert. Wir glauben diefe Behauptung auf die Wahrneh:
mung zu jtüßen, dag mehrere Kleriker nicht mit dem Geſchlechts-,
jondern bloß mit dem Bornamen bezeichnet werden; jobann führt das
Todtenverzeihnig für mehrere Drte rückwärts vom Jahre 1441 jo vicle
Kierifer auf, daß ihre Zahl reht wohl bis in's 13. Jahrhundert hinauf:
reihen fann.
An diejen vier Haupttheilen enthält die Handſchrift nicht bloß für
die Kulturverhältnifje der einzelnen Sahrhunderte manche beachtens—
werthe Mittheilungen, jondern bietet für die verjchiedenen einzelnen Orte
des vormals meit größeren Gapiteld, ſowie für deren Pfarrgeichichte
hohes Intereſſe.
Vergleihen wir vorliegende authentijche Statijtit des Landcapitels
mit der ältejten urkundlichen Statijtit des uralten Bistums Con:
itanz, zu welchem e3 gehörte, jo finden jich folgende Orte unjerer
Handichrift nicht im Zehntbuche des Jahres 1275 1: Altſtadt-Rott—
weil, Schramberg, Wittershaujfen, St. Roman und Nußbach. Ente
weder haben diefe Pfründen die für die Berzehntung vorgejchriebene
Congrua nicht getragen — wie wir dieß bei der zuverläljig in jenem
Jahre beitandenen Pfarre Altſtadt-Rottweil voraugjegen dürfen, — oder
jie bejtanden überhaupt noch gar nicht, oder fie wurden wegen Mangel
an Geiftlihen von einem Pfründner der Nachbarſchaft verjehen, deſſen
Zehntpfliht im Berhältnig des Einkommenszuſchuſſes ohme weitere Be:
merfung erhöht wurde.
Weil im Jahre 1534—1535 in württembergiihem Territorium
gelegen, hatte fi in folgenden Orten das Glaubensbefenntnig zu äns
! Liber decimationis vom J. 1275. Diöc.-Archiv I, 1—246. In Schorn-
berch, weldyes Haid für den Schorenhof hält, dürfen wir wohl Schramberg erfennen.
©. 38 u. 41. 9. 12.
5
dern: Aiftaig, Bickelsberg, Breitenau, Brittheim, Buchenberg (jet badiſch),
Dornhan, St. Georgen (badiſch), Guttach (badiſch), Hornberg (badiſch),
Leidringen, Marichalfenzimmern, Peterzell, Nöthenberg, Schiltach (ba-
diſch), Trichtingen, Wittershaufen.
Von dem vormaligen Decanate Rottweil, welches bei den Länder—
und Gebietscompenſationen zu Anfang dieſes Jahrhunderts aufgelöst
und territorialiter neu conſtruirt worden iſt, gehören zum Bisthum
Rottenburg folgende Orte der Handſchrift:
1) In's Eapitel Rottweil: Altſtadt-Rottweil, Böfingen, Deiklingen,
Dietingen, Dunningen, Gößlingen, Herrenzimmern, Neukirch, Nottweil,
Stetten, Villingen (Dorf) und Wellendingen.
2) In's Capitel Oberndorf a. N.: Altoberndorf, Bochingen, Epfen=
dorf, Harthaufen (Hairhaufen des Codex), Hochmeſſingen, Lauterbad),
Mariazell, Oberndorf, Schramberg, Seedorf, Sulgen und Waldmeifingen.
3) In's Gapitel Spaihingen: Yrittlingen.
Alle übrigen Fatholiichen Orte gehören nunmehr, weil in’3 badijche
Territorium einverleibt, zur Erzdidcefe Freiburg, Glatt näherhin zum
hohenzoll. Decanat Haigerlod.
Auf Grund unferer Handſchrift und anderweitiger zuverläfjigen
Quellen fügen wir die Neihenfolge der Decane des Capiteld Rottweil
in Kürze an:
1) Johannes Sengo, Pfarrer in Rottweil, 1338.
2) Der Pfarrer in Hairhaufen (Harthaujen) 1370.
3) Lutzmann, Pfarrer in Oberndorf, 1380.
4) Nikolaus Hat (Hafe), Pfarrer in Waldmefjingen, urkundlich
im Sabre 1396.
5) Johann Tundmwer, Pfarrer in Glatt (Haigerlodh).
6) Jakob Aulber, Pfarrer in Rottweil, biß 1438.
T) Nikolaus Bung von Sulz, Eaplan zum Hl, Michael außer den
Mauern in Rottweil, 1441. Am Jahre 1482 ift er „Altdechant“.
8) Am Jahre 1447 war ein gewifjer Candarius Decan.
9) Martin Hummel, Pfarrer in Rottweil, 1455.
10) Andreas Haurer, Pfarrer in Oberndorf, urkundlich 1475.
11) Thomas Pfluger, Pfarrer in Leidringen, 1490.
12) Blaſius Faber (Schmid), Pfarrer in Epfendorf, vom Jahre
1514 an Pfarrer in Rottweil, urkundlich 1511, 15. Januar.
13) Johann Nenner, Pfarrer in Dunningen, 1530.
14) Johann Pfeiffer, Pfarrer in Deiklingen.
15) Johann Uhl, Pfarrer in Rottweil, 1586, 20 Jahre Decan.
16) Johann Brenneifen, Pfarrer in Deißlingen.
17) Zohann Jakob Herderer von Rottweil, 1619—1625.
18) Johann Friedrih Spreter, Pfarrer in Niedereihah, vom
13. October 1625 bis zu feiner Refignation 1631,
19) Juſtus Hausmann, Dr. theol., Pfarrer in Oberndorf, vom
Jahre 1631 bis zu feinem Tode 1656.
20) Simon Loth, Pfarrer in Wolfach, gewählt am 30. Mai 1656,
bis zu feinem Tode 1658.
21) Gabriel Schweilart, Pfarrer in Schramberg, vom 5. Dec.
1658 —1673.
22) Johann Georg Gnan, Dr. utr. j., Pfarrer in Rottweil, ge:
wählt 5. Mai 1673, bis zu feiner Nefignation 2. Juni 1693.
23) Johann Franz Gluns von Rottweil, Pfarrer in Dunningen,
vom %.1693 bis zu feinem Tode als Pfarrer in Epfendorf 31. Det. 1698.
24) Franz Franz von Rottweil, Dr. tbeol., Pfarrer dajelbit, vom
Sabre 1698 bis 1707.
25) Johann Ernſt Pfiſter von Rottweil, Dr. theol., Pfarrer da—
jelbft, vom Jahre 1708, 9. Mai, bis zu feinem Tode am 12. Mai 1718.
26) Dominitus Staub von Zug, Pfarrer in Oberndorf, vom J.
1718 bis zu feiner Nefignation 1723.
27) Johann Baptijt Degen, Dr. theol., Pfarrer in Triberg, 1723
bis zu jeinem Tode 1730.
28) Johann Baptift Hüener von Billingen, Pfarrer in Schram:
berg, gewählt 27. Zuli 1730, gejtorben 1731, 25. März.
29) Zohann Jakob Zipfel von Rottweil, Dr. theol., Pfarrer da:
jelbft, von feiner Wahl am 19. April 1731, bis er geftorben, 1. Juli 1744.
30) Joſeph Herderer von Rottweil, Pfarrer in Deißlingen, vom
J. 1744 bis zu feiner Refignation, 13. October 1757, geitorben 1760.
31) Franz Joſeph Uhl von Rottweil, Dr. theol., von 1757 bis
zum Tode 1777.
32) Andrea Kompojt von Rottweil, Pfarrer in Deiklingen, ge:
wählt am 9. Juni 1777, gejtorben 4. December 1778.
33) Michael Freifinger von Rottweil, Pfarrer daſelbſt, gewählt
1778, geitorben 30. Mai 1787. |
34) Johann Nepomuk Kolb von Rottweil, Erjefuit, Pfarrer da:
jelbjt, gewählt 1787, gejtorben 26. Juli 1805.
35) Ludwig Anton Haßler von Wien, Dr. theol., Pfarrer in
Oberndorf, jpäter Generalvicariatsrath in Rottenburg, gewählt 7. Dec.
1805, letzter Decan des alten, jofort aufgelösten Capitels, gejtorben
22. December 1825.
36) Der erfte von der Königl. Württemb. Regierung beitellte
Decan des Lleineren Gapitel3 war Peter Bernhard Strobel von Neres-
heim, Erconventual von Zmifalten, Pfarrer von Rottweil vom 3. Juni
J
1814 bis zu ſeiner Reſignation 1849; ſtarb als Caplan zu St. Jodok
in Ravensburg.
37) Decanatsverweſer Joſeph Vaccano, Pfarrer in der Altſtadt,
vom Jahre 1849 bis 1853.
38) Der zweite Decan, zuvor Decanatsverweſer, vom Capitel ge—
wählt am 4. März 1858, iſt zur Zeit Georg Martin Durſch, Dr.
theol. et philos., Stadtpfarrer in Rottweil, geboren in Deggingen
am 11. November 1800 4.
[1.] Heinricus Dei et apostolice sedis gracia episcopus
Constantiensis omnibus presencium inspectoribus presentibus et
posteris noticiam cum salute et sincera in domino caritate. Quo-
ciens a nobis petitur, per quod religio et honestas debila solidan-
tur, presertim si exinde diuini cultus augmentum et salus proue-
niat animarum, libenter annuimus et ut perpetuo subsistant no-
stre auctoritatis presidio, roboramus. Sane igitur dileeti in Chri-
sto decanus camerarius et confratres decanatus in Oberndorff siue
Routwil nostre dyocesis, ne dum pro honestate et decencia sue
confraternitatis uerum eciam diuini cultus augmento et salute
animarum certa deinceps et futuris perpetuis temporibus per eos
et suos successores dicti decanatus confratres firmiter observanda
statuta CoOn-®...o02.0..
[2.] tempore celebracionis capitulorum generalium dietorum de-
cani et confratrum uel deposicionis uel anniuersarii die alicujus
confratris uel confratrum eciam laycorum utriusque sexus ecclesia,
in qua capitulum pro qualibet uice celebrari, seu fratres in depo-
sicione uel anniuersario confratris conuenire contigerit, auctoritate
ordinaria ecclesiastico interdieto supposita fuerit, nisi forte hujus-
modi interdietum propter clerici captiuacionem, detentorum muti-
lacionem uel oceisorum ? seruaretur, eo tamen excepto, extunc
durante capitulo et officiis diuinis die deposicionis et anniuersarüi
hujusmodi eadem diuina officia peragi et celebrari apertis januis
4 Nähere biographiihe Mittheilungen über die angeführten Decane finden fid)
bei Haßler, Materialien zur Gefchichte bes Lanbcapitels Rottweil. Nottweil 1808;
fowie in Rudgaber, Geld. der Reichsſtadt Nottweil. Rottweil 1836, II, 315. —
Über Haßler felbft (1784—88 Prof. der Theologie in Freiburg) ſ. Didc-Ardiv
X, 277. XI, 290.
? Von da an ijt das erfte Blatt zur Hälfte abgejchnitten.
3 Am Rande von einer Hand bes angehenden 16. Jahrhunderts in occisionem
corrigirt; ebenjo das vorige detentorum in detencionem,
8
in presencia populi excommunicatis tamen nominatim et interdic-
tis seclusis. Quodque decedentis confratris ecclesiastici uel secu-
laris utriusque sexus, durante capituli celebracione pretacta, cor-
pus sepelliri ualeat interdieto non obstante, sed sublato tempore
pro eodem et!..........
[3.] statuta capituli edita et per ipsum capitulum edenda seu
statuenda nec non eius consuetudines fideliter obseruabit pro uiri-
bus sue possibilitatis.
Secundo.
Item quod secreta capituli extra ipsum capitulum nulli ali-
quatenus reuelabit, eciam postquam confrater capituli desierit, siue
eum a capitulo recedere contigerit.
Tertio.
Item quod quicunque recipiendus in confratrem absque labe
symoniace prauitatis, pactis illieitis, ac fraude et dolo a suo pa-
trono sit presentatus seu a collatore suo prebendam consecutus.
Quarto.
Item quod nec per se nec per interpositam personam subplan-
tauerit eum, in cuius locum successit, nisi jJusticia mediante.
Quinto.
Item quilibet recipiendus in confratrem circa refectionem dan-
dam consuetudinem seruabit hucusque introductam, eandem so-
luendo prout ab antiquo deductum est et consuetum.
Sexto.
Item statuerunt et ordinauerunt, ut singuli diete confraterni-
tatis presbyteri in omnibus capitulis generalibus conueniant et
mox, postquam ad locum, in quo celebratur capitulum, perueniunt,
sine dolo et fraude superpeliciati et sine calcaribus ad ecclesiam
ueniant et se presentent atque sine licencia decani a loco non
recedant. Si quis uero confratrum absens fuerit, penam quinque
solidorum hallensium irremissibiliter soluendorum incurrat, nisi
legitime impeditus uenire non potuerit, quo casu coram decano,
camerario et electis se poterit excusare suum impedimentum alle-
gando ad euitandum ?, si hujusmodi impedimentum legitimum eis
uisum fuerit, penam predietam.
Si quis autem calcariatus seu sine superpelicio chorum intrauerit ?,
ı Bon dba an ift das erſte Blatt zur Hälfte abgefchnitten.
? Die obige Gorrectur des 16. Jahrhunderts machte daraus videndum.
» Hier bat eine Hand bes 16. Jahrh. beigefügt: „vel in choro sine habitu
steterit .... Das lebte Wort ift erlofchen.
9
penam vnius solidi Hallensium non euadet; .decanus uero et ca-
ınerarius si in premissis excesserint, dupplicem penam incurrant.
Septimo.
[4.] Item statuerunt et ordinarunt, ut omnes et singuli con-
fratres illius partis vbi capitulum pro tempore celebratum fuerit,
ante complementum primi psalmi laudum in ecclesia presentes esse
et ibidem deuote et distinetim legere, orare et cantare secundum
iniunctionem decani seu eius pro tunc uices gerentis, atque ad
missas celebrandas parati ac celebrare et alia solempnia peragere
debeant ad laudem omnipotentis Dei et salutem animarum sub
pena quinque solidorum hallensium.
Octavo.
Item quicunque confratrum ad conuocaciones, que interdum
ad legendum et audiendum mandata Apostolica, Episcopalia seu
aliorum superiorum suorum fieri solent, post denunciacionem sibi
factam negligens repertus fuerit et ad tales conuocaciones non
uenerit, quinque solidorum hallensium capitulo nomine pene per-
soluat.
Nono.
Item statuerunt et ordinarunt, ut omnibus capitulis generali-
bus quolibet anno celebrandis ac aliis capitulis, que per confra-
tres alicuius partis celebrari contigerit, decanus personaliter pre-
sideat, nisi legitime fuerit impeditus. Et est sciendum, quod ca-
pitulum generale quolibet anno in opido Routwil feria tercia post
festum ascensionis domini nostri Jhesu Cristi celebrandum est;
in aliis uero locis et partibus decanatus quolibet anno duo capi-
tula celebrari poterunt, aut vnum prout decano camerario et elec-
tis uisum fuerit, expedire.
Decimo.
Item quod in omnibus capitulis generalibus ac in deposicio-
nibus septimis et tricesimis cuiuslibet confratrum omnes oblationes
et sacrificia decano, si personaliter interfuerit, cedere debent, nisi
confrater defunetus altarista fuerit in aliqua ecclesia parochiali
de cuius exequiis oblaciones provenientes non decanus sed rector
[5.] eiusdem ecclesie recipere habet. Si uero decanus absens fuerit,
ı Dben hat eine Hand bes 15. Jahrh. beigefügt: Item anno domini 1480 sta-
tutum est in generali capitulo Routwil, quod omnes confratres volentes gaudere
de prima cena de mane circa primam lectionem assint in vigiliis, aut alias
cena prima pro eo non soluetur. Qui autem cenam primam non sumpserint,
faciant secundum tenorem illius septimi statuti etc.
10
huius modi oblaciones et sacrificia inter confratres presentes et
celebrantes diuidi debent, nisi decanus legittime fuerit impeditus.
Undecimo.
Itemque quod circa installationem, quilibet installandus con-
suetudinem seruabit hactenus obseruatam, uidelicet quod decano
duas calligas decentes juxta exigenciam ecclesiarum dabit et eum
in conducendo et reducendo releuabit indempnem.
Duodecimo,.
Item quocienscunqgue decanum in factis capituli equitare con-
tigerit et hoc dumtaxat infra terminos capituli, equum accomoda-
tum uel proprium habere debet, sibi vero extra terminos capituli
in negocio eiusdem capituli equitanti capitulum ipsum de equo
prouidere tenetur, preterquam dum ad Constanciam siue ad conuo-
caciones siue ad synodum iter arripuerit, quod non capitulum sed
decanus ipse sibi de equo prouidebit.
Tredecimo.
Item quocienscunque prefatum decanum aut camerarium uel
electos in negociis quibuscunque ipsum capitulum concernentibus
expensas habere et aliqua consumere causa necessitatis contigerit,
huius modi expense cuilibet eorum de communi capitulo persolui
debent.
Quartodecimo.
Item vacante decanatus seu camerariatus officio omnes et
singuli ecclesiarum rectores seu vicarii perpetui de dieta confra-
ternitate ad vnum locum per electos deputandum pro eligendo
decano seu camerario vocandi sunt et omnium eorum voces in
electione admittende, ceteris de confraternitate, qui necque rectores
necque vicarii perpetui sunt, licet sint induciati, penitus exclusis,
quorum nullus in decanum seu camerarium debet eligi necque
ad eligendum admitti.
Quintodecimo.
Item licet dieti capituli confratres, qui necque rectores
[6.] sunt ecclesiarum neque vicarii perpetui, non debeant, ut pre-
mittitur, eligi neque ad eligendum admitti, ipsi tamen omnibus
aliis priuilegiis capitularibus gaudere debent, et eciam onera capi-
tularia sustinere dando iura capitularia et mortuaria et cetera
prout confratres qui rectores sunt seu perpetui vicarii.
Sedecimo.
Item quod quilibet eligencium illum in decanum seu came-
rarium eligere debet, quem secundum bonam conscieneiam melio-
41
rem credit et capitulo vtiliorem; atque ad hoc, antequam ad elec-
cionem procedatur, fidem prestare tenetur nomine juramenti.
Decimo septimo.
Item quod is, qui in decanum seu camerarium eligitur, in de-
canatu habere debet residenciarn personalem, quam si habere non
posset seu non vellet, officium ad quod electus est, indilate om-
nibus confratribus resignare tenetur, ut ad alterius electionem pro-
cedant. Et si electus ipse necque residere in decanatu necque
officium resignare vellet, nichile ominus (sic) ipsum capitulum
liberam facultatem et auctoritatem habeat, alium in locum absen-
tis eligendi, cui electioni nullus se opponere debebit et hoc sub
pena iuramenti per eum prius prestiti. Quicunque eciam in de-
canum eligitur seu camerarium, promittere debet confratribus fide
data nomine iuramenti capitulo dieti decanatus adhybere fidelita-
tem et veritatem sine dolo et fraude.
Decimo octavo,
Item quod electus in decanum confirmacionem petere non
debet neque confirmari, nisi per capitulum litteratorie et sigillo
capituli appendente sit presentatus.
Item concorditer elegerunt sex electos siue deputatos, qui ad
quecunque facta et negocia siue mag-
[7.] na sint siue parua capitulum concerneneia diligenter debent
aduertere et attendere, atque ea vna cum decano et camerario
pertractare et de eis disponere, prout ipsis visum fuerit opportu-
num. Et si quid ad alicuius dietorum electorum noticiam peruene-
rit, quod res aut honores siue vtilitatem viuorum seu mortuorum
ipsius capituli concernat, illud, quam cito potest, decano seu ca-
merario insinuare debet. Quo facto decanus ipse uel camerarius,
quam primum potest, reliquos electos seu deputatos ad locum
competentem conuocare debet ad celebrandum et faciendum, quod
circa huius modi insinuata fuerit oportunum. Qui taliter conuocati
super hys, que eis exposita fuerint, per eorum consciencias et pro-
missiones capitulo factas, quod melius et vtilius eis videbitur, fa-
cere, decernere siue determinare debent. Et quidquid decanus
camerarius et dieti sex electi seu maior pars decreuerint, fecerint,
! Dben am Rande ift im 15. Sahrhundert angemerft worben: Anno domini
1479 in generali capitulo Rotwil ordinatum et decretum est, vt omni anno pos-
sint et debeant alterari deputati omnium parcium aut saltem illi, qui fuerunt
de nouo eligendi, woran ber Gorrector bes 16. Jahrhunderts ſetzte: sed hoc ite-
rum cassatum est, quia, qui apti sunt et idonei videntur, possunt manere.
12
seu determinauerint, viribus debet subsistere. Ceteri eciam con-
fratres id ratum et gratum ac firmum habere debent et tenentur.
Caueant tamen decanus et camerarius et sex electi predicti, ne
de facto aliquo arduo, ad cuius expedicionem eorum prudencia
seu industria non videtur sufficiens, iuxta ipsorum consciencias,
quas in hoc onerare volumus, se soli intromittant; sed huius modi
facto seu negocio arduo occurrente omnes et singuli tocius capi-
tuli confratres sub pena prius nominata vocari debent ad deli-
berandum super eo et faciendum, quod melius videbitur et vtilius
ac salubrius animarum saluti.
Vicesimo,
Item statuerunt quod dicti sex electi tempore electionis eorum
decano nomine confratrum omnium promittere debent fidelitatem
et veritatem capitulo atque confraternitati.
[8.] Ipsi eciam sex electi quolibet anno per confratres decanatus
poterunt mutari et eciam eorum numerus augeri prout confratri-
bus ipsis visum fuerit, expedire.
Vicesimo primo.
Item determinarunt, quod loca conuocacionum per electos
dieti capituli pro tempore existentes debeant deputari.
Vicesimo secundo,
Item statuerunt quod si inter confratres aliquos dieti capituli
contrauersie suborte fuerint, super quibus alias pacificari non po-
terint, coram decano et camerario et electis desuper experiri de-
bent et alter alium conuenire dummodo cause huius modi parue
et ad decanum et capitulum spectantes fuerint. Alioquin, si maio-
res fuerint, ad superiorem remittantur.
Vicesimo tertio,
Item statuerunt quodsi aliquis confratrum plures ecelesias in-
officiaret et de consensu superioris extunc de censibus et iuribus
de ecclesia vero rectore carente, superioribus uel dieto capitulo in-
officians ipse quamdiu ecclesie prefuerit, satisfacere aut solucionem
prestare debeat absque omni contradictione.
Vicesimo quarto.
Item statuerunt quod quecunque seu quocunque modo dicto
capitulo in rebus immobilibus seu mobilibus dona legata fuerint
seu ordinata, camerario, qui pro tempore fuerit, nomine capituli
presententur, exceptis elemosinis, sique pro anniversariis date fue-
rint, que electis presententur et non consumantur, sed ex eisdem
emantur perpetui census siue redditus perpetui; camerarius autem
13
ipsi capitulo seu electis per capitulum ad hoc deputandis singulis
annis de omnibus per eum receptis plenam tenebitur facere racio-
nem. Et idem iudieium debet esse decano et aliis iura capituli
recipientibus quo ad racionem reddendam.
Vicesimo quinto.
|
Item quandocunque aliqua legantur capitulo, que inter con-
[9.] fratres sunt distribuenda, dum illa distribuuntur, decanus por-
cionem duplicem habere debet, symiliter et camerarius porcionem
habebit duorum.
Vicesimo sexto,
Item sigillum capituli ita seruari debet, quod ad illud tres
claues habeantur, quas habere debent electi parcium.
Vicesimo septimo.
Item quod antequam ad mensam sedeatur decanus uel came-
rarius, singulas personas, considerata honestate et senio, ordinet
modo subsequente tali videlicet quod ad caput principalioris mense
locet honestiores et sic deinceps. Singulis itaque in suis locis ad
mensam stantibus uel sedentibus incipiat decanus uel camerarius:
„Benedicite“. Et depost omnes confratres cum omni decencia ip-
sum usque ad: „Jube, domne, benedicere“ deducant. Lecturus
autem ad mensam si aliquis est ordinatus, debet ad medium pro-
gredi et per: „Jube, domne, benedicere* benedictionem a supe-
riore postulare, qua accepta singuli sine strepitu et tumultu se-
deant decenter comedendo et bibendo. Ad „Gratias“ autem et
ad „Oremus pro fidelibus defunctis etc.“ quilibet, ut prefertur, in
loco, in quo ordinatus est ante inicium prandii maneat ut honori-
fice et deuote gratiarum actiones referant nostro saluatori, Dei
genetrici, omnibus sanctis et suis benefactoribus de beneficiis eis
impensis.
Vicesimo octauo.
Item quod quilibet confratrum habeat statuta capituli penes
se ipsum, ne per ignoranciam crassam se possit excusare quouis
modo.
Vicesimo nono.
Item statutum est, quod singuli de confraternitate dieti capi-
tuli, qui siue pro negligencia generalium capitulorum siue pro re-
fectione ecclesiarum sine pro quibuscunque excessibus sero nomi-
natis capitulo in aliquo obligati fuerint, si immediate postquam
debitum per decanum uel camerarium ab eis requisitum siye postu-
Jatum fuerit, non satisfecerint uel infra admonitionem
14
[10.] octo dierum soluere contempserint, extune per decanum ab
officio suo diuinorum, quousque confratribus plenarie satisfecerint,
suspendatur, et in hys nulli parcatur nec circa aliquos dissimule-
tur, ut sie vicia et excessus omnium per hoc plenius restringantur
ac salus animarum et merita confratrum apud Deum magis cumu-
lentur, quod misericorditer prestare dignetur dominus noster Jhesus
Cristus, qui est omnium vera salus.
Tricesimo.,
Item si aliquis confratrum dieti capituli decesserit, ad eccle-
siam, in qua residenciam habuit, tres uel quatuor vieiniores con-
fratres ad minus vocentur, vnus per alium cum decano et came-
rario si haberi possint, pro honorabili et decenti sepultura ipsi
defuncto peragenda. Et si quis confratrum specialiter vocatus non
venerit, in penam incidat trium solidorum hallensium, nisi alle-
gando impedimentum legitimum suam absenciam purgare valeat;
in illis voluerunt tamen confratres vieiniores ad exequias huius
modi non vocari, nisi defuncti heredes eis expensas ministrare
velint.
Triecesimo primo.
Item in septimo cuiuslibet sacerdotis diete confraternitatis de-
funeti vocentur tantum septem ex confratribus vieinioribus per
decanum uel camerarium, qui cum vigiliis et missarum solemni-
tatibus septimum expediant; expense tamen erunt heredum ut
supra.
Tricesimo secundo,
Item quod in tricesimo cuiuslibet sacerdotis confraternitatis
omnes confratres illius partis capituli, vbi defunctus decessit, per
decanum uel camerarium vocentur ad locum sacerdotis defuncti
et taliter vocati sub penis supra in sexto et septimo ? statutis
expressis venire teneantur ac diuinis interesse modo et forma in
dietis statutis descriptis.
Tricesimo tertio,
Item quod decano capituli decedente oblaciones ipsa die de-
posicionis cedentes inter singulos confratres presentes et celebran-
tes diuidi debent; iura vero officium decani respiciencia et eciam
camerarii non inter presentes diuidi neque ,
[11.] eciam eorum successoribus reseruari sed toti capitulo cedere
debent.
— — — — — —
1 Der Text bot Anfangs quinto et sexto.
45
Tricesimo quarto.
Item quod quocunque confratre dieti capituli decedente qui-
libet confratrum in remedium et salutem anime defuncti tres mis-
sas funerales celebrare debet et tenetur atque tres vigilias orare
et eius memoriam solennem diebus dominieis et festiuis ad omnes
suos subditos peragere.
Tricesimo quinto.
Item * ordinauerunt et statuerunt, ut in dieto capitulo habea-
tur liber vite, in quo singuli ipsius decanatus confratres, nec non
alii Christi fideles spirituales et seculares utriusque sexus cuius-
cunque status uel ordinis exstiterint viui et defuncti elimosinas
seu redditus annuos largientes siue eorum bona in testamento seu
vltima voluntate relinquentes seu ordinantes inscribantur et eorum
anniversaria quolibet anno in singulis capitulis generalibus cum
vigiliis et missarum solennitatibus peragantur necnon eorundem
memoria ad omnes confratres aliosque Christi fideles habeatur
solennis.
Tricesimo sexto.
Item statuerunt et ordinarunt, quod quandocunque aliquis de
dieta confraternitate decesserit, capitulum ipsum in rebus subserip-
tis eidem succedere ac omnibus aliis heredibus defuncti ex testa-
mento uel ab intestato succedentibus siue legatarum preferre de-
beat quodque dietum capitulum huiusmodi res omnes et singulas
apprehendere ac earum possessionem nancisci atque eas prout
subseribitur, distribuere et personis subscriptis applicare libere
valeat et possit, non obstante cuiuscunque contradictione seu im-
pedimento. Et quod eciam nullus confratrum de dictis rebus ali-
quam disposicionem siue ordinacionem inter viuos seu causa mor-
tis facere possit, per quam huiusmodi capitulo ipso [sie] in litteris
eisdem preiudicium fieri possit. Et si quidquam in contrarium per
quemecunque fuerit attemptatum,
[12.] ipso facto iritum sit et inane.
Tricesimo septimo,
Sunt autem res, in quibus capitulum succedere debet hee,
que secuntur. Item primo: equus, sella, frenum, gladius, ocree,
calcaria; item lectus, puluinar, cussinus, duo lintheamina, tegmen
siue tepetum; item fusorium, peluis, mensale, mappa, cantrus, vas
bibale, siue sit argenteum, siue non; item tunica, cappucium, lum-
ı Um Rande biefes Paragraphen flieht von dem mehrerwähnten Gorrector bes
16. Jahrhunderts: hactenus hoc statutum neglectum est.
16
basium, aut subtunica, aut lendarium, callige, camisia braca, scin-
gulus, bursa, cultellus; et hec omnia esse debent de optimis per
defunctum derelictis!. Nota.
Item de predictis rebus capitulo in speciali debentur: equus,
frenum, lectus, puluinar, tegmen uel tepetum.
Item de iam dietis iuribus capituli decano cedunt fusorium
et peluis aut cantrus et vas bibale, si non fuerit argenteum.
Item camerario cedunt sella de equo, gladius et calcaria, cus-
sinus, duo lintheamina et mappa.
Item pedello cedunt cappucium, lumbasium, aut subtunica,
camisia cum braca, callige, ocree, scingulus cum appendiciis vul-
gariter „ain gurtelgemwand“ absque argento.
In premissis omnibus et singulis dieti, decanus et confratres,
potestatem, huius modi statuta et ordinaciones pro honestate co-
modo et vtilitate communi dieti capituli cum superioris consensu
et auctoritate augendi alternandi et immutandi, prout eis utile
visum fuerit et expedire, specialiter reservarunt ete. In quorum
omnium et singulorum fidem robur et testimonium premissorum
presentes huius modi nostram confirmacionem et statuta in se con-
tinentes exinde fieri sigillique nostri iussimus et fecimus appensione
communiri.
Datum et actum in ciuitate Constantiensi anno Domini
millesimo quadringentesimo quadragesimo primo, Indietione quarta,
mensis Mareii die quinta decima etc.
[13.] Item statuerunt et ordinaverunt quod quilibet inofficians
ecclesiam parochialem carentem rectore, quod omnes tales exsol-
uant capitulo annuatim quinque solidos Hallensium tamdiu et quo-
usque ipsi in eorum ecclesias inuestientur et depost obligantur
et tenentur persoluere iura capitularia in refectionibus iuxta ta-
xum ecclesiarum.
Sunt? autem res, in quibus capitulum succedere debet hee,
que secuntur. Item primo lectus puluinar, ceussinus, duo linthea-
mina, tegmen seu tapetunı, item fusorium, peluis, mensale, mappa,
cantrus, tunica seu pallium, capucium, lumbasium et calige et hec
omnia debent esse de optimis per defunctum dereliectis.
ı Bon einer fpäteren Hand bes 15. Jahrhunderts ficht am Rande: vacat.
Der Gorrector des 16. Jahrh. fügte hinzu: per aliud statutum, quod illud immu-
tavit, nempe: „ex eonsensu* incipiens [fiehe unten].
? Von dba eine andıre Hand bes 15. Jahrh. — Am Rande von diefer anderen
Hand beigejeßt: vacat.
17
Item et postquam omnes tales res taxantur seu vendantur se-
cundum valorem peceuniarum, tunc de qualibet libra hallensium
cedunt decano XVIII hallensium et tottidem camerario, caligys
tamen et lumbasio exceptis, que cedunt pedello.
Et hoc statutum nouiter omnes confratres capituli decreuerunt
et est statutum secundum ordinem tricesimum septimum et per
omnes confratres capituli permutatum.
Ex ' consensu vnanimi omnium confratrum capituli cappitula-
riter congregatorum dominus decanus, camerarius et sex electi
una cum aliis certis confratribus ad hoc specialiter ordinatis et
deputatis prehabita prius matura deliberacione pro inmutacione
statuti in ordine tricesimi septimi de successione sonantis, statue-
runt et ordinarunt in hunc, qui subsequitur, modum.
Primo ? statuerunt quod quilibet sacerdos cappitulariter ad
duo capitula generalia circa festum ascensionis celebranda pro-
xima det tantum pro redemptione mortuariorum, quantum dedit
et sue ecclesie adscriptum est pro refectionibus maioribus, et cum
hoc, ut predieta summa uidelicet data pro refectione et pro mor-
tuariis computetur in libras, de qualibet libra ?
[14.] hallensium tres solidos * .... in predictis duobus terminis
debet exsoluere, de quibus tunc tempore tricesimi confratris defuncti
decanus et camerarius eo tunc existentes sua habebunt iura uide-
licet ipsi ambo equaliter de qualibet libra tres solidos halen-
cium.
Secundo ordinarunt, ut si contingeret aliquem confratrem
capituli aut per modum permutacionis ac alias quomodocunque
suscipere et acceptare beneficium curatuın in nostro capitulo idem,
non obstante, quod de predicto primo beneficio exsoluebat refec-
tiones et redemit mortuaria iuxta ordinacionem iam proximo scrip-
tam, debet camerario nomine capituli in duobus proximis genera-
libus capitulis, priusquam tale beneficium secundum suscepit, dare
duplicem porcionem sue ecclesie, quam assecutus est ascriptam,
vnam uidelicet per modum refectionis, aliam quoque per modum
! Die nachfolgenden Beitimmungen find von [päterer Hand des 15. Jahrhunderis
gefchrieben, die zugleih am Nande das Datum derfelben beifügie: Anno domini 1477.
2 Aın Rande von gleiher Hand: 37 in arabifchen Ziffern.
8 Beigefügt unten von dem Gorrector des 16. Jahrhunderts: Nunc hec summa
quadripartita est in quatuor capitula generalia, ita vt quattuor terminibus
[sic!] soluetur.
+ Hier ift ein Wort ausrabdirt.
Ardiv. XI.
0
18
mortuariorum, iterum cum addicione ad quamlibet libram halensium
trium solidorum halensium de quibus decanus et camerarius in per-
actione sui tricesimi existentes pro iuribus suisa capitulo exoluentur !.
Tercio ordinarunt, ut quilibet induciatus iuxta statutum no-
strorum predecessorum annuatim det quinque solidos halensium
pro refectionibus minoribus. Quo decedente per obitum pro mor-
tuariis capitulum succedit, recipiet de suis derelictis bonis dupli-
cem porcionem sue ecclesie adscriptam iterum cum addicione trium
solidorum ad quemlibet [sic] libram ac si fuisset inuestitus. Nec mi-
nus sed equaliter per cappitulares ei debent subsequi suffragia et ob-
secraciones ac si fuisset inuestitus peragendo primum et septimum
in expensis heredum et tricesimum in expensis capituli iuxta
laudabilem consuetudinem introductam in loco sue ecclesie. Et si
prouidisset per inducias duas uel plures parrochias, non de vna
tantum, sed de singulis, quas prouidit, ecclesiis taxam et porcio-
nem, ut supra, capitulum recipiet. Reliqui uero capitulares, qui
non in illa parte, vbi sua situatur ecelesia, sunt, omnes et singuli
obligantur ad legendum tres vigilias et celebrandum tres missas
in locis suarum ecclesiarum.
Quarto statuerunt, quod si quis confratrum curatorum aut per
mutacionem aut per resignacionem amitteret suum beneficium,
moram tamen habitacionis in aliqua caplonia ac alias infra tamen
limites cappituli habuerit et ita decesserit per obitum, sacra fiant
pro eo, ac si curatus adhuc esset, celebrando tricesimum in loco,
vbi habitauit, per confratres partis capituli eiusdem, si autem ex-
tra limites cappituli moram duxerit, et ita decesserit, nolumus ob-
ligare ....?, ut praescribitur celebranda suffragia in loco, vbi
habitauerit, sed quilibet con-°.......
[15.] Item nota refectiones ecclesiarum capituli Rout-
wil siue Oberndorff ab antiquis registris per me Ny-
colaum Bung decanum pretacti capituli resumptas
anno domini millesimo quadringentesimo quadrag&
simo primo prout sequitur.
In parte Rowwil: Summa integra mortuariorum ',
Item ecclesia eiuitatis Routwil dat 4'/, flor. — 151/, 1b 6 hallenses.
! Bon demjelben Gorrector beigefügt rechts 38 und links: Jam dat solvm tot,
quot dat singulis annis in consolacionibus ad communem vtilitatem capituli.
actum uero 1524.
? Erloſchene Stelle.
’ Von bier an ift ein, bezw. find zwei oder noch mehrere Blätter ausgerijjen.
Später, wohl von berfelben Hand, wie vorhin, vom Jahre 1477, wurbe auf
19
Item vetus villa Routwil 2 florenos. — 6'/, 1: 8 ß.
Item Gösslingen 3 florenos. — 10 1: TR.
Item Tüsslingen 3 florenos. — 10m 7.
Item Tunningen dat 2'/, florenos. — 8!/, ib 21/, 6.
Item Schrandperg et Sulgen 2 florenos. — 6'/, 15 8 £.
Item Stetten 21/, florenos. — 8'/, tb T',y $.
Item Touchingen 2 florenos. — 6'/, tb 8 ß.
Item Cappel dat tres partes floreni. — 2', » 189 h.
Item Nüwahusen dat vnum florenum. — 319 f.
Item Neckerburg 1?/, florenos. — 5 tb 3'/, 6.
Item Zella Marie dat 2 florenos cum quarta parte floreni. —
7a „R ASG3h.
Item Vischbach 2 florenos. — 61/, tb 8 .
Item Sunthain dat vnum florenum. — 3 tb 9 ß.
Item Nünkirch dat duos florenos. — 6'/, tb 8 6.
[16.] Item Villingen dat 2 florenos.
Item Dietingen dat 2 florenos.
Item Wylerspach 1?/, florenos. — 5 1b 38 6 h. et 1 !5 pedello.
Item Äschach superior 2 florenos.
Item Äschach inferior 2'/, florenos.
Item Schabenhusen dimidium florenum.
Item Büchinberg dimidium florenum. *
Item Frittlingenn.
Item Welladingen.
Item Herrenzimbern curata capellania.
Item Seedorph curata capellania.
Item in parte Oberndorf.
Item ecclesia ciuitatis Oberndorff dat 3 florenos.
Item Epffendorff 3 florenos.
Item Dornhan 3 florenos.
Item Lydringen 3 florenos.
Item, Waltmessingen 3 florenos.
Item Glatte 3 florenos.
Item Bochingen 2 florenos.
[17.] Item Trüchtingen 2 florenos.
Item Zymmern Marscalli 2 florenos.
bem Rande, parallel mit ben Drtsangaben, die Summa integra mortuariorum
angegeben.
* Folgende vier Orte find nach der Schreibweije ungefähr in ben Jahren 1600
bis 1650 beigefügt worden.
2»
20
Item Houchmessingen 2 florenos cum quarta parte floreni.
Item Rötenberg dat 2 florenos.
ltem Zella Petri 2 florenos.
Item Flürn dat 2 florenos.
Item Prendin 2 florenos.
Item Bettenhusen 2 florenos.
Item Brütthain 2 florenos.
Item Bösingen dat 2 florenos.
Item Wittersshusen 2 florenos.
Item Aystaig dat 1'/, florenos.
Item uilla Oberndorff dat tres partes floreni.
Item Hairhusen dat quartam partem floreni.
[18.] In parte vallis.
Item ecclesia ciuitatis Husen dat tres florenos.
Item Gütach 1'/, florenos.
Item Kürnbach vnum florenum cum quarta parte floreni.
Item ecelesia ciuitatis Wolffach 3 florenos.
Item Schiltach 2 florenos.
Item Hornperg 2 florenos.
Item Wolffach superior 2 florenos.
Item Scappach 2 florenos et quartam partem floreni.
Item Schonach siue Tryberg 2 florenos.
Item Schönwald 2 florenos.
Item Luterbach 1?/, florenos.
Item Valkenstain vnum florenum,
Item Schönberg vnum florenum.
Item Rossperg 1'/, florenos.
Item Schenckenzell 1'/, florenos.
Item Reinhartzöwe dimidium florenum.
Item Sanctus Romanus dimidium florenum.
Item Nussbach 2 florenos '.
[19.] Fiat memoria omnium confratrum nostri capituli
defuncetorum et nobis commissorum; et primo illo-
rum, qui se commendauerunt nostre confraterni-
tati cum svis annuis censibus et redditibus, prout
sequitur.
Dominus Alberhtus Bütelspach ? decanus ecclesie Constanciensis
! Diefer Ort ift ebenfalld erft in den Jahren 1600—1650 beigefügt worben.
? Albrebt von Beutelsbach (Ichwerlid dem Ortsadel von Beuttelsbach bei
21
et rector ecclesie parochialis in Routwil legauit quinque libras
hallensium perpetui census, cuius anniuersarius dies celebratür
feria tercia post festum ascensionis domini nostri Jhesu Cristi.
Item nobilis domina Agnes de Hohengeroltzegke' legauit di-
midium florenum perpetui census.
Item Nicolaus Wernherin de Oberndorff camerarius huius capi-
tuli? et plebanus in Lydringen legauit 8 ß hallensium perpetui census.
Item dominus Johannes Mayer de Dornhain rector ecclesie
in Prütthain legauit 7 ß hallensium perpetui census.
Item dominus Conradus Mässlin? de Routwil legauit vnam
libram hallensium perpetui census.
Item dominus Theodoricus Mayer de Trossingen * rector ec-
clesie in Tüsslingen legauit vnam libram hallensium p. ce.
Echorndorf angebörig) war in ber Zeit vom Jahre 1381 bis zu feinem Tode im
Sabre 1416 Stadtpfarrer von Rottweil. Unterm 2, December 1381 urfundet und
verbürgt er ſich mit Anderen, als bie Patronatsherren zu Heiligkreuz in Roltweil,
Burkart und Ulrih von Neuneck, Brüder, ben Kirchenſatz an ber genannten Kirche
dem Epital zu Rottweil um 200 15 H. käuflich überließen. Siebe Glatz, Regeften
zur Gefchichte der vormaligen Neichsftadt Rottweil und des oberen Schwarzwalbes
in: „Neue Mittheilungen des archäologifchen Vereins in Rottweil.“ Rottweil, 1873.
Nro. 112. — Am Jahre 1410, 10. Auguft, Tieß er fih in das Bürgerrecht ber Stabt
Rottweil aufnehmen. Ebendaſ. Nro. 183. — Im Jahre 1416, 15. Juni, war er
bereits mit Tob abgegangen. Ebendaf. Nro. 196. — Kurz vor feinem Tode in Con:
ftanz fliftete er zum Gapitel Mottweil einen Zahrtag mit 120 1 H. unter ber au
drücklichen Beſtimmung, daß, wenn der Jahrtag vom Gapitel nicht gelefen werde, er
an bie Stabdtpfarrei Rottweil falle. Ebendaf. Nro. 200.
t Diefe Agnes von Hobengeroldsed (Sulz) war die GSemablin Heſ—
fens von Ufenberg fchon vor dem Jahre 1376 und urfundete noch im 9. 1404.
©. Schöpflin, Historia Zaringo-Badensis III, 466 $ 9. Pragmatiſche Gef.
bes Haufes Geroldseck. Frankfurt 1766. ©. 44.
2 Diefer Werner bat als Kammerer bes Gapiteld Rottweil unterm 12. April
1418 die Jahrtagsfiftung Alberts von Beutelsbah mit 120 15 9. H. in Empfang
genommen. ©. Glatz a. a. O. Nro. 200. Im Jahre 1424, 22. Febr. — 19. Sept.
urfundet er noch als Kammerer bes Capitels Rottweil und als Pfarrer in Leidringen.
3 Diefer Konrab Mäplin Tebte im Jahre 1405 als einfacher Priefter zu
Rottweil, aus einer alten Bürgerfamilie daſelbſt entiprefien, und faufte im gedachten
Sabre, 25. Auguft, in Gemeinfhait feines Bruders Hans und feines Schweiter:
mannes Jakob Wirt von dem Freiherrn Hans Pfufer und deſſen rau, Elſa von
Srafened, die Veſte Granegg und das Dorf Niedereſchach (badifcher Bezirk Villingen)
um 1700 rhein. Gulden. S. Glaß a. a. DO. Nro. 169, Über „die Möflin, Bürger
zu Rottweil“, |. Fangen, Beiträge zur Gefchichte der Etabt Nottweil, 1821. ©.
376—377,
+ Die Mayer von Troffingen, O.A. Tuttlingen, find ein bis in bas 14. Jahr:
bundert bineinreichender Tanbfäßiger Adel, geſeſſen in Troffingen. Im Sabre 1417
hatte Theodor Mayer von Troffingen, Kirchherr zu Deißlingen, ein Haus im
22
Item dominus Hainrieus Hächler de Routwil legauit vnam
libram hallensium p. ce.
[20.] Item dominus Johannes Räpplin et dominus Conradus
de Aichhalden legauerunt vnum maltrum tritici p. c.
Item dominus Eberhardus Faiss legauit pro se et suis ante-
cessoribus vnam libram hallensium p. c.
Item dominus Johannes Haigerloch legauit pro se et suis
antecessoribus 8 ß hallensium p. c.
Item dominus Wernherus Wernerhin de Oberndorff rector
ecclesie in Zella Marie legauit vnum modium tritiei perpetui census.
Item dominus Johannes Säy de Oberndorff legauit pro sa-
lute anime sue patris et matris fratrum sororum antecessorum et
successorum suorum 8 ß perpetui census, et est promissus con-
frater.
Item dominus Nycolaus Funck de Sultz legauit 5ß p. c.
Item dominus Johannes Wagner, rector ecclesie in Rossberg
legauit pro se et antecessoribus suis öß hp. c.
Item dominus Conradus Sculteti recetor ecclesie in Sunthain !,
legauit 7 6 h. p. c.
Item dominus Bertholdus Schnider de Höhenberg rector ec-
elesie in Dietingen ? legauit 10 ß hp. c.
Item Clausen Büchlers vnd Hansen sines brüders ab Kübach
vnd ir baider husfrowen vnd jr aller vatter vnd mütter vnd kind
hond gesetz 6 ß perpetui census°.
[21.] Item* frater Andreas Waldkirch de Logingen’ capel-
lanus seu confessor sanctimonialium cenobii in Oberndorff ordinis
beati Augustini legauit pro se patre et matre sorore antecesso-
ribus et successoribus et benefactoribus suis 8 solidos hallensium
perpetui census.
— — —
St. Johannſer Ort in Rottweil. Über „die Mayer von Troſſingen“ ſ. Langen
a. a. O. ©. 377. Im Jahre 1477 war ein Albrecht Mayer Caplan zu Et. Balen:
tin in der Heiligfreuzfirche zu Nottweil. Glatz a. a. O. Nro. 345.
ı Sept der Sonthof bei Zepfenhan, D.:U. Rottweil. Siehe Schmid, Ge:
ſchichte der Grafen von Zollern-Hohenberg. Etuttgart 1862, Seite 21 und 29,
DOberamtsbeichreibung Rottweil 1875. S. 551.
2 Wohl ein Vorgänger diefes Berthold Schniber ift ber Kirchherr zu Dietingen
Hans Kunlin, welder am 12, Februar 1405 einen Garten zu Epfendorf kaufte.
Eiche Glatz a. a. O. Nro. 169.
s Diefer Eintrag ift erfl etwa vom Jahre 1480.
* Bon gleicher Hand, nur etwas fpäter, als ber übrige Tert vom J. 1441, gefchrieben.
® Lauingen an ber Donau.
”
23
Item ! Petrus Mutscheler de Oberndorff legauit pro se uxore
sua Anna antecessoribus et successoribus suis 4 ß h perpetui
census anno 43°.
Item Aimlin Ulins von Rotwil zwayer ir huswirt irs vat-
ters ir müter aller ir kind ir vorder vnd ir nachkomen händ ge-
setzt vmb ir aller selhail willen 4 ß h perpetui census ann
48 *.. |
Item * Conrat Widmars säligen von Beffendorff hussfrow vnd
sin erben hond geben 5 guldin vmb siner sele hails willen die von
sinen wegen ze bessrung wurden geben das wir darvmb söllen
öwig gült kouffen zü dess selben Conrat Widmars säligen järzyt
das alss öwenklich nun fürohin zebegönd.
Item Ällin Lönlins ain clossnerin ze Bochingen haut gesetzt
vnd geordnet vmb siner sele irs vatters ir müter vnd aller ir
vordern vnd nachkomen selen hails willen 5 fi h.
Item® dominus Johannes Kürner rector in Rosenfeld legauit
6 ß pro se patre et matre et benefactoribus.
[22.] Item dominus Nicolaus Villinger primissarius in Lidrin-
gen legauit 5 ß h. pro se patre et matre et benefactoribus.
Item ® Bentzen Dornhains von Rötwil vnd dryer siner huss-
frowen aller irer vätter vnd müter vnd aller ir kind vorderen vnd
nachkomen legauit 3 ß perpetui census.
Item dominus Conradus Hugo Läwin de Rösenfeld rector
ecclesie parochialis in Brütthan donauit seu dedit decem libras
hallensium in prompta pecunia pro emendis perpetuis censibus
capitulo pro anniuersario parentum suorum antecessorum succes-
sorum benefactorum et sibi commissorum.
Item dominus Johannes Hügeller canonicus in Hörw olim
plebanus in Waltmessingen ac camerarius nostri capituli pro se
et parentibus suis scilicet Bentz Hugen et Adelhaidi uxore et
progenitorum eorundem de Rümlissdorff legauit pro anniuersario
celebrando et memoria solemniter peragenda vndecim florenos.
Der ersamen Hannsen vnd Peters der Winmann gebrüder
burger tzü Routwil vnd ir vatter vnd müter vnd aller ir aller
! Diefer und ber folgende Eintrag ift wieder von anderer, gleichzeitiger Hand.
: 3 Nämlidy 1443,
+ Gefchrieben wie ber folgende Eintrag um’s Jahr 1450.
> Eintrag vom Jahre 1500; desgleichen die nächftfolgende Stiftung.
& Diefe und bie nächſtfolgenden drei Stiftungen find um das Jahr 1460 ein—
getragen.
24
kind vorfarenden vnd nachkomend vnd aller der den sie güts
schuldig sind gesin die hond gesetzt vmb ir aller selen hails willen
5 ß h. perpetui census.
Item Michel Rüflin von Noppnow ! vnd Kathrin sin husfrow
vatter vnd mütter vnd kind hond geben 3 ib,h ewig zins darvmb
küffen 2,
[23.] Item ® Lügga Wirtin et Johanes Wirt* pater eius et
Elizabeth Vngealterin vxor prefati Johannis Wirt de Routwil
legauerunt 5 solidos et 30 oua perpetui census.
Item domina Anna de Westernach’ legauit pro se et suo
marito domino Conrado Fülhin ® milite et pueris eorundem uide-
licet domino Hainrico Fülhin milite filio et duabus filiabus 7 ß
hp. c.
Itenı Margareta Kantzlerin et Johannes Aulberin maritus eius
cum duabus filiabus eorum seilicet Elizabeth et Anna legauerunt
Teh.p.c.
Item Aulberus de Gypchen’”’ armiger et Clara de Schnellin-
gen uxor eius legauerunt vnum florenum p. c.
Item Margaretha Stempffin prioriss« in Wyckten et Marga-
retha de Westhöffen et Vrsula von Märle sorores ibidem legaue-
runt dimidium florenum p. c.
Item Margaretha Habrerin legauit pro se suis predecessori-
bus et successoribus 3 ß h p. c.
Item Johannes Schnider ain pfründer zü Alperspach legauit
Sßhp. c.
Item priorissa et conuentuales domus in Bochingen legauerunt
pro se et antecessoribus et successoribus suis 5 ß hp. c.
Item® Katherin Zellerin vnd irs mans vatter vnd mütter
vnd kind vnd allen gelöbigen sölen legarunt 3 ß hir perpetui
census.
1 Oppenau in Baden.
? Diejer Eintrag ift etwa vom Jahre 1450.
3 Diefe wie die folgenden fieben Stiftungen find wieder von ber Hand bes Yab-
res 1441.
+ Wirt f. Langen ©. 397.
5 Bairifh. Bez.A. Mindelheim.
s Ein Ahne der befannten Freiherren Böhlin zu Illertiſſen.
? Aulbert Gypchen, bejien Familie in Marfchalkenzinnmern O.“A. Sul; Be:
figungen hatte, heirathete die Glara von Schnellingen im Jahre 1399 und Tebte noch
im Sabre 1448.
8 Gintrag vom Qabre 1480.
25
[24.] Item Berhtoldus Mayer de alten Oberndorff et Willa
vxor eius legauerunt pro se antecessoribus et successoribus eorum
3!,ß6hp.e.
Item Nycolaus Yler de Rütin ob Oberndorff et vxor eius
Alla Hütschin legauerunt pro se antecessoribus et successoribus
eorum 5ß hp. c.
Item Wernherus Sattler alias Bader de opido Oberndorff et
vxor eius Anna legauerunt pro se predecessoribus et successori-
bus.eorum 5ß hp. c,
Item Adelhaidis de Binsdorff collegiata in superiori collegio
Oberndorff legauit pro se predecessoribus et successoribus suis
4 ß hir perpetui census.
Item Anna inclusa in ueteri uilla Oberndorff et Adelhaidis
Empffingerin et Katherina Ladenmennin sorores eius et conuen-
tuales eiusdem domus legauerunt pro se antedecessoribus et suc-
cessoribus earum 4ß hp. c.
Item fröw Margarethen Kantzlerinen von Routwil und Bär-
thilin Kantzlers irs husswirtes vnd Hannsen Kantzlers ir beider
sun aller ir vordern vnd nachkomen die hond gesetzt 4'/, ß
hir p. ce. ,
Item ? Jungkher Hanns Gaisslin ain pfründner zü Wittichen
vnd Elizabeth sin hussfröw hönd geben 3 guldin für 41/, lib.
haller das man darvmb sol köffen öwig gült zü ir baider vnd
ir vatter vnd müter vnd aller ir vorder vnd nachkomen järzytt.
Item ® Petter Rösch burger zü Oberndorff haut gesetzt 3 lib.
hir zins darvmb ze küffen.
[25.] Item* Hannsen Häcken von Routwil siner hussfrowen
vnd ir baider vatter vnd müter vnd ir aller kind vnd geschwüster-
git vnd dess benempten Hannsen Häcken kellerinen aller ir vor-
deren vnd nachkomen die hond gesetzt 8 ß h perpetui census.
Item Hörman uff dem Schönbach vnd Adelhaid sin hussfröw
ir kind all ir vordern und nachkummen die hond gesetzt durch
aller ir selen hailes wilen 3 ß hir perpetui census.
Item Herrman ab dem Rümershorn sin hussfröw sin sune
Klaus vnd andrü irü kind all ir vordern vnd nachkomen die hond
gesetzet durch aler ir selen hailes wilen 8 ß h geltes p. c.
! Diefer und bie folgenden fünf Einträge find wicder von ber Hand bes J. 1441.
® Eintrag vom Jahre 1460,
? Eintrag vom Jahre 1480.
’ Von ber Hand des J. 1441; besgleichen bie zwei nächſtfolgenden Stiftungen.
26
Item { fröw Vrsel Mäslis von Rötwil vnd Jacob Wirts irs
mans vatter vnd müter vnd aller ir fründ hant gesetzt 41, ß h.
uss der wis zü der schönen aich.
Item Bentz Vogel von Künbach eius vxor et Conradus fili-
aster et vxor successores et antecessores, qui legauerunt 4 ß
hp. c.
Item Vlrich Mensierer gesessen zü Oberndorff vnd sin huss-
fröwen hannd geben 5 lib. haller, das man darvmb sol köfen öwig
gült zü ir vnd ir baider vatter vnd müter aller ir vorder vnd
nachkomen järzytt.
Item ®? Burckhart Fürer kirchher zü Rosberg haut gesetz
dem cappitel 5 guldin zins darımb ze küfen.
Item her Petter Scherer von Routwil ain caplon zü Triberg
haut geben aim cappittel 10 guldin darvmb zins ze kouffen.
[26.] Item Bertholdus Bühler de Schenkenzell et vxor eius
Vrsula pater et mater et antecessores et successores legauerunt
5 ß him perpetui census pro salvte omnium ipsorum animarum.
Item dominus Johannes Seler cappellanus in Wannenthal
legauit capitulo pro salvte anime sue patris et matris amicorum
suorum 5 ß him perpetui census.
Item Hainrich Ungmach von Höhmessingen vnd Gera sin
husfröw hönd gesetzt 4 ß Hlr ewiger gült für sie vnd ir vatter
vnd müter.
Item Auberlin Dräger alias Lang de Oberndorff legauit qua-
tuor libras him ad emendum perpetuos census in anniuersario
svi parentum antecessorum et successorum.
Item Johannes Brun et vxor eius de Bochingen legauerunt
4 ß hlim in anniuersario antecessorum et successorum de quo-
dam agro.
Item Jacob Zehender vnd sin vatter vnd müter vnd aller
siner fründ haut geben ain stier für 3'/, gulden.
Item Johannes uff Bühel zü der halben myl et Anna vxor
eius legauerunt pro se et pueris svis et parentum ipsorum et
antecessorum et successorum suorum 5 ß him perpetui census
pro svo anniuersario capitulo.
Item dominus Hainricus Mollitoris de Betziswiler plebanus
ı Diefe und bie nächſten zwei Stiftungen find um bie Jahre 1460—1470 eine
getragen worben. |
? Diefer und alle folgenden Einträge find aus dem legten Viertel bes 15. Jahr:
hunderts von mehreren Schreibern beigefügt.
27
in Schenckenzell legauit pro se patre et matre uidelicet Johanne
et Brigida Mollitoris et svis fratribus uidelicet Berchtoldo et Cün-
rado Mollitoris et Jacobo Hafners de Dornhain et Johanne Brot-
becken de Oberndorff et amborum vxorum et omnium: parentum
antecessorum et successorum suorum 6 ß h perpetui census.
Item Claus Fuchs ain brüder zü Wickchten hat geben 2
gulden darvmb zü küffen 3 ß h ewigs zins.
[27.] Item frow Anna gebohren von Ramsperg Junkher
Michels von Ow eliche husfrow, haut geben den herren des cap-
pitels ain schlayer owig gult darrmb ze köffen.
Item Auberlin Hauck zü Oberndorf haut geben 3 ß ewigs
zins für sich sin husfrow vnd für sin tochter vnd für jr baider
vatter vnd mütter.
Item dominus Andreas Harer '! decanus ac rector in Obern-
dorf dedit sex libras hallensium pro se et svis amicis ac benefac-
toribus ad emendum census perpetuos.
Item der edel. vnd streng herr Cünrat von Stain von Stain-
eck Ritter vnd Sophya von Uffenloch sin eliche husfrow vnd
junckher Cünrat von Stain von Staineck jr sun vnd frow Sidlin
von Wernnöw sin eliche husfrow vnd jre kind vorfaren vnd nach-
kumen. Öch junckher Schwenniger von Wernnör vnd frow An-
nen von Tanhain sin eliche husfrow hond gesetzt 8 ß haller zü
ainer Öwigen jarzit dem cappittel uss sinem obernhuss zü Obern-
dorf gaut sunst nüntzit uss.
Item Agnes Götzin Berchtold Götzen vnd Elss sin husfrow
jr vatter vnd müter habend gesetzet 5 ß hir oewigs zinss.
Item Claus Rempp von Fluorn haut geben für sich vatter
vnd müter 5 lib. hir ewig zins darvmb ze küffen.
Item Hans Elser von Lidringen vnd Katherina Mookerin
sin hussfrow vnd ir baider vatter vnd mütter vnd ire kind hond
geben 4 lib. hir darvmb ze küffen oewig zins.
Item Hans Geltinger vnd Elsbeth Mutzin sin eliche husfrow
vnd ir baider vatter vnd mütter vnd Hansen Mutzen der vorge-
nanten
[28.] Hansen Geltingers vnd siner husfrowen brüders vnd schwa-
gers vnd Cünratthen Herrenbergs derselben Elsbethen Mutzin
vorrigen husswirtz sölligen vnd her Petter Herrenbergs irs brü-
ı Am 3. März 1475, Oberndorf, ftiftet Andreas Haurer, Stadtpfarrer zu St.
Remigius in Oberndorf, ein Benefiz zu St. Michael daſelbſt. Eiche Glatz, Re
geften a. a. O. S. 112, Nro. 342.
25
ders vnd schwagers sölligen vnd Cünratthen Hörrenbergs des
eltern vnd Claren Tod siner husfrowen jr baidter vatter vnd mü-
ter die habend geben 6 lib. hir oewig zinz darvmb zeküffen pro
anniuersario.
Item Jörg Clarer von Schiltach vnd sin husfrow Gidlin hond
geben 3 lib. hir oewig zins darvmb ze köffen.
Item Hainrich Büchler vxor Ellin et Cünradi Büchler fratris
et vxoris Margret parentum eorum antecessorum et successorum
legauerunt 3 ß.
Item Claus Huttenbach uss dem Richenbach vxor Magdalena
parentum antecessorum et successorum legauerunt 4 ß.
Item Barbara Mollin dedit 2 guldin ad emendum census
perpetuos.
Item Cünrat Lüghart der alt vxor Margret, Hans Lüghart
der alt vxor Katherina, Hainrich Lüghart vxor Endlin, Cünrat
Lüghart der jung vxor Barbara et successores legauerunt 14 ß
minus 3 hlr.
Item frow Clara Lasserin ain closerin zü sant Niclaus ze
Rötwil vnd ir vatter vnd mütter vnd geschwistergit dedit 3 ß
perpetui census.
Item dominus Thomas Schriber de Rosenfeld camerarius et
plebanus jn Lidringen legauit pro se et patre Burckhardo Schri-
ber et matre Brigida Seburgerin successoribus et benefactoribus
10 ß perpetuis censibus.
[29.] Item Jörg Müller von Flürn vnd Endlin sin husfrow
hond gesetz aen cappittel für sich vatter vnd mütter vorfarend
vnd nachkumen 6 ß p. c.
Item dominus Cünradus Hüseller capellanus apud sanctum
Michahelem in Rötwil anniuersarium legauit pro se 3 ß p. c.
Item Berchtoldus Cantzler dedit 2 gulden ad emendum p. c.
Item Dorente Gunninger de Routwil legauit pro se patre et
matre et pueris fratrum et sororum 3 ß p. c.
Item Clöslin Müller von Flürn seshaft zu Hochmessing dedit
pro se et parentibus vxoribus et pueris nec non et parentibus
eorundem et antecessorum et successoribus 9 ß p. c.
Item Hainricus Bomer et Elsa vxor et Kathrina Kürsanarin vxo-
res legauerunt pro se et parentibus successoribus et antecessoribus 4 ß.
Item Hans Widmar von Beffendorf vnd Anna sin husfrow
ouch ir baider vatter vnd mütter Volrich Grüber Anna obgenann-
ter ietziger man vnd sin vatter vnd müter vnd Cristan Widmars
vnd Hansen Schererss von Veringen dederunt 5 guldin.
29
Item Auberlin Schörlin von Horw vnd Barbara Schwickerin
von Sultz vnd Anna Retthaberin Auberlis erste husfrow ouch
von Hörw vnd her Hansen Schörlins ains pristers Auberlins ob-
genannt brüders vnd ir aller vatter vnd mütter für sy alle haut
Auberlin vnd Barbara gesetzt vnd gestift ain halben gulden oewigs
zins onablössig ist sol amem techen oder camereren uffs capittel
ze Schiltach gevallen järlich.
[30.] Item dominus Anthonius Diessenhoffer cappellanus apud
sanctum Nicolaum Rötwile dedit 6 florenos in prompto pro fra-
ternitate.
Item Hans Ott ain müller zü Wintzlen legauit pro suo anni-
uersario cappitulo 5 ß perpetui c.
Item Hans Raumung legauit pro suo anniuersario 4 ß p. c.
Item Hans Brun von Boll vnd sine baid husfrowen Endli
vnd Margret vnd aller ire vatter vnd mütter vnd ire kind legaue-
runt 4 ß perpetui census.
Item dominus Waltherus Stainwand plebanus in Bochingen
legauit pro suo anniuersario parentum antecessorum et benefacto-
ribus 5ß p. c.
Item Anna Pflumers Cünrat Vischers von Bern vnd zwayer
ir elichen man ir aller vatter vnd mütter vnd geschwisterigitt le-
gauerunt 5 ß perpetui census.
Item dominus Lazarus Foln plebanus in Epfendorf et cappel-
lanus ecclesie maioris Constanciensis dedit capitulo 2 gulden in
prompto.
Item Agnes Wittendorff dedit 4 gulden ad emendum perpe-
tuos census pro se patre et matre et pro fratribus Claus Cünrat
et sororibus Lüga Vrsula Margreta et Brigida.
Item dominus Cünradus Würer plebanus in Nünkilch legauit
pro suo anniuersario et patre et matre Hans Würer, Endli Würer
et pro fratribus dominus Johannes Würer ain confentherr zü sant
Peter ordinis Benedicti herr Hans Wernher et Bartholomäus,
Petter, Steffan et soror Clara 7 ß perpetui census.
Item Ludwicus Müller de Berckfeld legauit pro se et pro sva
vxore Anne et pro parentibus eorum 5 ß perpetui cen.
[31.] Item Hans Fink de Wintzla legauit pro se et vxore
sva et filia Katherina et pro parentibus eorum 4 ß perpetui census.
Item Peter Strütter legauit pro se et vxoribus Betha et End-
lin 4 ß Et pro parentibus eorum perpetui census etc.
Item es ist jarzit Johannes Wügerly von Winterthur vnd
Bärbala Mälerin siner ersten elichen husfrowen vnd herr Hannsen
30
Wügerlin prister ir beder elicher sun, ouch Anna Xellerin siner
anderen eelichen husfröwen vnd Cünrat Pfläghars der genanten
Anna Xelleri erster elicher mann gewesen vnd ir aller vatter vnd
mütter kind fründ säligen selen haut er geben an barem gelt vier
pfund haller für 4 schilling ewigs zins vnd gelts.
Item ' Remigius Wagner de Schilltsch et Magdalena vxor eius
dederunt 4 lib. pro emendis quatuor ß censu annuali.
Item dominus Michahel Burckatz capellonus in Welladingen
pro se et parentibus uidelicet Johanni Burckatz et Barbare Stai-
mers et omnium antecessorum et successorum et benefactorum suo-
rum dedit novem libras hallenceium ad emendum census annuales.
[32.] Item Barbara Munigers de Pfullendorf pro se et svis
parentibus uidelicet Jörgen et Elisabeth et omnium suorum fra-
trum et sororum ac antecessorum et successorum benefactorum
dedit quatuor libras hallensium ad emendum census annuales.
Item Vrsula Vlrichs von Irslingen vnd Hans Hörlers ir hus-
wirt, Hans Linders vnd Ennlin Vlrichs jr vatter vnd müter vnd
alle jre vordern hond geben vmb jr selen hail wilen 3 ib h jär-
lichen zintz darvmb ze köffen.
Sub me Johanne Pfeiffer plebano in Düsslingen dechano ?
dominus perdoctus ac uenerabilis magister arcium Conradus Voln
olim pastor in Tunnyngen ac huius capituli spectabilis dechanus
nunc uero temporis pastor in Wolmendingen ad perpetuam me-
moriam nostrum capitulum dotauit septem florenis ad emendum
census annuales tercia feria post Jubilate anno 1555.
Dominus perdoctus ac uenerabilis magister arcium necnon et
sacre theologie licentiatus Vincentius Hartweg olim pastor in
Rotwil ac eiusdem capituli tuno temporis spectabilis dechanus
nunc uero temporis pastor in Yberlingen nostrum capitulum do-
tauit sex coronatis aureis ad perpetuam memoriam ad emendum
census annuales. Septimo Iduum Decembris anno 1556.
[33.]? Uenerabilis ac pius dominus Joannes Boller olim
rector ecclesie in Diettingen huius capituli cammerarius tunc uero
temporis caplanus in parochiali eccelesia sancte crucis Rötwil super
! Diefer und die folgenden drei Stiftunggeinträge find aus dem Anfang bes
16. Jahrhunderts.
2 Johann Pfeiffer war noch im Jahre 1574 Decan. Giehe dejien mündlichen
Bericht über das Capitel Rottweil in Zeitfchr. für bie Gefch. bes Oberrh. 25, 175.
Zwiſchen S. 32— 35 find fünf Pergamentblätter ausgefhnitten, von denen
cin Meines oberftes Stüd dieſe Boller'ſche Etiftung enthält.
31
altare beate Verene virginis dotauit ad perpetuam sue anime
memoriam capitulum nostrum sex florenis ad emendum census
annuales feria tertia post Exaudi anno salutis 1558.
[35.] ? Nomina confratrum defunctorum.
Item Anno decanus, rector ecclesie in Hairhusen.
Item Lutzmannus, decanus, rector ecelesie in Oberndorff.
Item Nicolaus Hass? decanus, plebanus in Waltmessingen.
Item Johannes Tünöwer, decanus, rector ecclesie in Glatte.
Item Jacobus Aulberi ?, decanus, rector ecelesie in Routwil.
Item dominus Martinus Hummel, decanus, et rector ecclesie
Routwil.
Item Johannes Molitoris camerarius, plebanus in Dornhan.
Item Bruno de Kürnegk, rector ecclesie in Tunningen“.
Item Johannes Reckenbach, rector in inferiori Wolffach.
Item Melchior de Kürnegk, rector in Tunningen.
Item Fabianus, plebanus in inferiori Äschach.
Item Johannes Cünlin, rector in Dietingen >.
Item Conradus Ruch, rector in Nünkirch.
Item Nycolaus Müller, rector in Valkenstain.
Item Conradus Messing, rector in Schiltach.
Item Johannes Summerbeck, rector in Husen in valle.
Item Johannes Vogel, rector in Hornberg.
Item Johannes Schwartz, rector in Rossberg.
[36.] Item Johannes Horger, plebanus in Aystaig.
Item Syfridus Übellin, reetor in Schömberg.
Item Johannes Mayer, rector in Prendin.
Item Johannes Wolff, plebanus in Gösslingen.
Item Conradus Frecher, rector in Stetten.
1 Bon da an wieder bie Hand bes Jahres 1441.
? „Hafe* jchlichtet als Pfarrer in Waldinejfingen und Decan bes Capitels Rott:
weil in Gemeinihaft des Pfarrers Hächler in Neufich einen Streit des Pfarrers
Rudolf Lämlin in Epfendorf mit feiner Gemeinde. Perg.:Drig. vom 30. September
1396 im Staatsardhiv zu Stuttgart.
3 Papfi Martin beauftragt dieſen Alber, Stabtpfarrer in Rottweil, die Rechte
und den Beſtand feiner Pfarrei energisch zu wahren, 4. März 1418, Armbruſterbuch
IV, 1. ©. 5 im Stadtarchiv zu Rottweil.
Im Sabre 1416, 15. Juni, urkundet ein Vorgänger dieſes Piarrers von
Dunningen, Berthold Studmann, ald die Gemeinde Rottweil dem Biſchof von Con—
ſtanz nad dem Tode des Albert von Beutelsbach den Jakob Aulber zum Stabtpfarrer
von Rottweil vorſchlägt. Glatz, Regeiten, Nro. 196.
° Kunlin war im Jahre 1405 Pfarrer in Dietingen. Glatz, Reg. Nro. 167.
\
32
Item Hugo Pleatz, plebanus in Sunthain.
Item Johannes Mittelhöffer, plebanus in Touchingen.
Item Berhtoldus Rapp, rector in Vischbach .
Item Fridericus Kind, rector in Neckerburg.
Item Vdalricus Lübertinger, plebanus in vetteri villa Rötwil.
Item Eberhardus, recetor in Nüwahusen.
Item Johannes Sprenger, vicarius in Höchmessingen.
Item Johannes Justinger, rector ecclesie opidi Oberndorf.
Item Staimarus, rector in Rossberg.
Item Johannes Fülhinzan, rector in Kürnbach.
Item Johannes Schmid, rector vetteris ville Oberndorff.
Item Georius, rector in Prendin.
Item Johannes Hacker, rector in Bochingen ?.
Item dominus Grämann, rector in Luterbach.
Item Conradus Bentzen, rector in Schappach.
Item Johannes Gerhart, rector in Rötenberg.
[37.] Item Rüdrigerus Büringer, rector ecelesie Oberndorf.
Item Alberhtus Sylimutz, rector in Reinhardtzöwe.
Item Alberhtus Murer, rector in Schappach.
Item Fridericus, rector ecclesie in superiori Wolffach.
Item Conradus Kysterlin, viearius in Schenckenzelle.
Item Andreas, rector ecclesie apud sanetum Romanum.
Item Johannes Fritschin, rector in Epffendorf.
Item Johannes Töner, rector in Bettenhusen.
Item dominus Johannes, rector in Schönwald.
Item Hainricus Schlosser, rector in Zella Marie.
Item dominus Johannes, rector in Gütach.
Item Hainricus Mayer de Ellenbogen, rector in Bösingen.
Item Hainricus Sprenger, rector in Zella Petri.
Item dominus Conradus, rector in Cappel.
Item Conradus Haigerloch, primissarius in Dornhain.
Item Andreas Beham, rector in Husen ciuitate vallis.
Item Johannes Wältin, rector in Wylerspach.
Item? Theodoricus Wölfflin, perpetuus vicarius in Höchmes-
singen.
1 Im Jahre 1463 war ein Andreas Kirchmaier Pfarrer bajelbit. Glatz a. a. O.
Nro, 319,
2 Hader war von Tübingen gebürtig und im Sabre 1425 Pfarrer in Bochingen.
Glatz a. a. O. Nro. 221.
’ Von da an etwas ſpätere Handſchrift.
33
Item Johannes Jäger rector ecolesie in Gütach.
Item dominus Conradus Pistoris arcium magister rector ec-
clesie in Tüsslingen.
Item dominus Cünradus rector ecelesie in Schiltach t.
Item dominus Rüdolfus arcium magister rector ecelesie in
Tüslingen.
[38.] Item ? dominus Hermannus Köch perpetuus vicarius
in Bochingen.
Item dominus Georius perpetuus vicarius in Gösslingen,
Item dominus Johannes rector in Bösingen.
‚ Item dominus Johannes Haigerloch perpetuus vicarius in
Zella Petri.
Item dominus Johannes de Stöffeln rector ecclesie parochia-
lis in Röttwil.
Item dominus Eberhardus rector ecelesie in Dryberg.
Item dominus Hainricus Pflüger plebanus in Epffendorff®.
Item dominus Johannes Strüter rector in Marschalcken-
zymern.
Item dominus Hainericus Lönlin rector in nyder Äschach.
Item dominus Johannes Säy primissarius in Oberndorff.
Item dominus Conradus Vend rector in Cappel.
Item dominus Connradus Sculteti rector in Sunthain.
Item dominus Johannes Wölfflin rector in Hornnberg.
Item dominus Nycolaus rector in Husen.
Item dominus Alberthus Beck rector in Schönnberg.
Item dominus Johannes Bügenraiff rector in Röthemberg.
Item dominus Michahel Keller rector in veteri villa Rotwil.
Item magister Johannes Mantz camerarius et rector in
Brüthan.
[39.]| Item dominus Andreas Waltkircher cappellanus in
cenobio Oberndorf.
Item dominus Burckhardus rector in Nünkirch.
Item dominus Bernhardus Schmid cappellanus in Obern-
dorff.
Item dominus Sebastianus rector in Hornnberg.
Item dominus Jacobus Hertter rector in Glatt.
1Um's Jahr 1480.
2 Diefer und bie folgenden Einträge ſtammen ungefähr aus dem Jahre 1460.
s Mar im Jahre 1441 Pfarrer daſelbſt. Glatz a. a. O. Nro. 266.
Ardiv. XII. 3
Item dominus Jeorius Sätzlin rector in Trüchtingen.
Item dominus Hainericus Beham reetor in Husen.
Item dominus Johannes Lientz rector in Epffendorff.
Item dominus Berchtoldus Hagelstain rector in Rötwil.
Item dominus Jeorius Wäg primissarius in Rötwil.
Item dominus Johannes Surer rector in Schenckenzell.
Item dominus Connradus Brächlin rector in Stetten.
Item dominus Burckhardus Deling rector in Stetten.
Item dominus Caspar Rangendinger rector in Diettingen.
Item dominus Nycolaus Vilinger primissarius in Lydringen.
Item dominus Johannes Seler cappellanus in Wannetal.
Item dominus Matheus Niess rector ecclesie in Tuningen %,
Item dominus Lienhardus Troll rector in Schabenhusen.
[40.] Item? dominus Johannes Stromayer rector in Hornberg.
Item dominus Steffanus Wölflin rector in Hochmessingen.
Item dominus Vlricus Stürm plebanus in Wittershusen.
Item dominus Eberhardus Kül rector in Triberg.
Item dominus Johannes Honow plebanus in Dornhain came-
rarius cappituli.
Item dominus Laurencius Hertwig rector in Tüslingen ®.
Item dominus Hainricus Schien rector in Güttach.
Item dominus Johannes Mürer rector in Hornberg.
Item dominus Andreas Harer rector in Oberndorff decanus
capituli.
Item dominus Petrus Müntzer plebanus in Vischbach.
Item dominus Petrus Herrenberg capellanus in Rötwil.
Item dominus Burchhardus Surer rector in Rosberg.
Item dominus Johannes Friburger rector in Rötwil.
Item dominus Johannes Syndringer capellanus in claustro
Oberndorf frater ordinis sancti Augustini.
Item dominus Wolfgangus Hoflich capellanus in Rötwil.
Item Petrus Rasoris capellanus in Triberg.
Item dominus Paulus Wild rector in Wolfach.
Item dominus Vlricus Wolf rector in Schönwald.
Item dominus Johanes Stump rector veteris ville in Rötwil.
1 Diefer und der folgende Name ein jpäterer Eintrag aus ben letzten 15 Jah—
ren bes 15. Jahrhunderts.
2 Bon ba an eine etwas jüngere Hand.
® Auf dem Rande aus einer Feder vom Anfang bes. 16. Jahrh. in Beziehung
auf biefen Pfarrer: Ecclesiae svae et jurium ejusdem strenuus defensor. Vixit
Anno 1475.
35
Item dominus Gerhardvs Niess plebanus in Stetten.
Item magister Albertvs Meder plebanus in Schabenhusen.
[41.] Item dominus Petrus Ganter plebanus in Villingen.
Item dominus Johannes Knab plebanus in Zella Marie.
Item dominus Lazarus Foln in Epffendorff dedit 2 guldin.
Item dominus Balthissar Koch rector in Hochmessingen.
Item dominus Nicolaus Schien capellanus in Seudorf et
confrater.
Item dominus Burckhardus Ludwiei capellanus apud sanctum
Pelagium.
Item dominus Laureneius Giltlinger plebanus in superiori
Wolfach.
Item dominus Gabriel Schöffer reetor in Dornhain.
Item dominus Johannes Tusling plebanus in Glatt.
Item dominus Georius Tafelstain rector in Britthain et pri-
missarius in Lidringen.
Item dominus Diettrici Tod reetor in Sunthain.
Item dominus Baltissar Ackermann rector in superiori Wolfach.
Item dominus Waltherus Stainwand plebanus in Bochingen.
Item dominus Alberthus Sutoris rector in Zella Petri.
Item dominus Jeronimus Sartoris plebanus in Röttenberg.
Item dominus Lucas Tettinger rector in Nüenhusen.
Item dominus Michahel primissarius in Dorhain.
Item dominus Eberhardus Koler plebanus in Wilerspach.
Item dominus Martinus Göslinger rector in Triberg.
Item dominus Nicolaus Wisbom plebanus in Villingen.
Item dominus Burckhartus Krenklin plebanus in Wolfach
inferiori.
Item dominus Petrus Rapp plebanus in Lutterbach.
Item dominus Johanes Meintz plebanus in Nünkilch.
[42.] Item dominus Jodocus Humel rector in Nüenhusen.
Item dominus Baltissar Kromer rector in Wolffach,
Item dominus Nicolaus Kügeller rector in Schappach.
Item dominus Johannes Heck rector in Schappach.
Item dominus Hainricus Mollitoris rector in Schenkenzell.
Item dominus Johannes Röttenburg rector in Göslingen.
Item dominus Anthonius Diessenhoffer capellanus aput sanc-
tum Nicolaum Routwile.
Item Leonhardus Häslin plebanus in Schönwald.
1 An dem Rande: in GSeeborf.
3*
36
Item dominus Johannes Grab plebanus in Wilerspach.
Item magister Hainrich Prülinger cappellanus aput sanctum
Michahelem.
Item dominus Johannes ....... i in Sulgen plebanus.
Item dominus Cünradus Müscheller plebanus in Diettingen.
Item dominus Ludwicus Schram plebanus in Bettenhusen.
Item dominus Caspar Vissler cappelanus in Wolfach.
Item dominus Johanes Glaser plebanus in Triberg.
Item dominus Cosman $Switzer plebanus in Diettingen.
Item dominus Ludwigeus Weger plebanus in Flürn 2.
Item Niklaus Säng cappellanus in Triberg.
Item dominus Matheus Schmaltzküch plebanus in Nideräschach.
Item dominus Thomas Pflüger plebanus in Lidringen et de-
canus in decanatu Rottwill.
Item dominus Hainricus Schön cappellanus in Rottwill.
Item dominus Hainricus Eslinger capellanus sancte crueis.
Dominus Petrus Pfauküch cappelanus zü Röttwill.
Dominus Martinus Bücheberg.
Ao [1]610.
[48 Dominus Niclaus Meyer plebanus in Neükirch.
Dominus Rudolphus Seltenreich plebanus in Sulgen.
Dom: Jacobus Glatthaar parochus in Oberndorff.
Dom. Paulus Kerber plebanus in Dauchingen.
. Johannes Rapolt plebanus in Dauchingen.
. Bonauentura Kettenacker pastor in Altoberndorff.
. Petrus Hass curatus A° [1]611 in alten Wolffach ®.
. Christianus Wiser fuit plebanus ober-Wolfach.
. Johannes Herderer plebanus in Stetten.
. Johannes Waibel parochus in Maricecella.
. Johannes Römer pastor in Frittelingen.
R. M. Johannes Remer curatus in Dunningen cap. Rot.
decanus ss. theol. baccal. Form.
Reverendus D. M. Johannes Brenneyssen parochus in Deiss-
lingen et decanus obiit die 11. Juny Anno 1612.
Dns. Georgius Schuler plebanus in Fischbach. Anno 1615.
Dns. Conradus Molitor primissarius in Oberndorff. Anno 1615.
Bei -E-E-I-E-5-
1 geerer Raum für ben Eigennamen.
2 Von dem folgenden Pfarrer bis S. 43 ift ein Eintrag vom Jahre 1500.
s Am Rande biejer Linie ftehen bie Worte: Hi [sex sequentes] tempore pestis
obierunt in Domino [1611].
37
: Dns. Marcus Angerer parochus in Oberndorff. Anno 1616.
Dns. Philippus Frey parochus in Dauchingen. Anno 1616.
Dns. Christophorus Molitor parochus in Sulgen Anno -1616.
Dns. Johannes Briel parochus in Hochmessingen. Anno 1617.
Dns. Jacobus Hirth parochus in Seedorff-Anno 1617.
Dns. Andreas Friess curatus in Schabenhausen frater Anno
1617. |
Dns. Georgius Riede plebanus in. Altoberndorff Anno [16]18.
Dns. Martinus Ziphel parochus in. Glatt. Anno [16]18.
Dns. Johannes Bürkh curatus in Bochingen Anno [16]18.
Vivant domino omnes in aeternum.
Dns. Christophorus Herman parochus in Schramberg !.
D. Michael Haim plebanus in Bösingen jubiläus Anno-[16]19.
D. Philippus Dreer parochus in Schappach Anno [16]20.
D. Johanes Sartorius parochus in Schonach.
D. Johannes Herman plebanus in Maria Zell.
D. Mag. Jackobus Brenneissen parochus in Deislingen came-
rarius Anno 1622.
Dn. Johanes Menger Rotuilanus plebanus in Stetten Anno
1623.
Dn. Johannes Molitor Mösskirchensis parochus in Waldmes-
singen.
Dn. Johanes Raitlin sacellanus in Oberndorf et curatus in
. [hingen ?].
— 1624 Dominus Martinus Riedlinger plebanus in Alt-
oberndorff.
Dn. Balthasar Faber plebanus in Waldmessingen.
Dn. Martinus Lälius Villinganus sacellanus in Seedorff.
1625. Dn. Mölchior Hohenegg ex Empfingen plebanus in
Glatt 2.
Sub Johanne Friderico Spreter curato in Niedereschen de-
cano cap. Rotwilani 1626.
Dominus Johannes Henricus Saurmilch ex Fuldt plebanus
uallis Kintziane in Haussen cuius anima deo vivat.
Anno 1627. D. M. Wilhelmus Herderus plebanus in Waldt-
mässingen Rotuilanus cuius anima deo vivat.
1 Am Rande fiehen von gleicher Hand bie Worte: sub Mag. Joh. Jacobo Her-
derer, decano [1619—1628].
2 Zwifhen biefem und dem folgenden Namen bes Job. Saurmildh flieht am
Rande ber Eintrag über den Friedrich Spreter.
38
Dn. Johannes Baptista Zipfflerius plebanus in Stätten Rot-
uilanus cuius anima deo vivat.
Dn. Adamus Vnglärth plebanus in Haussen uallis Kintzicä
cuius anima deo vivat.
Anno 1628 Dn. Matthäus Fischer plebanus in Nusbach Ried-
linganus cuius anima deo vivat.
Anno 1630 Dn. Stefanus Scolaris plebanus in Epffendorff
quondam decanus cap. Rot. et Oberndorff cuius anima deo vivat.
Anno 1631. Dn. And. Koler parochus Schappacensis Rot-
wilensis obiit mense Martio. Ä
Hoc anno resignauit decanatum syvm praescriptus dn. Joh.
Frid. Spreter in cuius locum per electionem successit Iustus Haus-
mann s. Th. D. parochus in oppido Oberndorff, sub quo qui obie-
runt, conscripti sunt in novo ! huie subordinato libro. Praece-
dentibus uero omnibus sit aeterna pax et requies. Amen.
1 Diefes „neue“ Verzeihniß der verftorbenen Herren bes Gapiteld werben wir
wohl noch ausfindig machen und mittbeilen.
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Beiträge
zur
Gedichte der Pfarreien
in den Lanbcapiteln
Gernsbach und Ettlingen.
(Fortſetzung.)
Von
J. B. Trenkle,
Secretär am Gr. Verwaltungshof in Karlsruhe.
10. Niederbühl bei Rafatt.
Dieſes Dorf, in welchem ſich Spuren einer römiſchen Straße
finden“, wird erſtmals in der Bulle des Papſtes Cöleſtin III von
1193 ermähnt, worin die Befitungen des Kloſters Herrenalb bejtätigt
werden, denn bier bejaß leßteres eine Mühle? Die Markgrafen von
Baden haben Güter zu Bühl ſchon im Jahre 1204 erhalten ?.
Eines Pfarrrectors Sifrid zu Niederbühl wird in einer lichten:
tbaliihen Urkunde von 1355 erwähnt, und nad) einer anderen von 1360
hatte ein Edelfneht Gerlach, genannt Bleiche, zu „Bühl, dem niedern“,
feinen Siß ®.
Eine Pfründe in die Niederbühler Kirche ad S. Laurentium
wurde im Jahre 1400 geftiftet . Der Schuldheiß und tie Richter des
Dorfes bitten den Propft zu. S. German in Speier um Beftätigung
diejer dur Wernher Hanns von Bühl geftifteten und mit 45 Maltern
Korngülte und 4 Pfund Geldgülte dotirten Pfründe. Diefe Schenfung
wurde aud unterm 16. December 1400 beitätigt und der präjentirte
Kleriker Berthold Ocker zum erjten Inhaber beftellt 6.
Die Pfarrei war dem Stifte Baden incorporirt 7, welches den
Kirchenſatz dafelbit Taut einer Urkunde von 1453 befaß®. Auf ben
Widumgütern ber Pfarrei ruhte die Verpflichtung, ben Tafel für das
Dorf zu halten ?,
Die Pfarrei wurde um 1705 durch die Franziskaner von Raitatt
aus verjehen, mas bei dem großen Prieftermangel in jener Zeit leicht
ı Zeitjähr. für Geſch. bes Oberrheins 14, 261.
? Dajelbit 23, 308. 25, 325.
’ Bab.:Bad. Nepertorium.
+ Dberrb. Ztiſchr. 8, 202. 220. |
® Repertorium. Liber fundationum (Copb. Nro. 104) p. 182, confirma-
tio p. 183. Frühmeſſe.
6 Bad.:Bad. Copb. 104. fol. 182 u. 183,
Freib. Realſchematismus ©. 145.
® Urkunde vom Dienstag nad Quasimodo geniti.
» Aften von 1600 und 1624.
42
erflärlih it. Eine Bruberjchaft de immaculata conceptione B. V.
Mariae hatte ſich um 1745 gebildet '.
Ein Filial ift Förch, unweit bes Schloſſes Favorite gelegen, in
fihtenthalifchen Urkunden öfter8 erwähnt. Mit Niederbühl bildete die
Dörflein ein Gericht. Jeder der beiden Orte hatte vier Richter und
Niederbühl außerdem den Schuldheiß zu ftellen ?. Die jeßige Kirche wurde
um 1790 erbaut ꝰ.
An den Bifitationsprotocollen von 1683 u. 1701 leſen wir folgendes:
Niderbühl.
Pagus hic 44 familiarum et Forich 20 familiarum, hanc constituunt paro-
chiam; catholici omnes sub omnimodo temporali jurisdictione Badensi. Decanatus
Ettlingani, Patronus S. Laurentius, Dedicatio dominica quinta post Pentecosten.
Collator Collegiata Badensis. Decimator eadem; habet majores decimas
omnes, quae raro ascendunt ultra 50 maldera. Minores decimas accipit solus
pastor, qui ex pisis, cannabe et foeno accipit 20 fasciculorum, ex hördeo et
tritico turcico decimum; reliqua non decimantur hoc loco. Animalia feminalia
curat et alit communitas. Licet de jure ex certis incultis villis teneretur pastor.
Ecclesia satis firma, recenter anno superiori viginti florenis reparata,
chorus habet fornicem, navis tabulatum, quae licet angusta hujus tamen pa-
rochiae satis capax et satis utrumque ornata. Ecclesia sola ex suis reditibus
et censibus se ipsam curat et conservat eum omnibus appertinentibus etiam
turri, coemeterio, ossuario, ceratibus et portis. Altaria in illa tria consecrata
non dotata, Reliquise nullae. Sacellum aut filialis nulla. Sacrarium in pariete
mundum et clausum. Lampas ante hoc sub officio tantum succenditur. Mon-
strantia nulla, ciborium bracteatum, cui inclusa capsa argentea. Pixides pro
sacris oleis ex stanno. Calices duo, argenteus deauratus et stanneus. Casulae
tres admodum viles. Alba una; reliqua suppellex vix necessarla, missale Ro-
manum, agenda Coloniensis, cantuale nullum, campanae duae benedictae.
Baptisterium et confessionale bona ac decenti loco. Cathedra lignea admodum
vilis. Liber baptizatorum admodum parvus et vilis, coeptus anno 1664 et
renovatus 1674.
Confirmatio et visitatio ab hominum memoria nulla. Sedes curantur ab
ecclesia, sunt communes, unde nullae circa illas lites uti nec circa sepulturas
aut bona ecclesiae. Processiones unacum Venerabili in festo corporis Christi
eirca pagum. Festo S. Marci in Haven-Eberstein, feria secunda roga-
tionum vacat, feria 8 in Cuppenheim, feria 4 vacant. Festo Ascensionis in
Radstatt, festo SS. Philippi et Jacobi in Sant-Weyer, dioecesis Argen-
tinensis. Ecclesiae redditus colliguntur a duobus rusticis juratis, rationes red-
dunt DD. canonicis Badensibus absque praesentia pastoris, habet illa ex annuo
censu pecuniario 80 fl.; frumentario 20 mald.
Pastor r. d. Joannes Michael Zepffli, Badensis, actatis suae 33,
ı Ardivalten.
2 Dberrb. Ztſchr. 15, 269; 7, 363. 378, 380. 459 und 490.
3 Ardivaften,
43
administrat parochiam in sextum annum; possidet illam ex commenda, quam
annue redimit 1 Rthir., et nuncio 1/, fl. Annus competentiae incipit in festo
S. Georgii. Capituli est Ettlingani, cui solvit jura et paret, accuratus in con-
cionibus et catechesi. Assistit morientibus, non sponsalibus. Nullum neglexit,
nullum copulavit vagabundum nec alterius parochiae. Domus parochialis tota
perlustris, caret fenestris et januis ut subsistere vix possit; ad hujus restau-
rationem tenetur collegiata Badensis:
Competentia ejus annua est:
Ex collegiata Badensi 7'/, fl. Item siliginis 1 mald. Ex tribus villis
siliginis 63 simmern; avenae 39 simm. Decimae minores ut supra, agrorum
incultorum 30 morgen, pratorum 0. Jura stolae.
Ex sponsalibus et proclamationibus 0, copulatione 20 batzen, dimis-
soriis 20 batzen, baptismo 1/, fl., introductione O0, provisione aegrorum 0, ad-
ministratione aliorum sacramentorum 0, conductu funeris majoris 20 batzen,
minoris !/, fl.
Tribus sacoris solemnibus funebribus 1 reichsth. Concione funebri quae
rara 1 rthlr. Sacro votivo per annum !/, fl.
Ludimagister, aedituus et director horologii, Joannes Spitz, incola
pagi vix scit legere, nimis languidus, constitutus a communitate et pastore.
Domum incolit propriam, pro competentia habet decimas omnes ex omnibus
agris unius ditioris e pago. Item a singulis civibus fasciculum frumentarium
„die Glodengarb“, 4 fl. ratione horologii, lotionis, thuris et salis per annum,
ex instructione pueri per quartam anni partem 2 schilling. Ex copulatione
mediam amphoram vini, duos panes et frustum carnis. Ex sepultura extranea
2 schill., de civibus et ex reliquo nihil, nisi immunitatem. Pueri ob im-
peritiam ludimagistri non mittuntur ad scholas.
Abusus gravis superstitionum „mit feegnen, Hauptmeſſen, Baumpflanzen“. —
Confraternitas nulla, pro choreis licentiam facit satrapa, non pastor. Dies
festos observant, non nisi, quod falces acuant, currus onerent etc,
Diligentes in sacris. Scandalum publicum nullum. Venerabilis ad aegros
exiguus comitatus, — Obstetrix non jurata. Fundatio pauperum nulla. In-
ventarium nullum. Communio paschalis exacta schedis nemine desiderata, sub
divinis excessus nullus. — Pueri baptizati omnes sepeliuntur a pastore.
Gravamina. — 1) Queritur pastor et parochia domum pastoralem plane
neglectam, ventis, pluviae, nivibusque perviam a collatoribus non restaurari
aut babitari possit, licet saepius hunc in finem interpellati. — 2) Reditus et
census eccelesiae ex negligenti exactione deperdi maxime, olei et 20 mald. si-
liginis avehi a capitulo Badenam, nec quicquam in compensam praestari aut
solvi ecclesiae.
Monita. — Sponsalibus assistat Pastor. — Pueri mittantur ad scholas
et si ludimagister non sit sufficiens substituatur capacior. — Abstineant à la-
boribus servilibus diebus festis. — Obstetrix sit jurata. — Abstineant a super-
stitiosis benedictionibus.
Fiat comitatus venerabilis ad aegros,
Substituimus hac in parochia personaliter ab ea excepti diem et noctem,
quando ad populum diximus 2, catecheses habitae 2, communicantes 176,
aeger provisus 1,
Missio. 1701. (p. 237.) — Numerst familias quadraginta catholicas.
44
Parochus per sexennium est Joannes Jacobus Hertz, Badensis, annorum 39.
Patronus ecclesiae et summi altaris est S. Laurentius, läteralium Bma
Virgo et S. Anonymus, quorum duo tantum sunt consecrata. Altare Bmae Vir-
ginis habet fundationem 11 fl. cum obligatione, ut quavis septimana legatur
missa votiva de Beata, Competentia ludimagistri: a singulis civibus 1 manipl.;
ab ecclesia 3',, fl. Obligatur ex his procurare salem, thus, hostias pro sacri-
ficio missae; item oleum pro campanis inungendis et horologio.
11. Raftatt.
Zu einer Gefhichte des Dorfes und der fpäteren Stadt Naftatt
ift Schon eine ziemlich umfangreiche Literatur erwachſen. Die widtigiten
Beiträge dazu jind die von Mone in feinem badijhen Ardive und jene
von Eifinger in einem Lyceumsprogramme?. Außerdem liefern hierher
gehörige Notizen das Lerifon von Kolb und die Zeitſchrift für Ge:
Ihichte des Oberrheines.
Raſtatt (MNaftede, Naftetten), ein Dorf, weldes unverkennbar
auf einer Art Inſel in Mitte des mittleren und deutſchen Nheines lag,
und deſſen Gemarkung von dem zwijchen ihm und Sandweier gelegenen.
See begrenzt wurde, hat fi wohl durch Vereinigung mehrerer Höfe
gebildet. Im vierzehnten Jahrhundert waren damit die Villen Bod—
mannshauſen und Rheinau fon vereinigt,
Auf Raftatter Gemarkung befanden ſich ferner die folgenden
Höfe: Der Hof zu Breitenholz, welcher ber Abtei zu Selz gehörte,
woraus fih auf eine frühe und bequeme Verbindung zwiſchen Rajftatt
und Selz jchließen läht; der Hof zu Nheinau und ber Mönchhof,
welch’ beide dem Kloſter Herrenalb zujtanden, und der Sibotin: Hof,
der vom Fürften zu Lehen gegeben war.
Das im Mittelalter ſtark bevölkerte Dorf erſtreckte ſich jedoch nicht
auf das linfe Murgufer; e8 hatte mehrere freie Plätze, eine Kirche, ein
Ratte und Schulhaus, Öffentliches Waarenmagazin, ein Bad, oft:
und Schlachthaus, eine Mahl, Del, Stampf-, Hanf: und Säge—
mühle, wenigitena zwölf Gaffen, zwei Brüden, und murde mit einem
Hagwerfe umſchloſſen, die mit Thoren von Flechtwerk, „Were“ genannt,
verjehen waren. Die Gafjen jcheinen geradlinig gemwejen zu fein, meil
die Wächter über fie von gewiſſen Standpunften ausſchauen und ihre
Stundenrufe darin gehört werben fonnten ?.
Das Dorf, welches ala eberfteinijches Erbe um 1203 an dad Haug
Baden gebieh, beſaß ein Geriht und einen Gemeinderath, melder
1 Bad. Arhiv 1, 238. Raſtatter Lycealprogr. von 1354. Kolb 3, si fi.
2 Wie Anm. 1. Oberrb. Ziſchr. 2, 272. 289,
45
aus 24 Mitgliedern beſtand. Seine Gewerbeordnungen hatte e8 von
Straßburg entlehnt?. Die Fifcherordnung, gemeinfchaftlic mit Kuppen—
beim, ift aus dem Jahre 1508. Der Majjerdienft war geordnet, mie
bie Schifferei 2, Ä
Die Landwirthſchaft, indbefondere Schweine: und Rindviehzucht,
war die Hauptnahrungsquelle der Einwohner. Eine große Anzahl von
Schmeizern dienten im fechzehnten Sahrhundert in der Umgegend
Raſtatts als Melker, was ſich lange erhielt?. Der um 1550 blühende
Eijenhandel hielt fih bis in den Anfang unferes Jahrhunderts *,
Auh die Fiſcherei war in frühefter Zeit jhon ein namhafter
Ermerb für den Ort, und der Fachmeiſter oder Aufjeher über ben
Fiſchfang zählte nad der Urkunde von 1207 zu den Angejeheneren der
Gemeinde. Zumal aber beſaß Raftatt einen bedeutenden Wein» und
Fruchtmarkt, woher ed kam, daß dad dortige Wein= und Getreidemaf
für ‚die ganze Gegend galt und der Ortswappen eine Weinleiter zeigte.
Die Pfarrfirde zu Raftatt ift eine der ältejten der Gegend,
wie denn auch das Borhandenfein dieſes Ortes biß in die Nömerzeit
binaufreihen mag, da eine römifhe Ara daſelbſt gefunden morden und
bie Dagobertijche Urkunde von 712 die Bezeihnung Nafte (tres leucae)
mit der Murg (fuvius Murga) und mit den Kaiſern Hadrian und
Antonin, ben Gründern von Baden, in Verbindung bringt ®.
Eine herrenalbiſche Urkunde von: 1207 belehrt uns, daß die Kirche
ſchon um biefe Zeit „nimia vetustate collapsa“ gemejen. Auf An—
ſuchen der Gemeinde, melde bei ihrer großen Armuth nit im Stande
war, biejelbe wieder herzuftellen, geftattete e8 Graf Eberhard von
Eberitein derſelben, ein Stüd ihrer Almend an Herrenalb abzutreten,
mogegen dieſes Klofter fich verpflichtete, die ruinofe Kirche aus feinen
Mitteln zu reftauriren $,
Herrenalb erjheint aud in Naftatt reich begütert. Nach einer
päpitlihen Bejtätigungsurkfunde über deſſen Beſitzungen beſaß dasſelbe
dort einen Bauhof (grangiam in Rasteten), welcher im Jahre 1306
an den Markgrafen von Baden verliehen ward”.
1 Bad. Arhiv 1, 254. 283. Oberrh. Ztſchr. 7, 257; 9, 285. — Über
bas Raftatter Dorfgeriht vgl. auch Zeitfhr. ber Freib. Geſellſchaft u. f. w.
1, 237 ff. (Anm. d. Reb.)
2 Dberrb. Ztſchr. 3, 156. 174; 4, 92, 119,
s Dberrb. Ztſchr. 10, 384. Eiſinger a. a. O. © 35—37.
+ Kolb, Lerifon, 3, 83. 2er. von Schwaben von 1791.
5 Bab. Archiv, und Kolb a. a. O.
sOberrh. Ztſchr. 1, 112.
? DOberrb. Ztſchr. 5, 346. 408.
46
Frühere Nachrichten über die Raftatter Kirche, deren Patrone bie
Heiligen Alerander und Jacobus find, ließen fi nit auffinden.
In Ausübung des Cultus war der Pfarrer unterjtügt durch einen
Frühmeſſer und einen Altarpfründner ad 8. Jacobum!. Eine Ur—
funde über die Dotation bed Frauenaltars in der Pfarrkirche zu Nas
jtetten von 1446 finde ih in dem alten baden-badiſchen Nepertorium
verzeichnet ?,
Abläfje erhielt die Kirche jehr viele. Davon mögen die drei von
1434, 1467 und 1491, als die wichtigern, bier beſonders erwähnt jein.
Der Abla von 1434 diente offenbar zur Sammlung von Gelbern für
die MWiederherjtellung der Kirche, welche nach der Zerftörung des Ortes
durch den Kurfürjten von ber Pfalz im Jahre 1424 mohl nöthig ges
worden war?. Derjenige von 1464 wurde ertheilt auf Erjuchen des
Pfarrer, des Schuldheißen, ber Schöffen und Gemeinde zu Rajtetten
bei der Stiftung einer Priejterpfründe in der bortigen Pfarrkirche, deren
Leihung dem Markgrafen von Baben zuftehen folle*. Der Ablaß von
1491 aber betraf die Stiftung eine® Salve in der Kirche?, und der von
1511 die neu eingeweihte Beinhaus-Kapelle bei derjelben ®.
Daß die firhliden Brocejfionen zu Raftatt ſchon frühe üblich
waren, geht aus einer Stelle ded dortigen fehr alten Hofrechtes her-
vor. Es Hatte nämlich) der Hof bei Rheinau die Verpflihtung, ben
Pilgern an ihrem Kreuzgang um den Did ein Gewiſſes an Käs
und Brod zu geben, und zwar oberhalb des „Kreuzbrunnens“. Auch
ruhten auf diefem Hofe noch allerlei Auflagen, welche in die ältejte Zeit
hinauf reihen mögen ”,
Im Sahre 1475 bemwilligte der Speierijche Generalvicar, daß bie
Gemeinde Najtatt an Stelle der bisherigen jährliden Proceffion nad
Selbach eine jolde zum Gnabenbilde in Bickesheim und nad
Kuppenheim maden dürfe ®.
ı Dorfbud, Nro. 1. Fol. 32.
? Alt:Bad.:Bab. Repertorium. Primissaria beatae Mariae Virginis atque
sancti Jacobi Apostoli 1467. Lib. fund. Nro. 104, p. 99. Copia fundationis
capellaniae beatae Mar. Virg. in Rastetten 1466. Ibid. p. 100b, Confirmatio
capellaniae altaris beat. Virg. zu Rastetten (per archidiaconum Lori) 1447,
p. 101b.
3 Ehenbaf., und Kolb a. a. O.
+ Alt:Bad.»Bad. Nepertorium.
5 Bab.Bad. Copirbud, Nro. 104. Fol. 99 u. 100.
6 Repertorium.
Bad. Archiv 1, 274. 281. 284.
® Repertorium.
47
Das 16. und folgende Jahrhundert bietet wenig Bemerfeusmerthes
über Raftatt dar. Bei der allgemeinen Verwüſtung des Landes im
Sabre 1689 durch den franzöfiihen General Dura Hatte dad Dorf
jehr gelitten. Den kirchlichen Zuſtand daſelbſt kurz vor dieſer Kata-
ftrophe jhildert das Bifitationsprotocoll von 1683, welches wir mit an-
geführten Auszügen aus den Protocollen von 1701 und 1715 hernach
folgen laſſen.
Nachdem zu Ende bed 17. Jahrhundert? das Dorf Naftatt zu
einer Stadt erhoben morben, erbaute der Markgraf Ludwig Wil-
helm das prächtige Nefidenzichloß daſelbſt mit Kirche !. Geit dieſer
Zeit war biejelbe die Nejidenz der Markgrafen von Baden-Baden, melde
bisher zu Baden rejidirt Hatten, und blieb e8 bis zum Erlöjchen ber
baden:baden’ihen Linie.
Die alte Pfarrkirche war gänzlih baufällig geworben und um
1702 ſchon wurde die Abficht ausgeſprochen, diejelbe wieder neu auf:
zubauen. Hierzu hatten die Decimatoren, dad Domcapitel zu Speier
und das Klofter Lihtenthal gemeinjhaftlih den Chor, die Ge
meinde aber und der Heilige das Langhaus und den Thurm zu bauen.
Die Koften wurden auf 8196 Thaler veranſchlagt. Einen Riß
lieferte der italienijche Baumeijter Banino ein; der deutihe Baumeiſter
Nohrer aber legte, nachdem er ben des Erfteren eingejehen, nachher
einen ähnlichen vor, welcher angenommen wurde.
Die Legung des Grundfteines fand im Jahre 1764 in honorem
Sancti Alexandri ſtatt. Der feierlihe Gottesbienjt hierbei wurde von
den Franzisfanern gehalten 2,
Radstatt.
Pagus est peramplus a nundinis hebdomadariis celebris et magnae sa-
trapiae hujus nominis caput; civium catholicorum numerat 118 familias, unam
Calvinistae serinarii et tres Judaeorum, annexum habet et muncipem pagum,
Rheinauw, 12 familiarum; totus in temporalibus jurisdietionis Badensis, qui
principalem ibidem et peramplum ante bellum habuere domum et hortum,
1 Über das Madonnabild und das große Plafondgemälde diefer Kirche |. Gries:
baber, Baterlänbifches S. 154. (Anm. d. Red.)
2 Diefes aus den Alten bes Generalsfandes:Arhivs. Verfhiedene Beiträge zur
Geihichte und Beihreibung von Maftatt enthalten noch: Jägerſchmidt, das
Murgtbaf (1800) und Baben mit bem unteren Schwarzwald (1846); von Kettner,
das Dos: und Murgtbal (1843); von Beuft, bie Bernhardskirche (1856); Becht's
Beichreibung (Göttinger Zeitichr. ber Wiflenfh. 2, 25) und ber Realſchematis—
mus ber Erzbiöcefe Freiburg. — Die Piarifien von Loreye. Raſtatter Lyc.⸗
Programm, 1835. Pfifter, bab, Staatsreht. Mannheim, 1847. Bei Bens
beimer 1, 153 ff.
48
quae bello Sueeico exusta et vastata, coeperat positis ditissimis fundamentis a
marchione Ferdinando, ante annos paucos restaurari, sed et adversitate
temporum et morte praeventus, aedificium in fundamentis substitit '.
Decanatus est Ittlingani. Patronus S. Alexander papa. Dedicatio
dominica post festum S. Bartholomaei, collator alternativus rever. capitulum,
cathedrale Spirense et d. abbatissa ex Lichtenthal, quae ultimo praesentem
nominavit.
Decimatores iidem ex aequo dividentes decimas majores, ad quas hoc
loco etiam revocantur, hordeum, triticum turcicum ?, avena. Vinum hoc loco
non crescit. Hae decimae majores ad undecim annos elocatae communitati et
in contractu exemerunt casus extraordinarios; solvit autem annue 60 Malter
siliginis, 18 Malter tritici, 20 Malter hordei, 15 Malter tritici turcici. Decimas
minores colliguntur hac ratione, ut ex pisis, lentibus, mylio ?, et cannabe relin-
quatur non nisi vigesimus fasciculus decimatoribus; atque ex rapis, radieibus,
oleribus, pecoribus nullae solvantur decimae. Animalia seminalia curat et alit
communitas.
Ecclesiae structura firma et recens reparata, tota irregularis et sub-
obscura, ob alam crescente civium munero affinem, nullä fuleitur columnä
quantumvis lata, tota pendet ex tecto. 'Tabulatum ex assere. Ecclesiae tectum,
turrim, campanas, funes etc. curat et conservat communitas sola, ecclesiac
muros, ornatum, fenestras, scamna, vinum, hostias, libros, curat et conservat
ecclesia ex propriis reditibus. ÖOssuarium, crates, januas, septa coemeterii
utriusque media parte curat et conservat ecclesia, altera communitas. Domum
pastoris collatores, domum aeditui communitas.
Altaria in ecclesia quinque, nullum consecratum, nec dotatum, unum
fraternitatis in medio admodum impedit prospectum ad summum unde judica-
vimus submovendum, translato rosario ad laterale B. V. Sacrarium in pariete
mundum et clausum. Lampas ante illud jugiter ardens conservatur partim ex
fundatione partim ex eleemosynis et piorum oblatis. Monstrantia nova ar-
gentea deaurata. Ciborium argenteum intrinsecus deauratum. Pixides pro
sacris oleis stanneae. Calices duo argentei deaurati, horum unus parochiae,
alter confraternitatis rosarii. Casulae fraternitatis 4, parochiae 3, pluviale fra-
ternitatis. Albae duae, una parochiae, altera fraternitatis. Superpellices duo.
Suppellex linea sat ampla et dives. Missalia duo Romana, agendae duae, Mo-
guntina et Constanciensis. Cantuale unum in folio Romanum. Cantus nullus,
Cathedra antiqua lignes, loco commodo. Confessionalia quatuor. Baptisterium
vastum, lebes intus eneus stanno obductus et debito loco. Campanae tres bonae
et benedictae, Liber baptizatorum duplex novus et antiquus, neuter accuratus,
Confirmatio ab hominum memoria nulla, uti nec visitatio, nisi quae ante annos
28 circiter inchoata, sed non consummata. Lis nulla circa sedes, sepulchra
aut bona ecclesiae; sedes quisque habet proprias. Anniversaria duo recenter
fundata, Imum 100 fl. pro hospite in corona sacrum et residuum pauperibus,
alterum 50 fl. pro hospite in corona sacrum item et residuum pauperibus.
ı Markgraf Ferdinand Mar von Baden-Baden farb im November 1669 in
Folge einer Handverwundung, welche ibm fein unverfehens losgegangenes Jagdgewehr
verurſacht hatte.
? Türfifh Korn, Mais, Welſchkorn. » Hirfe.
4)
Processiones, una cum Venerabili in festo corporis Christi per plateas
et circa oppidum, omnibus item primis dominicis mensis et festis B. V. ratione
archiconfraternitatis. Festo S, Marci in Oetichheim, feria 2da vacat,
fer. 3% rogationum in Cuppenheim, Fer. 4% in Iffizheim. In Ascensione
excipiunt processiones huc confluentes ex Cuppenheim, Niederbühl,
Oberweier, Muckensturn, Oetichheim et Iffizheim, quod ultimum
dioecesis Argentinensis,
Census et reditus ecclesiae colliguntur a duobus juratis, rationes reddunt
amptmanno et administratori spiritualium Badensi, nunquam praesente pastore.
Habet ecclesia haec ex annuo censu fixo 120 fl,, unde pastori solvuntur 8 fl.
ludimagistro 40 fl., aedituo 7!/, fl.; reliquum impenditur necessitati ecclesiar.
Pastor r, d. Andreas Beeker ex Beuren Eisfeldiacus, alumnus ponti-
ficius Fuldensis, aetatis suae 37, praeest huic parochiae in decimum tertium
annum, vir in theologicis bene versatus, non ita in practicis parochiae, nec
vitae satis exemplaris. Parochiam possidet ex commenda, quam annne redemit
uno imperiali. Capituli est Itlingani, cui paret et solvit jura. Conciones et
catecheses frequentissime intermisit, morientibus astitit, non sponsalibus; nullum
neglexit. Nullum copulavit vagabundum aut alterius parochiae, Nullam pro
tempore habet difficultatem aut dissensionem cum magistratu politico.
Pro competentia habet annue ex decimis in siligine 46 mald., in tritico
10 mald.
Ex ecclesia in pecunia 10 fl. 2 batzen, agrorum 30 morgen, pratorum
14 morgen.
Domus parochialis satis neglecta egeret reparatione, ad quam tenentur
collatores, capitulum, cathedrale Spirense et abbatissa ex Liechtendahl. Jura
stolae: ex sponsalibus et promulgationibus 0, ex copulatione 20 batzen, ex
dimissoriis 20 batzen, ex baptismo '/, fl., ex introductione 0, provisione aegro-
rum 0, administratione aliorum sacramentorum 0, conductu funeris et 3 sacris
1 reichsth., conductu funeris minoris !/, fl., conceione funebri 1 rthlr., ex sacro
per annum votivo aut anniversario 1/, fl.
Aedituus Johannes Adamus Alefeldt in annum decimum octavum
satisfacit officio, constituitur a communitate et parocho: pro competentia habet
annue: ex ecclesia 7'/, 3, ex lotione linteaminum ecclesiae t/, B, ex fasciculis
campanilibus siliginis 5 mald., ex baptismo O0, ex copulatione amphoram vini,
offam, frustum carnis et panes pro 4 kreuzer, ex funere majori 9 kr., ex singulis
anniversariis !/, 3, ex sacro funebri 6 kr., ex directione utriusque horologii
ecclesiae et curiae 1 rthlr.
Depascit utrumque coemeterium, habet omnem immunitatem.
Domum officio annexum, ad cujus reparationem obligatur communitas,
incolit ludimagister.
Ludimagister JJoannes Conradus Froelich, huic officio praeest in annum
decimum nonum, constitutus a satrapa et communitate, prorsus non Batisfacit.
Totus enim addictus potui nihil callet ex cantu, bunc quam miser est, eum
eo magis absonum facit hiolia sua voce. Totus in scholis socors et negligens.
— Pro competentia annua habet: Ex ecclesia 40 fi.
Item ex eadem ratione funerum, pro quibus nihil à eivibus 2 fl, 13 batzen.
Ex copulatione amphoram vini, duas portiones carnis ac panem pro 4 kr.
Ex instructione quartali pueri, qui discit scribere 17'/, kr., qui diseit
Archiv. XU. 4
50
legere 13 kr.; sesqui jugerum pratorum, omnem immunitatem; domum à Com-
munitate. Pueri de nestate plane non mittuntur ad scholas, de hyeme pauci,
Abusus gravis sponsalium, quorum contractus fiunt saepe tribus quatuorve
annis ante solennirationem matrimonii atque sponsi pridie quam copulandi cum
duobus testibus prius se sistunt pastori. Confraternitas rosarii in flore, ejus-
que ornatus bonus quotidie accreseit, ferunt hunc cessante devotione, ad P. P.
Dominicanos transferendum ex contractu.
Pro choreis licentiam facit satrapa non requisito pastore. Dies festos
servant accurate, non nisi quod sub vesperum falces acuant. Ad sacrum ac-
cedunt serius,
Catechesin pauci admodum etiam juniorum frequentant.
Hospitale et fundatio pauperum bona, administratur a primoribus pagi,
a pluribus annis nullae datae rationes. Obstetrices duae, juratae. Pueros
plerumque ipsi absque pastore sepeliunt, Scandalum publicum nullum. Com-
munio paschalis exacta schedis nullo desiderato. Inventarium nullum.
Sub divinis nullus excessus; et si contingat nundinas incidere in diem
festum, illae aut transferuntur in sequentem diem aut suspenduntur ad finem
sacıı .. .
Unter den Monita find zu bemerfen:
1) Ossa et calvariae, quae in antiquo ossuario relicta transferantur in
essttarium novum aut defodiantur. 2) Expurgetur coemeterium ab arboribus
et sentibus, non enim pomarium, sed ager sacer et locus quietis mortuorum,
quod ipsa statim S. Annae die executum, 3) Invigilent, ut suorum nomina
accurate inserantur libro baptizatorum, quo si opus post aliquot etiam annos
testimonium honestae geniturae habere possint. 4) Sponsalia celebrentur coram
pastore, nec post promissionem factam tam diu circumvagentur priusquam du-
cant. 5) Ludimagister singulis septimanis minimum semel visitetur a pastore
et si judicetur incorrigibilis, ne per ipsum juventus tota et communitas patiatur,
amoveatur et substituatur diligentiorr. 6) Cum in hoc frequenti pago pueri
inveniantur plures, qui ad labores vel non educentur, vel ad eos sint inepti,
continuanda pro iis schola etiam de aestate, de hyeme vero omnes mittendi
quotquot sunt scholae capaces. 7) Necessarium omnino hoc loco, ut juventus
bene in scitu et creditu necessariis informetur, unde ut toto anno continuanda
catechesis, ita ab omnibus diligenter frequentanda atque ideirco etiam equi
ea hora domi retinendi, ne equisones impediantur. 8) Tria dentur signa ad
officium divinum, unde turpe etiam post tertium venire serius. 9) Diebus
festis et dominicis abstineatur ab acuendis falcibus, ne pagum putent mallea-
torum officinam peregrini, qui frequenter istac transeunt. 10) Abstineatur omnino
a superstitionibus hoc loco crebrioribus: Das Heiligenfallen, Kinderfegnen, Baum:
pflanzen. 11) Promoveatur omni possibili modo cantus. 12) Venerabile, quando
ad aegros defertur, comitentur agnati, vicini et quotquot a domibus abesse
possunt. 18) Si in diem Jovis festum incidat, hebdomadariae eo die nundinae
juxta laudabilem patriae consuetudinem transferantur, aut minimum suspendantur
ad finem sacri.
Substitimus hoc loco dies tres ac totidem noctes, quando liberali coena a
D. satrapa et prandio a consulibus honorati, communitate religquum, quod in
aedibus pastoris consumptum in se suscipiente ac pro hac episcopali missione
immensas gratias solemniter agente. Ad populum autem his diebus diximus 6,
51
catecheses habitae 3, communione refecti 631, aegri provisi 6, conversus 1.
— Benedietun coemeterium in quo tempore pestis jam tum plurimi fuerant
sepulti.
Vifitationsprotocoll vom Jahre 1701 Raftatt (S. 9).
Parochia haec numerat familias catholicas 150, et judaicas 5, habet modo
adjunctam parochiam in Oetigheim, quam binando pariter deservit Friedericus
Froelich, Rastadiensis, annorum 80.
Ececlesiae patroni s. Jacobus et s. Alexander. 1) Altare sub pa-
trocinio eorundem sanctorum, 2) Bmae, Virginis, 3) S. Annae, 4) S. Barbarae,
quorum nullum est consecratum, nullum fundatum.
Aedes parochiales curant decimatores; scholares aedificat communitas,
Hospitalis et eleemosynarum curam gerit receptor ad hoc deputatus. — Ludi-
magister solvit ecclesiae 40 fl. Est autem ecclesia valde inops, atque ex redi-
tibus aegre sibi procurat summe necessaria. Parochus non habet aedes. Eidem
non solvuntur 8 fl. Nec ludimagister 40 fl. Ecclesiae bona abalienata sunt.
Non habentur aedes magistri scholae. Caupones diebus prohibitis hospitibus
apponunt carnes.
Das Vifitationsprotocoll von 1715 bringt (S. 55) eine interefjante Edhil-
derung des Empfanges ber biſchöflichen Viſitations-Commiſſion bei Hof,
welche wir nody mittbeilen wollen.
Die 7ma Junii Veneris,. Rastadii et Rheinau. Mane horä dt@ cum ex-
positione venerabilis lectum fuit sacrum, sub quo, ut heri, multi usque ad nonam
tum generaliter, tum particulariter confessi fuerunt. Horä 9ma postquam visi-
tationem crastina hora 5t* matutina in Niederbühl incipiendam indixeramus,
curru aulico ad pontificalia inibi peragenda ex ecclesia ad aulam vecti finitäque
missa domum usque ad tempus prandii revecti fuimus. Exin horä eirciter 12ma
ad prandium resalutavimus altefatum principem Augustum!, septem vel octo
annorum, qui praemissis a nobis praemittendis praeter humanum et omnem
gratiosum affectum responsum in haec fere verba proloquebatur::
Ich hab Mir jagen lajien, daß der Herr Weyhbiſchoff und die bey fi babenbe
geiftligen Herren die Unterthanen in Ghriftcatholifcher Lehr fleißig eraminirt und bes
fragt haben. Ich wollte dem Herren Weihbiſchoff gerne bezeigen, daß Ich auch weiß
und gelernet babe, was die chriftliche Lehr erfordert. Es wolle derowegen der Herr
Weibbifchoff mich aud hierüber befragen, werde Ihme nad) Vermögen fuchen zu
antwortten.
Ad inopinatam hanc propositionem ob praesentiam omnium fere aulicorum
circumstantium aliquo modo perterriti retractavimus hoc examen aggredi, judi-
cantes, principem in his et aliis plurimis sufficientissime instructum. Quo plus
nos examen hoc retractabamus, eo amplius princeps cum totä aulä pro eodem
aggrediendo instabat, donec interrogatus: Wer hatt den Pringen erichaffen ? Re-
spondit: Gott Batter.
Interrogatus ultra: Gott Batter habe die Bauren erſchaffen, follte ber auch
den Printzen erichaffen haben ? Respondit: Ya, ohne Unterfcheid, Mich gleich, wie
bie Bauren.
Cumque ob aptissimum et principe dignum responsum a nobis totaque aula
ı Auguft Georg, ber jüngfte Prinz des Markgrafen Ludwig Wilhelm,
geboren 1706, zur Regierung gelangt 1761, geftorben 1771.
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laudaretur, ac ad eundem pietatis fervorem incitaretur, obtulit nobis videndum
suum, quem scribit characterem, ab his a grammataeo parum differentem. Exinde
ad prandium deducti invenimus ibidem serenissimum prineipem Alexandrum
Badensem ex Bohemia mutum simul et claudum, 52 cireiter annorum, cui etiam
pro debito cum manuum osculo de nepote natalizante congratulati fuimus, qui
signis ejus vero archiepiscopatus pluribus gratum aflectum et gratiam altefati
Celsissimi explicaverat, qui etiam ad mensam, uti oportebat, primum locum,
ad ejus dextram domina de Plettenberg, suprema aulae praefecta, reverendis-
simus suffraganus sinistram occupabat. Junior vero princeps Augustus ad
mensam publice non comparebat. Finita mensa et peracta pro exbibitis gratiis
debita gratiarum actione, et valetudine hora 24 domum reducti fuimus, ubi duo
patres Franeciscani recollecti petierunt approbari pro confessionibus excipiendis,
quibus examinatis et sufficienter instructis inventis eandem approbationem im-
pertiti fuimus. Deinde medio juramento de dicenda veritate ad interrogatoria
parochus respondit ut sequitur etc.
12. Auppenheim.
Diejes Stäbdtlein ift eine der frühejten Befigungen de3 Haujes
Baden im alten Uffgaue und kam aus dem Calw'ſchen Erbe an die
Eberjteiner und von diefen an die Markgrafen. Es erſchien früher
al3 einer der, bedeutenditen Drte der Gegend und megen jeiner Befejti-
gung befannt, wovon noch im Anfange unſeres Jahrhunderts hohe
Ningmauern, doppelte Thore und doppelte, aber zu Gärten angelegte
Mälle und Gräben vorhanden waren.
Noh 1589 war Kuppenheim der Hauptort eines badijchen
Kreisamtes von 22 Dörfern, wie der Sit eines Feſtungs- oder Stadt:
commandanten. Im breikigjährigen Kriege joll es einer längeren Be:
fagerung dur die Schweden einen tapfern Widerſtand geleitet haben.
Im orleaniihen Kriege hatte auch Kuppenheim, welches damals
noch Amtsftadt von 14 Dörfern war, das Unglüd, am 24. Auguft 1689
von den Franzoſen beinahe gänzlich verbrannt zu werden, wodurch ge=
ihah, daß der Amtsjig und damit eine vornehmlihe Einnahmequelle in
da3 bald darauf neu erbaute Raftatt verlegt und dem alten Stäbtlein
nicht3 al3 die Ehre gelaffen wurde, daß da3 neue Amt nod eine Zeit
lang das Amt Kuppenheim uyd Rajtatt bie.
Vormals jtand hier ein Schloß, welches der badiſche Prinz Leo—
pold ber Ältere zuletzt bewohnte und fofort abbrechen ließ, um ein
neues an dejjen Stelle zu erbauen, mworan ihn aber die folgender
Kriege und fein Schon 1671 erfolgter Tod verhinderten t.
Kuppenheim erjcheint ſchon in einer Urkunde aus dem Ende des
ı Kolb, hiſt. flat. Topogr. Per. 6, 188. Crusius.
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141. Sahrh.; e8 wurden Bejitungen dajelbit duch Berthold, den Bru—
der des Grafen Burkart von Staufenberg, an das Gotteshaus Hirihau
vergabt t. Die Stadt fam in der Theilung vom 25. Juni 1309 zwis
ihen den Markgrafen Friderih und Rudolf an den Eritern ?. Sie
war ein biſchöflich Speieriſches Lehen, welches vom Stifte Weißen—
burg herrührte?®.
Die Bewohnerihaft der Stadt gab fich jeit alter Zeit viel mit
Schiff: und Fiicherei ab und hatte eine mit dem Dorfe Raſtatt gemein-
jame Drdnung für die Murg-Fiſcher, melde uns in einer Faſſung
vom Jahre 1505 vorliegt +. Als Dorfzeihen oder Wappen führte
Kuppenheim, wie die alten Schiffer: und Fiſcher-Orte Gernsbach, Wol-
fah und Mannheim, eine Woljsangel , alſo ein Zeichen, was auf die
althergebrachte Beihäftigung de3 Schiffen? und Fiſchens hinweist.
Der Kuppenheimer Mühle ift in Urkunden von 1278 und 1312
erwähnt ®, der Badftube in einer Urkunde von 1484 7. Die Stabt
hatte ein Drtögericht, welches noch im 16. Jahrhundert aus 12 Mit:
gliedern beftund, während der Math der Gemeinde 6 Mitglieder neben
dem Bürgermeijter zählte ®,
Gefälle und Zinfe zu Kuppenheim bejaßen die Klöjter Hirſchau
und Herrenalb°?. Das lettere hatte auch die Ungeldfreiheit für
Verbrauchsgegenſtände, welche feine Mönde und Dienftleute auf dem
Kuppenheimer Markte gekauft und aus der Stadt verführen mollten 1,
Das Ungeld, al3 Abgabe für die Ausfuhr von Lebensmitteln, war im
Mittelalter häufig und Hatte den naheliegenden Zweck, eine Vertheuerung
der Nahrungsmittel für die ftädtiiche Bevölkerung zu erjchweren, denn
bei der Beichränktheit der damaligen Verkehrsmittel war eine locale
Theuerung leicht möglich.
! Cod. Hirsaug. p. 33. (Stuttg. 1843.) Crusius Suev. ann. 2, 429.
Dad. Archiv 1, 728. Oberrb. Ztfchr. 1, 112.
2 Bad.⸗Bad. Eopb. im General:fandes-Archive, Nro. 64, ©. 15.
®? Schöpflin, Als. illustr. 2, 177: Oppidum auditur in feudorum obla-
tione Frid. march. Bad. et Agnetis uxoris ad ecclesiam Weissenburg, anno
1381 facta acceptaque vicissim proprietate vici Malsge.. Dumbeck, Geogr.
pag. vetust. per Cisrhen. p. 284.
Ztſchr. f. Geſch. d. Oberrh. 6, 9.
5 Dafelbft 16, 391.
6 Dafelbfi 2, 116; 7, 359.
? Daf. 2, 289.
s Daf. 10, 265. Anno 1574.
® Daf. 2, 116. Urkunde 1278. Klofter Hirſchau. — Oberrh. Ztſchr.
1, 112. Anm. 3.
1 Daſ. 2, 173. Urkunde vom Jahre 1254,
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Die Herrihaften Hatten dur den Zehntbezug den Getreidehan—
del vielfach in ihren Händen, und manche geitatteten ſolche Ungeldfrei—
heiten gerne, da jie im höheren Erlöſe aus dem Getreide daß verlierende
Ungeld veichlich wieder erjet erhielten.
Das Haus Baden bezog zu Kuppenheim den Zehnten feit Mitte
de3 15. Jahrhunderts. Markgraf Karl wurde 1453 vom Abte zu
Weißenburg mit Gregingen (Burg und Dorf), mit der Stadt Suppen
heim und mehreren Dörfern belehnt t.
Die ehemalige Kirche zu Kuppenheim, melde im Viſitationsproto—
colle von 1683, alfo vor der Einäjcherung ded Ortes, als ſchön, geräu—
mig und wohl vertheilt in ihren Räumen gejchildert wird, iſt eine alte
Nectoratskirche und wird ein Johannes, decanus de Cuppenheim,
ihon in einer Herrenalber Urkunde von 1276 ermähnt?. Die Kirchen:
patrone waren Beatissima Virgo, sanctus Xistus papa und 8. Seba-
stianus martyr. Das Patronatsrecht, nebit zwei Dritttheilen des Zehn:
tens dort und ben beiden Filialorten Rauenthal und Oberndorf,
gehörte dem Domcapitel zu Speier.
Außer dem Pfarrrector hatte die Kirche noch mehrere Beneficiaten
für die verjchiedenen Altäre, zu melden Pfründen gehörten, und zwar:
1) Die Pfründe des S. Urban-Altars, in Urkunden von 1472
und 1532 erwähnt; 2) die Piründe des Nicolaus: Altard, worüber
Urkunden von 1433, 1456, 1527, 1580 und 1582 vorhanden; 3) die
Pfründe ad 8. Catharinam nad einer Urkunde von 1456 und
4) die Piründe ad S. Sebastianum, morüber ein Gtiftungäbrief
des Markgrafen Karl und ſeines Bruders von 1454 noch vorliegt.
Außer der Hauptlirhe befand fich nahe bei der Stadt beim Be-
gräbnißplage eine dem bl. Antonius von Padua gemeihte Kapelle,
zu deren Gunjten von den baben:baden’ihen Prinzen Hermann und
Leopold Wilhelm im Jahre 1670 Stiftungen gemacht wurden, aus
deren Erträgnifje jeden Dienstag eine Mefje zu lejen und auf den
Tag de3 Heiligen ein gejungenes Amt zu halten war. Markgraf Leo—
pold Wilhelm Iegirte noch 1681 diejer Kapelle 1000 Gulden ®.
Der Kuppenheimer Kirche wurden auch Ablaßbriefe ertheilt. In
einem alten Nepertorium des baden-baden'ſchen Archive werden deren
aus den Jahren 1320, 1321, 1397, 1399, 1448, 1473, 1490, 1503
und 1504 aufgezählt. Dieje Abläjje dienten dazu, das Einfommen der
1 Bab:Bab. Eopeibud, Nro. 92. Fol. 178. Gopb. 64. Fol. 87. u
2 Dberrb. Ztiſchr. 1, 492. 493,
3 Bad.⸗Bad. Repert. im Gen-L.-Archive.
+ Kolb a. a. D. Freib. Realfhematismus, S 143.
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Kirche zur Erhaltung derjelben zu vermehren, und waren Gelegenheiten,
für diejelbe zu jammeln. Allein durd die Bauernempörung von 1525,
den breißigjährigen und die folgenden Kriege geriethen Kirche und
Pfarrhaus gleihwohl in Verfall !.
Die Eompetenz, welche ſchon 1413 geregelt worden, erhielten die
Pfarrer und Pfrünbenießer unregelmäpig und mangelhaft, und jchon
im 16. Zahrhundert mußte der Pfarrer aus Mangel einer ordentlichen
Behaujung beim Wirthe zehren und Herberge nehmen. Das Pfarrhaus,
welches im Brande von 1689 volljtändig zu Grunde gegangen, wurde
nicht mehr aufgebaut, obwohl dieſer Übeljtand mehrfache Nügen hervor:
rief. Endlih im Jahre 1762 kaufte daS Speierer Domcapitel, welchem
die Baupfliht oblag, dag Wirthöhaus „zum Lamm“ um den Preis
von 1335 Gulden, um dasjelbe allmählig zu einem Pfarrhauje ein
richten zu lajjen 2.
Über die Reparatur der Pfarrkirche, welche durd jenen Brand
jehr gelitten hatte, wurde biß 1715 vielfach verhandelt; erjt aber zwi—
jhen 1810 und 1814 errichtete man an Stelle der (von den Mark:
grafen Jakob und Karl erbauten alten Kirche) eine neue ſchön ent:
mworjene, wozu Großherzog Karl Friderich im Jahre 1810 eigen-
händig den Grundftein legte ®.
An Bruderihaften bejtunden zu Kuppenheim die drei: ad 8.
Nicolaum, ad S. Catharinam und die der Todesangſt Chrifti, melde
noch 1715 in der Kapelle S. Antonii ihren Gotteödienjt hielt. Am
‚seite dieſes Patrond wurde von derjelben unter Zuzug dev benachbarten
Pfarrherren jährlih eine Procejjion abgehalten und eine Meſſe
gelejen *.
ı Repert. und Akten im Gen.-L.-Archive. Darunter ein Vertrag, aufge:
richtet mit Kuppenheim und anderen Unterthanen ber Marfgrafichaft „wegen dem
Abte und Propfte im bäuriſchen Aufruhr zugefügten Schadens von 152 fl., welcher
auch das Pfarrhaus zu Kuppenheim betrifit“. Mone, QDuellenfammlung 1, 229.
249. Anno 1642, 29. Juni. Badena spoliata est, Gersbachium, Cuppenheimium
et alia loca. — Ablaßbrief von dem Papſte Bonifacius, 2 Idus Jan. pontif. anno
10. 1399. Urfunde der Bruderihajt zu Kuppenheim über die mit mehreren Ge—
füllen begabte Pfründe S. Nicolaus und des ©. Katharinenaltars in der Pfarrkirche
zu 8. 1456. Ablafbriefe von 1320, 1321. Ablaßbrief für die Parodialfirhe S.
Sixti et Fabiani. 1423.
? Alten.
3 Kolb a. aD. Realihematismus, ©. 144.
+ Die fida et sincera relatio visitationis generalis dioecesis Spirensis von
1715 jchreibt unter'm 13. Juni über das Patronatsjeft Folgendes: Venerabile
in processione publica, praesentibus serenissimis personis ad sacellum S. An-
tonii Paduani in ejus festo detulit et retulit pater missionarius. Notabile est,
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Verſuche zur „Rurſuscitierung“ der verjchiedenen Beneficien, als
S. Sebastianus, Beatae Virg. Mariae, S. Nicolai, S. Catharinae und
S. Urban, wurden wiederholt gemacht; doch war durd die Zeitverhält-
nijie dag Einkommen derjelben jo jehr herabgemindert worden, daß man
im J. 1756 diefe Reſte in ein einziges Gaplaneibeneficium vereinigte !.
Wir laſſen nunmehr den ausführlihen Bericht des Viſitationsproto—
coll3 von 1683 folgen, welchem wir einzelne Notizen aus ben jpäteren
von 1701 und 1715 anfchliegen werben.
Cuppenheim.
Civitas est non invenusta vetustis ligneis et humilibus aedificiis spectabilis,
utcunque antehac munita et nobilissima non ita pridem D. marchionum domo
venatoria illustris, sed quae ultro jussu defuncti marchionis Leopoldi eversa,
alio firmiori lapideo aedificio fuisset exornata, nisi aut mors praevertisset, aut
continua bella impedivissent.
Feudum est praepositurae Weissenburgensis cum 14 pagis qui hanc sa-
trapiam conficiunt, cujus caput haec urbs, numerat illa cives 125, omnes Ca-
tholicos, exceptis 10 Judaeorum familiis. Ad parochiam hanc etiam pertinent
pagi Oberdorff 30 familiarum et Rauendahl 9 familiarum. Tota est juris-
dietionis spiritualis Spirensis, temporalis Badensis, capituli pro tempore Ett-
lingani.
Patroni B. Virgo, S. Xistus papa et S. Sebastianus martyres, quorum
dies solemniter celebrantur.
Dedicatio dominica post Joannis Baptistae.
Collator cathedrale capitulum Spirensee Decimator idem capitulum
et pastor, ita ut duae tertiae cedant capitulo et una pastori. Capitulum per
eontractum specialem initum ex singulis decenniis renovandum accipit pro
duobus suis tertiis annue 170 fl. — Pastor suam tertiam ipse colligit. Minores
decimae pari modo dividuntur et capituli duae tertiae contractui superiori in-
clusae.
Animalia seminalia curat et alit civitas.
Ecclesia vasta pulchra ac bene ordinata, modo duae ligneae columnae essent
amotae ex medio. Chorus amplus habens praeclarum fornicem, conservatur a
pastore; navis, quae tabulata, curatur et conservatur à capitulo,
Turris cum campanis, funibus, septis coemeterii communitas; ossuarium
curatur a collegio societatis Jesu Badensi, quod illius fruitur beneficio ; coeme-
terium bene clausum et amplum depaseit aedituus. Ornatus omnis curatur ex
reditibus ecclesiae, sedilia communia curantur a communitate,
quod depluente vix ab hominum memoria pari grandine tonitrua inter et fulgura
homines ubertius ad ecclesiam confluentes eam clamoribus et vociferationibus
ad deum ita impleverint, ut credi fere potuerit, diem extremum imminere;
nihil tamen inde hoc loco aut vineae aut agri passi, praetergquum quod caprae
aliquot ex concussione ....
1 Realihematismus, ©. 144.
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Altaria in ecclesia quinque, omnia ornatn et consecrata, etiam olim dotata,
quorum reditus undiquaque disperei, ferunt hie antehac fuisse partim capituli,
modo vix unus sacerdos ali potest. Constat adhuc fuisse hie primissariam,
beneficium S. Nicolai, S. Sebastiani, et divitem insuper sacellanatum, cujus
reditibus multis annis quiete fructus suffraganeus Spirensis, donec ante sex-
cennium, in vindietam recusatae praesentationis quorundam pastorum et a d.
marchione ablata nec alteri collata, reditibus interim administraturae spiritu-
alium incorporatis, pro quibus ex fundatione nihil praestatur.
Sacrarium pulchrum ex integro lapide elaboratum, mundum et decens,
lumen ante illud perpetuum licet ex deperdita fundatione non amplius prae-
stetur, suppletur tamen liberali piorum donatione; monstrantia cuprea deaurata,
eiborium argenteum forınae antiquae, cum inclusa capsa argentea, est et altera
capsa argentea, qua utuntur pro ciborio infirmorum. Pixides pro sacris oleis
stanneae. Calices tres argentei, quorum minor sacelli. Casulae octo, albae
tres, missalia duo Romana nova, agenda Romana et Spirensis, ornatus reliquus
necessarius.
Baptisterium bonum, cathedra lignea, confessionalia duo, unum in sacello,
alterum in sacristia. Liber baptizatorum ab anno 1752 accuratus. Reliquiae
nullae. Confirmationis nemo meminit. Lites circa sedes sepulturas aut bona
ecclesiae nullae. Processiones cum Venerabili in festo corporis Christi per ci-
vitatem, in octava circa coemeterium; festo S. Marei in Haven-Eberstein,
die Lunae rogationum in Rodenfels. Die Martis excipiunt 12 processiones
locorum vieinorum huc confluentium. Die Mercurii vacant. Festo Ascensionis
in Radstatt, festo S. Antonij de Padua ad ejus sacellum suburbanum. Anni-
versaria tria fundata servantur. Ecelesiae census a duobus civibus, qui per
ordinem annis singulis mutantur, colliguntur et fiunt rationes.. Administratori
spiritualium absque praesentia pastoris. Extendunt illi sese praeter propter ad
63 florenos, implet in cera nihil, uti nec pro oleo. Ex hisce pro hostiis et
vino solvuntur annue pastori 9 fl.
Filialis nulla. Sacellum unum proxime civitatem, honori S. Antonii
de Padua electum, ex marchione Ferdinando magnae memoriae et ante tre-
decim anno a serenissimo marclhione Leopolde, ejus fratre, fundatum quin-
quaginta florenis annuis, quorum viginti numerantur pastori pro sacro hebdo-
madario omnibus diebus martis in eodem celebrando, sex dantur aedituo, ut
serviat et mundet, duodecim floreni impenduntur tractationi pastorum et reli-
giosorum in festo patroni ibidem celebrantium, quatuor musicae, quae eo die
Badena evocatur. Oeto residui ornamentis et sartis tectis conservandis, habet
sacellum campanam et alia ornamenta requisita, non est consecratum.
Campanae in parochiali quatuor magnae et pulchrae consonantiae.
Pastor Joannes Georgius Joss ex Lemersheim, aetatis 40, quindecim annis
hujus loei pastor, transferendus in festo S. Joannis in Herxheim, commendatur
a suis a diligenti cura pastorali et invitissime dimittitur; praxin habet sin-
gularem in rebus fidei suos instruendi ac pulchrum concionandi, unde parochiani
hi prae omnibus prope commendantur a pulchra et expedita de rebus fidei
responsione atque exacta catechismi recitatione facta etiam ab iis, qui non
sciebant legere, sponsalibus assistit, “uti et morientibus, nullum neglexit, nec
ullum alterius parochiae aut vagabundum copulavit. Capituli est pro tempore
Ettlingani, cui jura solvit ac debitam decano praestitit obedientiam. Unam
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tantum possidet parochiam et hanc ex commenda, quam singulis annis uno im-
periali redemit.
Domum incolit commodam, licet nonnihil ab ecclesia semotam; exstruxit
illam commiseratione ductus ex pura principali munificentia nulla obligatione
marchio Wilhelmus, quia adhuc indecisum, an non decimatores ad illius
eurationem et conservationem obligentur.
Ejus competentia annua est in pecunia:
Ex ecclesia pro vino et hostiis 9 fl. Ex sacello pro sacro hebdomadario
20 fl. Tertia pars decimarum, quae vix excedit 80 fl., agrorum 8 jugera,
vinearum nihil O, pratorum 1 jugerum. Jura stolae ex sponsalibus et pro-
clamationibus O rthlr., ex copulatione strophiolum 1 rthlr., dimissorialibus
1 rthlr., baptismo O0. Introductione ad libitum. Provisione segrorum 0. Ad-
ministratione aliorum sacramentorum 0. Conductu funeris majoris et tribus
sacris 2 fl., funeris minoris !/, fl.
Ludimagister Michael Glas, constitutus a communitate, confirmatus a
Pastore officio utcunque satisfacit!, tantum novit legere et scribere, nihil
studuit, opificio sculptor. Competentiam habet a communitate, pro qua annue:
in pecunia 24 fl., siligine 12 mald., vino 3 ohm, lignis, quae ei in domum in-
vehuntur 6 klafter. Ex instructione pueri per quadrantem anni 2 batzen.
Domum ei procurat communitas et praestat immunitatem.
Acdituus Joannes Leonardus Ohl senecio ? diligens, constitutus a pa-
store, pro competentia habet in siligine 6 mald., hordeo 2 mald., pisis 2 simmern;
cannabem pro 1 fl., ex lotione suppelectilis lineae 1 rchsthlr., ex libra cerae
elaboranda 1 batzen, ex copulatione 3 batzen, ex funere majori 3 batzen, ex
funere minori refectionem.
Director horologii plerumque minister eivitatis, a qua constituitur; habet
is pro deservito annuo 1 Malter Korn.
Pueri tantum de hyeme mittuntur ad scholas a festo S. Michaelis ad
S. Georgii. Superstitiones aut abusus publici nulli, confraternitas nulla.
Pro choreis licentiam facit locumtenens, nullus in tempore renovationis pa-
storem accedit, quin quod judex saecularis in contemptum illius permiserit
circumforaneo ad ipsum ingressum coemeterii non procul ab ecclesia suas nugas
habere.
Nulli labores serviles diebus festis. — Diligentes in sacris.
Scandalum publicum nullum, nisi quod eircumferantur infantes aliquot
incertorum parentum,
Venerabile quando nd aegros defertur, soli duo proximi vicini comitantur.
Obstetrices duae juratae, a nobis examinatae et informatae.
Hospitale bene fundatum, a duobus civibus administratur, rationes fiunt
duo satrapae. Inventarium nullum, Pueri baptizati more Christiano a pastore
sepeliuntur. — Nullus meminit visitationis factae. Communio paschalis exigitur
schedis: Sub divinis nullus excessus,
Commendati a pulchra concordia civium et sedulitate in ecclesia ac bona
t Über den Ausdrud „satisfacit* maht Mone (Ziſchr. 2, 117) die Bemerkung :
Ofhcio satisfacit heißt in dieſen Angaben oft nur: er verfieht bas Amt; es ficht
für fungitur.
2 Für senex.
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informatione; locus hic primus fuit, qui solemnissima totius eivitatis processione
nobis in occursum effusus, quando petitä ante a consilio licentiä, responsum
acceperunt, a se nec mandari nec prohiberi posse eos inpune facere, quod
placuerit. Substitimus autem hoc loco dies duos ac totidem noctes, quando ad
populum diximus 5, catecheses habitae 3, communione jura refecti 510.
(Der Bericht vom 14. Yuni erwähnt eines am Abend dieſes Tages jtattgehabten
außerorbentlih ftarken Hagelwetters.)
Aus ber Missio vom Jahre 1701, ©. 205:
Parochiae praeest R. D. Joannes Christophorus Walch, Suevus. — Nu-
merantur familiae catholicae 93, judaicae tres. Pagos annexos habet Obern-
dorf et Rauenthal.
Ante incendium exstabant quinque altaria, quorum tria hodie reliqua sunt.
Census ecclesiae snnt admodum tenues, cum libri redituum combusti sint et
bona ecclesise inculta jacen. Non habentur aedes parochiales; pro domo
eonducticia, quam parochus incolit, solvit Sermus quotannis 10 fl. Navim cum
turri absumpsit incendium; relicto solo choro, qui tegulis et fenestris plurimum
indiget. 5
Ex fundatione hospitalis colliguntur 30 fl.; qui impenduntur in usus pau-
perum. Ludimagister accipit 7 fl. 30 kr.; silig. 4 Malter. Ante incendium ha-
bebat 24 fl.; frumentorum 10 Walter.
Extra urbeculam est sacellum a Sermo Leopoldo marchione badensi in ho-
norem Sancti Antonii de Padua. Fiunt quot septimanis in hoc sacello divina;
quo in solemnitate annua S. Antonii, plurimi confluunt.
Aus der Visitatio vom Jahre 1715, pag. 83:
Joannes Adamus Schmid, Fuldensis, 34 annorum, a biennio administrat
parochiam. Familias catholicas Cupenheim numerat 84; acatholicas nullas;
judaicas quinque.
Duas filiales Oberndorf 15 familiarum et Rauenthal 13 familiarum,
omnino catholicarum. Item in suburbio capellam S. Antonii de Padua.
Adest insuper fraternitas agonizantis Christi, quae sustentatur ex oblatis
fidelium; quae oblata sunt adeo frequentia, ut ex iisdem negligentiam camerarii
Badensis D. Diklin in constituendis necessariis sublevet. Celebratur autem
haec fraternitas tertia die dominica cujuslibet mensis.
13. Malfd mit dem Filiale Waldpredjtsweier.
Malſch, in den ältejten Urkunden Malsca, Mals und Malse ge—
jhrieben ?, ein großes Pfarrdorf, wurde, wie das Schloß Waldenfels,
im Sahre 1318 von Markgraf Friderich II von Baden mit Ein-
willigung feiner Agnaten an die Abtei Herrenalb um 300 Pfund
Heller verkauft, melden Kauf Markgraf Nudolf Hejjo beftätigte 2.
Da aber dad Dorf ein Lehen von der Abtei Weißenburg war,
ı Btjchr. für Gef. bes Oberrh. 1, 101. 117. 1257. Bruhrain bei Mali,
20, 256.
2 Schloß bei Malih. Kolb 3, 341.
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jo jah fi der Markgraf genöthigt, diefem dafür einen andern Ort zu
Lehen aufzutragen, und wählte hierzu feine Stadt Kuppenheim Sn
der Folge gelangte Malſch an das Kloſter Herrenalb, und bei deſſen
Auflöjung an Württemberg. Das Haus Baden erhob aber ver-
ihiedene Anjprüche daran und es erwuchs ein weitjchichtiger Nechtsitreit,
welcher endlich dadurch beendigt wurde, day Württemberg den Ort 1603
mit Langenſteinbach und einer bedeutenden Summe Gelde3 gegen Lieben
zell an der Nagold abtrat !.
Zu Malſch gehörte aud der Hof Lindeuhard, welcher etwa
800 Morgen umfaßte und im Lindenhardwalde lag, mo derjelbe holz=
und weideberechtigt war, jo lange Herrenalb ihn beſaß. Während des
dreigigjährigen Krieges verödete diejer Hof, welcher zum jüdlichen Theile
des oberen Hardwaldes gehörte. Ein Waldbrief über die Walb-
einungen von Durmersheim und Malſch ift auß dem Jahre 1362 vor:
banden?. Der Flecken Maljch hatte im Jahre 1592 einen Schuldheißen
und zwölf Geihmorene®.
Die Urkunden, weldhe das Ardiv von Herrenalb über ben Beſitz-
jtand des Klofter3 in diefem Orte aufweist, find zahlreid. Schon im
päpitlichen Bejtätigungäbriefe von 1177 find ein oberer und ein une
terer Hof — grangia — erwähnt? Die Edellnehte Albert und
Behtold von Empflingen vergabten mit lehensherrlicher Bewilligung
des Grafen von Löwenſtein ihren (wahrſcheinlich aus dem Calwiſchen
Erbe jtammenden) Zehntantheil zu Mali im %.1270 an das Klojter 5,
Derjelbe beſaß außerdem noch verjchiedene Freiheiten auf Malſcher
Gemarkung und den jogen. Schaafhof, auf welchem wohl die Wolle zu
den Kleidern der Mönche gewonnen und dann in der Ettlinger Walt:
mühle verarbeitet wurde ®.
1 Kolb 2, 243. 2er. von Schwaben. Ulm 1792. Bb. 2, ©. 61. „Lieben
zell gebörte zur Markgrajichaft Baden und ift 1603 für 481,760 fl. und die Orte
Mali und Langenfteindah an Württemberg abgetreten worden. Dieje Abtretung
309g von Eeiten Badens einen langen Proceß nach fih, der 150 Jahre lang dauerte
und erft 1753 beigelegt wurde." Ztſchr. f. Geſch. db. Oberrh. 5, 461. Sachs, bad.
Geh. 2, 97. Zeuß, Trad. Wizzenb. p. 303. 828. Hienady hatte bas Gtift
ihon feit 1065 Beſitzungen in Malſch und Albrechtsweiler, welche es im J. 1291
an ben Markgrafen Hermann von Baden zu Lehen verlieh. Vergl. hiezu Schöpf-
lin, hist. Zaring. Bad. 5, Nro. 220. Pfifter, bad. Staatsreht. Mannheim, 1847.
Bd, 1, ©. 187.
? Dberrb. Ziſchr. 9, 99.
3 Dafelbft 15, 268.
% Daf. 1, 102, 5 Da. 1, 369.
6 Daf. 1, 491; 2, 247. Gerbert, hist. nigr. sylv. 3, 220. Oberrb.
Ztſchr. 9, 138; 23, 299; 6, 338.
6l
Auh die Klöjter Frauenalb, Hirihau und Reichenbach
waren in Mali mehr oder weniger begütert. Das lettere Gotteshaus
erhielt 1277 von dem eberjteiniichen Grafen Dtto den dortigen Zehnten
und bejaß im Orte verjchiedene Gefälle und einen Hof. Ebenſo gehörte
dem Markgrafen ein Hof zu Malich ?.
In Malſch jcheint eine der älteſten Kirchen des Landes geitan-
den zu haben. Sie war eine Dorfkirche, welche wohl, wie Mone an:
nimmt, an Stelle eined römischen Sacellum3 errichtet worden war; jie
hat bis 1458 geitanden, denn in dieſem Jahre wurde der Grundſtein
zu einer neuen Kirche gelegt, welche dem Hl. Eyriacus geweiht war ?.
Die Congrua zu Mali, welde im Jahre 1338 beitimmt wurde,
beitund in 10 Mutt Korn, 114 Mutt Spelz und 11 Mutt Haber in
Kornzind von den Anniverjarien, 2 Ohmen Weines von der Pfründe,
3 Ohmen Weined von den Anniverjarien, 10 Pfund Heller oder mehr
von den Opfern, 4 Pfund Heller oder mehr von den Anniverjarien und
in 2 Dritteln des Heinen SZehntens ®,
Weitere Nachrichten über die Pfarrei erhalten wir aus. einer Ur:
funde vom Sabre 1340. Der Edelknecht Wigand von Berghaujen
vermachte darin mit Zuftimmung der Seinigen und bed Pfarrrectors
Zuifried in Mali das Patronatsrecht diejer Kirche jammt allen
Rechten und Nugungen, mit Vermilligung der Grafen von Eberitein,
von welchen e3 zu Lehen gieng, an das Klojter Lihtenthal, Nad er:
folgter Incorporation der Pfarrkirche follte jelbes fortan bei fi er:
gebenden Erledigungen den Pfarrrector oder jtändigen Vicar präjentiren,
wie die pfarrlichen Einkünfte vorbehaltlich der Congrua für den leßteren
zur Nahrung und Belleibung der Ktlojterangehörigen zu verwenden und
dafür das Gedächtniß der Vergaber und ihrer Vorfahren feierlich zu
begeben haben * Dieje VBergabung wurde dem Biſchofe von Speier an
gezeigt mit der Bitte um Betätigung derſelben und um Einverleibung
der Kirche in das Klofter, damit es in den Genuß der Einkünfte ge:
lange. Die Incorporation durch Papſt Clemens VII erfolgte
hierauf im Jahre 1345 in Anbetradht, daß das Klojter Lihtenthal,
wo die Äbtijfin mit SO Nonnen lebte, von welchen viele aus gräflichen
t Dafelbft 3, 270; 26, 445. Codex Hirsaugiensis. Stuttg. 1343. ©.
36, 43.
2 Daj. 8, 426; 9, 49; 19, 49. Mone, bad. Archiv 2, 140. Auf ber rechten Eeite
des Thurmes der Kirche zu Malſch flehen die Worte: Anno Domini MCCCC.LVII
und daneben ein Kelch, fo daß die Schrift den Grunbftein anzeigt und etwa bemerft,
daß der Pfarrer denfelben gelegt babe.
3 Oberrh. Ztſchr. 14, 154; 15, 385.
* Dafelbft 7, 469. Gopeibuc des Klofters Lichtenthal.
62
oder anderen hochabeligen Familien abjtammten, durch die Zeitverhält-
niffe mit jchweren Xaften beladen worden. Dem Klofter ftund nunmehr
das Patronatsrecht zu mit allem Einfommen und allen Rechten
unter alleinigem Vorbehalte der Competenz für den Pfarrvermejer ?.
Die an der Pfarrfirhe zu Mali früher beitandene Früh—
meſſerei, melde zeitweilig in Abgang gerathen, wurde 1492 durch
den Markgrafen Chriſtoph von Baden neu fundirt und botirt, welchen
Akt im folgenden Jahre der Biſchof von Speier beftätigte ?.
Erſt um Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten wir wieder Nad)-
richten von dev Malſcher Pfarrei. Nah einer Urkunde von 1552
erhielt der Pfleger de3 Markgrafen von Baden einen Ackerhof (den
Petershof, jpäter der Heiligenhof genannt), welcher der Maljcher Peters:
caplanei gehörte, um 8 Malter Roggen verliehen °,
Eine Beſchreibung der Bejoldung des Schulmeiiterg und Meß—
mers murde 1558 und 1560 gefertigt. Unterm 5. Juli 1593 aber
erließ der Abt von Herrenalb ein Schreiben an die Äbtiffin zu Lichten:
thal wegen Erbauung eined neuen Pfarrhauſes auf dem Platz des
alten und zwar nod vor dem Winter, denn jonjt fönnten Weiterungen
durch dieſe Saumjeligkeit entjtehen.
Das Klojter Herrenalb mußte ſich aber noch weiter an ben Herzog
von Württemberg mit einer VBorftellung wenden, daß das Pfarrhaus
zu Mali, welches Lichtenthal als Collatrix zu bauen hätte, jhon vor
6 Jahren eingefallen und die Äbtiffin zu defjen Erbauung nicht gebracht
werden könne, obwohl fie ihren Zehntantheil beziehe. Er möge
daher bejehlen, wie das Klojter fich gegen diejelbe mit Arreitirung ihres
Zehntens oder in anderem Wege verhalten jolle. Hierüber nun erhob
jih ein langwieriger Streit.
Das Nejultat dieſes und mehrerer anderer inzwifchen erhobener
Rechtsſtreite war nad) einer Relation aus der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts folgendes:
1) Das Klojter Herrenalb iſt jhuldig, das Langwerk, die Kirche
auf ber Seite gegen die Kellerei in Dachung zu Halten und nichts
weiter; 2) das Klofter Frauenalb die andere Seite; 3) das Kloſter
Lichtenthal, zugleich Collatrix und präjentationsberedtigt, den Chor,
und 4) der Heilige zu Mali die Thürme und dag Nebenbäulein am
Chor und au der Sacriftei ®.
1 Oberrh. Ztiſchr. 8, 77 u. 78.
2 Bad.Bad. Repertorium. Urkunden von 1492 u. 1493. Sodann Con-
firmatio renovationis primissariae in Malsch im jpeierifchen Copeibuche (liber
spiritualium de anno 1491 usque 1518, Fol. 215).
3 Bab.:Bab. Nepertorium. * Ardivalten.
63
Dad Pfarr:, Frühmefjerd: und Schulhaus, mie bie
Häufer ded Dorfrichterd und Büttels und mie die Baditube waren von
Abgabe des jogen. Rauchhuhnes befreit, welches man gemeinhin für
dad vom Dorfherrn bemilligte Recht einer Feuerſtelle entrichtete.
Das Pfarrhaus wurde endlih um 1653, nahdem Markgraf
Wilhelm einen ernftlihen Befehl hatte ergehen laſſen, vom Kloſter
Lichtenthal erbaut und die Abtijfin auch angehalten, dem Pfarrer
die Eongrua zu entrichten. Durch den Krieg aber wurde ed, nach einem
Berichte von 1681, wieder erheblich bejchädigt, was jofort zu neuen Be—
ſchwerden führte.
In diefe Zeit fällt die Bijitation, deren Bericht wir mittheilen.
Aud die Congrua hatte dem Maljcher Pfarrer viele Beranlafjung zu
Beihwerden gegeben. Diejelbe wurde 1653 zwiſchen dem Pfarrer Haug
und dem Klofter Lihtenthal vereinbart, nachdem einige Jahre vorher
das Dorf lutheriſch paftorirt worden. Der damalige Pfarrer Molitor
hatte jih aber mit feiner Hausfrau einen Ärgerlichen Lebenswandel
zu jchulden kommen laſſen und dadurch jeine Abjegung herbeigeführt,
worauf im Jahre 1643 ber katholiſche Pfarrer Heggelborn bie Pfarrei
erhielt.
Am Jahre 1683 wurde das Sacellum S. Petri extra muros bene=
dicirt, und zwiſchen 1724 und 31 die Frühmeſſerei in dieſer Kapelle
wieder hergeitellt. Auf dem Kirchhofe befand fich ein Beinhaus. Die
Gemarfung zählte 1 Kapelle, 4 Bildjtöde, 17 Kreuze, worunter ein
jteinerned an der Hauptitraße von Raſtatt nad Ettlingen, welches um
1762 errichtet worden i.
Eine Roſenkranzbruderſchaft beftund jeit 1704 2,
Zu Maljch gehört als Filiale, wie im Viſitationsbericht erwähnt,
auch der Ort Waldprechtsweier, ein in berrenalbiihen Urkunden
öfter8 ermähntes Eleined Dorf, wo im 16. und folgenden Jahrhundert
eine herrſchaftliche Eiſenſchmiede im Gange war. Die dort erjt im
Sahre 1769 erbaute Kapelle ijt dem heiligen Michael geweiht ?.
Freiolsheim aber, welches im erwähnten Protocoll ebenfall3 als
Silialort von Malſch erjcheint, gehört jegt, wie Mittelberg, als ſol—
her zur Pjarrei Moosſsbronn, welche erit im Jahre 1792 errichtet
wurde #,
ı Ardivaften.
2 Urkunde: Dat. Romae. 8. Mart. 1708. Bifitationsprotocoll vom
Sabre 1715.
® Archivakten.
+ Ebenso. Auch Kolb 2, 233. Siehe Abſchnitt: Moosbronn.
64
Malsch.
Malsch, Badense. Amplus hic pagus ante annos 40 adhuc ordinis S. Be-
nedicti, patribus ex Herrenalb suberat, quibus a Wurtembergico pulsis, et hie
pagus cum omnibus praediis proventibus cessit marchionibus Badensibus per
contractum specialem. WVillae patrum non nisi rudera prostant. Parochiam
hanc conficiunt Malsch 125 familiarum, satrapiae Ettlinganae Walbrechts-
Weyer 11 familiarum, satrapiae Rastadianae, Freiolsheim 6 familiarum,
satrapiau Gersbacensis. Catholicae omnes decanatus Ettlingani.
Patronus S. Cyriacus. Dedicatio dominica post Magdalenae. Collatrix
abbatissa ex Lichtendahl.
Decimatores tres omnes decimas aequaliter dividentes, smus marchio, abba-
tissa ex Frauenalb et domina abbatissa ex Lichtendahl. Haec tenetur sola
alere pastorem, cui proinde praeter decimas minores quas totas ei cedit, tenetur
adhuc ex sua tertia maiorum decimarum dare annue pastori 20 mald. siliginis,
8 avenae, 8 hordei, 6 speltae, 3 plaustra vini. Pastor hoc anno suam tertiam
minorum decimarum elocavit 10 imperialibus !.
Animalia seminalia aluntur ex certis hune in finem comparatis agris a
certo villico, qui hosce agros colit, quique etiam hac sola ex causa sunt
exempti a decimis. Curantur a comunitate.
Ecclesia parochialis satis ampla, firma, bene tecta, ac parochiae
capax; bene etiam interius ordinata et exornata. Chorus qui perlucidus et
amplus ac praeclarum habet fornicem, conservatur ab abatissa ex Lichtendahl.
Navis ecclesiae, quae antigquum habet tabulatum, conservatur ct curatur ex ec-
clesiae reditibus. Turrim cum campanis et funibus conservat communis paro-
chia. Septa coemeterii, ossuarium, crates, vinum, hostias, libros, ornatum curat
et conservat ecclesia ex propriis reditibus.
Coemeterium media parte depascit pastor, altera vespertilio.
Altaria tria non conservata nec dotata, unum a sedibus scabinalibus plane
occelusum, ante alterum laterale B. V. suspendi coeperant linteamina ac infantium
indusia ?, et vestes ex directione incantatricum ?, eo directa, quae submoveri
jussimus,
Filialis nulla.
Sacellum S. Petri extra pagum in amplo quadro coemeterio structum
bene innovatum benediximus una cum coemeterio, in quo jam a pluribus annis
sepulti plures, nunquam autem fuerat benedictum.
Sacrarium affabre * exscisum, mundum et clausum, lampas tantum sub
divinis accenditur; ejus dives fundatio etiam diesipata.
Monstrantia cuprea vilis. Ciborium bracteatum; inclusam habet pixidem
argenteam, pixides pro sacris oleis duplices cupreae et stanneae. Calix unus
cupreus deauratus. Casulae 4, alba una, vexilla 6. Campanae 3 in turri et
una in sacello, noviter refusa. Missale unum Romanum. Agenda Argentinensis,
Cantuale unum; ornatus alius vix qui necessitati sufficiat. Baptisterium ma-
— — —
ı 10 Reichsthaler. 2 Die Hemblein.
3 Incantatrix, die Zauberin, hier für alte abergläubijdhe Weiber (vetulae).
+ Meifterhaft.
65
gnum antiquum clausum. Confessionalia duo in choro. Cathedra lapidea bona.
Liber baptizatorum ab anno 1655 accuratus.
Confirmationis non meminerunt nisi quando episcopus Lotharius Fridericus
media die confirmavit Badenae, quo evocati, absque confirmatione plerique re-
missi. Lites eirca sedes, sepulturas aut bona ecclesiae nulla. Processiones,
una sola cum venerabili in festo corporis Christi circa pagum. Festo S. Marei
in Oberweier. Die Lunae rogationum excipiunt Muckensturmenses, Martis
vacat, Mercurii in Muckensturm. Festo ascensionis circa sata. Anniversaria
tria fundata servantur.
Reditus ecclesiae colliguntur a duobus juratis „bie Heyligpfleger“ dietis, ra-
tiones fiunt coram administratore spiritualium Badensi, et aliquo ex Badensi
camera deputato, nunquam vocato aut praesente pastore; habet ecclesia haec in
fixis censibus annue 45 fl. reliqua dissipata fuerunt et hie alia beneficia sed
quo conversa expiscari non licuit.
Pastor r. d. Martinus Sigle ex Weilerstadt, aetatis 40 annorum
parochiam administrat in quintum annum, curatus in 14 annum. Diligens in
suis instruendis, nullam concionem nec catechismum intermisit.
Nullum neglexit moribundum, morientibus assistit et sponsalibus. Capituli
est Ettlingani, cui paret et solvit jura.
Parochiam possidet ex commenda quam annue redimit uno imperiali et
nuncio 15 Creutzer. Unam possidet parochiam. Domum pastoralem curat
abbatissa de Lichtendahl, est ea totaruinosa et ex ult imo bello destructa, inter-
pellata saepius a pastore surdas habet aures, nec qnicquam solide reparat.
Unde pastor, dimissa oeconomia, degit in aedibus praetoris, ibidemque vietum
solvit. Competentiam suam incipit in festo S. Georgii, ex hac annue habet
medietatem partis tertiae decimarum, quae cedit abbatissae ex Lichtendahl et
tertiam partem decimarum minorum solus; ex hie elocatis 10 rchsth. Ex illis
in siligine 20 mald., avena 8 mald., hordeo 8 mald., spelta 6 mald., vino
3 Fuder. Ex bonis viduatis siligine 14 mald., avena 3 mald. Ex ecclesia in
pecunia 4 ß, pratorum ?/, morg., agrorum */, morg. Jura stolae: ex sponsalibus
et proclamationibus 0. Copulatione, strophiolum, mensuram vini, frustum
carnis, offam, pro 2 Creutzer Brod et ab incola cive 20 batzen, extraneo
1 rchsth., pro dimissoriis 1 rchsth. Baptismo 15 kreuzer. Introductione 0,
provisione aegrorum 0. Administratione aliorum sacramentorum O0. Conductu
funeris mai et tribus sacris 2 fl., funeris minoris 0, concione funebri 1 rchsth.,
sacro per annum votivo aut anniversario ?/, fl.
Ludimagister, aedituus et director horologii Wendelinus Bulinger ex
Malsch oriundus, satisfacit officio et est promptus et servat ecclesiam mundam.
Constituitur ut ludimagister a marchione, ut aedituus ab abbatissa ex Lichten-
dahl, ut director horologii a communitate. Pro competentia habet certum di-
strietum agrorum, ex quibus percipit majores et minores decimas, quae ad
10 Malter excrescunt, ex decimis vini 2 Ohm.
Item ex singulis aedibus ein Laib Brod. Item pro pulsu ex sepultura se-
nioris 2 Laib Brod, ex sepultura parvuli 1 Laib Brod. Item ex copulatione
1 Maß Mein, 2 Laib Brod, ein Pfund Fleiſch.
Item ex annexis pagis ex singulis aedibus 3 Baten. Item ex instructione
pueri a festo S. Martini ad S. Georgii 15 Creutzer.
Domum et immunitatem praestat communitas. Pueri vix mittuntur ad
Archiv. XII. >
66
scholas. Abusus et superstitiones hoc loco graves et multae, als mit dem heiligen
Fallen oder Gnad, Geihwülft fegnen, Hauptſchwindel, Füeßdrehen.
Confraternitas nulla. Licentiam pro saltu saeculares faciunt, imo vel hac
ex causa adire parochum prohibetur à saecularibus. Festis abstinetur ab omni
opere servili. Negligentiores sunt tam senes quam juventus in catechesi.
Scandalum publicum nullum. Nullus comitatus venerabilis ad aegros. Obste-
trices duae juratac. Hospitale nullum, fundatio autem pro pauperibus bona
ejus rationes fiunt saecularibus. Inventarium nullum. VWVisitatio a 28 annis
nulla.. Communio paschalis exacta schedis nullo desiderato. Pueros suos illi
ipsi sepeliunt absque cruce, cantu aut pastore. Sub divinis nullus excessus.
Unter den Monita zu erwähnen:
Abstineant dein omnes à consulendis magis et incantatrieibus et hae a
suis suspectis mediis suggerendis, ni velint publicae sagae et magi proclamari
et haberi.
Pueri baptizati more et ritu catholico sepeliendi per pastorem in loco
sacro; non baptizati in prophano illis in benedictione relicto. — Nulla dein ex
instinetu anilium muliercularum D. Virgini suspendi permittuntur absurda
linteamina, quin suspensa mox ab aedituo submoveantur. Reservatis reliquis
dispositioni et ordinationi ordinarii missionem hoc finivimus loco, quem bis
adivimus, quia prima vice, cum omnes in messe invenissemus occupatos, missionem
interrumpere fueramus coacti. Explicatis et hoc loco vexillis nobis pulchro
ordine occurrit omnis aetas, ac in ecclesiam cum cantu deduxit.
Substitimus hac in parochia dies tres ac totidem noctes, quando ad
populum diximus 6. Communione sacra refecti 491. Benedietum sacellum
S. Petri et ejusdem coemeterium. Reconciliata parochialis cum coemeterio.
Benedictae campanae 4. Benedicta solemniter magna crux. Distributi panes
800 et vinum juventuti ex tota vicinia accurrenti.
Malsch: Visitatio von 1701 p. 231. Parochus est rev. dom. Joannes
Sebastianus Wolf, Willanus. Pro competentia habet sextam partem decimarum
majorum, et tertiam partem decimarum minorum, ab ecclesia accipit 4 fl. Colit
praeterea bona parochialia. Numerat familias catholicas 140, judaicas 3. Patronus
ecclesiae est S. Cyriacus M. Jus collationis habet monasterium Vallis Lucidae.
Decimas colligit serenissimus marchio Badensis, Alba Dominarum, Vallis lucida.
Summum altare est sub patrocinio Beatissimae Virginis, S. Cyriaci,
S. Bernardi; lateralia: bmae Virginis et S. Josephi, quorum nullum est con-
secratum.,
Extra oppidum, in coemeterio exstructum est sacellum, divo Petro apo-
stolorum principi sacrum. Ecclesia parochialis, una cum sacello S. Petri col-
ligit quotannis 60 fl. Habet praeterea ex villa et agris elocatis decimas et
ex capitalibus census annuos.
Turrim cum sacristia reparat eccelesia, chorum reparat Vallis lucida; navis
partem dexteram serenissimus marchio Badensis, partem sinistram Alba Domi-
narum.
Aedes parochiales aedificat et conservat Vallis lucida. Aedes scholares
communitas. Ludimagister habet partem decimarum, quae quot annis excurrunt
ad 40 mald.
Gravamina: 1. Monasterium Lichtendahl non solvit parocho silig.
12 mald., avenae 7 mald., vini ohm. aliquot. 2. Fenestrae in templo non re-
67
parantur. 3. Coemeterium est undique patulum. Disceptatur an communitas
an ecclesia teneatur sepire.
14. Auckenſturm.
Mone leitet den Namen Mudenfturm (noh Muedenjturn in
einem Sühnebriefe von 1403 gejchrieben) aus dem Steltiihen ab. Es
bedeutet nad) ihm einen Pferd für junge Schweine, wälſch mochyn-
dorn, lateiniſch suaria '.
Bor dem Orte, an der Straße nad) Baden, liegt die Marga—
vetben=- Kapelle, welche an gewifjen Tagen früher ſtark bejucht wurde,
da ſich in derjelben ein Gnadenbild befand. Noch bemerkt man bier
Refte von Mauern und einem Schlofje aus dem Mittelalter. Ein
jolche3 wird denn aud in verjchiedenen Urkunden erwähnt.
Muchenſturm iſt ein alt eberjteinijcher Beſitz. Nach dem Thei—
lungsbriefe von 1219 zwiſchen Dtto und Eberhard von Eberftein
erhielt eriterer das Dorf, weldes jofort auf defjen Nachkommenſchaft
überging 2. |
Graf Heinrich überließ im Jahre 1354 den Grafen von Würt:
temberg unter Anderem auch die Diinung zum vierten Theile der „Burg
und Statt Muggenfturm”, deren halber Theil ihm als Eigenthum, bie
andere Hälfte aber als ein Pfand von feinem Bruder Wilhelm ge:
hörte, und 32 Jahre fpäter verkaufte Graf Wolf diefe Burg und Stadt
an den Marfgrafen Rudolf VII von Baden’,
Hiezu hatten ihn die Schulden genöthigt, welche er ſich
größtentheild durch jein unruhiges und theures Kriegerleben auf den
Hals geladen. Der gepriefene Kämpe fam jo herab, daß er nicht3 mehr
befaß, als ein Haus zu Mudenfturm mit einigen Gefällen zum nötbhigen
Unterhalt, was ihm der Markgraf auf Lebenszeit noch zulommen Lie.
Unter der Bezeihnung „Stadt” hat man hier eine Borburg zu
verjtehen, worin eine politijche und Kirchliche Gemeinde mit Schulb-
heiß, Gericht und Pfarrer angelejfen war. Der Muedensturn
ericheint al$ ein castrum cum suburbio, wie joldhe Doppelorte im
Mittelalter jehr häufig vorfamen. Man Hatte eben die Befeftigungen
ı Dberrb. Zeitſchr. 11, 281. Die päpftl. Beſtätigungsurkunde über
die Freibeiten und Befigungen des Klofters Krauenalb von 1197. (Zeitihr. 23,
311 bat die Pesart „Muchenfturn“.)
? Altes bad.:bad. Nepertorium.
3 Klüber, 2, 270. Scott, jurift. Wochenblatt, Jahrgang 2, 259 bis 69;
Steinhofer, Würtemb. neue Chronik, 2, 306.
+
68
der Burg durch Ermeiterung von Graben und Ringmauern auch auf
das bei ihr gelegene Dorf ausgedehnt.
Am Sühnungsbriefe zwiſchen König Rupert und Markgraf
Bernhard von 1403 wurde auch beitimmt, daß diejem das eingenom:
mene Schloß zu Mudenjturm wieder eingeräumt werben folle!. Das:
jelbe war aljo in dem Reichskriege gegen den unbotmäßigen Fürſten
von Baden, wie andere feiner Schlöffer, in die Hände der Königlichen
gefallen, aber gleihmwohl dem Schickſale ded ebenfalls eroberten Klojt er?
Herrenalb, welches niedergebrannt worden, glücklich entgangen.
Somohl dad Klofter Herrenalb als Frauenalb Hatten Be:
figungen im Dorfe, der eberfteinifche und der herrenalbiſche Hof zu
Eihelbah wurden 1297 dorthin verlegt, der Ort Eichelbad ging nad):
her ein. Daß beide Befiger dem Flecken Mudenjturm den Vorzug vor
Rothenfels geben, dem damaligen Hauptorte des Murgthales und Sitze
de3 Decans, dazu mögen fie neben kirchlichen auch ökonomiſche Gründe
bejtimmt haben, da Herrenalb ohnehin jhon zu Winkel in der Nähe
von Nothenfeld einen Haupthof (grangiam) bejaß, wohin die Früchte
jener Gegend verbracht mwurben 2.
Die Pfarrfirde, ſowie die Kapelle zu Mudenjturm wirb erjt
in Urkunden des 14. Jahrhunderts erwähnt, die Stiftung einer Früh:
meſſe in der Kapelle fällt in das Jahr 1382. Heinrich Düringer
und Konrad Hucd, beide Pfleger der Pfarrkirche, ftifteten zu Ehren
de3 hl. Georg eine Pfründe an den Altar, „der von nüwem“ in der
genannten Kapelle gebaut werben joll?.
Dieſes geihah mit Genehmigung der Grafen Wolf und Wilhelm
vom Eberjtein, der Patrone, und des Herren Heinrichs, des Kirchherren
der Pfarrfiche zu Mudenjturm Der bepfründete Prieſter Hat in
der Woche, Sonntags und Hohe Feiertage ausgenommen, 4 Mefjen zu
fefen nad) dem Pfarrer und demfelben in den Ämtern, melde in der
Pfarrkirche gejungen und gelejen werben, getreuliche Hilfe zu leiiten.
Die Präjentation hat der Pfarrherr. Der erjte Caplan war
Konrad Heinrich, welcher durh den Decan zu Nothenfeld dem Volke
präjentirt wurde. Zugleich beitimmte man dejjen Einkommen *.
Bezüglich der Pfarrei wurde 1505 ein Abkommen unter den Gon:
dominatsherren über die alternative Beſetzung abgeichloffen und 1527
die Kompetenz neu bejchrieben.
1 Repert. Urkunde, Samstag nad) Walpurgis 1409.
2 Dberrb. Zeitſchr. 1, 114.
® Dafelbft 23, 311.
+ Krieg, Gefchichte der Grafen von Eberftein, ©. 303.
69
Die Margarethen:Kapelle mit ıhrem Gnabenbilde war erwähnter:
maßen, ähnlid) jener zu Bickesheim, das Ziel größerer Prozefjionen und
MWallfahrten. So kamen im Sabre 1576 einige Pfarrer des
Kuppenheimer Amtes um die Erlaubniß ein, dieſelbe mit der ehevor
gewöhnlichen „Kreuzwochsprozeſſion“ wieder befuchen zu dürfen.
„In diefer Kapelle,” jagt ein Beriht aus dem Anfange des
18. Jahrhunderts, „iſt feit uralten Zeiten eine Frühmeſſerei fundirt ge-
weſen, aber durch ben nad) der Hand eingerifjenen Lutheranismum und
die erfolgten vielen Kriegstrublen in Abgang gekommen. Sie mwurbe
dann neu fundirt und zur Unterhaltung eines Primifjarius oder Caplans
eine jährliche Kompetenz ausgeworfen.“
Noch im vorigen Jahrhundert wurde die Kapelle viel beſucht und
ging die Sage, daß Hier die alte Pfarrkirche gejtanden (mas nicht
richtig ift). Viele Fromme Leute kamen dorthin in Folge eines Gelüb—
des (ex voto). Um Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde die Früh:
mefje von einem Franziskaner gelefen. "
Erft im Sahre 1722 wurde mit dem Baue einer neuen Pfarr—
fire begonnen, ut vetus ecclesia ex causis suprafatis absque
tamen prophanatione loci aut coemeterii dirui et in loco com-
modiori novo, in quem cum consensu capituli nostri cathedra-
lis transferimus, construi atque in eä verbum Dei praedicari ac
sacramenta administrari et divina officia haberi possint. Die alte
ruinofe Kirche ward aljo vollitändig abgebrochen und die neue an
einer andern Stelle aufgebaut.
Die Rechts- und Einkommens-Verhältniſſe der alten Mucken—
jturmer Kirche waren ziemlich verwidelt. Das Gollaturredt der
Piarrei war zwilhen den vormaligen Mit- oder Gemeinherren in der
Grafihaft Eberitein (nämlich Baden-Baden, Baden-Durlach, Eberjtein,
Gernsfeld und Wolkenſtein) gemeinihaftlid. Die Pfarrei wurde von
diejen Patronatsherren alternative bejeßt.
Zur bejjeren Sujtentation des jeweiligen Pfarrer3 wurde die
Pfarrei Obermeier (am Eichelberge) mit dev Pfarrei Muckenjturm
verbunden und dieje hierauf binando verjehen. Man erließ im Ber:
laufe der Zeit manderlei Verfügungen, welche das Pfarrei-Einkommen
betrafen, was bei den verwidelten Rechtszuſtänden und vielfachen Sr:
rungen leiht erflärlih ij. Einen Theil der Kompetenz hatte zudem
noch das Klofter Frauenalb zu tragen, deſſen gefährdete Lage ihm
öfters micht erlaubte, feinen Werbindlichkeiten befriedigend nachzu—
fommen.
Diefer Zuftand dauerte bis etwa zum Neubau der Pfarrkirche,
welher unter dem Speieriihen Bilhofe Damian Hugo geſchah.
70
Eigentlih bereinigt konnte indeß diefer verwidelte Rechtszuſtand erſt
im Anfange unſeres Jahrhunderts werden, nachdem die Säcularijation
und Ablöjung alter Nechte eingetreten und durchgeführt war !.
Zu ben Feierlichkeiten, welche bei der Einweihung der neuen Kirche
im Sabre 1723 ftattfanden, wurde der zu Mudenfturm bejtehenden
Schutengelbruderihaft von Papſt Innocenz XIII ein Indulgenz—
brief ausgeſtellt?.
In den PVijitationd: Protocollen lefen wir Folgendes über die
pfarrliden Berhältniffe des Ortes Muckenſturm.
M uckensturm.
Oppidum est non invenustum licet incendiis ac bellis plane vastatum
jueunda in planitie, mediis in paludibus situm, undique pratis hortis, satis et
pomariis einctum, nobili etiam comitum arce exornatum, sed cujus vix rudera
amplius restant. Civium familias numerat ad huc dum 100 omnes catholicas,
Jurisdietionis temporalis olim ommimodae comitum de Eberstein, nunc quoad
tres partes marchionis Badensis et quarta sui parte comitis de Wolken-
stein, satrapiae Gersbacensis, decanatus Ettlingani.
Patronus S. Georgius. Dedicatio dominica post Mathaei.
Collator d. marchio et comes de Wolkenstein alternative. Ultimum no-
minavit Sereniss. marchio.
Decimatores d. marchio, d. comes et pastor, hic in distrietu inter
Altengraben et Eichelberg sito, solus pereipit, in aliis aequaliter dividunt de-
cimas minores aeque ac majores; pastoris pars plerumque superat. 80 Malt.
Ecclesia satis angusta sita intra septa oppidi, ad descensum in prata
absque annexo cocmeterio, reparata recenter et decenter exornata.
Chorum et navim cum appartinentiis curant et conservant d. marchio et
d. comes, qui et supra ecclesiam habent granarium cum gravi damno ecelesiae.
Turrim, campanas, funes curat communitas. Sedes, hostias, vinum curantur
ex reditibus ecclesiae, uti et ornamenta. Altaria duo non consecrata nec
dotata. Reliquiae nullae.
Sacrarium in pariete mundum et clausum. Monstrantia parva cuprea.
Ciborium stanneum, uti et pixides pro sacris oleis. Calices duo; horum cupae
argenteae pedesve cuprei deaurati. Casulae tres, albae duae, vexilla sex. Mis-
sale unum Romanum.
Agenda Argentinensis. Cantuale nullum. Baptisterium in medio ecclesiae
1 Nah Ardhivalten,
® Ebenjo. Der Jndulgenzbrief ift gegeben Romae apud S. Mariam ma-
Jorem sub annulo piscatoris, 24. April 1723. Der Zwed war: ut festum prin-
cipale dietae confraternitatis sit dies s. Angelis custodibus sacra, prout Spi-
rense directorium assignat. Pro lucrandis quater in anno indulgentiis septem
annorum et totidem quadragenorum juxta tenorem bullae decernimus, 1, diem
nativitatis Christi, 2, ressurrectionis Domini, 3, annunciat. B. V. Mariae, 4,
S. Michaelis.
71
proportionatum. Confessionalia duo, unum ad latus altaris alterum in sacri-
stia. Cathedra bona; reliquus ornatus suficiens et necessarius. Liber baptiza-
torum ab anno 1655 accuratus. Confirmatio ab immemoriali tempore nulla.
Lites circa sedes sepulturas aut bona ecclesiae nullae. Anniversaria nulla.
Reditus ecclesiae colliguntur a duabus juratis; rationes fiunt administra-
tori spiritualium Badensi absque praesentia pastoris.
Processiones in festo corporis Christi solemnis cum venerabile intra
oppidum. Feria tertia pentecostes deportatur in bursa circa agros. Festo S.
Marei in Oberweyer. Lunae rogationum in Malsch; Martis in Cuppenheim,
Mercurii exeipiunt Malschenses; in Ascensione Domini in Radstatt; feria 6
ante S. Joannis Bapt. ad S. Margaretham ex voto, ab oppidanis ob incen-
dium ex fulgure ortum nuncupatum.
Pastor A. J. Mathias Hauser, Badensis, 45 annorum, parochiae huic
praefuit 15 annis, decanatus Ittlingani definitor, competentiam incipit in festo
S. Georgii, possidet parochiam ex investitura, obtenta a d. decano a Metter-
nich, qua praeposito Scti. Mauritii et Germani!. Officio satisfacit mansuetu-
dine modestia et prudentia singulari gratus omnibus, nullum neglexit, assistit
morientibus, uti et sponsalibus. Duas possidet parochias hanc et Ober-
weyer, in qua utraque binat, et in hora alternat ut nunc maturius nunc
serius in una et altera accedat, quod hominibus constat.
Domum, quae inhabitabilis, quod interius nulla ratione reparata, restau-
rare et conservare tenetur d. marchio; nullum habet horreum unde nec hic
habitet, sed in altero pago.
Competentiam ejus faciunt decimae et ex censu anno 18 malt. siliginis;
prata cum civibus annue dividit et aceipit portionem civicam ; agrorum jugera
habet 24.
Jura stolae:
Ex sponsalibus et proclamationibus O, copulatione strophiolum 1 Maß
Wein, ein Stüd Fleiſch, 2 Brote 1 rchtlr., dimissoriis 1 rchtir., baptismo !/, ß,
introductione O, provissione aegrorum O0, administratione aliorum sacramen-
torum, conductu funeris majoris cum tribus sacris 2 fl., funeris minoris, si
vocetur 1!/, Al.
Aedituus ludimagister et director horologii Johannes Bartholomaeus
Kalkbrenner, figulus, bene canit et diligens satisfacit offhicio. Constituitur
ab oppido, pro competentia aceipit ex certo districtu decimas et a singulis
eivibus faseiculum siliginis quae simul faciunt circiter 10 mald. Ex directione
horologii 2 mald. Korn, ex funere ein Leyb Brod. Idem ex baptissmo, ex in-
structione pueri per quadrantem anni !/, fl. in divisione pratorum portionem
civicam et immunitatem.
Pueri negligenter admodum mittuntur ad scholas. Abusus et superstitio
nulla notabilis. Confraternitas nulla. Choreae potestas sumitur a saecularibus.
Festa non prophanantur opere servili. Diligentes in sacris, non ita in cate-
chesi. Nullus omnino comitatus venerabilis ad aegros. Obstetrix jurata.
Fundatio pauperum nulla. Inventarium nullum. Visitationis non recordantur;
nisi quae facta per camerarium. Communio paschalis exigitur schedis; par-
! Siehe Einleitung im zehnten Band, ©. 185.
72
vulos suos illi ipsi sepeliunt non requisito pastore. Sub divinis nullus ex-
cessus.
Habet parochia haec extra moenia medio eirciter quadrante ab urbe
situm vetus et elegans S. Margarethae sacellum, situm in pulchro colli-
culo in medio coemeterii urbici. Celebre illud est a nundinis in festo patronae
ibidem haberi solitis. Est illud nonnihil negleetum et exin ruinosum atque
superioribus bellis una cum coemeterio foedum commaculatum et prophanatum,
unde a nobis iterum una cum coemeterio educta ad illud solemni processione
solemniter reconciliatum. Altaria in illo duo nullum conseceratum nec funda-
tum. Fundatio quae ibidem bona fuit primissaria, incorporata administraturae
spiritualium Badensi.
Monita. Coemeterium claudendum, ne bestiis ipsisque lupis sit recep-
taculo.
Communicantes fuere 310. Reconciliatum templum S. Margarethae et
ejusdem coemeterium.
VBifitationsprotocoll. 1701 Fol. 99.
Muggensturm. Parochia haec adjunctam habet parochiam Ober-
weyeranam, quam binando pariter deservit r. d. Andreas Becker, patriae
Eisfeldensianus, seminarii pontificis Fuldensis alumnus, cap. ruralis decanus.
Pagus hic, a facta oppigneratione satrapiae Gernsbacensis subest in tem-
poralibus serenissimo Durlacensi; cum antea subesset Smo Badensi. Numerat
familias 90, omnes catholicas praeter unam conjugem lutheranam ct familiam
unam judaicam.
In coemeterio extra oppidum sito exstructum est sacellum satis amplum
cum uno altari sub titulo et patrocinio S. Margarethae, quod modo etiam debet
conservari et reparari a serenissmo Durlacensi, .
Missio. 1715. p. 236.
Muggensturm in Marchia. Numerantur familiae catholicae 90; mixta
una, judaica una. Parochus est per novemnium r. d. Andreas Becker,
Quercu-campanus, decanus ruralis. Pro competentia habet quartam partem
decimarum majorum et minorum; bona item onerosa; praeterea in parochia
Oberweyer, quam binando administrat, habet bona parochialia et vina,
quorum numerum non expressit.
Patronus ecclesiae: ex 1mi Altaris est S. Georgius, 2di Bma Virgo,
3a 5. Antonius de Padua. Aedes parochiales, horreum et stabula curat
serenissimus, Extra oppidum in coemeterio est ecclesia S. Margarethae,
eujus fabricam instaurat serenissimus. Gravamina: Raro habetur catechesis.
Ludimagister non instruit juventutem.
15. Oberweier am Eicjelberge.
Nahrichten über die Pfarrei Obermeier ad 8. Joh. Baptistam,
zu welcher auch Niedermweier gehört, find nur wenige zu verzeichnen,
Dod wird diejelbe wohl ſchon im 13. Jahrhundert bejtanden haven,
denn eine Urkunde des Kloſters Frauenalb von 1379 nennt uns
73
einen Rector Wernher zu Dbermweier!. Die Gaplanei dafelbit wurde
aber erjt im Jahre 1515 geftiftet und ihr. eine Ordnung gegeben 2,
Der Drt hieß urijprünglid Weiler (mad aus dem römijchen
villare entjtanden eine Kleine Nieberlafjung bedeutet), Am Volksmunde
der dortigen Gegend fiel das l heraus, woraus dann „Weier” und gar
Weiher geworden. Dieſe Ortsbezeihnung hat alfo mit Weier (Vivarium),
worunter man einen Fleinen See verjteht, nichts Verwandtes.
Das Klofter Herrenalb und die Pfarrei Ettlingen waren
frühe dort begütert?, Erjteres erfaufte 1256 von dem Vogte Scheuer:
brand zu Gernsbad die freie „Kredlingsſtube“ in distrietu Nidernwilre
und letztere bekam 1264 von dem eberjteinijchen Dienjtmanne Dtto zu
Bühl ein Gütlein in Obernmwilre ald Gottesgabe geichentt.
Beitandbriefe über die der Pfarrei gehörigen Widdumgüter zu
Dberweier find aus den Jahren 1556, 1580 und 1583 vorhanden *.
Es beſaß einen Schultheigen und ſechs Richter, wie e8 bei den mittel:
alterliden Dorfgemeinden gewöhnlich war.
Bon Markgraf Philippert wurde im Jahre 1564 dem Ettlinger
Gapitel daß jus patronatus der Kirche zu Oberweier verliehen. Als
Pfarrer erjcheint Andrea Seiter um 1579 und als Gaplan Nikolaus
Bicklin um 1591. In den Sahren 1633 und 1634 wurde die Pfarrei
mit proteftantijchen Geiſtlichen bejett ®.
Auch Streitigkeiten wegen der Pfarreigefälle fehlen nicht, denn ber
Pfarrer zu Kuppenheim verlangte den Halben Theil derjelben und ges
rieth deihalb mit dem Pfarrer zu Mucdenjturm, der gleichzeitig Die
Pfarrei Obermweier verjah, in ein Zermürfniß, welches um 1657 ge:
richtlih ausgetragen wurde 7.
Nah einem Berichte aus dem Jahre 1688 war der Auftand der
Kirche, ſowohl der des Langwerks, als jener des Chores, ein jehr
ſchlechter, was mit dem Bifitationsprotocolle von 1683 übereinftimmt.
Auch waren die Gefälle nicht hinreichend.
Um 1701 wurde die Pfarrei nod immer von dem Mucdenjturmer
Pfarrer verjehen und erit 1735 fand eine Trennung jtatt, nachdem
1731 die Kirche reparirt worden. Endlich zwiſchen 1751 und 1754
t Beitichrift jür Gefchichte des Dberrheins 26, 463.
? Bad.:Bab. Eopb. Nro. 104. Fol. 178 ff.
3 Oberrb. Zeitſchr. 1, 114. 235. 256; 2, 110. Dümge, Reg. Bad. 26.
Archivakten.
sOberrh. Zeitſchr. 20, 268.
s Archivakten. Original-Miſſiv vom 28. October 1564.
wArchivakten.
74
erbaute man die neue Kirche und 1768 errichtete man dem hl. Johann
von Nepomuk ein jteinerne® Standbild !.
OÖberweier.
Pagus Oberweier alias Weyer am Evfcelberg a vicino monte appel-
lato dietus, totus jurisdietionis Badensis satrapiae Cuppenheimensis, decanatus
Ettlinganus; pagos annexos habet Mittelweyer 5 fam. et Niederweier
10 fam. OÖberweyer familias numerat 15 omnes catholicas.
Patronus 9. Joannes Baptista. Dedicatio dominica post festum assump-
tionis. Collator smus marchio. — Decimatores marchio et pastor ; decimas ma-
jores et minores aequaliter dividunt, quae in frumentis raro ascendunt ad 30
aut 40 maldera. Animalia seminalia ex certis agris aluntur et curantur a
communitate.
Ecclesia satis misera et informis anno superiori reparatum tectum, nullum
tabulatum, fenestra perfracta. Hujus totius reparatio, turris, navis, chori et
septorum coemeterii incumbit marchioni. Hic septa coemeterii ex capitalibus
ecclesiae divenditis reparavit. Sedilia, ornatum, vinum et hostias curat eccle-
sia ex suis reditibus.
Altaria duo, nec conservata, nec dotata. Reliquiae nullae.
Fundatio primissariae translata ad collegium Ettlinganum. Sacrarium in
pariete honestum et mundum, lampas ante illud solomodo sub divinis accen-
ditur, licet pro perpetuo lumine fundata, verum fundatio dissipatur.
Monstrantia nulla, ceiborium cupreum deauratum, pixides pro sacris oleis
ex stanno. Calix unus deauratus, ejus cupa argenten, pes cupreus. Casulae
tres, albae duae. Vexilla duo, campanae duae. Missalia duo Romana, agen-
dae duae, Coloniensis et Argentinensis. Cantuale nullum. Liber baptizatorum
accuratus, confirmatio ab hominum memoria nulla.
Lites circa sedes sepulturas aut bona ecclesiae nulla.
Processiones. Una cum venerabili in festo corporis Christi eirca pagum.
Festo S. Marci excipiunt et educunt processiones ad se venientes, ex Roden-
feltz; Malsch et Muckensturm. Die Lunae Rogationum in Rodenfeltz, Martis
inCuppenheim. Mercurii vacat, festo ascensionis in Radstatt.
Anniversarium nullum.
Census et reditus ecelesiae colliguntur a duobus rustieis juratis, rationes
fiunt administratori spiritualium, a decennio non exacta.
Pastor idem qui in Muckensturm, parochiam hanc possidet ex commenda,
quam singulis annis redemit. Domum habet commodum in nobili pomario
situm, quam curat et conservat d. marchio.
Pro competentia pastorali habet medias Jdecimas frumentarias et minores
vini autem 5 plaustra, 5 jugera agrorum, pratorum unum jugerum.
Ludimagister nullus. Aedituus et director horologii Martinus Koman,
incola pagi, opifieii vietor ?, satisfacit ofßcio, constituitur a communifate cum
approbatione pastoris. Pro competentia habet ex vini decimis 2'/, Ohm. Ex
1Archivakten.
Böttcher.
75
deeimis frumentariis 2 mald. Korn, a singulis rustieis ein &lodengarb et im-
munilatem.,
Dberweier, Vifitation von 1701, ©. 241.
Parochiam hane per binationem simul administrat curatus in Muggensturm.
Numerat familias 13, catholicas omnes, eollator et decimator est serenissimus
marchio. Reditus ecclesiae excurrunt ad 20 fl. Fabricam reparat serenissimus ;
turrim communitas. Eadem communitas curat coemeterii murum. Patronus
ecclesiae est S. Joannes Baptista. Aedes parochiales curat serenissimus mar-
chio. Ludimagister habet à singulis eivibus manipulum, praetereaque nihil.
Gravamina: 1. Nunquam habetur catechesis. 2. Iuventus non frequen-
tat scholas. 3. Turris trisulco fulmine decussa jacet. 4. Fabrica reliqua om-
nino neglecta. 5. Coemeterium non est septum. 6. Paramentorum ingens est
defectus. 7. Non habetur campana,
16. Völkersbad).
Diefer Ort gehörte zu den fogen. Frauenalbiſchen Gebirgsdörfern.
63 Fam durch Kauf an das Klojter, indem die Gebrüder Kuno,
Welf, Berthold und Kraft, genannt die „Triegel von Owisheim“,
im Sabre 1255 mit Genehmigung ihrer Dienjtherren von Eberjtein „die
Bogtei, den Kirchenſatz und alle Herrlichkeit zu Folgersbach“ verkaufs—
weile an das Gotteshaus übergaben. Dasjelbe machte daher Anſpruch
auf die völlige Obrigkeit (hohe und niedere Gericht3barkeit, Verbot
und Gebot) de3 Dorfes.
Die verjhiedenen Güter, Gefälle und Gerechtſamen des
Kloſters Frauenalb in der Gemarkung von Völkersbach (in marchia
Folgersbach) find in ber Zeitichrift für Geſch. des Oberrh. bejchrieben.
Nah einer dort abgedruckten Urkunde wurde im Jahre 1433 an der
Völkersbacher Pfarrfirde ein novum benefieium für einen Priejter des
Altar der zwölf Apoſtel errichtet und vom biſchöflich jpeieriichen General:
vicare bejtätigt !.
Die Bfarrcompetenz wurde im Jahre 1567 durch Leonhard
Böler von Pfullendorf, zur jelbigen Zeit Pfarrer in Völkersbach, auf:
gezeichnet und 1598 ein Verzeihnig der Gültbriefe aufgeitellt, welche
die Pfarrei beſaß?. Bei dem im 17. Sahrhundert allgemein eingetretenen
Brieftermangel und Abnehmen dev Pfarrei-Einkünfte, wie das Viſitations—
protocoll von 1683 berichtet, hatte der Wölkersipaher Pfarrer aud die
Pfarrei Burbach mit ihren Filialen Marrzel, Schillberg und Pfaffenrod
zu verjehen, welche nunmehr die Pfarrei Burbad) bilden ?.
ı Dberrb. Zeitſchr. 2, 372; 27, 76; 23, 270. 322. Saalbud, Fol. 34
und 324. Kolb 3, 333.
? Dberrb. Zeitfhr, 27, 78,
3 Dafelbft 26, 85.
76
Erſt im Jahre 1726 wurde diefer oft beflagte Mißſtand bejeitigt,
indem Burbad) wieder feinen eigenen Pfarrer erhielt, bei welcher Ge:
legenheit man das Pfarrhaus zu Völkersbach, wie das zu Burbad),
reparirte!.
Eine Bruderſchaft „zur heiligen Jungfrau vom Berge Karmel“
war ſeit 1705 errichtet?.
Die Auszüge aus den ſpeieriſchen Viſitations-Protocollen von 1683,
1701 und 1715 folgen anmit ®.
Voelkersbach.
Pagus hie in montanis situs 30 familiarum catholicarum, cum villa Moss-
brunn propriam conficit parochiam. Totus est jurisdietionis in temporalibus
subjeetus d. abbatissae ex Frauenalb sub protectione smi marchionis Badensis.
Decanatus Ettlingani. Patronus S. Georgius martyr. Dedicatio dominica sub-
sequente festum S. Dionysi. Decimatrix majorum decimarum sola d”a abba-
tissa ex Frauenalb, qui vix excedunt 30 mald. omnis generis frumentorum.
Minores decimas solus habet parochus.
Animalia seminalia curat communitas, alit certus rusticus ex designato
hunc in finem agro et pratis. Liberum tamen est pastori assumptis illi pro
bonis ipsemet hoc onus in se suscipere, honestius et decentius tamen putat
praesens pastor id civi relinguere, maxime cum etiam absque eo parum emo-
lumenti inde resultet.
Ecclesia in bono statu recenter omnino reparata. Turris, navis, chorus,
cum omnibus appertinentiis curantur et conservantur ex fabrica ecclesiae.
Sedes, ornatum, vinum, hostias, libros eadem curat ecclesia. Coemeterium
clausum depascitur ab aedituo. Campanae duae bonae. Altaria duo, unum
eonsecratum, neutrum feudatum. Sacellum in Mossbrunn a villico pro-
prio aere decenter exstructum, a nobis honori B. V. Passaviensis benedictum
Reliquiae nullae. Sacrarium in pariete decenti et mundo loco, lampas ante
hoc solum modo accenditur sub divinis. Monstrantia ex cupro. Ciborium ar-
ı Dajelbit 27, 82. Arhivaften. Die Äbtiffin zu Frauenalb fam zwar mit
dem Völkerſpacher Pfarrer Magifter Matthias Veringer dahin überein, daß ibm
auf feine Bitte mit Nücdficht auf fein hohes Alter nach 28jähriger Verwaltung bie
gleichzeitige Verſehung ber Pfarreien Marrzell und Burbad abgenommen und
eigenen Prieftern übertragen werden folle; für ihn ſelbſt wurde zugleich die Com—
petenz fejtgefegt. Urkunde vom 10. September 1656. Allein das Bifitationsprotocoll
von 1701 jagt, daß ber Pfarrer Trosbach zu VBölfersbad noch die Orte Burbad),
Zell, Pfaffenroth, Schillberg und Moosbronn verſehe. Oberrh. Zeitichr. Aus den
Arhivaften geht hervor, daß dieſe Sache erft 1726 geregelt worden.
2 Urkunde in Aften bes G.:2.:Ardives: Erectio confraternitatis bea-
tissimae Virginis de monte Carmelo in ecclesia parochiali in Völkersbach, vulgo
Zcapulier-Bruderfchaft, nuncupatae de anno 1705. Datum in conventu nostro
Mediolani, die secundo mensis Augusti 1705.
3 Auch abgedrudt in der Oberrh. Zeitſchr. 27, 79.
77
genteum deauratum. Pixides pro sacris oleis ex stanno. Calix cupreus de-
auratus, in sacello stanneus; pro quo tamen argenteus curabitur ex legatione
fratris villici. Casulae 4 in ecclesia, una rubra in sacello, alba una, reliquias
ornatus necessarius. Missale unum in ecclesia et unum in sacello Romanum.
Agenda Moguntinensis. Baptisterium, confessionale, cathedra bona et decenti
loco. Liber baptizatorum ab anno 1647 aceuratus. Confirmatio ab immemo-
riali tempore nulla, nisi quando episcopus Lotharius Fridericus paueis horis
paucos admisit in consecratione sacelli aulieci. J
Lites circa sedes, sepulturas, aut bona ecclesiae nullae. Processiones
binae cum venerabili, prima in festo corporis Christi in Frauenalb nova, quae
ante hac non fuit. 2da dominica infra octavam circa pagum. Festo S. Marci in Zell.
Die Lunae rogationum excipiunt Zellenses, Martis item in Zell et Bur-
bach, festo ascensionis in Frauenalb nova, quia hac die antiquitus habebant
processiones circa fruges. Festo S. Benedicti in Frauenalb nova. Dominica
sequente festum visitatae Virginis propter translationem reliquiarum S. Basili-
dis in Frauenalb item nov& Anniversarium nullum.
Reditus et census ecclesiae colliguntur a duobus curatoribus juratis; ra-
tiones reddunt amptmanno monasterii, absente semper et inscio pastore. Cen-
sus hujus ecclesiae certi et stabiles annue excurrunt ad 40 fl.
Pastor r. d. Matthias Fering Suevus ex Trochtelfingen, aetatis suae 72.
Parochiam hanc in 24 annum deservit, senior capituli Ittlingensis, paret ca-
pitulo et solvit ei jura. Parochiam possidet ex commenda, quam annue redemit,
Tres administrat parochias, Voelkersbacensem, Zellensem, Burbacensem,
quae ultima Zellensi incorporata, a qua non usque adeo remota. Ceterum
aliae bona hora per devia et avia mediis in montibus sitae via admodum dif-
ficili et tamen bonus senex hactenus nullum neglexit, catecheses et conciones
suas habuit, sponsalibus et moribundis assistit, nullum copulavit vagabundum
aut alterius parochiae.
Domum parochialem, quae utrumque commoda, curat abbatissa ex
Frauenalb. Pro competentia hujus et aliarum parochiarum simul accipit a d.
abbatissa annue in pecunia 60 fl., siligine 16 mald., spelta 15 mald., avena
15 mald., vino 1 fuder, ex decimis hordei, quae incertae plerumque tamen
10 mald. Ex decimis minoribus nihil fixi, agrorum 12 morgen, pratorum ex
quibus foeni 2 fuder.
Jura stolae. Ex sponsalibus et proclamationibus 3 batzen, et copu-
latione, strophiolum, Kränzchen 1 fl., dimissoriis 1 fl., baptismo ', fl., introduc-
tione O0, provisione acgrorum O, administratione aliorum sacramentorum 0, con-
ductu funeris majoris et tribus sacris 2 fl., funeris minoris 0, concione funebri
quae rara 1 rchtlr., sacro per annum votivo aut anniversario !/y fl.
Ludimagister, aedituus et director horologii Philippus Fink ex Roden-
felz, satisfaeit officio constitutus a dna abbatissa et communitate,
Pro competentia habet annue a singulis incolis hujus loci 2 Laib Brob,
item a singulis die Glodengarbe, item ex certo districtu decimas quae se ex-
tendunt ad 3 mald., item ex baptismo infantis erucigerum, item ex copula-
tione offam !, frustum carnis, panem et mensuram vini, item ex funere ma-
ı Offa — Biſſen, wahrſcheinlich bier ein Eſſen bei ber Hochzeit, wobei er noch
ein Stück Fleiſch, ein Brot und ein Krüglein Wein mit nach Hauſe bekam.
78
Jori 2 Laib Brod, item ex funere minori 1 Laib Brod, item ex instructione pueri
per quadrantem anni !/, fl., item immunitatem a personalibus.
Pueri pauci mittuntur ad scholas. Abusus aut superstitio notabilis nulla.
Confraternitas nulla. Licentiam pro saltu facit satrapa monasterii et pastor
simul. Diebus festis non laboratur. Concioni et catechesi negligenter inter-
sunt. Scandalum publieum nullum. Comitatus ad aegros nullus. Obstetrix
jJurata. Fundatio pauperum nulla. Inventarium ecclesiae multis annis anti-
quatum. Visitatio ecclesiae ab annis 28 nulla.
Communio paschalis exacta schedis nullo desiderato. Proles baptizatos
sepeliunt plerumque parentes absque ceruce absque luce. Sub divinis exces-
sus nullus.
Gravamina. 1. Queritur rev. dominus pastor, quod valde sero et
aegre possit a monasterio obtinere suam competentiam. 2. Quod a patre con-
fessorio monasterii nullam habeat etiam in necessitate assistentiam. 3. Quod
ideirco tam propter longam distantiam locorum et diffieilimas vias tam hyeme
quam aestate, quam propter senium sibi prope modum impossibile sit amplius
omnes tres parochias simul administrare et nisi fidelem haberet assistentiam a
patribus Itlinganis, saepe non pauci negligerentur, qui absque sacramentis
obirent; petere proinde divisionem parochiarum, maxime cum in singulis locis
sint bona parochialia, domus parochialis et reliquam competentiam teneatur
supplere monasterium, quod jam parochialibus bonis fruitur. Exposui haee
reverendissimae dominae abbatissae, quae statim ei vacantem quietam paro-
chiam suae praesentationis conferre volebat, melioratis etiam istius parochiae
reditibus, modo bonum quietum ac robustum iterum habere posset, qui hisce
tribus iterum conjuncetim praeesset. Quod cum etiam bono seni expositum,
cum gratiarum actione acceptaverat, sed facti mox poenitens resiliit, vitam in
ea in qua tot annis, finire expetens, quam in alteram vicinam explantari.
Manet interim quaestio, an cum senex et verbo et scripto fassus sese satis
facere amplius non posse, an non incumbat pro securitate et bono animarum
superiori parochiam dividere aut alium omnino substituere.
Monita. Proles suas in hac montosa et silvestri patria diligenter fa-
eiunt in scholis et in catechesi una secum excoli, ut locus quantumvis syl-
vestris homines tamen inveniantur humani ac bene instructi. Pueros bapti-
zatos non parentes, sed pastores more et ritu catholico sepeliunt. Fiat inven-
tarium ecclesiae in forma dupliei, atque unum sit in armario vel cista ec-
clesiae, alterum in manibus aeditui, ut saepius lustrare possit, an quid de-
perditum aut accesserit. Ex concione non excurratur. Venerabile, quando
ad acgros defertur, decens omnino est, ut qui possunt et quibus per labores
vacat, illud comitentur et deducant ad aedes aegri ac reducant ad ecclesiam,
benedictionem sibi inde reportantes. Serio etiam hie loei monita juventus, ne
sibi invicem tam facile promittat et promissione facta, aut sponsalibus celebratis
nefas esse absque gravi causa resilire.
Excepti ab hac parochia pulchra processione media a pago, hora ac in
ecclesiam introducti substitimus diem et noctem, qnuando ad populum dixi-
mus 3, catecheses habitae 2, communicantes fuere 110, aegri provisi 2.
Benedietum sacellum in Mussbrun, ducta et pia processione.
VBifitations=- Protocol! 1701. Bericht der biſchöflich fpeierifchen Viſita—
toren Georg Klein und Urban Kobert, Soc. Jesu, über Bölfersbah (ol. 101 b).
79
Parochia haec numerat familias 41 catholicas; parochias modo adjunctas habet
Purbach et Zell, item ex annexa Pfaffenroth, Schilberg und Musbrun....
Administratur a rev. domino Francisco Trosbach Badensi, cui quotannis a
domina abbatissa solvantur 60 floreni, 10 maldra speltae, 10 maldra siliginis,
10 maldra avenae, 1 plaustrum vini.... Patroni ecclesiae sunt S. Georgius,
Sebastianus et Jacobus.
Gravamina. 1. Parochus aegre administrat tot parochias simul; at-
que ideo, maxime de hyeme, facile negliguntur infirmi propter viarum diffi-
cultatem et locorum distantiam. 2. Parochus ob impeditam linguam aegre in-
telligitur.
Bifitations-Protocol! 1715. Aus dem Berichte der bifchöflich fpeterifchen
Commiſſion über die PVilitation zu Völkersbach. S. 213—35. Joannes Philippus
Lipp Rotenburgensis ad Nicarum, annorum 55. administrat parochiam ab octo
annis. Familias habet 44 omnes catholicas, practer unam judaicam... Con-
queritur communitas, quod parochus saepe nimis evocetur ad celebrandam se-
cundam missam, in incommodo tenetur eundem sequi vel prorsus negligere di-
vina, cui incommodo sibi supplicant ab ordinario per media opportuna pro-
videri.
17. Moosbronn mit den Filialen Freiolsheim und Alittelberg.
Moosbronn, ein Pfarrweiler, auf der Höhe zwiſchen Michel:
bad und Mittelberg, an der MWiürttembergiichen Grenze gelegen, gehört
zur politijhen Gemeinde Kreiolsheim, wie auch Mittelberg. Diefelbe
war ehedem nad) Völkersbach eingepfarrt, wie aus den bijchöflich
jpeierifchen BVifitationg-Protocollen von 1683 und 1715 hervorgeht ?.
An Stelle einer kleinen Kapelle, welhe um 1682 von Moos:
bronner Hofbauern erbaut und von den bijchöflichen Mifjionären Mil:
heim Osburg und Martin Meb aus der Gejellihaft Jeſu auf ihrer
Bifitationgreife am 8. Juli 1683 zu Ehren der heiligen Jungfrau von
Paſſau eingeweiht worden, wurde um Mitte ded vorigen Jahrhunderts
ein Kirchlein erbaut, wozu 1747 Collekten veranjtaltet mworben 2.
Damal3 war nah einem Schreiben des Völkersbacher Pfarrers
Heinrihd Müller vom Sommer 1740 der Weiler Moosbronn eine
einjhichtige, bergige, verlafjene und troftloje Dertlichkeit (in loco soli-
tario, montano et quasi desolato), hart an der mwürttembergifchen
Grenze im Baden-Babenjhen gelegen, wo ums Jahr 1683 nur eine
i Liber. Visit. 1683, fol. 71 unb 1715, fol. 242. Mosbronn, villa per-
tinens ad parochiam in Voelkersbach.
? Archivakten. Das Vifitationsprotocoll von 1683 jagt unter Völfersbad:
Sacellum a villico proprio aere decenter exstructum a nobis honori B. V. Pas-
saviensis benedietum. Oberrb. Zeitjhrift 27, 79. Bon Moosbronn führt
die Strafe über alte Höfe und Bernbach in den Thalfefjel von Herrenalb, weldes
feit 1553 von Württemberg mit dem Klofter eingezogen und reformirt wurde,
80
einzige Familie ihren Wohnſitz Hatte. Noch im Anfange unjered Jahr—
bundert3 bejtund der Ort aus faum 8 Häufern, worin 17 Leute
wohnten !.
Dieß Kirchlein ad beatam Mariam virginem wurde dann von
den Ettlinger Franziskanern verjehen und e3 bildete fih da eine
vielbejuhte Wallfahrt zur jchmerzhaften Mutter aus. Indeſſen ift
es damit nicht jo leicht gegangen, indem fie wegen eigenmächtiger Er:
rihtung eine neuen „Botivortes” vom Bilchofe von Speier eine Zeit
lang mit dem Interdikt belegt war. Dod auf Vorftellung der baden
badenjchen Negierung wurde ſchließlich im Jahre 1767 ein förmlicher
Gottesdienſt in der neu errichteten und nunmehr benedicirten Kapelle
eingeführt.
Anfänglich war um 1759 beabſichtigt geweſen, die Gemeinden
Mittelberg und den Weiler Moosbronn von der Pfarrei Völkers—
bach zu trennen und der Pfarrei Michelbach zuzutheilen. Doch unter—
blieb dieſes, und im Anfange der Yer Jahre des vorigen Jahrhunderts
wurde dann in Moosbronn eine eigene Pfarrei „Zur Maria Hilf“
errichtet und deren Gompetenz geordnet. Als Filiale kamen zu ihr
Freiolsheim und Mittelberg ?.
Moosbronn iſt, wie Freioldheim, eine in Herrenalber Urkunden
ſchon in früher Zeit öfters genannte Ortlichkeit. Das Klofter hatte
dajelbit don um Mitte des 13. Jahrhundert ein Hofgut (curiam),
auf welchem Graf Dtto von Eberftein eigenmädtig ein Jagdhaus er:
vihtet und einen Filchweier gegraben hatte, wofür er dem Kloſter das
halbe Dorf Freiolsheim mit dem Rechthaber, der Eteuer und den
Sterbjällen zur Entihädigung abtrat.
Bon Freiolsheim war die andere Hälfte ſchon früher durch Ber:
mächtniß des Grafen an das Klofter gekommen. Das Dorf, in alten
Frauenalbiſchen und Hirſchauiſchen Urkunden öfters erwähnt, gehörte
vormals mit Mittelberg als Filiale zur Pfarrei Maljch und mußte
deßhalb für dieje ein befonderer Caplan gehalten werden. Erit bei Er:
vihtung der Moosbrunner Pfarrei wurden diefe Orte von Malſch ge:
trennt ?. :
Der Weiler Mittelberg bejtund früher aus einigen herrichaft:
ı Ardhivaften und das Lerifon von Kolb.
2 Kolb 2, 383. Arhivaften, Erectionsurfunde vom 23. April 1792.
8 Dberrb. Zeitſchr. 1, 234. 371 (Sabre 1255 und 1270). Frauenalber
Urfunden, B®b. 25, 365; 26, 446; 27, 94 (1532). Codex Hirsaugiensis,
©. 38 und 51. Donatio Bebonis, civis Spirensis coenobio Hirsaugiensi facta
(Bibliothek des literarifchen Vereins in Stuttgart, 1843. Bd. 1, e). Kolb 1, 336.
Siehe Abſchnitt Malſch in diefer Mittheilung.
81
lihen Höfen, einem Jägerhauſe, worin ein herrſchaftlicher Förſter feinen
Sit hatte, und it gegenwärtig eine nicht unbedeutende Colonie Die
Glashütte, melde man hier betrieben, war bereit? um Mitte bes
vorigen Jahrhunderts eingegangen '.
18. Eitlingenweier.
Zu dieſem großen Pfarrdorfe jind kirchhörig die benachbarten Orte
Bruchhauſen, Oberweier, Shluttenbad und Sulzbad. Güter
und kirchliche Rechte beſaßen dajelbit die Klöſter Hirſchau, Reichen—
bach, Herrenalb und Lichtenthal.
Der Ort und ſeine Kirche findet ſich erſtmals erwähnt unter dem
Namen Onsweiler in einer Urkunde von 1115, wornach der Frei—
mann Leutfried der Zelle zu Neichenbah an der Murg fein Eigenthum
in Onesvilare (aud; Usweiler genannt), jodann viculum in palude
situm (da3 jeßige Bruchhauſen), nebit Sulzbad und Remlinsbach
(mas ausgegangen) mit allen Mechten, jo er an ber Onsweiler Kirde
bejaß, zu einem Seelgerette verſchrieb?.
Später im Jahre 1282 murde vom Abte und dem Stifte zu
Hirſchau das Patronatsrecht zu Usweiler der Dreifaltigkeitäfirche
in Speier übergeben, wozu der dortige Biſchof ſeine Genehmigung er—
theilte. Friderich de Calwe war um dieſe Zeit Rector ecclesiae in
Unswilre und refignirte im Jahre 1291 3.
In der Folge wurde vom ſpeieriſchen Offiziale beantragt, da die
Pfarrkirche zu Unsweiler mit ihrem Einfommen nad) Speier ge
höre, von den Gefällen derjelben dem dortigen VBicariuß ein ange:
mejjened Einkommen zu laſſen. Es jolle unterjucht werben, mie weit
jolde zur Ertheilung einer Vicarsbejoldung Hinreihend fei. Dieß ge:
ihah im Jahre 1338 %.
I Kolb 2, 283. Moosbronn und "Mittelberg bildeten früher mit
Michelbach eine politiihe Gemeinde. Freiolsheim war eine Gemeinde;
es hatte 1814 — 252, Michelbach 806, Mittelberg 87 und Moosbronn 18
Einwohner. Das Großherzogthum Baden von Büdler — 1814 — ©. 64 und
Dittenberger (1825). ©. 123.
? Bad.⸗Bad. Repertorium. Das Klofter Reichenbach war 1082 durch bie
Abtei Hirſchau geftifter und eine Propftei berjelben. Lex. v. Schwaben 2, 419.
Gründung von Reihenbad, |. Cod. Hirsaugiensis.
3 Bad.»Bad. Repertorium, worin aufgeführt bie Urkunde von 1282 und
das Schreiben bes Abtes zu Hirfhau an das Capitulum eccles. S. Trinitatis
Spirensis 1291.
* Urkunde von 1330 nad dem bad.-bad. Nepert. von 1330 und 1355.
Ueber bie Widdumgüter, Alten v. 1513—1542,
Archiv. XII. 6
8
Die Pfarrgüter waren um dieje Zeit verpachtet und ertrugen
nad) einem Beitandbriefe über das praebendarium ecclesiae S. Trinitatis
Spirensis dem Rector ecclesiae in Unßweiler 10 Malter Roggen,
10 Malter Haber und 4 Hühner. Der Pfarrer hatte die Laſt, den
Farren für die Gemeinde zu jtellen. Die Zehntgefälle gehörten dem
Stifte Allerheiligen zu Epeier; daran aber participirte auch das
Klojter Lichtenthal.
Das Kloſter Frauenalb hatte jeit 1258 einen Hof zu Ettlingen:
weier, welchen der daſelbſt ebenfall3 begüterte Markgraf Nudolf von
den herrichaftlichen Frohnden und Beeten befreite 1; denn der Ort zählte
von Altem her zur Marfgrafihaft Baden.
Im Jahre 1542 verkaufte das Stift Allerheiligen zu Speier
jeine an dem Zehnten zu Ettlingenmweier bejefjenen 11 Theile an das
fürftlide Haus um 1500 Gulden. Derjelbe ertrug nah Aufjchrieben
von 1552 und 1582 an Korn 44 Malter, an Dinkel 90 Malter, an
Gerſten 34 Malter, an Haber 46 Malter und an Stroh 300 Buſchel.
Am Kleinzehnten bezog der Pfarrer zmei Theile und das
Gotteshaus Neichenbad) dag übrige Drittel. Die Gollatur ftund der
Herrihaft zu. — Die Baulaften waren vertheilt, Den Kirhenthurm,
das Langwerk und das Pfarrhaus Hatte der Heilige, den Chor
die Herrijhaft und der Herzog von Württemberg wegen des Kloſters
Neihenbad zu unterhalten ?.
Die Zeit des 16. Jahrhunderts ift hier, wie überall, durch viele
Beihmwerden darakterifirt, welche die jeweiligen Pfarrherren wegen
Beeinträchtigung ihrer Rechte und Einkünfte erheben mußten. Auch
führten dieſelben häufige Klagen über ihre Pfarrfinder megen lauen
Kirchenbefuches, wegen Verfalld der Sitten und der Neigung zu den
Lehren der Prädifanten ?.
In Schriftjtüden aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts wird
das Pfarrhaus als baufällig gejchildert und die Klagen darüber dauerten
das ganze Jahrhundert hindurch, da im jener traurigen Zeit nie etwas
Nambhaftes gejchehen konnte. Nach 1663 murde die Pfarrei von den
Jeſuiten zu Ettlingen verjehen, nachdem da3 früher gut bdotirte Ein-
fommen berjelben bedeutend herunter gegangen war. In dieſe Zeit fällt
auch der unten mitgetheilte Bericht aus dem Bifitationsprotocolle *.
mZeitſchr. f. Geh. des Dberrb. 25, 368; 23, 279, Kolb, bift flat.
topogr. 2er. 1. 279.
2 Archivakten, Relation vom Jahre 1775.
3 Ardhivalten.
Archivakten.
83
Sm Jahre 1746 murde zu Ettlingenmweier die Bruberjchaft sanc-
tissimi sacramenti errichtet, 1771 die Kirche reparirt, zmwijchen 1750
und 1797 zu Bruchhauſen die Kapelle ad S. Josephum und zu
Sulz;bad die ad S. Ignatium erbaut, mährend die Kapelle ad S.
Wendelinum in Oberweier jhon im 17. Jahrhundert beitanden hat !.
Ettlingenweier.
Parochia haec tota catholica jurisdictionis temporalis Badensis. Satra-
piae et decanatus Itlingani ex quatuor conflatur pagis et aliquot villis.
Ettlingweyer 33 fam., Oberweier 20, Sulzbach 10, Bruch-
hausen 18, Schlitterbach 4, Rimmelsbach 2 familiarum.
Patronus S. Dionysius. Dedicatio dominica proxima post festum patroni.
Collator smus marchio.
Decimatores marchio et dux Würtembergensis ratione monasterii Reichen-
bach hac ratione, ut ex 18 manipulis dividendis 7 cedant duci et undecim
marchioni, itaque plus habet dux quam unam tertiam et marchio minus quam
duas tertias. Marchio suas majores colligit in natura. Dux certis elocavit
pro 17 mald. siliginis, 43 mald. speltae, 20 mald. hordei et 4 malderis avenae.
Decimarum minorum duas tertias accipit pastor et unam dux Würtem-
bergensis, quae in hac divisione decimantur ; sunt Hanfs, Flachs, Rüben, Welſch—
gorn, Erbſen, Linfen, Hirfen, Obs. Nefrendium ? decimas solus percipit pastor.
Alia hoc loco non decimantur; uti sunt gallinae, anseres, anates; apes, olera,
prorsus hoc loco non sunt decimabilia.
Animalia seminalia alit et curat parochus, pro quo certum habet pratum.
Ecclesia in bono statu, commoda et sat capax excepto, quod fenestrae
admodum excussae et coemeterii in colle siti pars non levis coneiderit. Cho-
rum conservat marchio, navim Würtembergensis, turrim Sanctus, quis coeme-
terii murum et portas dubitant et controvertunt dum interim cum coemeterio
paulatim patietur et templum. Scamna, ornatum, vinum, hostias, libros, funes
pro campanis, fenestras, januas, curat et conservat sanctus ex ecclesiae re-
ditibus,
Altaria duo non consecrata, nec dotata. Reliquiae nullae. Campanae
tres. Baptisterium bonum. Cathedra lignea. Confessionale ad altare, omnia
commodo et debenti loco. Lampas tantum sub divinis ardens.
Sacrarium in pariete mundum et clausum. Monstrantia tota argentea,
comparata ante annos sex ex communitate et legatione unius pia. Ciborium
cupreum deauratum. Pixides pro sacris oleis stanneae. Calices duo, unus ar-
genteus deauratus, alter stanneus. Casulae 6. Albae 2. Superpellicea duo,
reliqua suppellex necessaria. Missale Romanum bonum. Agenda Argentinensis
attrita. Liber baptizatorum accuratus ab anno 1663; ante illum retro frusta.
Confirmatio a 20 annis nulla et ad eam, quae ante 20 annos fuit Ettlingae
nec trigesimus admissus, unde senes vix confirmati,
ı AUrdivalten.
? Nefrens, ein junges Thier, das noch nicht beißen fann, alfo bier junges
Schwein, Schaf u. f. w.
6*
84
Sacellum nullum. Filialis in Oberweyer angusta subobscura et rui-
nosa. Patronus S. Wendelinus. Altare unum, nec consecratum nec dotatum.
Ornatus nullus, necquidem altaris, quod omnino nudum. Conservatur ex ec-
clesiae parochialis reditibus.
Lites circa sedes, sepulturas aut ecclesiae bona nullae.
Processiones una cum venerabili in festo Corporis Christi circa pagum.
Festo S. Marci excipiunt Itlingenses. Feria 2da Rogationum in Oberweyer.
Feria 3° iterum excipiunt Itlingenses. Feria 4 eunt in Itlingen. Festo Ascen-
sionis in Oberweyer. Festo visitatae virginis in Bickisheim.
Anniversarium nullum. Redituum ecclesiae rationes fiunt a duobus cu-
ratoribus juratis coram administratore spiritualium Badensi et satrapa absente
pastore, habet illa annue ex censitis 96 fl., in frumentis 2'/, partim, oleo
20 libr., cerä 1!/, libr., Bobenzins 3 fi.
Parochia administratur a patribus domus tertiae probationis Itlinganae,
ad summam parochianorum, hac superne speciatim requisitorum satisfactionem
et vere responsiones etiam puerorum docuerunt ac confessionum modum, alios
ab aliis parochiis in hac vicinia fuisse instructores. Competentia parochi:
A marchione Badensi 100 fl., ex ecclesia 15!/, fl., agrorum 40 morg.,
pratorum 10 morg. Domus parochialis bene reparata curatur et conservatur
ab ecclesiae reditibus. Jura stolae ex sponsalibus et proclamationibus O0; co-
pulatione 18 batz., dimissoriis '/, fl., baptismo 0, introductione 9, provisione
aegrorum, administratione aliorum sacramentorum O0; conductu funeris majoris
et 8 sacris 1 rchtlr., funeris minoris 0; conciones funebres non fiunt nec petun-
tur, sacro votivo non legitur pro pecunia.
Ludimagister, aedituus et director horologii Joannes Martinus M i-
nius, constituitur a marchione, satisfacit officio; pro competentia habet ex
Reichenbach 4 mald., minus 1 simri, hordei 10 simmern 2 vierl, avenae 2 mald.
7 simmern, pecunia 1 fl. 17!/, batz., a marchione Badensi siliginis 4 mald.,
pecunia 1 fl. 51 Crtzr., ratione compulsationis ein Layb Brodt, ex instructione
per quartam anni partem 3 schilling, copulatione refectionem vel 20 Crtzr.;
funere majori vel minori ein Layb Brod.
Domum aeditui curat et conservat communitas. Est ea modo conversa
in domum subulci, ex eo, quod ludimagister proprias construxerit.
Pueri de hyeme tantum mittuntur ad scholas iique pauci. Abusus et
superstitio nulla. Confraternitas nulla. Pro choreis licentiam facit parochus
et praetor. Diebus festis non laboratur. Sacra frequentantur, non item cate-
chesis. Scandalum publicum nullum. Comitatus nullus ad aegros. Obstetrix jurata.
Fundatio pauperum annua 5 fl.; supplent defectum consules ex communi-
tate. Inventarium renovatum ante annos 8. WVisitatio ab hominum memoria
nulla. Parvos, qui necdum communicarunt, illi ipsi sepeliunt absque pastore.
Communio paschalis accurate exigitur schedis. Sub divinis excessus nullus.
Monita. Ante omnia videndum ut cujus sumptibus reparetur collapsus
murus coemeterii nec hinc vel ipsa ecclesia detrimentum vel periculum patiatur.
Catechesis etiam ab adulterioribus ! frequentanda, sub qua equisones ?
suos in stabulis detinebun# equos, dum illa fuerit absoluta.
1 Die reifere Jugend.
2 Die Pferbebirten.
85
Venerabile ad aegrum comitabuntur, quotquot vacabit. Pueri baptizati
per pastorem more et ritu catholico sepeliendi.
Communicantes 162.
Ettlingenweier. Visitatio von 1701 (p. 216). Parochi munere fun-
guntur P. P. societatis Jesu ex collegio Etlingano. Ex censibus ecclesise
solvuntur 15 fl., ex cellaria Etlingana 10 fl., siliginis 5 mald., speltae 6 mald.,
vini 1'/, plaustr.
His accedunt duae partes minorum decimarum. Numerantur familiae
107, omnes catholicae Filialem ecclesiam unicam habet in Oberweier.
Annexos praeterea pagos habet Sulzbach et Brughausen, vicum Schlut-
tenbach et villam Remmelsbach.
Patronus ecclesiae est S. Dionysius. Collator est serenissimus marchio
Badensis, ab eodemque collegium societatis Jesu Etlingae.
Idem serenissimus deeimator est, et cum eodem dux Wirttembergicus ra-
tione monasterii Reichenbach et Albae Dominorum.
Extant duo altaria, probabiliter non consecrata, 1. patronum habet S.
Dionysium, 2. B. V. Mariam. Chorum templi reparat serenissimus marchio.
Navim templi reparat dux Wirttembergicus, ratione monasterii Reichenbach.
Turris templi reparatur ex reditibus ecclesiae. Coemeterii murus reparatur a
Sancto, marchione Badensi, duce Wirttembergico.
Aedes parochiales curantur ex reditibus ecclesiae. Exstat hospitium pro
pauperibus advenis, quod conservat communitas.
Ludimagister, qui simul est aedituus, habet ex decimis 15 mald., simul
numerando avenam, hordeum, siliginem, speltam et praeterea 3 fl.
Gravamina. 1. Non aedificantur aedes parochiales ex defectu medio-
rum. 2. Templum minatur ruinam. 3. Magistratus politicus contrahit cum
ludimagistro, eidemque pendit tantum 15 mald. frumentorum, cum deberet
solvere 30 mald.
19. Eitlingen.
I.
Badiſche Topographen nehmen mohl mit vielem Grunde an, daß
der befannte dem Neptun gemeihte Stein, welcher nach vielen merf-
mürdigen Schidjalen endlih am Thore beim Ettlinger Rathhauſe
jeine bleibende Stätte gefunden, auf eine zur Zeit der Herrichaft der
Römer am Oberrheine in diefem Orte beftandene Schiffergejellichaft hin—
meije, auf ein contubernium nautarum, eine Camerad- oder Bruder:
ſchaft, an melde fi) wohl eine kleine Anfiedlung von Galliern an
geichlojjen haben möge.
Solche Votivtafeln von Flößern und Schiffern erjcheinen häufig
was leicht erflärlich ift, indem die Beihäftigung dieſer Leute und beren
Leben vielfachen Gefahren und Mühjalen ausgejegt war und es ihnen
86
Im
daher mwohlgethan jhien, die Götter und Beherricher des Meereö und der
Flüſſe ihnen geneigt gejtimmt zu haben !.
Auch die Umgegend von Ettlingen, ſowohl gegen Wolfahrt3-
weier, als gegen Durlah und Langenjteinbad Hin, weiſen deutliche
Spuren römifcher Vorzeit auf, welche diefen Ort al einen Landeplatz,
wie er ein jolcher noch zu Zeiten Kaifer Otto de3 Großen war, leicht
erflärlih machen und fomit der Eriftenz einer Schifferihaft ſchon in
römiſcher Zeit hohe Wahricheinlichkeit verleihen.
Betrachten wir dag Ettlingen umgebende Terrain gegen die Rhein:
ebene hin, jo treffen an der durch die Alb gegebenen Sceide der oberen
und unteren Hard drei Gaue zujammen, nämlich der Albgau mit dem
Hauptorte Atiniacum (Ediningen, Eteningen, Ettiningen), der Pfinz—
gau, deſſen Hauptort Duriacum, Duriad) oder Durlad) war, und der
Os gau mit dem Hauptorte Borhheim am Rhein.
Bei Ettlingen am Gebirge Hin floß offenbar einjt ein Rhein—
arm, von welchem die Alb aufgenommen ward. Von joldhen Gewäjjern
weiſt ein alter Handriß aus dem Jahre 1580 deutlihe Spuren auf.
Der früher fhon erwähnte Umjtand, daß Orte, wie Sllingen, Dar:
land und Neuburgmweier zu linksrheiniſchen Pfarreien und Diöcejen
früher gehört haben, läßt die Ueberzeugung auffommen, daß der Thal:
weg des Rheines gegen heute eine ganz verjchiedene Gejtalt darbot. Der
Zuftand der Wälder im Thale und im Gebirge ijt bier wohl eher mit
jenem in den Urmäldern des nördlichen Amerifa’3 zu vergleihen, und
jo wird auch daß Thalbette die mannigfachen Ninnjale, Altwajjer,
Seen und Waldinjeln geboten haben, wie wir heute noch dort urzuſtänd—
lihe Flußbette jehen.
Die Spuren diejer Urzujtändlichkeit waren indefjen im 16. und
folgenden Jahrhundert noch nicht verwilcht, denn Akten und Plane aus
diejer Zeit ſprechen noch von einem Sceibenharder See, einem Ettlinger,
Rüppurer und Gott3auer See und findet ſich diefe Erjcheinung von
Geeen, Altwafjern u. j. w. durd das ganze Rheinthal hinab.
Würde fi Jemand die Mühe nehmen, an der Hand alter Güter:
beichriebe, Plane und Akten über Flußbau, Teichbau und dergleichen die
betreffenden Nadrichten zu jammeln, jo wäre er wohl im Stande, von
Sabrhundert zu Sahrhundert eine Topographie de Rheinthales mit
jeinen Wechſeln und Veränderungen zu liefern.
Hierbei wäre die alte kirchliche Eintkeilung ber Decanate jehr zu
berücfichtigen; denn dieſe hat fich nach der alten Geographie der Gaue
ı Dberrh. Zeitfchrift 15, 2. Schneider, Beihreibung von Ettlingen.
1818, ©. 25. Römiſche Antiquitäten. Geſch. des Votivſteins S. 33. Kolb 1, 73.
87
gebildet und unverkennbar jind da die Mutterkirchen errichtet worben,
wo die Hauptorte der Gaue ftunden !.
Die urjprüngliche Anjiedlung von Ettlingen fand wohl am Tinten
Albufer statt, alſo an der Südſeite desielben, in dejjen Rücken der
Hellberg liegt, und wo jich nördlich oder norbmweitlich dev Nüppurer
See audgebreitet haben mag. Erſt durch die Erweiterung der Anſied—
lung auf dem rechten Ufer entjtund neben der alten eine neue. Den
Grundplan der Altjtabt bildete ein Viereck. Sie war durch eine Ring—
mauer mit einfahem Graben gejhüßt ?.
Ettlingen, nur zwei Meilen von der Grenze zwiſchen Alemannien
und Franken gelegen, bejaß wohl ſchon, ala e3 den Abt von Weißenburg
zum Batronatsherren erhielt, einen Markt, welcher jeinen be:
itimmten Freiheits- und Friedensbezirt hatte, und den Kaijer Otto I
dem Stifte mit all’ feinen Befitungen zu Ettlingen feierlich) bejtätigte °.
In der früheſten Zeit jchon iſt hiernach unverkennbar ein Stapel:
pla& zum Umtaufhe von Waaren gemejen. Auch führte die Zoll:
trage von Raſtetten gegen Ettlingen hin, wo eben ein immunes
Gebiet für den Umschlag beſtund, ähnlich wie an anderen Grenzpläßen,
Geſchichte des rheiniichen Franziens (bis zum Jahre 843) v. And. Yamenv.
Mannheim 1778, ©. 82.
? Dberrb. Zeitſchr. 20, 391; 16, 492.
? Zeuss, Traditiones possessionesgque Wizenburgenses p. 301. Ad
Etiningen domus cum curte dom. de terra jurn. OXLIII, vinea ad carr. VII,
prat. ad carr. L., basilica I cum decima. Est quoque quidam procinctus
magni Öttonis imp. precepto propriis terminis sub firmissime immunitatis jure
designatus, in quo mercatum cum pace agatur et quiete, ita tamen, ut si
aliquis protervitate sua, quod absit, illam infringat, bannum regis abbati
Wizenburgenei, ejus misso persolvat; et theloneum vel quicquid in mercati
proeinetu commissum fuerit, non dux, non comes, non aliquis subripiat, sed
in abbatis jure et usu fratrumque suorum permaneat. Hic sunt termini pro-
einctus mercati, de quo praetextavimus: Holender huoft, dehince Huoten-
dal, deinde Rintfurt, postea ad Staphele. Sunt etiam molendina III,
mansi serviles XV; ex illis sunt vestiti III, de singulis persolvitur de cer-
visia situli XX, pulli III, ova XV, camisile I, long. cub. X, latit. IV, ceteri
absi. (Mansi absi jind ſolche Manjen, die nicht beſetzt find, deren Knechte 3. B.
entfloben find), Lamey, a. a. O. S. 233—36. Ueber die Grenzen Alemanniens
und Frankens, j. Kremers Geld. des rheinifch. Franziens von U. Lamey.
Mannheim 1778, ©. 20 u. 29 ff. S. 81 und 89. Ueber die den Markgrafen
verliehenen Zölle, als Reihslchen, ſ. „Geſchichtliche Entwidelung des Staatsrechts
des GroßherzogthHums Baden” von E. %. Joſ. Pfiiter, Thl. I. Mannheim 1847,
Abſch. III, S 16 (©. 185); Inhalt der Lebensurfunden von 1382 und
1401. Ettlingen die Stadt, Zölle und Geleit zu Waffer und zu Land;
Schoepflin, Hist. Zaring. Bad. V, 466. 618, VI, 1; Sads, II, 162. 136,
220; 3. 3. Mojer, bad. Staatereht. Frankfurt 1772, ©. 341 fi.
88
deren Marktbeſtimmungen fich öfters ald die Anfänge von Stadtrechten
und Gommunalfreiheiten zeigen. Solde Rechte hat Kaifer Dtto I viel:
fah in geijtiihe Hand gelegt !.
Die Abtei Weikenburg Hatte Beligungen zu Ettlingen und
Verbindungen mit demjelben, indem die Weikenburger zollfrei durch
den Drt gefahren find. Die Berbindung führte höchſt wahrſcheinlich
über die mweißenburgiihen Orte Hagenbah und Darlanden, von
deſſen Fähre im Güterbejchriebe des Stifts die Rede ift ?.
Gerade diejer Berfehr, der durd den damals breiten Nhein
mit feinen Altwäjjern vermittelt wurde, läßt die Exiſtenz einer aus
römiſcher Zeit herſtammenden Schifferjhaft in Ettlingen um fo glaub:
hafter erjcheinen. Won hier wird der Meg von Alters ber über Wol—
fahrtöweier und Durlach ind Pfinzthal geführt haben, denn überall dort
finden ſich Spuren aus römischer Zeit ?.
Das jtift = weißenburgijche Eigentum zu Ettlingen, welcher Ort
in einer Urkunde des Stift? aus dem Jahre 788 als Ediningon erft:
mals erwähnt wird, bejtund in einem Herrenhaufe mit anhängendem
Hofe, wozu 143 Jaucherte an Feldern, 50 Fahrten an Wiejenland und
7 Fahrten an Reben gehörten; ferner die Kirche mit dem Zehnten,
drei Mühlen, 15 Knehtshuben, von denen die drei verliehenen jährlich
20 Seidel Bier, 3 Hühner, 15 Eier und ein Stück Tud als Zins zu
entrichten Hatten *.
Das Thal der Alb, an deſſen Ausgange Ettlingen liegt, heißt
aud das Watt oder dad WattsThal, in dem erwähnten Aufjchriebe über
die Verleihung Dtto’8 des Großen heißt es Huotendal°.
1E. Dümmler, Kaijer Otto der Große. Leipzig 1876, ©. 533, Anmkg. 3;
Zeitihrift für Staatswijjenjhaft, Jahrgang XXIII, ©. 660; die Älteren deutſchen
GStadtrehte von KL. Neuburg. Vierordt, bad. Geih., ©. 205 fi. Die Freiheiten
und Rechte der Stabt Ettlingen wurben 1516 confirmirt und bejtätigt. Jahrmarkt,
Montag nad Laurentii. Alle Mittwoch ift Markt. 1579.
? Zeuss, trad. pag. 309. Siehe Abſchnitt: Pfarrei Darlanden.
»Schneider, a. a. O.
* Zeuss, trad. pag. 44. XLII Carta Amalberti v. J. 788. „Similiter in
Ediningen dono hobam, quae fuit Uuolfen, totam et integram.“
Über die Hübner (Oberrh. Zeitfcpr. 14, 130). Ueber bie Bierbrauerei
am Oberrhein. Die Hübner hatten Bier in den Herrenhof zu liefern. In Ettlingen
gaben jede ber 19 Huben 14 Seibel — sicla, aud sigla — Bier. Als Stabtmaf
bieß es sicla civitatis, wovon 33 ein Burger: und Stadtfuder (carrata civitatis)
und 30 ein Landfuder machen, welhem wahrſcheinlich ein Kloftermaß gegenüberftand.
Am Elfaß waren 24 Ohm ein Fuder und 2 Seidel ein Ohm. Demnach hatte das
Fuder 48 Seidel. 8 Sertarien waren ein Seibel und ein Sertarius ungeführ 6 Maas.
5 Nach bem Census annuus collegii in Ettlingen von 1468 und 1495
89
Es gab ſchon in jehr früher Zeit 3 Mühlen im „Matt“ oder
Wattmühlen. Die der Stadt nähere heißt bie untere; die entferntere
die obere und liegt bieje in ber Nähe von Etenroth (Etenrod), dann
die alte Kalbsmühle, welche fpäter auch Kunzmannsmühle und fpäter
Kohmühle genannt wurde, Benennungen, die unverkennbar mit ben
Namen der jeweiligen Erblehenmüller in Verbindung ftunden.
Eine Merkwürdigkeit Ettlingen? ijt die alte Papiermühle, melde
ihon 1482 an den Papiermüller Milhelm von Paris verpachtet war.
Die Ettlinger Papiermühle ift eine ber älteften Deutihlands, denn bie
erjte iſt kaum Hundert Jahre vorher, nämlich 1390 gebaut worden !.
Auch iſt die Ettlinger Wollenmeberei alt und wurde dort mohl
die Molle aus den Schäfereien von Muchensſturn (Mucenfturm), Mo:
risfe (Mörih), Malsce (Mali), als auch jene au Stuttpferrich ver:
arbeitet. Es geht aus vielen Urkunden der Farolingijhen und eriten
Kaiferzeit hervor, daß die Mollen- und Leinemweberei auf allen Land—
gütern ber Geiftlichfeit und des Adels verbreitet war, und daß bie
Gutsherren einen Theil ihres Bedarfed an Tuch und Leinewand als
Naturalabgabe von ihren LXeibeigenen bezogen.
Manche behielten dieß auch in der zweiten Periode der Firdhlichen
Okonomie noch bei, als ſchon die Stadtweberei gewerbsmäßig bes
gonnen hatte, indem fie ihren Kleiderbedarf wohl am leichteſten und
billigiten von ihren Höfen bezogen, welchen Grundſatz der Okonomie fie
auch in ihren Urkunden angaben.
Wie wir ſahen, bezog das Stift Weißenburg Leinentuch zu
Kleidern; aud in Frauen und Herrenalber Urkunden treffen wir Be—
fimmungen, daß da3 auf ihren Höfen gefertigte Tuch der Gegenjtand
einer Abgabe an das Kloſter war. Wo die Klofterleute und ihre
Brüder die Höfe und Dfonomie, die zum Klofter gehörte, felber be-
find bafelbft immer noch Leute, welde aus niederrbeinifchen Gegenden oder aus
Franken ftammen, 3. B. Scholastica de Frankfurt. Möglich, daß fie unter früheren
Kaifern bortbin famen.
1 Oberrheinifhe Zeitfhrift 1, 313. — Die zehnjährige Verpachtung
der Papiermühle zu Ettlingen an den Papiermader Wilhelm von Paris 1482,
Er zablte für's erfte Jahr 10 fl., für bie folgenden 20 fl. Er hatte Feine Beete
(Steuer) und feine Abgabe von ben in ben marfgräflihen Landen verkauften
Habdern zu zahlen. Das Mafferzeihen ftellte das badiihe Wappen bar. Ausgangs:
zoll wurde aber von dem von ihm fabrizirten Papier erhoben. 1495 wurbe bie
Papiermüble an Claus Gallicier verpadtet. Verord. v. 25. Juni 1585. Oberrh.
Zeitſcht. 24, 413. Die Mühlen Die Wall» und Delmühle in ber Ettlinger
Vorftadt 1583. Die Kirhmühle 1523, 1534. Die Mühlen bei Fürftenzell, Oberrb.
Zeitfhr. 2, 363. Sachs, 3, 260. Die Kalbsmühle an der Alle in dem Watt.
Oberrb. Zeitichr. 6, 341.
90
trieben, waren jie aud Weber, wie öfters Steinmeßen und Werkleute,
So namentlich bei den älteren Benediktinern !.
Durd die Theilung der gejchlojjenen Güter in Eleine Bauernlehen,
welche zu Ende des 15. Jahrhunderts begann und während des folgenden
mit der Bevölkerung jtetig zunahm, mußten die Schafzucht und ber
Hanfbau beihränft werden, melde aber mit der Weberei auf größeren
Gütern fortbeitanden. So hatte Herrenalb jeine bedeutende Schafzucht
ſchon um die Mitte des 16. Jahrhundert? eingeſchränkt, denn in Ett-
lingen war die Walk: und Delmühle vereinigt, was faum eine be—
deutende Weberei vorausſetzen läßt.
Durch den 30jährigen Krieg wurde die Schafzucht am Ober:
theine vernichtet; denn da diefe Viehzucht mehr wie jede andere jhußlos
im Freien jtattfinden muß, jo artete das jo verderbliche Debandirjyitem
in eine vücjichtsloje Näuberei aus, unter welder die Schafzudt zu
Grunde ging. Damit war die Wollenmweberei auf dem Lande mie
aud in den Kleinen Städten vernichtet, weil der Bezug der Wolle den
MWebern, und der Anfauf der Schafe dem Bauer da zu theuer zu
jtehen kam 2.
Ferner jtunden während des Mittelalterd zu Ettlingen eine Burg,
welche in einer Urkunde von 1446 erwähnt ijt, ein Siehen= oder
Gutleuthaus, welches außerhalb der Stadt an der Straße nad
Durlach) gelegen war, eine Babdjtube, eine große Schafſcheuer und ein
Hojpital?.
ı Oberrb. Zeitihr. 9, 147. Wollenweberordbnung in der Markgrafichait
Baden v. 1486. „Als die von den wüllin webern von Pforkheym und Ettlingen.“
Ild. v. Arr, Geſch. von St. Gallen 1, 61 über den Gewerbebetrieb bei den alten
Benebictinern. Was den Betrieb in Ettlingen betrifft, jo hat ber Census annuus
Collegii in Ettlingen v. 1468 einige Auffchriebe, aus welchen bervorgebt, daß bort
Meberei und Quchjchererei beftund. Behtolb Scherer, Glaus Tuchſcherers
Wittwe, die Wollentammerin git 13 Pf. von ihrem Hus an Jekel Schinder.
Peter Beder 2 B git von feinem Garten in ber unberftatt geg'n der Schaffſchür
über; Steinlin der Weber. Nah Abgang ber Weberei im 17. Jahrhundert find
die Seiler und Hafner bie ſtärkſten Zünfte.
2 Dberrb. Zeitſchr. 9, 130.
3 Der erwähnte Genfus erwähnt noch eines Diopold Meſſerſchmieds,
welcher ein Haus an ber Burg befaß. Renovirt wurbe dieſe Burg zwiſchen 1560
und 1580, unter dem Markgrafen Philibert, durch einen Meifter von Gpeier.
Ihre Äußere Form ift noch auf dem von Fr. Gutſch in Karlsruhe als Beilage zu
den Karlsruber Nachrichten im September 1877 herausgegebenen Gituationsplane "
erfennbar. Sie wurde 1689 durch die Franzoſen eingeäſchert und unter ber Marf:
gräfin Sibylla Augusta wieder aufgebaut.
91
Ueber die landesherrliden Berhältnijje von Ettlingen und
bejien Umgegend ijt Folgendes zu erwähnen:
Bevor dieſe Stadt, wie Durlad, an das badiſche Haug gediehen,
gehörte fie zum ehemaligen Ditfranfen, welches Kaijer Friderich II
um 1230 in Bejit hatte. Dieje beiden Städte famen nachmals durch
Zaujh an das badiihe Haus; es erbte nämlid Markgraf Hermanns
des V Gemahlin nad dem Tode ihres Vaters, Heinrich des Schönen,
Herzogs von Sadjen und Pfalzgrafen bei Rhein, mit ihrer Schweiter
die braunſchweigiſchen Eigenthumsgüter desijelben und beide
überliegen dieſe entlegenen Bejigungen dem Kaijer, der nun für den
Antheil der Markgräfin im Jahre 1227 dem Markgrafen Hermann
die Stadt Ettlingen zu Lehen übergab, auch darüber 1234 eine ur:
kundliche Beſtätigung ertheilte. Seit diefer Zeit iſt Ettlingen mit feiner
Umgegend im Beſitze de3 badiihen Hauſes verblieben '.
Nachdem wir dem Lejer ein flüchtiges Bild von diejer alten Colonie
gegeben, gehen wir nunmehr zur Geſchichte der Pfarrei Ettlingen
jelbjt über, welche ſich am überſichtlichſten in drei Perioden abjcheiden
läßt, nämlich in die ältefte Zeit bis zur Errichtung der Stiftskirche im
Jahre 1459, von da biß zur Errichtung des Collegium Societatis
Jesu tertiae probationjs im Jahre 1662 und von da bis zur Auf—
bebung dieſes Collegiums im Jahre 1771. Der Zeit von damals bis
zur Gegenwart aber werben wir nur wenige Worte widmen.
II.
Es Hat einige Wahrjcheinlichkeit für jih, dap Ettlingen jhon
zur Zeit der Karolinger, vielleiht jhon in den Tagen Dagoberts
eine hriftlihe Kirche bejaß, welche dem fränkischen Nationalpatron, dem
hl. Martin, geweiht war. Diejelbe mag an dem alten Stapelplate
bei dem großen Kirchſprengel ber alten Ettlinger Pfarrei von größerem
Umfange gemejen fein; denn in ber älteften Zeit waren dorthin außer
Rüppur (Rietbure) und Wolfahrtämweier (Wolfharteswilare) auch die
jämmtlihen Drte de3 ganzen Albthales eingepfarrt. Die Größe der
alten Kirden an Hauptorten war nöthig, weil die Landleute an den
Feſt- und Sonntagen dorthin zum Gottesdienfte famen ?,
In der bereit früher erwähnten Stelle de3 Codex Wizzenbur-
ı Krieg von Hochfelden, bie Grafen von Eberjtein S. 12 und 605. Pfiiter,
bad. Staatsredht.
2 Dberrb. Zeitſchrift 3, 10, Mone, fat. und griehifche Mejien, ©. 9.
36. 101,
92
gensis (einem Aufjchriebe aus dem Schluſſe des 13. Jahrhunderts) ijt
der Baſilika erwähnt, welche mit dem Zehnten und dem Kirchenjage
der Abtei Weißenburg gehörte . In fpäteren Urfunden wird die Kirche
auch das Haus und der Patron besfelben der Haudherr genannt. „Die
Pfarrkirche zu Ettlingen“, lefen wir in den Beiträgen zur Kunſtgeſchichte
von Mone?, „trägt noch die Spuren hohen Alter an fih. Ein ganz
ähnlicher Thurm, mie der in Oberadern und Ottersweier am Ende
des Chores jtehende Befeltigungsthurm, ift in Ettlingen bajelbit, der
in feinen Eden dünne Säulen mit Liliencapitälen bat und bei Er:
weiterung der Kirche in die Mitte zwiſchen Chor und Langhaus kam,
was darin jeinen Grund hatte, daß die Pfarrfirde eine Stiftskirche
wurde und der Thurm den Chor der Stiftäherren von dem Langhauje
der Gemeinde, gleihjam wie ein Xettner, trennen follte.“
In einer biſchöflich jpeierifchen Urkunde von 1213 ericheint als
Zeuge ein Cunradus decanus in Etiningen. Es war aljo Ettlingen
in jener Zeit jhon, vor den Aufichrieben des Weißenburgiihen Abtes
Edelin der Sitz eined Decanat3 und wird es auch als Mittelpunft
der civitas bed Albgaues von jeher gemejen jein ®,
Gegen Mitte des 13. Jahrhunderts werben die Urkunden über
Ettlingen häufiger. Eine jehr wichtige für die Geſchichte der dafigen
Pfarrei ift jene, wornah Biihof und Domcapitel zu Speier im Jahre
1246 die Schenkung der Markgrafen Hermann und Rudolf von
Baden an ihre Mutter Xrmengard beurfunden. Die beiden Brüder
übergeben das Patronatöreht zu Ettlingen und Baden, den Zehnten
zu Affezheim, die Dörfer Winden und Beuren mit aller Zugehör, zwei
Höfe in Oos und einen in Eberftein, 12 Pfund von ihren Zinjen bei
Selz, zur Verwendung für das von ihrer Mutter in der Nähe von
Baden zu ihrem Seelenheile geftiftete Klofter Lichtenthal“. Das
leßtere erhielt diefe Gaben zwei Jahre fpäter zum ewigen Eigenthume
und Papſt Innocenz IV gab im Jahre 1250 dem Abte von Schwarzach
den Auftrag, dem neuen Kloſter die Pfarrkirche zu Ettlingen einzuver:
leiben, vorbehaltlich der Congrua aus den Einkünften derjelben für den
jtändigen Pfarrverweſer, wenn die Zuſtimmung des Diöceſanbiſchofs
von Speier erfolgt und die Pfarrei erledigt ſein werde. Dieſer Auf—
ı Abjchnitt I, Anmerkung 3, €. 87.
2 Dberrhb. Zeitſchr. 8, 432.
3 Ebenba 13, 324. In der Urkunde: Der Pfarrer Dimo von Zeutbern
fteht von feinen Anfprücden auf das Zehntrecht der 5 Huben ab. 1213 0. T. Als
Zeuge: Cunradus Decanus de Eteningen, de rure, d. 5. von den Lanbdcapiteln.
Ebenda 6, 446. 450. 452. Sads 2, 45.
93
trag wurde ertheilt auf bie Bitte des Schwiegerjohnes der Stifterin,
des Grafen von Württemberg '.
Auch Papſt Alerander IV gemährte dem Klojter Kichtenthal die:
jelbe Begünftigung, wie aus deſſen Bulle vom 5. Juli 1256 erſichtlich ijt 2,
Wir fügen bier den Anhalt zweier für die Pfarreigejhichte von
Ettlingen ebenjo wichtigen Urkunden bei.
Die eine ift aus dem Sahre 1265 und betrifft den Streit des
Decand Rudolf zu Ettlingen mit der Gemeinde bajelbit; die andere
aber vom Jahre 1358 erledigt einen Streit der Pfarrei mit dem Kloſter
Lichtenthal megen Baupfliht und Anderem. Sie berührt insbeſondere
bie ökonomiſche Seite des Pfarrhofes, welcher jo recht der Kern ber
bäuerlihen Anfiedlung des alten Ettlingen war.
In der erjterwähnten Urkunde bejtätigt Propit Gerhard von
S. German in Speier die Einigung zwilchen dem Decan Rudolf in
Ettlingen und der Gemeinde bajelbjt wegen de Heuzehntend. Zu
diefem Zehnten hatten au die Gemeinden Spejjart, Burbad und
Dber:NRüppur Beiträge zu leiften. Man hatte fi nun dahin ver:
einigt, daß die Stadtgemeinde dem Decane einen Theil ihrer Almende
im Bruchgelände gegen Ettlingenweiler hin (almendae particulum in
palude versus Wilre) für dieje Zehntpflicht abtrat ?,
Die zweite Urkunde läßt den Pfarrhof als Fron- und Dinghof
ericheinen.. Er hatte jein eigenes Necht, jeine Drdnung, auf ihm ruhte
die Lajt des MWucherviehes und dergleichen.
„Söllich Mifjehellung”, jagt die Urkunde, „die wir hettend von ber
Kyrchen wegen zu dedenne und der Farren und Eber wegen, aljo,
daß wir (die Gemeinde) den Kyrchthurm ob dem Chore jullen bezimmern
und die Frauen (das Klojter) ihn jullen latten und decken, wenne e3
nöthig und wir es an jie fordern. Und weiter jullent jie nügit mehr
an der Kirche bauen in Feiner Weije.“
Ferner hatte das Klojter den Ettlingern alle Jahr zwei gute
Barren zu jtellen, wenn fie es verlangen, und dieje jollen die Ettlinger
„beköſtigen“ und „us und intun“, wie ſolche e8 bedürfen. Wenn jie
die Farren aber nicht mehr brauchen, jo follen fie diejelben wieder in
den Klojterhof zurücliefern. Das Klojter foll ihnen auch einen Eber
geben, wie es bisher gewöhnlich geweſen.
Weiter erhoben die Ettlinger feinen Anſpruch; wenn das Kloſter
aber diejen Vergleich nicht halten würde, jo haben die Ettlinger dann das
ı Ebenba 7, 19.
2Oberrh. Zeitſchr. 7, 196,
3 Oberrb. Zeitſchr. 7, 201.
94
Net, die Bauten an der Kirche auf deffen Koften und Schaden machen
zu laſſen. Und wenn e3 nicht bezahlen oder die Bezahlung durd Ein-
veben hinausziehen wollte, jo jtehe e8 dann den Ettlingern zu, auf des
Kloiterd Güter zu greifen und bei geiftlihen und weltlichen Gerichten
Klage zu führen‘.
Die Ettlinger Pfarrkirche wurde im Laufe bes 13., 14. und 15.
Sahrhundert3 vielfach dotirt, wohl in der Abficht, hierdurch dem an-
gejehenen und mit dem marfgräflichen Haufe jo eng verbundenen Klojter
Licht enthal nüglich zu fein.
Das Letstere erhielt 1277 von Markgraf Rudolf I den halben
Zehnten zu Ettlingen. In den Jahren 1305 und 1336 aber wurden
Priejterpfründen daſelbſt gejtiftet, mie ebenjo in den Kahren 1345, 1346,
1396, 1405, 1426, 1427 und 1454, mwodurd viel Einfommen an die
Piarrei gedieh und die jpätere Erhebung derjelben zur Stiftskirche
weſentlich erleichtert wurde ?,
II.
Vielfach Hatte fih im Mittelalter das Bebürfnig gezeigt, in
manchen Landjtädten, die nur eine Pfarrkirche Hatten, daraus eine
Stiftsfirde zu machen. Wenn nämlid die Einwohnerzahl zunahm
und der Geeljorge wegen eine zweite Pfarrei nöthig wurde, jo waren
die Mittel dazu nicht jo leicht aufzubringen, al3 wenn das Perſonal
an der vorhandenen Pfarrfirche vermehrt und daraus eine Collegiat:
firche gemadt wurde. Man brauchte dafür nur einige neue Pfründen
zu jtiften und hatte nicht die Baulaft einer zweiten Kirche ?.
"Die Ettlinger Gollegiatfirhe, melde Markgraf Karl von Baden
! Dberrb. Zeitſchr. 3, 213.
? Repert. Bad. Fundatio praebende sacerdotalis seu primae missae in
altari Sanctorum Johannis Baptistae et Johannis Evangelistäe in ecclesia pa-
rochiali Eteningen 1336. Lib. fund. pag. 112. Etlingen: Fundatio ca-
planiae sancti Petri apostoli 1353. Lib. fund. p. 104. Caplania altaris omnium
sanctorum in ossuario eimiterii 1427. Stifter Incola Flötzer. Ettlingen:
Caplania sanctorum Leonhardi, Erhardi et Antonii in ossuario 1345. Ru-
dolfus, perpetuus vicarius ecelesiae parochialis oppidi Ettlingen, ad altare in
coemeterio ecclesiae paroch. (jährl. 12 Pf. Häller) 1396. Lib. fund. 88—9
Confirmatio ber von bem Propfte zu St. German in Speier über ben von Pfarr:
verwejer Rudolf ad altare in cimiterio ejusdem ecclesise geftifteten jährlichen
Pfründe von 12 Pf. Hällern 1405. Siebe Lib. fundationum (bad.:bad. Gopb.
Nro. 104) Fol. 102—4. 112. 89 und bad.:bab. Nepert. Eopb. 104 Fol. 110—111.
Urkunde v. 1427. VBeftätigung der von Flötzern gejtifteten Pfründe 1. ſ. w.
Zahlreiche Präfentationen in den Archivalakten von 1496 an.
3 DOberrb. Zeitſchr. 23, Organifation der Stiftsfirchen.
95
im Sabre 1459 jtiftete, erhielt ihre bejondern Statuten, die im Jahre
1461 aufgejtellt wurden, und die ber öfter8 erwähnte Liber fundatio-
num enthält '.
Das Mejentliche derjelben ift Folgendes: Die Bejekung bes
Stiftes joll mit 24 Perjonen priejterliden Standes jtattfinden, nämlich
einem Decan und elf Ganonicis, und die übrigen zwölf Perſonen jollen
VBicarien jein. Sie haben die „fieben Gezeyt” ? in der Stiftäkirche ordent-
ih zu fingen und zu lefen. Der Decan de3 Stift erhält die Gefälle
und Nußungen des biöherigen Pfarrers, hat aber dafür auch die Seel-
jorge zu verjehen. Sämmtlihe Einkünfte zur Zeit der Erridtung des
Stiftes, mit Einfluß der eingeworfenen Sahrzeiten und der Präjenz
der acht Pfründen, beliefen ji auf 237 Pfunde und ein Symerin Korns
(zu einem Schilling gerechnet).
Es gebührten von 15 Perjonen einer jeglichen 10 Pfennige täg:
ih, aljo einer Perſon jährlich 15 Pid., was eine Summe von 225
Pd. ausmadte. ES blieben übrig 12 Pid. 14 Pig. für den Schul:
meifter und Chorſchulz (Singlehrer). Von St. Martin, dem „Hug:
herren“ zu Ettlingen erhielt dad Stift 40 Pfd. Penn. an Gülten.
Die Summe aller Jahrzeiten, welche zu Bidesheim aus der
Kapelle fiel, wurde gerechnet nach der Anzahl der vier Pfründen, welche
dem Stift incorporirt worden. Bon diefen Pfründen waren drei
in Ettlingen mit drei Vicarien, und zwar eine zum hl. Kreuzaltar,
eine zum Unjerer lieben rauen Altar und eine zum Katharinenaltar.
Eine Pfründe murde verwendet, um einen beitändigen Vicar in ber
Bickesheimer Kapelle zu halten.
„stem, ein Dechan ſoll Halten einen Mietling ?, den verjorgen
ı Remling, Urfundenbuch zur Geſchichte der Bifchöfe zu Speier, 2, 293,
PBapft Pius II erhebt die Pfarrfirhe zu Ettlingen nad dem Wunſche bes Mark—
arafen Karl von Baden zu einer Stiftsfirhe. Mantua 1459, Nov. 29. In deuticher
Ueberſetzung Copb. 104 (lib. fund.) Fol. 40-50. Die Gaplaneien zu Bide*
beim und Wolfahrtsweier werden in das neue Stift zu Ettlingen gezogen.
Liber contractuum sub Joanne episcopo 1459 usque 1462, Fol. 51. Au
gleicher Zeit wurde auch die Pfarrfirhe zu Pforzheim zu einer Stiftsfirdhe erhoben.
Remling a. a DO, ©. 29. Statuten der Pforzheimer Stiftsfirhe. Copb.
Nro. 104, ©. 41b u. f. w. Außerbem befanden fi noh in Baden und Lahr
Stiftsfirchen.
? Die „fieben Gezeyt“ find die Horen bes Breviers.
3 „Mietling“ ift der vom Pfarrherren um Lohn auf Zeit gedungene „Pfarr:
belfer* zum Pfarrgeichäftee Wird wohl dasſelbe fein, was im Wormfer Synodale
von 1496 (herausgegeben von dv. Weed. Karlsruhe, Braun 1875) mercenarius
genannt wird, ein Priefter, der die Pfründe nicht felbit hat, fondern die betreffenden
Kirchendienſte gegen eine beſtimmte Vergütung verrichtet.
96
mit Koft und mit Xohne, und menn er ber Pfarr halb befümmert ift,
al3 mit Reihung des bl. Eacramentd, es jey auswärts oder in ber
Stabt, jo joll man ihn halten pro praesente, Decan und Mietling
haben das getreulich zu halten.”
Der Nicolaus: Altar vor dem Chore war ber Pfarraltar. „Den
jelben jollen der Dechant und fein Mietling befingen und belejen,
und alle Tage foll eine Pfarrmefje beichehen. Was da auf den Altar
fället von Meßpfrümern * und Opfern, das gehörete dem Dedan
allein. Die Pfarrmefje iſt zu lejen zwiſchen der Metten und dem
Fronamt.“?
„An allen hochzeitlichen Tagen — Weihnachten, Oſtern, Pfingſten,
den Frauentagen und kirchlichen Feiertagen, ſoll der Dechan das Of—
fizuum halten und die Fronmeſſe fingen, dagegen Alles, was da auf
ben Altar fällt, ihm zufallen. Was aber an den übrigen Tagen fällt,
jo in eine Büchſe gethan und jeden Samjtag ausgerechnet und ausge:
glihen werden und zwar nad DVerdienjt.” ®
„An den hohen Feſttagen joll ein Canonikus einen Pfenning und
ein Vicar einen Häller opfern. Alle BVigilien und Seelgerette jollen
in dem Stift ordentlid durd den Chor begangen merben.”
„tem, off aller Heyligentag und nad der Bigilien und vff aller
Seelen Tag nad der Seelmejje, desgleihen zu den 4 Fronvaſten nad)
einer jeglichen Bigilie und Seelenmefje joll man gehen mit der Prozeſ—
jion und Kreuz, Weihwaſſer und Weihraud) durh und um die Kirche
über die Gräber mit Gejang und Gebet, ald gewöhnlich iſt.“
„Stem, bie fieben Zeiten, PVigilien und ſonnttäglichen Ämter ſoll
man begehen und halten mit Singen und Lejen nad) Gewohnheit und
Herfommen der Mutterfirche, das ijt des Domitift3 zu Speier.“ *
1 Meppfrümer find die Gelder und Gaben, welche für Abhaltung von be:
ftellten Meſſen gegeben werben; Opfer find freiwillige Gaben.
? Mette ift der Frübgottesdienft und das Fronamt der Hauptgottesdienit
am Hauptaltare.
3 Der Samstag war überhaupt der Abrehnungstag. Aud in verjchiedenen
Gejchäften und Betrieben, 3. B. Bergbau. Siehe Trenkle, Gedichte ber Schwarz:
wälder Indujtrie, ©. 35.
+ Wie und wann der Gottesdienft zu halten, bejtimmen die NRitualien oder
Agenden und die Directorien einer Diöcefe. Für die Speyrer Diöceje galt die
agenda Spirensis, gedrudt zu Udenheym (Philippsburg) 1512. Directorien für bie
Speyrer Diöceſe fcheinen erft im 18. Jahrhunderte wieder gebrudt worden zu jein.
Im Catalog der bad. Hof- und Lanbesbibliothef find jolde aus den Jahren 1722,
34, 38, 42, 44, 58, 60, 66 und 68 aufgeführt. Ältere gebrudte Agenden beſaß
das Bisthum Bafel und zwar eine =. 1. e. a. und von 1489, Ein Breviarium Ro-
manum s. ]l. e. a. und von 1504 war im Gebraude. Gin Breviarium Constan-
97
„So man finget oder liſet, joll Fein Canonicus oder Vicar in die
Kirche oder aus der Kirche gehen ohne jeinen Chorrock unter jeiner
geziemenden Kleidung, Rod oder Mantel, ohne Kugel: oder Filzhut !.
Sie follen auch in der Kirche weder jpaziren noch reden, ed erforderts
denn die Notdurft. Jeder joll in feinem Stuhle jiehen und helfen
fingen und leſen und feiner über den andern jpotten mit Lachen oder
ander unziemlich Geberden. E3 follen auch Röck und Mäntel vorn
und auf der Seite nicht offen jtehen und an Länge auf die Schuhe
itoßen.” ?
„Die Chorröcke follen weiß und nicht gelb, auch nicht offen jein
auf den Achſeln und feine andere Schnüre haben ald weiß um da3
Goller und nicht mit engliihen Näthen. Die Chorhüte follen
Schnüre haben, da man jie nit darf auf den Achjeln, wie fonit einen
Kugelhut am Arm tragen, man fol fie tragen am Hals.“
„Welchem gebührt Lektiones zu lejen oder Mejje zu fingen, oder
zum Opfer zu gehen, ber joll jeinen Chorhut vor fich hinlegen und
jeine Holzihuhe ausziehen und fein Gepfründer joll mit bejchlagenen
Holzihuhen in der Kirchen oder im Chore gehen und auch andere löb—
lihe Disciplin halten.“ 3
„Sie jollen auch ehrbar und ziemlihe Geberden haben im Chore
mit Stehen, Gehen und Neigen, und zumals ſollen fie ſich demüthiglich
neigen gegen die Namen Jeſus und Maria, jo oft diejelben in ber
Meſſe oder zu den andern jieben Zeiten gejungen werden. Desgleichen
nad) jedem Gloria in excelsis Deo.“
tiense aus dem Jahre 1495, ein Breviarium Spirense von 1507 und ein Brevia-
rium Basiliense von 1480 gehören zu den älteften in Deutjchland gedrudten Werten.
Sin Directorium Basiliense von 1481 iſt in der Basler Buchdrudereigejchichte auf:
geführt. (S. Beiträge zur Basler Buchbrudereigefhihte von Stodmayer und
Reber. Bajel 1840, ©. 6 und 15. Das letztere ift von E. Ratbold gebrudt,
befien Officin eine der berühmteften in Deutichland war.)
1 Hierauf fpielt folgende Stelle in ber ſchon erwähnten Bulle (Anmerkung 2)
an: Illis tamen expeditis, laxatis habenis, ut acephali ad libitum hinc inde dis-
currunt, nec horas canonicas invicem devota modulatione decantant. Die
Bidesheimer Geiftlihden find auch gejchildert: Abjchnitt Durmersheim und
Bidesbeim. Diöceſan-Archiv 11, 63.
? Die Stiftsgeiftlichen follen in der Kirche während bes Kirchengefanges feine
Sejprähe führen, quia (wie das Statut für die Breifacher Stifte: und Pfarrkirche
vom Sabre 1500 jagt) plus Deo placet latratus canum, mugitus boum, grunnitus
porcorum, quam cantus clericorum in vanitate discurrentium. Oberrh.
Zeitſchr. d. O. 4, 269.
3 Die groben Holzſchuhe konnte man in jener Zeit nicht entbehren, ba bie
Straßen der Städte ungepflaftert waren. Vierordt, Bab. Geſchichte, S. 449.
Archiv. XU. 7
98
Dad Einfommen der Stiftögeiftlichen war folgendermaßen be:
ftimmt: der Decan erhielt zwölf Gulden, ein Canonicus und Vi—
cariug „jegliher medios fructus, das ilt ein Halbtheil des Corpus
jeiner Pfründe, Canonie oder Vicarie.“ Die andere Hälfte joll ange:
legt werben zur Mehrung der Präfenz (de zur Vertheilung vorhandenen
Geldes) und gelegt in den vorgefchriebenen Trog.
Die Wachskerzen, um den Chor: oder Fronaltar und andere
Altäre zu beleuchten, auch Kohlen im Winter und Wein zu den Mefjen
jollen die Heiligenpfleger aus den Gefällen der Stifts-Kirche
itellen und anjchaffen.
„Auf Aller:Seelentag jol man in ſchwarzen Kappen erjcheinen
und zwar von der Mette bis an den Chrijtabend, wo man in albis
zu gehen hat.“ '
Über die Reihen- und Rangfolge in ber Kirche während bes
Gottesdienſtes jest die Ordnung ſchließlich Folgendes feit:
An dem eriten Stuhle zur Linken jollen der Decan, drei Cano—
nici und der Halbtheil der Vicarien locirt werden, und der erite Stuhl
zur rechten Hand joll für den Fall, daß ein fremder Prälat herfäme
oder Fünftig ein Propft oder anderer Prälat in das Stift erhoben
würde, wie für die andern Ganonici und Bicarien bejtimmt fein.
„Ein jeder Decan, Ganonicus und Bicarius joll perjönlid Reſi—
denz thun und feinen Subjtituten haben. Es joll auch feiner abjen-
tiren ohne Grlaubniß eines Decand oder im alle, daß einer in
Dienjten des Markgrafen abgerufen würde Alle jollen ihren Pflichten
im Chor nachkommen und die Strafen in die Präfenz fallen.“
Die Stift3ordnung hat nun weiter noch Beitimmungen über
ein Schiedögeriht bei Spännen, Irrungen und Streitigkeiten zwiſchen
den Ettlinger Leuten und den Stiftäleuten. Es wird da der Gerichts:
itand der Stiftangehörigen feftgejtellt. Dann iſt die Eidesformel für
den Decan, die Canoniei, den Gaplan und die Vifarien mitgetheilt.
Diefe Ordnung ift im Jahre 1460, Mittwochs nad Allerheiligen, ge:
geben worden.
Die Pfarrei Ettlingen, mit der wir und wieder des Näheren
beihäftigen, it 1471 dem Stifte incorporirt worden, das Kloiter
Lichtenthal verzichtete in Folge Uebereinkommens auf den Piarrjag,
es verblieben ihm aber alle jeine früheren daher bezogenen Gefälle.
Dasjelbe hatte nämlih im Jahre 1286 von dem Markgrafen Rudolf
1 Meber die Trachten der Geiftlihen ſ. Ammanus, Cleri Romani habitus
1585. Ornatus ecclesiasticus von Molitor (Weibbilhof Müller), Regensburg
1592, und Andere,
99
die Hälfte des Zehntens zu Ettlingen erhalten, und wurde dann unter
Markgraf Chrijtoph im Jahre 1488 die „Ordnung des Pfarrers zu
Ettlingen, wie er fi im und gegen dad Stift dafelbft und mwiderumb
dad Stift gegen ihn halten ſolle“, jchriftlich feſtgeſetzt '.
„Der Pfarrer”, heißt es darin, „ſoll einen Mietling ? halten, einen
geihickten und taugliden Mann und mit bemjelben die Pfarrei ver:
jehen. Andere DOffiziaturen und Miniftraturen haben beide nicht, aufer
im Chor mitzufingen und zu leſen, wenn fie die Pfarrgeſchäfte
daran nicht hindern. Im Übrigen ſoll der Pfarrer dem Stifte ge-
horſam fein.“
„Dem Pfarrer und jeinem Mietlinge hat das Stift eine tägliche
Präfenz zu geben, jo oft fie e3 verdienen. Und wenn Beide ober je
Einer abmejend find, jo joll man fie haben pro praesentibus. Und
wenn ein Pfarrer frankheithalber die Pfarrei nicht verjehen kann,
jo mag er diejelbe durd einen anderen tauglichen Prieſter verjehen lafjen
und ihm eine vierteljährliche Präjenz gewähren. Würde aber die Kranf:
heit jich über ein Vierteljahr verlängern und man fich ſeines Geneſens
nicht vorjehen Fönnen, jo mag der Herr Markgraf ihn von der
Pfarrei abſetzen und jelbe mit einem Andern verjehen.“
Wird aber ein Mietling frank, jo foll berjelbe mit Urlaub des
Pfarrers oder jonjt mit Wiſſen des Dechants und Gapiteld auf einen
Monat die Präjenz haben. Der Pfarrer hat fih dann mit einem an-
bern zu verjehen und joll man ihn hierin nicht Kindern. Gejchieht aber
jolhe8 nicht mit Willen des Decand und Gapiteld, jo joll einem
Pfarrer nicht länger als vierzehn Tage Präjenz (für den Mietling) ge:
geben werben.
Weiter jollen an den Pfarrer gedeihen zum halben Theile alle Ge:
fälle de3 Greuzaltars im Stifte und was von den Pfarrmefjen dorten
fällt ?. Es find dieß die Opfer und andere Collationed. Dazu hat er
noch den Stol und die Seelgerette ganz. „Sonit joll er feine
Neuerung mahen oder annehmen.“
Bruderihaften, Jahrzeiten oder Anderes dergleichen dürfen ohne
Wiſſen und Willen de Decans und Capiteld nicht errichtet werden.
„Außerdem hat der Pfarrer an Einkommen zwölf Mutt Korn,
ſechs Malter Hafer und ein Fuder Wein vom Zehnten in Ettlingen,
1 Bad. Gopb. 104, Fol. 53—59. Zehnten, Oberrh. Zeitſchr. 7, 210.
2 Siehe Anmerkung 3, ©. 95.
3 Es war alfo ber Hauptaltar (fronaltar) in dem Chor — ber Kreuz
altar zwifchen Chor und Schiff. Dann gab es noh Seitenaltäre Das Bifit.-
Protocol von 1683 führt 5 Altäre auf.
7*
100
ferner drei Mannsmahd Wiefen auf den Hohenwiefen, und darauf
joll er auf feine Koften ein Pferd halten‘. Endlih mag der Pfarrer
auch alle Gefälle an den Stationierereien einnehmen ?; desgleichen ein
Drittheil aus allen Opferftöcden (ausgenommen ben S. Wolfgangsſtock).
Es joll ihm auch werden der Fleine Zehnten zu Ettlingen und Rietpur
von Füllen, Kälbern, Geißen, Rüben und Flachs.“
„Ein jeder Pfarrer (wir kommen jett zur öÖfonomilchen und
landmwirtbihaftlihen Seite der alten großen Pfarrhöfe) ſoll
aud im Pfarrhofe wohnen und damit Scheuern, Ställe und alle Zu:
behör ‚bruchen und nießen‘, ſolche aber geziemend in Bau und Ehren
erhalten. Ind wäre e8 der Fall, daß ein Pfarrhof mit feiner Zugehör
einfiele oder gar durch Feuersnoth abgienge, jo ſoll derjelbe in gebür-
licher Zeit wieder aufgebaut werben, und das von Nechtömegen ?.
„Ferner joll ein jeder Pfarrer, wie e8 von Alterö hergefommen, den
unjern von Ettlingen (d. 5. den dem Markgrafen zugehörigen Leuten)
an der Faßnacht ein Küchlein und an Dftern dad Geſpend geben,
doch ohne Koſten und Schaden des Stift *.
„Wenn es ſich begäbe, daß man dem Bilchofe zehnten oder ſonſt
contribuiren müßte, jo fol ein Pfarrer für feinen Antheil das Pfarr:
corpus ausrichten und deßhalb weiterd unbeaniprucht bleiben.
„Bei Irrungen und Zwietrachten zwiſchen Pfarrer und Gapitel
liegt die Entſcheidung bei den marfgräflichen Näthen, ausgenommen,
wenn es ſich um Gejpend oder Küchlin Handelt. Dieje jollen hinfür,
wie bißher, gegeben werben.“ |
Diejed waren die Verhältnifje und Ordnungen des Stifts unb
der Pfarrei Ettlingen, melde biß in die zweite Hälfte des 16. Jahr:
hundert3 ihre vollftändige Geltung gehabt haben mögen.
Bemerfensmwerth ift noch, daß die Befugnig bed Stiftd, Grund:
eigenthum zu erwerben, welches dem Markgrafen beet- und jteuerbar,
ı Die Ausdehnung ber alten Pfarrbezirke, jowie bie ſchlechten Straßen, madten
die nöthig.
? In ben Heinen Stationsfapellen an den Wegen jtunden überall Opfer:
ftöde (trunci).
3 Diefe Bedingungen find aus ben allgemein üblichen Verträgen zwifchen dem
Hofberren (Froner) und den Hubern übertragen. Das Stift Weißenburg war
Hofbherr (dominus curiae). Der Pfarrer erfcheint bier als mit dem pfarreilichen Hof:
gute belehnt. Weber dieſes Verhältniß vergl. Abjchn. I, Anmerkung 8; dann: Ge—
ſchichte des Domftift Baſelſchen Fronhofes zu Thiengen im Breisgau. Eine agrar-
biftorifche Studie von J. B. Trenfle, ©. 47, Beilage.
+ Die Faſtnachtsküchlein, fowie bie Oſtergeſchenke (Gefpend) an Eiern und
Kuchen waren bis in bie neuere Zeit no Sitte in Fatholifchen Gegenden bei uns.
101
beihränft war und dem Landesherren das Recht zujtund, folches
(unter welchem Rechtstitel es auch erworben morden jein mochte) mit
Geld oder üblichen Einfommenstiteln (3. B. Gülten, Zinfe u. ſ. mw.)
einzuldjen. Hierüber hatte das Stift jhon 1461 einen Never au:
ftellen müfjen. Die Abjiht der Landesherrſchaft war hierbei, die An:
fammlung von Grundbefig in der Hand der Kirche zu beichränfen,
da im anderen Falle unverkennbar der landesherrlichen Beete und Steuer
Abtrag gejchehen wäre !.
Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts bietet ung einige be:
merkenswerthe Urkunden, melde das Verhältnig zwiſchen Stift und
Pfarrei zu beleuchten geeignet find. Im Jahre 1464 geſchah ein Ver:
gleich zwiichen beiden wegen bed Pfarrers und der Pfarrkirche, welcher
vom Markgrafen bejtätigt wurde Am Sabre 1477 aber wurde ur:
fundlich feitgejetst, daß die dem Stifte incorporirte Pfarrei von dem
Dearfgrafen, Decan und Gapitel des Stifts, auch Schuldheißen und
Gerichte gemeinschaftlich beitellt, und daß das von dem Decan be:
wohnte Haus nad) dejjen Abgang dem Gapitel und der Pfarrei zuftehen
folle 2,
Diefe Gemeinſchaftlichkeit zwiſchen Stift und Pfarrei hat aber
nicht lange gut gethban; denn ſchon zwei Jahre jpäter fam es zwiſchen
dem Stifte und dem Markgrafen Chriſtoph zu dem jchon erwähnten
Vergleiche über die dem Stifte von ihm übergebene und demſelben in:
ceorporirt gewejene Collatur der Pfarrei, welche jet der Markgraf
an Johann von Horb verlieh und deſſen pfarrliche Rechte und Come
petenz bejtimmte ®.
Die Ordnung der Pfarrei von 1488 haben wir bereitö mitgerheilt.
Ein Jahr nad Aufitellung derjelben verglich fich der Markgraf wieder
mit dem Stifte dahin, daß ihm legteres die Collatur förmlich cedirte
und er au die Funktionen des jeweiligen Pfarrer beitimmte, wobei
Letzterer auch einiger bisher aufgehabter Verpflichtungen entbunden wurde“.
Dedant des Stifte8 war um dieſe Zeit Meifter Erasmus Klar von
Durlach ®.
Wir haben nun noch einige bemerfensmwerthe Verträge und Ent:
ſcheide zu verzeichnen, welche zwifchen dem Stifte und der Stadt zu
! Liber fundationum, Gopb. 103, ©. 47. Gopb. 104, Fol. 24b—26.
Urfunde vom 5. Juli 1471.
2 Repert. Urkunde, Montag nad) St. Katharina, 1477.
3 Urfunde auf Convers. Pauli, 1479.
Bad.⸗Bad. Repert.
5 Ibidem,
102
Ettlingen in der erjten Hälfte de3 16. Jahrhundert3 abgejchlofjen oder
gefällt worden find. Sie geben ung ein Bild von den fi vielfach
widerjtreitenden nterefjen der Gemeinde, der Pfarrei und des
Stift3.
Diefe Umftände werden nicht wenig dazu beigetragen haben, daß
das Stift hier feinen günftigen Boden fand und jo zu jagen immer
eine fünftlihe Schöpfung blieb, deren jchließlihen Untergang Die
einige Jahrzehnte jpäter eintretende Reformation eben nur beſchleunigen
mußte.
An das Jahr 1503 fällt ein Entſcheid zwiſchen dem Stifte und
der Stadt, welchem wohl verſchiedene Eingriffe des erjtern in den
Pfarrdienft und das Pfarrvermögen vorangegangen waren; denn von
nun an follte ein genaues Regiſter über das Pfarrvermögen, über die
Pfarrgüter und Nubungen geführt werden. Alsdann waren die un:
ordentliche Führung ber Pfarrei, die Lieferung des Wachſes zur Be:
leuchtung des Chores aus Mitteln des Fondes S. Martini, die Gegen
jtände der Auseinanderjegung. Ferner handelte es jih um die unein-
gezogenen Corpora der Pfarrei, über die Entziefung dieſes Capitales
der Beete, um eine Pfründe von 30 Pfund Heller jährlih, um ordent:
lihe Haltung der Bruderihaft, das Salve, der gejtifteten Meſſen, der
Liberey und Sakriſtei. Es geht daraus hervor, daß der Pfarrdienſt in
jehr nachläſſigen Händen war.
Ein ähnlicher Streit hat im Jahre 1528 beigelegt werben müjjen,
weil da3 Stift der Stadt für Ungelt und Frondienjt mit jährlich
17 Gulden auffommen jollte, aber es unterließ. Auch jcheint das Stift
etlihe Gewerbe durch jeine Angehörigen betrieben oder zu diejem Zwecke
fremde Leute aufgenommen zu haben; denn es jollte nad) dem Entjcheibe
die Prieſterſchaft, obwohl jie da8 Bürgerrecht Habe, fein Handwerk
oder Gewerbe treiben '.
Die Pfarrcompetenz betrug um 1525 (die Pfarrwiddumgüter
find jhon 1478 zum Aufichriebe gekommen) an Geldbejoldung
44 Gulden, an Naturalien 20 Malter Gerjte, 16 Malter Korn,
12 Malter Hafer, 5 Malter Erbjen und Linſen und ein Fuder Wein.
Hierzu kam endlich das Zehntgefäll von 12 Malter Dinkel für die
Lefung zweier Meſſen in der Rüppurer Kapelle. Um dieje Zeit wurden
nebſt Rüppur aud Schöllbronn und Spefjart von Ettlingen aus verjehen ?,
1 Copb. Nro. 104, Fol. 310—11.
? Aften: Stadt Ettlingen, v. 3. 1525, 1543—47 und 1550—51 im G.L.⸗
Archiv. Markgraf Ernft hatte um 1537 auch Gülten an bie Kirdhenfabrif zu Ett—
lingen zu bezahlen. Ebenſo das Spital. Oberrh. Zeitſchr. 30, 72.
103
Dieſe Competenz jcheint aber durch die eintretende Entwerthung des
Geldes unzulänglich geworden zu jein; denn im Jahre 1542 bat Pfarrer
Mocder um Grtheilung eines Stiftscanonicated oder um Verbejjerung
jeiner Competenz, wie auh um Bezahlung eined Helfers zur Bes
jorgung jeiner überhäufigen Amtsgeichäfte.
Die Competenz wurde erhöht und dem Pfarrer von der Herridaft
in Anbetracht der Zeitlage noch der Auftrag ertheilt, jich in dev Herr—
ihaft Zollern und felbiger Gegend einen geſchickten Helfer nebjt einigen
anderen tüchtigen Prieftern zur Bejegung der vacanten Pfarreien in ber
Markgrafihaft Baden-Baden zu erwerben '.
Die erhöhte Competenz beitund aber um’3 Jahr 1559 aus
72 Gulden an Geld, 15 Malter Korn, 10 Malter Gerjte, 10 Malter
Dinkel und 2 Fuder Wein. Der Preiß der Naturalien war zwar in
jener Zeit erheblich in die Höhe gegangen und der Werth des Geldes
gejunfen, immerhin jedoch war bie erfolgte Aufbejjerung mehr al3 ge:
nügend, um die Differenz von ehemals und damals auszugleichen ?.
Ueber den Berlauf der Reformation in den baden=badenjchen
Landen, insbejondere in dem Pfarrbezirke Ettlingen, können wir auf
Vierordts „Geſchichte der evangeliihen Kirche in Baden” und auf
! Liber fundat. 104, Fol. 124. Im Jahre 1569 wurde Tobias Mayer als
zweiter Helfer angenommen und fein offieium war an ber Kirche daſelbſt, wie auch
zu Rüppur und am Spital und Giechenhaus.
Ueber die Preisfteigerung im Berlaufe des 16. Jahrhunderts vgl. Oberr.
Zeitſchr. 10, 42; 13, 44; 19, 384. J. Bodinus, jranzöfifher Publicift (1530
aeboren) gibt in einem feiner Werfe (de re publica, gebrudt 1576) als Urfachen
der damaligen Preisfteigerung Folgendes an:
Caritatis, quam experimur, causas invenis quatuor vel quinque. Prae-
eipue et paene sola, quam nemo hactenus animadvertit, est abundantia
auri et argenti, quae hodie in regno major est, quam ante annos quadrin-
gentos. (Die Bermehrung bes Goldes und Silbers, durch die merifanischen Werke,
wird auf den blühenden auswärtigen Handel und das amerifanifche Silber, fowie
auf die vermehrte Volksmenge und die ausländifchen Gapitalien, weldye bie
Lyoner Bank anziche, zurüdgeführt.) Secunda occasio, fährt er fort, fere ex mo-
nopoliis procedit. Tertia est penuria, quae proficiscitur, quam ex evec-
tione (fünftlihes Hinauftreiben ber Preife), tam ex corruptione (Schwinbelbaftig-
feit). Quarta est voluptas regum et principum augens pretia rerum, quas
amant. Quinta oritur propter pretium monetarum, quod de antiqua aesti-
matione deminutum (weniger edelmetallbaltig, alfo wegen Münzverichlechterung).
Näheres über diefe intereflante Schrift, fiche Zeitfchrift für Staatswiſſenſchaft.
1863, ©. 369. „Ueber eine volkswirthſchaftliche Schrift aus ber zweiten Hälfte bes
16. Jahrhunderts von Dr. Erwin Naffe in Bonn.“ A. Blanqui, Gecſchichte
ber politiihen Defonomie, überjegt v. Buß. Karlsruhe 1840, Hauptftüf XXIV
und XXV.
104
Eiſenlohrs „Kirdlihe Gedichte der Grafihaft Eberitein jeit der
Reformation“ verweilen !,
Ein Bericht des nad Baden-Baden geſchickten Etatthalters Grafen
Dtto Heinrid von Schwarzenberg aus dem Jahre 1570 jchildert den
Zuſtand der Fatholiichen Kirche zu Ettlingen in ſehr traurigem Kichte.
„Die Stadt,” jchrieb er, „sei dermaßen verführt, daß fogar an hohen
Feſten nicht über 10 bis 12 Perjonen beim katholiſchen Gottesdienfte in
der Stiftskirche fi finden lafjen. Stiftsherren habe er bloß 3 ange:
troffen und davon feien zwei verehelicht, während der Dritte im Con:
cubinat hauſe. Die marfgräfliden Räthe, mit menigen Ausnahmen,
aud die Bürgerjchaft, bekennen fich zur evangelijchen Lehre.“ ?
Mit dem Jahre 1573 war in der Markgrafihaft Baden-Baden
die Neformation wieder bejeitigt worden, woran die Mitglieder des zu
Speier im Jahre 1571 gegründeten Collegiums societatis Jesu weſent-
lihen Antheil hatten.
Man jhien auch eingejehen zu haben, daß die bisherigen Leiſtungen
des Ettlinger Stift3 höchft ungenügend waren. E3 wurden deßhalb,
um den Kleru3 im Baden-Badenſchen zu heben, vom Stifte zu Baden
im Jahre 1580 berichtlihe Vorſchläge gemacht, wie die Gefälle deg Ett—
finger Stiftes anderwärts ad pios usus am beiten verwendet werden
fönnten, mobei insbejondere der Errichtung eine® Seminars in Baden
dad Wort geredet ward ’. Es fam aber nicht zu Stande.
In Ettlingen wurde die Lage ſtets jchlimmer und die Einwohner
erhoben 1593 und 1594 wiederholt Bejchwerbe gegen den Decan Philipp
von Neydbrüd, meil er vorhatte, den Pfarrer zu vertreiben und Die
Gompetenz desjelben, ſowie die Befoldung des Schulmeilters zu ſchmälern;
und ferner weil er durch Abjekung zweier Caplane in den Gottes:
dient zu Ettlingen, ald auch zu Reichenbach und Bujenbad, große Un:
ordnungen und Störungen herbeigeführt habe.
Sp dauerten Streitigkeiten verſchiedener Art fort, bis unter Mark—
graf Georg Friedrich, welder 1604 das badijche Unterland geerbt,
in Ettlingen der evangelijhe Cultus eingeführt wurde. Derſelbe
ı Vierordt, Gefchichte der evangeliihen Kirche im Großberzogthum Baden,
1. Geſchichte der Reformation, 1847; 2. Geſchichte von 1571 bis zur jegigen Zeit,
1856. Kirchliche Gefchichte der Grafſchaft Eberftein feit der Reformation von U. J.
Eifenlohr, 1874. (Zuerſt in Abtbeilungen im evangelifchen Kirchenfalender der
Stabtdiöcefe Karlsruhe v. 3. 1874 fi., dann als GSeparatabbrud.) Karlsruhe,
Braun’ihe Hofbuhhandlung.
2 Vierordt, 1, 510 fi.
> Arhivaften.
105
machte ſeit 1599 ſolche Fortſchritte, daß ſich die größere Anzahl der
Bürger wieder zu ihm befannte!.
In dieje Zeit Fällt auch das Eingehen des Ettlinger Stifts,
deſſen Einkünfte zu anderen Zwecken wohl willtommen maren?. Die
Bürger hielten längere Zeit an der evangelijchen Lehre feit und erit
unter dem Markgrafen Wilhelm trat eine entichiedenere Wendung ein.
Zunächſt nahm man den früher ſchon gehegten Plan wieder auf,
bier ein Collegium für die Jeſuiten, die man hauptſächlich aus
Speier und Belgien berief, zu errichten, bejchränfte fi aber nah Lage
der Dinge darauf, den Ettlinger Pfarrdienit, wie die anderen
Pfründen dajelbit, den Sejuiten für immer zu überlafjen. Dieß geſchah
um 1624; ein Collegium aber wurde erjt 1663 von dem Markgrafen
Karl gegründet, welches wir nunmehr in dem folgenden Abjchnitte
fennen lernen merden °.
IV.
Die Jundation für dad Collegium war bei dem damaligen
zerrütteten Zuſtande der Landesfinanzen eine ziemlich veichliche; denn
laut dem Fundationsbrieſe erhielten die Jeſuiten an Geld ein jähr:
lies Einfommen von 150 Gulden, anderthalb Wagen Wein und 12
Malter Kernen aus den Gefällen der Pfarrkirche, da3 jus praesen-
tandi parochum ordinario (dem Biſchofe von Speier), die Hoſpital—
fire, wie auch das Schulhaus, jodann das sacellum B. M. Virginis
in Bickesheim (mo fie die Wallfahrt wieder in Schwung bradten, die
denn aud Manches eintrug) mit der Präbende S. Catharinae, melde
bisher die Jeſuiten in Baden genofien hatten; ferner jährlich 200 Gul-
den aus den Gefällen des Siehenhaujes außerhalb der Stadtmauern,
jährlich weitere 200 Gulden, anderthalb Wagen Wein, 20 Malter Ker-
nen und 15 Malter Spelz aus den Gefällen de8 Spitals und eine
beim Pforzheimer Thor gelegene, dem von Zyllenhard abgefaufte
Behaufung? mit den dazu gehörigen Gärten, endlich Freiheit der Güter
von SKriegslaften, Steuern und Beete, 100 SKlafter Holz, 4 Wagen
mit Rebſtecken, freies Eckerih für 8 Schweine und Freiheit von Ungelt
und andern Auflagen ®.
! Urdivaften. PBierorbta ad.
2 Kolb, Lerifon. Ettlingen.
ı Sads, bad. Geſchichte 3, 319. 343.
+ Ardivalten.
5 Ebenfo. In dem Bifitationsprotocole von 1683, S. 126, wird wegen ber
106
Die Jejuiten abminiitrirten damald bie fünf Pfarreien: Ett-
lingen, Ettlingenmweier, Stupferid, Schöllbronn und Bu:
lab mit dem Filiale Beiertheim und dem Schlöflen Scheiben:
hard. Dafür bezogen fie deren Competenzen, die übrigens jehr herab:
gefommen waren, jo daß kaum ein Drittel des früheren Crtrages
einging.
Der Zuftand der Pfarrei Ettlingen mit ihren Yilialen Spei-
jart, Buſenbach, Neihenbah und Etzenroth, deren Kirchen und Kapellen
bis in Die zweite Hälfte ded vorigen Jahrhunderts wegen Mangels an
Mitteln in einer trojtlojen Verwahrlojung blieben, ijt zur Genüge in
den unten mitgetheilten Auszügen aus verjchiedenen Bifitationsproto-
collen aufgeklärt !.
Durh den großen franzöfiihen Brand im Jahre 1689 waren
Kirche (nur der Thurm mit dem Chor hatte ſich größtentheilß erhal:
ten) und Pfarrhaus zerjtört worden. Der Kirhthurm mwurde zwar
Abgaben geklagt. Queritur contra novas et non christianas exactiones, quibus
etiam contra omnia jura et privilegia involvitur status ecclesiasticus.
Dum si quis extra marchiam vinum emit sub titulo da® Lagergeld praeter te-
lonia ab oma petuntur 10 batz., pro maldero cujuscunque frumenti in molen-
dino 1 batz., pro devenditis sive frumentis sive bestiis ex floreno 2 kr., de
mactata in aedibus pastoralibus vacca vel bove 1 fl., porco majori 6 kr., pro
minori 3 kr., pro vitulo 3 kr.
Queritur, quod a clero Badensi subsidia turcica exigat marchio
atque ab ejusdem cancellaria taxetur quisque pro rato beneficii. Quod a dia-
bolo excogitata monopolia ipsos etiam ecclesiasticos compellant, omnia a
- Judaeis emere, quibus elocata. et vel ipsas candelas (Kerzen) et ferramenta
(Werkzeuge, auch Geräthe von Eifen, wie Lichtflöde ıc.).
ı Reihenbad. Pifitat. von 1759. Fuit hie antiquitus sacellum et
quidem consecratum, sed injuria temporum pridem collapsum. Baptisterium et
coemeterium autem nunquam habuit. Sed baptizandi et sepeliendi deferuntur
Busenbacum, ubi etiam festum dedicationis sacelli Reichenbacensis dominica
post festum S. Michaelis et festum patroni S. Wendelini celebrantur.
De Etzenrodt. Hujus loci filialis perexigui incolae plerumque eccle-
siam matricem Ettlinganam adeunt. Parvuli autem cum Reichenbachensibus
Busenbacum ad catechesin veniunt.
Buſenbach, Bifitations:Beriht von 1731. Die Kirche ganz ruinos, das
Dach durchlöchert. E8 regnet in den Chor hinab und auf bie Kanzel. Man fürdtet,
daß der Dadftuhl mit dem Thurme zufammen mit fammt dem Getäfel in’s
Langhaus falle. Das Haus Württemberg und ber deutſche Orden waren bau—
pflitig; die Reparaturen ſeien durch einen feinbjeligen wiürttembergifhen Vogt in
Neuenburg verhindert worden, wurde als Entjhuldigung biefer Vernachläſſigung an:
geführt. Reichenbach. Hier ift die Kirche zu einem Steinhaufen zufammenge:
fallen. Es ſtehen nur nod die rudera. Die Obigen find baupflichtig. Spefjart,
Filial von Ettlingen, wurbe von Scöllbronn aus verſehen.
107
nad Angabe der Akten ſchon im Jahre 1706 wieder rejtaurirt, mit
der Kirche dauerte ed aber länger, da die Procejje zwiſchen dem bau—
pflichtigen Kloſter LichtentHal und der Stadt bis zum Jahre 1732 jid)
verzogen und es jchließlih nur zu einem „einjtweiligen Vergleiche” kam,
wornach das Kloſter verpflichtet fein jollte, den dritten Theil des
Zehntens dem Kirchenbau zuzumenden und den Kirchenthurm zu bauen.
Um die MWiebererbauung zu bejchleunigen, hatte auch die Mutter
des Markgrafen Georg Auguft gnadenmeife gegen 8200 Gulden
beigejteuert. Die Kirche wurde gegen das Jahr 1740 vollendet. Die
DOrnamentif darin fam 1740 zur Ausführung !. Die Benebicirung
hatte 1734, die Confecration 1739 ftattgefunden. Der Pfarrgotteg-
dienjt war unterdefien in der Jeſuitenkirche abgehalten morden ?.
Es fehlte jedoh um dieje Zeit in Ettlingen noch das Pfarr:
haus Der Plab und fundus, allwo vor dem Brande dasſelbe ge—
ſtanden, blieb aber nocd lange unverwendet; denn es mar nad) dem
Vifitationsprotocolle von 1754 der Bau noch nicht wieder aufgeführt
worden 3. Daß Proceſſe über die Baupfliht „lange ſchwebten“, iſt
beinahe jelbjtverjtändlich *.
Die Jeſuiten hatten in diefer Zeit ihrer Alleinherrichaft dem Gottes:
dienſte noch verfchiedene, ihnen beſonders eigene Feierlichkeiten, Andach—
ten und Berehrungen beigefügt; denn außer dem regelmäßigen
Pfarrgotteddienite wurden folgende kirchliche Dienjte abgehalten:
die Seite des Ordens, die Andachten der Todesangſt-Bruderſchaft und
verjchiedenen Sodalitäten und alle Ignatii-, Aloyſii- und Xaverii«
Sonntage.
Niht lange vor dem Anfalle der baden-baden’ihen Lande an die
Linie von Baden: Durlach (ed mehte der Wind bereit3 jehr anti-
jefuitiih) wurde das Perjonal de Gollegiums beichränft und des—
wArchivakten.
2 Ebenſo.
’ Ettlingen. Viſitationsprotocoll 1732. Pfarrer Pater Jacobus Bayer,
soc. Jesu, colleg. rector 1732, Meilen tota navis niedergeworfen und ex fun-
damento wieber erbaut werde. — 1736, Pfarrrector Urban Robert, soc. Jesu,
annorum 70 (Bifitator i. 3. 1701). Soll eine Todtenfapelle auf dem Kirchhofe er:
baut werben. „Pfarrhaus ift Feines ba, wohl aber ber fundus, allwo vor dem
Brande dasjelbe geftanden.“ Bifitation v. 3. 1756 von Johann Adam Edftein,
Piarrer in Au am Rhein und Decan: Ettlingen, parochus P. Ignatius Friess,
soc. Jesu, Wirceburgensis.. Romae anno 1730 28. Octob. titulo paupertatis
presbyter ordinatus, ad Ettlingen praesentatus. Aedes parochiales anno 1689
incendio Gallico vastata adhuc jacet. — Administrantur sacramenta rituali
novo Spirensi.
+ Alten.
108
halb zwiſchen ben beiderjeitigen Commiſſionen vereinbart, dat die An
zahl der Jeſuiten zu Ettlingen nit über 17 Patres und Fratres
gehen jollte '.
Auh die Bifhöfe zu Speier — theild um der politiich aufklä—
venden Xendenz der Gabinette und ber öffentlihen Meinung einige
Nehnung zu tragen, theild weil ihnen der Sejuitenorden jelbit läitig
geworben und um die mannigfahen Klagen der Weltgeiftlichen ver-
ſtummen zu machen, — waren bejtrebt, die von den Sejuiten verjehenen
Pfarreien wieder dem Säcularklerus zuzumenden.
überdieß hatte der Klerus durch die vielen, meijt guten, höheren
Unterridtsanjtalten der Benedictiner und Eiftercienjer an Zahl
wieder zugenommen, jo daß Fein fo bedeutender Mangel an Priejtern
mehr vorhanden war, wie in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts,
was eine Haupturjahe der damaligen großen Erfolge des Jeſuiten—
ordens gemejen.
Vergleicht der Lejer dad Schidjal der Stiftäherren mit jenem
der Sejuiten, jo wird ihm wohl nicht entgehen, daß die Bevölkerung
wenig Theilnahme an den erjtern zeigte, weil diejelben vielfach auf
Kojten der Pfarrei lebten und höchſt wenig zur Wahrung und Förde—
rung des fittlichereligiöjen Lebens beitrugen. Ihre Aufführung (hier,
wie beinahe überall, waren jie Hauptgegenitand der Satire vom Bes
ginne ihres Entitehens bis zu ihrem Ende) läßt eher dag Gegentheil
annehmen: denn in wenigen Städten des Oberrheins hatte die Refor—
mation willigere Aufnahme gefunden, als gerade da, mo bie Stifts—
herren den Gläubigen faſt nur äußerliches Gepränge zeigten, wie in
Ettlingen, Lahr und Pforzheim.
Das Stift Baden allein fcheint hier eine rühmlihe Ausnahme
gemacht zu Haben, wie wir aus defjen mehrfach interejjanter Geſchichte
noch werden fennen lernen.
Die Jeſuiten, von ihrer Idee geleitet, entwicelten großen Eifer,
niht nur in Beziehung auf die Wiedergewinnung der vom katholiſchen
Bekenntnifje Abgefallenen, jondern auch in der Beſetzung von Pfarreien,
wie in Einführung neuer Andachten und ftrengerer Kirhenzudt. Aus
ben Vifitationsberichten geht unläugbar hervor, daß fie den Aberglaus
ben befämpft und auf fleißigen Kirchen- und Schulbejucd gehalten.
Ein Hauptbeitreben des Ordens aber bezweckte die Heranbildung
eine tauglichen Lehrperjonales, da ein ſolches in jener verlommenen
und verrotteten Zeit immer feltener geworben. Die Armuth der Ges
meinden mar eine erjtaunliche und bat fait bis in die Mitte des vori-
I Ebenjo.
109
gen Sahrhundert3 gedauert. Wer die damalige Lage bed Volkes im
Einzelnen kennen gelernt, wird wohl kaum die „gute alte Zeit“ troß
ber großen literariihen und politiihen Erſcheinungen in jene Periode
verlegen. Die Weltgeiitlihen ſowohl ald auch andere Ordensleute
wurden oft peinlich berührt von dem überall Hinlangenden Eifer der
Väter, von ihrer zur Schau getragenen Überlegenheit an Wiſſen, Macht
und Gunft, durch die jorgenvollen Mienen, während aus den Proto—
collen jelbit ein auf Menjchenkenntnig und Erfahrung beruhendes Mit:
leid mit dem ländlichen Proletariate, der misera plebs, hervorleuchtet.
Als die Jeſuiten Abichied nehmen mußten, Hinterliegen fie wenig
Freunde Doch hatten fie unverfennbar manded Gute und Nützliche
geihaffen und ihre Milfion, den katholiſchen Gabinetten als politische
Chirurgen die in den „Troublen“ der Zeit erlittenen „Staat3beinbrüche“
wieder einzurichten, oft meilterhaft erfüllt.
Diefelben hatten die Übung, nur geſcheidte, talentvolle Leute in
ihre Gefellichaft aufzunehmen ; fie zeichneten ſich aus durch vielfadhe Ge:
lehrſamkeit und eine jeltene Erziehungskunſt. Hierdurch erreichte
ber Orden zur Zeit jeiner Blüthe große Erfolge.
Hier ſchließen wir noch einige Nahrichten über das Ettlinger Spi—
tal, feine Kirche, über die verjchiedenen . Kapellen und über die
Schloßkirche zum hl. Nepomuk an.
Außer der Stifts- oder jpätern Stadtpfarrfiche befa Ettlingen
noch folgende Kirchen und Kapellen:
1. die Schloßkirche, melde im Brande von 1689 zu Grunde
gegangen und an deren Stelle 1733 die neue Schloßfirche trat, über
welche wir jpäter no Einiged mittheilen werden;
2. die Kapelle für die Sonderfiehen vor der Stadt, etwa eine
DVierteljtunde meit entfernt;
3. die Hoſpitalkirche vor den Stadtmauern gelegen, welche ber
Markgraf Wilhelm der Gejellihaft Jeſu 1662 überlaffen hatte und die
dann den Namen Sejuitenfirche führte;
4. die St. Wolfgangsfapelle mit einem Opferjtode am Ein-
gange des Albthales, und
5. die Eremitage auf dem Sireuzelberge.
Dad Gutleuthbaug oder Haus der Sonderjiehen mit ber
St. Georgen:Kapelle ftund, wie bemerkt, gegen die Straße nad) Durlad).
Die Entfernung desjelben von der Stadt iſt begreiflic, da es zur Auf:
nahme von Leuten diente, welche mit anjtedenden Krankheiten behaftet
waren.
Die dortige Kapelle iſt in einer Urkunde von 1543 erwähnt, und
auch das Vifitationsprotocoll von 1683 ſpricht von ihr. Sie wurde
110
al3 ein Anner des Spitales, wie dad Sonderjiehenhaus jelber, vom
Spitalpfleger verwaltet. In diefe Kapelle „zu den guten Leuten“,
wie die Sonderjiehen auch hießen, wurde 1426 ein Anniverjar geftiftet.
Über die Art der Krankenpflege und Behandlung diefer „Feld: oder
Sonderſiechen“ enthält die Zeitihrift für Geſchichte des Oberrheines
einige3 Bemerfendmwerthe '.
Das Spital in der Stabt jcheint jhon im 14. Jahrhundert be—
Itanden zu Haben; doch rührt mohl jein KHauptvermögen von einer
Stiftung des Ettlinger Bürgers Behtold Scholl her. Diejer gab
nämlich jein Vermögen zu dem Zwecke an das Spital, daß 12 bausarme
Menihen aus der Bürgerjhaft darin mit aller Nothdurft verjehen
werben könnten. Die Fundation betrug 121 Morgen Acer, welche
in elf Hofgüter abgetheilt waren und jährlich zufammen etwa 100 Malter
„zelgliher” Früchte ertrugen.
Es fehlte nun auch nicht an Pfründen für Geiftliche des Spitals.
An das Jahr 1426 fielen die St. Erhards-, Sebaſtians- und St. Bar:
bara:Stiftung. Darauf folgte 1454 die Gründung einer priejterlichen
Pfründe, als deren Patrone die Himmeldfönigin mit den Heiligen Se—
baltian, Elijabetb, Barbara und Mendel gewählt waren.
In der Kirche des Spital3 ad S. Erbardum und in der Kapelle
zu den guten Leuten follte, jo war es die Aufgabe des Nießers der
letzteren Pfründe, wöchentlich eine heilige Meſſe gelejen werben, aber nie
an Sonn: und Feittagen, wo der Pfründner ſich am Hauptgottes:
dienste zu betheiligen hatte 2.
Kurz nad der Übergabe des größten Theiles der Spitalgüter
an das Stift, die im Jahre 1480 jtattfand, wurde ein Vergleich zwiſchen
dem Schultheigen und Gericht, aud St. Martin und Spitalpfleger über
die Abhaltung der Hl. Mefjen und Vesper im Spitale abgejchlojjen ?,
Auch ließen die Schügen zu Ettlingen ihre zwei „ſingenden Mefjen“
in der Spitalkirche abhalten, wofür fie eine brennende Kerze an ben
Sebaſtiansaltar zu jtellen Hatten *.
1Oberrh. Zeitfhrift 1, 129 und 12,5. — Gutleutbaus (lepro-
sorium) bie die Anftalt, wo bie Sonderfiehen, d. h. die mit anftedenden Krank—
beiten Behafteten untergebradt wurden. Sonberfiehen und gute Leute bat biefelbe
Bedeutung a. a. DO. 25. Sie hießen auch Feldſiechen. Diefe Leproforien lagen
außerhalb der Stabtmauern. Im Hofpital wurden jowohl Kranfe als Arme ver:
pflegt. Zelgliche Früchte find die in Zelgen oder Fluren (Gewannen) angebauten,
aljo Körnerfrücte.
? Liber fundat. Nro. 104, ©. 91.
3 Urfunde, Donnerstag Hilari. 1481.
+ Bab.»Bab. Repert.
111
Nachdem ein großer Theil des Spitalvermögend an das Stift ge
fallen, finden fih wenig Nahrichten mehr, melde angeben, in welcher
Weile dad Spital feiner Aufgabe gerecht geworden. Der Lefer muß
jid mit dem begnügen, was in den Rifitationd-Berichten von 1683,
1701 und 1756 gejagt ijt '.
Die Kapelle auf dem Friedhofe, welcher, wie überall, in allen
Orten um die Pfarrfirche lag, und die Stiftungen an Pfründen darin
jind ſchon früher erwähnt worden; es fielen deren, Erträgnifje dem
Corpus der Pfarrkirche zu ?.
Die Wolfgangsfapelle wird nur in der Pfarrordnung erwähnt,
wo gejagt ift, daß ein Drittheil aus allen Opferjtöcden, ausgenommen
aus jenem bei der St. Wolfgangsfapelle, dem Pfarrer zufallen jolle.
Das im Jahre 1689 eingeäjherte Schloß war von dem Mark:
grafen Philibert in den Jahren 1660 bi8 SO rejtaurirt worden,
welde Arbeiten einem Speierer Meijter übertragen waren.
In einem alten Situationsplane aus den 1580er Jahren, welcher
die Gegend zwiſchen Durlach, Ettlingen und dem heine zum Gegen:
jtande hat, ijt dejjen Gejtalt deutlich ertennbar und hat ed den Charakter
eined befeitigten Wafjerhaufes mit mehreren Edthürmen.
In einem größeren Gelafje dieſes Gebäudes war die kleine Kapelle
angebracht, von welcher aud das Vifitationsprotocoll von 1683 ſpricht.
Zum Gottesdienjte darin wurden öfters Stiftägeiftliche gerufen ®.
Das gegenwärtig noch beitehende Schloß (jett als Kajerne be-
nügt) wurde zwijchen 1728 und 1733 erbaut. Die vorzüglichen Fresko—
malereien, welche denen im Bruchſaler Schlojje wohl gleihfommen, find
von dem Staliener Lucca Antonio Colomba. Derfelbe hat auch in ben
Jahren von 1731 bis 1733 die Fresken des Klojterd Frauenalb gemalt,
und, wie e8 jcheint, längere Zeit im baden-badenſchen Gebiete Beſchäf—
tigung gefunden. Die Stuccaturen find von dem Meifter Richard
Retti, welcher auch das mohlgelungene Wappen des baden:badenichen
Haujed an dem inneren Portale de3 Schlofjes ausgeführt hat *.
ı Est in Ettlingen hospitale, ut et speciales receptura eleemosynarum,
vulgo Almojenpfleg; utrumque administratur per senatores, qui rationes villi-
cationis suae parocho nunguam conscio, neque advocato satrapae Ettlingano
reddunt. Archivakten. Bifit. v. 1756.
2 ©. Anmerkung, Abſchnitt 2, 9.
3 Archivakten. PBifitationsprotocoll v. 1683: Sacellum aulicum in
angulo alicujus magni conclavis benedictum.
Archivakten. Ettlingen. Schloßbau, 3. €. 1561 bis 79, 1730 bis 33
und 1723 bis 31. Im letzteren Hefte befindet fih die Eonfignation beren in
dem bochfürftl. Ettlinger Saal gemalten allerhand Figuren und Sinnbilder von
112
Die neu erbaute Hof: und Schloßkirche ad S. Nepomucenum
mwurbe von ber Markgräfin Sibylla Auguſta geitiftet und mit 6000
Gulden dotirt, woraus die Unterhaltung der Kirche und deren gottes—
dienjtlihe Verjehung, die Wohnung und der Aufenthalt der dabei an-
geitellten Geijtlichen, wie auch des verordneten Pflegers zu bejtreiten war.
Die Kirche wurde 1732 confecrirt ?.
Diefe Iplendid ausgejtattete Hoffirhe wurde von 1735 an durd)
die Patres Franziskaner verjehen, worüber eine Acceptationgurkunde
des Ordens: Provinziald zu Augsburg beiteht. Im Schloßgebäude wurde
1744 eine Wohnung für zwei diefer Mönche und einen Laienbruder
eingerichtet ?.
Auf dem Kreuzelberge befand ſich in der eriten Hälfte des
vorigen Jahrhundert3 eine Eremitage. Die dortige Antoniusfapelle,
Capella S. Antonii eremitae, ijt nad ben Angaben des Viſitations—
protocolle8 von 1701 etwa um's Jahr 1691 erbaut worden. Eine Ne
paratur berjelben fand um 1712 jtatt ?,
Die Bruderihaften, melde in früherer Zeit für das kirchliche
Leben von hoher Bedeutung waren, fcheinen in Ettlingen ziemlid
zahlreich beitanden zu haben.
Das Jahr 1447 bradte eine Brubderjchaft zum Hl. Thomas von
Canterbury, deren Feite in der Pfarrfirce zu begehen waren? Im
Jahre 1514 entjtund eine Bruderſchaft ad S. Wendelinum, die
auch in der Pfarr: oder Stiftskirche ihre Andachten abhielt ?.
In den eriten Zeiten der Neformation im baben=badenjchen
Gebiete wurden die Bruderſchaften aufgehoben und deren Vermögen
jollte für „nützliche Zwecke“ verwendet mwerbend. Mit dem Auftreten
der Gejellihaft Jeſu aber lebte auch das Bruderſchaftsweſen mwieber
auf und war ihr Gottesdienft, wie wir gejehen, vielfach mit dieſen und
ihnen eigenthümlichen Andachten verknüpft. Auc hatten fi mande
2. Antonio Columba. Das Schloß ift feit einigen Jahrzehnten zur Kaferne ge:
macht, und auch bie Kirche, in welder während ber fegten Jahrzehnte die Pro:
teftanten GEitlingens ihren Gottesdienft abbielten, wird demnächſt wahrſcheinlich
ebenfalls militärifchen Zweden dienen. Von ben erwähnten Frescomalereien wird
Nichts mehr fihtbar bleiben.
ı Ardhivalten.
2? Ebenſo.
3 Arhivaften. Ueber den Rödberg auf der nörbliden Eeite der Alb und
Kreuzelberg auf der füblihen fiehe Baber, Fahrten und Wanderungen, 1, 327.
+ Urkunde auf ©. Thomä. 1447. Archiv.
5 Urkunde Montags nad S. Katharina. 1514.
6 Ardivalten.
113
derlei Sodalitäten bejondere Aufgaben geitellt, wie diejenige der „ung:
geſellen“, welche e8 übernommen, das auf ber Albbrücke ftehende
„Marianiſche Bildnig“ in Stand zu halten.
Unjere Schilderung ded noch um Mitte de vorigen Jahrhunderts
bejtehenden kirchlichen Leben zu Ettlingen wird vervollitändigt,
wenn wir die vielen Wallfahrten und Bittgänge und vergegen-
wärtigen, morüber der Auszug aus dem Bifitationsprotocoll von 1683
hinlänglich aufklären wird.
Nah Aufhebung des Sejuitenordens im Jahre 1773 wurden die
Ettlinger Pfarrei neu bejeßt, die Pfarrcompetenz neu regulirt und
vier Caplane zur Berjehung jeeljorgerliher Verrihtungen in den Filial-
orten Spejlart, Reichenbach, Bujenbah, Elzenvoth und an der Bickes—
heimer Kapelle angejtellt; jodann der Stapellenfond der St. Katharinen:
pfründe zu Bickesheim dem Pfarrfonde zu Ettlingen einverleibt und
dem Pfarrer dajelbit gejtattet, das ehemalige Sejuiten-Collegium zu be—
wohnen .
Bor 63 Jahren hat man die Pfarrei neu dotirt. Die Urkunde
darüber trägt da3 Datum vom 21. Juli 1815, während die Urkunde
über die Union des Bidesheimer Beneficii cum annexis unterm
26. September 1791 gegeben iſt. Wir lafjen jet die Auszüge aus den
Bifitationgprotocollen von 1683, 1701, 1732, 1736 und 1756 folgen
und gehen ſodann zu den Pfarreien des Albthales über. Es find
die folgenden: Speſſart, Shöllbron, Bujenbad, Stupferid
und Burbad mit Marrzell, melden wir Einiges über die Klöfter
Frauen- und Herrenalb anjchliegen werben.
Ettlingen. 1683.
Civitas est non invenusta marchiae Badensis. Insigni principis palatio
exornata. Ducentorum prope eivium quos inter nullus acatholicus, duae judae-
orum familiae; ad parochiam hanc pertinet Spesart 24 fam.; jurisdietionis
Frauenalbensis, frequentunt hi parochiam Schelbrunn, Reichenbach,
16 fam., Busenbach 12 fam., Azenroth 6 familiarum, qui parochiam in
Stupferich frequentant. Duo molendina, die Watter-Mühle und bie Kirch—
Mühle. Rippurch 20 fam., per haeresin a Durlacensi abstractum. Ecclesiae
parochialis patronus S. Martinus. Dedicatio dominica post Oswaldi.
Collator marchio Badensis. Decimatores. Abbatissa Lichtenthalensis de-
cimas majores frumentarias sola, ex decimis hordei et vini duas tertias et
capitulum canonicorum Ettlingensium unam tertiam. Pari modo dividunt deci-
mas minores in Rippurch, ut abbatissae cedant duae tertise, capitulo vero
una. Animalia seminalia quo numero alenda controvertunt civitas et abbatissa
Lichtenthalensis. Haec fatetur se ad duos tauros alendos et curandos obligare
I Arhivalften,
Archiv. X. 8
114
Lichtenthahlenses. Illa pro crescente pecorum numero quatuor exigit. Verres
quot necessarii curant et alunt duo cives Barthel Hanff et Wenzel Müller, ex
bonis viduatis, nunc „Eberader“ dictis.
Ecclesia parochialis simul et collegiata, translatis huc ob licentiosam
vitam canonicis Bikesheimensibus anno 1460 sub Pio II pontifice Joanne epi-
scopo ac Carolo marchione, restrictusque numerus 24 canonicorum et aliquot
vicariorum ad 12 canonicos et totidem vicarios. Nunc unus unicus decanus,
qui simul pastor vix ali potest, ita per haeresin direpta et deperdita omnia,
ut totius collegii reditus pecuniarii tam pro alimentatione personarum, quam
conservatione fabricae et satisfactione ministrorum non extendant se nisi ad
535 fl., ex quibus qui solvantur certo non sunt nisi 130. Unde pro restau-
ratione proventuum inspectio et administratio commissa rectori societatis Jesu
domus tertiae probationis Ittlinganae, cui et procurator collegiatae reddit ra-
tiones et absque cujus praescitu nihil de rebus collegiatae disponit, atque in-
super d. marchiones jus suum conferendi parochiam in eundem pro tempore
rectorem in perpetuum transscripserunt, confirmante hoc ipsum celsissimo Spi-
rensi episcopo Lothario Friderico anno 1663 ultima Februarii, ut magnae in
pergameno hac super re, confectae et exhibitse litterae docent.
Ecclesia satis ampla alta et capax; chorus, qui turri a navi dividitur,
solus habet fornicem, navis tabulatum et duas aequales alas, fuit ea quidem
recenter reparata, sed ita forte obiter ut, nisi mature provideatur, tecto dam-
num non leve sit aditura, de quo monitus rector.
Turrim conservat monasterium Lichtendalense. Campanas quarum quin-
que satis magnae et benedictae, communitas; funes oeconomus seu procurator
collegiatae. Chorum collegiata, navim civitas. Fenestras, scamna, januas, vi-
num, hostias, libros, ornatum, oeconomia ecclesiastica. Ornatum tamen pro
tempore maxime curat et auget recens instituta rosarii fraternitas.
Altaria quinque, omnia consecrata, nullum fundatum, cum eorum funda-
tiones per Lutheranismum dissipatae atque, ut seniores narrant, supra 1500 fl.
a praedicantibus adhuc memoria hominum sublatae, pleraque bona etiam a
eivibus saecularizata, ex quibus 24 canonicales aedes et cet.
Reliquiae nullae, nisi notabiles aliquot particulae recentes Roma allatae
ac fraternitati donatae, et in duabus tabellis vel cistulis inclusae: S. Bonifacii,
S. Felicis, S. Desiderii, S. Justi, Martyris, S. Constantiae, M., S. Coelestinae.
Sacrarium in pariete chori honestum mundum et clausum. Lampas solis festis
solemnibus accenditur, et quando exponendum vel reponendum fertur per cho-
rum et navim, nulla praelata fax aut lumen. Monstrantia cuprea deaurata
triangularis operis antiqui. Ciborium argenteum deauratum, recens ex duobus
calicibus et duabus argenteis ampullis conflatum. Pixides pro sacris oleis ar-
genteae satis parvae. Calices quatuor argentei deaurati, unus minor ejus cupa
argentea, pes cupreus. Scyphus communicantium argenteus. Crux et altario-
lum argentea. Casulae 10, quae usui, plures quam 30, quae attritae et nul-
lius usui. Pluvialia 4 adhuc bona. 10 alia attrita et nullius usui. Dalma-
ticae 3 colorum. Albae 4, una attrita. Superpellicea duo, Suppellex linea
satis exilis vix necessaria. Missalia 4, duo Romana, duo Spirensia. Cantualia
nulla et cantus admodum miser, restauratur is per modernum ludimagistrum !.
1 Der Meßnerdienſt zu Gttlingen wurde durch das Frauenkloſter Lichtenthal,
115
Baptisterium bonum. Confessionalia duo satis vilia. Cathedra bono loco
sed vilis antiqua lignea.
Agendae duae aitritae Moguntina et Spirensis!. Liber baptizatorum
ab anno 1646 a patribus societatis Jesu inchoatus ac dein accurate servatus.
Confirmati ultimo 1663, qui mane admissi post omnes remissi. Sedes singulis
propriae, unde lites continuae. Circa sepultaras aut bona ecclesiae lites nullae.
Siquis sepeliatur in ecclesia locum debet redimere 10 fl., ita mandante mar-
chione.
Processiones. Una solemnis per civitatem in festo corporis Christi,
in cujus octava et dominica infra octavam, uti et festis B. V. ac primis do-
minicis mensis cum Venerabili circa ecclesiam. Item sine venerabili circa
ecclesiam omnibus dominicis et festis à paschate ad pentecosten.
Festo S. Mareci et fer. 3 rogationum in Ettlingweier, lunae rogationum
in Bulach, Mercurii una cum tota satrapia ad leprosorium, ubi sub dio di-
eitur et celebratur non absque continuo periculo gravis irreverentiae. Festo
visitatae virginis in Bickeshein. Die Veneris sancto ad coemeterium cum re-
praesentatione armorum passionis Christi.
Anniversarium nullum, omnia distracta; olim plurima et haberi solita
in ossuario, supra quod a marchione nobilissimae scholae erectae quales nul-
lae in patria. Puellarum separata ab adolescentibus scamna.,
Bona et reditus ecclesiae pleraque abalienata, colliguntur ab oeconomo
seu procuratore ecclesiastico. Reddit is rationes rectori societatis Jesu inde-
pendenter à camera. Universim qui fixi et pecuniarii non extendunt se ultra
130 fl., hine solvendus pastor, ludimagister, aedituus et omnia in ecclesia con-
servanda et curanda, subvenitur tamen in frumentis et in vino.
Filiales. Spessart, pagus 24 familiarum, jurisdictionis temporalis
Frauenalbensis; sacellum habet ad viam in angusto coemeterio situm, non in-
venustum et pulchre hoc anno renovatum.
Patronus S. Antonius. Dedicatio dominica Jubilate. Altare unum non
consecratum, nec dotatum. Örnatus altaris sed non ad sacrificium requisitus.
Coemeterium auctum a nobis benedictum.
Ex censu annuo habet 38 fl., rationes reddunt satrapae d. abatissae.
Reichenbach, sacellum exustum necdum reparatum; ad ejus restau-
rationem obligatur dux Würtembergensis ob decimas, quas ibidem colligit.
Busenbach, sacellum S. Catharinae et dedicatio dominica post Michaelis,
fabricae turris et muri coemeterii plane ruinosa, modo pulchre et ad decorem
reparantur. Örnatus in eo antiquus, altare unum non consecratum, census
annuus 6 fl.
Sacellum aulicum in angulo alicujus magni conclavis, benedietum 1663
ab M. M. episcopo Lothario Friderico, quando etiam paucis horis confir-
matum ?,
Sacellum ad leprosorium medio quadrante ab urbe neglectum. Sacel-
als Gollatrir, beftellt und befoldet... Die Frucht: Befoldung wurde nad ber ba=
mals beftehenden Mefnerorbnung von dem Zehnten bes dem Gotteshaufe zugehörigen
fog. Berenhoſes zu Ettlingen beftritten. Arcivaften, 1640-1752.
1 Eiche S. 96, Anmerfung 4.
? Unterm 8. Auguft 1683.
8*
116
lum in coemeterio tam amplo, quam est in tota dioecesi, parum adhuc orna-
tum servit vespilloni * pro recondendis instrumentis et seminibus, habet is coe-
meterio eircum eirca tres ordines vitium ? et in capite oblongum hortum, se-
pelit mortuos ordinate et inchoato tertio ordine extractis crucibus complanat
primum, ut tanto melius gramen habere possit. Crux est in medio lapidea
bene elaborata, situm est ad ingressum in urbem, nonnihil a via bono muro
clausum.
Ecclesia hospitalis ad moenia sita, servata domo hospitalis pro pau-
peribus a marchione data societati Jesu. Hanc bie auctam pulchre ex-
ornarunt, habentes satis miseram et angustam annexam habitationem domui
tertiae probationis destinatam, quo juniorum patrum erudita instructione pars
illa marchiae Durlacensibus vicinissima, ab eorum haeresis veneno, quo non
ita pridem tota infecta fuerat, praeservaretur, parte redituum hospitalis patri-
bus a marchioni attributa.
Pastor, qui et pro tempore christianitatis Ittlingianae decanus admodum
r. d. Joannes Jacobus Ziegler, Constantiensis, aetatis suae 61 anni, annis
28 hujus urbis pastor. Vir supra modum varius et inconstans totus contractus
domi semper residet ac quandoque etiam ad ecclesiam deportatur maxime in
festis majoribus. Parochialia pro illo administrat sacellanus r. d. Romericus
Helman, ordinis S. Benedicti ex monasterio Amorbacensi cum venia praelati,
habet hince medios reditus pastorales et omnia jura stolae ac propria vivit
quadra 3, Vir mansuetus, diligens et bonus musicus, debilioris tamen valetudinis.
Coneiones dominicales et festivas per annum et catechismos habet certus
e societate Jesu, pro quo ei cedit pastor annue 100 fl.
Habentur sacra omnia accurate et diebus festis et dominicis binat sacel-
lanus, ac pastori speciatim in domo vel ecclesia legit sacrum atque ita saepe
in eadem ecclesia binat, quam non putem fuisse mentem hanc binationem con-
cedentis r. vicarii.
Parochiam possidet ex investitura, annum competentiae incipit festo
S. Georgi. Domum pastoralem curat oeconomia ecclesiastica, quae valde
queritur contra modernum r. d. decanum, quod malitiose negligat et damnum
multa pecunia vix reparabile propria culpa domui viscerat tectum, maxime
aliaque negligendo nec quicquam conservando.
Pro competentia annua habet ex oeconomia ecclesiastica: siliginis 20 mald.,
hordei 15 mald., avenae 10 mald., pecuniae 100 f., vini 3 fuder, item ex ca-
pitali 2000 fl. et 20 fl., quos marchiones capitulo debent 100 fl., item ex de-
cimis monasterii Lichtendalensis speltae 10 mald. Jura stolae ex sponsalibus
et proclamationibus O, copulatione 18 batz., dimissoriis 18 batz., baptismo 0,
introductione 0, ex provissione aegrorum 0, administratione aliorum sacramen-
torum 0, conductu funeris majoris et tribus sacris 2 fl., funeris minoris '/, fl.,
concione funebri 1 rchtlr., sacro per annum votivo 1/, fl.
Sacellanus non habet proprias aedes, unde cohabitat civi, cui pro victu
hebdomatim solvit unum imperialem. Ludimagister et organoedus, Henricus
Jaeger, satisfacit officio, vir prudens et maturus.
! Tobtengräber.
2 Vitis, Nebe.
3 Propria vivit quadra, cr führt einen eigenen Tiſch.
117
Constituitur a capitulo dependenter a satrapa et senatu. Pro competen-
tia habet: siliginis 16 mald., speltae 5 mald., avenae 0, hordei 5 mald., pe-
cuniae 50 fl., ex Instructione pueri quartaliter 15 kr., vini 1 uber 3 Ohm,
Director horologii eivis, qui suum stipendium aceipit a civitate, quia
nullum horologium in ecclesia, sed in domo civica et supra portas.
Aedituus, Otto Scheffer,, Ettlinganus, satisfacit officio, constituitur a mo-
nasterio Lichtendalensi, ex cujus decimis pro competentia habet: siliginis
10 mald., speltae 10 mald., arenae 5 mald., hordei 5 mald., vini ex collegiata
2 Ohm, ex copulatione 10 kr., ex funere majori 10 kr., domum habet ex oeco-
nomia ecclesiastica, in qua, quia jus civicum et tribum sartoriam assumpsit,
astringitur ad omnia onera civica.
Pueri ob paupertatem parentum non mittuntur vel non nisi pauci ad
scholas. Catechesis duodecim per annum ommittitur ob sodalitatem agonizantis
Christi.
Abusus aut superstitio nulla. Confraternitas rosarii in parochia et agoniae
in templo p. p. societatis Jesu in flore,
Pro saltu ab annis 15 licentiam facit satrapa, festis et dominicis et saepe
etiam sub catechesi.
Dies festos laboribus suis prophanant multi sutorum et sartorum. Dili-
gentes in sacris non ita in catechesi. Scandalum publicum nullum. Venera-
bilis ad aegros nullus comitatus. Obstetrices duae juratae et bene informatae.
Inventarium ecclesiae penes civitatem,
Visitatio inchoata ante annos 28 sumptu cleri. Communionis paschalis
nulla habetur ratio. Festis exponuntur venalia. Leprosorii et hospitalis bene-
fundatorum aliam informationem,, quam sequentem non accepi.
Extractum auf dem flatt Lägerbuch, renovatum 1579, Fol. 25.
Meinem gnädigften Fürften und Herren S. Philips, Margraven zu Baden
n. f. w. Iſt das Epital zu Ettlingen mit allem Begrieff, auch allen andern Zuges
börungen, güttern, eygenthümlich zuftändig; es fol auch fein Mann oder Meibe:
perfon, weder jung noch alt, ohn jonder Vorwießen Vndt Berwilligung feiner fürfts
lichen Gnaden darin pfründt Weiß eingelafjen oder angenommen werden.
Von den Gravamina gegen den Pfarrer theilen wir mit:
7. Quod noviter eſſſetam confraternitatis B. V. statuam vel potius vesti-
tum truncum, cui tantum exsculpta facies imposita, praedicet miraculosam,
ac cerea et lignea circum appendi faciat magno numero anathemata.
8. Ossuarium cum sacello conversum in receptaculum omnis generis in-
strumentorum, scalarum, lignorum, a civitate prophanatum.
9. Coemeterium eirca ecclesiam conversum in forum publicum, ut ad ip-
sam usque ecclesiam supra sepulchrales lapides stent et venum exponentes,
ac conis aliique ludentes.
10. Coemeterium quod ante urbem redigi in pratum plantari vineam ar-
bores et caet. et extractis crucibus complanari a vespillone, cui hoc solum
cedit praeter mercedem a singulis in compensam officii.
Acta capituli ruralis convocati 1683 die 11. Augusti comparentibus tan-
tum d. decano Stelle, d. Knoejler, d. Hausser, definitoribus d. Fehring, seniore
ı Dberrb. Zeitſchr. 2, 174. Anmerkung 1.
118
aliis sese excusantibus hisce autem impositum ut quae acta aliis communi-
carent. Communicantes 765, aegri provisi 15.
Ettlingen. 1701. 1732. 1736. 1756.
Bifitationsprotocoll vom Jahre 1701. Etlingen in marchia.
Numerantur familiae catholicae 186, acatholica una, judaicae tres. Pa-
rochiam administrant PP® Societatis Jesu ex collegio ibidem. Competentia:
In fixo 200 fl,, vini 3 plaustra, siliginis 20 mald., hordei 15 mald., avenae
10 mald., speltae 10 mald.
Solvit hanc competentiam ecclesia parochialis Ettlingana, si unum vini
plaustrum excipias, quod ad monasterium vallis Lucidae ab eodem reficitur.
Jura stolae penduntur de solis nuptiis et exequiis. Domus parochialis,
horreum... ab urbis incendio adhuc sepulta jacent.
Domus scholaris denuo est exstructa. Jus collationis habet collegium
Etlinganum soc. Jesu. In vini partibus duabus, et frumentö colligit decimas
monasterium Lucidae vallis.
Perdidit ecclesia summas capitales multas, potissimum in marchia Durla-
censi et in ducatu Wirtenbergico, magistratu loci hypothecas sibi vendicante.
Chorum conservat ipsamet ecclesia. Navim tenetur conservare urbs Et-
lingana. Turrim tenetur reparare dm& abbatissa in Liechtendahl ut decimatrix ;
quae tamen adhuc onus non agnoscit, ex concesso sibi privilegio a serenissimis
marchionibus, quam quod teneatur ben Thurm zu latten und mit Zieglen zu be=
benfen.
Fundatum ab Ettlingano hospitale unum, sed a pluribus annis, ex defectu
mediorum, ab hospitulariis non incolitur.
Fundatae sunt etiam eleemosynae, sed quomodo impendantur, latet
parochum.
Fundatum est etiam anniversarium, quo modo vero fundatum sit, non
constat parocho; aceipit is 15 fl. Pauperibus etiam distribuuntur panes. Com-
petentia ludimagistri in fixo 30 fl., siliginis 6 mald., vini 2 Ohm. Unam me-
dietatem solvit ecclesia parochialis, medietatem alteram singulorum hospitale.
Competentia aeditui 21/, fl., vini 11/, fl. Hanc solvit ecclesia parochialis.
Monasterium vallis Lucidae solvit eidem: Siliginis 10 mald., speltae
10 mald., avenae 10 mald., hordei 2 mald.
Neosponsi et sponsae examinantur e catechesi et pridie nuptiarum in
sacristia coram parocho et testibus sponsalia renovant.
Patronus ecclesiae est S. Martinus ep. Exstant tria altaria, duo in
ecclesia et tertium in sacristia, quae singulae sunt visitatae.
Uno abhinc decennio, erectum est ex devotione ac sumptibus cujusdam
matronae, de consensu mariti sui, in fundo collegii societatis Jesu sacellum
in honorem S. Antonii Paduani, sed absque consensu et approbatione ordinarii
et sine dote. Per maritum, qui jam ad secunda vota transiit, sacellum utrum-
que conservatur, disponit is libere de oblationibus, nulli de iis reddens rationem.
Fiunt hic crebro sacra votiva,
Aus den Vifitationen von 1732 und 1756:
1732. Piarrer Pater Jacobus Beyer, soc. Jes. colleg. rector. Die Bruber:
ſchaft seti rosarii ift ohne beſondere Totation.
119
Ettlingen. 1736. Pfarrrector Urban Robert, soc. Jesu, annorum 70.
Leitete bie Vifitation von 1701. Es ſoll eine Todtenfapelle auf dem Kirchhof erbaut
werben. Pfarrhaus ijt feines da, wohl aber ber Pla unb ber fundus, allwo vor
dem Brandt dasſelbe geftanden.
1756. Das Epital in Ettlingen. Est Ettlingae hospitale, ut et specialis
receptura eleemosynatum, vulgo Almojen:®fleg, utrumque administratur per se-
natores, qui rationem visitationis suae, parocho nunquam conscio, neque ad-
vocato satrapae Ettlingano reddunt. Confraternitas. Parochus: P. Ignatius
Friess, soc. Jes. Wirceburgensis. Romae a 1730 titulo paupertatis presbyter
ordinatus ad Ettlingen praesentatus.
Filialen waren Spejlart, Buchenbach, NReihenbah und Ekenroth.
Aedes parochiales anno 1689 incendio Gallico vastata adjacet. Admini-
strantur sacramenta ex rituali novo Spirensi.
20. Spellart.
Zu Spejjart (ehedem „Spechtshart“), einem Dorfe, welches in
Urkunden von Herren: und Frauenalb ſchon frühe erjcheint, bejaken
jowohl die Dynaften von Nojemwag, ald die Edeln von Nietbur
und von Ubjtadt, wie das Kloſter Hirihau theils Herrichaftliche
Rechte, theils Güter, welche im letzten Decennium des 13. Jahrhundert,
jet e8 durch Schenkung, jei e8 durch Kauf, an Frauenalb gebiehen !.
Die Abtei Herrenalb, welche 1292 zwei Mühlen zu Fürjtenzell
bei Ettlingen durh Schenkung von Markgraf Friedrich II von
Baden erhalten Hatte, übte jeit diefer Zeit inSpejjart dad Mühl:
bannredt aus, ähnlid wie dad Kloiter Gottesau durd die Abt3-
mühle bei Darlanden, in Knielingen, Bulach und Beiertheim, und mie
Frauenalb durd die Marrzeller Mühle in Burbach, Scillberg m
Pfaffenroth ?.
Auch erhellt aus den Waldakten, daß die Orte des unteren Aib⸗
thales, wozu auch Speſſart gehörte, in einer Waldmarkgenoſſen—
ſchaft geſtanden haben, deren Mittelpunkt ſich in der älteſten Zeit wohl
zu Ettlingen befand, gerade wie Rothenfels, der älteſte Kirchort
der alten murgthäler, Schifferzunft und Waldmarkgenoſſenſchaft war.
Übrigens deutet der urſprüngliche Name von Spejjart an, daß
der Ort jelber aus einer Anfiedelung im Walde entitanden ®.
1 Dberrb. Zeitſchr. 1, 251; 5, 253; 27, 65. 66. 67.
? Dberrb. Zeitſchr. 2, 362. Sachs 3, 260.
3 Dajelbit 16, 151. Archivakten von 1551. Die von ber Gemeinde
Speilart gegen bie Gemeinde Ettlingen geführte Beſchwerde, daß dieſe als Markherr:
Ihaft jene im dem Waldgenujje, wie im Beholzigungs: und Eckerichsrechte be:
ihränfen wolle.
120
Die Bewohner von Epefjart waren von ben ältejten Zeiten her
firhhörig nad Ettlingen, wo die Hauptlirdhe des vordern Albthales
ſtund. Grit gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde da ein Kirchlein ges
baut, in welchem auf Kojten der Spefjarter jede Woche eine Meſſe gelefen
werden jollte Den Prieiter hiezu beftellten Dechant und Gapitel zu
Ettlingen. Hierüber ijt eine Urkunde von 1493 gedrucdt, auf melde
wir ausdrücklich vermeijen t.
Unterm 28. April 1493 jtellte auch der Generalvicar des Biſchofs
Ludwig zu Speier eine Urkunde au, worin derjelbe befennt, daß er
an dieſem Tage die Kapelle zu Spefjart und einen Altar darinnen zu
Ehren der hl. Jungfrau, wie der heiligen Antonius, Wolfgang und
Erasmus geweiht habe, und allen denen, welche an bejtimmten Tagen
in der Kapelle ihre Andacht verrichteten oder fie beſchenken, gemifje An:
dulgenzen zufichert 2.
Das Spejjarter Kirdlein, deſſen Zuſtände die folgenden
Auszüge aus den Speierer Bifitationsprotocollen des Näheren jchildern,
blieb Filiale der Pfarrei Ettlingen bis zum Beginne unjered Jahr:
hundert3, wenn fie auch von einer anderen Pfarrei aus verjehen
wurde, wie im Jahre 1731 von Schöllbronn aus; denn erjt zwi—
ihen 1806 und 1807 wurde dort zu Spefjart eine Pfarrei erridh:
tet, eine neue Kirche und ein Pfarrhaus erbaut ?,
Das alte Kirchlein hatte mannigfache Reparaturen erfahren, wobei
es öfters zu Streitigkeiten fam. Man bezog Holz aus den Ettlinger
MWaldungen, dejien Bezahlung die Gemeinde aus dem Grunde verweis
gerte, weil fie als Marfgenofjenfhaftsmitglied zu ſolchem Bezug berech—
tigt jei. Im Jahre 1783 murde auf Verlangen der Spefjarter ein
eigener Pfarrvicar aufgeitellt *.
Es folgen nunmehr die Auszüge aus den verjchiedenen Viſitations—
protocollen:
Spessart.
Pagus 24 familiarum, jurisdietionis temporalis Frauenalbensis, sacellum
habet ad viam in angusto coemeterio, situm non invenustum et pulchre hoc
anno renovatum. Patronus S. Antonius, dedicatio dominica Jubilate. Altare
unum, non consecratum, nec dotatum; ornatus altaris, sed non ad sacrificium
requisitus. Coemeterium auctum a nobis benedictum. E censu annuo habet
ı Oberrb. Zeitſchr. 27, 67 fi.
2 Sbenda:
3 Ardivaften.
4 Arhivalten.
121
38 fl., rationes reddunt satrapae dominae abbatissae (Frauenalb). Aus bem
Berichte ber bifchöflich ſpeieriſchen Vifitatoren Osburg und Meg über Ettlingen,
unter deſſen Filialien Epejlart gehörte. Liber Visitat. episcop. Spir. 1683 II, 122.
1701. Aus dem Bifitationsbericht der Sefuiten Georg Klein und Urban
Kobert v. 1701. Fol. 39. Spessarth: Est ecclesia filialis, spectans ad paro-
chialem Ettlinganam; sub jurisdictione temporali serenissimi Badensis; familias
numerat 21, omnes catholicas.. Collator est serenissimus Badensis. Deci-
marum duas partes colligit abbatissa dominarum Albensium, tertiam ecclesia
parochialis Ettlingana. Ecclesia servari et reparari debet a domina abbatissa.
1715. Juni 12. Bericht der bifchöflich jpeierifchen Vifitationscommiffion von
1745, %ol. 201—204. Invenimus ibidem ecclesiam et turrim praenimis ruinosas,
ita vix secure pluvioso et ventoso tempore in eadem celebrari possit!. Tenetur
ad earundem reparationem abbatissa in Frauenalb pro duabus tertiis, pro
altera collegiata Ettlingana. Coemeterium, per sepulturam diversorum haereti-
corum in eodem tempore belli sepultorum violatum et profanatum, pro eo re-
conciliando benedicimus aquam et ejus reconciliationem rev. P. rectori Ettlingano
commisimus. Sanctus est sat dives, ut apparet ex sequentibus extractibus.
Sed hos reditus colligit abbatissa in Frauenalb, et si subditi necessaria pro
ecclesia petant, eadem aegerrime obtinent ?.
21. Scöllbronn.
Das Pfarrdorf Shöllbronn (in alten Urkunden Scheltebronn,
Sceltebronn genannt) liegt jüblih von Ettlingen auf einem Gebirgs—
rüden zwiſchen dem Alb: und Rheinthale ?._ Deſſen Fennendwerthes
Dorfrecht iſt in der Zeitichrift für Geſchichte des Oberrheins mitge-
theilt worden“.
In Shöllbronn beſaß das Klojter Gottesau einen Hof, welcher
jhon in der Beitätigungsurfunde des Papſtes Urban aus dem Jahre 1261
erwähnt ijt, und Herrenalb erwarb fi dort 1321 einige Gefälle,
während Frauenalb dort feine Beſitzungen hatte.
Nach einer Angabe in den Schöllbronner Kirchendienitacten ijt bie
dortige Pfarrfirde ad sanctum Bonifacium im Jahre 1438 ges
weiht mworben, mit welcher Feier eine vierzigtägige Indulgenz verbun-
den war ®.
1 Daber bie Reparatur i. 3. 1717,
2 Dberrb. Zeitſchr. 27, ©. 69.
8 Oberrh. Zeitſchr. 6, 69; 16, 14. Dümge, Reg. Bad. 32.
* Banb 16, ©. 142.
s Dümgea.a.D. Oberrh. Zeitfhr. 6, 68; 25, 84. 89. 365.
6 Consecratio chori et summi altaris ecclesiae parochialis in villa Schell-
bronn, 1438, dominica proxima ante festum sancti Michaelis archangeli in
honorem sancti Bonifacii P. et M. DVergl. au Liber spiritualium sub Da-
miano Hugone episcop. Spirets. de anno 1716. Fol. 58.
122
Durh Sebajtian von Nemdingen fam da3 Dorf nebit Leihung
der Pfarrei und der Pfründe im Jahre 1457 um die Summe von
2700 Gulden an den Marfgrafen Karl von Baden und ift nun aud
jeither der Pfarrſatz beim marfgräfliden Haufe geblieben '.
Nach dem bereit3 erwähnten Dorfrechte hatte der Pfarrer den Ge:
meind3farren und Eber zu halten und auch, wenn die Gemeinde Schafe
309, den Widder, wofür des Pfarrers Vieh hirtenlohnfrei gehen follte.
Die Abfafjung des Dorfrechtes hat Mone wohl irrthümlih in
dag Jahr 1485 gejett, während es höchſt wahrjcheinlich in das Jahr
1585 fällt. Denn das Dorf gehörte bis 1457 denen von Remchingen,
und nur unter der Borausjeßung, daß dasjelbe jchon jeit damals ba-
diiyh war, kann es heißen: „Item, das Gericht zu Schellbronn hat von
Altersher unferem gnädigen Herren, dem Markgrafen zu Baden,
und dem Dorfe eine eigene Mark erfennet.“
An diefem Dorfrechte ift auch des Pfarrerd- Widem erwähnt. In
einer Urkunde von 1571 find Schöllbronner Heiligenpfleger der Beiert-
heimer Kirche genannt. Markgraf Ernſt Friderich von Baden hat
im Sabre 1596 den Pfarrer Albert für Shöllbronn ernannt. Kirch:
lihe Reparaturen fielen in die erjte Hälfte des 17. Jahrhunderts. Das
Pfarrhaus ward zwifchen 1601 und 1617 veparirt, und 1606 wurden
die Glocden durch den Straßburger Glodengießer Hanna Jakob Müller
umgegojjen.
Später adminiſtrirten die Ettlinger Jejuiten die Pfarrei, deren
Zujtände um 1680 das Bilitationsprotocoll enthält. An ihre Zeit fallt
der große Streit der Gemeinde Schöllbronn gegen die Gemeinde
Stupferich wegen des Vorgangs bei Procejfionen und Bittgängen in
der Kreuzwoche, welcher 1726 gütlich beigelegt wurde.
Noch um 1740 verjahen Sejuitenpatres die Pfarrei und unter ihrer
Affiitenz wurden 1744 die Reliquien bed Hl. Bonifacius approbirt.
Große Reparaturen der Kirche fielen in die Jahre 1749 und 1759, und
in das Jahr 1782 der Neubau des Pfarrhaujes ?.
Die Bifitationsprotocolle von 1683 und 1701 laſſen ung Folgen—
des wiſſen:
Schelbrun.
Pagus 18 familiarum solius in temporalibus jurisdictionis Badensis, sa-
trapiae et decanatus Ittlingani, nullum alium annexum habet, plures autem,
qui ob viciniam relicta parochia remotiore huic sese conjungunt. Patronus
ı Urkunde von 1457. PetrisStublfeier, Bad.:Bad. Repert.
? Archivakten.
123
S. Bonifacius. Dedicatio dominica post Matthaei. Collator marchio Badensis.
Decimator pastor solus, majorum aeque ac minorum, majores decimae hoc anno
praestant, silig. 20 mald., avenae 33 mald., hordei 2 mald., speltae 1 mald.;
minores decimae elocatae pretio 4 fl.
Pagus, ante annos centum magis habitatus, pinguiores reddebat decimas
teste libro cancellariae Badensis (Lagerbuch v. 3. 1582).
Eccelesia angusta et munda; chorus sub turri, in qua campanae duae,
dubium an benedietae. Tabulatum ecclesiae ligneum satisque miserum, tectum
totum ruinosum et tam apertum, uti et turris, ut undique perpluat, unde
trabes quae campanarum fundamentum totae computrescunt,
Coemeterium, quod ludimagister depascit, arboribus et sentibus ex parte
obsitum, jussione nostra expurgatum. Murus, qui ecclesiam et coemeterium
in colligulo sita ex parte sustinet, paulatim collabitur, non absque pericul€ 5”
ruinae gravioris, Nesciunt seniores speciatim rogati, quis aut ecclesiam aut
coemeterii septa curare teneatur, unde omnia negliguntur, interpellata cancel-
laria promisit restaurationem.
Altare in ecclesia unum non consecratum, nec dotatum. Reliquiae nullae,
Sacrarium in pariete mundum et clausum. Lampas sub divinis afcenditur.
Monstrantia cuprea antiqua. Ciborium cupreum deauratum. Calices
duo, unus argenteus deauratus, alter cupreus deauratus. Pixides pro sacris
oleis stannea, casulae 3, alba una, superpelliceum unum, reliqua suppellex
necessaria.
Baptisterium antiquum vastius pro proportione ecclesiae. Lebes cupreus
stanno obducatus. Caeteroqui mundum et clausum. Confessionale bonum. Ca-
thedra lignea antiqua. Missale Romanum.
Agenda Argentinensis. Liber baptizatorum ex quo tempore patres ad-
ministrant accuratus. Curantur omnia ex censibus ecclesiae, uti et vinum,
hostine, ac scamna, quae indolatae trabes. Confirmati, qui admissi fuerunt
anno 1663.
Lites circa sedes, sepulturas aut bona ecclesiae nullae. Processiones una
cum venerabili in festo corporis Christi circa et intra pagum. Festo S. Marci
eirca sata aliis rogationum diebus semel in Spessart et dein ad cruces diversas.
Mercurii Ettlingam ad leprosorium. Anniversarium nullum. Census ecclesiae
colliguntur a duobus curatoribus juratis. Rationes fiunt satrapae absente pa-
store; habet illa ex annuo censu 11 fl., 2 Malter Korn, 7 libr. olei, et hinc
collapsum paene templum ac domus parrochialis restauranda et cum aliis con-
servanda ?
Sacellum aut filialis nulla.
Parochia cum magna parochianorum satisfactione et commendatione ad-
ministratur a patre societatis Jesu domus tertiae probationis Ittlinganae, qui
omnibus dominicis et festis via satis longa et difficili excurrit et si opus etiam
per septimanam,
Conciones et catecheses habentur accurate, nullus neglectus, assistit mo-
rientibus non sponsalibus. Nullus copulatus vagabundus, nec alterius parochiae.
Domus parochialis corruit, sanctus tenetur ad restaurationem. Ejus vero
census ita neglecti et deperditi, ut necessaria vix praestare possit, minus in
sui aut domus pastoralis necessariam reparationem vel obolum possit conferre.
Pro competentia habet pastor decimas omnes superius taxatas et 10 ju-
124
gera agrorum, ac sesqui jugerum pratorum. Horum pratorum medietatem cedit
pastor communitati pro curandis et alendis seminalibus,
Jura stolae ex baptismo 0, copulatione 18 batzen, conductu funeris et 3
sacris 1 rchsth., aliis omnibus 0. Ludimagister aedituus et director horologii
praesentatur a communitate, constituitur a communitate, constituitur a rectore,
domus tertia probationis Ettlinganae, satisfacit oficio. Pro competentia habet
omnes decimas, tertii rustici ex ditioribus; quae raro accedunt ad 4 mald. Item
a singulis unum manipulum, Item parvulum pratum. Item accidentia ut ludi-
magister in Bulach cum pro loco quia caetera notata et monita communia eo
remittimus.
Excepit haec parochia nos magno quadrante a pago pulchra et frequenti
processione ac in ecclesiam introduxit.
Communicantes 162.
Bifit. v. 1701, ©. 253.
Numerat familias catholicas 21. Parochiam administrant PPres societ.
Jesu, ex collegio Ettlingano.
Competentia constitit in ?/; majorum et minorum decimarum. Ultimam
tertiam accipit ludimagister. Collator est serenissimus marchio Badensis.
Ecclesiae fabrica reparatur sumptibus communitatis. Ecclesiae et altaris
patronus est S. Bonifacius. Lampas solum ardet tempore divinorum.
Domus parochialis solo est aequata. Horreum minime proximum est.
Quis teneatur utrumque instaurare, non constat,
22, Sufenbad mit den Filialen Reichenbach und Ehenroth.
Bufenbah wird in einer herrenalbiihen Urkunde von 1292
ihon ermwähnt!. Ebenjo Etzenroth (Ebercenrode) und Reihen:
bad) ?. Lebteres Dorf kam 1366 von Kunz von Schmalenjtein an den
Markgrafen Rudolph von Baben ?.
Die Orte waren vor ber Reformation Filiale der Mutterkirche
zu Grünmetterdbad, dann wurden fie als Filiale der Pfarrei Ett-
fingen zugetheilt. Als ſolche find fie auch im Viſitationsprotocoll von
1683 aufgeführt. Es iſt indeſſen dabei bemerkt, daß die Leute von
Neihenbah, Buſenbach und Ekenroth die Kirche zu Stupferid be-
ſuchten“. Die Bufenbader Filialkirche war der HL. Katharina gemeiht.
Markgraf Karl Friderich fundirte und dotirte 1795 mit Lei—
1Oberrh. Zeitſchr. 2, 362.
2 Daſelbſt 13, 70.
3 Bab.:Bab. Nepertorium. Bannrecht der Fürftenzeller Mühlen zu Bufen-
bad. Oberrb. Zeitſchr. 2, 362 (1292). Gemarkung, bafelbit 13, 70. Auch
find Urkunden über ben württembergifhen Hof zu Bufenbad vorhanden aus
den Jahren 1345 und 1485. Kundfchaft, daß er von jeher Beete an die Markgrafen
gegeben habe.
+ Siehe unter Ettlingen.
125
ftungen aus dem Stifte zu Ettlingen und von der Gemeinde für bie
Orte Buſenbach, Reichenbach und Etenroth, welche jeither im
Filialverbande mit Ettlingen gejtanden und von dort aus durch ercur=
rirende Gapläne des Sejuitencollegiums und jpäter der Pfarrei verjehen
worden, eine eigene Pfarrei zu Bujenbacd ad S. Catharinam, und
im Jahre 1798 bejtätigte Biſchof Wilderih von Speier dieje Stiftung
unter" Vorbehalt der Kirhenbaupflicht der Zehntherren (Baden, Würt:
temberg, Deutſchorden) und für die Zeit, jo lange die Einkünfte des
Heiligen in Bufenbah und Reichenbach für den dortigen Gottesdienjt
genügen würden 1.
Reichenbach wurde erjt 1843 zur eigenen Pfarrei erhoben, deren
Filial Etzenroth ift ?; Buſenbach aber, dejjen Pfarrer aud die Ka:
tholifen in Grünwettersbach zu pajtoriren hat, beſitzt fein Filial. Dem
Zandesherrn gehört hier der Pfarrjat.
Busenbach.
Visitatio dv. 1683. Siehe Ettlingen.
Visitatio v. J. 1701 (©. 204).
Filialis haec pertinet fam. 18, easque catholicas. Pendit parocho quot-
annis 10 fl, Ecclesiae, sicut et altaris, quod consecratum est, patrona est S.
Catharina, V. M.
Nomina baptizatorum, copulatorum et mortuorum reperies in libro ecclesiae
matriecis.
Reichenbach. Visit. 1759.
Fuit hie antiquitus sacellum et quidem consecratum, sed injuria tem-
porum pridem collapsum. Baptisterium et coemeterium autem nunquam habuit.
Sed baptizando et sepeliendo deferuntur Busenbacum. Ubi etiam festum dedi-
cationis sacelli Reichenbachensis dom“ post festum S. Michaelis, item festum
patroni S. Wendelini celebrantur.
23. Stupferid).
Das Pfarrdorf Stupferich wird zuerjt in Urkunden des Klo—
ſters Hirihau erwähnt, welches dort Güter beſaß. In den ältejten
Urkunden ift der Ort „Stuttpferrich” genannt, eine Benennung, melde
wohl auf dejjen urjprüngliche Beitimmung (Aufzudt von Pferden) hin:
weist. Zu diefem Dorfe gehörte auh Eldrisdorf (Alderichesporf),
ein ausgegangener Drt, von welchem der Name nod in einer Zelg der
ı Dberrb. Zeitſchr. 27, 125.
? Meichenbach hatte früher jchon eine Kapelle, denn es find im Urkunden aus
ber zweiten Hälfte bes 16. Jahrhunderts Heiligenpfleger zu Reichenbach erwähnt.
Oberrh. Zeitſchr. 24, 465. Anmerkung.
126
Gemarkung Stupferid übrig geblieben. Zu Eldrisdorf Hatte das Klofter
Herrenalb noch um 1430 einen Hof'.
Mit Ende des 13. Jahrhunderts fam die Hälfte ded Dorfes, der
Burg und Gemarkung durch Kauf von dem Ritter Albert, genannt
„Hofewart von Sickingen“, an das Klofter Herrenalb, und endlid er-
bielt Markgraf Bernhard III in jeinem Erbantheile dasjelbe, mie e3
Markgraf Philipp im Jahre 1526 von dem Abte Mary von Herrens
alb erworben hatte 2,
In dem Drte ftund aljo eine Burg mit eigenem Adel, auß wel:
chem in einer Urkunde von 1302 ein Albertus nobilis de Stuotphe-
rich erſcheint. Noch im Jahre 1564 wird „die Burghalde” zu Stupfes
rich erwähnt °.
Sn dem Orte war aud ein dem Klojter Frauenalb gehöriger
Hof, der jogen. Frauenhof. Den Mahlzwang dajelbjt hatten die dem
Klofter Herrenalb gehörigen Fürftenzeller Mühlen bei Ettlingen *.
Stupferih war eine Filiale von Grünmettersbah und murbe
erit in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundert mit einer eigenen
Pfarrei verjehen, denn ein Schreiben des Abtes Wolf zu Hirihau vom
Sahre 1451 fpricht von einem zu herrenalbijhen Lehen gehörigen Hauſe
zu Stupferich, welches zur künftigen Wohnung des dafigen Pfarrers
beitimmt fei und gegen andere Güter eingetaufcht worden. Bor 1438
aber bejaß der Ort nod Feine Pfarrei, was die Schöllbronner in einem
Streite wegen des Voranganges bei Proceffionen und Bittgängen aus
dem Jahre 1726 geltend machten. Es fiele demnach die Erridtung der
Pfarrei Stupferih zwiichen die Jahre 1438 und 1460.
Die Widdumsgüter der Pfarrei wurden 1583 bejchrieben und
neu vergeben, aud ſchon von dem damaligen Pfarrer Leibbrand
wegen Baufälligkeit des Pfarrhaufes, der Kirche und der Kirhhofmauern
Beſchwerden erhoben. Es jcheint aber wenig gejchehen zu jein, denn es
wurde unter den verjchiedenen Decimatoren Hin und ber verhandelt,
und jpäter kamen die Gefälle nebit dem Pfarrjage und der Baupflicht
vom Klofter Hirihau an die Deutihordens:-Commende zu Mergent:
heim, unter welcher noch gegen Ende des vorigen Jahrhundert3 eine
i Cod. Hirsaug. Ed. Stuttgart, 1836, p. 41. 48. 48. Oberrb. Zeit:
ſchr. 14, 393; 6, 324,
2 Dberrb. Zeitſchr. 2, 362. 363. Stupbirrich 5, 352. 461; 6, 324.
Stuphirrich, Urfunbden von 1307, 1349 und 1368.
3 Oberrb. Zeitſchr. 8, 391; 5, 352 und 461. Edle von Stupferid,.
Sachs 3, 204. DO. Zeitſchr. 8, 391; 7, 214; 2, 362; 5, 352. 461; 5, 216.
5 Archivakten. Der kath. Pfarrer wurde 1577 aber vertrieben, worüber
bei Vierordt 1, 514 nachzuſehen.
127
Pflegerei zu Stupferih bejtund. Aus den Akten ijt zu entnehmen, daß
um 1618 die eine Hälfte des Zehntens Württemberg und die andere
ber Deutjchordend- Meijterei zujtändig war !.
Erit im Jahre 1660 wurde der Verjuch gemacht, diefe Bauange-
legenheit im Wege einer nicht gerihtlihen Entſcheidung zu ordnen,
indem unterm 3. Juli genannten Jahres Markgraf Wilhelm von
Baden-Baden eine Entiheidung ergehen ließ, daß die Neparatur von
der Kirche zu Stupferic weder Baden-Durlach, noch den Decimatoren,
jondern dem Heiligen obliege 2.
Über den Zuftand der Kirche und Pfarrei, welche von den Ett—
linger Sejuiten verjehen wurde, gibt das ſchon oft genannte Viſitations—
protocoll vom Jahre 1683 nähere Kenntniß.
Im Anfang des 18. Jahrhundert wurde wegen Baufälligfeit der
Kirhe und Ningmauern jollicitirt, deren Baupflicht dem Deutſch-Orden
oblag. Auch fehlte es an einem Pfarrhauſe, und bie Pfarrei wurde
noch excurrendo von einem Ettlinger Sejuiten verjehen. Die Kirchen: ,
geräthe waren in einem trojtlojen Zujtande, jogar dad Del, welches
während des Gottesdienjtes al3 ewiges Licht brannte, mußte im Wege
der Gollefte aufgebracht werben.
Endlih im Jahre 1759 war der Umbau der Kirche jomweit eritellt,
daß Gottesdienjt darin gehalten werden konnte; allein die Gemeinde
hatte zur Zeit die Mittel nicht, die Einweihung der Kirche würdig zu
begehen. Diejelbe erfolgte erjt 1765. Die Pfarrei verfah damals
Pater Gern, S. J., von Buſenbach aus. Das alte Pfarrhaus war
ſchon 1743 abgerijien, der Neubau aber erit 1781 vollendet ?,
Stupferich.
Pagus hic marchiae Badensis satrapiae Itlinganae, totus catholicus, 17
numerat familias, annexas pro cura pastorali pro tempore habet pagos alios
parochiae Itlinganae incorporatos Busenbach 11 fam., Reichenbach 13 fam.,
Azeroth 6 familiarum et ex vicinis Würtembergensibus et Durlacensibus pagis
ı Ardivaften unter Stupferrih und Schöllbronn. Zu Stupferrid war
eine Hoch- und DeutfchMeiftereisPflegerei, deren Rechnungen von 1728 bis 80 nodı
vorhanden find. So betrugen z. B. im Jahre 1755 die Einnahmen an Gelb 35 fl.
47 kr., an Korn 191 Malter, an Dinkel 460 Malter, an Haber 360 Malter, welche
von ben Orten Stupferrid, Neihenbah, Schielberg, Etzenroth, Mutſchelbach, Hohen:
wettersbad und Mohlfahrtsweier fielen. Der Gulden hat 60 Kreuzer, ber Kreuzer
4 Pf. und ber Pfenning 2 Heller. Das Malter Korn batte 8 Simri, das Malter
Haber und Dinkel dagegen 10 Simri.
2 Archivakten.
3 Ardivaften.
128
ac ipsa civitate Durlacensi catholicas complures. Patronus S. Cyriacus, De-
dicatio festo purificationis. Collator smus marchio Badensis, Decimatores mar-
chio Durlacensis, dux Würtembergensis et magnus magister ordinis Teutoniei
et in certo distrietu pastor, de quorum divisione sequentia ex antiquis libris
cancellariae Badensis.
Auszug aus dem Badiſchen Lagerbuch v. 1582.
Nota. Die Kir mit Pfarrhaus gehen gar ab, wo man nicht nod in 2 Jahren
wirdt darzu thun vndt bie Zehnt-Herren dahin halten, daß fie bawen, ift zu ſorgen,
daß beyde Gebäw einfallen werben,
Ueber die Pfarrgüter:
Nota: haec bona pleraque neglecta et in cultu ultimum pratum habet
communitas ex quo alit animalia seminalia.
Specificatio factorum sumptuum quos decimatores fecerunt anno 1618,
7 8bris in exstruendo pastoris horreo.
Die Scheuer wurde 1618 für den Pfarrer von ben Zehntherren gebaut, Ins—
geſammt Foftete fie 172 fl. 15 fr, wovon ber Deutjchmeifter 43 fl. 1 Baten und
Württemberg 41 fl. 3 Basen und Durlach feinen Antheil bezahlte, die Gemeinde
aber die Fuhren ftellte,
Ecclesia sat capax parochiae non tamen magno numero ex locis acatho-
lieis accurrentium catholicorum, qui liberalibus suis eleemosynis hanc eccelesiam
non parum exornant, ut aliis in vicinia sit ornatior venustior intrinsecus, non
ita foris in tecto et parietibus quae indigent propera reparatione tabulatum
ligneum recenter cum scannis reparatum, tectum turris et ecclesiae admodum
misera et neglecta murus coemeterii hinc inde corruit. Illud depaseit aedituus.
Ad restaurationem templi turris et coemeterii volunt parochiani obligare deci-
matores, qui ex praeviis antiquis libris obligari videntur ad ecclesiae et domus
pastoralis restaurationem an etiam ad turris et coemeterii non liquet.
Ornatum et necessaria curat ecclesia ex suo 5 fl. censu, amplius tamen
ex piis piorum oblatis.
Altare unum consecratum, imago in eo nulla, nisi quam recenter civis
Durlacensis donavit B. V. Passaviensis.
Reliquiae nullae. Campanae duae bonae benedictae.
Sacrarium in altari mundum. Lampas diebus festis accensa.
Monstrantia stella cuprea, deaurata. Ciborium ex aere fusum. Pixides
pro sacris oleis cupreae deauratae. Calix curatur novus argenteus deauratus,
qui pro tempore est stanneus. Casulae 5, albae 2. Superpelliceum unum, re-
liqua supellex necessaria. Baptisterium non clausum, alias bonum et mundum,
confessionale bonum cathedra lignea antiqua.. Missale Romanum bonum
novum, nova agenda Argentinensis. Liber baptizatorum ex tempore, quo patres
administrant a 60 annis nullus confirmatus.
Lites circa sedes sepulturas aut bona ecclesiae nullae. Anniversaria nulla.
Processiones cum Venerabili in festo corporis Christi circa pagum, absque
Venerabili festo ascensionis circa sata, festo S. Marci lunae et Martis roga-
tionum ad certas cruces, cum vicinae ecclesiae, ad quas antiquitus ititare soliti
sunt Lutheri veneno infectae. Mercurii Ittlingen ad leprosorium.
Parochiae, quia remotior magno labore administratur ab uno e patribus
tertiae probationis cum incolarum et adventantium catholicorum non exigua
aedificatione et solatio, unica prope causa quae tot in utriusque principatus
129
vicinia catholicos conservat. Conciones catecheses habentur accurate, nullus
neglectus, astitum morientibus et caetera qui cum Bulach omnino coineidunt eo
remittimus,
Pulchra et ordinata processione in banc parochiam introducti in solatium
circumjacentium catholicorum substitimus duabus noctibus et duobus diebus,
quibus ad populum diximus 3, catecheses habitae 2, communicantes 205, aegri
provisi 2.
Visit. v. 1701. Numerat familias catholicas 23, mixtas duas. Paro-
chiam administrant PP. societ. Jesu, ex collegio Ettlingano.
Competentia consistit in decimis majoribus et minoribus certi cujusdam
districtus,
Collator est serenissimus marchio Badensis. Decimas colligunt: dux
Wirtembergicus, princeps Durlacensis et supremus magister ordinis Teutonici,
qui conjunctim curant ecclesiae fabricam et domum parochialem. Ecclesiae
reditus ex capitulo: — 4!/, fl. 11/, kr.
Patronus ecclesiae est. S. Cyriacus. Exstat altare unicum, non conse-
cratum. Lampas ante venerabile non ardet ex defectu mediorum.
Ludimagistri munere fungitur eivis, qui accipit 4 mald. silig. a commu-
nitate, et praeterea gaudet immunitate. Pro exequiis habet panem. Aedes
scholares nullae sunt.
1731: Stupferih, 3 Dezimatoren, Württemberg, Durlach und ber —
Orden. Kirchhofsmauer zerfallen. Pfarrer P. Link.
1736: Pfarrer P. Gottfried Gaſten. Rituale agenda Moguntiana. Das
Pfarrhaus und die Scheuer iſt im Abgang und baufällig. Zu bauen ſchuldig ſind
Württemberg, der Teutſche Orden und Baden-Durlach. Proceſſion. Das festum
beatae Mariae ad nives ex voto feiert bie Gemeinde und auch eine Prozeſſion nad)
Bidesheim.
Visitat. v. 1759. Structura ecclesine pervetusta admodum angusta est
pro frequentia parochianorum et abinde huc confluentium, ita ut plures non-
numquam ab auditione sacri et concionis excludantur. (Gpäterer Eintrag:)
In Stupferich parochialis ecclesia de novo anno 1759 est aedificata ac
1760 a r. d. consiliario ecclesiae Habermehl benedicta, sed nondum con-
secrata,
24. Burbad mit Pfaffenroth, Schillberg und Marzzell.
Burbad, eine Pfarrei mit einer Kirche ad SS. Petrum et
Paulum, deren Pfarrfag dem Landesherrn zuiteht, bat drei Filiale,
nämlid Marrzell ad S. Marcum, Scillberg ad $S. Annam und
Pfaffenroth ad S. Wendelinum. Der Ort fam 1287 durch Schen-
fung der Grafen Dtto und Heinrih von Eberjtein an das Klofter
Frauenalb; den Zehntbezug Hatte erjterer ſchon 1273 verfauft. In
diefen Urkunden Heißt das Dorf „Burkpad” '.
ı Kolb 1, 183. Oberrh. Zeitſchr. 25, 83. Krieg, bie Grafen von
Eberftein, ©. 45.
Archiv. XII 9
130
Meder einer Kirche noch eines Pfarrerd wird in Urkunden des
13. Jahrhunderts erwähnt. Erſt im Sabre 1363 erjcheint ein Pfarrer
Heinrid von Burgbach und 1412 ein Pfarrer Mager dajelbit. Zu
gleiher Zeit war ein Pfarrer Doler zu Marrzell und ein Meßner
Heinrich zu Frauenalb i,
Die Pfarrei Burbach ift wohl in der erjten Hälfte des 14. Jahr:
hundert3 errichtet worden; denn erjt in Urkunden nad 1350 werden
Pfarrer dajelbit erwähnt. Im Sahre 1489 hernad übergeben Decan
und Capitel des Stift3 zu Ettlingen die Pfarrei, melde fie zur Zeit
der Incorporirung der Ettlinger Pfarrei erhalten Hatten, dem Mark:
grafen Chriſtof, unter Borbehalt ihrer Zehnten und Nugungen ?,
Ausführlid Handelt das frauenalbiihe Klojter-Salbud von
1536 über die Einkünfte der Pfarrei Burbad. Nach diejem ift das
Dorf dem Gotteshaufe Frauenalb zugehörig und eine jede Äbtiſſin hat
den Stab dajelbjt und ijt Vogtherrin; jedoch haben die Markgrafen von
Baden die Pfarrei zu verleihen.
Der dritte Theil des großen und Eleinen Zehntens in dem Flecken
und in dejjen ganzer Mark war je und allmeg dem Gotteöhauje Frauen
alb zugehörig, „etlich marfgräfliche Räthe aber haben im vergangenen
Bauernkriege ſolches Drittel am großen Zehnt einem Pfarrherren zu
Burbad, ohne der Übtiffin und des Convents Wiſſen und Willen,
für eine Competenz zugeeignet und dem Gotteshauje entzogen“. Und
aud) da3 dem Stifte Ettlingen gehörige Drittel wurde der Pfarrei zu:
gejprohen. Den Eleinen Zehnten erhielt die Pfarrei jeit dem Bauern:
friege nur noch von der Gerite.
1 Oberrh. Zeitſchr. 25, 365. Urkunde v. 1402. Bruber Heinrid Me:
jener, Beichtiger der Klofterfrauen zu Frauenalb, Caplan Gottfried daſelbſt, Pfarrer
Berhtold Doler zu Zelle und Pfarrer Johann Mager zu Burkbach. Saalbuch 37.
40. 380. Urkunde von 1363, darin Zeugen: die Pfarrer Heinrich zu (Marr:)
Zelle, Heinrich zu Bergbach (Burbach), Albert zu Ergefingen, Caplan Berchtold und
Frühmefjer Heinridy zu Frauenalb. Diefe Frühmefje ift im Jahre 1410 der Haupt:
firhe zu Burbach incorporirt worden. Liber spiritualium sub Rabano episc.
von 1405—9, ©. 55.
2 Bad.:Bab. Eopb. Nro. 104, Fol. 61b. Nah einer im erzbilchöfl. Archive
befindlihen Urkunde aus dem Jahre 1472 wäre ein Vergleich zwiſchen dem Abte und
Eonvente zu Hirſchau und dem Paflor Reiniger von Burbach zu Stande gekom—
men, worin bemfelben Ichenslängliche Penfion auf die Burbacher Kirche zugeiprochen
worden. Da nirgends andere Urkunden erwähnt find, welde ein Recht bes
Klofters Hirfau auf das Einkommen ber Pfarrei erweifen, fo wurbe biefe einzeln
ſtehende Thatjache dem Texte nicht einverleibt.
I Oberrh. Zeitihr. 25, ©. 84. Großes Salbud bes Kloſters Frauen:
alb von 1536, Fol. 232.
131
In der zmweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde viel über die
Reparaturen am Pfarrhauje und insbejondere über die frage verhandelt,
wer die Kojten zu tragen habe. Hierüber verbreitet fich ein Bericht bes
Martin Leyprand, Pfarrherren zu Marrzell vom Jahre 1585. Baden
hatte dad Collaturrecht bis zum Jahre 1580 ausgeübt, wo ed an das
Naitatter Nuralcapitel gelangte !.
Ausführlih find die Verhältniffe der Pfarrei im Viſitations—
berichte von 1683 behandelt, welchen wir mit einigen Angaben aus
den Berichten von 1702 und 1715 mittheilen werben.
Mie aus den Protocollen von 1701 hervorgeht, wurde die Pfarrei
Burbach damald von Völkersbach aus verjehen. ine Aufhebung
diefer Bination erfolgte im Jahre 1726. Bon da an entjtunden viele
Klagen von Seiten der Pfarrer über das Verhalten des Kloſters
Frauenalb, welches ſich weigerte, ein Pfarrhaus bauen zu laſſen,
bevor jein Prozeß mit den rebelliihen Burbadhern wegen deren Frohn—⸗
ſchuldigkeit entichieden jei.
Die Pfarrer mußten in Folge dejjen in Bauernhäujern zur Miethe
wohnen und „mit den Mägden in einer Stube figen”. Dieje Uebel:
itände dauerten, bis endlich der Pfarrjig mit Genehmigung des Speyerer
Vikariates proviforih nah. Pfaffenroth verlegt wurbe ?.
Diejes Kleine Dorf war ſchon 1262 an dag Kloſter Frauenalb
gefommen und iſt in defjen Urkunden bie und da erwähnt. Es gehörte
früher mit Schillberg und Ittersbach zur Mutterkirche Marr:
zell. Ittersbach wurde 1512 getrennt und zur Pfarrei erhoben ®.
Vielfach hatten diefe Gemeinden wegen ihrer Beiträge zur Mutter:
kirche, zum Pfarrhausbau, zum Meßnergehalte und dergleihen Rechts—
ſtreite. ine wichtige Uebereinkunft, welche dieje Streitigkeiten wenig—
jten3 eine Zeitlang beruhen madte, wurde 1508 abgeſchloſſen“.
Wir gehen zur Mutterfivche Marxzell über. Dieje derzeitige
Filiale der Pfarrei Burbad, mit der Kirche ad Sanctum Marcum,
worin fonn= und feiertäglicher Gottesdienſt gehalten wird, bejuchen
bauptjähli die Filialiften von Pfaffenroth und Schillberg, welde Orte
auf der rechten Geite der Alb gelegen find.
Die dortige Kirche ift auch eine häufig beſuchte Wallfahrt für
I Ardivalten
2 Archivakten.
»Oberrh. Zeitſchr. 1, 249. Gerbert, Cod. dipl. hist. nig. sylvae 3,
229. Schoepflin, Hist. Zar. Bad. 3, 12; 5, 302. Kaußler, Beſchreibung
des Dberamtes Neuenbürg. Weber bie Orte Pfaffenrotb und Schillberg ift im
27. Bande der Oberrh. Zeitſchrift Einiges enthalten.
Archivakten.
9*
132
die Landleute aus der Umgegend, dad Wirthshaus aber der Zielpunft
vieler Ausflüge der Nefidenzler, welche früher hauptſächlich wegen ber
Ihmadhaften Forellen dahin wanderten.
Der Weg durch's Albthal bis Marxzell bietet wenig Abwechslung ;
erit Hinter der Mühle und Kirche, einer maleriihen Häufergruppe, bei
Frauenalb wird die Scenerie mannigfaltiger und die Fräftigen Tannen
und prädtigen Felsparthien lafjen uns erkennen, daß wir bald in das
ſchwarzwäldiſche Gebiet gelangen. Beim Eintritte in’d Württembergiiche,
wo fi der Herrenalber Thalkefjel vor dem Blicke außbreitet, mit dem
Dobel und der Teufelsmühle im Hintergrunde, find wir an der Grenze
des eigentlihen Schwarzwaldes angekommen.
Die Marrzeller Mühle kommt urfundlid ſchon frühe vor. Im
Sabre 1245 wurde diejelbe, jowie der Weiler zu Zell, durch Conrad
von Nemdingen an's Klofter Frauenalb verkauft. Sie hieß auch die
Burgbaher Mühle und beſaß für die Umgegend den Mahlzwang.
Die Marrzeller Kirche ijt weder in ber Beltätigungsurfunde des
Klofters, welche Papit Eölejtin im Jahre 1193 außftellte, noch in der
Herrenalber Stiftungsurfunde erwähnt. Diejelbe wird wohl urjprüng=
ih eine zum großen Ettlinger Kirchenfprengel gehörige Wallfahrts—
fapelle bei einer Maldbrüderzelle geweſen und jpäter durd den Leut—
priejter von Frauenalb verjehen worden fein, bevor jie noch zur Pfarr:
fire erklärt war.
Dieje Erhebung aber zur ecclesia parochialis geſchah wohl zu
Anfang de3 14. Jahrhunderts; denn die Zeller Kirde, wo das
Klojter das Patronatsrecht befaß, ward biefem im Jahre 1324 incor=
porirt, unter der Bedingung, einen Vikar für diefe Pfarrei zu halten ?.
Bis in den Anfang des 16. Sahrhundert3 gehörte auch Itters—
bad) (welches urjprünglich „Itelsbur“ geheißen) noch zum Marrzeller
Biarriprengel, da es erſt 1512 feine eigene Pfarrkirche erhielt ?.
Ein Geijtliher Namens Petrus, vormald Decan und Vilar in
Zell, wird in einer Urkunde von 1329 erwähnt und ein Petrus,
Bicepleban in Zell, ſchon 1301, wie ein Pfarrer Heinrich zu Zell im
Jahre 1363 und ein Pfarrer Doler im Jahre 1402 *,
Der Kirhenjak der Marrzeller Pfarrei, jomwie jener der Pfarrei
Völkersbach, der Kaplanei zu ben 12 Apofteln in Frauenalb und
1Oberrh. Zeitſchr. 1, 251.
2 Krieg a. a. O. ©. 14. Oberrh. Zeitſchr. 26, 447. 448; 23, 304. 340,
’ Aftennotiz.
+ Dberrb. Zeitſchr. 25, 334. 365. 380.
133
ber Pfarrei Burbach ift im Frauenalber Salbude nad dem Stande
vom Jahre 1536 bejchrieben !.
Marrzell war in der zweiten Hälfte de Mittelalter für bie
Umgegend feine unwichtige Ortlichkeit. Als Pfarr: und Wallfahrtsort
bejaß es jeit 1450 eine Badeſtube, eine Mahlmühle mit Mahlgang
und Olſchlag, eine Eiſenſchmiede, um Mitte des 16. Jahrhundert? fogar
einen Markt, defien in den Alten des 16. und folgenden Jahrhunderts
erwähnt wird. Höchſt wahrjcheinlih wurde er am Markustage (den
25. April) abgehalten, an welcher Namenzfeier (nach dem Bifitationg-
protocolle von 1683) eine Prozejfion der Filialiſten nach der Wallfahrts-
fire jtattfand,
Die Herrihaft, das Klofter Frauenalb, bezog eine Abgabe aus
dem bei biejen TFeitlichkeiten in der Marrzeller Mühle verzapften Weine,
denn bier war mit der Mühle, die zu Erblehen gieng, auch eine Mirth:
ihaft verbunden 2,
Das 17. Jahrhundert bietet ung außer der Mittheilung, daß 1610
ein neuer Dachſtuhl auf die Marrzeller Kirche gejeßt wurde, und außer
dem Bifitationsprotocolle jener Zeit nichts Bemerkenswerthes, was zu
erwähnen märe.
Ein fpäterer Bifitationsberiht von 1715 fagt, daß die Kirche zu
Zell die reichjte der Gegend gemwejen, aber viel zu Zeiten ber Lutherei
verloren habe. Auch wurde darüber Klage geführt, daß die Parodie
für einen Pfarrer viel zu groß jei?.
Die zweite Hälfte des vorigen Jahrhundert? läßt die Akten fich
mit Klagen über die Baufälligfeit der Kirche, die Beitragsver—
pflihtungen, die ronleiftungen von Seiten Burbachs, Schillbergs
und Pfaffenroths füllen. Weber die Baufälligkeit der Kirche Liegt
ein ausführlicher Bericht vom Jahre 1765 vor. Der Gottesdienit mußte
deßwegen in Burbac gehalten werben und wurde jpäter in die Pfaffen-
rother Kapelle verlegt.
Über den Geldpunft ergaben ſich Tange Verhandlungen und erft
im Jahre 1784 wurde ein eigener Weltpriefter für Marrzell, Schill—
berg und Pfaffenroth beftellt. Diefe Orte gehörten jämmtlih, wie
die Dörfer Völkersbach, Sulzbach, Unterniebeldbady (jpäter durch Tauſch
an Württemberg abgetreten), der Hof Mezelinſchwand und bie Dörfer
Erjingen und Bilfingen (beide Teßteren zur Zeit in das Decanat
— — — — — —
1 Dafelbft 23, 269 ff.
2 DOberrb. Zeitfchr. 26, 448. Urkunde von 1459, über bie Badeſtube.
Ardivalten. Das Wirthshaus erwähnt in Akten aus dem Jahre 159.
3 Ardhivaften.
134
Mühlhaufen gehörend), zu dem Gebiete von Frauenalb, mit welchem,
wie mit jenem zu Herrenalb, die Schickſale ber Pfarreien in den Des
canaten Gernsbah und Ettlingen auf’3 Engite verwachſen waren.
Bourbach.
Pagus hic triginta familiarum sub dominio et jurisdietione temporali d.
abbatissae ex Frauenalb, protectorio Badensi, propriam olim constituit
parochiam; disjecta et exusta nunc domo parochiali diu non habuit residentem
parochum, esset alias in medio sita, ut omnes tres parochias facilius ab uno
parocho possent administrari.
Patronus S. S. Petrus et Paulus apostoli. Dedicatio dominica post
festum S. Medardi. Collatrix r.d. abbatissa ex Frauenalb. Decimatrix eadem
tam in majoribus, quam minoribus. Ecclesia recenter insigniter post incen-
dium et militares insolentias in illa exercitas restaurata, a nobis cum coeme-
terio est reconciliata. Curatur haec et conservatur in toto ex propriis redi-
tibus. Campanae duae recenter aere communitatis refusae a nobis item bene-
dietae. Coemeterium pulchro muro circumdatum et clausum depascitur ab
sedituo. Sacrarium in pariete honestum ; lampas ante hoc succenditur sub di-
vinis. Monstrantia nulla. Ciborium parvulum argenteum, intus deauratum.
Pixides pro sacris oleis stannea. Calix argenteus deauratus. Cochleae duae,
alba una. Reliqua suppellex nitida et necessaria. Missale Romanum, agenda
nulla. Baptisterium, cathedra et confessionale bona. Liber baptizatorum ab
anno 1650 accuratus. Confirmatio ab hominum memoria nulla. Altaria duo,
nullum consecratum aut dotatum.
Lites circa sedes, sepulturas, aut bona ecclesiae nullae, scamna commixta,
comparantur aere ecclesiae.
Processio in octava corporis Christi intra pagum cum venerabili. Festo
S. Marci in Zell. Lunae rogationum in Voelkersbach. Martis in Zell.
Mercurii vacat. Festo ascensionis in Frauenalb. Item eodem in festo S. Be-
nedicti; item eodem Dominica, post visitatam Virginem. Anniversarium
nullum.
Reditus ecclesiae colliguntur a seriba monasterii, rationes fiunt abbatissae ;
habet haec ecclesia in fixis censibus annuis 40 fl. praeter restantes.
Pastor idem, qui in Voelkersbach (Matthias Fering, Suevus ex
Trochtelfingen, aetatis suae 72) eademque et hinc habet jura stolae, ex spon-
salibus et proclamationibus 3 batz., copulatione strophiolum et 1 fl., dimis-
soriis 1 fl., baptismo 1/, fl., introductione 0, provisione aegrorum O0, administra-
tione aliorum sacramentorum 0, conduetu funeris minoris et tribus sacris 2 fl.,
funeris minoris 0, concione funebri, quae rara 1 rchtlr., sacro per annum vo-
tivo aut anniversario !/, fl.
Aedituus, ludimagister Hans Martin, constitutus ab abbatissa, satis-
facit oficio. Pro competentia habet a singulis civibus 2 Simmern Habern.
Item accidentalia, ut in Voelkersbach, ex baptismo infantis crucigerum, ex
1 Arhivaften.
135
copulatione offam frustum carnis, panem et mensuram vini, ex funere majori
2 Layb Brod, minori 1 Layb Brod, ex instructione pueri per quadrantem anni /, fl.
Gravamen: Ittersbach , pagus 10 familiarum modo catholicas, olim
filialis hujus parochiae, decimas solvit parocho; quas unus praedecessorum
vendidit 40 fl., unde praesenti parocho subtrahuntur, et colliguntur a mona-
sterio Frauenalbensi.
Caeterum substitimus hoc loco tantum per horas circiter 8, quando ad
populum dicimus, catechesis habita una; communicantes fuere 73.
Atque iterum huc ex Frauenalb reversi reconciliavimus ecclesiam et coe-
meterium, ac campanas benediximus, communitate panem et vinum in memoria
largiente,
Aus bem liber Visitat episc. Spirens. de anno 1688. Oberrb.
Zeitſchr. 25, 8.
1701. Aus dem Bifitationsberiht bes Jeſuiten Georg Klein und Urban
Kobert, Fol. 9, b.... administratur a parocho in Voelkersbach. Numeran-
tur hie familiae catholicae 28, binae mixtae,
1715. Aus dem Speierer Rifitationsberiht von 1715, S. 42. In Burbach
ad ccclesiam tenetur sanctus, ad domum parochialem abbatissa in Frauenalb,
ad scholarem communitas.
Zell.
Parochialis haec a nundinis annuis celebris, duas tamen habet adjunctas
aedes ac limpidissimum in ipso coemeterio prosilientem fontem, ad haec pro-
xime alluentem piscosum ac tractis divitem fluvium, bie Alb dietum; annexos
item numerat in duobus montibus sitos pagos duos Paffenrodt 30 familia-
rum et Schilberck 7 familiarum catholicarum, jurisdictionis temporalis d. ab-
batissae, protectionis Badensis, decanatus Ittlingani.
Patronus S. Marcus. Dedicatio dominica post festum S. Bartholo-
‚maei. Collatrix d. abbatissa, Decimatrix eadem in omnibus tam majoribus,
quam minoribus deeimis.
Animalia seminalia curat et alit quaelibet pro se communitas.
Ecclesia ampla firma et vasta, in jucundissima valle sita, recenter repa-
rata; curatur et conservatur ex propriis ecclesiae censibus in omnibus, ex qui-
bus fixos adhuc habet annuos 100 fl. praeter 500 restantium.
Altaria in illa duo; unum consecratum, nullum fundatum; sacra hoc loco
ob nimiam humiditatem non asservantur. Capsa argentea pro ciborio. Calix
argenteus deauratus. Pixides pro sacris oleis stanneae, Lampas nulla. Casu-
lae quinque. Alba una. Missale unum Romanum. Agenda Constantiensis.
Liber baptizatorum ab anno 1650 accuratus. Baptisterium, cathedra, confes-
sionale bona et decenti loco. Confirmatio ab hominum memoria nulla. Lites
circa sedes sepulturas aut bona ecclesiae nullae.
Processiones in festo Corporis Christi cum venerabile in Frauenalb. Festo
S.Mareci et feria tertia rogationum excipiunt processiones ad se venientes. Feria
2d@ rogationum in Voelkersbach. Mercurii vacat. Festo ascensionis, item
festo S. Benedicti. Item dominica post Visitatam Virginem in Frauenalb.
Anniversarium nullum. Census ecclesiae et reditus colliguntur a proprio pro-
136
visore, qui ex tribus illis ecclesiis annue habet 20 fl. atque simul servit mo-
nasterio pro scriba. Pastor idem, qui in Voelkersbach. Aedituus et ludi-
magister, qui et ecclesiarum provisor Joannes Stephanus Geyger, ab ab-
batissa constitutus, pro salario habet a singulis incolis ein Layb Brod, et de-
cimas in designatis agris, reliqua ut supra.
Gravamen. Queruntur supra modum parochiani de nimia distantia
sui parochi et quod alternis dominicis sacro et concione fraudentur; instant hu-
millime, ut divisio demandetur. Substitimus hac in parochia diem et noctem,
quando ad populum diximus 2, catecheses habitae 2, communicantes fuere 174,
aegri provisi 4.
Aus dem Liber visitationis episcop. Spir. 1683, pars II et III, p. 75.
1701. Pifitationsberiht der Zefuiten Klein und Kobert. (103 b). Zell
(alias Marxzell). Parochia haec habet loca annexa: Pfaffenroth et Schillberg
(et Burbach '). Administratur a parocho in Voelkersbach. In temporalibus
subditur gratiosae dominae abbatissae dominorum Albensium. Patronus eccle-
siae est S. Marcus evangelista. Tria exstant altaria: Imum illudque summum
habet patronum eundem S. Marcum evangelistam, laterale unum patronam
habet matrem dolorosam, alterum divam Catharinam virginem.
Gravamina: Parochiani desiderunt proprium parochum, quia unus tot
parochiis servire non potest. ‚Propter locorum distantiam rarius habentur ca-
techeses et juventus inde negligitur.
1715. Juni 24. Bericht der bifhöflih fpeieriihen Commiſſion über die Viſi—
tation in Pfaffenroth, Burbach und Zell (S. 235 ff.). Darnach war bie Kirche zu
Zell die reichfte, hatte aber viel zu Zeiten Lutheri verloren. Auch dießmal wird
barüber Klage geführt, daß die Parodie für einen Pfarrer zu groß ſei.
1731. (April 20.) Mörſch. An einem Decanatsberichte wegen des fchweben:
ben Neubaues eines Pfarrhaufes zu Burbach (vgl. Oberrh. Zeitſchr. 25, 10 ff.)
beißt es: Die von Völfersbad 1726 feparirte Pfarrei Burbach ober Zell begreife in
ſich „fürnemblid 3 Ohrt oder Dörffer“ , 1. Burbach, ein Dorf mittlerer Größe, mit
einer wohlerbauten Kirdye, einem Pfarrplag, wo früher das Pfarrhaus geftanden.
2. Pfaffenroth, ohne Kirche, nur mit einer reparirten Gapelle. 3. Schillberg nur mit
einem Fleinen Gapellulein. Diefe drei Ort find fituirt aufj drei hohen Bergen, gleich:
fam in einem Driangel. In dem Thal beynahe in ber Mitte Tiegt eine wohl alte
Kirch, ohngefähr anderthalb viertel oder eine halbe fund von jedem Ohrt, genannt
Zell oder Marrzell von dem patronen ft. Marco; dabey eine Mühl, das ſchulhauß
und noch ein altes hauß. Gegen bie Verlegung bes Pfarrhaufes von Burbach nad
Marzzell macht ber Bericht ſechſerlei Gründe geltend, u. a. ben, ber Hirt wäre jo
nicht bei ben Schafen, die Gemeinden bätten dic Woche über feinen geiftlihen Nuten
vom Pfarrer und biefer fein wachſames Auge auf bie Gemeinden, auch könnte
folches einem böfen Geiftlichen eine Gelegenheit fein, gottlojes Leben ober Pietifterey
in feiner Einöde lang zu treiben, bis ed an den Dag käme; der Ort mitten im Wald
gelegen fei auch fehr unficher wegen Dieben und Mörbern.
Akten. Marrzell,
1731. Burbach, Pfarrer: Dominicus Straßer. Die Kirche baut und
1 Spätere Zufäge vom Jahre 1726.
137
erhält das Klofter Krauenalb, fammt bem Kirchhoſe und Beinhbaus, aber alles mit
Koften bes Heiligen. Der Pfarrer wohnt im Schulhaus. Er klagt.
Zell. Es ift allhier fein Beinhaus von Nöthen, weil die Gebeine ber Todten
in furzer Zeit in den Gräbern verzehrt werden (war fehr feucht und guter Humus)
und wenig wieder zu finden find. Proceffionen nah Burbach. Zährlih an Philippi
und Jakobi, festo Corporis Christi, festo ascensionis, dominica post festum
S. Basilidis.
1732. Burbad. Pfarrer Vratislaus Hildebrand.
1741. Burbad. Pfarrer Franziskus Vratislaus Hiltbrand, von Roth:
weil gebürtig. Tit. reverd. dom. abbatis monaster. S. Blasii.
1732. Pfaffenrotb. Consens bie neu erbaute Gapelle zu benebiziren.
Erlaubniß zur bl. Mefle.
Wir überjchreiten nunmehr die Wafjerjcheide der Alb und Murg
mit herrlichem Einblide in das reizende Thal von Gernsbach, durch—
wandern den großen Marktfleden Loffenau und betreten dad Murg:
thal, defien Pfarreien Forbach, Weiſenbach, Gernsbach, Michel:
bad und Rothenfels zunächſt der Gegenjtand unferer weiteren hiſtoriſchen
Beiträge fein werben.
(Schluß folgt.)
Urfunden
des
Kloſters Beuron.
Mitgetheilt von
A. Lichtſchlag,
Gymnaſial⸗Oberlehrer in Hanau,
* Der Herr Einjender der bier folgenden Mittheilung iit leider
während der Druclegung feiner Arbeit gejtorben.
Das Archiv des Auguftineritifteg Beuron, des älteiten Kloſters
in Hohenzollern, hat nad deſſen Aufhebung im Jahre 1802 mißliche
Schickſale erlebt. Ein großer Theil feiner Driginalurfunden, ſowie
einige werthvolle Eopialbücher, die uns ben Verluft mander Driginalien
wenigitend einigermaßen verjchmerzen lajjen, find allerdings dahin ge=
fommen, wohin fie naturgemäß gehören, nämlih in das fürjtliche
Domänen: Archiv zu Sigmaringen, und befinden ſich dajelbit auch jet
noch. Aber einerjeit3 jind viele Urkunden, wie ich verfchiebentlich zu er:
fahren Gelegenheit gehabt, vernichtet worden, weil man ihren Werth
nicht kannte, andererjeit3 find mande zwar erhalten geblieben, durch
eigenthümliche Umjtände aber an Orte gerathen, wo wir fie nicht zu
erwarten haben und darum aud nicht juchen. So hat z. B. Mone t
ſechs Beuroner Urkunden aus dem großherzoglich badiſchen General:
Landesarchiv zu Karlsruhe veröffentlicht, und der Einſender dieſes
jelbit hat eine in jeinem Befige befindliche Urkunde des 13. Jahrhunderts
abdrucen lafjen ?, jomwie drei Urkunden des 13. und 14. Jahrhunderts,
die dem fürjtlich fürjtenbergiichen Hauptardive zu Donauejdingen
entnommen jind.
Aus demjelben Archive kommen nachitehende weitere acht Urkunden
zum Abdrucke — ſämmtlich Driginalien auf Pergament und bis jekt
nicht veröffentlicht. Bei denjelben befinden ſich noch zwei weitere Ur—
funden aus den Jahren 1306 und 1340, die in den Mon. Zoll. I.
unter Nr. 250 und 291 abgedrucdt find. Gin neuer Abdruck derjelben
war nit nöthig, doch veranlagt ein Vergleich des dort gegebenen Textes
mit den Driginalien zu folgenden Berichtigungen beziehungsmeije Er:
gänzungen.
1. 1306. Febr. 9. Beuron. — Eberhard und Adelheid von Böt—
tingen (O.“A. Spaidingen) verkaufen dem Klofter Beuron Güter zu
1 ©. Zeitfchrift für Gefchichte bes Oberrheins 6, 416 ff.
2 Bol. Mittbeil. des Ver. für Geſch. u. Alterth. in Hobenz. 3, 83; 9, 84 fi.
und 89,
142
Buchheim (B.:U. Meßkirch) unter dem Siegel Wernhers, Pfarr-Rectors
zu Erzingen (O.:A. Balingen) und Maifelftain (2.:G. Sonthofen). —
Abmweihungen: 3. 2 lieg Adelhaidis ſtatt Adelheidis. 3. 3 I. ad-
vocati ft. aduocati. 3. 10 I. litteras jt. literas.. 3. 14 I. Fridrico
ft. Friderico. 3. 15 I. Walgero de Bis. jt. Walthero de Bis.
Waltero de Sch. ft. Walthero de Sch. 3. 16 I. Steheli ft. Stehelr.
— Das anhangende ovale Wachsſiegel, abgenützt und lädirt, zeigt eine
jtehende Perjon und die Umſchrift: .. WNHI. RE.... MAISELST....
2. 1340. Dec. 20. Hedingen. — Friedrih Berwig von Schlatt
und jeine Ehefrau verfauften Güter an das Klojter Beuron. — Hierzu
notire id nur folgende wejentlihe Abweichungen: 3. 5 Hinter Burran
it ausgelaſſen „an das liebt”. 3.81. jearliches ft. gengelihes. 3.11 1.
ebenempten jt. ebegenempten.
1. — 1297, März 13. Beuron.
Die Edeln Anjelm und Anfelm von Wildenflein übertragen bem Klofter Beuron
bie von ihnen zu Lehen rübrenden Befigungen zu Buchheim, welche H. ber Maier
zu Buchheim um 41, Pd. an das Kloſter verfauft bat.
In nomine domini amen. Omnibus Christi fidelibus presen-
tibus, posteris seu futuris, ad quos presencia pervenerint, nos no-
biles viri de Wildenstain Anshelmus et Anshelmus ? salutem in eo,
qui omnium est vera salus, et fidem subscriptis adhibere. Ea,
que in tempore geruntur, ne obliuionis voragine valeant pertur-
bari, literarum solent testimonio roborari. Nouerint igitur singuli,
verum eciam vniuersi, quos nosse fuerit oportunum, quod H. vil-
licus de Büchain ? vna cum vxore et filio suo possessiones Alberti
quondam aduocati in Brunnan ? sitas in prefata iam villa Büchain
tam in agris quam in pratis, quas a nobis iure feodali possedit,
titulo vendicionis monasterio beate virginis et beati Martini et
conuentui in Burran ordinis sancti Augustini pro quinta media
ı Bon Wildenftein (ob an ber Donan ober bei Haufen ob Rottweil, barüber
gehen die Anfichten auseinander, vgl. Mittheilungen 4, 18 Anm. 1) ſchrieb fih in
ber zweiten Hälfte des 13. und noch in’s 14. Jahrhundert hinein ein Zweig der bes
fannten Familie von AJuftingen (Dorf und Schloß im D.:A. Münfingen) : bdiefem
Zweige gehörten, wie ſchon das Siegel beweist, die beiden Anſelm in unferer Urkunde
an, welche auch jonit häufig genannt werben.
? Buchheim im B.A. Mepfirch.
3 Bronnen, Schlöshen oberbalb Beuron. ©, bie folg. Urfunde,
143
libra monete Brisgaugensis omni iuri suo renuncians libere assi-
gnauit. Nos quoque de omnipotentis dei misericordia confidentes
prefatas iam possessiones prefato iam monasterio et conuentui
contulimus et adhuc conferimus omne ius, quod ad nos spectare
videtur, ad ipsos penitus et libere refundentes. Testes autem,
qui huic collacioni seu donacioni intererant, sunt hii subseripti
fidedigni: Her. de Aichshain', C. dietus Mengosh de Büchain,
C. dietus Grave de Lubertingen ? et C. dietus Branthoch?. In
cuius rei robur et euidenciam cerciorem presentem cartam nostri
sigilli munimine duximus roborandam. Datum Burran anno ab
incarnacione domini M°®. CC, nonagesimo VII. in crastino beati
Gregorii pape.
Das anbangende breiedige Siegel in Maltha, am Rande lädirt, zeigt ben be-
fannten gezabnten Schrägbalfen ber Juflinger (von oben rechts nach unten links);
Umſchrift: + S. A. SHELMI. IVNIO. IS. DE. IVST...EN.
2. — 1316, Mai 19.
Berthold von Sigmaringen, genannt Welli, gibt Adelheid von Mülhauſen, welche
beren Ehemann Heinrih von Eljah zu Meßkirch von ihm gefauft hat, dem Kloſter
Beuron zu eigen.
SH Berhtold von Sigmeringen gnant Welli* vergihe vnd
tön kunt allen den, die dijen brief an jehent oder hörent lefen, das ich
vrilich vnd mit verdahtem mute gib vnd han geben ze rehtem aigen
Adelhait von Mülhujen?, Hainr. wirtinne uon Elſas ze Mejkylche 6,
dem gotshuſe ze Büron under Brunnon? an der Tönomwe, vnd hat die
jelbun vröwn der vorgnant Hainr. uon Elſas vom mir geföfet, und bin
des jelben guͤts, des er mir vmb fi gehies, genczlich gewert und verzihe
ih mid aller der reht, diu ich hette oder mohti gewinnen hernach an
der nor gnanten vromn, gein dem wor gnanten gotshuſe ze Büron,
vnd bin ir dch nad reht wer, und ze aim offenne vrkund der rehtun
1 Airbeim im D.N. Spaichingen.
2 Deibertingen im B.:A. Meßkirch. ©. Urk. 5.
3 1393 finden wir einen Ulrich Branthoch als Siegler einer Urk. Mittbeil. 8
©. 82.
+ Er wird um die gleiche Zeit im Habsb.:Defterr. Urbarb. (Bd. 19 der Bibl.
des lit. Vereins) genannt, weldes jagt (S. 274): Bertolt Welli git von einem
garten (ze Brengfon) einen ſchill. Goftenger.
s Mit Rüdfiht auf die Abkunft des Mannes diefer Adelheid ließe fich bier an
Mülyaufen im Elſaß benfen. Doch gab es ehedem auch einen Ort gleichen Namens
in ber Nähe von Meßkirch. S. Mittheil, 3, 84.
s Meßkirch. ©. auch Urf. 7.
"©. Anm. 3 zur vorberg. Urkunde.
144
warhait henkent die burger uon Sigmeringen ir jtette ynjigel an bifen
brief, der wart geben, bo man z(alt) von got® geburte briuzehen hun—
dert (tar) da nah im dem jehzehende(n) iare an ber mitwodun uor
vnſers herren vflfartta)ge.
Die Urkunde ift am Schluß lädirt. Das Ausgefallene habe ich ergänzt und
die Ergänzungen in Klammern gejeßt. — Das befannte große Rundb-Siegel ber
Stabt Sigmaringen (vgl. Mittheil. I, Abbild. 1) in Wachs, am Rande etwas ver=-
legt, hängt an,
3. — 1339, Juni 23. Mengen.
Conrad von Buwenburg und die Brüder Heinrid, Conrad und Utz von Buwen—
burg, genannt die Maiger, jchenfen an das Klofter Beuron Katharina des Vaſers
Toter von Hunderfingen mit ihren Kindern als rechtes Eigen.
SH Cönrat von Bumwenburg, dem man ſpricht junferre Gönrat,
vnd ih Hainrih, Gönrat und Vez von Bumenburg !, gebrüder, gnant
die Maiger, veriehen und tügen kunt alle vier gemainlid an diſem brief
offenlich allen, die in lefint oder hoͤrint leſen, daz wir Katerinun, dez
Vaſerz thohtir, von Honderfingen ?, Wernherz bez Haſen elidhen wir—
tenne, frilihen vnd Lidiclich geben und geben haben und alliu iriu Fint,
fin figen geborn odir werden noch geborn, für veht ledig aigen den er-
wirdigen gaifchlichen dem probit und dem conuent dez clojterz ze Borron.
Wir veriehen och alle offenlich, wer daz diu vorgnant Katerin odir iriu
fint von ieman anſprechig werin odir hie nad) wurden, daz wir fiu
veritan und verjprechen julen nad) dem rehten. Daz diz ſicher und jtat
blibe, dar vmb geben wir die vorgnanten Cönrat von Bomwenburg der
junfherre, Hainrih, Cönrat und Vez von Bumenburg, gebrüder, bez
Maigerz ſün, den vorbenemten dem probjt, dem conuent und dem clojter
je Buͤrro bifen brief bejigilt mit vnſeren aigen infigeln, an den ieg-
liher fin aigen infigil gehentt hat ze ainem offen vrfunde aller ding,
diu an dijem brief gejeriben fint, der geben wart ze Mengen? an der
nehſten mithon vor ſant Johans tag ze junnewenden in dem iar, do
man zalt von gotez geburt drüzzehenhundert jar drijlig iar dar nad) in
dem nünden iar.
Bier runde MWachsfiegel bangen an; fie zeigen alle eine Zange, bie nad
unten geöffnet ift und an beren beiden Griffen am Ende ein Ring bängt (2., 3. und
1 Der Stammfig ber Herren von Buwenburg (Baumburg) lag auf einem
Hügel bei dem Dorfe Hunberfingen im O.“A. Riedlingen. Memminger, D..N.
Riedl. ©. 195 f. Ein Heinrih von ®., ſeßhaft zu Haigerloh, wird 1336 genannt,
ein Ulrich um bie gleiche Zeit. Schmid, Hobenb. ©. 222. Mon. Hohenb. 5. 916.
2 ©. bie vorbherg. Anm.
3 Mengen im O.⸗A. Saulgau.
145
4, in breiedigem Schild). Die Umſchrift Tautet beim 1.: 8,OVOR. DE. BVEBVRCH,,
beim 2.: S. HAINRICL D’. BVWENBVRK., beim 3.: S, CVONRADI. D’,
BVW...VRK., beim 4: r S. VZ. De. BVWENBVRC.
4. — 1356, Nov. 2.
Ritter Johann von Kürnegg ſchließt mit dem Klofter Beuron einen Vertrag,
betr. zwei Eheleute, von welden der Mann bem Klofter, die Frau ihm eigen ift.
Allen den, die difen brief an jenhent oder hoͤrent leſen, tin ich
Johans von Kürneg ! ain ritter kunt mit diſem brief, daz id) durch
Hainrichz dez Keller jun, der dez goßhus ze Bürra aigen man it,
vnd dch durch finer elichen fröwen Greten der Myginen tohter, die min
aigen ift, bet und nutz willen havn gegeben die Eint, die von in incz ge=
born fint vnd die fi noch mwerdent gewinnen, hälbi an daz gotzhus ze
Burra, vnd wenne got gebüt über den vor genanten Hainrichen, daz
er ftirbt, jo fol der probit ald. der conuent ze Burra an dez gotzhus ze
Bürra Stat niemen ainen gewonlichen val, und wenne fin vor gejcribenin
frömw erjtirbt, fo fol ih ald min erben dch niemen ainen gemonlichen
val, vnd fol och difi genojchaft ze bedan jiten fin on alle gevärd, vnd
dez ze ainem waren vrfünd aller der vorgejhribenen ding, jo henke ich
Johans von Kürneg der vor genant min injigel für mid und für
min erben an dijen brief, der gegeben ijt an aller jelan tag in dem
jar, do man zalt von gottes geburt drüzehenhundert jar und ſehs vnd
fünfgzig jar.
Auf der Rüdfeite fteht von gleichzeitiger oder wenig jüngerer Hand: homines
in Balljhwennigen? Das Siegel ift abgefallen.
5. — 1408, Matthäus. (Sept. 21.)
Ritter Hans von Stuben, zu diejen Zeiten zu Hujen gejejjen , und
1 Die Herren von Kürned, von deren Stammburg bei Billingen noch Trüms
mer zu fehen find, waren ein Dienſt- und Lehenmannsabel der Grafen von Fürften-
berg. Ein Johann von KR. urfundet audy 1345, zwei bes gleichen Namens (Vater
und Sohn) 1337. Zeitſchr. für Geh. des Oberrh. 7, 163; 8, 117 f.
2 Mallihwenningen ift, ba bort die Kürneder vorfommen, Schwenningen am
Nedarurfprung Im Gegenſatz zu Schwenningen auf bem Harbt mag man es in
Beuron Wal dſchw. genannt haben, gerade wie man in Gegenfaß zu Emmingen ab
Ed bei Tuttlingen Hodemmingen bis in's vorige Jahrhundert Emmingen vor Wald,
nannte und heute noch Haufen bei Hüfingen fo Haufen vor Wald heißt. Gefl.
Mitteilung des Hrn. Arhiv-Regiftr. Dr. Baumann in Donanefchingen.
3 Der Stammfig ber Herren von Stuben lag auf einem Hügel bei bem gleich—
namigen Weiler im DU. Saulgau. Bon den Herren von Haufen (j. die folg.
Anm.) wußten fie nicht bloß deren Stammburg (ganz oder zum Theil), jondern auch
andere Güter an ſich zu bringen, 3. B. Oberſchmeihen, Güter in und bei Sigma
ringen. Bol. Mittheil. 9, S. 93 f.
Archiv. XII 10
146
Eberhart von Hufen ? urfunden, daß fie mit dem Propft und bem Gon-
vent des Gottähaufes zu Bürren an der Tünow gelegen „aines rehten
redlichen ſchlaichz vberain vnd in ain komen fint“ in der Weile, daß fie
ihre eignen Leute Haintzen Nubis den Jungen, feine Schweiter Annan
von Lübertingen? und alle Kinder, „die von denjelben zwain menjchen
ieß fomen fint ober noch in künftigen ziten von innen geborn werdint“,
den Klojterherren zu eigen geben, wogegen fie von biefen „Mäczen,
Benczen dez geburen ſwoͤſter von Vrendorff“? und ihre Kinder erhalten.
Beide bejiegeln die Urkunde.
Die beiden anhangenden runden Wachsfiegel find lädirt. Das 1. bat im drei—
edigem Schilde ein Rechteck (Fenfter) und bie Umſchrift: .. IOH..... STVBEN.
Das 2, zeigt ein nach links jpringendes gehörntes Thier (Widder), die Umſchrift ift
unleſerlich.
6. — 1410, Sept. 13.
Conrad von Wernwag, geſeſſen zu Nusplingen, ftiftet fi und feinen Ange:
hörigen mit 20 Pfd. Hlr. eine Jahrzeit in bem Kloſter Beuron.
Ich Cünrat von Werenmag*, ſeſſhafft zü difer zit ze Nufplingen $,
fünd vnd vergich offenlich allermenglich mit diejem brieff für mich vnd
all min erben, dz ich mit gejundem Lip, mit wolbedavchtem müt wilklich
Iuter durch got willen und durch der jelen hail willen geordnet havn ze
geben navch minem tod zmwainzig pfund güter vñ gäber haller den erberen
vnd gaiftlichen herren dem propft und conuent ze Bürren, gelegen an
ber Tünow in Goftenger biftum, fant Auguftinus ordens ber gaiftlichen
forherren, und havn dz getaun mit hand, mit munt mit worten und mit
werfen vnd zü den ziten, do ich dz billih und mol getün modt, vnd
wie ez billih und vecht krafft haben fol und mag, mit jemlihem geding
vnd fdlicher befhaidenhait, dz die vorgenanten herren dz vorgenant gelt
jond anlegen und dar vmb fond köffen ewig gelt ain pfund oder alzvil
fie dar umb Löffen mugen, und fol denn dz ewig gelt, daz dar vmb
föfft wirt, iärflich Halbz werben ainem propft und dz ander halbtail
den herren gemainlich vbern tiſch dar vmb, dz fi ber jelen gebenfin und
ı Die Stammburg biefer Familie bildet in ihren Trümmern noch eine Zierde
des Donauthales. Schlube, Das Donautbal S. 82 ff. Staiger, Das ſchwäb.
Donauthal S. 79 fi. Mittheil. 9, S. A. S. aud bie folg. Urk.
2 ©. Anm. 5 zu Urf. 1.
3 Jrrendorf im D.:U. Tuttlingen.
* Ueber biejes Gefchlecht, deſſen Stammfig bie befannte Vurg Wernwag im
Donauthal ift, vgl. Schmid, Hohenb. ©. 400 f. Ein Conrad von W. erſcheint noch
1454, Mon. Hohenb. Nro. 861.
5 Nusplingen im DA. Spaichingen.
147
fonberbar min vnd miner müter und miner huffrowen vnd find jarzit
iarklich vff ain zit, alz ez dann geordnet wirt, ewiklich, die wil dz kloſter
ftavt, begangind an dem aubend mit vigilien und morn mit mefjen, und
bez alz ze vrkund ber warhait haon ich min aigen infigel gehenkt an difen
brieff für mich und all min erben, dar zü havn ich oͤch erbetten ben
fromen veften min oͤhain Eberharten von Hufen, dz er dc fin infigel
zü ainer gezuͤgnuͤſt der warhait gehenft havt an bifen brieff, im vnd finen
erben vnſchaͤdlich, dez ich Eberhart von Hufen vergih, dz ih dz getavn
havn durch ernftliher bett willen mins dhaind Cunr. von MWerenmang,
mir vnd minen erben vnjchädlih. Dirr brieff gegeben wart an bez
hailigen crüß aubend alz ez erhoͤcht wart, do man zalt von Eriftuß ge:
burt vierzehenhundert und zehen jar.
Die beiden runden Wachéſiegel bangen an. Das 1. bat in breiedigem Schilde
vier aufwärts und brei abwärts gehende Spitzen; von ber Umfchrift ift noch zu Iefen:
».... DE. WERW... Das 2,, läbirt, zeigt einen auf 3 Bergſpitzen Tinte auf:
fteigenden Widder; Umjcrift: .. EBERHART. DCI. DE. HVSE.
7. — 1472, Yebr. 26.
Propft Heinrich und der Convent bes Klofters Beuron urfunden, daß Thomas
Pregenzer zu Mößkirch einen auf feinem Garten bafelbft Iaftenden Jahreszins von
1 Schill, den er ihnen gegeben, mit 3 Pfd. Hlr. abgelöst bat.
Wir Hainrich? von gotted gnaden propft und wir die gemainen
conuent herren de gotähujes Burren an der Thonow gelegen janct
Auguftinus ordens befennen vns offennlih mit dem briefe und tuen
kund menglidem, als vns Thoman Pregenger von Meßkirch järlichs
ain ſchilling pfenning ewigs gelts geben Haut von vnd vß ſinem Frut:
garten daſelbs ze Meßkirch, vor dem Anger thor zwüſchen Hannſen
Zieglers und Cuͤnrat Kiſlings garten gelegen, der obnen ſtoßt an bie
Hömbdorffer ? ſtrauß vnd vndan an fanct Jacobs“* garten, den ieh
Matheus Bader innhaut, dad wir für und vnd vnnſer nachkomen bes
benanten gotshuſes Bürren dem jelben Thoman Pregenger, finen erben
und dem, in des hand der vorgeſtympt gart iemer kompt, ſölichen ſchil—
ling pfenning järlih8 und ewigs gelt3 ze kouffen und ze löſen gegeben
haben, geben inen ouch den alſo ze löſen und ze kouffen ietzo wiſſentlich
1 ©. Anm. 2 zur vorbherg. Urfunbe.
2 Petri Suevia Eccl. p. 210 nennt ihn einen Herrn von Schönau und nor
tirt zu ihm das Jahr 1472 (als erites Regierungsjahr ?).
3 Heudorf im BA. Meßkirch. S. Anm. 2 zur folg. Urkunde.
+ Eine St. Jakobs-Pfründe in Meßkirch gab es noch 1797, jetzt ift ihr Ein-
fommen zur Dotation ber Pfarrei Thannheim verwendet. Gefl. Mittheilung bes Hrn.
Achiv:Regiftr. Dr. Baumann in Donaueſchingen.
10*
148
ond incraft dig briefs, und ijt der fouf und loſung beſchenhen vmb bru
pfund güter genemer haller Meßkircher Werung, der wir von im gütlich
betalt find, deö benügt Haut, und aljo jo jöllen noch mwöllen wir noch
vnnſer nachkomen bed genanten gotshuſes Bürren den genanten Tho—
man Pregenger, fie erben noch dhain, in des band der vorgeitympt gart
iemer fompt, noch ben garten jelb3 niemer mer vmb jölich abgelöjten und
erfouften jchillinge pfenning anuordern, anraichen noch befümbern dhains
wegs, wann wir und bed für ung und vnnſer nadlomen vergigen und
begeben Haben, vergihen vnd begeben und ouc bed ietzo wifjenlich
und incraft diß briefs. Ze vrkund hab ich Hainrich propft der propjtye
infigel und die conuent herren de gemainen conuents infigel für vns
ond vnſer nachkomen offennlich gehengkt an diſen briefe, der geben iſt
vf mitwochen vor dem ſonntag oculi in der vaſten nach Criſti gepurt
tuſend vierhundert ſuͤbentzig vnd zway jare.
Die beiden Wachsſiegel find bis auf unbedeutende Reſte abgefallen.
8. — 1479, April 21.
Propft Johann und der Gonvent bes Kloſters Beuron urfunden, daß bie Bet:
tern Ortolf und Caſpar von Heuborf mit 50 Pd. Hlr. einen in dem Klofter abzu—
haltenden Fahrtag für ihre Eltern geftiftet haben.
Wir Kohannes! von got3 genaden propjt und gemain conuent:
herren zu Bürren jant Auguſtins orden genempt gaiſtlich korherren in
Gojtenger byitumb bekennen offenlich für und und all unkere nachkomen
mit dißem briue und thugen Funt allermenglich, das wir ain ewig ymer⸗
werendt jtät und vnzergenglich jarczit mit vigill am abent, ſelmeßen,
gejungem jellampt und gewonlichen fell placebo, wye wir dann benn
gemonlih und vngeuerlich verjamelt ſygen, zü haben und vngeuerlich
mit leßen und fingen zü begendt an abgang vnd verhinderung verkoffet
vnd zü koffen geben haben den ebeln vejten juncherr Orttolffen und
Eajparn von Hödorff?, geuettern von Waltjperg ? und Boll *, iren vor:
deren, mit namen juncherr Bilgrin von Hödorff, fraw Annen Trud:
ſäßin von Dießenhouen 5, juncher Caſparn von Höborff und fram Walt:
! Nah Petri Suevia eccl. p. 210 ein Herr von Ehrenfeld. Die ebendort
fi findende Angabe, er jei 1480 zum Propft gewählt worden, wirb durch vorfiehende
Urkunde als irrig erwiefen.
2 Db dieſe Familie fi von Heuborf im B.:A. Stodadh, ober im B.⸗ A. Meh-
firh, oder im O.“A. Saulgau jchrieb, darüber gehen bie Anfichten auseinander.
Oberrh. Zeitſchr. 3, 236; 11, 90,
s Schwache Rejte ber Burg Waldsberg find bei Krumbah im B.A. Meßkirch.
+ Boll im B.A. Meßkirch.
5 Die Truchjefle von Dießenhofen ſchrieben fih von bem Städtchen Dießenhofen
am Rhein im Canton Thurgau.
149
burgen Herterin von Hertnegk!, der gedachten vatter und mütter, allen
iren nachkomen verfoffen und geben inn die zü Foffen wifjentlich in krafft
oud macht diß briues, geloben, verſprechen und verhayßen für ung, vnſer
erben, nachkomen, die mit legen, fingen, wye entſchayden ift, alle jar
jarlich vnd jeben jard injonder vff mitwoch vor dem fontag vocem ju-
cunditatis zii abent mit vigyll vnd am mornde8 am Donftag mit fel-
meßen vnd gelungen jellampt mit gewonlichem placebo zü begendt und
in criftenliher ouch andacht an all geuerbt vnd verhinderung zü uoll»
bringen, ouch ſoll ſollichs alle jar am fontag cantate vnnſer cufterig (2)
fein jtathalter oder pfarrer mit jampt andern jellen der obgenanten
lebenden, ouch thotten jollih8 an der kantzell verfunden began möllen,
vnd ijt das bejchehen vmb funffezig 16 hir. Gojtenger müntz und merung,
die und mit ber von Höborff ze henden zü Worndorff? gewert und
beczalt haben. ZU urkunde haben wir propit, ouch gemain conuentherrn
onnjer infigell offenlich gehenft an dißen briue, der geben ift an mitwoch
vor Inorii martir. nad Criſti gepurt vierczehenhundert jübentig ouch
nün jare.
Die Urkunde ift fchlecht gefchrieben, fprachlich nicht immer correct und bat durch
das Falten gelitten. Die beiden anbangenden, ovalen Wachoſiegel find beſchädigt
Das 1. zeigt eine Mutter Gottes mit dem Kinde und barunter einen Wappenſchild mit
einem Kreuz barin; Umfdrift: ..M. IOHANIS. PPOSITI. MONASTERI. IN
B... Auf dem 2. ift außer ben Umrifjen einer ſtehenden Perſon nichts mehr zu
erkennen.
1 Die Familie der Herter war beſonders begütert in ben O.A. Tübingen,
Herrenberg und Rottenburg. Sie theilte fi in verſchiedene Zweige, welche fi nad
ihren Befigungen oder Wohnfigen benannten. Gine ihrer Burgen war Hertened im
DA. Tübingen. Oberrh. Zeitſchr. 3, ©. 209.
2 Worndorf im B.:N. Meßkirch.
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ee ze
Beiträge
zur
Pfarrgefhichte der Stadt Ravensburg.
Bon
Dr. Alois Knöpfler,
Repetent am K. Wilhelmsftift in Tübingen,
Wenn man an ben noch erhaltenen Überreiten der ſchönen Raven $-
burg vorüberwandelt, will e3 einen jtet3 etwas jonderbar anmuthen,
daß über die ruhmreihe Vergangenheit dieſer alten Guelfenjtadt nur jo
bürftige Kenntniß auf ung gelommen fein fol. Während faft jebe
Stadt und jedes Städtchen eine Chronik befist, hat die Metropole Ober.
ſchwabens eine Beihreibung bis jet nicht finden können! und doch
dürfte eine jolde, bei der bebdeutungsvollen Stellung, die Ravensburg
nad und nad errungen, auch für die Reichsgeſchichte nicht werthlos
fein. Freilih müßten, um eine Geſchichte Ravensburgs fchreiben zu
können, zuerft die verfchiedenen Archive (in Ravensburg, Freiburg, Ulm,
Stuttgart 2c.) nad) Ravensburgica durchſucht und folde nad und nad
veröffentlicht werden. An derartigen Urkunden bürfte es nicht fehlen,
daran ijt wohl faum zu zweifeln.
In Ravensburg felbit findet fih noch mandes ſchätzbare Material
vor, obwohl viele verloren und am Anfang des Jahrhundert? Urkunden
in nicht geringer Zahl nad Stuttgart gewandert find. So enthält das
Pfarrarhiv manches Intereſſante. Aus den bier noch vorhandenen
Schriftſtücken ift im Folgenden der Verſuch gemacht, ein Verzeichniß der
Ravensburger Geiltlichkeit, eine Beichreibung der einzelnen Beneficien
und ben ordo divinorum vom Jahre 1682 zufammenzuftellen. Auch
die Patriciergefchlechter, ſoweit fie fih in den alten Kirchenbüchern, vor
Allem in den Sahrtagsverzeihniffen, aufgeführt finden, find zuſammen—
geſtellt. Unter ihnen ſteht,“ wie begreiflich, die Familie Humpiß obenan.
Zu einer Beichreibung des früheren Capitulum rurale Rauensburgense
würde zwar das NRavendburger Pfarrarhiv manches Dankenswerthe
liefern, jedoh müßte man hiezu aud noch das ehemalige bifchöfliche
Archiv zu Conftanz, jegt in Freiburg, zu Nathe ziehen. Bei dem Ver—
ı Memminger fann bier nicht in Betracht kommen. Eben ift bis jegt ber
einzige Verfuch einer Veröffentlihung Ravensburger Urkunden geblieben. Eine „Ge:
ſchichte Ravensburgs“ kann man ihm nicht nennen; bei einer Beichreibung aber dürfte
er nicht unberüdfichtigt bleiben.
154
zeihniß der Ravensburger Geiftlichkeit ift zunächſt die series parochorum
ber oberen Stabtpfarrfirhe berüdjichtigt.
Würde durch die folgenden Mittheilungen das Intereſſe für Ravens-
burg3 Vergangenheit gewedt, und damit weitere Schriftftücde, die über
deſſen Geſchichte Aufſchluß geben, ber DVerborgenheit entzogen werben,
jo wäre der Verfaſſer reichlich entihäbigt für die geringe Mühe dieſer
Zujammenitellungen.
I. Series parochorum Ravensburgensium.
Die Ravensburger Stadtpfarrer aufzuſuchen und ihrer Reihenfolge
nad zujammenzuftellen, veranlaßte den Verfaſſer zunädit eine Bemer—
fung bei Eben. In feinem bereit3 erwähnten Buche gibt er bie
Reihenfolge der evangelifchen Geiftlihen an, mill dagegen von den
fatholifchen feine Spur entdecft haben. Daß die Namen und bag An
benfen diefer Männer fo jpurlos verſchwunden fein jollte, wäre höchſt
auffallend. Allein dem ift nicht jo, vielmehr läßt ſich eine ftattliche
Reihe von Pfarrern aufzählen, unter welchen mandje aus Ravensburger
Patriciergejhledhtern ftammen. Wohl mögen einzelne Lücken vorhanden
jein, aber viele können es nicht fein. Am unzuverläffigiten find Die
Angaben in der Periode von 1364—1439, während von da an bie
Continuität wohl nicht mehr unterbroden ift.
Benübt wurden zu dieſer Zujammenftellung ſämmtliche nod) vor:
handenen Urkunden des Pfarrardivs, Stiftungs- und Lehensbriefe,
biſchöfliche Erlafje, Viſitationsreceſſe, zwei libri anniversariorum vom
Jahre 1450 und vom Jahre 1617, beide jehr jorgfältig auf Pergament
geichrieben, ein liber demortuorum mit 1400 beginnend und ein liber
confraternitatis. Da3 Meifte aber Eonnte ben Schriften des Dr. Johannes
Grefjer entnommen werben, der von 1681—1720 Decan und Stadt:
pfarrer in Ravensburg war. Er hatte mit feinen Gaplänen einen
Prozeß zu führen, wegen der ihm als parochus und rector con-
fraternitatis gebührenden duplex portio an den Einfünften der Priefter-
bruderihaft. Die Capläne beitritten ihm dieſes Vorreht und wollten
ihm ſich gleichgejtellt miffen. Grefjer Hatte zur Vertheidigung feines
guten Rechts alle ihm zugängliden Schriftſtücke auf's genauefte durch—
1 Derfelbe wurde durch gütlihen Bergleih vom 14. Auguft 1684 beigelegt und
burch den Generalvifar von Gonftanz; Rev. Dom. ab Ach beftätigt.
155
ſucht und benützt. Bei Berufung auf feine Vorgänger und Angabe
ihrer Amtözeit erwähnt er eine catalogus parochorum, der, wenn nicht
verloren gegangen, die Sade einfach gemadt hätte. Außerdem jtimmen
feine Angaben, einige Fälle abgerechnet, mit anderweitigen Aufzeichnungen
überein, weßhalb fie wohl als ziemlich genau und verläffig angejehen
werben bürfen.
1. Siegebold de Kanzach, 1299 — c. 1332.
Sub eodem Hermanno abbate (Hermannus de Biechtenweiler,
1266 — 28 dec. 1299) ecclesia parochialis in Rauensburg, olim filia
Altorffensis separata est, ut patet ex M. S. libro veteri in haec
verba: „Anno 1299 dominus Ellend decanus in Altorff, et Sige-
boldus incuratus primus in Rauenspurch filialis ecclesiae 8. Mariae
in Altorff, nuper separatae a matrice praedictae Ecclesiae in Altorff'.
Eine Urkunde, betreffend die Seeljorge an der Stabtpfarrfirche zu
Ravendburg, an die domini visitatores generales gerichtet, von Grefjer
unterzeichnet aber von anderer Hand gejchrieben, beginnt aljo: Ea tem-
pestate, qua Ravenspurgum muris adhuc denudatum, pagus erat,
capella B. V. ibidem parochialem Altorffensem matricem respexit.
Quum vero adaucto indies incolarum numero moenis, fossis, ac
praealtis turribus sese munire coepit, ruralis vitae pertaesa, civi-
tatibus imperialibus aggregata, proprium exposcebat pastorem.
Itaque manu (si ita loqui fas sit) missa, praetacta capella anno
salutis 1299? ad parochialem ecclesiae dignitatem avecta est, ad-
moto primis illius gubernaculis plebano domino Sigeboldo de Kan-
zach nobili patriciorum Ravenspurgensium sanguine procreato.
Perduxit is regimen suum ad totos 33 annos, siquidem de ipso
legitur anno 1332 adhuc in vivis exstitisse, quo quidem annorum
intervallo ita effloruit, ut 1800 cives numeraret?. Et quia locus,
+,Hess, Catal. abbat. p. 80.
2 Memminger in feiner Beichreibung des Oberamts Ravensburg S. 107
gibt das Jahr 1292, wie ſich bei ihm noch mande andere Inrichtigfeiten finden.
Noch ſchneller jheint die Einwohnerzahl Ravensburgs in ben folgenden De:
cennien angewachſen zu fein. In einem alten KRalendarium aus bem 15. Jahrhun—
dert findet fich folgende Notiz eingetragen: Noverint quod anno Domini MCCCXLIX
tanta fuit pestilentia in opido Rauenspurg, quod a festo scti Jakobi usque ad
festum pentecostes mortui sunt duo millia hominum utriusque scxus exceptis
pueris. Et magna fuit tribulatio in clero et populo, quare plebanus cum con-
sulatu statuit fieri processionem feria sexta quatuor temporum in angaria sanc-
tae crucis in Wingarten pro memoriali perpetuo. Auch im britten Decennium
bes 17. Jahrhunderts wurde Ravensburg von einer Peſt beimgefucht, j. unten
S. 163 Anm.
156
etsi jam multa extensione ampliatus tantam hominum frequentiam
in sinu suo reeludere non valebat, eorum non levem portionem in
utrumque suburbium effudit. Haec porro ratio est, quod aedificatis
diversa extra urbis septa sacellis complura successive beneficia
erigerentur, quae licet simplicia essent, nibilominus ob fundatam
cum ipso, sicut apparet, parochiae exordio sub titulo 8. Andreae
apostoli sacerdotum fraternitatem, de cujus reditibus neosacellani
participabant, omnes in subsidium parochi curati existere, quatuor
ex ipsis, illo aevo, pro suo beneplacito ad cooperaturae munus
designantis.
Noch eine weitere Urkunde von Decan Grejjer kann hier verzeichnet
werden. Pro resolutione huius quaestionis (es handelt fih um bie
Stiftung eine verjtorbenen Caplans Merz) suppono tamquam fun-
damentum inconcussum, quod postquam magistratus Ravenspur-
gensis ab rev. Vinearum praesule decenter petiit, ut capella B. V.
Mariae isthic, hactenus filia matricis Altorffensis in parochiam eri-
geretur ecclesiam ideirco, quod Ravenspurg ipsam paulatim ma-
tricem communicantium numero aequaret, adeoque proprium pa-
storem requireret. Forte etiam multum ad ejusmodi intentionem
contribuit quia Ravenspurgum tunc moeniis jam pridem cinctum,
anno 1272? imperiali authoritate civitatibus liberis erat accen-
situm. In den beiden libris anniversariorum findet fi Sigebold
gleichfalls als plebanus huius ecclesiae verzeichnet. Er hat für ſich
und feine Schweiter Luzie einen Jahrtag geftiftet. |
2. Berthold Griefinger c. 1332—1364.
Bei Grefjer: Si quidem in libro anniversariorum anno 1617
ultimo conscripto, inque aliis vetustioribus de anno 1450, 1502,
nee non 1595 leguntur primorum duorum huius plebaniae pa-
storum fundata anniversaria videlicet D. Sigeboldi de Kanzach et
Dom. Bertholdi Griesinger, quae hodie adhuc quotannis celebrantur.
An beiden lib. anniv. 1450 und 1617 findet fi auch das annivers.
Griefingers verzeichnet, im letteren mit den Worten beginnend: R. D.
Bertholdi Griesinger decani? et plebani huius ecclesiae. Hierauf
— nu
ı Memminger a. a. O. ©. 119 gibt hiefür das Jahr 1126 oder 1130 an.
2 Diefe Jahresangabe ift unrichtig. Die bier gemeinte Urfunde Kaifer Rubolfe
datirt vom 15. Juni 1276; f. Böhmer, Kaiferregeften 1246—1313 ©. 76 unb
©. 129.
3 Der Umſtand, daß jchon der zweite Pfarrer Decan wurbe, barf wohl als Be:
weis angeführt werben, wie ſchnell Ravensburg zu größerer Bedeutung gelangte und
die ehemalige Mutterfirhe Altorff überbolte. Bon da an find weitaus bie tmeiften
157
folgt die nähere Beſchreibung der. Stiftung, mit ben Worten jchließend:
obiit 1364. Auch in einem registrum, Namen und Jahr der Stif—
tungen enthaltend, findet ſich bei Griefinger da3 Jahr 1364 verzeichnet.
Bon 1364—1439 war die Reihenfolge und Amt3dauer ber ein=
zelnen Pfarrherren nit genau zu eruiren.
An den dem Verfafjer zu Gebote jtehenden Schriftitüden fand ſich
eine Zahl von parochi, melde während diejer ‘Periode an der oberen
Pfarrkirche angejtellt waren, die der Wirklichkeit ziemlich entjprechend
jein dürfte. Es find dieß folgende adt:
Sohannes a Weiler; Conrad Shalf; Johannes Wegel;
Johannes Mayenberg; Johannes Aiheler; Johannes Klen-
fen; Johannes Wiedtmann; Konrad Wagner.
Außerdem fanden ſich noch einzelne Geiſtliche verzeichnet, meiltens
mit dem Beiſatze D und ptri (presbyteri), Da bei den Pfarrern ber
Kirche immer ber Beiſatz fteht plebanus huius ecclesiae, jo blieben
jene Namen als nicht hierher gehörig unbeadtet. Bon jieben läßt jich
die Reihenfolge bejtimmen, nur von Johannes Wetzel fand ſich nichts
al3 der Name im lib. anniv. vom Jahre 1450 mit dem Beilage ple-
banum huius ecclesiae. In dem registrum mit bloßer Namensangabe
findet ſich auch S. Joannes Wetzel unter nro. 255 aufgeführt. Daraus
und weil im lib. anniv. neben jeinem Namen auf dem Rand der Jahr:
tag von Joannes Humpis, gejt. 1411, angemerkt ift, läßt ſich folgern,
daß er nicht gleih auf Griefinger gefolgt, jondern wohl erjt an das
Ende des 14. und den Anfang des 15. Jahrhunderts zu jeßen ſei. Im
Einzelnen lajjen ſich folgende data angeben:
3. JIohaunes a Weiler 1364— c. 1380.
Grejjer: Sub initium hi proventus veniebant nomine vigiliarum,
praesentiarum et anniversariorum juxte instrumentum: Quomodo
vigiliae decantandae? anno 1378 sub Joanne a Weiler parocho
huiatis ecelesiae eonfeetum.
4. Konrad Schalk c. 1380 — c. 139.
Diefer Conrad Schalk iſt wohl identiih mit dem im lib. anniv.
Pfarrer zugleih decani. In den Statuten bes Ruralcapiteld Ravensburg, beftätigt
von Biſchof Heinrid von Gonftanz i. J. 1443, lautet nro. II: Post haec statuerunt,
quod omnes et singuli de confraternitate residentes in beneficiis et ecclesiis
ipsius decanatus convenire debent, bina vice in quolibet anno, videlicet feria
V post dominicam qua cantabitur invocabit proxima, et etiam feria quinta post
festum exaltationis sanctae crucis proxima, ad confraternitatem et capitulum in
loco Ravensburg vel alio competenti infra distrietum decanatus per decanum
pro tempore existentem deputando, et quilibet superpelliciatus, depositis cal-
caribus, sub poena sex denariorum monetae praedictae,
158
vom Jahre 1450 fi findenden Conrad Schad plebanus huius ecelesiae.
in Schuldbrief beginnt: Joh. Cör. Schalk luetpriest ze dienen ziten
ze Rauenspurg kund uñ vgih offenlich mit disem brif..... Der
Schluß lautet: der gebn ist do mon zalt vö Cristus geburt drie-
zehen hundert ufi drie und ahtzig jar an dez hailgen erutz tag
als es erhohet waz.
5. Johann Wehel c. 1390 — c. 1400. — 6. Johannes Mayenberg c. 1400 — c. 1415.
In einem Kaufbrief der geben ist ze Rauenspurg in dem jar
do man zalt nach Cristi geburt vierzehen hundert darnach in dem
dritten an dem naehsten donerstag nach sant Johanstag ze sun-
wenden des hailgen Taufers findet ſich maister Johansen Mayenberg
al Pfarrer zu Ravensburg aufgeführt.
7. ZIohannes Aicheler c. 1415—1419.
Da in dem lib. demort. die beiden Namen „magistri Joannis
Mayenberg et domini Joannis Aicheler plebanorum in Rauenspurg“
jo eng verbunden fich finden, darf man wohl annehmen, daß fie aud
auf einander gefolgt, und zwar ohne großen Zeitintervall. Bei dem
Namen Aicheler, der die nro. 382 hat, findet fich in dem ſchon ge=
nannten registrum das Jahr 1419 verzeichnet, das wohl als jein Todes-
jahr angenommen werden darf.
8. Iohannes Kleuken c. 1419—1428,
Eine Freilafjungsurfunde (manumissio) beginnt: Joh. Cuonrat
Hön hannsen Hönen sun vom Stainhus vrgich offenlich, daz ich
mit den ersamen heren hn Johannsen Klenken lütpriester ze
unser frowen pfarrkirchen ze Rauenspurg und den capplanen ge-
mainlich derselben kirchen in ain komen bin u. ſ. w.
Des ze urkund won wir ouch aign jnsigel nit habn so habn
wir uns des gebunden under des ersamen mans Niggel Ruopprehts
des statamanns ze Lindow jnsigel daz er gehenkt hat an disen
brief, der gebn wart am nehsten zinstag vor sant Vitztag ze mitten
brachot in dem jar do mon zalt nach der geburt Cristi vierzehen
hundert und dru und zwaintzig jar.
9. Dr. Iohaun Wiedtman c. 1428 — c. 1433.
Bon MWiedtmann konnte ich gleichfall3 nicht mehr als feinen Namen
finden. Weil er vor Waltherus Burgaw und nad) Wicheler jteht,
jete ich ihn vor Wagner. Bon dieſem bis zu Burgam ijt die Reihe
ununterbrochen, folglih für ihn kein Plaß.
159
10. Konrad Wagner c. 1433—1439.
Grefier: Quo anno ad hancce parochiam fuerit promotus iste
plebanus (Heinricus Lanz) non constat (cfr. unten): id autem ha-
betur ex catalogo parochorum Ravenspurgensium anno 1435 pa-
rochiam egisse R. D. Conradum Wagner, anno vero 1448. D. Ot-
tonem & Sunthaimb patrieium huiatem. Dominus Lanz, resignata
parochia Ravenspurgensi, Umendorffium prope Beracum obiit, ubi
etiam teste mortilogio capituli mei defunctus legitur.
11. Heinrih Lanz 1439 —1448.
Ein Erlaß bed Generalvicard von Gonjtanz, datirt vom 30. Sept.
1439, gibt Beſcheid auf die an ihn gebrachte Beſchwerde der Ravens—
burger Geiftlichfeit gegen ihren neuen parochus. Er erwähnt der an-
tiqua et per tempora memoriam hominum excedentia obser-
vata consuetudo, daß jeder plebanus in Ravensburg pro tempore
existentiae Mitglied ber daſelbſt beitehenden Prieſterbruderſchaft
jei. Dann wird fortgefahren: nihilominus dilectus in Cristo Hein-
ricus Lantz plebanus modernus in Rauenspurg confraternitatem
vestri capituli assumere et ejus statuta solvere et servare non
curat etc.
12, Otto a Iuntheim 1448—1490.
Greſſer: Domino Heinrico Lanz (etwa3 weiter oben nennt er ihn
hominem bassae fortunae ac, uti apparet, similis ingenii) resignanti
in parochia successit Otto à Suntheimb anno 1448, praescripto
tredecim conviviorum oneri tam valide se opponens, ut Heinricus
eps. Constant. statutum de anno 1390 circa duplicem parochi por-
tionem de novo stabiliverit.
Interim dolendum est, mox fatum dom. Ottonem fuisse bene-
ficio suo suspensum administratione huiati magistratui et coopera-
toribus commissa atque anno 1486 ‘, omnino excommunicatum. Qui
dominus Otto sicuti regimen suum juxta catalogum parochorum
ab anno 1448 usque ad annum 1490, produxit quo ipsi successit
Dom. Wernerus à Wernhausen, ita sane etc.
i Eine Schenfungsurfunde wornach die Güter zu Stainhus und Kerlimos an
das Klofter Weingarten unter Abt Kaspar (Kaspar Schiegg 1477—1491) und ber
Maierhof zu Ailisruti an die Priefterbruderichaft in Ravensburg übergeht, beginnt:
Ich Otto Sunthaim pfarrer und wir bie gemain capplon ber bruderſchaft unfer lieben
frowen pfarrfirhen zu Rauenfpurg. Schluß: beſchehen uff zinftag nad Sant Jos
banns Sonnwendj nah gepurt chriſti vierzehenhundert achtzig und Sechs jar.
160
13. Werner a Wernhaufen 1490-1492,
Praefuit autem dom. Wernerus unico biennio succedente sibi
anno 1493 !
14. Konrad Winterberg 1492—1503.
Dom. Conrado Winterberg et huic anno 1503 ?
15. Iohannes Landmann 1503— 1520.
Dom. Joanne Landmann, isti anno 1520
16. Walter a Burgaw 1590—1535.
Walterus à Burgaw ita exhibente eodem parochorum ca-
talogo.
17. Dr. Iohannes Pfrundt 1535— 1546,
Grefjer: Turbulentissima et inquietissima tempora injustis ca-
pellanorum machinationibus campum aperiebant. Invaluit circa
haec tempora pro dolor! istice Lutherana haeresis ?, clerus a fide
partim defecerat *, parochi saepissime stationes mutarunt®. Anno
4 Eine Urkunde, batirt vom Samſtag nad) ber bl. brei König tag 1492, beginnt:
Joh. Conradus Wintterberg lerer ber hailigen Recht, Bicarius des bifchöflichen
Hofs zu Eoftenig Pfarrer zu Rauenjpurg u. |. w. Es wird dann bes Weitern eine
Entiheidung gegeben wegen einer Pfründeftiftung ber Familie Humpiß „uff Sannt
Andres Altar in fant Michels Eapell zu Rauenfpurg“.
2? Eine Urkunde vom Jahre 1505, ausgefertigt durch Johannes Schladhter von
Frauenfeld, notarius publicus sacra imperiali authoritate, wie er ſich nennt, führt
als plebanum parochialis ecclesiae gloriosae virginis Mariae in Rauenspurg
ben venerabilem dominum Joannem Landtmann sacrae theologiae doctorem an.
Es handelt fih um bie Beitellung eines Vicarius perpetuus für Ejhaw, wozu von
der Priefterbruberijchaft Ludwig Schmid präfentirt wird.
3 In ein altes Kalendarium gefchrieben 1482 von Ludovico Vering, finden ſich
von fpäterer Hand folgende data eingetragen. Zum 29. Juni Peter und Paul ift
angemerft: Anno 1544 hat ber Iuterijche Pfaff Eung bie erjte prebig gethan zu
Ravensburg und hat umter ber prebig ein Feines Kind flurm gleit und geicdhlagen,
daß jedermann aus ber kirchen geloffen, und ift nichts gewejen.
Beim 16. April heißt e8: anno 1546 ift bie fatholifche Meß im Kloſter zu
Ravenſpurg abgethan worden.
24. April 1546 hat man die erſte luteriſchen Meß im Kloſter gehabt zu Ra—
venſpurg.
20. Mai 1546 iſt die catholica Missa und alle chriſtliche Ordnung zu Ravens:
burg abgethban worben,
Anno 1576 hat ein Apostata Simon Leutz Virg. Mariam aine Unholda aud:
geſcholten offentfih im Klaufter zu Ravensburg (cfr. über Reformation in Ravens—
burg auch Hess, Prodrom. pag. 219 ff.). \
* Grejier berichtet weiter: acta monasterii Vinearum et Augiae minor. re-
censent, cooperatores ad B. V. anno 1546 a fide defecisse, .
> An einer anderen Stelle bemerft Greifer: oppidum Ravensburg foeder!
161
1520 clavum accepit Dr. Waltherus & Burgaw successit anno
15891 D. Dr. Pfrundt, Viennam Austriae ubi solido triennio hae-
serat, se conferens, ut laboranti parochiae opem ferret.
18. Wolfgang Widemann 1546—1550.
Anno 1549? D.M. Wolf. Widemann, cum triennio ante clerus
ab invalescente haeresi oppido pulsus 18 annis in aedibus Klekle-
rianis Altorffii resideret donec a praesidio Hispanico restitutus fuit.
19. Iohannes Frik 1550—1551.
Anno 1550. Dom. Joannes Frik parochiam egit post hunc
non investiti
20. DD. Gregorius Toxander et — 21. Georgius Rauch’,
quo usque anno 1562 succederet Dr. Hermannus Wenk.
Schmalkaldico erat implexum, cives omnes pene a fide defecerant, archivum
confraternitatis, ut loquuntur statuta chori, in illorum manus devenerat eo
audacis insolentine assurgentium, ut in Vinesrum quoque monasterio divina
fieri anno 1546, per suos asseclas inhiberent. Et revera actum fuisset cum
fide orthodoxa nisi indefessa rev. dom. Guervici (Gerwig Blarer, Abt in Weins
garten 1520 bis 31. Auguft 1567) abbatis diligentia et studium haereticalem
luem vel omnino depulisset, vel in aliis locis catholicorum religionem conser-
vasset.
1 Diefe Jahrzahl ift unrichtig. In einem Lehensbrief befennt Clas Wachter zu
Hinderreutin, den vierten Theil ber Güter zu Hinderreutin, welche durch Vertrag mit
Herr Ulrich Graf zu Montfort Heren zu Tettnang in den Befig ber Priefterbruberfchaft
in Navendburg gelangt, „durch Unterbanblung bes eblen und feften Junkherrn Ja—
toben von Sedenborfj Noldt unberlandsraht der Lanbvogty Swaben“, von ben ers
wirdigen hochgelörten und erfamen Herrn Johannſen Pfrund Doftor pfarrer und
gemainlich der priefter der bruderſchaft U. I. F. pfarrfirhen zu Rauenfpurg zu Iehen
empfangen zu haben. Diefer Lehensbrief ift gegeben: „Samſtags nah Sant Mar:
grethentag nach chrifti gepurt funfzehenhundert und im ſehsundryſſigſten jar.“
2? Diefe Angabe ift gleichfalls faljch, nicht 1549, jondern 1546. Ein Lehensbrief,
ausgeftellt von Georg Mäner und jeiner Ehefrau in Herbisreuthe am „Afftermontag
ben eylften Tag des Monats Juli von Krifti unjers lieben Herrn gepurt gezält
Zaufend fünfhundert vierzig und fieben jar“, nennt als Lehensherrn „die würdigen
und hochgelerten Herrn Mayſter Wolfgang Widemann biefer Zeit pfarrer und bie
Gapplän gemainlich ber bruderſchaft unjer lieben frowen zu Ravenſpurg“ x. Sm
Ihon erwähnten registrum findet ſich bei Widemann als Stiftungsjahr 1550 an
geführt.
3 An einem anderen Ort bemerft Grefjer: Magistratu foederi Schmalkaldico
anno 1544 implexo, ejectus post biennium clerus, suppressa religio orthodoxa,
duo plebani ab anno 1551 usque ad annum 1562 videlicet Greg. Torneander
Georgius Rauch non investiti.
Archiv. XI. 11
22, Hermann Wenk 1562—1588.
Wenk war parochus bis zum Sahre 1588, mo er bie Gaplanei
zum hl. Sohannes Evangelift in Ravensburg angetreten. In einer
Verhandlung vor dem bijchöflihen Geriht in Eonftanz i. %. 1594 ift
er al3 Zeuge aufgeführt neben den andern capellani in ecclesia pa-
rochiali Ravenspurgensi adB. V.M. Im lib. anniv. heißt e8: Her.
Wenk quondam decanus et parochus in Ravenspurg postmo-
dum sacellanus Joannis Evangelistae necnon sti Blasii in hospitali
obiit 5. Febr. 1603.
23. Mofes Haag 1588—1600.
In assignatione vero reddituum parochialium, dom, Moysi
Hagio 17. Sept. 1588 abs. Benefato domino abbate facta, convi-
viorum nulla prorsus mentio incidit.
Moises Haag decanus et parochus in Ravenspurg obiit anno
1600. lib. demort.
24. Johannes Kaufmann 1600—1606.
Postquam rev. D. Joannes Kauffmann huc promotus 1600
anno 1603 complanavit questionem circa convivia et Ravenspurgi
rursus emigravit anno 1606 in Deuringen. Lib. demort.: Magister
Joannes Kaufmann parochus Ravenspurgi capituli camerarius obiit
sexto Martii in Deuringen anno 1627.
95. JIohannes Albertus 1606—1612.
Grejjer: Capellani successori parocho domino M. Joanni Al-
berto primam questionem moverint circa duplum de vacantibus.
%. Nikolaus Walfer 1612—1634.
Grefier: Domino decano Walser‘ anno 1612 ad parochiam
nostram promoto.
1 Soll eine der Urkunden mitgetbeilt haben, bie Geſchichte von Ludwig von
Bruck behandelnd, eines Chriftenfnaben, der am 30. April 1429 von den Juden in
Ravensburg anläßlich einer Hochzeitsfeier ermorbet worden fein fol. Cfr. AA. SS.
Boll. April. III 978. An einer anderen Stelle jagt Greſſer: confirmantur prae-
missa omnia tam in genere quam in specie circa ea videlicet quae capellani
mihi huc venienti in dubium traxerunt, meque spoliarunt, validissime in statu-
tis chori sub anno 1612, quando dom. Nicolaus Walser parochiam paulo post
adiit authoritate dom. Jakobi episc. Const. confirmatis. Ein Lehensbrief bes Hans
Thannenmayer zu Hinderreutin vom 17. April 1613 nennt als Lebensherren „bie
Erwürdigen unb gaiftlihen Herren Niclaus Walſer Pfarrherr und gemain Gaplän
unjer I. Fr. in ber oberen Pfarrfirhen zu Rauenfpurg”.
163
Vom Jahre 1627 findet fih ein Vergleih zwiſchen Decan Waljer
und den beneficiati bezüglich der Bezüge von der Prieiterbruderichaft.
Der lib. demort. jagt: Rev. dom. Nicolaus Walser parochus
et decanus in Rauenspurg 88. theologiae baccalaureus postea
factus canonicus ad 88. Stephanum Constantiae, anno 1640 pie
obiit Brigantiae.
9%. Mathias Barth 1634— 1677.
In einer descriptio beneficiorum, von Barth ſelbſt verfertigt,
Ichreibt er:
Mathias Barth ex pago Ebenweiler comitatus Königseggiani
anno 1634 die 12 octob. obtinui beneficium et simul officium de-
canatus!. Admod. rd. ac clar. dom. M. Barth decanus et pa-
rochus Ravenspurgensis per 43 annos obiit 6. Martii 1677, aetatis
73. ann. lib. demort. und lib. anniv. Nad) lib. confr. per 37 annos
decanus.
28, JIohannes Kieler 1677— 1681.
Nach dem lib. confratern. folgte auf ihn D. Joannes Bieler,
SS. canon. cand. paroch. et dec. Ravenspurgensis aetat. 42 con-
suetis ecclesiae sacramentis provisus animam deo reddidit die
25. Oct. 1681.
29. Johannes Grefler 1681—1720.
Postquam adm. rev. et clariss. dom. Joannes Bieler SS.
canonum cand. paroch. et decan. Ravensburgensis die 25. Oct.
1681 fatis concessit, cuius anima deo aeternum vivat! ego Joannes
ı In einem Rotulus bes Jahres 1635 findet jih der Vermerk: anno domini
1634 ben 25. Nov. hat ber neue Pfarrer Mathias Barth in die Bruderfchaft ange:
halten und weil er noch nicht inveftirt gewefen, ift er zwar aufgenommen worben,
body hac lege, daß ihm in allen der Bruberfhaft Einfommen, an Früchten, Wein,
Gelt und Präfenzen nur ein thail, wie andern fratribus ſolle geben werben bis fo:
lange er actu ipso inveftirt jeye.
Weiter jchreibt Greffer nody über Barth: Circa personam dom. Barth specia-
liter notandum, obtinuisse illum capellaniam St. Joannis Evangelistae in choro
anno 1627 usque ad annum 1633, dein resignato beneficio sequenti anno paro-
chiae Altorffii ad Vineas praefeetum egisse. Huc rediisse 1634 parochiae et
decanatui admotum.
Barth hatte bald nad feinem Amtsantritt als Pfarrer eine verheerende Peft
durchzumachen. Greſſer ſchreibt hievon alfo: Cum ab anno 1632 jam invaluisset
bellum Suecicum et paulo post fames, anno autem 1635 saevissima pestis ita
ut omnia susque deque verterentur; census nulli fluerunt, clerus qui se hic loci
sustentare amplius non poterat hinc inde etc.
13”
164
Gresser tune 8. theolog. doct. die 27 ejusdem mensis ! et anni
praesentationem rev. D. Vinearum abbatis in hac laborum et
aerumnarum fertili parochia, in offieio decanali vero die 10. Nov.
immediate subsequentis, mediante canonica electione suscepi, exi-
stentibus tunc in praefata parochiali ecelesia mea subsequentibus
sacellanis videlicet R. R. D. D. Jo. Jakobo Kaut, cooperatore et
seniore, Maximo Merz procuratore confrat. nostrae, Joann. Hein-
rico Nussbaumer, Jakob Strasser altero procuratore, Francisco
Bendel chori rectore, Jo. Petro Reiner vicario nostro in Eschaw
et Sebastiano Fink recens ante me suscepto. Greſſer obiit 7. Sept.
1720, lib, demort. halb erblindet; hat für Navensburg fehr viel ges
arbeitet.
30. Johann Georg Burtſcher 1721 - 1734.
Im ordo divinorum, von Greſſer abgefaßt, findet ſich bei Er—
wähnung des ſogenannten Pfeffertages (eine Stiftung von Ital Humpiß
und ſeiner Frau Agatha Gremlichen) von Burtſcher ſelbſt folgende Note
angefügt: Anno 1721 post adventum meum P. P. carmelitae denuo
litem resuscitarunt praecedentiae ex eo potissimum capite, quod
in litteris fundationis eorum prius fiat mentio, quam parochi ad
B. V.
Dom. Joannes Georgius Burtscher S. theol. doct. olim ven.
cap. Linzgew decanus dein parochus Ravensburg obiit 17. Nov.
1734. Lib. demort. und lib. anniv.
31. Dominikns Urbon 1734—1755.
Im lib. confrat. heißt es: 1739 die 12. Maii capitulum fuit
celebratum in loco S. Christinae, ubi in decanum est electus D.
Alphonsus Jos. Feser parochus Weingartensis, ante electionem
suscepti sunt sequentes: D. Joan. Dominicus Urbon parochus in
Ravenspurg, antehac in Durnau capituli Sulgau decanus, origine
Gamundianus natus 1683, sacerdos 1706. Hieraus darf jedoch nicht
geſchloſſen werden, daß Urbon nicht unmittelbar auf Burtſcher gefolgt
ſei. Einmal wurde damal3 regelmäßig nur alle 3 bis 4 Jahre Eapitel
gehalten. Zwiſchen dieſem und dem legten Capitel aber dürfte jogar noch
etwas mehr Zeit veritrichen fein, denn bei Decan Franz Joſef Purticher,
parochus in Tettnang, beißt es: propter infirmitatem resi-
gnavit anno 1739, woraus wohl geſchloſſen werden darf, er habe die
1 In einer Klagichrift heißt es: specificatio fraudum et insolentiarum quas
capellani ad B. V. M. Ravenspurgi post meum huc adventum die 27 Nov. 1681
in me subscriptum comiserunt.
165
Abhaltung des Kapiteld etwas verzögert. So ift es recht gut denkbar,
Urbon Habe jhon einige Jahre vor der wirklichen Aufnahme in das
Capitel fein Amt al3 Pfarrer in Ravensburg angetreten.
‘m ordo divinorum, leßte Seite, findet fi eine Note von Urbon
folgenden Inhalts: „ben 13. Martii 1737 ijt mir Joh. Dom. Urbon
parocho in ber vorgehaltnen jchulvifitation der von dem cath. Magi⸗
ſtrats innern Rath, ohne mein Vorwiſſen (mie es doch nicht Hette be:
ſchehen jollen) auffgenommene Provijor Adamus Nider vorgeftellt worden.“
Urbon obiit Ravenspurgi 17. Nov. 1755 aetatis 72 an. 5 mens.
Nach dem lib. demort. ftiftete er für fich, feinen Bruder Georg Trieb:
rih und feine Schweiter Monika einen Jahrtag cum placebo et officio
defunctorum.
32. JIohann Baptiſt Ortlieb 1755—1772.
Sm lib. confrat. heißt es: 1755 die 10. Decembr, in trigesimo
rev. D. decani Urbon peractis divinis fuit electio novi decani in
aedibus parochialibus Ravenspurgi in praesentia R. D. Joannis
Labhart 8. theolog. It. consil. eccl. sigillif. et fiscalis ac parochi
ad 8. Stephanum comissarii epplis, ubi in decanum electus est
D. camerarius Joan. Bapt. Ortlieb parochus antea in Berg nunc
Ravenspurgi.
Obiit 7. Aug. 1772. Lib. confr. und anniv.
33. Johannes Franziskus Schniher 1772—1816.
Dom. Joannes Franeiscus Schnitzer parochus in Ravenspurg
electus in decanum 5. Octob. 1772 obiit 20. Sept. 1816. Lib. Confr.
34. Georg Behler 1817—1829,
Georgius Stephanus Beckler, nominatus parochus et decanus
civitatis et capituli Ravensburgensis 23. decemb. 1817. Beckler zog
am 23. Juli 1829 nad Hofs.
35. Eonrad Eifele 1830—1833.
Conrad Eijele, bisher Stabtpfarrer in Ehlingen, wurde am 8. Juni
1830 inveftirt. Er jtarb in Navendburg den 26. Sept. 1833.
36. Iofef Fenerle 1834—1845,
Auf Eifele folgte Joſef Feuerle am 10. Sept. 1834. Im December
1845 wurde derjelbe als Caplan von Unlingen penfionirt und ftarb in
Ravensburg anno 1847.
37. Iohannes Erath 1846—1857.
Am 47. Juni 1846 wurde Johannes Erath Decan und Stadt:
166
pfarrer. Im October 1857 zog er als Pfarrer nah Ninggenweiler,
jeit 9. Juli 1863 Stadtpfarrer in Tettnang.
38. Wilhelm Stempfle feit 1859.
Auf Erath folgte Wilhelm Stempfle, jeit 1345 Piarrer und Kam:
merer in Zöbingen, am 31. März 1859 invejtirt ald Stabtpfarrer von
Ravenäburg. Seit 1868 Decan des Landcapitel3.
Beiträge
zur
Gerichte des ehemaligen Kloflers und Oberamtes
Bald.
Don
Dr. Hafner,
praktiiher Arzt in Klofterwalb.
1. Zur Geſchichte des Klofters Wald.
Der Name des Ortes und Klofterd Wald, urfundlid im 13. und
14. Sahrhundert Walde, kömmt befanntlid) von den vielen Wälbern
her, welche basjelbe früherer Zeit in noch größerer Nähe, als gegen-
wärtia, umgaben '. Die Waldungen reichten früher bis an die Mauern
von Wald, und noch im Jahre 1787 erſtreckte fich der Wald von Kappel
ber bis in die Nähe des jogenannten „geihoßnen Bilds“. Erſt zu An:
fang dieſes Jahrhunderts wurden die Wälder von der zwiſchen Wald
und Meßkirch angelegten Straße immer mehr zurücgebrängt.
Schon vor der Stiftung bed Klojterd war der Name „Walb” be:
kannt. Denn dajelbit befaß vor deſſen Gründung Adalrich von Balbe
ein Gut mit Gebäuden, dern, Wiefen und Waldungen. Auch befand
fi daſelbſt jhon ein Pfarrkirchlein.
Aug frommem Sinne und im Geilte der damaligen Zeit kaufte
Burkart v. Wedenjtein, jpäter Rath (n. U. Hofmeilter) Kaiſer
Friedrich8 II, im Jahre 1200, den 21. März, diefed Gut von Adal—
rih v. Balbe um 55 M. Silber; auf Anjuhen feiner Schmeitern
Judith und Ida gründete er am 4. April 1200 das Kloſter und be:
gann noch im jelben Jahre mit dem Baue desjelben ?. Er beſchenkte e3
mit dem Hofe Luüzelbach und den ihm in Wald gehörigen Adern, Wiejen
und Waldungen, ſowie der Pfarrkirche dajelbit ?.
1 Bud (Mittheilungen des Vereins f. Geſch. in Hohenzollern 5, 89) Hält „Wald“
für einen Flurnamen.
2 Die Quellen biefür find: Die 1838 aus Auftrag ber bamaligen F. Regie:
rung in Sigmaringen vom frühern Phyfifat Wald ausgearbeitete biftorifcyetypogra=
phiſche Beichreibung des Oberamts Wald, welche ich handſchriftlich befige. Die hierauf
bezüglihen Angaben find aus ben Pfarrarhiven ac. erhoben. Weitere Quellen:
Sohler, Geſchichte von Hohenzollern, ferner aus Klofterzeiten jtammende Tafeln und
Aufichriften ꝛc.
’ Nah der Conſtanzer Betätigungsurfunde (ſ. die Beilage) wurde bas Kloſier
Bald am 1. April 1212 errichtet; Zeuge primo loc. Bertholdus de Butelshez, 1
— was ſich ohne Zweifel auf Vollendung des Kloſterbaus bezieht. —
170
Konrad II, Biſchof von Conſtanz, betätigte die Stiftung und
weihte das Gotteshaus ein. Abt Eberhard v. Salem führte Burkarts
Schweſtern, Judith als erſte Abtijfin und Ada als erjie Priorin, feier:
lih ein !.
Viele ſchwäbiſche Ritter und Herren vermehrten die Güter des
Kloſters durh Schenkungen und Vermächtniſſe. Hauptſächlich aber wurde
es unter Beifteuer der Herren v. Reiſchach (früher Rischa) unb
Kallenberg gegründet.
Unter den Gutthätern des Klojterd merden jpeciell die Herren
von Königseck, Hohenfels, Burau, Rosna (früher Rosnaw), Heuborf,
Reiſchach, Schweindorf und Haufen erwähnt ?.
Töchter edler Geſchlechter, z. B. der von Hohenfeld, Reiſchach, Sel:
fingen, Heudorf (früher Hödorf, aus Überlingen), Schweindorf (jet
Schwandorf), Haufen bei Walbertöweiler, Seelhofer aus Pfullendorf *,
Eberhardtömweiler (jett Eberatömweiler), Wolfurt (Batriciergejhleht aus
Überlingen), Gremlih von Zungingen zc., die im Gotteshaufe Wald,
im Mittelalter Silva benedieta genannt, den Schleier nahmen, bradten
ihre väterlihen Güter dahin.
Eine beträdtlihe Anzahl Orte, Höfe und Gefälle in näherer und
fernerer Umgebung wurden durd Kauf, Tauſch oder Schenfung bis
zum Sabre 1472 erworben. :
Bis zu diefer Zeit und theilmeife noch jpäter befam das Kloiter
nah und nad folgende Güter und Gefälle >:
Den ehemald Kaijer Friedrich II zugehörigen Hof Lüzelbah vom
Stifter des Klojterd, Burkart v. Wedenitein (1216); das Gut von
ı Nah zwei aus Kloflerzeiten ftammenden Tafeln weibte Bifchof Albrecht von
Regensburg 1268 das Gotteshaus zu Ehren des hl. Kreuzes ein. Über bem
Hochaltar der jekigen Pfarrfirche befindet oder befand ſich nach einer im dieſer Kirche
aufgebängten Tafel ein Grucifir, das bein Graben ber Fundamente zum urfprüng:
lihen Klofterbau gefunden worden fein fol. Hierauf bezieht ſich vieleicht die Nach—
richt von biefer Einweihung.
2 Laßberg, Collectanea I. Hieraus wurde dem Verfaſſer burh Hrn. Hof:
fapfan Martin im Heiligenberg das Verzeichniß ber Stifter und Guttbäter bes
Klofters Wald mitgetbeilt.
’ Aus bdiefem Geſchlechte, eigentlih von Thauffingen, kamen die Mutter und
zwei Schweftern des fpätern berühmten Salemer Abts Ulrich v. Selfingen nah Walb;
ſ. Mone, Quellenfammlung 3, 30.
% Agnes und Katharina Seelboferin werben unter ben Guttbhätern bes Klofters
aufgeführt. Laßberg a. a. O.
5 Bol. Hift.stopogr. Beihreibung des Oberamts Wald, ferner Johler a. a. O.
190 ff., Mittheilungen bes Vereins f. Geſch. in Hohenzollern 2, 3 und 4, das
Wochenblatt für Hobenz.-Sigmaringen v. 3. 1823 und 1824 x.
471
Burau durch Heinrid v. Niefen t (1241); die Höfe von Burrn (1242)
und Bußnang (1246) ?; Reiſchach von den H. v. Reiſchach? (1246 und
1266); den Lehenort Geißweiler (Geizwiller), unter lehensherrlichem
Eonjenje des Grafen Hugo v. Montfort, von Konrad v. Geisweiler
(1257 und 1263); ferner 1258 einen Hof in NRengetöweiler (damals
Riggerswiler, 1300 Reingerswiler) von der Wittwe des Albero v. Nen:
zingen, wozu im Jahre 1336 noch der Erwerb des dortigen Groß: und
Kleinzehntend fam von Ulrich v. Homburg, Ehrenbürger in Pfullen-
dorf, in dotem für 2 neu eintretende Nonnen; den größten Theil von
Malbertöweiler fammt der Kirche und dem Patronatsrechte von ben
H. dv. Kallenberg (1259 und 1280), Jakob v. Henneberg (1258),
Albert v. Bußnang (1270) und Konrad v. Snerkingen, jegt Schner:
fingen bei Meßkirch (1274), wozu 1284 der Ermerb des noch übrigen
Theiles dieſes Ortes fam von ben Gebrüdern v. Reiſchach unter lehens—
herrlichem Conſenſe des Abtes Albert v. Reichenau, — ferner von Hein»
rich Nitter v. Grinzenberg *, Ulrich v. Bußnang und den H. v. Zim—
mern 2c., ferner einer Hof und andere Güter in Rothenlachen von den
H. v. Ertingen (1224 und 1266), jowie einen Hof dajelbit von Albert
Sforpe und den H. v. Steinfurt (1272) und 1294 2/, des dortigen
Zehntend von den H. v. Eberhartämweiler pro dote jür ihre in das
Klojter nun eintretende Schmweiter; 1253 eine Mühle und eine Wiefe in
Buffenhofen von Berthold, Truchſeß von Waldburg, damals in Diet:
furt®, einige Höfe in Buffenhojen von den Truchſeßen v. Rohrdorf
(1263) und 1275 den Zehnten bajelbit von Heinrich v. Niefen, des
ı im %. 1212 wurden H. v. Niefen und Anfelm v. Juflingen von ben
beutichen Fürſten nah Palermo geſchickt, um Friedrich II feine Wohl zum Reiche:
oberbaupte anzuzeigen und ihn nad Deutjchland zurüdzuführen. Später beitellte
Friedrih II H. dv. Niefen zum Erzieher feines unmündigen Sohns Heinrih. Val
Wirtb, Gefchichte der Deutſchen II, 238 und 355.
2 Aargauiſches Adelsgefchlecht, damals in Conſtanz.
3 Die Herren v. Reiſchach hatten früher ihr Begräbniß im Kloſter Wald.
Haman v. Reiſchach zu Dietfuirt, der 1466 als Naubritter zu Ulm hingerichtet wurde,
ward im Kreuzgange bes Klofters Wald begraben, wo fi zwei Schweitern von ihm
befanden. Bon ben Herren v. Freiberg v. Eifenberg, welde mit den H. v. Reiſchach
in verwanbdtichaftliher Beziehung flanden, haben einige Familienmitglieber ihr Bes
gräbniß im Klofter Wald. Diefelben werben v. Laßberg a. a. DO. unter ben Gut-
thätern bes Klofters aufgeführt, u. U. Kafpar v. Freiberg (+ 1571).
1290 geloben die H. v. Reiſchach zu Gunften des Kloftcrs, zwifchen Menningen,
Wakershofen, Sauldorf, Linz, Zell und Bittelfchieß weder Leute noch Güter zu Taufen
(Mitteilungen 4, 4).
+ Ob Grießenberg bei Amlifon in Thurgau, in ber Nähe von Gonftanz ?
s Mone, Anzeiger 1836, 470,
172
Dbigen Sohn, einen Theil von Weihwang von Hugo v. Bittelſchieß
(1266) und jpäter ?/, de3 dortigen Zehntens.
Bon 1269—1280 erhielt das Klofter Igelswies von ben Herren
v. Wilflingen und Rohrdorf ꝛc, unter lehensherrlichem Conſens des
Grafen Eberhard v. Lupfen ꝛc., den Groß: und Kleinzehnten von Thals
heim von Berthold, Truchſeß v. Rohrborf (1276) und jpäter (1418)
2 Bauernhöfe dajelbit *, Ringgenbach von Theodorich v. Bubenberg und
ben Gebrüdern Goßwin, Burkart und Eberhard v. Hohenfels (1285),
die Befigungen der Grafen v. Nellenburg, jomwie der H. v. Wildenfels
(= Wildenjtein) in Niedetöweiler (damals Ruozelinswillaer), unter
lehensherrlihem Conſens des Berthold v. Bubenhofen (1278 und 1294),
jowie die ber H. v. Reiſchach daſelbſt (1285), die Wogtei und das
Schirmredt über Riedetsweiler (1294) und jpäter (1322) ?/, des dor⸗
tigen Zehntens von Alphons v. Kempf zu Heudorf, ferner Otterdmang ?
von den H. v. Reiſchach (1312), jomwie jpäter ?/, des dortigen Zehntens
von den H. v. Gremlih (1371).
1345 erhielt e8 Güter in Menningen, 1362 das theilmeife jchon
früher (1277—1343) erworbene Ruhſtetten (ehemald Nujchriedt genannt)
von den H. v. Laubeck, Hewen, Ramsberg und Hornftein 2c., einen Hof
in Salenbad) (1375), zu dem jpäter (1659) noch ein zweiter fam, Güter
in Mahlipüren und Braunenberg, B.:A. Stodad (1366), einen Hof
in Linz (3216 und 1376), Kappel und Rain (unter feßterem Namen
wurde früher Dberfappel verjtanden) von den H. Konrad und Werlin
v. Zimmern ?, unter lehensherrlichem Conſenſe des Abts v. Reichenau
(1290) — und ferner von Nordwin v. Korbe (1353), die Güter des
Friedrich v. Ablach in Leitihofen bei Meßkirch (1367).
1412 erhielt es Dieteröhofen jammt Kirchenſatz, Groß: und Klein:
1 Aud beſaß das Klofler fhon 1308 ein Gut daſelbſt (Mittbeilungen
4, 21).
2 Die von Johler a. a. D. 189 aufgeführte Notiz von einem daſelbſt ſchon
im achten Jahrhundert eriftirenden Adelsgefchlechte gleichen Namens if ohne Zweifel
auf Otterswang bei Schufjenrieb zu beziehen, wofelbit auch nod in ſpätern Jahrhun—
berten bie Schenfen von Otterswang vortommen (Lerifon von Schwaben, 355).
s Werlin hieß fpäter Werner V v. 3. in Meßlkirch, ber fih in eriter Ehe
mit der Truchſeſſin Anna v. Rohrdorf (4319) verband, wodurch er bie Herrſchaft
Meßkirch erhielt. Obiger Konrad ift fein Obeim, ber in ber Stadtpfarrkirche zu
Meflich begraben ift (ſ. Wochenblatt für Hohbenz.: Sigmar. 1824, 166). Da
Werner IV, bes obigen Werners V Vater, 1289 ftarb unb Iegterer bamals noch nicht
geboren war, fo konnte derſelbe 1290 kaum ein Jahr alt fein, daher fein Obeim mit
ihm urkundet. Er heißt daher Werlin, offenbar Deminutiv von Werner, wie Eglin
von Ekhart ꝛc.
173
zehnten 2c. von Konrad Burg, Chorherrn in Conſtanz, Tautenbronn
von Konrad v. Gammerſchwang, Bürgermeifter in Überlingen (1420),
1453 und 1454 SHippetömeiler ? fäuflih von der Stadt Pfullendorf,
1494 das Vogtrecht dafelbit von der Stadt Ravensburg und fpäter noch
den Großzehnten daſelbſt vom Spitale Pfullendorf (1678), Güter in
Rait (1458—1459), fomwie einen Hof in Mühlhaufen von Konrad
v. Mühlhauſen (1472).
Auch in Allensbah, Fullingen (Pfullingen, feit 1230), Geberat-
willer (Gebhartämeiler bei Meeröburg, feit 1237 und 1261), Ablach
(1272), Haslach) (feit 1256), Göggingen, Sohl, Überlingen ?, Berma:
tingen, Markdorf, Garmengmeiler, jetzt Gallmannsmeil, B.-AU. Stodad)
(jeit 1339), Meinmwangen, Winterlingen (1346) ꝛc. hatte das Klofter
Lehengüter und Gefälle.
Der Hof Stefeln, ehemald aus einem Schaub» und Strohhaufe
auf dem jogenannten Hennenbühl bejtehend, wurde von der Komthurei
Mainau gekauft und anjehnlich vergrößert.
Päpite und Kaijer hatten eine bejondere Vorliebe für Wald, indem
fie das Stift mit vielen Beſtätigungs-, Schuß: und Gnadenbriefen ver:
ſahen ®.
Die Klofterfrauen lebten nah der Negel des Giftercienjer-
ordens.
Die Reihe der Abtiſſinnen iſt bis Ende des 13. Jahrhunderts
nicht genau feſtzuſtellen; Marian * und Johler haben divergirende und
theilmeife unvolljtändige Angaben ; auch die im Conventjaale befindliche,
von Klofterzeiten ber jtammende Serie der Abtiffinnen ftimmt nicht mit
ihnen. Dieſe Serie enthält offenbar, namentlid; was die früheren Jahr—
hunderte betrifft, nicht bloß die Namen der Abtijfinnen, fondern auch
von Conventualinnen. Nach lebterer Tafel waren es 44, nad Marian
41 Abtiffinnen, ebenjo viele nad) der folgenden, theilmeife, namentlich
auch chronologiſch, ergänzten Serie.
Nah Kohler war die Reihenfolge Diele:
1 1367 Hilpoltsweiler, vermuthlich von Hilpolt herſtammend; 1678 Hilpers:
weiler, Dasfelbe gehörte nebft Reiſchach, Geisweiler, Riebetsweiler und Rothenlachen
bis 1826, wo bie Pfarrei Wald gegründet wurbe, zur Pfarrei Pfullendorf.
2 Der Klofter-Walderhof in Überlingen, früher Amthaus des adeligen Frauen-
ftifts, jegt zum Löwen gehörig, an der Kunfelfiraße, mit dem GStiftswappen über ber
Hausthüre und ber Jahreszahl 1704.
3 Im Jahre 1217 wurde bie Stiftung bes Klofters von Papſt Honorius III
confirmirt.
* Marian, Austria sacra, I Theil 401 und 404.
5a.a. O. 19%.
174
Juditha v. Weckenſtein (urfundlid 1216) geſt. 1229. Hedwig
v. N. Margaretha N. Bertha N. (urkundlich 1261). Ida v. Rohr—
dorf geſt. 1274. Hedwig v. Gutenſtein (urkundl. 1274) geſt. 1285 (2).
Mechthild Gräfin v. Hohenberg (urkundl. vor 1283)1. Anna N. (ur:
kundl. 1290). Eliſabeth v. Hohenfels geſt. 1300. Mechthild v. Haſen—
jtein 1300— 1311 ?, Anna v. Weringen 1311—1321 9. Adelheid v. Balg-
heim*. Mechthild v. Tigenjchein. Adelheid Zünlich v. Überlingen.
Katharina Schreiber v. Überlingen. Agathe Truchſeß v. Waldburg von
Meßkirch. Judith v. Hohenfels. Eliſabeth v. Reiſchach erw. 1359.
Agathe Gremlich von Jungingen. Judith v. Heudorf®. Eliſabeth
v. Hornſtein. Katharina v. Heudorf geſt. 1398. Urſula v. Reiſchach
erw. 1398. Urſula v. Schweindorf geſt. 1426. Margaretha v. Reiſchach
erw. 1426. Eliſabeth Reizin (Riwzin) von Steinfurt geſt. 1465. Anna
v. Reiſchach 1465—1497. Barbara v. Hauſen 1497—1528. Anna
v. Nottenjtein zu Salek 1523—1557. Helene v. Reiſchach zu Hohen
jtoffeln 1557—1568. WMargaretfa v. Gelberg 1568—1592. Agnes
Neiffin, gen. Walterin v. Bleudef ’, 1592 —1600. Margaretha v.
Werdenjtein®, erw. 1600, geit. 1633 (7). Maria Gertraud Gielin v.
Gielsberg 1636—1641?. Maria Margaretda Schenf v. Kajtell 1641
bi3 1660. Salome v. Bernhaujen 1660—1681 1. Maria Safobina
v. Bodinan 1681—1709. Antonia v. Falkenſtein 1709—1739. Maria
Diosfura v. Thurn und Valſaßina 1739—1772. Maria Edmunda v. Kolb
1772 — 1799. Maria Johanna Baptiita, Neihsireiin v. Zweyer
1799 — 1807.
Die legte Abtilfin war die erſt nad Säkulariſirung des Klojters
gewählte Joſepha v. Würz a Rudenz von Arbon (geit. 1851), die legte
Priorin Zuitgarde v. Brandenjtein von Yreiburg i. B. (geit. 1842).
t Urkundl. durch Dr. Schmid in Tübingen nachgewieſen.
2 Watriciergefchleht in Überlingen, welches 1541 ausitarb.
Cs ift urfundlih nicht erwiefen, ob diefelbe wirflih eine Gräfin von Bes
ringen war.
4 Bei Spaichingen.
5 Aus diefem Hauje waren 5 Abtiffinnen.
5 Wahricheinlih aus dem Patriciergefchlecht in Überlingen. VBürgermeifter in
Überlingen waren 1359 Ulrich und 1401 Berthold v. Höborf. Bon Lahberg werben
a. a. D. Mehrere Namens v. Höborf als Gutthäter des Klofterd genannt, welde
wahriheinlih zu obiger Familie gehören.
Bleudek, Blidegg bei Biſchofezell, Et. Thurgau.
8 Merbdenftein, Schloß bei Immenſtadt in Bayern.
9 Adelsgefchlecht, urfprünglih aus dem Gt. Et. Gallen ſtammend.
10 Aus dem Gt. Thurgau.
175
Die jeweilige Abtijfin führte, ſoweit dieß an Bauten und Bildern
jihtbar ilt, dad Wappen ihres väterlihen Hauſes, jo im jpäterer Zeit.
Früher führten die Abtiffinnen theil3 das Stiftswappen, dad 5 rothe
und 5 weiße abwechjelnde Felder in einem von links nad; rechts liegen:
den Schrägbalten enthält und mit einem Helm und einer Pfauenfeber
gekrönt ift, theils Teßtere8 neben ihrem Familienwappen. An ben
Bauten 2c. findet ficd neben dem Stiftömappen gewöhnlich noch das
Weckenſtein'ſche Wappen und das Familienwappen dev betreffenden Ab—
tiſſin.
Bis ungefähr zur Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden bloß
Adelige ald Nonnen aufgenommen, daher das Klojter den Titel „das
reichöfreie adeliche Stift und Gotteshaus Wald“ führte. Bon da an
ward aud Nichtadeligen, falls fie ſich durch eine Fertigkeit, z. B. in der
Muſik, auszeichneten, der Eintritt in das Kloſter geitattet.
Daß das Kloſter eines großen Anſehens troß der höchſt ungün:
tigen natürlichen Lage ſich erfreute 1, beweist nicht nur fein jchnelles
Emporfommen, jondern auch der Umjtand, dat in andere Klöjter Bor:
jteherinnen daraus verlangt wurden. So kam 1247, mithin im Jahre
der Gründung diejes Klojters, die Nonne Trutleid als Vorſteherin nad)
Kichtenthal bei Baden-Baden 2, das jomit als eine Zweigitiftung vom
Klojter Wald anzujehen ij. 1558 Fam Helene v. Reiſchach nah Ols—
perg bei Rheinfelden, welches Stift durch daß Beſtreben mehrerer feiner
Nonnen, auszutreten und ſich zu verehelichen, der Auflöjung nahe war °.
Das adeliche Stift jtund bezüglich feiner geijtlichen Angelegen:
heiten unter dem Abt v. Salem, als Präjes der ganzen oberdeutichen
Provinz de Eiftercienjerordeng, und war deſſen Bifitation unterjtellf*.
In weltlihen Dingen hatte dasjelbe übrigens jeine volle Selbftändigfeit.
In den Jahren 1737—1760 erwuchſen dem Klojter manche verdriegliche
Zwifte mit den Salemer Übten, die fi, dem erften Eonfirmationäbriefe
zumider, nicht bloß in die geiftlihen, jondern aud in die weltlichen
Angelegenheiten einmijchten, bis endlich dur die muthige Verwendung
der Abtiffin Maria v. Thurn und Valſaßina die Aujficht dem Abte Anjelm
von Salem entzogen und zuerjt dem Stifte Kaiſersheim und jpäter
Thennenbad übertragen wurde.
Die Schirmvogtei über das Klojter übten anfangs die Grafen
1 Die Gegend ijt jehr öde und jumpfig. Außer ben vielen, jegt bis auf Einen
abgegangenen Teihen bei Wald eriftirten nad einer Urkunde v. 1476 zwei Weier
und eine Fiſchgrube bei Geisweiler; j. Waldner, Piullendorf, ©. 93.
2 und 3 Kohler a. a. O. 19.
VBgl. Diöcefan=-Ardhiv 10, 231. Anm. d. Red.
176
v. MWerdenberg und nad deren Ausſterben die v. Zollern aus. Eine
Zeit lang beſaß fie Württemberg (von 1344—1399), bis fie unter
Eberhard dem Milden von Württemberg an Werdenberg kam '.
Seit 1783 ftand das Klofter unter dem Schutze des Haufes Dfter-
reih und war der vorderöſterreichiſchen Landgrafſchaft Nellenburg zu—
getheilt. Anfangs ftenerte das Kloſter zum ſchwäbiſchen Kreiſe, mit
Sigmaringen zur fogenannten Sigmaringenſchen Mebiatkaffe, jpäter aber
zur vorberöfterreihiichen Kaffe nach Ehingen.
Die hohe Gerichtsbarkeit und die Forftherrlichkeit waren in
den Händen der Schirmvögte bed Kloſters, namentlich der Grafen und
jpäteren Fürſten von KHohenzollern-Sigmaringen. Nur in Bezug auf
Tautenbronn und Ruhſtetten nahm SHeiligenberg dieſe Rechte in Ans
Iprudh ?.
Die niedere Gerichtäbarfeit in dem *— Walder Amt,
das nicht mit dem ſpäteren Oberamte Wald zu verwechſeln iſt, übte die
Abtiſſin durch zwei Beamte, einen Dberamtmann ? und Secretär aus,
welche das Molizeilihe und die Juſtiz verwalteten und mit den ver:
ſchiedenen ritterſchaftlichen, fürftlihen und vorderöfterreihiichen Kanzleien
verkehrten. 1474 Hatte das Kloſter durch feinen Schirmvogt, Georg
Grafen v. Werdenberg, eine allgemeine und ordentliche Gerichtäbarkeit
erhalten. 1480 hatte da3 Stift mit den H. v. Zimmern zu Meßkirch
und 1557 mit den Grafen v. Zollern heftigen Streit wegen ber niedern
Gerichtsbarkeit.
Anfangs 1757 wurde die Beendigung von Gerichts- und Grenz⸗
ſtreitigkeiten zwiſchen Pfullendorf und Wald erzielt, wobei letzteres ein⸗
büßte *
Eine Conventfrau, die Burſirerin, d. h. Zahlmeiſterin, beſorgte die
— — — —— — —
1 Graf Eberhard der Milde verpfändete u. A. im J. 1399 bie Schirmvogtei
über Klofter Wald an Graf Eberhard v. Werbenberg, feinen Better.
2 Die zwei großen, neben einander befindlichen Steinkreuze bei Tautenbronn,
welche mit ihren Quertbeilen unmittelbar auf dem Boden aufliegen und an ber ba=
difchen Grenze ftehen, bezeichnen wahrſcheinlich die frühern Grenzen der Gerichtsbar—
feit. Die Reichsſtadt Pfullendorf hatte einen Hochobrigfeitsetter, ber gegen bie Graf:
haft Heiligenberg mit Marken ausgefchieden war (Lerifon v. Schwaben, 373).
3 Die legten Oberamtmänner waren v. Sallwürf und v. Baratty. Die Juſtiz
wurde ziemlich fcharf autgeübt. In den Jahren 1654 und 1671 wurden Berorb-
nungen erlaflen gegen berumziehende Leute, namentlich Tiroler, als angebliche Gift:
miſcher, auf Denunciation ber württembergijhen Behörden. Im 9. 1773 wurden
über Gauner bejondere Befchreibungen gefertigt und überall bin verfendet. Bal.
Mittbeilungen 7, 98.
+ Waldner, Geſchichte von Pfullendorf, 114.
177
rentamtlihen Geſchäfte. Ein Waldmeiſter hatte die Aufficht über bie
Waldungen.
Ehemals gehörte Wald zur Pfarrei Walbertsweiler. Ein in Wald
wohnender Ciſtercienſer-Pater, anfangs aus dem Kloſter Salem, ſpäter
von Thennenbach, war Beichtvater (in Urkunden aus dem 13. und 14.
Jahrhundert „Caplan“ genannt) der Nonnen und bejorgte innerhalb
der Mauern die Pajftoration.
Die bedrängnißvollite Zeit war auch für dieſes Klofter der fo:
genannte Schwedenfrieg, namentlih in den Jahren 1632—1648, mo
die Frauen, um dem ſchwediſchen Heere auszuweichen, nad Überlingen t
flühten mußten. Im Jahre 1639 (29. Det.) und 1640 (21. Nov.)
wurde das Klojter von den Hohentwielern und im Jahre 1643 (27. Nov.)
von den Schweden nad der Schladt bei Tuttlingen ausgeplündert und
gebrandihagt. Die Schweden waren 600 Mann jtarf und zogen hier:
auf Stodah und Hohentwiel zu, verfolgt von den Kaiferlihen unter
Dberjt Nußborn. Die-Conventfrauen und ihre Untertanen verarmten
volljitändig und ſechs der leßteren verloren durch den Krieg, wie es
ſcheint hauptiädlich bei den Einfällen der Hohentwieler, ihr Leben ?.
Auch während de Einfall der Franzoſen in Deutſchland im
Sahre 1688 fanden fi die Klojterfrauen veranlaßt, die Flucht zu er:
greifen.
Bor den Unruhen des 3Ojährigen Kriege bezog und genoß jede
ber Gonventualinnen für fich ingbejondere die Einkünfte von einem oder
mehreren Höfen und hielt ihren eigenen Haushalt. Nach denfelben hörte
aber diejed auf, und das Klofter wurde im Jahre 1645 nad) Art der
übrigen Klöfter zu einem gemeinfamen Leben eingerichtet, und das Recht,
Privateigenthum zu befigen, aufgehoben.
Bor Erbauung der zu Ende des 17. Jahrhundert? unter der Ab—
tijfin M. Jakobina v. Bobman ſchön ausgeführten, mit reicher Stukkatur—
arbeit verjehenen jegigen Pfarrkirche wurde der Gottesdienjt ohne Zweifel
in der Kapelle, deren Überrejte noch in einem Keller des älteften Theils
des Klofters fihtbar find, gehalten. Somohl dieſe Kapelle als der ba:
mit in Verbindung gejtandene Kreuzgang find in gothiſchem Stile
erbaut ?.
1 Aus nad Münfterlingen, f. Dide.:Ardhiv 9, 328. Anm. d. Reb.
? Bürster Salemit., Collect. de bello Suecico, p. 160, 215 und Wald:
ner, Pfullendorf 93 x.
3 Unter der Abtiffin Anna v. Rottenftein wurbe vermuthlich bie alte Kirche,
fowie das alte Kloſter felbft reftaurirt, indem fowohl in jener, als in einem früher
mit derjelben in Verbindung geftandenen Kreuzgang, ſowie in dem Gapiteljaal des alten
Klofters ihr Wappen angebracht ift. Im letzterm Saale ift ein — mit der Zahl
Archiv. XII.
178
Auch wurde unter der Abtiffin v. Bodman der Conventjaal, ber
ih in dem zunächſt an den jogenannten Conventmweier ftoßenden Theile
des Kloſters befindet, erbaut. In letzterem iſt ihr Familienwappen
ſammt dem Stiftswappen angebracht. Auch befindet ſich in demſelben
gegenwärtig noch ihr Bildniß, deſſen kräftige Züge auf Energie ſchließen
laſſen.
Der weſtliche Flügel des Kloſters, der ſogenannte „Gaſtflügel“, da
er ehemals, namentlich in ſeinem oberen Theile, zur Beherbergung hoher
Gäſte diente, wurde im Jahre 1727 unter der Abtiſſin Antonia v. Falken—
ftein vollendet. Derjelbe iſt, wie auch das übrige Klojter, maſſiv aus
Quadern und Ziegeln aufgeführt.
Der nörblide, unmittelbar an die Kirche jtoßende und in gleicher
Linie mit ihr verlaufende Theil des Kloſters wurde in feinem oberiten
Stocke, deſſen ſchöne Gemächer jet zu Gefängniffen eingerichtet find,
von der Abtijfin bewohnt, der zweite Stod war die Wohnung der Bur:
firerin bes Klojterd, daher dieſer Theil die Abtei oder die Burja ge:
nannt war.
Das jegige Schulhaus mar die Wohnung des Beichtigerd, Die
Pfiſterei oder Bäckerei des Kloſters war die jegige Apothefe und die
Wohnung des Oberamtmannd, Auch Hatte das Kloſter eine eigene
Weberei.
Wald ſelbſt war früher von einer Mauer umgeben mit 3 Thoren
auf der öftlichen, nördlichen und ſüdlichen Geite.
An der Stelle, wo jet das jogenannte „geſchoßne Bild” jteht,
war früher eine Wallfahrtäfirde jammt Meiner: und Bruderhäuscen.
Sn dem Boden der Kirche war eine offen gelajjene Vertiefung, welche
an dad Ende erinnerte, das ein ſchwediſcher Soldat da gefunden haben
jol!. Der Pfarrer von Walbertömweiler, welcher jeine Pfarrrechte auf
diefe Kirche, trotz des Widerſpruches des Kloſters, geltend machte, las
je alle Freitage Mefje hier. Zu Anfang diejes Jahrhunderts wurde
das Kirchlein abgebroden und famen „das geihoßne Bild“ jammt dem
nicht unbeträdtlichen Fond nad Wald. Bon diejer Stiftung rührt es
ber, daß an den altenfreitagen in Wald ein auch von auswärts be-
juchter Gottesdienit jammt Predigt gehalten wird.
In bderjelben Richtung, unweit von Wald, jtand bis zum Jahre
1827 die St. Annalapelle.
1536, vermuthlich das Jahr feiner Erbauung. Auf einer gegenüberftehenden Eäule
fteht „renovirt 1725”. Unter diefer Abtiffin wurbe auch bie hiefige Mühle erbaut.
1 Das „geihoßne Bild“ wird auch im I. Bd. der Zimmer'ſchen Ehronif er:
wähnt, aljo ſchon vor dem 30jährigen Krieg.
179
Im Jahre 1806 wurde das Klofter aufgehoben, nachdem es unter _
der Abtiffin v. Kolb noch 23 Klofterfrauen und 16 Schweitern gezählt
hatte. Unter. der Abtiffin M. Jakobina v. Bodman zählte e8 22 Kloſter⸗
frauen aus ben Adelsgeſchlechtern ber v. Reutlinger * (Priorin), Segißer
v. Braunegg ?, Greüth, Treylingen v. Wagen, Arenberg, Enzberg, Bob»
man, Tieffenau, Liebenfeld ?, Praßberg, Mändlin v. Emmingen (e8
waren 2 Klofterfrauen aus dieſem Geſchlechte), Neuhoffer, Falkenftein,
NRingnold v. Broßmalden ꝛc. Unter der Abtiffin Antonia v. Fallen:
ftein hatte das Klojter 1738. 28 Klofterfrauen aus den Adelsgeſchlechtern
der v. Wenblin von Deutenhoffen (Seniorin), Rauber v. Plankenſtein
(Priorin), Pflummern (e8 waren zwei dieſes Namens, wovon eine Sub:
priorin, die andere Burfirerin) +, Liebenfel3, Segißer v. Braunegg,
Hundbiß v. Waltramd, Bodman, Sirgenftein, Donneriperg, Hummel,
Willimin, Kagened, Recordin, Mohr, Schönberg, Reichlin v. Meldegg ?,
Rattenthal, Wiwier, Praßberg, Schwarzach, Thurn und Valſaßina ꝛc.
Sn den letzten Jahren ſeines Beſtehens hatte dad Kloſter viele
Laſten durch Einquartierung, Contributionen u. ſ. w. zu ertragen, in
nächſter Nähe wurden ja die Schlachten bei Oſtrach, Stockach und Meß—
kirch geſchlagen! Unter Anderem mußte es allein dem General Vandamme
(nad mündlicher Überlieferung) 40,000 fl. bezahlen.
Mit Achberg, Hohenfeld und Habsthal kam dad Klojter Wald
durch die rheiniihe Bundesacte, welche dem Frieden von Prekburg
folgte, am 12, Juli 1806 an den Füriten von Hobenzollern-Sigmaringen,
dejien Vorfahren Schirmvögte des Kloſters gemejen waren.
Die Klofterfrauen wurden nah den Beitimmungen bed Quneviller
Friedens bezüglich der jäcularifirten Klöfter mit Penfionen bedacht, jie
blieben beifanmen im Klojter und lebten nad) ihren Ordensregeln. Die
legte von ihnen jtarb 1858 in Conitanz.
Das Klojter Wald hatte 606 Jahre zum Segen Vieler bejtanden.
II. Verhältniffe und Zuftände des ehemaligen Ober-
amts Wald,
a) Bürgerliche Verhältniffe.
Hohenfeld und ein Theil von Wald gehörten zur Zeit ber frän-
fiihen Könige zum Linzgau®, ein anderer Theil von Wald mit Thal-
1 Patricier in Überlingen. 2 Aus dem Gt. Thurgau.
* 5 Batricier in Überlingen.
6 Die Grenzlinie zwifchen Hegau und Linzgau zog fi von Minbersborf fü:
12 *
180
beim zur Goldineshunter und ein dritter Theil zum Madach!, melde,
wie auch das Linzgau, Beitandtheile des Herzogthumes Alemannien waren.
Bußenburren, Altburren (das jetige Beuron, das erſt 1077 an
feinem gegenwärtigen Plate aufgebaut mwurbe und in Urkunden von
anno 850—1306 Purron, Burron, Buron, Buren x. genannt wird)
jol im Sabre 777 gegründet morbei fein.
Im 13. Jahrhunderte waren die Pfarreien Walbertäweiler und
Dieterhofen jhon befannt. So kommt in einem Schubbriefe des Papſtes
Gregor IX vom Jahre 1234 ein Decan von Dieteröhofen vor. Ebenjo
wird in einer Beuroner Urkunde von 1265 ein Decan von Dieterd-
bofen genannt ?,
Und 59 Sabre nah der 1200 jtattgefundenen Gründung bes
Klojterd Wald erhielt das letztere das Patronatsrecht über die Kirche
zu Waltramswilare ® (1160 Walteprechteswilaere, 1274 furzmweg
MWiler), wie Walbertämweiler bamald hieß, und nad) dem Tode des dor—
tigen Pfarrers, Ritters v. Kallenberg (geit. 1259), die Kirche, und
1280 von Nubger v. Kallenberg den Ort Walbertämeiler ſelbſt für
Am. Silber Fäuflih +. Jedenfalls war aber der Nitter v. Kallen—
berg nicht der erjte Pfarrer von Walbertöweiler und waren Kirche und
Kirchenſatz nicht damals erjt errichtet worden.
Das jetige Filial Kappel war ehemald eine beträchtliche Pfarrei,
. zu der Göggingen, Reiſchach, Dtterdwang, Hippetsweiler 2c. gehörten.
Nahdem aber andere Umijtände eintraten und namentlich das Stift
Wald den Großzehnten und Kirhenjat von Kappel 1383 von Norbmwin
v. Korbe?, unter lehensherrlichem Conſens der Gebrüder Wolfhart und
Rudger v. Kallenberg, und theilweile auch den Großzehnten zu Gög—
gingen erworben Hatte, jo Tonnte Fein Pfarrer mehr aufziehen. Der
Biſchof Nikolaus von Conjtanz incorporirte 1387 diefe Pfarrkirche mit
öflih an Mahljpüren und Golbbad hinab an den Bodenſee. (Schriften des Boden⸗
feevereins 7, 29.)
1 Als Überbfeibfel diefes Namens eriftiren noch bie Madachhöfe, Bez. «A.
Stodad. Madach hieß der ganze nörblihe Theil des Hegau, worin u. A. Meß:
firh und Worndorf Tagen. Golbineshunter bieß ber ſchmale Strich zwiſchen ber
Donau und Abladh.
2 Mittbeilungen 3, 84.
3 Der alte Kirhthurm von Walbertsweiler, welcher jet abgebrochen ift, jtammte
wahrfheinlich aus dem 11.—12. Jahrhunderte.
RJohler a. a. D. 19. Die Herren von Kallenberg ftammen wahrichein-
li von der Burg Kallenberg bei Friebingen im Donauthale, deren Ruinen nod vor:
handen find.
> Ob Korb, württemb. Pfarrei Fronhofen ?
181
allen noch übrigen Nugungen und Lajten der Pfarre Walbertämeiler.
Das jebige Kirchlein wurde 1710 neu erbaut. Der alte interefjante
Altar ſtammt wahrſcheinlich aus der alten Pfarrfirhe, die im Jahre
1710 einging. Die große Glode fam nad Wald, mo fie noch geläutet
wird. Die Eleine Glode blieb auf dem Kirchlein, um melde herum
auch der Friedhof, deutlichen Spuren zufolge, lag.
Bevor die Straße von Meßkirch über Wald nad Pfullendorf an—
gelegt war, ging die von Nottenburg und Ebingen über Laiz und Gög—
gingen führende Straße, wie aud die von Tuttlingen über Meßkirch
führende durh Kappel, Hefelisbrunnen (Flurnamen ?) und Lüzelbad)
nah Pfullendorf.
Die Herren v. Hohenfeld find nad Baraf und Eifelein ? jeit 1148
befannt (1148 Walther v. H., Domherr in Gonjtanz, 1191 Burcardus
de Hohenfels, der Minnejänger), Das Schloß Neuhohenjeld wurde
von den Herren v. Hohenfeld, welche 1415 ausſtarben, im 13. Jahrhunderte
gebaut. Die Herren v. Hohenfeld wurden von den Herren v. Jun—
gingen beerbt.
Bezüglich früherer Lehensherrſchaften in der Herrihait Hohenfels
iſt anguführen:
Im Sahre 843 beſaß das Klofter Neichenau Einkünfte in Min:
berödorf? (843 Munehrdorf, 1275 Munerstorf, 1460 Mündersdorf),
1339 und 1353 erhalten Graf Eberhard der Ältere v. Nellenburg und
feine Söhne vom Klojter Neichenau das Lehen über Mindersborf und
die Bogtei über ben Kelnhof dajelbit ®.
985 taucht Gebhart, Biihof in Conſtanz, für das Klofter Peters—
haufen ein Gut in Liggersdorf (damald Liuocartisdorf — Luit—
gardisdorf, anno 970 Luiternsdorf, 1275 Luigarzdorf, 1460 Lüggern-
dorf) gegen ein anderes, den Markdorfern gehöriges ein.
Später kamen Mindersdorf und Liggersdorf an den Teutjchorden.
Der Biſchof Gebhart ſchenkte (am 12. März 970) der Conſtanzer
Kirche jein Eigentfum an verjchiedenen Orten“. Darunter: Hacdelin-
bad, jest Heggelbad (1240 Haiggelenbad), 1264 Heggelnbadh), Filiale
ber Gemeinde Oberndorf, ferner Oberndorf (damald Hoberndorf,
920 Hoberendorf) xc.
Die Herrihaft Hohenfeld wurde im Jahre 1506 von dem Teutſch—
1 Bol. Baraf, Burkart v. Hobenfels i. d. Edhriften des Bobenjeevereins
2, 71. Baber, (Neue) Babenia 1, 288 ff., 295 und die dortigen Gitate.
2 Düümge, Regesta Badegs. 70. Didc.:Ardhiv 3, 407.
3 Mittbeilungen 4, 40 unb 45.
* Neugart, Codex diplom. Nro. 760. Bgl. Didcefan:Ardhiv 9, 68.
Anm. db. Ned,
182
orden unter der Regierung ded Wolfgang v. Klingenberg, Landkomthurs
der Balley Eljaß und Burgund, von den drei Fräulein Margaretha,
Eva und Franziöfa, des weiland Hans Thüring, Neichen v. Neichen-
jtein * binterlafjenen Töchtern, unter den Vormündern Marr Reich von
Neichenjtein und Hans Heinrih v. Klingenberg um 12,000 röm. Gulden
gekauft, nachdem vorher deren Mutter, Anna Rothhoferin, geb. v. Jun—
gingen, welche dieſe Herrihaft von ihrem Vater, Ulrih v. Jungingen,
ererbt, darauf verzichtet hatte 2,
Bezüglich des Hofes Scernegg iſt anzuführen: Im 4. Heft bes
Vereines für Geihichte des. Bodenjeed ©. 18 kommt in einer Conftanzer
Stadturfunde von 1313 unter Andern vor „Hand Walther, QTochter-
mann des Schernegger3”, was darauf hinweist, daß Schernegg damals
Ihon beitanden habe, möge nun der Genannte, ald damaliger oder
früherer Befiger des Hofs, nad) letzterem jelbit, oder aber der Hof nad
dem Dbigen, als damaliger oder früherer Beſitzer desjelben, jo genannt
worden fein. Für bie erjtere Anficht jpricht bie Sitte, da Angehörige
der Familie Brodmann in Schernegg, die ſich in anderen Orten nieder:
gelajjen haben, gegenwärtig nod unter dem Namen „Schernegger” be=
fannt find. Andere Orte mit dem Namen Schernegg find nicht befannt.
Selget3mweiler ijt in der Urkunde „bie Grenzen der Grafſchaft Sig—
maringen unter den Grafen v. Werdenberg von 1460” unter dem Namen
„Selgenswyler“ und Edartmühle bei Maidersborf als „Eglismühle*
aufgeführt ?,
Der Name de3 Ortes Kalkofen (Kalkoven) fümmt in einer Walber
Urkunde von 1308 vor ®,
An den Dörfern und Weilern lebten viele Adelige und unabhän-
gige Beſitzer. Im Laufe ber Zeit vergabten oder verkauften fie ihre
Güter und Gerechtſame an die Gotteshäufer Wald und Beuron, ober
fie begaben ſich in ben lehensherrlichen Schuß und Berband. Daher "
kömmt es, dak jämmtliche Einwohner bis auf die neuere Zeit Xeibeigene
waren und ihre Güter für ihre männlichen Nachfolger zu Lehen trugen.
d) Airchliche Verhältnife.
Die ſämmtlichen Pfarreien des früheren Oberamtes Wald gehörten
zum Bisthum Conſtanz. Mindersdorf und Liggersdorf waren dem Des
ı Die Hrn. Reid v. Reichenſtein hatten ihren Sig in ber Burg Reichenftein
bei Mariaftein (Et. Bafel), welches fie ftifteten.
? Hiftor.stopogr. Befchreibung bes Oberamts Wald,
Bol. Schnell’s Zeitſchr., 2. H., 165.
+ Mittheilungen 4, 21. Im 11. Jahrhundert heißt e8 Calcophe.
183
canate Stodah, Walbertöweiler, Dieterdhofen und Kappel dem Land:
capitel Meßkirch zugetheilt, ebenfo Thalheim, welches von Meßkirch aus
excurrendo pajtorirt wurde, Beuron und Berenthal gehörten zum Land»
capitel Ebingen.
Seit dem 15. Januar 1812 find ſämmtliche Pfarreien dem neu
errichteten Zandcapitel Sigmaringen zugetheilt.
Die Klöfter Wald und Beuron, wie auch die Herren v. Hohenfels
jammt ihren Nahfolgern aus dem Teutſchorden bradıten, wie die Güter
und Geredhtjame aller freien Gigenthümer, jo den Kirchenſatz, Die
Kirchengüter und Zehnten an fid).
Die Abtijfin von Wald präjentirte auf die Gompetenzpfarreien
MWalbertömweiler und Dietershofen.
Die Auguftiner-Chorherren zu Beuron bejorgten bie Paſtoration
zu Beuron und Berenthal ! und in den übrigen vier Pfarreien, melde
zu dem ehemaligen Slojtergebiete gehörten, nämlich in Leibertingen,
Worndorf, Srrendorf und Buchheim.
c) Politifche Verhältnife und Sonſtiges.
Sämmtliche Lehenbauern eined Dorfes oder Weilerd hatten einen
Schultheißen. An der Spike aller Schultheigen jtand der Stabhalter,
ber Sprecher im Namen Aller und der Verwalter der gemeinjchaftlichen
Maierſchaftskaſſe. Maierihaft nannte fich die ganze Corporation der
Lehenbauern und Söldner. Lebtere trieben auch Handwerke und hatten
eine Meifterinnung oder Zunft, deren Herberge im Gafthaufe zu Wald mar.
Die Verhältniſſe des Klofterd Wald bezüglich der Schirmvogtei,
der Gerihtäbarkeit 2c. wurden ſchon früher angeführt.
Thalheim, woſelbſt ein fürftliches Jagdſchlößchen, der jekige Pfarr:
‚ hof, war, trug Hohenzollern =» Sigmaringen feit 1535 zu Lehen von
Oſterreich, ſammt der Jagdgerehtigfeit. Thalheim war mit den übrigen
Werdenbergijchen Bejitungen nad) Ausfterben des Werbenbergifchen Manns-
ftammes (1535) wieder an Ofterreich gefallen. Diejer Ort gehörte daher
vor feiner Eintheilung zum Oberamte Wald zu dem von Sigmaringen.
Ebenjo war auch Rengetsweiler, welches jeit alten Zeiten, wahr:
Iheinlih auch durch die Werdenbergiſche Erbſchaft, im Unterthanenver:
bältnifje zu Sigmaringen ſtand, früher dem Oberamte Sigmaringen zu—
getheilt (bis 1828).
1 Die alte Kirche zu Berenthal befand fih auf dem jekigen Gottesader. In
ber bortigen Kapelle trägt der noch bafelbft befindliche Taufftein die Jahrzahl 1548.
Über dem Portal ift das Beuroner Stiftswappen mit ber Inſchrift: „Veit, Propft
zu Biren 1588.“
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Die Shirmvögte von Beuron waren anfangs die Nellenburger,
dann die Hochberger, hierauf die Zollern, und zuletzt die Herren von
Schenk zu Kaftell in Gutenftein. Friedrich zu Zollern verkaufte 1391
die Schirmvogtei an Konrad v. Weitingen, die ihm vom Biſchof von
Conſtanz jhon 1392 wieder abgenommen wurde.
Ein Obervogt verwaltete in Beuron bis 1830 die Juſtiz und die
Polizei.
Ebenjo befand ſich auch unter der Herrſchaft des Teutſchordens und
vor der Bereinigung mit dem Dberamte Wald ein Obervogt in Hohenfels.
In der Nähe des Neinfelder Hofed bei Beuron, deſſen Klofter
während de3 30jährigen Krieges von den Schweden große Unbilden zu—
gefügt wurden, wird ein Höhepunkt gegen Friedingen, „die Schweden—
ſchanze“ genannt.
Am 5. Mai 1800 wurde im Garten gegenüber dem Adlerwirths—
hauſe in Thalheim öiterreichifcherjeit3 der Rückzug der Kray’ichen Armee
aus der Schlacht bei Meßkirch commandirt, melde für dag Glüd der
Franzoſen entihied. General Vandamme war am Scladttage jelbit
von Klofterwald und Walbertäweiler ber mit 18,000 Mann auf die
linke Flanfe der Dfterreiher gefallen. Mit den Generalen Montrihard
und Molitor machte er fich unter großer Anjtrengung zum Meilter von
Meßkirch. Am Tage nad der Schlacht bezogen die Franzoſen ein großes
Lager auf den Feldern zwiſchen Walbertämweiler und Kloſterwald, wobei
der erjtere Ort rein ausgeplündert ward. Moreau, der fid) im MWirth3-
hauſe zu Wald bei Champagner und Tabak aufhielt, äußerte gegen den
Oberamtmann v. Baratty, daß die Djterreicher Sieger geblieben wären,
wenn fie nicht von der Schladht abgejtanden und Tags darauf den An—
griff erneuert hätten. Denn den Franzoſen war die Munition aus—
gegangen, weßwegen Moreau einige Tage in feiner damaligen Stellung
blieb und die Dfterreicher nicht mit Nachdrud verfolgte t.
Auch vor und nad den Schlachten bei Oſtrach am 21. und Stodad
am 25. März 1799, die bekanntlich zu Gunften der Ofterreicher endeten,
wurde MWalbertsweiler von den Franzojen vollitändig ausgeplündert.
Bemerkenswerth ift aud der an ber Straße von Beuron nad
Berenthal befindliche jogenannte Soldaten-Gottesader, wo circa 37 öſter⸗
reichiſche Soldaten begraben liegen, melde während der franzöfiichen
Kriege 1813 und 14 in dem zu einem Spitale eingerichteten Klofter
Beuron vermuthlich dem Typhus erlagen. In der Nähe desielben joll
das Kloſter Beuron urjprünglich gejtanden jein.
1 Hiftor.stopograpb. Beſchreibung des D.:A. Wald.
185
d) Alterthümer.
1) Von römijhen und altdeutjhen Alterthümern iſt in hie
figer Gegend wenig befannt, obgleich diejer Gebietäbiftrift zu Rhaetia
secunda gehörte und jpäter einen Theil des Linzgaues ausmachte, mo
einjt die den Nömern jo mohlbefannten Lenzer Alamannen (Lentienses)
bausten. Nur vier Gräber, die man zur Zeit ihrer Entdeckung für
feltifchen Urjprunges hielt, wurden bei Nothenlachen entdedt, in denen
bie horizontale Fläche, mit Kohlen und Aſche belegt, den Leihenbrand
wahrnehmen lie.
Auch wurde bei Erbauung der Sägemühle bei Otterswang vor circa
37T Jahren ein mwohlerhaltenes römiſches Cohortenzeihen gefunden, das
ſich jet in der Sammlung zu Baden-Baden befindet und von Profeſſor
Zell in den Heften des badijchen Alterthumsvereines bejchrieben ward.
Es ijt ein eherner Drade mit einer auf den Centurio Conatius hin:
weijenden Inſchrift!.
Thalheim grenzt an die Gemarkung der Altitadt Meßkirch bei Alt:
heim, mo der Pfarrer Eytenberg römijche Feſtungswerke entdeckte. Auch
befand fich einige Stunden davon entfernt, in der Nähe des Steighofs,
eine wiejenähnlihe Ebene mit fihtbaren Gräben und am Eingange mit
einem fennbaren Thormwege verjehen, welche gleichfalls die „Altſtatt“?
hieß und mojelbjt auch römische Münzen gefunden mwurben ?.
Das befeitigte Nömerlager „Bragodurum“ joll an einer biejer
Stellen gejtanden fein. Jedenfalls waren Hier Cajtelle zur Beſchützung
der Nömerjtraße.
An der Nähe von Beuron follen noch beutlihe Spuren einer
Römerſtraße fichtbar jein, die, von Liptingen an Worndorf, Buchheim,
Leibertingen und MWildenftein vorbeiführend, in ber Nähe von Weren—
mag eine tiefe Steig herabitieg, das linke Donauufer überjhritt und
über den Heuberg und bie rauhe Alb führte *.
2) Au mittelalterlihen Alterthümern iſt diefe Gegend reicher.
Dahin gehört dad anmuthige Schloß Hohenfeld und das Klofter Wald
t Bol. Fidler, Heiligenberg, 1853.
2 Ein Feld rechts am Wege nad Beuron heißt „der Altitattader“.
3 Sohbler a. a. D. 200.
+ Den entdedte zu Orfingen bei Etodad eine römiſche Nieberlajiung, über
welche von Stein a. Rh., Dningen, Singen und Wiechs eine römifche Heerftraße nach
ben Mönchhöfen führte. Bon da ging fie bis zu bem von Eytenbenz entdedten rö:
miſchen Orte Alterftatt bei Meßfirh und erſtredte fi von bemfelben nad Altheim,
Leibertingen und Wildenſtein. Vgl. Eytenbenz, Die römiſche Nieberlafjung zu
Altenftatt, 1836, ferner die Schriften des badiſchen Alterthumsvereins, 1849, und
Zeitfchrift des Bodenſeevereins 7, 8 und 9.
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mit feinem zunächſt an die Kirche jtoßenden, hinter ihr gelegenen ältejten
Antheile. Sehensmwerth ijt in lebterem ber dur die Munificenz des
FJürften von Hohenzollern geſchmackvoll reitaurirte und mit ben.Bild-
nifjen der Abtijfinnen ac. verjehene Conventjaal, ebenjo das im nämlichen
Theile des Kloſters befindliche „Prälatenzimmer“, mit reiher Stuffatur=
arbeit an der Dede verjehen.
Burgruinen mit ihren noch fichtbaren Grundmauern gibt es be=
jonder3 im Donauthale und in der Umgegend von Berenthal. Dort
find der Greifenftein, Pfannenftiel mit Ruinen von jeltfamer und maſ—
fiver Bauart, Kreibdenjtein, Enfisheim mit Yundamentmauern von groß
quabdrirten Tauchſteinen und großartigen Gemölben ac.
Bon vielen Burgen find nod die Namen und Sagen, auch die
Andeutungen aus Flurnamen vorhanden, 3. B. der Burau bei Wald,
wo einjt die Herren v. Burau (Burre) ein Schloß hatten, das jpäter
al3 Burgftall aufgeführt wird, ferner „die Schloß, Küchel-, Kraut: und
Keller⸗Acker“ im Haufemer Oſchle bei Walbertäweiler, längs der Meß—
firher Straße, unweit des jet ausgetrodneten Teiche, am jüdlichen
Maldrande, wo ein Nitterfchloß der Edlen v. Mammert3hofen ? und
früher der Herren v. Haufen ?, die in Meßkirch und Walbertämeiler
Jahrtage hatten, ſtand. Auch die Herren v. Reiſchach hatfen big 1284
Befigungen in Haufen.
Die Benennungen von Marfungsbezirken, u. U. der Walddiſtrikt
„Sangetsmeiler” bei Wald zc., erinnern an vergangene Zeiten und
Sitten und geben Anlaß zur Bermuthung, daß mande Dörfer und
Weiler vom Schauplage verſchwunden find.
Bon den zur Herrihaft Hohenfel3 und zur Klofterherrihaft Wald
gehörigen Dörfern und Weilern ift feines, das nicht ein hohes Alter ?
und in feinen Bejigern bekannte deutſche Adelsgeſchlechter nachmeijen
fann. Letzteres ijt 3. B. der Tall bei Reiſchach, deſſen Adelsgeſchlecht
gleichen Namens noch in mehreren Linien mit dem Grafen: und reis
herrntitel in Baden, Baiern und Württemberg fortlebt; ferner bei Wal:
bertömeiler, wo nicht weniger als 13 Adelige theild ihren Sik hatten,
1 Ein Adelsgeſchlecht aus Et. Gallen. 1712 wird ein ewiger Jahrtag für Johann
Franz vd. Mammertshofen und feine Gemahlin nah Walbertsweiler geftiftet.
2 Barbara v. Haufen, 1497—1528 Abtiffin in Wald, war aus biefem Ge
ſchlechte. Auch gehören bie von Laßberg (a. a. D.) unter ben Etiftern und Gut
thätern bes Klofters angeführten Sir v. Haufen (geft. 1521), der wahriheinlih Eine
Perfon mit Sirtus v. Haufen ift, welder nah Schlude's „Wildenftein“ Enbe bes
15. Zahrhunderts Amtshauptmann in Wildenftein war, fowie Veit v. Haufen zu
Haufen v. Meßkirch (geft. 1570) zu unferm Rittergeſchlechte.
3 Mit Ausnahme von Glashütte, das erft 1701 gegründet wurbe,
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theils begütert waren, darunter das nod unter dem Namen Renz fort:
blühende Geichlecht der Herren v. Renzen; ferner Geißmweiler (Conradus
de Geizwiller 1256), Heggelbach! (Eberhardus de Haiggelenbach
1240 2), Eberhard v. Heggelnbadh 1264 3, Burkart v. Heggelbad) 1266 °,
Ninggenbad (Johannes miles de Rinkenbach 1237), Mühlhauſen
(Konrad v. Mühlhaujen 1472), Thalheim?, Hölliteig ꝛc.
Betätigung der durch Burkard von Weckenſtein geſchehenen Stiftung
und Gründung des Klofers Wald, Eiftercienfer-Ordens, von Biſchof
Konrad II von Conftanz. 1. April 1212.
(Mitgetbeilt von Arhivar F. ZeIlD.
In nomine sancte et individue trinitatis. Cünradus dei gratia Constan-
tiensis ecclesie episcopus. In perpetuam memoriam. Que geruntur in tempore,
ne labantur cum tempore, stili solent testimonio perhennari. Quam ob rem ex-
ordium novelle illius plantationis in Walde karactere stili presentibus duximus
intimandum, futurisque transmittendum, ne forte ignorata origine preiudicium
generari possit in propagine. Noverint igitur tam presentes quam posteri
fideles universi, quod cum nobilis homo Volricus de Balbe et mater eius Adel-
haida necnon et soror eius Gerdruda predium, quod dicitur Walde, proprie-
tatis iure possedissent, Burchardus de Weckenstain ministerialis domini im-
peratoris pro conditione quidem militari homo religiosus et vir industrius pre-
dium illud cum omni iure suo de manibus eiusdem Volrici et earumdem domi-
narum datis quinquaginta quinque marcis argenti emptione sibi comparavit.
Erant siquidem eidem Burchardo due tam secundum carnem quam secundum
spiritum sorores, que seculo iampridem abdicato igne divino succense Christum
sponsum elegerant, cuius et iugum sub ordine Cysterciensi baiulaturas iam se
devoverant. Quas utique sorores in eodem predio cum feminis eiusdem reli-
gionis consortibus isdem Burchardus locare cogitaverat.
Prudentum itaque virorum persuasus consilio noluit proprietatem memo-
rati predii ad manus suas transferri causis quibusdam ita poscentibus, maxime
autern, ut heredibus ipsius Burchardi omnis malignandi tollatur occasio, ceno-
biolum quippe, quod fundare disposuit, non solum a iure advocationis, verum
1 Die Ritter v. Heggelbadh werden im 13. Jahrhundert mit ben Hrn. v. Hohen:
feld Ramiperg, und Eberhartsweiler ꝛc., als ihren nächſten Nachbarn, als Zeugen in
Urkunden aufgeführt. Später ſcheint das Gefchleht nimmer zu eriftiren. Ob ber
unter ben Stiftern bes Klofters Salem (Württemberg. Urkundenbuch Nro. 443) ge:
nannte Burcharudus de Hachilbach hieher gehört, ift fraglih, ba es nod ein wei:
teres Heggelbady in Oberſchwaben gibt. Indeſſen beziehen ſich auch die übrigen Ur-
funben, wo bie Hrn. v. Heggelbach genannt find, auf Verträge mit dem Klofter Salem.
2 Mürttemb. Urkundenbud.
2 Mittbeilungen 3, 54 und 57.
5 Urfundfih famen dort „Schloßäder“ vor.
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ab omni obnoxietatis genere iuxta libertatem ordinis Cyterciensis, cui et sub-
iciendum fuit, omnino liberum esse voluit et exemptum, nichil iuris vel sibi
retinens vel posteris suis derelinquens.
Verum iuxta morem terre usitatum elegit virum ingenuum Cünradum de
Shiltovwe, ut esset super eodem predio fidei commissarius, quem vulgari idio-
mate salmannum vocamus. De manibus itaque predicti Volrieci dominarumque
illarum translata est proprietas predii de Walde in manum iamdicti Cünradi
ea cum conditione, ut idem Cünradus ageret quicquid venerabilis Ebrardus
abbas de Salem et ipse Burchardus essent petituri.
Post huius itaque emptionis contractum paucis interiectis diebus Cünradus,
qui sepedicti predii salmannus extiterat, ad preces iamdicti Ebrardi abbatis et
ipsius Burchardi predium ipsum memoratis sororibus ipsius Burchardi omni-
busque, que in eodem loco sub regula beati Benedicti secundum ordinem Cyster-
ciensem deo essent in posterum militature, iure perpetuo cum omnibus pertinen-
tiis suis tam libera quam infeodata tradidit possidendum. Ecclesiola quoque,
que in ipso predio sita fuit, in venditione cum universitate transivit ad emp-
torem, que quidem parrochialis ecelesia fuit id est nullius alterius ecclesie
filia, licet parrochianis caruisset, unde et nos favorabili oppinione earumdem
sororum permoti dotem et decimas illius ecclesiole in usum ipsarum iure per-
petuo transire concessimus. Sed et ipse sorores voti sui non inmemores ma-
num miserunt ad forcia et inter ordinis Cysterciensis plantaria virtutum ger-
mina in timore dei manu studiosa inserebant, ita ut duarum sororum maior
natu nomine Judintha sacris feminis, que exemplo earundem sororum incitate
ad ipsum locum confluxerant, vite merito abbatissa preficeretur. Juniore sorore
cui nomen Ita, prioratus officium strenue administrante sub sorore abbatissa.
Ad preces autem sanctimonialium inibi collectarum immo ad preces summi pon-
tificis recolende memorie Honorii domus de Walde auctoritate generslis capi-
tuli Cysterciensis predieto Burchardo fundatore videlicet procurante supposita
est monasterio Salem quasi matri filia spiritualis discipline correctionem opor-
tunis et in ordine consuetis visitationibus per abbatem de Salem suosque suc-
cessores devota susceptura. Acta sunt hec non uno quidem anno sed processu
paulatino, prout res elaborari potuit, verumtamen prefate emptionis contractus
celebratus est in littore laci nostri in portu videlicet Ovldingen anno verbi in-
carnati MP, CC. XII. Kalendas (sic, 1. Kalendis) Aprilis. Presentibus hiis, quorum
nomina subarrata sunt: videlicet Bertholdo de Butelshez, Cünrado de Shiltovwe,
Volrico de Guttingen, Cünrado de Gutenstain et Wernero fratre eius, Bertholdo de
Vronehoven et Ebrardo fratre eius, Aigelwardo de Ramesperc et Cünrado fratre
eius, Burchardo maiore de Geckingen, Rovdolfo de Weckenstain aliisque quam
pluribus. Regnante gloriosissimo rege Friderico secundo. Nos vero ad preces
sepedictarum sororum de Walde simulque ad preces sepe memorati Burchardi
seriem rei geste conscribi fecimus et appensione sigilli nostri communiri !,
1 Auf dem Rüden ber Urkunde fteht: Der ftifft brieff zu Wald. Bon neuerer
Hand dazu geſchrieben: de anno 1200 XII. Kalendis Apprilis. Die Perg.-Drig.
Urk. ift jetzt im fürſtl. Haus Archiv zu Sigmaringen aufbewahrt.
Kleiner Nachtrag
zum
Keben des Paters Vandermeer,
Priors in Rheinau.
Don
Dr. Zoſeph Bader,
Ardivrath a. D.
Mer im Leben reblihft ber Erfüllung feiner Pflichten obgelegen und barüber
hinaus für bie Interefien der Geiftesbilbung und bes allgemeinen Wohles
noch jein Scherflein beigetragen, verbient allegeit ein ehrendes Angedenfen. Zus
mal aber gebührt ihm ein foldhes dba, wo ber Kreis feines Wirfens war, ihm zum
Lohne und den Nachfolgern zur Aneiferung.
Das jetzige Gefchlecht in feiner Selbfiverberrlihung ift fo jehr geneigt, Frühere
Leiftungen vor dem Glanze ber feinigen erbleihen zu laſſen, baß es die Pflicht ber
Gerechtigkeit und Dankbarkeit um fo mehr erbeifcht, am biefelben wieder zu erinnern.
Die Lebensbeihreibung Bandermeer’3 im vorigen Bande bes
DidcefansArhives erwähnt unter den literariihen Freunden desſelben
zweier namhaften Männer nicht, obmohl jolhe mit ihm in lebhaften
und für die hiſtoriſche Beichreibung der an Rheinau grenzenden Yand-
Ihaft Kletgau mejentlihem Verkehre geitanden. Es waren biejed der
fürſtlich ſchwarzenbergiſche Regierungs-Director von Koler! zu Thiengen
und ſein dortiger Nachfolger, der Oberamts-Adminiſtrator Landmann,
deren Briefwechſel mit dem gelehrten Pater mir vorlängſt zur Hand
gekommen.
Herr von Koler war im Jahre 1715 zu Überlingen geboren, wurde
41751 Director zu Thiengen und jtarb daſelbſt im Frühlinge 1773.
Bei der Nähe zwiſchen dem Stifte Nheinau und der Fletgauijchen
Dberamtsjtadt mußte Bandermeer mit dem neuen Regierungsvor—
ftande bald in Berührung kommen, die mir vorliegenden Briefe beginnen
jedoch erit im Herbite 1768, laſſen aber vermuthen, daß jchon mehrere
vorausgegangen,
Wahrſcheinlich war von Koler durch feinen gelehrten Freund ver:
anlaft worden, mit Hilfe desjelben eine Geſchichtsbeſchreibung des Klet:
gaued zu unternehmen; denn der inhalt ihres Briefwechield betrifft
beinahe nur dieſen Gegenitand und bildet zahlreiche gegenjeitige Mit:
theilungen hiſtoriſchen Material. Es mögen aus demjelben hier fol:
gende Stellen wörtlich mitgetheilt fein.
Sn einem Schreiben vom 7. Juni 1769 jagt Bandermeer: „Im
Nachſuchen darf man nit ruhen, folang nod eine Spur vorhanden.
Unferen Stiftern hatte lang nachgeforſcht und nachdem ich die faljchen,
feither eingemwurzelten Meinungen abgelehnt, bin ic auf Gedanken ver:
fallen, mwelde mir ein Gelehrter von Paris jest befräftiget. Meine
1 Sein eigentliher Gejdledhtsname war: „Koler von Sandloh und Zun—
derberg“, wie jein Grabftein zu Thiengen bejagt.
192
Freude darüber ift jo groß, daß mir bie jgreiheit nehme, Euer Gnaben
Dasjenige ? zu communiciren, wa3 daraus gejchmiebet worden.“
Nahdem Herr von Koler feinen Entwurf der Hetgauijchen Ge:
ſchichte nach Nheinau mitgetheilt, fchrieb ihm Bandermeer am 8, Aug.
genannten Jahres, unter Beilegung zahlreiher Bemerkungen, zurüd:
„Mit ausnehmender Freud’ habe dad von Dero gelehrter Hand ent:
mworfene alte und neue Kleggau empfangen, welches baldigſt zurüd
jenden werde. Inzwiſchen nehme mir bie Erlaubniß, was Weniges
darüber anzumerken.“
In Beziehung auf jeine Kritit der wülberz'ſchen Schrift über
ben Urfprung des Kloſters Sanctblafien jchrieb unfer Pater an Herrn
von Koler unterm 11. October 1769: „Habe weiter fein Bedenken,
meine Reflerionen von Sanctblafien aus inipiciren zu lafjen, als daß
mein Gemifjen mid anklagt, ein und andersmal nicht gejhont zu
haben 2, was jedoch, wie ich hoffe, die jo erleuchtete Herren derjenigen
Freiheit, jo wir in unjeren Privatichriften gebrauchen zu dürfen glau—
ben, beimefjen werben, keineswegs aber einer mindern Achtung, wo:
rin mir gewißlid unrecht geichehen würde.”
Die fleißige Correjpondenz der beiden Freunde führte aber aud
perjönlihe Beſuche derjelben in Rheinau und Thiengen herbei,
welche da3 Band ihrer Freundſchaft jtet3 enger knüpften. So jchrieb
Bandermeer unterm 2. December besjelben Jahres: „Daß ich jüngit-
hin zu Tiengen jo gnädig empfangen und unterhalten worden, vers
urjaht mir noch gegenwärtig das größjte Vergnügen, wofür meinen
gehorjamsten Dank verbindlichjt erjtatte.”
Diejes ift der letzte mir vorliegende Brief des vheinauischen Paters
an den Herrn von Koler. Ich will daraus nicht jchließen, daß zwiſchen
den Beiden eine Erkältung eingetreten, obwohl mich eine jpätere Auße:
rung von Bandermeer über die Koler’ihe Kletgauer Gedichte dazu
verleiten könnte; wahrſcheinlich ift der Schlußtheil des Briefwechſels,
gleih) dem Anfange, verloren gegangen.
Dagegen haben ſich andere Briefe Kolers erhalten, welche ebenjo
Iprechende Zeugen feiner gründlichen Bildung und trefflihen Gejinnung
find, wie jene nad) Rheinau gejchriebenen. Ich ermähne bier gelegentlich
nur ber Fleinen Correjpondenz zwiſchen dem Fletgauiihen Regierungs—
ı Wahrſcheinlich die Schrift: Dissertatio de Welfis monasterii Rhenau-
giensis fundatoribus etc. Bgl. Didc.:Ardiv 11, 18,
2 Allerdings ift die Ausbrudsweife in den „Reflerionen“, welche bei Zapf ab-
gebrudt ftehen, zuweilen jo ſcharf und jpigig, daß er eine gewiſſe Gereiztheit ver:
rathen bürfte.
193
Director und einem hoffnungsvollen Thiengener Studioſen im
Stifte zu Roggenburg.
Es mar dieſes Philipp Schafhäutle, der Vetter und Pflege:
john des Caplans Vögelin zu Thiengen, welder denjelben in jenem
Gotteshaufe ſtudieren ließ. Nachdem der talentvolle Jüngling fi ent:
ihlofjen, Priejter zu werben und fich dem Lehrfache im Klofter zu wid—
men, veranlaßte ihn fein Oheim, dem Herrn Regierungs:Director
von Koler in einem gut jtylifirten lateinischen Schreiben zum Namens:
feite zu gratulieren; ev werde damit nicht —— ſich für ſeine Zu—
kunft ſehr zu nützen!.
Der junge Mann befolgte dieſen Rath und überſchickte dem hoch—
geehrten Herrn einen Glückwunſch in lateinifchen Herametern, morauf
ihm von Koler unterm 30. April 1765 dankend zuſchrieb: Quae ad
diem onomasticum meum gracili non minus quam docta me-
ditatus es avena, ea mentem meam usque adeo suaviter intrarunt,
ut quid amoenum magis atque gratum dici queat vix inveniam.
Grates en igitur Tibi pro animi tui in me devotissima testatione
rependo maximas, non modicum suspiciens laborem, quem hoc in
argumento poötico exantlasti. Faxint Superi, ut gratum ali-
quid rependendi mihi proxime fiat occasio.. Hoc dum exopto,
securum temet esse volo, me nunquam non futurum ad officia
humanitatis quaevis Tibi testanda paratissimum,
Solde Gratulationd= und Dankſchreiben wiederholten jih nun all
jährlich; ich theile davon das folgende vollitändig mit, weil dasjelbe
außer der gewöhnlichen Dankjagung auch Nachrichten enthält, welche
die damaligen Zeitumſtände im Kletgau und im deſſen Nachbar—
ſchaft betreffen.
Admodum reverende religiosissime ac doctissime amice!
Sunt mihi gratissimae literae Tuae, quibus tam singulare erga
me studium et affectum commonstrare Tibi placuit. Quid aliud
dominationi tuae rependam, nisi grates et vota, quae jam nunc
exhibes maxima. Mihi sane jucundissimum erit semper, Tibi Tuis-
que congaudere et prospera quaeque exoptare.
Ecce Tibi nova aliqua, quae patriam contingunt et viciniam.
Annonae caritas, quae anno superiore me maxime sollicitum
ı Si me, fchrieb er, fidelem consultorem audieris, dominum archipraefec-
tum nostrum de Koler pro festo ejus onomastico in l9nam Martii incidente
eleganti et latino idiomate optime exculta gratulatione deveneraberis.
Crede, magnam exinde reportabis gratiam.
Archiv. XII, 13
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habuit, cum nunc indies decresceit et respectu praeteriti vix di-
midietatem adaequat, tamen non jam pauperum, sed et divitum
audiuntur quaerelae, sibi nummum paratum acquirendi copiam
et opportunitatem esse praecisam; id quod ferendum esso duco
usque ad proxima comitia Ulmensia. Haec de patria.
Sed misere agitur ob morbos invalescentes in vieinia. Nam
ubique vere res male se habet, praesertim Waldishuti, ubi in-
tra paucarum hebdomadarum spatium febris putrida non solum
parochum eiusque vicarium, sed et aedituum unacum
ludimagistro et permultos civium peremit, unde mihi cura
fuit, frequentius civium nostrorum cum Wealdishutanis commer-
cium, quod saltem vestimenta spectat et res utensiles, interdieto
quodam restringere.
Patriam meam Uberlingam quod attinet, gaudeo de sorte
et fortuna D. Claudii Merci; nuspiam alibi illud dicendi genus,
quod Chriam vocant, tantum quem nunc, habuit persuasioni lo-
cum!. Thiengae d. 15. April. 1772.
Obsequentissimus J. J. de Koler.
Kurz vor dem Sclufje diejes Jahres las Schafhäutle feine
erite Mefje, wozu Herr von Koler perjönlich eingeladen worden; er
hatte aber abjagen müfjen und ji) in Folgendem entjchuldiget: Tibi
itaque, amice colendissime, hanc utinam cum Deo conjunctionem
et suscepti saeramenti gratiam sane uberrimam ex intimo corde
gratulor, hoc unum dolens, quod primo saltem, quo proxime
defuncturus es, sacrificio adesse non valeam, non ob itineris
longinquitatem aut hiemis molestiam, sed propter negotiorum mo-
lem, quam mea secum fert vocatio.
Das letzte Schreiben Kolers nad Roggenburg ijt vom 9. April
1773, aber nit mehr von feiner eigenen Hand, was fid) leicht er:
klären läßt, da er am dritten Tage darauf vom Schlage getroffen
ward. Dieſer Todfall ermecdte zu Thiengen und in der ganzen Nach—
barihaft allgemeines Bedauern, denn der Berblichene war ein ebenjo
gebildeter und humaner, als jtrenggläubiger,, gewifjenhafter, einfichts-
voller und thätiger Mann ?, welchem unſeres Wifjend nur eine Mafel
1 &8 jcheint hier von einem Großjpredher, einem Wunderdoctor ober Marfts
ſchreier bie Rebe zu fein.
2 Freilich in jehr ariftofratifcher, fteifer und pebantijcher Geftalt, wie die höhe—
ten Beamten (meiftens abelige Herren) bamals zu fein pflegten.
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anhieng, jeine leidenſchaftliche Parteilichfeit gegen einen gemifjen Unter:
beamten, deſſen Glück er zerjtörte.
Herr von Koler hatte ohne irgendwelchen Vorarbeiter die ge:
ſchichtliche Bejchreibung des ſchwarzenbergiſchen Kletgaues unter:
nommen und fie mühlam zu Stande gebradt. Dieſer „Entwurf!
des ehevorigen und heutigen Zuſtandes der deutjchen Reichsprovinz Kleg:
gau“ enthielt, nad) Jahrhunderten und Jahren geordnet, in einfacher,
trodener Sprade einen Auszug der Urkunden und Akten über bie
Landichaft, jomweit derlei Quellen und Hilfsmittel dem Berfafjer da—
mals zu Gebote gejtanden.
Nach dem Tode des Heren von Koler gelangte die Originalirift
ber Arbeit an den Fürſten Joſeph von Schwarzenberg nad Wien, mo
diefelbe liegen blieb, 6iß fie unvermuthet im Jahre 1781 der Gegenitand
einer lebhaften Correjpondenz zwiſchen dem fürjtlihen Hofe, dem klet—
gauiſchen Dberamtöverweier Landmann und unferem Bater Wander:
meer wurde.
Mit Erlaß vom 1. September genannten Jahres fandte der Fürſt
da3 Original zur Abjhrift und Ergänzung an bie Regierung in
Thiengen zurüd, worauf Landmann das abgeichriebene Werk dem
Pater Moriz nah Rheinau übermadte,
Diefer jchrieb unterm 20. Februar 1782 zurüd: „Sch hatte gleich
nad Empfang der ſchönen Copie des alten und neuen Kleggaus vom
Herrn von Koler fel. angefangen, notas darüber zu entwerfen; bald
aber bemerkte ich, daß jolches ein ganz verwirrtes Wejen abgeben mühte,
da einmal die Meinung des Verfaſſers widerlegt, das anderemal be:
ftritten, alsdann die Kapitel duch viele Beiſätze unförmlich ausge—
dehnt und der Zujammenhang der Gejhichte völlig gejtört würden. Ich
babe mich daher entſchloſſen, ſoweit meine Kräfte e8 erlauben, mit Be:
nüßgung der Koler’ihen Arbeit, etwas Bejjeres zu liefern, nach einem
ganz anderen Entwurfe?! dieſer Geſchichtsbeſchreibung, wie joldher
in der Beilage folget.“
Derjelbe zerfiel in einen Hiftorifhen und einen topogra=
phiſchen Theil. Voraus jollte eine Einleitung gehen über die Lage,
die Fruchtbarkeit, die Gränzen und Gebiete der Landſchaft; jodann ala
erite Abtheilung folgen: 1. das heidnijche Kletgau bis auf Klodemwig
den Franken; 2. das Land unter fränkiſcher Herridaft bis an's
10. Jahrhundert; 3. das Land unter den deutſchen Königen und
Kaifern bis zum Ende des 12. Jahrhunderts; 4. die Edeln von Kren:
1 Derjelde liegt mir im Goncepte vor; er bildet ein baumenbides Folioheft,
halbbrüchig befchrieben. Überall darin find genau die Quellen citirt.
13*
196
fingen und ihr Belistfum im Lande bis zum 14. Sahrhundert ;
5. die Grafen von Habsburg als erfte Landgrafen im Kleggau,
bis in's 15. Sahrhundert; 6. die Grafen von Sulz ald habsburgiſche
Erben bis zur Glaubenötrennung; 7. ihre Nachkommen bis zum
Sabre 1687; 8. die Fürſten von Schmarzenberg als legte Land»
grafen des Kleggaues.
Der zweite Theil follte die topographbijche Beihreibung jeder
Herrihaft und jeden Ortes des Landes enthalten mit Angabe ihrer
vormaligen und jeßigen Beſitzer, wie alle8 Merkwürdigen, mas ſich
jeweils bafelbit zugetragen. Alfo 1. von der Stabt Thiengen, bem
kletgauiſchen NRegierungsfige; 2. vom Wutadhthale; 3. vom ſoge—
nannten Kletgauer Amte; 4 vom Küffenberger Thale; 5. von
der Vogtei Balm und Lotjtetten; 6. von den bochobrigkeitlichen
Ortſchaften Röteln, Zeftetten, Kabelburg und Wilmendbingen;
7. vom Züricher und 8. vom Schaffhauſer Gebiete,
Die beiden Freunde arbeiteten nun jo fleißig an der Ausführung
diefes Entwurfed, daß Landmann ſchon unterm 9. März 1782 ein
Probeſtück der erjten oder hiſtoriſchen Abtheilung nebſt dem Entwurfe
des Ganzen an den fürftlihen Hofratd von Martini nad Wien ab:
jenden fonnte. Er that Solches in ſichtbarer Befriedigung mit folgen-
dem Begleitjchreiben.
„Ich habe biäher mit meinem Freunde zu Nheinau, dem grund:
gelehrten Benebictiner, welcher ein in der Gejchichte überhaupt bewan—
derter und was bie Lanbihaft Kleggau betrifft, gewiß der erfahrenite
Mann ijt, bereit3 einen chronologiſchen Entwurf ausgearbeitet und
füge jelbigen in der Beilage gehorjamit an. Was nun ben topo-
graphifchen oder zweiten Theil des Werkes anlangt, jo erklärte derjelbe
Freund, fi in deſſen Mitausarbeitung ebenfall3 dienſtwillig gebrauchen
zu laſſen, nur wünſchte er mehrere Subjidien aus den fürftlichen
Ardhiven zu Wien und Thiengen zu erhalten, weßhalb ih um hoch—
gefälligen Auftrag bitte.”
Nahdem jofort unterm 27. März ein weiterer Theil der Arbeit
an Martini abgejendet worden, erfolgte hierauf die Antwort: „Zu
meinem Vergnügen finde ich den überſchickten Entwurf ganz gründlich,
kurz und deutlich abgefaht, wünjche daher, daß das ganze Werk in
gleiher Art fortgefegt und beendigt werde. Nur meine ih, dag nit
allein die hiſtoriſchen Sachen, jondern auch diejenigen, jo zur Erläute-
rung der herrſchaftlichen Rechte dienen, ausführlich behandelt
werden, damit die Beamten daraus einen hinlänglichen Unterricht ges
winnen, um die Herrichaftsrechte gehörig vertheidigen zu Fünnen. Aus
unjeren Archiven will id) gerne alle8 Dienliche mittheilen laſſen.“
197
Am 18. Mai jandte Landmann den Schluß der Hiltoriichen
Beihreibung nah Wien und erbat ſich zur Fertigung des topogra-
phiſchen Theiled die nöthigen Materialien aus dem fürjtlihen Archive
daſelbſt, indem er beifügte: „Das Hauptſächlichſte quoad jurisdictionalia
et alia arcana domus et provinciae, quae extraneo propalare
et concredere non oportet, werde jodann aus eigener Feder hinzu—
fügen. Für die Arbeit meines gelehrten Freundes aber glaube id,
wäre demjelben mit einem Douceur von etwa ſechs Ducaten danfbar:
fih zu begegnen.“
Hierauf ermwieberte Hofratd von Martini: „Nebjt dem richtigen
Empfange des Schlufje der Hiftoriichen Abtheilung über da3 Kleggau
beitätige ich biemit meine bejondere Dankverbundenheit dafür. Ich
werde, wenn die bezwecten Nachrichten über die Randesverfajjung
quod jurisdictionalia, politica et cameralia, worum es mir eigentlic)
zu thun iſt, eingeliefert find, die in Antrag gebraten jeh3 Ducaten
ex propriis berichtigen.“
Nahdem Landmann unjeren Pater hievon benachrichtigt, vertraute
ihm berjelbe, daß ihn das zugejagte Präfent nur wegen der Hand
erfreuen werde, welche e3 ihm beitimmt habe, da er bei feinen Ar:
beiten keinerlei Abfichten jolcher Art zu hegen pflege. Dieſem Gefinnungs:
ausdrucde fügte Vandermeer ſodann folgende Nachricht bei: „Der
gelehrte Herr Hofrat Zapf von Augitburg (melder, obwohl Brote
ftant, bei feiner päpftlihen Heiligkeit eine Privataudienz erhalten)
ift jehr begierig, auch dieſe Beichreibung des Kleggaues feinen Monu-
mentis anecdotis historiam Germaniae illustrantibus einzuverleiben,
zu welchem Ende jie wirklich in's Lateinijche überjegt wird, Hoffent:
lid hat man nichts dagegen, ba ſolches ja dem hochfürſtlichen Haufe
Schmwarzenberg nur zur Ehre gereihen kann.“
Hierüber berichtete XKandmann unterm 17. Juli nad Wien an
Martini: „Meinem Freunde, dem Benedictiner Mönde Mauriz
Hohenbaum van der Meer zu Rheinau, habe ich die gnädige Zufrieden—
beit Euerer Excellenz mit befien Arbeit vermeldet. Derjelbe, Sohn
eine3 Taiferlihen Hauptmann aus dem Flammland, fteht in feinem
64. Lebenjahre und ift ein ebenjo frommer als gelehrter Religioſe. Er
erjuchte mid, das beigebogene Dankſchreiben Hochſelben zufertigen
zu wollen, nebſt einem gedruckten Ausſchreiben des fürftlich hohenlohiſchen
Hofrathd Zapf, melhes aller Aufmerkjamfeit werth jein dürfte.“
Mährend diefer Thätigkeit für die kletgauiſche Geſchichte wendete
fih Landmann auch nad Sanktblaſien an den Fürſten Martin,
von deſſen unternommener historia Sylvae nigrae er gehört. Da ji
beide Arbeiten nahe berührten, jo war die gegenfeitige Mittheilung von
198
einschlägigen Notizen jehr wünſchenswerth. Gerbert gab auf ein
desfallſiges Anſuchen unterm 22. September 1782 folgende Antwort:
„Ein Aufenthalt in Berau Hat mich abgehalten, fogleih zu ant⸗
worten. Kann aud zumahlen auf ein Viertel» oder Halbjahr nicht be—
ftimmen, wann meine Sylva nigra zu Stande fommt, wohin nur
Thiengen, nit aber das Cleggau gehört !. Sollte id nicht geſchäfts—
halber nächſte Wochen in’3 Breidgau zu reijen gemüßigt fein, jo wollte
mir die Ehre außbitten, allhier von der Sad’ zu ſprechen und aud
perjönlich zu ermeijen, daß ich zu allem Thunlichen bereitwillig.”
Sofort bot ſich Landmann dem Fürftabte an, auf ben nädjiten
Wink hin denfelben in der Nahbarihaft, etwa in Berau oder Gurt-
weil oder Klingenau zu begrüßen; ob es aber eine Folge gehabt,
geht aus den gewechjelten Briefen nicht hervor. Dieſe Angelegenheit
führte indefjen zu einer Gorrefpondenz des Oberamtöbirector3 mit
Martini’3 Nachfolger im jchwarzenbergijchen Kabinete, dem Hofrathe
von Riegger zu Wien, melder ihm unter Anderem zuſchrieb: „Es
wird zur Aufrehthaltung ber landgerichtlichen Gerechtſamen nur vor:
theilhaft fein, wenn Sie nächſtens eine Landesverfammlung auf
ber Mitte der Nheinauer Brüde? abhalten lafjen und folder jelbit
beimohnen, jebod mit allnöthiger Vorſicht.“
In einem weiteren Briefe jchreibt Riegger dem „Herrn Interims—
director” in flüchtigen Zeilen: „Was Sie über die politijde Ver—
fajjung der dortigen Landgrafihaft jhon gejammelt, wünjchte ich vecht
jehr, umgehend zu erhalten; denn eben jeßt jollte ich davon nothwendigen
Gebrauch machen. Wenn es daher auch nicht Alles fon in Ordnung
gebracht wäre, jo würde ich’3 dennoch verwenden können.“
Auch Niegger kannte unjeren Pater Moriz perjönlid und
Ihäßte ihn jehr; dieſer aber freute fi aufridhtigft über einen jo ge:
lehrten und trefflihen Nachfolger im geheimen Rathe eines Reichs:
fürften, welder dem Gotteshaufe Rheinau bisher immer fo gnäbig
gewejen. Da es verlautete, Fürſt Joſeph werde fein Ländchen Kletgau
nächſtens bejuchen, jo meldete Bandermeer ben ſehnlichſten Wunſch
feines Prälaten, die Gnabe zu haben, Höchſtdenſelben im Kloſter bemill-
fommnen zu fönnen.
t Thiengen liegt geograpbilh im Albgau, mwelder ben größern Theil bes
fübliden Schwarzwaldes enıhält und burdh bie Wutach vom Kletgau getrennt ift, bem
politifch auch das dominium Tuengense beigefellt wurde, nachdem ed von ben Krens
fingern an bas Hochſtift Eonftanz und fofort an bie Grafen von Sulz gefallen.
2 Die von Altem ber üblihen Mallftätten bes Kletgauer Landgerichts waren
ber „lange Stein“ bei Thiengen oder eine ber Brüden zu Kaiſerſtuhl und zu
Rheinau.
199
Am 12. Juli 1783 jchrieb der Pater an Landmann: „Da bie
erite Ausarbeitung der kleggauiſchen Geſchichte noch allzu unvollfommen,
io babe mich entjchlofjen, diejelbige mit der Zeit, wenn ich andere Ar-
beiten beendiget, möglichft zu vermehren und. zu verbejjern.” Diejes
iſt das legte mir vorliegende Stück des Briefwechſels der beiden Freunde,
Bandermeer lebte aber noch zwölf Jahre und jchrieb um 1786 eine
deductio historica pagi seu landgraviatus Cleggoviae.
Betrahtet man das emfige Zujammenmirken unſeres gelehrten
Paters Moriz mit dem Herrn von Koler und befjen Nachfolger in
Heritellung eined hiſtoriſchen und topographiſchen Werkes über die Land—
ihaft Kletgau, jo muß basjelbe einem die vollite Achtung vor dem
Berdienjte diejer Männer abgewinnen. Auf dem Fundamente, melches
ihr Fleiß und Wifjen gelegt, wurde ſodann von verjchiedenen Händen
fortgebaut, und es zählt vielleicht Feine Landſchaft unſeres Großherzog:
thums fo viele Bearbeiter ihrer Gejammtgejhichte, ald eben der Klet-
gan fie aufmeist.
Zuerſt verarbeitete der Regierungsrath von Mohr zu Thiengen
das bereit3 Vorhandene zu einer überfichtlihen „Geſchichte der gefürfteten
Landgrafihaft Kletgau“, nebit einem Anhange über die „Genealogie
des fürjtlihen Hauſes Schwarzenberg”, womit berjelbe jhon im Jahre
1783 zu Ende kam.
Sodann lieferte der Negierungd:Director von Beck daſelbſt eine
ausführliche „Beſchreibung der Landgrafihaft Kleggau biß 1806”, in
einem geſchichtlichen, einem politiichen und einem topographiſchen Theile.
Diefed Werk lag zum Drude bereit und zeigt auf der Schlußfeite das
Imprimatur der großherzoglihd badiſchen Büchercenſur zu Freiburg
vom 1. September 1808; e3 blieb jedoch ungedrudt.
Nachdem ferner Arhivrath Kolb in feinem 1814 erjchienenen Lexikon
von Baben über bie Hiftoriihen und ſtatiſtiſchen Verhältniſſe des Klet—
gaues einen größeren Artikel gebracht, lieferte im Jahre 1820 Pfarrer
Meyer zu Gurtweil einen „Umriß der Geſchichte des alemanniſchen
Landſtrichs Kleggau”, melde Arbeit von mir (leider in den mißglückten
„Briefen über das badiſche Oberland“) 1833 theilmeije veröffentlicht
wurde !. In neuerer Zeit jchrieb auch ein ſchweizeriſcher Kletgauer,
13H halte es für eine Pflicht der Anerfennung und Dankbarkeit, dieſe Bes
firebungen früherer Männer für die Gefdichte meines Heimatlandes hervorzu—
heben und gebe über bie etwaigen Mängel ihrer Arbeiten hinweg. Denn innerlichft
wiberfirebt mir die Art und Weife mancher vaterlänbifchen Hiftorifer von heute,
welhe ihre Stärfe darin fuhen, die Vorgänger, auf deren Schultern fie empor:
geftiegen, in Kleinigkeiten zu meiftern und ihr Hauptverbienft zu ignoriren. Das
200
Dr. Banner, einen Umriß der Fletgauifhen Geſchichte „bis zum Abs
ichlufje der Reformation“, welche Arbeit 1857 in einem Bändchen von
130 Seiten eridien.
Und endlich jammelte ich jelber all’ bieje Arbeiten, madte aus
ſämmtlichen mir zur Hand gelommenen Urkunden, Gopeibüdern und
Akten kletgauiſchen Betreffes fleißige Auszüge und begann eine aus—
führlide, in's inzelne gehende und mohlbelege Geſchichtsdar—
jtellung meined® Heimatgaues, welde mit Gottes Hilfe hoffentlich
noch zur Vollendung gelangen wird.
Die Geſchichte dieſes zwiſchen dem badiſchen Schmwarzwalde und
den Schmeizergebiete am Rhein gelegenen Landjtriches berührt die
meijten Gegenitände diplomatiihen, hiſtoriſch-chronologiſchen, politischen,
rechts-, kriegs- und kirchengeſchichtlichen Intereſſes. Namentlih im
letzterer Beziehung gewährt ſie ein ſprechendes Bild der Anfänge,
der Entwickelung und des Zerfalls.
Der Kletgau enthielt zwar, mit Ausnahme nicht weniger zum
Theil uralter Pfarreien, feine beſonderen religiöſen Anſtalten,
war aber in nächſter Nähe von einer Reihe der älteften Stifte und
Klöfter umgeben, melde jchon frühzeitig ein reges Firchliches Leben
verbreiteten, womit die Kultur des Volkes rüdfihtlich der Land—
wirthſchaft, der Nechtöverhältnifje, der vollsthümlichen Sitten- und Seelen
bildung in engitem Verbande jtund.
So umgaben den Gau das Fridolind- und das Berenenftift zu
Sädingen und Zurzach jeit dem 6. Jahrhunderte, die Benedictiners
jtifte Rheinau und Sanktblaſien feit 778 und 858, das Allerheiligen:
Hojter zu Schaffhauſen jeit 1052, das Nonnenklojter zu Berau jeit
1108, die Auguftinerpropftei Riedern jeit 1111, die Johanniterhäuſer zu
Leutgern und Klingenau jeit 1230, dag Siongklojter in legterem
Stäbdtlein jeit 1269, das Klöfterlein zu Grafenhaufen jeit 1285, das
Paulinerhaus zu Bondorf jeit 1402, die Propftei zu Gurtweil jeit
1646, wie endlich die Kapuzinerhoipitien zu Stühlingen und Walds—
but jeit 1680 und 1737.
Nah der Kirhenipaltung trat ein heftiger Confefjionshader im
Kletgau ein, da in den jchmeizeriichen Theilen von deren Regierungen
alles Thunlihe für die Glaubensänderung gejhah, während anderer:
feit3 die Grafen von Sulz bem jtrengften Katholicismus huldigten.
vermag allein der eitle Wifjenfhaftsdünfel, woran folde Jünger zu leiden pflegen.
Hinter ihnen ſtehen aber zuweilen freilich ältere Herren und benügen biejen ge
fälligen Eifer dazu, denen öffentlich zu ſchaden, auch im Tode noch, welche fie heim:
lich fürdpteten und haften.
201
Das Fieber des Bauernfrieges und der Wiedertäuferei,
welches in dieſem Erdenwinkel jo heftig aufgetreten, Hatte jchnell zwar
ben energiſchen Gegenmitteln weichen müflen, von Schaffhauſen und
Zürih aus aber wurde dejto nachhaltiger gegen die katholiſchen
Gemeinden intrifiert und dabei jegliche Gelegenheit ergriffen, dem Ab:
falle die Wege zu bereiten. Doc blieb es im reihiihen Theile
vergeblich, denn die dortigen Katholiken fanden an den Häufern Sulz
und Schwarzenberg eine ebenjo fichere Stüße, al ftarfe Schugmauer
ihres Glaubens.
Wenn ich am Schluſſe dieſer kleinen Arbeit noch einen Blick zurück—
werfe auf die Männer hiſtoriſch-literariſcher Thätigkeit in unſeren ober—
ländiſchen Klöſtern während des vorigen Jahrhunderts, jo erfreut mid
zunädit das jchöne Kleeblatt, welches Vandermeer mit den janct-
blafiihen Hiftorifern Herrgott, Wülberz, Heer und Gerbert
gebildet, nachdem fi in ihren Abteien, wie in den meilten Benedictiner:
jtiften de3 Oberlandes, ſchon früher viele Aebte und Patres durch Be:
arbeitung der heimijchen Geſchichte verdient gemacht.
So hatten jelbjt in den jchweren Zeiten des ſchwediſchen, des
orleans’ichen, des ſpaniſchen, öſterreichiſchen und fiebenjährigen Krieges
die Prälaten und Patres Gaißer zu Sanctgeorgen, Bifenberger
zu Salmanndweil, Gump zu Sanctblafien, Steierer und Bau:
meifter zu Sanctpeter, Mugg und Arnold zu Ettenheimmünfter,
wie noch mande Anderen, neben zahlreihen Schriften philojophiichen
und theologiihen Inhalts, da und dort gelehrte Arbeiten auch über
beimatlide Gejhichte geliefert, mehhalb man jagen darf: Nicht
blog die Kenntniß der älteren Geſchicke und Zuftände des Vaterlandez
verdankt man den Klofterfchriftitellern, fondern auch diejenige eines großen
Theild des jüngjtverflofjenen Jahrhunderts,
Ganz überrafhend ift der Auffhmwung, melden unſere Benedic-
tinerflöfter jeit etwa 1750 bezüglich ihrer Schulen, ihrer gelehrten
und literariſchen Beftrebungen, ihrer Landwirthſchaft und Okonomie
genommen. Wer billig denkt, wird biernah die Berehtigung er:
mefjen, womit der Schritt ihrer Aufhebung gethan morben.
ı Hierüber belehren uns nicht allein mehrfache Aftenftüde, ſondern auch bie
ausführlihe Chronik des Gaplans Heinrih Küffenberg von 1524 bis 1531,
welde ber um bie oberrheinifche Geſchichte jo verbiente Herr Stiftspropft Huber in
Zurzach veröffentlicht hat.
Bon dem alten vold der
Allmanniern und Allmannifhen herkogen,
welche zuͤletſt allein hertzogen zuͤ Schmaben genemptt wurdend.
Iſt geſchryben zu eeren vnd bienjt
herren Samuel Tillmann von Bern,
bifer zyt boffmeifteren zu Künigsfelden.
Bon
Heinrych Bullinger dem elter,
diener ber filden Züryd.
1571.
Nah dem Autograph des Verfaſſers herausgegeben
von
Dr. 3. König,
Profeſſor an ber Univerfität Freiburg.
Dum pridem ipsum opus (i. e. vitam primaevam s. Galli) perlegerem, in-
veni ab auctore ejusdem conscriptionis terram quam nos Alamanni vel Suevi
incolimus, Altimanniam saepius nominari; sed ipsius nominis originem quae-
rens, apud nullum scriptorum quorum adhuc notitia nos respersit, ejus reperi
mentionem. Nisi fallor enim, ab alto situ provinciae idem vocabulum a mo-
dernis confictum est. Nam juxta scriptores authenticos, pars Alamanniae vel
Sueviae inter Alpes Penninas, et meridianum litus Danubii sita, Rhaetia diei-
tur. Porro quod est ad septentrionalem plagam, Histri Germaniae deputatur.
Et ut non nostra dicere existimemur, aliquos ipsius rei testes adsciscimus. .. .
Si Rhaetia solummodo infra Alpes est, ut multi volunt, quae consequentia est
ut Noricum a Gallia pergentes, asperitatem Alpium transcendamus et non po-
tius per majorem Rhaetiam recto itinere Noricum usque tendamus? In qua
etiam Rhaetia, secundum supradictam sententiam, Brigantium oppidum jam
vetustate collapsum, lacui, qui Rheno interfluente efficitur, nomen dedit, qui
alio nomine, juxta Graecam etymologiam, Potamicus appellatur. Igitur quia
mixti Alamannis Suevi, partem Germanise ultra Danubium, partem Rhaetiae
inter Alpes et Histrum, partemque Gallise circa Ararim (i. e. Arolam) obse-
derunt; antigquorum vocabulorum veritate servata, ab incolis nomen patriae
derivemus, et Alamanniam vel Sueviam nominemus,. Nam cum duo sint voca-
bula unam gentem significantia, priori nomine nos appellant circumpositae
gentes, quae Latinum habent sermonem; sequenti usus nos nuncupat barbaro-
rum. Similiter scimus, Francos partes Germanise vel Galliae non solum po-
testati, sed etiam suo nomini subjugasse.
Walafrid Strabo, praef. in vitam s. Galli.
Borbemerkung.
Die bier folgende Mittheilung ift wohl ber erjte Verſuch einer
Specialgefhichte de alten Alemanniend; fie verbient es ohne
Zweifel, nachdem ein glüdlider Zufall diefelbe ung zugeführt, gerade
in dieſer Zeitjchrift erfimals publicirt zu werden, deren geſchicht—
liches Gebiet ja vielfach dasſelbe Land und Volk umfaßt.
Die Handſchrift (Papier, in folio), welche diefe alemanniſche Ge—
Ihichte überliefert, enthält zwei Monographien.
Die erfte, auf 61 Blättern, ift betitelt: „Bon den edlen Graven
zu Habjpürg, Herkogen zü Defterryd und Schwaben, vnnd
ber Stifftung des Fürftliden Kloſters Küngsfelden. Dud
ettwas von dem Sempader frieg, inn möldem Hertzog Lüpold von
Defterryh durch die Eydgenofjen erjhlagen vnnd zü Künigsfelden be-
graben warb, zwei Bücher. 1386.
Zu Eeren vnnd dient Herren Samuelen Tillmann von Bern,
diſer Zytt Hoffmeifteren zü Künigsfelden beichryben 1570.” Bon
jpäterer Hand ift beigefügt: Visus per d. d. deputatos 1651.
Darauf folgt eine ausführliche Dedication, in welcher der Verfafjer
unter anderem bemerkt, daß er jeit mehr denn vierzig Jahren bemüht
geweſen, alles für die Geſchichte der Eidgenofjenjchaft irgend Wichtige zu
jammeln; daraus ſei in der lebten Zeit auch die vorliegende Kleinere
Schrift entjtanden. Unterzeihnet ift als Berfaffer Heinrych Bul—
linger ber elter, diener der filden Züryd.
Die zweite Arbeit, auf 15 Blättern, iſt die bier folgende Ge—
ſchichte der Alemannen, von bemjelben Verfafjer und auch von ber:
jelben Hand, von Anfang bis zum Schluß, geſchrieben wie die erite, ebenjo
berjelben Perjönlichkeit debicirt. Sie joll dienen „zuͤ befjerem Verſtand
dei Anfangs de vorgenden Buͤchs von ben Herkogen zu Schwaben“,
aljo eine Art hiſtoriſcher Einleitung dazu bilden.
206
Unjere Handſchrift it, was ſchon die Debication und der durch—
weg jauber und forgfältig gehaltene Schriftzug vermuthen läßt, das
Autograph Bullingers, wie fi dieß auch durch Vergleihung mit
Bullinger'ſchen Manufcripten auf der Stabtbibliothef in Zürich durch
da3 verehrliche Bibliothecariat betätigt hat, wofür wir hiemit ben ver-
bindlidjten Dank ausſprechen.
Dieſe beiden Schriften, „zu eeren vnnd dienſt eines Freundes“
verfaßt, wurden, wie es ſcheint, ſpäter nicht in weiteren Kreiſen bekannt;
ſie erſcheinen nirgends unter den zahlreichen handſchriftlichen Werken
Bullingers aufgeführt; fo fehlen ſie z. B. in Joh. H. Hottingers
Schola Tigurinorum Carolina (Tiguri 1664), appendix I, pag. 75 sqq.,
wo ein Verzeichniß der Bullinger’ihen Schriften gegeben ijt.
Gedruckt wurbe das erjte Werk, über die Grafen von Habs—
burg, jedooh anonym und unvollitändbig, in den Selecta juris et
historiarum von Sendenberg (Frankfurt 1738) tom. IV, p. 1—160
unter dem Xitel: De origine et historia archi-ducum Austriae
Habsburgi comitum usque ad pugnam Sempacensem autore
anonymo Helvetio.
Der Herausgeber bemerkt darüber: Deprehendi libellum huncce
apud amicum, cujus exemplo, eum 1615 Königsfeldae de-
scriptum esse, priorum possessorum aliquis addiderat. Continet
vero plura, quae apud Tschudium et alios non deprehendas.
Autor seculo XVI ad finem decurrente floruit et protestantium
sacris, quod omnia indicant, fuit addietus. Odio in domum Au-
striacam et partium studiis saepissime labitur. Nihilominus ostendit
notatu digna facta quamplurima, inprimis vero, ut hoc unicum
tantum memorem p. 56 titulum ducis Sueviae jam Austriae in
usu fuisse a. 1315 etc. Der Abdrud ijt wie unvollitändig, jo aud)
diplomatijch incorrect; er beginnt erſt mit ©. 22 (unferer Handſchrift),
jo daß vom Anfange de3 erjten Buches neun Kapitel meggelafjen find,
ebenjo fehlt das Schlußfapitel desfelben. Die Spradfarbe hat ber
Abichreiber oder Herausgeber verwiſcht, indem er in der Orthographie,
in der Schreibung der Eigennamen jomwie in den grammatijchen Formen
dem ohnehin nicht muftergültigen Geſchmack jeiner Zeit Nennung tragen
wollte.
Haller führt (in feiner Bibliothef der Schweizer -Gejcdhichte II,
465) diejen Auszug an und vermuthet richtig als Verfaſſer desjelben
Heinrih Bullinger; das volljtändige Original wie auch die zweite
Schrift über Alemannien kennt er aber nicht.
In Betreff der erſten Schrift jcheint dem fonjt jo umfichtigen und
äußert gemwifjenhaften Haller das entgangen zu fein, was er in dem—
207
jelben Bande S. 160—163 über Bullinger mittheilt, und wodurd feine
©. 465 ald Bermuthung ausgeſprochene Anſicht ihre authentiſche Be:
ftätigung erhält. Er führt ©. 162 Nro. 550 an: „Ephemerides
Henriei Bullingeri. Mess. in 4. 252 S.“, und bemerkt dazu: „Auch
in der Stiftäbibliothef zu Zürih von Wolfgang Haller Hand. Gie er:
ftreden fih von feiner Geburt an biß 1574 und find zum Theil la—
teinifch, zum Theil deutjch gejchrieben. Das Meifte betrifft zwar ihn
jelbit und jeine Schriften, doch find Kin und wieber jehr merkwürdige
Anecdoten von den Begebenheiten feiner Zeit, vorzüglich im geijtlichen
Stande, von den Sitten u. |. m. angemerkt, da3 zur Geſchichte der in
unfer Fach einjchlagenden Schriften gehört." Nun folgen viele Titel von
Bullingerrihen Schriften, Briefen u. |. m. nebjt Angabe der Zeit, Ber:
anlajjung, Perjonen, an die fie gerichtet waren, mit Bullinger3 eigenen
Worten. Da ijt nun aud geſagt: „1571. Jh verbejjere die zwey
Bücher, jo ih hievor gejchrieben, zu Gefallen Herrn Sa:
muelen Tylimann, Hofmeijtern zu Königsfelden, von Herzogen
zu Schwaben und Dfterreih, und ben Grafen von Habsburg,
auh von der Stiftung Königsfelden und von dem Sempader Krieg,
mahts ug im Tbre tem, ich jchrieb ein Büchlin deutſch, von der
Stiftung, Alter, Herfommen und Wejen der alten Kilchen und Stift
Luzern und ſchickt 2 Eremplar, daß ein dem Landoogt Fledenjtein in
Baden, das andere gen Luzern, Albrächten Sägifjern. — Dieje Trac:
tätli jind nit drudt.” Am Schluß heißt e8 no: „dieje 44 Bücher
babe ich unglaublih bald, fait in 2 oder 21/, Jaren, neben meinen
Predigen und vielfalten Gejchäfften durch Gottes Gnab vollendet.”
Auch den neueren Biographen Bullingers, Heß und Peſtalozzi, blieben
dieje zwei Arbeiten unbefannt.
Das von ber Bürgerbibliothek zu Wintertfur für 1865 außgegebene
Neujahrsblatt ſoll (aus Sendenberg?) den Abjchnitt über den Sem:
pacherkrieg wieder zum Abdrud gebracht haben.
Ausführlid über Heinrich Bullingerg Leben und Schriften hier
zu berichten, iſt für unjeren Zweck nicht nothwendig, daher nur das
Nöthigſte. Er iſt geboren 18. Juli 1504 zu Bremgarten, ſtudirte in
Köln Theologie, trat nah jeiner Heimkehr in nähere Verbindung
mit Zwingli und wurde bald nad bem in der Schladht bei Gappel er:
folgten Tod Zwingli’3 deſſen Nachfolger als Antiſtes von Züri)
(9. December 1531), in welder Stellung er big zu jeinem Tode, 17. Sep:
tember 1575, verblieb. — Die meilten feiner zahlreihen Schriften
blieben ungedruckt; in neuerer Zeit wurde auf Veranlafjung der Vater:
länd. hijtor. Geſellſchaft in Zürich die Reformationsgeſchichte in 3 Bän-
ben von Hottinger und Vögeli herausgegeben, Frauenfeld 1838 — 1840.
208
Zum Schluſſe übrigt uns noch die angenehme Pflicht, bem Herrn
Domcapitular F. ©. Schmidt für die freundliche Überlafjung der
Handigrift den gebührenditen Dank barzubringen.
* *
5. Bon den herkogen der Allmannieren und Schwaben.
1) drfprüng de Allamannifchen voldks und rychs.
Rdmiſche Der Nömeren Öbermüttige und gytige regierung hatt vil völder,
tpranny.
die under irer regieruͤng von inen mitt gwaltt bezwungen warend (dan
die Römiſch regierüͤng oder monarchy, Danieliß am 7. cap. duͤrch bie
gremwenlich bejtia angebildet worden, die yjin zän hatt, und waß ſy nitt
fraaß, mit iren fühen zerftampffet) vervrſachet zü gedenden, wie ſy ir
müttwilligen regierüng ledig werben möchttend. Deren nitt bie gering-
ten vnd letjten mwarend die Germanier, Allemannier, Vinbelicier und
Heluetier.
— Damitt aber die Römer jr berihüng inn ben landen behaltten
jem — möchttend, theylttend ſy die landſchafftten vnd völcker von einanderen,
damitt jr wäſen vnd authoritet zerhüdlet und vernütet wurde. Alſo
zerryſſend ſy auch von einanderen Heluetiam, deren ſy innſonders ab—
hold warend, alß deren die ſich den Römeren allwägen gar dappffer
widerſetzt hatt. Vnd wie die Heluetia von altter har 4 pagos oder
göw hatt: das Turgöw, Argöw, Üüchttland vnd die Waadt, alſo theilt—
tend die Römer die Turgöwer vnder die Rhetiſche prouintz, daß Argöw
aber, daß Üchttland vnd die Waadt vnder die Sequaniſche prouintz.
Sömlicher theiluͤng vnd zerryſſens waren die Tiguͤriner oder Tuͤr—
göwer gar öbel zuͤfriden vnd widerſatztend ſich den Nömeren. Die
. Römer aber vnderſtündend ſy zuͤ palchgen vnd buwttend an die
Thur ein ſtatt, die nampttend ſy ad fines sc. defendendos Rhetiae et
gie im Sequanae, wirtt noch genemptt Pfyn. Hiemitt zwungend die Römer war
oben har und unden am Bodenjee lag, alß Arbor Felix, daß jetzund
Arbon heißt, und Gaunodurum, daß nahin Conſtantz genemptt ward, auch
unden am Rhyn Forum Tiberii, daß zerbrocdhen worden, vnd da zü
nen harwertz Zurzach hernach gebumwen ift, und dannen heruff der Rüß
nah, Züryh, Züg, Vry, Shwyg, Glariß jegund genemptt, und dat
alles ſtießend die Römer zuͤ der Rhetiſchen prouing und underjtundend
biemitt zit verbillggen den Heluetiichen namen, und innjonders der Tigü-
rinern oder Turgömeren, denen jy inſonders abhold warend, von wegen
209
ire8 burgermeifterd L. Cassii, melden die Tiguriner mitt allem jynem
heer aeichlagen und gar ſchmächlich gehaltten hattend. Vnd wiewoll
ſömliche zertrennung von iren altten fründen, den Argöwern vnd ande—
ren ſy übell verdroß, mochttend ſy doch dem großen gwaltt der Rö—
meren allein vnd der zytt nitt widerſtan.
Nitt minder vnlidig warend auch die Vindelicier, wölche von Rö— Ein cenſpi⸗
ration vnd
meren auch zuͤ den Rhetiern geſtoßen warend. Diſes vntraglich Römiſch ——
joch trückt auch die Germanier vßet Rhyns, ſamptt allen denen, die die
länd bewonend, biß hinab an den Mäyn, und da der Maͤyn zu Maͤyntz
inn den Rhyn flüßt. Zuͤ diſen thattend fich alle die in vilen anderen
prouingen dei Römiſchen jochs vnlidig, und allg vil alß pannyten
warend. Die vile aber aller dijer völceren, die den Römeren find vnd
widerwerttig warend, thattend ſich zamen vnd verbündend ſich mitt
einanderen. \
Dephalben aber daß diſes volck vß allerley lüthen vnd
mannen zuͤſamen gethan was, ward es genemptt Allmenner, *.
alß die vß allerley mannen inn ein volck geſamlet warend. Von
welchem namen Allmannia oder Allemannia vnd Allmenner oder Alle Alemannia
menner andere ein andere meinung habend 1; die erzeltte aber iſt der menner.
1 Wie zur Zeit Bullingers, jo variiren die Anfichten über Name und Volt
der Alemannen auch früher jhon und in ſpäterer Zeit bis auf den heutigen Tag. —
Bei den griehifchen und römiſchen Schrijtitellern beißen fie AAapavol, ‘Alamavvol,
— bei Dio Eafjius, der fie zuerit erwähnt (27, 14), die (jedoch nicht geficherte) Les—
art Akapßavvoi, — Alamani, Alamanni, Alemanni, auf Münzen Alamannia. Be:
zeichnet jperden damit diejenigen deutichen Völker, welche jeit dem dritten Jahrhundert
n, Chr. die Nömer in ihren Befigungen am obern Rhein und an ber obern Donau
fortwährend angriffen und zulegt bamus vertrieben. Allmählig fam die Gewohnheit
auf, die Deutjchen nördlih vom Main Germanen, jüdlih davon Alemannen zu
nennen (Bopiscus, Prob. 12), woraus die irrige Meinung fich bildete, die Aleman:
nen feien feine Deutfchen gewefen: Adapavol . Edvos Trepuavots rpösywpov, Stephan.
Byz. und Euftath. zu Dionyf. Per. 285. Agatbias, auf die Gewähr des Aſinius
Quadr. bin, meint, die Alemannen jeien Ankömmlinge geweien, gemijcht, wie ihr
Name jage, aus allerlei Volk: ol dt Adauavol, eye ypn Actvvip Kovadparw Eredar,
dvöpt Ira al ra Tepnuavına ds 76 Axpıßis dAvayaypaundvm, Ebyadußls elsıv
Aydpwror zal piydbes “al Toro dbvarar abrois H Erwvunte. Histor. I. 6. Diefer
Anficht tritt im neuerer Zeit auch Zeuß bei (die Deutfchen und die Nachbarſtämme
©. 306): das neue, aus ben verjchiedenen Theilen gebildete Geſammtvolk wird ſich
ben Bundesnamen Alamannida (communio) beigelegt haben, davon hießen dann
die an der Bereinigung tbeilnehmenden Völfer Alamanni. Nah Joh. v. Müller
waren bie Alemannen Gallier, welche jih in Ober-Deutſchland feftiegten und auf
weiten Almenden bie Heerben weibdeten und um des Friedens willen ben Römern
Zehnten ald Grundzins zablten. Auh Wachter, Adelung, Wilkens nehmen
fie als Gallier und erflären den Namen durch das galliihe Wort „elmyn“ Fremd»
Archiv. XU. 14
210
einfallten mwahrheitt änlicher und glychförmiger. Vnd inn difer pündt-
nüß mwarend die Tiguriner, die Vindelicier und Schwaben, aud die
Tüttſchen biß hinab an den Mäyn, welche alle fich den Römeren wider:
jegtend. Vnd ijt diſe conjpiration bejhäcden im rych Marci Antonini
philosophi, ungefar in jar Ehrijti 177.
2) Was fcwerer kriegen die Römer wider die Allmenner gefürtt
habind. |
Die Nömer aber wanttend daran all ir krafft, daß ſy diſes vold
dampttind und vnder inen behielttind nad ivem gefallen. Dargegen
widerjaßtend fi die Allmenner auch ires beiten vermögen? vnd be:
ſchachend vil ſchwerer ſchlachtten und verzog fich der Frieg gar wütt hinvß
off vil jar, wie ich hernach ettlicher Römiſchen keiſeren thatten Furk
verzeichnen will, doch nitt aller überall.
In dijem langwirigen krieg wurdend oft die Allemanier zertrentt,
ftündend aber allmägen widerumm, jobald ſy anlaß Hattend und ver:
mochttend, zamen. ER brüdittend auch die Römer den liſt, daß ſy Die
Oppide Hauptitett vnd fläcken de3 Heluetier lands irer jurisdiction entjagtend
vnd castra. vnd ire zugehörige landichafften der landvogtty underwürffend und zuͤ—
thattend, alſo daß die hauptfläden und jtett, die landichafiten, inen bis-
ber zügehörig vnd rächtte über ſy geheptt, fürohin allein ftett für fich
6. ſelbs, one land vnd jurisdiction und darzü dem guber: | natori in
der prouing oder landpfläger der Römeren vnderthan mwarend, beraubett
aller irer fryheitt. Hieby zuͤ wüſſen ift, daß die jtett, die von alttem
eiuitates oder oppida maxima genemptt worden, die jtett gewäſen find,
die nambhafftte landskreyß oder landtſchafftten inngeheptt Habend, in
Griehiidh dioeceses !, zü Latin administratio, jurisdietio oder guber-
ling. Möjer, Savigny u. N. halten Alemannen für gleichbedeutend mit Ari:
mannen, Germanen, Heldenmänne. Nach J. Grimm (Gött. gel. Anz. 1835, ©.
1103) fommt der Name von mans (homines) mit dem verflärfenden Vorſchlag ala:
ganze, rechte, tüchtige Männer, bie rechten Nachkommen des Manus. ine neuere
in der Nugsb. Allg. Zeitung gegebene Erklärung ift: die Alemannen find die nady Weiten
vorgefchobenen Seninonen, das Hauptvolf der Sueben; alah — manna b. i. Männer
von Ziusalah, dem Götterbain, der in der Mitte des Landes der Semnonen war.
Über das Verbältniß oder ben Unterihied der Alemannen und Sueven ſ. oben bie
Anfiht von Walafried Strabo, welder auch Neuere (wie Pauly) beitreren
und nad welcher beide Stämme Ein Bolf find, für welches die Auswärtigen mehr
ben Namen Alemannen gebrauchen. Bergl. biezu Stälin, Wirtemberg. Geld. I,
116. Pauly, Realencyclopäbie ber claſſ. Altertbumsw. I, 1. (2. Aufl.) 699 fi.
1 Arızdw guberno, administro, dtolxnsts gubernatio, dispensatio, jurisdictio.
(Randnnote bes Tertes.)
211
natio geheigen: wie nochmalen alljo von altter har inn der eydano-
ſchafft ſtett und fläden fünden werdend, allß Zürych, Bern, Yucern,
Vry, Schwytz ꝛc., welche all habend ire underthänige landſchafften, jamptt
der jurisdietion über ſy. Hienäben namptten die vorermeltten altten
castra fläcken ober jtett ome zügehörige oder vnderworffne landichafften,
wie zü unjeren zytten Santgallen und Mülhujen, und vil ftett in Tütt-
ſchen landen, die woll fry, aber one vnſſere landöverwalttüng, vnd deß—
halben ettwas minder geadttet find. Eh mirtt aber Turegum oder
Tigurum, Zürych, daß von altten zytten wie auch dijer zytt oppidum Ziürie
maximum oder civitas, ein baupttjtatt gemäjen, und noch ijt, castrum warmem,
genemptt von deßwegen, daß Züryh von Römeren von altterhar all
jegund gemeldt aller irer herrlichkeitt was beraubett. Vnd alljo rebt
darvon Florenicus inn der hiitori des läbens der jäligen martterer
Felicis vnd Regulae, vnd jpriht: Est locus insignis in fine cuius-
dam laci, ubi antiquissimum castrum, quod Thuregum vocatur,
existit. De quo etiam idem lacus vocabulum trahit. Daß it:
Eß ijt ein fürträffenlih und verrümptt ortt, zu ußgang eines feed, da
die vraltt jtatt, die Zürych heißt, ſtadt oder gelägen ift. Won welcher
auch der jee den namen empfacht, dann er heißet dev Zürychſee. Man
vertütjchet aber gemeinlich castrum ein Burg, da aber zü müflen iſt, »urg.
dag dak mwörtli Bürg jyn vriprüng vnd harfomen hatt von Burguͤn—
dieren, die namptend ire wonüngen fläden vnd jtett, alß Orosius züget
in fyner | historia lib. 7. cap. 32, Bürg. Dannen auch der theill
ires lands, zum theil im Ärgöw und Üdttland gelägen, welchs die
Burgünder yngenomen, inn Bürglunden genemptt worden.
Damitt ich aber widerumb kumme vff die ſchweren und blüttigen
frieg, io die Römer lange zytt wider die Allmannier gefürtt habend,
befind fih im jar Ehrifti vngefar 218 1, daß Aurel. Antoninus Ca-
racalla Römifcher feifer fich genemptt hatt Alemannicum, wie Aelius ‚Stwir
frien ber
Spartianus ſchrybtt, füglih daß er die Allmenner gejchlagen und über: Nine
wunden hatt. Allmenner.
Zü den zytten Gallieni 264 babend die Allmanier Galliam übel Gauienu:.
verhergtt, find darnad) auch zogen inn Italiam, wie Eutropius darvon
ſchribtt.
Am jar 2M hatt der keiſer Claudius vnfeer vom Gardſee (lacu giautius
Benaco) im Wald Lugano öberwünden und erihlagen der Allemannieren
off zmymall hündert tüjend, jchribtt Aurel, Victor.
Zu den zytten Valerii Probi vmb daß jar 283 find die Allmanz wrovus
nier gejhlagen am Näder. Vnd vngefar im jar 307 hatt Constan- Gonſtantins.
ı Richtiger 213,
14 *
212
tius, deß großen Constantini vatter, ein jchweren frieg gefürtt wider
die Allemenner, vnd iren vff ſechzig tujend erlegett by Langeres inn
Franckrych. Vnd by Windiſch der ftatt im Ärgöw vff dem Vorfeld,
auch ein große anzall erjchlagen. Daruff er den Rhynſtrom widerum
eroberett hatt, vnd die jtett jo von Allmennern vß hat des Römiſchen
namens zeritörtt warend, widerumb gebumwen. Domalen hatt er in dem
Turgömw Gaunodurum, die auch verhergtt, mwiderumb gebumen, vnd
Sonftang. nah ſynem namen genemptt Constantiam, Conſtantz. Er hatt auch
an dem Rhyn Spyr gebumwen vnd dahin jyn mütter Claudiam, keiſer
*» Claudii obge- | meltt3, dochtter, lajjen beitatten oder vergraben.
Julianus. Constantius der 2. vnd Julianus die keiſer, habend auch krieg ge—
fuͤrtt wider die Allemenner. Vnder Constantio ward der krieg ver—
richtt, deß ortts, der jetzund iſt Baßler gepietts. Aber Julianus ſchlug
ſy nitt wytt von Straßbuͤrg, und erlegtt iren vff dryſſig tujend.
—— Vnd diſer zytt habend die Allemenner könig geheptt, vnd ein
fs tünigrych. Rhenanus de rebus Germaniae ſchribtt auch hiervon lib. 1.
am 40, blatt und nachfolgenden.
Dalentimias Der feijer Valentinianus anno 374 befriegett die Allemenner auch
Gratianue, gewaltig und ſyn fun Gratianus erſchlüg iren vmb das jar Chriſti
380 vff die dryſſig tüjend vor Argentuaria, daß jegt Colmar genemptt
wirtt, ettlich achttens Horburg jyn !.
Inn dijen Eriegen habend jich die Allemenner yeder zytt irer vn—
fälen widerumb erholet, und habend nitt nachgelaflen, jonder wo vnd
wenn ſy gemögen, innjonder3 wenn die legionen hinwäg an andere ortt
ziehen müjjen, find jy den Römeren inn ire prouingen miderumb ge—
fallen, gebrönntt, zeritörtt vnd erihlagen, waß ſy gemögen. Daß nun
vil jtetten an den anſtöſſen Eojtett hatt, welche etwan von Römeren
widerumb find vffgebümen, etwan in ber äjchen biyben Ligen. Alljo
iſts auch gangen mitt der Allmennern jtetten und veitinen. Vnd dahar
fümptt es, daß wenig me der jtetten diſes lands vorhanden und im
wäjen jind, von denen man aber lijet inn probatis authoribus, daß ſy
in herrlichem wäſen geiyn find. Darzü man auch nod Hin und har
zeichen find, herrlicher gebümen vnnd jtetten. ZU dem ift dann auch
fummen, daß die Burgundier, Hünen, die Hüngari und andere rome
*. völder zi difem | jchaden volgender zytt auch geholfen habend.
I Argentaria oder Argentovaria, jet Arzenheim, unterhalb Breis
fab. (Pauly, Realencncl. 2. Aufl. I, 2. 1513.)
213
3) Wie und wenn die Allemanier ſich von dem Römifchen joch gar
abgeryſſen habind.
Alß aber der Mömer bofheitt erfültt, ir maaß vol, auch ires rychs
end von Gott bejtimptt und zylet, berzufummen waß, hubend an, an
allen ortten allerley ftryttbarer völderen inen in ire prouingen fallen, 2*
ja auch inn Italiam rücken vnd die ſtatt Rom ſelbs belägeren vnd Iprannp wat
plünderen nad deö herren wortt: Vae qui praedaris: nonne et ipse "grug-
praedaberis?! „Vnd mitt waß maaß ir anderen mäfjend, mitt der:
jelben maaß werdend dc andere auch widerumb mäfjen.“
Bnder regierung feifer Valentiniani im jar Chrijti ungefar 377 Burgundier.
fielend die Burgundier vff SO tujend ſtark, alt Orosius züget lib. 7
cap. 32 an Rhyn vnd in der Römer prouing Sequanam, eroberend die
ond liegend ſich inn iren nieder.
Vnder der regierung der feiferen Honorii vnd Arcadii im jar “ortbi.
Ehrifti 413 belägeret Rom der Göthen Fönig Allrych, gewann jy vnd
plünderet jy, wie Orosius eigentlich bejchrybt, welcher zu derjelben zytt
geläbtt hatt.
Bnder Valentiniano dem jüngeren anno domini 485 fiel der Wenven.
Menden fünig Genßrych in die ſtatt Nom vnd plünderet jy dermaſſen,
daß nütt da Öberblieb und fürtt vil volds mitt im hinwäg in Affricam.
Hievor im jar 441 zücht Atthila mitt einer vnjaglichen vile der Hünen.
Hünen vnd allerley kriegsvolks wider die Nömer vnd belägeret
Aquileiam. Demnach züchtt er von nüwem in der Römer prouingen
an den Rhyn vnd da dannen hinge inn Gall | iam, verhergtt alle wytt 10
ond breitt: ward aber von Römeren nitt wytt von Tſchaluͤn vff der
heid der Tſchampanien gejchlagen und abtryben. Da dan ein grojie
weltt vmbkam vff beiden jythen. Ettlich zellend Hundert tüjend vnd
fünff und fechzig tüujend man. Ettlich hündert tüjend und achzig tujend.
Pomponius Latus zellt zweymal bündert tujend. Im Hinyn ziehen —
vß Hungeren vnd Oſterrych inn Galliam zerſtörtt er die ſtatt Straß— ‚Nieren —
burg vnd waß fürnemmer ſtetten am Rhyn gelägen. Zog heruff bis —
an Burgundien, thatt ein große ſchlacht vff dem Melifeld, mitt wyth
von Augit ob Bajel, und überwand vnd jchlüg da Fünig Sigmunden
von Burgundien. Zerftörtt auch da herumb im Turgöw Ärgöw üchtt—
land wyth und breitt, waß da fürnemmer jtetten warend. Da hatt
Iyden mühen Windiſch, Baden, Zürich, Wintherdur Pfyn, Eonftank.
Vnd wie Atthila off der Tihampanien geichlagen ward im jar 454, m sitnen
alljo z0g Ddacer (Odacher) mitt den Tüttſchen hinyn inn Staliam, ev: ser Rom.
t Jes. 33, 1.
#
214
Ihlehtt und verdilget by Pavy (ad Ticinum) der Römeren beerzüg
anno 478, tribtt gar ab, die jich de3 keiſerthums vnderzugend (zuͤ Nom,
vnd nam Rom yn anno 480, vnd jatjt ſich dahin zum fünig und re:
giertt da 15 jar. Daß von der zytt an die hiſtori-ſchryber zellend die
Desolatio Jar desolationis, der Verlaſſung. Dann Mattheus Palmerius zellt
Koma in ſyner Chronica 330 jar von dannen biß vff das keiſerthumm Caroli
magni deß großen. Dan aller dijer zytt Fein römifcher keiſer oder
fünig gemäjen. ER warend woll feijer inn Drient zuͤ Gonitantinopel;
aber feine zü Nom inn Occident. Bnd nachdem der Gothen künig
Totilas im jar Chriſti 545 Nom gewann vnnd verbrannt ound zerftörtt,
ward ug Rom ein gar jchlechte vogtty gemachtt und fait zuhin gar da—
bin gerihtt. Daß alles jhandtt Gott Rom yn, vnd jtraft ſy nad
1. Iynem |.wortt mitt gerechtem gericht.
Dijes ynfalg der völferen vnd der jtatt Rom vndergangs geware—
tend die Allemanner, vnd fielend au inn der Römer prouingen, in
Sequanam, in Germaniam primam vnd andere, ryßend nider und ver:
branttend, war die Nömer lang widerumb hattend vffgebüwen, die wyll
ſy woll jahend, daß jy die Nömer allenthalben dermaßen getrentt vnd
Grewenliche angryffen wurdend, das jy inn Allemannia Fein Erieg füren mochttend,
ehörung. wie bievor, wen ſy abgefallen warend von Nömeren, offt geſchächen was.
Sy zerjtorttend auch der Nömeren veitinen, werinen ond ftett, dermaßen,
daß wen ſy glych hernach vnderſtanden hattend, die Allemenner widerum
zit befriegen, wenig vortheilg me fünden. Vnd iſt daß alles beihächen
in den 70. und 80. jaren, nah und nad, wie es ſich inen geſchicktt
hatt, und namlich vor dem, ee jy den Frieg gefürtt wider die fünig inn
Franckrych, Hildrychen und Ludwigen den 1., darvon hernach volgen
wirtt.
Die Aus Alfo nach vil erlydener muͤw vnd arbeitt, habend jich die Allmenner
ne onder der Römeren jo dannen geryken, und jind zü ir altten fryhaitt
rem namen kummen. Alſo babend auch die hieoben lands, und die dero Alleman-
nifhen pündtnüß gewäſen warend, und ji iren noh ſtyff hielttend, alt
die Tiguriner und Vindelicier, den Rhetiſchen namen hingeworffen vnd
den Allemannifchen behaltten. Vnd iſt hie zü wühen, daß under den
Heluetieren allein Tigurinus Pagus, das Türgöw vnd Zürichgöw by
den Allemannis biyben ift. Argöw Ücdttland und Waadt hattend ich
ſtoßen laßen zu der Sequanijchen prouing, alß bievor gejagtt ift, vnd
famend hiernach under Burgund, wurdend hernach auch under vil herren
zertheillt.
4) Wie und wenn die Allemannier under den gewaltt der königen inn
Franckrych kummen ſyend.
Nachdem die Allmannier das joch der Römeren von jnen geworffen
hattend vnd zi irer fryhaitt widerumb kümmen warend, gryffend ſy
wytt vnd breitt vmb ſich vnd zugend an ſich (alß erſt auch gemeldet
worden) der Römeren lüthe. Derglychen thattend auch die Franci (die
Frantzoſen) vnd hattend yngenommen Galliam Belgicam; zügend noch
wytter hinyn inn die innere Galliam. Vnd alß diſe beide völcker mitt
innemmen der Römiſchen prouintzen oder landen, träfenlich fürfuͤrendt,
entſas yn eins dei ander, es würde im filicht zü ſtarck, vnd under:
ſtuͤnde dan ye eins deß anderen herr zuͤ werden. Deßhalben könig
Hilderych, Clodouei oder Ludouici primi und magni vatter zuͤ krieg
mitt den Allmennern kam, daß diſe beide völcker einanderen öbel ſchädi—
getend vnd ſich mitt einanderen nitt betragen mochttend.
Vnd under Clodoveo der zuͤ rychßnen anhuͤb anno 485, rüſtend
ſich die Allemannier mitt höchſter machtt, vnd zügend anno Domini
499 dem Clodoveo inn ſyn land hinyn, biß neben Cöolen gen Tolbiach,
yetzund Zuͤlg!“ genemptt, und thattend da ein ſträngen jtrytt mitt den
Frantzoſen, inn welchem die Allemannier öberwündend; bald aber durch
anräffung Ehrilti von Clodoveo beſchächen, überwünden und gejchlagen
wurdend, vnd öberuß großen ſchaden empfiengend.
Auentinus im 3. buch am 295. blatt ſyner hiſtori nemptt die
zwen könig, jo den Allemannieren erjchlagen wurdend, Adelger vnd
Allrych oder Adelrych. Diien nemptt er ein fönig der Schwaben,
denyeni= | gen ein könig der Beyeren. Der brieff aber, den Dietrich)
von Bern, Theodorycus Ostgottorum rex, vß Italia an Fünig Lud—
wigen für die Allmannier jchreib, gedendt nun eines königs: „Memo-
rabilis triumphus, ait, est, Alemannum acerrimum sic expavisse,
ut tibi eum cogas de uitae munere supplicare. Suffieiat illum
regem cum gentis cecidisse superbia. Sufficiat innumerabilem na-
tionem partim ferro, partim servitio subjugatam ete.“ — Ex Cas-
siodori variis. Dann fönig Diettrych vermanet den könig Ludwigen,
daß er ſynen fig, an den Allmennern erlangtt, gnädig welle gebrüchen
vnd nitt wyther wider ſy mwütten alß wider die öberwündnen.
Nhenanus im 2. buch Germaniae am 83. blatt jchrybtt hiervon
alßo: „Alemannos fatigatos fortuna destituit, terga vertunt et in-
numera millia a Francis oceidione oceiduntur. Eo die ceecidit
I Die Stätte dieſer Entfcheidungsichlacht ift befanntlidh controvere, Siebe
Stälin, wirtemb, Geh. I, 148 f.
Die Au:
menner vnd
Frantzoſen
wurdent
find.
Ati Tuba
13.
Die Als
mennier
übermunber
von
Frantzoſen.
Die Tuͤt⸗
ſchen inn
die knecht—
ſchafft ge⸗
drüngen.
Hertzog
über die
Allmenner
geſeht.
14.
216
uniuersa gloria et libertas Allemannorum. Neque non destitit
vietor persequi quam late patet nomen Alemannicum: non solum
Germaniam primam, cum Elcebensi tractu parteque maxima Se-
quanorum, sed etiam trajecto Rheno ueterem Alemanniam et trans
Danubium Rhetiam primam penetrans, nec unquam conquiescens,
donec partim ferro, partim seruitute, totam Alemannorum gentem
perdomuisset. Quae Francorum incredibilis saeuitia fecit, ut ali-
qua multi ex Alemannis trans Alpes ad Theodorycum Ostgottho-
rum regem perfugerent. Quos ille tuendos suscipiens epistolam
deprecatoriam scripsit ad Ludouicum Francum, ut supra dic-
tum est.“
Inn waß itand aber Allemannia gerichtet jye nad obgemeltter
verlorner ſchlachtt, erzeltt vilfalttig obgemeltter her Rhyner im jelbigen
buch am S4. und 85. blatt. Inn summa, gang Allemannia ward be:
berichett und vndergetrucktt vonder die knechttſchafft. Beherſchett aber
von königen vß Franckrych die inen vffiaßten regenten, namlich herkogen.
Dann die Allemenner habend ihren namen nitt verloren, jonder behalt-
ten | vnd iſt genemptt worden das herzogtum Allemannia, obglych mwoll
etwan die regentten darüber Fönig gewäſen wie Ludouicus Germani-
cus, welcher könig vnd keiſer Ludwigen dei eriten, Pius zügenamptt,
jun waß. VBnd grad derjelbig züget inn ſynem jtifftbrieff, der vngefar
geben ift im jar 837, zwaren im 20. jar ſynes rychs dem ftifft Zürych
Zürns im zum Frowenmünſter gegeben, daß Zürych derjelben zytt noch im Tur—
Zurgöw,
pergogtbum göw vnd herkogthum der Allmenneren, wie aud Vry gelägen. Dann
Allemannia
gelägen.
jyne wortt luthend aljo: „Donamus curtim nostram Thuregum in
ducatu Alemanico, in pago Thurgauiensi cum omnibus adjacentiis
uel aspicientiis ejus, seu in diversis functionibus, id est, pagellum
Vroniae cum ecclesiis, domibus etc.“ Und im anderen injtrument,
daß der jelbig Fönig Ludwig im 26. jar jynes rychs demielben jtifft
zum Frowenmünſter geben hat, jtatt alljo: Donamus monasterio et
dilectae filiae Hiltigardi curtim, quae vocatur Chama, in ducatu
Allemannico in pago Turgaviensi cum omnibus adjacentiis. So
bejtättiget Carolus Crassus, gedadıtts künig Ludwigen jün, ſynes
vatters jtifftung vnd des jtifftS fiyheitten vnd jagtt inn jynem brieff,
da3 Elojter jye gebümwen Züryh in dem Zürychgöw. Daß datum bes
brieffs iſt zuͤ Vlm im 3. jar ſynes rychs anno 883. BR welchen
allem gütt zü veritan ijt, daß daß Zürychgöw nod) der zytt wie vor—
malen zit altten zythen, alß oben zeigt, in dem Turgöw gelägen, und
ſy beide in ducatu Allemannico, in dem Allmennijchen hertzogtum.
Daß auch der zytt vnd under dem könig inn Franckrych der Alleman:
niih namen überbiyben, und die völder jo darunder vormalß gehörtt
217
auch gegen den 900 jaren under den Frankojen Allemenner vnd daß
bergogtum der Allmenneren genemptt worden iſt. Vnd der ſtifftbrieff
der filchen zü Zucern, der ongefar geben iſt anno 700, gebendt | Ru-
perti, der genemptt wirtt dux militum regis Ludouiei, welches ge:
meinlich verftanden wirtt, daß ermeltter herkog Ruprecht, der daß
münjter Zürych, daß man daß groß nemptt, vffgebumwen hatt, der Al:
manniſch oder der Schwaben herkog gewäjen ſye. Göllicher geitaltt,
wie da oben gejagtt worden, daß allein Zürych jamptt dem Turgöw
vnd alle waß dazü hörtt, ſich inn pündtnuͤs zü den Allemannieren be:
gaben und verpflicht, und allein by den Allemaniern verharret, dorum es
auch under daß Herzogtum Allemannia gezellt wirtt. Dagegen die an—
deren pagi, Argöw, Üdttland, vnd die Waadt jequanifch worden, vnd
bernah von den Burgundiern Yngenommen vnd burgundiſch morden
ſyend. Alſſo zügend aud die altten brieff zu Mury, zü Solenthurn,
zuͤ Bätterlingen ond zuü Lojannen, daß vorerzeltte pagi, Argöw, Üdtt-
land und Waadt, inn Burgundien gelägen. Dan berkog Berchtold
von Zäringen, der Bern gebümen hatt im jar Ehrifti 1191, der ließ
ein injtrument ſchryben, zuͤ guͤtem dem frowenmünjter Züryd, darinn
jtadt jyn titel alfo: Berchtoldus dux Zaringiae, Dei et imperatorum
ac regum dono judex constitutus et aduocatus, qui vulgo Kast-
vogt dieitur, id est: in omne Thuregum imperialem jurisdictio-
nem tenens. Unden am brieff jtabt aljo: Actum in Burgundia in
castello Burgdorf. Anno domini 1210, anno domini Otthonis im-
perii primo. Vnd vmb daß figel ſtadt gejhriben: Berchtoldus dux
de Zeringen et Rector Burgundiae. Burgundia hatt ji junjt vil
wyther erjtrect, dan nuͤn durch die vilvermelden 3 pagos, welchs allein
daß minder Bürgundien genemptt worden. Burgundia aber überall ijt
ein herrlih groß fürſtenthumb oder königrych gewäſen, daß vil fürnem—
men fönig ge: | beppt hatt, wie andere mwyttleuffig beichryben habend.
Sit aber auch vonder die Frantzoſen oder Franckrychiſche könig kummen
ond von jelbigen vermwaltten ob 130 jaren. Aber zü den zytten des
feijer8 Conradi II ftarb der letſte Burgundiſch könig Nodolff anno
1032, der ſchicktt ſyn kron dem keiſer. Daruff zerfiell und zertheiltt
ih Burgundt. Dan ein theil ward von Frantzoſen yngenommen, all
daß Hohburgundien, und ein theil aber gefiell an dad rych. Wir ferend
aber widerumb zu dem Allemannijchen fürjtentbumb.
15.
Daß Argöm,
üdtland
vnd bie
Waadt inn
Buraunbia
gelägen.
Ottho 4.
Buraunbi
an daß rych
218
5) Von dem erften herkogen und allen anderen, den nadvolgenden der
Allemanniern, fo von den Römifchen keiferen gefehet find, vnd von
herogen zu Schwaben.
Wie nun bisher die regierung oder verwaltung des fürſtenthuͤmbs
und königrychs Allemannia inn dem gwaltt geitanden der fönigen von
Franckrych, der Merouingern vnd Garolinern, aljo it könig Ludwig
der 3. keiſer Arnolfi fün, der letite fönig von Garolinern har, der über
Tüttſchland regiertt hatt. Der jtarb im Chrijtmonatt deß 911 jar,
ettliche zellend 912 jar. Vnd hatt feine Finder hinder im verlaßen.
Die Sin Derjelben zytt durchitreiften die Hunger, ein lajterhaffts, gruſamm
Tärihlone. volck, Peyern, Saren vnd Tüttjchland, branttend, raubttend vnd er:
würgttend, waß ſy mochttend, mitt großem der landen jamer, daß inen
nitt fait gemertt ward, onet daß jy die Hunger, am On (Inn) dem
fluß, von Tüttihen vnd Peyern ettwaß geihlagen und abtryben wurdend,
”. im jar Chriſti 913. Vnd grad im jelben jar würdend die | Tüttjchen
rädtig, daß jy einen eigenen fönig ermöllen vnd haben mölttend, der
— inen rähnüng hette, vnd wider allerley ynfällen ſy rettete und ſchirmptte,
fünig. vnd erwalttend zit Frideßlar Conradten, des namens den 1., hertzogen
zu Franden, landgrauen zuͤ Hefien, und inn der Wederom. Vnd wie:
woll er inn Staliam nit zoch, inn Stalia nütt hatt, dann dajelb3 könig
Beringer 2 regiertt, auch zü Mom nitt befröntt ward, nütt deitweniger
nemptt vnd jchrybtt er jich ein Römiſchen könig. Wiewoll nün ettliche
fürften wider in mwarend, hüldernd im doch Dftfrandryh, Peyeren,
Alemannia, vnd er regiertt achthalb jar. Vnd im 916 jar ward er
bewegtt, einen hergogen zü jegen über Allemanniam, damitt er daßelb
land deiter bat behaltten vud ſchirmen möchtte. Darkü emwalltt er
beten Burdartten]
alß den ebliiten und nahmhaffteiten Allemannijchen landtherren. Der
waß ein graff von Buchhorn, landtgraff inn dem Lintzgöw, vnd oberen
Turgöw, herr in dem Rhyngöw inn Nhetia, biß hinvff an die Ranquartt,
diejen ordnet könig Conradt öber Allemanniam zum hergogen, jyn läben
lang zu lähen, daß er in aljo ſynen fönig und herrn erfandtte und nitt
erblich beſäße.
Dijen tittel hergog der Allemaunieren Hat herkog Burckhartt ge
Bakı zum bruchtt, wie bald volgen wirtt in einem inftrument, daß er dem frawen:
ren münfter Zůrych geben hatt. Hienäben aber ward er auch genemptt
ae An hertzog zu Schwaben, dann Schwaben enet dem Rhyn vnd Boden»
bört von
alter har. ee, bis hinab an die Mayn, alß obuermelt, glych wie aud daß gank
pagus Tigu- | rinus oder Turgöw, hie dyjet Rhyns und Bodenſees, inn
Gallia wie auch die Baſſler und ein gütter theyll Rhetiae, und Vinde—
licie, zU dem königrych oder furſtenthumm Allemanniae, von altter har
gehörtt. Vnd iſt aber bie auch daß zu wüßen, daß dijes herzogthümm
Alemannia mitt der zytt von feiferen vnd junjt gejchweineret worden
18.
iit, daß es hernach nitt me wie zü hertzogs Burdartt3 zythen jo groß Das her—
ond mächtig gewäjen und alle die domalen darunter gehörtt hernad im dudnent.
auch ſyend zugethan und underwürffig geweßt. Dann alt grafi Robolffen
von Rhynfelden hernach wie volgen wirtt, daß hertzogthumm Allemannia
verlihen ward, vnd er ji undandbarlich keiſer Heinrychen dem 4.
widerſatzt, daß der keiſer daß fürſtenthumm Allemannia verleih dem fry:
herrn Fryderychen von hohen Stauffen, behieltt mitt gmwaltt Rodolffus
ein theil des fürſtenthumms, innjonder8 waß an der linggen jythen des
Rhyns ligtt, dag Frickgöw, auch enthalb Rhyns, vil aud im Bryßgöw.
Dann dab alles verlieg Rodolffus jynem dochtterman margraffen
Berhtolden von Zäringen anno 1079. So verlyhend aucd andere
feifer anderen fürjten ond Herren von der landtichaft des herzogthumms
Alemannia, vnd fryedend die abgetheiltten dag es zeritucet und fait
geminderet wardt, alß daß auch Bajel von Allemannia under daß rych
zogen worden. tem daß keiſer Heinrich 4. erjtgemelttem von Zäringen Bajeı vnd
uürych zum
in zu begüttigen die vogtthy Züryh von Schwaben abgejünderet, zum ae
ıyc gezogen und dannen dem von Zäringen zu lähen verlyhen. Dannen
har nach jömlichem abbruch die fürjten zü Schwaben den Allemannijchen
tittel fallen lajjen vnd habend jih allein genemptt vnd geichryben
bergogen zuͤ Schwaben, | diewill inen allein biyben ijt daß land zü
Schwaben, ligend zmüjhen dem Rhyn, Bodenjee und der Thuͤnow.
Züryd aber und day Thurgöw iſt inn deren von Zäringen ver:
walttung biyben bi zu des letiten abiterben, vngefar im jar Ghrifti "
Schwaben.
1218, vnd demnad widerumb an daß rych gefallen, wie e8 auch vor
dem rych zigethan vnd von dem herkogthfum Schwaben abgefünderet
waß. Vnd alß bievor verjtanden, it der von Zäringen allein Fajtvogtt
(welche? mertheilß antrifft die jtifft und gottöhüjer, wie woll auch mitthin
zuͤ alß obuermeltt ev gheptt hatt in omne Thuregum imperialem
potestatem vber jtatt und lan) geweſen, daß aljo Zürych auch under
im nütt det minder vonder dem rych geiyn, alß deße lähen vom rych
har gelangtt. Darumb alßo hernach hertzog Conradin zi Schwaben
Züryd anlangtt, alt daß dem herzogthumm Schwaben underwürffig und
nit fry were under dem rych, gab könig Rychartt (von welchem Aventinus
ſchrybtt in jyner historia lib. 7 fol. 896) dijen jenteng: Conradinus
in cives nostros T'huricenses in nostro et imperii gremio speciali
eollocatos, nee ad ducatum Sueuiae, sed ad imperium prout sta-
zogen.
19.
ũrych
ört nit
vnder
220
biliuit antiquitas, et modernitas approbauit, immediate spectantes,
tamquam subessent memorato ducatui, proscriptionis sententiam
promulgauit etc. Nos ergo ad cautelam iisdem eiuibus, praedictam
proscriptionis sententiam authoritate regia et plenitudine potestatis
nostrae denunciamus, omnino esse nullam. Datum Hagnow 20. die
Nouemb,., indiet. 6. anno Domini 1262, regni nostri anno 6. nd
jo vil jye von dem gejagtt, daß nach dem die Römiſchen könig und keiſer
vil gezogen von dem Allemannijchen herkogthumb, und auch vil fünft
2. darvon kummen iſt, die füriten des | vilgenemptten hertzogthums nitt me
Allemannijche, jonder allein her&ogen zü Schwaben ſich genemptt habend.
Vnd kümmend jegund wideruͤmb vff herkog Burdartten ben erjten von
feijeren gejeßt, vnd off alle ym nadfolgende herkogen der Allemennern
und Schwaben.
u Hertzog Burdhartt zü Alemannia hatt regiertt woll und Loblich
ob 10 jaren. Syne mißgünjtigen habend jm zügelegtt, er habe tyranniſch
regiertt. Da ſich aber im gründe anders befind, und daß die ſömlichs
von jm vßgebend, darum vßgebend, daß er von ampttswegen gethan,
da inen mißfellig. Inn dijer jyner vegierung begab es ji, daß könig
Nodolff von Burgund im jar Ghrijti 919 alß ein müttwilliger fürjt,
der vnnöthige krieg anhuͤb vnd ſyn land vnd berligfeitt wyther hinvß
machen woltt, dan im aber zuͤgehortt, mitt höres krafft über die Rüß
zog vnd in daß Thurgöw fiel, daß mitt dem ſchwertt vnder ſich zu
bringen. Er waß ſchon yetzund für Zürych hinuß. Darhalb verſamlet
hertzog Burckartt all ſyn Allemanniſche machtt vnd zog vnverzagtt könig
erben Burs Nodolffen engägen. Vnd alt bede hör züjamen ftießend, vnfeer von
„iind den Wintherdur im Thurgöw, jtündend jy an einanderen mitt einer ftarfen
beif don vnd grüjammen ſchlachtt, inn welcher hertzog Burdartt den fig gewan
ver Bintte ond die Burgundier widerumb Hinder jich zürug öber die Rüß hinüß
jagtt. .
Vnd mwiewoll der namen Burckardi vor bijem fig groß und woll—
geachtt was, ward er doch hernach noch größer und höcher, alß aud
könig Rodolff von Burgund, der bißhar fechtt mit jm geheptt, vmb
ſyn dochtter Bertham warb, die jm auch vermählet ward. Bilermeltter
21. ber&og | Burdartt befleig ſich aud nad erlangttem fig, daß er jeber-
man inn ſynem fürftentbumb gütt gerichtt vnd rächtt hieltte, und die
jo ein zytt bar umb daß iren fumen vnd entſatzt, widerum zu dem
iren fumen vnd yngſetzt möchttend werden. Und dahin dienet yetzund
dag inftrument dee ich Hievor gedachtt, vnd dem frowenmunfter Zürych
geben, dei datum: Sereniss. regis Heinrici anno 5, anno domini
was 924. und allßo Iuthet: In nomine sanctae et individuae trinitatis,
“ine. Purchardus divina annuente gratia dux Allemannorum, omnibus
221
manifestum esse populis uolumus, quod ab eo die sicut Deus
omnipotens super nos magnam suam ostendit misericordiam et
omnia in istis locis consistentia bona omnesque nostros inimicos
in nostram subiecit potestatem, templis domini illisque servientibus
in quantum potuimus, magis cupientes, ut illorum haberent recti-
tudinem, quam ullam inquietudinem. Vnde a nostris diligenter
sciscitabamur, qualiter moniales in isto loco (Thurego) Domino
famulantes viverent et cuius modi haberent annonam. Isti osten-
debant, se non habere sicut Ludovicus et filii ejus concesserunt.
Nos ergo cum licentia Heinrychi regis, jussimus, ut haberent
illa sua.
Eß iſt off dem Schloß Kyburg ein altte tafel, in deren der grauen
von Kyburg und innjonderd ſant Vlrychen biſchoffs zu Augßpurg und
grauen zu Dillingen und Kyburg geſchlechtt oder jtamm flyßig ver:
zeichnet ift. Vnd vonder anderem wirtt gemeldet daß hertzog Burdartt Hepe
zu Schwaben zü jyner hußfrowen geheptt habe ein gefürjtin gräuin von St —**
Feringen vnd Nellenburg, by derſelben habe er geheptt ein dochtter, hr Ipurg
Diettburg genamptt, die jye vermählett worden dem graff Lupolden ai
Kyburg, Dillingen und Wittiflingen, welcher hernad zu Frandfurtt in
der fylchen in ſynem gebätt unverjähenlich von einem tauben man jye
erftohen mworden. ER jyend aber dije zwey eegemächt, graff Lupold
ond ſyn fürftin Diett- | purg fantt Vlrichen, der hernach bifchoff zü *-
Augspurg was vnd da 30 jar regiertt, eltteren gemejen. Darumb
hertzog Burdartt jant Blrychs großvatter von der mütter har ge-
weſen iit.
Difer herrlich fürft hertzog Burdartt ward von ſynem dochtter—
mann könig Rodolffen von Burgundien beredt, daß er mit jm hinyn
zog inn Staliam. Wie er aber Hynyn kam gen Lywery!, ward er durch
anjtifftten Lamprechtten de biſchoffs zu Meyland gächlingen und vn-
verjächenlich überfallen und erſchlagen. Daß beſchach 29 Aprilis im
jar Chriſti 926,
Nah abjterben herkog Burdartten verleih keiſer Heinrych, der
erjt ded namens, der an bad rych fummen waß, anno 920 daß Alle:
manniſch hertzogthumb
Hermann J.
Der waß ein fürſt zu Francken, landgraff zu Heſſen vnd in der
Wederow, ond vermächlet jm keiſer Heinrych „Regilindam“, hertzog
ı Iprea, vgl. das Nähere „über das tragiſche Ende bes Herzogs” bei Stälin
1, 434.
222
Burdartten fäligen wittwen. Vnd alß er 22 jar regiertt hatt, ſtarb
er 10. Detember im jar Chriſti 948.
Keifer Ottho, dei namens der erit, vnd der groß zugenamptt, fam
an dab rych anno 938, der ſatzt iynen jun in daß Allemannijch her—
zogthumm
Lütolffen I
— Der nam iſt tüttſch Lüthhülff, vnd heißt einen, der den lüthen
„gefölagen bilfft. Der waß ein hertzog zu Saren, Otthonis al obgemeltt, jun.
ben Syn vatter Ottho ſchlüg die Hunger am Läch, mitt unerhörtter, ſchwerer
ond blüttiger ſchlacht. Dann er vertilgett jy gang vnd gar anno
2». Domini 955, daß jy inn dife | land heruff nitt me famend, Syn jun
aber Luthhulff zog hinyn in Staliam mitt der Allemenneren oder
Tütihen macht und überwand da inn einem ftrytt Adelberthen Königs
Berengarii jün. Starb aber auch bejjelben jars 957 in Stalia, 6. Sept.
Am waß vermächlet hertzog Hermans dochtter obgemeldt. Aber feijer
Dttho verleih daß berkogthumm
Burdartten II.
Der waß des erjten vnd verrümptten herkog Burdartten vnd
Regilinde eheliher fün, ward fait altt. Zog auch inn Staliam, er:
legett dem keiſer ſyne Ayend vnd bradtt jy zur gehorjamme. Er regiertt
by 16 jaren, jtarb 12. Novembris im jar Chrifti 973 vnd ward be-
graben in der Nycenom ?. aber keiſer Ottho der 2. dei namens, dei
großen jün, der in daß keiſerthumm kam anno 974, verleih daß Alle:
mannijch hertzogthumb
Othen J.
Der waß ſynes brüders, namlich hertzog Luthhulffen des 3. her—
tzogen der Allmenneren jün, vnd als er 9 jar regiert hatt, ſtarb er im
jar Ghrifti 982. Keiſer Dttho aber der 2. verleih Allemanniam
Gonraden 1.
Waß ſtammenß dijer herkog geweſen, hab ih nit funden. Er
hatt aber regiertt 15 jar vnd ijt gejtorben 20. Augujti anno 997.
Keijer Ottho 3 Fam an das her&ogthum: im jar Chrilti 984 und ver:
leid Allemanniam
! Die Gemahlin Burckhard's II war bie gelebrte Hedwig, Tochter Heinrich’e
von Baiern und Nichte Dtto’s des Großen.
223
Hermann II.
Difer herkog Herman widerſatſt ſich keiſer Heinrychen dem 2.
vß Beyern, welcher an daß rych fam nad) keiſer Dttho anno | domini
1003. Dann nad dem tod Otthonis dem 3. nam hertzog Heinrych vß
Beyern die fron und ceptter zu fi, die hatte aber herkog Herman 2.
lieber ſelbs geheptt. Der feifer aber bezwang jn, daß er im müßt
hülden. Diefer keifer Heinrych, der auch Claudus zugenamptt, it her—
nad für heilig gehaltten, vnd genemptt jant feier Heinrych. Alß aber
bergog Hermann 2. regiertt hatt 7 jar, ſtarb er 4. Maii im jar
Ehrijti 1004, und feifer Heinrych der 2. verleih dab hertzogthumm
i Hermann II.
Der waß dei erſtbenampßten Herrman II jün, ond kam fajt jung
an daß herkogthumm Allemannie. Megiertt 8 jar vnd jtarb am
1. Aprilis im 1012 jar. Vnd feier Heinrych verleih Allemanniam
Erniten I.
Der waß margraff Adelbertts brüder, mütter halb, regiertt nur
3 jar. Dan er wardt off dem gejegtt mit einem pfyll von Adelberone
erihoßen im jar Ehrifti 1015. Vnd feier Heynrych 2. verleih daß
Allemanniſche herkogthumm
Erniten II
Der waß dei vorbenamptten hergog Erniten eltijter jün, welcher al
er regiertt hatt by 15 jaren, widerſatſt er fich Feifer Conraden II., her:
Bogen zu Francken, da er an! daß ryd nad keiſer Heinrychen II. kumen
was anno 1025, vnd waß aber der Feier ſyn jtüffvatterr. Darumb
entjatjt der feiler Erniten ſynes hertzogthumbs von wegen jyner vn—
gehorjamme vnd jatit den anderen jynen ftüffjun zum Allemannijchen
fürjten.
Hermann IV.
Der waß dei abgejätiten yetz vermeltten hertzogen Iyblicher brüder.
Der entjetft brüder aber verjamlet ein hör, dei halff jm graff Wernherr
von Kybürg und belägerttend mitt einander Falkenſtein off dem Schwartz—
wald. Dargegen bejamlet graff Mangold von Nellenburg von def
feijer3 gebott wegen auch ein ſtarcken zug. Vnd vff dem 17. Augufti
ı Falfenjtein bei Schramberg. Stälin 1, 4822.
24.
Keiſer
Heinrych
vfß Beyern,
der heilig.
25.
Die ſhlacht
vor Walz
denfteim ,
inn beren
fürnemme
berren vmb⸗
famenb.
Gyſela
keiſerin.
26.
Helvetia
wideruͤmb
ſamen
tummen.
224
gryffend beide hör vor Falkenſtein einanderen an vnd thattend mitt ein—
anderen ein grujamme ſchlachtt, in welcher gar vil volds umblam und
blybend da vfj der wallſtatt, hertzog Ernſt der II. und abgejetit, graff
Mangold von Nellenburg und graff Wernherr von Kyburg. Ali aber
hergog Herman IV. mitt jynen jtüffvater Gonrado II. ein zug thatt
in Italiam, jtarb er daſelbs. Darvon Hermannus Contractus inn
ſyner Ehronica gejhrieben 5 Calend. Augufti (28. Julii): Hermannus
dux in Italia una cum multis aliis obiit, anno 1038. Vnd keiſer
Eonradt jatjt zum Allemannijchen hertzogen ſynen jün
Heinriden J.
Difen hatt keiſer Conradt by Gyjela jynem gemachel geheptt. Diſe
Gyſela aber feifer Heinrychen II. des von Beyeren ſchwäſter, von
Caroli magni jtammen, waß anfangs vermehlett hertzog Erniten I.,
der vff dem gejegtt erichoßen ward, wie hievor gemeldett worden. Vnd
by demjelben gebar jy zwen jün, die vor genamptten hertzogen Erniten II.
vnd Hermann IV. Demnad ward jy vermächlet Feifer Conradten, by dem
ſy hatt herkog Heinrychen den I., melden der vatter im jar Ehrifti
1028 zum Römiſchen Fönig gemachett hatt, | yegund aber nad) abjterben
hertzog Hermans im vndergeben beide rych Burgundi und Allemannia.
Daß aljo die gang Heluetia, hie dijet und enet der Rüß, under ein
beherihung famm und mwiderumb wie von ettwan vereiniget ward, doc
nit lang bleib. Vnd alg er Allemanniam regiertt hatt 7 jar und yetz—
und feifer worden was im jar Chrijti 1040, übergab er daß herkog:
thum Allemanniam zu Goßlar inn Saren in der Oſterwuchen
Otthen dem II.,
Pfallenggrauen vB Beyern von Wietlispah, vnd beihadh ſömlichs
vor allen fürften dei 1045 jard. Er regiertt nun 2 jar vnd ettlid
monet vnd jtarb im jar Chriſti 1047. Am nadvolgenden jar aber
1048 kamm keiſer Heinrych vorbemeld der III. und Niger der Schwark
zugenamptt, vff einen Nychstag gen Vlm, da fatit er über Altemanniam
Dtthen den III,
ein margrauen von Schmwynfurtt, vß Francken, der jtarb im 1057 jar.
Es fiel auch daß abjterben keiſer Heinrychen des III. in dasſelbig
jar, vnd fiell daß keiſerthumm an Heinrychen IV. der domalen nod)
ein Find was. Darumb die regierung ettwas zytts im gmwallt der Feiferin
Agnefjen jtünd. Die vermächlet Feijer Heinrychs III. und ire dochtter
Mectild, die Heinrychen IV. jchweiter was, einem fürnemmen grauen
225
von Rhynfelden, und verleih auch demjelben da Allemannijch herkog:
thum, der hie
Rodolffus I.
Aber from Mechthild geläptt nitt lenger by diſem Herkog Robolffen Der graf
von Rbyn—
dan nun ein jar, vnd ftarb ab. Rodolffus aber miderjatjt fih vn— er
billih, und vndankbarlich ſynem fürjten vnd | fchwager Feifer Hein 2,
ruhen IV., wie anderswo gejagtt it. Der keiſer aber bejchreib ein
rychſtag, vff demjelben ſatſt er ab vom Allemannijchen herzogthumb
Nobolffen, der fih Taken vff werfen zum aberfönig wider Sein:
rychen den IV., der jatjt mitt willen der fürften über Allemanniam im
jar 1080
Srideryden J.
Der waß ein fryherr von Hocenftauffen, daß zwüſchen Wurms und
Spyr ligtt, vnd gar ein dapfferer vnd verrümptter herr. Dem ver:
mädlet Heinrych IV. jyn dochtter Agnejen, welche von Vrſpengen
genemptt wird Adelheitt. Er Halff gar redlich vnd trümlich Feifer
Heinrychen wider hertzog Rodolffen vnd vegiertt 26 jar vnd ftarb
im jar Chriſti 1105. Im jar 1081 vnberjtund Berchtold von Zä—
ringen daß fürftentfumb Allemannien, die wyll es von feifer Hein:
rohen dem III. denen von Zäringen verheißen was, mitt gmwaltt yn—
ziinemmen. Aber der von Hocenftauffen, dem daß lächen von Hein:
rychen IV. zuͤgeſteltt was, erwartt jms mitt gewaltt. Doch mitt ber
zytt verleih der Teiler dem von Zäringen die vogtty Zürych, jn hiemitt
zü begüttigen, alß auch Hievor gejagtt ift. Der erftgenemptt von Zä—
ringen behieltt aud ein gütten theill, der jm von jynem ſchwächer, könig
Robolffen worden waß, alß auch da oben gemeldet worden. Dardurch
waß dem Allemannifhen hertzogthummb jo vil abgangen, daß die her:
tzogen ji fürohin namptten allein
hertzogen zü Schwaben.
Sömlich Läöhen fiel nach herkog Friedrychen tod an
Fridrychen D. Itydervq
ber eindugg.
Der waß Friderychen I. jün vnd ward genemptt ber ein-dugg. ==.
Der iſt der ander geſyn inn der zall der hertzogen zuͤ Schwaben, welche
herab kammend von dem vilgemeltten fryherrn zuͤ Stauffen, Friderychen,
welcher iſt die wuͤrtz diſer herrlicher Fürſten. Friderych regiertt daß
Archiv. XII. 15
toberich
arbarofia.
226
hertzogthum Schwaben 34 jar und jtarb 1139, demnach fam daß ber:
tzogthumm vff
Fridrychen IIL
Der waß Friedrychen des einöuggen fün vnd iſt difer Friderych der,
der junjt heißt Barbarossa, Nottbartt, der hernach auch keiſer ward
ond Friderych der erjt genemptt wardt. Zu bijer zytt waß am keiſer—
thumm Conradt der III. im jar Chrifti zum keiſer gefetjt 1138, Fri:
deryd aber ward nad) Conrado feier anno 1152. und alß er 13 jar
daß hertzogthumm Schwaben regiertt hatt ordnet er ſynen vetteren zum
hertzogen
Friderychen IV.
Der waß Friedrychen des III. Barbarosse vatters bruder, könig
Conrads jün regiertt 15 jar und ſtarb. Der keiſer aber Friderych
verleih da3 hertzogthumm Schwaben ſynem fün
Friderychen V.
Bon dijem zügend die Hiftorien, daß er inn ber reyß wider die Sara:
cener zu Ptolemaida, yeß Acron genemptt von ungleübigen jye erjchlagen
worden. Andere jchrybend allein daß er da gejtorben jye im jar
1192, alt jyn vatter Eeijer Fridrych hievor im jar 1189 aud) dainnen im
land an den vngleübigen biyben mad. Vff keiſer Friderychen III.
Barbarossam fam an das feijertfum Barbarosse jün, Heinrych der VI.
im jar 1190. Der verleib Schwaben
Gonradten II.
Der waß Barbarosse jün ond Heinrychen VI. brüber welder im
fürnam, bertog Berchtolden von Zäringen zu befriegen. Er ftarb aber
in der jtatt Durlach und endet damitt der angeheptt krieg. Ettlich möllend
nun fagen, er ſye gar ein vnverjchamptter verhürtter man geweßt und
in dem eebruch erjtochen, al3 er 6 jar regiertt hatt. Aber keiſer Hein:
rych der VI. fatjt jynen brüder über Schwaben
Bhilippen I.
Dijer Philippug ward aud) Feijer, grad der zytt, alß er herkog zu
Schwaben gejetjt ward. Der anfang ſynes keiſerthumms ijt daß jar 1198.
Er regiertt im keiſerthumm 10 jar, und wardt erjtodhen von pfalggraff
227
Dtthen von Wiettlispad) 1207. Hie find ih nun dem andere hertzogen
zu Schwaben, onet
Fryderychen VI.
Der warb feijer Heinrychen VI. erboren im jar 1196 vnd verſchuͤff
der keiſer, daR die fürjten jn, alß er noch ein find waß zum Fönig ans
nammend. Doch kam er erit an daß Feifertfumm nach Dtthone IV.
alß er 16 jerig was, anno domini 1212. Er ward genemptt Fri—
derych II., namlich im feifertfüm, funjt was er der VI. dei namens
im hertzogthum Schwaben, welches er verleih jynem fün
Gonrabten IIL,
welcher au zum Römiſchen könig erwöllt ward anno domini 1250.
Er regiertt 4 jar, ftarb im jar 1253 vnd hatt kinder im verlafjen einen
jün, geboren vß einer herkogin zu Beyeren. Vnd der ijt der letſt her=
bog zü Schwas | ben geweſen von dijem jtammen,
Gonradinu3.
Dijer Conradin wardt enthaupttet im jar 1268, wie anderswo wytt:
leüffig erzeltt worden. Nah diſem Conradin find feine herkogen zuͤ
Schwaben me worden, dann die graff Rodolff von Habspurg ges
ordnett hatt.
Rodolfjus ward Nömijcher fönig vß einem grauen, anno domini
1273. Der hatt die beide fürſtenthum Oſterrych und Schwaben zum
rych gekogen und vermögen, daß Diterrych gelyhen worden ſynem eltteren
jün Albredtten, und Schwaben jynem anderen jün
Rodolffen IL,
welder jtarb vnd verließ einen jün Hinder jm, graff Johanſen von
Habspurg. Den bevogttet Albrechtt ſynes vatters brüder, der hernach
auch römiſcher König vff Ndolffen ward. Alß aber graff Hann zu
iynen tagen kamm zü ben 20 jaren, vnd Albrechtt jm das fyn vor—
bieltt, erjtad er jn, an der Rüß, zu Königsfelden und z0g Schwaben
an fi.
Lüpoldt J.
Der waß könig Albrechtts der eltiſt ſuͤn, der auch krieg fuͤrtt wider
die todſchleger ſynes vatters. Mitt der zytt iſt Schwaben zertheiltt
worden, daß es fein hertzogthum me iſt. Ein theill iſt worden ben
15 *
Graff Ro:
bolff von
Habepurg.
228
fürften zuͤ Wirtemberg. Anders ift anderswo hinkümmen. Doch ihr:
bend ſich die fürften von Oſterrych noch des heiligen Römiſchen rychs
fürften zü Schwaben,
ond alſo Hatt ji noch letitlih Carolus V. geihryben, inn ſynem
vßſchryben. — So vil von den herkogen ber Allemanniern vnd
Schwaben.
Nekrologien
in den Jahren 1802 -1813
in der jegigen Erzdidcefe Freiburg anfgehobenen Männer-
klöſter Benedictiner-, iftercienfer-, Norbertiner-Ordens
und der regulirten Chorherren.
Geſammelt von
Dr. P. Pius Gams,
0.8. B. im Stifte St. Bonifaz in Münden.
Mit Ergänzungen
von Ardivar Ir. Bell in Freiburg und der Vedaction.
Der Herausgeber bdiefer Nefrologien, Herr Pater Dr. Games, wurde in
ber mühevollen Sammlung bes Materials zu diefer pietätsvollen Arbeit neben Herrn
Arhivar Zell in Freiburg (deffen Zugaben find mit einem Sternen bezeichnet) von
einer Anzahl Herren in jebr dankenswerther Weife unterflügt. Der Herr Heraus:
geber hatte die Namen berfelben je am Schluß bes betr. Nefrologiums angeführt ;
wir fielen fie bier überfichtlich zufammen.
Beiträge lieferten für 1. Allerheiligen: ber verftorb. Decan Haid und
nach befien Tod Hr. Piw. Walter in Lautenbah (außer Allerheiligen nod für ans
dere Klöfter). 2. Beuron: Hr. Dr. Zingeler in Sigmaringen ein Berzeihnik.
Berfchiedene Notizen Hr. Bicar Diebolbd, die Herren Pfr. Thoma in Ocfenhaufen,
Dörr in Mühlheim, Schlidhte in Jrrendorf, Römele in Nußplingen, Eßwein
in Renquishaufen, Stemmer in Wangen, Höfler in Buchheim, Koch in Leibers
tingen, Birfle in Kraucdenwies, P. Obilo in Beuron. 3. St. Blafien: ber
verft. Decan Stöhr, Hr. PB. Gabriel Mayer in Einfiebeln. 4. Ettenheim—
münjter: Hr. Pfr. Kürzel dafelbfl. 5. Gengenbach: Hr. Stabtpfr. Schuler
bajelbft. 6. St. Georgen (Rillingen): der verft. Decan Stöhr, Hr. Dr. Ludwig
Baumann in Donauefhingen, Hr. Secretär und Arhivar Jäger in Freiburg,
Hr. Pir. Neber, Hr. Caplan Kärcher in Öhningen. 7. St. Märgen: Hr.
Pfr. Zäger dafeldfl. 8. Ohningen: Hr. Gapl. Kärcher daſelbſt. 9. St. Pe
ter: Hr. Redacteur Dr. Steph. Braun in Freiburg. 10. Petersbaufen,
11. Salem: Hr. Pro. Bod baf., Hr. Dr. Baumann, ber verft. Decan Stöhr,
Hr. Decan Schlatterer in Bobman, Hr. Pfrv. Rubiger in Meersburg, Hr.
Vicar Diebold in Sigmaringen. Notizen aus ben Klöftern Baben, Lichtenthal u. a.
durh Hrn. Domcap. Weidum in Freiburg. 12, Schuttern: Hr. Ardivrath
Gmelin in Sarlerube 13. Shwarzad: Hr. Archivrath Gmelin, Hr. Pir.
Dr. Rolfus in Sasbach. 14. Tennenbad: Hr. Archivrath Gmelin. 15.
St. Trubpert: Hr Pfr. Baur bafelbft.
Auch die Redaction bat noch manche Angabe, namentlich Titerars und ftus
diengeſchichtlichen Inhaltes, angeſchloſſen. — Trotz alldem find bei einigen Kläftern
die Perfonalien lüdenhaft geblieben, Ergänzungen jeder Art werben banfbar ange—
nommen und follen in fpäteren Bänden des Diöc.-Archivs berüdfichtigt werben.
8.
I. Allerheiligen.
Das war da3 einzige Kloiter de8 Prämonjtratenjer- Ordens
im dermaligen Gebiete von Baden, Gerlahsheim war nur ein Filialkloſter
von Dberzell bei Würzburg. Es murde gegründet 1196. von Utha
(oder Judith), Gräfin von Calw, Tochter ded Grafen Gottfried von
Calw und der Luitgardis, Schweſter Berthold’3 IV., Herzogs von
Zäringen, Wittwe Welf's VI, Grafen von Altdorf und Calw, Her:
30938 von Spoleto. Im̃ Jahre 1657 war es zur Abtei erhoben worden.
Berühmt waren ſeine Schulen bis in die letzte Zeit. Bei Ausbruch der
franzöſiſchen Revolution wurde das Clericalſeminar von Straßburg nad
Allerheiligen verlegt, und der befannte Dogmatifer und fpätere General:
vicar Riebermann, damals Pfarrer zu Ernoldheim, zum Regen?
desjelben ernannt. (Zujag der Red.) — Durch Edict vom 14. Febr.
1803 wurde jämmtlihen Mannsklöftern im dermaligen Baden die An
nahme von Novizen verboten, die Verwaltung ihrer Güter, die Patro-
natrehte, Nenten und Gefälle abgenommen, Ettenheimmünjter und
Schwarzach wurden jogleich eingezogen. Die Gebäude der Abtei Aller:
heiligen blieben, Wind und Wetter ausgeſetzt, verlafjen und ohne Auf:
jiht jtehen; am 6. Juni 1803 ſchlug der Blitz in die Kirche und zer:
ſtörte diejelbe bi8 auf das Mauerwerk,
Das Klofter Allerheiligen im Schwarzwalde in „Katholik“ 1850,
IL ©. 461 — 470. Fall, Geihichte des ehemaligen Kloſters Lorſch.
Mainz, 1866. ©. 95. Kolb, Leriton von Baden. 1813. I. ©. 11
„Allerheiligen“. Material zu einer Geſchichte des Kloſters Allerheiligen
findet fih in dem Nachlaß von Decan Haid.
Abt und Eonventualen zur Beit der Aufhebung.
1. Fiider, Wilhelm, von Oberkirch, geb. 7. Febr. 1741,
Profeß 17. Zuli 1763, Priefter 1. Jan. 1767, befleidete von 1772 an mehrmals bie
Stelle eines Subpriors, Priors und Novizenmeifters, war 1793—97 Pfarrer in
Ebersweier, und wurde am 11. Juli 1797 zum Abt erwählt. Nach der Säcularis
232
fation zog er 13. Dct. 1803 in das Rectoratshaus zu Lautenbah, wohnte dba bis
22. Nov. 1818, zog dann nah Oberfird, und ftarb am 2. Mai 1824, 83 3. alt.
2. Blaidel, Johann Nepomuk, von Raſtatt, geb. 22. Mai
1748, Prof. 28. Dec. 1777, Pr. 28. Aug. 1779 (oder 11. Juli 1780), war 1798
bis 99 Subprior, 1800-01 Prior, 1802 Director an der Wallfahrtsfirhe in Lauten
bach, 1815 erfter Pfarrer der neu errichteten Pfarrei dafelbſt, refignirt 1820, blieb
im Pfarrhaus, und ft. 18. San. 1829, 81 5. alt.
3. Schneider, Gottfried, von Offenburg, geb. 17. Apr. 1729,
Prof. 11. Juni 1753, Pr. 1. Jan. 1758, zur Zeit ber Säcularifation Senior, lebte
nad) berjelben im Rectoratsbaufe zu Lautenbach, zog 1804 zu dem Pfarrer in Ober:
achern, feinem Verwandten, kehrte 1807 zur Gommunität zu Lautenbach zurüd, —
prieſter 16. Jan. 1808, und ſt. 1. Mai 1810, 81 J. alt.
4. Anſtett, Ludwig, von Hagenau im Elſaß, geb. 13. Febr.
1768, Prof. 10. Aug. 1788, Br. 21. Sept. 1793, 1797 und 98 Vicar in Oberkirch,
1799—1815 Vicar in Durbah, 1817—20 Pfr. dafelbit, 1820 Pfr. in Griesheim
bei Offenburg, ft. 10. Oct. 1841, 73 5. alt.
5. Badheberle, Siard, von Oberfirh, geb. 22. Mai 1749,
Prof. 3. Sept. 1771, Pr. 25. Dec. 1774, nad) der Säcultrifation Bicar in Nußbach,
1823 Pfr. dafelbft, feit 1825 Penfionär in Oberkirch, ft. 26. Sept. 1837, 88 9. alt.
6. Barth, Jakob, von Offenburg, geb. 13. Nov. 1733, Prof.
28. Oct. 1753, Br. 1. Jan. 1758, nah der Säcularifation im NRectoratshaufe zu
Lautenbach, Jubelpriefter 1. Jan. 1808, ft. 18. Febr. 1811, 78 3. alt.
7. Bauer, Elemeng, von Schneeberg in Franken, geb. 22. Auli
1752, Prof. 9. Oct. 1774, Br. 9. Juni 1781, lebte nach ber Säcularifation in Kappel
unter Rodeck (auf ber Burg des Barons von Neuenftein) und ft. 1. Apr. 1833,
81%. alt.
8. Berdon, Franz Sales, von Bühl, geb. 28. Jan. 1765,
Prof. 23. Oct. 1785, Br. 17. Dec. 1791, zur Zeit ber Säcularifation und nachher
Vicar in Unterahern, 1813—15 Pfarrv. in Oberkirch, 1815: „ob senium et alios
defectus corporis parochi Blaidel* — Gooperator in Lautenbad) „cum spe suc-
cedendi“, nach ber Refignation des Pfarrers 1820 zweiter Pfr. allda, fl. 11. Mai 1822,
57 3. alt.
9. Blau, Franz, von Oberkirch, geb. 9. Nov. 1756, Prof.
9. Oct. 1774, Pr. circa 1781, von 1797—1807 Pfr. in Ebersweier, ft. 22. Mai
1807, 51 J. alt. |
10. Chriſt, Georg Joſeph, von Unteradern, geb. 13. Mai
1749, Prof. 30. Det. 1768, Pr. 20. Dec. 1772, Pfr. von Nußbach feit 1792, als
Säcular: Pfarrer feit 1807, ft. 9. Nov. 1823, 74 J. alt.
11. Conrad, Augustin, von Bühl, geb. 5. Nov. 1748, Prof.
5. Nov. 1769, Pr. 23. Juni 1772, feit 1786 Pfr. zu Adern, ft. 29. Aug. 1808,
60 J. alt.
12. Damm, Johann Baptift, von Baden, geb. 16. März
233
1753, Prof. 8. Sept. 1771, Pr. 1. San. 1777 (ober 25. Dec. 1776), von 1801—04
Pfr. in Oppenau, wurde dann zur Gommunität in Lautenbach zurüdgerufen, 1807
Pfarrabminiftrator zu GEbersweier, Iebte jpäter wieder in Lautenbah, 1809 Pfarr:
abminiftrator in Odenheim, 1814 Pfr. zu Wagsburft bis 1821, und fl. um 1822,
69 3. alt.
13. * Dirr, Ludwig, wird Doctor der Mebicin 1821 — dis-
pensus a votis. (Geiſtl. Raths:Protocol von Gonftanz von 1811.)
14. Eifenmann, Adrian, von Haslad, geb. 21. Dec. 1758,
Prof. 25. Dec. 1776, Pr. 1783, wurde 1784 nad Paris in ein Prämonftratenjer-
colleg geihidt, war fpäter in Pr&montre, ſoll zur Zeit ber Säcularifation nod) ge:
lebt und als Profeffor der Matbematif in Paris geftorben fein.
15. Friedmann, Xaver, von Schwarzad, geb. circa 1768,
Prof. 10. Aug. 1788, Pr. 1793, lebte nad ber Säcularijation in Mablberg (war
wahrjheinlih Prof. am dortigen Päbagogium), wurde 1807 Pfr. in Weingarten bei
Offenburg, und ft. 6. Jan. 1809.
16. Fries, Midaöl, von Wejthofen im Elſaß, geb. 23. Mai 1771,
Prof. 29. Sept. 1793, Pr. 22. Dec. (der Gonftanzer Katalog von 1821 fagt: Sept.)
1797, war 1818 Pfarrv. und fpäter Pfr. in Oppenau, 1822 Bir. in Thennenbach, fl.
28. Febr. 1835, 64 J. alt.
17. Frig, Friderid, von Ulm bei Oberlirh, geb. 8. Mai
1751, Prof. 8. Sept. 1771, Pr. 17. Dec. 1774, von 1792—1801 Pfr. in Oppenau,
dann bis 1815 Pfr. in Petersthal. (Er iſt nicht mehr aufgeführt im Schematismus
von 1821.)
18. Grausbeck, Johann Adam, von Wolfah, geb. 27. Der.
1770, Prof. 20. Nov. 1791, Pr. 14. Juni 1794, 1800 Piarrcurat zu Engelwies,
1805 Pfr. zu Meldingen (Sigmar.), 1825 Pfr. zu Emerjeld (Württemb.), war ſchon
1797 aus dem Orden entlafjen worden, und ft. 28. Oct. 1836.
19. Huber, Betrug, von Dppenau, geb. 14. Nov. 1751, Prof.
1. Apr. 1774, war laicus conversus bis 1790, Pr, circa 1802, zog nad der Säcu—
larifation mit in das Rectoratshaus in Lautenbach, 1803 Bicar in Oppenau, fpäter
Pfr. in Schutterzell, ft. 21. Sept. 1817, 66 3. alt.
20. Jung, Alois, von Eberitein bei Baden, geb.? ..., Prof.
28. Sept. 1794 (wie es jcheint, die legte Profeßablegung in Allerheiligen), zur Zeit
ber Säcularifation Vicar in Oppenau, 1804 Frühmeſſer in Appenweier, vom Juli
bis Dec. 1809 Vicar in Burbadı.
21. Zenz, Leonard, von Wolfah, geb. 6. Nov. 1764, Prof.
23. Oct. 1785, Pr. 17. Dec. 1791, von 1802—04 Bicar in Appenweier, 1804 Pfr.
in Oppenau, ft. 3. März 1818, 54 9%. alt.
22. Mayer, Bonifaz, von Eijenthal, geb. 11. Mai 1755,
Prof. 9. Oct. 1774, Br. circa 1781, 1800—1808 Bicar in Oberkirch, fpäter Pir.
in Buſenbach, ft. 17. Sept. 1817, 72 8. alt.
23. Raſch, Norbert, von Durmersheim, geb. 19. Jan. 1734,
234
Prof. 17. Juli 1763, Pr. 1. Jan. 1767, Iebte nach ber Eäcularifation im Rectorats⸗
hauſe zu Lautenbach, und ft. 5. Febr. 1814, 80 J. alt.
24. Reibelt, Sebaftian (Midasl), von Malſch bei Raitatt,
geb. 29. Eept. 1756, Prof. 25. Dec. 1776, Pr. 25. Mai 1782, von 1799—1816
Pfr. in Durbach, 1816 Pfr. in Zunsweier, fl. 22. Dec. 1821, 65 J. alt.
25. Rud, Evermodug (Earl Alois), von Baden, geb. 1. Nov.
1748, Prof. 16. Aug. 1767, Pr. 23. Zuni 1772, von 1776—1813 Pir. von Ober:
firh, ft. 4. Jan. 1813, 65 J. alt.
26. Scheidet, Joſeph, von Bühl, geb. 21. Febr. 1752, Prof.
8. Sept. 1771, Pr. 2. Juni 1776, lebte nach der Säcularifation im Rectoratshaufe
zu Lautenbach, und fl. 10. März 1811, 59 9. alt.
27. Schmidt, Milo, von Oberkirch, geb. 27. März 1740, Prof.
17. Zuli 1763, Pr. 1. Jan. 1767, nach ber Säcularifation Frühmeſſer in Oberkirch
für das Filial Gaisbach, ft. 22. Nov. 1816, 76 3. alt.
28. Vogler, Zudolph, von Offenburg, geb. 21. Dec. 1771,
Prof. 29. Sept. 1793, Pr. 24. Sept. 1798, nad) ber Säcularifation Prof. an dem
neuerrichteten paritätifchen Pädagogium in Mablberg, nad Furzer Zeit Prof. am
Gymnaſium in Offenburg, 1815 Pfr. in Schenheim, 1823 in Ottersweier, erzbiſch.
Decan, ftarb als lepter Gonventual von Allerheiligen 30. Juni 1847, 76 3. alt.
29. Walter, Anton, von DOrtenberg, geb. 25. Dec. 1756,
Prof. 8. Febr. 1778, Br. 6. Jan. 1782, 1789 Frühmeſſer in Appenweier, 1791 Lebrer
bes Kirhenrehts in Allerheiligen, 1793 wieder in Appenweier, 1802 Pfr. daſelbſt,
jpäter landesherrl. Decan, ft. 26. Apr. 1833, 67 3. alt.
II. Beuron (im Donanthale).
* Diejed Klojter Lateranenftiher Chorherren O. S. A. wurde 1075
von einem ſchwäbiſchen Fürjten, Peregrin, ber auf dem Bufjenberge
wohnte, gejtiftet 1. Derfelbe übergab ed den Geijtlihen auf dem Berge,
welde nun ihren alten Sit verließen und nad) Beuron zogen. Pfar:
reien des Klojterd waren: Beuron, Bärenthal, Buchheim, Irrendorf,
Leibertingen und Worendorf. Es wurde aufgehoben 1803.
Sohler, Gedichte dev Landes: und Ortöfunde der jouveränen
Fürftenthümer Hohenzollern » Hedingen und Sigmaringen. Ulm 1824.
©. 19 fi. Griejinger, Univerjal:Lerifon von Württemberg, Hechin—
gen und Sigmaringen. 2. Aufl. Stuttg. 1843. Columne 121 u. 122.
„Beuron“,
1 Auch der Graf Gerold, ein Echwager Karls d. Gr., gilt als Stifter dieſes
Klofters (1. Stälin, Wirtemb. Geſch. 1, 246). Anm. db. Red.
235
Eonventualen.
41. Majer, Dominicus, von Mottweil, geb. 12, Apr. 1752,
Prof. 25. Aug. 1771, Pr. 35. Juni 1775, zum Abt erwählt 5. Oct. 1775, ließ im
Jahr 1801 die fteinerne Brüde über die Donau bauen, blieb nad) der Säcularifation
im Klofter, wo er (nad) dem Gonftanzer Schematism von 1821) ganz für fich Iebte.
Er ft. am 7. Oct. 1823, 71 J. alt.
2. Ruef, Bonifaciud, von Dehningen, geb. 8. Nov. 1749,
Prof. 25. Aug. 1771, Pr. 2. Juli (oder 10. Juni?) 1775, war Kellermeifter, Tebte
fpäter in Gonftanz, und ft. 13. Febr. 1833, 84 J. alt.
3. Beer, Sebaftian, von Wemding(?), geb. 5. Jan. 1766,
Prof. 30. Sept. 1787, Pr. 24. Oct. 1790, Pfr. zu Buchheim bei Mößkirch 1802,
Pfr. in Randegg (Cap. Heaau) 1829, ft. 15. Jan. 1833, 67 J. alt.
4. Bod, Romuald, von Ocjenhaujen, geb. 28. Aug. 1774,
Prof. 9. Oct. 1791, Pr. 18. März 1798, Caplan zu Liggersborf 1820, z0g ſich 1828
in feine Heimat zurüd, und ft. 19. Apr. 1835, 61 J. alt.
5. Sammerer, Matthias (oder Matthäus?), von Hechingen,
geb. 26. März 1738, Prof. 28. Aug. 1758, Pr. 19. Juni 1763, angeftellt an ber
Filialfirde (oder dem praestimonium) zu PBittelbronn bei Haigerloh 1803, it.
23. Juli 1812, 74 3. alt.
6. Engelbart, Rudolph, von Munningen, geb. 2. Oct. 1766,
Prof. 9. Oct. 1791, Pr. 19. März 1796, im 3. 1803 vorgeſchlagen als Beichtvater
für Margarethhaufen, zog fi in feine Heimat, zu Bettingen, zurüd und fl. 14. Jan.
1826, 60 J. alt.
7. Frank, Johann Baptift, von Wangen im Allgäu, geb.
17. Sept. 1774, Brof. 2. Oct, 1791, Pr. 19. März 1798, Pr. zu Serendorf, 309
fi wegen Kränflichkeit in feine Heimat zurüd und ft. 2. Eept. 1810, 36 J. alt.
8. Hajel, Joahim, von Wangen, geb. 28. Jan. 1769, Prof.
30. Sept. 1784, Pr. 10. März 1793, Pfarrv. zu Irrendorf bis 1803, dann Pfr. zu
Statt am Nedar 1803, und Schulcommijjär. Er ft. 28. Jan. 1825, 56 9. alt.
9. Herdberer, Ildephons, von Nottmeil, geb. 2. Jan. 1764,
Prof. 11. Sept. 1786, Pr. 8. Juni 1788, war 1794 Pir. zu Irrendorf, 1803—04
Hofcaplan in Sigmaringen, 1804 Pfr. in Bärenthal, 1806—22 Pfr. in Krauchen:
wies (wohin die Bibliothek bes Klofterd Beuron kam), auch Schulinſpektor. Er ft.
16. Juli 1822, 58 9, alt
10. (Hoz, Donat, wohl aus demjelben Klofter, Beichtvater zu
Margretbenhaufen, ft. 1803.)
11. Korntheir (oder Korntheur), Franz Xaver, von Ochſen—
haufen, geb. 20. Dec. 1773, Brof. 18. Dec. 1791, Pr. 8. Oct. 1797, Pir. in Worn:
borf, in Bubsheim 1811, zulegt in Mühldorf. Er fi. 16. Oct. 1833, 60 5%. alt.
12. Oſtler, Auguftin, von Kemnath im Allgaü, geb. 19. Juli
236
1756, Prof. 2. Juli 1776, Pr. 16. Apr. 1731, Pfr. in Leibertingen 1794, ft.
15. Oct. 1823, 67 J. alt.
13. Reifer, Andreas, von Conjtanz, geb. 23. Oct. 1734, Prof.
28. Aug. 1758, Pr. 20, Juli 1762, Senior zu Beuron, ft. 10. Oct. 1803,
69 J. alt.
14. Sartori, Jakob, von Endingen, geb. 26. Juli 1755,
Prof. 4. Aug. 1776, Pr. 17. Apr. 1781, Pfr. in Irrendorf, war ſpäter in Freiburg
und ft. 12, Febr. 1835, 85 5. alt.
15. Waizenegger, Nikolaus, von Gtetten bei Mühlheim,
geb. 25. Mai 1755, Prof. 2, Zuli 1776, Pr. 17. Apr. 1781, Decan 26. Oct. 1799,
Pir. zu Bärenthal, fl. 4. Apr. 1810, 55 5. alt,
16. Winker, Stephan, von Spaichingen, geb. 26. Jan. 1747,
Prof. 29, Sept. 1771, Br. 9. Oct. 1774, war zehn Jahre Pfr. in Bärenthal, und
ftarb in Nufplingen 12. Zuli 1820, 73 3. alt.
17. Wudter, Anton, von Rottenburg, geb. 24. März 1742,
Prof. 21. Det. 1764, Br. 28. Sept. 1766, war 1793 Pfr. in Bärenthal. Er jt.
in Beuron 3. März 1805, 63 3. alt.
III. St. Blafien.
* Dieje berühmte Benedictiner:Reihsabtei wurde im Jahre I60 von
dem Edlen Reginbert von Seldenbüren gegründet, der aus heiligem
Eifer und aus Überdruß an der Welt den Hof König Otto I des Großen
verlieg und ſich in das entlegene Thal der Alb auf dem füdlichen
Schmwarzwalde zurüdzog, um mit dem Reit feines Lebens ſich auf
dad jenjeitige vorzubereiten und ein frommes, Gott mwohlgefälliges
Werk zu gründen. Hier bewohnten ſeit uralter Zeit fromme Einfiedler
eine Zelle (die Albzelle), welche zur Abtei Nheinau gehörte und nad
einer geſchenkten Reliquie des bl. Blaſius „St. Blafien” genannt wurde.
Dieje Zelle wurde durd die Bereinigung der Einfiedler mit einer Colo—
nie von Mönchen des Kloſters Rheinau vergrößert und von Neginbert
mit jeinem ganzen Erbe im Zürihgau reich beſchenkt. Unter dem Prior
Bernger II wurde die Zelle des Hl. Blaſius von dem Mutterkloiter
getrennt und zum jelbititändigen Stift erhoben. Es jtand unter dem
unmittelbaren Schute de3 Kaijerd. — Die provijoriihe Aufhebung der
Abtei erfolgte am 24. Febr. 1806 und die definitive am 25. Juli 1807.
Der letzte Katalog der Abtei ift vom Jahre 1806 (1807); er
rührt den Titel: Catalogus r. r. patrum et fratrum monachorum
O. S. B. principalis et imperialis monasterii ac congregationis ad
S. Blasium in silva nigra 1807. Es find 89 Prieſter, 14 Professi
und 14 Laiei Conversi aufgeführt. *Bgl. Kolb, Leriton von Baden I. *
237
120 ff. Ruland in der Vierteljahrsihr. für Theologie. Wien 1862.
©. 265. * Bader, Da3 malerifhe und romantische Baden III. 171 ff.
Derjelbe: Das ehemalige Klojter St. Blafien u. f. w. Dide.Archiv
VIII. 103—253, wo jämmtlide St.Blaſianiſchen Schriftjteller
der legten Zeit mit ihren Werfen aufgeführt jind * Programm des
Lyceums in Conſtanz vom Jahre 1834, Beilage.
Eonventnalen.
Es folgt hier zuerjt der Katalog der nad) der Auswanderung nad)
Diterreih in Spital am Pirn (bei Klagenfurt) und (jeit 1809) in
St. Paul gejtorbenen St.-Blafianer.
1. Rottler, Berthold, von Obereihah, geb. 16. Det. 1748,
Prof. 8. Nov. 1772, Pr. 24. Sept. 1774, 1784—93 Prof. ber hiſt. Hilfswifien-
haften an ber Univerfität Freiburg, zum Abt erwählt 19. Nov. 1801, benebicirt
2, Mai 1802. Wanbert aus nah St. Paul, fl. 16. Dct. 1826, 78 J. alt.
2. Ammann, Meinrad, von Hoßkirch (bei Saulgau), geb.
9. Apr. 1785, Prof. 1. Juni 1806, Abt von St. Paul nad dem 16. Oct. 1826,
ft. 19. Dec. 1839, 54 9. alt.
3. Baader, Andreas, von Löffingen, geb. 24. Aug. 1758,
Prof. 24. Aug. 1779, Pr. 21. Sept. 1782, fl. 3. Sept. 1844, 86 J. alt.
4. Baader, Marcus, von Löffingen, geb. 1. März 1752, Brof.
6. Zuni 1773, Pr. 1. Juni 1776, Decan; ft. 26. Oct. 1822, 70 3. alt.
d. Bisle, Valentin (oder Blajius), von ngitetten bei Rog—
genburg, geb. 6. Febr. 1787, Prof. 1807, ft. 23. Febr. 1826, 39 J. alt. (S. unten
die Note zu Claus, Blafius.)
6. Boppert, Conrad, von Conjtanz, geb. 10. Febr. 1750,
Prof. 6. Juni 1773, Pr. 23. Sept. 1775. Pfarrabminiftrator in Ibach, wo er das
„Scutum fidei“ verfaßte. Er ft. 31. Juli 1811, 61 J. alt.
T. Brenzinger, Benedikt, von Krozingen, geb. 24. Febr. 1751,
Prof. 8. Nov. 1772, Pr. 10. Juni 1775, f. 5. Sept. 1832, 81 J. alt.
8. Chriſten, Nikolhaus von der Flüe, von Wolfenſchießen in
Unterwalden, geb. 29. Juni 1771, Prof. 21. Nov. 1792, Pr. 10. Juni 1797, ft.
11. Sept. 1833, 62 9. alt,
9. Dietrid, Simon, von Hilzingen, geb. 14. Dec. 1758,
Prof, 23. Apr. 1780, Br. 25. Sept. 1783, fl. in Eberndorf 13. Apr. 1826,
68 J. alt.
10. Eihhorn, Ambroſius, von Witlefofen, geb. 26. Sept.
1758, Prof. 8. Nov. 1779, Pr. 25. Sept. 1783, war Superior in Oberried; in
St. Paul wurde er Arhivar bes Stifts und Präfeet des Gymnaſiums. Verſaſſer
bes Episcopatus Curiensis u. a. ®., ft. 21. März 1820, 62 J. alt.
238
11. Fritz, Joſeph, von Grafenhaufen, geb. 20. Nov. 1786,
Prof. 1807, ft. 18. Sept. 1849, 63 J. alt.
12. Ganther, Matthias, von Buchhorn, geb. 9. Aug. 1756,
Prof. 8. Nov. 1779, Pr. 25. Sept. 1783, ft. 21. Dec. 1818, 62 J. alt.
13. Grüninger, Bonifaciug, von Billingen, geb. 9. Mai
1742, Prof. 28. Det. 1762, Pr. 13. Juni 1767, ft. 31. Jan. 1825, 83 3. alt.
14. Häfele, Bonaventura, von Berkheim in Schwaben, geb.
15. Apr. 1783, Prof. 28. Oct. 1805, fl. 12. Febr. 1823, 42 3. alt.
15. Haug, Amilian, von Nettenberg (Allgäu), geb. 16. Sept.
1784, Prof. 1. Juni 1806, ft. 9. Mai 1844, 60 J. alt.
16. Held, Cödleſtin, von Oberhauſen (Schwaben) , geb.
1. März 1783, Prof. 25. Nov. 1804, Pr. 27. Mai 1809. Jubelpriefter 27. Mai
. 1859, ft. 28. Juli 1862, 79 J. alt.
17. Horn, Alois, Sulgensis (Saulgau ?), geb. 13. Nov. 1783,
Prof. 25. Nov. 1804, ft. 23. Sept. 1844, 61 3. alt.
18. Hueber, Gregor, von Berkheim in Schwaben, geb. 22. Apr.
1783, Prof. 1. Mai 1804, Pr. 1. Zuni 1806, ft. 11. Jan. 1832, 49 3. alt.
19. Jehlin, Günther, von Heppenſchwand, geb. 4. Det. 1744,
Prof. 28. Oct. 1765, Pr. 20. Mai 1769, ft. in Klagenfurt 11. Sept. 1813,
69 J. alt.
20. [Suli, Karl, von Rottenburg am Nedar, geb. 25. San.
1786, Prof. 1807, Pr. (war 1807 noch Frater), ft. 3. Mai 1818, 32 3. alt.]
21. Kaijer, Bartholomäus, von Schönadh, geb. 3. Nov.
1759, Prof. 8. Nov. 1780, Pr. 3. Sept. 1785, fl. 22. Aug. 1822, 63 3. alt.
22. Kapferer, Nikolaus, von Zell am Harmersbach, geb.
8. Yan. 1767, Prof. 8. Jan. 1788, Pr. 18. Juni 1791, fl. 6. Sept. 1812, 45 9. alt.
23. Karg, Nonnojug, von Kempten, geb. 16. Jan. 1740,
Prof. 13. Nov. 1759, Pr. 28. Mai 1763, ft. 8. Juni 1811, 71 J. alt.
24. Kopp, Ignatius, von Munderfingen, geb. 8. Apr. 1759,
Prof. 8. Nov. 1780, Pr. 3. Sept. 1785, ft. 28. Juni 1831, 72 J alt.
25. Mannhart, Koh. Baptift, von Mengen (Württemberg),
geb. 23. März 1762, Prof. 21. Nov. 1803, Pr. 31. Mai 1806, ft. 14. Aug. 1837,
55 J. alt.
26. Meiſter, Frowin, von Füezen, geb. 12. Jan. 1760, Prof.
10. Aug. 1788, Pr. 19. Sept. 1789, ft. 26. Febr. 1833, 73 J. alt.
277. Müller, Magnus, von Unterramingen, geb. 10. Sept.
1780, Prof. 25. Nov. 1804, ft. 15. Dec. 1837, 57 J. alt.
28. Natterer, Thaddäus, von Weingarten (Altdorf), geb.
239
10. Juli 1763, Prof. 10. Aug. 1788, Pr. 20. Sept. 1789, 1795—1800 Prof. am
Lyceum in Gonftanz, fi. 13. Apr. 1814, 51 9. alt.
29. Neugart, Trudpert, von Villingen, geb. 23. Febr. 1742,
Prof. 13. Nov, 1759, Pr. 1. Zuni 1765, Verfaſſer des Episcopatus Constantiensis
u. v. a. MM 1 ft. 15. Dec. 1825, 83 9%. alt.
30. Raud, Baſilius, von Heitersheim, geb. 28. Febr. 1746,
Prof. 28, Det, 1765, Pr. 20. Mai 1769, ft. 14. Mai 1816, 70 3. alt.
31. Schelb, Zohann Nepomuf, von St. Trudpert, geb.
6. Zuni 1758, Prof. 24. Aug. 1779, Pr. 21. Sept. 1782, ft. 5. Febr. 1831,
73 J. alt.
32. [Shöpi, Cosmas, von Meßhofen in Schwaben, geb.
22. Aug. 1786, Prof. 1807, Pr. (war 1807 noch Frater), fl. 3. Febr. 1820,
34 9. alt.]
33. Seiz, Kafjimir, von Augsburg, geb. 15. Nov. 1783, Prof.
25. Nov. 1804, ft. 14. San. 1860, 77 5. alt.
34. Speijer, Jakob, von Lautern, geb. 24. Nov. 1783, Prof.
25. Nov. 1804, fl. 16. März 1844, 61 3. alt.
35. Umfahrer, Eduard, von Schongau in Bayern, geb.
2. Febr. 1784, Prof. 2, Febr. 1805, ft. 15. Aug. 1838, 54 9. alt.
Es folgen nun die übrigen St.:Blafianer, welche zum großen
Theile in ber Seeljorge thätig waren.
36. Bachmann, Heinrid, von Frankfurt, geb. 2. Nov. 1771,
Prof. 21. Nov. 1792, Br. 30, Mai 1795, Piro. zu Ibach 1806-08, dann Pir.
bafelbft, zu Häner 1825, ft. 7. San. 1827, 56 2. alt.
37. Binder, Leodegar, von Schwarzach, geb. 12. Febr. 1769,
Prof. 21. Febr. 1790, Pr. 22. Sept. 1792, ft. 29. Yan. 1811, 42 3. alt.
38. Blenkle, Neginbert, von Marbach, geb. 25. Nov. 1755,
Prof. 22. Jan. 1777, Pr. 29. Mai 1779, ft. 12. Jan. 1817, 62 3. alt,
39. Buß, Anjelm, von Gengenbad, geb. 10. Det. 1759, Prof.
1779, verfant in den Fluthen der franzöſiſchen Revolution. Siehe über ihn Diöc.-
Arhiv Bd. 8. S. 225.
40. Elau3, Blafius, von Conſtanz, geb. 13. Mai 1738, Prof.
11. Sept. 1757, Pr. 16. Mai 1761 (es ift zu beachten, daß Blafius Bifle
erit nad Ableben des Blafius Claus im Jahre 1807 Profeß machte), fl. 29, Apr.
1807, 68 J. alt.
I Trubpert Neugart jchrieb auch die Gefchichte feines neuen Aſyls, bes
Klofters St. Paul: Historia monasterii ord. S. Benedicti ad S. Paulum in valle
inferioris Carinthiae Lavantina. 2 Bändchen. Lange nad) dem Tode des Verf. ver:
öffentliht. Klagenfurt 1848—1854. Anm. b. Reb,
240
41. Dannhaujer, Ferdinand, von Naitatt, geb. 9. San.
1775, Prof. 10. San. 1796, Pr. 20. Sept. 1800, ftarb, wie es fcheint, durch einen
Unfall, im Juni 1831, 57. 5. alt.
42. Dietrih, Thomas, von Unterbaldingen, geb. 11. Febr.
1762, Prof. 15. Nov. 1785, Pr. 20. Sept. 1788, Pir. in Schluchſee 1804, fl.
9. (10.) März 1828, 66 J. alt. Er machte eine Armenſtiftung.
43. Dors, Nemigiud, von Sclettitadt, geb. 12. Nov. 1771,
Prof. 21. Nov. 1792, Pr. 30. Mai 1795, Prof. in Freiburg 1805, Pfr. zu Todtnau
(Tobtmoo8?) 1808, feit 1818 zu Ulm bei Oberkirch, ft. 12. Febr. 1838, 68 J. alt.
44. Engelberger, Johann Chryſoſtomus, von Rheinfelden,
geb. 30. Sept. 1742, Prof. 28. Oct. 1763, Pr. 20. Mai ? 1769, ft. 8. Febr. 1814,
72 3. alt.
45. Erhart, Bernard, von Sclettitadt, geb. 19. Dec. 1773,
Prof: 22, Febr. 1795, Pr. 10. Juni 1797, von 1810—14 Prof. am Lyceum zu Con—
ftanz, Pir. in Kippenhaufen 1817, feit 1826 Pfr. in Berau, ft. 21. Apr. 1846
(18472), 73 3. alt.
46. Frey, Placidug, von Kempten, geb. 19. Febr. 1754, Prof.
1. Mai 1775, Pr. 13. Juni 1778, fl. 27. Apr. 1818, 64 J. alt.
47. Graf, Beda, von Edenhaufen (Urfperg), geb. 21. Juli
1755, Prof. 22. Zuli 1776, Pr 29. Mai 1779, ft. 28. Zuli 1837, 82 J. alt.
48. Grambühler, Pius, von Öttobeuren, geb. 3. Apr. 1779,
Prof. 11. Sept. 1800, Pr. 13. März 1802, Vicar zu Todtmoos 1810, Pr. in Ober:
Wolfach (Decanat Triberg) 1810, ft. 18, Oct. 1836, 58 9. alt.
49. Häring, Auguftin, von Bayershofen, geb. 26. März
1780, Prof. 26. Mai 1801, Pr. 22. Sept. 1804, Pfr. zu Urberg 1805, ft. 30. Apr.
(ober 3. Apr.) 1830, 51 3. alt.
50. Hadler, Eolumban, von Waldshut, geb. 17, Dec. 1755,
Prof. 22. San. 1777, Pr. 20. Mai 1780. AZuerft 1790 Abminiftrator, bann Pfr.
zu MWislikofen, ft. 18. Febr. 1822, 67 J. alt.
51. Heer, Maurus, von Klingenau, geb. 18. Juni 1773,
Prof. 16. Nov. 1794, Pr. 23. Sept. 1797, 1798—1817 Prof. am Pyceum in Conftanz,
fodann Gaplan in Sädingen 1820, ft. 28. März 1843, 70 9. alt.
52. Herrmann, Juſtin, von Oberroth, geb. 11. März 1760,
Prof. 16. Mai 1781, Pr. 3. Sept. 1785, Pfr. zu Griesheim und Wettelbrunn 1817,
ft. 28. (30.) Mai 1830, 51 J. alt,
53. Höchle, Willibald, von Klingenau, geb. 10. Oct. 1772,
Brof. 21. Nov. 1793, Pr. 10. Juni 1797, Pfr. zu Todtnau 1809, zu Schwerzen
1820, ft. 23. Apr. (Febr.?) 1825, 53 9. alt.
54 Huber, Romuald, ft. 10. Jan. 1850.
55. Ilger, Vincentius, von Thiengen, geb. 12. Febr. 1742,
241
Prof. 28. Oct, 1762, Pr. 13. Juni 1767, 1802—06 Propft in Klingenau und
zur Zeit ber Nufhebung Prior zu Sion, ft. 14. Oct. 1808, 66 %. alt.
56. * Keller, Nepomul, Pfr. zu Wislikon 1804.
57. Keller, Bictor, von Ewattingen, geb. 14. Mai 1760,
Prof. 16. Mai 1781, Pr. 3. Sept. 1785, Pfr. zu Aarau 1806, in Grafenhaufen
1816, Pfr. in Pfaffenweiler 1820, fl. 7. Dec. 1827, 67 3. alt, Verfaſſer vieler
- Schriften.
58. Kettenader, Lorenz, von Billingen, geb. 11. Oct. 1729,
Prof. 29. Sept. 1750, Br. 24. Mai 1755, Jubelpriefter 24. Mai 1805, ft. 10. Sept.
1813, 84 3. alt.
59. Kettenader, Paul, von ‚Villingen, geb. 22. San. 1722,
Prof. 1. Mat 1740, Pr. 26. März 1746, JZubelpriefter 26. März 1796, ft. 22. San.
1812, 90 2. alt.
60. Kleber, Beringar, von Oberjulmetingen, geb. 27. März
1780, Prof. 26. Mai 1801, Pr. 22. Sept. 1804, Vicar zu Berau 1807, zu Schönau
bis 1810, Pfr. zu Dogern 1810, fpäter 1833 in Lottftetten, ft. 15. Dec, 1849,
70 J. alt.
61. Kreutter, Franz, von Freiburg, geb. 15. Apr. 1736, Prof.
11. Juli 1753, Pr. 9. Juni 1759; Propſt zu Bürgeln und Großkeller bes Stiftes,
Berfafier ber Geſchichte von Vorderöfterreich, ft. 2. Dec. 1806, 70 J. alt.
62. Krez, Paulin, von Gengenbach, geb. 20. März 1770,
Prof. 21. Nov. 1792, Pr. 10. Zuni 1797, Pfr. in Höchenſchwand bis 1815, dann
in Görwihl 1815, ZJubelpriefter 10. Juni 1847, Iebte feit 1852 zu Freiburg
und jt. 2. März 1853, 83 5. alt.
63. Lenz, Franz Xaver, von Neufra, geb. 10. Dec. 1160,
Prof. 11. Dec. 1781, Br. 3. Sept. 1785, ft. 20. März 1808, 48 9. alt.
64. Liber, Berthold, von Bonnborf, geb. 17. März 1781,
Prof. 26, Apr. 1802, Br. 22. Sept. 1804, Pir. zu Menzenfhwand 1803, zu Todt—
moo8 1820, in Murg feit 1842, ft. 8. Juni 1854, 73 5. alt.
65. Linſemann, Franz Sale3, von Rottweil, geb. 19. Sept.
1765, Buof. 30. Apr. 1787, Pr. 20, Sept. 1788, Pfr. in Kirchdorf 1805, Schul:
und Kirchenrath von Aargau, Pfr. in Neufich (Decanat Rottweil) 1826, Caplan
in Rottweil 1832, ft. 15. Apr. 1837, 72 3. alt.
66. Löw, NRomuald, von Ennetah (bei Saulgau), geb.
25. März 1761, Brof. 1. Juli 1783, Pr. 23. Sept. 1786, bis 1810 in Mengen,
Gaplan in Ebenweiler 1810, in Ennetach 1813, fl. 20. Febr. 1814, 53 3. alt.
67. Maud, Felir, von Rottweil, geb. 26. Det. 1770, Brof.
26. Oct. 1791, Br. 30. Mai 1795, 1798 — 1805 Prof. am Lyceum in Gonftanz,
Pr. zu Gurtweil 1808, ft. 14. Jan. 1813, 43 J. alt,
68. Mauder, Roman, von Winterrieden, geb. 21. Det. 1777,
Prof. 28. Det. 1798, Br, 19. Sept. 1801, Pfr. in Gütenbad 1813, zu Siegelau
Archiv. XL. 16
242
1820, zu Ringsheim 1827, ftiftete in Ningsheim ein Stipendium für Stubirenbe
(29,000 fl. für arme Jünglinge), und ft. 21. Dec. 1841, 65 J. alt.
69. Meyer, Lucas, von Gündelwangen, geb. 9. Yan. 1774,
Prof. 22. Febr. 1795, Pr. 21. Sept. 1799, 1800—04 Prof. am Lyceum in Conftanz,
Pfr. zu Nöggenfchwil 1810, zu Gurtweil 1813, machte Stiftungen für die Kirche in
Gurtweil, für Arme und Stubirende (fiehe Werk, Stiftungsurfunden der Univerfität
Freiburg, ©. 554), und ft. 18. Juni 1821, 47 9. alt.
70. Meyer, Theodor, von Bonndorf, geb. 19. Nov. 1782,
Prof. 21. Nov. 1803, Pr. 31. Mai 1806, Prof. am Lyceum zu Gonftanz 1806—17,
fodann Pfr. in Lausheim, fl. 18. Apr. 1818, 35 J. alt.
11. * Mebger, Blaſius, Cooperator zu St. Blajien 1812.
72. Moyaur, Moriz, von Parur in Lothringen, geb. 20. Non.
1772, Prof. 21. Nov. 1793, Pr. 11. März 1797, fl. 12. Febr. 1811, 39 J. alt.
73. Negele, Fintan, von Grafenhauien, geb. 21. Apr. 1766,
Prof. 15. Nov. 1785, Br. 20. Sept. 1788, von 1796—1803 Prof. und 1803—09
Präfect des Lyceums in Gonftanz, Pfr. in Dingelsdorf 1808—15, Decan des Gap.
Reichenau 1816 und biſchöfl.-geiſtl. Rath, lebte zulegt in Nadoljzel und fl. 7. März
1847, 81 9. alt.
74. Neumayer, Rupert, ft. 31. Juli 1823.
75. Neyer, Athanaſius, von Hedingen, geb. 25. Apr. 1754,
Prof. 1. Mai 1775, Pr. 13. Juni 1778, provif. Localcaplan zu Grünwald 1810, ft.
40. Apr. 1826, 72 J. alt.
76. Ott, Modeſt, von Boll, geb. 22. Febr. 1769, Prof. 8. Nov.
1790, Br. 30. Mai 1795, Pfr. in Füezen (Decanat Stühlingen) 1809, ft. 13. Juni
1836, 68 J. alt.
77. Roder, Fridolin, von Rheinheim, geb. 18. Nov. 1775,
Prof. 21. Nov. 1796, Pr. 21. Sept. 1799, 1803—04 Prof. am Lyceum in Conſtanz,
feit 1808 Pfr. in Hohenthengen, ft. 9. Oct. 1834, 59 3. alt.
78. Romer, Petrus, von St. Blafien, geb. 14. Nov. 1761,
Prof. 15. Nov. 1785, Br. 23. Sept. 1786, ft. 15. März; 1809, 48 5. alt.
79. Roth, Pirmin, von Rorihad, geb. 24. Juni 1756, Prof.
4. Mai 1778, Pr. 9. Juni 1781, Pfr. in Dillendorf 1806, ft. 28. Febr. 1841, 85
J. alt.
80. Sauter, Hermann, von Hedingen, geb. 10. Sept. 1777,
Prof. 28. Oct. 1798, Pr. 18. Sept. 1802, Pir. zu Oberried 1810, ft. 28. Aug. 1824,
47% alt.
831. Shmid, Martin, de Bötstein, von Altdorf (Ari), geb.
22. März 1750, Prof. 28. Sept. 1767, Pr. 18. Sept. 1773, Propft zu Bürgeln
1807—12, fi. 14. Mai 1814, 64 J. alt.
82. Schmid, Stanislaus, von Biengen, geb. 19. Apr. 1746,
Prof. 28. Sept. 1763, Pr. 20. Mai 1769, ft. 14. Oct. 1817, 71 3. alt.
243
8. Shubmader, Lubmwig, von Straßburg, geb. 31. Oct.
1773, Brof. 16. Nov. 1794, Br. 11. März 1797, Pfr. in Bernau 1807—10, fl.
8. Jan. 1831, 58 J. alt.
84. Schuhmacher, Otto, von Herrenzimmern bei Rottweil,
geb. 17. Juni 1775, Prof. 29. Juni 1796, Br. 21. Sept. 1799, Stabtpfr. und
landesherrl. Decan zu Schönau im Wiefenthal 1808, Pir. zu Schliengen 1828, ft.
19. Sept. 1844, 70 3. alt.
85. Speidel, Hieronymus, von Grofjelfingen, geb. 21. März
1780, Prof. 26. Mai 1801, Pr. 24. Sept. 1803, bis 1815 Prof. am Gymnafium
in Freiburg, Pfr. in Aihen, dann in Interalpfen 1819 und jeit 1845 in Neuers-
haufen, ft. 7. Jan. 1853, 73 3. alt.
86. Start, Matthäus, von Kempten, geb. 17. Aug. 1778,
Prof. 1. Oct. 1799, Pr. 4. Juni 1803, Pir. zu Wieden 1809, zu Kappel (Decanat
Breiſach) 1818, fpäter, 1828, zu Echluchfee, ft. 7. Sept. 1840, 63 J. alt.
87. Stiegeler, Marian, von Bonndorf, geb. 5. Juni 1740,
Prof. 30. Nov. 1757, Pr. 24. Sept. 1763, ft. 31. Mai 1821, 81 J. alt.
88. Stropp, Joſeph, von Wengen, geb. 15. Apr. 1757, Brof.
4. Mai 1778, Pr. 20. Mai 1780, 1807 Pfr. zu Hugitetten, fi. 10. Mär; 1812, 55
J. alt.
89. Umber, Philipp Jakob, von Laufenburg, geb. 17. Apr.
1759, Prof. 23. Apr. 1780, Pr. 25. Sept. 1783, wurde 1809 Pfarrer in Lausheim
und fl. 26. Febr. 1813, 54 2. alt.
90. Ummenhofer, Barnabas, von Villingen, geb. 20. Apr.
1758, Prof. 8. Nov. 1780, Br. 25. Sept. 1783, Pfr. in Bettmaringen 1806, ft.
9. März 1836, 78 3. alt.
91. Vögele, Clemens, von Dttobeuren, geb. 30. Sept. 1778,
Prof. 1. Oct. 1799, Pr. 3. Mai 1802, Eooperator in Yurtwangen 1809, Bicar zu
Grafenhaufen (oder Birkendorf) 1810, 1811 Pfr. in Riedern, 1823 Spitalpfr. in
Gonftanz, ft. 17. Febr. 1835, 57 53. alt.
922. Wallner, Wilhelm, von Briren, geb. 18. Nov. 1778,
Prof. 30. Nov. 1799, Pr. 4. Juni 1803, Pfr. zu St. Blafien 1808—10, zu Ober:
prechthal 1810, ft. 2. Apr. 1814, 36 J. alt.
93. Weiger, Friedrich, von Hedingen, geb. 2. Oct. 1764,
Prof. 15. Nov. 1786, Pr. 19. Sept. 1789, "Pfr. zu Brenden 1809, ft. 16. Apr. 1810,
46 3. alt.
94. Wieſt, Hugo, von Erlenmoos (bei Ochſenhauſen), geb.
23. San. 1767, Brof. 28. Oct. 1788, Br. 22, Sept. 1792, Pfr. in Berau (bei Walde:
hut) 1805, ft. 6. Nov. 1825, 58 9. alt.
9. Wilart, Eyrill, von Einfiedeln, geb. 18. Nov. 1771,
Prof. 21. Nov. 1792, Pr. 10. Juni 1797, Pfarrhelfer zu Bettmaringen bis 1807,
Pir. zu Kleinlaufenburg 1807—10, ft. 12. März 1814, 43 3. alt.
16*
244
96. Wöhr, Leopold, von Eldingen, geb. 15. Nov. 1773, Prof.
16. Nov. 1794, Pr. 22. Sept. 1798, Vicar zu Bettmaringen bis 1810, Pfr. zu Bren-
ben (Decanat Waldshut) 1810, ft. 25. 3. 1836, 63 J. alt.
97.* Wöhrlin, Gebhard, neugemwählter Stiftädecan und Decan
bes Randcapitels St. Blafien 1804.
98. Zey, Johann Evangelift, von Amendingen, geb. 11. Mai
1778, Prof. 30. Nov. 1799, Pr. 4. Juni 1803, 1805—07 Prof. am Lyceum zu
Conſtanz, ſt. 6. Juli 1808, 30 J. alt.
Dazu 16 fratres conversi.
IV. Ettenheimmünfter.
* Das Klojter nahm feinen Anfang aus einer Anfiedelung von
Mönchen unmeit der Kirche über dem Grabe des Hl. Landoling,
eine Schott» oder Irländers, der nad der Kloftertradition hier um
das Jahr 640 ald Martyrer geitorben war. Die Grabesjtätte wurde
bald ein bejuchter Wallfahrtsort, verherrliht durch Gebet3erhörungen
und Wunder. Dadurch bejtimmt fam aud Abt Wiggerin von Mün—
fter im Gregorienthal (Eljaß) dahin und blieb daſelbſt. Später zum
Biihof von Straßburg berufen, erweiterte er die biöherige Einfiebelei
zu einem Klofter und bewidmete es mit einem Theil der Güter feiner
biichöflihen Kirche. Die Zeitangabe diejer Stiftung, genannt Mönchen
zell, ſchwankt zwiſchen 700, 724, 733. Der dritte Nachfolger Wigge—
rind auf dem bifchöflihen Stuhle, Etto oder Heddo, Sohn des Et-
tiho II und Enkel des großen Hohenburgiichen Herzogs Atticus oder
Ettiho I um 732, jammelte die verjagten Mönche wieder und erbaute
von Neuem die zeritörte Kirche in der Nähe de Plate, auf welchem
ber hl. Landolin den Martyrtod erlitten, ftiftete das Klojter mit eigenen
und Erb-Gütern im Breißgau, in der Ortenau und der Schweiz, und
von jet an heißt dieje zweite Stiftung Etto's-Münſter oder nad) dem
Hauptort der Mark Ettenheimmünjter. — Die weitere Geſchichte
des Kloſters iſt dargeltellt von Pfarrer A. Kürzel: Die Benedictiner-
Abtei Ettenheimmünfter, geſchichtliche Beſchreibung mit einer Abbildung.
Lahr 1870. Über die Zeit der Aufhebung |. ©. 130 ff. — Kolb,
Lexikon von Baden I. S. 281—283.
Eonventnalen.
1. Häusler, Arbogajt, von Offenburg, geb. 21. Juli 1755,
Prof. 1774, Br. 19. Dec. 1778, zum Abt erwählt im Juni 1793, lebte nach ber
Aufhebung in feiner Vaterftabt Offenburg, und ftiftete im 3. 1820 für Ettenheim⸗
245
münfter den Armenfonb mit einem Kapital von 6000 fl. Er ft. 13. März 1829,
74 3. alt.
2. Zmwiebelhofer, Othmar, von Raftatt, geb. 15. Sept. 1759,
Prof. 1. Nov. 1779, Br. 5. Zuni 1784, letter Prior 1801, fi. in Raftatt 1. Oct.
41826, 68 9. alt.
3. Bechtold, Landolin (oder Mihael Balentin), von
Mallbürn, geb. 8. Nov. 1770, Prof. 21. Nov. 1790, Pr. 30. Mai 1795, Iebte
bis 1828 zu Lichtenthal, dann in Walldürn, und ft. (nad bem Directorium von
1838) in Ettenheimmünfter 3, März 1837, 67 3. alt.
4. Bidermann, Joſeph, mehrere Jahre Prof. und Pfr. im
Klofter, admissus ad curam, ft. um 1821.
5. Brüftlin, Martin, von Alt:Breijah, geb. 1. Febr. 1746,
Prof. 21. Dec. 1766, Pr. 29. Zuni 1772, ft. in Lichtenthal (bei Baden) 23. März
1829, &4 2. alt.
6. Bühler, Landolin, von Friefenheim, geb. 1. Jan. 1755,
Pr. 3. Sept. 1775, lebte als Privatpriefter zu Frieſenheim (1821 ?).
7.*2? Burkard, Franz Zofeph, Pir. in Ettenheim, jt. 1821.
8. Digl, Johann Baptijt, ft. vor der Aufhebung. Seine
Schriften, meiftens Predigten, aufgeführt bei Grabmann, das gelehrte Schwaben,
9.* Fey, Anjelm, von Herbolzheim, geb. 12. März 1776,
Pr, 18. Sept. 1802, Pfarrv. zu Altborf 1809; Vicar zu Wallburg 1808—10 und
dann Bir. zu St. Roman 1811—36; farb als Kammerer und Pfr. in Ortenberg
24, Apr. 1839, 64 3. alt.
410, Freiftetter, Philipp Jakob, von Gengenbach, geb.
14. Febr. 1759, Pr. 17, Dec. 1784. Säcularifirt 1810. Pfr. zu Wagenftabt
1805—1825. Penftionär, lebte zu Gengenbad noch 1836.
11.* () Götz, Kafimir, von Wetterhaufen, geb. 29. Det. 1777,
Pr. 19. Sept. 1802, Pfarrcurat und Lehrer am Päbagogium zu Mabiberg 1818—21,
Pfr. zu Ettenheim 1821.
12. Häring, Ildefons, von Herbolzheim, geb. 23. Sept. 1777,
Pr. 18. Sept. 1802, Pir. zu Walbulm 1825—32, zu Oberfchopfheim 1832.
13. Hermes, Iſidor, von St. Leon, geb. 7. Mai 1772, Pr.
7. Zuni 1800, Pfarrhelfer zu Roth bei Wiesloch 1804, Pfr. zu Zeutern 1833,
fl. 27. Dec. 1847, 76 5 alt.
14. Sacquard, Benedikt, von Alt-Breifah, geb. 23. Dec.
1771, Prof. 7. Apr. 1795, Pr. 6. Juni 1800, Pir. in Söllingen 180636, fl.
26. Mai 1838, 67 J. alt.
15. Zohner, Hieronymus, von Eberöfeimmünfter (im Eljaß),
geb. 15. Sept. 1770, Prof. 21. Nov. 1790, Pr. 30. Mai 1795, Pfr. in Münchweier
1803, fi. bafelbft 28. Jar. 1838, 68 9. alt.
246
16. Kleinhans, Peter, von Schuttern, geb. 20. Yan. 1776,
Prof. 25. Nov. 1795, Pr. 7. Juni 1800, Pfr. in Ettenheimmünfter, Nachfolger bes
Bernbarb Stöber, 1804, ft. 11. Febr. 1818, 43 J. alt.
17. * Linz, Auguftin, Bicar zu Oberadern 1808—09.
18. * Linz, Gregor, Bicar zu Oberadern 1810. Dimissus ad
dioecesim Spirensem.
19. Maier, Ambros, von Bühl, geb. 15. Nov. 1764, Prof.
21. Nov. 1790, Pr. 30. Mai 1795, Pfr. zu Schweighaufen 1816—36, ft. als Penfionär
in Ettenheimmünfter 23. Sept. 1838, 75 J. alt.
20. PBelt)zolt (Pebold), Beda.
21. Scheidet, Johann Baptijt (oder Frz. Joſeph Jakob),
von Bühl, geb. 19. März 1762, Prof, 8. Juni 1783, Pr. 2. Juni 1787, Bir. in
Oberkirch und Iandesherrl. Decan 1815, ft. 30. Sept. 1849, 88 J. alt.
22. Spedt, Otto, von Forchheim, geb. 23. Jan. 1749, Prof.
11. Zuli 1773, Br. 20. Dec. 1777, zog nad) Baden. Er ft. 1821.
23. Stettberger, Hieronymus, von Offenburg, geb. 25. Mai
1778, Pr. 12. Juni 1800, Pirv. und Pfr. zu Alidorf 1810, Definitor, ft. 27. Oct.
1843, 66 3. alt.
24. Stöber, Bernhard, refignirter Pr. von Ettenheimmünjter
1804, ft. zu Ettenheim 8. Mai 1817,
25. Strob, Midhaöl, Senior, von Baden, geb. 13. Aug. 1722,
Prof. 17. Nov. 1743, Pr. 21. Dec. 1748, blieb im Klofter. *YJubelpriefter 21. Dec.
1798, vermacht 300 fl. für Arme und Schulen, und ft. 15. Apr. 1810, 88 93. alı
26. Thiebault, Arbogaft, von Straßburg, geb. 19. Det. 1768,
Prof. 1793, Br. 30, Mat 1795, Pfr. in Ulm (bei Lichtenau) 1818, refignirt 1836,
bann Beichtvater in Lichtenau, fl. 23. Aug. 1854, 86 3. alt.
27. Thiebault, Lubmwig, von Straßburg, geb. 21. Det. 1768,
Pr. 1797, Pr. zu Honau 1806.
28. * Tritihler, Joſeph, von Oppenau, geb. 1742, Br.
21. Dec. 1765, Pir. in Altdorf 1810.
29. * Wunſch, Xaver, Bicar zu Schweighaufen 1809.
V. Gengenbad.
*Eines der ältejten Klöfter des Landes, gegründet von Ruthard,
Herzog des alemannifchen Burgunds, des Sundgaues und der Ortenau,
Urenkel Pipins von Herijtal, nad dem Plane ſeines Vaters Arnold
oder Arnulf um 736, nad) Andern 746, mit feiner Gemahlin Wifegar:
dis Beihilfe zur Ehre der allerfeligiten Jungfrau Maria benannt, weh:
247
halb die Mönde bis zur Aufhebung alle den Beinamen Maria führten.
Durch Kaifer Heinrich II wurde das Klojter dem Bistum Bamberg
unterftellt. Über die Zuftände zur Zeit der Neformation |. Didc.:
Ardiv VI. 1ff., VII 81 ff.
Gengenbach wurde theilweiſe ſchon im Jahre 1803 ſäculariſirt;
man trug ſich eine Zeit lang mit dem Plane, hier die Conventualen
der übrigen Abteien zu vereinigen. Am 3. April 1807 warb die voll:
jtändige Aufhebung des Kloſters erklärt. Zur Pajtoration der Pfarrei
Gengenbadh murde ein Pfarrer und vier Gapläne aus den früheren
Mönden beitellt; den vier ältejten Patres wurde der Aufenthalt im
Klojter auf Lebenzzeit gewährt. Der Prälat erhielt eine Penſion von
5000 fi. an Geld und Naturalien, die Pfarrei wurde mit 2400 fl. für
den Pfarrer und vier Capläne botirt. Der Prior erhielt 550, ber
Subprior 500, die übrigen nicht actiwen Conventualen je 450 fl. Benfion.
Kolb aa. O. J. S. 363—368. %. Zell, Die Säcularifirung ber
Abtei Gengenbad, j. Didc.-Ardhiv VI. 295—316.
Conventnalen.
1. Schwörer, Bernhard Maria, von Gengenbadh, geb.
10. März 1754, Klofterpfr. 1790, Abt 1792, Pfr. von Gengenbady 1814, ft. 28. Sept.
1817, 64 J. alt.
2. Mayer, Johann Baptiit, geb. 5. Mai 1754, Pr. 6. Mai
1778, Klofterpfr. 1792—1807, Prior 1805. Nachdem er bie Pfarrei refignirt hatte,
lebte er als Penfionär im Klofter und ft. 8. Juni 1826, 73 3. alt,
3. Bernhard, Eolumban, geb. Mai 1735, Br. 1759. Kam
wahricheinlic vor 1807 aus ber ehemaligen Benebictiner:Nbtei Maurus:Münfter im
Elfaß nah Gengenbad; Benfionär. Er ft. 11. Mai 1812, 77 3. alt.
4. Brüderle, Placidus (Johann Michael), von Mittel-
bach (Pfarrei Gengenbad), geb. 23. Aug. 1779, Pr. 26. Mei 1804, Vicar in
Gengenbah bis 1822, Pfrv. zu Biberach 1825—26, Stabtpfr. in Haslach 1826,
1835 großh. Bezirks » Schulvifitator, Pr. zu Niederbühl (Amt Raftatt) 1845, ft.
29. Zuni 1859, 80 J. alt.
d. Budler, Ambroſius (Johann Baptijt), von Ehingen
an ber Donau, geb. 19. Juni 1780, Pr. 22, Dec. 1804. Bis 1823 Caplan ober
Bicar in Gengenbad. Am 15. März 1823 wurde er wegen Krankheit mit 450 fl.
penfionirt.
6. * Eifenmann, Friedrich, dimissus ad dioecesim Argen-
tinensem 1812.
7. Huber, Bartholomäus, Benfionär zu Gengenbad , ft.
31. Dec. 1818, 89 J. alt.
248
8. Iſenmann, Bafilius (Franz Sofeph), von Zell am
Harmersbach, geb. 1774, Br. 1798, erſter Säcularpfr, vom Orbinariate eingefett
1807; landesherrl. Decan 1812. Er ft. in Folge von MilitärsEpidemien am
Typhus 21. Jan. 1817.
9. Lad, Columban, Bruder des Gallus, von Hagenau, geb.
4. Sept. 1780, Caplan zu Gengenbad 1807, wurde Defjervant zu Blopsheim, und
ft. 7. März 1844, 64 J. alt.
10. Lad, Gallus (Franz Anton), von Hagenau, Prof. im
Klofter Schwarzach, Caplan zu Gengenbach 1807. Er zog fi Ende bes Jahrs 1807
in feine Heimat Hagenau zurüd und ft. zu Gambsheim 20. Apr. 1837.
11. * Linz, Gregor, Bicar zu Gengenbad 1809.
12. * Meyer, .., Pfr. zu Herthen 1809.
13. Scherer, Mauruß, von Zundmeier, geb. 11. Jan. 1782,
Pr. 1806, Eapları zu Gengenbad 1807, Pfr. zu Weine 1812,
14. Seuffert, Matthias Maria, von Kiffingen (Würzburg),
Prof. 8. Sept. 1753, Pr. 20. Mai 1758. Er wurde 1807 im Alter von 75 Jahren
erfter Caplan, Später Beneficiat der St.» Erharbspfründe, und fl. 25. Oct. 1819,
87 53. alt.
15. Walter, Betrug Maria, war im Jahr 1806 66 J. alt, ft.
zwifchen 3. Apr. 1807 und 19. Jan. 1808.
16. Wetterer, Bernard Paulinus, von Oberſchopfheim,
geb. 10. Oct. 1781, Pr. 21. Dec. 1804; Vicar in Zell am Harmersbadh von 1804
an, dann Prof. am Gymnaſium zu Offenburg, Pir. in Biberah (Amt Gengen:
bah) 1816, wo er 1839 refignirte, ftarb als Penfionär zu Gengenbad 16. Sept.
1860, 79 3. alt.
17. Wunſch, Amandus (Franz Xaver), Hatte erit zwiſchen
3. Apr. u. 4. Aug. 1807 fein Eramen gemadt und wurde beim Abgang bes P. Gallus
Lad als Hilfspriefter verwendet bis 1812; fpäter wurde er Pfr. in Staufen nächſt
Freiburg. (Er fommt im Schematism von 1821 nicht mehr vor.)
Die Folgenden Hatten jhon im J. 1803 daß Kloſter verlafjen
und Geeljorgepojten erhalten.
18. Breunig, Andreas Maria, Picar in Zell am Harmers=
bach, ft. 10. Mai 1804.
19. Derendinger, Ambros (Mihasl), von Ichenheim, geb.
10. Aug. 1762, Pr. 17. Mai 1788, Pfr. in Ortenberg 1806—1819, dann in Nieder:
fhopfheim bei Offenburg, ft. 3. Sept. 1832, 71 3. alt.
20. Fehnenberger, Auguftin (Johann Nepomuf), von Gen:
genbach, geb. 2. Jan. 1782, Pr. 22. Dec. 1804, Pfr. zu Petersthal 1815, Beichtiger
im Frauenflofter zu Offenburg 1835, Geifll. Rath. Er fl. 24. Mai 1862, 80
J. alt.
249
21. Götz, Johann Baptijt (oh. Nepomuk Anton), von Offen:
burg, Vicar in Zell am Harmersbach 1804 und im gleihen Jahr noch Pfr. in .
Biberach, ft. 17. Sept. 1815.
22. Hagenauer, Jakob, von Gengenbadh, geb. 21. Juni 1771,
Pr. 22. Juni 1794, Erpofitus zu Elgersweier feit 1799, fpäter Pfr. dafelbft, fl.
26. Juni 1840, 70 3. alt.
23. Müller, Hieronymus (Gabriäl), von Bühl, geb. 1. März
1775, Pr. 22. Sept. 1798, Pfr. in Oberharmersbach feit 1807, ft. 2. Juni 1828,
4 J. alt.
24. Pfaff, Nikolaus (Franz Xaver), von Hofmweier, geb. 3. Dec.
1756, Pr. 13. Juni 1787, Pfr. zu Zell am Harmersbadh 1804, ft. 5. Aug. 1831,
75 3. alt.
25. Quintenz, Eödleftin, von Gengenbach, geb. 5. Tebr.
1774 (ober 23. Febr. 1777), begab fih um 1803 nad Straßburg und fl. um 1814.
26. Reichert, Placidus, Stadtpfr. zu Gengenbad 1805.
27. Saas, Aldefong, von Oberkirch, geb. um 1763, Pr. 1786,
Pfr. in Ichenheim 1803, ft. 11. Apr. 1817, 55 J. alt.
28. Schmiberer, Benedikt, von Offenburg, geb. 8. Det. 1748,
Pr. 13. Juni 1772, fpäter Definitor des Ruralcapitels Offenburg, dann Privatpr.
zu Gengenbad, ft. 18. März 1822, 74 9. alt.
29. Shmittbauer, Joſeph (Ludwig), von Raftatt, geb. 9. Mai
1755, Pr. 1779, Pfr. in Dundenheim 1800—04, Iebte fpäter als Penfionär zu
Karlsruhe und ft. 6. Dec. 1830.
(Fortjegung im nädften Bande.)
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Catalogus religiosorum
exempti monasterii Rhenaugiensis,
congregationis Helveto - Benedictinae.
Coneinnatus
&
P. Fridolino Waltenspül,
eiusdem monasterii ultimo priore et archivario.
Typis excudendum curavit
Augustus Lindner,
cooperator paroch, in Oberperfuss,
Fontes et subsidia.
1) Archivum monasterii Rhenaugiensis, nunc (inde ab anno 1862) cum
bibliotheca et codieibus mser. Tiguri asservatum.
2) Diaria varia religiosorum Rhenaugiensium msecr.
3) P. Mauritii Hohenbaum van der Meer: Historia diplomatica monasterii
Rhenaugiensis. Partem priorem edidit @. Zapf in monumentis anecdotis, Aug.
Vind. 1785. (Cfr. Archivum dioeces. XI, 15.)
4) Necrologium congregationis Helveto-Benedictinae, mscr. in archivo
Einsidlensi.
5) P. Bern. Rusconi: Catalogus abbatum et religiosorum monasterii Rhe-
nov. mscr. continuatus usque ad annum 1830.
6) Catalogi religiosorum Rhenaug. impressi, a medio saeculi 18 usque
ad annum 1862.
TI) M. Hohenb. van der Meer: Kurze Gefchichte ber taufendjährigen Etifs
tung des Gotteshaufes Rheinau, nebft getreuem Verzeichniſſe ber Ädte und der merk:
wiürbigen Begebenheiten, die fich unter benfelben zugetragen. Donaueſchingen,
1778. Fol.
Ad saecularia undecima — ast proh dolor! — non amplius
celebrata.
Lectori benevolo.
Monasterium Rhenaugiense, ordinis s. Benedicti, pau-
lum infra Scafhusium in insula Rheni situm, plus quam mille an-
nis a primitiis suis constitit et quamvis maxima non raro per
longum hoc saeculorum spatium pericula atque ultima paene dis-
crimina perpessum, culturam nihilominus tam populi quam agri
adjacentis quoquoversum magnopere promovit atque numerosos,
ut sequens catalogus nos docet, protulit aluitque viros et
scientia et pietate praestantes.
Et hoc asceterium tamdiu servatum atque de religione, de
scientia, de agricolatione optime meritum nihilo secius decreto re-
giminis Tigurini ante aliquot lustra penitus dissolutum abo-
litumque est.
Conservationem suam diutius sperabant Rhenaugienses, abbate
complures apud aulas omnem lapidem movente, qui etiam ad Lieo-
poldum, Magnum Badarum Ducem, legationem misit, obse-
crans principem optimum, ut ratione latifundiorum monasterii in
territorio Badensi sitorum, dissolutioni fraterni coetus pro viribus
repugnaret. At, abolito jam 1854 jure epavorum frustrati sunt
omnes ejusmodi nisus!
Rhenaugiam, opulentum non minus quam vetustum mona-
sterium, praedam sibi fecerunt Tigurini. Cunctis possessionibus
eius brevi manu confiscatis, omnia claustri mobilia, cum biblio-
theca locupletissima, cum toto monumentorum archivo et manu-
seriptorum thesauro, domum deduxerunt!
Suppressione monasterii anno 1862, die 2. Martii, cum 157
ex 180 votis decreta et funesto hoc suffragio die 22. Aprilis
jamjam confirmato, ineunte Maio commissarii extinctionem
peracturi e Turico celerrime Rhenaugiam advenere, atqui id qui-
dem affırmari debet, administratorem mopasterio ab eis posi-
tum, virum bonum atque benevolum, longe dfluisse, ut abbatem
254
aut conventualium quempiam non humanissime tractaverit. Die
15. Augusti, festo patrocinii ecclesiae monasterialis, abbas ultimo
celebravit officium pontificale et post septimanam patres monaste-
rium derelinquere sunt coacti.
Perlecto catalogo religiosorum Rhenaugiensium violentam
hanc excisionem monasterii eo magis indignamur, quo minus de
propensa conventus voluntate ad erigenda quaelibet instituta
educatoria atque charitonia recentiori genio respondentia
dubitari potest. Regentes autem Tigurini, confessionali zelo in-
censi ac lucri studio obeaecati, optimas patrum condiciones nulla
earum habita ratione refutabant.
Certe catalogus noster ad instructivam nos lectionem ad-
dueit; tria vero praesertim sunt, quae ille exemplis domestieis sat
multis testatur: Post elara primordia tempore s. Fintani prosperos-
que exinde successus ingravescens in dies malum labescentis dis-
ciplinae et prolapsae oeconomiae monasticae, posteaque vero, erecta
congregatione Helveto-Benedictina, mira ex rebus adversis assur-
gens monasterii restauratio, quae jam mox uberes laetosque
fructus promittebat.
Namque inde a tempore, quo filii minores ex patriciorum
ac nobilium familiis monasticos quaerere consueverunt ordi-
nes, labescere coepit disciplina una cum oeconomia, scholis literis-
que. At feliciora dein sequuta sunt tempora, ubi monasteria
Benedicetina reflorescebant atque in eum rerum suarum resti-
tuebantur statum, quo illa exeunte saeculo decimo octavo paene
omnia claruisso scimus.
De ultima patrum Rhenaugiensium serie paucissimi ad-
huc restant, quos inter catalogi nostri concinnator assiduus, qui
hoc senili opusculo praedecessoribus suis lugente animo parvum
recordationis monumentum statuere sibi proposuit.
Opusculum istud, cui pauca haec praefanda putavimus, multi
indefessique laboris est fructus, quo in personalem monasterii
Rhenaugiensis statum singillatim introdueimur. Magnum coeno-
bitarum numerum omni tempore suo illud alebat, qui paene
omnes tam religioni suae avidissime addicti, quam scientiarum et
artium studiis dediti, necnon rei oeconomicae atque agricolari uti-
lissime serviebant.
Plures quidem duris disciplinae monasticae flagitationibus
succumbebant, plurimi autem diuturnam obtinebant aetatem,
singuli vel annum 80m aut 90m aetatis attigerunt! Et securam
confertim, oratione et labore studiogue, consumebant vitam,
255
ex qua decedebant sine aere alieno et sine prole famelica Tali
modo in monasteriis quaestio illa difficilis de communi possessione
atque de coercenda pauperum propagine satis bene soluta erat.
Quid autem, si omnes illi asceteriis recepti mundanae alio-
quin vitae utcunque se mancipantes, initis levissime conjugüs,
prolem produxissent, quae stirpem per saecula propagaret?
Id hodie maximam partem nihil aliud esset, quam millies millies-
que multiplicata miseria!
Unde haud mirum, quod penes multos aetatis nostrae viros
existimatio jam recepta sit, ex abolitione monasteriorum
maxime eam surrexisse proletariorum pauperumque
multitudinem, qua recentiorum temporum societas
tam graviter perielitetur.
Monasteria temporum progressu certe in multos abusus
inciderant et multa mala acervaverant, unde necessitas refor-
mandi eorum instituta est coorta. Ast infantem cum solio pro-
fund@bant reformatores, ut vulgare Germanis proverbium sonat.
Abusus in monasteriis abrogandi, peccata corrigenda, mala
evellenda erant, sed proh dolor, difficili hoc negotio perfungi ne-
sciebant illi, nisi vi et vastatione.
Ubi ea necessitas ursisset, arboreta caute provideque abla-
queare, insani exstirpando radicitus laboris sui pensum violenter
peragi debere putabant. Sub hac nimirum avida reformandi so-
lertia latitaverat auri fames et acquirendi stimulus eorum, qui
hereditatem ejectorum confiscavere.
Extra immensa monasteriorum merita circa religionem, circa
artes literasque, monachi etiam ea industria, qua regiones cultu
vacantes laboribus suis frugiferas et habitabiles reddidere, summam
laudem meruisse omnino constat. Nec enim unquam saecula-
res possessores latifundia illa atque bona dispersa monasteriis a
benefactoribus donata aut ab afflictis accolis vendita, tam circum-
specte, ordinate et rite coluissent, quam id monastica oecono-
mia per fratres laicos et colonos suos assequi potuit.
Vulgare illud praejudieium, quo communitates claustra-
les ad internecionem usque persequebantur, ex odio aut inseitia
ortum, consilio et experientia sanabitur. Nam crescentes in diem
angustiae, vicissitudines atque novissimae societatis nostrae calami-
tates exitiabile communis rei periculum accelerabunt, quo immi-
nente nostrates tandem ad sanam vitae rationem et communem
verae salutis humanae cognitionem reversuros existimamus.
Tune etiam monasteriis tam injuste sepultis stellam resur-
256
rectionis orituram optamus, quod certe, consueta hominibus
rerum suarum mutatione, sperare non audacius videbitur.
Jam aliquando (circa saeculum duodecimum) per Germaniam
superiorem inopia et angustiae populo ex nimia prole enatae
in tantam duxerant miseriam, ut innumera rusticorum juventus
conjugio atque saeculo renuntiare et sub alicuius sacerdotii obe-
dientia vivere studerent, quin etiam ut multae villae ex integro se
religioni traderent. Et omnia in mundo facile redintegrari
posse, quis nesciat.
B.
Fundatores et restauratores monasterii.
Fundator primarius est Wolfhardus (Welf, Welfus mag-
nus), filius Ruthardi missi dominiei in Alemannia. Condidit mona-
sterium in insula Rheni fluminis, Rinowe dicta, anno 778. Di-
ploma fundationis nullum exstat. Ex literis authentieis vero
constat, loca primaevae fundationis fuisse: Tezeln, Basendingen, Lot-
stetten, Rafts, Palm, Langwisen, Fluerlingen, Mörlen, Tachsen,
Laufen, Gaienhofen, Holzheim, Bürglen et Morishausen.
Restauratores erant: Wolfinus (Welf, etiam Ethico
dietus) filius Wolfhardi, et Wolfenus, filius Wolfini, nepos Wolf-
hardi. Posterior (seil. Wolfenus, aliis Wolvenus) impulsu, ut
fertur, s. Fintani de Scotia in Alemanniam profeeti, monasterium
destructum pro remedio animae suae et antecessorum suorum
basilicam atque aedificia refecit, monachos dispersos collegit
et forsan etiam aliquos ex coenobio s. Galli, ex Augia divite
adscivit.
Hoc felieiter coepto Wolvenus una cum fratribus abbatem
elegit Gozpertum e mon. s. Galli postulatum, circa 851. Dein
Moguntiam adiit, ubi 852 rex Ludovicus concilium convocaverat, ut
per confirmationem et per privilegium libere eligendi abbatem et
advocatum restaurationi suae firmitatem praeberet, quod et inter-
ventione Hrabani metropolitani Moguntini, Salomonis epi-
scopi Constantiensis et Folewini abbatis Augiae divitis a Ludo-
vico Germanico obtinuit. Successu dein temporis ipse factus est
abbas Rhenaugiae 858. Exuvias s. Blasii episc. et mart. e Roma
attulit, quarum pars (retento cranio) ad cellam Albam circa 866
fuit translata, quae in posterum audiit monasterim s. Blasii viris
eruditis celeberrimum.
257
Series abbatum Rhenaugiensium '.
1. Gozpertus, e monast. s. Galli postulatus, circa 851. 2. Ant-
wartus, c. 856. 3. Wolvenus, restaurator, 858, mort. 28. Dec.
878. 4. Wichramus, 885. 5. Gozpertus, 888. 6. Rupertus, 912.
7.S. Conradus, ep. Constant. restaurat. 963 usque 975. 8. Wi-
pertus (Wipract), elect. 975, mort. c. 977. 9. Sigehast (Sige-
hart), 980. 10. Adelbertus, 990 mort. 2. Aug. 992. 11. Not-
kerus, 995, mort. ec. 1010. 12. Burchardus, 1023. 13. Birch-
tilo (Pirchtilo), elect. 1026, mort. 3. Apr. c. 1040. 14. Ri-
chardus, 1049, mort. 16. Febr. anno incerto. 15. Gerungus
(Cherung), elect. c. 1060, mort. 8. Oct. c. 1094. 16. Rumoldus,,
episcop. Constant. 1065—67. 17. Gerungus iterum, 1067—94.
18. Chuno, profess. Hirsaug. postul. ex Petri domo, 1095—97.
19. Wolvenus II, ce. 1100. 20. Otto, profess. Hirsaug. antea
abb. Blauburanus, 1105, mort. 26. Nov. 1124. 21. Dietmarus,
elect. 1124. mort. e. 1140. 22. Othmarus, 1146. 23. Diet-
helmus de Othwilare, postul. e s. Blasio, 1159, mort. 9. Apr.
c. 1161. 24. Henricus, 1187. 25. Henricus de Wartenbach,
1206. 26. Burchardus, c. 1230. 27. Hermannus, 1242.
28. Eberhardus, 1242, mort. 1245 vel 1246. 29. Henricus
de Thann, ep. Const. administrator, 1246, mort. 21. Aug. 1248.
30. Bertholdus a Falkenstein, simul abbas s. Galli, 1249, mort.
1. Mart. 1271, 31. Joannes a Krenkingen, intrusus, 1261—80,
mort. 1281. 32. Conradus ab Herten, 1280, mort. 23. Oct. 1303.
33. Henricus ab Aitlingen, elect. 1303, mort. 23. Oct. 1329.
34. Henricus de Neuenburg, 1330, mort. 29. Oct. 1350.
35. Henricus de Aitlingen, 1352, mort. 2. Mart. 1380. 36. Con-
radus Majer de Jestetten, 1380, mort. 9. Nov. 1404. 37. Con-
radus de Gisingen, 1404, mort. 12. Jul. 1409. 38. Henricus
de Betmaringen, 1409, mort. 1409. 39. Hugo ab Almishofen,
1409, res. 1434, mort. 1451. 40. Joannes Kumbar, postul. e
Monte Angel. 1434, res. 1441. 41. Eberhardus Schwager, prof.
Hirsaug. 1441, m. 13. Apr. 1466. 42. Nicolaus Rudger (Ruegger),
i Nomina abbatum ab 778 usque 851 diplomatice probari non possunt:
sunt prorsus vaga et incerta. Etiam temporibus subsequentibus raro anni.
guibus electi vel defuncti, certo constant. Proinde anni additi (nisi aliud ad-
datur) significant, eo tempore illorum in certis chartis vel diplomatibus men-
tionem fieri.
Ardiv. XII. 17
258
c. 1466, m. 9. Dec. 1478. 43. Laurentius a Rischach, 1478,
m. 10. Febr.,1483, 44. Joannes Conradus de Griessen, 1483
elect. res. 1498, obiit 4. Aug. 1499. 45. Henricus de Mandach,
1498 elect. ob. 25. Febr. 1529. 46. Bonaventura a Wellen-
berg, primus infulatus, 23. Mar. 1529, ob. 31. Jan. 1555. 47. Joan-
nes Henricus Schenk de Castell, 19. Febr. 1555 eleet. ob.
22. Nov. 1559. 48. Michaöl Herster, 19. Dec. 1559 elect. ob.
7. Jan. 1565. 49. Joannes Werlin a Greiffenberg, 21. Mart. 1569,
ob. 21. Aug. 1598. 50. Geroldus Zurlauben, 24. Aug. 1598,
ob. 23. Febr. 1607. 51. Udalricus Koch, 2. Mar. 1607, resig.
18. Jul. 1613, ob. 17. Aug. 1639. 52. Eberhardus de Bern-
hausen, 29. Jul. 1613, ob. 11. Dec. 1642. 58. Bernardus a
Freyburg, 15. Dec. 1642, ob. 24. Apr. 1682. 54. Basilius Illen,
30. Apr. 1682, ob. 27. Jan. 1697. 55. Geroldus Zurlauben,
6. Febr. 1698, ob. 16. Jun. 1735. 56. Benedictus Ledergern,
30. Jun. 1735, ob. 15. Nov. 1744. 57. Bernardus Rusconi,
1. Dee. 1744, ob. 28. Aug. 1753. 58. Romanus Effinger, 11. Sept.
1753, res. 7. Jun. 1758, ob. 30. Jul. 1766. 59. Januarius
Dangl, 20. Jun. 1758, ob. 4. Apr. 1775. 60. Bonaventura
Lacher, 26. Apr. 1775, ob. 15. Jun. 1789. 61. Bernardus Mejer,
2. Jul. 1789, ob. 4. Oct. 1805. 62. Januarius Frey, 23. Oct.
1805, ob. 23. Oct. 1831. 63. Januarius Schaller, 10. Nov. 1831,
ob. 4. Sept. 1859. 64. Leodegarius Ineichen, 16. Sept. 1859.
Exstineto monasterio illud 22. Aug. 1862 deserere coactus, obiit
in Schaenis 7. Sept. 1876.
1. Monachi ab antiquissimis temporibus usque ad
annum circiter 900.
Licet certum sit, jam a tempore primaevae fundationis mo-
nachos in asceterio nostro exstitisse, cum monasterium mona-
chorum jam ante restaurationem ? fuerit vocatum, immo ipsa re-
stauratio monasterium sane non vacuum supponat; denique in
charta anno 844 data memoratur, concambium cum concessione
fratrum fuisse factum, eorum tamen numerus ac nomina nobis
1 Restauratio facta a Wolveno circa annum 851.
259
ignota sunt, nisi forte paucorum, qui tempore restaurationis adhue
superstites erant, catalogo Sangallensi ut jam pridem mortui
nominatim inserti.
Quam porro fidem mereatur liber iste „fratrum Conscriptorum“
monasterii s. Galli, vel ex eo liquet, quia post tot saecula nobis
eommunicatus mirifice cum coaevis monumentis nostris concordat,
in quibus nullus monachus reperitur, qui non eidem libro fuerit
inscriptus, ut adeo etiam quoad reliquos, qui in chartis nostris
non exprimuntur, plenam omnino faciat fidem.
Sunt autem in praedicto catalogo primaeva eademque manu
adnotati unacum tribus abbatibus Antwarto, Wolveno et
Wichramo religiosi omnino 46, ex quibus 22 presbyteri, 3 dia-
coni, 8 subdiaconi, 1 clericus et 9 monachi. Post quos statim
sequitur minor ac contractior scripturae character, aliis etiam no-
minibus interpolatus. Cum ex chartis nostris constet, inter illos
46 aliquos ex prioribus sub Wichramo vixisse, ex posteriori-
bus autem illo tempore jam fuisse defunctos, dubium nullum est,
prius inseriptos fuisse de facto, id est, anno 885 viventes, ac deinde
jam mortuos, saltem a tempore restaurationis. |
Quousque vero viventes inscripti sese extendant, conjicere li-
cet ex Winithero, qui ponitur numero 27” Cum enim juxta
chartam XIII ille anno 875 nondum fuerit monachus, credibile
est, eum tempore erectae fraternitatis adhuc vixisse, ac conse-
quenter, reliquos omnes, qui in catalogo ei praeponuntur, ac nu-
- merum 24 explent, simul totum conventum, sub Wichramo ab-
bate constitisse.
Quod mirum nemini videri debet, cum monasterium nostrum
opibus adeo auctum non solum tot, quin etiam pluribus alendis,
omnino fuerit sufficiens. Convenit etiam iste numerus cum eo,
quem refert Crusius, nimirum Carolum Magnum tot monasteria
fundasse, quot litterae in alphabeto numerantur, et in singulis
monasteriis 23 monachos, praeter abbatem, constituisse.
Post Winitherum usque ad s. Fintanum sex sequuntur
religiosi, qui fortassis jam antea erant defuncti, cum ipse Sanctus
sine dubio inter defunctos recenseatur. Jgitur verosimile est, hos
sex religiosos tempore restaurationis jam fuisse in monasterio;
si enim tunc primum unacum Fintano advenissent, non foret ratio,
eur iste illis non fuisset antepositus, cum certum sit, eum a re-
stauratore ipso in monasterium fuisse introductum.
Qui sequuntur s. Fintanum, omnes quoque ante initam a
Wichramo fraternitatem obierant. Quo vero tempore ingressi
17°
260
sunt monasterium,, statuere non licet, nisi de illis, quorum in
chartis fit mentio; hosce postea singillatim recensebimus.
Quandoquidem vero Liuthere jam anno 856 inter juvenes
religiosos numerabatur, idemque adhuc anno 885, inter viventes
primos senioresque hoc in catalogo exhibeatur, pronum est eredere,
eos, qui eidem praeponuntur, ante ipsum ad conversionem ve
nisse, proindeque juxta regulam Benedictinam ordine processisse.
Igitur credibile est, eos saltem tempore restaurationis professos
praesentesque fuisse praeter eos, qui unacum Gozperto I ex
monasterio s. Galli aut ex Augia Divite submittente Folcwino
abbate, in subsidium advenerant. 'Sunt autem tres sequentes:
1. Adalhart prbtr. 3. Thiotine prbtr.
2. Perahtker prbtr.
Et quid impedit, si Adalhardum praepositum vocemus,
qui ad exemplum aliorum monasteriorum, sine dubio etiam in
nostro, constitutus fuerit, et pro honore officii primus post abbatem
nominatur? Minutiora haec quidem sunt, sed quia antiqua et
nostra, ideo non spernenda. Certum interim videtur, praeter
Liutherum ac tres mox memoratos sub primis tribus abbatibus
vixisse sequentes:
4 Rumolf prb. 14. Notker mon.
5. Lobegis prb. 15. Luito subdiac.
6. Odalhart prb. 16. Meginhart prb.
7. Richprecht prb. 17. Findican subd.
8. Wago mon. 18. Weifhere prb.
9. Herimar prb. ! 19. Hiltine prb.
10. Findan mon. 20. Tunach mon.
11. Engilhart prb. 21. Sigimar mon.?
12. Emicho prb. 22. Thingolt mon.?
13. Suab prb.
Quibus, si quatuor nominatos adjungas, erunt monachi viginti
tres; his autem successive praemortuis substituti sunt ex posteri-
oribus sequentibus, quorum plerique jam sub Wolveno monachi
1 Monachi n. 4 usque 9 inclusive residui de tempore ante restauratio-
nem monasterii.
2 Quaerendum, an Sigemarus iste unus idemque sit cum dynasta huius
nominis, qui anno 858 Cellam Albam (postea monasterium s. Blasii), ad
stabiliendum inibi servitium S. Mariae, coenobio‘ Rhenaugiensi tradidisse
scitur. DB.
®? Monachi an. 4 usque 22 inclusive jam ante annum 885 obierunt.
261
erant, sub Wichramo vero integrum conventum constituebant.
Eorum nomina sunt ista:
23. Adalhart prb. 35. Egilhart diac.
24. Perahtker prb. 86. Odalger prb.
25. Thiotine prb. 837. Cunthere sub.
26. Liuthere prb. 88. Peringer prb.
27. Othart mon. 39. Adalung diac.
28. Isambrecht prb. 40. Luitpreht subd.
29. Pald mon. 41. Wolfdrige prb.
30. Richker prb. 42. Walthere subd.
* 31. Adileor diac. 43. Othart subd.
82. Hunbrecht prb. 44. Wolfhart subd.
83. Egilger mon. 45. Otine subd.
34. Wolfhart prb. 46. Winidheret cler.
Notitiae ad praecedentem elenchum.
Praeprimis fons, ex quo hausimus, aliquatenus aceuratius de-
scribendus est. Manuscriptum istud, cui titulus: liber fratrum
conscriptorum monasterii s. Galli, adhuc asservatur in
archivio Sangallensi; est pergamenus, in quarto majore, et saeculo
IX inseribi coeptus, in quo distinctis columnis, quae sub initium
variis coloribus pictae, nomina eorum exhibentur, qui in fraterni-
tatis consortium et bonorum operum communionem a Sangallen-
sibus sunt suscepti.
Quod monasterium Rhenaugiense attinet, ibidem legitur:
Anno ab incarnatione dominica DCCCLXXXV, indietione III im-
perante serenissimo domino Carolo imperatore augusto, facta est
conventio salubris inter monasterium s. Galli, cui tunc venerabilis
abbas Bernhardus praeesse videbatur, et aliud monasterium,
quod Rinowa nominatur, ubi Wichramus? praefuit ipso tem-
pore ꝰ.
i 'Thiotine, Liutbere, Adilgoz, Engilhart, Liutpreht et Winithere occur-
runt etiam in chartis annorum 853, 856, 870, 875, 876 et 892.
? Viri supra nominati erant Carolus Crassus, Bernhardus, abbas
8. Galli, qui successerat Hartmuoto, anno 884, et Wichramus, abb. Rhenau-
giae, successor Wolveni anno 878.
® Instrumentum istud editum est a Goldasto (Rer. Alemann. II, 141),
sed ita confuse et mendose, ut Vandermeerius autographum ipsum inspi-
cere sategerit.
262
Nota ad num. 10 elenchi. Sanctus Fintanus, genere Scotus,
civis provinciae Laginensis, circa annum 800 natus, postquan
Franciam et Alemanniam peragravit atque Italiam, ubi beatorum
Apostolorum limina atque urbis loca sacra lustravit, ad comitis Ky-
burgensis Wolfehardi filium Wolvenum venit, et Rhenaugiae
monachus effectus est anno 851, ubi per quinquennium singulos
virtutum gradus ascendens, tandem majore profectus amore incen-
sus, in arctissimo loco se contulit et inaudita corporis abstinentia
carnem perdomuit.
Cum permissu abbatis sui (Antwarti) quartam partem panis
in quotidianum sibi vietum ut ceteris fratribus deputati uno
anno, et in altero dimidiam, et tertio anno tres tertias quarta sibi
solummodo parte reservata, libens pauperibus erogavit. Pro
lectisterniis lapides velatos, adhuc inter fratres pausans, corpori
occulte supposuit, atque paululum requievit, donec cunctis quies-
centibus secreto se in orationem dedisset.
S. Fintanus igitur, arctissimo loco inclusus, qui situs est
ad septentrionalem partem basilicae B. Mariae 22 annos incompars-
biliter corpus perdomuit. Nam post primum supradictorum an-
num cilicio indutus, calore ignis nunquam refectus, non pausans
in lecto, balnei lenitatem devitans, jejuniis, vigiliis orationi-
busque indesinenter insistebat. Pane vero post annum primum
ingressionis et post sedecim annos ab omnibus, quae mandi pos
sunt, extra pisciculos et hos paucissimos abstinuit '.
Omnia calendaria Rhenaugiensia a saeculo X ponunt obi-
tum s. Fintani ad diem XV. Novembris. Mabillonius a
signat annum 826; nos vero proponimus annum 878, cum anno
851 Rhenaugiam venerit, 5 annos inter fratres et 22 inclusus vi-
xerit. Sancto nostro extra ecclesiam in loco reclusorii versus
septentrionem sacellum erat consecratum, usque dum invento
sepulchro ipsius in choro S. Petri, ibidem intra ecclesiam anno
1446 altare erigeretur.
Abbas Bonaventura de Wellenberg basilicam monasterü
ab haereticis penitus evacuatam ex toto renovavit et mausolaeum
Fintani reparavit, quod perstitit usque annum 1705. Erat ex
i Sie Fintanus non solum spiritus fervore remurmurantem camem
frenabat, sed etiam per carnem ipsam diro jejunio atque continnato corporis
torınento debilitatam. Saeculum nostrum haud capere potest zelum illum, qui
ad coelestia aspirans terrena despernere et summo conatu supprimere sole-
bat. B.
263
structum in quadro instar domunculi, longitudine et altitudine
septem cireiter pedum, latitudine vero ferme sex. Circa tectum
eingebatur corona itidem lapidea, supra quam infixi novem clavi
pro cereis candelis in ejusdem festo ad utrasque vesperas et s. of-
firium accendendis. Ex anteriore parte versus altare Apostolorum
habebantur insignia, a dextris quidem monasterii, in medio Fin-
tani, et a sinistris abbatis Bonaventurae.” Super tectum po-
sterioris partis stabat illius statua ex ligno sculpta, habitu mo-
nachi, dextra tenens librum, sinistra baculum peregrinalem ;
humeris insidebat nivei coloris columba.
Destructa veteri et nova aedificata ecclesia sub abbate
Geroldo II mausolaeum novum in eodem loco positum fuit, ubi
prius steterat. Unde cum ad praedictum sepulchrum exstruendum
anno 1710 fundamenta jacerentur, infra terram alius fornix se-
pulchro similis repertus est arena subtili impletus et opertus
murato operculo longus 6, latus 2, profundus 4 pedes. Die
12. Apr. dieti anni Geroldus primum lapidem novi mausolaei
imposuit, et triduo deinde benedixit lapideam statuam ejusdem
Sancti mausolaeo imponendam. Item duas capsas, unam quer-
einam, cui terra de sepulchro Fintani inclusa sepulchro impositam,
alteram plumbeam minorem, cui duae particulae de eodem
Sancto in vitreo vasculo inclusae.
Capsa autem quercina (reperta in veteri sepulchro) 2 pedes
longa et 1'/, lata, continebat l.terram cum pulvere de reliquiis
s. Fintani mixtam; 2. de pannis et vestibus ejusdem Sancti;
3. fibulam fractam de cultro; 4. viride et nodosum vitreum vas-
culum 4'/, uncias altum; 5. corruptum sigillum abbatis Bona-
venturae; 6. antiquum operculum repertum in antiquo mauso-
laeo, cum insigniis supra et infra abbatis Udalrici decoratum.
Liber miraculorum Fintani periüt, qui creditur ab ipso
scriptore vitae ejusdem Sancti exaratus, et quidem cum cautela
multisque adhibitis testibus. Quapropter cultus aliquis ejusdem
haud diu post obitum suum coepit. Officium ejus publicum apud
nos exstat scriptum sub initium saeculi XI.
Anno 1376, 26. Sept. Gregorius XI pontifex largitus est
Henrico Wetlich Rhenoviensi gratiam exspectativam pro pa-
rochia Buelensi. In hoc brevi ista leguntur: Conventus monasterii
s. Fintani in Rinaugia. Unde conjicere debemus eundem jam
diu ante 1446 fuisse sanctificatum.
Sacrum ejus corpus anno 1446 denuo repertum et auctori-
tate Constantiensis episcopi Henrici de Hoerden exhumatum
264 .
fuit. Probabile autem est, integrum corpus repertum et exhums-
tum fuisse, ita enim litterae exhumationis absolute loquuntur. Ve-
rum praeter sacrum caput, duo brachia, eineres aliquos et pere-
grinalem craterem modo nihil exstat. Reliqua enim ut conjectu-
ratur, cum aliis reliquiis et imaginibns igne per Tigurinos anno
1530 in religionis mutatione absumpta.
Anno 1710, dono datae sunt ratori caesareo comiti de Traut-
mannsdorf Badenae consistenti reliquiae de s. Fintano, scilicet
os insigne digiti cum literis authenticis. Item anno 1720 data est
Bonifacio Principi abbati Fabariensi insignis partieula cum
authenticis.
Quatuor erant propria de s. Fintano, in vigilia, in natali
die 15. Nov., in translatione et in qualibet die Martis missa votiva.
Anno 1617 antiquissimum officium canonicum Sancti nostri suspen-
sum, at 1642 reassumptum. Habet Fintanus in nova ecclesia spe-
ciale altare et assumptus est in patronum primarium dictae ecclesiae'.
Nota ad num. 37. Suab presbyter, recensitus inter de-
functos eirca 858, jam grandaevus monasterium ingressus est. Sie
enim loquitur in donatione praedii in Waldkirch data Toingae:
E90 presbyter Suab regni aeterni gaudia quaerens, libet me omnes
acquisitiones meas Deo dare, ut eas cum aeternitate valeum invenire.
Et paulo post subdit: Me quoque sequuturum promitto.
Ad num. 40. Meginhart presbyter jam anno 855 mon#
sterium ingressus est, prout ipsemet hisce verbis testatur: Ey
Meginhart indignus presbyter, divina gratia compunctus , verba
! Auctores, qui de S. Fintano agunt: Goldastus edidit ex codice
Sangallensi vitam s. Fintani in tomo I rerum Alemannicarum; Mabill«
nius in actis Sanctor. saec. IV; Bucelinus in Constantia Benedictina II,
ad ann. 800 (adhue MS.); Gononus in appendice ad vitas patrum oceidentis;
Cointius VII ad ann. 805; Guilimanus in reb. Habsburgieis; Vitus,
Flugius, Manlius et Murerus in Helvetia sacra; Ranbeck in calenda-
rio Benedietino; Stumpfius et Crusius in chron. suis; Hottinger in
ann. eccl. Helv. ad ann. 800; Colganus in actis Sanctor. Hyberniae; Stöck-
lin, professus Murensis et abbas Desertinensis; Effinger. abb. Rhenaug-
in judieio divi Thomae, item ex nostris Roman a Lauffen, Carolus Besler,
Deodatus Müller, Fintan Birchler et M. Vandermeer. Ofr. Arch. Diöc
XT, 14.
Praeferenda tamen auctoris coaevi relatio, quae quidem in originali
deest; adsunt tamen inter MSS. nostra pergamena duo apographa antiqua, unum
saec. XI et alterum saec. XII. Exemplar multo antiquius in bibliotheca Au-
giae divitis asservabatur, quod vix saeculum a morte s. Fintani excedit, et
aliud (usque ad ann. 1802) in biblioth. monasterii Zwifaltensis.
265
redemptoris horrens, quae suis discipulis innuit, qui non renun-
tiat omnibus, quae possidet, non potest meus esse dis-
cipulus. Ideo namque complacuit mihi, ejus esse discipulum, et
quidgquid in termino Mettlingen habere visus sum, ad mona-
sterium Rinaugia tradere, tantum in eam videlicet rationem, ut
ibi locum meum et nutrimentum habeam, quamdiu vivam. Non
vixit tamen usque ad Wichrami abbatis regimen, sed obiit
ante 879.
Ad num. 41. Findican subdiaconus, qui cum unicus praeter
Fintanum inter reliquos Rhenovienses idioma scoticum prae se
ferat, ceredibile est, eundem individuum illius uxoris socium fuisse
utrumque simul ad insulam nostram appulisse, ac denique, Findi-
canum huncce esse Fintani vitae scriptorem, unde cum
aliquot annis Sanctum supervixerit, in praefixo elencho consecri-
ptorum post ipsum (num. 41, 17) inter defunctos adseribitur.
Ad num. 45. Sigimar (Sigemar) monachus probabilissime
fuit vir ille nobilis pater monachi Liutheri, qui filium in con-
versione insecutus est, unde in charta sua aeque pro semetipso
ac pro filio suo loquitur, licet utriusque propositum non exprimat.
Amborum conjunctio in eodem Sangallensi catalogo Fratrum Rhe-
naugiensium id ad exemplum restauratoris nostri Wolveni factum
fuisse demonstrat. Cum autem inter postremos num. 45 recen-
seatur, certum est, eum inter mortuos tempore Wichrami fuisse
adscriptum, ut qui jam senex venerit ad conversionem.
Ad num. 6. Thiotine presbyter probabiliter est ille, qui
concambium cum monasterio fecerat sub nomine Thiotinis pres-
byteri anno 853. Proinde oppido inter senes sub Wichramo
numeratur.
Ad num. 7. Liuthere presbyter. Hunc filium esse Sige-
mari, qui cellam albam (postea s. Blasii) Rhenaugiae donavit,
praecise ex charta donationis dubitare quis posset? Dicitur enim
ibi tantum pro semetipso et filio suo Liuthere,; verum mserpt.
nostrum, quod chartulario antiquius, Liutherum disserte vocat
monachum. Proinde Liuther haud diu post annum 856 (quo
data scitur illa charta) factus est monachus, et cum juvenis esset,
inter seniores et presbyteros post 30 annos apparet.
Ad num. 11. Richker presbyter memoratur in charta XX,
data anno 878. Probabiliter ille est, qui in praesenti catalogo
inter vivos recensetur.
Ad num. 16. Egilhart diaconus, vocatur in charta XV,
quae data est anno 876 et in tertia persona tempore praeterito,
266
per modum tamen publieci instrumenti, significat, eum haereditatem
suam monasterio tradidisse. Cumque ante Winitherum in cata-
logo ponatur, dubitari nequit, eum diu ante professum fuisse, licet
hujus donatio uno anno tantum praecesserit illius traditionem.
Ad num. 21. Liutprecht subdiaconus scripsit tanquam
notarius donationem Gozperti II anno 892, in originali adhue
extantem, licet copista in chartulario subseriptionem omiserit,
quae sic sonat: Ego itaque Liutpertus monachus rogatus anno
dominicae incarnationis DCCCAXCII, anno regis Arnolfi quinto,
XIII Cal. Jul. vel XVIII, die dominicae, notavi diem, et annum
subscripsi.
Ecce novum et evidens fundamentum, quod viventes mo-
nachi inseripti primo loco fuerint catalogo s. Galli; si enim
Liutpertus vixit anno 892, profecto in vivis pariter erat anno
885. Fuit monachus iste notarius seu cancellarius abbatiae Rhe-
naugiensis; monasteria namque suos singula habebant notarios ex
proprio coetu, qui instrumenta etiam publica ex institutione sua
conficere solebant, ut scribit Mabillonius, allegans Caroli M.
Capitulare primum 805, in quo statuitur, ut unusquisque episcopus
et abbas et comes suum notarium habeat. Ut autem notat Va-
dianus, non licebat passim et promiscue conscribere chartas, sed
certi et delegati muneris ea facultas erat, quam abbates et advo-
cati regii ea aetate nonnisi monachis conferebant. Cujus rei
causam credo fuisse, quia pauci praeter monachos reperiebantur
literati.
Ad num. 27. Winidhere clericus idem est, qui in titulo
chartae XIII quidem Weinthere, in contextu autem vocatur Wi-
nithere. Id enim testatur ejus firmum propositum de anno 875
verbis sequentibus: Diversis dominicae auctoritatis provocamur
eremplis, transitorias rerum contemnere, substantias et mansuros
aeternae felicitatis thesauros, quos aerugo et tinea demoliri nequit,
nec fures effodere nec furari. Haec ego Winithere, salutifera
compunctione pertractans, trado omnem haereditatem meam ad mona-
sterium Renaugia, in eam duntaxat rationem, ut quamdiu in
saeculo manere voluero, omnes res meas in mea habeam potestate,
et quandocunque Dei inspirante clementia saeculum relinquere et in
monasterio permanere placuerit, tunc in eodem duorum fratrum
annona mihi tribuatur et confestim superius nominata ad dictum
coenobium permaneant. Ex quibus patere videtur, eum non statim
saeculum reliquisse, nihilominus ante 885 monasterium fuisse in-
gressum, quo anno inter viventes forte novissimus reliquis fratribus
267
in catalogo adscriptus fuit, inde demonstrans, superiores ante ipsum
positos omnes simul tunc in vivis extitisse.
2, Monachi ab anno circiter 900.
Quinam religiosi in monasterio Rhenaugiensi sub initium
aut medietatem saec. X vixerint, plane ignotum, tum quia monu-
menta nostra silent, tum quia in libro fratrum conscriptorum
coenobii Sangallensis a prima illa inscriptione anno 885 sub
Wichramo abbate facta nulli amplius nec monachi, nec abbates
usque ad Wipertum, qui circa 974 electus fuit, inscripti reperi-
untur. Certum est, intra centum ferme annos eorum plurimos
vixisse, maxime sub initium hujus saeculi, nec unquam monachos,
etiam vastato per Hungaros monasterio, penitus defecisse.
Nobis noti sunt: Hademar presbyter, scriptor IV Evangelio-
rum in ms. num. 151 depictus, et monachus nostri conventus. Itaque
praeter eos juniores, qui ex conventu Wichrami usque ad primor-
dia saeculi supervixerunt, addendi forent illi, quos Gozpertus II
suscepit, inter quos ipse numerat filium suum Folkerum, deinde
etiam a Ruperto et a s. Conrado susceptos, licet appareat,
post incursionem illam numerum monachorum valde fuisse dimi-
nutum. Aderat tunc temporis Reginbertus presbyter, qui cata-
logo s. Galli inscriptus, ex Rhenaugia in Cellam Albam se contulit
eamque restauravit! Superfuere tamen praeter Wipertum, qui
monachus memoratur anno 963, et Sigehastum, sex sequentes
religiosi, quos ipse Sigehastus catalogo Sangallensi inseribi feeit,
a Wiperto partim susceptos: Odalker, Mangolt, Alberih,
Periker, Waldahart, Engilscalh. Hi circa 980 aderant.
Verum paulo post insigniter auctus fuit numerus. Nam praeter
Adalbertum et Notkerum abbates 15 sequentes recenter re-
perti sunt catalogo Sangallensi sub Notkero ante columnam primam
adscripti, qui cum quibusdam praecedentibus circa 995 simul vi-
xerunt; hos enim necesse non erat eidem catalogo iterum inscribere.
Nomina quidem abscisso folio ex parte anteriori truncata sunt,
ea tamen ex posterioribus syllabis aut certo aut probabiliter eru-
ditissimus Mauritius van der Meer, historiographus noster, re-
stituere eonatus est, hoc modo:
Notker abbas; Albker, Adelbert, Hato, presbyteri;
Adalhart, Snelger, Gerolt diaconi; Alberthelo (Pirch-
268
theloP), Adelbert, Peringer, Roustein, Wipract, Vol-
kelo, Otto, Sigeboto, Reikho.
Cum priores tres nota presbyteri afficiantur, et sequentes
item tres nota diaconi, credibile est, reliquos fuisse simplices
monachos. Nec improbabile est, Albkerum, qui primo loco
post abbatem ponitur, fuisse praepositum (seu priorem), quod
pariter de supraposito Oudalkero existimandum est, cum et
aliae abbatiae hoc aevo praepositos habuisse compertum est.
Ex his constat, post restitutum monasterigm confraternitatem
quoque cum monasterio 8. Galli, quae decedente Wichramo
interrupta fuerat, denuo refloruisse, cum quatuor abbates cum
cunctis monachis nostris ad exitum hujus saeculi viventibus libro
Sangallensi fuerint illati.
Vieissim Sangallenses simili fratrum conscriptorum libro
Rhenaugiensi inscriptos fuisse, non est dubium; hie enim in quo-
dam scripto hujus saeculi Liber vitae nominatur hisce ver-
bis: quorum nomina ad commemorandum in libro vitae scripsimus ;
eumque saec. XVI discerptum fuisse, ex monumentis constat.
Aliquod tamen similis libri fragmentum in eodem codice adhuc
superest, in quo Norbertus abbas Sangallensis adscriptus re-
peritur.
Notae ad praecedentem catalogum.
Ad num. 1. Hademar presbyter, scriptor quatuor Evan-
geliorum (cod. msr. CLI); ad calcem conspieitur ejus effigies ca-
lamo ruditer delineata, tonsuram in summo vertice gestam capillis
circumdatam, casula ampla ex humeris defluit. Adseripti huic
imagini sequentes versus:
Hoc tibi dat munus, Deus omnipotens, Hademarus,
Cui peccatorum veniam concede suorum,
Nostri Plasmator, coeli terraeque Creator,
Hoc lector posces, si propria crimina nosces.
Idem Hademar alium scripsisse codicem videtur, aut certe
illius in munere notarii antecessor Luitprechtus, subdiaconus
et monachus noster. Est nempe libellus mole quidem exiguus,
sed eruditorum opinione maxime aestimandus, nam continet For-
matas, seu formas et exempla diversarum chartarum et episto-
larum, inter quas plures sunt epistolae Thiatildis abbatissae
269
Montis Romariei ad Juditham imperatriceem et ad comitem
palatinum Conradum, procul dubio ejus fratrem.
Traditur deinde instructio, qualiter debeat epistola formatu
fieri ex praescripto concilii Nicaeni. Subjungitur tabula literarum
Graecarum numeralium cum explicatione latina; adduntur quoque
duae epistolae, quarum summam edidit Mabillonius (annal.
o. 8. III, 213), affirmans, esse duas ultimas inter formulas Alsaticas.
Habentur denique duae aliae ad summum pontificem, quarum
prior ad Hadrianum II una (cod. mar. perg. CXXXI). Ejusdem
aetatis sunt: S. Gregorii sacramentarium, scriptum sub Ludovico
Infante (cod. XLIII), regula s. Benedicti (cod. CXI) et liber Evan-
geliorum musivo opere tectus gemmisque ornatus (cod. XVII).
Ad num. 2. Gozpertus II, serie abbatum V!w, vixit
anno 888. Haud exiguas possessiones monasterio ex propriis
attulit, dato desuper diplomate anno 888, 15. cal. Julii.
Gozpertum ante ingressum in monasterium potentem comi-
tem fuisse, constat ex eo, quia is ipse fuit, qui jam anno 876
commutationem fecerat cum monasterio, in cujus confirmatione eum
Carolus rex vocat fidelem suum comitem. Tempus quo, cum filio
suo Folkero monasterium est ingressus, praecise determinari
nequit; probabiliter intra annos 876 et 888.
Ad num. 3. Folkerus monachus, filius supradicti Gozperti II,
obiit (juxta M. S. nostrum 74, 2) 10. Aug.; annus ignoratur.
Ad num. 4. Rupertus, abbas VI, anno 912 regimen ab-
batiale jam obiverat. Ex charta archivii nostri anno 912 data
apparet, a certo Pabone eum Ruoperto concambium factum
fuisse. Abbas in irruptione Hungarorum anno 925 occubuisse
videtur. Seripsit: Homiliae diversorum patrum (Cod. perg.
saec. X); autographum (num. LI) adhuc extat in bibliotheca
Rhenaugiensi. Ad finem eius scriptor suum nomen apposuit hisce
verbis: Orate pro scriptore N. Ruadperto.
Ad num. 5. 8. Conradus, episcopus Constantiensis, ad-
ministrator abbatiae Rhenaugiensis, circiter ab anno 963 usque
975. Restaurator erat monasterii in temporalibus et spiritualibus.
Brevi ante obitum concessit fratribus facultatem eligendi ex gremio
abbatem regularem, qui perinde elegerunt Wipertum.
Ad num. 6. Reginbertus presbyter, qui in catalogo
s. Galli inseriptus, ex Rhenaugia in Cellam Albam se contulit eam-
que restauravit. Obiit 962. Iuxta Gerberti hist. S. N. tom. J,
pag. 179, annus non certe constat.
Ad num. 7. Wipertus serie abbatum VIII, electus 975,
obiit eireiter 977. |
Ad num. 8. Sigehastus, serie abbatum IX, rexit mona-
sterium intra 980 et 983. Mauritius Vandermeer scribit Sige-
hart.
Ad num. 9. Adelbertus abbas X praefuit anno 990 et
dieitur miserabiliter oceisus anno 992 26. Aug. in seditione Tur-
govica, eo in loco, ubi postmodum monasterium Paradisi con-
ditum fuit. Vocatur etiam Adalbrastus.
Ad num. 10. Notkerus abbas X]. Statim interfecto Adel-
berto Notkerum fuisse electum, conjicitur ex diplomate Ottonis III
de anno 995. Is ipse erat, qui episcopo Constantiensi fortiter
restitit, bona usurpata repetiit, gravissimum imperiale mandatum
impetravit, ac utinam bona ipsa obtinuisset. Obiit circa 1010.
3. Monachi intra 1000 eireiter et 1100,
Sub initium hujus saeculi illi monachi vixerunt in mona-
sterio nostro, qui in libro fratrum conscriptorum unacum Not-
. kero abbate ad finem praecedentis adscripti sunt. Verum jam
interrupta illa confoederatione toto hoc saeculo nulli amplius
Rhenaugienses reperiuntur, praeter eos, qui ad initium sub-
sequentis sub Wolveno et Ottone, adhuc superstites erant. Sed
extat codex seu calendarium ad finem saeculi X exaratus, qui
quosdam religiosos nostros saeculi XI continet. Codex ille originarie
in coenobio Campidunensi fuit coeptus et asservatus, sed
eirca 1050 Rhenaugiensi fuit illatus. Propter olaritatem antea
abbates hujus saeculi, deinde religiosos ibi annotatos enume-
rabimus.
Burchardus I, abb. XII, Notkero anno incerto successit.
Nominatur anno 1023 in diplomate s. Henrici imperatoris. Seri-
bit de eo Mabillonius (annal. O. S. B. IV): Hoc anno 1026,
15. Sept. Burchardus Campidonensis et Rinogiensis (abbas) obiit
teste Hermanno Contracto.
Birchtilo, abb. XIII, regimen auspicatus anno 1026, obiit
3. April. circa 1040. Richardus, abb. XIV. anno 1049 obtinuit
ab Henrico III imperatore confirmationem privilegiorum die
11. Juli, et anno 1053 Jerosolymam peregrinatus est. Obiit
271
16. Febr. anni incerti. Gerungus (seu Gerwicus), abb. XV,
praefectus monasterio eirca 1060, affuit anno 1064 dedicationi
ecclesiae Schaffhusianae, et obiit 8. Oct. circa 1094.
Rumoldus, episc. Constantiensis, abb. XVI, 1065 abbatiam
anno 1060 ab Henrico IV in beneficium accepit, et postea multis
precibus regem flagitavit, ut Gerungum restitueret et monasterium
suae libertati relinqueret. Obiit anno 1069, 2. Nov. Chuno,
abb. XVII, postulatus ex Petridomo (vulgo Petershausen prope
Constantiam), successit Gerungo 1095. Post duos annos reliquit
abbatiam propter gravem percussionem alicujus famuli, ex qua
mors secuta est. Obiit in Petridomo.. Wolvenus II, abbas
XVIII, praefuit circa 1100.
Calendarium supradictum Campidonense (cod. num. 83)
praeter Pirchtilonem abbatem hos monachos Rhenaugienses
hujus saeculi inscriptos continet:
Hiltepold, mon. et prb. defunct. 18. Apr. Adalbert,
mon. 5. Apr. Huppolt, prb. et mon. 22. Apr. Hiltine, mon.
24. Apr. Durini, mon. 1. Jun. Immo, mon. 2. Jun. His an-
numerandi ex alio codice:
Anno, mon. et prb. defunct. 9. Febr. Hadewice, mon.
5. Mail. Liutholdus mon. 5. Febr.
UÜberiorem materiam praebet manuscriptum nostrum (sign. 74,
2), quod plerosque hujus saeculi monachos in calendario exhibet.
Licet enim jam circa medietatem ejusdem sit exaratum, inscri-
ptiones tamen defunctorum omnes (si paucos laicos exeipias
posterioribus saeculis adjectos) factae sunt una simul vergente
jam ad medietatem saec. XII.
Sed advertendum, non omnes hos annotatos hoc saeculo
defunctos esse, cum necrologium istud se extendat usque ad an-
num ceirciter 1140. Sed quia discerni ab invicem non possunt et
plerique saltem unacum abbatibus hoc saeculo in vivis erant.
eos una simul ante conspectum ponere libet eo ordine, prout in
dieto calendario notantur:
Gotehardus, n. c.” def. 3. Jan. Eberhardus, mon. def. 28. Febr.
Arnoldus, mon. def. 23. Jan, Bernardus, mon. [!] def. 13. Mart.
Gerungus, mon. def. 15. Febr. Gerhardus, mon. et prb. n. c. def.
Hueb, mon. n. c. def. 5. Febr. 14. Mart.
Liutold, mon. n. c. 5. Febr. Bertholdus, mon. [?] def. 14. Mart.
Sigifridus, mon. def, 17. Febr. Adilgoz, mon. def. 15. Mart.
* Nostrae congregationis.
272
Herimannus, mon. def. 28. Mart.
Erlevinus mon. n. c. def. 7. Apr.
Nozelinus, mon.n. c. def. 7. Apr.
Diethalmus, mon. def. 11. Apr.
Bertoldus, mon. def. 11. Apr.
Ludewic, mon. def. 25. Apr.
Wolfardus, mon. def. 30. Apr.
Ripoldus, mon. def. 2. Maii.
Crast, mon. def. 5. Maii.
Wolvene, mon. [?] def. 6. Maii.
Henricus, mon. def. 7. Maii.
Anshelmus, mon. def. 9. Maii.
Ewikerus, mon. def. 28. Maii.
Eppo, mon. def. 29. Maii.
Chuonradus, mon. def. 13. Jun,
Eberhardus, mon. def. 15. Jun.
Sigeboto, mon. def. 2. Jul.
Margnardus, mon. [*] def. 7. Jul.
Cuonradus, mon. def. 28. Jul.
Adilbertus, mon. def. 31. Jul.
Geroldus, mon. def. 1. Aug.
Eberhardus, mon. def. 9. Aug.
Arnold, mon. def. 2. Sept.
Eberhardus, mon. def. 19. Sept.
Landoldus, mon. def. 21. Oct.
Ruodolfus, mon. [5] def. 30. Oct.
Adilbertus, mon. def. 2. Nov.
Burchardus, mon. def. 9. Nor.
Gerungus, mon. def. 13. Nov.
"Dietelo, mon. def. 20. Nov.
Werin, mon. de£. 27. Nov.
Uodalricus, mon. def. 28. Nov.
Henricus, mon. def. 13. Dec.
Bucco, mon. def. 14. Dec.
Lutherus, mon. def. 3. Jul. Adilbero, mon. def. 21. Dec.
In hoc catalogo mirum est, inter tot monachos nullum reperiri
nota presbyteri insignitum, nam Gerhardus manu posteriore
adscriptus fuit. Certe codex praecedens (num. 83) inter novem
monachos saltem tres habet presbyteros, et Annonem quidem
disserte eodem die 9. Febr. vocat monachum et presbyterum, qui
in hoc manuscripto solum nota monachi affıeitur. Incredibile om-
nino est, non fuisse plures, idque evidenter cum reliquis manuscriptis
et libris ritualibus pugnat, in quibus plurium sacerdotum una simul
fit mentio. Repugnat etiam moribus ejusdem, quin et superiorum
ac sequentium saeculorum. In catalogo Sangallensi nee Annoni
nec alii additur sub Ottone nota presbyteri, unde sequitur, vel
omnes, vel saltem plerosque fuisse presbyteros.
Id ergo iterum in incuriam scriptoris rejiciendum est; sicut
et id, quod subinde particulas n. c. (nostrae congregationis) ad-
jecerit, plerumque vero ut non necessarias emiserit. Pariter Huc-
baldum, Erlewinum et Henricum sine speciali nota scripsit,
ad quos tamen nota m. (monachi) socio adjecta spectat. Denique
Wolveno, qui obiit 6. Maii, notam abbatis esse affigendam liquet
ex catalogo Sangallensi.
Notae ad quosdam praecedentes monachos.
Ad 1. Bernhardus monachus, simul insignis benefactor
monasterii, ortus erat ex familia armigerorum de Griezheim, quae
prope vicum Griessen in meditullio Kletgoviae castrum suum
possedit et saeculo XIV adhuc floruit.
273
Ad 2. Bertholdus monachus erat ex nobilibus de Flacho,
qui in villa Flaach, territorü Tigurini, quondam habitaverunt.
Nobilis hie in sua donatione exprimit, quod velit mansionem suam
in monasterio habere sicut quilibet monachus. Duo occurrunt
hoc aevo defuncti monachi huius nominis, unus 14. Marti, alter
11. Aprilis, quorum alteruter sine dubio hie noster benefac-
tor fuit.
Ad 3. Wolvene monachus obiit 6. Maii, fuit abbas noster
hujus nominis II, serie abbatum XVIII, electus 1098. Annus
obitus est incertus; verum jam 1105 de vita decesserat, nam hoc
anno Otto rexit nostrum monasterium.
Ad 4. Marquardus monachus filius erat benefactricis no-
strae Friderum et frater Itae.
Adö5. Ruodolfus monachus, nobilis Tigurinus, annum 34 tum
agens saeculum et opulentam haereditatem reliquit, et monasterium
nostrum ingressus est. Scripsit: Explanationem Psalmorum
ex s. Patribus, praecipue ex Isidoro et Paterio. Autographum
in bibliotheca nostra (cod. mser. saeculi XI, num. 26) asservatur.
Sceriptor in fine operis adjeeit aliquot versus, in quibus aliquas
notitias biographicas nobis reliquit. Attulit monasterio duos
calices unum aureum, argenteum alterum. Annus emortualis
hujus diligentissimi monachi prorsus ignoratur.
Huc referendus (utpote saeculo XI vivens) monachus Ano-
nymus, compilator chartularii nostri, qui diplomata et chartas dona-
tionum pulchro charactere conscripsit, quarum plures ad posterorum
notitiam non venissent, nisi ille sua diligentia easdem nobis con-
servasset. Continet opus diplomata etc. usque ad annum 1071.
Alius hunc laborem prosecutus est, describens monasterii chartas
usque ad annum cireiter 1121.
Conversi et sorores Rhenaugienses.
Conversi illo tempore primum et quidem magno numero
occurrunt, licet ante medietatem saeculi XI in monasterium nostrum
non fuerint adsciti. Certe Mabillonius testatur, ante hoc sae-
culum incognitos fuisse in monasteriis nostris ejusmodi conversos,
qui solis laboribus externis forent deputati. Et alibi probat, illos
fuisse primum a s. Joanne Gualberto circa 1041 introductos.
Archiv. XI. 18
274
Occurrit quidem aliquando jam antiquioribus temporibus distinctio
inter clericos ac simplices monachos, item inter literatos
et illiteratos, sed quando conversorum antiquitus fit mentio,
intelligendum de illis, ut explicat Mabillonius, qui jam adulti ad
conversionem venerant.
Nihilominus hoc eodem saeculo mox ubique invaluit insti-
tutum conversorum, qui perutiles ad opera externa haberentur.
Ita s. Wilhelmus eorum manibus novum monasterium Hirsaugiae
aedificavit; nec dubitandum, et novam basilicam Rhenaugiensem,
sub initium sequentis saeculi dedicatam, opere conversorum fuisse
constructam. Conversi, qui in nostro monasterio saeculo IX vi-
xerunt, sequentes in saepe dieto Necrologio notantur.
Liutold conv. 2. Jan.
Nokerus c. 15. Febr.
Hiltepold c. 24. Febr.
Cuntram c. 26. Febr.
Winzo c. 8. Mart.
Gerung c. 12. Mart.
Petrus c. 12. Mart.
Geroldus ce. 17. Mart.
Egizo c. 19. Mart.
Acelinus c. 22. Mart.
Arnoldus c. 26. Mart.
Sigizo c. 28. Mart.
Cuntram c. 1. Apr.
Uodalricus c. 18. Apr.
Ozmancius c. 24. Apr.
Hantwice c. 5. Maii.
Lutfridus c. 11. Maii.
Winiclis c. 21. Maii.
Geroldus c. 26. Maii.
Ernal c. 29. Maii.
Ebbuono c. 29. Maii.
Nuozo ce, 1. Jun.
Becelinus c. 10. Jun.
Swikerus c. 27. Jun.
Acelinus ce. 4. Jul.
Ailbertus c. 5. Jul.
Willebolt ce. 380. Jul.
Werinher c. 7. Aug.
Ruocelin ce. 9. Aug.
Manegolt c. 25. Aug.
Liupoldus c. 1. Sept.
Marquardus c. 1. Sept.
Ruodpertus c. 3. Sept.
Hiltepoldus c. 13. Sept.
Wienant c. 26. Sept.
Elbiwinus c. 27. Sept.
Hunoldus c. 24. Oct.
Gerungus ce. 27. Oct.
Marquardus c. 30. Oct.
Heinricus c. 30. Nov.
Adilgoz c. 2. Dec.
Ricwinus c. 8. Dec.
Egilolfus c. 17. Dec.
Bertholdus c. 31. Dec.
Egilof c. 31. Dec.
Mirandum, conversos reliquos monachos nostri monasterii
numero ferme adaequasse.. Verum non omnes, ut jam notatum,
praecise saeculo IX sunt adscribendi; nam plures medietatem
saeculi sequentis attigerunt. Non solum extructio basilicae, sed
etiam aliarum ecclesiarum, immo ipsius monasterii, quod ruinosum
esse poterat, videtur occasionem praebuisse assumendi tot con-
versos. Licet ad chorum frequentandum idonei non essent,
275
tamen ceu veri monachi utpote votis adstrieti, habiti sunt, et ideo
necrologiis inserti, ut celeri monachi atque presbyteri !.
Non solum autem fratres, sed etiam Sorores conversas hoc
saeculo monasterio Rhenaugiensi adjunctas fuisse, ex saepe citato
manuscr. apparet. Hunc morem adjungendi moniales coenobiis
monachorum antiquissimum in ordine nostro fuisse, Mabillonius
docet, qui ejusmodi monasteria vocat duplicia.
In partibus nostris ea haud erant infrequentia. Sic apud s.
Gallum, in Muris et Einsiedlae Sorores memorantur. Rhenaugiae
tamen ante saeculum XI nullum earum vestigium comparet. Vi-
detur mihi, apud nostrates tale institutum ex benefactricibus
duxisse originem, quae sua offerebant cum pacto alimentorum,
ut ex pluribus chartis nostris patet.
Ex traditione habetur, domum sororum in capite insulae
nostrae sitam fuisse, quae ante erectionem novae ecelesiae sanctor.
Felieis et Regulae sub abbate Bernardo II conspiciebatur.
Credibile est, antiquiorem ecclesiam inserviisse istis sororibus,
cum aditus ad eam respiciebat portam illius domus.
Regula seu norma, quam sorores secutae fuerunt, non est
perspecta, nisi credamus, eas revera fuisse moniales sub regula
8. Benedicti militantes.. Piam earum conversationem vel ex in-
clusa Mathilde calendario inserta perspicere licet, cujus clau-
suram pariter ad ecclesiam s. Felicis et Regulae adsitam fuisse
antiqua fert traditio. Eam in instituto incelusarum postea secutae
fuerunt plures.
Codex antiquior (num. 83), licet nullos habeat conversos, unam
tamen exhibet sororem ad diem 11. Sept. ubi legitur: Liucrat
sor. Verum alterum msrtm. (num. 74, 2) plurimas refert, quas
desceribemus, omissis illis, quae sub abbate Öttone viventes in
catalogo Sangallensi insertae sunt.
1 Conversi etiam fratres extranei aut laici (Laienbrüber) vocantur,
quippe qui de vita saeculari ad monasticam conversi et in coenobis laicis ser-
vitiis aeque ac monachorum obsequiis addicti. Erant fratres huiusmodi medio
aevo institutum utilissimum, cujus ope fleri poterat, ut monasteria
rem suam oeconomicam, culturam praecipue latifundiorum suorum per curias
monachiales (Möndshöfe), magno administrarent commodo atque lucro. Certe,
monasteria haud valuissent, loca illa aspera et inculta eis a: regibus, principi-
bus ac dynastis donata, reddere culta frugiferaque, nisi duro fratrum laicorum
labore. Confer ea, quae tomo VIII, pagina 147, Archivii nostri, in historia
abbatiae San-Blasianae, hac de re communicantur. B.
| 18*
276
Willibirc e., def., 13. Jan.
Engila s. 16. Jan.
Friderum s, 23. Jan.
Werinburce s. 8. Febr.
Eilca s., n. c., 28. Febr.
Werinburc s., n. c., 29. Febr.
Panicha s. 5. Mart.
Bertha s. 8. Mart.
Anna s. 14. Mart.
Hemma s. 15. Mart.
Helwice s. 21. Mart.
Willibirg s. 22. Mart.
Mathild s. 25. Mart.
Enliza s. 1. Apr.
Adilheit s. 26. Apr.
Engilburec s. 13. Maii.
Hadewie s. 5. Jun,
Becela s. 8. Jun.
Willibirc s. 30. Jun.
Druwib s. 6. Jul.
Bertha s. 9. Jul.
Irmburc s. 29. Jul.
Ita s. 22. Aug.
Tiepire s. 2. Sept.
Elniza s. 6. Sept.
Amiza s. 15. Oct.
Diemuth s. 15. Nov.
Gepa s. 16. Nov.
Adilheit inclusa 19, Nov.
Friderun s. 12. Dee.
Albegunt s. 19. Dec.
Helwie s. 10. Apr.
Willibure s. 18. Apr.
Gezila s. 25. Apr.
Tot sorores (31) usque ad medium saeculum subsequens
Rhenaugiae vixisse, non est incredibile, quando sub initium regi-
minis Ottonis abbatis, diminuto incolarum numero sex tamen
sorores vixerunt et quinque tantum monachi, undecim vero
conversi; Sorores plerumque vetulae admissae fuerunt, quarum
inscriptio in Necrologium haud multo temporis impendio constabat.
4, Monachi et Sorores ab anno 1100,
Pauci hoc saeculo restant adscribendi, ideo quod plerique, qui
ad tempora Dietmari abbatis usque pervenerunt, jam fuerint
priori saeculo inserti.
Abbates hujus saeculi sunt: Otto serie XIX, discipulus
b. Wilhelmi, antea abbas in Blaubeuern, a 1105 usque
1124, defunct. 26. Nov. 1124. Sub eo nova basilica Rhenaugiensis
dedicata fuit (1114). Dietmarus XX, electus eirca annum 1125,
obtinuit confirmationem privilegiorum a Lothario imper. et ab
Honorio pontifice. Chartas et diplomata monasterii in unum vo-
lumen, quod chartularium vocamus, pulchro charactere de-
seribi fecit. Othmarus XXI, electus 1140, defunctus eirca 1158.
Diethelmus XXII, ab 1159 usque 1161, postulatus e monasterio
s. Blasii, obiit 9. Apr. 1161. Henricus XXI, rexit mona-
sterium ab anno 1187 et obiit sub finem hujus saeculi.
Dilateratis documentis huc spectantibus saeculo XVI, occasione
277
mutatae religionis, admodum manca est series monachorum.
Solummodo conventus sub abbate Ottone ex libro fratrum con-
scriptorum Sangallensium ex integro nobis constat, hac serie:
Monachi : Diethelmus 23. Febr.
Arnolfus 2. Sept. ’ Ruogerus 23. Febr.
Scidigerus 16. Maii. Arnoldus 11. Fehr.
Burchardus 22. Apr. Hernest 11. Febr.
Anno 7. Maii. Cuono 11. Aug.
Luitoldus 5. Febr.
Sorores:
Conwerei: Ita 22. Aug.
Heberhardus 9. Der. Mathilt 22. Jan.
Lanpertus 15. Jun. Guota 22. Jan.
Beringerus 14. Dec. Mathilt 21. Febr.
Ruodolfus 3. Dec. Warburc 11. Mart.
Albarn 5. Dec. Rihinza 11. Mart.
Heinricus 7. Maii. Adilheit.
Mirum est, tam paucos enumerari monachos, et tam
multos conversos. Caeremoniae, quae describuntur in dire-
etoriis hujus saeculi, sane plures, imo plurimos exigebant. Qua-
propter ceredibile est, post renovatam cum Sangallensibus con-
foederationem communicatumque conventum istum, numerum
monachorum fuisse adauctum. Plerique porro notantur ad
diem obitus in manuseripto 74, 2. Et licet multi ejusdem nominis
praecedenti saeculo adscripti fuerint, non tamen sunt iidem,
cum alio plane die decesserint.
Caeterum illi, qui in praedieto necrologio non occurrunt,
nempe 1 monachus, 2 conversi et 3 sorores, non solum abbatem
Ottonem supervixerunt, sed etiam scriptorem ipsius necro-
logii, cum fere caeteris juniores in hoc catalogo notentur. ÜCre-
dibile est, Luitoldum, monachorum ultimum, ipsum fuisse, qui
obitus calendario inscripserat.
Praeter conventum istum Ottonianum pauci, monachi ex re-
liquis monumentis erui possunt. In manuser. nostr. IV, 191, manu
hujus saeculi adscribuntur: Waldger diaconus, ob. V Idus Juli
Egino presbyter, ob XIII kl. Aug. Lantfrid de Gisingen, qui
dixit, se mansionem in monasterio sicut qailibet monachus habi-
turum. Cum vero in praedieto calendario non reperiatur , procul
dubio scriptorem illius supervixit. De Marquardo, Bertholdo
de Flacho et Bernardo de Griessen, jam supra erat sermo.
In MS. num. 39 habetur ad initium fragmentum necrologii
278
amplissimi, in quo duo adscribuntur monachi, qui probabiliter
hoc saeculo duodecimo vixerunt: Cuonradus et Pilgrin. Ho-
rum primus forte ille est, qui in MS. num. 74 notatur obiisse
13. Junii. Ibidem unicus conversus signatur Walicho, et in
scheda separata, quae pariter fragmentum est alterius necrologii,
habentur Adelgoz et Rudolphus conversi.. Sorores in singulis
fragmentis signantur, et in majori quidem tres, scilicet Adelheit,
Becela et Mahtilt, in minori Trutwib, quarum secunda et
quarta etiam in catalogo Sangallensi ad 8. Jun. et 6. Jul. no-
tantur.
In manuscriptis num. 74, 81 et 83 memoratur, Adilgozum
decessisse die 2. Decembris, Thetmarum fuisse notarium et
monachum, et Landfrido monacho et Folgodo filioque eius
Cuonrado laicis praestitam esse decimam in Altenburg pro
restauranda cruce, quae concessa erat pro 32 talentis. Land-
fridus hic an idem sit cum supra dieto de Gisingen, an alius,
incertum relingquimus.
Monachus ille, qui. plurima nomina calendario codieis
num. 83 apposuit, haud omittendus. Ejus nomen ignoratur, sed
ad annum 1146 haec addidit: Magnum Jerosolymitanum
iter, quibus indicavit profectionem cruce signatorum in Palaestinam.
Ad annum 1118 apposuit: Hic (hoc anno) natus sum; ad annum
1141: Hic presbyteratus ordinem gratia Dei accepi. Ex quo con-
stat, eum jam anno aetatis 23 sacerdotio initiatum fuisse, ac pro-
inde reliquos etiam monachos plerosque, quam primum per aeta-
tem poterant, presbyteros effectos, licet deinceps idem ordo eorum
nominibus non addatur.
Nec praetereundum puto esse illum monachum, qui hoc saeculo
Chartularium pulchro charactere conscripsit, ac de suo non-
nunquam annos praesertim pontificios addidit, ac licet in his pun-
ctum omne non semper tulerit, nunquam tamen satis laudandus
pro sua industria, ut qui tot chartas (alias deperditas) ad posteros
transmisit. Obiisse illum eirca 1110, eruitur ex chartulario ipso,
quod usque ad chartam num. 43 perduxit. Reliquas chartas alius
scriptor circa annum 1122 supplevit.
Addendi denique forent tot alii monachi, qui codices hujus
saeculi diligenti ac pereleganti manu scripserunt: utinam saltem
nomina expressissent, ne perpetua oblivione sepulta manerent.
279
5. Monachi et Sorores ab anno 1200.
Quemadmodum saeculo XII pauci poterant religiosi ex
monumentis nostris annotari, ita in sequenti multo pauciores in-
venimus nominatos. Hic autem defectus rejiciendus est in Necro-
logii nostri jacturam. Amissionis hujus documenti meminit jam
anno 1599 visitatio episcopalis in monasterio nostro habita, et
multo expressius supplicatio ad Nuntium apostolicum a priore et
conventu anno 1604 directa.
Abbates saeculi XIII sunt subsequentes.
Henricus II de Wartenbach, qui praefuit 1206. Manu-
scripta sub ipsius regimine confecta abunde de studio literarum
inter Rhenaugienses demonstrant. Ejus effigies cernitur in duobus
MS. num. XIII et XIV, quae aut ipse descripsit, vel ab aliquo
suorum describi fecit. Codex prior, magnus et spissus, continet
integros libros sexdecim Moralium s. Gregorii papae
in Job. Codex posterior est Missale pergamenum pulcherrime
exaratum, characteribus auro fulgentibus et diversis picturis
insigne. Obiit Henricus 1220 seu 1230.
Burchardus successisse ereditur circa 1230, qui mona-
sterium a pressuris advocatorum de Krenkingen penitus liberavit
eosque coegit, ut advocatiam imperatori Friderico Il restituerent
(1240). Hoc modo Rhenaugiense monasterium liberum et im-
mediatum evasit (ein unmittelbare Reichsſtift). Fridericus abbatem
Burchardum in diplomate de anno 1241 diletum Principem
pronunciat, quo titulo abbates Rhenaugienses abhine per duo
saecula usi sunt.
Hermanus praefuit monasterio vix per aliquot menses
anni 1242, unde nihil amplius de eo in scriptis reperitur.
Eberhardus I, iam anno 1242 electus dieitur in charta
monasterii Murbacensis, qui videtur caesari contra papam adhae-
sisse et inde coactus fuisse, abbatiam episcopo Constantiensi re-
linquere.
Heinricus Ill de Thann, episcopus Constantiensis, auctoritate
Innocentii IV pontificis abbatiae nostrae praesul datus anno 1246,
obiit 21. Aug. 1248.
Bertholdus de Falkenstein, simul abbas Sangallensis, rexit
monasterium nostrum ab 1249 usque 1254, quo anno resignavit.
Obiit 1. Mart. 1271.
Joannes de Krenckingen, jam anno 1248 intrusus,
280
sed brevi postea expulsus; 1261 denuo a suis consanguineis prae-
potentibus restitutus, obiit 1281.
Conradus II ab Herten, cujus familia dieta est ab arce sita
inter Keficon et Ellikon ditionis Tigurinae, rexit ab anno 1280.
Incorporationem parochiae Rhenaugiensis anno 1298 ab
episcopo Constantiensi (Heinrico) obtinuit. Obiit 23. Oct. 1303.
In instrumento, quo Krenkingenses dynastae absolutionem
et sacram sepulturam membri familiae suae in excommunicatione
oceisi postulant anno 1243, praeter abbatem Eberhardum,
sequentes monachi memorantur: H(enricus) prior, C{onradus) de
Nuwenhusen, E(berhardus) de Altikon, Al(bertus) de Lapide,
Ul(ricus) de Yberc, C(onradus) cellerarius, K(iselfridus) beclarius '.
In alio instrumento (geben ze Rinowe do man zalt 1294, am
montag nach unser frowen dult), quo Lutholdus senior de
Regensberg comiti Rudolfo de Habsburg-Laufenburg vendit arcem
Palm, adducuntur testium loco abbas et aliqui de conventu
Rhenaugiensi solo nomine officii (spacio pro nominibus propriis
relicto) seripti, hoc modo: ... der Abte,... der Custer,... der
Keller, ... der Kammerer von Rinowe.
Abbas tunc temporis erat Conradus ab Herten, custos
autem Heinricus de Brasberg. Triennio ante hoc instru-
mentum idem nobilis vir Lutholdus de Regensberg, tunc ad-
huc dominus areis Palm, vendidit huobam quandam in villa Nak
nostro huice Heinrico custodi. Idem nobis calicem argenteum
dono dedit, qui anno adhuc 1861 Rhenaugiae asservabatur, in
cujus pedia legebatur: Dedit hunc calicem tibi Christe Heinricus
monachus de Prasberc, hujus claviger ecclesiae.e Eundem fuisse
quoque parochum ad s. Regulam, cernitur ex litteris datis
anno 1298 pro unione parochiae s. Nicolai (in monte), in quibus
asseritur, quod parochiani s. Regulae hactenus a custode mona-
sterii gubernati fuerint. Dicitur obiisse die 4. Decembris; annus
non constat.
Sorores saec. XIII.
Mechtilt sor. obiit 19. Jan., Mechtilt sor. obiit 9. Febr.,
Herbure sor. obiit 25. Maii, Elizabetha inclusa apud s. Re-
gulam 18. April., Margaretha monialis 11. Jun., Gertrud
! Quid significet epitheton hocce, prorsus mihi obscurum est.
281
mon. 16. Jun., Beatrix mon. 1. Jul., Hemma inclusa mon.
28. Feb., Anna mon. 3. Sept. Hae ex diversis calendariis erue-
bantur. Vixisse eas altera hujus saeculi medietate oportuit, cum
codex ipse vix ante 1245 lucem aspexit. De annis emortualibus
nil statui potest.
6. Monachi ab anno 1300.
Paucissimi notantur monachi hoc saeculo ob jacturam Necro-
logiorum, quibus inscripti erant, cum Calendariis antiquis eo-
rundem obitus non amplius soleret inscribi. Revera tamen per-
pauci religiosi hoc aevo in monasteriis degebant, cum neglecta
disciplina monastica instar canonicorum viverent, et numerus in
choro utcunque suppleretur per sacellanos et scholares. Sane in
monasterio s. Galli septem tantum monachi simul vixisse reperiun-
tur, et in Einsidlensi adhuc pauciores !.
Nomina eorum, qui in chartis nostris reperiuntur, sequentia
sunt: Burchardus Staechelin de Capella, Nicolaus de Tannegg,
herr Ulrich der Keller, herr Conrad der Custer, herr Cun-
rad der Kammerer, Fridericus de Erzingen, Joannes de
Aitlingen.
Non tamen est dubium, plures extitisse, cum isti vix numerum
abbatum hujus saeculi excedant, qui sunt: Henricus IV ab
Aitlingen, obiit 23. Oct. 1329; Henricus V de Newenburg,
sub quo scribi coeptus fuit liber feudorum, obiit 29. Oct. 1350;
Henricus VI de Aitlingen, qui nominatur prima vice in charta
anni 1352, obiit 2. Maii 1380; Conradus III Majer de Jestetten
1 Negari haud potest, monasteria ordinis Benedictini medio aevo,
divitiis suis deorsum ducta, rebus mundanis pluris inhaesisse quam coelesti-
bus, unde novus ordo Praedicatorum, qui multitudini christianae propius
assidentes pro religiosis eius desideriis multo vigilantius providiusque labora-
bant, fervore suo piis omnibus acceptissimus habebatur.
Benedictini jam saeculo tredecimo consueti fuerant, officia sua in
monasteriis solum pro praebendis habere, quae eo uberius fluebant, quo
numerus monachorum minutus erat. Postea tamen, a saeculo sedecimo usque
ad nostra tempora, ordo S. Benedicti tam prospere se restauravit, ut in cura
animarum, in educatione juvenum, in scientiarum literarumque cultu priscam
iteraret gloriam. Id testati sunt sola in vieinia nostra Rhenaugienses,
Sanblasiani, Sangeorgiani et Sanpetrini. DB.
282
1380, qui se ipsum nominavit et ab aliis nominatus est Kurüsel
ob insignia nobilis familiae suse (caput asini monstrantia). Obiit
9. Nov. 1404.
Notae ad praecedentem elenchum.
Burchardus Staehelin dieitur munus custodis obiisse.
In catalogo abbatis Bernardi nominatur annis 1306 et 1310. Ad-
huc sub abbate Henrico VI vixisse dieitur. Quod additur de
Capella, probabiliter ad eius patriam (viculum Kappel Tigurinae
ditionis) est referendum.
Nicolaus de Tannegg exprimitur ad annum 1317 in
literis fundationis anniversarii Hugonis, Gertrudis et Agnetis
nobilium de Tannegg, quorum fratrem germanum fuisse creditur.
Castrtum Tanneck in sylva nigra prope Bondorf ad Wataham
situm erat.
Herr Ulrich der Keller non videtur alius fuisse ab Udal-
rico de Balbe, qui ad annum 1330 oceurrit in literis Udalrici de
Clingen supremi praefecti in Turgovia. Asseritur cellarius hic no-
bilis anno 1329 anniversarium fundasse pro se ac majoribus suis.
Obiit 28. Oct. 1330.
Herr Cunrad der Custer, qui vixit circa annum 1366,
juxta notas abbatis Geroldi II fuit ex familia Brümsin Scafhu-
siana, quae ramus erat patriciorum im Turm.
Herr Cunrad der Kammerer a Bernardo abbate cum
praecedente confusus; sed est diversa persona, sicut functio
cellerarii ab officio camerarii differebat.
Fridericus de Erzingen anno 1375 camerarius, emit quas-
dam decimas Rhenaugiae in judicio civico expeditas, praesidente
ipso abbate Heinrico de Aitlingen.
Joannes de Aitlingen monachus occurrit anno 1384.
Praesens erat fundationi anniversarii factae ab alio Joanne de
Aitlingen presbytero saeculari. Is ipse monachus numeratur pri-
mus inter electores abbatis Henrici de Bettmaringen anno 1409.
7. Monachi ab anno 1400.
Abbates hujus saeculi erant: Conradus de Gisingen,
electus 1404, obiit 12. Jul. 1409; Henricus de Bettmaringen,
283
electus 13. Julii 1409, eodem anno obiit; Hugo ab Almishofen,
electus 1409, resignare coactus fuit 1434, obiit 1451; Joannes
Kumbar, antea abbas Engelbergensis, electus 1434, resignare
coactus 1441, nec diu supervixisse videtur. Nicolaus de Sulz,
administrator anno 1440, monachus Hirsaugiensis et prior Reichen-
bacensis; Eberhardus II Schwager, Scafhusianus, professus
Hirsaugiensis, sub quo abbate die 15. Nov. 1446 repertae sunt reli-
quiae s. Fintani in tumulo hactenus ignoto prope chorum haud
procul ab ejus reclusorio; Nicolaus Rudger. Jam ab 1463 munia
administratoris obierat, electus 1466 vel 1467, obiit 9. Dec. 1478;
Laurentius a Rischach, electus ad finem anni 1478, obiit 10. Feb.
1483; Joannes Conradus de Griessen electus, ut videtur
mense Februario 1483, obiit 4. Aug. 1499.
Supersunt quatuor catalogi hujus saeculi de annis 1409,
1411, 1443 et 1498, in quibus sequentes religiosi notantur: Jo-
hannes de Aitlingen, custos 1409; Burchardus de Schönstein
custos 1411, prior 1435; Hainricus de Bettmaringen abbas 1409;
Hugo de Almishoven abbas 1409; Hainricus de Mandach
camerarius 1411; Joannes de Heggelbach 1409, 1437; Nico-
laus de Immendingen 1411, 1440; Joannes de Rümlang 1411,
1443; Rudolfus de Rischach 1427; Burchardus Hagen 1427,
1464; Caspar Hoffmann 1443, 1464; Nicolaus Rugger 1443,
abbas 1467; Joannes de Winterberg 1443, 1464; Erhardus
Hoppler 1445, 1478; Bernardus de Jestetten 1448, der Jünteler
1449; Nicolaus Has 1464; Conradus Schwend 1464, 1479;
der Mörler, der Münchwiler 1472, 1479 (probabiliter non
erant monachi professi); Joannes Conradus de Griessen 1474,
abbas 1483; Laurentius de Rischach 1474, abbas 1478; Hain-
ricus de Gertringen 1474, prior 1485, 1496; Matthias Staehelin
de Stockburg 1478, administrator 1496; Josephus et Bene-
dictus Laffeter 1480; Jodocus de Goldenberg cellerarius 1483,
custos 1496; Wilhelm de Fulach 1496, abbas Fabariensis 1505;
Burchardus de Rischach 1480, 1502; Melchior de Gachnang
1494, 1496; Hainricus de Mandach 1496, abbas 1498, obiit 1529.
Notae ad praecedentem catalogum.
Joannes de Aitlingen jam praecedente saeculo occurrit,
cujus pater benefactor monasterii et duo ejusdem familiae abbates
erant. Anno 1409 custos fuit et primaria in conventu persona,
cum nullus prior adesset. Ipsi proinde episcopus negotium de-
284
mandavit, ut suo nomine neoelectum abbatem in possessionem
realem abbatiae introduceret, ut ex instrumento constat. Obiisse
videtur anno 1410.
Burchardus de Schönstein anno 1411 jam custos suf-
fectus erat. Is ipse procul dubio sub titulo prioris oceurrit ad
annum 1435 in charta, ubi pro sororibus in Altenburg litem quan-
dam evicit herr Burchart der Prior in dem Gottzhus zu Rinow.
Cum nomen prioris peregrinum tunc Rhenaugiae fuisset, hoc
corrupte scriptum videtur, id enim officium primum consecutus
est post visitationem habitam anno 1433, quo praeceptum, ut
Prior constituatur. Obiit ante annum 1443.
Hainricus de Mandach. Familia de Mandach sedes suas
habuit tum Scafhusii et Rhenaugiae tum in castris sui nominis
prope Turtiacum supra Rheni litus, et in montanis retro Thuen-
gam ad fluviolum Metmach. Quaenam fuerit patria hujus monachi
certo non constat; diversus est ab Henrico abbate 1529 mortuo,
nam ipse obierat jam anno 1443.
Joannes de Hegelbach. Is anno 1429 Vitoduri per no-
tarium publicum describi ac vidimari fecit praecipua diplomata
archivii nostri. Anno 1434 contra abbatem Hugonem nomine
conventus concilium Basileae adiit ibique suspensionem cujusdam
decreti procuravit. Vivere desiit ante 1443. Floruerunt nobiles
de Heggelbach in Alpegavia, ubi a longo tempore dynastiolam
Taneck tenuerant, quam ultimus familiae monasterio Sanblasiano
reliquit.
Nicolaus de Immendingen, professus circa 1410. Frater
hic conventualis emit pro se et haeredibus suis decimam quan-
dam in superiore Marteln. Nepos fuisse videtur Henrici militis
de Immendingen et Elisabethae de Jestetten; obiit ante 1443.
Joannes de Rümlang, professus 1410, vixit adhuc anno
1460. Arx gentis suae sita erat in territorio Tigurino haud pro-
cul a Cloten ad rivum Glatt. Rumlangii, extinctis nobilibus de
Gutenburg (prope oppidum Thiengen) longe lateque dominium
suum diffuderant in eo tractu, sed intra annos 1467 et 1500
omnia bona monasterio s. Blasii vendere debitorum onere coacti
sunt.
Rudolfus de Rischach e notissima inter Suevos familia,
quae de sede patria prope Wald (ditionis Sigmaringanae) saeculo
jam tredecimo in Hegoviam transierat, et postea in Alpegaviam,
ubi castrum Almut inhabitabat. Monachus noster nominatur
285
anno 1427 in resignatione Johannis Treier, parochi Je-
stettensis.
Burchardus Hagen de Bondorf, monachus jam 1409,
vixit 1464. Caspar Hoffmann praedia duo in Jestetten nomine
monasterii emit 1452. Nicolaus Rüger, administrator 1463,
abbas 1467. Joannes de Winterberg, strenuus ac manu fortis
dietus, vixit adhuc 1467. Erhardus Hoppler, monachus,
anno 1478 in judicio Eglisovae, nomine conventus, evincit causam
contra quosdam colonos, qui sine praescitu monasterii bona inter
se diviserunt. Nicolaus Has, fundavit XX libris anniversarium
anno 1464.
Conradus Schwend, e nobili familia Tigurina, obiit
post 1481.
Bernardus de Jestetten. Habitum suscepit 20. Oct.
1448. Superest quaedam tabula (nunc Schaffhusii), qua crucifixio
Domini repraesentatur. Ex uno latere orat de genu religiosus
quidam indutus, habitu nostro, ex altero saecularis homo forte
ejus pater vel frater, in summo prostat, adjecto anno 1449, scutum
gentilitiium familiae Jünteler, cui Bernhardus attinebat.
Claruit ea inter patricios Scafhusenses atque condomina erat in
Jestetten. Habitabat ibi domicellus Georgius Jünteler, qui cum
uxore Dorothea Englin donatione facta Salve regina cantandum
instituit anno 1487.
Thias (Matthias) Staehelin de Stockburg, professus
circa 1474, ab abbate Joanne Conrado 1495 administrator
cooptatus, electo 1498 novo abbate nihilominus in administratione
confirmatus. Vir non solum industrius, sed et doctus, qui magnos
et pulchros codices pro choro conscribi fecit, obiit 1522.
Hainricus de Gertringen, prior, legitur in quodam
rotulo ad annum 1485, quo anniversarium sibi fundavit. Familia
sua saeculo XIV a domo marchionum de Baden in feudum ac-
ceperat vicos Berghausen et Söllingen prope Duriacum, quorum
partem non exiguam Eberhardus armiger et Margaretha
conthoralis (nata de Stein) annis 1399 et 1451 domino suo directo
vendiderunt.
Jodocus de Goldenberg, oriundus ex Flaach ditionis
Tigurinae), anno 1483 cellerarius, 1493 custos, fundavit anniver-
sarium pro semetipso et quidem uberi censu 6 modiorum tritiei
annuatim conventui solvendorum. Obiit ante 1512, cum hoc
anno jam alius existeret custos.
286
Wilhelmus de Fulach, vir multis meritis, natus in arce
Laufen prope Scafhusium, ubi familia sua celebris, professus ante
1496, administrator, monasterii Fabariensis 1502, post trien-
nium abbas et princeps postulatus, vocatus deinceps pater pau-
perum, obiit 8. Jun. 1517.
Burchardus deRischach, filius Rudolfi militis, monachus
factus circa 1480. Ejus obitus haud constat. Non est confun-
dendus cum alio aequivoco de Rischach, qui professus monasterii
Murbacensis migravit Rhenaugiam, praehabitis literis dimissoria-
libus a proprio abbate, datis 9. Mart. 1523. Bibliotheca Rhenau-
giensis possidet breviarium proprium Murbacense, quod ille
nobis reliquit (cod. num. CCLIV).
Melchior de Gachnang nobili ex familia, primitias cele-
bravit 13. April. 1494 (ita cod. MS. num. 162). Plura de eo
vide infra. Henricus de Mandach, abbas electus 1498, mort.
25. Febr. 1529. Extat in bibliotheca nostra libellus precatorius
hujus abbatis pergamenus pieturis affabre ornatus.
8. Monachi sub abbate Henrico de Mandach ab
anno 1498,
Hainricus de Gertringen, prior, Matthias Staehelin ad-
ministrator, Jodocus de Goldenberg custos, Wilhelmus de
Fulach, Burchardus de Rischach, Melchior de Gachnang,
Hainricus de Mandach; hi omnes praesentes jam aderant in
electione abbatis Heinrici; sequentes post ejus electionem pro-
fessi sunt et ante 1529 obierunt:
Stephanus de Heudorf, Georgius de Mandach, Wolf-
gangus Mundbrod de Spiegelberg, Georgius Rüsinger, Mar-
tinus Aescher, Decedente igitur abbate Henrico quatuor tantum
monachi supererant: Bonaventura a Wellenberg, prior, Melchior
Gachnang, custos et senior, Joannes de Jestetten et Jacobus
Peier.
Notae ad hune catalogum.
Melchior de Gachnang vocatur 1506 prior, et jam anno
dein 1512 custos hisce verbis: Der würdig und ersam herr Mel-
ehior von Gachnang, conventherr und custos des Gottshus Rinow.
237
Anno 1518, ad diem 7. Sept. in calendario (cod. MS. num. 162)
sua manu notavit: Illa die mortua est mater mea. Anno 1522
stetit coram magistratu Tigurino atque decimas ex quibusdam
vineis in Martelen vindicavit. In quodam instrumento de anno
1558 adhuc vixisse perhibetur, ergo ultra 40 annos officium
custodis tenuit, vir sane strenuus in rebus agendis. Diem et
annum obitus, necrologiis interitis, nescimus. Obiit saltem octa-
genario major post 1558.
Stephanus de Heudorf, Scafhusianus, professus sub
initium hujus saeculi cum Georgio de Mandach, ab abbate
Henrico, die 24. Febr. 1507 pro suscipiendo presbyteratu Con-
stantiae praesentatus fuit et die Paschatis primitias celebravit.
Anno 1511 migravit ad monasterium Murbacense et acceptis
ab abbate suo litteris dimissorialibus ibidem stabilitatem vovit.
Georgius de Mandach, cum praecedenti sacerdos factus
Constantiae, anno 1516 vocatur: Verweser des altars s. Blasii,
nimirum proventuum illius altaris. Anno 1522 migravit ad mo-
nasterium Murbacense, nec amplius inter Rhenovienses de eo
fit mentio.
Wolfgang Mundbrot (seu Munprat) de Spiegelberg, ex
familia Scafhusiana, monachus anno 1510, jam 1512 ab abbate
accepit dimissoriales et consecutus est beneficium in Rinsfelden
prope Eglisovam, territorii Tigurini. Prorsus in saeculum rediisse
videtur.
Georgius Rüsinger (vel Rusinger) ex Rapperswil, pro-
fessus 1519 et sequenti anno Joanni Jacobo, abbati Fabariensi,
fratri suo germano, in subsidium missus, tandem decessit ibidem
4. Mart. 1540, ut fertur e praecipitio, cum in deambulatione in-
cautius rupes scrutarentur.
Martinus Aescher, professus 1512, obiit circa festum
s. Andreae 1525. Erat ex illustri familia Luchs-Aescher,
filiis Henrici senatoris Tigurini.
Anno 1529 decedente abbate Henrico quatuor aderant capi-
tulares, quorum autographa extant in quodam instrumento, et
quidem omnes fortissimi catholicae fidei pugiles, qui exilium
et id consequentia gravissima mala perpeti maluerunt, quam
oblatis spuriae libertatis oblectamentis inquinari; neque enim solus
abbas, sed et nominatim conventus saepius a Tigurinis ad de-
fectionem fidei solieitatus fuerat. Merito inde conservatores
nostri monasterii diei debent. Sunt sequentes:
288
Bonaventura a Wellenberg, item Tigurinus, natus
25. Martii, electus 23. Mart. 1529, fortiter restitit incorporationi
abbatiae cum episcopatu Constantiensi, quam Hugo episcopus
tentaverat. Exilium multasque aerumnas propter constantiam
suam in fide catholica perpessus, a summo pontifice Paulo III
obtinuit usum pontificalium, nee non facultatem benedicendi patenas
calices et promovendi novitios suos ad 4 ordines minores; obiit
3l. Jan. 1555.
Joannes de Jestetten, e nobili familia comitibus de Sulz
feudali nexu astricta, una cum abbate suo 1529, 29. Maii Schaff-
husiam migravit, inde Murbachium dimissus virtutum odore ani-
mos adeo ad se traxit, ut mox ibi Decanus eligeretur; obiit
27. Aug. 1533.
Jacobus de Payer', Schaffhusianus, professus 1526. Cum
vastarentur sacra Rhenaugiae ipse abbati atque confratribus per-
fugium praestitit, apud cognatos suos Schaffhusi. Cum et inde
ob mutatam religionem migrandum esset, commendatus fuit mona-
sterio Weingartensi; ubi cum jam sesqui annum mansisset,
facultatem a suo praesule obtinuit, beneficium aliquod suscipiendi,
ne Weingartensibus, licet in eum humanissimis, diuturnior mora
molestior esset (1531).
Unde Jacobus, abbate Bonaventura 18. Dec. 1531 in posses-
sionem suam restituto, iterum Rhenaugiam reversus, una cum
abbate illice et Melchiore de Gachnang res monasterii strenue
restaurare adnitebatur. Cum per 18 annos tam in oeconomicis,
quam in spiritualibus operam suam impendisset, anno 1549 ex-
petitus fuit, non solum a cognato suo Joanne abbate ad S. Geor-
gium in Stein, sed etiam a magistratu oppidi Zell ?, ubi ille exul
morabatur jam senex ac viribus deficiens, cujus Jacobus noster
vices tam in cura animarum, quam in caeteris negotiis, suppleturus
erat. Obiit probabiliter in praepositura Clingencellensi anno 1555.
1 Familia Paigerorum videtur e Constantia Scafhusium migrasse,
ubi postea inter patricios sub nomine de Peier locum quam primum tenebat.
? Zell, Cella-Ratolfi.
(Fortjegung und Schluß im folg. Bande.)
#
Kleinere Mittheilungen,
Archlv. XU. 19
1. Zur Geſchichte der Freiburger Klöſter.
Bon Prof. König.
Veranlaſſung und Hauptquelle zu nachfolgender Mittheilung über
einige der Freiburger Klöſter bildet eine Papierhandſchrift in Quart,
148 Seiten enthaltend und betitelt: „Lebensbeſchreibung einiger Cloſter—
Frauen ꝛc. und andere Merkwürdigkeiten“, welche im Jahre 1761 zus
ſammengeſtellt wurden (nach S. 104) von P. Gregorius Bau—
meijter, professus monasterii S. Petri, „jedoch nicht aus dem alten
MS., da3 verloren gegangen fein jolle, fondern aus einer Abjchrift von
der Hand einer Cloſter-Frauen ded jogennannten neuen Cloſters zu
Freyburg, woraus auch das (von S. 104 an weiter) Folgende genommen“,
Am Schluffe des Ganzen S. 148 iſt gefagt, daß die Abſchrift und die
Zuſammenſtellung der weiteren Nahrichten gefertigt worden im Jahr 1729
von Soror M. Urfula, Eujtorin des Clojterd Adelhaujen.
Das „alte Manufcript”, nah melden die von Baumeilter
benugte „Abſchrift“ gemacht war, ijt unmittelbar vorher auf derjelben
Seite näher jo bezeichnet: „Seriptum im jahr Chriſti MCCCCLXXXII
Amen. Zu Abelhaufen, nachdem al3 ich me dann fünfzig (Jahre) im
prediger orden unmürdiglich gelebt Hab, Johannes Meyer, Beidt:
vatter de3 Cloſters Mariae de annuntiatione Domini, nad St.-Bern—
hardis Tag.“
Der urjprünglihe Verfaſſer des größeren Theiled unjerer Hand
ſchrift ift fonah Johannes Meyer; eine fpätere Seite gibt num
näheren Aufjchluß über diefen Mann, S. 124 beginnt: „Das Leben
des P. Johannes Meyer, wie man es im Luftgarten des Prediger
Ordens findet. Hab’ ſolches, jagt die Klojterfrau, allhier wollen bei-
i Gregor Baumcifter wurbe geboren ben 29. Auguft 1717 zu Wiefenfteig,
erhielt feine Vorbildung im Klofter Elchingen bei Ulm, Tegte Profeß ab in Et. Peter
44. November 1737, beffeibete fpäter das Amt des Öfonomen und Ardivars, und
ftarb als Prior zu St. Ulrich 8. Juli 1772. Seine für die Geſchichte von St. Peter
fehr reihhaltigen (ungebrudten) Schriften find verzeichnet bei Mone, Quellenfamme
lung 1, 62.
19°
292
fegen, weilen meiftens, was ich in biefem Büchlein zufammen gefchrieben,
aus feinen alten Schriften an vielen Orthen hergenommen.“ Folgt
eine kurze Mittheilung auf zwei Seiten, nad welder Meyer in Zürich
geboren wurde, daſelbſt in den Dominicaner-Orden eintrat, ſich in allen
Höjterlihen Qugenden außzeichnete, jo daß er „meit und breit von
großen Herren und Fürjten geehrt, ald wäre er ihr aller Vater“. Er
wurde nad Freiburg geſchickt, um „die damal drei herrlichen Clöſter
Abdelhaujen, St. Agnes und St. Magdalena zu reformiren (glaublich
um das Jahr 1462), welches er auch werkitellig gemadt hat in eben
bejagtem Jahr, wie in dem MS. woraus dieſes jchreibe, pag. 61 zu
lejen”. Er blieb in Freiburg als Beichtvater von Mbelhaujen; „itarb
jelig im J. 1485 auf St. Prarebid Abend vnd iſt in bem Eingang
des Chors bei der Stiegen vor unſrer lieben Frauen, wie er begehrt
bat, begraben worden. Er bat gejchrieben eine Chronik der Päpſte,
die dem Hl. Drden gute getan‘; item librum de reformatione
ordinis praedieatorum, qui asservatur in Schön-Steinbach, quem
auxit priorissa S. Nicolai Argentinae.“
Die Klöfter, über welche unfere Handſchrift Mittheilungen bringt,
find Abdelhaujen, St. Agnes, das Regelhaus zum Lämmlein, St. Katha=
rina und St. Magdalena.
1 Diefe Chronik ift erhalten und jett im ftäbtifchen Archive. Eine zweite
dafelbft befindliche Handſchrift von Meyer, vollendet 1469, ift eine beutiche Bear-
beitung ber Vitae fratrum ordinis praedicatorum (|. bie folg. Note),
Papierhandſchr. in 4, 152 Bl. Die Schrift ift abgetheilt in fünf Büher Das
erfte beichreibt das Leben der fünf erſten Generalmeifter bes Ordens: Jordanus in
66 Kapiteln, Raymund de penna forti 3 Kapp., Zohannes 6 Kapp., Humbertus
4 Kapp., Johannes v. Vercelli 11 Kapp. Das zweite „ſaget von den erjten heiligen
wiefen geleerten Vättern brediger ordens”, welche unter ben genannten Meiflern ges
lebt haben, 11 Kapp., darunter 8. 2 u. 3: „bie in tutzſchen landen burtig fint
gefin’; KR. 4: „Bon etlihen Bettern, die befunder in Elfas und Swoben gelebt
haben.” Das britte in 6 Kapp. „faget was gnaben die mutter Gotte8 Maria ben
brübern pr. ord. getan bat“. Das vierte in 5 Kapp. „berichtet gutte byſpilliche
exempel“. Das fünfte in 8 Kapp. „faget von dem feligen ende vnd bl. Ieben ber
brüber‘; das Schlukfap.: „warum biß buch gefchriben ſei“. Es geſchah bieles
„allen prebiger fweftern zu troft“, „under baß fie aljo bovon Iefen, daß fie merken
mit fliffe, wie fie mit yrem leben fo vngleich vnd verre fint dem feligen Leben, das
bo gelüchter hat in unferen heiligen Bettern vnd was wir dan ungleiches finden von
ber regel ber gerechtigfeit, daß wir das widerbringen mit Gottes Hilffe in bem teg—
lichen fampfje der untugent wider bie tugent in ber lynien ber geweren geiſtlichkeit
unjeres bL ordens u. f. w.* Meyer fchrieb aud eine Ehronif von St. Agnes,
j. unten.
293
Adelhaufen.
Diefem Klofter iſt S. 1—123, ſonach der größte Theil, ausſchließ—
lich gewibmet; trogdem iſt das für die äußere Gejchichte desſelben in Be—
trat kommende Material ein fehr geringe, um jo reicher dagegen
jenes für das innere Xeben, weldes S. 4—102 umfaßt. Unter der
Überſchrift: „Lebensbeſchreibung etlicher Schweitern zu Adelhauſen, ordin.
S. Dominici. Gezogen aus dem Bud, des Lebens bejagten Cloſters“
folgen Berichte über fiebenundvierzig Nonnen dieſes Hauſes; es find
nicht Lebensbejchreibungen im gemöhnliden Sinne des Wortes: von
vielen Schweſtern find nur die Stlojternamen angegeben, von andern
bloß die Heimatdnamen, mitunter die Zeitdauer des Föfterlichen Lebens,
nirgends aber ift die Zeit jelbit, Jahr und Tag der Geburt oder des
Todes angeführt. Zweck diefer Berichte iſt: das geijtliche innere Leben
diefer Nonnen zu ſchildern, die myjtishen Außerungen und Erjheinungen,
wie fie indbejondere im Predigerorden bald nad) deſſen Gründung fich
fundgegeben haben.
Läßt ſich hiedurch die Zeit, welcher dieje Perfönlichkeiten angehören,
mit ziemlicher Sicherheit bejtimmen, jo fommt im vorliegenden Falle noch
ein äußeres Zeugniß in Betracht. Die Duelle, welder Johannes Weyer
in dem legten Drittel des 15. Jahrh. bei diefen Lebensbeſchreibungen
folgte, oder richtiger, welche er einfach reproducirte, war die noch erhal:
tene, jet auf dem ſtädtiſchen Archiv befindliche Abjchrift der jog. Chronik
der Anna von Munzingen. Dieje lebte um dad Jahr 1318 als
Priorin in Ndelhaujen, ihre Aufzeihnungen find, joweit befannt, die
ältejten, welche über dieſes Kloſter fich erhalten haben; das Driginal
ilt verloren, die Abjchrift in Klein Dctav auf Papier enthält 171 Seiten
und hat am Schluß die Unterjchrift: Der dis büchli schreib mit siner
hant, Johannes Hull von Strassburg ist er genannt. Anno
ÄXXIII? (1433). Wir geben von diefer für die Gejchichte des Prediger:
Ordens wie für bie Geftaltung des religiöjen Lebens im Breisgau bes
achtenswerthen Quelle hier nur eine Anhalt3überjiht!. Nah einem
ı Mir gebenfen dieſe Chronik im nächften Bande vollfländig zu veröffentlihen. —
Das Vorbild für bie zahlreichen Bearbeitungen ber Vitae war gegeben durch ben
franzöfifchen Dominicaner Gerhart von Frachet (blübte um 1260), ber im
Auftrag des Generalmeifters das erfte Werk diefer Art verfaßte. Antonius Senenfis
berichtet (Bibliotheca ordinis fratrum praedic. Paris 1585, pag. 91): Frater
Gerardus de Fracheto, natione Gallus, patria Lemovicensis, qui Parisiis
in manus magistri Jordani professionem emisit, vir vita et doctrina clarissi-
294
furzen Eingang über die Stiftung des Kloſters beginnt mit ©. 3
die eigentliche Aufgabe, melde fi die Schreiberin gejtellt, nemlich die
Erzählung und der Bericht der „genaden”, ber „grofien Dinge“, die
einzelnen Schmweitern diejes Haufe „beihahen”.
Die erjte, deren geiftliche® Leben ganz kurz beichrieben wird, ijt
die Priorin Anna von Selden. Die zmeite ift Adelheid von Breijad) ;
mit diejer beginnt P. Baumeilter auf ©. 2 feiner Abſchrift, und
bringt (bis ©. 79) 31 Lebenöbejhreibungen von Nonnen und eine
jolde des Kloſter-Schaffners gleichlautend mit der ältern Ehronif, nur
daß die Sprahe modernifirt, Manches ungenau, mehre Namen auch
unrihtig gegeben find. Die Chronik hat noch eine kurze Beihreibung
einer Schweiter Anna Qurnerin, dann folgen mit Bl. 71 bis Bl. 75
jummarijche Angaben über die mancherlei Gnaden, deren fich die Adels
baujer Schmweitern zu erfreuen hatten, 3. B. des jog. myſtiſchen Schwebens,
der Ekitaje, der Demuth, BI. 75 ein Gebet, nad) diejem die Bemerkung:
Ir sollet wissen, das wir kume den halben theile haben ge-
schriben die gnode, die Gott den swesteren an hett getan, wann
do man das büch schreib, do waz der swester an der merteile
tot, die es alles wisseten. Wieder ein kurzes Gebet, dann Bl. 76
die Angabe: Do swester Anna von Muntzingen dis büch schreib,
darob dis geschreiben ist, do zalte man von Gottes geburte
MCCCXVIIL jare.
Es folgen noch zwei Predigten: die erjte von Bruder Conrad von
Ehlingen „von vnsers herren Lichame*; die zweite von dem Pro—
vincial Bruder Wolffart: „der brediget vns am sant Mathis tag
vnd dis was sin thema: Nimis honorati sunt etc.* Bl. 81—83.
Nach diefem eine Bitte ber Verfaflerin an ihre Leſer: „Ich swester
Anna von Muntzingen die das büch geschriben hett bitte alle die
es lesent oder hörent lessen, das si min getrüwliche ze Gotte ge-
denkent vnd in bittent, das ich ein volkomen mönsche werde ond
daz min leben kome zü einem güten ende u. s. w.* Den Schluß des
Ganzen bildet eine Predigt von dem Leſemeiſter von Köln Bruder
Nikolaus.
mus .. jussu Humberti generalis magistri ord. nostri ex multis quae in ordine
per varias mundi partes contigerant, et illi relata fuere in comitiis generalibus
n. 0. per patres, gravissimas quasi colligens spicas quae aliorum manus effu-
gerant, hoc est, multa quae ab aliis scriptoribus ante eum praetermissa fuerant,
vel ignorata collegit in unum librum, qui dieitur Vitae fratrum ordinis praed.,
qui distinguitur in 5 partes. Dicfe Vitae wurden gebrudt Douay 1619 und Bas
lencia 1657,
295
Bei Baumeifter folgen S. 80-102 nod fünfzehn meitere
Lebensbeſchreibungen, welche Anna von Munzingen nicht hat; er jchließt
mit einer allgemeinen Betrachtung über die Pjalmjtelle: Pretiosa in
conspectu Domini mors sanctorum ejus und der oben ſchon angegebenen
Bemerkung, aus welcher hervorgeht, daß dieje weiteren Berichte dem Jo—
hannes Meyer angehören, welder feine Betrachtung mit dem Wunjche
endete: „bei diefen guten Gottesfreundinnen beitattet und begraben
zu werden”. |
Aus dem Biäherigen ergibt jih: die älteſte Gejtalt, in welcher
die Chronik der Anna von Munzingen erhalten geblieben, ijt Die von
Johannes Hull im Jahre 1433 gemadte Abſchrift; ermweitert wurde
diejelbe dur Fohannes Meyer 1482; ob dieje Arbeit noch vorhanden,
läßt ſich zur Zeit nicht bejtimmen, Baumeilter kannte fie nicht, er hatte
al3 Vorlage eine davon im Jahre 1729, durch die Schweiter M. Urjula
gefertigte, ohne Zweifel in der ſprachlichen Faſſung jchon jehr modernifirte
Abjihrift, da diefe als Haushronif angefertigt wurde.
Mir laſſen nun die wenigen biftorijhen Beftandtheile der
Baumeifterfjhen Handſchrift über Adelhauſen folgen.
©. 3 berichtet über die Gründung: „Diele Cloſter wurde ge:
jtiftet um das Jahr 1232 von Adelheid, einer Gräfin von Freyburg
unter dem Titul: De annuntistione Dominica. In bejagtem Jahr
wurde ſelbes Cloſter durch Herren Heinrich, Biſchoffen zu Conſtantz,
von der Pfarrkirchen zu Freyburg losgeſagt und eximirt, welches Die
ploma hieher jeßte, allein mweilen ſelbes in dem MS. einer Elofterfrau
aus dem neuen Glofter (mie e3 heut zu Tag genennt wird) jo übel
abcopirt worden, daß jchier nit weiß, was einige Wörter heiffen jollen,
jo muß ſelbes hindann laſſen.“
„Im Sahr 1245 den 12. Juni ift das Cloſter Adelhaufen in dem
Coneilio zu Lion in Frankherich von Papft Innocentio, dem Aten, dem
Predigerorden einverleibt und bejtättiget worden.“
Anna von Munzingen berichtet, dab fi darum wie um bie
Hebung der neuen Stiftung bejonders die Gräfin Kunigunde von
Sulz verdient gemacht habe. Über diefe bringt die Baumeifter’jhe Hand:
ſchrift ©. 121 eine kurze Lebensbeſchreibung.
„Die felige Cunigundis von Habsburg, ded Grafen von
Habsburg Rudolphi I, hernach ermöhlten Römiſchen Kayſers Leibliche
Schmeiter, war erftlih vermählet einem Grafen von Sulz, ift aber
nad Ableben deßſelbigen von dem jel. Gualtero, Prior des Convents
296
Prediger Ordens in Straßburg bewegt worden, alle Ehren und Reich—
thumen zu verlafjen, welches fie aus munderbarer Cingebung bes
hl. Geiftes werkſtellig gemacht und hat das heilige Orbensfleid aus ben
Händen des jel. Gualteri in dem Cloſter Adelhaujen Prediger Ordens
bei Freyburg under der geiltlihen Mutter Anna von Selden, damahligen
Priorin der Berfammlung, angenommen. Sie leüchtete mit großen
Tugenden und ließe ihr der Erhöhung und Ausbreitung des Ordens,
abionderlich de Cloſters Adelhaufen jehr angelegen jeyn. Wie dann
dur ihre Mühe und Arbeit auch Reichthum dapelbige, jo vorher ſchlecht
und arm mare, ze einem der vornehmiten Klöfteren in Teütſchland ge—
macht und anno 1245 auf dem Lyoniſchen concilio generali von
Papſt Sunocentio IV dem Prediger Orden auf ewige Zeiten einverleibt
worden, und nachdem das Cloſter noch zu ihren Zeiten von einem
feindlichen Lager jehr ruinirt worden, hat Keyjer Rudolph 320 Marckh
den Schweiteren zugeſchickt, wodurch das Glofter viel jhöner und herr:
licher erbaut worden. Das Bühklin, in welchem genannte Summa
iſt überjchiefht worden, ijt noch heütiges Tags vorhanden.“
„Der erite Cardinal Prediger Ordens Hugo a ©. Charo päbit-
liher Legat in Teütſchland und der Hi. Petrus von Mayland, act
Jahr vor feiner Martyr haben Cunigundam heimgefuht und ihre rare
Qugenden bemunderet. Endlih, nachdem fie in großer Vollkommenheit
dem König Himmel3 und der Erde gedient, hat fie die Cron der ewigen
Glücjeligkeit dur einen feligen Tod erhalten um das Jahr Chrifti
1250. — Ex antiquis MS! Adelhus. et probatis auctoribus.*
Weitere, kürzere Angaben (S. 104 und 105) berichten, daß das
Klojter dreimal: 1282, 1320 und 1410, abgebrannt jei.
©. 106—116 folgt ein durd) den Abt Othmar von St. Trutpert
eingeleiteter Bericht über „ein merfiwürdiges Erempel”, welches ſich 1480
zugetragen. Barbara Behem, Tochter ded SKlofterichaffners in St. Trut—
pert, war in der Oſterwoche in Freiburg und wurde bei dem Kloſter
Adelhaujen von einem „rajenden” Hund gebifjen, erkrankte tödlich, fiel
in eine Eckſtaſe, berichtete bei ihrem Erwachen das von ihr Geſchaute
und verlangte, dat alle Hausbewohner herbeigerufen werden, bamit jie
ein Öffentliches Bekenntniß ihrer früher verſchwiegenen Sünden ablege.
Nachdem dieſes gejchehen, verichied fie. Auf Anſuchen des Beichtvaterß
von Abelhaufen Zohann Berger ließ ber Abt durch einen Notar ein
Protofoll aufnehmen, unter Beizug glaubmwürdiger Zeugen, und durd)
jein Abts-Inſiegel bejtätigen.
©. 116 ff. Mittheilungen über Erlebnifje aus den breißigjährigen
Krieg: Bebrängniffe, Rettung durch die Fürbitte des hl. Morig, Acha—
tius und ihrer Genojjen.
297
. Weitere Notizen auch über Adelhauſen geben die num folgenden
furzen Berichte über drei weitere Klöjter.
St. Agnes.
S. 1233: „Im Zahr 1264 kam die jel. Frau und Mutter Bertha
mit ihren Gijpielinnen von Breyjah gen Freyburg im Breysgau und
fieng an da3 Frauen-Cloſter zu St. Agnejen Prediger Ordend. Wie
aber dafjelbe zuging und wie das Glofter zunahm im geiftlichen und
weltlihen in feinem Anfang, und wie es darnach mehr dann über
200 Jahr reformirt und objervanzlich bey unjeren Zeiten 1465 beichlofjen
ward, da hab ich ein beſonderes Büdlin darvon gemacht denjelben
Schmeitern zu lieb in mehr dann 20 Gapitel getheilt. Ich befihle mid)
in eure Gebet Bruder Johannes Meyer, der nun mehr dann
50 Jahr gepreitenhaftiglich gelebt Hab unmürdiglich in dem HI. Prediger
Drden, aljo daß mir nad diefem Elend erfolge ewiges Leben. Amen.” -
Diefe Schrift ift nicht erhalten. Über die Stifterin von St. Agnes,
die jelige Bertha, folgt ©. 126 ff. eine kurze Mittheilung:
„Sie wurde in dem Eljaß aus edlem Stamme geboren unb mar
die GStifterin ded Cloſters St. Agned Martyrin zu Freyburg, mare
eines jeligen Lebend. Der gottjelige Johannes Meyer jchreibt in dem
Lujtgarten des Hl. Prediger - Orden? am 7. October aljo aus den
uralten Adelhauſiſchen Schriften: Dieje jelige hochadeliche Dam hat
erjtlih zu Breyjad ein einjames, frommes, gottjeliges Leben geführt
und bdajelbit eine Verſammlung gottjeliger Jungfrauen und adelicher
Damen angefangen. Nachmals aber im Jahre 1264 ijt fie mit ihren
Geipielinen von Breyjah nad) Freyburg kommen und bat bajelbit ein
Elofter zu Ehren der hl. Jungfrauen und Martyrin Agnes gebauet,
jo aber in dem ſchwediſchen Krieg ijt veritört worden, wie hernach wird
gemeldet werden. In diefem Clojter hat fie 40 Jahr ihrem himmliſchen
Bräutigam in großer Heiligkeit gedient, gienge niemaln nach der Metten
zur Rub, fondern verharrete ſtets in Betrachtung und geiftlichen Übungen.
Ihr ift oftermalen Chriſtus und feine würdigſte Mutter erjchienen. Iſt
endlih im hohen Alter dafelbit im Herrn entihlafen und in großer
Würbdigkeit begraben worden. Hat mit viel Wunderzeihen geleuchtet
allda bis auf 1647, ben 18. Jener, da hat man mit Erlaubnuß ©. Hoch—
würden P. Provincials ihr Grab eröffnet und ihre Gebein daraus ge-
nommen, dabei den hochw. P. Prior, P. Beichtvater im Beiſeyn vieler
fürnemer Perſonen jelbe erhoben und in ein Trüchlein gelegt und in
die Prediger Cloſterkirche gethan bis auf die Zeit, da dag Gottshaus
Adelhauſen erbauen worden.” |
Archiv. FA. 19**
298
Dieſes Trüchlein befindet fich anjego in unferm Chor in dem neuen
Cloſter Adelhaufen, wovon in einer alten Schrift alſo gelefen wird:
„Allda feint verjchlojien die Hl. Gebein von der jeligen Schmweiter und
Mutter Bertha, welde ein Stiftrin geweſen des Clojter St. Agnejen,
St. Bernhardisorden aus der Stadt Breyfah aus dem Gotteshaus
Maria: Am und Ihre HI. Reliquien feint hernach trandferirt worden in
das neue Clofter Adelhaufen 1694. Die Elofterfrauen jeint zmar Willens
gewesen, jelbige mit jchönen Zierrath zu umfaflen und zur öffentlichen
Beneration an hohen Feſten auszuſetzen, ift aber aus erhöblihen Ur—
ſachen noch bis bato nit gefchehen.“ !
©. 1283 berichtet über ein „Salvatord Bild“, weldes von
St. Agnefen=Elofter noch vorhanden. „In folder Geltalt, mie dieſes
Bild Hat fih unfer Lieber Herr gewürdiget der feligen Mutter Bertha
zu erjcheinen und hat mit ihr oftermalen die Mette oder Tagzeiten ges
betet. Dieſes Bild Hat etwas abſonderliches an ihme, wann es ſchön
von Angefiht und einem freundlich ift im Gemähl, jo kommt e3 denen
Menſchen, welche bei Gott nit wohl in Gnaben fein, fordtfam und er—
ſchröklich vor.“ Folgt als „Zeugnus deſſen“ ein Vorgang mit einem
Hufaren:DOffizier im 3.1712 2, — Ein weiteres, aus dem Agnejen-Glofter
ſtammendes Bild ift „Unfrer lieben Frauen Vesperbild“s, worüber
©. 131 fi. Näheres berichtet wird. Hiernach ftammt dieſes, jet auf
1 Diefe Reliquien find noch erhalten, — Die Mutter Bertha erwähnt aud
Gonr. Zittard in feiner hiſtor. Lebensbefchreibung ber General:Meifter Pr.:Orb.
(Dilingen 1596) ©. 122 mit ben Worten: „Bertha, eine jehr andächtige Schweiter,
von Adelichem Stammen geboren, vnd eines heyligen Lebens biß inn ihr enb, hat
gebawt das Glofter das genannt ift zu S. Agnefen in Fryburg, Goftniger Bisthumb,
ba fie begraben ligt im grofjer würbdigfeit, fte lebt vierkig Jar im Orden, gienge
nach ber Metten niemaln zu rhu, beren aud Ehriflus vnd fein würbige Mutter
ofternmalen erſchienen.“
2 Das in ber Adelhauſer Kirche Aufbewahrte und nad ber Haudtrabition als
das oben befchriebene Bild geltende ift ein ſeht ausbrudsvolles, ſchön auf Holz ges
maltes Bruftbild des Erlöfers, welches jedoch aus viel fpäterer Zeit flamme. Kug—
Ver bezeichnet e8 als eine Arbeit aus der Säule bes Ulmer Malers Martin
Schongauer, ſ. Handbuch der Kunſtgeſch. 4. Aufl. 2, 398.
2 Vesperbild ift wie „Ichmerzhafte Mutter” bie volksthümliche Benennung
ber Darftellung der heiligen Jungfrau mit bem Leichnam Chrifi, wofür bie Sprache
ber Kunſt bas italienifche Wort Pietä angenommen hat. Bol. Müller-Mothes,
archäolog. Wörterb. 2, 749 u. 964, wo jedoch ber Ausbrud „Vesperbilb* nicht er
Märt wird. Diefer ift hergenommen von einer ben canonifchen Tagzeiten nachgebil:
beten Betrachtungsweife des Leidens Chriſti, auf die Vesper fällt die Betrachtung ber
Niederlegung bed vom Kreuze genommenen Leihnams in ben Schooß der vom
Schmerz durKbrungenen Mutter bes Herrn,
299
dem rechten Neben » Altar der Aoelhauferfirche befindlide Bild aus
dem Glofter „an den Steinen“ zu Bajel und murde zur Zeit ber
Reformation von einem dem Fatholifhen Glauben trog aller Bedrohung
treu bleibenden Manne nad Freiburg in das Cloſter St. Agnes ge:
bracht, 1647 kam ed in die Kirche von Adelhauſen.
&.134: „Das Elofter St. Agnes ift vormals geitanden in ber
jogenannten Münden Borjtabt ohnmeit vom Prediger Thor, über ben
Graben hinüber.“ * Daran anfnüpfend bringt die Handſchrift von
S. 135 eine ziemlich eingehende Darjtellung der verjchiedenen Friegeriichen
‚ Begebenheiten von 1632—1644, insbejondere ber die Stadt Freiburg
und die nächfte Umgebung berührenden; wir lafjen hier das über Die
Zerftörung von St. Agnes und anderer Klöfter Berichtende folgen.
©. 140: „Im Jahr 1644 als die große Schlacht bei Rotweil ge
ſchehen und alſo vil Kayjerlid und Bayeriih Volt allda verjammlet
war, hat man fich zu Freyburg wieder bejorget, die Stadt möchte be-
fagert werden. Dahero man ben 30. Märzen am Mittwoch nah Oftern
den Herren von Allerheiligen, den Frauen zu St. Clara, denen zu
St. Agnes und den Neyerinen hat anzeigen lafjen, man. werde ihre
Elöfter miniren, damit, wann dag Kayierliche Volk vor die Stadt fomme,
man jelbe gleich könne zerjprengen. Doch haben fie allein von benen
Kirchen gejagt und wurde gleich noch felben Tag bei St. Clara der
Anfang gemadt. Den 4, April kamen fie aud zu St. Agnes und
ohnangejehen alle8 Bitten tief unter den Chor gegraben. Als ben
nädjiten Tag nad) St. Johannis ein Fayjerlihe Partei vor die Stabt
ruckte, famen täglich mehr, daß aljo bis den 23. Juny bie Kanjerlichen
und Bayerſchen Bölfer, jo bei 16,000 Dann jtarf jollen geweſen jein,
fih völlig zur Stadt gezogen. Dahero der Commandant Canoffzi be:
fohlen die Minen auzuzünden, mweilen aber diejed Anzünden ohne Wirkung
war, jo murbe das Cloſter St. Agnes jamt der Kirche mit Stroh
und pulver in brandt gefteckt und alljo alles zugrund gangen.”
„Die Belagerung mwährte 5 Wochen; durch breich jchießen famen
fie in die Vorftabt, allmo fie von dem Lehener bis Prediger Thor an
viel Orten bie Thi.en und Mauern ruinirt und durchſchoſſen, und
MWillend waren, einen Sturm zu wagen. Allein die Franzoſen und
Schweden mahten einen Accord mit ihnen unb übergaben bie . Stadt,
feind aljo bei 11,000 Mann ben 28. Juli 1644 aus der Stabt, und
ı Rah dem Stadtplan von 1589 ift diefe Angabe unrichtig und offenbar eine
Berwehielung mit der Stätte bed Klofters der Neuerinnen; St. Agnes (auf bem
Plan Nro. 17) Tag unweit und fübwehlih vom Lehener Thor, auf ber Stätte ber
jeßigen höheren Bürgerſchule.
300
die Bayeriſchen hineingezogen.” (Folgt eine kurze Erwähnung ber
Schlachten am Schönberg und Lorettoberg, 3. u. 5. Auguft 1644.)
An dem Tag, da das Eloiter St. Agnes verbrenndt wurde, erfuhren
gleiches Schidjal das Glarijjerinen Cloſter, dad Cloſter der Reuerinen
und ein Schweſterhaus ord. S. Domin. ſammt der ganzen Prediger
und Lehener Vorſtadt, jo Alles verbrenndt und abgebrochen wurde.
„Weilen denn die Clojterfrauen von St. Agnes nimmer zu bauen
im Stand waren, jo haben fie fi anno 1647 mit denen zu Adelhaujen
(deren Cloſter auch aljo übel zugericht, daß es nicht zu bewohnen war)
vereiniget, zu melden fie den 4. Januarii proceffionsweis mit Vortra-
gung des Bild der Hl. Agnes, ihres Gottshaujed Patrönin, gezogen.“ i
— —
Unſerer Handſchrift liegen einzelne Blätter bei mit verſchiedenen Notizen, dars
unter über den Bermögensjiand von St. Agnes Folgendes:
„Was die Agnefer Glofterfrauen nah Adelhaufen gebracht haben“:
1. Der fel. Mutter Bertha Reliquien (folgen einige mit ben obigen überein=
ſtimmende Angaben).
2. Haben fie mit fi bradt Briefe und Tiegende Güter, Ader und
Matten, Kirchengezierd, Hausrath. — Die Schwefter Scholaftica von Bollſchweil
mit Schwefter Chriftina in bem eriten Jahr da fie gefommen ift, hat gebracht bem
Eonvent 400 Gulden an lauterem Gold, und ein Pferd. — Eine filberne vers
guldte Monftranz, ein filbernes Rauchfaß, eine filberne Schale, ein filbernes
Löffelchen. — Item von Et. Agnefen eine gute Orgel, Altartüder, Meß—
gewänder, ein guldener Kelch, ein filberner Kelch, zwei Levitenröde, aller Farben
Sammt:, Damaft: und Tafent:Meßgewänber, acht große Heilthumſchrein, wie auch
viel Meine und fonft hübſche Kirchenzierden. — Allerlei Küchengeſchirr, feines
Kupfer: und Zinngeſchirr. An Früchten: jährlich bei 330 Mut. An Gütern:
zwei Stüd Reben, bas erſte 36 Haufen bei St. Agnejen Glofter, das bat man
verliehen um 43 Eaum; das andere Stüd, 22 Haufen, ift anno 1449 um 650
Gulden baar Geld verfauft worden. Mit diefem Geld hat man anfangen bas
Cloſter Adelhaufen, welches nicht gar ruinirt worden, wieder ze bauen; bat ein
Stuben fammt ſechs Gemach gebauet, daß die Schweftern wicber haben fünnen im
Glofter wohnen zur Notbburft, als zwei Schweftern zufammen. — Eine Matte, mit
Namen Glaras Matte, it 13 Juchert geweien. Davon bat man ben Prediger Herren
geben 5 Juchert für 500 fl., jo man ihnen ſchuldig gewefen; 8 Juchert find vers
fauft worden um 490 fl., das Geld ift aud verbauen worden. — An 7 Juchert
Matten bei Betzenhauſen, die find auch verfauft worden um anderthalb hundert Gul-
den. Mehr: Biertbalb Juchert Matten, verfauft um 200 fl., davon für bie Kirchen:
fenfter verwenbet 100 fl.
Ader. 3 Juchert hat man dem Schmied au der Schuld gegeben. Item ein
Korngilt zu Zins verkauft, ift alle Jahr 15 Mutt gewejen um 250 fl. Mehr, eine
Matte verfauft um 180 fl., ein Garten zu Ebringen um 150 fl., jährlih 10 Mutt
Roggen zu Crotzingen verkauft un 300 fl. baar; Neben verfauft, 6 Haufen um
224 fl. Item haben wir die Kirchen Mauerflein von St. Agnes ben Herren ber
Stabt verfauft um 200 fl. |
Folgt ein Verzeihnig der Schulben von St. Agnes, vom 15. Juni. 4657.
301
Von dem Regelhans zum Lämmlein genannt ‘.
S. 143: „Anno 1490 wurde angefangen eine Verſammlung frommer
PVerjonen ze Fryburg in der alten Stadt gelegen, waren Schweitern ber
3. Negel des HI. Franciscuß, gehörten und ſtunden unter dem Biſchoff
zu Conftang. Diejed Gotteshaus jtunde bis 1647, mweilen fie dann aud
wie obige in dem Schwediſchen Krieg jehr vieleß gelitten und in Ab-
gang kommen, jo gieng e3 in bejagtem Jahr auch ab, da die Schweitern
nah und nad) bis auf drei gejtorben, deren zwei in den Drden der
bl. Elara allda und die dritte in Orden de3 hl. Dominicus zu Abel:
haufen getreten. Am Sabre 1651, nachdem fie an bejagten Orden bie
hl. Profejfion abgelegt, wurde auf bijchöfliches Gutheifjen von dem noch
vorhandenen Vermögen disponirt.“
St. Ratharina.
©. 144: „Dieſes Cloſter ift gejtanden in dem Dorf Würi bei
Freyburg?, war aud von dem Drden des hl. Dominicus und wurde
erbauet anno 1297, darzu den Plak und die Freiheit gegeben Herr
Graf Egon. Dieje Grafen heißen jegt Grafen von Fürſtenberg, Herren
von Freiburg. Wurde erbaut von einem Priejter mit Namen Thomas,
Diejer Graf Egon Liegt hier zu Freyburg in dem Münijter begraben.
Requieseat in pace.
Anno 1675 zu End des September3 jeyndt die Brandenburgiichen
Völker, welche Breiſach bloquirt, abgemichen, deſſentwegen ein große Angjt
im ganzen land gemejen, aljo daß jedermänniglich in Sorgen geitanden,
Dieje hatten im J. 1651 die Summe von 1813 fl. betragen, zahlbar an das Pres
diger Cloſter; davon waren jekt 1316 fl. abbezahlt, der Reſt wurde gumvillig nach—
geſehen.
ı Sogenannte Regelhäuſer, d. h. Genoſſenſchaften, samenungen, von Jung:
frauen und Wittwen, welche ohne feierlihe Gelübde nach der britten Regel der Frans
ciscaner oder der Prediger lebten, Beghinen (wie fie noch jept in Belgien heißen
nad dem Stifter diejer Vereine, bem Priefter Lambert le Beghe in Lüttich, 1184),
gab es in Freiburg mehrere; das ältefte ericheint 1307. Vgl. Schreiber, Geſch.
der Stabt Freiburg 2, 28. Das Negelhaus zum Lämmlin war das Haus zum
Kriftallberg am weitlihen Ende der Clariſſergaſſe.
2 Nach dem alten Plane wie nad) ber Tradition war Abelbaufen an ber Stelle,
wo heute noch die Kapelle fteht zwiichen Wiehre und ber Schwimmbabitraße; St. Ka⸗—
tbarina, nur durch eine Straße bavon getrennt, lag etwas weftlicher, ungefähr in
ber Richtung der jegigen Schwinmbabitraße.
302
die franzöfiiche Armee werde gleich Freyburg belageren,, bejjentwegen
jedermann der Stadt zugeflohen. In biefem Schreden, und Lärmen
haben ſich auch die Glofterfrauen bei St. Catharina auf die Flucht ges
riht. Und ala fie das Vornehmite, jonderbar an Kirchengeräth in die
Stadt flehnten (flüchteten), hat es fich begeben, daß ein gemweihlte Schweiter
mit Namen Juliana Kremjin ein Maria:Bild, von Wachs gemacht, welches
auf dem hohen Altar gejtanden, auch herab genommen, Willens ſolches
auch ein zu paden und zu flehnen. Als fie aber dieſes Bild in die
Hand nahme, hat fie mit Verwunderung gejehen, daß demſelben Zäher
aus den Augen über die Wangen herabflüffen. Defjentwegen jie mit
groſſem Schreden das liebe Bild in den Greußgang getragen, allwo
andere Conventſchweſtern, aud andere weltliche Leuth verjammlet waren,
die ſolches Wunder mit Bergiefjung vieler Zäher und großem Schreden
gejehen. Nachdem jelbem Bild die Zäher abgetrodnet wurden feint gleich
wieder andere herabgeflofien, welches bei einer viertel Stund lang mwährte,
worüber alle Anmejenden einhellig glaubten und jagten: Ach Tayder!
es ijt zu bejorgen dies Gottshauß werde zerjtört werden, wie auch
gejchehen ijt anno 1677 im Dezember, dann meilen die Stadt vom
8. November an von den Franzoſen belagert worden und den 15. deſ—
jelben erobert worden, ift dieſes Clojter gar zu nahe an der Stadt jtunde,
wurde es aus föniglihem Befehl demolirt. Die Elojterfrauen haben
jih nachgehends mit denen zu Adelhaujen vereiniget und jeint anno 1694
in dag neue Glojter eingezogen.”
St. Magdalena zu den Kenerinnen.
©.146: „Sit aud) des Ordens S. Dominiei gewejen, ftund am Lehener
Thor ?, wurde nad dem Schwedenfrieg anno 1651 jammt allem ihrem
Gut, was es noch hatte, mit dem Gottshaus St. Katharina vereiniget
und aljo zujammen gejtoßen, mwodurh das Gt. Katharina Cloſter
nah im Schwedenfrieg jehr vielen und großen erlittenen Mühjeligfeiten
wieder in guten Stand gekommen, jo aber nit länger, dann bis 1677
wie gehört, gedauert hatte.
Im Jahre 1677, nachdem die Stadt Freyburg den 15. November
ı Mie jchon bemerkt, verwechſelt der Bericht bezüglich ber Lage das Klofler
St. Katharina mit dem von St. Magdalena; Iegteres, „zu ben Reuerinnen“ genannt,
lag nah dem angeführten Etabtplan (Nro. 15) außerhalb ber Stadtmauer und bes
Srabens zwilhen dem Et. Chriſtophsthor und Prebigerthor, nahe vor dem Butzen—
thörlein, welches den alten Theil der jekigen Merianftraße abfhloß. In ber Zeit,
wo obiger Bericht entſtand, war ja das alte Stadtbild längft verändert, daher ſolche
Verſtöße in ben Angaben nicht auffallen Fünnen.
303
an die Franzoſen übergeben worden, wurde au da3 Cloſter Adelhaufen
wie da3 zu St. Katharina in einen Steinhaufen verwandelt, meilen es
der neu anzulegenden Feſtung in dem Weg ftunde Als nun nad
etlihen Jahren die Kriegszeiten vergangen waren und Freyburg unter
franzöfiiher Botmäßigfeit den Frieden genofjen, fo bewarben fich bie
Klojterfrauen, jomohl von Adelhaujen al3 von St. Catharina, um ihre
zerjtörten Clöjter wieder aufzubauen. Allein fie fanden aller Orten
großen Widerſtand. Endlich aber wurde von Seiten der Stadt ver:
williget, daß fie ein Cloſter erbauen könnten, worin beeder Glöjter
Frauen zujammen gejtoßen wohnen jollten, benannten auch hierzu den
Pla, worauf wirklich dad Neue Kloſter jtehet, und jelber Zeit der
Tennenbader Hof genannt ware. Nach einiger Widerjegung haben fie
ih zur Bereinigung verjtanden, daher der Tennenbacher Hofplat mit
4000 Gulden gefauft ihnen angemwiejen wurde zur Erbauung des Neuen
Kloiterd; Frankreich aber gabe vor beede ruinirte Elojter 20,000 Gulden
den Glofterfrauen, da fich der Unkoſten dieſes Neuen Cloſters wohl
auf 40,000 fl. beloffe.
Anno 1687 am nädjten Tag nach Aller Seelen, den Sten Novbr.
murde zu diefem Neuen Glojter der erjte Stein gelegt von ©. Hochw.
und Gnaden Herrn Paulo Prälaten zu St. Peter, gebürtig von Bil-
lingen, in Gegenwart Herren Intendanten von Straßburg, r. p. Albert
Stephan, Prior der Dominicaner und r. p. Ambrofius Gol, Beicht—
vaters u. a.
Das Bauen mwährte ſechs Jahr, bis es könnte bewohnt werden und
befame den Namen Adelhauſen zu ber Verkündigung Mariä und
St. Catharina, heiffet gemeinigli daS Neue Elojter. Der Einzug
wurde gehalten anno 1694 den 12. Dftober.“
2. Das Klöfterlein Rugaler '.
Bon Literat Staiger.
Auf dem höchſten Punkt des Heiligenberges, etwa zwei Stunden
öftlih von dem prächtigen Bergichlofje und Dorfe Heiligenberg, it
ein Weiler, der nach feiner Lage zum Höchſten heist, 2762 bad. Fuß
über dem Meere, vor etlichen Jahren nod gewaltige jog. erratijche
Blöcke umbergelagert zeigte, die jedoch gejprengt und zu Bauten ver:
wendet wurden, — in neuerer Zeit megen der großartigen Ausſicht
von zahlreichen Fremden befucht.
— — — —
Nach Überlinger und Ittendorfer Urlunden und Schriften.
304
Mer aus dem Aachthale über Deggenhaufen den Weg dahin macht,
der kommt fait oben an einem etwas länglichen zweiftöcigen Wohn:
gebäude vorbei, das links auf einer Abitufung fteht und an dem von
Diten ber ein Kleines Bächlein vorüberfließt, dad fi nachher in bie
Aach gegen Echbek ergießt. Dieſes Gebäude mit dem dazu gehörigen
Feld it der Hof Rugaker. In alten Zeiten mar dad Hofgut eine
Befitung der Herren v. Erlebah oder Ellerbad; aus Ellerbach (baier.
Landgericht Dillingen), welche da über ihre Hofangehörigen (Huber und
Zingleute) dortiger Gegend bie Ding, Hubs und Nug:Gerichte abge:
halten haben jollen, weßhalb ber Hof jo benannt worden jei. Diejes
Gut ſchenkte nachher ein Nitter v. Ellerbah einem Schweſtern- oder
Beghinen:Berein *, welche das Hofgebäude zu einem Klöfterlein machten,
babei ein Fleined Kirchlein erbauten nnd im Jahre 1414 die Regel des
Dominicanerordend annahmen. Sie gingen zum Gottesdienſt in bie
nahe Pfarrkirche zu Honberg (Homberg), deſſen Pfarrer auch die
Seeljorge zu Rugaker bejorgte und zuweilen nur in der Kloiterfapelle
Meile und Gottesdienſt abbielt.
Nachdem jo das Klöjterlein entitanden und die Herren v. Ellerbach
zur Herrihaft Ittendorf gekommen waren, diefe Herrſchaft aber 1434
an die Reihsftabt Überlingen verkauft, im Jahre 1443 dagegen das
Patronatsrecht über bie Kirche zu Homberg dem Gottehauje Rugaker
verliehen Hatten, — übergab Burfard v. Ellerbad, jerbaft zu
Riſiburg (d. i. Neifensburg bei Günzburg, am Einfluß der Günz in
die Donau), hernad), im Jahre 1448, Montag nad) Simon und Judä
(1. Nov.) auch noch der Neichsjtadt Überlingen die Kaſten- und Schirm:
vogtei über Rugaker mit dem, daß fie die Schweitern allda und den
Priefter zu Homberg um das gewöhnliche Vogtrecht? jhügen follen.
Würden fie jedoch dieſer Pfliht nicht nachkommen und die Schweitern
zu Rugaker vernadläjfigen, jo jollen die von Überlingen diejed Vogt:
recht3 entjegt werden und die Klofterfrauen das Recht haben, beliebig
einen andern Schirmberrn zu mählen.
Alsdann, nachdem es zwiſchen der Priorin und dem Convent zu
Rugaker und den Pflegern und Kirchenangehörigen zu Homberg wegen
dem Zugang nebjt Location der Klofterfrauen in diejer Pfarrkirche zu
mehrmaligen Zmiftigkeiten gefommen war, wurde durch Bilhof Hugo
1 Bol. bas oben ©. 301 über die Regelbäufer Bemerkte.
2 Diefes Vogtrecht beftand in 5 Scheffel Haber, Ravensburger Maß, und einer
Henne, die durd einen Gotteshaus-Bauer auf Homberg nach Ittendorf geliefert wer:
den mußten, worauf bann ber Bauer einen Trunf und Eſſen erhielt, den Rofjen
gab man zur Fütterung 1 Viertel Haber.
305
1517, Mittwoch nad) den Diterfeiertagen (15. April) beftimmt, daß bie
Pfleger und Kirchenangehörigen zu Honberg (Homberg) aus dem Kir:
chengut die Emporkirche dajelbjt mit einer abgejeßten Stiege und ſchließ—
baren Thüre, und ferner das dortige Fenfter nah Nothdurft mit eijernen
Stangen verjehen lafjen und dann diefe Emporkirche nebit dem Schlüſſel
zu Stiege und Thüre der Frau Priorin und dem Convent übergeben
jollen, damit fie diefe Emporfirche fürder allein inne haben, jchließen,
ihre „Trögli“ darein jtellen und ihre Andacht darauf verrichten könnten.
Und ſchließlich follen die Frauen zu Rugaker als die Lehenfrauen auch
zur jährlihen Kirchenrehnung eingeladen werden.
Hernah, 1585, Montag nad Quasimodo (19. April) geihah
zwiſchen Heiligenberg und Überlingen der Vertrag, daß die von Über:
lingen als die gelegten und verordneten Kajtenvögte und Schirmberren
des Gotteshaufes Rugaker zu Zeiten, wenn deſſen Priorin und Convent
es als Collatrices der Pfarrei Honberg jür nöthig erachten jollten, die
Heiligenrehnung der Pfarrei vorzunehmen, dieſes aber dem Grafen nicht
fund thun, obihon das Gotteshaus jammt jeinen Zugehörden dem Gras
fen von Heiligenberg mit hohen und niedern Gerichten zugehöre, — die
von Überlingen alsdann dieſe Rehnungsvornahme zuvor nad) Heiligen:
berg anzeigen follen, damit der Graf, wenn er wolle, ihr anmwohnen
und allenfallfige Zuſätze machen könne, jedoch ohne der von Ülberlingen
Kaftenvogtei und des Gotteshauſes Schaden und Nachtheil. Auch jollen
die Priorin und der Convent von Rugaker für die Pfarrer zu Hon—
berg, jo oft fie vacant werden, einen ehrbaren Weltpriejter nach ihrem
Gefallen dem Biſchof von Conftanz präajentiren dürfen.
Das Klöfterlein war dem Sturme bed Bauernkrieges glücklich ent—
gangen, wurde aber im dreißigjährigen Kriege ſchwer vom Unglück ges
troffen; denn ald die Hohentmwieler um 1646 einen Streifzug in
die Gegend von Ravensburg gemacht hatten, auf dem jie mehrere Dörfer
verbrannten, ſoll auch Rugaker von ihnen in Aſche gelegt worden jein.
Es wurde zwar wieder aufgebaut, aber hatte von jetzt an eine höchſt
armjelige Exiſtenz. Kurz, es beitand noch bis in's 18. Jahrhundert,
dann ging ed ein. Dad Patronatsreht der Pfarrei Homberg fam an
die Dominicanerinnen zu St. Peter in Gonjtanz, und als diejes Frauen—
tlojter um 1785 aufgehoben ward, an dad Dominicaner:Frauenklojter
zu Meersburg.
Das Klöfterhen Rugaker jelbit beitand aus dem Haus, mie es
noch fteht, mit dem SKirchlein, welches nachher beim Verkauf de3 Haufe
und Gutes abgebrochen wurde, und zählte mit der Priorin höchſtens ſechs
Nonnen; bie Pfarrei Homberg aber beiteht dermalen aus den Weilern
Dberhomberg, Unterhomberg, Rugaker (Nubaler), Höcditen, Wahl:
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weiler, Wippertömweiler mit Haibbremen, Glashütten, Lichtenegg und
einigen Einzelhäujern mit zufammen über 700 Seelen; ber Pfarrort
Dberhomberg, Amts Überlingen, für fi allein dagegen nur aus ber
Pfarrkirche St. Johann Baptift, dem Pfarrhaufe, der Schule bed Pfarr:
Iprengel3 und einem Hofe mit circa 30 Einwohnern.
3. Reformen unter Markgraf Karl Friedrid.
(Aus einem Briefe des Pfarrers Schott zu Birkenfeld, 3. Febr. 1785.)
... „Unfere biöherigen Winterfhulen werden nun in jtändige
Schulen verändert. Dazu aber müfjen die Lehrer unter meiner Auf:
ficht erjt gebildet werben; ein jedes Dorf befommt jeinen eigenen Schul-
meilter. Das Foftet den Markgrafen viel, viel Geld, und mich viel
Sorg’ und Müh'. Auch iſt nun ber Gafjenbettel ganz abgeihafft.
Unter meiner Direction wird möchentlih in jedem Dorf eine Steuer
gejammelt und den Armen ausgetheil. Man kann unjer ganze Land
durdhreifen und wird feinen einzigen Bettler antreffen. Gott jei ewig
Lob und Dank, daß er uns den fo hriftlich- und väterlich:denfenden
Markgrafen von Baden zum Landesfürften gegeben! Wollte Gott, daß
alle Fürſten jo dächten, wie unjer Karl Friedrich denkt! Freilich
find die neuen Anftalten vor die Unterthanen etwas brüdend; allein
zu gejhweigen, daß der gütigſte Fürſt in allen Stüden die ſchwerſte
Laſt auf fih nimmt, jo fann man aud hoffen, daß längjtens in Zeit
von 10 Sahren, wenn bie erforderlihen Brüden und Schulhäujer
gebaut, die Chauffeen fertig find 2c., alle drüdenden Laften aufhören
und Sedermann alsdann über bie heilfamen Veränderungen jauchzen
wird!" —
(Mitgetheilt aus ber Brief: und Autograpbenfammlung bes Herm Pfarrers Ende
in Gonzenheim.)
4. Literariſche Anzeige.
Bon Dr. Bader.
Bon unferem hochgeehrten Mitgliede Herrn Domcapitular und Gtiftspropft
Huber in Zurzach, welher aud) für das Dibcefan-Arhiv arbeitet, ift fürzlich wieder
eine neue Schrift erſchienen: Die Urkunden-Regeſte über die ehemaligen janct:
blafifhen Propfteien Klingenau und Wislifofen im Aargau (Luzern, Drud
und Berlag von Gebr. NRäber, 1878). Diefer „Beitrag zur Kirchen: und Landes—
geſchichte der alten Grafichaft Baden“ wurde tbeild aus den Original-Urkunden,
theils aus den Copeibüchern, welhe nah Aufhebung ber Abtei S. Blafien in
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das Staats-Archiv zu Aarau gefommen, mühevoll zuſammengebracht und füllt einen
Dctavband von 150 Eeiten,
Die Regefte beginnen mit dem Jahre 1114 und fliegen mit 1798. Sie
find genau gegeben und (mo nöthig) dur Anmerkungen erläutert, wie buch ein
fleißiges Regifter leichter benügbar gemadt. Ihr Inhalt betrifft die kirchlichen
und DOrbenseAngelegenheiten, den Befigftand und die Okonomie ber beiden Propfleien,
baneben aber auch eine Menge anderer hiſtoriſcher Intereſſen der propfteilihen und
vieler benachbarten Drte dies- und jemjeits des Rheines. Sie gewähren einen be—
lebrenden Blick in bas Specielle des mittelalterlihen Lebens und dürften, wie
alle urfundlihen Nachweiſe über Stifte und Klöfter, befonders geeignet jein, bie
herrſchenden Borurtheile gegen die Ordenshäuſer früherer Zeiten fchlagend zu
widerlegen und bie fi immer breiter machende Überhebung unwiſſender Tages—
fchriftfteller gehörig gurecht zu weiſen.
Zur näheren Kenntnig bes gewerbliden, landwirthſchaftlichen und
focialen Lebens ber Zeiten vom 12. bis im’s 18. Jahrhundert liefern dieſe Re—
gefte, gleich den höchſt werthvollen Mittheilungen des Herrn Propftes aus den Ur:
funben des uralten Berenenftiftes in Zurzach (erfhhienen zu Aarau 1873), für
die obere Rheingegend ein reiches Gejchichtsmaterial, wofür bie vaterländijhen Hiſto—
rifer in Baben und der Schweiz zu allem Danfe verpflichtet find, und wir freuen
und fehr, dieſer Dankespfliht in dieſen Blättern öffentlihen Ausdbrud geben zu
fönnen. .
Zuſatz. Seitdem das Obige geichrieben wurbe, bat ber unermübliche Herr
Stiftspropft Huber wieder eine Schrift in die Öffentlichkeit treten laſſen und uns
in den jüngften Tagen zugefandt, eine neue Bearbeitung der Verenasfegende
Das Leben ber hl. Jungfrau Berena in Wort und Bild. Mit 23
Kupferftichen. Klingenau, Drud und Berlag von Ferd. Bürli. 1878. 82 ©.
Die Hauptzüge ber Legende find biefe: Verena, um 280 in der Thebais ges
boren, ſchloß fih der Thebaifhen Legion an, mit deren Anführer Mauritius
fie nahe verwandt war. Der Zug ber Legion führte über Paläftina durch Kleinafien,
Macedonien, Zftrien nad Rhätien und in das Nhonethal, wo, zu Agaunum, bei dem
jegigen St. Moriz, die ganz aus Chriften beftehende Mannſchaft den Martyrtob er:
litt, Verena hatte fih von ber Legion getrennt und war nad Mailand gegangen.
Ein Fleiner Reft ber Legion war unter ben Führern Urſus und Victor in bie
Gegend von Solothurn gefommen, verfünbete da das Evangelium unb befiegelte
bie Verkündigung mit ihrem Blute. Auch Verena zog bahin und lebte 16 Jahre
in einer Felfenhöhle in Gebet und Übung von Werken der hrifllien Liebe. Später
(320—23) wohnte fie auf einer Inſel bei dem Zuſammenfluß der Aar und bes
Rheins (Coblenz) und von bier aus überfiedelte fie nah dem nahen Zurzach, wo
eine chriftlihe Gemeinde mit Kirche beftand. 21 Jahre dauerte dafelbft noch ihr
durch Frömmigkeit und Liebeswerfe aller Art gebeiligtes Leben. Als ihr Tobestag
wird der 1. September 344 gefeiert.
Über ihrem Grabe wurde 988 eine Kirche gebaut, an berjelben Stelle, wo bie
heutige Stiftsfirhe fi erhebt; das Grabmal ber Heiligen ift in ber unter bem
Stiftschor befindlichen Kryptakapelle. Seit alter Zeit wurde dieſe Stätte für bie Bes
wohner der Umgegend ein viel bejuchter Wallfahrtsort, befonders am Hauptfefte ber
Patronin von Zurzach, am 1. September.
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Die Verena-Legende erhielt ihre erfle Bearbeitung durch Notker, an
welche viele fpätere ſich anjchlofien, neueftens nod jene von Pfarrer Hilber, Lindau j
1862. Am beliebteften aber war bis in bie neuere Zeit das von Pater Richter
im Reichsftifte Münchroth 1736 geichriebene und in Augsburg bei N. Eturm ge
drudte Büchlein: „Sigprangender Triumph-Wagen ber Glorreihen thebäi-
ſchen Amazonin.“ Was dasjelbe fo volfsthümlich machte, das waren die beigegebe:
nen, freilich ftarf im Gefhmade ber Zeit ſich Haltenden Bildchen, welche auf Koften
bes Klofterd Roth durch Klauber in Augsburg fehr fein in Kupfer geflohen worden
waren. Die Platten galten bis in bie jüngfte Zeit als verloren; durch einen glüd:
lihen Zufall fand fie vor Kurzem der Herr Stiftspropft Huber im Ardiv der Ve—
renasBruberfchaft, wohin fie wahricheinlih bei Aufhebung bes Kloſters Roth ges
ihenft worden. Um das Wiedergefundene ben frommen Verehrern leicht zugänglich
zu maden, entſchloß er jih, unter Beachtung und Berückſichtigung ber früheren Dar:
ftelungen auch die Legende in einem neuen Text zu geben. — So wirb das Büchlein
in ber neuen Geftalt fortan ein würdiger Erfaß des Richter’fchen fein und zugleich
ein weiteres t Denkmal der frommen Verehrung und pietätsvollen Gefinnung gegen bie
Batronin bes ehrwürdigen Berenaftifte®s von Seite feines legten um basjelbe jo
bochverdienten Präpofitus. K. -
1 Der Herr Verfafler bat ſchon früher die Gefchichte des Stiftes Zurzach aus:
führli in einem größern, 300 Seiten umfafjenden Werfe behandelt, welches 1869
in Klingenau erjhienen if. Dort ift ©. 4 aud die Verena-Literatur angegeben.
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