DIE ITALIKER
IN DER
POEBENE
Wolfgang Heibig, Georg
Loeschcke
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}?arbartj College Hibravü.
FROM THE
CONSTANTIUS FUND.
Established by Professor E. A. §orHOCLES of Harvard
University for " tlie purchase of Greek and Latin
books, (the ancicnt dassics) or of arabic
books, or of books illustrating or ex-
plainin)^ such Greek, Latin, or
Arabic books." Will,
dated i&So.)
Received
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0
BEITRÄGE -
ZüH
ALT1TALI8CHEN KULTUJi- UND
KUN8T(iES0H10HTE
VON
WOLFGANG HELBIG.
L BAN0.
DIE ITALIKER IN DER POEBENE.
LEIPZIG,
DiiUCK UND \ liliLAli \ UiN bKEITKOl»^ & HÄRTEL.
tS79.
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DIE
ITALIKEß IN DEK POEBENE
VON
WOLFGANG HELBIG.
MIT KINKR KAUTE UND ZWßl TAFKLN.
LEIPZIG,
DAUCK UND VEKLAG VON BKElTKOrF & UÄKT£L.
1879.
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1
H '^^1 .'J9 ' ^ '
/f:
Alle Reebte votteUhMi.
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I
QUINTIJNO SELLA
ÜEWIDJIET.
VOKWüßT.
T)ie Archiiolon:ie liat sich bis jetzt . al)g:esolien von
der Erkliinuifi; der lij^ih licluMi I)arst('lluni!:en , fast aus-
schliesslich mit der Entwickelung der bildenden KUnste
beschäftigt, das Handwerk dagegen, insoweit es nicht in
ganz greifbarem Zusanimcnliange mit den Künsten steht,
UDgebührlich yemachlässigt. Die Frage gar, welcke Kich-
tung die einzelnen Zweige des Handwerkes während der
verschiedenen KiiusteiMX'lien verfolgten, ist hier nnd da
obertiiichlieh lierührt, aber nirgends ersehöplend l)ehandelt
worden. In Folge dieser Einseitigkeit der Forschung sind
die Bilder, welche wir von dem »Stile der einzelnen Efiochen
haben, noch sehr lückenhaft. Wir kenneu — um einen
Vergleich ans dem Gebiete der Anatomie anzuwenden —
in dem Organismus der einzelnen Btilei)Ochen die Ilafipt-
iirterien. wissen dagegen sehr wenig von den kleineren
Adern, welche mit denselben in Beziehung stehen. So
ist der Professor der Archäologie zwar im Stande, seinen
Schülern einen im Ganzen anschaulichen Begriff von der
Kunst des JMieidias zu gebeu. würde sich al>er in nieht ge-
ringer Verlegenheit befinden, wenn einer seiner Zuhörer ihn
um Auskunft bäte, was fhr »Schmucksachen die damaligen
Atheueriuuen trugeu oder wie die »Schwerter bcschaüeu
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vin
Vorwort.
wareu, die die attische Landwehr in den ersten »Sehhichten
des peloponnesischen Krieges zttckte. Ebenso ist die Ge-
schichte der etruskischen Plastik und Wandmalerei in den
Grundzügen festgestellt. Wird dagegen z. B. die Frage
anfgewoifen, was für Arbeiten in Gold, Silber, Bronze oder
Elfenbein der ältesten Gruppe cometaner Wandbilder
gleichzeitig waren, dann fallt es sehr schwer, hierauf eine
einigermassen beMedigende Antwort zu geben. Und doeh
sind die Erzeugnisse des Handwerkes, das in innigster
Wechselbeziehung zur Kunst steht und bald von derselben
bestimmt wird, bald seiner Seits Einfloss anf die Knnst
ausübt, von der grössten Wichtigkeit, wenn es gilt, ein
möglichst vollständiges Bild von dem ätile einer Epoche
za gewinnen. Das sieberste Mittel, nm allmählig diese
Lücken unseres Wissens auszufüllen, ist die genaue Be-
obachtung von Funden, welche aus in sich abgeschlos-
senen Gomplexen gleichzeitiger Gegenstände bestehen.
Der Verfasser hat sich dieser ihm naheliegenden Aufgabe
für Italien uuterzogeu. Er hat möglichst viele Ausgrabungen
persönlich beobachtet und Berichte gesammelt, die von
zuverlässigen Personen angesichts von Ausgrabungen ab-
gcfasst worden waren, in dem Werke, dessen erster Band
den Lesern vorliegt, ist der Yersuch gemacht, das anf
diese Weise gewonnene Material zu sichten und für die
altitalische Kultur- und Kunstgeschichte nutzbar zu
machen. Die nrsprOngliche Absicht war, mit dem Stadium
zu beginnen, in dem zum ersten Male eine Kichtung hervor-
tritt, die den Namen einer künstlerischen verdient, näm-
lieh mit dem Stadium, für welches das Aufkommen einer
mit geometrischen Motiven tliiitigcu Decoration ])ezeichnend
ist. Doch überzeugte sich der Verfasser, dass dieses
Stadium auf das £ng8te mit einer älteren Entwickelung
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Vorwort. IX
zusammenhängt nnd nur anf Grundlage der letzteren richtig
gewttrdi^ werden kann. Somit mnsste er den Resten ans
dieser Entwickeluiig, die auf die Poebene bescliränkt und
in den dortigen sogenannten Terremare enthalten sind,
den vorliegenden ersten Band .widmen. Der Verfasser
entschloss sieb bierzii mit dem griJssten Widerwillen. Einer
Seits hat die Beschäftigung mit einer ganz primitiven
Kultur für ihn nicht den geringsten Beiz und sah er voraus,
dass die Ktlhle, mit der er die Untersnehnng führen, auch
auf die Darstellung einen nachtheiligen Einfluss ausüben
würde. Anderer Seits liegt die Poebene, in der jene älteste
Entwiekelnng der Italiker Statt fand, dem Mittelpunkte
seiner wissenscliattliclien und amtlichen Tliiitigkeit beträcht-
lich fem und war es daher für ihn sehr schwierig, den
dortigen Entdeckungen Schritt fttr Sehritt zu folgen. Indess
wurde dem letzteren Übelstande durch das liberale Ent-
gegenkommen der Gelehrten abgeholfen, welche die Alter-
thttmer Oberitaliens zu dem Hauptgegenstande ihrer For-
schung gemacht haben. Chierid und Pigorini waren dem
Verfasser auf dem schlüpfrigen Pfade durch die Terremare
zuverlässige Führer. Der letztere Gelehrte hat die diesem
Bande beigegebene Karte entworfen, fttr deren Benutzung
auf Seite 130, 131 die nOthigen Winke gegeben sind. Herrn
von Wilamowitz-^löllendorf bin ich dankbar für mancherlei
Mittheüungen, durch die er meine Untersuchung gefördert,
der Berliner Academie der Wissenschaflen fUr eine Unter-
stützung, die sie dem Herni Verleger behufs der Druck-
legung und Ausstattung dieses Bandes gewährt hat. Die
vielseitigste Anregung erhielt der Verfiusser durch das Buch
Hehn*8 »Kulturpflanzen und Hansthiere in ihrem Uebergang
von Asien nach Europa« {3. Aullage, Berlin 1877). Mag er
auch in einzelnen Punkten zu verschiedenen Resultaten
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X Vorwort.
gelangt sein, immerhin ist die Gnmd»iiBoliaiiang, die Hehn
mit ebensoviel Geist wie Wissen auf sprachvergleichendem
Wege ttber die primitive Kultur der Griedien und Ita-
liker entwickelt hat, durch die Betraehtung der monumen-
talen Reste auf das Glänzendste bestätigt worden.
Übrigens sieht der Verfasser yoiaus, dass der yorUe-
gende Band bei vielen (belehrten Missbehagen erregen'
wird. Mancher Paläoethnolog wird sich darüber ärgern,
dass Funde, die sich so bequem vermöge der beschränkten
Mittel seiner Methode behmdeln liessen, mit ethnogra-
phischen und kulturhistorischen Gesichtspunkten in Zusam-
menhang gebracht worden sind, dass in einem Buche ttber
PfkhldOrfer griechisehe Schriftsteller dtirt und spracbver-
gleichende Fragen berührt werden — Dinge, gegen welche
die meisten Paiäoethnologen eine ausgesprochene Antipathie
haben. Anderer Seits kommt dieses Buch vielleicht auch
manchem Philologen und Historiker ungelegen, indem es
ihn nöthigt, mit einem neuen Materiale zu rechnen, welches
schwer ingünglieh ist und beinahe täglich Erweiterung er-
tiihrt. Jedenfalls würde sich der Verfasser für die Mühe,
die er auf die Untersuchung verwendet, genügend belohnt
halten, wenn es ihm gel8nge> die Gelehrten, die sich mit
italischer Urgeschichte beschäftigen, von der hervorragen-
den wissenschaftliche Bedeutung der primitiven in der
Poebene beobachteten Kultnrschicht zu ttberzeugen.
Rom, 22. December 1878.
Wolfgang Heibig.
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INHALT.
Die Pfahldörfer in der Poebene.
Seite
L Classisch und barbarisch 1
II. Die Pfahldörfer 6
III. Ligurer und Kelten 29
Die Italiker in den Pfahldörfern.
IV. Die Lebensriclitung 41
V. Die Weise der Ansiedelung 45
VI. Feldbau und Nahrung 64
VII. Das Handwerk 77
VIII. Die Einwanderung der Etrusker ftft
IX. Die Einflüsse des Mittelmeergebietes 109
X. Die Poebeuc iu der späteren Zeit 118
B e i 1 a 0 n.
I. Erläuterungen der Hülfstafeln 123
II. Über die Lebenszeit des Vasenmalers Chachrylion von
Georg Loeschcke) 125
III. Bemerkungen über die Karte 130
Nachträge und Berichtigun^a^n 132
Register 137
Die Pfahldörfer in der Poebene.
I« ClMSisch und barlMirisch«
Wählend die meisten unserer Philologen es als eine Belei-
dignng der hellenischen nnd ihrer eigenen Msjestftt betrachten,
wenn man bezweifelt , dass die classische Kultor als vollendete
SchOpfnng wie Athene ans dem Hanpte des Zens entsprungen
sei , urthälte Thukydides mit tieferem historischen Sinne und in
imbefangenerer Weise. Er hebt nachdrflcklich Iiervor , dass das
Urgrieehenthiim in mancherlei Zflgen einen barbarischen Cha-
rakter verrathe') , hatte also eine deutliche Ahnung davon, dass
die Oivilisation , die unter dem Namen der hellenischen die Welt
mit ihrem Ruhme erfüllte , erst das Resultat eines lange dauern-
den und complicirten Bildungsprocesses ist iiiul dass sich sein
Volk aus primitiveren Zuständen zu einer solchen Stufe empor-
arbeitete. Diese Auffassung darf schon von vornherein als die
richtige bezeichnet werden.
Es ist allgemein anerkannt, dass die Vorväter der Griechen
und der Italiker, ehe sie auf verschiedenen Wegen die Wande-
rung nach dem Süden antraten, durch enge Beziehungen verbun-
den iu dem mittleren Europa wohnten. lhr(^ damalige Kultur
war sicherlich eine sehr beschränkte. Zwar beweist die Sprach-
vergleichung, dass sie bereits zu einem gewissen Grade fester An-
sässigkeit gediehen waren , Feldbau trieben und die Ledetberei-
tung, das Flechten , das Spinnen vde vermuthlich auch das We-
ben kannten. Dagegen sucht mau vergeblieh nach Merkmalen,
welche eine yorges^rittenere sociale nnd technische Entwieke-
Inng bekunden. Ja wir dtirfen annehmen , dass die Graeco-Ita-
liker nicht reicher, sondern ärmer an Eultnrobjecten waren , als
die Kelten oder Germanen in den Stadien , über die wir durch
Schriftsteller Kunde haben ; denn die ältesten Nachrichten Aber
1) Thukyd. 16,4: noXXd ^ Sv xal dfXX« xt« diffoSclH» i^ ir<otX«t^
H e 1 1> i K , Die Itelik«r in d«r Poebene. 1
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2
Die Pfahldörfer in der Poebene.
die beiden Völker sind jünger, als der Beginn des Bernsteinhandels,
und stammen demnach aus einer Epoche, in welcher die südeiiro-
päische ( Uvilisation bcreit.s inaiiclierlei fördernde Einflüsse auf die
nördlich von den Alpen gelegenen Ländt*r aiis^i-eübt hatte.
Als sieh dann die Griechen nnd die Italiker sonderten und
in die beiden classischen Halbinseln einwanderten , brachten sie
die dürftigen Kulturelemente mit sich, die ihnen in ihi-en früheren
mitteleuropäischen Sitzen giUäufig gewesen waren. Es ist un-
denkbar, dass sie unmittelbar nach der Einwanderung eine von
der bisherigen verschiedene Entwickelung einschlugen. Vielmehr
wai' gewiss eine geraume Zeit erforderlich, bis die Bedingungen,
welche die neu besiedelten Gebiete darboten , in durchgreifender
Weise zn wirken anfingen. Demnach spricht alle Wahrschein-
lichkeit dafür , dass die ftlteste Kultur der GrieehcB nnd der Ita-
liker einen primitiven mittelenreplßschen oder, wie ein Hellene
sich ausdrücken wflrde , einen barbarisohen Oharaktctt' hatte.
Die Überlieferung hat mancherlei 8puren von diesem Sach-
verhalte bewahi-t.
In dem städtischen Leben entfaltet das Hellenenthum seine
herrlichsten Bltttben , nnd nach den geläufigen Vorstellungen
fällt es schwer, sich die griechische Existenz ohne diesen Knltur-
factor vorzustellen. Nichts desto weniger aber ist der Begriff
der Stadt der ältesten giiechischen Entwickelung fremd. Die
Mythen lassen allenthalben deutlich erkennen , wie die Städte
aus dem Synoikismos verschiedener benachbarter Dorfgenossen-
schaften entstanden. Während des peloponnesischenKriege.s und
auch noch später wohnten die Völkerschaften der nordwestlichen
Ilellas , die in der Entwickelung hinter ihren Stammesgenossen
zurückgeblieben waren . fast ausschliesslich in weit von einander
^ abgelegenen offenen Weilern ^] — eine Thatsache , aus welcher
Thukydides mit gewohntem Scharfblicke den Schluss zog . dass
diese Art der Ansiedelung dereinst in ganz Griechenland ge-
brftuchlksh war.
Will man eine VorsteUung von der in der griechischen Ur-
zeit flblichen Bauweise gewinnen, dann smd die Beschreibungen
nnd Bildwerke zn berflcksichtigen, welche die Wohnstätten mittel-
europilBcher Volker, wie der ELelten oder Germanen , vergegen-
wirtigen. ^- Die Kelten hausten nach Strabo^} in runden
Hütten, deren Wände aus Brettern nnd Ruthengeflecht be-
standen und die mit dicken Lagen von Schilfiohr bedeckt waren,
eine Beschreibung, welcher eine keltische ^fltte entspricht.
1 Thukvd. II Vgl. E. Kulm Kheiuisches Museum XV iSeO)
p. 4 ff. 2, Vgl. Hirt Gesch. d.Baukunst lU p. 424 ff. 3) IV e. 197.
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1. ClasBUeh und tMirbatiteli.
3
die auf einem in der rOmiaehen Kaiserzeit gearbeiteten Helief )
dargestellt ist. Ebenso wohnten die Markomannen und Quaden
nach den Bildwerken der Antoninsäule in rnnden HtttteB. ^] Über
das Matenal , ava welchem die Wände anfgeftthrt waren , geben
die Reliefs keinen deutlichen Aufschluss , lassen aber soviel mit
Sicherheit erkennen . dass sie weder aus Stein noch aus Zi»'o:olii
bestanden , wie denn aiicli Tacitiis ^ mittheilt . dass den Germa-
nen der Gebrauch des Mörtels und der Ziegel unbekaunt war.
Jeden Falls waren die Hütten mit einem leicht entzündlichen
Stoffe. Stroh, Rohr oder dergleichen, gedeckt: ilenn wir sehen
auf der Antoninsäule die Brandfackeln der römischen Soldaten
stets g'egen die Dächer gerichtet. Eine derartige Bedachung war
noch während der römischen Kaiserzeit bei allen Völkern Euro-
pas gebräuchlich, die den Einfluss der classischen Kultur gar
nicht oder nur oberflächlich erfahren hatten. Plinius'*) bezeiehnet
daa Strohdaeb Im, Allgemeinen als eine Eigenthllndidikeit der
Bordleehen Volker. Vitmvi^) kennt als Gebiete, in denen mit
Stroh oder Sdündeln gedeckt wnide, Gallien nnd Spanien. Ja
wir dürfen bei dem langen Verkehre, den die Kelten zur Zeit des
8trabo nnd die germaniseben Völkerschaften anr Zeit des M. Anrel
mit den Römern unterhalten hatten , sogar annehmen , dass ihre
damalige Bauweise vorgeschrittener war, als die der Griechen in
der Zeit , in der sie die Balcanhalbinsel zu besiedeln anfingen.
Schon einaelne Äassemngen der Alten bekunden eine richtige
Vorstellung von diesem Sachverhalte. Es genügt auf die Angabe
des Pausanias*) zu verweisen , dass das älteste delphische Heilig-
thnm eine aus Lorbeerreisern aufgeführte Hütte gewesen sei.
War eine griecliisehe Niederlassung in jener Epoche be-
festigt, dann darf höchstens ein Wall aus Erde oder Holz voraus-
gesetzt werden. Nocli zur Zeit des Caesar 'j errichteten die
Kelten die Befestigungen aus solchen Materialien. Die Mauer
eines auf der Antoninsäule abgebildeten Castellum der Marko-
mannen oder Quaden*' scheint in den unteren Theilen aus höl-
zernen Balkenlagen zu bestehen, während der obei'ste Rand deut-
lich aus Flechtwerk hergestellt ist.
1) Bouillon Musee des antiques III pl. 31 ; Lyell Tanciennet^ de
Vhomme trad. par Chnper 2. ed. p. 25.
2 Bellori und Bartoli columna M. Antonini tab. 9, 17, 18, 29 —
31, 58, 04, 05. •
3} Germania Iß. 4; XVI 156. 5) III, 4.
«) X 5, 9.
7) Bell. gall. VII 23. Vgl. Vitruv. II 9.
8) Bellori nnd Bartoli eol. M. Antonini tab. 36.
1*
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4
Die Pfabldörier in der Foebene.
Auch das für die classische Kultur bezeichnende Streben,
den Körper und, was ihn umgiebt , rein zu erhalten , ist erst das
Produkt einer vorgeschritteneren Entwickelung des griechischen
Volkes. Die Selloi, die Piiester des dodonäischen Zeus , werden
In der Ilias^) ab avunonoSe; ;^a(iai8uvai beseidmet. Bei finsi
allen Ydlkern des Alterthnms ist aber die Absieht erkennbar,
von den Personen, welche mit dem Kultus betraut waren» Kene-
rangen fem zu halten und sie in dem Znstande zu belassen, wel-
cher herrschte . als der beti'effende Kultus feste Form empfing.
Es gentigt, an die bekannten Verbote zu eiinnem, denen in Rom
der Flamen Dialis und die Fiaminica unterlagen. Wenn sich
demnach die dodonäisclien Priester niemals die Ftisse wuschen
und stets auf der Erde schliefen , so lässt dies auf eine Epoche
schliessen , während deren das Waschen der Ftisse und der Ge-
brauch der Bettstellen d^n Griechen unbekannte Dinge waren.
Aber auch das Alltagsleben , welches die homerischen Gedichte
schüdem, zeigt noch allerlei unheimliche Ausläufer der im
Schmutse stanenden Urzeit. Das Erste, was der Gast erblickte,
wenn er das Haus des Odysseus betrat, war der Misthaufen,
der dem mit Ungeziefer bedeckten Hund Argos als Raheplatz
diente. Ebensowenig fehlte Ser Misthaufen in dem Palaste
des Priamos.^) In dem Saale, in dem die Freier der Penelope,
die Blüthe der ithakesischen Jugend , schmausten und zechten,
lagen allerlei Reste der kurz vorher geschlachteten Thiere , wie
Kuhfüsse und Rinderfelle, umher.') Während der häufige Ge-
brauch des Bades in der Zeit des ausgebildeten Ilellenenthums
einLebensbedürfniss war, erscheint das Baden in den homerischen
Gedichten als eine aussergewöhnliche Handlung , der man sich
voi'wiegend nach grösseren Strapat^en , Kämpfen oder längereu
Beisen, unterzieht.^) Als Hera, um den Zeus in Liebcsglutii zu
entflammen, sorgfältige Toilette macht, beginnt sie damit, dass
sie ihren Körper mit Ambrosia von Jeglichem Schmutze remigt.^]
Während der classischen Epoche, in der der tSgliche Gebrauch
des Bades Regel war, wtirde ein Dichter nimmermehr darauf ver-
fallen sein, emen solchen Zug bei einer ähnlichen Schilderung
beiznftgen.
1} II. XVI 236. 2) Odyss. XVII 290 ff.
3) II. XXIY ^m.
4 Odyss. XX 299 ff. XXII 363 ff.
5 II. V90.=i, X 574 ff., XIV ti, XXIIUüff. Od. lU 4ö4 ff,
IV 4b ff, 252, VI 224, X 300, 450, XVII ST.
6) II. XIV 170: d^Ppfiui-^ {xev zp&'W dr.it XP<^0(
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I, Classiseh und barbarisch. 5
Bereits die homerischen Helden sind mit ehernen Panoplien
gewappnet nnd kftmpfen nicht nnr mit dem Speere, sondern anch
mit einem für Stich nnd Hieb zngerichteten Schwerte. Doch
scheint die Oberlieferang anch in diesem Falle eine Spnr von
einem älteren primitiveren Stadium bewahrt zu haben. Nach der
Hias^) nämlich entbehren die Lokrer der Helme, Schilde und •
Speere ; desshalb nehmen sie an dem Nahkampf keinen Theil»
sondern setzen, im Hintertreffen aufg:estellt . den Troern mit
Pfeilschüssen zu. Nur ihr Führer, Aias des Olleus Sohn, kämpft
schwerbewaffnet in erster Reihe an der Seite des Telamoniers.
Da die Lokrer. soweit unsere Kunde reicht . zu den griechischen
Völkerschaften gehörten, die in ihrer Entwickehmg- zurückl)lieben
und mancherlei Urthümlichkeiten festhielten, so scheint die Stelle
der Ilias einen beachtenswerthen Wink über die älteste Aus-
riistungs- und Kampfesweise der (Jrieclien zu geben.
Wenn endlich Achill an dem Seheiterhaufen des Patroklos
zwölf troische Gefangene und ausserdem vier Rosse und zwei
Hunde , die dem gefallenen Freunde gehört hatten , mit eigener
Hand schlachtet , ^) so beweist dies deutlich , dass bei den
Vorvfttem der Hellenen Ähnliche gransame Opfergebvftnehe Im
Schwnnge waren, wie noch während der historischen Zeit bei
den Baliaren des mittleren Enropa.
Nach allen diesen Spnren an schliessen waren die ältesten
Vorfahren der henüchen Hellenen ein wildes nnd schmutziges
Hirtenvolk, welches den zurflckgebliehensten EeltenstSmmen
Britanniens, wie sie von Caesar ge8childci*t werden, näher stand,
als den Athenern der perildeischen Epoche.
Es wäre wünschenswerth , die dürftigen Züge . welche die
schriftliche Überlieferung bewahrt hat, dnrch die Untersuchung
monumentaler Reste ergänzen zu können. Man würde hierbei
namentlich die nordwestlichen Theile der Balcanhalbinsel und
vor allen die älteste Stätte griechischer Entwickelunt^ . E})eiros,
zu berücksichtigen haben. Leider aber ist die Denkmälerstatistik
dieser Gebiete fast ganz unbekannt und sind die Reste nrgrie-
ehischer Kultur, die der dortige Boden verbirgt, der Wissenschaft
noch nicht zugänglich gemacht worden,
Oftnstiger liegen in dieser Hinsicht die Verhältnisse auf der
Apenninhalbinsel. Gerade der nordöstliche Theil derselben, also
das Gebiet , welches das Brudervolk der Griechen , das italische
im ethnograj^ischen Sinne des Wortes, bei seiner Einwanderung
zuerst bMiedeln mnsste, ist während der letzten achtzehn Jahre
1 II. XHI 712 ff. Vgl. Pausan. I Ui, 4.
2) II. XVni 336, XXI 27 flf., XXIII 33 tf., 171 ff.
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6
Die Pfahldörfer in der Poebene.
eifrig dnrehforscht und seine Denkmälerstatistik mit einer naeb-
ahmungswflrdigen Qenanigkeit und AnsfUirlichkeit gebucht wor-
den. Unter solehen Umstinden darf man hoffen, daM es ge-
lingen wird, die Älteste Knltnr der Italiker ans den monumen-
talen Resten zu veranschaulichen. Doch stösst ein derartiger
• Yersnch sofoi-t auf eine Schwierigkeit. Es ist nämlich allgemein
anerkannt , dass die Italiker auf der Apenninhalbinsel eine Be-
Ydlkerung verschiedenen Blutes vorfanden nnd dass Überbleibsel
dieser Bevölkerung in den Ligurem zu erkennen sind , die wäh-
rend der historischen Zeit auf das im Nordwesten der Halbinsel
gelegene Gebirgsland beschränkt waren. Nun hat die bisherige
Forscliung innerhalb der ältesten Fundschichten die Reste, welche
von dieser voritalischen Bevölkerung, und die, welche von eigent-
lichen Italikern herrfihren , noch nicht unterschieden. Es gilt
demnach zunächst, möglichst alte Denkmäler nachzuweisen, die
mit Sicherheit Italikern zugeschrieben werden dürfen und ge-
eignet sind, über den Zustand dieses Volkes in der unmittelbar
auf seine Einwanderung folgenden Epoche Aufschluss zu geben.
' Die geläufigen Vorstellungen , nach welchen die graeco-italiaehe
nnd demgemäas anch die älteste italisehe Knltnr eine betnehHieh
vorgesehi-ittene gewesen m, werden nns hei dieser üntersnehnng
nicht beirren. Vielmehr spricht nach den im Obigen gegebenen
Andentangen alle Wahrseheinlichkeat dafür, dass wie die Grie-
chen so aneh die Italiker als nordische Barbaren in dem Ge-
biete des Mittelmeeres eintrafen. Auf einen solchen Charakter
verbunden mit Zfigen, die der sicher beglaubigten italischen Ent-
wiekelung entsprechen , weisen uralte Reste hin, die sich in dem
Gebiete des Po finden. Für die Oomplexe derartiger Beste ist die
Benennung „Terremare*^ geläufig.
11. Die Pfahldörfer.
Das Wort Terramare oder TeiTamara ist ein aus Terra-
marna corrumpirter Ausdruck der Bauern der Provinz von Parma
und bezeichnet ursprünglich Jede mit organischen Bestandtheilen
versetste vad demnaeh als Dttngungsmittel geeignete Erdtchieht.
Da nnn der Boden der Emüia die Reste vieler alter Niederlas-
sungen birgt, Reste, welche sowohl ans Hann&cturen, wie ans
sersetaten organischen Körpern bestehen, so wurde die Beseich-
nung Terramare in engerem Sinne auf die solche Oberbleibsel
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n. Die Pfahldorfer. 7
enthaltendeD firdschiehten flbertii^D. Jene Niederiassimgen
•stammen BitfiilifilL ans TmcMedfliien Zeiten. Doeh gehdrt weit»
ans die Melirzahl einer und derselben uralten Epoche an , einer
Epoche nämlich, welche das Eisen und das Schmieden noch nieht
kannte und in der die Metallarbeit auf »'ine primitive Bronzegoaa^
teehnik beschränkt war. Eine geringere Zabl atammt dagegen
aus einer jüngeren Periode, die das Eisen verwerthete und
die Metalle zu schmieden verstand. Ausserdem enthalten ein-
zelne Terremare eine zwiefadie Kulturschicht, indem sieh über
einer der soirenannten Bronzezeit angehörigen Wohnstätte in
späterer Z( it eine vorgeschrittenere Bevölkerung ansiedelte. End-
lich ist es auch iu einer Gegend . über die soviele Völker dahin-
gingen, begreiflich , dass sich innerhalb des Erdreiches , welches
sich über einer verödeten Niederlassung aufthürmte , mancherlei
vereinzelte Gegenstände vorfinden, die von verschiedenen jüngeren
Generationen herrühren. Unsere Betrachtung befasst sich aus-
schliesslich mit den aus der Bronzezeit stammenden Niederlas-
sungen und zieht die Terremare nur in so weit in Beti acht, als sie
Reale soMierNiederiasaniigen enthalten. Erst vor wenigen Jahien
ist die richtige Bahn euigeschlagen worden, um den Complex
^eser Beste genan featsnstellen. Naehdem nbnlieh im Jahre 1861
Oaataldi *] snm entenlfale die Anfinerksamkeit aaf dieTenemaie
gelenkt hatte, beluuidelte man geranme Zeit den geflammten In-
halt niler Terremare als derselben Kultur angehdrig. So kam es
denn, dass während der ersten Phase der Untersuchung öfters
Gegenstände jflngeren Ursprunges derselben Entwickelung sn-
geschrieben wurden, wie die uralten ans der Bronseaeit stammen-
den Denkmäler. An diesem Mangel leidet der erste ausftlhrliehe
Bericht , welchen Pigorini und Strobel über die Terremare der
Emilia veröffentlichten, wie eine Publication von Oanestnni^)
und die ersten Arbeiten von Boni'*) Aber die Ten-emare der Pro-
I ) Cenni sn aleune armi di pietra e dl hronzo trov. nell' Imolese,
oelle mamiere del Modenese e del Parmegiano in den Atti ilella so-
cieti italiana di scienze natura Ii Vol. II, seduta del 'i. Febbr. ISül.
2} Le terremare dell' Emilia in den Nuovi cenni sugli oggetti
d'alta antichita trov. nelle torbiere e nelle mamiere delV llalia , To-
rino 1862.
•{ Oggetti trov. nelle terremare del Modenese, 1 . relazione. avanzi
d arte , in dem Archivio per la zoologia , anatomia ecc. Vol. IV Mo-
dena 1^6.5; 2. relazione, avanzi orgauici, in dem Annuario della so-
eieta dei natnralisti di Modena Vol. I Modena 1^.
4) Notizia di alcuni oggetti trov. nelle terremare Modeneni Mod.
1865; oggetti (Varte d alta antichita recentemente scoperti nelle ter-
remare modenesi in dem Annuario della soe. dei natnralisti di Mo-
dena Vol. I Mod. 1866.
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g Die Pfahldörfer in der Poebene.
Tinas von Modei». Doch vuide allmililig mit dem Vonebteiten
der Untenuchiing eine genauere MeÜtpde ausgebildet. £inen
wesentüchen Fortsobritt beseiebnen in dieser Hmsieht der zweite
von Strobel nnd Pigorini verfasste Beriebt und eine mit Ab-
bildungen begleitete Publication des ersteren Geleln-ten.^J Beide
Forscher sind sich darüber klar, dass bisher vieles Unznaammen-
gehörige dei-selben Kategorie zugeschrieben worden war, und be-
mühen sich mit Erfolg, die aus der Bronzezeit stammenden Reste
von späteren Gegenständen zu unterscheiden. Seitdem hat sich die
Methode der üntersuchimg von Jahr zu Jahr verfeinert. Wahre
Musterstticke scharfer Beobachtung sind die Arbeiten von Chie-
rici über die TeiTemare von Reggio.*^ Derselbe Gelehrte hat
auch innerhalb der Terremare , welche über einer der Bronzezeit
angehörigen Niederlassung eine spätere Kulturschicht enthal-
ten . die beiden Ablageiningen genau von einander gesondeii;. '*)
Ein Vortrag , den Pigorini bei dem anthropologischen Oongress
zu Stockholm hielt . giebt einen anschaulichen Begi'iff von den
Fortschritten, die die Untersuchung bis zum Jahre IS 74 gemacht
hatte. Unterdess war auch die Eenntniss der Terremare von Mo-
dena, namentlich dnreh Boni,^] Crespellani,^) Coppi^) nnd
Bonizzi, '*) erweitert worden. Leider spukt jedoeh in den Ar-
beiten Oi-espellani^s nnd Copprs noeh immer die sonderbare An-
sicht Oavedeni*», naeh weldier die in den Terremare enthal-
tenen Reste nicht von Niederlassungen, sondern von Feneistellen
1) Le terremare e le palufitte del Parmeuse, 2. relazionc in den
Atti della societä italiana di scienze naturali Yol. VI Hilano 1864.
2' Avauzi preromani raccolti nelle terremare e palafitte dell'
Emilia, Fase. 1, 2, Parma 1802, IS«4.
3] Vgl. oamcutlich Chierici le antichitä preromane della provin-
da di Reggio neir Emilia, Reggio 1871 ; Ghieriel nnd Mantovani no-
tizia archeologicbe dell' anno 1S72, Reggio 1873.
4} Namentlich im Bull, di paletn. ital. III p. 167 ff., lS5ff., 2l3ff.
5j Congrcs intomat. d'anthropol. 0. r. de la 7. session, Stock-
holm 1874, I p. 358 ff.
6 Boni und Generali sulle terremare modenesi, Modena 1S7U.
7) Marne modcnesi c monumenti antichi hingo la atrada Clau-
dia. Modena 1^70. Vgl. auch Crcspellani del sepolcreto e degU altri
moQumenti scoperti presso Bazzano (Modemi 1875] p. 13 fif.
8) Monografia ed ieonografia della terramara di Gonano l— III,
Modena ISTI — 70.
D) Bonizzi relaziouc e conclusioni sugli scavi fatti nella terra-
marc dcl Montale iu dem Anuuario della soc. dei naturalisti di Mu>
dena Vol. VI Hod. 1872.
lo; Cenni archeologici iutorno alle terremare nostrane und Ap-
pendice ai cenni archeologici alle terremare nostrane in den Atti e
memorie delle denutazioni di storia patria per le proviucie modenesi
e parmensi Vol. II.
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II. Die Pfahldörfer.
9
herriihzen, auf denen die alten BewoHner der Poebene ihre Todten
Terbrannt und neben denen sie das Leichenmahl gefeiert hätten
— eine Ansicht . auf die ich nicht näher einzugehen branche.
da sie von Strobel . Pigorini nnd Chierid auf das Schlagendste
widerlegt worden ist.'
Während wir über die Terremare der Emilia in einer im
Ganzen befriedigenden Weise unterrichtet sind, ist unsere Kunde
von den in der Lombardei gelegenen noch eine sehr beschnlnkte.
Die Reste sind hier durch die Überschwemmungen des Po und
die Anlage der Keisfelder übel mitgenommen und durcheinander
geworfen, Umstitatde, die aelbttverstindlieh auch die Beobaohr
tong der Lagen der FnndstOoke ersdiweren und biBweilen ge-
ladeni nnmOglicli machen. Die Kenntnias dieser Reste beruht
namentlich auf Untersnehnogen Ton Maa^,^) Oiacometti.s; IIa-
rinoni^ und Chierici.^/
In der Romagna ist bis jetzt nur eine Temunare beobachtet
worden, die von Castellaccio bei Imola.
Übrigens hebt diese Übersicht nur das wichtigste und für die
Kenntniss der Terremare unentbehrlichste Material henor. Eine
Zusammenstellung der ganzen einschlagenden Litteratur. iintt r der
sich auch recht viele Produkte von zweifelhaftem Wertlie Ijcfinden.
liegt meinem Zwecke fern und wäre ausserdem überflüssig , da
diesem Bedürfnisse bereits durch Pigorini ^) genügt worden ist.
Sollte einer oder der andere Leser den Wunsch hegen , sich
in bequemer Weise nnd, ohne die Originalpnblicationen dnreh-
xnaibeiten , Uber die Terremare an nnterriehten , so verweise ich
auf swci Arbeiten Kortillets , ^] in denen die Terremare von
Beggio, wie die von Parma nach dem damaligen Stande der For-
1) Vgl. namentlich Pigorini und Strobel l.relasione p.21>-22;
Pigorini le terremare e le palafittc del Parmensc , lettera a Cavedoni
in der Zeitschrift La eiviltä italiana Anno I Firenze 1805 n. lo;
Chierici una capauua deile terremare nel Iteggiano, Ueggio Ibüb.
2) Abitasioni palostri del Mantovano in den Atti delU societi
Vcnetu- Trentina dl Bcienae natniali residente in Padova Vol. II
fasc. 2, ISIA.
3) Kelazionc iutornu ad alcune scoperte unitamente fatte nelle
adiacenze di Mantova, Mantova 1868.
4) La terramare dl Ke<:^ona di Soniga e le stazioni preistoriche
al confluente dcl Mella nell Oglio uella bassa Brcsciuna in den Atti
deila soc. italiana di scienze natural! Vol. XVII fasc. 2 Milano 1S74.
5) Bull, di paletnologia italiana III p 97 ff.
«) A^gl. namentlich Bull, di pal. ital III p. 21 ff.
T) Mat^riaux pour I histoire de la paleontologie italienne, biblio-
gnphie, Panne 1874.
8) Berne archeolo^ique XI 1865; p. .ho2— 318; le eigne de la
croix avant le christianisme, Paris 1866, p. 3 — 19.
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10
Die P&hldOrfer in der Poebene.
schung in knapper und leicht fasslichei* Weise beschi-ieben sind.
Endlich hat Pigorini') im Jahre IS70 eine vortrefilicke über-
sieht über die Thatsachen gegeben , welche bis dahin über die
der Bronzezeit angehörigen ^^iederlassongen festgeatellt worden
waren.
Durch diese Andeutungen über die vorliegende Litteratur
sind zugleich die Gesichtspunkte bezeichnet , welche bei der fol-
genden Charakteristik jener Niedeilassungen maaagebend sein
werden. Da es vor aU^ dannif ankommt, eine mdgliehst sichere
Grundlage filr die Untersudinng an gewinnen, so werden die
Üteren Berichte , in denen die ans der Bronaeseit stanunenden
Reste nicht genau von späteren Gegenständen unterschieden sind,
mit der grOssten Vorueht benatzt und ihre Angaben nur dann in
Betracht gezogen , wenn sie durch Beobachtungen der jüngeren
exacteren Forschung Bcstätig-nng erhalten haben. Ebenso blei-
ben unberücksichtigt Erscheinungen , welclie nur einmal beob-
achtet worden sind und innerhalb der Kulturschicht, der sie zu-
geschrieben werden, ohne Analogie dastehen, mag auch die be-
treffende Mittheilung von der bewälirtesten Autorität herrühren.
Wer Ausgiabongen beigewohnt hat , weiss , dass öfters von den
oberen Gmbenwittden Brde and Gegenstände, die in derselben
entiialten sind, abwärts rollen nnd, wenn dies lihersehen worden
ist, Irrthämer Aber den Inhalt der einaelnen Sefaichten nnter-
laafen. Unter solchen Umständen scheint das Misstranen gegen-
(Iber einmaligen Beobachtungen hinlänglich gerechtfertigt und
wird mir , hoffe ich , meine Zuiückhaltung von keinem der da-
durch beti*offenen Gelehrten verübelt werden, wie ich ganz damit
einverstanden bin , wenn man den von mir verfassten Aus-
grabnngsberichten mit der gleichen Vorsicht begegnet. Da ferner
die Terremare der Emilia besser erhalten und genauer bekannt
sind, als die der Lombardei, so fasse ich zunächst die ersteren
in das Auge. Der zweite Berieht von Strobel nnd Pigorini wird
hierbei als Gimdlage dienen. Da seine Kapiteleintheilung im
Cbmcen sehr flhersichttich ist, fBhre ich ihn nvr dann besonders
an, wenn sich eine Notiz an einer anderen Stelle findet, als an
der, wo man sie nach der Übersehriftdes betreffenden Kapitels ge^
wärtigen kdnnte. Dagegen werden, wodie Angaben der beiden Ge-
lehrten dnreh spätm Beobachtungen ergänzt oder berichtigt
i) Bull, dcir Inst. 1S76 p. 10—12, .39—42. Nur kann ich ihm
den Vorwurf der Inconsequenz nicht ersparen , wenn er die ältere
Litteratur Uber die Terremare als unzuverlässig anerkennt, aber trotz-
dem. auf einZengnisB derselben Canestrini oggetti trov. nelle terrem.
del Modenese 2. rel. p. 61) gestützt» die Olive unter den Resten dieser
Niederlassungen aufrührt p. U).
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II. Die Pfahldörfer.
11
worden sind, die einschlagenden Citate beigefügt. £a versteht
sich von selbst , dass ich 4aranf vensiohten miu&, jedea einzelne.
UteDul, welches neb in den Tenemare findet, besonders zu be«
sprechen. 'Vlebnebr kommt es mir darauf an , die wesentliehen
Eigenihllmliehkeiten und namenfUch solche hervorzuheben, welche
zur Bestimmung des in jenen Niederlassungen ansAssigen YoUcet
von Wichti^eit sind.
Die Niederlassungen, mit denen wir es zu thun haben, las-
sen sich am Besten als Dörfer oder Weiler bezeichnen. Sie liefen
durchweg in der Nähe von Flüssen oder Bächen und bilden Ob-
longe, deren Schenkel nach den vier Hinunelsgegenden orientirt
sind.i] Doch ist die Orientimng, abgesehen von einem Falle,
4lber den später die Rede sein wird , keine astronomisch genaue,
scheint vielmehr in empirischer Weise nach Puncten bestimmt,
wo die Sonne während des Frtihjahrs anf- und untergeht. Alle
diese Dörfer sind mit einem Graben und einem Erdwalle um-
geben, welcher letzterer bisweilen durch Holzarbeiten Verstärkung
empfing. In der Niederlassung von Gorzuno [Kaiiie Oll, S-V ist er
an der inneren wie an der äusseren Seite durch eine Palibsaden-
reihe gefestigt. Bei dem l>au des Walles der Niederlassung von
Castione Karte K !), 27; rammte man zunächst eine Keihe von je
zwei Pfählen , die schräg zu einander standen und sich mit den
oberen Enden berührten , in den Boden ein und warf d«m die
£Me Uber diesen StUtseo auf. Längs der inneren Sdte des auf
diese Weise erbauten Walles sog sich eine ausammenhängende
Beihe von viereckigen hastenartigen Gonstruetionen hin, die aus
horizontal Aber einander gelegten Balken anfgefilhrt und im
Inneren mit Thon und Beisigbflndehi angeftlllt waren. Ober dieser
FtUlung lag eine Art von Bstrieh aus Smid und Kiesehi.') Durch
die Beifügung eines solchen Baues wurde nicht nur dem Erd*
walle ein fester Rückhalt gegeben, sondern auch eine Fläche
gewonnen , anf der sieh die Vertheidiger in bequemer Weise
bewegen konnten.
Leider fehlt es bisher an genauen Messungen des Flächen-
inhaltes der Dörfer, sei es dass die vielfachen Zerstörungen, wel-
chen die Erdwälle ausgesetzt waren , die Bestimmung der ur-
sprünglichen Länge der Wallschenkei unmügUch machten, sei es
1] Chierici le antichita preromane p. 9if., 14. Chierici und Mau-
tovani notizie archeologiehe dell' anno 1872 p. 7. Bull, dell' last
1876 p. 10, 1878 p. 70.
2 Coppi monografia della terramara di Gorzano II p. 11, 12
Tav. XXXV.
3) Bull, deir Inst. ISTSp.TO.
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12
Die Pfahldörfer in der Poebene.
dass man bei den Ausgrabungen nicht gehörig, auf die Masse ge-
achtet hat. Nach den sehr fltichtigen Berechnungen, auf die wir
vor der Hand angewiesen sind, scheint es. dass der Fläclieninlialt
in der Kegel zwischen drei und vier Hektaren schwankt. Doch
kommen auch kleinere Niederlassungen vor, die niclit einmal den
Kaum einer Hektare einnehmen, und grössere, dereu Ausdehnung
beinah zehn Hektaren beträgt. ^
Innerhalb des von dem Walle umgebenen Kaumes wurden
BeOieii von swd bis drei Meter langen Pfählen in den Boden ein-
gerammt, diese Pfahhreihen der Länge wie der Breite nach durch
horisontale Balken verbunden und Uber die letsteren eine Lage
von Bohlen gelegt. Man verwendete snr Herstellung dieses Ge-
rüstes am Häufigsten Stämme von Ulmen , seltener das Holz von
Steineiefaen und Kastanien. Über die Bohlenlage wurden dann,
um eine möglichst ebene Fläche zu erzielen, Schichten von Saud.
Kieseln und Thonerde ausgebreitet und hierauf die Wohnstiitten
der Insassen des Dorfes emchtet. Diese Wohnstätten waren
Hütten von primitivster Art. Nicht nur fehlt es an jeo:licher
Spur von der Verwendung von Steine nund Ziegeln . sondern es
fragt sich sogar, ob man mit Lehm zu l)auen verstand. Aller-
dings finden sich in den Terremare öfters Stücke von aus
Lehm oder ans ^ner Misehuag von Lehm und Stroh auijsefllhrten
Wänden, Bmohstttoke, welche mehr oder minder gebogen sind
und demnach auf Hätten von rundlicher Form siäliessen las-
sen.^) Doch gehören sie nach Chierici's ') Beobachtungen nicht
SU den aus der Bronzezeit stammenden Resten , sondeiii rühren
von Wohnstätten her , welche eine spätere Bevölkerung Ober
jenen Kesten anlegte, und nimmt der genannte Gelehrte an. dass
während der Bronzezeit nur Stroh oder Reisig zur Errichtung
der Hütten verwendet wurde.
Beachtenswerth ist es fenier . dass die Terremare in der
Regel nicht nur eiuen , sondern mehrere und zwar gewöhnlich
1 Chierici le anticliitä preromane p. Bull.dell Inst. ISTO p. 10.
Niederlassung von Gorzano (Karte ü 11 , S4] : ..von Ost nach West
70, von Süd nach Nord 90 oder 100 Meter." Coppi monografia della
terramara di Gorzano p. 8. — Niederlassung von Monte Venera (Karte
M 11. : , Lanjrseiten 50. Schmalseiten 'M) Meter." Chierici und
Mantüvani not. arch. dell' u. 1872 p. 7. — Niederlassung von Panua:
„ungefähr 280 zu 30» Meter." Strobel und PIgorin! 2. relasione p. 149
Anm 1 . — Niederlassuiif.' von Castione 'Karte K 9, 27): Flächeninhalt
„zwischen SOOO und 9üUü Quadratmeter -. Bidl. dell' Inst. ISTs p. To.
2) Strohel und Pigorini 2. relazioue p. 79 ff. Bull, dell Inst.
1876 p. 11.
'V Le antichiti preromane p. 12, 13; Bull, di paletn. itaU III
p. 192.
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%
11. Die rfahldürfer. 13
drei über einander errichtete Pfahlbauten enthalten und dass die
jedesmalige EibOhung der Wohnstfttten von einer entsprechenden
Erhdhnng des timgebenden Erdwalls begleitet war. Auf der
Fladie» ven der aus sieh die oberen PfaUlNUiteii Aber die unteren
erheben, und an den Balken der unteren Pfahlbauten selbst sind
bei genauer Untersuchung Spuren von der Wirkung des Feuers
beobachtet worden. Diese Erscheinung lässt mehrere Erklärun-
gen zu. Da die Insassen der Hütten Alles, was ihnen im We^e
war, von dem Pfahlbau einfach auf den darunter befindlichen
Boden herabwarfen, so vermuthet Pigorini,'} dass die Bewohner
der Dörfer, als sich der lierabgeworfene Abhul) bi.s zu dem oberen
Rande des Pfahlbaues aufgetbürnit hatte , ihre Htitten selbst an-
zündeten und auf dem Schutte der ersten Niederlassung eine
zweite gleichai-tige gründeten , in der sie wohnten , bis die An-
häufung des Unraths die Anlage emer dritten Pfahlbante nOthig
machte. Doch hat man bei den Materialien, ans denen die Hüt-
ten aufgeflihrt waren, m gewirtigen, dass zumal wahrend der
trockenen Jahresaeit Öfter zuülllig Feuer ausbrach und, wenn
dies geschehen war, das ganze Dorf in Flammen aufging. Da
hierbei das Pfahlgeiüst beschädigt und durch die herabfallenden
Trümmer der Raum um und unter dem Gerüste ausgefüllt wurde,
so rausste , sollte der Neubau des Dorfes an derselben Stelle und
in der gewohnten Weise erfolgen , nothwendig ein neuer Pfahl-
bau über dem alten, bisher bewohnten emchtet werden. Endlich
ist noch die Möglicbkelt in Betracht zu ziehen , dass die Dörfer
bei einem feindlichen Überfalle durch Feuer zerstört wurden.
Ein derartiger Gesichtspunkt darf mit grösster Wahrscheinlichkeit
hinsichtlich der Niederlassungen geltend gemacht werden, welche
auf den obersten Pfahlbauten standen und nach deren Zerstörung
keine Neugrfindnng erfolgte. Durch die Annahme, dass die
Feuersbmnst bisweilen wider Erwarten der Dorfbewohner aus-
brach, erklärt es sich auch, warum m den Terremare mancherlei
unverletzte Utensilien vorkommen , von denen es unglaublich ist,
dass sie als unbi-auchbar weggeworfen wurden oder, wenn sie
zufällig von dem Pfahlbau heiiintergefallen waren, unbeachtet
liegen blieben.
Wenn in einer Terramare mehrere Pfahlbauten übereinander
gethtirmt sind, so zeigen sie. soweit gegenwärtig unsere Kennt-
niss reicht, fast immer eine und dieselbe Orientiining. Nur in der
Terramare von Montecchio (Karte II 10, 60) hat C^ierici^) eine
l, Bull, den iDst. ISTöp. 10, 11.
2; Chierict hatte die Güte, mir den von ihm aufgenommenen
Plan und Durchschnitt dieser Terremare mitzutheilen.
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14
Die Pfahldörfer iu der Puebene.
Abweichung von dieser Regel beobachtet . Wie die meisten Terre-
mare enthält auch diese drei übereinander liegende Pfahlbauten.
Während die beiden unteren in der gewöhnlichen empirischen
Weise (Seite 1 1 j orientirt sind , entspricht die Anlage der ober- •
sten genaa dem Iferidkn. Doeh ist ee aebr misslich , über eine
BO ▼ereinMlie EiBolieiiiiing ein ürtheil abzugeben. VIeltoieht
rtthrt difi astronomiBdi riehtige Orientinmg des obersten Pfahl-
baaes tau von dem znftUigen Umstände her, dasa Berne Anlage
gerade rar Zeit der Tag- und Naehtgieiehe erfolgte. Immerhin
Bdielnt es wflnsehenswerth, dass künftig bei den Ausgrabungen
darauf geachtet werde, ob ihnliehe Erseheinnngen in anderen
Terremare wiederkehren. ^)
Wie bereits bemerkt wurde, pflegten die Insassen der Dörfer
Speisereste, lerbroehenes Hansgeräth und, was ihnen sonst im
Wege war, von dem Pfahlbau auf den darunter liegenden Boden
zu werfen — eine Sitte, welche nach den Anschauungen des
modernen Kulturmenschen mancherlei Übelstände zur Folge haben
musste. Man denke sich die Gerüche, welche der Abhub der
geschlachteten Thiere und die abgenaorten Knochen in dem Dorfe
verbreiteten, und die Menge von L'ngeziefer, die durch die fau-
lenden Substanzen hei-vorgenifen oder herangelockt wurde 1
Nichts desto weniger aber sind die um die Pfahlbauten abge-
lagerten Schichten von dem grössten Interesse . da sie uns einen
seiir anschaulichen Begriff von der Lebensweise der Bevölkerung
jener Dörfer geben.
Sie beweisen nmSehst, dass sieh diese Bevölkerung eifrigst
dw Viehzucht befliess. Uan aflehtete Rinder, Schweine» Ziegen
imd Schafe.^) Die Aufitäiüung ist angeordnet nach der Menge
der Enocfaenreste, weldie sieh von den euuselnen Gattungen ge-
ltenden hat, beginnt mit der Gattung-, welche die zahhieiehsten,
und endet mit der, welche die wenigsten Spuren hinteilaasen Imt.
Ausserdem sind xwei Speeles von Pferden und Hunden nach-
gewiesen. Die ältere Litieratur Alhrt auch spftriiche Beste des
1; Chierici nahm früher an (vgl. le untiehitä preromane p. 'J ,
das Becken, in welchem die Pfahlbauten augelegt waren, sei mit
Wasser gefüllt gewesen , welches man yermUge eines Ganais ans
dem benachbarten Flusse oder Bache hiueingeleitet hätte. Doch ist
diese Ansieht von Strobel in dem Archivio di antropologia IV p.*245,
24t) schlafend widerlegt ^vgi. auch Pigoriui in dem Congres iutemat.
d'aatbropologieC.r. de la 7. session, Stockholm, I p. 372} und auch
von Chierici selbst neuerdings aufgegeben worden.
2} Die gleichen Reste sind auch in den Terremare der Lombardei
beobachtet worden ; Mnse ubitHzioni palustri del MantOTsno p. 2, 3;
Marinoni la terramare di Seniga p. 41. 02.
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11. Die Pfahldürt'er.
15
Esels als in den TeiTemare «:et'unden an J Da jedocli diese
Angaben durch die Beobachtungen der jüngeren exacteren For-
scliung keine Bestätigung empfangen haben, scheint es gerathen,
die Frage, ob der Esel zu den Hausthieren der Pfahldörfler ge-
hörte, vor der Hand als eine unerledigte zu betrachten.
Von Utensilien, welche nut der Viehzucht in Beziehung
standen , wiien siebartig durchbohrte Thonplatten zu erwähnen,
mausgesetzt, dass Strobel und Pigorini^), welche in diesen
Platten Vorrichtungen zur Bereitung des Kises erkennen, das
Bichtige getroflfon.
Die Beste der wilden Thiere bestehen ans Knochen und
Geweihen von Hirschen und Beben , Knochen und Hauern von
Wildschweinen und zwei Bärenzfthnen. Da jedoch die Zahl dieser
Überbleibeel im Vergleich mit der grossen Menge derer , welche
von zahmen Thieren herrühren, eine sehr beschränkte ist, so
dtlrfen wir annehmen . dass die Jagd von den Pfahldörflem nur
in geringem Orarle betrieben wurde und fflr ihre Emährung eine
ungleich untergeordnetere Bedeutung hatte . als die Viehzucht.
Der Fischfang scheint , soweit die bisherigen Beobachtungen rei-
chen, dieser Bevölkerung vollständig unbekannt gewesen zu sein.
Allerdings fand sich in der Terramare von Parma eine Fisch-
gräte."*^ Doch wäre es an und für sich bedenklich, auf einen
solchen vereinzelten Fall Schlüsse zu gründen . und liegt ausser-
dem die Möglichkeit vor , dass die Gräte aus dem benachbarten
Flusse , der in der waldreichen Urzeit sicherlich eine grössere
Wasseimenge enthielt . als gegenwärtig , in die Reste des PfahU
dorfes hineingespüU ist. Jeden Falls ist es bedentsam, dass in
keiner anderen Terramaie das Vorkommen von Fischgräten be-
obachtet worden ist, und von noch grtaerer Tragweite, dass
Strobel und PIgorini*) in den vielen P&hldörfem, deren Beste
sie durchforscht, yergeblich nach Angelhaken gesucht haben.
Wenn sich hieraus die Annahme ergiebt, dass der Fischfang ent-
weder gar nicht oder, will man nichts desto weniger die in der
Niederlassung von Parma geftmdene Gräte gelten lassen, nur
1) Gastaldi nuovi ccnni p. 44; Canestrini 2. relazione p. III;
wiederholt von Strobel und Piirorini 2.rel. p 52 und Strobel avanzi
proromani p. l'^ Unter den Tliierrosten . welche in den Terremare
der Lombarbei beobachtet worden sind (Seite 14 Anm. 2j, werden
Eselskuochen bis jetzt vermisst.
2} Seconda relazione p. 86. Abbildnngen bei Coppi monografis
ed iconografia dolla terramara di Gorzano Tav. XV 1* ZVIII 2.
3) Strohe! und Pigorini 2. relazione p. 151.
4 Strobel und Pigorini a. a.ü. p. 34. 117.
5) A. a. 0. p. 101, 117.
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16
Die Pfahldörfer in der Poebene.
s^ten und aasnahmswelBe geübt wurde, so wm diese Thatsaelie
noüiwcndig befremden. Der Po ist noeh beute reich an Fischen
und gewiss waren anch seine Nebenflüsse im hohen Alterthnm,
bevor ihr Tiefgang durch die Entwaldung der Gegend Einbnsse
erfahren hatte, hinlänglich damit verseben. Also bot die Gegend,
in welcher die Pfahldörfer lagen , die geeignetsten Bedingungen
dai* , um die Bevölkerung zur Beschäftigung mit dem Fischfange
zu veranlassen. Dazu beweisen die von Concezio Rosa in dem
Thale der Vibrata entdeckten Keste von Niederlassungen, dass auf
der Aj)enninlialbiiisel bereits während der sogenannten Steinzeit
eine Bevölkerung ansässig war, welche sich neben der Jagd haupt-
silchlich durch Fischerei em&hrte. ') Unter solchen Umständen
sdieint es gestattet , in dem vefsebMenen Verhaltea d« FhibU
dOrfler eine beseiehnendeVolkseigentbllmlicbkeit an erkennen.
Ihre wiehtigsto Nabrnngsqnelle war nSchst der Viehsacfat
ein primitiver Feldbau. Soweit die aufgefundenen Reste Schlüsse
erlauben , baute man Walzen ^triticnm vulgare Villars : daneben
die beiden Varietäten triticum hibernum und turgidum L.) , die
Bohne (faba vulgaris De Cand.) , den Flachs linnm usitatissimnm
L.),"-^) und die Rebe vitis vinifera L.]J) Ausserdem machte
man sich die Frtichti^ verschiedener Bäume und Sträucher zu
Nutze. Sicher nachgewiesen sind in den Pfahldörfern Reste von
Äpfeln malus communis De Cand. , von Schlehen prunus spinosa
L.^ , von der wilden Süss- oder Vogelkirsche (prunus avium L.; , von
der Komelkirscbe [comus mascula L.J, von der Waldbrombeere
(rubus firnticostts L.) , von Beeren des gemeinen Fliedeis (sam-
bnens nigra L.) » von Haselnüssen (corylus avellana L.) und von
der gemeinen Pimpemuss (stapbylea pinnata L.). Abgesehen
von dem suletat erwfthnten Vegetabil haben wir es durchweg mit
Pflanzen zu thnn , welche noch heute in der Pogegend wild
wachsen. Wenn die Staphylea pinnata in der gegenwärtigen
wilden Flora jenes Gebietes fehlt , so erklären die Naturforscher
dies daraus, dass in der Poebene eine leichte Abnahme der Tem-
peratur Statt gefunden habe. Uilheile man hierüber, wie man
wolle, jeden Falls liegt kein zwingender Grund vor . den Bauern
der Pfahldörfer die Kenntniss der Obstkultur zuzuschreiben. Da
sich Eicheln in grosser Menge und bisweilen auch in Thon-
I ; Archivio per Tantropologla I p. 504, 514; IV p. 195.
2} Vgl. Bull, deir Inst. ISTS p. To.
Das Vorkomiiien von Resten des Weinstockes ist nicht nur
vüu Cauestrini oggetti trov. nelie terremare del Modenese 2. relaz.
p. 61—62 , sondern aueh zu wiederholten Malen von Strobel und Pi-
gorini 2. rel. p. 2D, Bull, dell' Inst. 1878 p. 70 beobaehtet worden.
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II. Die Plahldürfer. 17
geflossen aufbewahrt gefunden haben, so ist es wahrscbeinlicb,
dass sie Mit nur rar Mast ftir die Sehweine, sondern auch den
Mensehen rar Speise dienten. Dagegen ist in den FfthldOiftini
keine Spur von Frflehten der Kastanie beobaditet weiden, ob-
,wdbl das Hols dieses Baumes ra mannigfaeben Zweeken nnd
anter andern zur Herstellung der Pfahlbauten verwendet wmdn.
Bs lisst dies darauf schliessen, dass die Kastanie in der Poebene
wie heute so aucli damals keine Frtichte hervorbrachte.
Auf die Kenntniss der Gewinnung des Honigs scheinen
Thongefässe mit durchbohrtem Boden hinzuweisen , von denen
sich mehrere Exemplare in den Terremare gefunden. ^) Noch
heute bedient man sich in verseliiedenen Gegenden Italiens ganz
ähnlicher Vorrichtungen, um den fltissigen Honig von dem Wachse
so sondern. Doch wäre es bedenklich , desshalb den Pfahldörf-
lem ^enenneiit ranaebrefben. Vielniebr ist es nach dem 6e-
wimmteiiidmek, den ibre Kultur maebt, wabrscbemlioher, dass
ne das Enengniss der wUden Bienen ▼erwerdieten.
Znm Zemafanen der Getreidekdmer dienten primitive Mltb-
len, w elche aus zwei Steinklötzen bestehen, von denen der obere
über dem unteren hin und her bewegt wurde. Da von einer Voi^
richtung zum Backen des Brodes keine Spur beobachtet worden
ist, darf man annehmen, dass die Pfalildörfler aus den zerstampf-
ten Körnern einen Brei oder Teig bereiteten. Auch fand sich
ein Thongeföss , an dessen innerer Seite eine vertrocknete brei-
artige Masse festsass, offenbar das älteste italische Gericht, das*
sich bis auf unsere Tage erhalten.
Eine besondere Betrachtung wird durch das Vorkommen des
FbKdnet erfordert. Die Verwertiiung dieser Ffliouse ist bebuml-
lieh ebie doppelte. Der Same dient als Speise und gepresst rar
Oewinnnng eines Oeles. Anderer S^ werden die Fasern des
Stengels zu Stricken, Geflechten und Geweben verarbeitet. Dass
die Flachsfasern in den P&hldörfern zur Hei*stellung von Mann**
factnren benutzt wurden , ergiebt sich aus dem Vorkommen von
Bindfaden aus diesem Mateiiale. Auch haben sich niderförmige
Utensilien aus Holz gefunden , welche nach tibereinstimmender
Annahme der Paläoethnologen dazu dienton . die veiirockneteri
Hülsen abzuklopfen und die Flachsfasern blosszulegen .2'; Dagegen
ist es ungewiss, ob man den Samen ass. Da er sich in deuTeiTe-
aaj'e nicht, wie es bei den zur Nahrung bestimmten Früchten der
Fall ra sein pflegt, massenhaft angehäuft, sondern allenthalben
serstrent findet, so sind Strobel und Pigerini geneigt, eine sdehe
l! Strobel und Pigoiini 2. rel. p. 120.
2) Ebenda p. 103, 122.
H«l b if , Oi« Itiliker in d«r A)«b«iit. 2
I
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IS Die Pfahldörfer in der Poebene.
Verwendung zu läugnen. Doch fragt es sich, ob die Zerstreuung
dieser Bamenkapaeln nicht mit gleichem Redite ans ihrem ge-
ringen Volmnen und Gewichte erUirt werden darf. Jeden FUto
Uegt ,ein bestimmtes Zengniss dafiir vor, daas der Leinsamen in
sehr alter Zeit gerade in der Pogegend als Speise diente. Wie
nftmUoh Plinins *^ berichtet, wurde ans demselben in der Qallia
transpadana ein cibns rusticus ac praedulcis bereitet, der jedoch
zu seiner Zeit nnr noch bei Opfern Verwendimj^ fand. Dieses
Zenginiss ist lici der Frage über die Benutzung des Flachses in
den Pfalildörfern nicht ausser Acht zu lassen ; denn wir werden
in dem X. Kapitel wahrnehmen, dass die Kultur der Bevölkerung
der Poebene noch zur Zeit der romischen HeiTschaft eine Reihe
auffälliger Berührungspunkte mit der durch die Pfahldörfer ver-
tretenen Eniwlckeliing darbot.
Ungewiss ist auch, In welcher Weise die Frfiofate der Rehe
nntabar gemacht worden , ob man sich begnflgte , die Beeren an
essen, oder ob man schon verstand» daraus Most oder Wein an
bereiten. T^rd es veistattet, ans dem Bestände der erhaltenen
Beste Schlflsse an aiehen , dann kSute man geneigt sein , sich
an der ersteren Annahme zu bekennen. Von Vorrichtungen zum
Auspressen der Trauben ist keine Spur nachweisbar. El)enso
fehlen umfan^'eichere Gefässe . welche geeignet gewesen wären,
den Most oder Wein aufzubewahren. Die grösseren Thongefässe.
welche sich in den Ten'emare finden, sind alle mehr oder minder
porös und eigneten sich daher nur zur Aufnahme trockener Stoffe.
Angenommen, dass bisweilen FlOssigkeiten hinemgeftillt wurden,
dann mnssten diese rasch yerbzandit werden , da sie sonst an-
fehlbar durch den Thon durchgesickert wtren. Allerdmgs bliebe
bnmer noch die Möglichkeit übrig, dass der Tranbensaft in höl-
aemen, etwa tonnenartigen Behllteni aufbewahrt wurde. Doch
versagen die Reste hierflber jeglichen Aufschluss . da sich ans
begreiflichen Gründen nur sehr wenige höhserne Gefässe und
diese durchweg von beschränkten Dimensionen erhalten haben.
Das Handwerk stand in den Pfahldörfern auf einer noch
recht niedi-igen Stufe. Obwohl bereits die Verarbeitung der
Bronze bekannt war . bediente man sich doch noch bisweilen
steinemer Waffen und Werkzeuge. Äxte aus diesem Materiale
haben sich in mehreren , Pfeilspitzen aus Feuerstein beinali in
allen Terremare gefunden. Und zwar sind diese Exemplare
keineswegs Tereinzelte Beste ans einer vergangenen Zeit. Viel-
mehr lisst es i^ch beweisen , dass die primitive Manu^tnr noch
in den Pfahldörfern geübt wurde. In mehreren Terremare nim-
1) XIX 16.
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IL Die Pfahldörfer.
19
lieh tmd besondere in der von Monte Venera hat man die
Splitter beobaehtet, welehe bei der Bearbeitung des Steins ab-
gesprengt worden. Demnach ist es nnzweifelhiät, dass die Be-
yölkenmg dieser Niederlassnngen neben bronzenen noch steinerne
Utensilien fertigte.
Ovale oder cylinderfönnige Kiesel , welche an der Peripherie
mit einem Einschnitte versehen sind, dienten Termuthlich, an
Seile gebunden, als schleuderartig:e Waffen. 2)
Die Thongefässe — vorwiegend Töpfe, Schalen und Näpfe —
wurden lediglich mit der Hand und ohne Beihülfe der Dreh-
scheibe gearbeitet und an der Sonne oder bei offenem Feuer ge-
dörrt. Besonders bezeichnend für die in den Pfahldörfern geübte
Keramik ist ein eigeuthümlicher Henkel, der, unten durchbohi-t,
oben in einen halbmondfilrmigen Anfsati endet (vgl. unsere Tafel I
16, 17) . DU phantMievoUeii Venodie, welehe gemacht worden
sind, nm dieser Form eine tiefe ^ymboliiBohe Bedentnng nntemr
sehieben, dttrte bei dem gegenwärtigen Stande der Forschung
unberücksichtigt bleiben. Die Form erklärt sich hinlänglich ans
dem Streben, ein festes und bequemes Anfassen des Henkels zu
ermöglichep. Dieser Zweck wurde eiTeicht, indem der Zeige-
finger dnrch die OefFnung des Henkels durchgesteckt und dem
Daumen in dem halbmondförmigen AofiBatze eine Stütze gegeben
wurde.
Ein Instrument, welches den Namen eines Bohrers verdiente,
war den Pfahldörflern unbekannt. Galt es einen hölzernen Ge-
genstand mit einem Bohrloche zu versehen, so wurde mit einem
apitsen Instnimente eUie viereckige Oeflhung hergestellt nnd die-
selbe, falls es nOthig schien , dnrch Fener erweitert.')
ICaneherlei Gegenstinde, wie PfeUspitien, Pfriemen, Haar-
nadehi. Kämme und Umne radfönnige Schmuckstücke, die, wie
es schehit, als Krönungen von Haarnadeln dienten, ^) schnitste
man ans Knochen^) oder Horn.
Die Bronze wurde lediglich vemöge des Gusses und noch
nicht durch Schmieden verarbeitet. Da sich in mehreren Pfahl-
dörfern Gnssformen gefunden haben, ^] so ergiebt sich , dass die
Veraibeitung in den Dörfern selbst erfolgte. Die aus Bronze
hergestellten Utensilien sind theils Werkzeuge, theils Waffen,
1) Chierici und Mantovani notizie archeologiche dell' anno 1872
p. 8, 9. Vgl. auch Bull, di paletn. ital. III p. 24, 189.
2 Strobel nnd Pigorini 2. rel. p. 106.
3) Bull, di palet, ital. I p. 54.
4) Vgl. unsere Taf. 1 7 und Bull, di palet, ital. UI p. 57 ff.
5) Vgl. Butt, di palet, ital. HI p. 189.
6) Bull, di pal. itol. I p. 35, 36; IH p. 90ir. Tav. IV 4-6.
2«
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20
Die Pfahldörfer in der Fuebene.
theils Toilettengegenstände. Von Werkzeugen kommen vor
Handbeile und Äxte des Typus, den die Pal&oethnologen Paal-
stab zu nennen pflegen, ferner Sieheln , Feilen, Messer und
Pfriemen ; doch kdnnes die Äxte selbstverstiLndlidi bei Gelegen-
heit aneh als WaflTeii gedient haben. Von bxwflDen Toiletten*
gegeostlnden kenätD ms Klnme, Basimesser, die ans zwei
dnrch einen Griff verbundenen halbmondföimigen Bronieklingen
bestehen Haaniadeltt nnd radfilimige Schmnekstfieke, weldie
offenbar n dem gleiolien Zweoke dienten, wie die Ihnliohen
knöehemen Exemplare (Seiie 19)./) Die Waflbn sind, abge-
sehen von den bereit« erwähnten Äxten, vertreten durch Spitzen
von Bpeeren oder Wuifspiessen , Pfeilspitsen nnd dolchajüge
Messer, deren Klinge niemals die Länge von 15 Centimetem
überschreitet. Dagegen ist eine Waffe, welche dem geläufigen
Begriffe des Schwertes entspräche, bis jetzt noch nicht mit Sicher-
heit unter den Resten eines Pfahldorfes nachgewiesen. Wenn
Strobel und Pigorini ein Schwert als in derTerramare von Castione
gefunden anführen, *') so hat man wohl zu bedenken, dass diese
Angabe nur auf der Aussage eines Bauern beruhe , der ihnen
das betreffende Stück überbrachte. Auch leuchtet es ein, dass
die primitive Gusstechnik , galt es eine längere l^ronzeklinge her-
zustellen , mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Wir
dürfen demnach zum Mindesten annehmen, dass das Schwert,
falls es überhaupt bekannt war, doch nicht zu der gewöhnlichen
Bewaflhinng gehörte. War doch die Bronze selbst ein seltenes und
kostbares Material. Nicht nur dauerte, wie wur gosekoi haben,
neben ihrer Veraibeitnng die primitive Steinmanufaetnr fort,
sondern es wurden anöh manehoriei Gegenstlnde , deren Her-
Stelling ans Bronze sehr nahe lag, noeh ans anderen flioflbn ge^
arbeitet. 8o ist a. B. in keinem PfUildorfe ein bronnener Kagel
gefunden worden. 7) I>eninaeii hielt man, obwohl es ebenso
nahe liegend , wie zweckmässig war, dieses Utensil ans Bronae
herzustellen, nichts desto weniger an einem primitiven Surrogate,'
nämlich dem Holzpflocke, fest.
Bezeichnend für die Beschränktheit nicht nur der Metallo-
teohnik, sondern überhaupt dos gansea Knitarapparates ist femer
1) S. unsere Taf. 1 1.
Chieiiei le antiohiti prerdmauep. 11. Vgl. Btrobel und PI
gorini 2. rel. p. 125.
3; Taf. 1 3.
4} Taf. 1 6.
5 Taf I 2.
6 Strobel und Pig^orini '2. rel. p. lub.
7; Chierici le antichitü preromane p. 14.
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a Die P&hld«rfer.
21
die Thatsache, dass unter den Resten der Pfahldörfer bronzene
Fibulae, Armbänder, Halsbänder, Fingerringe. Oiirringe, Gürtel-
schnallen und Gürtelbeschläge vermisst werden. Ebenso fehlen
Eisen, Glas und Smalt. Auch Silber ist noch nicht nachgewiesen.
Doch fragt es sich, ob die bisherigen Untersuchungen ausreichen,
um den Pfahldörflern die Kenntniss dieses Metalles abzusprechen;
denn die Erfahrung lehrt, dass Silber in dem feuchten Erdboden
stark durch Oxydation zersetzt wird und, wenn es nur zu klei-
neren Gegenständen veraibeitet vorkommt, sehr leicht der Beob-
aobtang entgeht. Dna Torkoumen des Goldes ist zum Mindesten
pfoblematieeh. >] Sicher naehweisiMkr aind nUe die genannten
Utettsilien nnd Stoflfe erst in Funden, weldbe nns einer epAteren
JBpeehe stimmen, als die Pfahldi^er.
Dagegen darf es nnnmehr als ansgemacht gelten, daas die
Pfahldörfler den Bernstein kannten : denn Perlen ans diesem Ma-
teriale fanden sich nnter den Resten des Pfahldorfes von Castione
(Karte K 9, 27) bei einer Ausgrabung, die Strobel, Pigorini
und Chierici persönlich überwachten . ^) Das Zengniss dieser Ge-
lehrten föllt um 80 schwerer in das Gewicht . da sie alle drei
bisher das Vorkommen des fossilen Harzes in den Terremare be-
zweifelt hatten. Indess scheint es. dass der Bernstein damals
noch selten und jeden Falls seltener war, als in der aaf die Pfalil-
ddrfer folgenden Entwiekelung.
Im übrigen tthte die BevSlkemng dieser Niederiasanngen
die primitiTen Teefaniken , weldie nach den Besnltaten der ver-
gletdienden Spraehforsehnng sehen in der indoenropäisohen Ui^
zeit oder zum Wenigsten in dem sogenannten graeco- italischen
Stadium geläufig waren. Fragmente von reeht sierlieh aus
Ruthen geflochtenen Körben beweisen , dass man sich auf das
Flechton verstand. Da sich ferner Bindfaden aus gesponnenen
Flaeli.sfaseru gefunden habon, niuss den Bewohnern der Pfahl-
dörfer oder ihren Frauen die Kenntniss des Spinnens zuerkannt
werden. Mit dieser Annahme .stimmen auch die durchbohrten
kugel- oder kegelförmigen Utensilien, welche, aus Thon,
l\ Chierici a. a. (). p. 11 führt einen Golddraht als in einer Ter-
ramare gefunden an , hat mir aber mündlich mitgetheilt , dass dieses
Stück nach seinen späteren Erfahrungen vermuthlich nicht zu den
Resten des Pfiihldones, sondern sn einer darltber liegenden Schicht
gehört.
2) Bull, di pRl. ital. III p. 199. Bull, dell' Inst. 187H p. 7«.
3} Bull, di pal. ital. I p. 27, 18» ff. ; II p. 29 ; III p. 28 ff.
4) Heibig osservasioni sopra il eommereio dell amhra p. 12 1t,
(R. Accademia dei Lincoi Anno CCLXXIV 1876—77).
Ä) Strobel und Pigorini 2. rel. p. $9.
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22
Die Pfahldörfer in der Poebene.
Horn oder Stein gearbeitet, häxAg in den Terremare vor-
konunen nnd von den PaläoetlinoIogeD in der Regel Ar Spinn-
wirtel erklSrt werden, Allerdmgs ist es nngewiss, ob diese
ErUSning fBr alle Exemplare ansreiGht. '^elmehr seheint die
grosse Menge, in weleher solche Utensilien anftreten, daianf hin-
zuweisen, dass sie auch zn anderen Zwecken nnd im Besonderen
zur Herstellung primitiver Halsbänder dienten.^} Das Spinnen
lässt wieder mit Nothwendigkeit auf eine Plrocedur schliessen,
welche mehr oder minder dem Weben entsprach. Die Annahme
nnmlich, man habe sich der Ai*beit des Spinnens unterzogen
lediglich, um das Gespinnst zu Bindfaden oder Seilen zu ver-
arbeiten, erscheint um so unglaublicher, da es feststeht, dass
die Pfahldörfler über Materialien veifUgten , aus welchen sich
Gegenstände dieser Art vollständig mühelos herstellen ließen. Es
sind dies derBast der wilden Waldrebe Clematis vitalbaL.) , der, zu
Strängen gedreht, häufig in den Terremare vorkommt,-^) und die
Stengel einer Ginstergattung , veraiuthlich des Besenginsters
[Spartium junceum L.), aus denen ein Bindfaden besteht, der in
dem Pfahldorfe von Parma gefunden wurde . ^] Wenn wir demnach
voraussetzen dürfen, dass das Gespinnst in ausgiebigerer Weise
verweilhet wurde, als zur Herstellnng von Bindfaden oder Seilen,
so bleibt nnr die Annahme offen, dass man daraus Gewebe ver-
fertigte. Dazn lassen gewisse in den P&hldOrfem vorkommende
Utensilien deutlich anf die Existenz eines primitiven Webstuhles
schliessen. Es sind dies un Besonderen durchbohrte thöneme
Scheiben, anf denen strmhlenaitig nach der Oflhnng gerichtete
Emschnitte sichtbar sind, die nnr durch die Friction von Seilen
hervorgerufen sein können — Utensilien, welche von den PalÄo-
ethnologen für Webergewichte erklärt werden.*) Man wird sich
diesen Webstahl als ein ähnlich primitives Geräth zu denken
haben, wie den in den Pfahldörfern der Schweiz gebräuchlichen,
dessen Reconstmction neuerdings von Keller versucht worden
ist. «)
Ebenso ist es wahrscheinlich, dass die Bevölkerung der ober-
italischen Pfahldörfer mit der Lederbereitung vertraut war.
1> Ebenda p. 96 , 97, 105. Abbildungen auf unserer Tafel 1
11—13.
2 Vgl. Bull, della comm. arch. comunale VI Tav. VI— VIII
21 p. 7ü und unser VII. Kapitel.
3} Strobel und Pigorini 2. rel. p. 103. Yffl. Servius an Vergil.
org. I 165, Hehn Kulturpflanzen und Haussiere 3. Aufl. p. 520.
4) Strobel und Pigorini 2. rel. p. 15o.
5j Ebenda p. 9ti, luö. Vgl. auch p. 122.
6) Keller Pfahlbauten, 4. Bericht p. 22.
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n. Die Pfohld»rfer. 23
Nicht nur ^den sieh in den Teiremwe Schaber aus Knochen
oder Hirsohhom, die nach der IlbeieinstfDunenden Annahme aller
Fachgelehrten zur Beiiügang der Thierhinte dienten, ^) und
Pfriemen von beträchtlicher Stärke, die offenbar zur Dnrch-
bohmng eines zähen Stoffes, wie das Leder einer ist, bestinmit
waren, sondern Strobel und Pigorini'^] nehmen auch an, dass
ein Band, welches dtureb den durclibolirten Knopf einer bron-
zenen Haarnadel gezogen ist, aus Leder gearbeitet sei.
Wenn ich hierbei die Ansichten namhafter Paläoethnologen
über die Bestimmung einzelner Utensilien angenommen habe, so
erscheint dies um so gerechtfertigter, da in solchen die primitiven
Techniken betreffenden Fragen die Resultate der Paläoethnologie
mit denen der Sprachvergleichung tibereinstimmen und beide
Wissenschaften unabhängig von einander zu der Annahme ge-
langt sind, dass die Kenntnisse des Flechtens, Spinnens, Webens
und der Lederbereitung schon in selir frühen P^ntwickelungs-
stadien geläufig waren. Niemand wird, denke ich, den Verdacht
hegen, dass die jüngere Wissenschaft durch den Einfluss der
Attorea ihre Unbefangenheit eingebltsst habe, lächerlich ivire
dies der ungerechteste Vorwurf, der gegen die Palioethnologie
erhoben weiden hdnnte ; denn, wenn irgend eine Wissenschaft,
verfolgt diese ihre besonderen Bahnen nnd arbeitet sie, nnbe-
kttnunert nm das, was anf anderen Gebieten geleistet wird, an»-
adiliesslich mit ihren eigenen Ifittebi. Was nnn gar das Ver-
hältniss znr Sprachvergleichung betrifft, so ist es ja bekannt,
dass die Vertreter der beiden Wissenschaften jede Berührung auif
das Ängstlichste vermeiden nnd das Gelübde abgelegt au haben
scheinen, ihre Resultate gegenseitig zu igmuriren.
Wie die technische war auch die omamentale Seite des
Handwerks in den Pfahldörfern nur wenig entwickelt. Wir
kennen Kämme aus Hirschhorn «der Bronze , auf denen paral-
lele Streifen von Dreiecken oder Gruppen concentri scher Kreise
eingegi'aben sind.^) Ferner wurden die Ränder der Spinnwii-tel
bisweilen mit eingegrabenen Verzierungen versehen, nämlich mit
Dreiecken und mit geraden Linien, die sich radienartig nach der
in der Mitte befindlichen Oeffnung ersti'ecken. *) Die reichste
1) Strobel und Pigorini 2. rel. p. 104.
2 Ebenda p. 112 Anra. 1 Vgl. p. 122); abgebildet bei Strobel
avanzi preromani fasc. I tav. IV 22 p. 8.
3; Mit Dreiecken : Strobel avanzi preromani fasc. I tav. II ^,
VII 4, 16. Mit Kreisen: Strobel a. a. 0. fesc. I Tav. IV 24; fasc. II
toT. VII 15 ; Coppi monogr. deUa temunaia di Gonano II tav.XLVI
14; unsere Hülfstiifel 19.
4) Z. B. Mortillet le signe de la croix p. 4S fiff. 31 ; Strobel
avanai preromani fiuie. I tav. II1 19 Mortillet a. a. 0. p. 48 fig. 32.
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Die Pfahldörfer in der Poebene.
Veraentng unter aUen in den F&hlddiüNii geaibeiteten Gegen-
Btfnden zeigt ein hölzerner Stob, der nenerdings in der Tem^
mire von Onstione (Karte K 9 , 2 7) geftuden wnrde.^) fir ist seiner
ganzen Lftnge nach mit eingeritzten Oürtehi nngeben, die ans
Reihen von Dreiecken nnd verschiedenartig snsnmmengesetzten
geraden Linien bestehen nnd einander in sjrmmetrischer Weise
entsprechen. Doch war in allen diesen Fällen die gesetzmässige
Anordnung dor Ornamente durch die formalen Bedingungen des
zn verzierenden Gegenstandes nahe gelegt und gewisser Massen
vorgeschrieben. Fehlten solche Anhaltspunkte, dann waren die
Pfahldörfler ausser Stande, die wenigen ornamentalen Motive,
über die sie verfügten . zu einem organisch gegliederten Ganzen
zu verbinden. Einen schlagenden Beleg hierftlr liefern die Thon-
gefässe. Wenn sie überhaupt verziert wurden . dann geschah es
durch krumme oder gerade Streifen oder durch Kreise, die ver-
möge eines Grifteis in den feuchten Thon eingegraben oder relief-
artig ans demselben herausgearbeitet wnrden. Niemals jedoch
wurden vermöge dieser Motive ia sieh «bgesehlossene omamentak
Miemata hergestellt. Yielmebr beschriiikte sich die Decoration
in der Hegel anf die Yerwendnng eines dieser Motive nnd fehlt
in den wenigen Fällen, in denen mehrere maammengeetellt sind,
vnter denselben jeglicher organische Znsammenhaag. ^)
Sehliesslieh sei noch bemerkt, dass sich in keinem Pfahl-
dorfe ein GegensUnd gefunden hat. der sich in bestimmter Weise
mit irgendwelcher Art des Kultus in Verbindung bringen UeiSe*
Götteridole fehlen vollständig. Zwar enthielt die Terramare von
Monte Venera (Karte M iL 65; die Fragmente von vier nnfönn-
lichen aus Thon gekneteten Thierfiguren , von denen zwei ein
Schwein, die anderen beiden einen Hund darzustellen scheinen.^-
Sicherlich aber hatten diese ältesten Denkmäler italischer Plastik,
die wir kennen, mit dem Kultus nichts zu thun. Vielmehr ist es
wahrscheinlich, da.ss ein Bewohner des Pfahldorfes die vier Un-
geheuer zu seinem eigenen Vergntlgen oder als Spielwerk für
seine Kinder knetete.
Diese Andeutungen mögen genügen, um den Lesern ein
Bild von den Pfahldörfern der Emilia zu geben.
Es bleibt uns jetzt noch übrig, einen Blick auf die lombar-
dischen Niederlassnngen zu werfen. Wenn in ihnen die Existens
1] Bnll. di paletn. ItaL TV tav. 1 1.
tav. XII 1, XIV 2, XVII 1 , XXII 2 XXVII 1—3, XXVTII 1— h.
3) Chierici und Mantovani notizie archeologiche dell a. lbT2
p» S. Eines dieser Fragmente, ein Kopfstück, ist auf unserer Taf. I 4
4kbgeMldet.
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II. Die Pfahldörfer.
25
von Pfahlbauten bis jetzt noch nicht mit Bestimmtheit uachge-
wießeu ist, so erklärt sich dies hinlänglich daraus, dass die in
-diflM Terremare verborgenen Reste nngleicli «eUeehter eiludten
und weniger genta nntersiielit rind, als der Inhalt der Tmemare
derEnillii. DenmaclL vermnthen Pigorini<) nnd (Sdeiiei^j mit
Beeht, dase auch in der Lombardei die Hütten anf PfaUnnter^
lagen eniehtet worden. Abgesehen von dem PiUilban nftmlieh
bat man nOtiiieh wie elldfieh vom Po im Weeentlieben die gleichen
fineheinungen beobachtet. Wo die Untersnchnng mit der nöthi-
Igen Genauigkeit g:efUhrt wurde, hat es sich herausgestellt, dass
«ach die in der Lombardei gelegenen Dörfer orientirt waren,
Hier wie dort begegnen wir entsprechenden Manufactoren nnd,
was besonders schwer in das Gewicht f^llt, auch dem eigenthttm-
liehen halbmondförmigen Thonhenkel 'Seite 1 0) . Nur m der
Statistik der steinernen und der bronzenen Geräthe ist ein Unter-
schied wahrnehmbar. Während nämlich in den Niederlassungen
der Emilia. abgesehen von einer einzigen Ausnahme, die ich so-
fort namhaft machen wt^rde. die bronzenen Utensilien ungleich
zahlreicher auftreten, als die steinernen, waltet in der Lombardei
das entgegengesetzte Verhältniss ob. Auf der Sfldseit^ des Po
kennen wir bis jetzt nur eine Niederlassung, welche in dieser
Hinsicht mit den lombardischen Terremare tibereinstimmt, näm-
lich die von Sant* Dario d£nza (Karte M 10, 46] .*] Vergleicht
man dleie Rede ndt denen, in welchen die Bronze IHbcffwiegt,
ae empföngt man den ländmck, dass beide von einem nnd dem-
adben Volke henUhren , dass Jedoch die orsteren einem primi-
HircM Entwicklungsstadinm ai^ehOien, als die letsteren.
Whd die Frage gestellt, in weldier Richtung die BevSlke^
rang der PlUildOrfsr besonders begabt mid entwiekelnngsflaiig
war, dann mllssen wir uns anniehst die damalige Natur der Po-
ebene vergegenwärtigen. Während sich diese Gegend hent an
Tage als eine weite, waldlose, mit Feldern und Weinpflanznngen
bedeckte Fläche darstellt, bot sie an der Zeit, als das Volk, von
welchem die Pfahldörfer herrühren , einzuwandern begann , ein
sehr verschiedenes Bild dar. Sowohl die Ebene nördlich, wie die
stldlich vom Po war von dichten Wäldern bedeckt, welche, ab-
gesehen von Ulmen und Kastanien , namentlich aus Steineichen
1 In dem Annuario scientifico industriale itaUano, ann. XIV
p. 870.
2) Bull, di paletn. ital. III p. 103 ff. Vgl. auch Castelfranco
paletnoh>gia iombarda p. 18 (in den Atti dein soc. ital. di scienze
nat. Vol. XVIII fasc. IVl.
rV Bull, di paletn. ital. III p. 104.
4] Bull, dipal. ital. Ip. 115 £f.
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2e
Die Pfahldörfer in der Poebene.
bestanden '} und uineiluilb deren die FloMbetten gewisser Mafien
ofttSrlicbe Strassen bildeten. Dieser Saehveilialt ergiebt sieb auf
das fioblagendste ans der grossen Menge von Eicheln, wie ans den
Knochen von Schwarz- und Rothwild, welche sich in den Terre-
mare finden/^) Aacb nachdem die in den Pfahldörfern Statt
findende Entwickelnng zu Ende gegangen war, zeichnete sich
die Gegend durch ihren Waldreichthnm ans. Reste von Hirschen
und Wildschweinen kommen auch in späteren Fundschichten, wie
in denen von Villanova ^ und Marzabotto,-*) vor. Das römische
Heer, welches im Jahre 218 v. Chr. zum Entsätze der von den
Boieni belagerten Stadt Mutina Modenaj auszog, musste durch
dichte Wälder vordringen und erlitt dabei empfindliche Ver-
luste durch die Angriffe der aus dem Dickicht herausbrechen-
den Gallier.'*) Als im Jahre n)G ein anderes römisches Heer
Bononia . den Vorort derselben Boier , bedrohte , vermied die
streitbare Mannschaft der letzteren die offene Feldschlacht
und zog sich in die benachbarten undurchdringlichen Forste
cnrflek. ^) Auch als Polybios die Poebene bereiste, wiien
die angebauten Theile der Landschaft noeh allenthalben von
Eiehenwildem umgeben , in denen das Borstenvieh der Kelten
reiehliehe Eichelmast fand.') Selbst Strabo**] beriehtet noch
▼on den dortigen Eiehenvildem und den daxin gesflohteten
Schweuieheerden , welehe den gr^ssten Theil des Bedarfes des
römischen Marktes deckten. Nach diesen Zeugnissen kann man
es sich vorstellen, wie dicht und zusammenhängend die Forste
standen in der uralten Zeit, in der die Pfahldörfier die Poebene
betraten. Das Vordringen in diesen Urwäldern und das Aus-
roden derselben , um Acker- , Garten- und Weideland zu ge-
winnen, war gewiss keine leichte Aufgabe. Ja man darf es als
ein eigenthümliches Verdienst betrachten , dass die Einwanderer
unter so erschwerenden Umständen an dem Ackerbau festhielten
und nicht in ein nomadisirendes Hirten- und Jägerleben verfielen,
wozu primitive Völker bekanntlich grosse Neigung haben und
] Aus Stämmen von solchen Bäumen ist das die Dörfer tra-
gende PfahlgerUst gezimmert. Vgl. oben S. 12.
2^ Vgl. oben Seite 1 5. Knoenen von Hirschen, Beben und Wild-
schweinen wurden von Giacometti (Rel. intomo ad alc. scoperte pal.
fatte nelle adjacenze di Mantova p.61) ii) den Terremare des Gebietes
von Mantua beobachtet.
3) Gozzadini intomo ad altre settantuna tombe del sepolereto
etrusco scop. presso Bologna p. S und 6.
4 Gozzadini di un' antica necropoH a Marzabotto p. 67—69.
5 Liv. XXI 25.
7) Polyb. 1114, 2, 3.
8) V I C. 218.
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II. Die Pfahldörfer.
27
die Versuchung nahe genug lag. Wenn die Pfahldörfler nicht
desto weniger fortfuhren, das Feld zu bestellen, wenn sie ausser-
dem die Rebe ciütivirten, deren Pflege bei den damaligen klima-
ÜBchenVerhiltiiiflseB der Poebene vermnihlieli sdnrMger war, ')
als gegenwirtig, wenn sie sieh mit der Viehzuehl etfHger b^
fassteB, als mit der Jagd, dann ergiebt sich «Is beseielmender
ChinlrtenEiig fBr dieses Volk eine entschiedene Neigung und Be-
gabung fBr das, was man bänerliehe Thitigkeit nennt. Hiennit
stimmt die Anhängüchkeit an die SehoUe, welche sich darin ans-
spricht, dass man, nachdem die erste Niederlassung unbewohnbar
geworden war, weitere Pfahlbauten darüber anfthttrmte. An-
derer Seits beaengt die systematische Anlage der Ddrfer einen
tief eingewurzelten Suin für Ordnung und Gesets, während die
Anwendung von Kamm nnd Rasirmesser darauf hinweist, dass
man bestrebt war, aucli in der äusseren Erscheinung auf Zucht
zu halten. Mochte demnach auch das Handwerk auf einer niedri-
gen Stufe stehen, jeden Falls lagen in den Pfahldörfern Elemente
vor, die geeignet waren, um mit fortschreitender Entwickelung
geordnete und auf einer tüchtigen Bauerscliaft beruhende Ge-
meinwesen hervorzurufen. Das Volk war zahlreich und über ein
"Weites Gebiet von den Abhängen der Alpen bis südwärts nach
Imola verbreitet ; nach Westen hin reichten seine Niederlassungen
bis zu den Höhen hinauf, in denen der Apennin nach der
Poebene abililt; wir kennen gegenwäi*tig im Ganzen nicht
weniger als 89 Pfahldörfer. Wer an der SSeit, in welcher ^ese
Dörfer bewohnt waren, die Poebene ans der VogelperspectiTe be-
traditete, llberschante eine im Wesentlichen mit Wildem be-
deckte Landschaft Innerhalb der Waldmasse waren an vielen
Stellen nnd namentlich in den Umgebnngen der Stromrinnen
Lichtungen ersichtlich, gleichwie helle Bildchen auf dnnklem
Gmnde. Jede Lichtnng zeigte ein Pfahldorf mit den gelben
Stroh- oder Lehmhütten, unmittelbar nm das Dorf hemm die
Getreide- und Flachsfelder, die Bohnen- nnd Weinpflanznngen,
weiter hin nach dem Rande des Waldes zn die Wiesen, anf denen
die Heerden weideten — alles dies eingesprengt in die dnnkcl-
grflne Masse der umgebenden Forsten.
Die meisten Pfahldörfer, wahrscheinlich sogar alle, wurden
schon während der sogenannten Bronzezeit von ihren Bewohnem
verlassen. Zwar liegt in mehreren Terremare über den der
Bronzezeit angehörigen Kesten eine jüngere Schicht, welche den
1 Noch zur Zeh des Strabo (V 1 e. 214 mussteii die Weinstöcke
in dem östlichen Theile der Poebene alle vier oder fünf Jahre er-
neuert werden.
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2b
Die PbhldVrf« In <l«r fbelmie.
Oefenneh det Eäsena b^midet «ad mit der DnliseMbe gear-
beitete Geftne enMIt. >) Es ist aber nngewiss, ob die Bev«!-
keniBg, Ton der diese jflngeren Überbleibsel herrObnB» in dem tob
dem obersten PAddban getragenen Dorfe oder in einer Nieder-
lassung wohnte, die ohne eine derartige Snbstmetion anf dem
Mivtte des verödeten P^dildorfBa angelegt war. Da es sieh nm
ein Terrain handelt, welehes der Erdoberflache zusiehst liegt
und demnach am Leichtesten durch Bodenkultur und atmosphft»
risehe Einflüsse Veränderung erf)Uirt, so Ist es sehr schwierig,
diese Alternative angesichts der Ausgrabungen bestimmt zu ent-
scheiden. Doch versichert mir ein bewährter Praktiker, wie
Chierici. dass er nach dem Eindrucke, den ihm die Schichtung
der Gegenstände gemacht, die Nou^rtindung von Niederlassungen
anf dem Schutte der Pfahldörfer für wahrscheinlicher halte.
Die Bevölkerung, welche jene späteren Schichten ablagerte ,
ist durch einige auf ThongefÄsse eingekratzte Inschriften. '-^ wie
durch den Charakter sämmtlicher zugehöriger Denkmäler zwei-
fellos als eine etiniskische festgestellt. Ihre Civilisation entspricht
im Wesentlichen der, welche wir durch die Entdeckungen von
Marzabotto kennen, erscheint jedoch, da sie keine Gegenstände
aus Edelmetall und von griechischen Vasen nur wenige Frag-
mente hinterlassen hat, beträchtlich ärmlicher, als diese. Wenn
nun die bemalten griechiseben Tbongeflbne, weMe t&tk in dem
Gastelhun nnd in der Nebopole von Marzabotto gefunden,
dem fünften nnd den ersten Jahrzehnten des vierten Jabr-
hunderte y. Cbr. angehören , so sprieht nichts dagegen, die etms-
kisehen Niederlnssiingen , deren Beste über den Pfahldörfern
liegen, dereelben Periode zuzuweisen. Leider ist es aber unmög^
Mch, die Gleichzeitigkeit dureh den Vergleich der beiderseitigen
griechischen Vasen bestimmt zu beweisen, da die in den oberen
Miiohten der Teiremare geftmdenen Fragmente, nämlich Scher*
ben von Gef^ssen, welche einen sorgfältigen schwarzen Fimiss
zeigen, und zwei in der gleichen Technik behandelte Henkel von
Schalen, ebenso dem fftnften, wie dem vierten nnd vielleicht sogar
auch den ersten Jahrzehnten des dritten Jahrhunderts zugeschrie-
ben werden können. Jeden Falls verstrich zwischen der Bildung
der unteren und der der obersten Schichten eine beträchtliche Zeit.
1 Siehe oben Seite 8 Anni 4.
2; Eine solche Inschrift fand sich in der obersten Schicht der
Terramare von Castelbrano (Karte N 11 , 75) : Bull, dell' Inst. 1867
p. 58, 59; Fabretti Corp. iscr. ital. tab. 5S, 42 p. 2034; Bull, dipal.
Ital. III p. 195; eine andere in der obersten Schicht der Terramare
von Montecchio (Karte M lo, (iO) : Chierici und Mantovani notizie ar-
cheologiche delf a. 1872 p. U ; Bull, di pal. ital. III p. 196.
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29
Es ergiebt t>ich dies nicht nur daraus, dass Technik und Stil in
den letzteren einen coloösaleii Fortschritt bekunden, sondern auch
aus der Thatsache, dasB zwi^ciien dem Stadium, das durch die
Pfahldörfer, und dem, welches durch die darüber liegenden etnis-
kischen Niederlassungen vertreten wird , eine auflfäUige Lücke
bemerkbar ist. Soweit wir die Kulturepochen des Pogebietes
kennen, folgt unmittelbar auf da« ei'stere Stadium eine Ent-
"Wickelung, die aasfahrlich zu Anfange des zweiten Bandes
ehnakleriairt weideii vifd ond fAr wdehe neben anderen Fait<-
scluritten die Kenntniss, die Bronae an sehmieden, und da» Anf-
kommeB einer onit geometrisdieB Elementen thil^pen Deeorattoa
becdehnend sind. *) Erst nach Ablauf dieier Entwiekdnng be-
ginnt die CSviliaatlon, welche ans in Ifafsabotto nnd in den
obersten Schichten einiger Terremare entgegentritt. Wenn dem*
nach in diesen Terremare das Stadium, welches das Zwischen-
glied zwischen den unteren und den obersten Schichten bildet»
vermisst wird, dann Iftsst dies dentlieh darauf schliessen, dats
die etruskischen Ansiedlungen, vea denen die obersten Schichten
herrühren, erst gegillndet wurden, nachdem die Entwickelung
welche in den darunter liegenden Pfahldörfein Statt hatte, bereits
lange Zeit zu Ende gegangen war.
III. Lignrer nnd Kelten.
lieber die Frage, von welchem Volke die Pfahldörfer her-
rühren, sind die verschiedensten Hypothesen anfgestellt worden.
Da die Reste dieser Niederlassungen einen unclassischen Cha-
rakter zur Schau trafen, so haben Pigorini und StrobeP) auf
Kelten geschlossen. Indcss liat der erstere diese Ansicht neuer-
dings aufgegeben und sich wiederholt dahin geäussert, dass es
ihm vor der Hand unmöglich scheine, die Pfahldörfer auf eine
bestimmte Yolksindividualität zurückzufuliren. Brizic^J er-
V Diese Entwiekelung ist besonders bekannt durch die bei
Bologna entdeokte Grabstiltte von Villanova : Gozzadini di un sepol-
creto ctrusco scoperto presso Bologna Hol. ISö"): derselbe intorno
ad altre settantuna tumbe del se^lereto etrusco scop. presso Bologna
Bol. 1856.
2j Prima relazione p. 49 — 51 ; leconda relaiione p. 132 ff.
a Bull, deir Inst. 1876 p. 42.
4) In der Mailänder Perseveranza vom 4. April 1S77.
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30 rfahldürfer iu der Poebene.
kennt in ihnen liguriäche Niederiassungeu. Chierici und Hehn^)
schreiben sie ümbreri an. Ehe wir Jedoeh snr PMAing dieser
Anuehten flbergehen, wiid es sweekokssig sein, die GMehiehte
der LandschAft, welche die P£üilddrfer enthilt, in ihren Hrapl-
Bttgen in das Gedichtniss znrückznrtifen.
Die älteste Bevölkerimg Italiens, von der wir NN'issen, war
eine ligurisohe. Mancherlei Spnren beweisen, dasä dieses Volk
vor der Einwanderung der Italiker einen ansehnlichen Theil der
Halbinsel inne hatte. Nach Verrin.^ Flaccus^ saßen dereinst
Li^urer und Siculer auf dem Boden, auf dein nachmals die Stadt
Rom erstand. Niederlassungen des erstereu Volkes werden von
Dioiiysio.s von Ilalikaniass. ^' vermuthlich nach Angaben des
VaiTO, in derselben Gegend angenommen. Zwar ist die bereits
von dem Syrakusaner Philistos^) vertretene Ansicht, dass die
Sienier ein lignriaeher Stamm gewesen seien, entsofaieden falsch
nnd bleibt es zweifelhaft, ob der flimmernde Yolksbegriff der
Aboiigines, wie von einigen rdmisehen Gelehrten versneht
wurde, ^) mit den Lignrem in Besiehnng gebracht werden darf.
Immerhin aber lassen diese Auffassungen darauf schließen, daaa
sich das Andenken an die dereinatige weite Verbreitung jenes
Volkes bei der Nachwelt erhalten hatte. Überdies wird die Über-
lieferung durch sprachliche Erscheinungen bestätigt. Der Name
der Insel Ilva i Elbai entspricht dem des liorurischen Gaues der
llvates. Ligurisch scheint auch der Name der Möns Ciminus oder
Ciminius in dem stldlichen Etrurien. da er in auffälliger Weise
an den der Ortschaft Cemenelum, jetzt Cimella oder Cimiez
(bei Nizza} , und an den des K^(&(Aevov opo;. der Cevennen, ^ in
dem ursprünglich von Lignrem bewohnten sfldliehen Gallien an-
klingt. ^) Eine ihnliehe Erschdnung ist es, wenn eine Lagune,
die sieh an der ügurisehen Ktlste unweit der sfldliehen AusUufer
der Seealpen hinzieht, Sabata und ein in dem sfldliehen Etmrien
gelegener See, der heutige Lage di Braooiano, Lacus Sabatinus
1) Chierici le antichitä preromane della prov. dlBeggiop. 20.
Hehn Kulturpflanzen und Hausthicre 3. Ausg. p. 501.
2) Festus 8. v. Sacrani p. ;v>() Müller.
Ii] I 4ü. Auch Lykuphron Cassandra 135.=) ff. lässt die bei Ag^ ila
(Caere) gelandeten lydischen Tyrrhener mit den AtpoxTvot handge-
mein werden.
4) Bei Dionys. Hai. I 22. Vgl. Sil. Ital. XIV 37 ff.
5) Dionys. Hai, I 10.
6) Über die verschiedene Oberlieferung des Namens s. C. I. L.
Vp. 916.
7} Die öteilen bei Benseler Wörterbuch d. griech. Eigennamen
u. d.'W. K£|Autvov.
8) Vgl. aflUenhoff deutsche Alterthumskunde I p. 193.
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Ui. Ligurer und Kelten.
31
hieß, 'j Auch dir Name Alba kommt häufig in lig^nrischer Ge-
gend vor. Eint' Ortschaft dieses Namens lag auf der Westseite
des Khodanus in dem Gebiete der Heivier. Nördlich von Massalia
kennen wir das ligurische Gebirgsvolk der 'AXfI'.sT:. Albienses
oder Albici^ und in seinem Gebiete Alba Augustu. Hierauf
folgen in östlicher Richtung an der italischen Küste Albium
Xutemelium, Albium Ingaunum, Alba Docilia. Unweit des nörd-
lichen Abhanges des Apennin lag am Tanarus Alba Pompeia.
I>eBUiMh darf wohl die Frage angeworfen werden, ob niebt daa-
aelbe liguriMhe Wort in dem Namen Alba longa «itiialten ist.
Dem Yermebe, diesen Kamen ans dem lateinkehen AcUeetive
mtbns an erklären, widerspricbt niebt nnr die Erfahrnng. dass ans
aoleben Ei genscba ft sworten niemala Ortsnamen gebildet werden,
aondem aaeh die Oberlegang, dass der Anbliek yon Alba longa
einen ganz entgegengesetzten Eindrnek erwecken mnsste, als den
durch das lateinische Adjectiv bezeichneten. Da nämlich diese
Ortschaft auf dem vnlkanischen Steine des Albanergebirges lag,
80 haben wir ans die Grundfarbe der Gegend dunkelgran an
. denken. Anderer Seits bot das Baumaterial — Lehm. Reisig,
Holz — , aus welchem die Wohnstätten aufgeführt waren . ^
keineswegs die geeigneten coloristischen Bedingungen dar, um
die Ortschaft, aus der Feme gesehen, als einen hellen Fleck her-
vortreten zu lassen. Vielmehr hätte es. selbst angenommen, dass
das TeiTain in Folge der noch andauernden vulkanischen Wir-
kungen damals nur wenig bewaldet war, ungleich näher gelegen,
die latinische Ortschaft als eine dunkele zu bezeichnen.
Wenn sich in Mittelitalien Spuren von der einstigen Gegen-
wart der Lignrer erhalten haben, dann ist es von Haus aus wahr-
sebonlieb , dass dasselbe Volk in der Urzeit auch auf der Po-
ebene ansissig war. Dazu wird diese Annahme dnrch Kaeb*
riebten Aber die Benennung des Po besütigt. Als Polybios
Oberitalien bereiste, hiess dieser FInss bei der nmwohnenden
Bevölkerung Bodenkos. *) Metrodoros von Skepsis') giebt aber
an, dass dies die alte lignnsehe Beaeichanng gewesen sei nnd
dass der Fluss den später gebrftuchlichen Namen Padns erst
dnrch keltisehe Vermittelnng empfangen habe. Wie es scheint,
1) Allerdings klingt der Name auch an bekannte semitische For-
men an. Doch wird der Versuch , ihn aus dem Semitischen abzu-
leiten, von Olshansen Rhein. Mus. VIIl 1853 p. 335 ansdrücklich zu-
rttckge wiesen.
2j Vgl. Uber die verschiedenen Formen des Namens Forbiger
Handb. d. a. Geographie HI p. 1 S'i Anm. 5^
3) Vgl. hierüber das V. Kapitel.
4] Polyh. H 16, 12.
5) Bei Plin. 111 U2.
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32
Die Pfahldörfer in der Poebene. j
und mehrere OrtmameD, velelra aich bis auf den heutigen Tag
in dem Gebiete des Po erhalten haben, von der alten Beaäehnimg
des Flnises oder wenigstens Yon dem Stamme, welcher derselben
zu Gnmde liegt , abzuleiten. Bei OhiaTenna kennen wir dne
Ortschaft Bodengo. Der Name Bondeno kommt in der Umgegend
von Ferrara, Mantua, Brescello und Comacclüo vor.
Nachdem die Ligurer eine Zeit lang ungestört auf der Halbinsel
gewohnt hatten, erfolgte die Einwanderung der Italiker. Die alte
Bevölkerung wurde von den neuen Ankömmlingen allmählig ver-
tilgt oder assimilirt ' und erhielt «ich nur auf dem gebirgigen
Küßttnsti'iche, der noch heute ihren Namen führt. Herren der
Poebene waren nunmehr die Italiker oder die Umbrer. das ist der
Stamm, welcher in OberitaUen sesshaft blieb, nachdem sich bereits
eincehN Bestandtheile des italiscfaen YaXkie» ahfeUMt nnd w^ter
nach Saden v^toitet hatten. Yen der gedeihlichen Ent«4-
dufaing, welche den in der Poebene ansiasigen Umbrern raHieil
wurde, hat sich eine Erinnerung in einer Sage erhalten, die von
dreihundert in jener Landschaft gelegenen umbrisehen Städten
berichtet. ^) Doch worde diese Entwickelung schon in sehr .
früher Zeit durch eine neue Volkerbewegnng unterbrochen. Das
räthselhafte Volk der Etrusker überfiel die Umbrer und machte
auf der Nords^eite des Po Mantua, auf der Südseite Felsina {Bo-
logna^ zu Mittelpunkten seiner Machtstellung. Während nun-
mehr auf der Poebene eine aus etruskischen und umbrisehen
Elementen zusammengesetzte Bevölkerung ansässig war, be-
gannen, ungefähr um das Jahr 400 v. Chr.,*) keltische Schwärme
1; Völkerschaften, welche von glaubwürdigen Gewährsmännern
den Ligurem zugerechnet werden , waren noch zu der Zeit, als die
Kelten in Italien einbrachen, und auch nach diesem Ereignisse in
der Po^rof^cnd ansässig, so an dem obersten Laufe des Po die Taurini,
nördlich von ihnen au dem Sesites die Libici , weiter östlich am Ti-
dnus die Laevi. Wie es scheint, waren Ligurer und vielleicht iden«
tisch mit den Libici auch die Libtd, welche von den Cenomanen in der
Gegend von Brixia und Verona vorgefunden wurden (Vgl. Zeuss die
Deutschen und ihre iS'uchbarstäuime p. 1 OS, 109] . Doch ist es fraglich ,
ob in diesen Völkerschaften Reste der np^schen Urbevölkerung,
welche die Einwanderung der Italiker, wie die der Etrusker Uberdauert
hatten, zu erkennen sind. Vielmehr kann die Entstehung ligurischer
Niederlassungen in jener Gegend mit gleichem Hechte auch aus der
spXteren Qesehiehte abgeleitet werden. Es ist nSmlieh recht wohl
denkbar , das.«* Ligurer , welche in dem südlichen Gallien ansässig
waren, als t*ie in cliesem Gebiete von den Kelten bedrängt wurden,
nach Oberitalien auswanderten. Vgl. 0. Müller die Etrusker bearb.
von Deecke I p. 148 ff.
2) Plin. III 113.
3' Vgl. Zeuss die Deutsclion und ihre Nachbarstämme p. Iö5;
Hehn Kulturpflanzen und ilausthiere 3. Ausg. p. 502, 5U3.
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HL Ligurer uud Kelten.
33
die Alpen zu überschreiten. Sieüberfluthettu zunächst die nörd-
lich vom Po gelegene Gegend und verbreiteten sich von hier aus
allmählig auch über diesüdlich von diesem Flusse befindlichen
Gebiete. Felsina. welches der bedeutendste Mittelpunkt der
etruskischen Machtstellung auf der Südseite des To gewesen
war, wurde unter dem Namen Bononia der Vorort der keltischen
Boier.
Fragen wir Bnnmehr, welehes Yon diesen TlHkem, die nach
einander die Poebene besiedelten» die P£üiidOrfer angelegt, so
sind znnflchst die Kelten ausznschliessen. Es ergiebt sich dies
deutlich aus der Veigleichnng der Bronzegeiftthe, die sich in den
Terremare, mit denen, welche sich in den nördlich von den
Alpen gelegenen Ländern finden. WSren nimlich die Pfahl-
dörfer keltische Grtlndnngen, dann stände zu erwarten, dass die
Gegenden, aus denen die Kelten nach Italien einwandei-ten, zahl-
reiche Denkmäler der für jene Dörfer bezeichnenden Bronzeguss-
technik enthalten würden. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr
finden sich nördlich von den Alpen bronzene Utensilien, welche
denen der Terremare entsprechen, nur sehr selten uud erscheint
die dortige Metallotechnik , wenn man vou diesen vereinzelten
AiBuahmen absieht, von Haus au.s vorjreschrittener. als in der
Poebene. ^ Anderer Seits fehlen in den Pfahklnrfein gerade
die Gegenstände, welche für die Kelten, soweit uusere Üeber-
lieferuug zurückreicht, als bezeichnend galten, rtämlich die lan-
• gen eisernen, mehr für den Hieb, als für den Stich berechneten
Schwerter,-) die Torques-^i und der Goldschmuck. Hierzu
kommt ein anderer Gesichtspunkt. Die äussere Kultur, welche
den anf der Ostseite des Apennin ansässigen EMamskem im 5.
JahrhnndertT.Ohr., also in der dem Einfalle der Kelten unmittelbar
vorhergehenden Epoche, eigenthtlmlich war, ist durch die Ent-
deckungen, welche in der Gertosa von Bologna und bei Harza-
botto Statt gefunden haben, ^) gentigend bebinnt. Die dortigen
1) Vgl. Pigorini le abitazioni lacustri di Peschiera (Acc. dei
Lincei Anno CCLXXIV 1876^77] p. 6 jQf.
2; Polyb. II 30. S; 33,5.111114,3.^ Diodor. V 30 (nach Po-
eeidonios] : a-aHa; iyryjzi aarod; stOT^oal; Tj yxLyMi aXj3i5iv i^T^orr^-
fi.»vct;, rapd TY.v oe;idv* Xa-y'i'^oi 7:af.'/T£":'a{Aiva;. I)ionv8. Hai. exc. XIV
13: {Ad/aipoti Tj y.or(5e« 6i«p[AT,x6i;. V^l. auchebenaa 17. StraboIVc.
196: {AOt/ottoa fA7Xod 7:oior,OTr,ij.ivT, rr'yoa tÖ rXiJfvOv. Liv. VII 10.
:i Diodor. V 27. ' Q. Claudius Quadri^arius bei Gellius IX 13.
Cicero de finib. II 22, de oftic. III 31. Liv. VII 10. Flor. I S und 2ü.
4) Diodor. V 27 und 30. Liv. VII 10 und 15.
5) Gozzadini di un' ai^tica neciopoli a Marzabotto Bol. 1S6.5;
• di ulteriori scoperte nell ant. necropoli a Marzabotto Bol. 1870.
Zannoni gVi scavi della Ccrtosa Bologna IbTÜ.
Uelbig, I>ie italiker in der Poebene. 3
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34
Die Pfahldörfer in der Poebene.
Etnisker waren nach diesen Entdeckungen beinahe ebenso voi^
geschritten nnd prachtliebend, wie ihre jenseits des Gebirges
wohnenden Stammesgenossen. Hier wie dort prunkte man mit
kunstvoll gearbeitetem Goldachmncke, wnsste man bemalte grie-
chische Vasen zu schätzen, wurden steinerne Grabstelen ndt
Reliefdarstelinngen gearbeitet und Götteridoie in Bronze gegossen
und dann cisellirt. Da die Kelten, ehe sie in der Emilia festen
Fuss fassten, nothwendig mit den Etruskem, durch deren Gebiet
ihr Weg führte, handgemein werden mussten, so dürfen wir vor-
aussetzen, dass die ältesten Niederlassungen, welche sie in jener
Gegend gründeten, mehr oder minder deutliche Merkmale von
diesem Zusamraenstosse darboten. Zum Mindesten würde sich
in den Pfahldörfern, wenn sie keltische Grtindnnoren wären, das
eine oder andere den F^truskern abgenommene ßeutestück vor-
finden. Da dies nielit der Fall ist, da vielmehr die Reste der
Pfahldörfer stets einen in sich abgeschlossenen (vomplex bilden,
der keinen der für Marzal)otto und die Certosa charakteristiscliea
Gegenstände enthült, so ergiebt sich ein weiteres Kennzeichen,
welches verbietet, jene Niederlassungen Kelten zuzuschreiben.
Endlich sprechen gegen diese Annahme die etmskischen Reste»
welche ttber mehreren PfaUdl^rfem abgelagert smd. Wenn es
feststeht, dass die Kelten als Eroberer Uber die Etrusker berein-
brachen, nnd eine Ausgrabung zu oberst etruskische Beste und
unter ihnen eine ▼erschiedene primitivere Kulturscbicht aufweist,
dann iat es sicherlich abnorm, die untere Schicht dem erobernden •
Volke zuzuschreiben. Im Gegentheil hätte man zu gewärtigen, dass
die primitivere Schicht, falls sie von Kelten herrührte, über der
etruakischen liegen würde. Ein solcher Fall ist aber bis jetzt
niemals beobachtet worden. Wo sich vielmehr unter den Pfahl-
dörfern Reste einer filteren Bevölkerung gefunden haben, so
weisen diese stets auf die sogenannte Steinzeit hin. 2) Anderer
Seits ergiebt sich aus den bisherigen Entdeckungen , dass die ,
keltische Entwickelnng-. wo sie deutlich als solche erkennbar ist,
keineswegs unmittelbar auf das durch die Pfahldörfer verti'ctene
Stadium folgt. In dem Gnindstücke Benacci bei Bologna wurden
drei übereinander liegende Schichten von Gräbern beobachtet.
Zu oberst fand sich eine dürftige Grabstatte aus römischer Epoche.
Unter ihr lag eine Gruppe von zwölf Gräbern, welche durch die
langen eisernen Schwerter und durch den eigenthümlicheu Typus
der Fibulae als keltische bezeichnet sind. Noch tiefer wurde eine
1' Vgl. oben Seite 2S ff.
2) Vgl. Chierici Bull, dl pal. ital. III p. 172 ff.
3) Bull, deir Inst. 1875 p. 50 ff., p. 178; 1877 p. 74.
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III. Ligurer und Kelten.
35
Nekiopole entdeckt, die im Grossen nnd Ganzen der von Villau'
noTa^) entspricht, jedoch in einxelnen Gräbern einen etwas
alterthlimlieheren Charakter aufweist, als diese. Beide Nekro-
polen gehören dem Stadium an, welches auf das durch die Pfahl-
dörfer vertretene folgt. Wenn demnach die keltischen Gräber
über einer Schicht liegen, deren Bildung erst begann, nachdem
das ältere Stadium f^einen Abschluss erreicht hatte, so beweist
dies, dass jene Gräber durch ein beträditiiches Stück Geschichte
von der in den Pfahldörfeni Statt findenden Entwickehing- ge-
trennt sind. Noch jünger sind die Keste , mit denen :<ich das
Keltentlium in Marzabotto berfthi*t. Mitten in der dortigen etnis-
kischeu Nekropole , welche , wie bereits bemerkt wurde , bis
zu den ersten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts herabreicht, wai en
drei keltische Leichname bestattet , auch diese kenntlich durch
die neben ihnen liegenden langen eisernen Schwerter. ^) Wir
finden hier die Kelten in unmittelbarer Berfihmng mit der
Knltnr, auf welche die geschichtliche und chronologische Unter-
suchung hinweist, nämlich mit der etniskischen Kultur, wie sie
zu Ende des 5. und zu Anfang des 4. Jahrhunderts t. Chr.
vorlag.
Gleich unlialtbar wäre die Vermuthung, dass die Pfalildorter
von den Ligiiiein lierriihrten, welche vor der Einwanderung der
Italiker die Poebene inne hatten. Zunäclist lässt es sicli bestimmt
beweisen, dass die Ligurer, abgesehen vielleicht von gewissen
durch fremde Kultnreinflüße bei-ührten Stämmen, iu ökonomischer
Hinsieht tiefer standen, als die PfahldOrfler. Von besonderer
Wichtigkeit zur Erkenntniss dieses SachTerhalts ist die Schilde-
rung, welche Diodor nach Angaben des Poseidonios von den
Lignrem entwirft. 3) Wir kennen Poseidonios als einen gewiss
senhaften Gelehrten, welcher mit sehr feinem Gefühle Volkseigen-
tbümlicitkeiten aufzufassen verstand. *) Da er Ligurien bereist
hatte, war er im Stande, als Augenzeuge ttber die Bevölkerung
dieses Landes zu berichten. Er schildert die Ligurer recht
eigentlich als halbe Wilde, denen der Ackerbau so gut wie un-
bekannt war und die vorwiegend von der Jagd und von wild-
I) Vgl. Seite 29 Anra. 1.
2 Gozzadini di ulteriori ecoperte neli' antica nocropoli a Mar-
zabuttü p. 3 tav. XI Bull, dell' Inst. 1877 p. 72 ff.
3} Diodor. V 39. Vgl. MflUenhoff deutsche Alterthnmtkunde I
p. 441, 474.
4' Man vergleiche namentlich das köstliche Fragment über die
Gaßtmähler der Kelten Athen^lV p. I ii E = Fragm. bist. gr. III
p. 260, 25) und die geistreiche Übersetzung desselben bei Hehn Kul-
turpflanzen nnd Hausthiere 3. Ausg. p. 131.
3*
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36
Die Pfahldörfer in der Poebene.
wachsenden Kräutern lebten. Als Kleidung dienten noeh Thier-
felle. Die Mehrzahl des Volkes wohnte in Höhlen, nur einzelne
Familien in Hütten. Die Nachen, mit denen die Ligurer die
See befuhren, erschienen dem Poseidonios primitiver, als Flösse.
Jetleimann wird zugeben, dass die Ligurer nach dieser Schil-
derung auf einer niedrigeren Kulturstufe standen, als die Bevöl-
kerung der Pfahldörfer, welche in Hütten wohnte, die auf einer
künstlichen Plattform errichtet waren . welche den Acker be-
stellte, den Weinstuek cultivirte und in deren Existenz die Vieh-
zucht von grösserer Bedeutung war, als die Jagd.
Allerdings seheinen andere Zeugnisse von der Lebensweise
der Ligurer ein günstigeres Bild zu ergeben. Doeh zeigt es sieh
bei eingehenderer Betrachtung, dass die Glaubwürdigkeit der
Schilderung des Poseidonios dadurch keineswegs in Frage ge-
stellt wird. Wenn in den Berichten Uber die Kriege, welche die
ROmer seit Anfang des 2. Jahrhunderts v. Ohr. gegen die Ligu-
rer führten , öfters oppida , vici und castella der letzteren er-
wähnt werden, \: so hat man wohl zu beachten, dass Poseidonios
die Niederlassungen der Ligurer gar nicht bestimmt benamt.
sondern sich nur über die BeschatHnlieit der Wohnstätten der
einzelnen Familien äussert. Die Kriegsberichte anderer Seits,
welche Weiler und befestigte Dörfer namhaft machen, enthalten
keine Andeutung dartlber, wie die Bevölkerung innerhalb dieser
Niederlassungen wohnte. Somit stellt es sich heraus, dass die
beiderseitigen Angaben einander nicht widersprechen, sondern
sich gegeasdtig ergftnzen. Die Schilderung desPoseidonios gewXhrt
einen Einblick in das Innere der ligurischen oppida, vici und cas-
tella und weist darauf hin, dass die daselbst ansässigen Familien
zum Theil in Höhlen wohnten, sei es in natürlichen, sei es in
solchen, welche künstlich in den Felsen oder in die Erde einge-
graben waren. Ähnlich verhält es sich mit den x^ngaben über
den Ackerbau. Im Jahre 1S5 v. Chr. — so berichtet Livius^
— verwü.stete der Consul M. Sempronius Tuditanus die Äcker
der nördlich von Pisae an der Ktiste wohnhaften Apuaner. Fünf
Jahre später hören wir, dass die Legionen des A. Postumius die
Weinberge und Getreidefelder eines ligurischen Stammes ver-
1, Liv. XXXV II, 21. XXXIX 1, 2. 32. XL 17. Vgl. Cicero
Brut. LXXIII, 255. Nach Liv. XXXII 29 waren die auf der Stldseite
des Po westlich von Placeutia gelegenen Ortschaften Clastldiuin und
Litubium ligiirisohe oppida Andere Schriftsteller dagegen schreiben
Clastidium den Kelten zu. Die btelleu C. I. L. V p. 828. Vermuth-
lich hat Mommsen a. a. 0. Becht , wenn er eine aus Kelten und Li'
gureru gemischte BerOlkemng annimmt.
2i XXXIX 32.
Oigitized by Coogl
III. Lignrer und Kelten.
37
brannten, dessen Sitze, da der Feldherr unmittelbar darauf eine
Exploration des von den Ing:aiinem und Intemcliern bewohnten
Kttstenstriches unternimmt, ebenfalls unweit des Meeresufers an-
genommen werden müssen, Endlich ist in dem Schied spruehe,
welcher im Jahre 1 1 7 v. Chr. über eine Grenzstreitigkeit zwischen
Genua und dem Castellum Vituriorum gefüllt wurde, vou Wein-
pflanzuiigen die Rede , die auf der streitigen Strecke Laudes
lagen. Doch lassen sich auch diese Thatsacheu mit den An-
gaben des Poseidonios in Einklang bringen. Der griechische Ge-
lehrte ist weit entfernt, den Ligurern jegliche Bodf.nkultur abzu-
sprechen, sondern behauptet nur, dass ihr Feldbau dürftig und
für die Ernährung der Bevölkerung unerheblich sei. Ausserdem
hat man zu bertlcksichtigen, dass sich die Angaben, welche über
Äcker nnd Weinpflanzungen der Ligurer vorliegen, durchweg
auf das Gebiet der Küste beziehen. Die hier ansässigen Stämme
aber hatten seit frflher Zeit fortwährend Beziehungen mitKnltnr-
▼Ölkem, erst mit den Karthagern, dann mit den Massalioten
1) Liv. XL 41.
2) C. I. L. 1 199 p. 72. V 7749 p. 885 ff.
3} Dass PhOnikier oder Karthager an der ligurischen Küste
Factoreien anlegten, ist unzweifelhaft. Wir begcirnen an dieser
Küste den Namen Eryx (Lerici) , Segesta iSestri) und Entella hier
für einen Fluss gebraucht) , also denselben Namen, welche die drei
bedeutendsten Städte der sicilischen £l3nner führten Vgl. Fraccla
E^esta e i suoi nionumenti p. 43; Holm Gesch. Siciliens I p. 89, 90,
375). Da die Elynier von Alters her nuter phönikischer Botniässig-
keit Stauden und ihr Gebiet geradezu aU Eigenthum des tyrischen
Meftart galt (V^^l. Holm a. a. O. p. SS, 374) . so läsBt sieh die Üher-
einstimmung Jener Namen nicht besser erklären , als durch die An-
nahme, dass IMiöiiikier oder Karthager Bestandtheile des ihnen nntcr-
gebenen Volkes an der ligurischen Küste angesiedelt hatten — ein
verfahren, für welches die phönikische Kolonialpolitik mancherlei
Analogien darbietet. Vielleicht darf auch der an derselben Küste
hefindliche Portus Veneris Porto Venere mit der berühmten Aphro-
dite von Eryx in Verbindung gebracht werden. Selir wahrscheinlich
tat endlich die Vermuthung Olshausens (Rhein. Mus. VIII, 1S53,
p. 333| , dass der Portus Hereulis Monoeci ursprünglich eine phOni-
Kische Station war, die später an die Massalioten verloren ^nnir. Noch
m historist'h heiler Zeit hatten die Karthager sichere Beziehun.i^en
niit jener Küste ( denn wir hören , dass sie im 5. und 6. Jahrhundert
V. Chr. die H^riscbe Jugend für Ihre Heere anwarben (Herodot. YII
l^^ö. Polyb. I 17, 4. III 33, 16). Diese Werbungen können nur unter
üen in Italien ansässigen Völkerschaften Statt gefunden haben, da
sie an der eallischen Küste schwerlich von den Massalioten, den
Erbfeinden der Karthager, gestattet worden sein würden.
4) Es genUgt, an die massaliotiBehen Grtfndungen Antipolis,
Nikala und den Hafenplata des Heraides Monoikos zn erinnern.
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38
Die Pfahldürfer in der Poebene.
flChlieBslicli mit den BOmein, und waren daher sicherlicli
civilisirter, als die weiter im Binnenlande und anf dem Hoch-
gebirge hausenden Völkerschaften. Endlich ist es bekannt, dass
die Römer im Jahre 173 v. Chr. an der Ugnrischen Küste Land-
vertlieilungen vornahmen, 2) eine Maßregel, durch welche ge-
wiss die dortige Bodenkultur mftehtig geföidert wurde. Wenn
Poseidonios in seiner Schilderung von jenem bevorzugten Gebiete
Abstand nahm, so erklärt sich dies auf das Natürlichste daraus,
dass er bei der ethnographischen Tendenz seiner Schriftstellerei
bestrebt war, ein Bild von dem urspi*ünglicheu und durch fremde
Einflüsse ungetrübten Charakter des ligurischen Volkes zu geben.
Demnach liegt kein Grund vor, einen Schriftsteller, wie Posei-
donios, der sich, wo wir ihn controliren können, stets als ein
feiner und snverlftssiger Beobachter erweist, der Ühertreibnng
oder gar der Lttge sn beschuldigen. Vielmehr ist seine Schil-
derung, wo es gilt, einen Begriff von den nationalen Eigen-
thttmlichkeiten der Ligurer zu gewinnen, an erster Stelle zu
berücksichtigen und darf sie daher auch bei der Frage, ob die
Pfahldörfer diesem Volke zuzuschreiben seien, zu Grunde gelegt
werden.
Überdies lassen selbst die von Livius mitgetheilten Kriegs-
berichte deutlich erkennen, dass der Ackerbau keine nachhaltige
Wirkung auf die Ligurer ausgeübt hatte. Sie erscheinen hier-
nach als die Turanier des nördlichen Italiens. Unruhig, wild und
räuberisch macheu sie durch ihre bisweilen in grossai-tigem
Maßstäbe ansgeftihrten PlünderungszUge auf beiden Seiten des
Apennin das Tiefland unsicher.') Im Jahre 193 v. Chr. ver-
wllstete eine Horde, die angeblich zu Anfang 20 000 Mann stark
war, allmihlig aber bis auf 40 000 heranwuchs, das Gebiet von
Pisae und ging schliesslich sogar zu einer förmlichen Belagerung
1 Schon hei Beginn des zweiten punisclicn Krieges hatten die
Römer Ireundschattliche Beziehungen zu tienua. Im Jalne 21 S v.Chr.
schiffte sich der Cousul P. Cornelius Scipiu dorthin ein , uaclulem er
den vergeblichen Versuch gemacht hatte . dem Haunibal in Gallien
den Weg nach Italien zu verlegen Liv.XXT:v2. Vffl. Valcr. Max.I ti, 7 .
Während des weiteren Verlaufes des Krieges stand die ligurische
Ortschaft stets auf Seiten der Kömer gegen die Karthager ^Liv.
XXVIII 4(i. XXX 1).
2; Liv. XLII 4.
3j Strabo IV c. 203: v.7.\ ^ap v.«i xatd ff^'^ xai xatd Oa/.'xTT'jtv
TT,v 6oov. V c. 223: «ai r.a^dffiWi a6to'^; (die in Pisae ansässigen
Etruskor ol Alpe; rovr^pi» ys'-tovs; riod TrXrjpiv ovte;. Liv. XXXIX 1 :
nec deerat unquam cum iis ideu Ligurcru^ vel materia belli vel causa,
quia propter domeeticam inopiam vicinos agros incorBabant. V^. Ni-
gidius Figulus bei Serv. zu vergil. Aen. XI 715.
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HI. Ligurer uud Kelten.
39
dieser Stadt über. Gleichzeitig bruudschatzto ein aiulcror Schwärm
von 10 000 Mann die Poebene bis über Placentia hinaus. '] Sechs
Jahre später hOren wir wiedernra von einem Einfalle in das pi-
saner Gebiet nnd von einem bis nach Bononia reichenden Streif-
zuje. ^) Im Jahre 177 gelang es den Lignrem sogar, sich in
Mutina (ModenaJ festansetzen und daselbst bis zu dem folgenden
Jahre an behaupten, während gleichzeitig Einfälle in die Feld-
marken von Luna und Pisae unternommen wurden, Ein
solches Treiben ist undenkbar bei einem Volke , in dessen Exi-
stenz der Feldbau tiefere Wurzeln geschlagen iiat. und steht in
entschiedenem Gegensätze zu der Lehensriehtung der Pfahldörf-
ler, als (leren bezeichneude Eigenthümliehkeiten wir die Neigung
und Begabung für bäuerliche Thätigkeit kennen lernten Seite 2 off. ) .
Schliesslich muss bei dieser Untersuchuug noch der zusam-
men&ssenden ScbilderuBg gedacht werden , welche Strabo von
den Ligurem entwirft. Sie enthält im Wesentlichen die folgen-
den Zflge : die Lignrer wohnen in DOrfem (xwixr/^ov) ; die
Rebe wird von ihnen an einaelnen Stellen gepflegt, liefert aber
nur einen schlechten herbe schmeckraden Wein ; daher beziehen
sie den Wein, wie das Öl in der Regel von auswärts : ihr Haupt-
handelsplatz ist Genua, wohin sie Baumstämme, Vieh, Felle und
Honi^r zum Verkauf zu bringen pflegen; ihre Nahrunor besteht
vorwiegend aus Fleisch. Milch und Bier. Auch diese Schilderung
darf keineswegs gegen die (liaubwürdigkeit der Angaben des
Poseidonios geltend gemacht werden. Da nämlieli Strabo min-
destens drei Menschenalter nach Poseidonios schrieb , so ist es
an nnd für sich wahi'scheinlich , dass in dieser Zwischenzeit der
römische Emfloss an Umfang gewonnen nnd errilisnend auf ^e
lignrische Bevölkerung gewirkt hatte. Wie es sich aber auch
hiermit verhalten mag, jeden Falls fällt es schwer, selbst die
Schilderung des Strabo mit der Annahme in Einklang an bringen,
dass die in der Poebene gelegenen Pfahldörfer von Ligineni her-
rtlhren. Auch seine Angaben weisen auf ein Volk hin, bei dem
die bäuerliche Thätigkeit eine ungleich geringere Bedeutung hatte,
als bei den Pfahldörflern. Man müsste demnaeh . um die Hypo-
these von dem ligurischen Ursprung dt-r PfahUlürfer aufrecht zu
erhalten . annehmen , dass die Ligurer . seitdem sie die (istlicheu
Theile der Halbinsel an die Ilaliker verloren hatten . in ökono-
mischer Hinsicht rtickwärts gegangen seien. Doch würde die
I) Liv. XXXIV 56. XXXV 3.
2i Liv. XXX IX 2.
3 Liv. XLI 19.
4) IV c. 2()2.
5) V c. 218.
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40
Die Pfahldörfer in der Poebene.
Annahme eines solchen Vorganges jefrlicher Stütze entbehren,
und wäre es jeden Falls verfehlt, zu ihrem Gunsten die Verschie-
denheit des Bodens oder des Klimas geltend zn machen. Mögen
auch die inneren gebirgigen Theile Lignriens ftlr Aeker- und
Gartenbau keine besonders günstigen Bedingungen darbieten,
immerhin gehOrt das KUstenland von Nizza bis Genna, die
Riyiera di Ponente, zn den fhichti>arsten Strichen im westlichen
Becken des Ifittelmeeres , und es bednrfke nnr der Civilisation,
nm daselbst die blflhende Landschaft hervorznmfen , die gegen-
wärtig das Ange des Reisenden entzückt. Wilren es daher Liga- •
rer gewesen, welche in der Urzeit anfder Poebene die Pfahldör-
fer anlegten , dann stände zn e^v^'artcn, dass sich die an jener
Küste ansässigen Bestandtheile diesesVolkes während der augustei-
schen Epoche in einem beträchtlich vorgeschritteneren Stadium
befunden hätten, als dem von Strabo geschilderten . Einige Notizen
des Plinius beweisen deutlich, wie rasch durch das weitere Vor-
dringen der römischen Civilisation die Bodenkultur an der ligu-
risclien Küste j^efordert wurde. Während zur Zeit des Strabo in
Ligurien nur an vereinzelten Stellen eine schlechte Traubensorte
gedieh, während MartiaP) den daselbst gewonnenen Wein wegen
des Beigeschmackes nach Rauch tadelt, hatte zur Zeit desPlinius
der Wein von Genua bereits einen guten Kuf - und eiTegte das
Verfahren, durch welches die ligurischen Weinbauern die ge-
trockneten Tranben aufzubewahren verstanden, die Aufmerk-
samkeit der römischen Ökonomen. ^}
Endlich spricht gegen die Znrflckftlhmng der Pfahldörfer
anf dieses Volk noch die ThatsachCi dass sich in dem eigentlichen
Ligurien kerne Spnr von einer solchen Niederiassnng gefunden
hat, eine Thatsache, welche um so schwerer in das Gewicht fiillt,
da gerade jene Gegend von tflchtigen Gelehrten, wie Begnoli
und Issel, *] genau durchforscht worden ist.
Ein verschiedener Eindruck dagegen ergiebt sich, wenn wir
die Italiker in das Auge fassen. Die Pfalildörfer sind, um gleich
hier das Resultat der in den folgenden Kapitehi vorgelegten Un-
tersnchung auszusprechen, Niederlassungen, weldie von den
1; III 82, 22.
2j Plin. XIV 67. Vgl. 125. 3) Plin. XV Gü.
4) Vgl. namentlich Re^noli ricerche paleoetnologiche nelle Alpi
Apunne in der Zeitschrift II luiovo ciniento ISTHNov und Deceuiher;
Issel in dem Congres iuteruat. d authropol. C. r. de la 2. session.
preistorioi e Toriglne dell' indyilmento di Sir John Luhbock p. 777 ff.;
nuovi dücumenti sulhi Liguria prcistorica Genova 1ST3; niiove ri-
cerche suUe Ca Verne della Liguria <K. Acc. dei Lincei Anno CCLXXV
1S77— TS, Roma l'^T^ .
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I
IV. Die Lebeusricktung. 41
Italikern währeiid der ältesten Periode ihrer Ansässigkeit auf
der Apenninhalbinsel gegründet wurden. Demnach kamen Chie-
rici und Hehn der W^rheit am Nilclisteii , wenn sie die Pfahl-
dörfer, freilich ohne eingdiendere Begrflndmig, Umbren zu-
schrieben. IffiflMn^) hat die Vermnthnng geAnasert, dass die
Italiker, nachdem de in die Apenninhalbinsel eingewandert waren,
znnftehst auf der Poebene einen Ungeren Halt machten und hier
die ersten Grundlagen ihrer eigen&flmlidien nationalen Ent-
Wickelung ausbildeten. Was der Geist des Historikers geahnt,
empftngt eine schlagende Bestätigung, falls es gelingt zu be-
weisen, dass die Kestc einer in sich abgeschlossenen primitiven
Kultur , welche sich von den Abhängen der Alpen südwärts bis
nach Imola verfolgen lassen, von Italikern herrtthren.
Die Italiker in den Pfalildörfern*
lY* Die Lebeusrichtaug.
Suchen ^vi^ nach einem Volke, welches über ein ähnlich be-
schränktes Kulturkapital verfügte, wie die Pfahldorfler, dann
dürfte am Besten an die Germanen erinnert werden, zumal wenn
wir in der Beschreibung des Tacitus den Spuren nachgehen, die
auf ein älteres Stadium schliessen lassen, als das von dem römi-
schen Schriftsteller geschilderte. Beide Völker wussten nidits
von Stein- und 2Uegelarchitektur. ^) Wenn die Germanen
wihrend des Winters bisweilen in mit Mist ausgeftttterten Erd-
höhlen wohnten, so beweist dieser Gebrauch, dass der Rein-
lichkeitstrieb auch bei ihnen nur schwach entwickelt war. Hier
wie dort wurden die KömerfHlchte nicht zu Brod, sondern zu
Brei verarbeitet. Femer waren man<*erlei Kulturgegenstände,
welche in den Terremare vermisst werden, bei den Germanen im
I.Jahrhundert n. Chr. noch selten oder zum Mindesten nicht all-
gemein gebräuchlich. Nur wenige hatten Panzer, ganz selten einer
einen Helm. ^) Wie bei den Pfahldörflern war dieHanptwaffeder
1) Das Templum p. 99, lOO.
2; Tacitus Germ. 16.
3 Tacitus Germ. 16. PHn. h. n. XIX 9.
4) Plin XVIll 140.
5 Tacitus a. a. 0. 0: paucis loricae, vix uui alterive cassis
aut galea.
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42
Diu Italiker iu deu Pfahldört'eru.
Speer, während man sich des Schwurtes nur ausnahmsweise be-
diente. Wenn in deu Terremare die Fibula fehlt, so war auch
dieses Utensil bei den Gemumen, wie sie Taeitus kannte, keines-
wegs allgemdii im Gebrancb ; vielmelir stockten manche das Qewand
noch mit spitaenDoraen zusammen. *j Diese Angaben lassen deut-
lich anf ein irOheree Stadium schliessen, wtthrend dessen die Gegen-
stände , welche der rOmische Geschichtsschreiber als wenig ge-
brtnehlieh bezeichnet, unbekannt und der Apparat an Utensilien
demnach ähnlich beschränkt war, wie bei der Bevölkerung der
italischen Pfahldörfer. Allerdings verfflgten die Germanen, in-
dem sie sich damals schon des Eisens bedienten, Uber eine wich-
tige Errungenschaft, deren die letztere entbehrte. Doch giebt
Taeitus ausdrücklich an, dass «auch diesen Material bei ihnen
selten war. ^) und spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, dass es
eine Periode gab, während deren die Germanen das Eisen nicht
kannten. Bei ihren östlichen Nachbarn, den Aestiera, welche
den Einflüssen der siideuropäischcn Civilisation ferner standen,
herrschte ein so grosser Mangel an jeglichem Metalle, dass die
gewöhnlielie Wafte einfach der hölzerne Knittel war. Das noch
Weiter abgelegene Jägervolk der Fenni pflegte, wie es liisweilen
in den Pfahldörfern geschah, die Pfeilspitzen aus Knochen zu
arbeiten, •"»i Von den Sarmaten berichtet Pausanias, ^'j dass ihnen
das Eisen vollständig unbekannt war und dass sie sich desshalb
zur Herstellung der Spitzen ihrer Speere und Pfeile ebenfalls des
Knochois bedienten. Der gleiche Gebrauch herrschte noch zur
Zeit des Ammianus Ifarcellinus ^l bei den Hunnen. Als im Jahre
1 066 die Schlacht von Hastings geschlagen wurde, kämpften die
Angelsachsen mit Speeren, Beilen und kenlenartigen Waffen,
welche aus Steinen bestanden, die an hölzernen Schäften be-
festigt waren. ^) Ja steinerne Äxte wurden noch gegen Ende
1) Tacit. a.a.O. (>: niri ^'^ladiis aut maioribus lauceis utuntur:
hastas vel ipsorum vocabnlo frauieas ^^erimt angusto et brevi ferro.
2; Tac. a. a. 0. 17 : Tcgumen umnibus sagum fibula aut, si deait,
Spina consertum.
ß : Ne ferrum quidem snperest, sieut ex genere telorum eolr
ligitur.
4) Tac. Germ. 45 : rariis fei;ri, frequeus fustium usus.
b) 46: Fennis mira feritas. foedapaupertas: non arma, non equi,
non penates . . . sola in sagittis spes , qnas inopia fern osstous
asperant.
6] 121,5. 7) XXXI 2, 9.
5) Gnillelmus Pietavensis Gesta Gnillelmi dncis Normannorum
in den Ilistoriae Normannorum scriptores ed. A. Duehesnius Paris
1(>19) p. 201 : Jactant cnspides ac diversorum generum tela, saenssi^
mas quasque secures et lignis imposita saxa.
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IV. Die LebüusricUtuQ^.
43
des 13. Jabiliimderts von den Schotten j^escliNviingen, die Wil-
liam Wallace ^egeu die Engländer in das Feld fUliile. ' Man
erkennt deutlich, dass die einzelnen Völker, je weiter sie von
dem Kxdturkreise des Mittelmeergt bietes entfernt waren, um so
länger an der primitiven Überlieferung' festhielten
Wenn die Kultur der Italiker iu der Epoche, iu welcher sie
unmittelbar nach ihrer Einwanderung den nordöstlichen Theil
der ApenninhalbiDsel besiedelten., mit der der Germauen Bertth-
nmgsponkte darbot, so wird dies nach den Andeutungen, die im
I. Kapitel gegeben wurden, Kiemanden befremden. Übetdies
erweist sich der Tergleieh nur dann als zutreffend, wenn er sich
auf das Äusserliehe und im Besonderen auf die technischen
Leistungen beschränkt. Dehnen wir ihn auf die socialen und
Ökonomischen Zustände aus, dann erscheinen die Pfahldörfler
und die Germanen beträchtlich verschieden und stehen die letz-
teren entschieden auf einer niedrigeren Stufe der £ntwieke-
Inng. Die Germanen wohnten am Liebsten in vereinzelten
weit von einander abgelegenen Gehöften. Die einzelnen Familien
ließen sich, wie Tacitus^ sagt, nieder, „wo ihnen eine Quelle,
eine Trift, eine Lichtung im Walde gefiel." Niemals bauten sie
ihre Wohnstätten unmittelbar neben einander. Ein die Beweirung
einscliränkender Mauerring war ihnen geradezu ein Gräul. ^}
Dagegen wohnte die Bevölkerung eines Pfahldorfes dicht neben
einander innerhalb eines bescluänkten Kaunies, der an ein be-
stimmtes Schema gebunden und nach Aussen durch Graben und
Wall abgeschlossen war. Die verschiedene Art der Ansiedelung
kennzeichnet deutlich den Gegensatz in der Lebensriclitung der
beiden Völker. Die gennanische Weise geht darauf aus, den
einzelnen Individuen freien Spielraum zu gewähren und sie
mögliehst wenig durch gegenseitige Rflcksichten zu beengen.
Die Pfahldörfier dagegen fügten sich in abgeschlossene gesell-
schaftliche Organismen, welche den Einzelnen darauf anwie-
sen , den Interessen der tlbrigen Mitglieder wie des Ganzen
in der vielseitigsten Weise Rechnung zu tragen. Während
sich femer die Germanen nur widerwillig zu einer dürftigen Be-
stellung des Bodens bequemten und das Waidwerk in ihrem
Leben, sowohl als Nahrnngsquelle wie als Belustigung, eine
1) Carrick life of Sir W. Wallace Edinburgh is^d; \) 4.=).
21 Gerui. 10; uulius Germauorum populis urbes habitari satis
notum est; ne pati quidem inter se iunctas sedes. colunt discreti ac
diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit.
3) Ammian. Mareelliu. XVI 2, 12: nam ipsa oppida ut circum-
data retiis busta declluaut.
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44
Die Italikcr in den Pfahldörfern.
liervorragende Kolle spielte, tritt bei den Pfahldörfleru die
bäuerliche Thätigkeit in den Vordergrund und ist die Jagd nur
von ganz nebensächlicher Bedeutung.
Gerade die Eigenthttmlichkeiten aber, durch welche sich die
PfabldOifler von den Gennanen untencheideii, ndthigen uns daso,
in jener BeTdlkenuig eine italische zu erkennen. Einer Seits
steht es fest, dass das bäneiiiche Element die Grundlage war,
anf welcher sich alles italische Gemeinde- nnd Staatswesen ent-
wickelte. Anderer Seits scheint die Tendenz, fest organisirte nnd
nach Aussen abgesdüessene Gemeindeverbilnde za bilden, den
Italikem gewisser Maßen im Blute zu. liegen. Selbst die sabelli-
seilen Stämme, welche am Zähesten an den primitiven Zuständen
festhielten, wohnten, wenn sich auch städtisches Leben bei ihnen
nur in geringerem Grade entwickelte, doch wenigstens in dorf-
artigen Niederlassungen zusammen . 2) Dagegen tritt bei den
Latinern der Ororanismus, in welchem die g-enannte Tendenz
ihren vollkommensten Ausdruck empfängt, die Stadt, schon in sehr
früher Zeit hervor. ¥a' ist späterhin einer der fruchtbarsten Fac-
toren in der von den Latinem geleiteten italischen Entwickelung.
Städtische Verfassung und städtisches Leben wurden durch die
Römer Uber die Grenzen Italiens hinaus in dem mittleren Europa
eingebürgert und haben hier wie auf der Apenninhalbinsel den
Sturz der römischen Hen*schaft überdauert. Diesem Factor ver-
dankte Italien im Mittelalter das Glück und den Kuhm, zum
zweiten Male die heryon-agendste Stelle in derEnlturentwickelung
einzunehmen, nnd noch hente bewahrt das eomnnale Elem^t
in den nördlichen nnd mittleren Ilieilen der Halbinsel trots der
vielen geschichtswidrigen Gentralisationsrersnche eine unver^
wflstliche Lebenskraft.
Betrachten wir, um einen Veri^eich aus dem Gebiete der
Naturwissenschaft zu gebranchen, das P£üildorf als die Zelle,
aus welcher allmälig das italische Gemeinde- und Staatswesen
herauswuchs, so ergiebt sich eine in jeder Hinsicht organische
Entwickelung.
Doch ist es nicht allein die Lebensrichtung, welche auf
Italiker hindeutet. Vielmehr lässt es sich anch beweisen, dass
1) Caesar b. g. yi22: Agricnlturae non Student, maiorque pars
eoruni victus in lacte , caseo. carne consistit [Vgl VT 20 . lliid. VI
21 : Vita omnis in venatinnibus atque in studiis rei uiilitaris consistit.
Tacit- Gerra. 23: cibi simplices, agrestia poma, recens fera aut lac
concretum. Derselbe schreibt G[erm. 31 von den Chatten: nulJido>
mus aut ager aut aliqua cura — so gefasst eine offenbare Ober-
treibuDg.
2) Liv. X 18. Strabü V c. 228.
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V. Die Weise der AiMiedeluog. 45
dieses Volk lange Zeit an einem älinliehen besoliränkten Knltnr-
apparat festhielt» wie er nns in den PfaUddifern entgegentritt,
und dass es erst diircb das überhaudnelimen Überseeischer und
besonders hellenischer Einflösse in eine wesentlich versehiedene
Bahn gelenlct wurde.
?• Die Welse der Ansledelong.
Die Befestigung aus Erde oder Erde und IIulz (Seite 11)
war bei den Italikem lange Zeit die allein übliche . Ks darf dies
schon daraus geschlossen werden, dass latiniselie Ortschaften,
wie Antemnae. CoUatia und Alba longa, die früh von den Römern
zerstört wurden und deren I.n^^e wir jrenau kennen, keine 8pur
ihres Umrisse» hinterlassen haben. Auch hat die Überlieferung
von einem altitalischen Erdwalle da.s Andenken bewahrt, von
dem Terreus murus nämlich, welcher die auf der Höhe der Ca-
riuen gelegene latinische Niederlassung umgab. Die Stadt
Aeelannm im inneren Samninm, einer Landschaft, in der sich die
Zustände der Urzeit am Längsten erhielten, war noch wäh-
rend des Bnndesgenossenkrieges mit einer hOhEemen Mauer be-
festigt. ^) Da sich vor der Mauer selbstverständlich eui Graben
hinzog und die bei der Herstellung des letzteren gewonnene* Erde
nicht zweckmässiger verwendet werden konnte, als zu einem die
Mauer verstärkenden agger, so ergriebt sich für die samnitische
Stadt eine verwandte Befe.stigungsweise , wie die. welche
in den PfahUbirfem von Gorzano und Castione beobachtet
worden ist (Seite 11). Der Wall des in dem Thale des Reno
bei Marzabotto gelegenen etruskischeu Castelhnu bestand
aus mit unbehauenen Feldsteinen vermischten Erde , 3) wäh-
rend die innerhalb des Castells und in der benachbarten Ne-
kropole gefundenen Vasen beweisen; dass diese Niederlassung
1) Vurro de lingua l:it. V 4^ ]^. 10 Müller: Subura Junius scribit
ab eo , Quod fuerit sub uutiqua Lrbe : quoi testimouiuiu potest esse,
quod suDest ei loco qni Terrens mnms vooatur.
2) Appian. bell. civ. I 51.
3; Nach Mittlieihiufr von A. Z.annoni. Die Annahme von Chierici
le autichitü prerumaue della prov. di iieggio p. 28, dass diese An-
lage nicht als Wall , sondern nur zur Bezeichnung des Pomoerinms
gedient habe, scheint wenig glanblich.
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46 Die Italiker in den Pfabldürfern.
mindestens bis gegen Ende des 5. Jahrbnnderto v. Chr. be^
wobnt war.
Die einzige altitalTscbe Steinmauer, deren Cbronologie sich an-
nähernd bestimmen Iftsst, ist die römische, die mit dem Namen des
Königs Servius Tullius bezeichnet wird . Auf dem Esquiliu nämlich
und zwar bei der Villa Caserta haben sich innerhalb des Erdreiches,
welches vertilcal unter dieser Mauer liegt, Scherben von bemalten
Gefässen gefunden, die jeden Falls in griechischen Fabriken ge-
arbeitet und vermuthlich durch Vermittelung der chalkidischen
Colonien nach Latiiim cin^efülnt sind. ') Ausserdem sind auf
einer betiiichtlicheii Anzalil von Quadern, die zu den ältesten
Theilen der Mauer gehören, Zeichen eingemeiselt, die, sollten
sie auch keine Buchstaben sein, doch die Kenntniss der Buch-
stabenschrift voraussetzen, ^) eine Kenntniss, welche die Latiner
ebenfalls dem Verkehr mit den chalkidischen Pflanzstädten ver-
dankten. Die g:riechische Colonisatiou aber erreichte Sicilien und
Italien erst nach der Mitte des S. Jahrhunderts v, Chr. Da
nun die unter und an der servianischen Mauer beobachteten Er-
scheinungen beweisen, dass ihrer Erbauung ein langer Verkehr
mit den dortigen hellenischen nnd im Besonderen chalkidischen
Colonien vorltorging, so mnss die Befestigung Roms durch eine
steinerne Mauer betraohtlicbe Zeit nach der lOtte des S. Jahr-
hunderts angenommen werden und q>rieht nichts dagegen, diesen
Fortschritt in Übereinstimmung mit den rOmischen Geschiehts^
schreiben! dem 6. Jahrhundert zuzuweisen. Anderer Seits
ndthi^jt kein Kriterium zu der Annahme, dass die römische Be-
festigung in Latium zu den jüngsten Unternehmungen dieser Art
gehört habe. Wenn wir es vielmehr als naturgemäss betrachten
dürfen, dass die fremden Einfltisse zunächst auf das der Küste
nahe gelegene Gebiet wirkten und dass die zur Herrschaft beni-
fene Stadt zweckmässigen Neueningen am Kaschesten Eingang
verstattete , dann spricht sogar alle Wahrscheinlichkeit dafür,
dass die römische Steinmauer älter ist, als die von Praeneste und
anderen weiter im Binnenlande gelegenen Ortschaften.
Ebenso hielten die Italiker lange Zeit an einem ähnlichen
primitiven Hüttenbau fest, wie er in den Pfahldörfern üblich war
(Seite 1 2) . Besonders zahlreiche Spuren von dieser Bauweise
sind auf der Oätseite des Apennin, in dem Gebiete von Bologna,
in der Emilia und in dem Thale der Vibrata (Provinz von
Teramo) , beobachtet werden.
1) V}<1. hierüber das VH. Kapitel.
2) Ann. dell' lost. 1870 p. 72ff. Jordan Topographie der Stadt
Rom I p. 259 S.
3) Ann. delV Inst. 187ü p. 230 ff.
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y. Die Weise der Ansiedelung.
47
Die Zahl der Hatten, deren Reste in nnd bei Bologna ent-
deckt wurden, betrug 'am 5. Mai des laufenden Jahres 175. >)
Der untere Theil dieser Wohnstätten griff bis bu einer Tiefe von
ongefilhr 0,80 Meter in den Erdboden ein. Abgesehen von drei
FäUen, über die im Folgenden die Rede sein wird, iseigen sie
durchweg eine runde Anlage. Um den Band der Grube hemm
sind Spuren von Pfählen ersiehtlieh, welche die Winde stutzten,
die, nach den erhaltenen Fragmenten zu schliessen, aus einer
Mischung von Lehm und Reisig' nif^eftihrt waren. Bisweilen
smd zwei benachbarte Htttten durch einen in die Erde gegra-
benen Gang mit einander verbunden. Da der Durchmesser des
Wohnraumes in der Reg:el zwischen :^ und 4 Meteni schwankt,
aber niemals H Meter ül)erschreitet. so ist es fcewiss. dass das
Dach eines Compluviunis entbehrte; denn es versteht sieli, dass
eine derarti|^e Vorriclitung über einem so beschränkten Räume
augebracht den Aufenthalt in demselben voUständifi- uuertiiiglicli
gemacht liaben wtlrde. Wir müssen demnach annehmen, dass
die ThüröÜnuug und etwa noch Luken, die in dtn Wänden oder
an dem Dache angebracht waren, das Liclit luifin- und den
Rauch herausließen. Innerhalb der Fundamente von fünf dieser
Wohnstätten fanden sich Manufacturen von sehr primitiver Art
und unter anderen halbmondfSnnige Thoahenkel, welche an den
in den Pfahldörfern ttblichen lypus erinnern, wogegen das Vor-
kommen einzelner Stflcke von aes rude auf eine vorgeschrit-
tenere Entwickelung hinweist. Der Inhalt von 29 Hfltten, welche
an dem westlichen Rande der gegenwSrtigen Stadt, in der Via
del PrateUo, und von vielen anderen, welche an verschiedenen
Stellen im Innern der Stadt entdeckt wurden, stimmt mit dem
der benachbarten Nekropolen des Podere Benacci und von Villa-
nova überein und gehört demnach einer Entwickelung an, deren
ethnische Beziehung noch nicht mit Sicherheit bestimmt ist, wie-
wohl es feststeht, dass dabei nur Umbrer oder Etrusker in Frage
kommen können.'-^) Die Bauweise der Htttten ist während der
Älteren und wälirend der jüngeren Periode im WesontliclHMi die
gleiche. Indess fanden sicli unter der auf Via del Pratello ent-
deckten (huppe drei Hcispielt' einer viereckigen Anlage. Der
Grund einer dieser Wohnstätten konnte nicht vollständig ausge-
11 V^l. Zunnoni Scavi ddla Certosa Bologna \sliV; p. 42 if.
Zanuoni , welcher eine Husführliche Monographie Uber diese interes-
santen Entdeckungen vorbereitet, verstattete mir mit grlisster Libe-
ralität Einsicht in seine darauf bezüglichen Notizen und Pläne. Hier-
durch wnrde ioh in den Stand ^'esctzt, niauchorlei That.^'achen mitzu-
theilen, die in dem geuaunteu Werke unerwähnt geblieben sind.
2; Vgl. hierüber das VIII. Kapitel.
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48
Die italikei' iu deu Ptahldöifuru.
graben werden . da er zum Tbeil durch ein darüber liegendes
modernes Gebäude bedeckt war. Die Fundamente der zweiten
waren stark beschädigt und machten daher eine einiger Maßen
genaue Aufha&me unmöglich. Dagegen bot der Gntnd der
dritten so günstige Bedingungen dar, dass Zannoni einen Plan
davon entwerfen konnte. Hiemach bildete diese Hfltte ein Qua-
drat, dessen Sehenkel gegen 5 Meter lang waren. Da der Boden
in einer Entfernung von 1,37 — 1,42 Metern von der Südwand
Spuren von Pfahllöohem zeigte, ergiebt sich, dass das Dach be-
sonders gestützt war, Ahnlich etwa wie an einer albaner Hütten-
urne. vor deren Eingang vier den Rand des Daches tragende
Pfähle eine Art von Vestibuluni bilden. Die in den drei vier-
eckigen Htltten gefundenen Manufacturen waren zahlreicher und
zum Theil sorgfältiger gearbeitet, als die, welche aus den runden
Wohnstätten derselben Periode zu Tage kamen. Desshalb ver-
muthet Zaimoni, dass die viereckigen Hütten besonders wohl-
habenden Familien als Wolinstiitteii gedient hätten.
Die Zahl der in derEmilia- und iu dem Thale der Vibrata
entdeckten Hüttengriiiide beträgt mehrere Hunderte. Ihr grup-
penweises Zusammenliegen lässt auf die Existenz kleiner Dörfer
schließen. Sie sind durchweg rund und bedürfen, was Anlage
und Umfang betrifft, keiner besonderen Charakteristik, da sie
in diesen Hinsichten mit den im bolognesisehen Gebiete beobach-
teten übereinstimmen. Dagegen ist ihr Inhalt zum Theil ein
Yeraefaiedener. Ghieriei nimlich schreibt die innerhalb der Htttten-
grOnde der Emilia gefundenen Manufacturen der sogenannten
Stemzeit zu. Diese Bestimmung tiifft hinsichtlich der Mehrzahl
der Gegenstände gewiss das lUchtige, wird aber doch in ein-
zehien Fallen der Einschränkung bedürfen. Zum Mindesten weist
das Spuralomament, welches auf einem der zugehörigen Thon-
geföße eingegraben ist, mit Entschiedenheit auf eine spätere
Periode hin. Ebenso wird die Mehrzahl der iu dem Thale der
Yibrata entdeckten Wohnstätten von Concezio Rosa der soge-
nannten Steinzeit zugewiesen. Doch reicht ein Theil dieser
Hütten nach den Mittheilungen desselben Gelehrten bis zu einer
Epoche herab, in welcher bereits Bronze, Eisen und mit der
Drehscheibe gearbeitete Get>tsse im Gebrauch waren. ^] Da nach
1) Ann. deir Inst. 1871 Tav. d agg. IJ9.
2 Chieriei im Bull, di paletu. ital. I p. 101 ff. HI p. 1 ff.
.*{) Concezio Rosa im Archivio per 1 ;nitro[)ol(>gi;i 1 p. 4Sl> — 4J>S;
Up. 117. 219—220, 340— 34'J. 3S4— 400. 4a2— 4S4; IV p. 193— ID9.
4) Bull, di pal. ital. III Tav. I 3.
5) Archivio per l'antropol. II p. 347. 390—399 ; IV p. 198. 199.
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V. Die Weise der Ansiedelung.
49
den Resultaten der Untersuchung, welche ich den Leseni in
diesem Bande vorlege, die Keste aus der Steinzeit, wenigstens
insoweit sie südwärts vom Po auftreten, von der Urbevölkerung
henrflkren, welche die Italiker bei ihrer Einwanderung auf der
ApenninhalbuiBel voiftaden, so bewelaoi Jene Entdeckungen zu-
gleich; daas rieh der Hflttenban dei UrbeTölkemng nicht weaent-
Üch von dem der Einwanderer unterschied.
Die in dem bolognerischen Gebiete beobaditete Thatsache,
dass benachbarte Hutten durch einen in die Erde gegrabenen
Gang mit einander verbunden shid, kehrt auch in der Emllia
und in dem Thale der ^brata ^) wieder. Unwillkürlich denkt man
hierbei an die Y^m Ephoros^) mitgetheiltc t^berliefei-ung, dass
die Kimmerier am Avemersee in nnterirdischen Wohnungen
hausten und yermöge Grüben mit einander verkehrten. Ist diese
Überlieferung etwa daraus entstanden, dass zu der Zeit, als die
ionischen Chalkidier anfingen die campanische Küste zu besuchen,
die dortige Bevölkerung in ähnlichen zum Theil unterirdischen
und durch Gräben verbundenen Hütten wohnte, wie sie neuer-
dings an verschiedenen Stellen Oberitaliens beobachtet worden
sind ?
Auf der Ostseite des Apennin, wo der gi'iechische Einfluss
später und im geringeren Grade wirksam war, als auf der
Westseite, hat sich der primitive Hüttenbau mindestens bis Ende
des 5. Jahrhunderts v. Chr. erhalten. In Bologna sind nämlich
auch Gründe von Hütten entdeckt worden, welche Fragmente
rothfiguriger griechischer Vasen enthielten. ^) Sie nnterseheiden
flieh von den im Obigen beschriebenen, einer filteren Zeit ange-
hörigen Wohnstfttten nur durch den etwas längeren Durchmesser,
der rieh bis zu 6,50 Metern ausdehnt, wie dadurch, dass die
Erdwinde der unterirdischen Theile bisweilen durch eine Art von
Sockel aus rohen ohne Oement zusammengesetzten Luftziegeln
gefestigt sind. Einmal hat man sich statt der Luftziegel zu dem
gleichen Zwecke unbehauener Feldsteine bedient, die el)enfalls
ohne Bindemittel Uber einander geschichtet liegen. Also noch
im 5. Jahrhundert v. Chr., als bereits der Import rothfiguriger
griechischer Vasen begonnen hatte, standen Lehmhütten an den
Sti'assen der Etniskerstadt Felsina. Das Gleiche gilt von der
bei Sanpolo d'Euza entdeckten Niederlassung ; denn auch hier
I ; Bull, di pal. ital. III p. 4.
2, Archiv, per l antroi). II p. 34s.
3) Bei Strabo V c. 244: E^opoc toU Ktn^fupioi; TtpoootxeiAv
hui TtVflDv ^p'jYixaTfov r^p' a)./ T;).r/j; rt »oitSv . . ,
4) Zanuoni scavi della Certosa p. 44, 45.
H e 1 b i g , Die ItaUker in der Poebene. 4
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50 I>ie Italiker in den PfiüildOrfern.
haben sieh neben Kesten von Htttten, die ans Höht und Lekm
angeführt waren . Fragmente rotfafigariger Va>en und anaser-
dem Sctierben mit eingekimtiten etroakifichen Inschriflien ge-
funden. *i
Wir wenden uns nunmehr zu der Betrachtung der Spuren,
welclie die primitive Bauweise aui' der Westseite des Apennin
hinterlaßen hat.
In dem alteren Theile der Nekropole von Alba lon^a ist die
Asclie der Todten regelmässig iu thönernun Behältern beigesetzt,
weiche die Form von Hütten haben. Da diese Form offenbar
durch das Stieben, ^ Bdumsnngen der Todlen denen der
Lebenden ShnUdi zu gestalten , TeraBlasst ist, so geben die
attwner Unien einen ansduiuliehen Begriff von den Wolmingen,
welohe die altenLatiner brntten, als sie die Asefae ihrer Todten in
Jenen Giflbem beisetzten. Die Urnen stellen rundliche Bitten
dar. deren Wände man sich aus Lehm, Reisig oder anderen ver-
gingiichen Stoffen aufgeführt zu denlcen hat. Das Dach scheint
aus Lagen von Stroh oder Rohr bestanden zu haben und wird
durch flippen zusammcugehalten. die in der Wirklichkeit otlen-
bai" aus Holz gearbeitet waren. Es entbehrt des für das spätere
italische Wohnhaus bezeichnenden Conipluviums. Vielmehr
diente, um das Licht in den inneren Raum herein- und den
Rauch aus demselben herauszulassen, die Thüröffnung und
ausseidem bisweilen eine kldne dideckige Luke, irakhe emige
dieser Asehengefitese an dem vorderen, wie an dem hinteren Ab-
fUle. des Dadbes erkennen lassen. Ähnlieher Art waren die
Hütten, deren Beste auf dem EsqnÜin^) und unweit Ifarino bei
dem Caput aquae Fereutinae^) entdeckt wurden. Allerdinga
haben sie Iroine weiteren Spuren hinterlassen, als das Merkmal,
dass die von ihren Fundamenten eingeschlossenen Erdschichten
Reste von Holzkohlen, zereetzten organischen Körpern undManu-
facturen enthalten und sich hierdurch deutlich von dem umge-
Ij Chierici le autichitä preromaue p. lö, 17. Fabretti primu
•upplemento alla racc. delle ant. iscrizioni ital. p. 9 Tav. III 22—24.
21 Die wesentlichsten Typen sind znsanimengestellt in der Ar-
chaeologia 42 I London 186^1 p. ff. Vgl. Ann. dell' Inst. 1S71
Tav. d a^'^jr. U D, 10. Die Littcratur Uber die Nekropole ist iu unserem
VII. Kapitel an-^efUhrt.
Ii) Archaeologia 42 I pl. IX (p. lOS, Fig. 7—9.
4] Nardoni und M. S. de Rossi di alcuui oggetti di epoca ar-
caica rinv. nell' intemo di Roma p. 2o ff. (In der Zeitschrift II Buo-
narroti Ser. II Vol. IX Marzo 1S74).
5 M. S. de Rossi in den Ann. dell Inst. l'^<)7 p. 41 ff. und im
»Secondo rapporto sugli studii e suUe scoperte paleoetnologiche nel
baeino delia campagna romana p. 32 ff. iGionale areadfeo n. a.
Vol. LVUi;.
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V. Die Weise der Amiedeliiiig.
51
benden unbewohnton Boden mitoraßheidan. Doeh beweist gerade
diese Ersdbeiiiiuig auf das Schlageadsto, data sie ans vergäng-
lioheR Maierialieii an^füttirt waren ; denn, wäxen bei ihrem Anf-
bau dauerhaftere Stoffe zur Verwendung geloomnien, dann würden
Siek von diesen gewiss dentUohe Spuren erhalten haben. Anch
ist die firinnemng, daas die Vorfahren ki aeldien Hütten wohnten,
niemals aus dem Gedächtnisse der Römer entschwunden. Sie
wurde wachgehalten durcli eln wilrdige Denkmäler aus der Urzeit,
welche noch in später Epoche bestanden nnd mit ihrem primi-
tiven Charakter einen eigenthümiichen Gegensatz zn der Pracht
der umgebenden Architekturen darboten. Auf dem Palatin lag
oberhalb des zu dem Circus maximus lierabftthrendeu Abhanges
die casa Komuli, eine aus Rohr und Stroh aufgeführte Hütte, die
vermuthlich identisch war mit dem tugurium Faustuli. welches in
derselben Gegend namhaft gemacht wird. Ein anderer ähn-
licher Bau, der ebenfalls mit Romuhis oder Faustulus in Bezie-
hung gesetzt wurde, befand sich auf dem Oapitol. - Feiner ge-
hören hierher das lleiligthum der Penaten in Laviniuni. die auf
dem Palatin gelegene curia Suliorum und die römischen Capellen
der Lares comi)itales, alles dies Bauten, welche von den Schrift-
stellem ausdrücklich als Hütten ^aXia, y.aX'.a;] bezeichnet
werden. >) Heilige Hütten [xoiXtafia; ispou;) erwfthnt Pln-
tweh^) in der Schildemng, die er, wie es sehemt nach Varro,
von der d«n' Kuma angeschriebenen Kiltuweise entwirft.
Vitmv&) kannte anf dem Oapitol alte Heiligthllmer, die mit
Stroh gedeckt waren, und eine gleiche Bedaehnng whrd der anf
demselben Hllgel boSndliehen curia calahra angeschrieben. ^
1) Ovid. Fast. HI 183: Quae fuerit nnstri, siquaeris, regia nati,
Aspice de canna viuiinibusque domum.
Dionys. Hai. I 79: ßio; oaOtor; (dem Romulus und Remus) v ßouxo-
Xt«jk< %a\ hiavza aixoupYÖ; Iv ifpeot ja zoXXd rr^^aijivotc ötd cjXojv xai xaXd-
V-OJV (3xt)vd; aiJTOCp<5po'j; * oiv fri -/.al i; hxk ti; tou ria).) '/vt'O'j i-\ rrj?
icpo? Tov IrroSpofAOV OTpetpojSY]; /.i^ovo; PtoauXoj Xe^'^Jf^iVT,, cpuAdrcou-
oiv üjpdv, Ol; Toirouv iTzifAeXi;. Vgl. Sch wegler r. G. I p. 394.
i) Conen, narr. 48: xaXußr^ ti« |w t<p to& Aiä« lepij» p«6pw(Aa r?j?
Co'j3iv. Vitruv. n 1 , 5 p. 35 Rose. Vgl. Schwegler r. G. I p. 393 flf.
liubino Beitrüge zur Vorgeschichte Italiens p. 231 ff. ^
3) KotXtdk in Lavinium Dionys. Hai. 157. — KaXt& Ap^:
Dionys. Hai. Exc. XIV 5 p. 488 ; xaXidc tou "Apeojs : Plutarch. Camill.
32. — KctXtaoe; die Compitalcapelleu : Dionj-s. ITal. IV 14.
4) Numa 8. Vgl. Detlefseu de arte Romuaorum autiquissima
part. I p. 3.
5) II 1 , 5 p. 35 Rose : Item in Capitolio conunone&eere potest
et »ignificaro mores yetastatis Bomnli casa et in arce saciorum stra-
meatis tecta.
6] Serv. zu Vergil. Aen. VIU 654.
4*
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52
Die Italiker in den Pfahldörfern.
Wenn das lateinische Wort ftir das Dach, eolnmen, culmen
ans culmns Hahn abgeleitet ist, ^) so bewdst dies auf das
Schlagendste, dass das Strohdach in der latuiis<^en Uraeit aUge-
mein gebräuchlich war.
Die Materialien, ans welchen diese Bauten ausfahrt waren,
lassen darauf schliessen, dass sie, wie die Hüttenumen von Alba
longa, eine runde Form hatten. Auch giebt die bildende Kunst,
"WO sie Scenen aus der latinischen Urzeit schildert und den Hinter- •
grund mit Gebäuden ausstattet, stets Rundbauten wieder. Einen
solchen Bau sieht man auf einem Medaillon des AntoninusPius über
einer Composition. welche die Ankunft des Aeneas und Ascanius
in Laviniiim darstellt - Vermuthlich ist damit das dortige
ITeili^tlium der Penaten gemeint, das von Dionysios von Hali-
karnass-'i ausdrlicklich als xaXia; bezeichnet wird. Ein an-
deres Medaillon desselben Kaisers zeigt unten die lauren-
tische San, oben rechts die Gruppe des den Anchises tragenden
Aeneas, links eine runde wie es scheint mit Stroh gedeckte
Hfltte, die verrnnthlich ebenfalls das lavinische Penatenheilig-
thum datatdlt.
Da die primitive Bauweise auch in sp&terer Zeit durch
mancherlei Denkmäler vergegenwärtigt wurde, so hatten die
rdmischen Schriftsteller und Dichter von dem architektonischen
Hintergründe, auf welchem sich die Geschidite ihrer Altvordern
abspielte, emen im Ganzen richtigen Begriff. Um so anraiiger
ist es, dass sowohl die antiken, wie die modernen Gelehrten an-
gesichts einer Erscheinung , die sich in der ungezwungensten
Weise aus dem Httttenbau der Urzeit erklärt, auf die abenteuer-
lichsten Gedanken vei-fallen sind. Während in der sacralen wie
in der profanen Architektur der classischen Zeit das viereckige
Schema vorherrschte, hatte die aedes Vestae eme runde Form. ^)
1) Isidor. origiH. XV 8, 4 : Culmioa dicta sunt, quia apud anti-
quos tecta cntrao tegebantur, nt nunc mstlea.
2) Elanaen Aeneas und die Penaten I Tftf. H 12, FiOhner les
m6daillons de Vempire p. 59. Vgl. Bnbino BeitrSge snr Vorgesohiehte
Italiens p. 257 £f.
3) I 57.
4) Klausen T Tat II 11, Fröhnerp. 59. Vgl. Rubiiio :i. a. 0.
5, Abbildungen dieses Heiligthums finden sich auf Goldmünzen
des Vespasian (Donaldson architectura numismatica N. XVIII p. 68),
wahrscheinlich auch auf Denaren des Q. Cassius (Cohen monn. de hi
r^pnbl. pl. XI 7, letzterer restituirt von Trajan Cohen XLIV
221. auf Medaillonf^ der Lucilla fFröhner ni^daillons de 1 einpire ro-
maiü p. U6; , der Crispina Frühner a. a. 0. p. 148) und der Julia
Donma (Cfohen monn. de lempire III pl. IX 3 ss FrOhner p. 159).
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V. Die Weise der Auäiedeluug. 5S
Offeubiir hiiiigt diese EigenthUmlichkeit damit zusammen , da-ss
die altitalische Hütte rund war. Die Entstehung des Dienstes
der Vesta ist hiirilngtich klar. Wahrend der üneit, als die
Mittel, Feuer xa besohaffen, beschrankt waren, mnssten die
Dorfj^nossenschaften darauf bedacht sein, eine Flamme an nnter-
halten, deren sich die einzelnen Familien nach BedUrfbiss be*
dienen konnten. Dieser ursprüngliche Zweck tritt auch in den
römischen Knltussatzungen deutlich hervor : in dem Heiligthume
der Vesta wurde ein stÄndiges Feuer unterhalten und das Aus-
gehen desselben an den Schuldigen durch schreckliche Strafen
geahndet. Wir dürfen an^^esichts der Urverwandtschaft der
W^orte Kan'a'und Vesta so^ar die Vermutliuug wagen, dass s( h(tn
in den graeco-italischen Dörfern für derartige Feuerstellen Sorge
getragen war. Da nun die Italiker während der ältesten Ent-
wickelung keine andere Behausung kannten , als die runde Stroh-
oder Lehmhfltte, so versteht es sich, dass die Fenerstelle lange
Zeit hindurch in ^er solchen Stilte Platz fand. Anch giebt
Orid 1) ansdrttcklich an , dass die aedes Vestae nrsprfinglich eine .
Hfltte gewesen sei, deien Dach ans 8troh nnd deren Wände ans
Flechtwerk bestanden, eine Auffassung, die sicherlich richtig ist,
sollte sie auch nicht auf bestimmten Zeugnissen, sondern auf
einem Schlüsse beruhen. Als dann in der späteren Zeit die
Kenntniss aus dauerhafteren Materialien zu bauen in Italien Ein-
gang fand, wurde das Ileiligthum der Vesta aus solchen aufge-
führt. Doch scheute man sich, das von Alters her überlieferte
Schema aufzugeben, und wurde desshalb die runde Form fest-
gehalten. Anderer Seits erklärt sich aus diesem Entwickelungs-
gauge auch die Thatsache, dass jenes Heiligthum der auguralen
Consecration entbehrte.') Die Limitation nftmlich, vermöge
welcher die Auguren einen Platz weihten, ist gewiss jüngeren
Ursprungs, als der Gebrauch, das Feuer der Doifgenossenschaft
in einer runden Stroh- oder Lehmhütte zu bergen. War aber
einmal für die aedes Vestae die runde Form festgesetzt, dann
musste die spätere Zeit, welche bedeutsame Plätze zu inauguriren
pflegte, bei diesem Heiligthume auf eine solche Weihe verzichten;
denn die Limitation beruhte von Haus aus auf dem Viereck, war
«Iso bei einer runden Anlage unstatthaft.
In der gleichen Weise lässt sich auch die runde Form ver-
1) Fast. VI 261 : Quae nunc aere vides, stipuhi tum tecta videres,
Et paries lento vimine textus erat,
2) B- namentlich Varro bei Gellius XIV 7. Vgl« Nissen das
Templnm p. 5.
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54
Die luliker iii deu Pfalildörfem.
sehicdener anderer Heiligthttmer erklären. Wenn eine solche
sicher bezeugt ist Atr die aedes deae Diae, ^) fOr das in die Vor-
halle der Einehe Sa. Cosma e Damiano vcffbante HeiligÜnim der
Penaten^) und für die aedes HercnUa in foio hoaiio, ^ dann
handelt es sich nm drei Kulte, die zu den ältesten auf römischem
'Boden gehören. Vermnthlich ist es auch nicht zuföUig, dass
diese Heiligthiimer niemals als tenq»la bezeichnet werden, *]
und darf man demnach annehmen, dass sie, wie das der Vesta,
keine augurale Weihe empfangen hatten. Weiteren Unter-
suclmngen bleibt es^ vorbehalten zu entscheiden , warum das
älteste Ileiligthum, da^^ in Kom dem Divuj? Angnstus errichtet
wurde , ein Rundl)au war. Vielleicht ist hierbei nicht nur
die alterthtimelnde Kichtung der damaligen Zeit, sondern auch
die Tliatsache zu beiUcksichtigen , dass die Verehrung des
1 Uenzen scavi nel boaco sacro dei fratelli Aryali p. 106 ff.
tav. IV. V; acta fratrum Arvalium exord. p.XXlI.
2) Becker llaudb. d. rüm. Alterthümor I p. 247.
3) Mon. Ann. dell' Inst. 1854 p. 28 ff. Merkwürdig ist , wie die
Zeugnisse über das Ileiligthum des Feretrius Jupiter, welches filr
das älteste auf dem Capitol palt Liv. I 10 . einander widersprechen.
Die Denare des Marcellinus (Cohen mon. de la republ. pl. XII 4 =s
Donaldson arohitectuni nnmismatiea NU; restituirt von Trajan
Cohen pl. XLTV 24) scliehicn auf eine viereckige Cayolle hinzuweisen.
Dagegen berichtet Cassiiis DioT.lV das^* Au^rustus , als er nach
Zurückgewinnuug der dem Crassus ab^rcnommcnen Feldzeichen auf
dem Capitol dem Mars Ultor ein Heiligthum erbaute, dahei das des
Feretrius Jupiter zum Muster ii:ilim. Das V(m Augustus erbaute Hei-
ligthum ist aber auf MUuzeu deutlich als ein von einer Kuppel über-
wölbter Rundbau charakterisirt. Vgl. Finder Ahhandlungen der
nhil bist. Kl. der Berliner Akademie d. Wias. 18-55 p. 611 — 6i:^
Taf IV 3. Vi<'lh'i( lir ist dasselbe Heiligthnm auch auf einem Me-
daillon des Kaiseis Gordiauus III abgebildet : Donaldsun arcb. nu-
mismat- N.13 ^ FrOhner m^daillons de Vempire p. IST , 1S8. Efaie
runde Capelle des Jupiter Feretrius ?) findet eioh auf einem MWail-
Ion des Philippus und der OtacilUi: Cohen ttonn. de l'^mpiie IV pU
Vili 4 = Donaldson N. 15.
4} In den Aeta fratnim Arvalinm wird das Heiligthum der dea
Dia stets als aedes bezeichnet Heuzen acta iVatr. Arv. Index p.
205 8. V. aede8^ — Die das Ileiligthum der Penaten betreffenden
Stellen s. bei Becker Handb. I p. 247 Anm. 388 ; lies gestae div.
Angnsti ex mon. ane3rrano et apoll. 4, 7 imC. I. L 1112 p. 780: aedem
deum Penatium in Vclia. Vgl. G. 31 ff., C. I. L. III 2 p. 784. — Das
Ueili^thum des Hercules heisst aedes bei Festus p. 242 , 32 Müller,
Liviua X 43, Plinius X, 79, XXXV 19, Macrobius III G, lU, öervius
ZU Aen. VIII 363 (wie es soheint ans Varro), sacellum bei Solinns 1 10
p. 8 Mommsen.
5 Ks ist abgebildet auf Münzen , welche dem Andenken des
Divus Augustus gewidmet sind : Collen monn. de l'emp. I pl. IV 278
. Donaldson archlt. numism. N. 14.
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y . Die Weise der Andedelniig.
55.
Angufltiis anftnglieh eng mit dem KnltiiB der Laxes compitales
yerknflpft war. Als noch bei Lebseiteii des Kaisen die Beoig»-.
nisation dieses Eultns Statt fuid, wurde verflQgt, dass von mm
aa in jeder OompitalcapeUe neben den Laren aueh der Genius
Avgnsti verehrt werde. Erst nach dem Tode des Kaisers ver-
ordnete der Senat den Kultus des Divus Angostüs als einer beson*
deren Qottbeit und wurde in Horn das erste ansschliessUch diesem
Dienste gewidmete Gebäude aufgeführt. ') Nnn waren die
Capellen der Lares compitjiles, da sie von Dionysios von Haii-
liavnass-; ausdrücklich als xaXiaocc bezeichnet werden . ur-
sprünglich gewiss runde Stroh- oder Lehmhütten. Hatte aber
einmal die VereJiiun^- de^ Augnstus in Kundbauten liegonnt n,
dann hig es bei dem conservativen Prineip der nimifjchen Staats-
religion sehr nahe , auch das erste Gebäude , in welchem der
Kaiser allein verehrt wurde, nach dem gleichen Schema aufzu-
führen .
Wenn der Versuch gemacht worden ist, die Cbereinstim-
Diung des römischen Wohnhauses der classischen Zeit und des
griechischen, wie es in den homerischen Gedichten geschildert
ist, anf die so^penaonte graeeo-italisehe Spocbe xoraofanifilhren,
80 bedarf diese Anffiuwnng naeli den von mir beigebraebten
Zeugnissen keiner 'Widerlegung. Grieeben nnd Italiker kannten,
als sie in die beiden elassiseben Halbinsdb einwanderten, keine
andere Wobnstfltte als die ans Streb, Reisig oder Lebm errieb-
tete Hütte. Doch gingen die ersteren, da sie in frober Zeit den
Einflflsaen der flb^egenen Knltnr des Ostens unterlagen, bal-
digst zu einem vollkommeneren und reicher gegliederten Bau
Uber, dessen älteste Phase aus den homerischen Gedichten be-
kannt ist. Länger dagegen erhielt sich der primitive llüttenbau
auf der Apenninhalbinsel. Er überdauerte hier die Spaltung des
italischen Volkes in verschiedene Stämme und war nocli allge-
mein gebräuclilicb. als einer dieser Stämme, den wir unter dem
Namen der latinischen kennen, das r>stlich vom Tiber aufstei-
gende vulkanische Gebirge und die darunter gelei^ene Tampagna
besiedelte. Unterdess fingen die Hellenen an die westlichen Ge-
wässer des Mittelmeeres zu befahren und an den Küsten Siciliens
unil Italiens Niederlassungen zu gründen. Als dies geschah,
waren sie bereits von der Hütte zu dem voUkommneren Hausbau
vorgeschritten. Durch den Verkehr mit den griechischen Pflanz-
Städten lernten die Italiker diesen T^^us kennen und in seinen
wesentlioben Bestaadliieilen nacbahmen. Wie der taskaniscbe
1) Vgl. Preller röm. Mythologie p. 41)5 ff. 775 ff.
2) IV 14.
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56
Die Italiker in den PfiJddOrfem.
Tempel ist auch das lOmiflche WolmhaiiB unter geringfügigen
Ablndemngen ans der giieduflchen Entwiekelnng entlebit.
Nachdem der Bewds geliefert worden ist, dasa die Italiker
bis zum Beginn des griechischen Einflusses in der Weise, ihre
Ortschaften zu befestigen, und in dem Httttenbau an der barba-
riflohen mitteleuropäischen Überlieferung festhielten, dann wird
es auch nicht befremden, wenn sie nach ihrer Einwanderung in
die Apenninhalbinsel ihre Dörfer ziinäclist auf Pfahlbaiiten an-
legten. Soweit die ai'chäologischen Beobachtungen reichen, wird
in dem mittleren Europa das erste Stadium fester mit Feldbau
verbundener Ansässijrkeit durch Niederlassungen bezeichnet,
welche in Landseeeu auf Pfahlunterlagen emchtet sind. Aller-
dings hat die Annahme . dass die Pfahlbauten , welche in
Mecklenburg. Baiern, der Schweiz, Savoyen und anderweitig be-
obachtet worden sind, von indoeuropäischen Stämmen heiTühren,
bei den Paläoethuologen noch nicht allgemeine Anerkennung ge-
funden. Wer jedoch überlegt, dass nach sicheren Besultaten der
Sprachforschung die Indoeuropäer während der Urzeit gerade
auf der Kulturstufe standen, welche dnrch die ältesten jener
Niederlaasnnipeii vertreten ist, wird diese Annahme anm Ifin-
desten als eine sehr wahrscheinliche anerkennen. Ansserdem
Iflsst es sieh bestimmt beweisen, dass der Gebranch, Dörfer auf
Pfahlunterlagen in Gewässern anzulegen, bei verschiedenenVOlkem
indoemopiischen Geblütes ttblich war. Ich unterlasse es, hieriiei
die PfaUbanten der Kolehier anzuftthrea, von denen Hippo-
krates^ berichtet, da es ungewiss ist, welchem Stamme dieses
Volk angehörte. Sicher dagegen waren Indoeuropäer die thra-
kischen Paionier, welche in dem See Prasias auf Pfahlbauten
wohnten. Ihre Niederlassungen stimmten nach der Beschrei-
bung, die Herodot^J von ihnen entwirft, vollständig ttberein
mit denen, die wir in den Landseeen der Schweiz kennen gelernt
haben. Eine von einer Ptahlsubsti'uction getragene dacische Hütte,
welche auf der Traiansäule dargestellt ist . bezeugt den gleichen
Gebrauch bei den den Thrakiern nahe verwandten Dacieru.
Wenn ferner noch zur Zeit der Karolinge Franken in dem Lac de
1) De aSre, lods etc. 22 p. 268 Erm. Die allerdings ziemlich
unklaren Andeutungen, welche Ajxtllonios von "Rhodos Arg. II
380 ff. , Dionysios von Ualikarnass I 20 und Strabo XII c. 54V> Uber
die Ausiedelimgen der iu der Nähe der Kolehier au der SUdkUste des
schwarzen Heeres ansässigen Mosynoiken geben , lassen Termuthen,
dass der PfahllNin auch bei diesem Volke gebriiuohlioh war.
2) V 16.
3) FrÖhner la coloune Trajane p. 92, 93 n. 16. Bull, dell Inst.
1877 p. 33.
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■Y. Die Weite der Ansiedelnng.
57
Paladni (Departement de ris^re) auf PfaUbanten wohnten, ^) so
'Weist dies darauf hin, dass eine solche Art der Ansiedelung; auch
den weatiiehen Zweigen der indoeuropäischen Völkerfamilie nicht
fremd war. Andere Nachricliten führen bereits auf italisches Gebiet
hinüber. Einer der Hauptorte der illyrischen Veneter, Altinum,-
undRavenna, ^ eine Ortschaft, deren Name, nach der Endung zu
schliesaen, etruskisch zu sein scheint, waren auf Pfahluntcrlagen
angelegt. Besonders wichtig ist jedoch für unsere Untersuchung
die Thatsache, dass die in dem Boden von Atria angestellten
Ausgrabungen auch unter dieser Stadt die Existenz einer gleich-
artigen Substruction festgestellt liaben. Alle Walu-schein-
liebkeit nSmUeh spricht äihr, dass der Name Atria wie 4er der
nahe gelegenen Stadt Spina ein italisoher ist. Wird aber der
italische Urspmng von Atria anerkannt, dann ist sngleieh ein
bestimmtes Zeugniss für die Annahme gewonnen, dass derPfahl-
£an in uralten Zeiten bei den Italikem gebräuchlich war. Zwar
könnte man gegen^diesen Schluss einwenden, Atria sei möglicher
Weise ursprünglich anders angelegt gewesen und Iiahe erst in
einer späteren Periode die Pfahlsubstruction erhalten. Dieser
Annahme widerspricht jedocli die Richtung, in welcher sicli die
Terrainveränderungen der dortigen Gegend von Alters her be-
wegen. Das Meer nämlich und die von diesem gebildeten La-
gunen sind allmählig zurückgewichen, wogegen das Festland an
Ausdehnung gewonnen hat.^] So war Atria noch zur Zeit des
Strabo von kleinen Lagunen berllhH . während die heutige
1) Vgl. Cbantre im C. r. du Cuugrüs danthrupol. de Boiugae
p. 356.
2; Strabo V 7 c. 214: Ioti os -aii -u 'A/.tTvov h D.ci, «apai:X<f,<Kov
£yov:f/i*aoj£v'/7j tt/< ft£otv v^cl- die folgende Anmerkung . Die An-
nahme, dass Altinum eine Gründung der illyrischen Veneter war,
wird dadnreh bestätigt , dass derselbe Käme oei den Dauniem wie-
derkehrt fDasius Altinius Liv. XXIV 45), die ebenfall.s zu den illyro-
griechischen Stämmen gehörten, welche aus derBalcanhalbiusel nach
Italieu einwanderten (vgl. Hermes XI p. 257 ff.]. Der Name ist offen-
bar verwandt mit dem ^ecbisehen "AAtt; (naeh Fick Wtf rterbueb der
indogerm. Sprachen IP p. 25 von al nähren).
\\] Strabo V7 c. 213: h Iz toi; Tacoi asYtarr, jxiv isTi 'Pao'jivva,
^SkQr.vttf<i oAt] xal oioif^fiUTOC, -yejü.'i'jii; xai ropoueiot; 6oeuo{AivT^. Vitruv.
II 9. 11 : est autem maxime ia oonsideiare Bavennae, quod ibi omnia
opera et publica et privata sub fnndamentis ejus generis (der Erle)
habent palos.
4; Schöne le autichita del Museo Bocchi di Adria , rapuorti in-
tomo agli scavi ed ai ritrovamenti accidentali di antichitii fatti nel
Snolo della cittä di Adria § H, 46, 55, 71. Tf>, 96.
5; Vgl. ü. Müller die Etrusker bearb. von Deecke I p. 212.
6) Strabo V 8 c. 214 : Atpia xai '«ixeti« *at SiXi xoiayta zoXiojiot-
Tta iQTTov (MV {«rt t&v sXdri kwf}xlxvLt (Aixpotc ^'dvcii:Xoi( irp^fHjv 9tir
Xflcrcsv ouvi^iCTOtt.
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Die ItiUiker in den PfiOildiOvfeni
Stadt auf voUstitaidl^ trockenem Boden liegt. Wenn ob demnadi
g«lt, in diesem Gebiete Grund Air die Ankge Ton Wobnstfttteii
zn gewinnen» dann war eine kfinetiiclie Unterlage in einer irflr
beren Zeit noch viel melir geboten, als in einer «{Ateren. Kie-
mand wird sich, denke ich, zu der Bebanptimg versteigen, dass
die Fähigkeit, Pfahlbauten anznlegen, eine halbere Kulturstalb
voraussetze, als die, welche man den Italikem zur Zeit ihrer
Einwanderung in die Poebene zuzutranen berechtigt sei ; denn es
ist sicher f'estprestellt, dass Anlajren dieser Art diesseits wie jen-
seits der Alpen in einem ganz primitiven £ntwickelttngsstadiua
auftreten.
Allerdings weichen die in den TeiTemare enthaltenen Pfahl-
bauten in einer Hinsicht von allen den im Obigen erwähnten ab.
Sie sind nämlich nicht wie diese im Wasser, sondern auf trocke-
nem Boden angelegt. Doch wird hierdurch die Voraussetzung,
dass zwisclK'U den beiden Arten der Ansiedelung ein Zusammen-
hang bestehe, keineswegs ausgeschlossen. Vielmehr kann der
Pfahlbau auf dem Trockenen in keiner anderen Weise erklärt
werden als dnrc^ die Annahme eines vorhergehenden Stadiums,
wahrend dessen derartige Snbstmetionen im Wasser errichtet
wurden. Aneh ist dieser Zusammenhang bereits von Pigorini ^)
richtig erkannt nnd mit schlagenden Grttnden naehgewieseB
worden. Der Gaidasee enthält mehrere Pfahlbauten, von denen
besonders die bei Peschiera entdeckte dnrch die PaUieation vom
Sackens ^) genau bekannt ist. Die aus diesen Niederlassangett
zu Tage geförderten Indnstrieprodukte gehdren allerdings zum
Theil einer vorgeschritteneren Entwickelung an, als der, welche
in den auf trockenem Boden gegründeten Pfahldörfern Statt
hatte. Es befinden sieb darunter Fibulae, Halsbänder, Ann-
bänder. bronzene Spiralen und andere Gegenstände, die in den
Terremare vermisst werden. Wo es sich ferner um Utensilien
handelt, deren Gebrauch beiden Bevölkerungen geläufig war,
dann erscheinen die aus dem See stammenden Exemplai'c bis-
weilen vollkommener, als die, welche sich in den Terremare
finden. Doch sind die Spuren, welche auf eine vorgeschrittenere
Entwickelung hinweisen, geringfügig gegenüber der grossen
Menge von Resten, die ein den PfahldOrfeni entsprechendes
Stadium bekunden, und ist es besonders bedeutsam, dass sich in
zwei Pfahlbauten des Sees auch Exemplai'e des für die Pfahl-
r Lc abitazioni lacustri di Peschiera (Acc. dei Lincei Anno
CCLXXIV 1876—771 p. äff.
2; Der Pfahlbau im Gardasee in den Sitzungsberichten der
Wiener Akademie phil.-hist. Cl. XLVIII (1864) p. 298 ff.
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y. Die Weise der Ansiedelong.
59
ddrfer beseiehnenden halbmondförmigen Henkels gefhnden
haben, Whr dflifen demnach aimehnien, dass die BevOlkenuig
der in dem See angelegten Niederlassungen nrsprfinglich auf der
gleichen Kulturstufe stand» wie die Bewohner der Pfahldörfer,
und erst in späterer Zeit an dem Torgeschritteneren Stadium
(iberging, auf welches der geringere Theil der aufgefundenen
Manufacturen hinweist. Ebenso enthielten zwei andere etwas
weiter südlich entdeckte Pfahlbauten, die eine unweit der Süd-
westecke des Gardiisees zwischen Lonato und Desenzano ^1
(Karte AI Gl . die andere an der Südüsts])itze bei Castelnuovo gele-
gen-' Karte N ü;, Fundstiicke. welche in den wesentlichen Ei-
genthflmlichkeiten mit denen der Terremai'e übereinstimmen. Wir
dltofen ihrer an dieser BMh gedenken, da die Untersoelflmg des
betreffenden Terndns .bewiesen hat, dass die beiden Nied^tes-
sungen im Wasser angelegt waren, sei es dass der Gardasee da-
mals weiter naeh Süden reichte, sei es dass daselbst von ihm
unabhängige Teiche oder Sümpfe bestanden . Endlich ist noch die
Pfahlbante an erwiilmen . welche in dem kleinen See von Fimon
bei Vicenza entdeckt wurde [Q 5j . Sie enthielt Utensilien und
unter andern auch Exemplare dct? halbmondförmigen Henkels.
welche eine äiinlielie Kultur, wie sie in den Pfahldörfern herrschte,
l>ekiiiulL'n. Da nun das Gebiet, in welchem die letzteren Nieder-
lassungen Heiden . unmittelbar südlich von den in den Gew ässern
gegründeten Ansiedelungen beginnt, so ist es gewiss nicht zu kühn,
aus der Ähnlichkeit der Fundstücke auf einen etlmischeu Zusam-
menhang zu sehliessen und zu vermuthen, dass sieh das Volk, von
welchem die P&hldörfbr herrOhren, unmittelbar nadi seiner Ein-
wanderungannäehstanfP&hlbantenansiedelte, die esindenSeeen
enriohtete. Als sich dann Jenes Volk weiter naeh Sflden flbw die
Poebene verbreitete, fehlten Gewässer, welche die bisher übliche
Weise der Ansiedelung ermöglichten, und mussten die Nieder-
lassungen auf trockenem Hoden angelegt werden. Doch hielt
man nichts desto weniger noch längere Zeit an der Ffahlunter-
1; Pigorini a. a. 0. p. 3. Vgl. Amn. 5.
2) Archivio per lantropol. V p. 416. Vgl. Castelfianco pal-
etnologia lombarda p. 4 ff. (in den Atti della eocietä ital. di scienze
naturali Vol. XVIII fasc. IV .
3 Archivio per rautropoi. V p. '^i»
4] Lioy le abit. lacustr di Fiuiou Taf. VIII 103 — 105. Auch
in den Monsten , die sic^ nnals in der Umgegend von Solferino
hinerstreckten, ist das landensein von mehreren Pfahlbauten
nuchc^ewiesen 'Karte M N Pigorini in dem Bull, di pal. ital. IV
p. ti und in den Atti dell Av i. dei Lincei Vol. II Ser.3 p. 371 ff). Da
Jedoeh ihre Beste bis jetst dur oberflSohlieh untersucht sind, seheint
es mir bedenklieh, sie oei dieser Untersuchung zu berücksichtigen.
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60
Die Italikerin den Pfahldörfern.
läge fest. Eineiaeita mag Merbei die Gfewolmheit ihr Reeht gel-
tend gemaeht baben. AndereraeitB bot aber eine derartige Snb-
stmction aneh anf trockenem Boden mancherlei Yortfaeile dar.
Da nämlich die FlttBse der Poebene in der Urzeit, als ihr Lauf
in keiner Weise geregelt war, znm Mindesten in dem gleidien
Grade übertraten wie heutzutage^) und der die Dörfer iimge*
bende Erdwall sicherlich nicht ausreichte J um das Eindringen
des Wassers abzuhalten, so dürfen wir annehmen, dass die durch
den Pfahlbau erzielte hohe Lage der Hütten bei Überschwem-
mungen von Nutzen war. Ausserdem musste sich innerhalb des
von dem Erihvalle umgebenen Beekens. In welchem die Dörfer
angelegt waren, während der regneribchen Jahreszeit eine Menge
von Wässer ansammeln und der Boden mehrere Monate hindurch
von einer unerträglichen Feuchtigkeit seil). Da die Bevölkerung
noch nicht fiüiig war, diesem Übelstande durch Abzngskanäle su
begegnen^ so erwieß sich das Pfahlgerttst als höchst zweckmässig,
indem es die Hätten und ihre Bewohner der unmittelbaren Be-
rflhrung mit dem feuchten Erdboden entriickte. Unwillkürlich
drängt sich die Frage auf, ob nicht gewisse Ei-scheinungen in der
späteren italischen Architektur, wie die hohe Terrasse, die dem
italischen Tempel im Gegensatz zum gi'iechischen eigenthümlich
ist, und überhaupt die Tendenz der Italiker. die Gebäude auf
hohen Substructionen zu errichten, vermöge einer Reihe von
Zwischengliedern , deren Kenntiiiss uns verloren gegangen ist,
mit dem uralten Pfahlbau in Zusammenhang steht.
Wie mau aber auch über diese Vermuthung urtheilen mag,
Jeden Falls zeigt die Anlage der Pfahldörfer eine Eigenthflm-
lichkeit, die sich in der ungezwungensten Weise ndt der sicher
beglaubigten italischen Entwickelung verknüpfen lässt. Indem
nämlich alle diese Dörfer orientirte Oblonge bilden [Seite tl),
erinnern sie an die Limitation, deren sich die Italiker bei der An-
lage der Templa, Städte und Lager bedienten. Dass in den
Pfahldörfern noch andere Elemente dieser Limitation ausgebildet
vorlagen, ist möglich, lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit be-
weisen. Wenn in der Niederlassung von Casaroldo di Sanbuseto
(Karte L 9, 25 ein erhöhter Weg aus aufgeschütteter Erde die
die Hütten tragende Plattform in der Kiehtung von Nord nach Süd
in zwei gleiche Hälften theilt, und Pigorini in der Terramare
von Quingento di San Prospero (Karte M 10, 45) Spuren eines
ähnlichen Weges beobachtet hat, der die Theilnng in westöst-
1; Gastaldi cenui su alcune armi di pietra c di bronzo (vgl-
Seite 7 Anm. Ij p. 19. Strobel und Pigorini 1. relazione p. 43, 44;
2. rel. p. 18.
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y. Die Weise der AnsiedeluBg.
0]
Ueber Richtung vollzieht'), so liegt es allerdings nahe, dort
an einen Deenmanns, hier an einen Oardo zu denken. Leider ist
es aber nicht festgestellt, ob der Decunanns in der ersteren
Niederlassung Ton einem Oardo, der Cardo in^ der letzteren von
einem Decnmanns gekreuzt war. Wir mttssen uns demnach be-
scheiden, weitere Beobachtungen über diesen interessanten Ge-
genstand abzuwarten. Immerhin scheint es bedeutsam pronug,
dass in den Pfahldörfeni zum Mindesten Elemente aufti'eten,
velclie sich als die Anfänge der Limitation betrachten lassen.
Übrigens ^vul(l('^ diese Anfjinge gewiss nicht durch religiöse,
sondern lediglich durcli praktische Gesichtsjtniiktc l)estimmt. Da
iiäuilich in einer orientirten Anlage Sonne und Scliatten gleich-
mässig vertheilt sind, so bietet sie zu allen Tageszeiten eine
entsprechende Anzahl von sonnigen Plätsen dar, an denen man
sich bei kaltem Wetter erwärmen kann , wie von solchen, die
während der Hitze Behatt^ gewähren. Es ist reeht wohl denk-
bar, dass ein primitives Volk , das in innigem Zusammenhange
mit der Natur lebte, diesen Vortfaeil erfasste und desshalb seme
^iederlassmigen orientirte*
Hiernach enthalten die Ansichten, welche Nissen über
Zeit und Entsteliungsort der Limitation entwickelt, aber später
nieder aufgegeben hat/*; doch einen Tbeil der Wahrheit. Freilich
ist er zu weit gegangen, wenn er behauptet, die Italiker hätten,
als sie nach ihrer Einwanderung in die Halbinsel auf der Poebene
den ersten längeren Halt machten, nicht nur Anfänge, sondern
djis ganze System der Limitation ausgebildet und schon damals
nach diesem Systeme Städte angelegt, die liinsichtlicli der Anord-
nung wie desUmfanges dem römischen Lager entsprachen. Mag
auch die Frage naeh dem Umfange bei den ungenauen Messungen
der Pfahldörfer unerledigt bleiben, jeden FsJls widersprieht der
Annahme Nissens die Thatsache, dass alle diese NiederUssnngen,
so weit die bisherigen Beobachtungen reichen (Seite 11), eine ob-
longe Foim hatten, während das altrömische Lager bekanntlich
ein gleich Schenkel ige s Kechteck bildete. Ueberhaupt scheint es
wenig glaublich, dass die Ausbildung der Limitation in den Pfahl-
dorfciTi weit vorgeschritten oder gar vollendet gewesen sei. Viel-
mehr wird jeder unbefangene ßeurtheilcr den Eiiuh uck cmjifangen.
das» eine solche abstracte und der Natur Gewalt anthuende Theo-
J) Ann. dcil Inst. 1875 p. 237 Not. 3. Bull, deii inst. 1S77 ^. 6'6.
2] Das Templum p. 97 ff,
3) Pompelanlsche Stadien zur Stidteknnde des Alterthums
p. 591 ff.
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62 IHe ItKliker in den PfiBhldMen.
•
rienngleicheherineiuem vorgeschritteaen, als meinem primitiven
Entwickelungsstadiuin entstehen konnte. Wenn Nisj^en ' l>e-
Bonderes Gewicht d^irauf legt, daäs diePoebene, da sie nach allen
Seiten eine weite Aussicht und demnach eine grenane Beo))ach-
tung- der Hiinmelakörper verstattete, zur Ausbildung jenes Systems
besonders geeignet gewesen sei, so ist dieses Urtheil offenbar be-
stimmt durch den Piindruck, den der genannte Gelehrte empfing,
als er die baumlose, mit Reis- und Maisfeldern bedeckte lombar-
disclie Ebene vom Eibeubahncoupe aus überschaute. Doch bot
die Landschaft zur Zeit, als die Italiker sie zu besiedeln anfingen,
ein gaoB venehiedeneB ffild dar. Wie im n. Kapitel ^Seite25 ff.)
bewiesen ▼nrde, war sie damals allenthalben mit diebtea Wftldem
bedeckt. InneÄalb einer bewaldeten Ebene aber sneht man rer*
gebfieli nach Punkten, von denen aus sieh Himmelsbeobachtungen
anstellen ließen, wie sie for systematischen Ausbildung der
Limitation erforderlich waren. Ungleich geeigneter für diesen
Zweck ist ein wellenförmiges Terrain, wie es z.B. in dem eigent-
lichen Etrurien vorliegt. Hier ragen allenthalben Hügel und
Plateaus empor, welche nach jeder Seite eine freie Aussicht vcr-
statten. Ortlichkeiten dieser Art entsprechen der Deünition.
welche Festus'^ von dem Templum giebt als einem loco, qui
ab omni parte aspici, vel ex quo omnis pars videri
potest, wie der für die historische Zeit bezeugten Sitte, die
Angnialtempel auf hochgelegenen nnd einen weiten Bnndblick
darbietenden Orten anzulegen, Wenn demnach die Etrasker
die Limitation als ein Werk ihrer Priester betrachteten^) nnd
Varro und die römischen Agrimensoren ihnen hierin Glauben
schenkten,*) so liegt kein Grund vor, die Richtigkeit dieser
Überlieferung zu bezweifeln. Stimmt doch jeues System voll-
ständig zu dem abstrusen und grübelnden Geiste, welcher die
religiösen Äusserungen des vorgeschritteneren Etruskerthums
kennzeichnet. Wenn anderer Seits das von den Etruskeni aus-
gebildete System von allen oder den meisten italischen Stümmen
angenommen wurde, dann erklärt sich dies auf das Natürlichste
unter der Voraussetzung, dass schon in der ältesten italischen
Entwicklung Keime vorhanden waien, auf die sich dasselbe
m bequemer Weise aufpfropfen ließ. Diese Bedingung aber war
erflUlt, wenn sich die alten Italäer bei Anlage ihrer Niedei^
1) Das Templuni p. 98.
2) Pjig. ;{S Müller.
3j Nissen das Teiimlum p. 4.
4) Vegoja In den womat. vet. ed. Lachmann p. 350.
5) Varro in den Gromat. vet. ed. Lachmami p.27. Vgl. Rudorlf ,
die Schriften der rOm. Feldmesser p. 342.
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y. Die Weise der Aaaiedelung
63
lassungen des für die Pfahldörfer bezeicliueudeu orientirten
Kecbteckes bedienten.
Fragen wir schliesslich, ob der in den Pfahldörfern herr-
schende Schmutz den alten Italikern zugetraut werden darf, so
kann die Antwort nur bejahend ausfallen . Im I . Kapitel ^Seite 4 ff. ]
wnde geieigt, daas da» fiBr dk okuniMiie Kidtor bese&eknende
Streben nach Reiidichkeit bei den Grieehen erst im Lanfe der
Zeit znr Entwiekehmg kam. Was fihr die Grieeben bewiesen ist,
gilt natllrlieh aueh ron dem italisehen Bradervolke , nnr dass bei
diesem, naeh allen Analogien an sohliessen, der Scbmntz der
Uiaeit länger Bestand hatte. Wie es in den Strassen von Alba
longa und während der Ktfnigsaeit in denen von Rom aassah,
darüber giebt die Überliefernng selbstverständlich kein bestimmtes
ZengnisB ab. Doch sprechen verschiedene Thatsachen für die An-
nahme , dass es mit der Reinlichkeit nicht zum Besten bestellt
war. Erst gegen Ende der Königszeit wurde in Rom die erste
Cloake angelegt. Und doch hatte die Stadt schon damals die
beträchtliche Ausdehmiug, welche durcli den Gang der serviaui-
schen Mauer bezeichnet ist. Dazu entbehrten die Strassen
des Pflasters; denn dieser wielitig-e Fortschritt fand nicht vor
dem Jahre 174 v.Chr. und auch damals nur in beschränkter
Weise in Kom Eingang. ^] Da ferner die Aedilität erst im zwei-
ten Jahrzehnte der Republik eingeführt wurde , so fehlte es bis
dahin an einer Behörde, welche sich im Besonderen der Strassen-
pohzei annahm. Ziehen wir ausserdem die sicher festgestellte
Thatsache in Betracht, dass damals auf dem Areal der Stadt
noeh LaadwirChsebaft nnd Viehanehi getrielm worden, dann er-
gidrt sich von dem Zustande Borns wahrend der Kdnigsaeit ein
Bild, welebes in den wesentlichen Zügen an das dnreh die Pfthl-
dffrfer dargebotene erinnert. Der Gnmdton war wihrend der
trockenen Jahresaeit heUgran, wahrend der fenehten gelbbraun.
Um die ans Lehm, Stroh oder Holz anfgeftihrten Wohnstatten lag
Ünrath von Menschen und Vieh nnd zerbrochenes Haus- und Acker-
geräth hemm. Auf den Strassen wandelten die Quiriten einher,
gekleidet in grobe wollene oder linnene Stoffe , die zuweilen mit
geometrischen Mustern verziert waren . im Sommer von Staub-
wolken umhüllt, während des Winters im Koth wadend.
Jeden Falls ist der Römer , was seinen Körper betrifft , mit
der äusserlichen Anwendung des Wassers lange Zeit sehr sparsam
gewesen. Es war altrömische Sitte, sich tä.irlich die Arme und
Unterschenkel zn waschen , aber ein Bad nur alle acht Tage zu
V Liv. XLl 27. Nissen Pompeinni?<cho Studien zur Städtekunde
des Alterthums p. 520 ff. Mommsen im Rermes XII p. 4^() ff.
64
Die Italiker in den P&hldbrfem.
nebmen. Dem alten Oato gereichte es zn beisondeier Beine-
dignng, als Knabe nicht alltigtidi gebadet m haben. ^ Vor
der Erbannng der Thermen des Agrippa verlautet nichts davon,
daas in Rom eine grössere öffentliche Badeanstalt vorlianden ge-
weaen sei. Erst, als die hellenistischen Einilflsse das Römer-
thum nach allen Seiten hin diirehdrungen und umgebildet hatten,
wurde der tägliche Gebrauch des Bades ein Lebensbedürfniss.
Ja während des weiteren Verlaufes ihrer Ent\vick( hing- haben die
Römer in dieser Hinsicht sogar ihre Vorbilder überboten ; denn
niemals ist in Griechenland, soweit unsere Kunde reicht, das
Bad und, was damit zusammenhängt, sosehr zum Mittelpunkt
des täglichen Lebens geworden, ihe es zn Rom wlhrend der
Kaiaerzeit der Fall war.
Yl« Feldbau und Nahrung«
Die Urvenvandtschaft der Worte ypii^r] und Ii or de um lässt
darauf schliesscu, dass die Gerste den Vorfahren der Griechen
und der Italiker bereits geläufig war. als sie noch durch enge
Beziehungen verbunden in dem mittleren Europa wohnten. Dem-
nach spricht alle Wahrseh^nlicbkeit dafür » dass beide TOlker
diese Feldfrncht bei ihrer Einwanderung in die dassischen Halb-
insebu mitbrachten. Anderer Seits mnss der Spelt wihrend der
Sltesten italischen Entwickeinng eme hervorragende Bedentnng
gehabt haben ; denn diese Getreidegattung, das far oder ador,
nahm in dem altKtmischen Knltns den ersten Rang *) ein nnd
1 Seneca epist. b6.
2 Cato de lib. educ. bei Non. III s. V. ephippium.
3 Becker Gallus III 2 p. Iü4.
4) Die Hanptstellen Uber das für oder ador:
Dionys. Hai. II 25: %n\ &onep''EXXt)vec tov xp(0tvov xapni^ dpyatÖTOtov
'j^oX^aSavoNte; Irt rSv ft'jat&v xpil^ctT; xaTapyojxefta oiXa; lurac xoXoiiv-
X65, OJTU) Fiu(xaiot TijxicöTaT<iv te xapröv %i\ i^j'/wj-ri'zos elvctt vofji.lCovTC(
t&« C^ac ^td v/jTwt dirdoT)c d(jiir6po'i 9uo(ac xaTao/ovTai. txevei y^P ^ %«l
oj utTctrezTcoxs"/ et; -oXjTeXcaTtfia; aTrapyd; tö effo;. Varro de vita pop.
lib. I bei Noiiius iMavcellus de honest, et nove vet. dictis ]). Iii: In
eorum enim äucri» liba cum sunt facta, inicere soleut farris semina ac
dicere se ea februare , id est pura facere. Nonins Maicell. de pro-
piletate senn. p. 52: ador fromenti genns, qnod epidis et iramolatia-
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VI. Feldbau und Nahrung. 65
Verrius Flaccus ' g-iebt ausdrücklich an , dass der Spelt drei-
hundert Jahre lan^; die einzige Körnernahning des römisclien
Volkes gewesen sei. Hiernach hätte man in uralten italischen
Niederlassungen zunächst den Anbau von Gerste und von Spelt
in gewArtigen. Wenn Jedoch diese beiden Getreidegattongen bia
jetat noeh nicht in denTerremare beobachtet worden sind, so wird
hieidnxeh die Annahme des italischen Ursprungs der Pfahldörfer
keineswegs ersehflttert. Viehnehr dflrfen wur, da sich Gerealien
in den Terremaie nnr unter ausnahmsweise gOnstigen Umständen
und in beschränkter Quantität erhalten haben, mit Sicheiheit an-
nehmen, dass unsere Eenntniss der von den Pfahldörflem ange-
bauten Körnerfrüchte lückenhaft ist. Die Angabe des Verrius
Flaccus, dass die Römer bis zum Jahre 454 v. Chr. nnr den Spelt
gekannt hätten, beruht sicherlich auf einem Missverständnisse.
Jeder unbefangene Beurtheiler wird es unglaublich finden, dass
ein Bauemvolk, wie das latinisch«\ bis zu jenem Zeitpunkte aus-
schliesslich auf eine solche «rrobe Getreideart beschränkt o'ewesen
sei. während die in Unteritalien und auf Sicilien gekündeten
griechischen Städte schon in der ersten Hälfte des fünften Jahr-
hunderts die Ausfuhr von Weizen und Gerste in grossartigem
Massstnbe beti'ieben- und die Ten*emare beweisen, dass man
in uralten Zeiten auf der Poebene Waizen baute Seite IB • Auch
fällt es nicht schwer, die Entstehung des Irrthums des römischen
üibus sacris pium putatur. Plin. h. n. XVIII ~ , ^: XVIII 14. Serv.
zu Vergil. Buc. VIII 82. Die älteste und feierlichste Art der Ehe-
Bckliessung war die eonfarreatio.
1 Plin. XVIII 62: populum Romanum farre tantum e frumento
CCC aunis usiini Verrius tradit. Vgl. Ovid. Fa»t. VI IbU; Terra
fabas tautum duraque farru dabat.
2} Die sechazeilige Gterste (hordenm hezastichum) erseheint
bereits auf ineusen Münzen, die sichorlich hoch in das 6. Jahrhundert
v.Chr. hinaufreichen, als S^-mbol von Metapont: Carelli num. Ital.
vet. tab. CXLVII. Vgl. Ueer die Piiauzen der Pfahlbauten p. II. —
GentenkOmcr auf arcnaiscben Hflnzen von Kvme : Carelli num. Ital.
Tet. tab. LXXI 9—12. — Hermippos bei Athen. I p 27 D Fragm.
com gr. ed. Meineke Ifl p. 407; : ix aü'lTiX^a; yovooov -/ai -'t.vjrA
ä^cia. — Gerstenkörner aut archaischen Münzen von Lebntini' Sallet
Zeitschr.fUr Numismatik I p. 97 Anm. 1 Taf. Illn. II, III) und Segesta
Mionnet descr. I p. 282 n. iVM). Vgl. p 2S1 n 6;Ui. — Gela wird in
der Grabschrift des Aischylos als r-joo^pooi; bezeichnet. Poet. lyr. ^r.
ed. Berg:k 2. ed. p. 457 n. 4. — Ilieron I. von Syrakus belohnt den
Korinthier Architeles durch Schenkung eines QetreideecbiffeB. Athen.
VI p. 232 B. — Bei Beginn des peloponnesiscken Kriegen war die
Getreideausfuhr aus Sicilien nach der Peloponnes etwas ganz Ge-
wöhnliches. Thukyd. III 86, 2. Vgl. BUcbsenschlitz Besitz und Er-
werb p. 4:is.
. Helb ig, Die ituhker in d«r Poebene. 5
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66
Die Italiker in den Pfohldllrfeni.
Gelehrten zn erklären. VenDathlidi lag eine Nachrioht vor, dnss
Liefemngen, welche bisher in Spelt verabfolgt worden waren,
vom Jahre 454 an in Waisen Statt fanden, und wird man hier-
bei annftehst an die Rationen denken, weldie der Staat der rOmi-
sehen Landwehr zuwieß. Wenn eine aolehe dem gemeinen
Manne zu Gute kommende Reform in dem Jahre 454 erfolgte, so
ent$])richt dies vollständig dem damaligen Gange der politisdien
Entwickelang. In das Jahrzehnt, weldhes der DecemviralgesetZr
gebung vorhergeht, fällt eine Beihe von Verfllgnngen, durch
welche die Regierungspartei die unzufriedene und auf Entwurf
eines gemeinen Landrechts dringende Plebs zu beschwichtigen
trachtete. Es gentigt daran zu erinnern, dass man im Jahre
157 die Zahl der Tribunen von fünf auf zehn vermehrte? , dass in
dem folgenden Jahre der ager publicus auf dem Aventin unter
die «ärmeren Bürger zu Bauplätzen aufgetheilt und in dem Jahre
454 die lex Aternia Tarpeia erlassen wurde, welche das Recht
der multae dictio, das l)ii>her nur die Consuln besessen liatten,
auf alle Magistrate ausdehnte und ftlr die multae ein uniiber-
schreitbaies Maximum festsetzte. Dass der römische Wehrmann
bis um die Mitte des 5. Jahrhunderts mit der gröbsten und bil-
ligsten Komart genährt wurde , ist denkbar , ganz unglanb-
lieh dagegen, dass die mit den griechischen Kolonien handelnden
Grundbesitaer bis sn dieser Zelt anf die gleiche Kost beschrankt
gewesen seien.
Wird allen diesen Gesichtspunkten Rechnung getoigen, dann
wllsste ich nicht, was sich vermdge der in den Terremare enthal-
tenen Resten von Kulturpflanzen gegen den italischen Ursprung
der Pfahldörfer einwenden ließe. Da der Waizen bereits von der
Bevdlkerung der ältesten in den schweizer Seeon entdeckten Pfahl-
bauten cultivirt wurde, so spricht nichts gegen die Annahme,
dass die Italiker diese Getreideart neben gröberen Gattungen,
wie Spelt und Gerste, aus ihren frflheren Sitzen nach der
Apenninhalbinsel mitbrachten. Dieselbe Annahme ist hinsicht-
lich des Flachses gerechtfertigt. Wenn Hehn die UiTerwandt-
schaft von Xi'vov und linum anzweifelt und vermuthet. das latei-
nische Wort sei nach dem griechischen gebildet ^) , so wird diese
1) Zur Zeit des Polybios VI '39, 13—14 erhielten sowohl dio
rüniisclie Landwehr, wie die Contiogente der Bundesgenossea die
Rationen in Waizen.
2) Vgl. Heer die Fflanaen der Pfahlbauten p. 13—15. Keller
Pfahlbauten 6. Bericht p. 310. Waizen wurde auch in der Nieder-
Inssun? von Wangen im Bodensee geAmden: Keiler Pfahlb. 2. Be-
richt^ p. 127.
3) Kulturpflanzen und Hausthiere 3. Aufl. p. 144 ff.
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VI. Feldbau und Nahrung.
67
Verrauthung , abgesehen von anderen Gesiclitspunkten , 'j sclion
dadurch widerlegt , dass Leinsamen und -fasern in den Pfald-
dörfern vorkommen, die docli sicher einer den hellenischen Ein-
flüssen vorhergehenden Epoche angehören. Während der classi-
schen Entwickeluug des latinischen Stammes herrscht allerdings
entschieden die Wolle vor und erscheinen der Flachs und die
Leinwand als fremdartige und ungewohnte Dinge. Doch nötbigt
diese Thataaehe keiiMAwegs dazu, wülureBd der Urzeit das
Gleiche YoranszuBetiEeii. Vielmehr weisen mancherlei Spuren anf
einen yerschiedenen Sachverhalt hin.
Zunächst ist es beachtenswerth, dass sich in der primitiven
Knltorschicht anf dem Esqnilia hOmeme Utensilien geAmden
haben» welche nach der IlbereinstimmeBden Annahme aller Palfto-
ethnologen zum Anskämmen des Flachses dienten.^) Ferner
fehlt es nicht an Zeugnissen, dass verschiedene italische Völker-
schaften auch während der classischen Epoche Flachsbau trieben
und Leinwand anfertigten. Allerdinga ist es sehr schwierig über
die Bedingungen, die hierbei wirksam waren, in allen einzelnen
Fällen ein bestimmtes Urtheil abzugeben. Auch in den Kultur-
ländern des Ostens nämlich, in Aegypten und Vorderasien, reicht
der Flachsbau in das höchste Alterthum hinauf und Hehn '•^] hat
vollständig Recht, wenn er behauptet, dass sch(m sehr früh
linnene Stoffe und Kleider aus dem östlichen Kulturkreise nach
Italien iniportirt wurden. Demnach liegt, wenn die l'berlieferung
einer italischen Völkerschaft Flachsbau oder linnene Tracht zu-
schreibt, stets die Alternative vor, dass dieser Gebrauch in un-
1} Auch in den Ultesteu der sogenannten Steinzeit augeLürigen
Pfahlbauten der Schweiz haben sich Beste von Flachs gefunden.
Doch ist diese Thatsache fUr unsere Untersuchung werthlos , da die
Ausichtcn über die Species auseinander gehen. Heer über den Flachs
und die Flachskultur im Alterthum (Zürich 1872, p. 14 if. erkennt
darin das 11 n um angustifolinm Hnds., eine Art, die nur in den
Ländern des Mittelmeergebietes wild wächst, und nimmt daher au.
die Bewohner jener Pfahlbauten hätten den Flachssamen aus dem
sudlichen Europa bezogeu. Anders lautet dagegen, wie mir Ferdi*
nand Keller mittheilt , ein Gutachten des BotaulKerB Christ in Basel.
Nach diesem entspricht der in jenen Pfahlbauten v(»rkonimende
Flachs am Meisten dem linum montanum Schleich und dem
linum perenne L., Arten, die in dem mittleren Europa heimisch
sind. Omie mir Uber die botanischen Gesichtspunkte , auf die sich
die beiden Ansichten stützen, ein Urtheil anzumassen, kann ich nicht
umhin, vom kulturgeschichtlichen Standpunkte ans zu betonen, dass
die Annahme, die Bevölkerung der Schweiz liiitte sclion während der
Bogenannten Steinzeit Kulturpflanzen aus dem südlichen Europa be-
zogen, wenig glaublich scheint.
2) Bull, dell Inst. 1878 p. 3, 4.
3) A a. 0. p. 153 ff.
5*
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68
Die Italiker in den Pfahldörfern.
unterbrochener Überlieferung aus der Urzeit datirt oder erst
später durch übtTseeiscbe Einflüsse veranlasst ist. Ausserdem
ist noch eine dritte Möglichkeit zu erwägen, nämlich die, dass
die von Alters her getlbte Kultur und Verarbeitung des Flaclises
veiTiiöge des Importes fremdländischer Fabrikate einen verstärkten
Impuls erliielt und eine grössere Bedeutung gewann, als in der
fi-üheren Zeit. Eine sichere Entscheidung lässt sich bei der
Lückenhaftigkeit unserer Kenntnisse wohl in keinem Falle ab-
geben, höchstens ein größerer oder geringerer Grad der Wahr-
scheinlichkeit geltend machen. Wenn in dem südlichen Etrurien
viel Flachs gebaut wurde ^] und Silins Italicas^] den Faliskem
eine linnene Tracht zuschreibt, so haben wir es mit einem Ge-
biete zu ihun, welches der Schauplatz ehies uralten Handels-
verkehrs war, und liegt es daher nahe, an llberseeische Einwhr-
kungen zu denken. Ein ans Leinwand und Bronzebleeh gefer-
tigter Panzer, dessen Fragmente m einem sehr alten Grabe bei
Tarquinii entdeckt wurden, ^ stammt vorausnchtUch aus einer
auslftndfschen Fabrik; denn er zeigt eine technische Vollendung,
die In dem entschiedensten Gegensatz steht zu der primitiven
"Weise, in welcher die sicher beglaubigten etmskischen Manufac-
turen, die sich in demselben Grabe fanden, gearbeitet sind. Man
wird dabei in erster Linie an Oarthago zu denken haben, da die
Bewaffnung mit linnenen Panzern für das carthagische Heer aus-
drücklich bezeugt ist *) und das Grab kein einziges unzweifelhaft
hellenisches Fabrikat, wohl aber Gegenstände enthielt, die deut-
lich auf phönikischen Verkehr hinweisen. *^) Ähnliche Gesichts-
punkte gestatten die gleiche Annahme hinsichtlich der wunder-
bar feinen linnenen Gewebe, welche bisweilen in chiusiner Grä-
beln über die die Aschenumen tragenden Sessel trebreitet oder
um die Urnen herumgelegt sind. ^] Demnach ist es wohl mög-
1) Hehn a. a. 0. p. 154.
2; Pun. IV 'I'l'.i : Inductosque simul gentilia linea Faliscos.
3, Mon. dcU lust. Vol. X tav. X»» Fig. 3 , X«» Fig. 6 , 10. Ajm.
dell Inst. 1S74 p. löl, *25S.
4) Pausau. VI 19, 7.
5) Ein unzweifelhaftes Zeugniss giebt hierfür der Scarabäus
Mon. den Inst. Vol. X tav. X<1 Fig. 12. Ann. 1874 p. 264, 12. Vgl.
1876 p. 1<I7 tf.
ü) Bull, deir Inst. 1874 p. 2üü, 1^77 p. 104, 195. Die wichtig-
sten Gegenstände aus dem im Bull. 1874 Doschriebenen Grabe sind
seitdem in den Mon. dell' Inst. X Tav. XXXIX*. Ann. dell' Inst.
1S77 Tav. d'agg. U V publicirt worden. Was von ihnen deutlich als
etruskische Mauufactur kenntlich ist , bekundet eine zugleich tiefere
Stufe der Technik (Ann. 1877 p. 4i)7) , als die importirten Artikel,
die sum Theil auf Carthago , zum Tbeil auf die chalkidlschen Kolo-
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VI. Feldbau und Nahrung.
69
lieh, dass auch der dem Vejenterköuig Tolumnius ab^euommene
thorax linteus, welcher sich zu Rom iu dem Tempel des Jupiter
Fereti'ius befand und dessen Inschrift das Interesse des Kaiser
Augostas erregte,^} inCarthago gearbeitet war. Dagegen fragt es
sieh, ob der ausgedehnte Leinwandgebraach, der. bei den Sam~
niten bezeugt ist, ans tlberseeischen Einwirkungen abgeleitet
werden darf. Allerdings beziehen sich die einschlagenden Nach-
richten auf die bedenkliche Periode der Samnitenkri^, deren
Geschichte nur allzusehr aus Wahrheit und Dichtung gemischt
ist. Nichts desto weniger aber wäre der Skeptidsmus zu weit
getrieben, wollte man den Angaben über die hervorragende
Holle, welche die Leinwand damals bei den Samniten spielte,
jegliche geschichtliche Ginindlage absprechen ; denn die in jenen
Kriegen erworbenen Beutestücke gewährten auch den späteren
Generationen einen deutlichen Einblick in die Ausrttstungsweise
der alten Feinde und noch Plinius ^) schildert einen samnitischen
Stamm, die Peligner, als eifrig des Flachsbaues und der Lein-
wandmanufactur beflissen. Die überliefeining berichtet folgen-
der Maßen das Heer, welches die Samniten im Jahre 30&
V. Chr. iu das Feld stellten, war in zwiefacher Weise ausge-
rüstet. Die eine Hälfte trug bunte Leibröcke und mit Gold be-
legte Schilde, die andere weisse linnene Tuniken und Schilde,
die mit Silber geschmückt waren, beide Helme mit hohen Büsclien.
Aus dem Jahre 293 v. Chr. hören wir Folgendes:^) das sam-
nitische Ileer sammelte sich, vierzig Tausend Mann stark, bei
Aquilonia. Mitten im Lager war nach einem alten Brauche ein
Templum errichtet, dessen Ausdehnung zweihundert Fuss in das
Geviert'C betrug. Die Wände bestanden aus Flechtwerk und
Brettern, die Decke aus Leinwand. Innerhalb dieses Baumes
wurde ein blutiges Opfer dargebracht und die Truppen in ein-
zebien Abtheilungen durch einen furchtbaren Eid dem Feldherm
verpflichtet. Eine auserlesene Sdiaar von 1 6000 Mann hiess nach
der linnenen Decke, unter welcher die Ceremonie Statt gefun-
den hatte, legio Mnteata. Wenn Hehn^) auch in diesem Falle den
Leinwandgebraach auf überseeische Einflüsse zurückführt und
die Frage aufwirft, ob nicht die linnenen Leibrdcke der samni-
tischen Landwehr im fernen Osten gewebt seien, so bin ich zwar
nien hinweisen. Nach Vermiglioli ant. iscrizioui di Perugia I p. IST, 2
wurde auch bei Orvieto ein in Leinwand gebülltes bronzenes Aschen-
gefüss gefunden.
1) Liv. IV 20. 2) XIX 13. 3) Liv. IX 40.
4) Liv. X 3S.
5) Kulturpflanzen und Hansthiere 3. Aufl. p. 154, 155.
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70
Die Italiker in den PfaUdOrfern.
ausser Stande, diese Anifassnng bestimmt za widerlegen, kann
aber nicht mnliiii, darauf hinzuweisen, dass die Samniten nur
wenig von fremden KnltureinflUssen berührt waren und nnter allen
italischen Stämmen am Zähesten an der mitteleuropäischen Über-
lieferung festgehalten haben. Thatsachen, wie die, dass sich das
städtische Leben bei ihnen nur in dürftiger Weise entwickelte und
dassAeclanum noch zur Zeit des Bundesgenossenkrieges durclieine
hölzerne Mauer befestigt war, wurden bereits hervor^eholjen
{Seite 41, 45). Soweit unsere Kenntniss der im inneren iSamuium
gemachten Funde reicht, sclicint die decorative Entwickelung in
dieser Landschaft vor Beginn der römischen Hen'schaft nicht viel
über das Stadium hinausgekommen zu sein, für welches die Ver-
wendung einfacher geometribchcr Muster bezeichnend ist. Dass
die Beziehungen zu den Hellenen geringfügig waren, darf schon
daraus geschlossen werden, dass sieh bis Jetzt in Samnium kräie
bemalte griechische Vase gefunden hat. Unter solchen Um-
ständen ist man berechtigt, angosichts des in dieser Landschaft
bezeugten Leinwandgebrauches an eine ununterbrochene Ober-
liefemng aus der Urzeit zu denken.
Wie der Flachs ti*at auch eine andere, von den Pfahldörflern
angebaute Feldfrucht, nämlich die Bohne , während der classi-
sehen Entwickelung in den Hintergrund. Die Römer der Kaiser-
zeit urtheilten über sie in sehr abschätziger Weise und betrach-
teten sie als ein Gericht vorwiegend geeignet für Bauern,
Schmiede und Gladiatoniu . 2j Dagegen ist es gewiss , dass
diese Hülsenfrucht wiilirend der latinischen Urzeit eines der
wichtigsten und geachtetsten Naliruugsmittel war. Nach der
Bohne sind der mythische Gründer von Cures , Modius Fabi-
dius ^} , und der Dictator von Alba longa , Mettius Fufetius,
benannt. Ihr wdankt eines der Xltesten römischen Patrizier-
geschle^ter, das der Fabii, seinen Namen. ^) Bei dem am
1 . Juni Statt findenden Feste der Göttin Oama wurde ein Bohnen-
brei als Opfer dargebracht und gegessen, du Gebrauch, den
Ovid daraus ableitet, dass der latinische Boden zur Zeit der
Stiftung Jenes Kultus nur Bohnen und Spelt getragen habe. Der
1) Diese Tbatsache (ist bereits von Jahn Yasensamml. K. Lud-
wigs Einleitung p. LXIV hervorgehoben und seine Angabe, soweit
meine Kenntniss reicht, durch keine späteie Entdeckung berichtigt
worden.
2) Die Stellen bei Marquardt rüm. Privatalt. II p. 35.
3) Dionys. Hai. II 48.
4) Tgl. Pfund de antiquissima apud Italos fabae eultnra ac re-
ligione Berol. 1845 p. Gflf.
5) Plin. XVIII JO.
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Vi. Feldbau und Nahruug.
71
betreffeude Tag führte des»halb deu Nameu Kuleudae faba-
ri«e. ^) Ebenso spielte die Bohne iu den Kulten der Lemnren,
der Lareatia, die sogar den Beinamen Fabnla ftthite, ^) und der
Laren ^e henrorragende Rolle. Bei den Floralien war es
Gebraneh, Bolmen unter das Volk an werfen. *) Besonders be-
deittsam ist es abev, dass diese Hfllienfiiieht regefanissig bei den
Todtenopfem zur Verwendung kam.
Sollte ferner in den Pfahldörfern die Kenntnis» der Most-
und Weinbereitnng gefehlt haben (Seite IS), so weisen verschie-
dene Spuren darauf hin, dass sich die alten Latiner anfänglich
in der g-leichen Ln^a befanden Als Gaben, welche die latini-
schen Bundes8tä(lte zu den feriae latinae steuerten, werden Vieh,
Käse , Milch und Mehl . aber nicht Wein namhaft gemacht. ^;
Die wichtigste Handlunjd: des Festes war eine Spende, welche in
Milch dargebracht wurde. Wenn die Kömer der Wiegen<;üttiu
Cunina und am ruiniiialischen Feigenbaum der Göttin des Öäugens,
der Rumia oder Kumina, mit der gleichen FlUßigkeit libirten,^)
so Iflsst sich dies ans dem Begriffe der beiden Qoltlieiten erklären.
Dagegen ist es sehr aufl&Uig, dass die dem Silvan, der Pales, der
Gere» und den Camdnen dargebrachten Spenden nicht in Wein,
sondern in Bfilch erfolgten, Plinins*®) sagt ansdrflcklich,
dass in den von Romnlos eingerichteten d. h. ältesten römischen
Kulten nur eine solche Libanon znläßig war. Wenn ein dem
Kuma zugeschriebenes Gesetz verordnete, ^vino rogum ne
respargito,^ so lässt dies darauf schliessen, dass bei den
ältesten Bestattongsgebränchen der Wein keine Verwendung
fand. »')
Altitalisch ist ferner der in di'n Pfahldörfern herrschende
Brauch, aus den z»'rbt4impften (ietreidekörneru einen Brei oder
Teig zu bereiten Seite 17 ; . In dem öll'entlichen römischen Ritus,
welcher wie beinahe ül)erall so auch liier die alterthümliche Sitte
festgehalten liat, wurde nie das Brod, sondern stets die gerösteten
Speltkömer, das far tostnm, das mit Salz gewttnte Mehl, die
Ii Ovid. fast. VI lliU ff. Macrob- sat. I 12, '66.
2) Plutarch. qnaest. rom. p. 105B.
3) Vgl. Pfund a. a. 0. p. 25.
4) Horat. sat. II 3. 182 ff.
•->] Festus p. 87, 14 Müller: pareutalibus adhibetur sacriüciis.
Plin. XVIII 118: parentando utique assumitur.
6) Dionys. Hai. IV 49.
7; Cic. de divinationc I 11, IS: laeto niactasti lacte Latinas.
bi Varro bei Non. de hon. et nov. vet. dictis p. 167 s. v. Rumam.
9| Die Stellen bei Sehwegler r. 6. 1 p. 421 Anm. 5.
10 XIV SS.
U) Plin. XVllI 24.
72
Die Italiker in den Pfabldürfern.
mola Salsa, oder der Mehlbrei, die puls, dargebracht. Varro
und Plinius '] haben demnach vollständig Recht , wenn sie an-
geben, dass die Kömer lange Zeit kein anderes Körnergericht als die
p nl 8 gekannt liätten. DerSanerteig, dessen Beifügung soweaent-
lieh ist, nm ans dem Mehle ein gesundes nnd wohlsi^eekendes
GebAek zn erzielen, wurde erst in TerhAltnisamäasig apftter Zeit *
geläufig. Er galt noeh in der Epoche, in der die Börner die
Disciplin des Flamen DiaUs regelten, als eine ungewohnte Neue-
rung; denn es war diesem Prester verboten, farinam for-
me n to in b u ta m zu berühren. ^)
Auch davon, dass während der ältesten italischen Ent-
wickelung eine einiger Maßen vollkommene Vorrichtung zum
Mahlen fehlte (Seite 17), hat die Überlieferung eine Spur be-
wahrt. Die mola vor satilis nämlich, also das ausgebildetere
Geräth, dessen oberer Theil vermöge eines Henkels über dem
unteren drehbar war, galt nach Varro als eine Erfindung der
Volsinier. Demnach wurde eine ältere Epoche vorausgesetzt,
während deren man sich mit anderen unvollkommeneren Mitteln
behalf, etwa mit den beiden Steinklötzen, wie sie in den Pfahl-
dörfern zum Zermalmen der Körnerfrüchte dienten.
Beiläufig' sei hierbei au die Gleichungen jiüXr^ mola.
TTTtaato pinso , TtoATo; puls erinnert. Sie beweisen, dass die
Graeco-ltaliker mit den Körnerfrüchten in derselben 'Weise ver-
fuhren, wie die Pfahldörfler — eine Thatsache, die für unsere
Untersueliung nicht ohne Bedeutung ist, da ja die Pfahldörfler
nach der von mir begründeten Auffassung unter allen italischen
Kiederlassungen zeitlich wie räumlich dem graeco-italischen
Stadium am Nächsten stehen.
Dass die Eichel in der Urzeit den Italikem als Nahrung
diente (oben Seite 16,17), darf schon desshalb angenommen wer-
den, weil dieser Gebrauch bei dem Brndervolke sicher bezeugt ist.
Die Arkader, bei denen sich in Folge der Abgeschlossenheit
ihres Landes mancherlei alterthttmliche Zflge Ifuige erhielten,
werden in dnem delphischen Orakelspruche ^} als ßaXavrj9aY0i
bezeichnet. Femer gedenkt Hesiod in den Werken und
Tagen, wo er das Gedeihen schildert, welches Friede und
1) Varro de 1. 1. V § 103: de victu antiquissima puls. Plin.
XVIII 83 : pulte autem , non pane vixisse longo tempore RomanoB
manifeBtum. quoniam et pulmentaria hodleque dicnntur. Vgl. luvenal.
sat. XIV 171.
2) Gell. X lö, lü. Festus p. S7, 13 MUller.
3) Bei Plin. XXXVI 135. Tgl. Serv. zu Vergil. Aen. 1 179.
4) Herodot. I 66. Vgl. Aelian var. bist. III 39.
3) Vers 232 ff.
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Yl. Feldbau und Nahrung.
73
Recht über die Menschen bringen, der Eichel als eines der wich-
tigsten ^Nahrungsmittel :
* Bei den athenischen Hochzeitsschmäuseii trufc ein mit Eicheln
bekränzter Knabe Brode anf nnd säurte dabei : l'^'j- ov xaxov,
eupov äjjLStvov. Nach der Auslegung der Alten wurden hierdurch
die primitive Eichelkost und das ledige Leben als das Schlech-
tere, die Getreidenahrung und der Ehestand als das Vorzüg-
lichere eiuiiuder gegenüber gestellt. ^) Wenn lateinische Dichter
die Vorfahren als Eichelesser bezeichnen, so sind Angabea
dieser Art für unsere Untersuchung allerdings bedeutungslos, da
m denBindniek erwecken, als seien sie durch grieebische Schilde-
rangen der Urzeit bestimmt. Dagegen seheint ein Gesetz der zwölf
Tafeln,^) welches verordnete »nt glandem in aliennm fündnm
procidentem liceret colligere«, darauf hinzuweisen, dass auch in
dem alten Rom die Eichel höher geachtet wurde, als anzunehmen
wftre, wenn sie lediglich als Schweinefhtter gedient hätte. End-
lich berichtet Flinius^) an einer sehr verdorbenen Stelle, dass
bisweilen bei Hungersnoth Brod aus Eichelmehl gebacken wurde.
Wenn er nicht ausdrücklich beifügt, vro dies geschah, so weist
der ganze Zusammenhang doch mit grösster Wahrscheinlich-
keit darauf hin , dass der Schriftsteller dabei auch an Italien
dachte.
Wenn ferner die Jagd bei den Pfahldörflern gegenüber der
Viehzucht in den Hintergi'und trat Seite 15'. so lässt sich der
gleiche Sachverhalt bei den alten Latinern nacliweisen. Einen
sehr bedeutsamen Wink giebt in dieser Hinsicht die Erscheinung,
dass die Latiner Benennungen von wilden Thiercn aus W^or-
ten abgeleitet haben, die für Hausthiere gültig waren. So ist
die Bezeichnung für das Reh, caprea, unter Adjectivisirung
der Endsylbe gebildet aus caper, capra, was die Ziege be-
deutet. Das Wort hinnuleus für Hirsch- oder Rehkalb bildete
man in der gleichen Weise aus liinnulus, dem Deminutiv von
hinnuä, wodurch ein von einem Pferdehengste und einer Eselin
1) Zenob. prov. III 9S (Paroemiogr. gr. ed. Leutsch I p. 82).
Eostath. zttOdyss. XII 35" p. 172ü, IS.
2 Lucret. V 939, 965. Tibull. II 1. 37.
3) Plin. XVI 15.
4) Plin. XVI 15: Glandes opes sunt nunc quouue multarum
gentium; etiam pace gaudentium constant; nec non et inopia frugum
are&ctlB molitur farina spisaatnrqne in panis uaum.
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74
Die italiker in dau Pfahldürteiu.
gezeugtes Maulthier bezeichnet wurde. Hinuus aber ist ein
Lehnwort aus der griechischen Sprache, in welcher die Formen
Tvvo;, ivvo;, yivvoc in derselben Bedeutung vorkommen. Es
versteht sich, dass diese Eutleliiiuug jünger ist, als die Gründung
der ältesten griechischen Städte auf italischem Boden. Als
demnach die Maulthierzucht durch Vermittelung der Chalkidier
oderPliokaier inLatium Einzug gefunden hatte und die latinischen
Bauern mit den bnmnen munter auf ihren Höfen herumsprin-
genden MaulflüerfllUen ▼ertraut geworden waren» erweekte Urnen
der Anblick eines HirBoh- oder Behboekes , der sich ans den
Forsten anf ihre Felder oder Wiesen herauswagte, ^en ent-
spreehenden Eindruck. So wurde denn eine Bezeiclmang fDr
das letztere Thier ans dem fttr das ManlthiedtUlen geläiägen
Worte abgeleitet. Dieser Vorgang bewdst anf das Schlagendste,
wie vertraut die alten Latiner mit dem Vieh ihres Hofes waren,
wie fremd sie dagegen dem Gethiere des Waldes gegenüber stan-
den. Noch zu der Zeit, als sich Polybios in Rom aufliielt, ver-
schmähten die jungen Römer, deren Thun zu beobachten er Ge-
legenheit hatte, die Beschäftigung mit dem Waidwerk und Poly-
bios war stolz darauf, durch sein Beispiel dem jttngeren Scipio
Liebe für diese Thätigkeit eingeflösst zu haben. '] Wenn sich
die grossen (Jnmdbesitzer. auf welche die Angabe des griechi-
schen Schriftstellers zunächst hinweist, des Jagens enthielten,
dann kann diese Beschäftigung auch in der Existenz der dama-
ligen latinischen Bauern keine hervorragende Holle gespielt
haben; denn wir dürfen annehmen, dass der Unterschied der
Lebensrichtung zwischen den grossen und den kleinen (iruud-
besitzern in jener Zeit noch ein verhältnissmässig geringer war.
Bezeichnend ist es auch , dass Plinius-* von dem Genüsse <le.s
Fleisches des Wildschweins kein älteres Zeuguiss beizubringen
weiss, als eine Bemerkung des alten Cato.
Wenn sich endlich die Pfahldöi-fler mit dem Fischfange cnt^
weder gar nicht oder nur ansnahmsweisebe&ssten (Seite 15, 16).
so ist diese EigenflLflmlichkeit entsohieden ein Erbtheil ans dem
sogenannten graeco-italischen Stadium. Wahrend nftmlich die
griechische und lateinische Sprache unter den Worten, welche sieh
anf die Viehzucht und die Anflinge des Feldbans beziehen, eine
Folie urverwandter Bildungen darbieten, zeigen sie. wo es sieh
1) Vgl. Hehn JCulturpflanzen und Haustbiere 3. Aufl. p. 115 ff..
515, 516.
2) Polyb.XXXii 15. Vgl. Heibig Untersuchungen über die cam-
panische Wandmalerei p. 274 ff.
3i VUI 120.
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VI. Feldbau uud Nahruug.
75
tun Fische, Fischfang und die dazu uuthigen Uteusilieu handelt,
die aufiälligste Abweichung. Zwar ätelleu die graeco-italischen
Vocabnlarieii inkh und attilns ato Hnrerwandt neben einan-
der. Doch wurd jeder unbefangen urtheÜende Spraehvergleieher
die Berechtigimg einer rerscbiedenen Anffaaenngsweise znge-
liehen. Das griechische Wort beseichnet einen ni<dit mit Sicher-
heit zn bestinunenden Seefisch, vieileicht die sparns aurata
Linne, attilus eine im Po heimische Störart. Betrachten wir
aber das Local, an welchem die letztere Bezeichnung haftet,
dann darf mit gleichem und vieileicht mit grösBerem Rechte statt
Urverwandtschaft Entlehnung angenommen werden. Die Athener
trieben im 5. uud 1. Jahrhundert v. Chr. Handel an der West-
ktlste des adriatischen Meeres uud die Syrakusauer fassteu zu
Anfjing: des letzteren Jahrhunderts in dem Gebiete der Pomttu-
dung festen Fuss. 'j Da die Syraku.sauer bereits in den Komödien
des Epicliarmos als leidenschaftliche Fif5chliel)haber erscheinen
und die gleiche Gourmandise wenige Jahrzehute später auch in
Athen Platz gewinnt, so ist es denkbar, dass es Athener oder
Syraknsaner waren, welche anf die Störe, die ihnen der Po als
willkommene Speise darbot, den Namen ixtU^ ttbertmgen. Dieser
Name konnte dann recht wohl von den in der Nachbarschaft an-
sässigen Kelten angenommen werden, ans keltischem Munde in die
lateinische Sprache Übergehen und in dieser schliesslich die
Form attilus empfangen. Wie man aber auch über diese Auf-
fassung urtheilen mag. jeden Falls zeigen alle anderen hierher
gehörigen Worte in den beiden classischen Sprachen abweichende
Bildungen . Man vergleiche i/Du; p i sei s : aX« «Jeu p i s c o r ;
aYX'.^Tpov hamus: opuioi linea piscatoria: aaYV/r^ ajx'.5i'-
SÄT.aroov 'i-.'or.vov r e te , eve rr ic u 1 um ; oiAsao oiÄo; oo/.o: das
urverwandte dolus hat im Lateinischen die urspiilngliche weitere
Bedeutung es ca. Wenn die Spaltung der beiden Sprachen in
dieser Wortreihe zu dem Schlüsse berechtigt, dass Griechen und
Italiker erst nach ihrer Trennung Fischfang zu treiben aufingeu,
so wird diese Annahme durch andere Gesichtspunkte bestätigt.
Das griechische Wort für fisdien aXieucu ist gebildet ans dem
StanmieaXt-Salz, Heer — und demnach erst entstanden, als die
Griechen die Seekttste erreicht hatten. Femer fehlen Fisch-
gerichte in dem Kenn der homerischen Helden — eine Thatsache,
welche schon die alten Grammatiker befremdete, Nur von
dem heftigsten Hunger gepeinigt verstehen sich die Genossen des
l ; Vgl. hierüber das X. Kapitel.
2) Athen. 1 9 C D.
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76 Italiker in den Pfahldörfero.
Odvsseii.s auf der Insel des Helios und die des Menelaos, als die
^Viud^tiUe sie aufderägyptischen Düne zurückhält,' zu dem Eut-
schlusf>e, durch Fischnahrungr ihr Leben zu iVi^sten. Während eio
Hellene der classif^chen Epoche mit dieser Kost sehr zufrieden
gewesen sein wtlrde, fühlen sich die homerischen Helden dabei
hGebst nnglflcklicli nnd bietet die Jugend von Ithaka sogar dem
sieberen Verderben Trotz, um vieder einmal den gewohnten
Fieiechgenuss zn haben. Hieraus ersieht man deutlich, dass sich
die Griechen des homerischen Zeitalters nur nothgedningen zur
Fisehnahmng bequemten. Diese Annahme wird keineswegs dar
durch widerlegt, dass in der Ilias und Odyssee bisweilen Gleichr
nisse aus dem Gebiete der Fischerei Torkommen.^) Offenbar
hatte das niedere Volk, welches des Yiehbesitzes entbehrte, be-
reits angefangen, sich des Gethieres der Gewässer, deren Aus-
nutzung Jedem frei stand, als Nahrungsmittel zu bedienen, wo-
gegen, wer über Heerdenvieh verfügte, von dem Basileus bis zu
dem Sauhirten herab, in der von Alters her gewohnten Fleisch-
nahrung schwelgte. Ausserdem liegt auch die Vermuthung nahe,
dass jene Gleichnisse, da sie in so auffälliger Weise aus der Schil-
derung des Alltagslebens heraustreten, verhältnissmässig jungen
Ursprungs sind. Jeden Falls ist die Vorliebe für feine Fische,
welche in der ersten Hälfte des 5 . Jahrhunderts v. Chr. in Syra-
kus nnd bald darauf auch in Atlieu und in anderen hellenischen
Städten bemerkbar wird, erst das Resultat eines lang^e dauern-
den Verfeineruntrsjirocesses der griechischen Geschmacksnerven.
Da die schriftliche Überlieferung über das Brudervolk in
sehr später Zeit beginnt, so sind wir ausser Stande, bei den
Italikern Spuren einer ähnlichen Entwickeluug ausfindig ZU
machen. Stellen von Dichtern, welche die latinische Urzeit
schildern und dabei angeben, dass sich die Fische damals unbe-
helligt ihres Lebens erfreuten,^) beweisen nichts, da Äusse-
rungen dieser Art in einer Periode, die mit Fischspeisen eines
wahnsinnigen Luxus trieb, allzu nahe lagen. Ebenso wenig aber
darf man daraus, dass es den Rdmem in der späteren Zeit frei
stand, alle geschuppten Fische mit Ausnahme des squams den
Göttern als Gabe darzubringen,-*) auf ein hohes Alter des
Fischfanges schliessen. Mochte die römische Priestersehaft
bei den offieiellen Kultushandlungen an der alterthttmlichea
1) Odyss. XII ;'.;^'>ff. IV:}ü«.
2 11. V 4S7, XVI 406 flf., XXIV bQff, Od. X 124, XU251ff..
XXll ab4 flf.
3) z.B. Ovid. Fast. VI 173. Varro bei Nonius de indiscr. gener.
p. 2J0 M. Varroüis sat. Menipp rel. ed. Oehler LXXXIV 2).
4) Festua p. 253, 20 eü. Müller.
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VI. Feldbau uud Nahrung.
77
Überlieferung festhalten , 5<o war sie dem Fortschritt keines-
wegs abgeneigt, wo es sieh um Gaben handelte, welche der ein-
aelne Gläubige spendete. Dieselbe Opferordnung, welche Fische
zuließ, verstattete auch die Daibringung von gesäuertem Brede,
Sesam und öl, also von Vietnallen, von denen es feststeht, dass
sie den Latinem erst in yerhältnissmflssig später Zeit bekannt
wurden. Wenn .Oassins Hemina') die auf die Fische bezflg-
Uche Bestimmung dem Nnma zuschreibt d. h. für uralt hält, so
ist diese Annahme TOn zweifelhaftem Werthe, da wir die Grttnde,
auf die sie sich stützte, nicht kennen. Sollten übrigens auch die
Latiner schon in den Dörfern . aus denen allmählig die ewige
Stadt erw iiohs, Fischfang getrieben haben, so würde dies keines-
wegs hindern, in den Pfahldörflern, welche sich dieser Tliätig-
keit enthielten, ihre Ahnen zu erkennen. Wie im VIII. Kapitel
nachgewiesen werden wird, liegt zwischen der Ej)oche. welcher
die Pfahldörfer angehören, und der. in wrdclier die Latiner die
vom Tiber durchflossene Landschaft zu besiedeln anfingen, ein
beträchtliches Stück Geschichte und es ist recht wohl möglich,
dass der Übergang zum Fischfänge in dieser Zwischenzeit er-
folgte.
Ml. Das Haudwerk.
Wenn unter den Zünften, deren Einrichtung man dem Numa
zuschrieb, die der fabri aerarii erwähnt wird^;, so wäre es ver-
fehlt, hieraus auf eine TOigeschrittene Bronzeteehnik zu scUiessen .
Vielmehr weisen maneherlei Erseheinungen auf einen sehr be-
schränkten Grad der Leistungsfilhigkeit hin. Wie die Pfahl-
döriler waren auch die Latiner wl^end der Mhesten Sta-
dien ihrer Entwickelung ausser Stande, Gef^se aus Bronze-
blech zu treiben. Es ergiebt sich dies nicht nur daraus, dass
solche GeAsse in den primitiven latiuischen Fundschlchten ^)
1 Über den Sauerteig vgl <d>en Seite 72 , über das öl Hehn
Kulturpflanzen und Itausthiere 3. Aufl. p. 88 ff.-
2) Bei Plin. XXXII 2u.
3) Die Stellen bei Sehwegler r. G. I p. 947 Anm. 1.
4} Die einschlagende Litteratur ist weiter unten Seite 82 und
83 angefahrt.
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78 I>ie Italiker in den Pfahldörfern.
yennififtt werden, sondern anch ans der Thateache, dass di^
ältesten römischen Knltussatsnngen bei der Libation nnr thöneme
Schalen nnd Krflge zuließen. ^ Die gleiche Beschranktheit seigt
sich in der Herstellung der Waffen. Der mit Metall beschlagene
Schild war wie in den Pfahldörfern so auch in dem primitiven
Latium unbekannt. Der gcwnltige Eindruck, welchen die Ein-
führung dieser Schutzwaffe bei den latinischen Bauern hervor-
rief, erhellt aus den Mythen, welche an die ancilia der Balier
anknüpften. -^) Ein bi(tiizeiner Seliild — so erzählte man —
fiel vom Himmel herab oder wurde durch göttliche Schickung in
der Regia des Numa gefunden. Damit das Gottesgeschenk nicht
von Feinden entwendet werde, ließ Numa durch den schmiede-
kundigen Mamurius elf ganz gleiche Sclülde arbeiten, welche mit
ihrem Vorbilde zur Ausrüstung der zwölf Salier dienten. ■*] Wenn
sich ferner in den Tenenuura Spitzen von Speeren oder Wurf-
spiessen nnd von Pfeilen finden, das Vorkommen des Schwertes
dagegen zweifelhaft ist [Seite 20) , so Iflsst es sich zum Mindesten
beweisen, dass das Schwert in dem alten Latinm keineswegs zu
den allgemein gebräuchlichen Waffen gehörte. In der Nekro-
pole von Alba longa haben sich Lanzenspitzen, aber bis jetzt
kein Schwert gefunden. *) Nicht dieses» sondern die hasta war
1) Dionys. Hai. II 23: xaX oicov^d« eUov Iy^^^P^H^^"^« ^'^^ ^ ^9"
rjf/Oi; 'All yp'jaoTc af^ttsi'^, dXX' £v <iTrpaxlvat; x'jXt^i xat rpo/oi;, vtcti zdvj
Tj-yas^^v TtüN (i\5[yd)v, OTi otafjiivoy^iv toi; rraTotot; sBc^tv oOoev i^^XXar-
Tovxe; TÖ»v dpvattov Upöiv eU xf^v dXaC«iva TioXuTiXetav. Plin. XXXV 158:
In Baerls qmaem etilmi inter has opes hodie non murrinis crystalli-
nisve sed fictilibns prolihatur simpnviis. Apnleius apolo^^ XVIII
p. 27 Krueger: panpertas etiam populo romano iiuperiuin fiindavit
proque eo in hodiemum diis immortalibus simpulo et cutiuu hctili
sacnficat. Cicero paradox. 1 2 : Quid ? a Numa Pompilio ? minusne
ratas diis inniK>rtalibu8 capedines ac fictiles umulas fuisse , quam
licatas aliorum pMteras arbitramur? (Vgl. de natura deor III 17;.
Valer. Max. IV 11 : namque per Bomuli casam perque vetcris Ca-
pitoHl hnmiHa teeta et aetemos Vestae focos , fictilibus etiam nmie
vasis contentos, iuro. Sehol. zu Hör. earm. I 31, 11 : nroprie cululli
calices dicuntur fictiles, quibns pontifices virginesqne Vestales uton-
tur. Vgl. Persius sat. 11 öi) ff.
2) Vgl. Marquardt Handb. d. r5m. Alterth. IV p. 372.
3) Die Angabe des Servius znVergil. Aen. VII 612, die alten
Latiner hätten ohne Schutzwaffen praecinctis tog-is p^ckämpft
und daher käme der Ausdruck milites inprociuctu, lasse ich
ausser Betracht, da sie deutlich den Stempel gelehrter Combination
znr Schau trägt.
4) A. Visconti lettera a Carnevali sopra alcuni vasi sepolcrali
rinvenuti nelle vicinanze dell antica Alba-Longa Tav. IV 1. M- S. de
Rossi secondo rapporto sugli stndii e snlle scoperte paleoetnologiehe
nel bacino della campagna romana ^Giorn. arcad. Tom. LVIII d. s.)
p. 29. Vgl. auch Civiltl cattolica Ser. IX Vol. V p. 583, 584 nnd
p. 590 fig. 2, 3. G.
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VII. Das llHüdwerk. 79
(las Symbol des Mars und Quirinus, wie des strictesteu Eigen-
thunisrechtes. '1 Von den durch die serviauisehe Verfassimg ein-
geführten Classen zogen nur die ersten drei, deren Ausrüstung
durch das Vorbild der griechischen Hopliten bestimmt war, mit
Speer und Sdiwert in das Feld. Dagegen waren die beiden
letiten Classen aehwertlos. Die yierto kflmpfte nnr mit dem
Speere , die ftlnfte mit Wnrfspiess oder Schleuder. ^ Beach-
tenswerth seheint es auch, dass die Salier auf einem in Anagni
gefundenen Belief ^) ohne Schwert dargestellt sind; denn alle
Wahrscheinlichkeit spricht dafHr, dass die ursprflngliehe Aus-
rfistung dieser Brüderschaft in der abgelegenen Hemikerstadt
treuer festgehalten wurde, als in dem von so yielen fremden
KulturoinflUsaen lieimoresuchten Rom.
Ebenso war der Gebrauch bronzener Nägel den Zimmer^
ienten im alten Latium, wie in den Pfahldörfern Seite 20) un-
bekannt. Dionysios von Halikarnass ^ ^ und Plutarch '^j be-
richten ausdrflcklich , dass die älteste Tiberbrücke, der pons
snblicius, ohne Beifügung: metallener Näorel ledio:lich aus Holz-
werk zusammengezimmert war. Der gleiche «Sachverhalt croiebt
sieh aus einer Stelle des Plinius,'') wo es heisst, die Brücke
enthielte keinen eisernen Nagel, seitdem das Abbrechen der-
selben, als sie von Horatius Codes ^eo:en die Truppen des Por-sena
vertheidigt wurde , grosse Schwierigkeiten verursacht habe.
Wenn M. S. de Kossi') im (Jegensatze zu den eisernen an
bronzene Nägel denkt und vermuthet, der pons snblicius sei mit
solchen Nägeln zusammengefügt gewesen, so widerspricht dieser
Auffassung, abgesehen von den ausdrücklichen Zeugnissen des
Dionysins und des Plutarch, die Bemerkung, durch welche
1) Kubiuo Beiträge zur Vorgeschichte Italiens p 230 ff.
2) Uv. 1 43.
3) Ann. deir Inst. 1869 Tay. d'agg. E. ^
4) III 45: %at t9)v c"j).(vt,v ^s^yp^v , avey yxXxoüxoii siS r,-
toy oeO£3»)ai Öiu.u ijtiüv oiotxpaTO'ju.£VTv rtüv £j).(uv, exeivo; (Aucus
s \ 1 a-r'_. 'i'-ji--. \ -i _ - ^ \A
5; Numa 9 : Asys''»' »»i ~o rajATiav ave-j aiof, pou Aizä otj ti
♦i XXXVI 100: Cyzici et buleuterium vocant aedificium am-
pluin sine ferreo clavo, ita disposita contignatione, ut eximantur
trabes sine fulturis ac repouantur, quod item Komao in ponte subli-
cio religiosum est, posteaqnam Coelite Hoiatio defendente aegre
revolsns est.
7) Ann. deli Inst. 1867 p. 35 ff.
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80
Die Itiaiker in den PfttUdörfern.
PUnins die Bauweise der Brttcke erklärt. Sie erscheint , falls
man de Rossi's YermBÜrang annimmt, ToUstftndig sinnlos ; denn
Jedermann sieht ein» dass, wenn es gilt eine hdlseme Brücke
rasch abzubrechen, das Heransreissen eiserner wie bronzener
Nägel den gleichen Zeitverlnst 7emrsacht. Plinins hat, wie
Flntarch, des Eisens nur desshalb gedacht, weil zn seiner Zeit
die Nägel gewöhnlich ans diesem Metalle gearbeitet wurden. Es
war dies um so yerzeihlicher, da die Erwäbniing des ferrens
clavns in dem Hauptsatze, welcher von dem kyzikener Rath-
hause liandelt. Statt findet, während die Bemerkung über die
Tiberbrttcke vermöge eines Nebensatzes angeknüpft ist. Also
war der pons sublicins wie das die Pfahldörfer tragende Gerttdt
lediglich aus hölzernen Bestandtheilen aufgeführt.
Wie ungewohnt den alten Latinern das Kupfer selbst als
Rohmaterial war, erhellt dentlicli daraus, dass sich die Römer
lange Zeit ansschliesslieh des Viehes als Tauschmittel bedienten.
Die ältesten niultae waren iu Kindern und Schafen ange-
setzt und noch die im Jahre 451 v. Chr. erlassene lex Ater-
nia Tarpeia bestimmte die Bussen in dieser Weise. Der Um-
satz in entsprechende Kupferwerthe erfolgte erst 24 Jahre später
durch die lex Julia Papi r ia. '
Nach der schriftlichen Überlieferung scheint es sogar, da.ss
man wie in den Pfahldörfern Seite '2i , so auch iu dem alten
Latium das Eisen nicht kannte. Unter den Zünften des Numa
werden die fabri ferrarii vermisst. Ausserdem schlössen die
Knltnssatznngen das Eisen allenthalben ans. ^) Kein Werkzeug
ans diesem Metalle durfte in den Hain der Dea Dia eingeführt
werden. Hatte ein Verstoss gegen diese Satzung Statt geftinden,
so wurde er von den Anralen durch besondere piacula ge-
stirnt.^ ) In der Inschrift von Furfo, welche yon der Bestau-
ration des Tempels des Jupiter über handelt, wird ausdrtlcklich
die Erianbniss ertheilt, dass man sich hierbei auch eiserner
Utensilien bedienen dürfe. ^) Dem- römischen Flamen Dialis und
den sabinischen Priestern war es rerboten, sich mit anderen, als
bronzenen Messern zu rasiren. ^) Ebenso schrieb der Ritus der
1, Marquardt Handb. d. röm. Alterth III 2 p, 3.
2i Lange röm. Alterth. 1- p. 5;i2 ff.
3^ Macrob. V 19« 11: omnino ad remdivinam pleraque aenea
adhiberi uiulta indicio sunt. Auch der griechische Kultus schrieb
Ähnliches vor. Plutarch. praecept. ger. reipublicae 26 p SlO :
dtrXäi« ctreiv. ei; oOSiv «uvttSfi^dev.
4) Vgl Uenzen acta firatrum Arvalium p. 128 flf.
5 C. I. h I Ho;3
t>] Servius zu Aen. I44b: äamen Dialis aereis cultris ton-
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VU. Das Uiiüdwerk. 81
StadtgTündung vor, daäs der Umriss der Niederlassung aeneo
vumere gezogen werde.') Die Klinge des Messers isece-
sp i t a) , deren sich die römischen Pontiiices bei ihren Opfern be-
dienten, bestand in späterer Zeit allerdings aus Stahl ; dagegen
wurde der Griff nach wie vor mit bronzenen Nägeln beschla-
gen.^) Hochatens könnte man vermuthen, dass das Eisen
wtiirend der ältesten latinischen J^twickelnng ein ganz sel-
tenes Material war, welches nicht so sehr zn Utensilien, wie
sa Schmnckstflcken yerarbeitet wnrde. Anf ein derartiges
Btadinm scheint der Gebranch hinzuweisen, den die ROmer
Ton eisernen Fingerringen machten. Der eiserne Ring war nr^
sprünglich der allgemein gebräuchliche und galt in der späteren
Zeit als eine altrömische Eigenthünüichkeit. ^ Selbst, als der
Luxus kostbarer Goldringe in Kom weite Verbreitung gefunden
hatte, wurde er noch von Leuten aus dem Volke ^] und bis-
weilen ans conservativem Princip auch von Personen der höhe-
ren Stände getragen . ^ Die alte Sitte wurde in der Regel von
den Triumphatoreii btM »buchtet. Bei Verlobungen war es
noch zur Zeit des Piiiiius Gebrauch , dass der Bräutigam der
Braut einen ferreus auulus sine gemma zum Geschenk
machte.
Wenn eiullich iu den Terremarc keine Götteridole gefunden
.werden ^Seite 24], so ist es sicher bezeugt, dass auch der älteste
debatur. Macrob. V i^J, 13: prius ituque et Tuscos aeneo vomere
Qti eum conderentnr urbes solitos , in Tageticis eorum saeris inTcnio
et in Sabinis ex aere cultroB quibus sacerdotes tuuderentur.
lo. Lydus de mens. I .*n : vSi to'jto -oö; toj No-jjjLd oiaTiDiirat wzxt
TO'j; ieosi; y a /.viot i ; 6 a ). ta*. v ä>."/.' o!» 3ioT,pat; d7:oy.£io£CÖai. Weiin
Ovid fast. Vi 230 von der Flamiuica schreibt uou ungues ferro sub-
secuisse licet, so wird die Erwähnung des Eisena ähnlich zu erklären
sein, wie in der Seite 79. So behandelten Stelle des l*liniii3. Der ganze
Zu8amiuenliaiiK" maclit es wuhrscheinlicli. da.sr^ e>i der Fluuiiiiica wäh-
rend der Reinigung des VesiaUeiligtliumes überhaupt verboteu war,
sieh die Nägel zu beschneiden:
1) Macrob. V 19, 13 (siehe die yorhergehende Anmerkung).
2) Festus p. 348 . 4 ff. MttUer. Vgl. Jordan Topographie der
Stadt Rom II p. 274 ff.
3) Pliu. XXXIII 9 : manus et prorsus slniatrae maxiraam aucto-
htatem conciliavere auro, uun qiiidem üomanae, quarum in more
ferrei erant et virtutis bellicae iusiirne.
4) Appian. Ai^'jxtj 104. Martial. III 29.
5) Plin. XXXIU 12.
6) Plin. XXXIII il : Tulgoqae de triumphabaat et, enm eoiona
ez auro Etmsea snstineretur a tergo . an u 1 u s tarnen in digito f e r -
reu 8 erat aeqne triuraphantis et servi fortasse eoronam sustinentla.
7) Plin. XXXIII 12.
H«lbig , Die Italiker ia der Poebene. 6
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82 Die Italiker in den PfaUdarfeni.
idmisehe Kultus bildlos war. ^) Die erste Gdtterstatue, welcke
in einem xOmischen Heiligthnme aufgesteUt wurde, scheint nach
der Ansicht des Varro die Yon einem etrusldsdien Kttnstler
gearbeitete Thonfignr des capitoliniachen Jupiter gewesen an
sein. 2]
Der Eindruck, welcher sich aus der schriftlichen Obei^
liefenmg ergiebt, wird durch die Betrachtung der Funde ergänzt
und bestätigt. Unsere Kenutniss des altlatiniscken Handwerkes
hat sich in den letzten Jahren beträchtlich erweitert namentlich
durch Entdeckungen, welche in der Umgegend des albaner Sees
und in Rom auf dem Esquilin Statt fanden. In der Nekropole,
welche sich auf der Westseite des Sees von dem Monte Crescen-
zio bis ül)er Castel Gandolfo hinaus erstreckt, sind mehrere
Gräber aufgedeckt und von M. S. de Kossi einteilend erläutert
worden. Diesem Gelehrten wird auch der für unsere Unter-
suchung sehr wichtige Nachweis verdankt, dass sich jene Nekro-
pole in der Richtung von Nord nach Süd entwickelte, dass also
Ij Varro bei Augustinus de civ. dei IV 31 : antiquos Romanos
plus annos centum et sepiuagiuta deos siue simulacro coluisae.
^Intareh. NumaS : oGto; ts (Nnma) ^texdiXuacv dv^pozoet^ «al Ctp^
fAOpfOv eixova i^eoü 'PtDjxatou; vo^-iCctv. Ouo' Tjs rrap' a'jTOi; oute Ypizrov
oüte 7rAaoT^(v elloi OeoO rpörepov, dlV is ixa'zrj'* eßSofxf.y.ovT'z toi; T:ptuTOt;
Ixeot V70u; (xiv oixooo(i.o6{jL£voi xat xavadcat Upd( laTü^-e^ , diraAixa
o&^iv i|x(jiop'^ov roloOfuvoi SieriXouv. Clemens Alex. Strom. 1 15 § 71
p. 131 Sylb. (wiederholt von Euseb. praep. evang. 1X6). Tertullian.
apol. 25 : nulla Capitolia certantia ad caelum sed teraeraria de cespite
altaria et vasa adbuc äamia et uidor exilis et deus ipsu uusquuiu.
nondum enim tnnc ii^nia Graecorum atque Tnscorum fingendis n-
mulacris urbem inundaverant. Ovid fast. Vi 295 gicbt ausdrtteUieb
an, dass noch zu seiner Zeit das Vestaheilij^thum l)ildU»s war.
1 3 4^^^ ^etlefsen de arte Romauorum antiquissima, particula
3) Die wichtigste Litteratnr Uber diese Nekropole : A.Visconti
lettera a Carnevali sopra alcuni vasi rinvenuti nelle vicinanze di
Alba longa, Koma 1817. Tambroni lettera intorno alle iirne disotte-
rate nel pascolare di Castel Gandolfo, Roma 1817. Boustetten recueil
d'antiquitös suisses pl. XYI 4—7, pl. XVU 1—18. p. 38—40. Duc de
Blacas memoire sur une decouverte de vases fnn^raires pres d'AI-
baiio in dem XXVIII. Bande der Memoires de la societe des Anti-
quaires de France. Pigorini und Lubbock in der Archaeoiogia 42 I
(London 1809, p. 99 ff. If. S. de Rossi Ann..deU' Inst. 1867 p. 36—40;
secondo rapporto sugli studii o sulle scoperte paleoetnologiche nd
bacino della campagna roraana in dem Giornale arcadico :n. s.' Vol
LVUI p. 2t>— 30; Ann. deir Inst. 1871 p. 240 flf. Garrucci scavi della
necropoli albana di Gaudenzio Testa e di Sante-Limiti in der Civilti
cattoiica Ser. IX Vol. V p. 582—595. Ceselli sooperte preistoricbe
ed una necropoli laziale al prato del Fico, Roma 1S77 Vgl. auch
Civiltä cattoiica Ser. X Vol. V p. 705—707^. Bull, dell" Inst. lS7Sp. 7ff.
4j Secondo rapporto p. 28 ff., Ann. dell Inst. 1871 p. 245 ff.
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VII. Das Handwerk.
83
der nördliohe Theil, fftr den im Besonderen die Seite 50 be-
sprochenen Httttenumen bezeichnend sind, in eine ältere Epoche
hinaufreicht, als der sttdliche. Femer worden anf der Ostseite
des Sees, namentlich unweit Marino bei dem Gapnt aquae Feren-
tinae, ebenfalls von M. S. de Rossi Spuren altlatinischer
Niederlassungen beobachtet, vor allen die bereits ervs^ähnten
Hüttengründe Seite 50), innerhalb deren sich mancherlei pri-
mitive Maniifacturen vorfanden. Eine grosse Menge ähnlicher
Keste kam lj(;i dem Bau des neuen Stadtquartiers auf dem
Esquilin zu Tage. - Die bei dieser Gelegenheit gefundenen
Gegeiistiinde gingen, t-oweit sie nicht in dem Kunsthaudel zer-
streut ^vul•den. zum Theil in das capitolinische Museum über.
Die Mehrzahl jedoch wurde von ITerru Leone Nardoni erwor-
ben, der mir die Benutzung seiuer interessanten Sammlung in
der liberalsten Weise verstattete.
Diese Fnnde beweisen, dass das älteste latinische Hand-
werk in vielen Hinsichten anf einer fthnliehen Stnfe stand, wie
das der PfahldMer. Anf dem Esqnilin nnd in der albaner
N^opole kehren jene dnrchhohrten kngel- oder kegelförmigen
Gegenstftnde aus Thon wieder, welche zum Theil als Spinnwirtel
dienten, zum Theil aber anch, wie es scheint, an Schnuren auf-
gereiht nm den Hals getragen wurden [Seite 2 1, 22) . Die erster«
Deutung ist gesichert bei einem Exemplare, welches in einer
albaner Hüttenurne gefunden wurde. ^] Die Urne enthielt näm-
lich ausser der Asche des Todteu nichts weiter, als eine etwas
abgeplattete durchbohrte Thonkugel. Da ein Halsband mehrere
einander entsprechende Exemplare hinterlassen haben würde, so
bleibt in diesem Falle nur die Erklärung auf einen Spiunwirtel
oÖen. Der Vergleich unserer beiden Hilfstafeln beweist, dass
die altlatiniscben Exemplare kaum von den in den TeiTemare ge-
fundenen sn unterscheiden i^nd. Das Gleiche gilt von stei-
nernen Gewichten, welche yermuthlich beim Weben dienten^}
i; M. 8. de Rossi Ann. dell lust. 1867 p. 41 ff.; secouüo rap-
porto p. 30—37.
2) Die ersten Entdecknogen wurden angezeigt yon L. Nardoni
nnd M. S. de Rossi di alcuni oggetti di epoea arcacia rinv. nelF in-
temo di Borna in der Zeitschrift 11 Buonarrotti Ser. II Vol. IX Marzo
1&74.
3) Ann. dell' Inst. 1*>T1 p. 242 , Tav. d agg. U B.
4) Vgl. die aus den Terremare stammenden Exemplare auf
Taf. 1 11—13 mit den auf dem Esquilin gefundenen Taf. II 11—13.
5] Vgl. die Exemplare bei Coppi monografia delhi terramara
di Gorzano Vol. II Tav. LXVIS, 1:5 p. 92 n. 59. r,2 mit dem auf
dem Esquilin gefundenen Gewichte auf unserer Taf. II 14.
6*
84
Die Italiker in den PfaUdOrfern.
ide von durchbohrten Tbonseheiben , deren Beatimmuig noeb
nicht mit Sicherheit festgestellt ist. ')
Die keramische Technik ist hier wie dort die gleiche. Wie
die Pfahldörfler bearbeiteten die alten Latiner den Thon ohne
Beibülfe der Drelischeibe lediglich mit der H;;nd und verfügten
sie noch nicht über die nötbigen Von'iciitungen, um die auf diese
Weise hergestellten Gegenstände gehörig zu brennen. Ja ihre
Thongefä.sse machen einen primitiveren Eindruck, als mauclie in
den TeiTemare gefundeneu Exemplare, deren Oberfläche wie es
scheint mit einem Griflt l aus Knocheu oder Horn sorgfältig ge-
glättet ist und dadurch einen eigenthllmlichen Glanz erhalten hat.
Doch wird diese Inferioritit znm Theil wohl ans der Qnalitftt des
dem latinischen Boden cigenthUmlichen Tfaones abznlmton sein,
der stark nut Tnlcanlsehen Bestandfheilen yersetzt ist nnd sich
desshalb wenig snr Herstellnng einer glatten Oberflicbe eignet.
Alle Geftsse, welche ans dem nördlichen Theile der albaner Ne-
kropole stammen, sind mit der Hand gearbeitet und unvollkom-
men gebrannt. Erst in dem jüngeren südlichen Theile der Ne-
kropole treten neben dieser Gattung einzelne Exemplare auf, die
vermöge der Drehscheibe hergestellt und gehörig gebrannt sind.
Sie zeigen alle einen weisslichen oder gelblichen Überzug und
auf demselben Gruppen von bräunlichen oder schwärzlichen
Streifen, die parallel angeordnet den Bauch des Gefässes um-
spannen, -j Auf einer Schale sind ausser den Streifen zwei
bräunliche Figuren von Vierfüsslern mit breitem Pinsel flüchtig
hingeworfen, Da jedoch Gefässe dieser Ai't auch in gi'iechi-
1 Vgl. unsere Tafeln 1 14 und H 12.
2; M. S. de Rossi secmulo rapporto p. 27 — 29: Aun. dell' Inst.
1871 p. 245. Auch auf dem Estiuilin haben sich ähnliche Gefässe ge-
funden, nämlich zwei Alabastra Bull, della comm. arch. comuuale
Vol. VITav. VI— Vni n. 5; Tav. IX 56 p. 73], eine Schale (ebenda
Tav. VI — VIII n. 6 und zwei kleine Näpfe (Form: Stephaui Vasen-
sammlung derEriuitaire Taf IV 182;, die sich ji-egemviirrig im capito-
liuischen Museum, in dem Saale derTerracotteu, beünden. Doch zei-
gen die Schale und die Näpfe ein etwas vorgerückteres Stadium, als
die verwandten in der albauer Nekropole gefundenen Exemplare, in-
dem sich ilire Veizierunir iiiclit lediglich auf Linien und Streifen be-
schränkt, sondern auch ein schachbrettartiges Ornament und ein
Schema ron blätterförmigen Motiven verwendet, welches letztere
sich von der Basis aus aufwärts entwickelt. Wie mir HerrG. Loeschcke
mittheilt, kommen ähnliche Vasen iu Attika, Korinth und auf Aei,ina
vor. Scherben von Exemplaren der lediglich mit Streifen verzierten
(Gattung fanden sich mit andern hocbaltertbUmlichen Gegenständen
auf der athenischen Akropolis unterhalb der kimoniaehen Iftaner.
Bull, deir Inst. 1875 p. 137.
3) Ann. dell Inst. 1871 Tav. d agg. ü 7 p. 249. Ähnliche Ge-
fässe wurden auf dem Esquilin gefunden. Bull, della comm. arcfa.
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Vil. Das Handwerk.
85
sehen, ^] oskischen^; und etruskischen Gräbern vorkommen,
so ergiebt sich mit Sicherheit, dass isie nicht in Latium, sondern
in fremden nämlich griechischen Fabriken gearbeitet sind. So-
weit die bisherigen Beobachtungen reichen, sind diese Vasen die
ältesten griechischen Thonwaaren, welche zu den italischen
Völkern importirt w'urden. Und zwar spricht alle Wahrschein-
lichkeit dafür, dass ihr Vertrieb auf der Apenninhalbinsel durch
comunale Vol. III Tav. VI— VIII 8 p. 48 ; Vol. VI Tav. IX 55 p. 73.
Doch erscheint die ZeichmniK der Thierliguren bei dem zuerst puhli-
cirten Exemplare einem AlaliMstron priiciser, indem ihre ümrisse
hier durcli eine etwas dunklere i'arbe nervorgeboben sind.
1) Aua Gräbern von Kyme :
Alabastra mit Streifen: Museum zu Neapel, Baccolta emnana
n. 183, 797. Gefasse mit Streifen und flüchtig hinj^eworfenen Vier-
füsalern: die bekannte Lekythos der Tataie Bull. nap. a. s.t II
Tav. I 1, 2; Eaccolta cumaua u. 2Uü und verschiedene audere nicht
nnmerirte Exemplare, nübrigens enthält die Vasensammlnng des
neapler Museum eine beträchtliche Anzahl von Gefössen beider Gat-
tungen , ohne dass die Provenienz der einzelnen Exemplare bekannt
ist. Mit Ötreifen: n. 259, 280, 292 , 349, 350, 3Ü9, 373, Mit Thier-
figuren : n. 254, 307, 365<< (Mittheilung des Herrn de Petra).
Aus der Nekropole del Fusco bei Syrakus :
Mit Streifen: Ann. dell' Inst. 1877 Tav. d'agg. AB 10. Mit
Streifen und Thierfiguren ebenda Tav. d agg. A B 1 1, 16 ; p. 49 n. 19,
p 51 n- 27. Vgl. auch Tav. d'agg. C D 7. Doch gehören die letz-
teren Oefiisset da ihr unterer Theil von dem Blattsohema umgeben
ißt, einem etwas vor£ren*ickteren Stadium an.
Plerr G. Loesclickc tlieilt mir mit, dass Bich kleine Alaliastra
Ulli Streifen und laufenden Thieren auch in Attika, Kurinth und auf
Aegina finden.
2) Derälteste Theil derneuerdin^s entdeckten Nekropole von Can-
cello (Suessula ist reich an beiden Gattungen. Vgl. Bull, dell Inst.
ISTS p. 145 if , besonders p. 159 , 1,3; Notizie degli scavi com. all'
ace. dei Lincei 1878 p. 97 ff., besonders p. 9$. Proben sind abgebil-
det in den Atti della commissione consorvatrice dei monumenti
Bella prov. di Terra di Lavoro Anno IX 1878; und in dt n g^enann-
ten Notizie Atti Tav. IV 15, Notizie Tav. V 2: Alabastron mit
Streifen ; Atd Tav. II « , Notizie Tav. IV 2: Alabastron mit Strei-
fen und Thierfiguren. Kxcinplare beider Gattungen wurden von mir
zu ^vicderholten Malen in S. Maria üi Capua bei flerm Simaco
Dorla in Augenschein genommen.
3) Corneto, im Museo municipale: eine beträchtliche Anzahl
von lediglich mit Streifen verzierten Alabastra; ein Alabastron mit
Streifen um den Bauch und einem Blattschema um die Älündung und
um den Boden; ein kleines Alabastron mit Streifen und undeutlich
ausgedrückten Vierfüsslern , ein grösseres mit den gleichen Verzie-
rungen, aber von nachlässigster Ausführung. Alle diese GefSsse
stammen aus den aogenannten tombe egizie (Bull, deir Inst. 1877
p. 58, 59}.
Chiusi: Ann. dell Inst 1877 Tav. dagg. UV 1. 2, 3, 5. Bull.
deU* Init. 1877 p. 196.
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86
Die Italiker iu den Pfah\dörfera.
die dortigen clialkidisclien Colonien vermittelt wurde : denn iu
Kynie haben sich Exemplare sowohl der lediglich mit Streiten,
wie der mit Streifen und Thierii^uren bemalten Gattung gefun-
den. ') Wenn wir hierbei auf die chalkidibcheu Städte hinge-
wiesen werden, so kann dies Niemanden befremden. Legt doch
die Ableitimg des lateinisdien wie des etmskiBchen iVlphabetes
ans dem dudkidischen ein sehlagendes Zengniss dafllr ab, wie
mächtig die älteste Entwickelang Mittelitaliens gerade durch Jene
Städte gefördert warde^ und hat die römische Überlieferung das
Andenken an den vielseitigen Einfluss bewahrt, den Kyme auf
die iatinische Urzeit ausübte. Da sich Splitter der lediglich
mit Streifen versierten Gefässe innerhalb der Ordschielit gefun-
den haben, welche unmittelbar unter der servianischen Mauer
liegt, so ist es gewiss, dass die Einfulir dieser Gattung nach
Latium schon vor dem li;iu jener Mauer Ite^oiineii hatte. Nichts
desto weniger aber hielt das einheimische Handwerk noch
lange an dem von Alters her überlieferten primitiven Verfahren
fest. Auf dem Es(juilin fand sich eine aus dem groben latinisclieu
Thoue geknetete Schüssel, auf deren Kückseite drei Buchstaben
eingeritzt sind. Sie gehört demnach einer Epoche an, in
welcher die KenntniBS des Alphabetes in Latinm bereits weite
Verbreitung gefunden hatte. Ja Thongcfässe , welche ohne Bei-
hfllfe der Drehscheibe gearbeitet sind, konmien auf dem Esquilin
sogar noch in den sarkophagartigen Gräbern vor, die schon
schwarz- und rothfignrige griechische Vasen enthalten. ^) Offen«;-
bar hat M. S. de Rossi vollständig Recht, ^) wenn er annimmt,
dass das simpuvium und der niger catinus des Numa, deren
JavenaPj gedenkt, ähnliche rohe mit der Hand gearbeitete
und schlecht gebrannte Thongefässe waren, wie sie sich in
der Nekropole von Alba longa und auf dem EsquiUn gefunden
haben.
1) Vgl. Seitens Anm. t. Die kymäische Lekythos der iataie
stimmt in der Behandlung dea Thons und in der Weise der Bomu-
hmg fronau übercin mit dem Ann. deir Inst. 1871 Tav. d agg. U 7
Dublicirteu Gefiiss, welches in dem sUdiichen Tbeile der fübaner
Nekropole gefunden wurde.
2) Bull, deirinst. 1875 p. 232. Vgl. oben Seite 46.
3) Ann. deir Inst. l^TC Tav. d agg. L.
4; Bull, della commissione arcb. comu&alc Iii p. 49 ff. Tav. VI
—VIII 9, 18, 31.
5) Secondo rapporto p. 40.
6) Sat. Vi 342.
Et quis tunc hominum conteniptor niuiiinis ? uut quis
Simpuvium ridere Numae nigruiuque catiuum
Et Vaticaao fragiles de monte patellas
Ausus erat?
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YII. Das üauUwerk.
87
Bei den Kulten, deren Ritus festgesetzt wurde in einer
Epoche, in der nur solche primitive Gefässe geläufig waren, I)e-
mülite man sich auch in späterer Zeit den ursprünglichen Typus
möglichst festzuhalten. Einen interessanten Beleg gebeu hierfür
die in dem Haine der Dea Dia gefundenen Gefässe, deren sich
die Arvaien bei Olren Knltnaluindiiiiigeii bedienten. ^) Ein Theil
dieser Geftsse ist in der primitivsten Weise lediglich mit der
Hand gearbeitet. Dagegen zeigt die Hehrzabl das Yerfabren,
welches in Latinm swischen der Ältesten ohne jegliches mecha-
nische Hilfsmittel thfttigen Technik nnd der Anwendung der
Drehscheibe den Übergang vermittelt, ein Verfahren, welches
darin bestand, dass man den Gefässwänden vermöge des Ein-
setzens hölzerner Keifen die gehörige Richtung zn geben suchte.
Die Eindnioke solcher Reifen sind an den Innenseiten der meisten
in dem Arvalliaine ji:efundenen Gefässe deutlich erkennbar. Yer-
muthlich fehlte es in der späteren Zeit, als die Drehscheibe all-
gemein gebräuclilich gew(»rden war, in Rom an Arbeitern. w<»lche
fähig waren, ein TlKm^refäss lediglich mit der Hand berziistrllen.
Demnach wurde zwischen dem conservativen Princij) des Kultus
und dem vurgeschrittenen Zustande der Keramik ein Compromiss
getroffen, der dahin ausfiel, dass man die Drehscheibe aus-
schloss, aber statt ihrer Jenes primitive Surrogat zuließ. Diese
Oefilsse sind nicht nur fDor die Geschichte der Technik, sondern
auch fftr den Geist des römischen Kultus von dem grOssten In-
teresse.
Wenn ein hervorragender Kenner keltischer Alterthflmer,
wie Troyon^) , bemerkt, dass die um den albaner See gef^denen
altlatinischen Gefässe in der Bereitung des Thones, wie in den
Formen eine auffällige Ähnlichkeit mit Produkten keltischer
Keramik darböten , so habe ich dnjreg'en nichts einzuwenden.
Jene Gelasse iii lioren eben einem Stadium an, in welchem die
latinische Tlionarheit noch an der primitiven mitteleuropäischen
Überlieferung festhielt und der Drehscheibe entbehrte. Erst ver-
möge der längeren Anwendung dieses Werkzeuges entwickelten
sich allraählig die stilistischen Principien, welche der classischen
Keramik ihr eigenthümliches Gepräge gaben.' Demnach ist es
ganz begi eiäich, dass keltische und vorclasslsche latinische Thon-
geftsse einander fthneln.
Die Vergleichung der Gefilssformen der Pfahlddrfler mit den
altlatinischen ist wenig ausgiebig. Einer Seits lassen sich aus
1) M. S. de iiüssi secondo rapporto Tav. IV p. 41 — 44.
2} Rapport sur les coUections d'etbnologie du mus^e cautonal,
Lausanne 1^58, p. 9» 10.
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S8 Italiker in deu Pfabldürtern.
den in den Terremare gefundenen Scherben nur selten einiger
Maßen vollständige Gefässe zusammensetzen. Anderer Seits
zeigen die Exemplare, deren ursprünglicher Bestand deutlich er-
kennbar ist , fast durchweg einfache und wenig bezeichnende
Formen , wie sie bei den verschiedenartigsten Völkern in den
Anfängen der Getassplastik vorkommen. Wenn daher ein dick-
bauchiger nach oben sich verengender Topf und zwei Gattun-
gen von Näpfen von der Bevölkerung der Pfahldörfer und von
den alienLatinem in ganz gleichartiger Weise gearbeitet wnrden^
so ist dieses Znaammentreffen fttr unsere üntersnehmig von gerin-
ger Bedeutung. Das Gleiche gilt von den Erhöhungen , welche
hier wie dort Öfters an den Geftsswllnden angebracht sind ; dem
es leuchtet ein^dass das Herauskneten solcher Buckel allenthalben
nahe lag, wo der Thon mit der Hand und ohne Beihilfe der Dreh-
scheibe beaifoeitet wurde. Um so schwerer aber füllt es in das
Gewicht, dass das einzige Motiv, welches der Keramik der Pfahl-
döi-fler einen besonderen individuellen Charakter verleiht, auch
inLatium nachweisbar ist. Der halbmondförmige Henkel nämlich
(8. 19 : kehrt an vier mit der Hand gearbeiteten Gestosen wieder,
die auf dem Esquilin gefunden wurden. ^) Da er vor der Hand
nur durch vier Exemplare vertreten ist, so werden wir allerdings
zu der Annahme genöthigt, dass die alten Latiner dieses Motiv
nur selten und keineswegs so häufig anwendeten, wie die Pfahl-
dörlier. Doch sind Anzeichen vorhanden, dass die Vorliebe für
den halbmondförmigen Henkel schon während der späteren Ent-
wickehmg der Pfahldörfer in Abnahme begriÖen war. Chierici^;
nämlich hat in mehreren Terremare die Beobachtung gemacht,
dass die oberen Schichten ungleich weniger Exemplare dieses
Henkels enthalten, als die unteren — eine Erscheinung, die
von Coppi ^) auch in der Terramare von Gorzano bemerkt wor-
den ist.
1) Vgl. unsere Tafel 1 15 mit II 15.
2j Vgl. unsere Tafel I 10 mit II 7, 9, I 8 mit II 8.
3) Bull, di paletn. ital. IV p. Iti. (Sammlung Nardoni, abge-
bildet auf un8erer*Taf. II 16, 16»). Bull, della com. areh. comnnale
Vol.VlTav. VI— VIII41, 42; Tav.IX 62 p. 77 ff. Ausserhalb der PfahK
dörfor ist dieser halbmondförmige Henkel noch beobachtet worden
im Gebiete von Bologna innerhalb der Kesto primitiver lliitten (Zan-
noni gli scavi della Uertosa Bol. 1876 p. 42. Vgl. oben Seite47), in
einem bei Este gemachten Funde (Bull, di palet, ital. III p 42) und
in Gräbern von Volterra Bull, di palet, ital. II tav. V 2 p. 149 .
4) Le antichitji preroraane p. i2. Vgl. Chierici undMantovaDi
notizie archeolo^iicbe dell anno 1S72 p. 7, 8.
5) Monogra0a della terramara mOonsno III p. 24; Bull, dell'
Inst. 1876 p. 105, 106.
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VII. Das Handwerk.
89
Die Proben figürlicher Plastik, welche sich in den Terre-
mare iiiid in der albaner 2sekropole gefunden haben, bezeugen
hier wie dort die gleiche Unfähigkeit. Wer Verdacht hegt, dass
ich den alten Latinern in dieser Hinsicht Unrecht thue, werfe
einen Blick auf die diesem Buche beigegebenen Ililfstafeln. Auf
Taf. I 4 sieht man das Fragment und zwar das Ko})fötück eines
thöueruen Vierfüsslers, den ein Insasse des Pfahldorfes vonMonte
Venera knetete S. 2 4 . . Taf .11 .i zeigt eine in der albanerNekropole
gefundene Thuuho'ur, welche den Anspruch macht, ein weib-
liches Wesen dai'zustellen. ^; Selbst dem getibtesteu Auge
wird es schwer fallen zu entscheiden , welche der beiden Lei-
Stangen dem primitivereD Stadium ziumschreiben sei.
Ebenso danert die in den Pfahldörfern gebränchlicbe Yer-
irbeitnng des Knochens nnd des Hernes wfthrend der ftltesten
Uitinisehen Entwiekelnng fort. Knöcherne Nadeln nnd PMemen,
welche anf dem Esqnilin ausgegraben wurden sind von Exem-
plaren, die aus den Terremare stammen, nicht zu unterscheiden.
Das Gleiche gilt von einem Griff ans Rehbockshom, welcher auf
demselben Hügel in einem der in den Tuff hineingearbeiteten
Gräber gefunden wurde. S Besonders bedeutsam ist es jedoch,
dass auch der eigenthtimlichäte Typus der von den Pfahldörfern
geübten Knochenmannfaetur in Latium wiederkehrt. Auf dem
Esquilin nämlich fand sich eines jener knöchernen radförmigen
Sclimuckstücke , die , wie es scheint, als Krönungen von Haar^
nadeln dienten Seite VX
Dageg:eu ist die Zahl der Berührungspunkte auf dem Ge-
biete der Metallotechnik verhältnissmässig gering. Ausser einem
radförmigen Schmuckstücke aus Bronze .Seite 20], welches in
einem Grabe der albaner Nekropole , und einer bronzenen
1) De Blacas memoire aur une ducouverte de vasea funuraires
pr^s d'AIbano pl. III 6. Ein ähnliches Ungethüm wurde in der von
Carnevali angestellten Ausgrabung gefunden : Visconti lettera a Car-
nevali Tav. IV 3. Bonstetien recueil d ;intiquit('< suissos pl. XVII 2.
2 Eine betriichtliche Anzalil solcher Pfriemen und ^'adeln be-
findet sich in der .Sammlung Nardcmi.
3) Bull, della comm. arcb. comunale III Tavv. VI — ^VIII5 p.48.
4 In der Sammlung Nardoni, abgebildet Taf. II 0.
"> Dasselbe ist deutlich erkennbar auf der Tafel, welche den
Durchacbnitt des von A. Visconti publicirteu Grabes giebt; es liegt
innerbRib der HUttennme links von der Fibula : A. Visconti lettera
a Carnevali Tav. I p. 2(i. Entsprecbeudo Gegenstände haben sich in
den aufjleuiarnoaldiachen Grundstücke bei Bologna angestellten Aus-
grabungen (.Tozzadini intomo agil scavi fatti dal sig. Aruoaldi Veli
p. 73) und in Pfahlbauten der Senweiz gefhnden J>eflM>r le bei &ge du
bronze p. 13 Fig. 23). Verwandt sind radförmige Bronzen, welche
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90
Die Italiker in den Hahldürfern.
Nadel, die auf dem Esquiliii gefunden wurde. V wüsste ich nur
eine auf demselben Hügel ausgegrabene Axt Paalstab" anzu-
führen. ■■^1 Sie zeigt niebt nur einen in den Terremar(; häufig
vorkommenden Typus, sondern auch die für die Pfahldörfer be-
zeichnende Technik, indem die Bronze lediglich vermöge des
Gusses und ohne Nachhilfe des Schmiedehammers verarbeitet ist
(Seite t9) . Doch scheint es bedenklich, auf dieses Stück Scbltlsse
zu grflnden , da einzelne lediglich dureh den Guss hergestellte
Utenulien auch in Funden auftreten, welche der des Schmie-
dens kundigen Periode angehören.^ Jeden Falls erweckt
das bis Jetzt bekannte Material den Eindruck, dass die Metallo-
technik in Latium von Anfang an vorgeschrittener war, als in
der Poebene. Nicht nur fehlen auf latinischem Boden mancherlei
Typen, welche für die beschränkte Gussteehnik der Pfahldörfler
bezeichnend sind, wie z. B. das ans zwei halbmondförmigen
Klingen bestehende Rasinnesser ' , sondern es finden sich schon
in den ältesten Gräbern von Alba longa (iegenstände, die in den
TeiTemare noch vermisst werden, so vor allen die Fibula und
eine bronzene Spirale, die, wie es seheint, als Zopf- oder Loeken-
halter diente. Andere Utensilien wieder, welche in den Pfahl-
dörfeiTi nur durch sehr primitive Typen vertreten sind, zeigen
bereits in dem nördlichen Theile der latinischen Nekropole eine
entwickeltere Fonn und unzweifelhafte Rennzeichen der Sdnolede-
technik. Der Unterschied wird deutlich veranschaulicht ährch
den Vergleich des in den Pfahldörfern gebräuchlichen Messers,
welches auf Taf. I 2, und des aus einem albaner Grabe stam-
menden Exemplares, welches auf Taf. II 2 abgebiltet ist.
sich iu der Nekropole von Yillauova (Gozzadiui di un sepolcreto
etrotco 8cop. presso Bologna Tav. VI 8, 9) und in einem sehr alten
conietaner Grabe (Mon. dell' Inst. X Tav. Xb24, 25) fanden; doch
fehlt an ihrer Rückseite der durchbohrte Stift.
1) Vgl. Taf. I 5 (Nadel aus einer bei Kegglo gelegenen Terra-
mare) und Taf. II 5 (Nadel vom EsquUin, Sammlung Naraoni).
2 T:if n 1. Als Vergleichsttlck diene das ans einem |>armeg-
giauer Pfahldorfe stanunende Exemplar Taf. I 1.
3r So in dem Brouzefuude von Bologna (Archivio di antro*
pologia VII p. 232) und in dem von Nami (M. S. de Bossi terzo rap-
porto su^Ii studi e sulle scoperte paleoetnologiche neU' Italia mema
2. ed. Koma 1S71 p. 23),
4) Taf. 1 3.
5) De Blacas memoire sur nne d^converte de vases fuuöraires
pres d'Alhano pl. III 3.
6j Archaeologia 42 II (London IST«) pl. XXXI p. -IST. V^l.
M. S. de Rossi secondo rapporto p. 29. Allerdings stammt das von
mir abgebildete Messer aus dem jüngeren sttdlichen Theile der
Nekropole. Da jedoch ähnliche Exemplare in den Ausgrabungen
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VIL Das Handwerk.
91
Noch überlegener erscheiut die Metallotechnik der alten
Latiner, wenn nicht mir der nördliche Theil jener Nekro])ole,
sondern auch die bei dem Caput afiiiae Ferentinae entdeckten
Hütteureste zur Vero:leichung lieranoczotren werden. Unter
diesen Resten fanden sich bronzene Armbiinder. also wieder-
um Gegenstäudi'. die den PfahldöitiL-in unbekannt waren Seite
21;. DeRossi -, nimmt sog-ar an. dass ein bei derselben Aus-
grabung entdecktes eisernes Armband zu dem Inhalte einer der
dortigen Hütten gehurt habe. Dieses Denkmal weist darauf hin,
dass die alten Latiner ein Stadium durchmachten während
dessen das Eisen als ein kostbarer Stoflf vorwiegend zu Schmuck-
sachen verarbeitet wurde, und l)estätigt somit den Schluss, den
ich aus dem Gebrauche der eisenien Ringe gezogen (Seite S 1 j .
Freilich aber lässt es sich keineswegs beweisen, dass dieses Sta-
dium dem Beginne der latlniBeben Entwickeluug angehört. Wir
sind sogar ausser Stande, das seitliche VerhXlteiss, in dem die
bei dem Caput aqnae Ferentinae Entdeckten Reste zu der albaner
Nekropole stehen, genan zu bestimmen und es bleibt immerhin
die Möglichkeit offen, dass sie aus einer beträchtlich späteren Zeit
stammen, als die ältesten Gräber von Alba longa.
Wie dem aber auch sei, jeden Falls wurd die Annahme,
dass die latinische Metalloteclmik von Anfang an vorgeschrit-
tener war, als die der Pfahldui*fler, durch eine sehr gewichtige
Thatsache bestätigt. Während nämlicli in den Pfahldörfern
noch allerlei Ausläufer der primiti\ en Steinmanufactur bemerk-
bar sind (Seite IS], zeigt die latinische Eutwickelung . soweit
wir sie gegenwärtig kennen , hiervon keine Spur. In der Ne-
kropole von Alba longa . wie unter den fTfittenresten , die mit
Sicherheit Latiuern zugeschrieben werden dürfen . ist bis jetzt
niemals eine steinerne "Waffe beobachtet worden. Elienso sucht
mau unter den Kimiselien Kultnsalterthümern vergeblich nach
einem Ritus . welcher auf eine der Bronze unkundige Epoche
hinwiese. Allerdings vermuthen die meisten Paläoetlnudogen und
unter anderen M. S. de Rossi-^ in dem Fetialritus ein Denkmal
gefunden wurden , die Oamevali in dem nördlichen Theile vornahm
(yiaconti lettera a Oamevali Tav. IV 2, 3 ; Bonstetten recneil d'an-
tiquites .'<uis^<es pl. XVII 11 . so ergiebt sich, dass ein verwandter
Typus schou während der älteren Zeit gebräuchlich war.
1) M S. de Bossi Ann. dell' Inst. 1867 p. 4-J, 63. (Mon. deir Inst.
Vol. YIII Tay. XXXVII 56] ; secondo rapporto p. 34.
2) Secondo rapporto p. 34, 37.
3) Ann. dell inst. ISJm p. 21, 2.V, terzo rapporto sugli studi e
sulle scoperte paleoetuologiche ueir Itulia media 2. ed. (Borna IST 1}
p. 11. Die stememen Utensilien, welehe sich an mancherlei Stellen
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92
Die Italiker in den Pfahldörfern.
aus jener Epoche, indem sie annehmen, der lapis silex oder
Jupiter lapis, mit welchem der Pater patratus das Opfer voll-
zog, ' sei eine steinenie Axt gewesen. Doch stellt es sich bei
näherer Betrachtung heraus, dass diese Annahme ii rig ist. Die
Erzeugnisse der primitiven Steinmanufactur erregten schon die
Aufmerksamkeit der Alten. Hätte sich daher ein derartiger Rest
in dem Fetialritus erhalten , dann würden die Schriftsteller, wenn
sie von den cerauniae nigrae rubentisque ac similes securibus
sprechen , gewiss darauf hinweisen, dass der Pater patratus
mit einem ähnlichen Gegenstande das Opferthier tödtete, und die
Berichte Uber den Bitns nicht einfach den silex oder lapis nam-
haftmachen, aondera Irgend weiche Andeutung enthalten, dass der
betreffende Stein bearbeitet war. ^) Dagegen filUt diese Schwie-
des rümischeD Gebietes und unter andern auch unter der Serviu*-
maner (Bull, deir Inst. 1875 p. 232,233) gefunden haben, rühren
offenbar nicht von den Latinem, sondern von der Siteren ligttrischeo
Bevölkerung her (Vgl. oben Seite 30).
Ij Die einschlagenden Stellen sind von Lasaulx Studien des
clasBiscben Alterthnms p. 215 gesammelt. BeizufQgen ist noch
die sprttchwOrtliche Wendung bei Plantns Cai^tiv. 617 (III 4 , S5 ! :
Nunc ego inter saeruni saxumque sto nec quid taciam sein. ..Ich be-
tiude mich zwischen dem Opferthiere und dem Steine . welcher auf
dasselbe berabfahren wird"* ähnlich dem deutschen „ich stecke zwi-
schen Thür und Angel."
2) Plin. XXXVII 135.
3) Die Denare des T. Veturius (Cohen monn. de la ropublique
pl. XLL und der Bundesgenossen i Friedländer die oskischen Müq-
zen Taf.lX9— 12, X IS, 19] sind aus dieser Untersuchung aaszu-
schliessen, da sie nicht den alten Fetiiiliitiis , sondern eine andere
Ceremonle darstellen. Sie zei*,^en in der Mitte eine knieende männ-
liche Figur, welche ein Ferkel trägt, und zu jeder Seite derselben
einen, zwei oder vier Krieger, welche das blosse Schwert mit abwSrts
gerichteter Spitze über dem Opferthiere halten. Ihre Stellung lässt
deutlieli darauf schliessen , dass sie ein Zeichen erwarten, um das
Ferkel mit dem Schwerte zu durchbohren — also eine Weise der
Opferung, welche dem Fetialritus fremd war. Ausserdem kann
das Ferkel haltende Figur, da sie auf den gut erhaltenen Exemplaren
deutlich als Jün^ding kenntlicli ist. unmöglich den Pater patr.ttus
darstellen. Vielmehr erinnert sie , wie bereits Eckhel doct. nuni. 1
g. 104 richtig bemerkte, an die Worte des Cicero de invent. II 30:
1 eo foedere (]uod factum est ^uondam cnm Samnitibns quidsm
adoli scens nobilis porcani snstinuit iussu imperatoris. Also wurden
die Vertiiige, auf die sich diese Münzstempel beziehen, nach einem
anderen Ritus abgeschlossen, als nach dem der Fetialen. Das Gleiche
gilt von Barstellungen auf Httnzen von Capna und Atella (Fried-
ländera. a. 0. Taf. II l", IV 2; : zwei einander gegenüberstehende
Krieger fassen mit der Linken ein Ferkel und zücken darüber mit
der Hechten das Schwert, offenbar, um mit der Waffe das Opfer zu
▼olMehen. Es lässt sich nicht entscheiden, ob dieser Ritus nnsb-
hSngig von dem der Fetialen entstanden oder nur eine siNitere Hodi-
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Vn. Das Handwerk.
93
ngkeit weg, wenn wir einen nnbearbeitetenFeaentein annehmen,
nnd giebt die Benennung Jupiter lapis den Schiltesel, um die ur-
sprünfrliche Bedeutung seines Gebrauches zu erkennen. Offenbar
ist der Funken sprühende Stein das Symbol des Blitze sehleu-
demden Donnergottes. Wir dürfen sogar die YermutLung wagen,
dass während der latinischen Urzeit, welche keine Götterbilder
kannte , wie in der Hütte der Vesta das Herdfeuer und bei dem
Dienste des Mars und Quirinus der Speer . ' so bei dem des
Jupiter ein Feuerstein als Mittelpunkt des Kultus diente. Auch
lassen eine Stelle des Servius^i und eine Äusserung des Augu-
stinus**) dentlich darauf schliessen, dass der Begrift* des silex
oder lapis als Symboles des Jupiter uoch in der späten Kaiserzeit
lebendig war. Der ursprüngliche Sinn des Fetialritus ist also
der, dass der Donnergott selbst das den Vertrag bekräftigende
Opfer vollzieht, eine Vorstellung, welche deutUeh durchklingt in
döi Worten, die Vergilt) dem das Bflndniss mit den Trojanern
beschwörenden Latinus in den Mund legt:
audiat haee genitor qui foedera fnlmine sandt
Hiemach hat der silez des Pater patratus mit dem Handwerke
nichts an thun, sondern gehört in den Kreis der primitiven Kul-
tnsqrmbole. ^)
Aus jener uralten Bedeutung des Feuersteins erwuchs daun
in späterer Zeit, als die steiuemen Waffen Aufmerksamkeit zu
fieation desselben ist. Einen interessanten Berührungspunkt zwi-
schen den beiden Riten ergiebt das Scepter, welches auf einigen De-
naren der Bundesgenossen im Hintergründe ersichtlich ist Fried-
Uiender Taf. IX 12, X 18, 19j. Vgl. Paulus exc. Festi p. 92, 1 : Fere-
triuB lupiter .... ex cuiuS'templo sumebant sceptrum, perquod
iurabant, et Inpidem silieem. Serv. zu Vergil. Aen. XH 20(5.
1) Rubino Beiträge zur Vorgeschichte Italiens p. 2:i0 ff. Auch
wurde der in der Regia aufbewahrte heilige Speer geradezu Mars
benannt (Plutarch. Bomulus 29) , was eine schlagende Analogie fHr
die Bezeichnung lupiter lapis ergiebt.
2 Serv. zu Aen. VIII 041 : Cum ante gladiis conligeretur porca' ,
a Fetialibus inventum , ut silice feriretur, ea causa quod autiquuui
loTiB sifmum lapidis siliceni putaverunt esse.
3 Augustin. de civ. dei II 29 : illic enim tibi non Vestali.s focus,
Qon lapis Capitolinus, sed Deua unus et verua nec metas rerum nec
tempora pouet.
4) Aen. XU 200.
5; Ein anderer Gebrauch bei dem Jupiter Lapis zu schwören
bestand darin , dass der Scliw("»rende einen lapis silex aus der Hand
warf und dabei den Fluch aussprach, lupiter möge ihn, falls er eid-
brüchig werde, ebenso aus allem Guten herausschleudern (Die Haupt-
stelleu: Polyb. m 25, 6 ; Paulus exc. Festi p. 115, 4 ; Plutarch. Sidla
10;. Diesei Gebraucli ist vonnuthlich erst inspätorerZeit entstanden,
als sich die urspriiugliche Bedeutung des silex zu verdunkeln anUng.
94
Die Italiker in den P&hldUrfern.
erregen anfingen , der Glaube , dass auch diese mit dem Blitze in
Beziehung stfinden. ^acli Sotacus >j umfasftte die Gattung der
cerauniae schwarze und rothe Steine, welche die Gestalt von
Äxten hätten, ausserdem Exemplare von länglicher Form, endlich
einen dritten sehr seltenen Stein , der nur an Stellen , wo der
Blitz in die Erde iiet^chlagen , gefunden wtrde. Gewiss hat M.
S. de Roßsi^) Recht, wenn er in den axtförmigen Exemplaren
steinerne Beile, in den länglichen steinerne Messer oder Pfeil-
spitzen erkennt. Dass auch die letztern beiden Arten mit dem Blitze
in Verbindung gebracht wurden , beweist der Gattungsname ce-
rauniae. Die Ideeuverbindung , welche diesen Glanben hervor-
rief, iflt hinllDglich klar. War einmal die Voratellung des Feuer-
steins als Bitztrttgers lebendig, dann lag nichts niher, als die
steinernen Waffen in der gleichen Weise aufzufassen. Besteht
doch weitaus die Hehrzahl derselben aus dem Materiale, an wel-
chem die alte Vorstellung haftete, und war der zu einer Axt oder
einer Pfeilspitze verarbeitete Feuerstein noch geeigneter, als der
unbearbeitete, um die zerstörende Wirkung des Blitzes zu ver-
gegenwäiiigen. Aus dieser Auffassung der steinerneu Waffen
als Donnerkeile entwickelte sich dann wiederum die Annahme,
dass solche Waffen, am Halse getragen oder im Hause aufbe-
wahrt , gegen die Gefahr der Blitze schützten : denn es ist ja
bekannt, dass der Aberglaube mit Vorliebe dem Grundsatze
„0 Tpmaat xai laasiai" huldigt.
1) Bei Plin. XXXVII 134, 135. 2) Ann. dell' Inst. ISHT p. ».
3) Schül. zu Persius sat. II 20 : In usu fiiit, ut augures vel aru-
spices adducti de Etniria certis temporibus fulmina trausrigurata in
lapides infra terram abscoudereut. Dies kann aus keinem anderen
Grunde geschehen sein, als um die Gefahr der Blitze zu lieschwtiren.
— In etruskisclien Gräbern aus verhältnissuiässig später Zeir finden
sich einzelne Pfeile aus Feuerstein, die offenbar als Amulete dienten.
Sie sind bisweilen gefasst und mit Ringen versehen , vermöge deren
^ie an einer Schnur oder einem llal.^hande befestigt worden konnten.
Bull, dell' Inst, isns p. Ann. dell' lost. IhTi p. Iü9. Archivio
per r.antrop. I Tav. 13, S.
Übrigens gelten noch heute in mehreren Provinzen Italiens die
Steinemen Pfeile als ein Mittel, den Blitz abzuwehren: Archivio per
V.mtropol. I p. 465, II p. 392, IV p. IS. Eine interessante, :il)er we-
gen der lüderlichen Citate schwer zu coutrulircnde Zusammen-
stellung des an die Steinwaffen anknüpfenden Aberj^laubens ist
neuerdings von Cartailhac Tage de pierre dans les Souvenirs popu-
laires Paris ISTS gegeben worden. Vgl. aueb Grimm deutsche My*
thologie 4. Ausg. I p. 149.
4) Zu bedauern ist es , dass wir nicht wissen , wie man sich die
reliquiae fulminis zu denken bat , die bei der Geremonie des fulmen
condere in der Erde geborgen wurden Lucan. Pharsal. I 6u6, VIII
SG4; Schol. zu luvenal. sat. VI 5b7 , zuPers. sat. II 27, zu Horat.
ars poet. 471;.
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Vn. Das Handwerk.
95
Es bleibt uns noch tlbrig , die ornamentale Seite des Hand-
werks zu vergleichen. Während die Pfahldörfler ihre Thon-
geftsse nicht nnr mit eingegrabenen , sondern auch mit heraus-
gearbeiteten Motiven verzierten , ist in dem alten Latinm nur
das entere Verfahren nachweisbar, Was die Motive selbst
betrifft, so kommen aneh hier die Beihen von Dreiecken 2) und
die Gruppen von Kreisen und von geraden oder gebrochenen
Linien vor, mit denen die Pfahldörfler bisweilen kleinere Gegen-
stände, wie Kämme und Spinnwirtel, schmückten. In einzelnen
Fällen erscheint die beiderseitige Behandlung dieser Ornamente
nahe verwandt. Man vergleiche z. B. den altlatinisclK n beiner-
nen Güi-telbeschlag , welcher auf Taf . II 4 publicirt ist , mit
dem aus einer regianer Tenamare stammenden Kamme, den
unsere Taf. I *J wiedergiebt. Nichts desto weniorer aber scheint
es , dass die Decoration in Latium von Anfang an etwas vordre-
schritteiier war, als in den Pfahldörtern : denn schon auf Thon-
jiefässeii, die aus dem älteren Tlieile der albaner Nekropole stam-
men, kommen einige Motive vor. die den Pfahldorf lern unbekannt
waren, nämlich das sogenannte Ilakenkreuz , Anfänge eines dem
Maeander entsprechenden Ornamentes und das mit Linien ausge-
füllte Parallelogramm. -'^ Freilich aber fehlt noch das richtige
Verständniss für die stilistisclie Bedeutung dieser Motive. Wäh-
rend der Maeander seiner Form nach dazu bestimmt ist, eine
Borte zu bilden, sei es, dass er ein ornamentales Schema auf
aUen Seiten einsehliesst, sei es, dass zwei omamentale Schemata
durch ihn getrennt werden, sei es, dass er die Grenzen verschie-
dener tektonischer Glieder bezeichnet, wurde er von den alten
Latmem in der willkürlichsten Weise verwendet. So ist ein in
der albaner Nekropole gefundenes Gussgeftss um den Bauch
herum von einem Maeander umgeben , ohne dass an dieser Stelle
eine Veränderung der Formen Statt findet, welche den omamen-
talen Ausdruck der Scheidung rechtfertigen könnte.^) Das
sogenannte Hakenkreuz hat noch nicht einmal einen festen Ty-
pus erhalten. Die Balken an den Ecken werden bald beisrefügt,
bald weggelassen, die Offnungen der von ihnen gebildeten Winkel
wülkttrlich gerichtet. ^) Werden verschiedene Motive zusam-
1/ Die oben Seite besprocheueu Buckel können kaum zu den
Ornamenten gerechnet werden.
2 Eine Reihe von Dreiecken verziert z. B. den Band des Da-
ches einer alhaner Hüttemirne. Ann. dcll' Inat. 1871 Tav. d'agg. Ü9..
3) Vgl. Ann. dell Inst. 1&75 p. 24Ü ff.
4) In dem von Visconti lettera a Carnevali Tav. I gegebenen
Durchschnitte sieht man dieses GefSss unmittelbar links neben der
Hütten Urne.
5) bo auf der Ilüttenurne bei Visconti a. a. ü. Tav. II, III.
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9Ö
Die Itafiker in den PfiihldürferD.
mengestellt, so gescUelit es in ganz unorganischer Weise. ')
Mochten demnach auch die alten Latiner tther eine etwas grössere
Zahl von Omamentmotiven yerfügeu, als die Pfahldörfler, jeden
Palls kann ihnen ebensowenig wie den letzteren die Kenntniss
eines ansgebildeten Decorationssystems zugesprochen werden.
Fassen wir diese einzelnen Resultate zusammen , so eigiebt
Bichl dass das älteste latinische Handwerk im Wesentlichen auf
der gleichen Stufe stand, wie das der Pfahlddrfler, und nur auf
dem Gebiete derMetellotechiiik imd des Ornamentes einige Fort-
schritte aufweist. Ein solches Verhältniss stimmt aber auf das Beste
mit der Ansiebt , die icb über den Ursprung der Pfahldörfer be^
" grttndet. Wenn diese Niederlassungen der Periode angeboren,
während deren die Italiker nur den nordöstlicbeu Theil der Apen-
ninbalbinsel l)ewobnten . dann fallt zwiseben die Entwickelung,
welcbe in den Pfabldörfern Stntt batte . und die Zeit , in der die
Latiuer die vom Tiber bespülte Laudscbatt zu besiedeln aufinfzeii,
ein alls('llllli('lle^; Stück Ge.fcbichte iiud unter andern die Spaltung
des italischen Volkes in verschiedene Stämme. In dieser inhalts-
reichen Zwischenzeit musste sich das Handwerk nothwendig
weiter entwickeln, sei es dass die Italiker aus eigener Kraft Fort-
schritte machten, sei es dass ihnen Anregungen von auswärts,
etwa aus dem nordwestlichen Theile der Balcanhalbinsel , zu
Theil wurden. Doch waren diese Fortschritte nicht durchgrei-
fend genug, um den Zusammenhang mit dem Haudwerke , wel-
ches die Vorfahren in der Poebene geübt hatten , ?u verdunkeln.
Yiehnehr lassen die ältesten latinischen Leistungen deutlich das
letztere als Grundlage durchblicken.
Ein ähnliches Verhältniss stellt sich heraus, wenn wir Reste,
welche mehr oder minder den soeben behandelten altlatinisehen
entsprechen» aber in dem eigentlichen Etrurien und auf der Ost-
seite des Apennin namentlich in dem Gebiete von Felsina (Bo-
logna) beobachtet worden sind, mit den Manufactuien der Pfahl-
ddrfler vergleichen. Allerdings haben sich die Gelehrten noch
nidit darüber geeinigt, ob diese Reste Italikern , nämlich Umb-
rera. oder Etruskern zuzuschreiben seien. Wenn jedoch überall
die Möglichkeit und bisweilen sogar die Wahrscheinlichkeit vor-
liegt , dass es sich um Denkmäler aus der etruskischen Urzeit
handelt, so werden wir hierdurch keineswegs genöthigt, jene
Funde aus unserer vergleichenden Analyse auszuschliessen. Wie
nämlich im VIII. Kapitel nachgewiesen werden wird, war der
1) Einen sc lilnireiiden Beleg hierfür bietet die in der vorher-
gehenden Anmerkung erwähnte Hütteuarne
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VII. Das Handwerk. 97
äussere Eultniapparat der Etrnsker und derltaliker wihresd der
titesten Zeit im WesenÜieheii der gleiche und dürfen demnach
Materialien, Werkzeuge und Techniken, welche in der primitiven
Entwickelung des ersteren Volkes nachweisbar sind , auch bei
den gleichzeitigen Italikern vorausgesetzt werden. Nichts desto
weniger aber verzichte ich darauf, den Zusammenhang des m
den Pfahldörfern geübten Handwerkes mit dem darzulegen, wel-
ches wir aus den Grabstätten von PoggioKenzo (Chiusi^ , Bazzano,
Savignano, Villanova, des Podere Benacci (Bologna; und aus an-
deren Funden kennen. Nur die Nekropolen von ^'illanova. Baz-
zano und Savignano sind vermöge der Publicationcn von Gozza-
dini' , und CrespeUani - in genügender Weise der Untersuchung
zugänglicli und ilir Inlialt ist bereits mit dem der Terremare ver-
gliclien worden. Pigorini und Strohe! liaben in ihrem zweiten
Berichte die Berülirungspunkte hervorgehoben, welclie das Hand-
werk der Pt'ahlihirfler mit den in V'ilhiuovu gefundenen Manu-
facturen aufweist. CrespeUani hat die Beziehungen mit den Grab-
stätten von Bazzano und Savignano dargeU'gt , wiewold er ent-
schieden zu weit gegangen ist , wenn er d(^n Inhalt der Terre-
maie und die beiden von ihm publicirten Nekropolen geradezu
fttr gleichzeitig hält.^J Doch würde es zu weit fahren, seine
Auffassung im Einzelnen zu widerlegen. Ftlr unseren Zweck
genügt es bewiesen zu haben , dass zwischen dem Handwerke,
welches in den Pfahldörfern geflbt wurde, und dem ältesten lati-
nischen ein Zusammenhang besteht, der dazu berechtigt, in dem
letzteren eine etwas yoigeschrittenere Phase des ersteren zu
erkennen.
Das Stück Geschichte, das die Italiker durchmachten, als
sie in den Pfalddörfern ansässig die Poebene bewohnten , ent-
spricht dem, welches die Griechen in Epeiros zurücklegten. Beide
Volker machten zunächst in dem nördlichen Theile der Halbinsel,
auf der ilire Wanderungen zum Abschluss kamen, einen länge-
ren Halt und bildeten daselbst die Grundlage der Entwickelung
1) Di un sepolcreto etrusco scop. presso Bologna, Bol. 185.');
intorno ad altrc settantuna tombe del sepolcreto etr. scop. presso Bo-
logna, Bol. is.")(».
2; Di uu sepolcreto preromauo a Savigiuuu) sul Panaro, Modena
1^74; del sepolcreto e def^H altri monnmenti anticM 8C(>])erti presso
Bazzano, Modena 1875,
•i] Vgl. hesondiM-s CrespeUani mame modeuesi e monumenti
antichi lungo hi »tnida (Maudin )». H.
Uelbig, Die Ilalikpr in der Puebcue. 7 *
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98 Die Italiker in den Pfahldörfern.
aoB, die sie dazu berief, nach einander die hervorragendste Stel-
lung in der Weltgeschidite einzunehmen. Wir mflssen es als em
besonderes Glflckbetraehten, dass die Terremare nns Gelegen-
heit geben , Reste aus dem ersten Stadium selbststitndiger itali-
scher Entwickelung buchstäblich mit den Händen zu greifen.
Wenn einmal Albanien der Forschung zugänglich geworden sein
wird f dann darf man hoffen , entsprechende griechische DeniL-
mäler kennen zu lernen. Da die Anfänge der selbstständigen
Entwickelung beider Völker zeitlich wie räumlich dem Stadium
nahe standen , welches die Vorfahren der Griechen und die der
Italiker, durch enge Beziehungen verbunden, in dem mittleren
Europa zurücklegten , t>o spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür,
dass die griechische Kultur , welche Epeiros , und die italische,
welche die Poebene zum Schauplatz hatte , mancherlei gemein-
same Grundztige enthielten. ') Es würde mich daher nicht
wundern , wenn sich in den Seeen des nördlichen Griechenlands,
wie in denen Oberitaliens. Pfahlbauten fanden, wenn in den
Theilen des Landes, in denen keine Seeen vorhanden sind, Reste
entdeckt würden , die mehr oder minder dem Inhalte der Terre-
mare entsprechen. Weisen «locli die wenigen Züge , welche die
hellenische Überlieferung von der in Epeiros zugebrachten Urzeit
bewahrt hat , auf einen ähnlichen Zustand zurück , wie er in den
Pfahldörfern herrschte. Dass die im Gebiete von Dodona ansäs-
sigen Vorfahren der Hellenen, wie die Pfahlddrfler, ein aohmntsi-
ges und in der äusseren Kultur wenig voigesdirittenes Volk
waren , erhellt aus den Vorschriften , welchen die Priester des
dodonftischen Zeus unterlagen [Seite 4) . In der Nekyia befiehlt
Teiresias dem Odysseus, er soUe, nachdem er nach Ithaka zu-
rflckgekehrt sei und die Freier getOdtet habe , em Buder auf die
Schulter nehmen und so lange wandern , bis ihm ein Mann be-
gegne , der das Ruder fttr eine Wurfsohaufel halte ; dann mdge
er das Ruder in den Boden pflanzen und dem Poseidon herrliche
Hekatomben darbringen. ^) Der Dichter der TIk sprotis nahm
als den Schauplatz dieser Handlung die innere Epeiros an, dachte
sich also die dortige Ikvölkerung zwar als Ackerbau treibend,
aber von dem Verkehr mit der Aussenwelt vollständig abge-
schnitten. *) Ein Fragment endlich der dem Hesiod zugeschrie-
benen Eoeen schildert das Leben , welches Dodona zum Mit-
telpunkte hatte, folgender Massen :
1) Vgl. hierzu Hehn Kulturpflanzen uud Hausthiere 3. Auti.
p. 296.
2; OdysB. XI 120 ff.
3) Welcker der epische Cyclus 1* p. 290 ff.
4} Fragm. UU^X Göttling.
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Vlll. Die Einwanderung der Etrusker.
99
d^crh u-l}Xoiot «al ciXtictfoeoat ßdeoaiv.
iv avope« vaCouot noXuf^fjr^vs;, noXußoQrat,
icoXXol, affctpiaioi, f üXa ovijxwv dvdpf&innv.
Von Reichthum an Metallen , von kunstfertigen Techniken oder
ähnlichen Dingen , deren die alten Dichter bei Schilderung von
YOlkem und Städten zu gedenken pflegen , ist hier keine Rede.
Vielmehr werden lediglich der fruchtbare Boden und der Vieh-
reichthum gepriesen. Hätte sich auf der Apenninhalbinsel die
Erinnerung an die in den Pfahlddrfern zugebrachte Voraeit er-
halten und rechtzeitig in der Poesie Ausdruck gefunden , dann
würde das italische Carmen ähnliche Zttge hervorgehoben haben,
wie die auf Dodona bezttgliche griechisdhe Dichtung.
Vin. Die Bfaiwandenuig der Btmsker.
Um die Frage Uber den Ursprung und die Schicksale der
Pfahldörfer zu erschöpfen, muss noch der Eti'u&ker gedacht wer-
den , deren Einfall die Italiker oder Umbrer in dem Besitze der
Poebene beschränkte.
Es wurde bereits hei-vorgehoben [Seite 27 ff.) , dass die mei-
sten Pfahldörfer, wahrscheinlich sogar alle , sclion in der Epoclie
verödeten, in welcher nur die Bronze . aber noch nicht das Eisen
bekannt war. Dieser plötzliche Abbruch einer den grössten Theil
der Poebene beherrschenden Entwickclunfr ninss notliwendig mit
einer erschtitternden historischen Katastrophe zusanimenhilngen.
Befragen wir aber die Überlieferung , welche diese Katastrophe
gewesen sein könnte, so darf, da nach den bisherigen Kesultaten
die Keltenzüge ans^^eschlossen sind, nur der Einbruch der Etrus-
ker in Betracht gc/dgen werden. Die Sage berichtet, dass die
Etrusker dreihundert umbrische Städte zerstörten.') Da sich von
lunbrischen Städten in dem Gebiete, welches an die Eroberer ver-
loren ging, kerne Spur erhalten hat und es ausserdem ganz un-
wahrscheinlich ist, dass die Italiker zur Zeit der etruskischen
Einwanderung in anderen als dorfartigen Niederlassungen wohn-
ten, so liegt es nahe, bei jener Überlieferung an die Ffahlddrfer
zu denken und anzunehmen, dass die Sage mit ihrer Neigung,
die Dinge der Urzeit zu tibertreiben, die durch ESrdwälle und
Gräben umgebenen Dörfer zu Städten yergrOssert hat. Wenn
wir demnach vermuthen dürfen, dass die Entwickelung, wtelche
die Italiker in den Pfahldörfern durchmachten , durch die Etrus-
1) Plin. m 113.
7*
lOO
Die ItaUker in den Pfahldtfrfeni.
ker abgebrocheil wurde , dann tritt sofort eine andere Frage an
uns lier:in, nftmliohdie, ob sich etwa die Eroberer iu den den
Italikcru abgenommenen Dörfern niederliessen oder ihrer Seite
Ortschaften ähnlicher Art gründeten.
üm'diese Frage zu beantworten, gilt es zunäclist, sich ein
Urtheil zu bilden über den Kultuizustand, den wir denEtruskem
zur Zeit ihrer Einwanderung zuzutrauen berechtiget sind. Einer
Seits steht es fest, du.sis die Einwanderung dieses Volkes in sehr
frühe Zeit und sicherlieli vor dieEpoclie fällt, in welelier die Kul-
tur (Irr Mittelmeerwelt auf das europäische Binnenland zu wirken
aniing.'j Anderer Seits ist es, abgesehen von vereinzelten Ge-
lehrten , die der Methode und den Kesultaten der modernen
Forschung femer stehen , allseitig anerkannt, dass die Etmsker
ans dem Norden in die Apenninhalbinsel einwanderten. Demnach
spricht schon a priori alle Wahrsehehilichkeit dafbr, dass ihnen
damals ein ähnlich beschränkteKKnltueapital eigen^llmlich war,
wie den Italikem, als sie auf der Poebene in den PBahldörfem
wohnten. Mit dieser Annahme stimmt d'w Beschaffenheit der
Ältesten italischen Fundschichten. Die Wissenschaft hat sich
bis jetzt vergeblich bemüht, innerhalb derselben den Antheil der
Etrusker und den der Italiker zu unterscheiden. Erst verhält-
nissmässig spät gewinnt das etruskische Handwerk eine besondere
deutlich erkennbare Physiognomie. Auf der Westseite des Aj)ennin
ist dies nicht eher der Fall , als bis sich nach carthagischen Vor-
bildern die Fabrikation der schwarzen mit asiatisirenden Keliefs
verzierten Thongefilsse vasi di bucbero) entwickelt hat. Bei
den östlichen Eti'uskern kennen wir als die. iiitesten Productc.
welche einen deutlich ausgesprochenen nationalen Gharacter zur
Schau tragen, gar erst die Beliefttelen und Bronzefignren voa
Marzabotto und der bologneser Certosa, Denkmäler, die nach den
zugleich gefündenen griechischen Vaaen zu schliessen nicht Uber
das 5. Jnärhundert v. Chr. hinaufreichen. Wenn ausserdem bis-
weilen eine etruskische Inschrift die Herininffc emer Denkmäler-
gruppe bestimmt, so ist auch dieses Kennzeichen erst in einer
verhältnissmässig späten £poche maßgebend ; denn das Alphabet
wurde , wie ich an einer anderen Stelle nachgewiesen zu haben
glaube'^), nicht vor Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. in Etru-
rien eingeführt. Da es undenkbar ist, dass die Etrusker in der
1 ) Allerlei Merkmale , die ich an einem anderen Orte zusammen-
atclleu werde, macheu es wahrscheinlich, dass dasselbe Völkerge-
schicDe, welches den Aufbrach derThessaler ausEpeiros venudasste
und somit den Anlass zur dorischen Wanderung gab, auch die Etms-
ker nach dem Süden vorwärts drängte.
2; Ann. dell inst. isTii p. 227 ff.
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VIII. Die Einwandemng der Etmsker. 101
Periode, bevor die genannten Eigenthümlichkeiten hervortreten,
spurlos wie Schatten iihor die Apenninhalbinsel dahinwandel'
ten, so bleibt, um den ttbereinstunmenden Charaeter der älteren
Fundschichten zu erklären . nur die Annahme offen , dass die
äussere Kultur der Etruskcr und die der Italiker lanpre Zeit hin-
durch im Wesentlichen übereinstimmten. Aucli weisen die bei-
den Nnchricbten, welche die I/ittcratur zur P»eurtheilung der
etruskisclicn l rzcit an dir Hand triebt, deutlich auf einen primi-
tiven mitteleuropäischen Zustand hin. Wenn die mola versatilis
als eine Erfindung der Volsinicr galt ' , so lässt dies darauf
scbliessen , dass sich die Ktrusker einer Ej)oche I)ewus8t waren,
während deren sie ein solches Utensil nicht kannton, sondern
sich wie die PfalildOrfler znm Zermalmeii der Getreidekörner
zweier Steinklotze bedienten. Die andere hierher gehörige Ober»
tiefening, welche berichtet , dass der etmskische Ritus den Ge-
brauch des Weihranches ansschloss^), beweist wenigstens soviel,
dass die ältesten Knltnssatznngen dieses Volkes weder mittelbar
noch unmittelbar von orientalischen Einflüssen berührt waren.
Wird allen diesen Thatsachen Kechnnng getragen, dann
spricht vom archäologischen St^ndpnncte nicht« dagegen , den
Ktruskern einen Antheil an der späteren Geschiclite der Pfahl-
dörfer zuzusprechen. Diese Annahme würde eine monumentale
Grundlage gewinnen, falls es gelänge . uaelizuweisen . dass ein-
zelne Pfahldörfer durch bestimmte Eigenthimilichkeiten aus der
Masse dieser Niederlassungen heraustreten oder ihre oberen
Schiebten gegenüber den tiefer liegenden individuelle Unterschiede
aufweisen. Und in der That sind von Chierici ^; und Coppi^)
Erscheinungen dieser Art beobachtet worden. Der erstere Ge-
lehrte giebt an, dass die Thongeftsse, die sich in zwei auf dem
reggianer Hflgellande gelegenen Terremare fanden , einen anf-
ällig rohen Eindruck machen nnd dass in beiden Terremare der
halbmondförmige Henkel vermisst wnrde , den wiir als eine be-
zeichnende Eigenthttmlichkeit der von den Pfahldörfern geflbten
Keramik kennen. Ähnlich verliält es sich nach der Angabe
desselben Gelehrten mit den oberen Schichten melirerer in der
Ebene von Reggio gelegener Terremare . während die in den
unteren Schichten entdeckten Gewisse alle Eigenschaften aufwei-
1; Siehe olien Seite 72 Anm. 3.
2) Amol), adv. gout. VIT *2f): ncque genotrix et niator sui>ersti-
tionis iictruria opiuioncm uius (Iuris; novit uut funuim, sacellurum
ut indicant ritus.
3) Le antichitä preromnne nella prov. di Keggio )>. 12 — 14.
4) Monogn-aphia ed icon»>gratia della terrauiara di Grorzauo III
p. 24; Bull, dcü lüst. 1S76 p. 105, lütt.
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] 02 Die Itoliker in den Pfahldörfern.
sen , welclic der Plastik der Pfahldörfler eigentliümlich zu sein
pflegen. Der gleiche Unterschied zwiselien den obersten nnd
den miteien Schichten ist von Coppi in der bei Modena ent-
deckten Terramare von Gorzano beobachtet worden. Aul"
diese Heobachtmigen gestützt nimmt C'hierici zwei verscliie-
denc Völker an und vcrmuthet er. dass ein ndu-res und jeden
Falls in der Gefä.s.splastik zurückgebliebenes V Olk die beiden auf
Högein gelegenen Niederlassungen gegründet, die vorgcsehiitte-
nere Bevölkerung der in der Ebene gelegenen Dörfer verjagt
und sieh an ihrer Statt in den eroberten Ortschaften festgesetzt
habe. Es liegt nahe, in dem erobernden Volke, vrelehes Chierici
annimmt, Etrnsker zu erkennen ; denn , wenn nach den im Obi-
gen geltend gemachten Gesichtspunkten Italiker und Etrnsker
damals auf einer analogen Kulturstufe standen , so schliesst dies
selbstverständlicli nicht aus, dass die beiden Völker in gewissen
Gattungen des Handwerkes, wie in der Keramik, verschie-
dene Eigenthttmlichkciten ausgeprägt hatten. Nur muas ich lei-
der beifügen, dass der Thatbestand der Punde von einer anderen
Autorität verscliieden aufg-efnsst wird. IMgorini nämlieh theilt
mir mit. dass nach den von ihm gemachten Beobachtungen der
Übergang der unteren die vollkommeneren Thonmanufacturen
enthalti^nen Schichten zu den oberen . welche eine rohere Tech-
nik bekunden, ein ganz allmähliger und unmerklicher sei.')
Dessluilb dürfe mau nicht an die .Vufeinanderfolge zweier verscliie-
deuer Völker denken , müsse man vielmelir annehmen, dass ea
sich um dieselbe Bevölkerung handele, welche während der
späteren Entwickelung in der Gefilssplastik nachlässiger gewor-
den sei. Da demnach die Auffassungen der beiden bewährte-
sten Autoritäten einander widersprechen , so scheint es bedenk-
lich, auf die genannten Erscheinungen historische Schlflsse zu
grttnden.
Will man aber auch, gestützt auf die Auffassung Chierici's,
den Etruskern einen Antheil an der in den Pf'alildorfern Statt
findenden Entwickelung zusprechen, dann ist dieser Antheil
sicherlich sehr gering zu veranschlagen. Das Wenige . was wir
von dem Charactcr des primitiven Ktruskerthums wissen, stimmt
schledit zu der sesshaften bäuerlichen Lebensweise , welclic der
Bevölkerung der IMalild^nter eigentliümlich war. Während die
politischen Mytlieii der Italiker ihren Schwerpunkt in der Grün-
dung von Gcnu'indcii oder Staaten haben und allenthalben die
Bedeutung erkeuueu lassen, welche hierbei Viehzucht undAcker-
1) In der gleichen Weise wird der Sachverhalt auch von Coppi
a. a. 0. (S. 101 Anm. 4) beurtheilt.
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VIU. Die Einwanderung der Etnisker. 103
bau hatten, berielitet die etniskische Überlieferung mit Vorliebe
Yon abenteuernden Häuptlingen, welche erst nach längerem
Hemmstreifen zur Ruhe gelangen. Solche Gestalten sind Nanos
oder Nanas, welcher in Gortona das Ende seiner wechselvollen
Laufbahn fond und von den Hellenen mit Odysseus verglichen
wurde und die Zei^enossen Caelius Vivennaund Mastama,
welcher letzterer , wie die Etrusker erzählten , nach mancherlei
Kämpfen mit den Resten des von Vivenna gesammelten Heeres
nach Kom kam und daselbst unter dem Kamen Sei-vius Tul-
lius König wurde. 2' Wenn das Volksbewusstsein die Vorfahren
in solcher Weise auffasste, so lässt dies deutlich darauf schlies-
sen, dass die Etrusker lange Zeit hindurch vorwiegend ein un-
stätes Kriegerleben führten und sich nur ungern zu einer
testen Ansässigkeit verstandoii . wie sie ftlr die Bevölkerung der
Pfahldörfer bezeiehiieiid ist. Die iiKMlerne Gesehichtsschreibuug
nimmt iciustiinniip: an, dass die Etrusker, nachdem sie (istlieh
und westlich vom Apennin festen Fuss gefasst hatten, als kri(?ge-
riseher und priesterlicher Adel über eine italische Bevrilkerung
herrselite, die für sie das Feld bestellte und ihnen zinste. Die-
ser hörigen Bevrdkerung, nicht der herrschenden Classc der Lu-
cumonen , wird oftenbar der grosse ökonomische Wohlstand ver-
dankt, dessen sich Etrurien bis zu dem Ausbruche der Bürger-
kriege erfreute. Will man aber trotzdem die Möglichkeit zu-
geben . da^s bisweilen ein etruskischer Schwärm ein Pfahldorf
anlegte Mer sieh nach Vertreibung der italischen Bevölkerung
in einer solchen Ortschaft niederließ , dann ist dieser Gesichts-
punkt nur fttr den spätesten Abschnitt der Geschichte der Pfahl-
dörfer von Wichtigkeit. Das Verdienst, die Entwickelung, welche
durch jene Niederlassungen bezeichnet wird , eingeleitet und bis
zur etmskischen Einwanderung forigefnhrt zu haben, gebflhrt
jeden Falls den italischen Bauern. Sie haben äber die Emilia
eine Kulturschicht verbreitet, welche an Macht und Dichte nur
von der spätrömischen übertrotfen wird.
Nachdem die Verödung der Pfahldörfer Statt gefunden liattc,
war die Gegend , in welcher die Hauptmasse dieser Niederlas-
sungen lag, Jahrhunderte lang nur dürftig bevölkert und ange-
baut. Die zunächst auf die Pfahldörfer folgende Entwickelung,
für die neben anderen Fortschritten das Aufkommen der geome-
trischen Decoration bezeichnend ist, hat in dieser Landschatt
i; Vgl. 0. Müller die Etrusker (bearbeitet von Dcecke) I p.
87 88
' 2) Vgl. 0. Müller a. a. 0. 1 p. in und daselbst die Anm.128
(Deecke).
104
Die Italiker in den Pfahlddrfern.
nur ganz vereinzelte Spuren Unterlassen, Ebenso verzieli eten
die Etrasker in der Zeit, in welcher ihre äussere Kultur einen
individuellen Gharacter gewonnen hatte, auf eine nachhaltige
Besiedelung. Der Schwerpunkt ihrer damaligen Entwickelung
lag weiter nach Osten. Während hier Felsina zu flppigerBlflthe
gedieh und das benachbarte Gebiet bis westlich zum Panaro und
seinem Nebcnflii SS e, demTiepido, allenthalbon etniskische Denk-
mäler aufweist, sind in dem Theile der Emilia, welcher westlich
von den beiden genannten Flüssen liegt , nur vereinzelte Reste
dieser Entwickelung beobachtet worden. Besonders bezeich-
1) Als mit Siclierlieit diesiM' Entwickelung angehürig wUsste
ich nur folgende Fuude uamhalt zu macheu :
1. Eine kleine Nekropole bei Casaltone (Provinz von Parma,
bei Ponte d'Enza). Bull, dell' Inst. 1875 p. 147, 148.
*2. Ein Grab und dio 0(\i»:onstände, wolclie neben drei Skeletten
gefunden wurden, die, wie eascheiut, von erschlagenen aber uubestat-
tet gebliebenen Kriegern berrUhFon, bei Santilariod'Enzüf Provinz von
Reggio). Cliierifi un<l Mantovani notizie anlieologiclie dell' a. 1872
p. -20—24; liull di \y.\\. itnl IT p. Sowold die Funde von Tasaltone,
wie die von Santilari«» zei;;on ein Stadium , wek-lies in allen wesent-
lichen Eigonthümlichkeiten dem cntspriclit, das wir aus den Ausgra-
bungen von VillanovH nnd des Podere Benncci (Bologna) kennen.
'■i. Eine kleine Nekropoh» und dürftii^e Spuren einer Niedcr-
lassuTii^ bei Rismantova Prov inz von l\e}:-^io, auf den ^'orberJ2:en des
Apcuuin, östlich von Castelnuovo nci Müutij. Chierici le auticiiita
preromane della prov. di Reggio p. 14 — 16; Chierld nnd Manto-
vani notizie areheologiolu» dell' a. 1S72 p. 18; Bidl. di pal. ilal.
Vol. 1 p. 42— 47 Tav. Tl 1—0. Vol. IT p. 242— 2.^:< Tav. VTII. Die
Nekropole zeigt ähnliche P^igenthUmliclikeiten , wie die Grabstatte
von VillanovH (Bologna) , macht jedoch einen ungleich kttnimerlichereD
Eindruck . als diese. Am nächsten steht sie jeden Falls , sowohl
was die Anlage, wie was den Inlialt der Gräber betrifft, der vor-
rönuschen , also liguriselien Nekropole vou Velleia (Notizie degli
seavi eimnnunicate alla r. accademia dei Lincei 18*7 p. 157 ff.;.
Demnach vermuthet Chieric! Bull, dl pal. ital. II p. 253 mit Recht,
dass die Nekropole von Bismantova demselben Vidke zuzuselireiben
sei. Das hohe , die Gegend weithin behcrrsehende Plateau von Bis-
mantova bot die geeignetsten Bedingungen dar , um darauf ein Ca-
stellnm anzulegen , das bei Plttnderungszügen , wie sie die Liguren
in das Tiefland zu unternehmen pflegten , als Ausgangspunkt und
Rückzugsort diente. — A^»n vereinzelt gefundenen Gegenständen
verdient Erwähnung ein mit eiugepressteu couceutriseheu Kreisen
verziertes Goldblech, welches bei Casinalbo (Provinz von Modena,
bei Forniigine entdeckt w urde. Bull, dell" Inst 1S46 ]>. 20.
2 TIi(Mlier gehören die Reste etruskiselier Niederlassungen,
welche über einigen inderProvinz vonReggio gelegenen Pfahldörfern
beobachtet worden sind (vgl. oben S. SAmn. 4). Ferner ist eiue ähn-
liche Niederlassung bei Servirola (beiSanpolo d'Enza nachgewießen.
Chierici le antiehita ])reronuine p. \() — Chieriei und Mantmniii
notizie archeuiogicbe dell' a. 1872 p. 18 j Chierici und Strubel pom
VIII. INe Einwanderung der Etrusker. 105
nend ist hierfBr die Thatsache, dass der Boden dieser Landschaft
bis Jetzt keine einzige etrnskiselie Steininschrifi zn Tage geför^
dert hat. Vielmehr ist die etroskische Sprache vor der Hand
nvr dnrch wenige auf Thongefösse eingeritzte Inschriften ver-
treten.' Der gleiche Zustand dauerte fort, als die Kelten in
der Poebene herrschten: denn Denkinftler, welche sich mit
Sicherheit di<^äer Periode zuschreiben lassen , wie rothfigurige
Vasen mit Idckercr Zeichnung , finden sich in dem genannten
Theilc der Eniilia nur sehr selten."- Noch zur Zeit des zweiten
punischen Kiieges wiid das Gebiet von Mutiua (Modena) als eine
sepolcrali di Sanpulo d Euza , strenna del Bull, di pal. ital. pei IS76
p. 4. Sic liegt in nnmittelbarer Nähe eines Pfahldurfes und gehiirt
eiiii'in Mliiiliclieii Stndiuui mu. wie wir es diircli die Auspral)U!i^''eii von
Marzaliotto und der Ixdo^^ueser Certosa kcuueii. lauter iliren Kesten
fanden sich eine Scherbe einer »ehwarztiguri;^en Vase und mehrere
Fragmente von GefSssen mit rotheu Figuren lockeren Stils Chierici
und Strobel ])07.7.i seiiolcrali di Sanpolo p. 14'. nusserdciii drei Vasen-
tit'lierbei) mit ein;^-ekrat/.ten etruskis<dien Inschriften Fabretti primo
supplenieuto alla raccolta doile antichissime iscrizioni italielio tav.
III 22 — 24 p. 9). Offonbar gehörten zu dieser Niederlassung^ die
inerkwürdij;en brunnenarti^en Gräber, über welche Chieriei iindStro-
bel in der frenaunteu Piiblieation berielitet haben. — Auf <'iu iiiin-
liehes Stadium weist aucli ein bei Fraorc ,Prt>vinz von Parum , Co-
mune di S. Paneraeio, am Taro) entdecktes Grab hin: Hit der Hand
irearbeitete Tlumjj^efässe. Frupuente ^rriechischer oder campanischer
Vasen mit Schwarzeln Firniss. eine so;zenanntt^ "eista a eordoni« , drei
silberne, zwei goldene FibuUie, ein Paar reich verzierter goldeuerOhr-
ringel. Bull, dell' Inst. 1875 p. 142—146. — Die Beste der Nie«
dorlassuufi: von Quinirento di S. Prospero Provinz von Parma . bei
Ponte d'Enza mit eisernen (Jejj^enständeu und aeht Stücken von aes
signatuui (Bull, dell Inst. 1S75 p. 14(1 — 147; Periodico di numisuiatica
e sfragistica VI, Firenze 1874, Tay. IX, Xp.219 ff.i sind nicht genau
genuf^untersnclit. um ihre Epoche nälier be.stinunen zu kTninen.
I) Es sind dies die Gefässinsehrifteu, wehdie innerhalb der über
ciuit;on Pfahldörfern abgelagerten etruskischeu Schichten gefunden
worden sind (s. oben Seite 28 Aura. 2^ und die in der vorhergehenden
Anmerkung erwähnten von Servirol;i di Sanpolo d Fnza.
"i Mir sind nur foli^ende aus Servirola stammende und ^"ej^en-
wärtig im Museum von Keggio aufbewahrte Fraj^mentu bekannt :
1. Fragment von dem Innenbilde einer Schale. Erhalten ist
der (»bcre Tlieil eines Epheben, der den Mantel über den Hinterkopf
heraufgezoj;en hat ; sein Haupt ist von einer Pinde umgeben.
2. Fragment von dem Aussenbilde einer Schale. Erhalten sind
Kopf und Brust eines bSrtigen Satyrs mit aufgeworfener Nase, der
mit d( r L. einen undeutlichen Gegenstand (Schlauch?) Uber' der
Schulter trä^^t.
3. Fragment von dem Aussenbilde einer Schale oder eines
Napfes. Erhalten ist ein bartloser Jfingling (Perseus?), welcher einen
siehelartigcn Gegenstand (Harpe?) in der B. haltend , nach r. Tor-
warts schreitet
106
Die Italiker in den Pfahldörfern.
mit dichten Wftldem bedeckte nnd nur an einzelnen Stellen an-
gebaute Gegend geschildert.*)
Der Gmnd dieser Jahrhunderte hindurch dauernden Ver-
ödung ist vermuihlich in der Nachbarschaft der Ligurer zu
suchen. Bei den Pillnderungszügen, die sie in das unterhalb des
Apennin gelegene Tiefland zu unternehmen pflegten , ist es be- '
greiflich, dass Etrusker wie Kelten Abstand nahmen, das un-
mittelbar von dem Gebirge beherrschte Qebiet in nachhaltiger
Weise zu besiedeln. Erst die römische Herrschaft machte diesem
unsicheren Znstande ein Ende. Als sie feste Wurzeln geschla-
gen und nunmelir wiederum Spröaslinge italisclien Stammes den
Boden mit dem Speere vertheidigten und auf ilim den Pflug fülir-
ten, erreichte die Landschaft allmählig den Wolilstand , den die
alten Italiker angestrebt hatten, als sie , in den Pfahldörfern an-
sässig, dem Urwald Weide- und Ackerland abgewannen .
Was al)er wurde aus den Italikern , nachdem die Pfahl-
dörfcr nufo;('ocben ? Sicher ist. dass sie nocli ^^eraniiic Zeit auf
der Ostscitc des A))cnnin ansässi«: 1)liel)on. Iläftrn nämlich Be-
standtheile dieses Volkes unniittelliar aus den Pfahldörfern die
Wanderung über das Gebirg(^ angetreten . dann würden sich auf
der Westseite des Apennin naeli(li iickliche Spuren von der jenen
Niederlassungen eigentliümlieheu Kultur vorlinden. Da dies
nicht der Fall ist , da vielmehr alle bis jetzt liekannten Funde
darauf hinweisen, dass die Uronzetechnik in dem eigentlichen
Etrurien wie in Latinni un<l in Campanien von Anfang an vor-
geschrittener war, als in den Pfahldörfern, so müssen wir anneh-
men, dass die Italiker vor dem Andrängen der Etrusker zunächst
in das östliche , dem Meere nahe gelegene Gebiet der Poebene
und sttdwftrts nach der Gegend zu auswichen , die nachmals den
Namen Umbrien fOhrte. Auch hat die üeberlieferung deutliche
Spuren davon bewahrt, dass sich das italische oder umbrische
Yolksthum auf der Poebene erhielt trotz der vielen Stttrme, die
Uber diese Landschaft dahingingen. Ja es scheint sogar, dass
t. Frairment eines bauchigen Gefässes 'Amphora? Kruji^ ?^ , ;re-
funden in einem der Itrunnonartifiren Gräber, abgebildet bei Clii(*ric'i
und .Strobel puzzi sepolcrali di Sanpulo d Enza Tav. 121. Ein bärti-
ger Satyr mit suspendirtem GHede schwankt, den Oberkörper zurOck-
werfend , nach r., mit der L. einen Schlauch Uber der Schulter ha^
tend; vor ihm tanzt eine mitOliiton und j^ejj:ürteterNebris bekleidete
Bakchantin (Kopf und erhobene Arme fehlen) ; neben ilircm 1. Knie
ist eine Hand erBichtlich, die eine Fackel zu halten scheint. Flüch-
tige aber geistreiche Zeichnung, welche an die jüngeren attiscben
Manieren erinnert.
1} iLiv- XXI 25 : »ilvac tuuc circa viam erant plerisque iucultis.
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VIII. Die Einwandei-uDg der Etrasker. 1 p7
dasselbe, naclidein die Hauptmasse dcrEtni.sker über den Apennin
abgezogen war, wiederum an Stärke gewann und Gebiete ein-
nabm , die zeitweise von den Etruskem besetzt worden wa-
ren. Wenn Herodot^) scbreibt, die Fllisse Alpis nnd Karpis
entsprängen nördlich von dem Limde der Umbrer , so Iflszt dies
daranf sdiliessen, dass er sich die Sitze dieses Volkes bis an die
sfidliehen Abhänge der Alpen reichend dachte. Nach Strabo^)
bestand die Bevölkerung der Gallia cisalpina, seitdem die Kelten
vemiehtet worden waren, ans Lignrem, Römern, Umbrem und
einzelnen tyrrhenischen Bestandtheilen. Derselbe Schriftsteller^}
bezeichnet Ravenna als eine umbrische Stadt während die
Überlieferung? und der vermöge der etruskischen Kndung -enna
gebildete Name darauf hinweisen, dass die Ortschaft zeitweise
den Etruskem gehörte. ^1
Bereits in der Periode, wälirend deren die Italiker auf das
östlich vom Apennin gelegene Gebiet bescluünkt wm-f n wurden
sie von der Entwlckelung berührt, welche die Filuila, die Kennt-
niss des Sclimiedens und andere Fortschritte eintiilirtt'. die zum
ersten Male in der auf die Terremare folfrenden Fiiii<lschielit
bemerkbar sind. In einem solchen vorgescbrittoucreii Stadium Im--
{rritfen. traten Italiker. >vie Etrusker'' , die erslcren vcrmiitldich
wiederum von den letzteren vorwUrts freschoben , die Wanderung
über den Apennin an und jUTilndeten sie die; ersten Niederlassun-
gen auf der Westseite des (Jebir^rs. Die riitcisuelmufj: . aus
welcher Genend die Anregungen zu den genannten l'ortsehritten
nach der Halbinsel gelangten, wird in dem zweiten Bande vor-
gelegt werden.
1 !Y 1!».
2) V c. 21»).
3) Vc. 21 i. 217,227.
4] Plin. II1 115 nennt R;ivenna ein Sabinorum oppiduin.
•)1 Übrigens wurde in Raveuiia ancli eine bnnizene Kriegerfigur
mit einer etruskiselien Iiuschrilt gefunden. Micali nn)nnnienti ]w.v
servirc allu storia Tav. XXXVIll 1 ; Janssen Muh. Lu^duno-liatavi
inscriptiones etruscae Taf. III n.33 p. 22; Corssen Sprache derEtnis-
kerlp. 630. 015.
6) Vgl oben luu ff.
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los
Die Italiker iu duu Pfahldörfern.
IX. Die EbiflfiBW des HlttelmeergeMetes.
•
Es tritt nunmehr die Aufgabe an nns heran, zu nnteisaolien,
ob die Italiker, als sie in den Pfahlddrfem wohnten, anssdüiess-
lieh anf das Knltnrcapital beschränkt waren, welches sie ans
ihren frllheren weiter nördlich gelegenen Sitzen mitgebracht hat-
ten, oder ob die Mittelmeerwelt , der sie durch die Besiedelung
der Poebene nahe getreten waren , schon damals irgend welchen
Einflnss anf ihi-e Entwickelung ausübte.
Nach dem Grundsätze, welcher im II. Kapitel [Seite 10) aus-
gesproclicn und gerechtfertigt wurde, bleiben bei dieser Unter-
siiclnnig" alle nnr einmal beobaebtetcn Tliuisuchen ansgesclilossen
und werden nur solche berüoksichtigrt, welche durch mcbrfachcBeob-
acbtini i:< II sicher festgestellt sind. Ich übergehe daher die Angabe
von Cbierici V , dass in einer Terramare eine Eburna spirata La-
marck gefunden wurde, also ein Exemplar einer Muschelgattung,
welche nur in den indii^cben Gewässern yorkommt. Wir dürfen
mit Bieherlieit aiinolimcn. dass diese Muschel nichts mit dem
Pfahidorfe zu thuu hat . sondern nus einer liöher «celej^enen Erd-
schicht stammt Die Pfalildorlier wmeii bei dem primitiven Zu-
slaiide . in welelieiii sie sich befanden , siclierlicli ausser Staude.
j:r(»ssere Seefahrten zu uuteiueliiiien. Anderer Seils ist es un-
denkbar, dass die Muschel liureh den Verkehr mit einem fremdeu
Volke in das Pfahldorf eingefülirt wurde. Jenen Fremdlingen
nämlich . welche in mittelbaren oder unniittelliaveu Pezielningeii
zu dem fernen Osten standen, müsste Jeden Falls eine beträcht-
lich liolie Stufe der Civilisation zuerkannt werden. Hätten aber
die Italiker damals mit eiuem solchen Volke Fühlung gehabt,
dann stünde zu erwarten, dass dieser Verkehr ihre Entwickelung
in der vielseitigsten Weise gefordert und nachhaltigere Spuren
hinterlassen haben würde , als das vereinzelte Vorkommen einer
indischen Muschel.
Ähnlichen Bedenken nnteriiegt die Mlttheilnng von Cane-
strini ^] , dass sich in einigen Terremare der Provinz von Hodena
Olivenkeme gefunden hätten. Die Annahme , dass der Ölbaum
veriiAltnissmässig spät in Italien eingeführt ist und dass die La-
tiner ihn erst dui-ch hellenische Yermittelung erhielten , gehürt
1) Lc antichitü preromune nella prov. di Keggio p. 12, wo die
Muschel mit dem veralteten Namen buecinum ebumeum bezeichnet
wird.
2) Oggetti truv. nelle terrem. del Modeuese, 2. rel. p. öi.
üiQiiized by Gofi^kl
IX. Die BinflttBse des tfittelmeergebietes. 109
zu den sichersten Thatsachen der antiken Kultnigeschichte. Es
genügt auf die geistvolle Darstellung zu veriÄ'eisen , die neuer-
dings Hehn ' diesem Gegenstande gewidmet hat. Sicherlich
stammen jene Oliveukerne aus der Erdschicht , welche sich über
den Pfahldörfern nach ihrer Veröduno- aufthürmte, und liaben sie
mit den Resten dieser uralten Niederlassungen ebenso wenig zu
thun, wie etwa Cigarienstummel , die ja auch gelegentlich in der
oberääcliliclieu Schicht einer Terramare gefunden werden können.
Da CS feiner feststeht, dass der Esel den Italikern mittelbar
oder unmittelbar aus semitischem Kulturkreise zukam -' , so \vürd(5n
die in einigen Terremare beobachteten Knochen dieses Ilausthie-
res auf Einflüsse der Mittelmeerwelt schliessen lassen. Doch da-
tiren jene Beobachtungen aus einer Zeit , in der mau nocb nicht
genau die Überbleibsel der Pfabldörfer von späteren über ihnen
abgelagerten Resten unterschied , und sind sie daher für unsere
Untersuchung von zweifelhaftem Werthe.
Dagegen ist das Vorkommen von Besten desWeinstoekes in
den Pfahldörfern der Emilia durch eine Reihe von einander un-
abhängiger Beobachtungen zweifellos festgestellt und hiermit
ein fester Anhaltspunkt in der dunklen Geschichte dieser Kultur-
pflanze gewonnen. Wenn Hehn *) yermuthet, der Weinbau habe
erst durch griechische Vermittelung auf der Apenninhalbmsel
Eingang gefunden, so ist diese Annahme nicht mehr haltbar,
seitdem es feststeht , dass die Bebe in Niederlassungen gepflegt
wurde» die weit älter sind , als der Beginn der hellenischen Ein-
flüsse. Lassen doch auch andere Spurendarauf schliessen, dassdie
Hellenen, als sie an der italischen Küste zu verkehren anfingen,
daselbst den Weinstock vorfanden. Als die ältest( Hebe inItalien
galt die vitis Aminaea oder Aminea, benannt nach den Amineem, die
von Aristoteles als Thessalier bezeichnet werden.^) Mit jenen
Thessaliem aber können keine anderen gemeint sein, als die
thessalischen Pelasger , die nach einer bereits von Hellanikos ^]
1) Knitarpflanzen und Hansthiere 3. Anfl. p. S8 ff.
2) Hehn a. a. 0. p. ol4, 515 Vgl. oben Seite 15.
.'<! Vgl. Seite 10 Anni.3, Weinreben fanden sieli auch in derPfabl-
baute vonPesciiiera, deren Inhalt zum grösseren Theil eine den Pfahl-
dörfern entsi)rechende Entwickelung , znm kleineren Theil ein vor-
geschritteneres Stadium bekundet. Vgl. oben Seite 58.
4; Kultnrpfliinzon nnfl Hanathiere 3. Aufl. p. f'>fi flf.
5) Philargyrus au Vergii. Georg. II 97 : Aristoteles in Politiis
scriblt Amineos Thessalios fuisse, qui suae regiouis vites in Italiaui
transtulerint , atque Ulis inde nomen impositum. Vgl. Hehn a. a. 0.
p. 506.
ß) Bei Dionys. Ilal. 1 2tj. Vgl. 0. Müller die Etrusker (bearb.
vou Deeckej 1 p. S5 Ü\
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HO
Die Italiker in den Pfahldörfern.
vertretenen Ansicht in der Urzeit nnd lange yor Beginn der helle-
nisohen Cktlonisation in die Apenninhalbinsel einwanderten. Mag
es auch mehr als zweifelhaft sein , ob diese nnd andere Annah-
men pelasgischer Einwanderungen auf einer realen historischen
Grundlage beruhten, immerhin ergiebt sich die Thatsache , daas
die Hellenen die Einfflhmng des Weinstockes in Italien keiner
ihrer dortigen Colonien zuzuschreiben wagten , sondern, um sich
dieses Verdienst zuzueignen , in die dunkle Pelasgerzeit zurück-
greifen mussten. Auch die Odyssee') berichtet schon von dem
Gedeihen der Kcbe in dem fernen Wösten , in dem Lande der
Kyklo))oii und auf der davor gelegenen Insel. Der Boden ist —
so lautet die Schilderung — von wunderbarer Fruchtbarkeit und
trägt Waizen , Gerste und herrliche Weinstöcke. Aber darin
weilen die Kyklopen, wilde Hirten, die statt in Häusern in Höli-
len wolmen und denen Gesetze , Ackerbau und Handwerk unbe-
kanute Dinge sind. Es ist recht wohl denkbar, dass diese Schikle-
rnng wenigstens theilweise Eindrücke wiedergiebt , die die ioni-
schen Schiffer auf iliren ersten Fahrten in den westlichen Gewäs-
sern des Mittelmeeres empfingen."-^)
Wenn jedocli der Weinstock bereits in vorhellenischer Epoche
auf der Apenninhalbinsel heimisch war , so nöthigt dies keines-
wegs zu der Annahme, dass die Italiker schon damals verstanden,
- aus den Tranben Host oder Wein zu bereiten. Vielmehr weisen
die S^te 71 angeführten latinisdien Kultnssatzungen , welche
die Libation mit Milch yerordneten, darauf hin, dass diese Kunst
den ältesten Italikem f^emd war. Somit lisst sich die Ansicht
Hehns 3), dass vinum ein aus dem griechischen Accusatiy olvoy
gebildetes Lehnwort ist^) und die Latiner die Weinbereitnng ron
den Hellenen erlernten, recht wohl mit dem Vorkommen der
Rebe in den Pfahldörfern vereinigen.
Freilich aber ist durch die Erkenntniss, dass die Italiker
bereits in den südlich vom Po gegründeten Pfahldörfern den
Weinstock pflegten, die Frage noch nicht geldst, ob sie ihn ans
ihren früheren mitteleuropäischen Sitzen mitbrachten. Zwar
1) IX 105 flF. 131 ff. 358, 351).
2] Den Namen Oivöj-pia, OtvojTpoi lasse ich unberücksichtigt , da
er möglicher Weise mit olvo« ebensowenig zu thun hat, wie der Name
Mail an d mit Mai.
3) Kulturpflanzen und Hausthiere 3. Aufl. p. ff., 504 ff.
4) Dass die ionischen Chalkidicr lauge Zeit au dem Digammn
festhielten, beweisen die Inschriften der von ihnen gefertigton Vasen»
soropu/ov/,; juif einer scluvarzfiguri^Gn Amphora: Gcrliard auserl.
Vasenb. Ii 105, lOü. V^l. Kirchhoff Studien zur Geschichte des
griechischen Alphabets 3. Auä. p. 112.
IX. Die Einflüsse des Mittelmeergebietes.
III
haben Hehns ' spracb\ ergleichende Untersuchungen die Waln-
scheinlichkeit ergeben , dass diese Kulturpflanze nicht zu dem
genit'iiisamen Eigentliume der indoeuropäischen Völker gehörte,
und steht es fest, dass die westlichen Zweige dieser Völkerfaniilie
erst nach lange andauernder Filhlung mit der südeuropäivschen
Civilisation Weinbau zu treiben anfingen. In den Pfahlbauten
der Schweiz hat sich keine Spur von der Existenz dieser Kultur-
pflanze gefunden. Ferner bezeugen die rOmisehen Sehrift-
Bteller aasdrilcklieli , dass der Weinbau bei den Kelten erat in
verhttltnissmäflsig später Zeit begann , dass die Germanen zwar
sehr gern den zu ihnen emgeftthrten Wein tranken , aber an kei-
ner Stelle ihres Gebietes Rebenknltnr trieben.^ Hiermit ist aber
keineswegs der Beweis geliefert, dass diese Kultur auch den Ahnen
der Griechen und Italiker, bevor sie die beiden classischen Halb-
inseln besiedelten, fremd gewesen sein müsse. Wir wissen weder,
welchen Wog die Graeco-Italiker auf ihrer Wanderung verfolgten,
nocli in welcher Gegend des mittleren Europas sie vor ihrer Tren-
nung den letzten längeren Halt machten. Streiften sie bei
ihrem VoiTücken nach Westen das schwarze Meer und siedelten
sie sich hierauf unmittelbar nördlich von der Balcanlialbinsei,
etwa in dem Thale der Donau, an, dann ist es Wdlil möglich,
dass der Weinstock ihnen schon vor ihrer Sonderung bekannt
war ; denn an den Küsten des schwarzen Meeres nelmien die Bo-
taniker die UrheimaäL dieser Pflanze an'}, während in dem Denan-
thale Boden nnd Klima dem Gedeihen derselben in hohem Grade för-
deriich sind. Doch ergiebt sich nicht mehr, als die Möglichkeit, den
Saehrerhalt in dieser Weise anümfassen , und Itot sich die An-
nahme, dass dieltaliker die Rebe ans ihren frflherenmittelenropü-
schen Sitzen nach der Apenninhalbinsel mitibraehten , weder be-
weisen noch wahrscheinlich machen. Wenn Niesen^) eine Stütze
fUi' diese Annahme darin findet, dass der Stammgott der Sabiner,
Sabus , als vitisator mit dem Winzermesser in der Hand darge-
stellt wurde, so ist ein derartiger Gesiclitspunkt keineswegs ent-
scheidend. Das Attribut des Sabus beweist weiter nichts, als
dass dieser Gott während der verhältnissmiissig späten Zeit , in
der die Italiker ihre Götter bildlich darstellten i Seite S l , S2^ , beson-
ders als Beschtitzer der Weinptlanzungen aufgefasst wurde. Da-
1) A. a. 0. p. (i^, 504 ff.
2) Vgl. Hehn a. a. 0. p. 74 ff. Der keltische Mythos berichtete,
dass es im Besondeni der Wein war, der die Kelten zur Einwande-
rung nach Italien verlockte (Pliu. XII 5. Vgl. Liv. V a3).
3) Grisebaeh die Vegetation der Erde 1 p. 125 ff.
4) DasTemplum p. U 4 ff., 134.
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112
Die Italiker in deo Pfahldörfern.
irefjen bl('iJ)t es iino:ewiss, wie weit diese Auffa^sun^ in die vor-
hergi'hciKh' bildlose Kpocli«' liinaiitreieht. Zei'rt docli <iie Be-
traclituuji: der Attribut«' anderer (Jottlieiteii deutlieli. wie trii<rt^-
risch das von Nissen an«;e wendete Kriterium ist. Wenn z. Ii.
die Kömer Juno mit dem Pfau, Vesta mit dem Esel, Mercur mit
dem Hahne und der Geldböräo darstellteu, so wird Niemand
hieraw den Schlags ziehen wollen , dass die Ahnen der Römer,
als sie in Italien einwanderten, von dem Pfau, dem Esel und dem
Hanshnhn begleitet waren nnd ihre Baainscbaft an aes rnde oder
signatum in ledernen Benteln bei sieh führten. Das Martyrium
der heiligen Barbara erfolgte im dritten Jahi'hnndert, also in einer
Epoche , welche weder Schiesspulver noch Fenerwaffen kannte.
Nicht» desto weniger aber wird diese Heilige gegenwSrtig vor-
wiegend als Schutzpatronin der Artillerie verehrt.
Auf eine endgültige Ldsnng der schwierigen den Weinstock
beti'effenden Fragte ist nur dann zu liotl'en , wenn es gelingt , den
Bestand der untersten Schiebten der nördlielisten , also älte-
sten Pfabldörfer genauer f»'stzustellen, als es bisber der Fall war.
Lässt es sich nämlich naclnveisen, dass Keste dieser Kulturptianze
in den untersten Scbicbteu der lombardischen T«.rremare vor-
kommen, dann darf man annehmen , dass die Italiker als Wein-
bauern in die Apenninhalbinsel einwanderten. Krgiebt sieli da-
gegen durch eine licihe scrupulüser Untersudiungen das eut-
gegengesetste Resultat, dann spricht alle Wahrscheinlichkeit
daflOr, dass die Rebe nicht bei der Binwandemng mitgebracht,
sondern erst eingeftihrt wurde, als die Italiker angefangen hatten,
die sttdlich vom Po gelegene Landschaft zu besiedebi. Man
würde, wenn sich die letztere Annahme als die richtige hexans-
stellen sollte , zunftchst an die Beziehungen zu denken haben,
welche in der Urzeit auf dem um den istrischen Meerbusen her-
umführenden Landwege Oberitalien mit dem nordwestlichen
Theile der Balcanbalbinsel verbanden , Beziehungen, deren ein-
gehendere Betrachtung zweckmässiger in unserem zweiten Bande
erfolgen wird. Doch kann ich nicht umliin, bereits hier auf eine
Glosse d(;s Hesyeliius ' zu verweisen : y; -^olq llE'j/cTi'a ' Aaivai'a
XsyETai, Die Feuketier waren während der historischen Zeit in
Apulien ausässijr und gehörten zu den illyro-griechisehen Völker-
schaften, welche aus dem Nordwesten der Balcanbalbinsel nach
Italien einwanderten.'-) Weun sie aucli Aniineer genannt wur-
den und derselbe Name der Traubensorte eigenthümlich war,
welche als die Älteste auf italischem Boden galt (Seit^j lu9) , so
1) S. V. ttjAivalov.
2) Vgl. Hermes XI p. 257 ff.
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IX. Die Einflltoae des Hittelmeergebietes. |13
giebt dieses Zusammentreffen vielleicht einen Wink tätet die Qe-
gend; MS welcher, wie Uber die Ydlkerfoewegong, durch welche
der Weinstock nach Italien eingeftüurt wnrde. Eine derartiga
Vermnthnng wtlide keineswegs durch andere Angaben widerlegt
weiden, denen zufolge die aminäisdic Traube in dem falemer
und neapolitanischen Gebiete wuchs ; denn es ist ja bekannt,
dass Kulturpflanzen öfters in den Gegenden , in denen sie von
Alter!!; her heimisch sind, verkümmern, dagegen in Landschaften,
in die .sie erst später übertragen worden sind , dauern und hier
sogar günstiger gedeihen, als in der früheren lleiniath. So sind
die Korinthen aus der Gegend, welche iJinen den Namen gegeben
hat , verschwunden , werden aber gegenwärtig mit l>estem Er-
folge weiter westHcli bei Patras und auf Zante und Kephalouia
angebaut, Gebieten, wo ihre Kultur am Spätesten eingeführt
woi'den ist.
Endlich kaun ich nicht umhin , in diesem Zusammenhange
auch der Bronze zu gedenken. Die Vertreter der classischeu
Wissenschaft, welche mein Buch der Beachtung würdigen , wird
bei dieser Ankündigung ein gelinder Schauer überlaufen. Doch
kann ich zu ihrer Beruhigung versichern, dass ich keineswegs
gesonnen bin^ die Unzabi der Hypothesen , welche Uber die Her-
kunft der Bronae aufgestellt worden sind , durch eine neue zu
▼ermehren, sondern dass ich den Stand der Frage nur, in soweit
sie die Italiker betrifft, und die Gesichtapunkte , welche sich zu
ihrer Beurfheilung aus den Pfahlddrfem eigeben , in aller Kurze
darlegen werde. Die Mittel der Sprachvergleichung — so scheint
es — reichen nicht aus , um zu bestimmen , ob die indoeuropäi-
schen Stämme vor ihrer Ti*ennung die Bronze gekannt haben.
Die Gleichungen von sanskrit ayas, lateinisch a e s , gothisch
aiz. altirisch iarn für isarn und von sanskrit asis. lateinisch
e n s i s , von denen die ^prachfortvchuiig bei Behandlung dieser
Frage aiisziir:ehen pllegt, sind keineswegs entscheidend. Wenn
die alten Inder das Öcliwert asis. die Latiner ensis benannten,
so lässt sich hieraus nur soviel schliessen, dass vor der Völker-
trennung eine seliwertartige Watfe geläufig war. Dagegen bleibt
es ungewiss, ob wir uns diese Waffe aus hartem Holze, Knochen,
Stein oder Bronze gearbeitet zu denken haben. Die Tragweite
der anderen Gleichung ist bereits Yon Hehn 2] auf das richtige
Masz zurQckgefllhrt worden. In verschiedenen Gegenden Asiens
1; Vgl. Mehu Kulturpflanzen und Hausthlere Aufl. p. SO.
•-') A. a. 0. p. öuo.
U 6 1 b i g , Die Italiker in der Poebene. 8
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114
Die Italiker in den Pfahldörfern.
ii]id£iiroi)a^. wie in dem Östlichen Ural in Ungarn^), auf Monte
Gatini bei Volterra , lie^ bisweilen gediegenes Enpfer unmittel-
bar auf der Oberfläche der Steinformationen abgelag^. Diese Er-
scheinung konnte schon in Asien die Anfmerksamkeit der wan-
dernden Hirten erregen und die Festsetzung eines Wortes veran-
lassen, welches von den Stämmen, die auf der weiteren Wande^
mng Lagern gediegenen Kupfers begegneten, festgehalten wurde,
während andere, deren Weg durch keine Kupferdistricte fahrte^
mit der Erscheinung auch das dafür gttltige Wort vergassen.
Demnach lässt sich die genannte Gleichung aus dem Eindrucke
erkläi'cn . den das Natui*phänomen als solches auf die Sinne
machte, und zwingt sie keinej^wcgs zu der Annahme, dass schon •
in der indoeuropäischrn Urzeit das gediegene oder gar das durch <
einen Zusatz von Zinu erhärtete Kupfer , die Bronze . zw Werk-
zeugen vcrarljcitet wurde, ( berdies würde d'iv Annahme eines
das Kohkiipfer verarbeitenden Stadiums den Kesultateu der mo-
dernen Paiäoethuoh)gie wi(ler.s])rechen , die dahin lauten , dass
die Völker der alten Welt allenthalben aus der sogenannten Stein-
zeit unmittelbar zum Gebrauche der Bronze übergegangen sind.
Ferner ist in diesem Zusammenhange eine auffällige Erscheinung
zu berücksichtigen . die sich bei Vergleichung der griechischen
und der lateinischen Sprache herausstellt. Während nämlicli die
beiden Sprachen in den Worten, welche sich auf das Flechten.
Spinnen, Weben und die Lederbereitung beziehen , eine Fülle
1) Rose Reise uuch dem Ural I p. , Dufr6noy Tratte de lui-
n^ralogie im p. 329 ff.
2) Herr Dr. Kreuner« Oustos der mineralo^jfischen Classe des un-
garischen Nationalmusemns und Professor der Mineralogie iini Poly-
technikum zu Buda-Pest, hatte die (iüte, mir hierüber foIj?ende Mit-
theilung zu machen : nGediei?enes Kupfer kommt in den Kupfererz-
groben des nordungarischen Schiefergebirges, wie bei Schmöiuitz
imd an anderen Orten, vor. doch nur in jLrennL'"er Menge. Ebenso fnnd
man es in den Syenit-Kalk ( !ontaktstr>cken(ler südnngarischeu Kupfer-
erzlagerstiitten Moldova, Szäszka, Dognüszka u. s.w., aber auch hier
gegen die Schwefelverbindnn^ des Kupfers sehr znrOcktretend.
Eine grössere Menge gediegenen Kupfers dagegen wurde \vährend
der fünfzi^^er Jahre jinf dem trachytischen Gebirgszuge der Matra-
Recsk und Paräd entdeckt. Doch war es eine blosse Obertlächen-
ersoheinung nnd fand die auf diese Funde gegründete Matraer Ge-
werkschaft bei tieferem Graben kein jcediegenes Kupfer mehr, son-
dern nur schlechten mageren Schwefel nnd Antinn>nkupfererzc.
Übrigens ist es sehr wahrscheinlich, dass in älteren Zeiten aueli an-
derwärts ähnliche nnd vielleicht noch grössere Massen gefunden und
gewonnen w orden. Nur möchte ich hierbei die Lager des noidkar-
pathischen Schiefers ansnehmen.^
3) Flechten:
r>ixoj plecto flechten; a-ypi; 3fup($ sporta Korb .Curtius
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IX. Die Einflüsse des Mittelmeergebietes.
115
von urverwandten Bildungen darbieten und dentlieh erkennen
Uasen, dass diese Teehitikeii bereits in dem gneco-italiselien
Stadium gelänfiff waren , gehen sie , wo es sich um die Bronze
nnd ihre Verarbeitnng handelt, stets avadnander. Man ver-
gleiche: Bronze '/ahm^ * Onssform turo« forma; Hammer
390 (>« m a 1 1 e n s ; Amboss ax|icov i n c n s ; Schmelzofen xgifitvo;.
dapitaarptt; ßaovo< fnrnns, fornaz. Dochwftre es gewagt,
anf diese Brscheinnng hin den Graeco-Italikem die Kenntniss
der Bronze abzusprechen. Uberhaupt ist es ja bekannt, wie oft
iu den Sprachen ältere Worte verloren gehen und durch jttngere
Bildungen ersetzt werden. Dazu war ein solcher Vorgang bei der
Bronzetechnik besonders nahe gelegt, da sie mit fortschreitender
Entwicklung die dinchirreifendsten Veränderungen crfulir und
sich di(" Werkzeuge. Handgriffe und Produkte der späteren Sta-
dien anf das Nachdrücklichste von den primitiven Leistungen
unterschieden.
Wir man al)er hicnilu-r uvtlieilen mag. Jeden Falls ist rs un-
zweitV'lhiit't, da^s einzelne in(lof'iiro])äiscli(> Vtilker. sollten sie auch
von Alters her die Bronze verarl)citet haben . daneben nichts
desto weniger Uinorere Zeit an der Steinmanufactnr festhiel-
ten. Die Worte Ii a mar Hammer und sahs Mesber, Dolch,
gr. Et. 4. Aufl. p. UM. 705 ; xaot-a/.t-; Korb crates Flechtwerk.
auch iisa Weide vitis ursprünglich ein biegsames, zum
Winden, Binden und Flechten dienendes Gewächs (Hehn Kul-
turpflanzen und Hausthiere 3. Aufl. p. 52(» ; sXtxri eine Weidengat-
tung sa lix Salweide: >.-JYo; Oerto . Ruthe, tM-f^m knüpfen, binden,
ligo binden, ligula Schuhriemeu.
Spinneu :
vi« neo spinnen; vf^aa nemen Gesplnnst; Xivov Hnum Flachs 'vgl.
oben Seite 67 ff.).
Weben :
rfjvo; rT;^T, T:T|Vtnv p a nu s p a u uu 8 p a n n u v e 1 1 i u m Einschlacffaden,
Gewebe; stT|{xiuv st amen Aufzug beim Weben, üehu Kulturpdau-
2en und Hausthiere 3. Aufl. p. 498 vermnthet, dass st amen nach
einem dt)ri8chen Worte gebildet sei. D(>cli sind alle dorischen Lehn-
worte in der lateiiiisclien Sprache verliidtuissiniissis: junj^und spricht,
auch ab^^eseheu voudeupuläoethnolojirisclieii Kesultatcn (Seite 22, alle
kulturhistorische Wahrscheinlichkeit dagegtu, dass die Latiner den
AuÄsng erst so spät kennen gelernt hütten.
Lederbereitunji
of>ii(o o£!/a irefrerbtes Leder) dcpso gerben; -/.dtiTjai. Dioselbo AVur-
zei kelirr in der gleichen auf die Lederarbeit bezüglichen Bedeutung
wieder in suo, sutor. subula: 6X{a solea Sohlleder, Sohle. Vgl.
auch Y/ipiov c<»rinmHaut, "/.orÄjX-jjLaTict qulsqui 1-iae Cnrtius n.
144. Auf die Verarbeitung der Thiersehnen weisen hin vtSpov ner-
vus, Tsvo; tenus teuoris Band, Sehne.
8*
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116
Die ItaUker in den P&hldOrfem
die unprflnglieh einen harten Stein beaseiehnen , beweisen dies
für die Germanen. Wie wir gesellen ^j, waren steinerne Waf-
fen bei den Angelsachsen noch im 11. Jahrhn|idert gebräuch-
lich. Anderer Seite lassen die Nachriditen , welche über die Be-
waffnung der von Wallace geführten Schotten vorliegen ^) , den
gleichen Sachverhalt l)ei den Kelten voraussetzen. Da demnach
Ausläufer des urthümlichen Handwerkes bei ^ermanisclieii und
keltischen Stämmen bis in das Mittolalter lierabreichen , wird
es Niemanden befremden, wenn die Italiker. als sie in die Apeu-
ninlialbinsel einwanderten, Äxte, Messer und Pfeilspitzen aus
Stein ail)fiteten. Doch lassen die Tenemare deutlich cikennen,
wie bei dem weiteren VoiTÜcken in südlicher Kielituug alimählig
die primitive Mannfactnr aufgegeben wurde ; denn , während in
den ndrdlieh vom Po beobachteten Niederiassungen, die nach
dem Gange der Wanderung des italischen Yolkes entschieden die
älteren sind, weitaus die steinernen Geräthe vorherrschen , Aber-
wiegen unter den Besten der jlingmn endlich von dem Flusse
gelegenen Döifer die bronzenen und ist hier die Steinmanufactnr
nur sehr schwach vertreten (Seite 25).
Freilich reichen die in den lombardisohen TeiTemarc ange-
stellten Untei"snchungen keineswegs aus . um den Italikera zur
Zeit ihrer Einwanderung die Konntniss der Bronze schlechthin
abzusi)r('cli('n. Einer Seits nämlich ht der Inhalt der mitersteii
Schichten, auf dessen Kennlniss es hierbei besonders ankommt,
noch iiiclit mit der erforderlicben (Jenauiorkeit festgestellt. Anderer
Seits düi t'en wir, wenn die Bronze noch in den jüngeren südlich
vom Po angelegten Dörfern ein seltenes und geschätztes Material
war*), dies in noch höherem Grade für die ältere in der Lom-
bardei Statt findende Entwickelung annehmen. Ein Italiker,
fitüls er damals ein bronzenes Utensil besass, wird es wie ein
Kleinod gehütet haben. Zerbrach dasselbe, dann geschah gewiss
das Mögliche, um es zu i'epariren oder zu einem anderen Ge-
räthe umzuschmelzen. Nach Fenersbrfinsten durchsuchte man
voraussichtlich den Schutt, um des kostbaren Stoffes habhaft
I) Grimm deutsche Mythologie 4. Ausg. I p. 151.
2, Seite rl Amn. S.
a, .Seite 4;{ Anin. 1.
l ol)eii Seite 'Jo. Auch wahrend der unmittelbar auf die
Pfahldörfer folgenden Entwickelung war die Bronze noch ein sehr
geschätztes Material. Ein sohlagendes Zengniss hierfUr geben die
vielfachen Reparaturen . welche an melireren Utensilien des Bronze-
fundes von Bologna sichtbar sind. Archivio di antropol. VII p.
230, 231.
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IX. Die Eiafliisse des Mittelmeergebiutes-
117
zu werden-' Unter solelien Umständen scheint mir die Be-
hauptung , dass die liroiize den Italikern zur Zeit ihrer Hin-
wanderung vollständig fremd geweaen sei . vor der Hand noch
gewagt. Dagegen reichen die bisher in der lombardischen Terra-
mare gemachten Beobaehtangen aus, um zu erkennen , dass der
Oebranch der Bronze, falls dieselbe schon bekannt var, im Yer-
gleieh mit der Steinmannfactnr eine ganz nnteigeoidnete Bedeu-
tung hatte.
So ergiebt si(^ denn von den alten Italikern , als sie in die
Apenninhalbinsel einwanderten , eine wesentlich andere Vorstel-
lung, als die bisher geläufige. UnbehülÜiche lediglich aus Holz
gezimmerte Wagen bewegten sich, von Rindera gezogen, schwer-
föllig vorwärts. Sie sind bepackt mit den Greisen und Kindern
und mit Ilaus- und Ackergeräth, plumpen Thongefössen , primi-
tiven hölzernen Pflügen. Äxten mit steinerner Schneide. Zwisehen .
den Wagen gewahren wir V'iehheerdcn. nieist Thiere vim kleiner
Kace , abgemagert durch die langen Stra})atzen. Die Männer,
welche längs des Zuges einherschreiten , sind mit rohen wollenen
oder linnenen Stoften , zum Theil wohl auch mit Thierfellen be-
kleidet. Vielleicht ti'ägt ein Häuptling an dem ledernen Güitel
«in bronzenes Messer, doch mehr als Zierde und Spielerei, als zum
wirldichen Gebrauche. Weitaus die Mehrzahl di^egen ist ledig-
lich mit steinernen Waffen ausgerttstet. Trifft in einer Lichtuig
des Urwaldes der Zug mit einer Horde der Urbevölkerung zusam-
men, dann sausen von beiden Seiten die mit Feuersteinspitzen
bewehrten Pfeile und kracht das Steinbeil auf italische, wie auf
ligurische Schädel.
Von dervoritalisehen Bevölkerung der Apenninhalbinsel wür-
den nach den Ergebnissen dieser Untersuchung die Niederlassun-
gen herrühren , deren Reste alle Eigenthümliehkeiten der reinen
Steinzeit bekunden und die der für die Pfahldörfer bezeichnen-
den systematischen Anlage entbehren. Das reichlichste Material
zu ihrer Beurtheilung bieten die Dörfer dar. deren Überbleibsel von
Concezio Rosa in dem Thale der Vibrata beobachtet wurden. 2)
Sie zeigen eine unregelmässigc und offenbar ganz willkUrliche
Disposition der Htltten.') Von einem die Niederlassung um-
gebenden Graben und EidwaU hat sich keine Spur gefinden.
Ebenso fehlen Merkmale, welche auf eine ackerbauende Thätig-
keit hinweisen. Soweit die bisherigen Beobachtungen reichen,
1) Vgl. Bull, di jpaletn. ital. IV p, 4 ff.
2) Vgl. oben Seite 48 Anm. 3.
3) ArchiTio di antropol. II p. 34S.
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118
Die liaiiker iu den l't'alildörfei'n.
lebte die l>e\ ölkeniug- von dem Eriiage ihrer Heerden, von der
Jagd uud voDi Fitclil'aiige. Ausserdem gehören hierher die Höh-
lenwohnuugen, in denen sich unzweifelhafte Beste aus der reinen
Steinzeit finden. Sie sind besonders hiiifigin demGeMrgBlande^j ,
anf velclieB die Ligurer während der historischen Zeit beschränkt
waren - — eine Thatsaehe , bei der man nnviUkttrlich an die An-
gabe des Poseidonios denkt, dass dieses Volk noch gegen Ende
des 2. Jahrhunderts v. Chr. mit Vorliebe Höhlen zn Wohnstatten
anserkor.^} In einzelnen Terremare der Emilia haben sich unter
dem Schutte der der Bronzezeit angehörigen Pfahldörfer und zwar
innerhalb der Erdschicht, in der die unterste Pfahlbante fusst,
steinerne Waffen gefunden.^) Wir dtirfen hiernach annehmen,
dat^s diese Dörfer an Stellen angelegt wurden, an denen Yorher
Horden der Urbevölkerung ihr Standquartier gehabt hatten.
X. Die Poebeue iu der späteren Zeit»
Wie bereits im 11. Kapitel Seite ISj bemerkt wnrde weist
die Poebene noch in späterer Zeit mancherlei Ztige auf. welche
an die in den I'fahldörfern herrschende Knltnr erinnern. Diese
Landtecliaft iist niemaLs in ^^o nachhaltiger Weise von der Civili-
sation des Mittelmeergebietes durchdrungen worden, wie die übri-
gen Provinzen Italiens, sondern hat selbst noch während der
römischen Kaiserzeit einzelne Berühningspunkte mit dem mittle-
ren Europa bewahrt. Während der Flachsbau in der Periode,
über die wir durch Schriftsteller unterrichtet sind, in Mittel- und
Unteritalien nur eine untergeordnete Bedeutung hatte, blühte er
nach den Angaben des Plinius ^] auf der Poebene und brachte
er hier Sorten hervor , die nach dem spanischen Flachse für die
besten auf euro|»ai8chem Boden galten. Der süssen Speise aus
Leinsamen, welche in derselben Gegend bei den Sacralgebriu-
chen Verwendung fand, wurde bereits gedacht. ^) Noch zur Zeit
des Plinius*) herrschte in der Italia cbrcumpadana eine so ent-
- 1) Vgl. namentlich Issel nuove ricerche snlle caveme dellali-
guria K. Acc. dei Lincei Anno CGLXXV 1877—78) Borna 1878.
2,1 Oben Seite
'i, Vgl. obeu Seite ;j4 Anm. 2.
4) XIX 9.
5) Oben Seite 18.
ü; XVUI 101.
X. Die Puebene in der späteren Zeit.
119
schieclciic Vorliebe für die Bohne, dass kein Gericht (»hne Ziithat
dieser Hülsenfrucht bereitet wurde. Ferner blühte in derPoebene
der besonders bei Barbaren beliebte Anbau des Hirses^) und
nahm die RAbe, die in dem classischen Feldbau eine selir unter-
geordnete Rolle spielte, in der dortigen Oekonomie nach Getreide
und Wein die erste Stelle ein. 2) Wflhrend Griechen und Römer
bie zum Beginn derBari>arisimng ihrer Kultur den Wein hsst aus-
schliesslich in Schlftuchen oder tbOnemen BeWtem aufbewahr-
ten, tritt uns in der Gallia eisalpina die den Nordländer anhei-
melnde hölzerne Tonne entgegen.-^] Die kflnstierische V'erwer-
thung des Bernsteins , eines Materials , das aus dem Barbaren-
lande stammt und nacli allen seinen Eigenschaft^jn einem barban-
schen Geschmacke besonders zusagen musste , hört in dem
eigentlichen Etrurien , in Latium und Campanien früh auf, er-
hielt sich dagegen auf der Ostseite des Apennin ungleich län-
ger. '] Der Grieehe (»der Römer , der zur Zeit der fiavisehen
Kaiser die auf dem Po fahrenden Barken betraclitete . wundert«
sich über die eigenthümlicheu Segel, die in primitiver Weise aua
Binsen gellochten waren.
Diese EigentfaUmliehkeiten lassen sich, soweit sie den Feld-
bau betreffen, zum Theil aus den Idimatisdien VeriiSltnissen er-
Uftren. Da die Atmosphäre in der Poebene, bevor ^e vollstän-
dige Entwaldung Statt gefunden hatte,^<c(ewi8S noch ungleich mehr
Feuchtigkeit enthielt, als gegenwärt^), so war die Haupt-
bedingung ei*füllt. um einzelne mitteleuropäische Arten des Feld-
baues zu fördei*n. Ausserdem ist aber auch die Geschichte dieser
Landschaft in Betracht zu ziehen. Die Poebene war unter allen
Gegenden Italiens dem griechischen Einflüsse am Wenigsten zu-
gänglich. Während die Westküste der Halbinsel von Campanien
an und weiter südlich die Gestade des tarentinischen Golfes mit blü-
henden griechischen Städten besetzt waren , entlii'hi te die Ost-
küste eines Mittelpunktes, von dem aus die hellenische CivUisa-
l) Polyb. n 15, 2. Strabo V 1 e. 218. Plin. XVIU 101. Vgl.
Hehn Kulturpflanzen und Hansthiere 3. Aufl. p. 495 ff.
2 Plinius XVllI 127 : a vino atque messe tertius hie Transpa-
danis fructus.
:{) Vgl. Hehn a. a. 0. p. S2, 509 ff.
4; üelbig osservaziüui sopra 11 commercio dell ambra (R. aca-
demia dei Linoei Amio CCLXXIV 1876—77) p. 12 ff.
5} Plin. XVI ^78.
6; Scymnas orbis descr. 3S2 : ou -Ydp vt^ rri(>OT]c oOV Afv* i^ly-yi*-*
{iteta^oAd;. ätrabo Y 1 c. 21S.
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120
Die Itttliker in den Pfahldörfern.
tion einen unmittelbaren und nachhaltigen Einfiuss ausüben
konnte. Zwar ver.suchte der ältere Dionysios zu Anfang des vier-
ten Jahrhunderts in der Poebene festen Fuss zu fassen.^; Doch
fällt diese Occupation in verhältnissmässig späte Zeit und kann
sie nur von kurzer Dauer gewesen sein , da seitdem niclits dar-
llber verlautet, däss die Syraknaaner irgendwie in die geschicht-
liche Entwickelnng jener Landschaft eingriffen. Anch der grie-
chische Handel zog die Poebene erst spät in seinen Bereich.
Die mit Streifen und Yierfttsslem bemalten Geftsse , die , wie es
seheint aus den clmlkidi sehen Colonien. nachCampanien, Latium
und dem eigentlichen Etrurien eingeführt wurden (Seite S4 ff.),
und Vasen korinthischen Stils fehlen in diesem Gebiete voll-
ständig. Ferner sind schwarzfigurigc Gefässe von strenger Zeich-
nung bis jetzt nur in Adria und auch hier nur ganz selten gefun-
den worden.'-^ Abgesehen von diesen vereinzelten Ausnahmen
haben allein der Poebene unternommenen Ausgrabungen lediglich
Vasen mit schwarzen Figuren gelockerten Stils und rothfigurige
Gefässe zu Tage gefördert.-'
Wenn Schöne ^) aus griechischen Eigennamen und Weih-
inschriften, die auf einigen in Adria gefundenen Gefäsafftsaen
eingekratzt sind, den Sehlnss zieht, dass daselbst zeitweise Hel-
lenen ansSssig waren , so kann ich diese Annahme keineswegs
als gesichert betiachten./]^ genannte Gelehrte hält es für ans-
gemacht, dass, wenn eme Vase den Namen des Besitzers oder eine
Weihinschrift aufweist, diebetreffenden Inschriften nothwendig an
dem Orte beigefügt sein müssten, an welchem die Vase gefundett
ist. Doch kennen Mir Fälle, in denen dieses Kriterium nicht zu-
tiifft. So fand sich in Caere der Hals einer schwarzfignrigen
1) Vjjl. Holm Geschichte Sicilicus Up. 1134, 411.
2; Schüue le antic liitä del Museo liocclii di Adria p. XIll.
3) Adria: Schöne u. u. 0. p. Xlll. Muutua: schwarzti^urige
Vasen von sehr laxer Zeichnung (Copien im Apparate des Instituts).
Vgl. Bull, deir lust. l^C.O p. IMS ; r()thfif,nirij?e Vasen: Bull, dell' Inst.
1847p. 17 — 18. 1818p, «)2 ; Cavcdoni indicazione di alc.oggetti antichi
Bcop. uell -Ai^Yo modeuese uell a. isiü Memorie per servire alla storia
degli Btati estensi Vol. I) p. 4 — 5. Sanpolo d'Enza: Siehe oben
Seite lOö. Bologna : Bull, dell' Inst. 1872 p. 76, 215. Unter deu in
Marzahotto irefuudoneu Vasen, welche vermöge der beigefügten In-
schrifteu eine anniiliernde chronologische Bestimmung verstatten, ist
• die älteste ein GefSss des Chachrylion (Grozzadini di un' antica neero-
poli n Marzahotto p. .'M). Da.s Alphabet, dessen sich dieser Künstler
bediente, weist auf die or.-^to Hälfte des 5. Jahrhunderts v. ( 'hr. hin.
Vgl. den in den Beilagen zu diesem Bande ^p. 125 ff.; abgedruckten
Aufsatz von Georg Loescbcke.
4) Le antichita del Museo Bocchi di Adria p. XI ff.
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X. Die Puübeue iu der späteren Zeit.
121
Vase, auf dem neben einer altattisclien Inschrift, diu den Exekias
als Fabrikanten namhaft macht . eine Inschrift in korinthischem
Alphabet eingeritzt ist , die besagt, daas Epainetos dieses Gefüss
dem OharopoB schenkte.*] Niemand wird, denke ich, hieraus
den SchloBB ziehen, d«8s Epainetos und Gharopos inOaere wohn-
ten. Vielmehr spricht alle Wahrsdimnliehkeit daftr, dassdie Vase,
nachdem sie in Korinth oder einer korinthischen Golonie auf den
Markt gekommen nnd hier eine Zeit lang von Gharopos besessen
worden war, schliesslich nachEtmrienanBgefBhrtwnrde. Was fer-
ner die mit Weihinschriften versehenen Vasen betrifft, so ist es be-
kannt, dass die giiechischen Tempelbehdrden öfter, um der Über-
fülle der in den Heiligthümern angesammelten Anathemata an
steuern, die Ausscheidung; der unbedeutenderen Gegenstände ver-
fügten.*'^] Befanden sich unt^r diesem Ausschüsse bemalte Va-
sen, dann la^^ nichts näher , als dieselben durch den Expoit zu
den Barbaren nutzbar zu machen.
übrigens weist die Technik der in Adria gefundenen Gefiiss-
fHsse wie das Alpliabet ihrer Inschriften frühestens auf die Mitte
des fünften Jalirhunderts v . Chr. hin. Wollen wir demnach auch
mit Schöne annehmen , dass während der zweiten Hälfte dieses
Jahrhunderts Hellenen — etwa Gommissionftre grieehiseherHand:-
Inngshänser — in der italischen Stadt wohnten , dann würde das
griechische Yolksthnm an der PomUndong immerhin in einer
betrichtlioh späteren Periode auftreten, als auf der Westseite der
Halbinsel und würde es sich um eine vereinzelte Thatsache han-
deln , die auf die dortige Kultnrentwiclrolung keinen erheblichen
Einflnss ausüben konnte.
Jeden Falls sind wir genügend darüber unterrichtet . dass
der hellenische Verkehr in jener Gegend während des Endes des
5. und während des 4. Jahrhunderts mit grossen Schwierigkeiten
zu kämi)fen hatte. Wie wir durch Lysias ' erfahren, galt der
Handel an den Küsten des adriatischen Meeres zwar als Gewinn
bringend, aber als sehr gefährlich. Zur Zeit des jüngeren Dio-
nvsios war der Meerbusen weit und breit durch Seeräuber un-
sicher, ein L beistand, dem die Syrakusaner durch Anlage zweier
Kolonien an der apuiischen Küste abzuhelfen suchten.^) Ebenso
mussten die Athener in der zweiten Hilfte des 4. Jahrhunderts
1) Kirchhoff Studien zur Gesch. d. griecb. Alphabets 3. Aufl. p.91.
2 Rangabö ant. hell. II n. 777; Benndorf griech. und sicil.
Vaseub. p. 14.
3^ Lysias or. 32 ,cuntra Diogitouem; § 25 und gegen deu Sukra-
tiner Aeschines bei Athen. XIII p. 612 D.
4) Diodor. XVI 5.
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122
Die italiker iu deu Ptkhldüri'ern.
MuassieKelii treffen, um ihi'e in jenen Gewässern fahrenden
Schiffe vor der gleichen Gefahr zu schützen.')
Während unter solchen L'mstiiudeu das Hellenenthum auf
die Poebene in ungleich geringerem Grade wirkte , als auf Etru-
rien, Latium oder Campanien , erfuhr diese Landschaft mehr
Einwanderungen aus dem Norden , als irgend eine Gregend der
Halbinsel. Auf die Italiker folgten die Etrusker, auf die Etrus-
ker die Kelten und zwar die letzteren in verschiedenen stoss-
weise auf einander folgenden Zügen. Alle diese Völker brachten
bei ihrer ISnwanderimg die Sitten mit, welche ihnen in ihieii
nördlichen Sitasen eigenthllmlieh gewesen waren. Anch fand,
wenigstens seitdem in der Poebene die industrielle Entwiekelnng
begonnen hatte, für welche, abgesehen von anderen Fortsehrit-
ten, die Ansbildnng einer mit geometrischen Elementen thfttigen
Decoration bezeichnaid ist, lange Zeit hindurch ein nicht an-
erheblicher Verkehr mit den jenseita der Alpen gelegenen Lin-
dem Statt. Demnach waren alle Verhiltnisse dazu angethan,
nm gerade hier allerlei mitteburopäische Eigenthtlmlichkeiten
zn erhalten nnd der Poebene gewisser Maßen eine MittcUtellnng
anzuweisen zwischen den von classischer Kultur durchdrungenen
Theiien Italiens und den barbarischen Ländeiii des Nordens.
Übrigens reichen Ausläufer dieses Sachverhaltes bis auf die Ge-
genwart herab und sind sie für die politische und ökonomische
Entwickelung des jungen König:reiches von viel grösserer Trag-
weite, als man gewöhnlich annimmt.
1) Vgl. Böckh Staatshaushaltung der Athener III p. 457 ff.
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Beilagen«
L Erläuterung der Hülfstafeln.
Alle auf Tafel 1 und II ubgebildeteu Gegeustäude sind, wo nicht
«Qsdrtteklieli das Gegentheil bemerkt ist, in der Grttose der Oiiginale
wiedergegeben.
Tafel I.
Maaufitotnxen ans den Ffldildfirrem.
Ij Bronzene Axt, gefunden in der Tenamare 11 Grumo bei
Oampeggine [Karte M 10, 49; , gegenwärtig in Born in dem Mnseo
paletnologico. Vg-1. oben Seite 20, 90.
2) Bronzenes Messer aus der Terramare von S. Ambrogio
(Karte 0 11, 82 , nach Canestrini oggetti trov. nelle terremare
del Modenese, l. relazione Tav. V 4. Vgl. oben Seite 20. 90.
3) Bronzenes Rasinnesser aus der Tenamare von Cam-
peggine (KarteM 10. 49) . Höhe des Originals: M. 0.075, Breite:
M. 0,049 ; gegenwärtig im Museum von Reggio. Seite 20.
4) Kopf einer thönernen Thierfigur aus der Ten'amare von
Monte Venera KarteM 11, 65; ; Museum von Reggio. Vgl.
oben Seite 24, 89.
5) Bronzene Nadel aus der Terramare von Gampeggine
(Karte K 10, 49] ; Museum von Reggio. Vgl. Seite 20, 90.
6) Radfl9rmiger Gegenstand aus Bronze , irermuthlich Ktl^
nung einer Haarüadel, aus der Terramare von Formigine (Karte
Dil, 77), Baoh Canestrini a. a. 0. Tav. Y6. Vgl. Seite 20, 89.
7) Ahnliclier Gegenstand aus Knochen; doch ist der ans
dem Rade hervorragende Slift mit dUnnem Bronzebleehe umgeben;
geAinden in der Terramare von Gampeggine (Karte M 10, 49),
nadi Gastaldi nuovi cenni sugli ogg. di alta aatiehitll trov. neüe
torbiere deff Itelia Tav. V 6. Seite 19, 89.
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124
Beilagen.
S: Tiiöucrneä Scliüsselchen aus der TeiTamare von Gorzano
(Karte 0 11. S 4;. nach Coppi monografia ed icouografia della
terramara di Gorzauo II Tav. LX Ii. Seite SS.
9 : Knöcherner Kamm aus der Terramare von Oampeggine
(Karte M 10, 49): Länge des Originals: M. 0,U57, Breite 0,033;
Museum von Ueggio. Seite 23, 95.
tO) Thönernes Töpfchen aus der Terramare von Gorzano
(Karte Oll, S4j, nach Coppi a. a. 0. I Tav. Xll 4. Seite SS.
Alle folgenden Nummern stellen thönerne Gegenstände dar,
welohe ans derselben Terramare stammen.
11 — 13) Spinnwirtel oder Bestandtheile von Halsbändern
naeh Coppi Tav. XXIX 46, XXX25, LXIV29. Seite 21, 22, 83.
1 4) Dnrehbobrte Tfaonscbeibe naeh Coppi Tav. LXIV 28.
Seite 84.
15) Topf nach Coppi Tav. XIX 6. Seite 88.
16) Sehtlssel mit halbmondfönnigem Henkel, auf die Hälfte
der Originalgr&Bse rednclrt, nach Coppi Tav. XVI 2. Seite 19.
17) Halbmondförmiger Henkel nach Coppi Tav. XVUI 6.
Seite 19.
Tafel II.
Altlatinische Manufacturen.
Alle auf dieser Tafel abgebildeten Gegenstände befinden
sich, falls nicht ausdrücklich ein verschiedener Besitzer namhaft
gemacht wird, in der Sammlung; des Herrn Leone Nardoni.
1) Bronzene Axt. gefunden auf dem Esquilin. Seite 90.
2: Bronzenes Messer, gefunden Inder albaner Nekropole ;
Sammlung Ceselli. Seite !)0.
3) Thonfigur aus der albaner Nekropole, vormals in der
Sammlung de Blacas , gegen wäiiig im britischen Museum, nach
de Kacas memoire sur une ddcouverte de vases funäraires pr^s
d*Albano pl. HI 6. Seite 89.
4) ^dchemer Gllrtelbeachlag , gefunden auf dem fiaqnilin.
Sdite 95.
5) Bronzene Nadel, geAinden auf dem Esqnilin. S. 90.
6) Knöchernes Sdunnckstflck , vermaüüich ErOnnng einer
Haarnadel, gefimden anf dem Bsqnilin. Seite 89.
7) Näpfchen ans rOthlichem Thone, geftinden bei Nemi.
Seite S8.
S Napf aus schwärzlichem Thone, gefunden anf dem Es*
qnilin. Seite 88.
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Beilagen.
125
9) 2^äpfclieu auö rüthlicbem Thon, gefunden bei iScmi.
Seite SS.
lOj Spinnwirtel oder Bestandtheil eines piimitiTen Hals-
bandes ; idihlieher Thon; Esqnilin. Seite 83.
Ui Almlielier Gegenstand ; schwfozliofaer Thon ; Esqnilin.
Seite 83.
12) Dnrehbohrte Thonscheibe; xOthlicher Thon ; Esqnilin.
Seite S4.
13) Wie n. 10 nnd 11; schwärzlicher Thon; Esqnilin.
Seite S3.
14) Gewicht ans Ti'aveiHn : Esqnilin. Seite 83,
ir> Töpfchen aus g'elblicliem Thon: Esqnilin. .Seite SS.
16) Scliale mit lialbmondförmigem Henkel; schwärzlicher
Thon; gefunden anf dem Esqnilin bei S. Ensebio. S. SS.
16'^) Seitenansiciit des Henkels derselben Schale.
Ii. Über die Lebenszeit des Yasemiialers Cliadirylion.
Von
Georg Loeschcke.
IHe PalSographie des Tasenmalera Chaehiylion bietet nur
einen sehr allgemeinen Anhalt znr Bestinunnng von dessen
Lebenszeit. Denn dass er consequent das vorenldidisehe Alpha-
bet nnd zwar mit dreistrichigem Sigma anwendet 3), beweist nnf^
dass er vor der Mtte des 5. Jahrhunderts gearbeitet hat. Die
Möglichkeit einer genaueren Datining aus palftographischen Grfln-
den ergiebt sieh aber durch seine Verbindung mit Euphronios.
1^ Vgl Brunn K. 6. II S. 702 ff. — Bullet, dell' Ist. 18«S p. 75.
— Gozziulini Marzobotto p. 35. — J. de Witte Bulletm de
corresp. Hell. II p. 545 f.
2] Nach C. I. Gr. IV 6231 sull einmal neben S t vorkommen.
Doch wird ausdrltcklieh bemerkt, dass die Vase mehr&eh reataurirt
sei, so dass eine PrOfting des Originals nOthlg wXre , um diese That-
Sache festzustellen.
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!
126 Beilagen.
Das LebdB des EmphrnioBi] lisst taeh in zwei Perioden
Beheiden. Zuerst arbeitet er als Ilaler 'l-^pa^sv) in der Fabrik
des Cbaobrylion (II, m, IV), später grflndet er, Wie dieBezeicb-
nnng Eucppovtoc iiro^rjoev beweist, ein dgenes Geschäft, in dem
z. B. Onesimos^) thätig war. Auf den Vasen der ersten Periode
finden sich durchgehend die Formen P nnd ^ venvendet . in der
zweiten ist wie in Stil und Technik , so anch im Alphabet eine
Entwickelung bemerkbar.
/ P VII
> P I V. l und die Vase des Onesimos
X Y. 'l VI
Dieselbe clironologisciie Abfolge crcriebt sich, wenn man nach
den mit xaXo; verbundenen Namen ordnet. Ai^ypio; findet sich
bei Euphronios auf sämmtlichen Vasen der ersten Periode ge-
nannt, aber auch nur auf diesen , und hiermit stimmt es , dass
sein Name auf einer Vase aus der Fabrik des Chachrylion er-
scheint, dieEaphronios nieht gemalt hat und ansser anf mehreren
rothiigurigen Gefitesen anch anf 5 schwarzfigurigen Hydrien.^'
Es folgt IlavaCTioc xaXo; anf VU, das in Jeder Hinsieht eme
Mittelstellung einnimmt nnd endlich Aoxo< xoXo^ anf VI, anf der
Vase von Enphronios Gesellen Onesimos imd auf einer rothfign-
rigen Schale (C. I. Gr. IV 7847). Fanden wir den jugendlichen
Enphronios durch die Namen des Chachiylion und Leagros noch
mit der schwarzfigurigfen Malerei in Verbindung, so hat er in seiner
letzten Periode 'V. 2 anch bereits die erst an den Orablekj'then zu
g^rösserer Verbreitung j^elaugende Technik der P<»lyclirommalerei
auf Kreidegi'und sretlbt. Zuerst scheint dieses von der aufblfl-
henden Tafelmalerei « utlelmte Verfahren znr Decoration beson-
ders sorg^ftlltig ansgefttlirter Schalen verwendet worden zu sein,
ich nenue nur die uolauische mit derSchmUckuug der Anesidora^i
i; Die Eiiphroniosvaseu sind nach den Nummern bei Gonse
Vorlegeblätter Ser. V citirt :
I — Monuments iuedits piiblies par l associatiou pour lencuu-
ragement des Stüdes grecquea en France pl. I. II.
n C. K. de la commission imp. arclieol. pour I'ann^e 1869 pl. V.
m B Moniiments inedits publ. par la aect. fran^ise de linstitut ar-
clieol. pl. XVI. XVII.
IV ae Honnmenti, annali e bnll. deir Ist. 1855 p. »8.
V "B 1 Momimenti dell" Ist. II tav. X a.
2 Gerhard Trinksclialen u. Gefässe Taf. XIV.
VI = Gerhard, A. V. B 224—226.
Vn K Originalzeichmmg nach British Museum n. 822.
2) K. G. II 684,0.
T Yor\. W. Klein. Arch. Zeitung 1S7S S. 06 ff.
4> Gerhard Festgedanken u. a. w.
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Beilagen.
127
und die ans Knmeiros stammende mit Aphrodite aiit'dem Bclnvaii. ' )
Beide zeigen wie die späteren Arbeiten des Enplnonios das vor-
euklidische Alphal»et im Übergang von ^ zu X . und die In-
schrift auf der Vase von Kameiros AkAYKOSKAkOX mnss
auch in den Sehriftzüofen AI^AYT...K... auf der Aussenseite
der berliner Enphroniosscbale mit dem polychromen Inuenbild
erkannt werden.
So ordnet sich die individuelle Entwickelnng des Euphro-
nios ungesucht in die Gesammtentwickelung ein und nur eine
epigraphische Tfaatsache be&emdet, d«B8 er — und zwar auf der
späten Vase I — das ans den Steinsehiiften schon im Anfang des
5. Jahrhunderts verschwindende^) S verwendet. Die An-
nahme : die Vasenmaler hätten diese Form länger beibehalten
als die Steinmetaen, ist unzulässig, da allerdings die Fran^oi»-
▼ase 9 gebraucht, daneben aber bereits O , die llbliche Form
anf den andern schf. Vasenbildem und den rtfaf. bisEuphronios.
In seiner Zeit st^ht dieser freilich nicht allein mit der Verwen-
dung des alterthümlichen ©. Es findet sich auch auf der. wie
schon erwähnt, Euphronios gleichzeitigen Schale mit Anesidoras
Schmückung, auf der Kroesosvase Mon. dell' Ist. I 54. 55, die
durch das Bild der Bückseite Tlipsen"^ Antiope raubend an die
Darstellung desselben Gegenstandes bei Euphronios Meister
Chachrvlion erinnert . auf der der Kroesosvase stilistisch und
orthographisch [iz — av engverwandten mit derWegfithrung der
Aethra durch Akanias und Demophon Mon. dell Ist. II 25),
auf der Schale mit Prometheus vor Ilera Mon. dell Ist V 35)
und endlich auf einem Fragment des Enthymides 'Sehoene
Antichita di Adria Tav. IV. 2.\ der auf einer seiner Vasen (Mün-
chen 37S den Maler Enplironios zu nennen scheint.
Alle diese Vasen, eng unter einander verwandt . afleetiren
weder im Stil noch in den it])rig(Mi Buchstabenformen ein hohes
Alter und die Technik i.st rothligm ig . bei der Anesidoraschale
sogar polychrom. Was kann die Maler bestimmt haben, einzig
bdO auf die alterthümliche Form zurückzugreifen? Vielleicht
war es ausschliesslich ein ästhetischer Grund. Es ist be-
kannt, dass die Beischriften auf Kunstwerken neben ihrer Be-
stimmung, die Darstellung zu erläutern , seit alter Zeit auch ein
selbstständiges Mittel der Decoration bildeten. Fflr die Annahme
aber, dass sich das ästhetische Gefallen an der Schrift um die
Mitte des 5. Jahrhunderts bis zur wählerischen Verwendung ge-
1) Salzmann Nöeropole de Gamiros pl. 60.
2) Kirchhoff Studien ^S. Sl.
128
Beilagen.
wisser Biiclistaben for in en verfeinert habe, scheint der schwan-
kende (A'brauch von ^ und T.. P" und 1^ in den ältesten Tribut-
li>ten' einen ^ewisseo Anhalt zu bieten.
82,1 f P
2 ^ R Oberschzift
* P Text.
In der mit grtoseren Buchstaben geaehriebenen Obersduifi,
die zugleich eine Bekzdnnng des Textes bildet, verwendete man
«Iso bisweilen die volleren Foimen T. und R, za einer Zeit,
als man X. im Text noch nicht und P nicht mehr schrieb.
Ebenso wurden Euphronios und seine Zeitgenossen , wenn sie 6
schrieben , vielleicht einzig von der Überzeugung bestimmt , dm
diese zierliche Form ihren Bildern zu grösserem Schmucke ge-
reichen würde , als das unorganische und kahle 0 . Nicht un-
denkbar ist es auch , dass mit dieser Wiederverwendung des Ö
die grossen nordgriechischen Wandmaler vorangegangen sind.
Auf jeden Fall muss jene Form ausser Rechnung bleiben , wenn
man aus epigraphischen Indicien die Lebenszeit des Euphronios
zu bestimmen sucht. Auch die Formen P und R sondeni sich
nicht chronologisch ; den einzig festen Anhalt für die Datirung
bietet vielmehr die Thatsaelie , dass Euphronios in seiner Jugend
^, in der spätem Zeit T. schreibt.
Auf attischen Steinschriften findet sich bekanntlich X zu-
erst CIA 1 4:^3 in einem Nachtrag zur Todtenliste der Erech-
theis aus Ol. 7!),4 — SO,l 460; und ist von Ol. 83,3 ^44t)j an
in den Tributlisten constant. In dieser Zeit — rund 450 — muss
auch Euphronios gelebt haben , da die offidellen Steinschrifleii
der Schreibweise des täglichen Lebens nicht vorgreifen , sonden
nachfolgen. Schon Jahrzehnte vor der ol&oiellen Einfülhmiig
jüngerer Formen pflegen diese den Steinmetzen unversehens unter-
zulaufen, während Beispiele von Anwendung veralteter Fonnes
äusserst selten sind.^) Euphronios und die ihm stilistisch nahe-
stehenden Maler waren also jftngere Zeitgenossen des Polygnot
und Mikon , und der Einfluss dieser grossen Meister auf sie ist
unverkennbar wie im Stil, so in der Wahl der Gegenstände aus der
Iliupersis, den Thaten des Theseus und den Amazonenkämpfen.
1) C. I.A. 1226.
2) Kirchhoff Studien 3 s. 79. ^ Vgl. Schütz Hist. alphabeti attid
p. 58. — C. 1. A. IV 507 a.
bl,3 f P
4 S P übei'schrift
S P Text
S2,3 ^ R Cberschiift
i P Text.
iXP
u iyui^cd by Googl
Beilagen.
129
Chachiylion , in dessen Fabrik der jugendliche Euplu'onios
arbeitete, muss ein halbes Menschenalter früher angesetzt wer-
den und hieimit stimmt es, dass er ^ schreibt , dass aus seiner
Fabrik wenigstens eine schwarzfigurige Vase nachweisbar ist
(K. G. II S. 702,1 neben zahlreichen rothfig:urifcen und eine von
diesen mit einer Schale des Epiktetos zusammen gefunden wurde
(a. a. 0. S. 703), der gleichzeitig schwarz- und rothfigurig
malte.
Gende seine Yerbindimg aber mit jener Gruppe von Malern,
die in bdden Techniken arbeiteten, hat dazu geführt, auch Cha-
chrylion fttr einen Manieristen zn halten, der alterthflmliche Stil-
weisen nachgeahmt haben sollte. Es ist hier nicht der Ort , den
ansünlirlichen Nachweis zu yersnchen, dass die Typen und der
Stil jener Maler ebenso ächt altertiifliAlich sei, wie ihre Palfto-
graphie anerkanntermassen correct ist. Nor auf eine epigra-
phische Thatsache möchte ich hinweisen.
Man hat geschwankt ob der Name des bekannten Malers
schwarz- und rothfiguriger Vasen Pamphaios oder Panthaios
gelautet habe. Auf den bei Brunn K. G. II S. 720 ff. ver-
zeichneten Vasen hat der vierte Buchstabe 1 7 mal die Form 0,
also zweifellos , viermal erscheint © und dies hat man als 0
lesen wollen. Die Inschrift CIA I 350 beweist aber, dass
auch © ^epren Ende des G. Jahrhunderts in Athen eine für o
verwendete Form war. Tlit^ta schrieb man als Kreis mit dem
Kreuz, Phi als Kreis mit einem Strich im Innern, den man
bald senkrecht, bald wagreclit stellte. Diese Form also hat
Pamphaios noch vereinzelt angewendet und schwerlich ist es
Zufall, dass sie sich zweimal auf s c h w a r z figurigen Vasen
finden, die er gemalt hat (K. G. S. 72ü. 27 n. 23. 24). Sollte
wirklich auf den Vasen n. 6 und n. 1(5 G geschrieben sein, so
mttsste man annehmen, dass Pamphaios ans Nachlässigkeit den
Strich nicht beiderseits bis an den Rand des Kreises fortge-
fthrt habe.
Undenkbar seheint es mir, dassTdpfer des 3. oder 4. Jahr-
hunderts eine derartige epigraphische Specialität gekannt oder
berflcksichtigt haben sollten. Arbeitete aber Pamphuos nm die
Wende des 5. nnd 6. Jahrhnnderts oder wenig später, so ist
dies eine weitere Bestätigung für die auf anderem Wege gefun-
dene Datirung des Chachrylion. Denn Vasen aus Pamphaios*
Faljrik hat Epiktetos gemalt, und dass Chachiylion nach seinen
Ty])en demselben Kreise wie dieser angehört , ist längst mit
Recht hervorgehoben worden.^)
1) Uelbig, Bullet, dell' Ist. im S. 73 ff.
H « 1 b i g. Die Iteliker in der Poebene. 9
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130
Beilagen.
Den Übergang von der schwarz- zar rothfigurigen Technik
aber so hBk aniuetBen, kann nicht gewagt mtkäaea, bmIi.-
dem dnioh dieDantellnng der LyBraaaftelei) feetttoht, diM
sdion in der PiuefcratideBneH wenigstens für die Ifailerd anf Mar-
Mor ein Stil eotwiekelt war, deor dem der streng rothflgarigem
Vasen glückt und, nachdem das Fragment einer andern gemalten
Grabstele ^< sich gefiinden hat , die , nach aller Analogie dem
G. Jahrhundert angehörig, die den Vasen des Nikosthenes nnd
Bxekias eigenthtimliche Pferdebildung zeigt.
Nach alle dem wird man kaum irren , wenn man die Thä-
tigkeit des Chachrjiion bald nach den Persel kriotren beginnen
and um die Blttthezeit des Enphronios c. 450 enden l&sst.
IIL BmerkuBgen in d«r Karte*
Herr Pigorini , welchem die diesem Bande beigefügte Karte
« verdankt wird, hatte nnprfinglieh die Abneht» dieselbe mit einer
ansf&hrlichen EiklSmng und mit ehiem vollständigen Verzeich-
nh<c der Terremare und der anf jede einzelne Terra mare bezflg-
liehen Litteratur zu begleiten. Doch wurde er an der Ausftihrmig
dieses Vorhabens verhindert , da ihm die italienische Regierung
eine Mission in Florenz tibertrug:, die ihn voran f»^jichtlich noch
mehrere Monate daselbst znrtlokhalten wird. Mag auch die Karte
in Fol«re dieses unvorhergeselienen Zwischenfalles nicht alle die
Anforderungen befriedigen, denen sie nach dem ursprtlnglichen
Plane gentigen sollte, immerhin reicht s^ie aus. um einen klaren
Überblick über die Lage und die Zahl der Pfahldörfer zu geben.
Im übrigen habe ich nur noch eine Bemerkung über die auf der
Karte angewendeten Zeichen — einen Kreis fftr ein im Wasser,
ein Viereck fttr ein anf trockenem Boden angelegtes Pfahldorf —
beiznfUgen. Es wurde der Versuch gemacht, innerhalb dieser
Zeichen zugleich den Charakter der zugehörigen Fundstflcke zu
unterscheiden und zwar bezeidinet Gelb eine Schicht, in der sich
keine Bronze vorgeftmden (vgl. oben Seite 116, 117), Roth eine
Schicht, welche bronzene Gegenstände enthält, Blau eine Schicht,
wetehe auf den Gebrauch des Eisens schliessen lässt. Liegen
1] Mittheilungen d. arch. Instituts in Athen IV Taf. I.
2) a. a. 0. Taf. U 3.
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Beilagen.
131
mehrere Schichten über einander , dann müsste logischer Weise
die Farbe, welche eine jüngere Ablagerung bezeichnet, über
der angebracht sein , welche zur Veranschanlichung einer älteren
Schicht dient. Doch war es bei der Kleinheit der Kreise und
Vierecke unmöglich ein Verfahren ausfindig zu machen , welches
in deutlicher Weise das verticale Verhältniss der Schichten zu
dnander wiedergegeben hätte. Demnach entschloss sich Herr
Pigorini dazu, in jedem Zeichen die Tenohiedenen Faiben neben
einander zn stellen. Diesem Terfahien muss man bei der Be-
nntsnng der Karte genau Rechnung tragen nnd, wo ein Kreis
oder ein Viereck yerschiedene Faibea aufweist, stets annehmen,
dass die Schichten, die durch diese Farben bezeichnet sind, nicht
neben, sondern über einander liegen. Wo mehrere Schichten
Torhanden sind , erscheint die Reihenfolge stets als eine normale
d. b. die primitivsten Reste liegen znnnterst, die, welche eine
vorgeschrittenere Entwickelung bekunden . dani1)er. Um den
Überblick zu erleichtern . hat Herr Pigoriui innerhalb der Viel-
ecke die Farbe . welche die zu unterst liegenden Reste andeutet,
stets auf die linke . die Bezeichnungen für die darüber liegenden
jüngeren Schichten auf die rechte Seit« gestallt.
I
Nachträge und Berichtigungen.
Zu Seite 3 am Ende, ffier hfttfte hervorgehoben werden
sollen, dass die Griechen zur Zeit, ab die homeriBchen Gediehte
entstanden, kdne andere Befestigungsmittel kannten als Palissar-
den und Erdwede. Zwar verstanden sie sehen den Stein zu
bearbeiten. Wir hören nicht nur von Disken *) und Grabstelen ^)
aus diesem Materiale, sondern auch von wohlgeglätteten Steinen,
welche sich vor den Königshäusern und auf den Marktplfttzen
befanden und auf denen die Basileis oder Volksältesten sassen,
wenn sie Ratlisversammlungen abhielten oder Recht sprachen . ^)
Auch wurde bereits mit behauenen Steinen gebaut. Aus solchen
waren die Thalamoi der Söhne und Schwiegersöhne des Priamos
aufgeführt.^) Von den Myrmidonen heisst es in der Ilias, dass
sie sieb zur Schlachtordnung zaBammenschlossen wie die Steine,
1; Od. Vin 190. 192.
T II. XI 371, XIII 437, XVI 457, 675, XVII 434. Od. XII 14.
Dagegen wird man sich den als Markstein, den Pallas gegen Ares
schleudert (II. XXI 403 ff.), da ihn der Dichter als r^x* beseichnet,
unbearbeitet denken müssen.
3) Od. m 406 (Nestor) : addiv xat' (2p* W inl ^eoxotot
Xcu%o(, dnooTiXjovrc; dXeiffaTo«, wo die letzten beiden Worte
vermuthlich »glänzend von Politur« zu Ubersetzen sind (Anders Hehn
Kulturpflanzen und Uausthiere 3. Aufl. p. 90). II. XIII 504, Od.
Vul 6. Auch die nXttvol föpiic .... xqmoI Xafveot der Troerbmen
II. XXII 1&3) lassen auf die Kenntniss, den Felsen zn glitten,
flchliessen.
4) II. VI 244, 248 : ddlXauot ^eoroio Xidoio. Wenn Odysseus seinen
Thalamos mit icuxvi^atv Xi9d8e«ot (Od. XXm 193) baut, so sind auch
hier wahrscheinlich behauene Steine vorauszusetzen. Dagegen
scheint bei den ibuTotoiv Xacoot , aus denen die Mauern der auX-^ des
Eumaius aufgeführt waren (Od. XIV 10], an unbehauene Steine gedacht
werden lu müssen. Mit ^urototv Xdewt war die Agora der Phalaken
gepflastert (Od. VI 266).
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Nachträge und Berichtigungen.
133
aus denen ein Baumeister die Wand eines hohen Hauses zu-
sammenfügt, ') Dagegen war man noch nicht dazu vorgeschritten,
den Steinbau zu Befestignngewerken zu verwenden. Über die
Weise , in welcher sich der Dichter das Schiftslager der Achaier
befestigt dachte, hat bereits Hirt 2) im Ganzen richtig geurtheilt.
Den Wall umgab ein Graben, der an dem dem Lager zugewendeten
Rande mit Palissaden eingefust war ; die Fundamente des
WaUes bestanden ans Banmstanunen und Steinen ; ^] die an dem
Walle angebrachten Tbflrme waren ans bOlzemen Balken anf-
gefBhrt.^) Wenn dies von den ThflnDen, die doeh die wider-
standsftlügsten Theile der Befestigiing «nsmachten, aieher bezeugt
ist, so versteht es sieh, dass die zwieÜBhen ihnen liegenden Wall^
strecken, abgesehen von den Steinen, welche znr Herstellung der
* Fundamente verwendet worden waren , nicht aus Stein , sondern
ans Sparrenwerk oder Erde oder ans einer Combination dieser
beiden Materialien bestanden. Nur unter dieser Voraussetzung
erklärt es sich auch, wde Sarpedon mit der Hand eine Brust-
wehr herabreissen und dadurch eine Bresche in dem Walle ver-
ursachen kann.*') Poseidon fürchtet, dass durch diesen Bau der
Ruhm der Mauer verdunkelt werden wtirde, mit der Apoll und er
die Stadt Troja umgeben hatten.^) Man kann hieraus schliessen,
dass sich die homerischen Dichter auch die troischen Befesti-
gungswerke als primitive aus Holz und Brde anfgefUurte An-
lagen dachten. Jeden Falls bestand ans anfJjj^schfltteteT Erde
die Ifaner, weldie die Troer nnd Pallas Atiiene emebteten,
damit sie dem Herakles Im seinem Kampfe gegen das Meer-
ungeheuer als Zufluchtsort diene. ^) Von besonderem Gewichte
ist aber die Angabe, dass die die Stadt der Phaiaken um-
gebende Mauer ans Palissaden aufgeführt war.^j Der Dichter
geht darauf ans , den Phaiaken alle Kunstfertigkeiten zuzu-
schreiben , die er in seiner Umgebung wahrgenommen oder
von denen eine dunkele Kunde aus dem fernen Ohent zu
1) 11. XVI 212: OK 0 Zzt Tor/ov e{vr,p dpotOTpi Tt'jxivotai Xidoioiv
2) Die Geschichte der Baukunst bei den Alten I p. 203—204.
3) II. Vni 343, IX 350, XV 1, XH Ö4 IT., 63 lt.
4; II. XII 29, 259.
5) II. Xll 36: xcL'idyi^e oe ooj&a-a TiypYoov.
6) n. XU 397 ff.
7: II. VII 445 fS. Vgl. XXI 446, 526.
S) II. XX 145: Teiyo; djAcpiyjTov 'HpctxX-^o; Oe(oio, 6<lnnXov.
9) Od. VII 43 ; J)a'j|xoiCev o Uouooeu; Xijx^va; xai vf^a; lioat
a^rftv •^fdnan d^opele waX xetvea p.axpd.
«
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tä4 Nachträge und Berichtigungen.
ihm gedrungen war. Wäre ihm demnacli der Begriff eines stei-
nernen Mauerringes geläufig gewesen , dann würde er nicht er-
mangelt haben , die Wunderstadt mit einem solchen auszustatten
statt mit einer Befestigimg aus Palissaden. Eine Mittheilung des
Herodot, deren Bedeutung zuerst von Nissen riclitig gewürdigt
wurde, beweist, dass die Jonier erst verhältnissmässig spät
steinerne Stadtmauern zu bauen anfingen. Die Phokaier befestig-
ten ihre Stadt mit einer steinernen Mauer erst um die Mitte des
sechsten Jahrhunderts v. Chr. , als sie sich von den Persern
bedroht iiihlten, und verwendeten dazu die Mittel, die ihnen
ArganthenioB, der grieehenfimmdlidie KSmg yon TartessoB, sur
Verfügung gestellt hatte. 2) Ferner gehdrt hierher die Nachridit,
dass die joniflehen Bürgerschaften im Jahre 546 y. Chr., naeb-
dem Eyros Sardes eingenommen hatte, ihre Stftdte mit Haaern .
umgaben.^) Allerdings miOchte ieh hieraus keineswegs mit
Ißssen den Schlnss ziehen, dass alle diese Stftdte bis zum genann-
ten Termine stets offen gewesen seien. Vielmehr spricht zum
Mindesten alle Wahrscheinlichkeit dafttr, dass die Jonier, als sie
anfingen Kleinasien zu besiedeln, die neu gegrtlndeten Ortschaften
zum Schutze gegen die umwohnenden Barbaren mit Befestigungs-
werken umgaben, die wir uns ähnlich zu denken haben, wie die
in den homerischen Gedichten geschilderten. Hatten sich die
Verhältnisse ftlr längere Zeit friedlich gestaltet , dann Hess man
die Wälle verfallen. Drohte Gefahr, dann wurden sie eilig
wieder hergestellt. Und, da der Aufbau einer steinernen Mauer
mehr Zeit und Kosten erforderte , als das Aufwerfen eines Erd-
walles und das Einrammen von Palissaden, so ist es wohl möglich,
dass die letztere Befestigungsweise von einzelnen jonischen
Gemeinden noch im sechsten Jahrhundert v. Chr. angewendet
wurde. Eine schlagende Analogie zu dieser Auffassung des
Sachverhaltes bietet die spätere Geschichte von Lakedaimon dar.
Sparta war lange Zeit eine offene Stadt. Erst, als die Macht des
Staates in Verfall gerathen war , wurde von der alten Überliefe-
rnng abgewichen nnd Sparta bei dem Herannahen der Streitkrftite
des Demeirios Poliorketes durch Grftben und PallssadenlriQe ge-
sehtltEt.^] Als I^yrriios die Stadt bedrohte, nahm man rasch
eine Bestanration nnd Verstiadnnig dieser Befestigungswerke
vor. ^) In dem weiteren Verianfe der Geschichte- hOren wir
1) Pompcianische Studien p. 583 — 584*
2] Herodot. I 163.
3) Herodot. 1 141.
4) Pftnsan. 1 18, 6.
o) .PattBan. Yn8, 5.
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Nachträge und fierichtigiiiigeii.
135
wieder von Maueni . die der Tyrann Nabis errichten liessJ^
Sie wurden durch eine Verftt^ng des achäischen Bundes im Jahre
189 V. Chr. dem Erdboden gleich gemacht,^] später aber auf
Befehl der Römer wieder hergestellt.^^)
Zu Seite 20. In Folge der ganz neuerdings bei Poveprliano
(südwestlich von Verona, in der Nähe von Villafranca) gemachten
Funde ist die Wahrscheinlichkeit gewachsen , dass das Schwert
zu der Bewaffnung der Pfahldörfler gehörte. Eine daselbst ent-
deckte Nekropole enthielt Gegenstände, die fast durchweg genau
mit den in den Terremaie gefundenen übereinstimmen, und
mehrere ana Bronze gegossene Schwerter. Vgl. Q. PeUegrmi
di nn sepolcro preromano seop. a PovegUano veronese (Vol. LYI
dell' accademia d*agricoltiira, arti e commereio di Verona, Verona
1878), wo die Schwerter anf Taf. m abgebildet nnd Seite 20 ff.
besprochen sind.
Zu Sdte 37 Anm. 3. Anders nnd, wie mir scheint, richtiger
urtheilt über das Vorkommen derselben Ortsnamen in Sicilien nnd
an der ligurischen Küste Kiepert Lelirbuch der alten Geographie
p. 3S2 Anm. 3. Er erklärt diese Erscheinung daraua, dass auch
die älteste Bevölkerung Siciliens eine ligurische war.
Zu Seite 13 und 116. Wie mir Herr A. S. Mnrray mit-
theilt, wird die Ansicht Cairicks, dass sich die Schotten noch zur
Zeit des Wallace steinerner Beile bedient hätten, von Herrn
Joseph Anderson, gegenwärtig dem bedeutendsten Kenner schotti-
scher Alferthümer, bezweifelt.
Zu Seite 46. Über die auf der Serviusmauer eingemeisselten
Zeichen ist nunmehr ein zweiter Artikel von Bnizza in dem Bulle-
tino della commiflsione comunale VI p. 177, 191 ff. zu ver-
gleichen.
Zu Seite 76. Hier ist von mir die Rede des Odysseus
Od. XIX 107 ff. tibersehen worden, in welcher der Fische als
eines geläufigen Nahrungsmittels gedacht wird. Doch hat man
zu bedenken, dass dieses Buch der Odyssee nach Kirchhoff s Unter-
snchungen sehr jungen Ursprunges ist.
Zu Seite 86. Unterdess haben sich auf dem Esquiliii noch
mehzeie andere mit der Hand gearbeitete nnd sclilecht gebrannte
ThoDgeftaae gefunden, auf denen httebatabenihaliche Zdehen
eingeiitst sind. Vgl. Boll, della commiaaione comimale VI
p. 180—186, 188.
1) Pausan. VU 8, 5. Liv. XXXIV 38, XXXIX 37.
2) Pausan. VII 8, 5. Liv. XXXVIH 34, XXXIX 37.
3) Panaan. VU 9, 5.
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136
Nachtriige und Berichtigungen.
Zu Seite 88 Anm. 3. Neuerdings sind einige Halbmond-
föimige Henkel auch in dem ältesten Theile der Nekropole von
Suessiila gefniulen worden. Bull, di paletn. ital. IV p. 107
Not. 1 1 . Auch einige von Schliemann in Mykenae ausgegrabene
Henkel erinnern an diesen Typus. Schliemann Mykenae Taf.
XVn 1)5, p. 120 (unteiBte Reihe]. Vgl. auch ebenda p. I Ib n.
159, p. 119 n. 160.
Zu Seite 89. Radförmige Gegenstände aus Bronze und Blei,
die in der Mitte mit Stiften versehen sind , fanden sich auch in
Mykenae. Schliemann a. a. 0. p. S3 n. 120. Vgl. p. 12,'), 126.
Seite 10;i Zeile 6 (von oben; lese man »Zeltgenossen« statt
»Zeitgenossen«.
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Register.
Aborigines S. älL
Adria 57. 120. HL
Aeclanum 45^ ISL
Hedes
aes 113.
Aestii 12.
Alba longa, Name äL
Nekropole 50, 78, 82, 84,
S9 — 91.
aXte6co
Alphabet, Einführung desselben
in Itnlien 100.
A)tinum öL
Angelsachsen 42,
Armband 21^ 58^
Arvales 80, bl.
asis, ensis 11^
Atria s. Adria.
attilus
ayas LCL
Bad im homerischen Zeitalter 4.
bei den Römern 63, 04,
Bazzano, Nekropole 97.
Befestigungen bei den Germa-
nen IL
bei den Kelten iL
bei den Pfahldörflem Ii.
bei den Latinem Aä.
im homerischen Zeitalter
132—135.
Bemalte Vasen s. Griechische
Vasen.
Benacci, Nekropole 34, äL
Bernstein 2^^ 119.
Bestattimgsgebräuche 71.
Bewafliiung der Lokrer Sl.
der Pfahldörfler 2(L
der alten Latiner 78,
Bismantova, Nekropole lilL
Bodenffo 32.
Bodenkos 3L
Bohne in den Pfahldörfern liL
bei den alten Latinen 70—71.
in der Pogegend 11 iL
Bohrer liL
Boji ILL
Bologna: Hüttenreste 41 ff. Vgl.
Certosa.
Bondeno 32.
Bononia 26, 33, 3a. Vgl. Felsina.
Bronze lÄflF., 113—117.
im italischen Kultus 80, &L
Bronzener Nagel 21L
Buchstaben auf der Serviusmaner
Caelius Vivenna 103.
Calendae fabariae IL
caprea liL
cardo ÜL
Carthago 3L 68, lüiL
Casaltone, Ne^opole IM-
Casa Komuli 5L
Castellum Vituriorum SL
Cerauniae 92^ ÖL
Certosa (Bologna) 33^ IM,
Chachrylion 120, 125-1 30.
Chalkidische (?) Vasen 84—86.
Charopos 12L
Ciminus mons 3IL
Cloake in Rom öi.
coluraen 52.
culmen 52.
Ciuria Calabra 51 .
Curia Saliorum &L
Dacier 5fi^
Dea Dia 80, bl ; aedes derselben
äL
1H8
Register.
Deeuration in den Pfahldürfcru
bei den alten Latinern 95^ ÜIL
Deciimanus fiL
Dionysius von Syrakus 120.
Divus Augustus, sein ältestes
Heiligthum hA^
Dodona 98, 9S.
Dorf 2.
Drehscheibe 28, 84— S7.
Eburna spirata 108.
Eichel 16, 17, 26, 72, la.
Eisen L 2L 2i, 42, 80, 81^ ilL
Eiserner Ring 81^ UL
Elymcr Iii Anm. iL
Enteila Iii Anm. ^
Epainetos 121.
Epeiros 97, 2Si
Eryx ai Anm. iL
Esel 15^ liüL
Esquilin: primitive Fundschicht
biß.
Etrusker 28, 29, 32, 33, 62, 96,
m ff., im:
Etruskische Inschriften in der
Emilia 28, 50, mS.
Euphronios 125—128, m
Exekias 111.
Fabii HL
Fabri aerarii IL
ferrarii SIL
Falisker 68,
Feldbau bei den Pfahldörflem HL
bei den alten Latinem 64, ti^
Felsina 32^ 33^ 96, IM. Vgl. Bo-
nonia.
Fenni 42. v
Feriae latinae IL
Fermentum 12.
Feretrius Jupiter 54.
Ferreus anulus sine gemma ^
Fetialritus 91 ff.
Fibula 2L 42, 58, IfiL
Fischfang bei den PfahldMem
Ul
bei den alten Latinern 76, 13.
bei den homerischen Grie-
chen 74—76, 135.
Flachs 16, Güff., m. Vgl.
Leinsamen, Leinwand.
Flamen Dialis 72, Sü.
Flaminica SL
Flechten 2h ilL
Frauken 50,^ 5L
Fraore, Grab llü.
Genius Augusti hh.
Germanen 2. 41 ff., LLL UiL
Gerste
Gewichte S3.
GlasiL
Gold 'IL
Götteridole in Latium Sl , S2.
Graeco-Italiker L 98, Ul, 114.
11. i.
Griechische Vasen mit Streifen
und Thieren 84, mL
korinthiscTien Stils l2iL
Sclierbeu gefunden Uber
den Pfahldörfern 2&.
gefunden in Bologna 49, 120.
gefunden bei Mantua 120.
' gefunden bei Servirola 50^
105, lllL
Gusstechnik 91L
Halbmondförmige Henkel 19, 25,
59, 88, 136.
Halsband 21, 22,
Hamar 1 1 5.
Ilausurnen s. HUttenumen.
Hellaniküs IßS.
Herculis aedes in foro boario 54^
hinnuleus
Hirse LÜL
Honig II.
hordeum M.
Hunnen 41_.
Huttenbau in den Pfahldörfern 12.
bei den Latinem 50—55.
bei den Kelten 2, 3.
bei den Markomannen und
Quaden 2, 3.
Hüttenreste 4fi ff.
altlatinische 50, 83, 9L
HUttenumen 50, Sä.
Ilva, Hvates
Inauguratio
Jagd bei den Pfahldörflera 15, 16,
bei den Latinem 73, 14*
Jupiter Lapis 92^ 93,
Kämme 23,
Karthago s. Carthago.
Kelten 2. 29, a2 ff.. III. LÜL
Register.
139
Kelten in der Emilia 105.
Keramik der PfahldOrfler 19, fiS.
der Latiner 84—89.
der Kelten SL
Kimmerier 49.
Kolchier 5fi,
Korinthen lüL
Kupfer ilA.
Kyklopen liiL
Lapis silex 92,
Lares compitales 51j hh^
Lederbereitung 22, 23^ US-
Leinsamen 18^ 1 18.
Leinwand 61 ff.
Ligurer 29 ff. , 35 ff. , 104, 10«, IM.
Limitation 53, 60—62.
>.wov linum fifi ff.
Linnene Panzer 68, ßlL
Mahlen 12.
Mauuirius IS.
Mantua 32, L2ü Anm. ,L
Mars ültor 54.
Marzabotto 26, 28, 33, 35, 45, IM,
Massalioten an der ligurischen
Küste ai.
Mastarna 103.
Menschenopfer 5-
Metallotechnik der Pfahldörfler
19—21.
der Kelten aiL
der Latiner
Mettius Fufetius liJL
Misthaufen im homerischen Zeit-
alter ft.
Modius Fabidius HL
Mola 12.
Mola versatilis 72, 101.
Mosynoiken M-
(x'jXtj 72.
Mühlen der Pfahldörfler IL
multae SIL
Mutina 26* 31L
Nägel 79^ SiL
Nanas, Nanos lüä,
Numa 5Ij 77, 78, Sfi.
Ohrringe 2L
Olive m Anm. 1. 108. IM.
' Orientirung n, [3, 14, 25, fiiL
Padus aL
Paionier äfi.
PamphaioB 129.
Pelasger 109, LÜL
Peligner lilL
Penaten, ihre aedes in Rom 51.
ihr Heiligthnm in Lavinium
51, 52.
Peuketier U2L
Pfahlbauten in und um den
Gardasee 58, ä9.
im See von Fimon älL
bei Solferino öiL
Pfahldorf von Casaroldo filL
von Gaste llarano 28 Anm. 2.
von Castione l_L 2L 24i ^
von Gorzano IL i^, 102.
von Montecchio 2S Anm. 2.
von Monte Venera 24.
von Quingento di S. Pro-
sper«) ÖÖ.
von Sant' Ilario d'Enza 2L,
Pfahldörfer ß ff.
ihre Zerstörung durch die
Etrusker liUL
Pflaster in Rom 6iL
Pfriemen
finso 12.
•hokaia IM.
Poebene, Bewaldung derselben
25, 26, 62
Klima LUL
Poggio Renzo, Nekropole ÜL
z6X-o; 12.
Pons subliciuB 19.
Portus Herculis Monoeci ÜI.
Poseidonios 35^ ^ti, 38, US.
Povegliano, Nekropole 135.
TTTbotO 12.
puls iL 72.
Quingento di S. Prospero, Nieder-
lassung 105.
Rasirmesser 2(L
Ravenna 51, 107.
Rebe s Weinstock.
Rübe UlL
Sabata aiL
Sabatinus lacus 31L
Sabus LLL
Sahs LUL
Samniten ÜlL
Sanpolo d'Enza,Niederla88ung 49.
140
Register.
Santilario, Skelette von Kriegern
104.
Sarmaten 11.
Savigiiano äL
Schaber 2iL
Schild der Salier 78.
Schmutz in der griechischen Ur-
zeit -L
in den Pfahldörfern 11.
bei den alten Latinem 63.
Schotten 43, 116, 135.
Schwert 2iL ^TI^ 19, IM.
Segesta ^
Selloi 4, äS.
Servirola, Gräber 105.
Serviusmauer 46^ 86^ 135.
Siculer 30,
Silber 2L
Smalt 2L
Sotacus
Sparta 134i
Speer 42, IS.
Spelt 64, 65,
Spina 57.
Spinnen 21, 115.
Spinnwirtel 21—23, SIL
Spirale ^
Stadt 2, 4iL
Stcinuianiifactureu unter den
Pfahldörfern 34, US-
in den PfaWdörfem 18, 19,
•25, lliL
bei den Germanen 116. 135.
bei den Kelten 116.
Strabo, seine Schilderung der
Ligurer 39,
Strohdach 3.
Suessula, Nekropole Anm. 2,
136.
Tempi um 54, 60,
Terremare Ö ff. Vgl. Pfahldörfer.
Tcrreus murus AIl
Thessalier IM.
Thönerue Gefasse im römischen
Kultus
Thukydides 1,2, ^
Tolumuius öST
Torques .1^
Tugurium Faustuli IL
ümbrer 30, 32, 96, SIL
Tarro 62, 12.
Vasi di bucchero loiL
Veneter 5L
Verrius Flaccus 65.
Vesta, ihre aedes 52 — 53.
Villanova, Nekropole 26^ 35, Öl.
vinum Foivov 110.
vitis Aminaea 109.
Waldreichthum der Poebene 25 —
2L
Weben 22, 11^
Webegewichte
W^eihrauch lOL
Wein 71, LÜL
Weinstock 16, 18, lÜ2 ff .
Weizen ü5.
Wild 26,
Wohnhaus, classisches bh.
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1* 29
VfirieHl — Ätep /
oSMyru»
T ^ PI L n
^ \ / Ohtlmsint
4.'
"oaeolem^
/ /ix \ "^X
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6
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1.5 U^firam/oln
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TAf.ll.
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*N 9 1505