Thebanische
Heldenlieder
Erich Bethe
Z95l!
.176
ANAErnN ♦OlBE nAPXAEOY TE
KI 'AN AN KAr.TAAlAN »lAEnN
CLASSICAL SEMINARY
PRINCETON UNIVERSITY
OnOHARRftSSOWlUI
BUCHHANDLUNG
:LEIPZI6:
J2^
•fr
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THEBANISCHE HELDENLIEDER
UNTERSUCHUNGEN
ÜBER DIE
EPEN DES THEBANISCH-ARGI VISCHEN
SAGENKREISES
VON
ERICH BETHE
PRIVATDOCRNTKN DKR KL l>IUr.OLOaiE AN DER K. VNIVKRSITÄT
ZU BONN
LEIPZIG
VKKLAG VON S. HIKZKL
1891.
THEBMI8CHE HELDENLIEDER
UNTEKSÜCHÜNGEN
ÜBE& DIE
EPEN DES THEBANISCH-ARGIVISCHEN
SAGENKREISES
VOM
EEIGH B£TH£
PRIVATDUCENTKN DEB KL. PIULOLoaiB AK OKB K. UNIVKHälTÄT
2U BOVH
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZBL
1891.
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p
^ HERHANN ÜSENEB
' ÜLBICH VON WILAMOWITZ-MOELLENDORFF
IN DANKBARKEIT UND VEKEHEUNG
GEWIDMET.
s
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„Das Wahnchdnliche ist selten walir.*'
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Inhaltsübcrgiclit.
Seite
L Oidipodie 1—28
k 271 — 280 ist die Sageiiform der Oidipodie 1. —
Hsander in scbol. Euripid. Phoiuiäs. 17öU giebt eine
Hypothesis der (Hdipoftte 4. Heim TtXtlk, ya/uo-
at6Xoq» Ki^ifwvla 9. — Raub des Chrysippoe 13. —
Spkinx-Pliix 17. ECfvyii»eta sweite Gemahlin des
OidipoB 28. — U,oxvt*iS€wt9t 26.
n. Bedingungen and Aufgabe 29 — 42
Xbccerpte von alten Epen in den myfhologiBGhen Hand-*
bflehem 29. ^ Einheit der alten Epen 88. — *EjÜ'
ycvot und 9ijßalg ein Epos 35. — Spradilich jong 40.
kit^^m ikilMtQ ein «ndeies Epos 41.
III. Des AmphinraoB Ausfahrt 43—75
Streit des Adrastos mit Amphiaraos und den Anaxa-
goriden 43. — Rücklcohr des Adrastos aus Sekyon 50.
— Eriphyle, die SchiedsricLtenn, von Adrastos be-
stochen 52. — Die Sieb™ vor Theben 57. — Tod
aller Sieben, auch des Adrabtos 65.
Aussetzung des Oidipus in's Meer und Au£aahme
bei Polybos in Sekyon 67.
IV. Thebais 76—106
FeiiKlschaft des Tydeus und Amphiaraos 76, — Eri-
phylens \ errath 79. — Die Liste der Sieben bei den
Tragil£erii 84. — Adrastos Flucht mit dem Areion 89.
— Die Leichen nicht bestattet 94. — oq/mq ^Aq/xo-
vtttq 99. — Die FlQche des Oidipus 102.
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TI lobaltiabenielit.
Seit«
V. Di« Epigonen 109—140
Doppelte Version 110. — Zwei Listen 112. — Alk-
mcoois \ Ui. — Thcbais 117. — Hypotheaia der The-
bais bei Patisanias 122.
Allcmemi der Muttermörder 127, 129. — Schluss
der Alkmeoüis 130. — Alkmeon in Psopbis und anf
dou £chinaden 135.
VI, Ort und Zeit der Epen 141—157
Oidipodie in Boiotien gedichtet 140. — Faiderastie 144.
— Thebais in Asien entstanden im 8 Jahrhundert 146.
Kurintli und Asien 149. — IvorintiiH iuiuüuäa auf die
Thebais 153.
m Nachlese 158—177
Die Korinthische Oidipussage der Tragiker aus der
Thebais 158. — Kampf des Tydeus und Polyneikes im
Haue des Adimstoe 166. — Laloamord bei Flataiai 169.
— Spiele in Kemea am Orabe des Pronax 170. —
Die wahnrinpigen Froitiden 178. — Die thebaniachen
Sagen in Uias und Odyssee 174.
Epimetron 178—187
Eorinth bat keine alten Sagen 178. —*Bf>vgtt in Z 145
ist nicht Eorintli 181. — Bellerophon und Sisypboa
sind nicht ursprünglich korinthische Heroen 182. —
Korinth und M3 kenai 184. — Daa Beich des AdrastOB
und Agamemnons 186.
Namen* nnd Stellenveraeicbniss 188—191
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THEBANISCHE H£LDMLI£D£E.
I. Die üidipodie.
Die Verse der Odyssee X 271 — 280 geben uns und
gaben schuu dem späteren Alterthinnc Räihsel auf. Odysseus
erzählt von seinem Abenteuer im iiades:
MijttQa r' Oldijtoöao ISov, xakiji' 'Ejrixdczj^v,
^ fitya fc'pyoi' I()f^fr cudQetfjöi vooio,
yr^ftafiivf^ ip vli' o ov ütaxiQ^ l^svagl^ag
yrjffEV aq)aQ 6' dvdjcvcra &£ol d^eaav dvQ-QmxouUV*
275 dXX' o fiW kv ß^ißy xoXvfjQarq) aXysa Jcd(f](mP
Kaöiistafv kdvaMs ^BdSv oXoag 6ta ßovXaq*
wpofdmi ßqeypv aixvv dg>* v^ilofo (isXa^Qov,
tp ax^t öxoiiivfj' z<S aXf^a xdXXut' dxlccto
280 xoXXa (idX*, o<Ufa vs firjzQog kQtvvsq kitreXdovüiV. ^
Was wir heute in kläglich zngeriditeten Sdiolien fin-
den, soweit sie herausgegeben sind, erklärt uns gar nichts.
Scholien X 271, das die Unterschrift hat rj löTOQia jraQa
'AvÖQOtiwPi, giebt im Grossen und Ganzen die von Sophokles
abhängige auch uns geläufige Sage. Nur wenige Worte ver-
rathen eine andere Quelle: Adioq . , , yEvi'ä OlSljtoSa xal
Tovxov kxxiQtidi 2J8xv<övi.^) Oi ös ixxo^oQßol dpaXaßov-
Ssxvmv nennt sich die Stadt aut ihren Münzen, der Inschrift
ihres Schatzbauses zu Olympia: Archaeol. Ztg. 39 (1881) 171 u. s.w.;
80 heisst Bie auch bei ApoUonios in Bekkers Anecd. 555 , 5. Vgl.
Gartins Peloponnet II 24» n. 1. Barsian: Qaogr« Grieehenl. II 24 n. 1.
Bttthe, HeUknlledn, 1
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2
I. Die OidiiKkUe.
TFc €tQS<pov arhnv. (Iv) 7]XixLa (ifjuxiag ed.) dt yei^o/itvo!; o
Oiöixovg ^X&tp £(g Oi^ag tJtiCijrmv tovq yaviag' dxoxtti'
pog dh ttxotxtlioq rov jcatiga Xofißdvei jcqoc yntiov ovx bI-
dfog r?)v fjirßiQa ...*). Nach dem, was Eduard Schwartz*)
anflgeführt hat, bedarf es weiter keiner Begründung, wenn
ich diese Worte von der übrigen Geschichte trenne. Diese
ist ans Sophokles geschöpft, jene hat nichts mit demselben
gemein: also liegt hier wie so oft eine späte Gontamina-
tion verschiedener und ursprünglich getrennter Sagenfor-
men TOr.
Aber wir haben noch etwas mehr von der Gelehrsam-
keit der Hypomnematisten zu dieser Odysseeatello erhalten.
Pausanias IX 5. 11 führt nämlicli die Verse X 271 — 274 an
und fährt dann fort: jimq ovv tJiohjöav dvdjtvöra agjag,
et 07] T^oCageg 'ioxd(ST7jg tyevovro Jtaidig ro) Oldijtoöi;
EvQvyiXvelag 6e t^g ■YjtiQcpavroq lyeyoveOaiK ör^XoT de
xa\ o ra BTirj jtoii^iSag a Qiduioöta 6vofi(tC,ovöt. ^) Dass
Pausanias diese XvOig, welche die Kenntniss der Oidipodie
Toranssetzt» aus eigener Gelehrsamkeit gegeben habe, glaubt
') Auch bei Johannes Antiocheniis in den Excerpten des Constan-
« tinos Porpliyrogenita findet und erzieht den kleineu Oidipus ein Hirt
MtXlßoioi FHG IV 545. Gesehttplt liat er vohl iris Malslss «is
Ke^pttUeav FHG IQ 628, der fttr die wtmderliclie Sage Yon *Avttimi
(de beiart bei Johaanes Antiocb. KaXXi^itn durch Corraptel oder «u
echter üeherlieferiing? vgl. Usener: Rh. Mm. XXIII 326 n. 23) und
OEoßoiog, ihre Söhne 'Afx(pliuv und Zqf4SN>$ und deren Gründung 'Ey'
XiXfia sicher seine Quelle ist.
') In seiner (k iilichen AI iKitiiiJung de sclioliis Homericis ad hi-
storiam fabnlarcDi pertlucutibus XU. Supplementb. der Jahrbücher
für kl. Philol. 1881, 405 flf.
*) Die folgende Notfas aber das Gemllde des 'Ovaalaq hingt mit
der Hoinergelebrsamkeit gar nicht susammen. Pausanlas bat sie aus
der von ibm IX 4. 2 benatsten Perihegese entnommen nnd bier der
Eui]rganela vegen mit dankenswertbem Fleisse binnigefOgt
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I. Die Oidipodio.
3
heute doch wohl Niemand mehr.**) Es ist erborgter Glanz.
Welche Quelle liegt näher als seine Odyssoeausgabe? Hat
doch schon Ovid aus der Hypothesis zu Euripirles Medea
für fldne Metamorphoaen gofldAÖpft/) Valerius FlaocuB aus
den Sdiolien za ApoUonios Bhodios;^ macht doch Philostrat
aus einem Pindarscholion ein JBild*',') Es ist die Benutzung
des Gommentars weder unerhört noch yerächtlich. Bei Pau^
sanias klingt noch deutlich die Sprache des i/jrtjfia in dw
einleitenden Frage durch. Er hat uns das Kernstück der
alten Gelehrsamkeit zu X 271 erhalten: es giebt, wie es
scheint, <lie richtige Lösung des Katlisels. Denn gebar nicht
Epikaste, sondern erst seine zweite Gattin Eurygaueia dein
Oidipus die vier Kinder, so konnte jene sehr wohl alsbald"
ihre unbewusste Schuld erkennen und durch ihren Tod süh-
nen. Die Yermutbung ist nicht abzuweisen» dass die Oidi-
podie die Quelle für diese Verse der Nekyia war.^) Sie
kann aber bewiesen werden.
V. Wilamowitz Homerische Untenttdionistn 888E, HermM XXYI
228 n. 2. Gurlitt Pausanias 40.
•) Eine ebenso wichtige wie vergnügliche Entdeckung von fie-
bert Bild uud Lied 231 v. 5.
') Ed. Schwartz di; Diunysio Scytobraciüone 35.
") Wontzel iu der Kobert gewidmeten Sammelschrift „aus der
AnomU'' 134 ff.
*) Ds8 hat natfirlich schon Welcker erkannt: Epischer Oyklits
n* 313 ff. Auch daas Onauas GemSlde mit dieser Sagenform in Yer^
bindung steht , bat er ges^en, ja schon an schol. J 37G erinnert —
aber die nötbigen Folgerungen zu ziehen, hat er sieb gesobcut. Eben-
so fliK'h Rrhneidewln in dem umsichtigen und anregenden Aufsatze:
„die bage von König Oidipus'* in den Abhandlungen der K. Gesell-
schaft der WisH. zu Göttingen, bistor.-phil. Abtbeilg. 1853. V 16r)ff.
Y. Wilamowitzeuä Vermutbung, datiä die Epikafiteepisode wie Autiope,
Alknene, Megara ans Nestors Ers&hlungen in den KvuQia entnom-
men wt&f ist ftbenuis bestechend (Homw. Unters. 149), sofern man nnr
an der OknbwQrdigkelt der Epenexcecpte des ProUos festbllt. Sie
1»
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4
1. Die Oidipodie.
Die Ulis bokannten Scholien gcboii, wie gezeigt, vveiiig-
steiis eine Spur einer abgolegcuea Sagcnform. Sollte sie
nicht vielleicht mit der Oidipodie zasammcnbängoii, die zur
Erklärung derselben Verse benutzt war? Diese Vermuthung
darf als bestätigt gelteu, wenn sämmtlicbe Audeutimgen,
welohe sowobl jene eigenthUmllGhe Stelle im Scholion X 271
als aucb die Notis aus der Oidipodie bei PauBanias enthal-
ten, miteinander zn einem festen Zusammenhange Yereinigt
an einem dritten Orte aofgezeigt werden können. Biesen
Anforderungen entspricht einzig, aber völlig das seltsame
Scholion zu Euripides Phoinisscn v. 1760, welches zu xVufaug
und am Sciilusa den Namen Pisuiider^") ti'ägt.
sind aber durch aus und auch ia diesem Puukte unzuvurlassig. Be-
denklich hat mich immer gemacht, dass Tyro und Cbloris, die am
analbhrlichsten in der Kckyia bedacht sind, zwar Nestors Ahnfiraaen
sind, aber In jener Episode der Kypiien nicht enrfthnt werden, anch
wohl gar nieht vorkamen, vgL Dftmmler; Hh. Mua. 1890* 188/B, des-
sen kfllmen Combiuationen die Sttoke der Fundamente nicht ent*
spricht. Ferner hat Thraemer Pergamos 130fF. hedonklichc Differen-
zen zwischen diesrn Versen der Nekyia und den Kyprien nachgewie-
sen, von denen besonders schlagend ist; Antiope des Asopos Tochter
A 2Ü0, des Jvxog oder AvxovQyog (derselbe Name, vgl. Maass Her-
mes XXIII 614) aber im Eyprienexcerpte. Dazu kommt nun* die
Sicherheit, dass die Yene Uber Epikasto aus der Oidipodie schöpfen.
Sollte r. Wilamowitiens Ansicht best^en bldben, so mflsste ange-
nommen werden, dass die Kypiien dieses Epos benutit liaben. Dsa
^'ird aber peinlich: denn wenn auch die Kyprien sicherlich kein altes
Gedicht waren, die Oidipodie ist das, wie sich zeigen wird, auch
nicht. Interessant ist, dass Weil (praef. ad Aischyli Septem) schön den
Raub des Cbrysipp durch Laios, d. b. die Sagenform der Oidipodie,
als Quelle für die Neütorerzählung der Kyprien aus einem aiicrdiugs
nicht durchschlagenden Gruude vermuthet hat.
Derselbe Fisander ist es, ans dem schol. Phoin. 884 die ein-
sig stehende Eonde von der Gattin nnd den vier Kindern des Teife-
Sias flberliefert. Diese beiden Frsgmente tragen den Stempel der
Gelehrsamkeit nnd nicht weniger der Zuverlässigkeit. Da nun in den
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I. Df« Oldipodie.
5
UftOffet Uelüav^ifoq Sri (2) xarä xpXov t^lSQas htifi^p^
^ Sp'fyi rotg Btißalotq dxo twv icxckmv (3) ft^ffmp
Al^toxlag, ort top ä&iov doeßi^aavTa Big top xa(fdpofiav
(4) tQ<oTa roC 7((fvc(jafov, op IjQxaCBV dxo ni0^, ovx
lxiH<DQriOapto.
(5) TjV 6e ri 2g}ly^, mojtSQ yga^ixai, Tf)i' ovQav t^ovaa
dQaxaivriq' dimQJtd^ovCa (6) de fiiXQov^ xal fitydlovq xar-
fjöd^iev, Iv olg xal AYi/ova xov Kg^owog (7) jcai^a xal
"Ixxiov xov fJvQvvofiou xov toTg KevxavQotq f/ayBöatitrov.
(8) }jCav 6e EvQvrofwg xal *HtorEvg viol Mäyvfjxog
tov AloÄov (codd; AloXLöov, cf. Apollodor. I 7. 3. 3) (9)
xal ^vXoölxr^g. 6 ftfr ovv ^'Ijtxiog xal ^ivog mv vjto x^g
2!g>iYy6g difHQtOrj, (10) o dä iiiopevg vxo tov Oipoftdav,
OP Xi^xop xak oi dXXoi (iPtjat^Bg,
(11) x^dStog &k Adtaq top dd-ifutop i^fcna vovrop
Itf^ci^. 6 (13) JCq^^Cixxoq vxo aloxvpi^ havtop Siexff^"
Oato gfq>$t, rote fthp ovr o (13) TeiQeclag mg ftdptig
döiog Sti ß-Boatv/^g ^p 6 Adtog, \dxitQBXBP avtov (14) r^s
hx\ top IdxoXXiOPa [de] "Hga [fiäXXop] xy ya^
Scholien ni ApoUn. Rh. I 152, 471, und wohl auch II 98, 1088, IV
57 ebenfalls ein Gelehrter Pisauder citirt wird — denn schol. I
471 kann nur aua einem solrhr-Ti, nicht einem Dichter stammen —
80 rät die Identification mit jenem niclit unwahrscheinlich, dagegen
die von Welcker Ep. Cykl. i* Hl vorgeschlagene Gleichsetzung mit
dem von ihm sonst treffend charakterisirten Fftlscher Plnader bei
MacrobiuB Y 2. 4/6 tmmöglieh. Nur dflrlte dieser angeblich Ten
Yergil im 2. Bache der Aeneis s. Tb. flberBetste Poetaater, der die
gesimmte Mythologie — also den jcvxXoq im Sinne des Proklos —
wohl nach einem mythographischen Handbtichc in Verse gebracht
und sich für cinon Liebling des Eumolpos und älter als Hesiod aus-
gegeben hatte, iiirht in die alexandrinische , sondern in nachchrist-
liche Zeit gühuren, wie Dictyg und Dares. Vgl. Kuschel: Breslauer
G. Progr. 1Ö5Ö. 3.
Die durch eckige Klammem gekemiseichneten Interpolation«!
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6
L Die Oidipodto.
/loOToXcp d-f-ä (15) r^veip leQa [6 öb ctvrop i^B^av-
XiU)'.^ obteXd-aw xolwv ig)0VBv&t] tv (16) itx^^
avroq xal 6 TpfLoxoq avtQv, ixtidf] ItvifpB r$ ^Citvft xov
(17) (HdbfoSa' xtBlvag dl avTov$ id^cnpB xoQavrbea aitp
totg IfiotloiQ dxoüxdcas (18) rov ^axfr^Qa xcA ro §jlqKfg
Tov Aatov xai ^poQmv. [to ^ UQfia (19) vxoaTQitfmg i^ancB
rm noXvßq),'] eka tyr^fiB T/}r fjrjrtQct [Xmag to alpiyfia],
(20) fiBta ta&ta (tl ^vatag nvaq ixireUaag iv rm Std-at^
pSpt xaT?]QXBro (21) bx(X)v xai rtjv ^oxaörrjv Iv totg oxi]-
fiaöi. xal yipofitvcov avrcöv JtBQi (22) rov zojior txtlvov
rfjq Cxcorfjg oöov vjto(irt)6d-tig idtlxpvt Ttj '/oxdörfj (23)
rov rojcov xal ro JCQÜyfda di7]'fr}6aro xai tov yjjor/jiQa tdti-
^BV. 7} 6e (24) ÖBivmq (ftQovOa o/iojg tüio'i.-ra' rjyvoBi yaQ
viov orra- xal fiBra ravra (25) yk^t rig ykQmr iJTjroßovxo-
XoQ axo 26xvc5voQ, og Blmv avrco ro xäp (26) oxca^ re
avrov BVQB xal aPÜlBro [xal t§ Msqox^ diSoxB], xal afux
ra (27) (h-raQyava amip iöshcrvF xal ra xtvtQa oxitBi rs
amop xa C^caar/Qia' »cd otnrcDS kypwc^ to oXov. (päd de
ori fiBxa TOV d-apavop t% '/oxdtfri^ (29) xid xifP avtot
(oodd; avTo^ xvg>XatCip Byfjftsp EvffVYcivri» xttQd-ipop, l§
^ avxtß (30) yB^opodtv ol xicaoQBg xatdtq' Tovrd ^<Si
nslöavÖQog.
Wie imOdyseescholion denOidipus Pferdehirten IpSkxiodivi
anfsdehen, so tritt hier ein IjtjtoßovxoXog djio Ssxvmpog
auf, erweist sich durch Vorzoigcn der Windchi und Stcichel-
kiiebcl als den, welcher da« IviiitbUin aul^eiiuujjuen hat, und
fordert den Lohn für seine Fliege (C,ff)<'.y(na). Dort wandert
Oidipus von den sokyonischen Pferdohirtcn nach Theben und
erschlägt seinen Vater; von einer Pilgerfahrt der Beiden
zum delphischen Orakel wird nichts gesagt; wir müsBen also
werden QQten als solche nachgewiesen werden. Text und Linlen-
iftUang naeh der Aasgabe von Ed. Schwarte.
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I. Die Oidlpodie.
7
achlieasep, dass die verhängnissvollc Begegnung zwischen den
flekyonischeii Weideplätzen und Theben stattgefunden hat
Hier wird nun ausführlich erzählt» dass Oidipus» als er mit
seiner ihm eben Termählten Mutter zum Kithairoo» ein Fest
zu feiern, wallfi^urtet, am Orte seines Mordes vorbeikommt:
also auch in dieser Version ist Laioe zwischen Theben und
Kithairon erschlagen. Ebenso trefflich stimmt der ScUuss
dieses Phoinissenscholions mit dem Gitate der Oidipodie aus
dem Odyseeoommentare überein: nach dem Tode der lokaste
heirathet Oidipus die Jungfrau Eurygune und zeugt mit ihr
die vier Kinder. Ja noch, molir ! Wenn vermuthct werden konnte,
dass auch in diesem Epos wie in l 274 die GÖtt4?r „alsbald**
die frevelhafte Ehe auldeckten, und dass desshalb die alten
Gelehrten die Oidipodie zu dieser Stelle angeführt hatten,
80 finden wir eben dasselbe in diesem Pisanderexcerpte aus-
führlich erzählt Und schliesslich wird die leise Andeutung
in JL 273 6 d' ov naxtQ l^evaQt^aQ erst durch diese Erzäh-
lung verständlich: Oidipus raubt Gürtel und Schwert von der
Leiche des Laios. Das Pboinissenscholion 1760 Yereinigt
also in der That allesi was aus der Notiz des Pausanias über
die Oidipodie geschlossen Verden musste und mit dem Odys-
seescholion wenn auch nicht ohne Kühnheit combinirt wer-
den konnte. Erscheint es nun noch als Zufall, dass dasselbe
Scholion 1. 5 — 7 den Raub des Haimon durch die Sphinx
erzählt wie die Oidipodie, deren zwei bezügliclie Verse der
codex Monacensis nfSO zu dieser Stdle erlialton hat?
aXX* tri xaXXiOTOP tb xai qikQoiüTaiov aXXop
jtatöft (piXov KQtioi'To^ (r.f/viinrog AYiiora f^tnv.
Doch ich will nicht berücken. Ehe behauptet werden
darf, dass die Sagenform der Oidijpodie von Pisander gegeben
ist, muss erst erwiesen werden, dass seine Erzählung, welche
die für jene bezeugten und vermutheten Einzelheiten um-
fasst» in der That einheitlich ist und nicht aus abgerissenen
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8 I. I>ie Oidipodie.
Stücken zusammeiigeflickt nur den Schein ciuer Geschichto
bietet. Zu oft haben solche latoQlai getäuscht und zu wun-
derlichen Schlüssen verführt: die schärfste Prüfung darf nie
unterlassen werden, ehe sie benutet werden können.
Auch dies Scholien ist nidht ganz glatt und rein. Hera
' hat die S]ihinx gesendet, weil Laios den Chrysipp geraubt
hat. Doch nach 1. 4 unterbricht die Erzählung eine Notis
über die Sphinx, Ihre Gestalt und ihre Opfer. Es folgt l 11
die Fortsetzung: Chrysipp tödtet sich aus Scham, Teiresias
mahnt den Laios, der Hera yttfioCroXog zu opfern. OflFenbar
befinden wir uns noch in demselben Zusammeuhange: denn
Hera hatte die Sphinx gesendet, weil sie, die Ehestifterin,
durch die Knabenlicbe beleidigt war: deshalb soll sie Laios
versöhnen. Doch jetzt scheint der Faden abzureissen. Laios
verschmäht des Sehers Rath, der Göttin zu opfern, und wird
mit seinem Wagenlenker auf der cx^orrj oöoq Yon Oidipus
erschlagen; dieser nimmt des Königs Gürtel und Schwert»
begräbt die Männer, den Wagen schenkt er dem Polybos;
dann löst er „das Bäthsel*' und heirathet seine Mutter. An
die CxuSt^ in Phokis zu denken wird der Leser nidit nur
durch die in antiker Mythographie &st zum Eigennamen ge-
rade dieses Dreiweges gewordene Bezeichnung yeranlasst,
sondern geradezu gezwungen durch die Torhergehenden Worte:
(TBt^eötaq) anhgejtev (Aatov) rtjq h^l rov jixoXXmva oSoü.
Auch sonst scheint die durch Sophokles Oidipus Tyrannos
vulgär gewordene Sage verdächtig durch. Aber sehen wir
weiter, ob wiriclich auch das Folgende mit dem Vorhergehen-
den keinen Zusaniiuenhang mehr hat. Oidipus fährt mit
lokaste zu einem i^'esto auf den Kithairon; sie kommen an
einer axiarrj odoc, .der Stelle seines Mordes, vorüber; er er-
zählt seine That und weist ibr den Gürtel: so erkennt sie
in ihm den Mörder ihres Gatten. Nachher kommt ein alter
Pferdehirt you Sel^n: auch die Abkunft des Oidipus wird
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L DI« Oidipodte.
9
klar; nach lokastes Tode — sie wird ihn sich selbst gege-
ben haben — heirathet er die Eurygane, welche ihm die
Yier Kinder gebiert Dieser Theil hängt in sich nnloslich
zusammen. Aber ein Faden yerbindet ihm audi mit der be-
denklichen Stelle: der Gürtel des Laios führt hier die erste
Entdedamg herbei; dort ist erzählt» daas Oidipus ihn genom-
men hat. Auch wird hier eine axiortj 666g erwähnt, aber
zwischen Theben und Kithairon, während die oben ohne
nähere Ortsangabu t^rwähnte dur Zusamineuhaug üach riia-
kis zu verlegen rioth.
Ist keine Verbindung zwischen diesem Lokal dos liaios-
mordes am Kithairon und der vorhergehenden so fest in sich
geschlossenen Geschichte von der Beleidigung der Hera ya-
fioöToXog und der Mahnung des Teiresias, ihr zu opfern,
möglich? Wohnt die Hera yanooroXoz etwa auf dem Ki-
thairon? Noch in später Zeit haben die Plataier jedes si^
bente Jahr und mit ihnen viele Boioter, auch die Thebaner
jedes sechsigste Jahr der **E(^a TbIbUx, auf der Höhe des
Kithairon ein eigenartig alterthumlich|9s Fest gefeiert Der
Beiname 2^JU(a besagt dasselbe wie yafioOtoXog. Fvtt das
Altw emes solchen CMtee bedttrfte es eigentlich kein^ Be-
lege. Dodi ist er bis in den Anfang des fünften Jahrhun-
derts zu verfolgen. Nach Ilerodot hatten die Plataier dieser
Göttin schon vor 480 dicht bei ihrer Stadt ein Heiligthum
geweiht; und das in Plutarchs Aristeides erhaltene delpli is* lie
Orakel gebot den Griechen vor der Entscheidungsschlaciit
gegen Mardonios, dem Zeus und der "IIqcc KtO^cuQmvia, dem
Fan, den Sphragitiscben Nymphen nebst den sieben Arche-
geten Ton Plataiai zu opfern. Dass die Göttin diesen Bei-
**) Die .iaiSaXu: l'ausanias IX 3. Vgl. 0. Müller Orchomenos
221 f. Plutarch bei Eusebius i'racpar. Kvang. III c. 1 u. 2 . . . H^av
ttXelttP xtü Y<fM^tOV tt^Tv^ nQooayoQ£v97ivat. PoUux On. III
Tff« zeXeltt ^ avl^vyitt. Saidas s, t. TeXela.
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10
I. Die Oidipodie.
namen nicht, wie H. Stein zu Herodot IX 51 meint, von der
Lage dos plataiisclieu Heiligthumee am Hange des Kithairon
etbalten hat, sondern weil sie auf der Höhe dieses Gehirgefl
verehrt wurde, leuchtet ans der Festbeschreibuug bei Paussp
nias ein und noch mehr aus ihrer Zusammenstellung im
Orakel mit Zeus, dem auch bei jenen äal6ctXa Stiere geopfert
wurdeui Pan und den Sphragitischen Nymphen, welche etwa
fünfzehn Stadien unter der höchsten Ebrhebung des Kithairon
ihre Hohle hatten.^') Und nun geht auch noch aus £uri-
pidcs Phoinissen t. 34 klar henror, dass diese Hera in der
Oidipussage eine Bedeutung hatte: in Heras Wieso auf dem
Kithairon ist Unlipus ausgesetzt worden.**) Also auf dem
Rüek(;u des Kithairon wurde die Ehestifterin Hera seit ur-
alter Zeit verehrt. Zu ilirem Feste natürlich wallfahrtet das
neuvermählte Paar Oidipus und Epikaste, ihren Segen zu
erflehen.*^) Auf demselben Wege hatte er, als er aus sekyoni-
schem Gebiete über diesen Berg nach Theben hinabstieg,
den Laios erschlagen.^*) Von Teiresias wai* dieser gemahnt, der
"Hga yaftoetoXog zu opfern. Also hatte Laios ihm doch ge»
horcht, aber ehe er den heiligen Bezirk der ihm grollenden
Ehestifterin betritt, ereilt ihn der Göttin Bache durdi die
Hand des eigenen Sohnes.
Dieser ScMuss erscheint zwingend; schon in dem klar
anschaulichen Bilde, das er ergiobt, liegt sidiore Gewahr für
''^) Paiuan. IX 3. 0. Plutarch Aristeides 11.
Vom Schol. Phoin. 24 rj '('ni nüq }sii>inr Jf(»oc ?'ir; r//^ Hquq
^ öl) lxi!}r(to(')vi'fi^"ji()ai; iorn- '"r Hi'ißniz 'nnov ina;; (Irr zweite Theil
richtig .sein; aber diese Orlt htMaiukcit ist übel angebracht; dftnn m ist
offenkundiger Unsinn, das Laios den Oidipus in Theben aussetzt.
>^ Mir wird als Parallele gezeigt Hittaareh Amat. I 5.
Das hat Bcbon Scbneidewin 185/6 richtig erkannt, und meinte
deshalb, dass das genannte Orakel des Apollon eines der boiotlschen
sein mllsse. Vgl 0. Müller Dorier I 235 C
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I. Di« Oldlpodie.
11
seine Wahrheit Aber in dem PhoinissenBchoUon 1760» so
wie 68 fiberliefert ist, steht das nicht Diese nothwendig
sich eigebende Verbindung ist zerrissen dnich einen Mann,
der sich bemfen fnhlte, diese Sagenform mit der ihm ans
Sophokles nnd Euripides geläufigen wenigstens einigermaassen
in Einldang zu bringen. Seine ungeschickte Hand ist deut-
lich zu erkennen. Um den Mord in Ueboreinstimmung mit
der Sophokleischen Tragödie in Phokiü stattfinden zu lassen,
legt er dem Laios die Absicht unter, zu ApoUon zu wan-
dern, lässt ihm Tcii-osias davon abrathen — denn der hiess
ihn nach der vorliegenden Fassung, der '//(>« yrtfioöroXog
opfern, was er, wie gezeigt ist, auch wirklich thun wollte
— weiter aber den Laios als echten Gottesverächter den
Teiredas beschimpfen, seinen Rath verschmähen nnd ihn
dann auf der öxcOTti oöog, die eben für seine Begriffe in
Phokis lag, mit Oidipus auf die angegebene Weise zusam-
mentreflTen. Folgende Worte sind also auf Rechnung dieses
Interpolators zu setzen: l 14 dxitQexBP avrop rijg bd
TOP 'AxoXkmpa o6ov , , , 6b , , , fiäXXov , 1. 15 6 dh avtop
t^BpavXtSsp, Nach diesen Streichungen ergiebt sich die ge-
forderte Sage ohne Weiteres: eine willkommene Bestätigung
für die Richtigkeit des Schlusses. Doch der Intcrpolator
hat sich damit nicht begnügt; 1. 19 erregen die Worte Ver-
dacht TO dl (XQua vjro6TQt\pac tömxa t<p ÜoXvßq>. Sie geben
T. 44/5 der Phoinissen wieder:
Aber Polybos scheint gesidiert durch die Erwähnung der
Merope L 26, der Oidipus übergeben seL Das ist die
Yersion des Sophokleischen Oidipus (?. 775) nnd deshalb
hier Terdachtig. Die Angabe, dass der alte Pferdehirt das
Knäblein der Königin übergeben habe, erweist schon der
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12
L Die Oidipodie.
Znaammenbaiig als imglaubwüidig. Wer die Beigaben des
auflgesetzten Kindes bedtst, bat es aucb anfgesogen; dazu
passt des Hirten Forderung der fjOMefQtu, Andrerseits
giebt aber das Scbolion zu X 271, dessen Zusammenge*
börigkeit mit der Notiz aus der Oidipodie zu derselben
Stelle und dessen engste Verwandtschaft mit diesem Phoi-
nissenschülion urwicseii ist, lausdrücklicli uu: ijijio(fOQßo\ dva-
XaßovxBq ETQetpov «t'ror. Also gehören auch die Worte
].26 xal tTi MtQojii] dtdcoxE jenem Interpolator und mit ihnon
liuiss dio bchenkung des Laioswagens an Polybos gestricbeii
werden.
Jetzt ist das SchoHoo von späteren Zuthaten gesäubert
und es zeigt einen tadellosen, unlösbaren Zusammenhang.
Hera die Ehestifterin steht ün Mittelpunkte der Handlung:
sie zürnt dem Laios und bereitet ihm und seinem Hause
das Verderben. Als Grund für ihren Zorn ist die Schän-
dung des schönen Ghrysipp durch Laios angegeben. So
überraschend auch diese MotiTirung des Fluches ist> wel-
cher Aber dem Labdakidenhause schwebt, wir dürfen nicht
zurüdmchrecken, sie der Oidipodie zuzuschreiben. Mögen
auch nodi so viele Bedenken zuerst aufschiesson, die Methode
fordert unerbittlich den Schluss, dass diese fest in sich ge-
schlossene, streng mutivnte Geschichte ganz und gar dem-
selben Epos zugesprochen werde, das als Quelle für Theile
sicher erwiesen ist. Wir wissen von dem Inhalte dieses Ge-
dichtes sehr wenig, gar nichts von Ort und Zeit seiner Ent-
stehung: deshalb müssen wir ohne Vorurtheil das Resultat
einer Untersuchung hinnehmen, welclie nicht ein gesetztes
Ziel erreichen wollte, sondern vom Gegebenen aus in's un-
gewisse Dunkel Tordrang,^^)
Natürlich denkt Jeder zuerst an des Eoripides Chryäippos als
Quelle für dies Fisaaderfragment Aber NiemaDd wird su behaupten
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I. Die Oidipodie.
13
Man darf hoffen, dass an dies grosse Kernstück, das
den leitendeu Gedanken, die Beleidigung und Bache der
''H(fa ya/ioaroXog, und die Hauptpersonen gegeben, sich meh-
rere kleinere Splitter werden anpassen lassen. Die Gottin
hat den Thebanem die Sphinx gesandt, weil sie nicht des
Laios unnatürliche Liebe und den frevelhaften Raub des
Ghrysipp geahndet hatten. Diese That ist auch von jenem
Seholion unabhängig im Vaticanus 909 A vor den Phoinissen,
vor den Sieben des Aischylos nnd bei ApoUodor III 5. 5. 10
erzählt. In Jtb Liitzteu Bericht ist die Anwesenheit des
Laios in dor Pelopoimes ganz geschickt mit der künstlichen
thebanischen Köaigsliste verknüpft, wie sie auch bei Pausa-
nias wiederkehrt und wohl auch Hygins fab. 76 zu Grunde
liegt. Aber tür das Epos ist daraus nichts zti gewinnen: es
wird die Fahrt des Laios in die Peloponnes schwerlich mit
grossem Aufwände begründet haben. Laios war eben ein-
mal bei Pelops zu Gaste: das ergiebt die Uebereinstimmung
von Fisander nnd ApoUodor. Dieser hat den hübschen Zug,
dass Laios dem schönen Knaben die Kunst des Wagenlenkens
lehrte. £r stammt gewiss ans einem Dichter, weicher die
feine Beobaditiuig» dass tagliches Beisammensein sacht und
unbemerkt, doch desto leichter verführe, benutzt hat, um
durdi sie die Entstehung der neuen Leidensdiaft in Laios
wtfen, dasB allee, wie wir hier Idsen, In jener Tragoedie gestanden
oder aus ihr abgeleitet sein könne. Dazu komi it, dass gerade dieser
sich nicht mit Eoripides deckende zweite Theil das Gepräge alter
lokaler Tradition and Religiosität trägt und untrennbar mit dorn
ersten Theile zusammenbängt. So ist Enripides als Quelle für Pisander
ansgescblosscn und vielmehr die Oidipodte, deren Hjpotbesis dieser
giebt, als Quelle iur den Tragiker erwiesen.
Hyg. t. 86 contaminhrt den Bwib des Gbr} sipp dovch Laios mit
sdner Emordimg durch seme SÜ^hrOder Atceos und Tbyestes. Wie
er aaf die nemeiBcheii l^iele kommt, weiss ich nicht.
14
L Die ddipodie.
psychologisch zu motiviroii. So steilen mehrere Vjusenbiider
und oiuo praenestinisclie Ciste in der Barborinischon Biblio-
thek zu Äom**) den Haub des Chrysipp auf einem Vierge-
spanne dar. Auf letzterer ist des Weiteren die Befragung
des Apoll, den Lorbeer, Rabe (oder Adler?) und der bin-
dengeBcbmückte Omphalos dbaraktehsiren, durch eiiieii be-
waffneten Mann dax|;estellt, doch unzweifelhaft den Laios.
Die erklärende Bestätigung giebt ein Orakel in fünf Hexa-
metern, das YOr Oidipus TyrannoB und den Phoiniasen er-
halten ist: es verkOndet dem Laios die Erfüllung seines
Wunsches, Geburt eines Sohnes, aber zugleich den Tod von
seiiu 1 Hand; „denn so hat Zeus der Kronide Erfüllung ge-
nickt des Pelops furchtbaren i lachen, dessen Sohn du ge-
raubt".*'') Es ist die Vermuthung ausgesprochen worden, dies
Orakel stamme aus der Oidipodie. Aber wie Herkunft
und Echtheit desselben oinigermaassou zweifelhaft sind, so
>») Cista Barberiui: Monumenti d. Ist. VIII tav. 29/30 = Benn-
dorf Vorlegeblätter 18Ö0 taf. VHI 2. Obgleich der verfolgende glatz-
köpfige Alte nichts weniger als königlich aussieht, halte ich die Deu-
tung für richtig. Es dürfte in ihm der Paidagoge des Chrysipp zu er-
kennen sein: das Zeichen seiner Würde, der Stock, ist dem Zeichner
freilich etwas knüppelartig gerftthen. R. daTim wftre dann die Be-
fragung des Apoll durch L&ioB daigeetellt YölUg aicfaer iit diese
Sage auf der Yase bei OTwbeck Her. Osll. I 1 sa erkennen, d* der
Torfolgende Mann durch seine phr^^pteche Tracht als Pelops charak-
terisirt ist. Obwohl die Entfflhrungsscenen m Wagen typisch sind,
darf in diesem Falle aus der Uebereinstimmung d( i- bilillichen und
schriftlichen Darstellung auf ausdrückliche Ueberlieferung geschlossen
werden.
**) Schon Welcker hatte in der Ailgemeioen Schulzeitung l»o2.
234 dies Orakel kohn für die (Hdipodie beansprucht. Sp&ter liat er
diese TormaUiang einer anbewieaenen HypotheBe an Liebe anrAek-
genommen: £p. Cykl. II* 316, aber doch hinangefilgt „wenn nicht
aus der Oidipodie, dann aus Pseudopisander'S vgl. I* 95. Schneide-
win 17d streitet es der Oidipodie ab.
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I. Die Oidipodie.
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macht gogcn dies noch die auffallende Aehnlichkeit mit dem
in der A. P. XIV 76 erhaltenen, welches die Flüche dos
Pelops nicht anerkennt, hodeiiklich. Endlich hat das Orakel
des ApoUon in der Oidipodie weder Zweck noch überhaupt
neben Hera Platz» welche hier allein von Laios beleidigt
wird und Bache an ihm nnd seinem ganzen Hause nimmt
So wird denn nicht dies Epos Qaelle fnr die Bildner und
Mythographen gewesen sein, sondern, was auch an sich wahr-
scheinlicher ist, ein späterer Dichter. Da liegt es nahe, die-
sen in Euripides zu erkennen, welcher im Chrysippos diese
Sage dramatisch Ijuhandelt hat. Leider lässt sich aus den
spärlichen Fragmenten nichts entnehmen für die Handlung;
nur so viel orliellt, was auch sonst bezeugt ist, dass Laios
den schönen Polopssohn geraubt und geschändet hat: es
kämpfte in ihm das moralische Bewusstsein mit der Sinnlich-
keit seiner Natur (fg. 840). Dass aber Euripides in dieser
Tragödie ausser dieser Schandthat auch die Strafe des Laios
dargestellt habe, ist unwahrscheinlLch schon deshalb, weil der
Chrysippos mit den Phoinissen zu einer Trilogie gehört hat.
Es dürften also jene fünf Orakelyerse gemacht sein auf Grund •
der Combination des Chrysippos mit Phoinissen 15 ff.
Sicherlich aber gehört der Oidipodie der Fluch des
Pclops an, mit dem die Phoinissenhypothesis im Vaticanus
909 (A) schliesst: niemals möge er ein Kmd zeugen, werde
ihm aber eines geboren, so solle es sein Mörder werden.
Der Schmerz des Vaters über das klägliche Schicksal seines
liebsten Sohnes, der Zorn über den frevelhaften Bruch des
Gastrechtes, die Wuth über die unerliörto Schmach fordern
den höchsten Ausdruck. Pelops fleht die schwer beleidigte
Gottheit an, dass Bache dem Fre?ler werde aus der Ehe,
deren Heiligkeit er durch seine unnatürliche Liebe ver-
letzt hat. Der Fluch ist nothwendig, nicht nur weil er die
ganze Geschichte zusammenhält, sondern anch sdion des-
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16
I. Die Oidipodie.
halb, weil eben eraiditlich ein Flacli auf dem Hause des
lialoB lastete.
Dem Laios gebiert nun seine Gattin Epikaste einen
Sohn.'^) Der Konig setvt den eben geborenen ans, nm seinem
Schicksale zu entgehen. Euripides sagt in den Phoinissen
T. 24, Laios habe das Kind Hirten übergeben, um es auszu-
setzen Xsifickf* hq"HQaq 9uä. KiB^at^mvog Xixaq.*^) So be-
greiflich der Kithairon ist» so unverständlich ist im Zusam-
menliaiige dieses Prologos die Erwähnung der Hera. Mithin
hat der Dichter diesen Zug übernommen aus einer schon
fest:iusgebildeten Saqjenform, in welcher diese Göttin eine
gi üshcre Bedeutung hatte. Dies war der Fall in der Oidi-
podie; also ist der Schluss zwingend, dass Eunpides auf sie
hinweist. In diesem Epos gewinnt dies kleine unscheinbai'o
Bruchstück erst seinen vollen Sinn. Laios wusste, dass ihm
"^'HQa yafioöroXog zürne, und fürchtete, dass sie seinen Sohn
zum Werkzeuge ihrer Rache machen werden Sie zu besänf-
tigen und dem verkündeten Geschicke 2u entgehen, bringt
er das Knahlein der hohen Göttin als Opfer dar; er setzt
es aus auf ihrer heiligen Wiese hoch oben auf dem Rficken
des Kithairon. Hera ist aber nicht versöhnt: sie sendet
die Sphinx.
**) 80 lieisst sie X 171; im «ehollon PbdnisBea 1760 ist die ge-
wOhnüclie Form '/oxairf^ ans den Trsgikera hecgeBteilt
**) Sclmeidewin 185 liat selum den ZaMunmenbaDg dieses Yerses
mit PisandcT erkannt.
Hat Euripides nicht noch mehr aus der Oidipodie fflr seinen
Plioinissenprolog genommen? Gleich v. 27 scheint die Frage zu be-
jahen: üoXvßov öf vir ).aß6%>rfq iTinoßovxöloi. Denn auch bei Pi-
sander und in Scholiun ?. 271 sind es ja Pferdehirten, welche den
OidipuB üuden; freilich von Sekyou — aber Euripides schlieast Se-
kyon nicht ans, denn «r benennt nberhsiipt nicht die Stadt
des Polybos. Sollte also nicht auch Polybos und die Untencbiebong
des Oidlpns (81) ebendaher stammen und folglich auch die ScbenkimK
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i. Die Oidipodie.
17
Au den Raub des Chiysipp knüpft das Phoinissensoho*
lion 1760 die Bemerkung: i^v rfe ^ ^^^Y^, oj^xbq yga^Btai,
ovQccp ^ovöa dQcotaivfjg;^*) sie habe Gross and Klein
geraubt» unter Andern auch den Haimon u.s.w. Das Letzte
ist aus der Oidipodie wie die zu derselben Stdle im Monap
oensls &60 erhaltenen Verse dieses Epos zeigen:
dXX* ETI xäXXiCTov TS xai i/jSQ08öTaTov aXXcav
jTCtTÖa rpIXov KqbIovtoc ai^n/novo^ Aifiora 67o7\
Es durfte aber diese Notiz mit dem Uebrigen nicht ohne
Weiteres verbunden werden, weil sie sich als Einlage konn-
zeichnet; jetzt ist aber auch für ihre Umgebung die Oidi-
podie als Quelle erwiesen; sie gehört also mit ihr zusammen.
Einen Theü ihrer Angaben diesem Gedichte abzusprechen
liegt kein Grrund vor. Sehr wohl konnte, wie es das Epos
liebt» bei der Gelegenheit des Raubes des Hippies durch die
Sphinx die Geschichte seines Hauses erzahlt sein. Auch kann
dM LaiMwageiiB an PolybOB (46)? Donn das Scholion ni 1760 L 19
endühlt das Letzte ja auch ; folglich wäre dies dann nicht interpolht,
sondern alter Zug. Aber das mit der Erzählung Pisanders so eng
zTi?ammengehörige Schol. Ä 271 schlios?t den Polybos aus, da es aus-
drücklich erzählt, Pferdehirten hätten den Oidipus aufgezogen, was
durch Il^ojc'r/Qia 1. 27 in jenem Phoinissenscholion bestätigt wird. Fer-
ner iät klar, üass Euripides hier im Grossen und Ganzen der auch
dem OidipnB T. des Sophokles za Gnrnde liegenden Sagonform folgt:
Phoibot bat den lAios gewarnt, iündw sn zenzen v. 16, am Drd-
wege in Fhokis anf der Reise nach Delphi enehlftgt Oidipus seinen
V. 35. Dahin gehört auch Polybos. Es beschränken sich also
die Reminiscenzen an die Oidipodie im Fhoinissenprolog auf t« 24
nnd die trcTCoßovxoXoi v. 27.
Die vorgeschlagene Interpretation: „sie war, wie sie genialt
wird, und hatte einen iJracbenscliwariz" scheint mir unraöglich; da^
müsste doch heissen tix^v dt. Denn mit einem Drachenschwanz
vird sie eben nicht geinalt: ans griechischer Kmut wenigstens ist
hisher noch kein sicheres Beispiel hekaant — Schliesslich wflrde aber
auch diese Erklimng anf dasselbe hinanslanfMi.
Betlie, HddenU«Aer. 2
18
I. Die Oidipodte.
die Erwähnungi class *Hiovsvg als Freier der Hippodameia
von Oinomaos hiiigerichtet wurde, in diesor Sage nicht
fremden, da sie ja Laios selbst mit Pelops in Verbindimg
gebiacht hat Uebrigons passt die Chronologie: Hippioe wird
nnter LaioB Hernnhaft von der Sphinx getodtet» sein Oheim
war Zeitgenone des Pelqpe, dessen Sohn Laios entfährt hat
Die Beschreibung^ welche die Oidipodie yon dem Aensse-
ren und dem Wesen der Sphinx gegeben hat, weicht yon dem
uns durch diu iiagiker gewohnten Bilde der Löwenjungüau
beträchtlich ab. Sie raubt und frisst Monschüii jung und alt,
wo sie sie fangen kann, Einheimischo und Fremde; dass sie
ihnen ein Riithsel vorgelegt habe, wird hier nicht erwähnt. Von
Löwenleib, Vogelflügeln und Menschenhaupt ist keine Rede;
aber sie hatte den Schwanz einer ÖQoxaipa.^^) Dies Femi-
ninum Ton dgdxcop ist, wenn auch kein merkwürdiges» 60 doch
immerhin ein seltenes Wort. Man könnte sich daher versaeht
fUhlen, die Worte des Scholiens möxeQ yqo^stm als die
Ankündigung eines wörtlidhen Gitates aus der Oidipodie auf-
zufassen und aus ftvQap l^^va« ^i^eaealvtjs den Yerssofaluss
herzustellen: ovqov iSk ^Qttxaltnjq, D. L genau genommen,
der Korper der Sphinx lief wie der einer Drachin ans» nicht
etwa ihr Schwanz war eine Schlange.
Die Sphinx wird in dem Phoinissenscholiüii 1020 und
von Lasos Frg. 4 Tochter des Typhon und der Echidiia ge-
nannt, welche nach Hesiod (Theog. 298) halb ein hellblicken-
des schönwangiges Weib, halb eine furchtbare grosse Schlange
**) Im Culte UDcl noch melir im Aberglauben und in der Mantik
mögen weibliche Schlangen eine Rolle gespielt haben Das Epos
kennt das Wort dfjuxun u, freilich aueh die Tragiker und Lyknphron.
Flutarch de defectu oraculorum p. 41 4 A erK&hlt, dass dau Orakel von
Ptoion lange Zeit wüst gelegen habe einer furchtbaren d^xutva
wegen. — Audi pastt mr weiblleheD Sphfaiz aw ila weibHelier Dra-
chttuehwani.
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1. Die Oidipodie.
19
war.*^) Die Tochter wird doch ihrer Matter nicht ganz un-
ähnlidi gerathem seiii: so weist der Schwanz der Drächin,
den sie nach der Oidipodie trug, auf £diidna als ihre Mutter.
Mithin ist es wohl ursprünglicher Zusammenhang,'^) wenn
bei Apollodor III 5. 8. 2 die Sendung der Sphinx durch Hera,
welche für die Oidipodie feststellt, und ihre Abkunft von
Echidna, die für ebendieselbe aus der Beschreibung ihrer
Gestalt vermuthet ist, beisamTnen zu lesen sind: tjiefitpe yag
^'ÜQa ^(plyya, )] fjrjTQog f/hv 'hyi6v7]g j'iv jtaxQoq 6e Tvcpmpog.
Gleich darauf glebt Apollodor an, die Sphinx habe auf dem
Berge ^Ixsiov gehaust; und der Glaube, dass sie auf einem
Hügel bei Theben gewohnt, hat sich immer erhalten. Mit
dem Mefiioy hängt ihr eigener Name in seiner alten, un-
sweifelhalb ursprfingEohen Form, wie ihn Hesioda Theogo-
nie 826 erhalten hat, <Ng untrennbar zusammen. So steUt
sich die Sphinx in ältester Gestalt als ein Beigungeheuer
dar, eine Ausgeburt furchtbarer, Göttern und Menschen feind-
licher Gewalten der Urwelt, das Kinder und Männer raubend
'unsägliches Unglück über Theben briugt.*®) Zu einem sol-
chen Wesen passt eigentlich das unergründliche Räthsel gar
nicht. Das haben auch schon die Alten gefühlt: man meinte,
das rohe Tlugt heuer könne doch ein so feines Räthsel nicht
erdacht haben; deshalb erzählte der Euie, sie habe es von
den Musen gelernt, eiu Anderer wnsste nur von einem ge-
heimen Orakel, das sie erüe^iren hätte. Das Bäthsel wird
**) So wirdsie dargesteUt, analog Typhon : Brackner Athen.Hitt]ieUg.
XIY 75f. Aebnliehwize dieSphinx der (Mdipodie sa denken. TgLHesiod.
Theogeii.986, woi; d&aofEeliidnaheiogenwird:WelekerBp.GykLn*317.
Anders Eduard Schwartz de schol. Horn. 451.
^) Euripides Phoiniss. 806 nennt die Sphinx ovQeiov tipagt was
das Scholion thöricht erklärt, und 1019 yä« Xoxsvfza viQZSfwv r' 'E;f/<f-
WC, wozu der Scholiast y^yovs yä(> ») S<ply^ 'E/JSvtfQ xal Ti(/)cüvoc.
Pausanias IX 26 aus Avalfxaxo^, vgl, schol. PhoioiSB. 26,
p. 252. 3 wobi durcli Alexander Polyhistor vermittelt
8»
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20
L Die Oidipodie.
ent eine spätere Zotbat sein* Das grause Ungethüm konnte
dann aber nieht durch Mensofaenwitz besiegt werden, sondern
mnsste unB|irnnglich gewaltiger Heldenkraft unterliegen, wie
alle andern derartigen Wesen. Und in der That bat es die Sage
gegeben, daas Oidipns die Spbinx ersdilagen habe. Sie er^
leidet diesen Tod (auf dem ^ixeiov?) in der sonst allerdings
ganz fremdartigen Notiz am Schlüsse des i'iiuiiiisscnscholions
26 (p. 252. 2 Schwartz). Auf einer schönen attischen Vase mit
Goldschmuck aus Cypern tödtet sie Üidijjus m wiider Kampf-
boweguug mit der Lanze.'**) Dies wäi*e dann die älteste
Form der Sage. Wie Kadmos, Europa und Phoinix dicht
um Theben wohnen und nichts in Phoinizien zu schaffen ba^
beu,'^) so ist auch die ein boiotisches Lokalungeheuer
gewesen, yon dem der Held Oidipus das geplagte Land durch
seine starke Hand be&eite, geboren an dem. Orte, wo sie
hauste^ und verwachsen mit dem i^ixBiop, wie ihr Schlangen-
sohwanz zeigt Erst als die büdeade Kunst ans Asien die
räihselhafte Löweiyungfrau, die Menschen raubende, ein Sinn-
bild dahinraffenden Todes den Griechen bekannt machte/^)
**) Murray Journal of Ilellenic Studies 1887 VIII ^ Benndorf
Yorlegeblätter 1Ö8B TU. IX Ü. Auf Gemmen (Overbeck Her. GaU.
I 10 etc.) tödtet Oidipus die Sphinx mit dem Schwerte, „aber hier
ist keine Spur von dnem Widentande toh ihrer Seite; nichls deutet
auf einen vorangegwigenen Kampf, vielmehr gleicht die Handlung
einem Opfer" 0. Jahn arehaeol. Beitrftge 115, welche^^^gnet, dasg
Oidipus die Sphinx im Kampfe besiegt habe. Die Qemmendantellung
nnd Euripides Fhoin. 1506 erklären sich gegenadtig:
dva^vverov ^wstog fiiiXog Syva
^(fiyybs dotäov od/fia <povevo ug.
0. Muller Orchomenos 113 ff., 119, Töpffer Attische Genea-
logie 295 n. 1, Ed. Schwartz Quaest. Herod. Rostock 1890.
'*) A. Milchliöfer Athen. Mittheilimf^oii IV f)»; ff. uud Sauer XVi
190. Chios und üergia iuhreu die iSpliiux ula Wappen auf ihren
Müuzeu. Auf Graberu erscheint sie schuu früh iu Griechenland, z. H.
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I. IMo Oldtpodfe.
21
wurdo jenes thebaniscbo Unthier vom dieser Sphinx
identificirt: raubte es ja doch auch Menschen und klangen die
Hamen so ähnlich. Akbald rnnsste die nisiirQngliGhe Gestalt
der ^1 dem festanifgepi^igten l^^pns des asiatischen Wesens
weichen, auch ihr CharaUer änderte sich unter diesem Ein-
flüsse: der Zog tes Rathseihaften wurde ihm heigefügi^')
die archaische Sphinx von Spata: Athen. Mittheilg. lY 5. Ihre se-
polerale Bedflatimg htt schon O. Jslm Archaeol. Beitr. U8 erkannt
^ ümgekelirt leitet Tflmpel die Aiäiiopeiiliiider und der Andro-
modamyHios, ZYI. Snpplbd. der Jalirb. t klass. FhiL 218 ieiner gan-
zen Tendenz entsprechend die boiotische Sphinx aoa Asien her. Er
weiss auch, dass sie zu dem Aphioditeculte in Beziehung steht) des-
sen Träger die ,,thebani8ch-8aniothraki sehen Tyrsener" waren, und
behauptet, sie habe ursprünglich gar nicht £<plY^ geheissen, sondern
— Aafc örj^tioQ von 'AipgoSlTTj Aalq . .. „Ob Lajis oder Labij; tyr-
senisch ist der Name jedenfalls." — „Der Beiname 2!(ply^ für die
thebanische Loewin- Aphrodite könnte vom Anschnüren' ^OiflyYgiv)
des Area in das Festelnets entlehnt eein*M — In Fisanden Hotis, dass
die Sphinx ans Althiopien gekommen sei, sieht TOmpel „em Zeag-
nbs fto ihre Berlettiing ans Lesbos**. Dagegen hat Maass im Otei^
valder Frognuom leeo/l „de Aoschyli SnppUcibus" XXIII darauf hin-
gewiesen, dass es eine Al^onla genannte Landschaft auf Enboia gab.
Bedenkt man nun, dass "Hf>rf Tflflu gleichermaassen auf Enhoia
wie auf de ki Kithairon verehrt wurde, und dass sie es ist, die nach
der Oidipodie die Sphinx sendet, so liegt es nahe, anch das im Pisan-
derezcerpte als ihr Vaterland genannte Aithiopicn für die euboiische
Al9Mkt au erklären, obgleich der SchoUast oder «Ohl schon Plsiader
das afrikanische verstanden hat.
**) Anch dass die beliebte Idoitifldenuig von ^ mit Xfty^
sprachlich starken Bedenken unterliegt (Curtins Qr. Etym.* no. 157,
Lobeck Paralip. I 104), spricht für die vorgetragene Vcrmutbung,
mit der sich Gustav Meyers Ansicht (Gr. Grammatik- ^ !?95) wohl
vertragen wtirde. Durch die Freundlichkeit einiger Archaeologcn
bin ich auf das Sphinxrelief aus Sendjirli — jetzt im Berliner Mu-
seum — aufmerksam gemacht worden, auf welchem nach ihrer Meinung
ihr Schwanz in einen Schl&ngenkopf ausläuft. Aber ich vermag in
dem knopfturtigen Schvanaende einen Brachenkopf nicht m erkennen.
23
I. IMe Oiaipodtt.
Sclion unter den Resten mykenischer riiltar finden lieh
Sphinxe. Die Umbildong wird also schon £rUh begonnen haben,
und hat tkh Tollendet» als die griechisohen Stämme in der
Zelt der Wanderaogen ihre Sitze änderten und die lokalen
BoBuge der Tergaseen. Die Oidipodie^ wie sie eine Uare
Anadiattung der boiotiscben Landschaft und Vertrautheit ndt
boiotiflohem Culte TeErath, hat aueh von dieiem Unthier einige
ursprüngliche Zflge erhalten.
Bis zu Epikastens Tode und des Oidipus zweiter Ver-
mählung mit der Jungfrau Eurygaooia, welche ihm die vier
Kinder gebiert, führt Pisander. Die dasselbe Epos voraus-
setzenden Verse der Nekyia deuten aber noch fernere trau-
rige Sckicksalc au:
275 aXX' o (ilv Iv Bijßfl xoZvfjQatq) aXy^a xdcx<ov
KadftsUov kdvaüCB d-ec5v oXoag öia ßovldq*
Ttp ^ aXyea 7id2Xut oMtfOot
280 xoXXa (tdX\ oOöa xs ftfftQog kffivvBg k9eTBXiov4Uv,
Daraus hat schon Welcker zwei Schlüsse gezogen: Oidipus
blieb König und er blendete sich nach der Entdeckung. ')
Das letztere bestätigt ausdrücklich Pisander, das erste ist
nothwendig, da er wieder sich vermählt und Kinder zeugt
Aber die Blendung genügt doch nicht allein zum Yollen
Sie lelgt flbrigens tonst äm getikifigen Typus: Fnnenkopf, Loewok-
leß» und Flflgel. Doch ▼srsieliert midi Otto Pnelistefai, dass es meh-
lere alte asiatische, leider noch unpublicirte SphinxreliefB gebe, anf
denen des Schwanzende unzweifelhaft einen Schlangenkopf zeige. Auch
flpr sich um die Beine ihres Opfers ringelnde Schweif der Sphinx des
mt'lischen Thonroliefs (Benndorf Yorlegebl. 1880 IX 11) konnte eine
Schlange sein Aher nach der Oidipodie endet sie in eiiitn bchlan-
genschwanz wie Echidna und lyphon, wäiireud auf jene Gebilde
die Werte ans der OhimairEbeschreibung passen Sm^e» dl Sgebem».
*«) Sp. Cyld. IP 838 freUich Ar die Thebais. OebiUlgt Ton
Schneidewin 166.
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I. Die Oidipodie.
23
Verständnisse der gewichtigen Wiederholung, dass Oidi-
pus Schmerzen gelitten , gar viele Schmerzen, wie sie der
Matter Bachegeister bringen. Ein mächtiger König, mit
einem jungen Weibe vermäblt, Vater ton vier Kindern, hätte
Oidipns auch trots Beiner Blindheit ein so behagliohes Olück
genossen» wie es zn seinen granlidien Thaten in keinem Yer-
hftlfaiise steht Die in den grossen Zügen üben]! feststehende
Sage hat daher schon Welcher yennnthen lassen, dass die
Söhne dem Alten noch werden Schmerzen bereitet haben.
Vielleicht führt weiter, was daß Scholion zu den Phoinis-
seu 03 aus Pherekydes anfiihrl;
Oiöutoöi, qpTjOi (^tQexv&f^g) , Kgimv 6l6o)ai T))r ßaat-
XeIov xal rrjr yvvalxa Aa'tov, ftrjTf'Qa ^ avro v loxdott^p,
ijg yhotnai avxm ^QaötcoQ xal Aaovvtog, oi d-j'T]öxov6iv
vjto Mivvwv xal ^Eqjbfov, kxel de hiavtog JiaQfjk^s, yafiBt
6 Olöhcovq Evff^Yciveiav tf}V IIsQlq>avTOq, ^ r/Q ylvovrai
avrS kvTiyovTj xal 'löfjrjvij, yv dvatQ£t Tvötvg Ixl xQtjvrjg
xal ajt'avt^q ^ XQi^pfij iiffii^ xoXsHm. vlol 6h amtp ki
avT^ 'EvBincJijg xeÄ IloXwelxfjg' kxsl 6k EvQvyoPBta hB-
levt^, yaftet 6 Olöbtavg k<ftvfiidowfap S^BviXm.
Die erwünschtesten Zeichen der Echtheit pherekydeischer
Fragmente, Spuren Ton lonismen, finden sich hier gär nicht;
anch fHbrt die knappe Sprache, welche die gandich nnbe-
kannten <PQäoTcoQ und Aaovmoo, und Ismenens Tod neben-
sächlich in Relativsätzen abmacht, zu der Vermuthung, dass
hier nur ein sehr gedrängter Auszug aus des Pherokydus
Erzählung vorliege. Wenn er nur die feste Geschlossenheit
einer einheitlichen Erzählung hätte! Zunächst hat es gar
keine Wahrscheinlichkeit, dass Oidipus, obgleich er mit einer
zweiten Frau die bekannten vier Kinder zengt, schon von
seiner Mutter zwei Söhne hatte. Und da man die Angabe
ixBi 61 kiftatnoq xa^i^B nm* auf die Uebergabe der Herr-
schaft und die Hoiiath mit lokaste beliehen kann, so wird
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24
I. Die Oidipodie.
die Zeit doch sehr beschränkt, auch wenn man die imbo-
kannten Söhne zu Zwillingen macht: in einem Jahre hält
OidipuB Hoclizeit, zeugt zwei Söhno^ entdeckt» wer sein Weib
ist — und schon mit Beginne des neuen Jahres heirathet er
urieder. Ich kann daher, wie Welcker,'*) den Verdacht nidit
unterdrücken, daas ^(faatmQ und Aaovmoq ans einer an-
deren Sage hier durch irgend welchen Zu&ll eingedrungen
seien, und dieser Verdadit scheint mir eine gewisse Beseiti-
gung darin m finden, dass der Rest dieser Erzählung mit
der Oidipodie übereinstimmt. Denn auch in ihr kam Kreon
vor, dessen jugendschönen Sohn Haimou die Sphmx raubt,
auch in ihr machen die Götter alsbald ruchbar, wen Oidi-
pns gl heirathet, wie bei Pherekydes nur ein Jahr zwischen
semor ersten und zweiten Ehe Hegt, und nach beiden ge-
biert Euryganeia die vier Kinder. Dazu kommt, dass hier
diese eine Tochter des IltQlqxxq heisst; offenbar derselbe
Name, den Euryganeias Vater nach Pausanias in der Oidi-
podie trug, bei dem er aber 'TxiQg>oig überliefert ist**) Die
■'^) Welcker Ep. Cykl. II« 315 n. 5 hält sie für Söhne des Lalos,
indem er avtw auf diesen statt, wie es der Zusammenhang fordert,
auf Oidipus bezieht. Diese Vermnthung stellt sich durch ganz an-
dere Erwägungen als höchst wahrscheinlich heraus.
s«) YUBP^AS und nSPI^AS sind offBnhar Formen deswlben
Nameaa. Daaa die eine Foim am einer Gomiplel der andern ent-
standen ad, will mich wahncheinlicher donkea, ab SchneidewiiiB Ter-
matiiung 166 n., dass beide Formen echt aeien, da vnsQl und neQi
ursprünglich dasselbe sei. Denn ein 6 e dicht, die Oidipodie, hat
(Ion Mythographen diesen Namen überliefert, und dass dies beide
Formen angewendet habe, kann schwerlich einleuchten. Da nun
der Name nEPI4'AS nicht ganz selten in der Mythologie ist, wäh-
rend '^Ynt^<fai allein steht, dürfte 1JEPI<PAS anzunehmen und
YHSP^AS ala Coi^ektur aua dem corrupten UEP^AS zu erklären
aein. — Bei Apollodor m &. 9 lat statt deaaen Tev^g flherliefert,
waa 0. HflUer Orchomenos S26 n. 6 durch den Hinwela auf den KA-
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I. Die (Mdlpodie.
25
Identität der Erzählung des Pherekydes mit der Oidipodie
ist also aiigen8oh«iiilich. Folglich wird auch wohl das Stück,
weldbes sie über unsere bisherige Eenntnus dieses Epos hin-
aus bietet» aus eben demselben stammen: die dritte Ehe mit
Astymednsa Dann aber gerath man in eine Schwierigkeit:
denn nach Pherekydes stirbt Euiyganeia vor dieser dritten
VerDuLhlting, dagegen lasst sioh wahrscheinlich machen, dass
üie Iii der üidiijodic iiuch den Kampf des Eteokles und Po-
lyneikes gesehen habe; dass aber Oidipus seine Söhne über-
lebt und dann noch eine dritte Frau genommen, entbehrt
doch aller Wahrscheinlichkeit.
Nach Pausanias IX 5. 11 hat nämlich Onasias, der Zeit-
genosse PolyguotSi zu Plataiai im Tempel der Atbeua Areia
unter den Scenen aus dem Kriege der Sieben gegen Theben
(IX 4. 2) Euryganeia beim Kampfe ihrer Söhne gemalt
Als Mntter des Eteokles und Polyneikes kennen wir diese
Frau nnr ans der CKdipodie: andrerseits wird Jeder dnrch
dies Gemälde an die Soene der Phoinissen erinnert, wo
sich lokaste über die Leichen der femdlidien Brüder wirft;
da dieses schon in der ersten Mlfte des fünften Jahr-
hunderts gemalt ward, muss wohl ein Epos beiden zu Grunde
liegen. Der Schluss, dass es die Oidipodie ist, liegt auf
der Hand, zumal er von Pausanias so nahe gelegt wird, dass
man ihm selbst denselben zutrauen mochte; und Ottfried
Müller hat ihn auch schon gezogen. Jetzt gewinnt er au
Wahrscheinlichkeit, da sich herausgestellt hat, dass dies Ge-
dicht mit den Verhältnissen Boiotiens wohl vertraut ist» den
nig TOD Thespiai halten möchte. Aegius hat dafar ^Yniif^paQ einge-
letvt, was He^Tie, Welcker, Schneiderin, Hen^hor billigen.
''j ürchomenos 226. Auch Schol. J 375 hat er schon mit der
Oidipodie verbanden und vermuthet, dass A 275 aas diesem Epos
ätamme. Diese knappe Andeutung des scharfsinnigen grossen Gelehr-
ten Itt nie gewürdigt worden. — Vgl auch Welcker n* 860.
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26
I. Die Oidipodie.
Boiotem in Folge deasen auch am. nächsten gestanden haben
wird.
Auf diesem Wege werden wir also zu dorn Dilemma
gefuhrt: entweder hat Plierekydes seine Erzählung nicht aus
der Oidipodie genommeDi oder hsXsvt^ ist verderbt. Nun
tritt aber ein anderes Zeugniss hinzu» welöhee ebenMls Asty-
medosa als Gattm dee Oidipus keuit» ihre Vorgängerin aber
nioht sterben Uwst: das Soholion J 375 AD. Oldtxovg axo-
ßaJumv 7oxa<ftffP hUpiftsv jiittvfiidowSap, ^tiq öießaZB rovg
XQoyovovQ üjg :;t6tQd<favTac axm^v dyavaxT^aaq 6^ kxetvog
ijnjQaöaro avTolg di' aifiuroL: ^agaXccßetv rijV 'j(WQav xai
jtaQt'Öcoxs xr)V ßaöiXüav avtmv *ErioxXiT, oc; t^ißaXe IIoXv-
vdxTjv rov aötX^ov avtoT mg jiQsößvzEQOt^. Es folgt des
Polynoikes Flucht nach Arges, seine Begegnunfj: mit Tydeus,
ihre Verheimthuug mit des Adrastos Töchtern und endlich
des Tydeus Hilfegesuoh bei Xhyestes in Mykenai Das
Letzte ist zu streichen, da es aus A 375 entnommen ist,
einer freien Weiterbildung des alten Mythos der Sieben, der
von den Felopiden nichts wnssto. Den auEfgeachriebenen An»
fang des Scholiens mit Fherekydes und der Oidipodie zu
verbindoi, hindert allein die Nennung der lolraato. Mir
scheint es jedoch nidit zu kfihn — obgleidi ich natur-
lioh keine Sidierheit sn beanspruchen wage — diesen Na<
men auf Rechnung späterer Grammatiker oder Schreiber zu
setzen, und anzunehmen, dass urs]}riinglich Euryganeia ge-
nannt war. Sie war verschollen, dagegen kannte Jeder von
der Schule her lokasten als (inttin und Mutter des üidipus:
die Einsetzung dieses Namens hig also sehr nahe. Dann —
aber freilich auch dann erst — erhalten wir eine Geschichte,
die sich mit dem von anderen Seiten für die Oidipodie Er-
mittelten vereinigt. Euryganeia» die Mutter der vier Kin^
der, wird von Oidipus Verstössen und er heirathet Astyme*
dusa; da tritt das NovellenmotiT ein: die Stiefinutter oder
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27
das Kebsweib bringt den Vater gegen seine frUberen Sühne
anf durch die Lüge^ sie begehrten des Vaters Weib. Diese
Verlaamdnng Terföhrt den Oidipus snm Elndie. Das ist
nbenasdiend, aber nidlit überraschender als die MotiTirung
des ganzen Unheils des Labdakidenhanses dnrch die Sdüin-
dung dee Chrysippos und den Zorn äer^Hga yanoctoloq.
Und man kann nicht verkennen, dass sich diese Erzählung
des Scholiens A 375 dem grossen zusammenfassenden Ge-
danken der Oidipodie, Zorn und Rache der Ehe stiftenden
und Ehe schützenden Hera billig einordnet. Nachdem sie
des Laios Frevel durch seine Ermordung und Epikn^^ton'; Hei-
rath mit dem eigenen Sohne furchtbar geahndet hat, ruht
ihre Bache: Oidipus heirathet eine reine Jungfrau und zeugt
in züchtiger £he vier Kinder. Aber dann versündigt auch
er sieb gegen die grosse Göttin: er stösst sein ehelidi Weib
ans dem Hanse» um ein anderes zu freien. Dies Verbreclien
muss er büssen. Hera fügt es, dass er sein eigenes Ge-
schlecht Terflucbt. Der Finch ToUendet sich in Bmderkrieg
und BrodemuHrd.
Aber wie die Oidipodie die Geschichte vom Flnche des
Oidipus bis zum Kampfe seiner Söhne geführt hat, das zu
ergründen sehe ich keine Möglichkeit; keine Ueberlieferung
scheint davon mehr Kunde bewahrt zu haben. Denn was
die Fortsetzung des Scholions A 375 biotot. passt schlech-
tordine:^ so wenip^stcns nicht zum Anlange der Erzählung.
Oder ist es glaublich, dass ein König, der eben ein junges
Weib gefreit und ihr zu Liebe seine Söhne verflucht hat,
die Macht eben diesen Söhnen übergebe? Er hätte ja sich
selbst und seine Kebse der Rache der unschuldig Verfluch-
ten preisgegeben.*')
Bezug auf die Oidipodie hat vielleicht Ions DithyrambOB ge*
habt, Sa welehem l4K)d»mas daa Etooklei Soba luiieae and Antigene
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1. Die Oldipodie.
Auf die Wiederberstellung des ScMusses der Oidipodie
mrm ick ▼erziobten. Und dass auch die Angliederung der
Astymedusasage an dies £po8 durcbans nicht sicher, ver-
kenne ich am allenrenigsten. Von der Möglichkeit aber
hofie ich zu überzeugen, und dabei muss es b« der Ungunst
der Ueberlieferung sein Bewenden haben.
im Tempel der Hera Twbrumte: Sallnit*« Hyi>ot1ieBlB za Soplioklei
Antigone.
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II. BediugoiLgeii nud Aufgabe.
Die Becxmatroktion der Oidipodie hat den Beweis er-
bracht, dass auch die Epen des thebanischen Kreises in der-
selben Weise wie dio des troischcn cxcerpirt worden sind.
Für die Kritik der mythographischen Ueberlieferuiig ist diese
Thatsache von hervorragender Bedeutung. Denn sie macht
es zur Gewissheit, dass auch Excerpte thebanischer Epen
im mythologischen Handbuche von 90/45 v. Chr. benutzt
worden sind, v^relches wir in den Aaszügen des Pseudo-ApoUo-
dor» Pseudo-Hygin, Diodor u. s. w. besitzen. Wie es schon
an sich wahrscheinlich war, dass in diesem gelehrten Werke
die ältesten und umfänglichsten Quellen der Sage, die Epen,
nicht unbeachtet gehusen waren, was andi die in den uns
vorliegenden Auszügen freilich nur noch seltenen Ependtate
zeigen, ^) so ist es jetzt durch die glüddiclie Auffindung der
letzten Theile der apollodorisdimi Bibliothek augenfällig,
dass der Verfasser epische Sagonformon nicht nur gelegent-
lich angeführt, sondern sogai ganze Epeuexcerpte der Er-
*) Im ?orll«gendeii ApoUodor finden rieh folgende direkte Epen-
dtate: ThebniB I 8. 4. 1; Alkmeonls I 8. 5. 2 ; kleine Ilias: Epitomn
Vaticana p. 68 1. 11 = Ep. Sabaiüca Rh. Mus. XLVI 172 1. 29;
Nostoi II 1. 5. 14; Naupaktia III lü. 3. 12; Aigimius II 7. 7. 2; He-
siod 13 mal, Kumelus 4 mal, A»iu6 III 8, 2. 2, Panyasis ."5 mal Mit
leichter Mühe läsat sich aber durch Yergleichung Apoilodur« mit an-
derswo überlieferten Epeuiragmeuten eine viel ausgedehntere Be-
nutzung der epischen Litteratur nadiweisen.
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30
II. Bedingoagen imd Aufgabe.
Zählung — wenigstens des troiscben Sagenkreises — zu
Grunde gelegt hat: eine Thatsache» die bestehen bleibt, ob-
gleich die Beurtheilung der sogenannten Hypothesois des
ProkloB sich wesentlich ändern muss.*) Ist es glaublich,
dass jener unbekannte Mythograph für seine Dantellnng der
Kriege der Sieben nnd der Epigonen gegen Theben, der
Schicksale des Oidipns und der Seinen die Thebaia und an-
dere Epen dieses Inhaltes Tenchmilht habe?
Freilich liegen im thebanischen Sagenkreise die Ver-
hältnisse etwas anders, als im troischen. Hier haben stets
Ilias und Odyssee die Tradition beherrscht, keine Tragoedie
konnte gegen die Macht dieser Gedichte aufkommen; in je-
nem dag* gen hatten die grossartigen Dramen des Sophokles
und Earipides die Epen besiegt: die vor allen in den Phoi-
nissen, im Oidipus Tyrannos gezeichneten Bilder beherrsch-
ten fortan die Vorstellung. Desshalb wurden gerade diese,
als die bekanntesten Foimen ior die Darstellung der theba-
nischen Sagen im Handbuohe gewissermaassen als Faden be-
nutzt, an den die äbrigea Venionen also auch die epischen
als Varianten angesdilossen wurden. *) Aber, so inhaltsreidi
auch beide Tragoedien waren, eine umfusende Geschichte
gaben sie doch nicht, wichtige Knotenpunkte berührten sie
gar nicht, wie die Rfistungen der Argiyer, den Vernith der
Eriphyle; aus den Kämpfen selbst den Untergau g des Am-
phiaraos, die Flucht des Adiastos u. s. w. Auch ist für
diese wie für den Epigonenzug die Benutzung einer Tragö-
die weder zu erweisen noch wahrscheinlich, da nichts be-
zeugt, dass Sophokles mit 'EQiqfvh^ 'Exiyovoi Einfluss auf
A'gl. meine Ausffthrungen im Hermes 1891. Die aiülällige
UebereiDStimmung deb Proklos mit ApoUodor hatte Wagner sofort er-
kannt: Bh. Hob. XLI 1886. 1461t
'} Ed. Sohwarti de tch<iliis Homeridi 460, meine QoMBt. Diod.
Byfh. 95.
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II. BedingoDgeB und Angabe.
31
die MythofTraphie geübt hatte und des Aischylos Sieben sicher
nicht verwerthet sind.^) Dass aber Pindars'^) knappe und
gelegentliche, nur andeutende Erzählungen thebanischer Sage
vom Mythographeu für die Hauptdarstcllung verwendet woi>
den seien, dünkt mich höchst unwahrscheinlich: denn ans
den angedeuteten Gründen eignet er sich nnr za gelegent-
lidien Anführungen. Aber auch soldie dürften selten Tor-
kommen.*) Sollte also nicht wenigstens für die angeseigteiL
Partien das eine oder andere der tiiebanischen Epen im my-
thologischen Handbuche ausgebeutet sein? Sie gaben eine
grosse zusammenliäügüiide Erzählung und haben doch stark
gewirkt. Noch Horaz hat von einem thebanischen Epos des
Kyklos Kenntniss und klare Vorstellung gehabt.') 1 xcor-
pirt waren sie ebenfalls, wie an der Oidipodie nachgewiesen
ist, also bequem zugänglich. Warum in aUer Welt sollte
der doch sonst einsichtige Verfasser des mythologischen
Handbuches hier eigensinnig die epische Tradition verschmäht
haben, die er sonst fleissig ausbeutet? Aber es kann jetzt
die Frage aktenmassig entschieden werden. Denn die Re-
*) Da?e<Ten ist für die Abentenpr des Alkmeon die Benutzung
der beiden euripideischen Dramen wahrscheinlich und sicher: Welcker
Oriech. Trag. 11 Ö75. Ö80, Adolf Schoell Beiträge zur Kenntniss d.
txag. Poesie d. Gr. I 132, Gründlicher Unterricht über die Tetralo-
gie 68.
*) Toa Wilamovita Henae« XXTI S36 n. 8 liat diese Ver-
mafknng gdkuaaert, indem er die uffillende Uebereliutinfliaiig Toa
Apollodor III 6. 8. 4 mit Hndar N. IX 23 durch die direkte Be-
nutzung dieses Dichten erklärt. Unten c. III n. 22 werde ich eine andere
Erklärung versuchen. — Ueber von Wilamowit^'ens Behauptung As-
klepiades Tragodumena sei far Eripbyleas Yerratli benutzt worden,
8. unten c. III n. 12.
') Ueber das einzige Pindarcilat Apollod. II 4. 2. 4 Hejue I 13b n.
Benntst ist Pindar z. B. f&r Ixiou: Wagner Cor. myth. 148.
^) Ars poetiM 146 mit dem Sehollon des Porpbyrio, YgL unten
S. 87.
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32
II. Bedingungen und Au^&he.
construktion der Oidipodie gewährt dio Möglichkeit zu prü-
fen, ob in der Oidipuscrzählung Apollodors dies Epos be-
nutzt ist. Dabei kann ohne Rücksicht auf die Phoinissen-
scholien vorgegaogeu werden^ denn dass der Verfasser des
Handbuches ans diesen ebensowenig geschöpft hat, wie aus
den Apolloniosscholien, glaube ich bewiesen zu haben. ^) In
der Thst sind mehrere Züge bei Apollodor jetzt aU der
Oidipodie gehörig za erkennen: 1) III 5. 8. 2 htBfopB yoQ
tff» Ikply/a nnd vielleiobt aucJi ^ ßrjtif^ läv lEil^Vfjg
^ xatQOQ 61 Tvgxüpog vgl Hyg. lab. 67. 2) III 5. 8. 5
xoXldSv 6* djeoXXvftivmv xdi zo teUvraXop AXfMPog to€
KQsovtog (nämlich dnrch die Sphinx). — 3) III 5. 8. 7
elol 6e oi yevvtjd^rji'ai ta rexra (paöiv (t<p OldLjioöt)
EvQvyavhia^ tfjg ^YjttQ^avxoq (libri: TevO-gaptog).
Auf (xrund dieser Uebcrzeugungen kann eine Unter-
suchung der mythographischeu Litteratur uiiternommoii wer-
den mit dem Zwecke, die alten Epen inhaltlich wiederher-
zustellen. Freilich ist jene in Anbetracht ihrer hinlänglich
bewiesenen Verwirrung und Durchsetzung mit fremden Be-
standtheilen nur mit peinlicher Vorsicht zu benutzen.
Viel grösseren Werth haben natürlich die älteren Zeug-
nisse der Tragiker und anderen Dichter. Nur dürfen auch
sie nicht einfach hingenommen werden, da die alten Moti?e
je nach den besonderen Zwecken des Gedichtes umgestaltet
sind. Und es darf nicht so operirt werden: weil die The-
bais älter war als Pindar, so sind alle Anspielungen dieses
Dichters auf den thebanischen Sagenkreis aus jener entnom-
men. Denn wer kann beweisen, dass es nicht noch mehrere
Epen gleichen Inhaltes neben der Thebais gab? Je höher
wir hinaufgehen desto grösser ist naturgemäiss die Zahl der
Sagen und der sie formenden Epen; je tiefer wir hinab-
*) Quaest Diod. myth. 88 ff.
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II. Bedfiiguiigen und Aufgabe.
33
steigen, desto kleiner wird der Kreis der alten Gedichta
Denn von allen litterarischen Erzengnissen versdiwlndet der
grossere Theil sehr bald, nur die besseren halten sich län-
gere Zeit, und schliesslich bleiben nur selir wenige. Es bil-
det sich ein Kanon lieraus. Die älteren Dichter Latten also
noch Massen von Sagen und Epen des thebanischen Kreises;
in den Ilandbücheru werrlon ausser Excerpten oder vielmehr
Stücken von solchen aus Epen, die uns auch dem Titel nach
bekannt sind, Fragmente anderer schwerlich enthalten sein.
Aber Reconstruktionsversuche alter Epen werden dem
eitel erscheinen, der überzeugt ist, dass alle alten Epen die-
selben Schicksale wie Ilias und Odyssee gehabt haben, dafis
sie also sdion ftuh. Conglomerate toh verschiedenen Gedich-
ten ohne Einheitlichkeit waren, dass sdion die Diditer des
fünften Jaluiinnderts und gar die Mythographen sie nur in
solchem Zustande kannten. Beweisen kann dies wie das
Gegentheil Niemand. Aber das muss zugegeben werden,
dass die Gedichte, welche jetzt als Ilias und Odyssee vor-
liegen, einst einheitlich waren, je als ein Ganzes gedacht und
gedichtet worden sind, in dem jede Handlung ihre Ursachen
und Folgen hatte. Man denke sich beide Werke in einem
so dürftigen, nur die Hauptsachen mitthcilenden Auszüge,
wie der des Pisander aus der Oidipodie ist oder die Ex-
cerpte — cum grano salis — des Proklos: man würde die
Ilias für ein einheitlidies lied Yom Zorne Achills und die
Odyssee fiir eine einheitliche Erzählung der Abenteuer die-
ses Helden von der Eroberung Troias bis zu seiner Heim-
kehr halten. Und man denke sich solche Auszüge zer-
stückelt, wie uns der der Oidipodie Torlicgt und thatsächlich
auch die aus dem troiscihen Kreise,*) würden wir nicbt durch
*) Zwei Beispiele : Das einzige Argnment fiir die Annahme, die
Telephossage sei in den Kyprien behandelt worden, bietet Proklos,
liethe, Heldenlieder. 3
34 IL BediDguogen und An^be.
das Gesetz der Causalität ihren Zusammenhang begreifen
und uns von ihrem Inlialte eine YorsteUong machen können?
Freilich das würden wir nicht zu erkennen vermögen, dass
die £rbentung der Gbryseis nur beiläufig und kurz erzählt
war; ja wir würden wohl so weit irre gehen, dass wir diese
als ausführliche Vorgeschichte forderten; und ebenso wenig
wäre uns zu erforschen möglich, dass Odysseus selbst seine
der sie unter der Rubrik „Kyprien** anmerkt. Aber die sog. £x-
cerpte des Proklos sind nur ein Auszug «na dem mythologischen Iland-
l)iicbc, \vol»^liON mit Zugrundelegung der Ilias und Odyssee und aller
in diesen erwülinlen Episoden eine chronologisch geordnete Geächichte
des troischen Krieges aus den übrigen Epen dieses Kreises zusam-
mensetzte. Da nun in den „Excerpten" des Proklos sich Stellen fin-
den, die sicher nicht in den betr. Epen gestanden haben, sondern aus
Ilias und Odyssee stammen, so mnss dem Glauben an ProUos TdUi^
abgesagt werden. Die einädgen dlrektoi Zeognlsse aber Telephos
und Eniypylos haben wir aus der kleinen Ilias. Schol. T 326 (B)
b äl rtjv fttxQuv 'fXidöa ygdy^ag {<prjalv) dvttH^fvyvvvT« {tov !4j(iiUecc)
dno Ttßeifov nQoaoQfiia&fivat {nQoQ rr/v Sxvgov)
iv^^ oy' ugyaXkov ?,ifiiv^ "x£zo wxiöii txslvtjg.
Die Identität mit dem Bprirhte des Proklos unter „Kyprien" leuch-
tet ein. Die Methode fordert den Schluss. dass eben dieser nicht
au.H den Kyprien, sondern der kleinen Ilias .-.taunnio. Auch für den
Kampi der Griechen mit Tclepbos läsät »ich die kieine ilia» aiä (Quelle
wenigstens wabracheinUch machen: vgl. SehoL Eorip. Troad. 821
(t. WiUtmowits Horn. Unten. 153), Pansaaias III 2& 9, während
kein direkt beaeogtes Kjprienfiragment mit Telepbes auch nnr in entp
fcmte Verbindung gebracht werden kann. — Aehnlich dürfte es sich
mit dem Kampfe um Achills Leiche verhalten, der unter „Aithiopis**
von ProkloR luTicbtet wird, während Rchol. Aristoph. Ritter 1056 ge-
rade diese Version für die kleine Ilias bezeugt. Damit leugne icii
nicht, dass die Aithiopis den Tod Achills erzählt habe. 6. Löschcke
weist mich darauf hin, dass Achill nach der tabula Iliaca rai^
SxaialgnvXait und nach Proklos ztjv nohv avveiansawv getödtetwird,
die chalkidische Yase (Overbeck H. G 23. 1} dagcgcu freies Feld
voratissetae: ?gL Apolld. Y. S. n^bg uOg SxaMtg jfCXatg toievetat.
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II. Bedittgiingen mid Aafjabe. 35
Abenteuer enahlt, dan Teleniach auf seiner Reue die ver-
flchiedeiiBten Geschichten hört, dass des Odjsseus Aufent-
halt bei den Phaiaken einen so grossen Raum annimmt
Aber das ist nnwesentlidi dem gegenüber, dass der Inbalt
beider Epen ans der Voraussetzung ihrer Einheitticbkeit im
Grossen und Ganzen erschlossen werden könnte. Deshalb
dürfen wir unter derselben Bedingung die Koconstruktiun
verlorener Epen unternehmen. Das Gesetz der Causalität
muss also auch bei diesem Versuche ang(^w(Mulet ^Yerden:
ohne dies wäre ein solcher unmöglich. So könnte es frei-
lich geschehen, dass wir zwar die letzte Form der Epen
nicht ahnen, aber ihre erste, ursprüngliche ungefähr erken-
nen. Das wäre kein Schade. Wird von einer sicheren Grund-
lage aus ein grösserer Zusammenhang hergestellt» so ist doch
nicht unwahrscheinlich, dass er aus eben dem Epos stammt,
dessen Trümmer eben jene Grundlage boten. Die an der Hand
ibies Ezcerptes im I^sander hergestellte Oidipodie zeigt uns
ein einheitliches Gepräge, vielleicht ein einheitlicheres, als
ihrem Excerptor: aber falsch oder verwerflich ist sie dap
rum doch niclit.
Ehe wir an die mythograpliische Untersuchung heran-
treten, ])etrachteu wir, was uns über alte Epen des thcba-
nischen Sagenkreises direkt überliefert ist, und was a^i^ diesrn
Angaben geschlossen werden kann. Ausser Oidipodie und
Alkmeonis kennen wir noch drei Titel: ^ßalg, 'MMyopoi
und l4{t(piaQS(o kq 8^ßaq i§ßiaCig,
Die lEsäfovoi wurden von Einigen als homerisches Ge-
dicht betrachtet»'^) doch schon Herodot IV 32 spricht Zwei-
fel an ihrer Echtheit aus, Spätere haben sie dem Homer
nicht nur abgesprochen, sondern sogar einem anderen Dich-
Certamen Ilomeri et Hosiodi 249 f. Rzach, jedoch aacb einge«
schränkt: q>aal yuQ nvs^ xäl tavta *Ofiijgov e'ivat.
3*
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36
IL Bociingiiiigen nnd Aufgabe.
tcr beigelegt. Das ergicbt das Scholion zu Ari$toi)hane8
Frieden 1270: denn es führt unter dem Titel dffx^ tiSkf
'Emyovanf kvrifidxov den dorch das Certamen Homeri et
Hesiodi ak Anfangsrers der homerisdien ^iyayoi bezeog-
ten Vers an:
Da man an den kolophonischen Dichter des fünften und vier-
ten Jahrbimderts dachte, liaL luan einen Irrthum des Scho-
liastcn angcnoiümcii, bis Bergk und von Wilamowitz**) den
wahren Sachverhalt erkannten. „Der Teier ist geraeint, den
Aristobul für älter als Aiifria'? erklärt, Plutarch als alten
Epiker citirt" Augcntällig 1 e wiesen wird diese Erklärung
durch den Hinweis auf das })crüchtigte Horazscholion des
Porphyrie zur A. P. 146: »Antimacbus fuit cyclicus poeta.
hie adgressus est materiam, quam sie extendit, ut viginti
qnattiior Tolumina impleyerit, antequam septem dnces ad
Thebas perduoeret^**) Hier wird bezeugt, dass derselbe
kyHiscbe Dichter Antimadms, der nach dem alten Aristo-
phaneserklärer die *Exfyovoi geschrieben hat» auch den Zug
der Sieben besungen habe: diese Thatsache bleibt, so wenig
man auch sonst der hämischen nnd übertreibenden Notiz
trauen mag. Damit stimmt aber audi l'ausanias IX U. 5
wohl, wenn man seinen Worten nur keinen Zwang anthut.
Nach kurzer Erzählung der Züge der Sieben und der Epi-
") Griech. Litt. Gesch. Ii 42 — Horn. Unters. 346 n. 26.
**) Kiflflsling in seiner HenusauBgabe sthumt xwar von Wilamo^
wite bei, bezieht aber die Angabe über die Weitsdiweifigkeit den-
noch auf den Eoloplionier (xf^ Lmnisch Klan» ISO n.) — mir nicht
wahrscheinlich. WieK. richtig lierfi»liebt| spricht Iloraz von Icyklischoi
Gedichten: der Thebais und den Kyprien. Ein Erklärer hatte das
erkannt; auf ihn geht Porpliyrio zurück. Wie soll da eine Notiz über
den Kolophonier liincingekoininen seiuV Warum soll nicht die Weit-
schweifigkeit jener alten Thebais, von der Uoraz sprichti auch von
Porphyrio bezeugt werden ?
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II. Bedingungen tmd Aufgabe.
37
gonen fährt er fort; katot^^ 6h kq xov xoXafiov xovtov aeal
heil S^ßttlq, die Eaninos als ein homerisches Gredicht kemia
Schon Frühere haben unter roirrot^ top xoXsfiov die beiden
Kriege verstanden, doch ist ihre Ansidit durch Welokers
Autorität unterdrückt worden. In diesem Zusammenhange
kann ein Zweifel an ihrer Richtigkeit nicht mehr füglicli be-
stehen. Sie wird noch dazu aufs sicherste bestätigt dureh
die Aussage des zuverlässigen Gelehrton Thcoii in den vor-
trefilichen Apolloniosscholien (I 308). Ausdrücklieh führt
er nämlich die Thcbais für die Sage an, dass die von den
Epigonen aus der thebauischon Beute dem delphischen Gotte
geweihte Teiresiastochter Manto auf dessen Befehl nach Ko-
lophon gewandert sei^^).
So ist bewiesen, dass es ein dem Homer ebenso wie
dem Kykliker Antimachos Ton Teos zugeschriebenes Epos
gab, wdches sowohl den Zug der Sieben gegen Theben, als
auch den der Epigonen besang, und dass dasselbe zwei Ti*
tel führte ßt^ßaig und 'Exlyopot. Aus diesem Gesichtspunkte
muss die einzige Stelle im Certamen Horaeri et Hesiodi an-
ders als bislier aufgefasst werden: o cU "Ofii^gog djtorvxojv
rfiq vixtjq bktyf ra Jioir^^axa, jiqc5tov fitv xr^v &fjßäiöa,
'!AQyoq u€iös, d-ia, jtoXvöltptop, tvB-ev CLVaxxeq
üxa ^Emyovovq, tjtt] ^, <ov i) ^QX^'
Nvv avB-^ ojtXoxiQOiV avÖQcöv aQxoifisd-a, Movöcu,
Der Compazativ des zweiten Verses bezeichnet die Epigonen
im Gegensatze zu ihren Vätern: diese und ihre Thaten muss^
Schellenberg Antfanadii Coloph. reliq. 24, v. Lentsch Theb.
cycl. reHq. 12 und n. 38, Welcker Ep. Cykl. T« 102.
**) Man hat sich vergeblich bemüht, dies unbequeme Zcugniss
zu entkräften. Neuerdings glaubt Immisch Klaros im XVII. öupplbd.
d. Jahrb. f. kl. Phil. (1889) 117 „den letzten Zweifel ' an seiner Un-
glaubwUrdigkeit gehoben zu haben. Darüber unten S. lld n. 20.
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38
n. Bedingangen vaä Aufgabe.
ten asur Begrundmig des Comparativs nothwendig erwähnt
weiden. Das hätte an sich auch im Folgenden geschehen
können wie in den berohmten analogen Worten des Stbene-
loB J 405. Aber das avte Terbietet diese Annahme; einen
Gegensaftz znm Vorhergebendm bezeichnend TSnnittelt es
den Uebergang znm Folgenden und beweist also» dass von
den sieben Helden, welche» wie der Vers rShmt» dnrdi die
Söhne übortroffon wurden, schon Torher die Bede gewesen
war. Ks ist also das Epos Epiguiioi nur denkbar als der
zweite Thcil eines Gedichtes, welches auch den Zug der Sie-
ben gegen Thohoii besungen hatte. Indem dieser Schluss
aus dem Wortlaute des Anfangsverses die schon aus anderen
Erwägungen gezogene Folgerung gewichtig bestätigt, zwingt
dieae zugleich» die unmittelbar vorher erwähnte Thcbais als
den gesuchten ersten Theil anzuerkennen. Dies trifft toU-
kommen mit dem schon gewonnenen» durch alte Citate beleg-
ten Resultate zusammen» dass dasselbe Gedicht neben dem
Titel 'Exfyinfoi auch den Titel ß^ßalg führte.^*)
Diese Erkenntniss würde auch Welcker über den Aufangsvcra
der Thebais bernhii^en. Er hat nämh'ch bohatiptet, so könne nicht
ein Gedicht begouueu haben, da» mit der Niederlage der Argiver ge-
endet: Ep. Cykl. II* 646. Er erUftrte dod&slb xohföitiuw „du viet-
gescblagene". So hatten schon Alte M>kb ^ptw Bcbreiben woUen
(Strabon YIII d70/l), da Argos nicht waeserann seL Bereits von
Lentsch Theb. cycl. rel. Götting. 1830 liat diesen Einwand wider-
legt. Wenn es auch Länder mit grösserem Wassermangel gieht, so
wird doch Jeder Argos als „vieldurstigcs" ancrkenncTi, der ans Achaia,
Lakonicn, Mosscuien oder gar dem quellenreichen Arkadien in die
Ebene des Tnachos hinabsteigt. — Ucbrigens würde VV eickers Anstoss
durch V crgieichung der kleinen ilias beseitigt, welche analog beginnt:
*D.tov udöüt xal ^daQÖaviriv iv7ia)Xov.
Richtig bat K. 0. Müller Gr. Litt. G. I* 117 gegen Welckcra
Behauptung, Epigonoi und Thebais konnten nicht von demselben Dich-
ter stammen, auf Grund von schol. Ap. Eh. I 308 ausgesprochen:
„die Epigonen waren so eehr der zweite Theil der Thebais, daai binfig
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n. BediDgungea und Aufgabe. 39
Durcli ;i11e diese von verschiedenen Seiten in demselben
Punkte zuäammcnlaufouden Untersuchungen ist im G^en-
satz zu ijriUiereu Auffassungen erwiesen, dass Thebais und
Epigonoi ein einziges Epos waren, unter den Namen des
Homer und Antimachos von Teos laofendf und daw dies
die beiden Kriege der Aigiyer gegen Theben erzShlt hat
Biee Gedieht war nun aber yerhältniBsmSasig jung.
Schon die Epigonemnge an sich hann, wie kurzlidi von Wi-
lamowitz ausgesprochen hat,^^) erst auf asiatischem Boden
und ohne historische Grundlage entstanden sein, als längst die
Kämpfe um Theben gekämpft waren. Jedenfalls zeigt ihre
Fassung in diesem Epos dessen Jugend. Denn es hat, wie
Thcon aus der Thebais anführt, erzählt, dass Manto nach
Kolophou gewandert war, um das klarische HeiliL^tliuni zu
gründen. Auch die Erwähnung der Hyperboreer, welche sich
nach Herodot IV 32 in den Epigonoi fand, spricht für eiue
verhältnissmässig späte Entstehung des Gedichtes» nicht, weil
jene im Homer Tcigeblich gesucht werden, sondern weil sie
hier offenbar in Verbindang mit Delphi yorkamen.^*) Der
unhomerische Charakter dieses Epos, um dessentwillen man
dasselbe einem andern Dichter beilegte, wird doch wohl
nicht zum wenigsten in solchen Zügen aa^efsülen sein, die
eine jüngere Zeit als die Ilias ofienbaren.
Aber man wird zunächst vielleicht Anstoss daran neh-
men, dass die erhaltenen grossartigen Verse der „kjklischen
Thebais^ welche von den Flüchen des Oidipus erzählen, aus
beide durch denselben Namen bezeichnet wurden, obwohl man sie
auch wieder als zwei getrennte Gedichte betrachten mochte."
^■') Hermes XXVI 230. Von ganz anderer Seite war auch ich
Sommer 1890, ak ich diese Arbeit machte und schrieb, zu demsel-
ben Resultate gekommen dorch eine üatenochtmg, die idi Torlftiifig
intfiddiilto.
*>) Welcker Ep. QyU. 406.
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40 ^ BediBgttOgen und Angabe.
oinem jungen Epos stammen können. Welcker hat in ihnen
eine „hochalterthümliche Strenge des Rechts und der Würde"
empfanden, die vortrefflich zu dem Bilde stimmen, das er
uns TOn der Thcbais entworfen hat. Aber selir bedaclit sagt
er, jene Alterthümlichkeit der Sitten sei ans ^älteren Lie**
dern beibehalten**.^*) Darüber mag man Teracfaiedener
Meinung sein, so nel jeden&lls steht fest^ formell sind diese
Verse nicht alt^ sondern gehören der späteren Zeit altepischer
Knnst an. Ihr Dichter sprach nicht mehr die Spiranten,
deren Sparen in den meisten Stucken homerischer Poesie noch
greifbar sind, er empfand nicht einmal mehr ihre Nach-
wii'kung. Denn fitya ol und oi ol können dafür n'u^ht an-
geführt werden neben den groben Vernachlässigungen der
Spiranten, in den Worten xakor di'jiag r/ökog o'trnv. Die-
selbe Missachtung des schon geschwundenen Lautes zeigt
der Anfangsvers der Thebais-Epigonoi mit ('rOijy cwaxxEq.
Formale Gründe weisen also diese Verse derselben spät-
epischen Zeit zu: gegen sie müssen stilistische zurückstehen.
Und welchen Grad von Wahrscheinlichkeit hatte es, die Müche
des Oidipus bei Athen. XI 465E und schoL Oid. G. 1375
einem anderen Epos zuzusprechen als d^ engrerbundenen
Doppelgedichte Thebais-Epigonoi, dessen yermeintlicher Ver-
fasser Antimachns von Porphyrie zur A. P. 146 direkt „scrip-
tor cyclicus"' genannt wird, währond jene Grammatiker aus-
") Wolcker Ep. Cykl. II 336.
Der Spirant in tfövq wird als lebendig durch 3 Stellen er-
wiesen, in 85 ist er erwünscht und zulässig, nur in 0 unmöglich. In
oivnc, ist das Vau oftenkundig: vgl. Kn(ts do digammo lloinerico (Up-
sala Universitets ärsskrift 1873> 138, 205. Kur der jiuige Vers y 51
bat dieselbe Formel ötnaq tjötog oivov. Die Iliatus in ov oi und
(xtyct ot sind aus der alten Teclmik übernommen, in der sie gewöhn-
lich sind: Knoea 206 f. — Veber das y in hd-ev s. Lobeck patholog.
elem. n 148.
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IL BediDgiingeiL und Au^itbe.
41
(Irüelclicli die „kyklische Thebais" für die behandelten Verso
dtixea? Somit steht es fest, dass diese Fiagmente alle dem-
selben Epos angehören, und dass dies Werk in Terhaltniss-
mäasig später Zeit gedichtet ist
Dazu tritt nun das homerische Epos kii^uiQem l^iXa-
Ctg, Ans diesem Titel ist Folg^des mit Sicherheit zu
schliessen. Amphiaraos stand im Mittelpunkte des Inter-
esses, wie Aciiill in der Ilias, seine Ausfahrt in den Krieg
gegen Hieben bildete den Angelpunkt der Handlung, wie in
der Ilias der Zorn des Achill. Als Seher musste Amphia-
raos wissen, dass ihm dieser Kampf den Untergang bringen
werde. Er ist also nicht freiwillig gegangen, sondern ist zur
Theilnahme an dem Heereszage gezwungen worden. Die £r-
zäMung, wie dies geschehen» mnss einen grossen und wich-
tigen Theü des Gedidites ausgemacht haben. Aber auch
das ist eine nothwendige Forderung, dass dai^stellfc war,
wie des Sehers Ahnung in Erfüllung ging, wie ibm selbst
und allen Sieben vor Theben Tod und Verderben ward*
Dagegen ist auf Grund des Titels ganz entschieden zu ver-
neinen, dass auch der Zug der Epigonen und die That
Alkmeons behandelt waren. Das ist ebenso wonig denkbar,
wie Neoptülemos im Lied vom Zorne Achills.
So erhalten wir die Gewissheit: es hat ein homerisches
Epos gegeben, welches nur den Zug der Sieben besungen hat
und zwar nicht um seiner selbst wiUen, sondern als das
grosse Ereigniss im Leben des Amphiaraos, das ihm, trotz-
dem er es Torhersah, durch Verwickelungen des Seliieksals
den Untergang brachte — wie die Ilias die Kämpfe Tor
Troia nicht um der Achaier noch um der Troer Heldentha-
ten zu preisen Torfuhrt» sondern sie nur als Hintergrund malt
för den Zorn Achills, der nach Sehicksalsschluss ihn zur Er-
legung Hektors treiben sollte, an die sein eigner Tod ge-
knüpft war.
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42
n. Bedingoogm und Aufgabe.
Die ganze Anlage beweist, dass die »Ausfahrt des Am-
phlaraos"^ ein altes einfaches Lied war, wie die Uias es war
imd doch noch ist Doch kein Fragment ist uns unter die-
sem Titel erhalten. Wekker hat dies Gedicht mit der The-
bais ideotifioirt imd viel Beifall damit gefunden.**) Aber
schon nadi diesen Darlegongen kann seine Annahme nidit
mehr anfredit erhalten werden. Da in der Thebais der Zug
der Epigonen in enge Beziehung zur Heer&hrt der Sieben
gesetzt war, kann diese nicht in sich derart abgeschlossen
gewesen sein, wie dies vom Ampliiaraosliode erwartet wer-
den muss, und schwerlich wird sich in ihr wie in diesem
alles um des Amphiaraos Ausfahrt gedroht, sondera The-
ben wird den Mittelpunkt gebildet haben.
Hier greift nun die mythographische Untersuchung ein.
Die folgenden Capitel worden eine doppelte Version über
den Zug der Sieben und seine VorgeBchidhte aufdecken, von
denen die eine 'mit der Epigmiensage eng verbunden ist
Beide lassen sich über die Tragoedie hinaus Terfo]gen> sind
also episch. Damit wäre bewiesen, was aus der littorari-
schen Tradition gefolgert wurde.
«) Btatit sieh hauptaieUidi auf den TJmstttid, dass in der
pBeadoherodoteischen Homervita und bei Suidas nur ^A/i^qbw i^i-
Xuai<;, aber nicht die Thebais, im oertamen Horn, et Hes. nur diese,
iiir!;f jcDD erwähnt wird. Aber i«t ja dorh solir natürlich, dass
man denselben Dichter nicht zwti ^'toäse Epeu über denselben Ge-
genstand dichten lassen mochte. Zudem ist die Thebais schon frlih
dem Homer genommen.
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IIL Des Amphiaraos Ausfahrt
Herodot erzählt V 67, dass Kioisthcnes, der grosse Ty-
rann von Sekyon, iu heftiger Fehde mit den Argivern die
mannigfachen und alten Beziehungen seiner Stadt zn ArgOB
anszorotten sich bestrebt habe. Zwei darauf zielende MaasB»
regeln werden berichtet Zanäohst hob Kleisthenes die Agone
der BliapBOden in Sel^on auf der homeriadien Epen wegen,
weil in diesen Argirer nnd ArgOB immer und überall be-
sungen würden. Dann snchie er den Colt Ües Adrastoe, des
Talaossohnes» als eines Argiyers zn yertreiben, obgleich ihn
die Sekyonier in hervorragender Weise auf dem Markto ver-
ehrten: denn Polybos, der alte König von Sckyoii habe, als
er ohne leiblichen SuLn gestorben, sein Reich diesem, seinem
Tochtersoliiie, hinterlassen. Zu dem Zwecke führte Kleisthenes
aus Theben den Cult des Melanippos, des Sohnes des Astakos,
ein und weihte ihm einen heiligen Bezirk im Prytaneion,
also in unmittelbarer Nachbarschaft des Adrastosheroons.
Sein Grund dafür war die Erzfeindscbaft zwischen diesen
beiden Helden: denn Melanippos hatte sowohl des Adrastos
Bruder Mekistens« als auch seinen Tochtennann Indens er^
sdüagen.
Es ist Uar: diese oomplioirten Verbaltnisse mnss ein
Gedicht festgelegt haben. Denn es kann unmöglich Volks-
glaube der Sekyonier gewesen sein, dass Adrastos, den sie
auf ihrem Markte verehrten und wie Dionysos mit tragischen
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44
III. Des Ampbiaraos Ausfahrt.
Chören feierten, eigentlich Argiver gewesen sei und nur
durch seine Mutter SeJq^ geerbt» ab« doch Yon Argos sm
beherrscht habe. So werden also Herodots Angaben aas
emem denjenigen homeriBchen Epen entnommen sein, deren
Vortrag Eleisthenes verbot, weil sie immer Argos besangen.
Und zwar weisen dieselben unzweideutig auf ein Gedidit»
welches den Zug der Sieben gegen Theben feierte: spielt
doch in dcü Epen des troischeii Kroisos Arges keine so
hervorragende Rolle und wird da doch Adrastos gar kaum
erwähnt*) Es gilt, diesen Schluss zu bestätigen und diüch
andere Zeugnisse die Kenntnisse dieses thebanischeu Epos zu
erweitern.
Pindar nennt in der neunten nemeischen Ode Adrastos
einen Argivcr und Sohn des Talaos, er preist ihn als Herr*
scher von Sekyon nnd Argos zugleich und erzählt weiter
vom Zuge der Sieben gegen Theben. Diese Punkte stimmen
mit Herodots Angaben überein. Aber der Dichter giebt
noch mehr. Vor Ampbiaraos ist Adrastos geflohen vom
väterlichen Hause, aus dem heimathlichen Argos ; ein schlimmer
Aufstand hatte ihn und seine Bruder vertrieben: Fürsten
■NYanjü liiclit mehr die Sühue des Talaos, vom Aufruhr be-
zwungen. Doch kehrt er zurück, giebt dein Sohne des Oikles
als verlassliches Unterpfand des Vertrages Eriphyleu, die
männermordende — und später zieht er mit ihm gegen
Theben.
Pindar setzt die Sage als völlig bekannt voraus:^)
1) S. Ejellberg De cydo epico (UpsaUftO 1890} 6. Grotes Schluss,
Heiodot deute auf die Thebais, ist nickt berechtig
*) Wenn Pindar Nem. IX die Gründungssage der sekyonisclion
Spiele erzählte, so dürfte allerdings nicht an ein thebanisches Epos
als seine Quelle gedacht wcrtlen. Aber das thut er keineswegs. Er
erwähnt nur kurz, dass Adrast sie eingesetzt habe; aber darauf näher
einzugehen lehnt er ab und kündigt an, er werde dieseu preisen :
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III. Des Ampliiaraos Ausfahrt
45
kuappc Andcutungou genügen, den Hörem die Verhältnisse
und SituatioDOü in Erinnerung zu bringen. Daraus folgt
ndt Nothwendigkeit, dass sie schon yor Pindar dichterisch
geataltet war, aho wohl m emem Epos» und dass dies Tiden
S^itgenossen durchaus bekannt war. Uns ist Epos wie Sage
yerloren. Zu ihrer Wiederherstellung hilft die Erzählung
des MenaichmoB Yon Sekyon,^) die im Scholien zu v. 30
erhalten ist: Amphiaraos und die Anaxagoriden lehnen sich
auf gegen den Kuuig von Argos Premix, des Talaos Sohn
und der Lysimache, der Tochter des Polybos, und erschlagen
ihn; sein ßinder Adrastos flieht zum Vater seiner Mutter
und dieser vererbt ihm die Herrschaft über Sekyon.*) Dies
stimmt nicht nur ToUkommon mit der von Pindar voraus-
gesetzten Sagenform und der, welche Hcrodot'') im Auge
hatte, somdem yerbindet auch beide und erklärt sie durch
V. 10 dv tyu/ /mtff^sle ivcoufx^aa sAvTatg ijQcna ttirnlq — und er er-
zUilt, wie AdzMt ans Argos nach Sekyon kam, Argos iriedererwarb
nnd gegen Theben sog. Das hingt mit den sekyoniBchen Spielen gar
nicht ztisammen.
^) In Schol. Find. N. IX 30 hat Lobeck Af^phamoa II 1112
n. c (las überlieferte yf.TctaruOfU richtig in xnrc.oxttaiaaii-flc verbes-
sert, was die Ilaudschrift D (,Mediceus) bestätigt. Nach v. AYilamo-
witz Horn. Untersuch. 241 schrieb Menalchmos vor Aristoteles. Ge-
wöhnlich wird or mit dem Alexauderbistoriker identüicirt und in die
Diadochenzeit gesetzt: Ch, Malier hinter Arriau Script, bist AI. M. 145.
*) Ygl. Serrins Aen. VI 480, schol. B 573 B, Pansan. n 6. 6
(ans Menaiclimos? vgl Kalkmann Tansanias 149) in der Selcyoniscben
Eönigsliste» weldie jedenfalls der des Kaata^Q bei Eusebins fremd
ist Er nennt die Mutter des Adrastos st&tt Ava luayt^, wie Menaich»
mos, Avaittvacaa. Im Scbolion zu Platons Polit. 590 A wird sie Av-
alitnri genannt. Diese verschiedenen Bildungen desselben Kamens
sind auffallend. Vgl. Crusius N. Jahrb. f. Philg. CXLIII (ISui i
*) Diese Zusammengehörigkeit haben die alten Pindarcrklarer
wohl schun erkannt: Uerodot Y 27 wird neben Menaichmuä zu Pin-
dar Nem. IX 30 citirt
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46
m. Dm AmpUMMS AufUirt.
Ausfüllimg ihrer Lücke. Folglich gehörea diese drei nach
Alter und Lenmimd gleich an^eieichiieteii Zengnisie eng
mammen: sie folgen alle derselben Quelle. Pindar deutet
unzweifelhaft auf ein Gedicht» das den Zug der Sieben gegen
Theben besang; dasselbe wird von Herodot als homerisches
Epos beceugt Sem Inhalt liegt vor uns. Es offiiet sidi ein
Blick in uralte argiYische Sagengeschichte.
Wer sind jene Viuixagtiiiden? Was ist das gewalligö
Geschlecht der Talaiden? Zu welchem Stamme gehört
Araphiaraos oder stellt er allein ? üeber diese Fragen giebt
nur eine dürftiti;'' Ueberlieferunc^ Auskunft, vei^raben in dem
Wusto wirrer mythograpbischer Notizen. Sie ist bei Diodor,
Pausanias und Apollodor erhalten und wohl allen dreien
durch denselben Gelehrton Termittelt.^) Sie löst sich TOn
jeder anderen Ueberliefemng |^tt ab, hängt in sich zu-
sammen und beantwortet die Fragen, die jene Stellen des
Pindar, Herodot und Meuaiohmos stellen. Darin liegt die
sichere Gewähr, dass sie aus derselben Urquelle stammt:
eben jenem thebanischen Epos. Sie erzählen fibereinstimmend
80:^ Als Anaxagoras König in Argos war, schlug Dionysos
•) Diodor TV CR 4 nnd Apollotlnr T 12. 8 gehen auf das ray-
thographischo Handbuch «ies ersten Jahrhunderts v. Chr. zurück: s.
meine Quaest. Diodor. mytUügr. 91. Pausanias II 18. 4 bringt die
Isutiz in seiner argivischeii Geschichte.
^) lieber zwei andere An^ieatsltangen denelben Sage s. unten
C. yn. Auch die alten Erkiftrar von FSndar Nem. DL hatten wohl
diese Sagen&nn notirt. Jetat aber lesen wir de getrabt; das geht
schon daraus hervor, dass hier gar nicht *Äva^ayoQlSm erw&hnt wer-
den. Es ist hier fOr Anaxagoras ans der durch Hesiod und durch
das mythologische Handbuch vulgär gewordenen Sage Proitos einge-
drungen. Dass hier nun gar Amphiarao'? drn Talaos tödtet nnd Adrast
in Sekyon die Tochter des Polyhos heiratUet, steht im Widerspruche
zu jeder anderen TTeborlieferung und ist wohl aus der missverstan»
denen Piudars teile herausgesponnen.
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m. 008 Ampldtr«» iliufUurt. 47
die argiviscben Weiber mit Wahnsinn; da kam Melampus
des Amytbaon Sobn und beilte sie, aber nur um bobea
Lobn: zwei Drittheüe seines Landes mnsste der König ihm
abtreten; in diesen wohnten und herrsohten fortan Melampns
nnd sein Bruder Bias und ibre Nadikommen. So geschab
es, dass Argos dm Ffirstenbauser hatte. Des Bias Sobn
ist Talaos, von Melampus stammt Ampbiaraos und aus dem
alteingesessenen Geschlecbte des Anazagoras entspross Ka-
paneus.**)
Im unmittelbaren Anschlüsse an diese Sage gieht ApoUoJor
I 9.13 einen Stammbaum der Biantideii. Da hier nicht nur
AvöcfiaxTj Gattin des Talaos und der sehr selten erwähnte
IlQdiim^ ihr Sohu wie hei Menaichmos genannt sind, auch
Mekisteus des Adrastos Bruder ist wie bei Herodot» »o darf
man neben diesen sicberen Sparen des Ton uns verfolgten
*) Dergleichen GeichlecbtertraditioDea sind ganz im Stile des
Epos: es genügt aa das Zwiegespräch des Glaukos und Diomedes
Z 146—281 oder an die Stammesgoscliidite des Theoklymenos o 225
—966 sn erinnern. In beiden Enihlnngen sind breit die GrOnde er-
zählt, wamm das Geschlecht seine Ilciniath verliess. wie es neue
Sitze gewann — ganz parallel der für das in Untersuchung stehende
honiori«rh(» EpOH beanspruchten Episodn. — Stammbäume der ilrei
Geschlechter sind für dasselbe jedoch nicht festzustellen. Nimmt man
Blaq TäXnoQ *A9{)narnq als sicher an. so niüHsen auch die beiden an-
deren Häuser bis auf Amphiaraos und Kapaueuä nur 3 Glieder haben
— aber Dtodor schiebt nrischen Melampus und Oikles den ilvrif^^-
xfiq dn» and PltoasiiiM spricht gar von sechs Gliedern bis Arapliflo-
cbos. schöpft aas einer argiTischen Königsliite; fSr eine solche
kamen chronologische Gesichtspunkte in Betradit, denen sn liebe
je nach Bedarf Geschlechter Angerückt oder ausgelassen wurden.
Da aber des Pausanias Angaben auch unter sich auf keine Weise
stimmen — denn von rlrn Zeitgenossen Mclampu«, Hias, Ariaxagoras
sind die Zeitguiiüsseii Ampliilochos, Aigialeus, Stlit'iu los um G, 4 und
5 Geschlechter entfernt — so sind wohl die Zahlen verderbt, oder
swei sich ausschliessende Ueberlieferungen von ihm zusammengear-
beitet Ygl. ffalkmann Pausanias 149.
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48
III. Des Amphianu» Ausfahrt.
Epos auch wohl noch andoro hier üilioifen. Doch diese
Hamenmasse im Ganzen einer einzigen Quelle zuzuweisen»
wäre unmethodisch bei der oft belegten Art und Weise, wie
die mannigfache» in vielen Varianten niedergelegte Gelehr-
samkeit des mythologischen Handbuches von den Excerptoren
zosammengestrichen und oft unrichtig ineinander geschoben
ist So ist audi hier aus anderer Ueberlieferung Lysimache
Tochter des Ahas, Enkelin des Melampus genannt, während
in der verfolgten Version Polybos von Sekyon ihr Vater ist
In diesem Stammbaume wird aucli Parthenopaios Bruder
des Adrastos gemannt, eine seit den Tragikern fast ver-
scbolleno Ueberlieferung. Die Gestalt des jugendschönen
Solllies der spröden Atalante hat ihn verdrängt. Durch
diese Verbindung war er nach Arkadien versetzt. Aischylos
in den Sieben 531 und Euripides in den Schutzflehenden
892 bemühen sich, den Arkader doch wieder zum Aigiyer
zu machen: er soll zwar in jener Landschaft geboren, aber
in AigOB erzogen worden sein. In den Phoinissen 1153
betont Euripides ganz unmotirirt, wie es uns scheinen muss,
„Arkader ist Parthenopaios, nicht Argiver.** Daa sind durch-
schlagende Zeugnisse dafür, dass die argiTische Herkunft
dieses Helden alt und allgemein bekannt war.*) Diese Ueber-
lieferung hat sich behauptet, bis sie dem übermächtigen
*) Argos keiaat das Thal des InaehoB; dass die ganxe Ftolopon-
nes bd Homer oder wmt Aigo> geheiasen habe (vgl. Straboa YIII
371/2^, ist muriehtig. Die wenigen Stellen, welche dafOr angefahrt
werden können, sind beanstandet. — Znm Arkader ist Parihenopaioe
wohl (hirch die Verbindiing mit Atalante geworden, die in den Bergen um
Tegea im Parthenion und vor allen im Mainaion wohnt. Da sie in
Argos nicht nachweisbar ist, kann sie auch nicht als jVIutter des ar-
givischen Talaossohnes Parthenopaios angenommen werden. Oder aber
er ist ursprünglich auf dem Gebirge Parthenion zullause und, weil sich
dies nach Tegea wie nach Argos öffnet, In die Sagen jeder der bei-
den Landschaften früh eCngedrangen.
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III. Des Ampbiu«» Ana&lire:
49
EinfluBse jener grossen Dichter erlag. Hekataios, die Tra-
giker Aristarcb und Philoldes, der gelehrte Anlünachos
folgen ihr:^<>) sie reicht also hinauf bis in die Zeit des Epos.
Fronaz ist nach diesem Stanunhanme ApoUodors in
Üebereinstimmung mit Menaichmos und seiner epischen
Quelle als erster Sohn des Talaos auf^'ofühit. Denn auch
dort ist er der Älteste, das lauiiiicnhaupt, der König von
Argob: gegen ihn richtet sich der Aufruhr. Er wird ge-
tödtet. Wir können erschliessen von wem. Am amyklaiischen
Throne war die Seene dargestellt, wie Adrastos und Tydeus
zwei Kämpfende trennten, und zwar den Amphiaraos und
den LykurgOfi des Pronax Sohn.^^) Sie müssen also Feinde
") Schol. Soph. 0. C. 1320, schol. rholn. 150 (vgl. 44) = schol.
Aischyl. Sept. 530. Nauck FTr« S. 729, 7G0. — Spiro de Eiirip.
Phoin. 27 aah in Phoin. 1153 eine Polemik flos Euripidcs gegen Phi-
]okles, den schon 422 Aristophancs in den Wespen v. 402 verspottet:
kaum wahrscheinlich. Denn darauf konnte Euripides nicht rechnen,
dass äeiue Zuschauer sich erinueru sollten, welche Tragiker den
FkrChenopaioft «Is Argiver eingefUirt hatten; diese Polemik wiro also
wirknngsleB geblieben» keine Polemik gewesen. Ont hat dagegen
Spiro den Gedanken, Euripides polemislre g^n AntimachoB, durch
die Bemerkung zurückgewiesen, Antunachos werde erst in der Mitte
des 4. Jahrhunderts in Athen hekauat: Herakleidea Pontik. bei Pro-
kloa zu Piatons Timaios I p. 28.
") Pausania.s III 18. 12. Diese Seene bildete wohl das Gegen-
stück zum Zwei]:ampfe des Achill und Memnon, auf welche Thetis
und Eos in den Vasenbildeni zueilen — obgleich diese Göttinnen
hier nidit genannt Bind. Den Kampf zwischen Amphiaraos und Ly-
kugw hst Otto Jnhn (Berichte d. aehalachen Oes. d. Wim. ph. hlst.
OL 1863. 91) auf 6 Vaeenbfldem nachgewieien, doch meint er 28, wie
Overbeck, Stephani und Weleker Ep. QykL II 861, Pansanias habe
Tydeus mit AmpliianuiB verwechselt, da Statins Theb. V 660 Tydeus
statt des Sehers gegen Lykurgos kämpfen lasse. Aber Statins hat
wie sie geirrt: ihm schien für den frommen Seher dieser Kampf nicht
zu passen, und so musste es ihm scheinen, weil er die feindlichen
Beziehungen zwischen Beiden nicht kannte. Dass es wirklich kein
B«tb«, Hddeolieder. 4
j y Google
50
in. Des Amphiiram Ausfahrt
gewesen sein. Nun i»t in dem entdeckten thebanischcii Epos»
wie aus Pindar und MenaiduDOS gcschloBsen wurde, Pronaz
im Aufstände des Amphiaraos und der Anaxagoriden umge-
kommen. £r als der Fürst wird dodi wohl gegen den Führer
seiner Feinde seihst geluimpft haben; als solcher tritt Am-
phiaraos deutlich hervor und wird TOn Findar aosdrüddich
bezeidmet. Er also hat den Fromuc ersdilagen, und daher
stammt der Hass zwisdien ihm und dem rachepfliohtigen
Sohne seines Gegners Lykurgos.
Dies sind die Verhältnisse von Argos in dem bei Pindar,
Herodot, Menaichmos nachgewiesenen Epos. Weiter ist schon
für dasselbe aus Pindar die Rückkehr des Adrastos von
Sekyon, wo er den Polybos beerbt, nach Argos geschlossen
worden. Er versöhnt sich seinen gefährlichsten Gegner
Amphiaraos dadurch, dass er ihm Ejiphylen zum Weibe
gibt. Sic ist hier natürlich, als welche sie meist erscheint,
seine Schwester. Findar nennt sie in demselben Gedichte
apd^dftavr' ^Eqt/y^hpf S^xuw ovs xiotop für Am-
phiaraos und die Talaiden. Er spielt dunsh diese Worte
doch wohl wieder auf Situationen und Scenen desselben
Epos an, welches er auch in den vorhergehenden Versen
voraussetzt Nur dies Epos kann also die Erklärung jener
Worte geben; wird aber andrerseits eine befriedigende ge-
funden, so ist mit ihr ein neues Stück dioses theljauischen
Gedichtes gewonnen. Die Scholien genügen nicht, aber sie
schliessen sich doch mit anderer UeberHeferung zusammoi\,
die frcilicli erst gereinigt werden muss, ehe sie verweudet
werden kann. Sie enthält zwei Versionen miteinander ver-
mengt, doch nicht unlöslich verbunden, uns bekannt durch
ApoUodor III und Scholien X 326, das unterschriehen
Irrthum ist, macht obige Darlegung klar. S. auch Jahn Arcb. Zeit
1864 No. 67; seine Deutung der Berliner Tsae 2316 auf Tf. 67 ist
von Fmtwftngler mit Beeht lorttckgewieBen.
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III. Dm Ampliiumoi Ansfahrt.
51
ist f] ictogia xoQa jicxhixid^,^^) Ihre öfter fast wörÜiche
üebereinstimmuiig und gegenseitige Ergänzung beweist, dass
sie beide ans derselben Qnelle> dem mythologischen Hand-
bndie, geflossen sind, das hier für eine der zwei Sagen-
formen AsHepiades vielleicht dtirt haben mag.^')
Nach V. Wilamowitz Hermes XXVI 214 n. 1 praevalirt in
Apollodors Bericht über den Zufj; der Sieben das Pmma nnd A«^kle-
piades von Tragilos. Die erste Behauptung ist ailgemeiu zugestan-
den, die zweite stützt sich allein auf schol. X 326 ^ iaio^la TtuQcc
HaxkTjTtidöfi, ein Zeugniss, dem a priori ebensowenig zu trauen ist,
wie jeder andem lato(flet der Scholien ond mythologischen Hand-
bacher nach den dorchschUgenden Beweisen, die Ed. Schwarte im
XIL Snpplhd. der Jahrb. f. HaSäg. 1881 (vgl. 468 d.) erbracht bat
Pass nun speciell die latoQla dieses SchoUons A 326 aus 2 Bestand«
theilen contaminirt ist, lehrt schon die durchaus unmotivirte Erwäh-
nung des Polyneikes und bestätigt die Vergleichung mit Apollodor,
Hygin 73 und schol. ). 32G Arabros, Welcher von beiden Bestand-
theilen gehört dem Asklepiades oder crchört ihm überhaupt einer von
beiden? Ist ja auch das nicht eimuai sicher! Vgl. £d. Schwartz 445.
— Und aelbat wenn bewieien werden könnte, dass dem echeL X 326
Aiklepiadee an Gnmde Iftge, eo wire doch nicht die Möglichkeit aus-
gesdiloMen, durch ihn auf reine epische SageiiTeirBionen au kommen.
Denn Iti allen Fragmenten zeigt er sich als durchaus wissenschaft-
licher Mythograph. Das lehrt deutlich die w<)rtliche Anf&hrang im
schol. Pind. N. VIT G2 IXirxXi^TCKuSVfi; du la ron' tQftyot^ovfisvwv ^ijoiv
orTty?' ne^c fitv ovv xov Q-avdzov [Nenmokifiov) ßx^öbv (Inftvxeq oi
noir)tal avfifpcavoioi . . . Vrjl auch schol. Pind. P. II 39. Denanach
hat Asklepiades uuzwüitelhäii die litterarischen Quellen der Sagen
wissenschaftlich durchforscht, ja er hat sogar Zeugnisse des Cultus ver-
werihet: Hacpoerat s. t. Meieadnneicv . . . MeUtvlfsnov toö Bijaiwi
ilp^w iatoßf ^fi^tp 'AaxhiJfmSifg xQaytfdovfUvot^. Daher iat er als
emsthafter historischer Forschw anzusehen wie sein Mitschfiler Epho-
ros. Höchst wahrscheinlich hat er also doch auch wohl die ältesten
und reichsten Quellen der Sage, nämlich die £pen, benutzt.
Vgl. Diodor IV 05. 6, schon von Ed. Schwarte mit jenen bei-
den Stelleo zusammengestellt a. a. 0. 453. Bei Diodor steht noch
unversehrt die alte epische Version: 'AfifiuQÜov ngbi Aöiitioiov ara-
4*
62
m D« AmpUacMi Anifalirt.
schol jL 326
ApoUodor UI 6. 2
^Afi/^ptoQooq 6 *OixXiaog yijfiag . . . ytvo^vf^ yoQ (A(ii^ptaif^aiip)
dtevBxß'elq vxiff nvmv xqoq
Kcu JidXiv öiaXv^helg, oqxov- öiaXvoafiBVog mftuoe,
ap 6iaq>^Q€orzai jtqoq dZhj- ap 'AÖQaCtq) Öia^iQ^xai,
Xovq avzoQ tf y.fu "AfSQaötog
IjfiTQtiptir, K{)i(pvhiP xqLvuv ökxkqLpup 'EifigtvlQ ovyx(a-
ftera dh raeta yivoidi»^ xf^ Sre oiv hü &ijßaq iöet
kxl ßijßicg at(faTelaq argatsveip,
6 fihf läftguoQaog axivifBXB Ufi^ia^fdov 41 aptoTQixovtog,
tovg Uuyeiovg
xal TOP IcofiBvov oXed^Qop lUfi^ta^aag , * , XifOBi^mg ort
ytQoefiopteveto, xdvtag rov^ orgarev'
Ottftdpovg x^Q^'^ *AdQa6T0V
reXsvrfjöat . . .]
Xaßovönöl'KQiq^vXfjxoPOQ^ov *Eqi^vX^ top oQ^top Xaßovöa
ütoQa IloXvptixovg top Tijq
*AQfiorlac
jtQootti'iTo Toiq jiEQt TOP htsiCB TOP avÖQa OTQttveveip.
*Aö(fa<STOP ßiaQotiipoig top
Uft/^ßtoQaov . . .
PolyneikeB iriid bei ApoUodor hier nicht erwähnt; aber
kons vorher, dodi scharf geechieden, steht die Erzählung,
dasB ihm Iphis den Bath gegeben habe, Eriphylen durch
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ni. Det Ampbiwfti» Aatfifthrt
63
ndas" Halsband za besteolieii. In diesem Zusammenhaiige
dag^en tritt er nicht anf, nnd wer erwartet auch, daas der
thebaniacbe FlftditliDg bier eingreifen, nnd nicht vielmehr
AdraatoB aelbat aebe Scliwester gegen ihren Gatten beatim-
men werde? Es wSie nnerlaabt» zwei Versionen, die in der
einen Ueberliefemng nodi getrennt nebeneinander stehen,
znsammenzuschweissen, weil sie in einer engverwandten ver-
mischt sind, zumal da gegen die löroglai überhaupt und
ziiDKil der schlimm zugerichteten Odyssecscholicti soit Eduard
Schwartz(Mis einschneidenden Untcrsucliungen Verdacht zur
Pflicht geworden ist. In diesem Falle tritt nun aber noch
eine dritte Stelle hinzu, welche diesen Verdacht rechtfertigt
und die Erwartung, dasa in der verfolgten Version Adrastos
selbst Eriphylen gegen ihren Gatton gewinnt, völlig bestätigt
Der Scholiast bringt zu Pindar N. IX 35 als Beleg für
seine freilich unrichtige Erklärung Folgendes ?or: xeSg dl
füT^Xd'e CAö^ittog top UfiptdQaop); (iiciiv xoi^ad/ievaq
hcümjv doüu xoü agfum xal (ievijXdw ntvzw Scre am-
Xi<f^ai. Er bezeugt also, dass Adrastos selbst die znr Sohieds-
richterin zwischen ihm und Araphiaraos bestellte Eriphyle
durch Bestechung mit dem llalobajule zu einem Spruche
veranlasst hat, der ihrem Gatten den Tod brachte. Es ist
dieselbe Ueberiieferung, welche bei Apullodor und dem
OdysseeKcholiastcn vorliegt. Und sollte noch irgend ein
Zweifel bestehen, ob wirklich Adrast nach einer Sage der
Bcstecher war, so heben ihn Ilygins 73. Fabel und das
Ambrosianusscholion zu X 326 auf. Dies notirt: ^EQi<p\>h]iv
. . . fiptfCtriv 6h 6ia to laßetif x€tQa JloXweIxovg ij'AÖQdatov
avt^q . . . Hygin giebt: . . . »Adrastns antem . . . monile anrenm
ez genums fedt et nnineri dedit soxori snae Eriphykeb
qnae doni eopida coningem prodidit" Da die enge Ver-
54
m. Des AmphiMBOB Aufalut.
-wandschaft des Grundbestandes dieses Fabolbuches mit Apol-
lodor und Beider Abkunft aus demselben mythologischen
Handbuche erwiesen ist» kann es nicht überrasdien, bei
Hygin einen andern Brocken derselben Version, welche nn-
Tollständig bei Äpollodor Torliegt, Torsprengt zu finden*^*)
Diese Stellen yereinigt ergeben mithin folgendes: ein Streit
hatte einst Adrastos nnd Amphiaraos entzweit; dodi eine
Versöhnung kam zn Stande, Amphiamos nimmt jenes Schwes-
ter, die Talaostocliter Eriphylo, zur Gattin und beide schwören,
sich ihrem Schiedssprüche zu unterworfen, sollte wieder ein
Streit entstehen. Diesen bringt der Plan, gegen Theben zu
ziehen. Eriphyle hat zu entscheiden und, von ihrem Bruder
bestochen, befiehlt sie dem Gemahle, diesem in den Krieg
zu folgen, der ihn verderben sollte.
Von selbst fügt sich dies dem für das thebanischo Epos
schon mit Sicherheit Ermittelten an nnd erklärt zugleich
vollkommen Findars Worte. ^'^) Es ist kein weiteres Wort
Diese Notiz ist bei Hygln mit der eigenthOmlichsa Vefsiod
verbunden, dass sich Ampblaraos in adnem Hause verbirgt. Sie hat
mit dem liier verfolgten Epos nichts gemein: dcuu in diesem hatte
Amphiaraos gar keinen Grund, sich zu verborgen; frei erwartete er
den Schiedsspruch seiner Gemahlin, dem er sich zu fügen gelobt.
Sie gehört in einen anderen Zusammenhang, der unten S. 79 erwie-
sen werden wird. — Dass Adrast selbst das Ualsband aus Gold und
Edelgeitein gefertigt, ist wohl dn Yeraehes. Ueber die Bestandtheile
des oQ/toQ der Eriphyle Paas. IX 41, Heibig Hom. Epos aus d. Denkm.
erl « 268.
In dem übrigens thörichten schol. Pindar N. IX 31 (Abel
264/5) ist gesagt^ Adrastos habe dem Amphiaraos Eriphylen gegeben
Vv' Firi fii'y' i'oißfta ßfx^ ainpoti a i ylvrjtai ccvTtj SiaiTn.
Dieser Ilexameterschluss steht i 37 von Zeus und Ilera. Welcker
Ep. C. 11- 345 n, 49, obgleich er Polyneikes als Bestechcr annimmt,
hat vermuthet, die Worte stammton aus der rhchai», die er der t^t-
Att<ri( gleichaetai Dass sie sn letstwer gehören können , selgt die
Untersnehnng.
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lU. Dm AmpbiwnuM Auifalirt
56
der Empfehlung nöthig. Das aber muss scharf betont wer-
den: das berühmte Halsband Eriphylens lässt sich in dieser
Sagonform weder in Yorbindoog mit Poljrneikes, noch gar
mit Harmonia nachweisen.
Hier halten wir ein nnd überblioken das Ei|;ebni88 der
Untersachiing, Ein Epos hat erzählt» wie Amphiaraos ge-
zwungen wurde, gegen seinen Willen in den Krieg wider
Theben zu ziehen. Er selbst steht im Mittelpunkte des
Interesses: er hat einst das Geschlecht des Talaos ans Argos
vertrieben, er hat ihm die Rückkehr gestattet unter der
Bedingung der Gleichberechtigung und als i'land des Ver-
trages des Adrastos Schwester heimgeführt. Die Ausfahrt
dl Amphiaraos iu den Krieg gegen Theben ist der Angel-
punkt der Handlung. Wir dürfen annehmen, dass im Wei-
teren der unglückliche Ausgang des Zuges geschildert war.
So sehen wir in der aufgedeckten epischen Sagonform
die Forderungen erfüllt, welche der Titel des homerischen
Epos !Afig)idQsm ig ß^ßa^ i§i3La<UQ m erheben zwingt —
bis auf eine, dass nlbnlich die Sage yon Alkmeon nnd den
Epigonen nicht er^hlt war. Aber schon jetzt können wir
mit Sicherheit behaupten, dass die Radie an Eriphylen,
Alkmeon, also auch die Epigonen dem aufgefundenen Epos
frond sein müssen. Denn die hier verfolgte Sagenform
kennt niclil den Verratii Lnphylcns. Diese ist hier
vielmehr die durch Verträge bestellte Schiedsrichterin zwi-
schen ihrem Bruder Adrastos und ihrem Gatten Amphiaraos,
deren Spruch zu gehorsamen beide einst feindliclu^ Parteien
durch heilige Eide gelobt hatten. Es war ihr Recht, zu
entscheiden, wie sie wollte. Wer mag ihr verdenken, dass
sie ihre Stellung nach Möglichkeit ausnutzt? Schön ist das
gewiss nicht. Der moralische Christ entrüstet sich; der
homerische Mensch mit seinem naiven i^ismus, von dem
sich auch der moderne Südländer im Gegensatz zu uns
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56
III. Dm AmphUraoa Ao»f*hrt.
äusserlich anständigen Hyp< i boiccrn noch viel bewahrt
hat, wird in Eriphylons Handlungsweise nichts Verbreche-
risches gefunden haben. Adrastos gab ihr mehr, als Am-
phiaraoB ihr zu bieten hatte: also entschied sie für den
Bruder gegen den Gatten. Seine Prophezeiungen glaubte
sie ebenso mug wie jener nnd die andern Helden; gingen
sie aber in Erfüllung, so batto sie wie den Gemahl auch
die Bruder in den Tod gesandt Ampbiaraos durfte sein
Weib nicht strafen, er durfte auch nidit von seinen Söhnen
Bache fordern an ihrer Mutter für seinen Tod. Er hätte
dann ja seine Eide gebrochen: jeder Schiedsrichter ist unver-
letzlich und steht über den Parteien.
Es kann also das vorfolgte Epos gar nicht den Muttor-
mord Alkmrons erzählt haben. Damit wird es höchst un-
wahrscheinlich, dass es überhaupt von dm Epigonen be-
richtet So hält sich denn dies unbekannte Godicht ganz
in dem Bahmen, der das Lied von der Ausfahrt des Am-
pbiaraos nothwendig umgrenzt hat, und es xeigt die Anlage,
welche für jenes vorausgesetzt werden muss. Ich kann vei^
sichem, dass ich dies Besultat nicht gesucht habe. Um so
werthToUer ist mir dies Zusammentreffen, und der Wahr-
seheinlichkeitsschluss ist berechtigt: das ao^fundene Epos
ist die homerische lifi^iaQem ig Bi^ßag l^tXaöiq.^^)
**) ^kI- die Sage von dem mit Amphiaraos vielleicht identischen
Heros Kvvonro; in Tanagra: PlutArch Q. Gr. 40.
Ob die von Theogois 213 und Pindar (Boeckii vüi. II 2. 650)
benutsten, von Kleareh iv ß' ne^l nagotfudiv (Athen. TU 317 A) ttber^
lieferten, vom Euyetier Antigonoe 35 als homeriscli citirten Veree:
tüZatP i^MK^/id^ov, zw» itep Mota d^ftov Jx^ai.
{SUott f dixeiog reli0ti» and x*»W ittea^ add. Bergk PL^II 189)»
«ie Boeekh und Weicker meinten, ans dieiem Gedichte (reip. The-
bsis) stanmen, lloet sich nieht arantcheo. Auf cUete Annslmie atflts-
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in. Des AmphUunu» Aniffthrt. 57
Pindars neunte nemcische Odo fülirt uns weiter. Sie
spricht von unhcildrohenden Vorzeichen; aber sie werden
nidit beachtet; in's „offenbare Verderben rast das Heer mit
diemen WafiSen und Pferd und Wagen." An den Ufern des
Ismenos finden sie den Tod, alle Sieben. «Aber dem Am-
pbisraos spaltete mit allgewaltigem Blitastralile Zens die
tiefbnsige Erde, barg ihn in ihre Tiefen mit semem Wagen,
ehe des FerOdymenos Speer seinen Rüeken dnrdibohrt tmd
seine Kriogerehre geschändet." Dies gewaltige Bild ist ein
würdiger Abschluss für das Lied von der Ausfahrt des Am-
phiaraos. Es muss derselben Quelle zugesprochen werden,
wie das, was Pindar vorher angedeutet mehr, als erzählt
hat; als solche bot sioh ehen jenes Epos imgesucht dar.
Also gehört es ihm an, es sei denn, dass ein Eiss, eine
ten Lobeck und Bergk (Com. de com. Attic. ant. 220, Bemays Ges.
Abb. I 311) die mnralmcheiiiliehe (Welcker Ep. 0. II 324 n. 8) Hy
polllese, 'Apufid^em i^iletotg sei ein Lehrgedicht gewesen. — Es lauen
sich diese Vene mclit in einer angeregten Abscliiedsscene beim
Bachcgebote des Amphiaraos denken, passen also insofern gut zur
„Ausfahrt". Auch schliesst die Anrede an Amphilochos den Gedan-
ken an ein Eachefrebot an^, da dieser niemals Miittermörder genannt
wird. Er ist der echte bobo, ein Doppelgänger des Amphiaraos. Meist
treten sie getrennt auf, beide orakelnd, Amphiaraos im Mutterlande,
Amphilochos ini Osten und Westen; in Oropos sind sie vereinigt
(Pub. I 34. 5). Alkmeon dagegen ist hier wie Qbenll nicht soge-
lassen, obgleich anch er als Heros Terehrt worde und orakelt m haben
scbeint (Bohde Psyche I 177 n. 1). Umgekehrt, wo er oder seine
Namensverwandten (bes. ^Alxfi^VT], die auch als seine echte Schwester
in die Familie des Amphiaraos aufgenommen ist: Asios bei Paus. V
17. '^^ flitzen, finden sich jene nicht. Zu Theben hatte Alkmeon ein
Heroon; den Amphiaraos aber in Oropus zu befragen war den The-
banem verboten (Herodot VITT 134). Dies die sacrale Thatsache,
über Herodota Begründung s. v. Wilamowitz Hermes XXI 104. — So
scheinen die angefahrten homerischen Verse die ftlterte Sagenform
Toranssosetaen, welche weder Eryphylens Verrath noch Ihren Uord
k«int» und kannten wohl dem AmphlanosUede entnommen sein.
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Ö8
m. D«« AmpUanMi Aufahrt.
Discrepanz in Pindars Darstellung aufgezeigt und diese
letBte Soene mit gewichtigen Gründen auf ein anderes Vor-
bild zarückgefolirt werden könnte. Für jenen Versncli sehe
ich keine Möglichkeit, dieser ist bereits gemacht worden.
Schon Weldcer hat den hier geschilderten Unteigang des
Amphiaraos der Thebais zugeschrieben, die ihm freilich för
identisch mit der „Ans&hrt** galt Rfirzlich bat Rohde^^)
diese Vormuthuiig durch den Hinweis auf die ähnliche Stelle
im sechsten olympischen Hymnus zu beweisen gesucht, in
welchen Pindar nach dem Zeugnisse des Asklepiades einen
Vors der kyklischen Thebais iiliernomraen hat. Pindar singt;
„Hagesias, du bist des Lobspruches sicher, den einst mit
Fug die Zunge des Adrastos über den Seher Amphiaraos,
des Oikles Sohn, aussprach, als die Erde ihn und seine
glänzenden Stuten verschlang. Als die Scheiterhaufen für
die sieben Helden errichtet waren, sprach des Talaos Sohn
Tor Theben etwa solches Wort: ich yermisse das Auge meines
Heeres, gleich trefflich als Seher und SpoerHunpfer/'^*) Zu
den letzten Worten hat Asklepiades notirt: zaCra bIX^^p
hc xrjq xvüXtx^ Sifi€tldog. Rohde meint nun, nicht nur
dies „Klagewort", sondern die ganze dasselbe motivirende
Situation sei diesem Epos entlehnt und folglich auch das
entsprechende Bild des neunten nemeischen Epiiiikions.
Aber znnärhst ist einzuwenden, dass die Ähnlichkeit nur ganz
allgemein im Verschwinden des Amphiaraos liegt und dies,
da es feststehende Cultsago ist, in allen Schilderungen sich
finden muss. Ferner ist gar nicht bezeugt, dass die Thebais
ein „Klagewort** enthalten habe — giebt doch auch Pindar
kein solches — sondern wahrscheinlich nur das Lob
") Welcker Ep. C. II 366, Rohde Psyche I 107 n. 1.
*") Vgl. V. Wilamowitz Isyll 163.
>*) Ich werde l^nindUdiBt darmf nu^ecksam gemiebt, da«
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in. Dei Amphiarftos Amfalirt
Ö9
Denn doch ntir dieser Vers ist das Wort, um dessen willen
Pindar den Hörem diese Scene vorführt, das er auch auf
den Hagesias anwenden will Dieselbe Anfiiassang hat ▼on
WiUunowitE ansge^rodien und sie wird gewissennaassen da-
durch bestätigt, dass SophoUes bei der Charakteristik des
AmphiaraoB offenbar denselben Vers nachbildet (0. 0. 1314)
olog 6oQv66ovq Afig)iaQbo}<i ta jtQwtn fiev
ÖOQEL xgoTVPoav, jiQCOTtt 6* oloavcöv oöolq.
Ferner aber ist die von Pindar gezeichnete Situation keines-
wegs klar und es lässt sicli zeigen, rlnss von der Bestattung
der argiver Helden, wie hier, in der Thebais nicht erzahlt
worden sein kann. Damit löst sich der Tersudite Beweis
dssL Aber es liegt mir ferne, irgendwie bezweifeln zu wollen,
dass in der Thebais Amphiaraos von der Erde verschlungeii
sei. Weil dies eine Thatsache der Sage ist, so musste es
jedes Gredicht berichten. Mithin ist es unberechtigt, die
beiden Pindarstellen auf dasselbe Epos zurückzuführen. Sie
können sehr wohl aus zwei verschiedenen Quellen geflossen
sein. Und dass die des neunten neraeiscben Hymnus der
Äusfalirt des Amphiaraos angehört, scheint mir sicher, sofern
die übrige Erzählung desselben diesem Epos mit Recht zu-
gesprochen ist. Ein Beweis für die Identität dieses Ge-
dichtes mit der Thebais ist also auch hier nicht zu ge-
winnen.^®) So dürfen wir für das Amphiaraoslied aus Pin-
offenbar dies die richtige Wiederherstellang des ThebaiBTerMs ist,
während WiltmowitB Isyll 163 n. 4 aus F 179 xgaxBifoq t* alxfui-
rqc einsetzt. Znr Cbnstruktion vgl. Xcnophan. fg. 2 v. 15 f
Bis vor kurzem habe ich diese Ansicht Wclckers petheilt.
Durch die folgenden üntersuchungpr! wurde ich '/n der Annahme ge-
drängt, dass es zwei epische Thcbaiden gegeben haben müsse, von
denen sich die eine auf den Zug der Sieben beschränkte, die andere
auch den der Epigonen umfasste. Für jene nahm ich zuerst die Frag-
mente der kyklimslien Thehfds als inm mteien Gedichtes In An-
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60
III. Des AmpMsraos Aniflriirt.
dar entnehmen, dass dieser Held die Ton Qim Yoraiugeseheiie
Niederlage selbst miterlitten Hat nnd tob der allgemeinea
„daimcmiBchen Fureht^ erfasst dem PeriUjmenos nicht Stimä
zu halten yermochte.
Ein iorchtbarer Kampe mnsste es ntttiirlich scnn, der
den trefflichen Seher nnd gewaltigen Lanzensdiwinger tor
sich hergejagt und fiist von hinten durchbohrt hätte. Und
Periklymenos war in der Tbat dem Amphiaraos ein ebenbür-
tiger Gegner. Der Hypomnematist hat zu dieser Stelle Pin-
dars bemerkt: {lh(aKXvftsvoc) rjv vtog Uodttömvog xai ÄXoj-
Qi^oq Tfjq TtLQtöiöv. Das Altorthümliche und Echte dieser
Genealogie leuchtet ein.*^) Auch von Euripides Phoin. 1155
wird er kvaXiov d-eov jtalq genannt. Somit ist es sicher,
dass der Pindarscholiast die Genealogie des Periklymenos aus
alter Ueberlieferung geschöpft hat; man wird deshalb anch
Cbloris als seine Mutter annehmen dürfen, zumal, da sie auch '
in der Nelidensage mit ihm Terhunden ist; aber auch, dass
Tevesias ihr Vater war, wird durch Fisander (scfaoL Phoin.
834) besfötigt.*«)
sprach, für diese die übrigen der Thebais-Epigonoi. Da aber sprach-
licli beide Gruppen eine späte Entstehnngszeit verratbpn, ist diose
Vcrmuthung nicht aufrecht zu erhalteo. Desshalb imiss die Iden-
tifikation der Thebais mit der iSu.aaig aufgegeben werden. TTebri-
gens lege ich weniger Werth auf die Belehnung des aufgezeigten
Epos mit dem Titel *A/A^idQea) i^^Xaait, obgleidi idi de ftr xlehtig
halte, als viehnebr anf den Naebwets, dass ss swei Epen Aber den
Zog der Sieben gab.
»>) Periklymenos ist ebe bedeutende Sagengeitalt gewesen, abtt
für uns tritt er nicht als solche hervor, da er dem troisrhcn Sagen-
kreise fremd ist. S. Toepffer Atti«rbp Gonralofrie 226 n. 1 Er ist
uns als Nelide bekannter, dessen Kampf gegen Herakles und die ihm
von Poseidon verliehene Ciabe, vielfache Gestalt anzunehmen, Hesiod
gefeiert hat: schol. ApoUn. Ith. I 156. Auch als Kelide ist er Sohn
der Chlons und steht zu Poseidon in engster Besiehnng.
S» oben S, 4 n. 10. Mb Ist merlnrOrdig, wie genau Apollo«
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III. Dm AmpUaram Anslahrt
61
Hier verlässt uus unser bisheriger Führer, das neunte
nemeische Siegeslied: es berührt nicht weiter den iheba-
nischen Sagenkreis. Aber noch haben wir fierodots Angaben,
weldie demselben £po8 entnommen sind, auszunutzen, daea
Melanippos, des Astakos Sohn» den Tydens und des Adraatoa
Bruder Meüdstena erschlagen habe. Dasselbe berichtet kons
Pausanias IX 18.1 bei Gelegenheit des Grabmales des Me-
lanippos. Den Verdacht, dass er vielleicht ans Herodot ge<-
schöpft habe, widerlegt sein Znsatz, der bei jenem nicht
steht, Melanippos «elbst sei von Aiuphiaraos getödtet wor-
den. Daran schliesst sich das wohl unversehrte Fragment
des Pherekydes im Scholion zu 126 ABTw, dem schol.
Find. N. X i2 so gleicht, dass auch für dies dieselbe Quelle
dor m 6. 9. 4 mit Phidtr über Arophiaraos Ende nicht nur in der
Sache, tondem in wörtlichen Anklingen abereinttinunt.
(S2) ^lofiTjvov in' oxQ^aiai . . . ^AinpiaQaao 6i ipevyovxi na^ä nih
(85) 6 6* lÄft^pitt^fg axhffeuQ 9e$' ta/ih» *Iüfapwy, n^v trir^ n$^-
vov, x^o*'^ xQv^ty ^nnotq, Zsvg xe^vvbv ßaXwv z^v
öovqI negtxXvßk'ov TtQlv rcur« ödatijaev. d dh avv Tai aQfiazi xal
tvnivta naxonuv &v/i6v fda^vv- t*y ^f'^^XV ^Oi^*>»vi . . . ix^v^Bij.
Dass der Verlasser dos mythographischen Handbuches dies Pinda-
rische Gedicht Lenutzt habe, wie v. Wilamowitz Hermes XXVI 225
n. o meiut, ist au aich nicht waliriicheiulich, da oä nur knappe
Andeutnngen enthalt nnd ttbeihanpt Piadar ichveriidi saders ala
ftlr Yaiimten herangezogen itt: s, oben 8. 31. Da non die Be-
nntinng der Thebels fOr Adnst nnd Anion nnd den Tod des Far-
thenopaios bei ApoUodor zu Tage liegt, sich auch für Baten, den
Kampf des Tydeus mit Melanippoa dies Gedicht als Quelle ergeben
wird, da ferner das Ufer des Inmonos als Schlachtfeld auch sonst fest-
stelii, (ia endlich bpuren des Amphiaraosliedes bei Apollodor, Hygin,
Diodor aufgezeigt sind, so ist, meiuc ich, dafür die grössere Wahr-
scheinlichkeit vorhanden, dass die auffallende Uebereiustimuuuig der
ausgeschriebenen Stellen durch eine gemeinsame dritte Quelle, ein
Epos, zn erklären ist
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62
m. Dm AmphlanuM Ausfahrt.
vorauszusetzen ist.*'') Es spricht zwar nicht von Meki-
steus, ci^ählt jedoch, da.ss Melanippos den Tydeus tödtlich
Yerwundet habe, selbst aber von des Amphiaraos Hand
gefallen sei; der habe seinem Waffeugefahrtea Tydeus
auf deseea Bitte den Kopf des ecschlageneii MelanippoB sa-
geworfen, ans dem dieser thieriscb das Him gescblfirft:
dnrch diesen Giänl sei Athena abgeschreckt, die herbei
kam, ihm die Unsterblichkeit zn bringen. Dies ist nur em
Tollstandigerer Bericht derselben Sage, welche Pansanias
und Herodot andeuten; denn dass nach diesen Tydeus ge-
tödtet, luicli jL'iiem tödtlich verwundet wird, ist kein Unter-
schied. Folglich hat Pherekydes aus dem Liede von des
Amphiaraos Ausfahrt geschöpft. Es w^ird dadurch die schon
lange gehegte Uebcrzeugung bestätigt, rlass diese alterthüm-
liche Scene voll grimmigster Wuth und wilder Heidenrohheit
aus einem alten Epos stamme.*^)
Für weitere Einzelheiten des Kampfes um Theben im
Amphiaraoaliede fehlt jede UeberUeferong; dennoch kann
Einiges vermuthet werden. Es Terhilft daaa die alte und
allgemeine Ueberliefemng^ dass es sieben Helden waren, die
wider das siebenthorige Theben zogen. Nach dem freilich,
Der Schluss des letzten Berichtes steht unter dem Einflüsse
des Gitate« ans Eorlpides Heleager fg. 637. Auch schoL Find. N.
XI 48 wird snf Phorekydes larttckgehen. Bakchylides fg. 54, Sopho-
kles fg. 781 (vgl. Wefeker Ep. C. II 884 n. 106)» Lykophnn 1068,
Dosiades Ära 17 geben zu wenig Detail.
Apollodor III 6. 8. 3 berichtet eine andere Version, welche
sich scharf von dieser unterscheidet. Sic setzt Feindschaft zwischen
Amphiaraos und Tydeus vorans — ein dem Amphiaraosliedc fremder
Zug. Sie wird C. IV S. 77 für die Thebais beansprucht werden. Welcker
Ep. C. II 6i}2 hat beide Sagentormen miteinander vereinigt und dem-
entsprechend glaubte Bobeit de Apollodori bibliotheca 67 und Bild
a. Lied Sl n. 21 Fherekydes anch für Apollodor als Qnolle ▼emmthen
zu ditefen.
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IIL Des Amphiaraot Ansfithrt
63
was von Wilamowitz kürzlich ausgeführt hat (Hermes XXVI
229), sind die sieben Xhore xiicht ur^rünglich in der Sago
begründet, sondern von einem epischen Dichter erfunden als
das belebende Moti? für die Schlachtschildemng. Obwohl
Bein Nachweis überzengt, dass die la{gß Thebens nur drei
Thore fordert und nach Analogie alter Bargen wie Tiryns
und Mykene nicht mehr Zugänge als irgend nothig Torans-
gesetst werden dürfen, so mnss doch betont werden, daas
die Siebenzahl gerade in Boiotien eine tiefe und heilige Be-
deutung gehabt hat: diese Thatsache drängt sich auch dem
Feiude aller Zahlenmystik unabweislich auf. Alle sieben
Jahre feierten die Plataier das Fest der ^'HQa Tekeia auf
dem Kithairon. ^••) Sieben agyr/ytrat hat Plataiai, deren Be-
wohner Reste der alten boiotischen Bevölkerung und nicht
mit Dorern gemischt waren.***) Sieben von den fünfzig
Söhnen des Herakles bleiben in Thespiai als öt^iiovxoi.*^)
Sieben Söhne und sieben Töchter hat die thebanischeNiobo.*^)
Wenn nun sieben Heroen Theben angreifen und sieben theba-
nische Helden ihre Yatezstadt vertiieidigen, so mfisaen wir
doch angesichts dieser Parallelen dies als eine Thatsache
hinnehmen, und so hat sie auch Ton Wilamowitz gegen Pau*
sanias vertheidigt. Sieben Thore mag Theben nie gehabt
haben, sieben Vertheidiger und sieben Angreifer hat es ge-
habt, sobald die Sage oiitäLaiid, lange vordem ihr ein iSänger
die ewige Form gab.
So muss auch für das alte Amphiaraoslied die Sieben-
zahl gefordert werden. Uebcr die thebaner Helden ist die
Ueberliefenmg zu dürftig, Argiver hat sie uns für dies £poa
S. oben S. 9.
Plutarch Aristeid. 11, v. Wilamowitz Hermes XXT. 112 f.
«') Apollod. II 7. 6. 2 = Diod. IV 36. 2, 0. MüUer Orchome-
noB 221.
**) Vgl. Thnemer Pergamoa 7.
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64
IIL Dm AmpliianM Aniialirt.
schon sechs gegeben: Adrastos,'^) Amphiaraos, Tydeus, Me-
Idsteus, Polyneikes, Parthenopaios. Sie gehören zwei Familien
an: Adrastos, des Talaos Sohn, mit seinen zwei Brüdem
und zwei Töchtennännem den Biantiden, Amphiaraos den
Melampodiden. Aber dies Gedieht hat yon dem Streite
dreier GeachllBohter in Argoe ersahlt: ee fehlen die Anaza-
goriden. Auch dies alte aiigiTiache Hemclierbaiia wird doch
an dem grossen Zuge g9gen Theben Theil genommen haben;
also ist in ihm der Siebente zu suchen. Da bietet eich
Kapaneus, des Anaxagoras Enkel,*®) nach der einen Version
Sohn des Ilipponoos,^^) nach ajideier des Aiektür.**) Ueber
ihn ist die üeberlieferung merkwürdig dürftig. Sic weiss
nur zu berichten, dass er sich verschworen habe, Theben zu
nehmi'ü, und Zeus ihn, als er die Mauerzinne erklimmt, mit
dem Blitzstrahle erschlägt. £s steht diese Gestalt als der
Typus dee wilden Kämpen allgemein fest £b ist da wohl
der Scbluss erlaub t,^^) dass diese gewaltige Figur, von einem
Dichter geformt, die Phantasie des Volkes so gefesselt hat»
dasB sie vom umbildenden Strome der Sage unberührt in
fernste Zeit hinaus stehen blieb, ein Urlnld ungesilgelter
Heldenkraft. Dasselbe Schicksal hat der Ton der Erde yer-
sehliyigcno Amphiaraos gehabt^ dasselbe der grimme Indens:
und dass diese beiden Gestalten vom Dichter des Amphi-
araosliedos für die Ewigkeit gezeichnet sind, ist versucht
worden, durch diese Uutt isuciiung zu beweisen. Der Ge-
danke liegt nahe, dass auch Kapaneus demselben Dichter
••) Es ist keine Veranlassung, ihn hier als Alton 7a\ denken
(vgl. Welcker Ep. C. II 367); er ist vielmehr etwa gleichaltrig mit
seinem eiustigon Oegner Amphiaraos.
Schol. Ii öü4 = schol. Phoin. 181.
») Sehol. PIna. J. IX 81, ApoUd. III 6. 3. 1, Hyg. t 70.
•«) Fant. II la &
**) Vgl Bohde P^e I 107 n. 1.
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III. Des AmphiaraoB Ausfahrt
65
sein festausgeprägtes Bild yerdanke. Doch ist zu bemerken,
dass er merkwürdiger Weise bei Homer nur im SchiffiB*
kataloge beiläufig erwähnt wird und sein Sohn Sthenelos
keine BoUe spielt, während des Tydeus Heldenthum des
öfterea gepriesea wird.*^)
Adrastos entkam ans der allgememen Niederlage sicher
in der Thebais allein Yon allen durch sein gottliches Boss.
Kein Zeuge berichtet anders. Dennoch kann mit voller Be-
stimmtheit gesagt werden: auch er ist nrsprünglich Tor
Theben gefallen, wie alle seine Genossen. Das ist eine Ent-
deckung H. Uscnors, die zu benutzen er mir gütigst gestattet
hat. A 328 — 334 tödtet Diomedes die beiden Söhne des
Merops von rcikote, der besser als alle die Seherkiiii>>t s er-
stand: der Vater hatte sie nicht ziehen lassen wollen in den
mordenden Krieg; doch sie hatten ihm nicht gehorcht —
xfjQ£q yaQ ayov ^liXavoq ^apdroto. Dasselbe steht im B
828 — 834, da sind auch ihre Namen genannt: jiÖQrjiSTog mid
"Jifi^toq. Der zweite Name ist nur die kurze Form yon
'4(i^piaQe(oqy jiftgua^g, irifi'ICftaQog von *lafi€iQa6og, KäX?4XJfoq
für KäXlucxl^ nsw.'^) So tritt das ans den thebanischen
Sagen wohlbekannte Heldenpaar uns auch unter den troi-
sdien Bundesgenossen entgegen. Ihre Heimath, ihr (Jeschledit
haben sie geändert, aber ihre Namen sind ihnen geblieben
— und ihr Schicksal: sie wussten, dass der Krieg sie ver-
derben wiirde,^*^) aber sie zogen doch aus und vollendeten
ihr Geschick, alle beide, Adrastos wie Amphiaraos. Die
'^*) S. jedoch T. Wilanowits Hermes XXVi 226 nnd vgl. unten
Cap. VII a. E.
Vgl. Maass Hermes XXIII 613, Crusius N. Jahrb. f. Ph.
CXLIII (1891) 390.
Die Sehergabe ist von Amphiaraos auf den Vater Qberge-
gangon. E 612 wird *A(i(ptoq noch ehunal mchlagen, aber allein und
als Sohn des XHuyoq von Palsos.
Beihe, Heldenltedv. 5
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66 IU> Des AmphianuM AoBfAhrt.
Folgerung liegt anf der Hand: des Adrastos Entrinnen kann
nicht alte Sago seuu Wie er vor Troia mit Amphios dem
Tode verfällt, so mu88 er auch einst vor Theben mit Amphi-
araos dasselbe Leos getbeilt haben« Und wenigstens eine
leise Spur dieser Sagenform kann in Boiotien an^sezoigt
werden. Strabon bemerkt IX 404, bei dem Theben benaeb-
harten Orte ''AQfia sei des fliehenden Adrastos Wagen 2er-
trumm^ worden, nnd setzt aus Fbilochoros hinzu, daas die
Bürger dieses Dorfes wegen Rettang des Adrastos Isopolitie
bei den Argivem genössen. Die hinzugefügte Bemerkung,
der Held sei durch sein Ross Areion gerettet worden , will
offenbar nur zwischen dieser ungewöhnlichen und der vul-
gären Sage vermitteln und richtet sich auch dadurch selbst,
dass die so erfolgte Kettung nur durch Keiten möglich ist.
Wird der Streitwagen eines homerischen Kämpfers beschä-
digt, so ist er selbst verloren, rettet ihn nicht spinp Hel-
denkraft oder das Gefährt eines Freundes. Ich glaube da-
her, in dieser einzigen Notiz noch einen Kachklang der von
Usener aufgedeckten nralten Sagenform erkennen zn dürfen.
Nach der nrspriin^ohen Sage kamen also alle sieben
Helden von Argos in dem furchtbaren Kampfe rot dem
siebenthorigen Hieben auf der Ebene des Ismenos um und
keiner entrann. Die Thebais rettete den Adrastos und liess
Theben durch die i^piizonon erobern, die Väter rächen. Dan
Amphiaraoslied kannte diese Sago nicht und endete mit der
Vernichtung der stolzen Argiver. Und dies Epos sollte einen
Fürsten habou entlvomraen lassen, ihn, der durch hinter-
listige Bestechung seiner Schwester den Schwähor in Krieg
und Tod gezwungen hatte? Was sollte au» Adrastos werden?
Zu welchem Zwecke sollte es die Sage geändert haben?
Sthenelos sagt J 409 von den Sieben: x&Tvot 6h ag>eTi-
{f^iStv atacd'aXLyai» q24>pto, Hesiod W. u. T. 162 kennt nur
den Untergang der Heroen vor Theben, und Pindar erzählt
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III. Des AmphiftTAM Ausfahrt.
67
N. IX, wo er die Sagefonn der i^iikaOiq wiedergiebt, dass die
Sieben an den Ufern des Ismenos um die süsse Heimkehr
kamen und erwälmt wie die IliaBstelle des Adrastos FLacbt
nieht Freilicli kann dies Schweigen ebenso wenig beweisen,
wie die sieben Leichen bei Pindar;'^ aber möglich ist es
wenigstens, dass sie der alten Sage folgen. Aller aigiver
Helden Tod nnd Verderben wird auch das Ende vom Liede
gewesen sein, das dos Amphiaraos Aus&hrt besang.
Ans dem wüsten Trümmerhaufen von Köpfen, Leibern,
Amen und Beinen setzt der Archaeologe die Bildwerke
wieder zusammen, indem er ein Stück mit seiner Bruch-
flache an ein anderes anpasst; bei fortschreitender Sichtung
wird es ihm möglich, Fragmente einer Statue auch dann
mit Sicheriiuil zuzuweisen, wenn die smiiiäUig beweibeudeu
Verbindungsstücke fehlen. Dasselbe ereignet sich bei Re-
construktionsversncheu von Epen, deren Trümmer durcheinan-
dergeworfen und unhezeugt n.uf uns gekommen sind.
öas sehr gelehrte Scholion zu den Phoinissen 26 giebt
unter einer Fülle seltener Versionen auch folgende Notiz: oi
6t {(päd xbv öiöixoda) elg d^aXacaav ixQig^tfVai ßXvfO-tvta
eiq Xdffvaata xal je^ocoxalkapra JSsxvdSvi vxo rov IIoXv'
ßov dvatQaqt^voL^^) Dies ist nicht die einzige Spur dieser
V. Wflamowits layli 163. Daro weder die i^ÜMfi^ noeh die
Thebüe die Bestattong der Aigiver enthalten hat, ond wie Pindars
Abweichung zn erklären Jat, wird S. 94 ff. gezeigt werden. — Brink-
mann weist noch Erwähnungen des Adrast nach in Yol. Hereol. YIU
(Coli, alt.) t. 55. Vorläufig ergeben sie nichts.
*■) Dieselbe Notiz ist vereinzelt m v. 28 wiederholt mit der
Aenderun^ f{o(jlrd-(;) für ^(ryvcüvi. Da hier gar nichts neues gegeben
wird, so kann man an den HelbHtstilndiEren Werth dieser Bemerkung
nicht glauben, musä vielmehr annehmen, dass »chol. 26, resp. dessen
Torlage, ihre Quelle ist und irgend Jemand ffir das ungewohnte Lo-
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68
m. Des Araphiara«» Anafabri
yerschollenen Sage. In Hygins Fabel 66 ist berichtet:
^ocaeta Mcnoeci filia uxor (Lai) cum peperisset (filiimi)»
inssit (Laius) exponi. Hudc Periboea» Polybi regis uxor, cum
Testern ad mare lavaret, ezpositam sustulit» Polybo sdeiite;
qnod orbi erant liberis, pro sna edncaTenmi" Ein glüdc-
lidier Zn&ll bat Tor Kurzem eine Bestätignag der ricbtigeii
Verbindung dieser beiden Notizen an's Licht gebracht Es
ist eine Thonschale mit gepressten figürlichen Darstellungen
und Namensbeisohriften ans Tanagra, jetzt im Ixravre be-
findlich, von E. Potticr mit trefflichem Commeiitare publi-
cirt.^^) Sie zeigt zwei Scenen. Links sitzt auf einem Sessel
inoXv']ß{_o]S in den Armen den kleinen OIAIUOV^; zu
ihm spricht die vor ihm yteliendc 11 EP 1 BOT A. Auf dem
andern Bilde steht dieselbe Fiau auf runden Felssteiiien, wie
sie das Meer wäscht und ausspült, nach rechts gewandt,
einen Knaben auf dem Armo, neben ihr liegt ein Körbchen.
Ihr gegenüber ist EPMH£, den rechten Fuss auf gleich-
artige Steine setzend, im Gespräch zu ihr dargestellt. Rechts
von ihm sitzt zu ihm aufSschauend auf einem nach links
springenden Delphin eine bekleidete Frau. Diese Nereide
deutet wie die runden Steine Meer an; am Ufer stehen
Hermes und Periboia, welche den eben im Körbchen an-
geschwemmten Oiflipus aufnimmt. In der zweiten Scene
übergiebt sie ihn dem Gatten Polybos/") Die schon von
kal ohne Weitwea Korinth eingeaefait hat, den dureh Sopliddes für
das spätere Alterthnm dorcliaoB feststehenden Ort der Eraiehnng des
Oidipns. Schneidewin Oidipussage 191, Unger Paradoxa Thehaaa hal-
ten KonirO-io für richtig.
^■^) jSIonnmcnts grecs publica par Tassoc. pour rencourag. des
Stüdes grecquea en France 1885-1888 pl. 8, p. 48 = Benndorf Vor-
le^eblatter 1889 VlIT 4 Kol>ert Homer. Becher (50. Berl. Wiockel-
mauusprugr. 1830} 76, eine höchst daukeswerthe Sammlung dieser in-
terenanten Sttkdn mit ergebnissreiehen Eilftitterangen.
Robert a. a. 0. sucht Pottien yemmthniig su hegrOnden,
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in. Des AmphianoB AuBfiüirt.
69
Pottier henrorgebobene Uebereinstunimmg dieser Darstellung
mit Hygins Fabel Ist ofoibar, nicht weniger aber auob mit
der Notiz des Phoinissenoommentars. Da wird Sekyon als
Ort genannt: also ist Sekyon auch für Hygin und die Illu-
stration des Bechers als Lokal anzunehmen. Dazu stimmt
trefflich, dass auf letzterem Hermes in die Handlung ein-
greift: denn er ist nacli der seky on i schon Königslisto
Vater des Polybos,**) wälu'end der Koriuther Polybos völlig
vereinzelt steht.
Zu diesen drei Zeugnissen gehurt unzweifelhaft auch
diese Danteliang gehe auf den Oldipiis des Euripldes zurück. Seui
Beweis beruht 1.) auf der Annahme, das Belief der etroskischen Aschen-
kiste bei Edrto Umo Etrusche II tav. 7. 1 sei eine Illustration die-
ser Tragoedie, und 2.) auf der Deutung der links auf derselben
sitzenden Frau als Pcriboia. Aber schon die erste Voraussetzung
scheint mir nicht richtig oder doch sehr uosicher. Jone Erklärung
ist allein auf fi^. T)!! ffe^riindet, wo Diener des Laios erzählen, sie
hätten den Soim des Pulybcä geblendet. Auf der AscLoukistc aber
hat der TermeintUche Oidipus eine Frau und zwei Knaben, wftre also
sdum seit Jahren König. Als solcher und als Erbe des Leios wire
er Herr Über dessen Diener: es gäbe also gar nicht mehr Diener des
Laios. Und wie sollen sich Diener am Könige vergreifen? Oder ist
Oidipus gar nicht König? Femer: hier sind nur zwei Söbnchen dar-
gestellt, Oidipus bat aber stets vier Kinder; weder die vcrmointlicho
lokaste noch Oidipus sind als Fürsten charakterisirt, sondern nur die
1. thronende Frau und ov. der neben ihr stehende Mann sind als kö-
nigliche Personen anzuerkennen. Und gerade diese Frau sollte die
fremde Periboia sein? und sie sollte der Folter ihres Pflegesohnes so
ruhig zuschauen? Die Darstellung passt nicht auf Oidipus: eine Kö-
nigin oder ein Königspaar lAsst einen Mann blenden, su dem ein
Weib und iwei Knaben gehören. Auch Icann ich Boberts Oombi-
nation, dass Hermes das Oidipusknäblcin vom Kitbairon der Periboia
gebracht habe, nicht billigen, weil schol. Phoin. 26 die Version be-
zeugt, dass Oidipus in einer Kiste in's Meer geworfen wnrdc. —
Eine altepiscbe Sage auf einem „homerischen'* Becher nachgewiesen
ist nicht anstössi^: vgl. llobert 26, 31, 42, 46.
**) Pausan. Ii G. Ü.
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70
III. Dm AmplilMt«» Aittfalirt.
folgende gleicbfoUs bei Hygin und zwar in der älteren
FassoDg erhaltene Notiz :^*) Incidxt Thebis zterilitas et
pe6tilen[tk ob Oedipodis ecelera.] Interim (P)eriboea Poljbi
regia nzor [qaae ista omma cognojverat, Sicyone Thebas
▼eniti eique de [eins suppositione palam fjedt. Die Namen
Periboia und Sekyon stimmen mit der eben ziuammen-
gestellten Sage. Dass sie den Oidipus ihrem Gatten unter-
geschoben, ist hier ausdrücklich bezeugt im Gegensätze zu
der auch Fabel 66 befolgten Vulgärsage. An ein V^ r sehen
des späten durch so viele leichtsinnige und unwissende
Hände gegangenen Werkes darf nicht gedacht werden, denn
diese Unterschiebung ist ein Sageuzug, der älter ist als
£uripide8.^') Dieser legt nämlich der den Prolog der Pboi-
niasen sprechenden lokasto die Worte in den Mund:
IJoXvßov dt viv XaßovzBg lxxoßov»62jot
g>iQ9V6* otxavq dg te öeoxolvtiq X^Q^
30 idfpcav, ^ de rav hftov m6lvcav xovov
(lamotg vg>elTO xal xooiv xei^i rexBlv,
Diese Verse sind hier auffiillend: denn die Unterschie-
bung ist weder motiyirt noch bewirkt sie etwas; also
hat sie Euripides nicht erfunden. Auch steht es zu ihr ge-
wissermaassen in Widerspruch, wenn gleich darauf (erzählt
wird, Oidipus babo kaum herangewachsen selbst erkannt oder
vo!i Andern gehört, er sei nicht des Polybos Sohn. Dazu
kommt nun, dass bei der Deutung jener gepressten Schale
sowohl Pottier wie Robert**) aus der Art, wie Polybos den
Oidipus hält» geschlossen haben, er erkenne ihn durch Auf-
fab. 67 in dem von Niebnhr entdeckten und gelesenen Pa-
limpscstc der Vaticana V, oder VI. saec. vgl. Ilyg. fal). cd. Maur.
Schmidt p. XLIX. Die Ergärtz'ing der dritten Zeilo, auf die ea allein
ankommt, ist durch den erlialN neu Text gesichert.
Anders Schneidewiu
**) Deuteche Litteratnr-Ztg. 1870. 106.
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m. Des AiDphimoB Atufiilirt.
71
heben als seinen Sohn an; die Anweisung, dass Periboia das
gefundene Kind unterschieben solle, wird wohl der Inhalt
des dargestellten Gespräches zwischen ihr und Hermes sein.
Endlich kann darauf hingewiesen werden, dass doch diejenige
Form der Sage, nach welcher eine kinderlose Frau einoi
Findling miterschieht, ursprünglicher ist als die, welche sie
den Findling als solchen aufeiehen lässi Polybos wünschte
einen Erben seines Throncb; gebar ibn die Gemahlin nicht,
so nnibste sie Verstossung fürchten; natürlich ergriff sie das
Glück, welches ihr ein Kind in die Arme warf und gab es
als das ihrige dem sohnenden Goraahle.*^) Somit ist die
Unterschiebung nicht nur ein alter Zug, sondern ist auch
mit der jetzt verfolgten Sagenform durch doppeltes Band
verbunden. Sie hat sich jetzt so gestaltet: Oidipus wird
kaum geboren in einem Kästchen in's Meer geworfen und
hei Sekyon an den Strand getrieh^L Periboia zum Waschen
hinuntergestiegen findet ihn und schiebt ihn auf den Rath
des Hermes dem Polybos unter . . . (Oidipus kommt irgend-
wie nach Theben und ersdilägt den Laios) . . . Periboia er-
fahrt sehie Schicksale, zieht ihm nach und teilt ihm mit,
dass er nicht ihr Sohn sei.
Diese Sage berührt uns, die wir unter dem iJaiuic des
sophukleischen Oidipus stehen, fremdartig, und so wird Miss-
trauen wohl Viele beschleichen. Aber das m\im schwinden
vor den untrüglichen Zeichen strenger Alterthümiichkeit, die
^ Ei liegt jetrt nahe, die Werte im SchoL Pholii. S6 p, 261,
1. 11 (Schwartz) moßeßX^a&ai avtbv avTiji <paaiv {OUtnoSa lloXvß^)
eine Zeile weiter hinaufzurttcken hinter dvax^ip^vai. Dana wire
auch hier die Version vollständig gegeben, was auch nöthi» war mit
Rücksicht auf v. 29/30. V^on der Verbindung Hippodameias mit Oidi-
pus wissen wir gar nichts; nur sehen wir, dass der Satz verderbt ist.
Aber diese Verderbniss wird nicht durch das Ilinaufschieben jener
.Worte geheilt: die Umstellung bleibt also unsicher,
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72 lU. Des Afflp]iiar«M Anaiahrt
sie trägt Die Königin^*) am Meeresstrande waschend ist
eia echter Zag aus dem patriarclialiBch einlachen Leben der
Heroensseit> ein schönes Gegenstück za Nansikaa. Ein spa-
terer Dichter hatte ihn nicht erfunden. Die Aussetzung des
kleinen Oidipns in's Wasser findet FäralleLen in nelen
grieGhiacfaen und barbarischen Sagen. Viell^oht hat sie
hier einen tieferen Sinn in uralt heiligem Rechte. Der
Vatermörder 00U eingeschlossen werden in Ledersack oder
andoros Gefäss und geworfen werden ins Meer oder in
fliesseiides Walser: das ist die Strafe für den, \Yelcher durch
das Zerreissen der heiligsten Bande den Ans])riich verwirkt
hat, das Licht der Sonne zu sehen, der sich so befleckt hat,
dass nur das ewig spülende Meer oder owi^ rinnende Flüsse
ihn rein waschen können. Auch bei den Italikern war das
gleichermaassen Recht und ist als heilige Satzung lange
bestehen geblieben und geübt worden.**) Oidipns, der nach
Götteispruch einst seinen Yater tödten sollte, erleidet eben
geboren die Strafe för das Verbrechen, zu dem ihn das
Schicksal bestimmt bat: zugleich ein sicheres fifittel ihn aus
der Welt zu schaffen und den schon durch dies Orakel
grässlich Befleckten zu sühnen. "^^j Schwerlich hat diesen
*") Das.s sie Periboia als Gattin des 8 e k y 0 n i s c h e u Polyboa
hiess, hat Schncidewiu 193 sehr hübsch \^ abiftLheiulich gemacht.
*'') Ubeuer zeigt eine geradezu erätaunliche Parallele zur Oidi-
puBMge in dem wunderbaren serblscheD VolktUede vom Findling Si-
mon bei Talvj TolkeUedor der Serben. Halle 182& I 189.
*') BrimnaimeiBtw Das TOdtongsverbrechen im altrömisclien
Recht 177 ff., 194, 196. Luterbach Der Prodigicnglaube and Prodi-
gienstil der Bocmcr. Burgdorf. 1880. 20. Leo Yindiciae Plautinae
■Rostock. Progr. 1887/S. 5. Mit dem Androgyn von Frusüio ist genau
so vorfahrrn wie hier mit Oidipus: Livius XXVTI 37, Diels Sib. Bl.
89 ff.; mit einem Vatermörder: Cic. de inveiit. II 149.
*") Vielleicht sind die Worte des sophokleischen Oidipus T. 1411
nach der Entdeckung bedeutungsvoll: ij' {^akdoaiov ixQitpav',
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m. Des AinpbiBimoB Ausfithrt.
73
Zug ein späterer Dichter erfanden, sicher nicht die am
Heeresstrande waschende Königin. Einen neuen Beweis für
das Alter dieser Sagenfonn giebt die Erwähnung Sekyons.
Denn seit der Thigodie ist es der König Ton Korinth, der
Oidipus an&ieht. '
Aber diese Angabc kann mehr nutzen; sie führt auf die
Spur eines grossen Zubammeiiliiingos, Es ist bewiesen, dass
Sckyon im Amphiaraosliede der Sitz des Polybos war und
es \on hm sein Tüchtersohn Adrastos erbte, da er selbst
keine eigenen Söhne hatte; dass dieser von hier aus seine
augestammte Macht in Argos wieder er warb und über Sekyon
wie in Argos herrschend der Mächtigste war unter den
, Hellenen und dass er mit Poiyneikes gegen Theben zog. Nun
giebt eine Sage» aus deren geringen Trümmern noch die
Spuren ernsten Alterthumes und grosser poetischer Ge-
staltungskraft hervorleuchten, auch für dieKindheitsgeschicbte
des Oidipus Sekjon und als seinen Pdegevater den kinder-
losen König Polybos. Diese Stadt ist der Punkt, in dem
sich Argos und Theben berühren. Ihr Fürst hat den aus-
gesetzten Sohn des Laios autgenommen und erzogen; der-
selbe gewählt dem aus Argos vertriebenen Adrastos Zuflucht.
Und als nun später Poiyneikes, der Sohn des Oidipus, aus
Theben flieht, da wendet v.r sich natürlich zum Könige von
Sekyon, dem Erben des Polybos, der seinem Vater Vater
gewesen war.
fx^^an* tUtv^tü^* hu Als Fftrallele bietet rieh Perseas, Auch Teo-
nes wird toh seinem Vater Kyknoe in einer Eiate in's Meer geworfen
vielleicht auch prophezeiten Vateimordee wegen; denn er erachUgt
wirklich später ohne Willen seinen Vater: Fans. X 14. 3 etc. Anch
Paris wird nach schol. Lyi ophr. 183 in einem Ledorsacke ausgesetzt
— doch vielleicht ist diese Geschichte nur der Etymologie IIüqk;
von TiriQa wegen erfunden. — Ich möchte die juristische Erklärung
dieser Sagen nur als Vorschlag betrachtet wiiisea.
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74
ni . Des AnpUaraos Aoi&hrt
Eid scharfer Beweis für die Zugehörigkeit dieser eigen-
thümliohen Oidipossage zu jenem Epoe ist nicht zu erhringen«
aber die Gombination durfite einmal gemacht werden. Doch
prüfen wir, ob wirklich ein in sich geschlossener Kreis ent-
standen ist Zunädtst ist die Möglichkeit zuzugeben, dass
in „des Amphiaraos Ausfahrt** auch die Vorgeschichte des
Oidipus erzählt war. Denn dies Gedicht, musste doch den
Zwist der Oidipussöhiio motiviren und das wird kaum ohue
Erzählung der Schicksale des schuldlos schuldbeladeneu
Vaters möglich gewesen b in. Auch kann bedenklich machen,
dass Oidipus noch in einer anderen Uehcrliefenmg, die in
den Scholien zu X 211 und zu den Phoinissen 1760 vor-
liegt« mit Sekyon verbunden erscheint. Es hat sich aber
heransgestoUt, dass dieselbe aus der Oidipodie stammt. Wie
kann femer im Amphiaiaosliede erzählt sein, dass Polybos
in Ennangehmg eigener Söhne seinem Enkel die Hemdialt
vererbte, wenn ihm seine Gattin den Oidipus untergesoboben
hatte? Oidipus musste — das fordert die Sage — aaf
irgend eine Weise das Termeintlidie Elternhaus Terlassen
und nach Theben gelangen, um dort seinen wirklichen Vater
zu tüdtcü und die MutLur zu heirathen. Weiter führt daii
vatikanische Hygin-Fragment: „locidit Thobis sterilitas et
pestüentia ob Oidipodis scclera. Interim Periboea Polybi regis
iixor, quao ista omnia cognoverat, Sicyone Thebas venit
eiquc de oius suppositione palam ieciV* Vom Tode des
Polybos ist hier nicht wie in der anderen Fassung dieser
Fabel die Rede: wir dürfen ihn also noch lebend denken»
Auf irgend eine Weise ist entdeckt worden, dass ihm Oidi-
pus untergeschoben sei, und Periboia yeranlassti diesem dies
mitzutheilen. Dadurch enthüllt sich, dsss er der Sohn des
Laios ist und seinen eigenen Vater erschlagen hat Da hatte
Polybos allen Grund seine Verbindung mit Oidipus sm lösen
und sein Beioh moem Toditersohne zu übergeben.
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m. Des AmpIiiarMS Aiufabrt.
75
Diese Combination setzt freilich viel voraus. Die Ueber-
tiefening yenagi Aber die Möglichkeit der Vereinigung
dieser Sage mit der »Ausfahrt** ist auch von dieser Seite
Torhanden. Jedenfalls ist diese YerschoUene Sagenform alt,
ursprünglicher als die uns geläufige, welche Korinth für
Sekyon einsetzt. Denn mit sokyonischer Sago ist der stehende
Pflegevater des Oidipus Polybos festverbuuden, ebenso wie
Adrastos; liorinthische Sage dagegen kennt weder Eltern des
Polybos noch weiss sie zu berichten, was aus seinem Keiche
wird.-'^o)
**) Schneidewin 168: „die Erziehung des Oidipus bei König Po-
lybOH von KoriDth, die Begegnimg mit Laius iu der (phokischen)
Scbiste u. dgl. sind im alten Epos aicherlich nicht ToraossusetEen:
B. 66tt Qel. Ansig. 1860 St 16.*<
Die engen Besielrongea zwischen Sekyon und BoiotSen sind s. B.
in der Anttopenge handgreiflieh. Tgl. 0. Jahn Ärehaeol. Zdtg. XI
(1863) 89.
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IV. Thebais.
Bei der Reconstniktion des Amphiaraosliedes hat sich
für manche Züge vom Kriege der Sieben eine doppelte Ueber-
Ueferong herausgeBtellt Nach Ausscheidung der einen muss
nun die andere untersuciLt und auf ihren ZuBammenbang ge»
prüft werden.
Ueber den Tod des Indens Hegen zwei einander tim-
jscUiessende Versionen yor. Nach der einen von Pherel^des
u. A. uberlieferten, welche aus des Amphiaraos AnB&brt
stammt, wird Tydeus von Melanippos tödtlich getroffen; doch
Amphiaraos rächt seinen Fall und wirft das Haupt des er-
schlagenen Thebaners dem Waffengeführten auf seine Bitte
zu, und dieser saugt sterbend das Hirn aus dem Schädel;
Athena im Begriffe, ihm die Unsterblichkeit zu bringen,
wendet sich mit Grausen ab, — Anders erzählt Apollodor:
Tydeus ist es, der den Melanippos erschlägt, schon selbst
yon ihm zu Tode verwundet. Athena naht, um ihm durch
ein ^dQfioatov die Unsterblichkeit zu vermitteln. Das sieht
der Seher Amphiaraos — sein Todfeind, weil Tydeus gegen
seinen Willen die Argiver zum Kriege beredet hätte — und,
um die gottlidie Gnade zu Terbindem, wirft er ihm des
Melanippos Kopf zu, an welchem dieser in seiner wilden
Wuth sicih tbierisoh vergeht — und Athena enthält ihm
empört ihr Geschenk vor. — Diese Erzählung macht den
Eindruck emei uiuwüüdüiideii VVuiterbiiduiig des alten Motivs;
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IV. TbetMOa.
77
dort geht Tydeus durch seine zur Grässlichkeit gesteigerte
Kampfesleidenschaft der höchsten Göttergahe verlustig; hier
minbraaclit Amphiaraos mit seinem Seherblicke das ivilde
Ungestfim des Tydeus, um seinen persönlichen Feind zu un-
menschlicher That m yerleiten und so der Unsterblichkeit zu
berauben. Es li^ hier also die Spur einer jü ngoreu Sagen-
form Tor.
Dieser junge Charakter darf als Kriterium dienen hei
der Anfügung weiterer Bruchstücke. Dazu bietet die Hand-
habe ein ganz neuer Zug: die Feindschaft zwischen Amphia-
raos und Tydeus. Der Seher liasst ihn, „weil er geger\ seine
Meinung die Argiver zum Kriege gegen Theben überredet
hat^. Das setzt ganz andere Verhältnisse voraus, als sie im
Amphiaraosliede geschildert waren. Dort ist Amphiaraos ein
freier Fürst in Argos, den die übrigen Könige und Helden
des Landes zu nichts zwingen können; nur seines* Weibes
Schiedssprüche hatte er sidi unterworfen, ebenso wie sein
früherer Feind Adrastos, seiner Gattin Bruder: und «ie ent-
sdieidet, durch diesen bestochen, gegen den Gemahl. —
Hier hat Indens die Argiver zum Zuge gegen Theben über-
redet; des Amphiaraos Hass gegen ihn ist nur begreiflich,
wenn auch er durch diesen Erfolg des Tydeus mit ihnen
in den Krieg zu ziehen gezwungen wurde: also war Auiphia-
raos h'wr niclit selbständiger König, sondern er uiusst ' sich
dem Willen der Kdlen, ihrer Stimmenmehrheit fügen. Diese
Sagenform wusste mitbin nichts von dem Zwiste der drei
Fürstenhäuser in Arges, ihrer Versöhnung und dem Ver-
trage, durch den Adrastos und Amphiaraos sich dem Spruche
Eriphylens unterwarfen. Unter diesen Verhältnissen ist
die Sohwügersdiaft dieser beiden Heroen nicht Bedingung
für die Entwickelung. So weit kann man mit Sicherheit
schliessen. Wenn ich nun die rereinzelte NotiaE, dass Ei iphyle
in der That nicbt des Talaos Tochter war, mit dieser Sagen-
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78
IV. Thebftit.
form verbinde, so ist das nur YermuÜuiog. Sie soll nicht
Eckstein für weitere (Jombinationen sein, ergiebt sich aber
80 natürlich, das» sie als eine wahrscheinliche eingefügt
werden darf.*) Nach dem AmbrosianiiSBcholion zu 1 326
ist Eriphyle Tochter des Ipbis und diese Verwandsdiaft wird
offenbar Toransgesetzt in der oben S. 52 Ton der Version
des Amphiaraosliedes abgesonderten Stelle bei Apollodor III
6. 2. 2: UoXvpslxr^g d^ixofitvog XQoq *Ignp ra» IdXixtO'
Qoq /Jg/ov (iad^htv, Ttmc; av 'Afitpidgaoc, dt^ayxaiS^-stf} (ttga-
rtveoU-ac o hLtii' ti ).ä^oL zov ög^ov 'EQig>vXr^. lifitpiu-
Q(toQ fiEV ovv ajTfrijrtr 'fiQKfvXtj JzaQo. IloXvvdxovq ööga
Xa^^dvHV , llokvnixric. (Vt dovc avrfj rov ogtior 7^$.iov zov
\'ifirptnQaor jtüTOiu OT(>«T£rf/i'. Dass sich aber Amphiaraos
von der bestochenen Gattin, wie es hier heisst, habe über-
reden lassen, in sein offenbares Verderben zu gehen, ist zu
thöricht, als dass es irgend eirier Sage, einem Gedichte su-
gemuthet werden könnte. Dazu konnte Amphiaraos nur
gezwungen werden: so fragt auch Polyneikes* Da nun ^
Entscheidungsrecht der Iphistocbter Eriphyle weder irgend-
wo Uberliefert ist» noch sich irgendwie vorstellen lasst» so
mnss sie einen andern Zwang auf ihren Gatten ausgeübt
haben. Wir müssen also aus diesem inneren Grunde an-
nehmen, dass Apollodor diese Variante nicht rein erhalten,
Tündern mit der anderen, bei ihm schon nachgewiesenen
Version vermischt hat, durch welche das folgende xbIOcu. er-
klirrt wird.
Wiü über den Tod des Tydons, die Abkunft und Stellung
der Kriphyle, so giebt es auch übei* die Art, wie sie ihren
Gemahl zur Theilnahme am Kriege vei-anlasst, neben der
Wendung des Amphiaraosliedes noch eine SEweite. Hygin
I) Auch Otto WoUr in Rowhen Lazi«« Sp. 2M iftellt beide
Angaben soMmmen.
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lY. Thebais.
79
berichtet in Fabel 73, aus welcher oben S. 53 das auf jenes
Gedicht Zurückgehende ausgesondert ist: MA^mphiaraiis . . .
qui sciret, sl ad Thebas oppiignatum isset, se inde non re-
diturum, itaque celavit se conscia Eriphyla coniuge sua."*)
Auch bei Staüufly der Tielfach dasselbe mythol(^;i8Cshe Hand-
buch benutzt»*) reizt Indens die Argiver zam Kriege auf
*} Der Zxmtz „Talal fläi*< bevelit nichts; er msr nöthig fOr
die mit cUeier coDtamiiiirten Yenion des Amphiaraosliadas. Ebenso
Mythogr. Yetie. I 152 „Amphiiians entern mortem ümens In domo
latult. Eriphyle . . . eom prodidit^*, I 151 „Eripbyle... meritnm ad
bellum irc nolentem prodidit et paene invitum ire coegit." — Auch
Schol. ). 326 «rlipiTit boide Versionen cntlialtcn zu haben; denn so-
wohl die Varianten über die Abkunft Eripbylens von Talaos und Iphis
Ist angegeben, als auch die doppelte Version ihrer Bestechung durch
Foijneikes oder Adrastos ; vielleicht bringt eine vollständigere Hand-
schrift mehr. Es stammt dies Scholien, dcsseu Verwandtschaft mit
Hyg. hh. 7S einlenclitet, ans dem mythologischen Hendboche, wie
andi die lavoQtet des Asklepiades ebenda.
*) StntiDs setet den Stoff als bekannt Tornns nnd flDhlt sieb da>
her der Aufgabe fibwhoben, ihn entwickelnd zu erzählen. Er wili
effektvolle Scenen schildern und rhetorische Heden halten lassen.
Die Handlung hat er sich nicht klar gemacht. So fehkn wirbfige
Verbindungen und Motive; andrerseits finden sich doppelte Motive,
die einander ausschliessen. Z. B. V 665 ff. wird Ilypsipjle durch
iydeuä vor der Wuth des Lykurgos gerettet; trotzdem lässt St. noch
710 ff. Uire Söhne anftretea» was doch nur denselben Zwedc hat.
Dieser Zog stammt ans Eoripides Hyptipyle: tg. 766, offenbar anch
der, dass Dionysos alle Flftsse nnd Qnellen in Arges versiegen lAsst,
um seine Enkelin Hypsipyle mit den ArgiTem insammensoführen:
ly 646, V 712 vgl. Eurip. fg. 752. — Aach sonst steckt noch man-
ches unbentitzte Gut in dem Wüste: so giebt St gewiss aus echter
Ueberlieterung in der sonst wie bei Apollodor erzählten Vorgeschichtt»
der Hypsipyle an, ihr Vater Thuas sei von BakchoH nach Chios ge-
rettet und habe dort geherrscht. — Was für Kaüimachos zu gewin-
nen sei, hat Enaack An. Alex.-Rom. 14 ff. Torzflgllch gezeigt; s. fer-
ner Theb. lY 160, YU SSO, XU 432 (vgl. Spiro de Bnr. Pholn. 45)
— Statins wird die Quelle, aas welcher seine Leser, wie er tot-
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80
IV. Thebais.
(III 345 ff.), und Amphiaraos scliliesst sich in seinem Hause
ein, nachdem er aus Vogelzcichen den unglücklkshen Aus-
gang des Krieges erkannt hat (III 572). Aber in der con-
fueen, viele Motive anschlagenden, manches Widersprechende
znflammenflechtenden ErzäbluDg dieses Dichtm ersdieiDt
zwar Eriphyle IV 187 plötsdicb mit dem Habbande der
Harmonia, das sie vom Polyneikes erhalten hat, auch wird
ihr Verrath am Gatten angedeutet — doch worin er be*
stand, erfahrt der Leser nicht. Wir können jetzt aber er-
schliessen, warum sich der Seher verbarg. Hatte Eriphyle,
wie in der Ausfahrt des Aniphiai-aos zwischen dem Gatten
uiul Adrasluh m entscheiden, so konnte ihm kein Versteck
nutzen; denn wie dieser hatte er geschworen, ihrem Spruche
zu gehorsamen. Das Verstecken hatte nur dann für ihn
Zweck, weim er Heerosfolge zu leisten verpilichtct war. Dies
aber ist sein Verhaltniss in der jüngeren Sagenform, die wir
verfolgen. An diese — und allein an sie — schliesst sich
also dies eigenartige Bruchstück an und zwar als noth-
wendiges Glied. Sie fordert den Verrath Eriphylens und
dieser wird in der ApoUodorstelle derart erzählt, dass an
das Amphiaraosepos zu denken unmöglich ist» aber trefflieb
das, was aus der zweiten Ueberlieferung über des Tydeus Tod
sich ergeben hat, mit den Voraussetzungen yerbunden wird,
welche für das Verstecken des Amphiaraos noth wendig ge-
aussetzte, die Sage kannten, selbst nicht unbenutzt gelABsen haben:
das mythologische Handbuch. So findet sich vieles, was er knapp
andeutet, ausführlich bei Apollodor: vgl. Theb. II 179: III 572; IV
187 (II 2t;5\ VII 787, VIII 10»; V 655; YIII 100. Ein Beweis, dass
St. dies Ilandbucb benutzt habe, ist dennoch dem im Princip Ungläu-
bigen schwer zu iiofcru. Gravireud jedoch ist, dass Statius XII 482
ebenso wie Apollodor lU 7. 1. 2 die Wittwen der sieben Argiver in
Athen am Altare des "Sksog um Hilfe flehen lieet So aneh
Nikephoroa: Wals Rhetores I 1. 499 1. 3.
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IV. Thebais.
81
macht worden müssen. Man wende nicht ein, der freilich
nur bei späten Schrifteteilem überlieferte Zug, dass Ampbia-
raos sich Terborgen halte» sei eines Helden unwürdig und
könne nicht alt sein. Im Gegentheil, er kann nicht jung
sein. Denn schon den Griechen der uns historisch kennt-
lidien Zeit und gar den Körnern galt es in der That für
schimpflich, sich dem Kriege, auch dem sicher verderblichen
zu entziehen. Nicht so den homerischen Menschen. Odysseus
hat durch erlieuchelten Wahnsinn versucht, die Werber zu
täuschen, damit er hei seinem blühenden Weibe und lieben
Söhnlcin daheim bleibe, und blutig hat er sich an Pala-
medes gerächt» der listig seinen Anschlag dui'chkreuzt^):
eine schlagende Parallele für die erschlossene Sago von
Tydeus und Amphiaraos. Weil Thetis wusste, dass ihr Sohn
vor Troia fallen müsse» versteckt sie ihn unter den Töchtern
des Lykomedes — und der junge Achill geht ohne Bedenken
auf die Weiberrolle ein, um sich so das sonnige Leben zu
erhalten'^).
Jetzt erhalten wir folgenden Zusammenhang. Tydeus
überredet die Fürsten von Argos, den Krieg gegen Theheu
*) Dies dflrfte in den Kyprien gastandeiL haben, nicht well es
Froklos angiobt, sondern weil wir aas Paus. X 31. 2 wissen, dass in
den Kyprien Odysseus den Palamcdes ermordet bat and diese Tbat
in jener Geschichte ihre Motivirung findet.
Auch diese Sage haben wolil die Kyprien erzählt. Denn
sicher brachten sio den Achill nach Skyros und lics.son ihn da den
Pyrrhos-Xeoptolemoä zeugen: das crgiebt das direkte Zcugniäs bei
Fat». X 26. 4. Aber die betreffende Yersion im Kypriencapitel des
ProkloB gehört vletanebr der kleinen lüas: schol. T 326 (b. oben S. 34
n. 9), Dageg«! ois&blt dasselbe Scholion die OeBcbichte Ton Achill
iiDter den Töchtern des Lykomedes mit der Schlassbemerktmg ^ lüto-
Qla naga xol<; xvxXixoiq. Da diese nuu durch das Bild Polygnots
(Paus. I 22. 6) als vortragisch erwiesen wird, ist ihre Bo7,iehiin<!: auf
die Kyprien nicht unwahrscheinlich, für die nnch vinHoicht Lyko-
phron 277 f. (vgl. Paus. IV 2. 7) angefahrt werden könnte.
Bcthe, Ueldeolieder. 6
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82
IV, TiMbftlft.
zu beschliessen. Amphiaraos» der Seher, siebt seinen Tod
bei diesem Zuge vorao.^, und um sich der schuldigen Heere»*
folge za entziehen» Terbirgt er sich in seinem Hanse. Da
fragt Polyneikes, welchem am Znstandekommen des Feldxnges
Tor Allen liegen mnss, des Amphiaraoe Schwiegerrater Iphis
um Rath, wie er jenen zar Theibahme bewegen könne.
Dieser schlagt ihm Yor, seine Tochter Eiipbyle durch Ge-
schenke zu versacben. Er giebt ihr „das Halsband" und sie
veiräth iliin den Versteck des Gatten. Er wird hervor-
gezogen und rnuss nun dem Heere folgen. Aber den Au-
Ktiftcr dp«? Kri('j]^('s 'IVfleuB verfolgt sein Hass und in letzter
btunde rächt aich an ihm: er bringt ihn um die Unsterb-
lichkeit. Ühno Zwang schliessen sich die einzelnen Bruch-
stücke zu diesem Ganzen zusammca. Schon dadurch und
weil 8\ck klare, anschauliche Bilder ergeben, hat es den
Schein der Wahrheit für sich.
Die verfolgte Sagenform kennt den Verrath Eriphjlena
im Gegensatz zum Amphiaraoeliede. Hier steht sie nicht
als Schiedsrichterin fiber dem Gemahle, sie ist hier nur sein
Weib. . Einfache Menschlichkeit, Liehe zum Gatten, Pflicht,
ihm zu gehorchen und sein Leben zu wahren, fordern hier
von ihr gebieterisch und heilig, seinen Versteck geheim zu
halten. Aber der Verlockung des gloissenden Goldes vermag
sie nicht zu widerstehen: sie wird zur verbrecherischen
Verrätlicri?). Dns fordert Strafe. Araphiaraos bat sie nicht
genommen. iSuin Sohn musste sie nehmen. Folglich ergiebt
sich die Nothwendigkeit, dass zu dieser Sagenform auch die
Bache an Eriphylen gehöre, der Muttermord des Alkmeon,
also auch wahrscheinlich der Zug der Epigonen.
Bisher ist nur die Ueberlieferung der Mythographen be-
nutzt. Jetzt wenden wir uns an ältere Zeugen mit der
IVage, ob sie die aufgedeckte Version kennen.
Ai8('hylos schildert Amphiaraos und T^deus als Feinde.
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IV. Thebaia
83
In dein Sieben beschreibt der Bote dem EteoUes also den Am*
phiaraos:
^OfioXcotöiv 61 JtQOc; jtvXaig Terayftivog
xaxoiöi ßa^ti jiqX'au Tvöho^ ßlar,
.505 fityiOTOP TÜip xaxmi' (StSaöxaXov,
*Eqivvoq xXrjrfjQa, JtQoOJtoXor (pörov
xaxav r* ^dgaoro) zcovöe ßovXtvz^Qiov.
AmphiaraoB spricht hier in den Beiwörtern, mit denen er
Indens fiberhäuft, deutlich aus, warum er ihn hasBt: er hat
den Krieg heraufbeschworen, in dem der Seher seinen Tod
zu finden gewiss ist:*)
570 eycoyf idr d/) T>'/i'6e nutvm yßova.
Auch Tydeus ist dem Amphiaraos nicht hold: er wüthot vor
dem Proitidischen Tliore den Ismenos vor sich, den zu üher-
schreiten jener ungünstiger Vorzeichen wegen noch nicht er-
laubt liaut schmäht er ihn deshalb, aus Feigheit meide er
die Schlacht:
d&i d-Blvei 6* ovb16u fiavttv OtxXcl^fpf <So^lv,
ÖCUP61V flOQOV TE XOl HCCj(1]V d^pV^loi.
Freilich kann dieser Vorwurf aus der Situation allem ver-
standen werden. Der jähzornige Tydeus könnte ihn wohl
Jedem machen, der seine Kamjjfbegier zu zügeln versucht
Aber wie viel herber, treffender wirkt diese Schmähung,
wenn in der That Amphiaraos dazu Veranlassung gegeben
hatte, wenn er nicht nur im Bathe der Fürsten gegen den
Krieg gesprochen, sondern auch, als er beschlossen war, der
Heeresfolge sich durch Verstecke zu entziehen yersucht hatte I
*) Auch Welcker E|p. C. II 331 f. nimmt dies fOr die Thebats
in Anf?pnich, weil „Aischylos seine Trilogien auf der Grundlage ho-
merischer Poesien aufbaute'* (S. 328). — Vgl. auch Weil sa AisdiyL
Sept. 558.
6*
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84
IT. Thebala.
Durch die Kenntniss dieses Zuges gewinnen die Worte an
Gewicht, und sadrerseits dürfen diese Stellen als erwünsch-
teste Bestätigung der Richtigkeit der oben attegesprochenen
Yeimuthnng angesehen werden.
Nun ist yiel gewonnen. Da Aischylos diese Sagonform
voranssetzt, so darf man schltessen» dass sie in einem Epos
niedergelegt war.
Sollte nun Aischylos dies Epos nicht ausgiebiger benutzt
haben? Dass Melanippos, des Astakos Sohn, dem Tydeus ent-
gegengestellt wird, ist kein Beweis; für oder gegen diese Vcr-
muthung: denn wie iu dieser Version waren sie auch im
älteren Amphiaraosliede Gegner. Doch ist bemerkcnswerth,
dass Tydeus in dieser Tragoedie an erste Stelle wie der Haupt-
held gestellt ist. Denn auch in diesem jüngeren Epos nahm
er eine hervorragendere Stellnng ein, als in der Ausfahrt
des Amphiaiaos: hier ist er Urheber des Krieges, hier tödtet
er selbst den Melanippos, der dort dem Amphiaraos erliegt
Aber, was das Auffallendste ist, die Liste der Sieben, welche
Aisdiylos giebt» ist nicht die, welche für jenes Amphiaraos-
epos zusammengestellt werden musste. Und doch steht sie
fest in der Ueberlieferung. Denn dieselben Namen führt
Sophokles im Oidipus auf Koloiios 1313 ff. an, dieselben
Euripides in den Schutzflehenden 8G0ff. und auch die Liste
in seinen Phoinissen ist die gleiche, nur dass Adrastos mit-
gezählt und deshalb Eteoklo» ausgelassen ist."^) Dass sie
alle Ton Aischylos al)hangeD, wird Niemand im Ernste be-
haupten wollen. Nicht er hatte diese Sieben ausgewählt:
für seine Tragödie war es völlig i^eichgültig, ob Mekisteus
oder Hippomedon erwähnt wurde, ob Adrastos unter den
') Durch diese Tragoeflien bes. die Phoinissen ist diese Liste
in die mythologischen Handbücher gekommen, natürlich mit Yarian-
teu vergehen.
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lY. ThebaiB.
86
Sieben war oder als Heerkönig nicht persönlich in dsa
Kampf eingriff. Keiner von allen diesen tritt hier auf: ein
Bote buchtet über sie; nur die Haupthelden erhalten einen
Charakter, die andern sind nur gewaltige, Furcht erregende
Ampfer, deren Namen fast gleichgültig sind. Nein, diese
Liste muss in einem Zusammenhange festgestellt worden sein,
in welchem gerade diese Helden wirklich eine Bedeutung
hatten. Da dies vor Aischylos geschehen ist, muss die Quelle
in einem Epos gesucht werden.*) Das ist nicht das Lied
von des AmpLiaraos Ausfahrt. Sollte es iiiclit das jüngere
Gedicht sein, dessen Benutzung durch Aischylos erwiesen ist?
Und können wir wohl erfahren, welches dioR war?
Es ist auffallend, dass in den vier Tragoedien, welche
die in Rede Btehcnde Liste der Sieben aufweisen, auch die
Charakteristik der Helden, soweit sie irgendwie greifbar
hervortreten, dieselbe ist Tydeus vor Kampfbogier brennend
will den Fluss, der ihn vom Feinde trennt, überschreiten
(Aisch. 361, Phoiniss. 131). Kapaueus hat sieh verschworen,
Theben zu zerstören auch gegen den Willen des Zeus (Aisch.
410, Phoin. 1176, Hik. 496, Oid. C. 1319) und stürmt das
elektrische Thor (Aisch. 406, Phoin. 1129)®). Hippomedon
ist Aigiver vom lenuiiischen Geüldc (Phoin. 126), ein Sohn
des Talaos (Oid. C. 1317). Amphiaraos, den weisen Seher,
welcher weiss, dass er nicht heimkehren wird (Aisch. 570,
vgl. Ilik. 158), hebt Aischylos ganz besonders hervor: er
prahle nicht (Aisch. 574, Phoin. 574), ov yuQ doxstv aQiötog,
dJU' dvoL d'iXBL sagt Aischylos 575 und wie dieser neben
") Manche werden vielleicht an den jetzt modernen Stesichoros
denken. Doch ist er dadurch ansj»eschlossen, dasa er den Lyknrgos
unter die Sieben aufgenommen hat: fg. bei Apollodor III 10. 3. 10
= Schol. Alkestis 1 auB ApoUodoros ne^l ^ccüv: Müntzel Quaest
myth. 3.
<*) Vgl. von WilamowiU Hemel XXYI 211, 226 mit n. %
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86
lY. Thebais.
seiner Weisheit seine Tapferkeit und Kraft preist, so rühmt
ihn Sophokles Oid. C. 1314 als besten Kämpfer und Seher
mit den Worten:
Wie Bcbon bemerkt, ist dies eine Umschreibung jenes Lobes»
das die kykUsche Thebais enthielt:
ufi^oreQOi' (iiivtic, r' dyt^On:; y.al dorn) i(('r//(jihai.
Ad rastos wird in allen vier Tragoedien als Oberfeldherr
geschildert (Aisch. 558, Hiket. 118), auch in den Phoinissen
(1187), obgleich er hier abweichend als einer der Sieben
au^esählt ist Er allein entflieht der allgemeinen Ver-
nichtung (Aisch. 50, Hiket). Das hat auch die Thebais er-
"wie Pausanias Vin 25. 8 ausdrüdclich bezeugt: hf da
etfictra XvyQa q>i(mv övv 'Ageiovi xvecpoxolta.
Es ist (lies zwar die uns geläufige Version, aber keineswegs
die ursprüiigliohe Sage^").
Am meisten aber tritt in dieser Liste der Sieben
Parthenopaios hervor, den alle mit sichtlicher Vorliebe be-
handeln. Er ist der Sohn der spröden Jägerin Atalante, die
mit Artemis die arkadischen Berge durchschweift (Aisch.
516, Hiket 888, Phoin. 150, 1153, 1162, Oid. C. 1329),
selbst ein Arkader (Aisch. 530, Hik. 890, Phoin. 1153, Oid.
C. 1320)^^), kaum dem Knabenalter entwachsen (Aisch. 517,
") S. oben S. 65.
**) Kach Aischyl. 530 uud Hik. 891 ist er in Arpos erzogen.
Es war wohl auch in diesem Epos erzählt, wie Atalante, die juug-
fränliche .Tägorin einem Manne erlag. Bei Ai8ch)'lo8 514 heisst sie
6(jeüxt)oq, Phoin. 151 wird sie Begleiterin der Artemis um nannt, und
nach 1108 führt Parthenopaios das iiihl seiner Mutter den kalydo-
nischen Eber tadtend auf dem Schilde, Hik. 888 ist Atalante J&gerin
und hn Oid. G. xgoa^ev «öfitjtij 'AzeüLavT^. — Ifeilanion überwältigt
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IV. Tbebais.
87
Phoin. 147) von hlühonder Schöne (Hiket. 889, 899), doch
tapfer und wild (Aisch. 519, Fhom. 146, 1154)"). In den
PhoiniBsen wird er^lt, dass ihn beim Sttirme auf Theben
Periklymenos, der Sohn des Poseidon, mit einem gewaltigen
Steine zerschmettert habe. Pausanias IX 18. 6 lehrt, dass
auch in der Thebais dieser Held den Parthenopaios erlegt
habe. Ueber dessen Abkunft fugt er leider nichts bei; denn
aus der you üun vorher erwähnten Vanuntc, dass Partheno-
paios, des Talaüs Sohn, von Aspbodikos gotödtet sei, darf
methodischer Weise die Vaterschaft des Talaos nicht auf
die folgende Noti2 aus der Thebais übertragen .werden. ^^)
sie und wird Vater des Partibieoopaios. Diese Sage von Meilanion
und Atalante kennen schon Theognls 1285 ff., Aristophanes. der sie in
der Lysistrate 7HÖ komisch umdreht. Kütias: Beniuiorf Vorlegebi.
188b II oben. Sic wird steU nur von der arkadischen Atalante und
Meilauion erzählt. Demnach dttrfte für das verfolgte Epos (Thebaiü)
diese Erzählung vorauszusetzen sein: Meilanion verfolgt Atalante,
endlich erliegt sie ihm und gebiert den Farthenopaioa.
'*) Am Grabe des Zethos steht Parthenopaios nach Phoin. 145,
an dm des Ampbion nach Aischyios 511. Von Wüamowits Hermes
XXVI 234 hat sehr wahrschi inli( h vermuthet, dass Aischyios diese
Einzelheit auch aus der Thebais geschöpft habe. Dies wird durch
obige Zn<<rimmcnstcllnng cinigcrmaassen bestätigt, doch dürfte sie von
dem gemeinsamen Grabe der Brüder geredet haben, da Euripides
Zethos statt Amphion nennt und schol. Phoin. 145 und Paus. IX 17. 4
von iiirom gemeiubameu Doppelmale sprechen.
Dass schon die alten Grammatiker die Abhängigkeit des
Enripides von dar Thebab erkannt hattm, eripLebt die Yergleichung
von Paus. IX 18. 6 mit ApoUodor III 6. 8. 2. Apollodor spricht von
einer diQiateta der Söhne des Astakos. Einer ?on ihnen, Melanippos,
der Gegner des Tydeus, kam im Amphiaraosüede wie in der Thebais
vor und sitzt fest in Boiotien: ist doch seine nächste Versvandtc Mf-
Xavlnnrj Gemahlin des Boiwrog selbst und Mutter des Ithonos i^Paus.
IX 1. 1). Da auch Hippomedon und Eteoklos, welche nach Apollo-
dor von den Astakossohncn Ismaros und Leades getödtet werden,
ebenfalls in der Thebais unter den Sieben aufgezählt waren, ist zu
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88
lY. ThebaiB.
Wenn es noch eines Beweises bedürfte, dass Parthenopaios
zum Sohae Atalantens schon vor der Tragocdie geworden ist»
so giebt den Hellanikos (schol. Phom. 71) Ua^svo^foloq
. . . cDg dl ^EXlaptxoq, MeiXavlmvog rov Ufdg^iödfuzvroq . . .
fti^Qoq dh ^iToXdiftt^g tt^g jfddov. Auffallend iat| dass Aiscfay-
los den Perikljrmenos nicht dem Parthenopaios gegenüber-
stellt» ja ihn überhaupt nicht nennt. An seiner Stelle steht
der sonst als thebanischer Held ganz unbekannte Aktor,
Bruder des ebenso unbekannten Hyperbios, Sohn des nicht
bekauuLereii Oinops. Auch sonst nennt er ausser Melanippos
und Megareuö keine berühmten Naoion'*). Dass nun Peri-
klynicnüs, der gewaltige Posoidonsohn, welcher im Amphia-
raosUede als fürchterlicher Held hervortritt und nach direktem
Zeugnisse auch in der Thobais als solcher vorkam, in einem
thcbanischen Epos gefehlt haben soUte^ ist durchaus unwahr-
scheinlich. So bleibt denn nur der Ausweg, dass Aischy*
los die thebanische Heldenliste geändert habe> aber einen
Grund dafür yermag ich nicht aufzufinden'^). Desto mehr
tritt die Uebereinstimmung der Namen der sieben argivischen
Helden und ihrer Charakteristik bei den Tier Tragikern her-
vor. Wie jene, so müssen sie auch diese in ihrer gemein-
samen epischen Quelle bereits vorgefunden haben. Diese
nothwendige Forderung wird dadurch bestätigt, dass in drei
Punkten das aus der Vcrgleichung der vier Dramc^n Ge-
wonnene mit dreien der wenigen Fragmeute der Thebais zu-
sammentrifft. So ist der Scbluss berechtigt, dass die drei
vematlieii, dass vielleicht auch jene, ihre Sieger, aus demselben Epos
stammen.
**) IIolvtpovzTjq, der Liebling der Artemis und Gegner des Ka-
paneus (430^ wird J 395 als ein Anführer dos thebanischen ITinter-
haltes von Tydeus erschlagen. Kach schol. A gab es die Yariante
AvX0(povTr}Q.
Vgl. von Wüamowitz Hermes XXVI 224 n. 2, 229.
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IT. TbebuB.
89
Dichter, wie das an sich wahrscheinlich war, die Thebais
benutzt haben, ein im fünften Jahrhundert in Athen noch
sehr bekanntes und beliebtes £pos^'). Aber anfs engste
gehört die Feindschaft zwischen Amphiaraos und Tjrdeus
mit dieser SageuTersion zusammen, mithin auch alles, was
atffi dieser gefolgert war. Dies wurde nun als eine im Ver-
hältnisse zum Amphiaraosliedc jüngere Sagenform erkannt,
und CS zeigte sieh, dass dieselbe auch die Rache des Alkmeon,
also wohl auch den Kpigonenzug umfasst habe. Dass die
Thebais in der spätcreu Zeit episrlier Poesie entstati(ien ist-,
wurde aus der Sprache ihrer Fragmente und dem Umstände,
dass sie auch die junge Epigotieusage behandelt hat, ge-
schlossen. Sowohl chronologisch wie in der Ausdehnung
des Stoti'es also stimmt der hier erschlossene Epeniuhsüt
zur Thebais. Somit haben wir einen festen Crrund zu ihrer
Wiederherstellung gewonnen.
Ueber den Anfang des Kampfes kann noch Einiges er-
schlossen werden. Adrastos entkommt allein aus der all-
gemeinen Niederlage auf seinem Rosse, dem liQBtatP xvopo-
XCf^T»;^*'). Das sagt das Fragment der Thebais, das Pausa-
nias VIII 25. 8 erhalten hat. Es ist ein hochbenihiiites
Pferd gewesen. Der Dichter des Theiles der Ehoien, der
unter dem Titel «öÄtt; llgax^tovg erhalten ist, giebt es
^'^j Das beweist aui hosten die Parodie der Oidipusllücho der
Thebais im schol. Soph. Oidip. C. 1375, die nach Wclcker Ep. C. ;J37
uud Meiueke zu Sopb. 0. C. S. 212 aus eiuem Komiker, uacli Elms-
ley und Nauck FTr* S. 928 aus einem Satyrdrama Btammt Die Kin-
der lernten Vene aus ihr in der Schule: in Aiistopbanes Frieden
1370 sagt der ntHg Aaßdxov den Anfang der Epigonen her.
'EqIwv schreiben die Münzen des arkadischen Thelpusa: vgL
Imhoof-Blnmer Zeitschr. f. Num. I 125 ff., Emil Müllrr Festgruss d.
arch. Sammlunjs^ an die 30. Philologenversaminlimg, Zürich 1887, IG ff.,
Tfl. II. von Wilamowitz Hermes XXYI 225 n. 1 leitet den Hamen
von 'EQivvq ab.
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IV. Thebai0.
dem Herakles im Kampfe gegeo Kyknos und iiennt es, wie
dio Thobais, UQtlova xvavoyalxrjf» (120). Dies Beiwort ist
also gerade für dioaes Boss bezeichnend^^). Auch im V der
Uiaa spricht Nestor von ihm» als dem schnellsten aller Bosse,
uod setzt hinzn oq ix d-Botpiv yivoQ i^bv (347). Aristarch
hat auf die Allgemeinheit dieser Angabe anünerksam ge-
macht und sie, wie gewöhnlich, dem entgegengestellt» was
die vb(6t$qoi und der xvxXog weiter gefaselt Der Townley-
anus hat die Genealogie des xvxXoq erhalten: ol de ev rq
xvicX(i) lIoafiömvoQ xal ISqivvoq (top ^4Qtlova ytvtaXoyov-
mv). Diis Schulion ABI) erzählt des Näheren die Zeugung
<1('S Ari'iou durch Poscidüii und Erinys und seine Schicksale
und schliesst: /} lOzoftifc jr roTc xvxXixolq. Man braucht
kein Wort darüber zu verlieren, dass ol Iv xm xvxÄo) des
Townleyanus und ol xvxXixol von ABD identisch sind: es sind
die Dichter der kyklischen Epen. Zu diesen wurde die
Thehais gezählt» die dreimal ausdrücklich ff xvxZtx^ ßrßctiq
citirt wird. Nun weist ein unzweifelhaft bezeugtes Fragment
dieses Gedichtes durch das Beiwort des Areion 7m€tvoxalt7f^
deutlich auf Poseidon hin**), dem dasselbe so stereotyp zu-
kommt, dass es sogar hei Homer F 144, c 636 und Hesiod
Thoog. 278 statt seines Namens gebraucht wird. Kann man
glauboii, dass ein hümeriscbes Ciedicht sich mit einem iu\~
deutenden Epitheton begnügt liabe, uder muss mau nicht
vielmehr aus dorn Charakter des Epos sckliesseu» dass es die
**) r 334 wird auch das Pfercl, unter denen Gestalt ISoress die
Stuten des Ericbthonlos bittet, xw¥€x«lxn<: goiannt Auch h!«r
iil die darin ausf^prochene Beaiehnng auf daa Heer klar und durch-
aus am Platse. Vgl. lioeschcke Boreas und Orelthyia, Doipater Fregr.
1886. 4.
'"^ So auch Welrkrr Kp. Oykl II ni;0 u. 117. Ich bin ausführ-
lich in KUcksicht auf Kd. S. hw.u t.'. der de schul. Homer. 427 zu dem
llo?nltato srolunet: „de Arii uis orit;iu(» in Thebaide nihil certi tr&di-
tuiu eiau :»t'd ex epiihulo x%:uroj(^^u^^^^^ ahäurda couiciebantur/*
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IV. TkebaiB.
91
Abstammung des Wunderrossos Areiou in behaglicher Breite
ensählt habe? Der Scbluss scheint zwingend, dass unter den
xvxXixoi der Iliasscholien die Thebais zu suchen ist: Areion
stammt also naoh ihr voii Poseidon und Erinys. Doch es
kann noch mehr von ihrer Sagenform mit einiger Siöherheit
herausgeschält werden. Zunächst ist natürlich alles m
streichen» was auf Herakles Bezug nimmt. Es bleibt dann
dies: UoaeidSp ^gae^eU 'Egirvog xal fievaßaXmv Tijp
(tVTOv ftOQ^f/v Elq Ifjrjtov tf/lyr/ xara Boicoriar jtaQCt rff
TiX^ovöy xQiii'ii. 7] 6t tyxvo^ -/hvouirn 'i.Tjrov tytrrrjötr
. . . v(p* ov (foro^ 6 "AÖQciOTOq Ix tov tfrjßcü'y.ov jro////or
6u6o)d^7] TÖ5r liAÄVjr aJtoXo^tvcov. Paiisanias giebt VIII 25.
7 dieselbe Geschichte, berichtet auch gleicher Weise, dass
Areion den Adrastos gerottet habe, jedoch nicht referirend,
sondern mit dem direkten Citat des Verses aus der Thebais,
fügt auch die Verse ^46, 7 der Ilias bei und Einiges aus
Antimachos, aber nicht Boiotien, sondern Thelpusa in Arkadien
nennt er als Ort der Zeugung und statt ""EQivvq heisst er
die göttliche Matter ä^ß^tij^ ^tvvg^^). Ebenso und mit
demselben Lokal hatte Antimachos die Sage erzählt (fg. 26,
29, 30)^^). ApoUodor, der gleichfalls bei Gelegenheit der
flucht des Adrastos die Abstammung seines Resses angiebt,
Es liegt nahe, vollständigere IHasschoHen als Quelle für Pau-
saiüas VIll 25. 7, 8 zu erklären, wie er sicher IX 5. 11 aus Odyssee-
scholieii genommea hat. Die Anführung von ^' o4ü 1. ist aehr ver-
d&chtig. Auch steht die ganse Geschichte mit seiner Perihegese in
keinem Zaummoihaiige. Aber die Abweichungen des PAUsanlaB von
dem nna Torliegenden Schollon sbd doch zn gross, ab daas diese
Behau])tnng gewagt worden dürfte.
Fg. 26 setzt er y/) für Demeter ein. Auch Kallimachos
(schol. Lycophr. 12'25) nennt .hjuTjrrjr) Tihfoaalt}. Doch geht nicht
aus dem Citat hervor, ob er sie in Eoiotien oder Arkadien denkt.
Für Erstpres .spricht die Form Tihf cuauit] , da sich die arkadische
Stadt auf ikreu Mänzen (^i:k[7iovaa] nennt.
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lY. ThebalB.
hatte oüenbar dieselbe Ueberlieferimpj vor sich, aber er hat
sie miBBverstandeu: (AQtlova) tx nootidmvog iyn n](jf Aif-
ftf/TfjQ dxaaB-tiOa ^ivvt xaza tf/p owinnUixP, Durch den
Zusatz Aff/i/ftr^Q sollte 'Eqivvq augenscheinlich nur erklärt
worden: so fehlt er auch in dem Uiasscholiou. Dass nun
diese Sago der Erzeugung des Areion von Poseidon und der
tilphosischen Erinys ans der Thebais stanunt» ist äberans
wahrscheinlich. Denn dieselben Eltern des Bosses sind für
sie eniiittclt und bei Apollodor, lliasscboliasteii und Pausa-
nias wird der Mytlius lu bcu der Flucht des Adrastos mit
dorn Aroion aus der \ ci iiichtungssclilacht vor Theben er-
zählt, für welche der Letzte di(> Tlicd^ais selbst citirt, ^vährend
der Zweite sicrh auf die xvxXixni als Quelle beruft. Es bleibt
nui' zu entscheiden, ob dies Epos das Beilager der beiden
Götter na(;h Ai-kadien oder Boiotien versetzt hat. Der Name
TtXg>c500a^ßiXxovött ist hier wie da mit der Erinys eng ver-
bunden, auch Onka ist ein arkadischer Ort» wenn ihn auch
nur Pausanias zn kennen scheint, und konunt in Boiotien vor.
Dort ist Onkos der erste Besitzer des göttlichen Pferdes, hier
Kopreos'*). Dieser wird König Ton Haliartos genannt, das
der Quelle Tilphossa benachbart war; er sitzt also in Boiotien
fest. Dagegen schwebt der arkadische Onkos, der Sohn des
Aitollon, Iii der Luft. Auch ist die ))oiotische Tilphossa
noch durch den Drachen, den sie dem Ares gebai", mit dem
thebanischen Sagenkreise verbunden-^). Endlich darf auch
wohl angeführt werden, dass sich Boiotien ebenso trefi'lich,
wie Arkadien wenig für Pferdezucht eignet. Es kann somit
nicht zweifelhaft sein, dass die hoiotische Sage die ältere
Vgl. SchoL 0 634 Twh KoTtQtig naT; tov 'HXsiov mim^
(v. Wil. i])Jov n. T. II. cod.). rart xal akkog Bouuziog ^Aha^rov
naiq. Haliartos benachbart ist muh schol. ^' 346 Onchestos, das ein
Ho0£tdtjiov tty?.nov rtlio^ hat: ^' r>06.
*•) Schol. Soph. Antigon. i-'t».
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ly. Thelnis.
93
ist Daraus folgt freilich nicht, dass sie der Thebais gehöre.
Wahrscheinlich wird dies aber dadurch, dass diese Version
allein vom Scholien W 346 angefahrt wird, welche sich auf
die xvxXtxol bemfb'^).
Mit dem götterentsprossenen Rosse Areion entkommt
Adrastos allein von allen sieben Helden aus der Schlacht
gegen die Thcbaner in kläglichem Gewände ^^*): tp dh Br^'
Btfuna Xvyga g>4Qmv cvp 'Agelopi xvavoxalzy.
Wäre über den Ausgang des Krieges der Sieben ans der
Thebais nur dies Fragment erhalten, so würde doch Niemand
sich die Situation anders vorstellen, als so: Die Schlacht ist
geschlagen, der Brudermord gescheheo, die thebauer Helden
haben die argiver Fürsten überwältigt und in unwidersteh-
lichem Vordringen das luiiidliche Heer vor sich hergejagt; die
Erde thut sich auf und verschlingt rettend den Seher
Auiphiaraos mit Rosa und Wageu. Aus dem tödtlichen Ge-
tümmel entkommt nur einer: der Heerkönig Adrastos und nur,
amgekelirt tod Wihunowite Hermei XXVI S25 n. 1, weil
die Mttinen des arkadisclien Thelpusa den Erion führen.
^) Paus, yin 25. 8. ei/iata hfyQ& sind nicht »Tiattergewittder*',
wie Welcher Ep. G. II B69 will, aondtHm serrisBene, befleckte: so
^-ird die Bettlertracht des Odysseus genannt 7t 457, q 203. Es ist un-
denkbar, dass Adrastos nach der Niedcrlaj^o die Kleider gewechselt
habe, flßcc heisst auch die Kleidung des voll genisteten Kriegers:
S 538 fiu(( ^y* nfi^' wuoiot lUxtfotvtdv a7/iaTt <piuTwv. Wir dür-
fen uns daher nach jenem Verse der Thebais Adrastos nicht in
TrauerkleiUern, sondern in kriegerischer Gewandung vonitellen. Ent-
weder ist er reitend zn denken« denn das jüngere Epos kennt das
Reiten (e 871, * £08—518, Friedreich, Horn. Bealien, Löachcke Bonner
Studien 1880, 8&6ff., vg^. t. Wilamowitx, Herakles n 148 f.); oder er
Ahrt auf seinem nur mit dem Areion bespannten Wagen. Dass
wirklich einspännige Streitwagen vorkamen, hat Ilelbig (nom. Epos
ans den Donkm. erläutert- 128, 137, 139, 14ö) trotz Schuchardt (Schlie-
manos Ausgrabimgea 196) erwiesen.
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IV. Thelwb.
weil ein Götterpferd ihn in Windej^eiV^ entführt — wohin?
fort vom Sclilachtfelde, in die sichere Heimath. Denn wo
wäre anders als in seiner Burg eine Zuflucht for ihn'*)?
Wollten wir uns wie Statins ein befestigtes Lüger denken,
in das Adrastos fliehen könnte, wie sollte er es halten
gegen die gewaltigen Streiter Thebens » er, der alle Helden
verloren hat? Denn in ihnen liegt die Starke homerischer
Heere; die Mauuen sind eitel nichts. Und wäre es auch aus
homerischer Anschauung denkbar, so wüide es dennoch un-
wahrscheinlich für die Thcbais sein; denn es würdo dem
Eindrucke der furchtbureii , gottgesandteu Niederlage sehr
Eintrag thun. Das grossartige Bild dieses von Zeus ver-
hängten Vernichtungskampfes fordert als Abschluss das völ-
lige Verderben der Argiver, aus dorn allein, Tcrlassen, jam-
mervoll der Herzog sich durch das Götterross errettet.
Aber man hat dieser Forderung, wenn man sie sich klar
gemacht hat, entsagt. Und das war billig: denn man glaubte
einer anderen Ueberliefemng gehorchen zu sollen. Askler
piades hat zu des Adrastos Aussprach bei der Bestattung der
Sieben (Pindar 0. VI 15): xo&im arganäg 6q)d-aXfiov i^iäq
aii^oTEQOV (lavxLV rdyad-ov xai öovqi fidQvaod-cu notirt: ravra
tlXtjfpEV ix xrjq xv'AMyJiq 0j]ßai6o^. Dem aus dieser Notiz ge-
zogenen Schlüsse,*') dass auch die Bestattung aus demselben
Epos genommen sei, ist bereits ül)on die Berechtigung bestritten
wordeji. Er liegt frcilicli überaus nahe und hat den Schein
der Wahrheit, aber ist er denn zwingend? Das scheint doch
nur insofern, als man keinen Grund anzugehen vermag,
warum Pindar gerade diese Situation gewählt haben sollte»
wenn er sie nicht in der Thebais vorfand. Es führt diese
Annahme jedoch zu Schwierigkeiten, die Welcker sich nicht
w) Vgl. Welcker Ep. Cykl. II 370.
«') So Welcker Ep. Cykl. II 367, 324. v. Wilamowitz isyll 163
n. d, Spiro de Euripidis Fhoiuissis 18, ßobde Psycho 107, n. 1.
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IT. thebais.
95
Tdrhehlt hat Er sab, dass luich der Sitte homerisGher Zeit
die Leichen, die in der Gewalt der Feinde blieben, eine
Biohere Bente' der Hnnde und Vögel wären. Aber ihm wird
diese Schwierigkeit nnr zn einer nenen Betbatigiing seines
erfinderischen Geistes. Ueberzengt, dass wie alle Bezüge
älterer Werke auf diesen S.agenkreis, so auch die honigsüsso
Rede, welche Tyrtaios ( lg. J l*. v. 8) dem Adrastos nach-
rühmt, aus der Thebais stamiue, sie also auch in dem Ge-
dichte zum Ausdruck gekommen sein müsse, findet er nur
diese eine Gelej^cnheit, wo sie in vollem Glänze gezeigt
worden sein könne, und so vermuthet er, diese Rednergabe
habe die Kadmeer zur Herausgabe der Leichen bewegt. Aber |
leider ist seine Voraussetzung unbewiesen nnd unwahrschein- (
lieh. So mnss Welckers Lösung abgewiesen werden, aber
die Schwierigkeit bleibt bestehen. Und er hat sie noch
recht greifbar gemacht durch den Hinweis auf die Ueber-
lieferung, dass HeraJdes zuerst den Feinden die Leichen zu-
rückgegeben habe. Woher diese auch stammen möge, sie
sagt dasselbe aus, was aus den homerischen Gedichten ab-
genommen werden muss, dass dieser edle Brauch erst einer
späteren Zeit als der jener Heroenkämpfe angehört*^).
Dazu kommt nun, dass jene Pindarischen Verse ein
klares Bild nicht ergehen. „Hagesias", saf^t er, „du hist des
Lobspruches sicher, den einst mit iug die Zunge des
Adrastos über den Seher Amphiaraos aussprach, als (ßxel)
die Erde ihn und seine glänzenden Stuten verschlang (tfiagips).
Als darauf (ßmiTa) die Scheiterhaufen für die sieben Helden
errichtet waren, sprach des Talaos Sohn vor Theben ^wa
solches Wort: ich yermisse das Auge meines Heeres, ihn,
gleich trefilidh als Seher und im Speerkampf.^^*) Jeder
«") Welcker Ep. C. II 3(58. Plutarch Theseu» c. 29,
Vgl. von WiluuiüwiU Isyllosi 1G3.
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IV. Thebais.
Hörer und Iieaer muss zunächst annchmcu, dies Wort der
Thebais, welches der Dichter auf den Hagesias anwendet,
habe Adrastos gerufen, als er in ^vildor Flucht über das
Blachfeld gejagt wird und sieht, wie Amphiaraos in die Tiefe
sinkt und mit ihm jede Hoffiiung schwindet» das Heer durch
Bath und Kraft zu retten. Das ist ein anschauliches Bild;
hier würde das hohe Loh noch grossartig gesteigert er-
scheinen, wenn es Adrastos in der höchsten Noth spridit» die
der Scher vorher gesagt hatte, und in dem Augenblicke, als
er diesen Helden vcrlicit. seinen Werth erst ganz erkennt;
ufig:6T8Qor iirvra: xWyaB^oq xai 6ovqi (itc^i oitat. Aber kaum
hat die PhanLaMC dies Bild erfasst, da löscht es der Dichter
aus und zeichnet ein anderes: sieben Scbeiterbaufeu sind für
die gefallenen Helden aufgeschichtet, Adrastos betrachtet
den Stolz seines Heeres, zählt die I.eiclien — siehel eine
fehlt, und er spricht: »ich Yermisse ihn, der beides war, ein
trefflicher Seher und gewaltiger Lanzenschwingerf* Wie
mattt Das ist keine rühmende Leichenrede, die den Seher
über alle andern Helden heraushebt, es ist nur die Consta-
timng einer Thatsache: bald wird der Herzog aufgeklart
werden, dass die Erde den Amphiaraos yetschlungeQ hat und
er fortlebt als Gott, und billig wundert man sich, dass
Adrastos dies Wunder bis jetzt noch nicht erfahren hatte*®).
Welcher von beiden Siuiaiionen das geflügelte Wort über
Amphiaraos ursprünglich eignet, scheint mir schon hieraus
einleuchtend. Ansij;eschlosp'Mi wird die letztere durch die
homerische Sitte und unvciembar ist sie mit dem Verse der
Man kömitc auch daran Anstms nehmen, dass Adrastos den
Seher das Augf seines Heeren nennt, wahreud er doeh gar kein Heer
mehr hat. Penn alle Fürsten wie lleisige sind L'etödfot. Das ist ^c-
die ursprüuglicbe Sage, sie bat Euripiucs iu dcu iiikcudcn fest-
gehalten: da er ato IBbteo einen ZnBchaner der Thewnnchlacht
wQiuclite, fiagiite diBB die Thebaner anch Gefangene gemacht
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lY. Thebals.
97
ThebaiSy der nur so verstanden werden kann, dass Adrastos
allein ans dem tödtliclien Getümmel durch sein göttliches
Boss gerettet wird. Folglich hat das Epos von der Besiat-
taug der Sieben durch die Thebaner oder Ton der Xvb-
lieferung der Leidien an Adrastos lüdits gewnsst
Dies Besnltat vird durch die Tragoedie bestätigt In
der Antigene handelt es sich nur um den Versuch, Polyueikes
zu begraben, um seine gefoUenoi Genossen kümmert sich
Niemand, sie werden auch nicht erwShnt Nur Teiresias
deutet an, dabs auch diese den Hunden und Vögeln zum
Frasse hingeworfen waren:
1080 Byß(i(il 61 Jtäöai ovvTaQaaooi^zac ytoXetg
oöcov (fJcaQctyfiar* r) xvrsg xa&rjyviaav
1^ d'^Qeg, ij ti£ xtf^vog oiatvoq, g>iQmv
ävaciov wfiii^v £0tio^op ig xoJLtp,
Daraus folgt mit Sicherheit, daas an der Schändung der
übrigen Leichen weder von den Thebanein, noch Yon Anti-
gene irgend wie AnstoBB genommen war. Dasselbe ergiebt
sich aus der königlichen Botschaft in des Aischylos Sieben:
Eteokles soll begraben werden als Vaterlandsvertheidiger,
Polyneikes soll unbeerdigt bleiben. Nur er? Gewiss nicht!
Bei seinen Bundesgenossen ist das ganz selbstverständlich;
nur bei ihm, als dem Thebaner, dem nächsten Verwandten
des Königshauses könnt ■ überhaupt ein Zweifel entstehen,
da nach heiligem Ilerkommen seine Angehörigen die Pflicht
hatten, ihn zu bestatten. Deshalb ist nur von den beiden
Oidipodiden die Rede. Fragment 17 aus den aischyleischen
'Agyeloi bezeugt, dass des Kapaneus Leiche unbestattet blieb.
Die 'EXsvolvioi des Aischylos, die euripideischen Schutz-
flehenden beruhen nur darauf, dass die siegreichen Thebaner
den Leichen ihrer grimmen Feinde die Ehren der Bestattung
und die Ruhe der Todten verweigerten. Die sich hieraus
eigebenden Gonflikte haben eine lange Reihe glänzende
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lY. ThebaiB.
Tragocdicn geboren. Diese Conflikte konnten aber nur ent-
wickelt werden, als der Glaube allgemein durchgedrungen
war, es sei eine heilige Pflicht, die Todten zu bestatten. Der
Feinde Leichen den Thieren unter dem Himmel hinzuwerfen,
ist in homerischer Zeit gewöhnlich. Sie sieht darin den
Anadnick wilden, den Tod überdanemden Haases, eine
Sdiandung — aber keinen FreTet AU solchen emp&nden
das die Griechen erst, als im allgemeinen Umschwünge des
geistigen Lehens der Todtencolt neu erstanden war imd als
sich im PriTatreofate und Völkerredite zu gleicher Macht die
heiligen Satzungen erhoben hatten, die Todten zu begraben
und ihr Andenken zu pflegen**). Der ganze Sagüütx>mplex,
welcher sich um die Bestattung der vor Theben Gefallenen
gruppirt, erweist sich somit als jung. Und das bestätigt die
Einmischung des Thtbcus, der stets dabei die Hauptrolle
spielt. Aber entstehen konnte er nur, wenn es fest stand,
dass die Thebaner ihren gefallenen Feinden die letzten Ehren
versagt hatten. Und konnte ein homerischer Dichter anders
den Ausgang eines Kampfes dichten, in änm Bruder gegen
Bruder gestanden und Tydeus seines Feindes Him geschlürft?
Somit ergieht sich aadi von dieser Seite die Nothwendig-
keit, daas in der Thebais die Leichen der übermfithigen
AzgiTer dtti Thieren zur Beate hingeworfen wurden, auf dass
sie seirissen und yerschleppt würden.
IHe herkömmEohe Verwendung der sechsten olympischen
Ode Pindars ist also unrichtig. Aber wir verstehen jetzt,
warum er nicht die Situation der Thobais übernomini ii hat.
Ihm wai*, wie seinen Zeitgenossen, die Schändung der Leichen
ein gräuliger Frevel wider die Götter und ihre heiligsten
Satzungen. Als Patriot musste er die Ehre seiner Vater-
stadt wahren, und mit jener naiven Kühnheit der Zeit» in
**) Das hat Bohde In Bsinem Baehe FSyche leh^fn dai|«thaii.
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IV. Thebaifl.
99
der die Sage noch lebendig ist^ legte er umbfldend die Hand
an sie und formte sie den AnBehauungen seines Jahrhunderts
gemäss^'). Desshalb betont er gewichtig» dass die Leichen
der Sieben yerbrannt worden sind, wie in der sechsten olym-
pisehen, so in der neunten nemeischen Ode; hier fugt er, statt
em&ch dem Zusanunenhange entsprechend zu sagen: „die Hel-
den kamen vor Theben um die süsse Heimkehr*', ausdrücklich
und unmotiTirt hinzu „sieben Leichenfeuer frasseu die jugend-
frischen Männer**.
Jetzt kehrt die Untersuchung zu Polyneikos zurück,
welcher in der Thebais, wie vorbiii gesclilossen wurde, durch
„das Halsband'* Eripbylen bestoclicii hat, ihres Gatten Ver-
steck zu vcrrathen. Wie der Artikel zeigt, ist es ein be-
stimmter und allgemein bekannter Schmuck gewesen, mit
dem es eine besondere Bewandniss gehabt haben moss. Die
Mythographen und späteren Dichter sprechen stets von ihm
in dieser Weise. Dagegen besseichnet die Odyssee o 247
nicht genauer den Preis des Verrathes und spricht auch
X 327 nur Ton kostbarem Gbldo; ebenso Sophokles EL 837.
Dagegen beweisen Piatons Worte Bp. VHI 590A ^ig>vXtj
hd xij Tov avÖQoq tpvxd rov oQfiov 6B$a(iipfj, dass schon
ztt seiner Zeit bei dem Bestechungsgeschenke Eripbylens
an einen ganz bestimmten Schmuck gedacht wurde. Sein
Schoüast erkliirt diesen in Uebereinstimuiuiig mit allen an-
dern Zeugen als das beriibrate Halsband der Harmonia, das
Hepbaistos Kelbst gefertigt. Nach Pherekydes^*) bat es
Kadüios von Europa erhalten, nach andern Aphrodite oder
Athene seiner Braut bei der vielgefeierten Hochzeit geschenkt.
Und wahrlich, ein wunderbares einziges Kleinod musste es wohl
sein, welchcB das Weib des Amphiaraos so ganz ihre hei-
**) Vgl. Welcker Sappho 86.
'*) ApoUd. III 4. 2. 8.
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100
lY. Thebaia.
0
ligsteu Pflichten yergessen Hess. Da nun alte Sage erzählte^
da88 die Götter selbst Hamonia beschenkt und Poljnet-
k€S als ihr Nachkomme in den Besitz dieser Göttergaben
kommen keimte, lag es sehr nahe^ solMild er selbst zum Be*
Stecher Eriphylens geworden war, ihn sn diesem Zweoike
mit diessB Wimdentücken za Terseben. Da jenes nun, wie
gezeigt ist» im Gegensatze znm Amphiaraosliede in der The-
bais wahrscheinlich der Fall war, und dies Epos, wie sein
Yon Athenalos XI 465E überliefertes Fragment beweist, mit
den Erbstücken des Kadmos operirt«, so ergiebt sich die
Vermuthung, dass ia tler Thebais Eripbyle von Polyneikes
durch das göttliche Halsband seiner Ahumutter Ilarmoma
bestochen wordeii ist. Euripides jedenfalls kannte, wie aus
fg. 70 hervüigelit, die Version, dass Polyneikes von Theben
nach Argos iqvoovv oQfior gebracht und Eriphylen gegeben
hat Und dass dieselbe älter ist als die Tragoedie, also in
epische Zeit hinan&eicht, beweist Hellanikos.^^) Da nnn
**) Am Ejpaelcwkitten Paus. III 8. 13; Theognii Findar P.
in 90, fg. 29—32, Enrip. Phoin. 883, Hellaiiikoi? tehoL B 494^ Benn-
dorf Yorlegeblätter C. 7. 3.
") Schol. Phoin. 71 ^'FJ.Xavixoq ^} IßTOQfl xaxa avv&ijxtjv {Tlo-
Xvrelxrjv) jiaQw/ujQfjaai xijv ßaotkiiav 'EteoxXfi }Jyo)v tttQfaiv avzüi
riQO^tlvui lov 'Ettoxkia, et ßovXoixo r^v ßaaiXfiar l'xn-y f*fQoq
Tcüv j^^ij/tidrtav kaßelv xal krigav nokiv oixtiv. xov 6% kaßovxa lov
Xiiüip« xcd tbv S^fiiW*ÄfffUivlaq dvaxa>Q^<Jai stg "Agyog XQlvawva dvtl
tcvT€»y ßaaiXeta» mt^ttx^H^*^ ^^^^ OQfMV 'A^Qodltii, thv
^ÄQ-yeln. Dies ist die einzige Stelle, welche Atukunft darüber giebt,
wie Polyneikes in den Besitz des oQ^oq kam. Man könnte geneigt
seiT^ RIO in die Thebais einzusetzen, zumal schon einmal ein Zusam-
mentreffen des Hellanikos mit diesem Epos constatirt ist. Denn dass
diese altpii Historiker Epen benntzten, ist eine nothwendige Annahme,
da die Epeo, nicht die Lokaläagen, die Vorstellung beherrschten und
SO ihren Yerdonen die Geltang hisUwiicher WahAeit venchalRen,
wie sich das an der Ilias frOh seigt Es lat auch ?erhftrgte That-
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IV. Thebais.
101
aber Harmonias Halsband eine so hervorragende Rolle spielte,
so wird OS dcmgomäss in dem Epos gefeiert worden sein,
welliger wobl durch ScLilderung seines Aussehens, wie der
Schild Achills, als durcli Erzählung seines göttlichen Ur-
sprung* s und seiner erlauchten Geschichte, wie das Scopter
Agamemnons B 100 Ii. Also dürfte die Hochzeit des Kad-
mos erzählt worden sein.^^)
Sache: aus ihren geringen Fragmenten lässt sich nachweisen, dass
Pherekydeg, Hellanikos, Akusilaos nicht selten ebenso wie epische
Dichter berichten, sie also benutzt haben. Bei lieui Letzten tritt das
äo stark hervor, dass schou die Alten seiue Abhängigkeit von Hesiod
bemerkt (Piaton Symp. 178 C, schol. Apoll. Rh. IV 57 etc., schol. Ees.
Tbeog. 870) und ftasgosprochen haben (Josepbiu contra Apionem I
e. 8, Arietobnl bei Clemens AI. Strom. VI 752 F., Tgl. von Wilamo-
vitz Horn. Unters. 347). Da jedoch dorch die Version des Hellaol-
kos Polyaeikes und Argos ganz ins Unrecht gesetzt werden, Ist es
nidit gerade wahrscheinlich, dass sie aus der Thebais stamme.
Vgl. Uscner Altgriechfscher Versbau 54. Im ersten Htasimon
der Phoinisseu wird des Kadmos Drachenkampf und die Gründung The-
bens besungen. Der Held erschlägt das üngethüm mit einem Steine
(661). Ebefiso hat Hellanikos erzählt, während nach Fherekydes ein
Schwert die Wftü» war (sehoi Fbdn. 662). Die UebereiBStinimnnf des
Hellanikos und Eoripides in einer bo nebensächUchen Einzelheit be^
weist, dass Beide treu derselben Qoelle folgen, die nicht wohl anderswo,
als in einem Epos gesndit werden kann. Denn Spiros Behauptung (de
£ur. Phoin. 9), Stesichoros sei Quelle, ist haltlos, da der einzige aus der
EvQdtTfFln dieses Lyrikers überlieferte Zug (schol Plioin. <i70) mit
des Euripides Erzählung (667) nicht stimmt. An die Tholiaia zu
denken, liegt nahe, auf welche dann auch wohl die tyrische Abkunft
des Kadmos (vgl. frg. 81^ Eurip.) und sein vergebliches iSuchen der
Europa surflckzofOhren wftre. Ansftthrlich beriehtea daraber Apollo-
dor in 4. 1, Hyg. fab. 178, Paus. IX 12, schol. Phdn. 638 ans dem
mythographischen Handbuche. Die Uebereinstimmung mit den im
scliol. Pholn. 638 übsrliefertsn, übrigens nnhomerischen Versen ist
schlagend und wird es noch mehr durch Buechelers Emendation Rh.
Mus. XLYI 190 xarexXi'O-f; .-'r loatc {h' | ») nokig S. ixXfS-tj Ttohq codd.)
» T. 10. Doch dasB hier alte Ueberlieferung vorliegt, sichert die
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102
IV. Thebaiü.
Über die Fragen, warum Polyneikee naoh Argos ent-
floh, welches sein Verhältniss zu Vater und Bruder war, ist
AufscLluss aus deu zwei Fragmenten der Thebais mit den
Oidipusflüchen zu gewinnen.^') Das Scholien zum Oidipus
auf Kolouos 1375 hat dies erhalten:
„m fioi iym xaldeg ^Iv ortiöeiovrtg txBfifpavJ'
eixTO Jtt ßaüiXfjt xai aXlotq dd-avdtoici.
Der HypomnematiBt giebt an, was audi wir echliessen mfias-
ton, dass dies von den Söhnen dem Oidipus übersandte Hüft-
gelenk ein Theil eines Üpferthieres war. Daraus folgt ohne
weiteres zweierlei: erstens hat Oidipus nicht selbst geopfert,
er erfüllt also eine der Pflichten des Lumeriscben Königs
nicht mehr. Zweitens macht er noch Ansprüche auf kö-
nigliche Ehren: das Hüftgelenk schleudert er fort als eine
Schmach, er ist gewohnt, das Ehrenstück, den Rucken, zu er-
halten. Oidipus ist also nicht mehr König im ganzen ho-
merischen Sinne des Wortes und wird von seinen Söhnen
Yergleicliimg mit dem Staaimon der FlioiliisBen und die ErwUmniig
det sonst unbekannten riekaycDV, des ^Afoptöafjiaq Sobn, der nach Fho-
kis, Boiotien gehört. Ed. Schwartz (Quaest. Herod. 141) ist zu mei-
ner Freude etwa zu denselben Resultaten bekommen. Für ein jun-
ges Epos, wie die Thebais, passen Delphis Orakel (Niese Entwick.
d. hom. P. 49). Jedenfalls ist es diese opisobe Form der Kftdmos-
sage, welche den älteren boio tischen Lokal mythos verdrängt hat,
nicht erst Antimachos TOn Kolophon, der Uberhaupt schwerlich Ein-
floBS auf die Sage geabt hat.
*^ Mit Unrecht haben auf Emtathius sn A p. 1684 gestotsk
CasaobonuB nnd Yalekttiaw den einen der svei Flüclie einem ande-
ren Gedichte, der Thebais des Antimachos, beigelegt: Welcher Ep.
C. II 333 n. 26. Er hat die Steigerung der Flüche schön geselgt
Vgl. Aristoteles Politik TTT 14 p. 12851». 10.
Welcher U 333: „Zu herrschen fuhr Oidipus fort''
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IV. ThebalB.
108
nicht mehr als König anwlcannt. Es ist dies der Schluss
einer ^ngearän Entvickelung, vie das hei Athenaios erhal*
tene Bmchstüok lehrt Da wird Oidipus von seinen Söh-
nen^ tJuUJidi von Polyneikes tief gekränkt*^) und er flndit
ihnen: nie sollen sie in Frieden ihr Erbe theilen, Krieg und
Kampf sei ihncii immer beschieden. In dem andern i rag-
mente ist der Fluch viel sclirecklicher: in Brudermord sollen
sie sterben Einer von des Andorn Hand. Und wie der Fluch
gesteigert ist, so aucb die Beleidigung: die Übersendung des
Hüf^knochens statt des Eiirenstückes ist das Zeichen, dass
Oidipus der Herrschaft entsetzt ist.^^)
Mit diesen nothwendigen Folgerungen aus den Bruch-
stücken stimmt überein, was ans der Sage an sich für ein
homerisches Gedicht geschlossm werden müsste. Es ist hier
erlaubt» ton der Sage an sioih zu reden: denn der Vater*
mord ist, so weit wir sehen können, in der Dichtung un-
trennbar mit Oidipus Terbunden. Durch dies Verbrechen
ist er mit unsühnharer Schuld behaftet Wie durfite er ein
Opfer mit seiner sündigen Hand berühren? Scdion seme un-
reine Gegenwart befleckt die heilige Handlung, befleckt die
Keinen. Der Mörder ist nacli uraltem Blutreclite der Rache
der Verwandten verfallen, nur durch Flucht kann er sich
der Strafe der Menschen entziehen, und er bleibt ein Gräul
den Göttern, bis er irgendwo Sübnung gefunden hat. Oidi-
pus hatte den schwersten Mord begangen; doch nach der
Thehais blieb er in Theben und auf dem Throne. Es konnte
Welcker II 884 hat diese Beleidigung erklirt: „das Yor-
setzen der Kleinode, die an den erschlagenen Yater erinnerten {na-
xQog ff^To Tiin'.Fvia ye(^ konnte Oidipua nickt anders als hdlinenden
Vorwurf aufnehmen".
") Wolcker Ep. C. II 33G. Erst er hat das Verstand niss die-
ser beiden I? ragmente erschloääen und grossartlg Oidipus uud das alte
Epos (339) duttiktMiairt
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104
Niemand wagen, ihn binausEustoflsen. Aber ein ToUer ESnig
konnte er nicht mehr sein, da er nicht opfern durfte. Das
thaten für ihn seine Söhne und von diesem Punkte ans nah-
men sie dem Vater die Herrschaft — docb natürlich, um
sie selbst zn führen. Das war aber nur möglich, wenn Oidi-
pus nicht mehr die Macht liatte, Unohrcrbietigkeit und Auf-
stand zu strafen. Nun ist es wülil begreiflich, dass die
Mannen und Knechte sich von dem Gottvcrhasston abwandten
und, wenn sie sich auch nicht thätlich gegen ihn auflehn-
ten, doch nicht mein* gefügige Werkzeuge in seiner Hand
waren. Aher hätte Oidipus noch in Toller Heldenkraffc ge-
standen, er hätte sich wohl Gehorsam zu verschafien ge-
wuflst» Gehorsam wenigstens und Ehrerbietigkeit von seinen
Söhnen erzwungen. Demnach haben wur uns Oidipus als
einen körperlidi gebrochenen Mann yorzustellen und so wer-
den wir auch Ton dieser Seite zu der Annahme gedrängt,
die Welcker schon aus den Fragmenten selbst entnommen
hatte: Oidipus war blind. Ünd das bestätigt die Persiflage
dieser Thebaisstelle, welche im Scholion zu Oidipus auf Ko-
lonos 1375 erhalten ist.*^) Oidipus war als Sohn der ver-
pflichtete Rä<^her des Laios: durch die Blendaug vollzieht
er sie wenigstens ^^^ymbolisch an sich selbst.
Schon der Hypomnematist , dem wir jene Verse der
Thebais verdanken, hat bemerkt, dass Aischylos in den Sie-
ben V, 769 auf dieselbe Weise die Verfluchung der Söhne be-
gründe» sie sollten in Kampf das Erbe theilen. Die schon
nachgewiesene Benutzung der Thebais liegt also auch hier
zu Tage. Da nun diese Flüche vom Chore unmittelbar mit
der Selbstblendung des Oidipus verbunden werden, so darf
darin eine Bestätigung des Schlusses gesehen werden, dass
diese auch In demselben Epos erzählt war. Weiter aber
«•) Welcker £p. G. II 333. 337, Schneidewin OidipuBsage 166.
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IV. Thebais.
105
fuhrt die Erkenntniss, dass ancli Enripides in den Phoinissen
die Stelle jenes Gedichtes benutzt hat. Er lässt nämlich
den Teiresias 870 flf. von der Blendung des Oidipus und von
der Sünde seiner Söhne gegen ihn also reden:
ovTS yctQ yega TcazQl
875 om* e§o6ov öiöovreg avÖQa &vötvxti
k^^QUoCav, ix 6* hfpsvo* avrotq aQa$
ÖBWas voiSdSp re xal XQoq i^ttftaCfiivoq,
Ebenso lieisst es im Prolog 60—68, wo auch der Inhalt der
Müche bezeichnet wird:
Die Uebereinstimmung mit der Thebais ist offenbar: Oidi-
pus hat sich nach entdecktem Frevel geblendetj dann von
seinen Söhnen der schuldigen Ehren beraubti wünscht er
ihnen Bruderzwist um*B Erbe an. lüthin ist auch die Ge-
fangensetsong des Alten durch die Sohne aus eben diesem
Epos entnommen. Denn dass sie ihn der Herrschaft be-
raubt» ergeben die Thebaisfragmonte; getödtet haben sie ihn
nicht; also müssen sie ihn durch Gefängniss unschädlich ge-
macht haben. Und höchst wahrscheinlich hat Oidipus in
diesem (iedichte den Bruderkampf, die I'.rfulluiig seiner
Flüchp erlebt. Das ist auch in den Phuimsstn der Fall, in
des Sophokles Oidipus auf Kolonos sieht er wenigstens den
offenen Krieg, wenn auch nicht den gegenseitigen Mord;
aus Aischylos Sieben ist nicht zu erkennen, ob er noch
lebend gedacht ist. Auch in der Oidiporlie scheint er wie
sein zweites Weib Euryganeia noch den Tod der Söhne er-
lebt zu haben. Diese Version ist also verbürgt Seine Aus-
wanderung nach Attika kommt fiir das Epos natürlidi nicht
in Betracht.^*) Das alles empfiehlt die Annahme dieser
lieber das Alter diener Sage v. Wilamowits Kydathea 103
n. IL
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106
IV. Thebaia.
Sägeufom für die Thebais. Entschoideiid ist, dass allein
sie einen AbschlusB und freilich einen grossartig tragischen
Abschluss für das tragischste aller Mensohenloose bietet,
während er sonst zwisciicu seinen Flüchen und deren Er-
^iUung unbeachtet und vergessen ini Kerker blerben müsste. **)
Jetzt erhebt sieh die Hoffnung, für die Thebais noch
mehr aus den i'hüiuisseu zu gewinnen. Nach dem Prologe
haben Eteokles und Polyiieikes, nachdem sie gemeinsam die
Herrschaft an sich gerissen, aus Furcht vor Erfüllung der
väterlichen Flüche ein Ucbereinkommen getroffen, nach dem
Herrschaft und Elend jährlich zwischen ihnen wechseln soll;
Poljneikes als der Jüngere Terlässt zuerst die Hetmath, nach
Jahresfrist jedodi will der ältere Eteokles den Tbron nic&t
aulgeben und stosst den Bruder wieder lunans» der nun Az^
gos aufbietet. Durch diese 'Wendung wird 'Dieben durch-
aus in Unredit gesetzt Und das mag auch wohl in der
Thebais goscheheii sein: dafür spricht die Aufforderung an
die Muse, Argos zu besingen, und die Tbatsache, dass dies
Epos den Sieg der Epigonen über Theben gefeiert hat, und
doch nicht die gerechte Sache unterliegen lassen konnte.
Aber dagegen erheben sich schwere Bedenken. Die wahr-
lich belesenen alten Erklärer der Phoinissen haben keinen
älteren Beleg für diese Sage gekannt. Ihre Verlegeoheit
**) Rilievi delle urne Etrnache TT 1 tav. 17 ff. ist der alte Oicli>
puB zwiBchea den sterbenden Söliucu dargestellt. Körte ti. b2 glaubt,
di^ Venlon sei ans den PbdiibBan dnreh Uebertragung entstaa-
pen. Sollte TieUeieht echte TTeberliefenmg eines Tendudleaen Ssgea*
znges Torliegen? Vgl die kämpfenden BrOder, zwiaehen die der Blits
f&hrt tav. 15 f. S. 43 ff., den Krieger (Tydeus nach E(frte), welcher ein
Menschcnhaupt in die Mauern Thebens schleadert tav. 21 f. S. 60 ff.
Hat sich doch auf einer solchen Aschenkiste tav. 8a S. 25 die alte
lind seltene Sa^'o von der l^'rmordung Ismeuena durch Tydeiis erhal-
ten Die Mögiiciikeii, dass hier ein Zug der Thebais erhalten ist,
scheüit somit Torhanden.
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IV. ThebaiB.
107
zeigt deatlieh das Scholion zu Vers 77; ^ wird schliesslich
der Ausweg gewählt, Euripides habe zwei Versionen ver-
mischt: diü Vertreibung das Polyucikes habe er aus Phere-
kydes, den Theilungsgedanken aus Hellanikos entiiummeü.'^'')
Femer ist nicht abzusehen, wie Polyuüikes auf diese Weise
in den Bphüz des Halsbandes der Ilarmonia gekommen
sein könne, mit dem er in der Thebais Eriphylen be-
sticht Endlich darf wohl daraus, dass in dem einen The-
bauB&agmente Polyneikes es ist, der den Vater durch das
Vorsetzen von Kadmos Tisch und Becher thäÜich beleidigt»
auf die Erstgeburt dieses Bruders geschlossoii werden,^*) zu-
null da er andi im kolondschen Oidipus als der altere aus*
drucklidi genannt wird (375, 1294). Dies fällt um so mehr
- in*s Gewicht» als Sophokles den Hintergrund dieser Tragoe-
die nach der Thebais gezeichnet hat Denn beide Sohne
haben im Streben nach dem Throne gemeinsam den Vater
misshandelt (442, 448), besonders Polyneikes hat sich lieb-
los gegen ihn gezei,i:::t 1355 0'.); OiJipus hat ihnen geflucht
(1299) und Brudermord (1375, 1387) gewünscht. So könnte
es fiir wahrscheinlich gelten, dass auch die Vertreibung des
Polyneikes in dieser Tragoedie nach jenem Epos berichtet
sei; Eteokles beraubt den Bruder, der als älterer auf den
Thron gestiegen war, der Herrschaft, wie es scheint, durch
Vcrrath und treibt ihn aus der Heimath (375, 1295).*')
Auch diese Version würde Polyneikes und Argos in's Recht
Vgl. Rabbow im Genethliacon üottingense lü4.
*«) Aüders Welcker Ep. C. II 341. Woriier (Comm. phil. in
hon. Bibbeckii 514) meint, erst Euripides habe das Yerhältniss der
Brttder omgekelirt und Polyneikes als den üiuchiildigen dargestellt;
ihm sei Antimaehoa, diesem Statii» gi^lgt; die Vennlaasimg in die-
ser üngestaltong Imbe die Anntiierong Athens an Arges gegeben.
Aber schon der Dichter der Thebais nimmt ja doch filr Arges gegen
Theben Partei.
*'') Dieselbe Version befolgt wohl Pherekydes im achol. Phoio. 71.
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108
ly. ThebaiB.
Mtsen» wie das itir die Thebais za erwarten ist Doch
madit hier bedenklich weniger das Schweigen über die Art,
wie Polyneikee sich das Halsband der Harmonia angeeignet
habe — er köniitOj als er den Thron verlorüii sah, einige
Kleinode zusammengerafTt haben — als der Umstand, dass
hier eine Thcilung des Erbet» zwischen den Brüdern ausge-
schlossen scheint, während der erstu Oidipusfluch der The-
bais gerade auf solche deutlich hinweist.
80 müssen dio Fragen offen bleiben» auf welche Weise
Polynoikes nach der Thebais vertrieben wurde und wie er
in den Besitz des Halsbandes kam.
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y. Die Epigonen.
Die Prüfung der litterarischen Tradition über das Epos
Thebais hat gelehrt, dass es mit dem Zuge der Sieben den
siegreichen Rachekrieg ihrer Söhne eng verbunden hat, und
dass dieser Theil des Gedichtes neben dem Rllgemeinen Ti-
tel auch den besonderen ^Jilyovoi getragen. Die Analyse
der mythographischen Ueberlieferung hat für die Thehais
eine Sagenform ergeben, welche die Rache für Amphiaraos
an £riphylen fordert und durch die Rettung des Adrastos
ans der allgememen Niederlage auf eine Fortsetsong deutet;
diese kann nur im Epigonenznge, jene nur im Mnttermorde
Alkmeons gmcht werden. So wird uns Yon beiden Seiten
dieselbe Erkenntnias anlgeswnngen. Bei der Untersndmng
dieses Sagenkreises müssen wir uns aber von Tomherein da-
rauf gefasst machen, noch einem anderen Epos zu begegnen,
der jlXxfiEWpig, welches, wie aus seineiu Titel zu schliessen,
die Schicksale des Alkmeon, also doch wohl auch seinen
Muttermord und seine Thaten bei der Eroberung Thebens
besungen hat
Die Tradition über die Epigonen und Alkmeon ist nicht
reichlich. Einzig Apollodor giebt eine fortlaufende Erzäh-
lang; dazu treten Diodor, Pausanias und vereinzelte werth-
▼olle Zeugnisse bei Herodot, Ephoros, Thukydides, den Tra-
gikern und Scholiasten. Dodi trotz des geringen Materiales
zeigen sieh Widersprüche und Dubletten. So muss geson-
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110
y. Die Epigonen.
dert werden, und da stellt sich heraus, dass die wirre Masse
nach zwei Seiten auseinandergeht, von einer dritten Fassung
der ganzen Sage sicli aber keine Spur findet lob stelle die
Thatsachen ein&ch nebeneinander.
1) Nach ApoUodor III 7. 2. 1 und Diodor IV 66. 1 wird
Älkmeon von den Epigonen zum Feldberm anf Apollons Be-
fehl erkoren, der ihnen unter seiner Führong Sieg verbeisst
Dem entsprechend wird er auch als erster in der Liste der
Epigonen bei Apollodor III 7. 2. 3 aufgeführt.
Ganz anders lautet die Verkündigung der Athena in des
Euripides Schutzflehenden: Aip^iahms an seines Vators Adra-
stob Statt wird die Epigonen lühreu und Theben bezwingen.
Und in der That wird in der zweiten erhaltenen Epigonen-
aufzählung im Sdaolion A 404 Aigialeus an erster Stelle
genannt.
2) Die beiden genannten Epigoneniisten sind die ein-
zigen, mit welchen zu rechnen ist Denn die Beibe, welche
Fausanias X 10. 4 nadi ihren delpbisdien Statuen *) giebt»
ist identisdi mit den Kamen bei ApoUodor.^) Dagegen dfir-
') Dieselbe Version scheint Pindar P. Vlll 4Ü fl". vorauszn«etzen
Boeckh Pindar JI 2. 313, Welckor Ep. C. II 381 haben das Epos
'Emyovoi als Quelle vermuthet. £a wird sich Immischs Ansicht (Kla-
«M 178, XYII Supplemenib. d. Jahib. f. kl. PhiL 1888) als richtig
hecmsstellen, dsss die Alkmeoiils m Gnmde liegt
*) Gegen Bnumt Datfanrng (4. Jalirhimdert) hat sieh Robert
HermoB XXV 412 gewandt, dar die Schlaclit bei Obioe und die fftr
doi Sieg geweihten Kunstwerke um 400 setzt.
') Dagegen weiss ich mit den Statuen ihrer Väter in Delphi
(Paus. X 10. 4) nichts anzu!ai!gen. Es ist die Liste der Thebaia zu
Grunde gelegt; auch AdraHtus bat seine Statue. Dagegen ist statt
Parthenopaios 'Aki{^t^at/q (vgl. Robert Hermes XXV il2 ii. 2) go-
naoni — üebrigenB stimmen die nach Pansanias zugehörigen Epigo-
nemlattten gar sieht m diesen. Denn unter ihnen finden lieh nicht
Sehne dm^MotcXüs, *Innofdim und andrefielti sind dee
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V. Die Eptgonen.
III
fen, glaube ich, die Epigonenstatuen in Argos bei Pansanias
II 20. 5 nicht zur Reconstruktion von Epen Terwendet wer-
den. Sie zeigen nämlich beide Epigonenlisten vereinigt big
auf Medon des £teoklo8 Sohn und noch dazu die Brüder
des Thersandros, Alastor und Timeas.^) Dies spreche idi
so zuversichtlich aus^ weil die Gegenstücke^ die Statuen ihrer
Vater, wie Pausanias, ohne ihre Namen zu nenneD» bezeugt»
die Zahl sieben überschritten» also auch wohl äunmtliche in
den yerscfaiedenen Sagenformen unter den Sieben genannten
Helden darstellten. Da nun Pausanias meinte, die Argiver
liiübsteii doch am besten ihre eigene Geschichte kennen, so
hielt er diese Rciho für die richtige und verstieg sich zu der
gewagten Behauptung, erst Aiscbylos habe die Siebenzahl
aufgebracht. — Nur auf Hygins Fabel 71 könnte mau den
Versuch, eine dritte Liste nachzuweisen, gründen, oder viel-
mehr nur auf einen Namen derselben. Denn Ton den sechs
im Frisingensis, resp. fragmentum Niebuhrianum erhaltenen
Epigonen stimmen fünf mit dem Scholien A 404, für welche
Hippomedons Sohn Poiydoros den Auaschlag giebt» aber statt
des dort Stratolaos genannten Sohnes des Parthenopaios er-
scheint hier Tlesimenes.*) Aber dieser Name^ der übrigens
in Niebuhrs Palimpsest fehlt, wird aus einer Variante der
Vorlage stammen und hat wohl ursprüugltch nichts mit den
Epigonen zu thun. Das einzige» was wir Yon ihm wissen»
giebt Pausanias III 12. 9: er ist der Vater eines in Lake-
ÜQOiiaxoq und EvQvaloq Viter HryjfffvoTiaTog und MrjxiaTStfg nicht
unter jenen. p]s ist keineswegs sicher, dass diese zwei Statuenreihen,
die verschiedene Sagenformen vertreten, einem und demselben Weih-
geschenke angehörten: Eobert a. a. 0.
*) 'AXdotoiQ oder "AXaaxoq ist l&r dii'M FSaBudis ttWUefsrte
il4^<N»o( IQ ichrdben: Schol. Findar. 0. II 76.
■) So bat flchou richtig Jseobi Handwörterbuch der grfecb. n.
rOm. Myth. fOr TheBimMies aus Fansaiiits III 1% 9 mbenert
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112
y. Die £pigoiioil.
daimon verehrten Arkaders Auloii, snlbst Bruder oder Sohn
des Parthenopaios. Der Verfasser des mythologischen Com-
peudiums wird, da mehrere Namen mit dem Patronymikon
ÜaQd-svojcalov umliefen, hei Gelegenheit der Epigonen diese
notirt haben. ^) Es kann also nicht gefolgert werden, dasB
Tleaimenes wirklich in irgend einer Sage ak Theilnehmer
am Epigonenznge genannt war.
Somit bleiben die listen bei Apollodor und im Sobo-
lion J 404. Von diesen setzt die erstore die Liste der Sie-
ben Yoraos» welche für das Amphiaraoslied aufgestellt wurde»
indem aus dieser jeder Vater einen Sohn in jener findet und
umgekehrt.
In dieser Tbatsache liegt einerseits ein gewichtiger Be-
weis für die Richtigkeit der Combinationen über jenes alte
Epos, andererseits die Versicherung, dass diese Sagenform
des Epigoneuzuges in Beziehung zu demselben gestanden hat
Ganz analog nennt Diodor IV 65. 4, der aus dem mytholo-
gischen Ilandbiicbe hier schöpft, bei Erwäbnuni^ des Parthenopaios
Atalante Tochter des '^yoirn q, was sie in diesem SagenitreiBe nie
gewesen ist, wo sie vielmehr den lasoä zum Vater hat. Der Ver-
faner des Oompendiant hatte also offeabar zu ^Axakavxm iTiq
*Iiaov notirt xax* iiUjovq «fl roS ^oiviiaq ohne Bttckiidit daraitf,
dass sin Enkel des ISclioineiiB nie unter den Sieben genannt irird.
^) Dass beide Söhne nach dieser Version TheU «ahniMi^ beaengt
auch Findar P. VIXI vgl. Immiscb 173.
MyicUBVQ
^AÖQciötov
Tvöecoq
IJaQd-BvojteUüV
Kaxaviwq
Ihpuatifoq.
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y. IMe üpigonen.
113
Dagegen erfordert die Epigonenreihe im SdioHon A 404
diejenigen als ihre Vater, welche Aischylos, Sophokles,
Enripides nach der Thebais als Helden des ersten Zuges
nennen.
AlytaXsvg *4ÖQdöTov (Aischylos 50)
6>f'()o«j'()^o§ IloXvveixovii ( „ 615)
/jiof/f}(h]q Tvöhcoc ( „ 360)
2^d-ivtXoq Kcmavtmq ( „ 405)
*AXx(i^mv 1 , , ,
'AiifpUoxo^] ^^^^'«^«^ ( " ^öl)
SrQaroXaoq IIoQd-ei'OJcalov ( „ 510)
noXvöa}Qog ^Ijtjtofieöoptag ( „ 469)
Miöaw 'EtboxIqv ( » 440)
3) Dass Aigialeus föUty steht allgemein fest üeber das
Sohioksal des Laodamas aber, des Königs von Theben, ist
die Ueberlieferong wieder eine doppelte. Nach Apollodor
in 7. 3. 1 fallt er Ton der Hand des Alkmeon, des feind-
lidien Heerführers.^)
Die andere Sage aber lasst Laodamas überleben und
ihn mit einem Theile der Thebaner auswandern. So Pau-
sanias IX 5. 13: 8. 6; 9. 4. Durch Herodots gleichlautende
Notiz V 61 wird sie in's lünlte Jahrhundert hinaufgerückt,
und es wird so wahrscheinlich, dass sie aus einem Epos
stamme. Zu demselben Schlüsse führt der Umstand, dass
Hellanikos im Scholien zu Piudar P. VIII 68 als Schlachtort
Gilsas nennt ebenso wie Pausanias an jenen drei Stellen,
während in der andern Version kein Ort angegeben wird.')
*) Auch Schol. J 404 en&hlt seinen Tod: es vermiBcht also
beide Versionen der Sage.
Dagegen sclieint bei Pausanias IX 19. 2 eine Vcrtuischung
stattgefunden zu haben, wo er bei Glisas das Grab des Aigialeus und
anderer Argiver z. B. des /7^o/^axt>g, des Parthenopaiosäohnes, er-
vtimt. INle Contaminition ist lieher, sofsm FIndur F. Vm GS nadi
B«the, H«ld«nU«d«r. 8
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114
4) Auch die Auswanderung der geschlagenen Thebaner ist
Thatsache in der Sagengeschichte, aber über Führung und
Ziel geht die Tradition wieder nach zwei Seiten auseinander
und 80 liegt ne bis auf einen Punkt Tollig getrennt vor.
Bei Apollodor und Diodor*^) wird berichtet, daas die The-
baner nach der Schlacht auf des Teiresias Rath heimlich
bei Nacht ihre Stadt yerliesseo nnd westwärts zur Quelle
Tilpbossa zogen; dort starb der Seher nach einem Tranke
von ihrem sagenheiligen Wasser; sie selbst aber wanderten
weiter nach Thessalien und siedelten sich in der Hestiaiotis
an.*^) Herodot I 56 weiss, dass in eben diese Landschaft
einst die Kadmoer eingedrungen sind und die dort ansässi-
gen Dorer vertrieben haben. Diese Notiz macht erst den
Schluss der mit Apollodor sonst so TÖllig übereinstimmen-
den Erzählung Diodors^^) ycrständlich und es zeigt sich»
dass sie nichts anderes aussagt als jener. Nach Erwähnung
des Begräbnisees des Teiresias am Tilphossaion föhrt er lY
67 fort: avrol 4^ (o2 Ka^/ielot) utravaifStavtBq ht x6-
XE€ag ixl JmQietq küroarevaap xal fidjuQ vm^Havtsg ravg
dem Epos den Aigialeus allein von allen Epitronci; ninkornnien lässt.
Diese CüiifuRion iHt leicht daraus erklariicii, ila-s dir jieri hegetische
Quelle das Crrab der i^Ipigoiien bei Gilsas angab und auu anderer uiy-
tbographiscber Tradition Namen der gefallenen Epigonen genommen
wurden. — Uebrtgem will icli nicht die MOglichlnit leugnen, dan
aaeh nach der andein Venion der Sage bei OKaas geUmpft wurde,
nnr ist das nicht naclisaweiaen.
»•) Vgl. Genethllacon Gottülgense 50. Welcker Ep. C. II 384.
.,S('hr alterthümliche" Befestigungen auf dem Tilphoaaion: Boas Kö-
nigsreiseu I 31, Lolling Baedekers Griechenl^ lOH.
*') Dass so 7n verstehen, nicht au die Gründung Hestiaias an
der Nordküäte Eubuia« zu denken sei, lehrt die Paralleltradition.
Diese Stadt hat keinen Zusammenhang mit den Kadmeem.
Was er Aber Dapline giebt, hat er ans aadflrer Quelle in-
terpolirt: s. Maass de Sibyllinim indidbns 8 n. 4.
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y. Die Epigonen.
116
hfXfOQlavq heelvovg (ihp k^ißaXov ix twv xazQiöcov, avrol
6' M tivag ;(()oi^ov$ xarotXTjoapveg ot filv Iv avry 7uet4^
(iBiP€tP, ot 6' hfix»ijl9'0P Big rag ßijßag E^iwroq roiJ
voüämq ßoKfilBi^otneog, Die Rückkehr ans ThesBalien nach
Theben erzählt audi Pausanias IX 8. 6, um den Namen der
xvXm *OftoXiMeg zu erklären.^*) Biese Rückwanderang ist
also wohl echte Ueberliefemng. Wie aber Kreon zom Kö-
nige des eroberten Thebens geworden sein soll, was Diodor
aussagt, ist nicht abzusehen: er niuss geirrt haben. Um
Thersandros, dem Erben des Polyneikes, das ihm gebührende
Reich zu orkämpfen, waren die Epigonen ausgezogen. Dass
dieser das eroberte Erl^p auch antritt, ist doch eigentlich
sclbstYerständlicb: so wird die Angabe des Pausanias als die
richtige zu betrachten sein.
Nach der anderen Sage hat sich König Laodamas, des
Eteokles Sohn, mit den Thebanem, so viele ihm folgen woll-
ten, in das Land gewandt, wohin sein Ahnherr Kadmos mit
seber Gattin Harmonia am Lebensahend durch Götterschlnss
versetst worden war, um nach s^ensreicher Herrschaft über
die dortigen Völker mit ihr in Schlangen Yerwandelt in's
Eäysittm einzugehen; zu den finoheleis in Illyrien. So erzählt
Pausanias IX 5. 13,**) so auch Herodot V 61 in seinem Ex-
curae über Phüinikische Schrift.*""') Auch mit diesem Zweige
**} T. Wilamowite Heimes XXVI S88. Pansaoies gleicht bier
die beiden getrennten Tmionen der Sb|^ ans, Indem er einen TheU
der geBohlagenen Thebaner wa den lUyrieni, dnen andeni nacb Tlies-
ealien wandern läset
Offenbar unabhängig von Herodot V 61, vielmehr aus der-
selben Quelle wie die ganze Sagengeschi ob te, die hier giebt. Auch
nennt er nicht wie dieser '^y^fAff?, sondern Illyrier.
Es ist absohlt kein Grand vorhanden, diese Notiz mit der
in ganz anderem Zuäamiuunhaage, nämlich der Wandcruugügcschichte
der DotieTp tkelieiiden Angabe HeroAUi I 66, die Eadmeer seien in
die Hestiaiotie gewandert, mit Gewalt in Pebereinstfmmimg bringwi
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116
y. Die Epigonen.
der Ueberliefcruug ht die Angabe verbuadeu, dass die Epi-
gonen das eroberte Theben dem Thersandros aU Sohn und
£rben des Polyneikcs übergeben.*^)
Die doppelte Ueberliefening liegt Tor Aller Avgen. Baas
sie aber wirUidi nur aus swei Quellen stammt und nicht
etwa diese Dubletten aus einer grösseren Zahl von Sagen-
formen sidi zufällig erhalten haben, irohrend die anderen
ohne Spur zu Grunde gegangen sind, das wird zur vollen
Sicherheit durch den Versuch erhoben, die zwei Reihen der
Tiadilioa in sich zu verbinden: die Brocken schliessen sich
zu zwei abgerundeten und zusammenhängenden Geschichten
zusammon.
Alkmcon wird auf Apollons Gehciss von den Epigonen
zum Führer ihres Zuges gegen Theben bestellt: so nimmt er
die erste Stelle in ihrer Liste bei Apollodor ein. Er er-
schlägt in der Schlaclit den König der Feinde, des Eteoklee
Sohn Laodamas» der den Aigialeus erlegt hatte. Die fuhrer-
losen Thebaner wenden sieh an den greisen Teiresias und
auf seinen Rath und unter seiner Leitung tauachen sie die
Argiver, yerlassen ihre Vaterstadt und entkommen zur Quelle
Tilphoasa. Dort stirbt der Seher. Sie begraben ihn und
wandern weiter nach Thessalien, wo sie die Hestiaiotis be-
siedeln. Doch später kehrt ein Tlieil zurück, um unter Ther-
sandros Scepter, dem die siegreichen Epigonen das eroberte
Keich übergeben haben, wieder in Theben zu wohnen.
Zü wollen, wie das Stein thui Die Annahme, auf welcher dies Ver-
fahren beruht, Ilerodot müsse beide Male dieselbe Quelle benutst
haben, ist unberechtigt. Es ^znh und giebt 2 Versionen dieser Sage,
die bis auf Paus. IX 8. 6, der sie allein einmal contaminirt, völlig
getrennt vorliegen. Beide hat Herodot benutzt.
Fausanias IX 5. 14. Dass Pindar 0. II 41 dasselbe andeute,
kwui xddit m ohne Weiteres gesagt werden, wie das Inmdscb 178
that
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y. Die Epigonm.
117
Alkmeon ist der Held dieser Sage: vor ihm Teisohwm-
deii fast die Andern. Sie ist älter als Herodot Doch kann
sie nidit bocli liinanfgeschoben werden, denn sie benutzt das
delphisclie Orakel. Femer setzen ihre Epigonennamen die
LiBte der Sieben vorans, welche das Amphiaraoslied gab.
Zn diesem Epos kann sie nicht gehören, da sie offenbar we-
sentlich jünger ist; also schloss sie sich an dasselbe gleich-
sam als Fortsetzung an; denn die vuii diesem erzählten
Handlungen wird sie doch nickt wiederholt haben. Nun ist
das Epos Alkmeonis, wie von Wilamowitz bewiesen hat, ^'^)
erst irm 600 entstanden und hat die Thaten dieses Helden
gefeiert, also zunächst den Epigonenkrieg. EjB ergiebt sich
der Schluss: die zusammengestellte Sagenform ist der erste
Theü der Alkmeonis.
Die zweite Beihe der Dubletten ergiebt diesen Zusam-
menhang: An des alten Adrastos Statt fuhrt sein Sohn
AigialeuB den Rachezug gegen Theben. Die Epigonenliste
im Sdiolion A 404 weist ihm den ersten Platz zu. Bei Gil-
sas werden die Thebaner geschlagen, aber Aigialeus fällt.
König Laodamas giebt die Stadt verloren und mit den The-
banern, so viel ihm folgen wollen, zieht er seinem Ahnherrn
Kadmos nach zu den von diesem einst zu Glück und Macht
gebrachten Encheleis in ülyrien. Thersandros aber beherrscht
das eroberte Theben.
Die Epigonenlisto dieser Sage schliesst sich an die Na-
men der Sieben, welche für die Thebais vermuthet werden
durften; Jeder dieser Epigonen findet unter ihnen seinen
Vater. Folglich gehört sie mit ihrem Sagenkreise dem Dop-
pelepos Thebais-Epigonoi an. Dieser Schluss erhält eme ge-
wisse Bestätigung dadurch, dass in den Sohutzflehenden, für
welche Enripides dies Gedicht benutzt hat, Athena den sieg-
") Homer. Unters. 73 n. 2, n. 13. Vgl. immisck Klarüs 187.
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7« IM9 SpIg^RIAII*
reichen Kachezag der Söhne der Sieben unter Führung des
Aigialeos voraussagt mit deutlichem . Hinweise auf diese £pi-
gonenliste. Mithin haben wir die Fortsetzung des grossen
thebsaiscben Epos gewonnen. Diese Erkenntniss fuhrt zu
einer Erweiterung und Bestätigung zugleich. In jenem Ge-
dichte war wahrscheinlich die Hochzeit des Kadmoe und
der Harmonia erzählt In diesem Zweige der Epigonensage
führt der letzte Nachkomme des Kadmos die Thebaner zu
den Encheleis. Zu demselben V'olke soll auch Kadmos als
Greis gekommen sein und es noch glücklich beherrscht haben.
Das älteste Zeugniss für dies Märchen ist der Epilog in
Euripides Btikchen; aber es ist klar, dass es hier nicht zum
ersten Male auftritt. Da dasselbe nun die nothweudig er-
forderte Verbindung zwischen Theben und den Endieleifi
giebt, so könnte es aus ehen jenem Epos stammen.
Aber noch steht die Dublette zum Teiresiastode der
Alkmeonis ans. Sie gewährt fröhliche Bestätigung der lan-
gen und nicht immer sichern Comhinationen und glück-
Hchste Lösung vielumsorgter Schwierigkeiten. Pausanias er-
zählt an zwei Stellen YII 3. 1 und IX 33. 1 folgendes: Die
Epigonen fahrten nach der Einnahme Thebens aus der Beute
den Tefresias und seine Tochter Manto dem Apolion als
Weihegaben nach Delphi. Auf dem Wege starb der Seher
nach einem Trünke aus der Quelle Tilphossa und sie beer-
digten ihn dort. Aber Manto empfing der Gott; doch er
behielt sie nicht, sondern sandte sie nach Asien. Sie ge-
langte nach Kolophon. Der dort herrschende Kreter Rha-
kios heirathete sie und zeugte mit ihr den Mopsos. Sie
selbst aber gründete ein Orakel in Klaros.
Diese Sage schliesst sich ¥on selbst an die jetzt Ter-
'«) Apollodor in 7. 8. 2 ff. and Diodor 17 66. 5, $7. 1 oonta-
miniren beide Versionen.
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V. Die Epigoii«!!. 119
folgte Form der Epigonengeschicbte, welche sie als nothwen-
dige Ergänzung fordert. Denn stets betont die Ueberlie-
ferung dieser Version, dass nur ein Tbeil der Tbebaner
mit Laodamas zu den Encheleia zog» und giebt an, die Ueb-
rigen seien zoriidcgeblieben und in die Hände der Sieger
gefiftUen. Ueber das Schicksal dieser erwarten vir» aufge-
klärt zu werden und in völlig befriedigender Weise giebt
diese Aufldirung die eben mitgetbeilte Sage von Teiresias
und Manto.
Genau tlassolbe von Mauto erzählt Theon*®) zu Apollo-
niüs Rhodios I 308, und hier ist glücklicher Weise die
Quellenangabe erhalten: ol 6t tt^p ßt/fialda yeyQa^ozeq
q)aciv ort ijro zcov 'Emyopcov dxQod'lrwv ovete^t] Mavrm
rj TsiQsalov dvydrfjQ eig AeX^ovq Jit(i(pd^tlöa xal xaxd
XQijöfiov *Ax6X3lmPoq k§ßQX'^f^^ xsQidxsCs ^Paxlcp rS Aißr^
TOS MinapfoUp ro yivo^' xal ytjfiafiivtf avtS {tovto
fOQ mgul^ to Xoyiov, yafiBtad-at <p av (twavrrjcy) kX-
0<>ikfa ds KoXaq^a tuxX ixet dvad-vfi^ilaaa ködx^wfB 6ia
Pausanias IX 5. 13: Aaoddfiag avv totg i&tlovaiv ?tc€-
afhccf 8?jßc(Ut)v . . . aTteytoQTjOsv ^D.Xvptovq — IX 8. 6: toze hfiov
Aaoöäßttvti TU) 'Exfoxkeovg vnt^iaaiv ol noXXol. — IX 9. 4: ToTv
6h ßrjßalcüv ol fihv crhlxcc wg Tjmj^Tjaav , hfiov Attoöa(i(xvxi ixdiä^a-
axovaiv, ol 6h vnoXenpQ^kvxsq nokioQxia naptatTjoav. Dem entspricht
die Eroberung Thebens durch die Epigonen oad Beate und Menge
der Enegsge&ngenen: Paus. YII 3. 1, IX 83. 1.
*^ 8. meine Qnaeit. Diod. mjtitogr. 92. Dorcli den Nacbwels,
dass dies Thebaisfragment wirklich zur Thebsis gehört haben kann
und muBS, fallen die wenig glücklichen Yersnche, dies unbequeme
Zeugniss zu verdächtigen: Welcker Ep. C. I 194 jtdüoh auch II
382) nsw. Immisch Klaroa 141 n. 1. Dieser entdeckt 146 im schol.
Apolln. Eh. 1 308 „die Version des Xenophanes", um wenige Seiten da-
raui 170 „die so oft mit Unrecht den Epigonen zugeschriebene xrlatq
KoXo^vos durch die delphische Hierodule Manto" — also eben daa-
selbe die Tbebais anadraeküch citireade ApoUoiiioseobolion I
306 — ia die Melaapodie au verweiaea!
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120
Y. Die Epigonen.
TTjv Tfjq jrazQldoQ JtoQ&rjönK diojitQ ojvounaf^tj KXagoq vjto
Tför daxQvmv.*^) Die Identität dieser Sage mit der von
Pausiuiias erzablt*>rt hat Niemand je geläuguet und wird man
niemals längnen iiüunou; schon längst sind beide zusammen-
gestellt. Sie ist also ein Theil des Epos, dessen Inhalt zu-
Bammengesctzt ist Hier ist sein Titel überhefert ßtjßixlg:
es ist dasselbe, welchem die erste Hälfte dieses Zusammen-
haiiges cugesprochen werden musste. Damit ist eine gewich-
tige BestStigung der mythographischen Untersuchung gewon-
nen und es zeigt sich, dass sie dasselbe Resultat ergeben
Das Weinen der Manto wird vielleicht auch aus der The-
bais stammen ; denn gerade auf das Weinen kam es dem Etymologen,
au, der Kld(to^ von /M.diyai ableitete, und, um zu beweisen, dass in
der Geschichte von Klaros das AVoinen von Bedeutung war, das Epos
citirtei. Wohl nach der Cultsagc war der Quell, der die klarischen.
Wshresger hegeisterte» ans den Thrftnen der Manto entstanden: sehol.
Apdln. Bh. I 306; B. die von Portz Colophoniaca (Güttingen 1848)
63 f. gewaimelteii SSengnisse. Genethliacon GottuigeaBe 171 habe ich
das Schoi Apolln. Rh. I 308 entwirrt und die Parallelstellen aus
ThcoDs Commentaren zu Nikander Alexiph. 11 und Ther. 958 ver-
bessert. Dagegen Immisch Klaros 137. Seine Annahme einer Lücko
vor Alexiph. 11 (var. lect.) ist unbewiesen. In diese L u ke die imScho-
lion erwähnte Manto zu stecken ist methodisch falsch. Dcuu dies ist nicht
der „dürftige llcät gelehrter liemerkungeu zu dem vollständigeu Texte",
Bondom giebt genaa «ie seh<riL Ther. 968 und schoL ApoUn. Bh. 1 308
drei Etymologien für Klaros und fitr eine derselben (XAcc^tos» %ti ixel
MxXavoev ^ Mavtm) ist Haute erwihnt, die also za der Etymologie
und nicht zum Nikandertezte gehört An allen drei Stelleu hat Theon
aach den Mann derselben genannt, dessen Name "^Piaxioq feststeht»
aber in den beiden Nikanderscholion unter den Formen (ista Zto-
y(>«('or (= zov Iktxiov) und air Bay/idihi i^(f( i^'^Pnylv) ^tu) auftritt.
Daraus macht I. einen ,.Bakchiaden ZograiOh ', den es sonst nicht
giebt. Solange dieser Name nicht nachgewiesen und sicher gezeigt
wird, dass der Mann dw Kaato je anders hless als Bhakios, fordert
die Methode, dass wir in den drei Stellen, an denen dieselbe Gelehrt
samkeit Theoni vorliegt, Bhakios herstellen, samal dies nicht schwere
Aendemngen fordert.
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I
y. Die Epfgonon. 121
hat wie die Analyse der litterarischen Ueberlieferung über
das Epos Thebais-fipigonoi. Was diese Sotdexie, eine Daiv
Btellaog des Epigonenzuges in engstem Anschlüsse an den
Krieg der Sieben, hat jene von selbst ergeben; denn sie ist
ohne Büfiksieht auf die littenurische Tradition und sogar vor
genauer Prüfung derselben geführt worden. Eine durch Anf-
dröselung des wirren Gewebes der Epigonensage blossgelcgte
Form wurde schon am Kataloge der Kämpfer als Fortsetzung
der Thebais erkanut; als Inhalt der Thebais wird ausdrück-
lich ihr letztes und nothwendiges Stück in den bestüber-
lieterten Scholien von einem zuYerlaösigen Gelehrten aus der
Zeit fies Augustus bezeugt.
Erst als ioh diese urkundliche Bestätigung fand, erhielt
ich das Vertrauen, richtig oomhinirt und richtig geschlossen
zu haben. Ich muss gestehen — und gestehe es gern — ,
dass ich zu dieser Erkenntniss erst genau an demselben
Punkte der Untersuchung gekommen bin, an dem ich sie
YorgelQgt, und genau auf demselben Wege, wie ich den Leser
geführt habe, nachdem ich diesen Saehyerhalt zwar geahnt,
sobald sich mir die Ueberlieferung der Sage vom Zuge der
Sieben als eine doppelte erwiesen hatte, die Lösung der
Schwierigkeiten aber, welche da^ Apolloniosscholion bietet,
lange auf die eine oder andere gewaltsame Weise versucht
hatte.
Die Untersucbungen haben einen weiten Stoff für die
Thebais ergeben, an zwei Stellen sogar Erzählungen aus
der Kadmossage wahrscheinlich gemacht; so könnte er wohl
zu w^t erscheinen. Aber dass die behandelte Sagenmasse
eine grosse war, ist uns im Porphyrioscholion zu Horazens
A. P. 146 überliefert: „Antimachus foit cjcUcus poeta. Hic
adgresBUB est materiam, quam sie extendit, ut yiginti quat-
tuor Tolnmina impleverit antequam Septem duoes ad The-
bas perducerei** Uebertrieben ist hier jeden&Us, aber auch
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122
Y. Di« Epigonen.
Horazens Äusserung bezeugt grosse Weitschweifigkeit an
diesem kyklischen Epos» wie er auch an den Kjprien un-
mittelbar darauf denselben Fehler tadelt. Wir dürfen sie
also als Thatsache betrachten.
Jetzt mochte ich die Aufinerioamkeit noch einmal auf
Pausanias IX 9 lenken, wo er Ton »dem Kriege" (§1) zwischen
Argos und Theben spricht, beide Zfige der Sieben und der
Epigonen kurz erzählt, dann sagt, auf „diesen Krieg** (§ 5)
sei das Theljais gtHÜchtet. Schon ubeu ist gezeigt wor-
den, dah» unter „diesem Kriege" beide Heerfahrten verstanden
werden müssen, auch gemäss dem antiken Sprachgebrauche,
da z. B. seit Thukydidcs die Keiho der vorscliiedencn Kriege
von 431 bis 404 trotz des förmlichen Friedensschlusses von
421 als „der peloponnesische Kriegt bezeichnet wird. Die
kurze und recht allgemein gehaltene Erzählung des Pausa-
nias, die noch dazu diese Heldenkämpfe historisch lationa-
lisirt, stellt sich dennoch bei näherer Betrachtung als eine
Wiedei^be dessen heraus, was für die ThebaiB ersohlosBeii
ist Deutlich tritt das am Epigonenzuge hervor: die The-
baner werden bei Qlisas geschlagen, mit einem Theile ent-
weicht der König Laodamas, der andere föUt den Argiyern
mit der Stadt in die Hände.**) Das ist die Version der
Thebais-Epigonoi, wakii n ] m der Alkmeonis Laodamas fiel
und die führerlosen Tliobaner auf Rath des Teiresias mit
ihm bei Nacht entflohen. Das Schicksal aber des in der
Stadt zurückgebliebenen und von den Epigonen (befangenen
Restes der Thebaner erzählt Pausanias \li 3 und IX 33,
wie Theon bezeugt, nach der Thebais. Da er nun IX 9 nach
Auch IX 5. l'd giebt Pausanias ganz reiu die Epigonensage
nach der Tliehais und insofern aasführlicher , als er auch den Tod
des Aigiaieuä und. lUyrieD (wo die Encheleis wohnen) als Ziel der mit
Laodaniai «uwaiideBideB Thebaner angiebt. So wird w aoeh Mw
die HypodtesU bemitBi haben.
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V. Die Epifonen.
123
dem Berichte, der nur Züge allein dieses Epos enthält und
sie nicht wie Apoliodor, Diodor mit der Alkmeonis Termischt,
anch Belbst aoAdrüddich sagt hsotf^dt^ ig top xoXsßOP ro0-
tov »ol hai Bufiidq, so ist der Scbloss kaum abzuweiseu,
daas er em Excerpt der Thebais unmittelbar benutzt
hat Das ist nichts erstaunliches. Denn die EliEistenz sol-
cher hstod-iöstq steht fest. Ausführliche der troischen Epen
hat der Verfasser des mythologischen Handbuches seiner Dar-
stellung dieses Sagenkreises zu Grundt: gelegt und sie so
ApoUodor, Hygin und auch Proklos überliefert.-^) Dass die
sechzehnte Heroidenepistel einen Auszug der Kyprien be-
nutzt, ist kürzlich dargethan.^*) Ein Theil eines Excerptes
der Oidipodie ist in den Phoiuissenscholieu nachgewiesen,
ein anderer in den Iliasscholien Yermuthet worden. Es ist
also nicht zu bezweifeln, dass auch Pausanias eine solche
^^BiUq gehabt haben könne; dass er eine der Thebais be-
nutzt hat, sagt er in seiner umschreibenden Manier eigent-
lich selbst und die Vergleichung seiner Mantossge mit dem
Zeugnisse aus der Thebais und der fassbaren Züge seiner Epi-
gonengeschidxte mit dem fiir dies Epos Gewonnenen bestätigt
das. Dann aber ist es sehr wahrscheinlich, dass auch seine
Aadeutungen über den Zug der Sieben aus eben diesem Tbo-
baisexcerpte entnommen sind. Schlagende Beweise sind da-
für freilich nicht zu bringen, da er leider keine Einzelheiten
giobt. Doch stimmt wenigstens seine Angabe, das ganze Ar-
giverheer sei bis auf Adrastos vernichtet worden. Und auch
was er sonst sagt» lässt sich wohl mit der Thebais vereini-
gen. Am Ismenos seien die Tbebaner geschlagen worden»
aber der Sturm der Argi?er auf die Mauer sei abgeschlagen
Vgl. meine Ausführungen im Herme8 1801.
'*) von G. Wentzel in einem leider als Manusciipt gedruckten
Aufsätze (Epithalamion W. P. u. U. M. P. dargebracht 11. Y 1Ö90,
GOttingen).
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124
V. Die Epigonen.
und ihr Sieg habe sicli in Niederlage Tfirwandelt. Eine
Sohlaoht in dor IsmenoBobene» darauf ein lAauerangriff ist
ganz im Stile des homeriscshen Epos, und ebendies bat
noob küizlidi Ton Wilamowitz für die Thebais gefordert**)
So Tersucbten die beiden Aias, die Atreidoa, Idomeneus und
Diomedes, nacbdem sie die Troer zur Stadt zurückgetrieben
hatten, die Mauer Ilions da, wo der wilde Feigenbaum stand,
zu stürmen (Z 435), Die Tragiker Jagegen setzen gleich
mit der Belagerung Thehens ein. Diesen epischen Zug der
Schlacht hat auch ApuUudor noch erhalten, obgleicli sein
Bericht durch die Phüiuissen stark beenifiusst ist. Nun ver-
sucht der kühnste der argiver Helden Kapaneus den Sturm
auf die gewaltige Mauer: ein übermenschliches Unterfangen
— Zeus blitzt ihn von der Zinne nieder. So wird Achilleus
beim Sturme auf das skaiische Thor von Apollon erschossen.
Wie nach dieser Niederlage die Adiaaer von dem Angriffe
abstehen und von den ausfallenden Troern bedrängt nur
mit Mühe die Leiche des Helden retten, so ist auch der
Tod des Kapaneus das Zeichen des Rückzuges für die er-
schreckten Argiver, des Vorstürmens fiir die ermuthigten
Thebaner. Da yollziebt sich das Verhängniss. Das ist ein
Bild aus dem Epos, Es steht sü bei Pausauias, der die
Thebais citirt: er hat also auch hier ihre Hypothesis be-
*") Hermes XXVI SS51, aueh fttr das Fdgende zu vergleidiaL
**) So Sophokles Flilkktet 334, Horn 0. lY 6. 3, Hygin 107,
QttintQft Sm. III 60, anck wohl Ffndar P. III 101 vgl. schoL Diese
Version ist die Utere, wie sie auch sicher in epische Zelt hinaufreicht;
dass die andere, welche ihn durch Paris erlegen läset, jünger ist, beweist
schon die Hilfe ApoUons, schlagend aber die uralte durch Pliitarch
(Thescus :54) aas Tstros überlieferte Sage, \tyhSfa<^ooy cov ev 8ta-
aaUtt Ih'ioiv in' 'A/t).?.i wg xfd UaiQÖy.kov /coar ijd-i^vai itc.Qa rov
^TifQx^lov. ~~ All den Tod Achills durch Apoll knüpft auch die del-
phische Sage vom Bache versuche und Tode des Neoptolemos aa:
Eoripides Andromache 1106, Stnbon IX 4SI.
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V. Die EpigonoQ.
125
nutzt Es steht aber auch bei ApoUodor. Nur ist zwischen
dem Siege der Argiyer in der Feldsohlaoht und ihrer Nie-
derlage ein Flicken aus den Phoinissen eingeschoben. Das
Folgende aber, wie selbstständige Untersuchungen von ver-
schiedenen Punkten aus gezeigt haben, gehört zum grosseren
Theile der Sagenform der Thebais: der Tod des Meknippos
und Tjdem, die Bache des Amphiaraos an diesem, seinem
Feinde» die Flucht des Adrastos, die Abkunft seines Rosses
Areion. Dass lerner für die Angabe, Periklyraeiios, des Po-
seidon Sohn, habe den Parthoiiupaios erschlagen, im mytholo-
gischen Handbuche neben Euripides die Thebais citirt war,
ergiebt Pausanias IX 18. 6; dieser Held fällt, wio aus dem
tadellosen Zusammenbange bei Apollodor zu schliessen, in
der zweiten Feldschlacht nach abgeschlagenem Sturme, wäh-
rend er in den Phoinissen beim Angriffe auf die Mauern
getödtet wird. Wie ist diese Abweichung zu erklären? Offen-
bar durch £influ8s des Epos, das die Heldenpaare im freien
Felde kämpfen und schwerlich den gewaltigen Poseidonsohn
vom sicheren Thurme aus den jugendlichen Arkader zer*
schmettern Hess. Auch Ilippomedon und Eteoklos gehörten
in der Thebais zu den Sieben, so mögen denn auch ihre bei
ApoUodor erhaltenen Besieger ebendaher stammen. Amphia-
raos ist auch nach der Thebais von dtr Krde verschlungen
worden, doch wurde Apollodors Bericht wegen seiner auf-
fallenden Aehnlichkeit mit Pindar N. IX 25 dem für dies
Gedicht benutzten Amphiaraosliede zugesprochen. - "^3 Zu
Grunde aber liegt der Erzählung dieses Handbuches ein
Auszug aus der Thebais: dies konnte a priori nach Analo-
gie des troischen Sagenkreises erwartet werden. Erst lange
Dass Stücke aus anderer Ueberlieferung in «lern Thebaisex-
cerpte des ci} liioiogischtin Handbuches eingeflickt sind, i^t nach Uer
Zusammenstellung desselben natürlich und findet auf jeder Seite
Belege.
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126
V. Die £pig<niMi.
nach Abschlnss der Roconstraktion der Epen erkannte ich,
dass die eiusehien fiir die Thebais erwiesenen oder wahr-
adieialich gemachten Züge bei Apollodor reichlich nebeDein-
ander stehen, und auch erst, nachdem ich den SchUisa ge-
sogen, daas Panaufiias IX 9 einen Ansing ans diesem Epos
benntzt habe. Ich lege Werth auf die Chronologie dieser
Eotwickelnng. Denn so ergiebt sich eine nngesnchte, aber
desto gewichtigere Bestätigung, dass die TOtgetragaie Wie-
derherstellung der Thehais in den Hanptzflgen das Bichtige
getroffen haben mag.
So arg Pansanias auch die Thebaisliypothesis verkürzt
uiul so schlimm er sie durch historischen Ilationalismus
entstellt hat, wn kunncn doch ein Neues wenigstens aus ihr
entnelinieu, dass in dem Epos Helden aus verschiedenen
Ländern vorkamen. Denn seine Angaben "AÖQaarog ig
liQxadiaq xal xaga MboOijvIxdp avfific^ixa i^(fOiasp . . . xäl
tolq OrjßaioiQ fiioO^o^OQixä ^X^e xaga ^mxioov xal Ix tijq
Mtpvaöoc X'^Q^^^ ^Xeyifai . . . &^Xoi 64 bIöi xal (rotg £jrt^
y6vot<;) ov ro *A(iyoiüe6v ftovov, ovdk oi MböO^pwi xal
*A(fxd6Bg tfieoXtnf&fpeoteq, aXXa xai Ire ht KagMim xal
Meya^eoiP ^txlrfi'ivTBq Ig <tvfificq[fav scheinen nichts»
als Dmschreibung Yon Kämpferkatalogen zn sein, welche ent-
weder das Epos selbst» wie die Bouaetia, oder sein Ezcerp-
tor zusammengestellt hatte, wie z. R Apollod. I 8. 2 die ka-
lydonischen Jäger. Leider können wir sie nur wenig con-
troUren: der Bumlusgenosse aus Arkadien ist Parthenopaios,
aus Messenien st;immon die Biantiden. Auch die übrigen
werden in gewissem Sinne richtig sein.
Es ist für die Thehais gewonnen Eriphjlens Verrath
an ihrem Gratten, der sich in einem Verstecke dem Kriege
nnd sicheren Tode entziehen wollte; es wnide daraus gefol-
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y. Die Epigonen.
127
gert» dass dasselbe £pos auch die Strafe fiir dies Verbrechen
erzählt haben miisste, und es hat sich gezeigt, dass in sei-
juem zweiten Theile, den Epigonoi, Alkmeon mit seinem Bru-
der Amphilodios und den übrigen Heldensöhnea gegen The^
ben zieht Dass Alkmeous Mattermord als Rache für den
Vater in diesen Ziuammenhang gehört, ist klar und wird
sich aach YOn anderer Seite zeigen. Nonmehr eigiebt sich,
dass die DarsteHung des Abschiedes des Amphiaraos auf
dem Kypseloskasten (Paus. V 17. 4), die uns durch den ko-
rinthischen Krator dos Berliner Museums ^o. 1655 zu leben-
diger Anschauung gebracht ist,**) die Sagenform der Tlie-
bais voraussetzt Das gezückte Schwert des Amphiaraos, die
flehend erhobenen Hände der Kindt r lassen keinen Zweifel,
dass der Held versucht war, die ^5 träfe an der verräthe-
rischen G^emahlin selbst zu vollstrecken: so wird die Be-
ziehung auf das Lied von des Amphiaraos Ausfahrt ausge-
schlossen, auf die Thebais gefordert. Femer stimmt mit
diesem Gedichte die Anwesenheit des Alkmeon, der in je-
nem nicht nacfaweishar ist, und es kann nicht Zufall sem,
dasB er in diesem Bilde wie in der Thebais als der ältere,
also xaohepflichtige Solm chaiakterisirt ist» während Amphi-
loohos nodi als kleines Ki^blein von der Amme getragen
wird, w«tö den vielleicht aus dem Amphiaraosliede stammen-
den Versca mit der Anrede an den Heros Auiijhilochos di-
rekt widersprechen würde. Da auch die Odyssee o 243
«■) Mon. (1. Ist. X tav. 4, 5 -= BaameiBter Denkm. S. 67
Benndorf Vorlege blättcr lö8S) X. Vgl. Robert Bild u. Lied 14. Zwei
getrennte Gebäude (templa in antis) sind dargfstollt: vor dem zur
Linken stehen Eriphyle nnd die Kinder, vor dem andern die Pferde
des Ampluaraos. Der Palast vou Tiryn» giebt die Erklärung: links
iät die Halle des fiiyatfov, rechts das nQonvkaiov.
**) Aus einigen Yasea, beBOBders der achtaen sfg. Zähnung
MOD. d. Ist III 54 « Overbeck H. a. IV 1, wo der gerostete AM-
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128
Y. Di« Efkigonan.
^248 dasselbe Verbal tniss der beiden Brüder andeutet, ist
auch für diese Steile die Tbebaisversion vorauszusetzen. Auf
dem Kypseloskaston steht Baten als Wagenlenker des Sehers.
Nach ApoUodor III 6. 8. 4 a. A. wird er mit ihm in die
Tiefe gerinen. Man könnte daraufhin Baten für die The-
bats vermiithen; im Amphiaraoaliede stiess er uns nidit auf.'^)
üeber Alkmeons Muttermord ist näheres zu erfahren.
Thebais und AUcmeoniB sind noch daraufhin zu untersachen:
und nicht nur den Mord, sondern auch die Folgen des Mor-
des uiul seine Sühne müssen sie notbwendig erzälilt haben.
Auch hier gilt es wieder, wie sieb jetzt leicht crgiebt, zwei
einander auÄsclilio^seid ? Sagenformen klar zu legen.
"Das aus derselben Quelle, wie Ai>üllodor III 6. 2 stam-
mende Scholien zu X 326 erzählt : . . . l4fi(pidQaov . . . filv £|o()-
fiscal XQoq tjjv CTQatelotv, ^AXxfitwvi de XQoCtd^ai {O^ Xifo^
TSQOV fttxa Tcov im^opm^ am ßi^ßag xoQBvead-cu , xqIv
djroy.Tflimi X7(i> fttjrtQa- ravra öh xdvxa dffäCat Xfy$t<U
TOP jiStxfiiawa xol öta r^v fir^TQoxrovlav (lav^ai* Tovq
4*IAPE01' dem Weibe die R. giebt, hat man auf eine Version schlies-
sen wollen, die einen freundlichen Abschied erzählte, Sie würde die
der 'AfitpiKiftui t^ikaaiq beiu. Aber der Ephebe und der Alte dieses
Büdei bleiben unerkUrt» und es Ist oicht waluBcbeinlidi, dan der
Abechied des Sehen in diesem Gedichte ein besonders frenadlicher
gewesen irar. Der befgeecbriebene Name steht in keiner inneren Be-
siehnng zu dieser Genrescene. Schol. o 248 hat schwerlich Recht.
Benndorf (Heroon von Gjölbaschi-Trysa 197) bemerkt, dass
von den Darstellungen des Amphiaraosuntcrganges die einen ihn
allein, die andern mit einem Genossen auf dem Wagen zeigen Es
könnto diese Scheidung auf verachiedenen Versiouen — also der ^gi-
Xaaig und der Thebais — beruhen, bchwierigkoiten würde dann die
sfg. Lelcythos 8. 196 — Vorlegebl 1889 XI 8 machen, wo nach Benn-
doff hinter ÄmpMaraos die Laoze des Periklymenos geselduiet ist,
wUurend neben Ihm Baten steht.
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y. Die fif^goneii.
129
vovta T(p xixtQl T^v fit^riga xaxaxxelvai. Danach hätte
also AlktneoD seiner Sohnespflicht gehorsam den Vater an
semer Mutter .gerächt und wäre dann erst^ durch die Götter
Ton der Blutschuld befreit, mit den £pigonen gegen Theben
gezogen, ksi der Echtheit und Reinheit dieser Ueberlieferong
irgend irie zu zweifeln, liegt kein Grund vor: dieser Sdilnss
des Scholiens ist durchaus klar und enthalt keinen Wider-
spruch.
Die andere Version ist bei Apollodor III 7. 2. 2 und
Diodor IV 66 erhalten. Thersandros besticht Eriphylen
durch „den Peplus' und sie erreicht es, dass Alkmeon oder
ihre beiden Söhne in den Krieef ziehen. Also tiberlebt sie
den Fall Thebens. Und dementsprechend erzählt Apollodor
III 7. 5. 1 ausdrücklich, dass Alkmeon erst nach dem £pi«
gonenzuge seine Mutter ermordet habe.^^)
Hier wird „der Feplos*' verwendet. Schon Hellanikos
(sdid. Phoin. 71) hat von ihm erzählt, er sei wie Harmo-*
nias Halsband ein Göttergeschenk gewesen und von Poly»
neikes mit diesem« nach Argos gebracht Er ist also nicht
erst Ton der Tragoedie erfunden. Dies Kleinod und seine
Verwendimg ist ein genaues Gegenstück zu der Rolle, welche
der oQuoq in der Thebais gespielt hat: so hat es eine ge-
wisse Wahrscheinlichkeit, wie schon Welcker ausgesprochen
hat, dass es den ^Ejclyovot, dein zweiten Theilc dieses Epos,
angehört. Doch ist mir bei dieser zweiten Bestechung Eri-
phylens ebensowenig wie bei der Astyochens in der kleinen
Ilias^^) klar, wie die Mütter ihre Söhne zur Theiinahme am
Kriege zwingen konnten. Da über den Muttermord nxu* zwei
Versionen nachzuweisen sind, dürfen wir nach der vorher
Kürtes Deutung einiger etruskischer Asciieukisten (II tav. 26 f.)
auf Alkmeoos Muttermord unter Beistand seines Bruders ist nicht
sicher.
*«) 8. ?. WilsmowitE Horn. Unten. 159.
B«the, H«U«iü]«d«r. 9
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130
Y. Die Epigvniai.
mit Erfolg angewendeten Methode in ihnen die Sagenfonneii
der Thebais und Alkmeonis erkennen. Dass nun die an
erster Stelle erwähnte Erzählung, nach welcher Alkmeon vor
dem Kriege die That vollzieht, dem letzteren Epoe ai)gehdrt,
wird die folgende Untersnchnng beweisen; also wird auch
yon dieser Seite die zweite für die Thebais wahrscheinlicfa
gemacht
Die üeberlieferang über die weiteren Schicksale Alk-
meons tbeilt sich wieder in zwei Arme — abgesehen von
der ganz vereinzelten, offenbar durch Euiipides erst ge-
schaffenen Sage von UXxfiecov diu KoQlvd^ov. Den Hcl 1 n
treibt die Erinys seiner Mutter, welche er nach der Be-
zwingung Thebens erschlug, durch die Peloponnes, er kommt
zu Phegeus und findet endlich am Acheloos Buhe: so Apollo-
dor und Pausanias.
Qanz anders lautet des Ephoros Bericht» welchen Stra-
bon zwei Mal, im siebenten (32d/6) und zehnten (462) Buohe^
wiedergiebf ) Nachdem Alkmeon mit Diomedes und den
andern Epigonen den Krieg gegen Theben siegreich been-
det hat, zieht er mit jenem nach Aitolien. Dort zuchtigt
er die Feinde des Oineus, giebt ihm und seinem Enkel die
Herrschaft zurück und um Lei wirft sich selbst Akarnanien.
Um dieselbe Zeit ruft Agamemnon auch diesen Helden und
seinen (ienossen Diomedes zum Kampfe gegen Troia auf aus
Furcht, sie möchten sicli während seiner Abwesenheit wie-
der in Besitz ihres angestammten, von ihm ihnen entrisse-
**) Da er beide Male ThukydidM II 68, um Ephoros zu wider-
legen, beifügt (p. 650, 1. 26 Mein.), so verdankt Strabon die Stelle
einem Mittelsmanne: als solrlior ist im 10. Buche durch B. Nieses
glÄnzeiule. Untersuchungen (Rhein. Mus. XXXII'i Apollodor erwiesen;
folglich muss er es auch im 7. Buche sein, obgleich kurz vorher De-
metrios von Skepsis citirt ist — Immisch KJaros 182 meint, Epho-
ros polemisUre gegen ThukydideB.
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y. Die Epigonen.
131
neu Landes Argos setzen. Docb trar Diomedes folgt; Alk-
meoD bleibt in Akaraanien, gründet dort Argos, das er nach
seinem Bruder Ampliilocbos l4fiq>iXoxixov nennt, und giebt
seinem Volke nach seinem Sohne Akaman den Namen Akar-
nanen. Hier ist mit keinem Worte Alkmeons Muttermord
und die ihn ruhelos umtrcibondo Erinys Eriphylens erwähnt.
Das kann nicht Vergcs&lichkeit sein. Denn wenn ein Held
glückliclie Kriege führt, so kann er unmöglich mit Blut-
schuld behaftet sein; ein dvooiog dvriQ würde keine Kriegs-
genossen finden, und, wenn er sie fände, seine Kriege wür-
den nicht Sieg noch Buhm, sondern Vorderben ihm und
seinem Heere bringen. Wie diese Anschauung auch den
späteren Grriechen innewohnte, so lange ihr Glaube lebendig
war, so bat ne in noch höherem Grade die Sage beherrscht
Es ergiebt sich mit Notiiwendigkeit das Dilemma: entweder
hat Alkmeon nadi dieser Sage seine Mutter überhaupt nicht
getödtet, oder er hat sdion vor seinen Zügen nach Theben,
Aitolien und Akamanien seiner Rachepflicht genügt und töI-
lige Sühnung von der schweren Blutschuld tilüilten. Letz-
teres ist direkt in dem oben ausgeschriebenen scholion X 326
überliefert. Die Verbindung ist hergestellt: wie die Bioich-
flftchen eines geborstenen Steines passen diese Brocken an
einander. Und sie bringt die Bestätigung, dass mit Recht
die Alkmeonis als Quelle vermuthet wurde. Denn schon
früher ist die Behauptung ausgesprochen worden,**) Epho-
ros gebe den Inhalt dieses Epos wieder. Sie ist an sich
wahrscheinlich, einerseits, weil Alkmeon hier der Protagonist
ist, andrerseits weil ans dem von Strabon, viehnehr ApoUo-
dor knrs vorher (X 452) mil^etheilten Fragmente des Epho-
ros klärlich hervorgeht, dass dieser die Alkmeonis für seine
Geschichte Akamaniens benutzt haf ) Nach Apollodor I
**) Vgl Immisch Klaros 183
Im 30. Buche bat Epboros resp. sein Sohn ein delphisches
9*
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1S2
T. Dl« Eplgoaen.
8. 5. 2 hat die Alkmeonis die Verbaimimg des Tydeos aoB
sdner Heimath erzählt, weil er die Feinde seines Vators
Oinens, die Sohne des Melas erschlagen. Dss Söhioksal des
Tydeus mnsste dies £poB ersählen, tun die Beditmassigkeit
des aitolisehen Zuges und der Herrsohaft des Diomedes in
Aitolien daizatfaun«
Es mu88 aber noch geprüft werden, ob in der That
alles, was Ephorus vüii Alkmeon und Diomedes in Aitolien
und Akarnanien erzählt, aus der Alkmeonis entnommen ist.
Immisch (Klaros 183) betraclitet das als selbstverständlich
und abstrahirt daraus, dass dies Epos „die Aulgabe ertüllte,
den thebischen mit dem troischen Sagenkreise zu verbinden**.
Doch man wird ein gewisses Misstrauen gegen diese Behaup-
tung zuerst wenigstens nicht unterdrücken können. Aber
näher zugesehen ist dasselbe mehr durch den gewählten
Auadruck erregt, als durch die Thatsaohe selbst Die Alk-
meonis ist, wie Ton Wilamowitz aus ihren Fragmenten en-
dent gezeigt hat, erst um 600 gedichtet. Die Sage von . der
Rfioldcehr des Diomedes in das Lduid seiner Vätw konnte
erst entstehen zu einer Zeit, als das seit lange Barbaren
verfallene Aitolien, eine Stätte altestei gnechisclier Cultur,
wieder in den Gesichtskreis der Griechen trat uiid zu colo-
nisatorischen Versuchen reizte. Dies trat erst ein, als sie
Colonien in den Westen, nach Sicilien und Grossgriechen-
Onkel von 8 Venen beigebracht, welches dem Alkmeon die Stiftong
des OQtMQ auferlegt, am vom Wahnsinne befreit sa werden (Atiienaeas
VI 8d2E, aoflgeeehrieben von EastatUas Horn. p. 1697. iOtt.\ Gegen
ihre Herlcanft machen drei ißeich darauf angeffthrte analoge Orakel-
hexameter bedenklich. Jene üeberlieferung findet sich auch bei
Schol. Stat. Theb. III 274, Mythogr. Vat, II 78. — Auf den Besitz des
Halsbandes der Harmonia machten noch mehrere Tempel Anspruch: so
der der Aphrodite in Amatbuä (Paus. IX 41. 2), das Artemision zu Delos
(Bull, de corr, hellönique 1890. S. 406 1. 2). Auch der Pepioa Eri-
pbyleuä wurde guztii^t: ir'uus. II 1. 8.
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Y. Die Eplgoiiflii.
133
kund entsandten. Dadurch wurde der Golf von Korinth zu
einer wichtigen Verkehrsstrasse, auf welcher sich der Welt-
handel zwischen Ost und West bewegte. Ea musste sich
damals die Politik der grossen Handolsmächte darauf rich*
ten, die Fahrt zu sichern und die wilde BeYÖlkerung an der
Nordwestküste der Bucht an Seeraub zu hindern und den
eigenen Interessen zu unterwerfen. Diese Wünsche der Er-
oberung Aitoliens uud Akarnauieus schlugen sich nieder in
Bildern der SagQ. Tydcus war aus Aitolieii vertrieben und
vor Theben gefallen. Aber sein Sohu Uiomcflcs rächte des
Vaters Tod an den Thebanem; und dieser gewaltige Recke
wäre nicht in das Land seines Vaters gezogen und hätte
nicht die ihm gebührende Hcr^chaft wiederemmgen? Doch
schon längst stand seine Theilnahme am Zuge gegen Troia
fest Und andrerseits hatten Achaier den Heros Diomedes
nach Grossgriechenland mit sich geführt» und man er^Uiltß,
dass er nach langen Irrfahrten und schweren Schicksalen
hier gehmdet» das Volk beherrscht babe^ gestorben und be-
grabe seL'^ Also seines Bleibens war im angestammten
Aitolien nicht, aber geschlagen hatte er sicherlich seine
Feinde auch dort uud den Thron seiner Ahnen wiederaul-
gerichtot. Wenn er nun also niclit bleiben konnte, hier die
Früchte semer Thaten zu gern essoiu musste das motivirt
werden, sonst hätten Böswillige doch geglaubt, sein Sieg
habe die Macht der Feinde nicht gebrochen und ihr habe
er schliesslich weichen müssen. Da bot sich nichts so pas-
send und natürlich dar als sein Zug nach Troia. Agamem-
non ruft ihn wie alle namhaften Helden: er ist dem Rufe
gefolgt und hat wie kaum ein Anderer der Adiaierforsten,
ein Liebling Athenas» gewaltige Heldenthaten in der Ebene
So wohl schon die Noaroi; sie scheint Kallinoa gekannt zu
haben. Äiäo dürften sie dem 7/8. Jahrhunderte angehören.
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134
y. Die £pig(Ml«lL
des Skamandros vollbracht So ergiebt sich die Verbin-
dung der aitolischeu Abenteuer mit seiner Theiliiabme am
troischen Kriege als eine nothwendige Folge der späten Bil-
dung dieses Mythos, welcher schon mit festausgeprägten und
überall bekamiton Sagen zu rechnen hatte.
Was sich ans den Verhältnissen dieser Sag^nbildnng
ergeben hat, fordert oder empfiehlt doch die Enählnng des
Ephoros; denn sie hängt durchaos in sich zusammen, kein
Widersprach giebt die Möglichkeit zn trennen. So hat Im-
misch sie mit Recht für die Alkmeonis in Anspruch genom-
men und ganz richtig goschlosHeu, dass sie den thebanischen
und troischen Sagenkreis mit einander ver])nnden habe.
Erst durch Aufdeckung dieseg Zusammenhanges hat derselbe
die im Scholiou zu Euripides Orestes v. 997 erhaltene No-
**) Die Sage kouite freilieh die Krobening AitoHens auch ent
nach dSB Diomedes Rllckkehr von Troia ansetien, uad daas sie es ge-
tbao» «eigen Anton. Lib. 87 and Hyg. 17& So ordnet sich dies Abon-
teaer in den voatos des Diomedes und in den Noatoi mag es aa die-
ser Stelle vorgekommen sein. Der Dichter der Alkmeonis musste
aber den andern Zeitpunkt wählen: denn um Alkmeon ^ruppirte er
alles, und der kommt nicht in der llias vor, war aho uicht gegen
Troia gezogen. So musste er den Epigonenkrieg und den aitolischen
möglichst dicht zusammeurUckeu, uud dadurch gewann er dann noch
die Möglichkeit, die Entfernung des Diomedes aus AitoUen gnt su
motiviren.
Immiach Klares 183 n. 1 merkt an: (Strab. X 468) „eine
ungemein wichtige Stelle, welche Licht wirft auf die Verlegung des
Pelopidensitzes von Mykenai (Homer, Sophokles) nach Argos (Aischy-
los, P!'iripi(lcs\" Ich finde in dieser Stelle weder Mykeuai noch die
Stadt oder Jiurg Arcjos erwähnt, sondern nur die Landschaft Argos.
Die haben die eingewanderten Pelopideu von Mykenai aus, wenn auch
schwerlich ganz, hehcrrscht (Steffen Karten von Mykenai, Text 1);
dass sie aber je auf der Larissa gesessen, beweisen weder die atti-
sehen Tragiker, ooch kann et flberhanpt bewiesen worden. Ygl. Thrae-
mer Pergamoa 354, Kiese Entwickelung d. homer. Poesie 213 n. 1.
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y. Die Epigonen.
135
tiz aus der Alkmcouis verständlich gemacht, welche vom
Flache des Pelopidonhauses, dem Zorn des Hermes und dem
goldenen Lamme erzählt, um das der verderhliche Bruder-
zwist entbrannte. Dies Epos hat also die Schicksale der
Pelopiden emUt: es musste das; denn der argivisch-thehar
nische Sagenkreis kennt dies Geschledit gar nicht und weiss
nichts daYon, dass sie in Argos herrschten. Den Zug gegen
Troia führt aber der Pelopide Agamemnon, Köm^^ von My-
kenai. Wie er diese Herrschaft erworben hatte, musste das
junge Gedicht erzaiilen.
Es gilt jetzt, den aiuleren Arra der Ueberlieferung über
die Thaten des Alkmcon iiacli der Eroberung Thebens zu
verfolgen. Pausainas Vlll 1*4 und Apollodor III 7. 5 geben
allein eine zusammenhängondo Darstellung. Einige auffällige
Verschiedenheiten lassen sofort doppelte Quelle vermuthen:
denn des Phegeus Kiiider heissen bei Pausanias *AX(ptoi-
ßaia, Trintvoq und 'A^juov, bei Apollodor jUfüiPo^i, JD(^-
vaoq and ^/^i^. Trotzdem jedoch stehen sich die Be-
richte sehr nahe. Der Inhalt der Sage ist bei Beiden gleich:
Alkmeon verlässt, um Ruhe vor dem Bachegeiste seiner Mat-
ter zu finden, seine erste Gattin, des Phegeus Tochter, wird
von Acheloos gesühnt und heirathet als zweite Kallirrhoe;
diese hört von dem kostltaren Schmucke, durch den einst
Eripliyle bestochen worden, und verlangt von ihrem Gatten,
dass er ihn schaffe; dieser giebt nach und geht zu seiner
ersten Gemahlin, um ihr diesen einst geschenkten Schatz
wieder zu nehmen, unter dem Vorwande, Apollon verlange
ihn als Weibgeschenk; doch der Betrag wird entdeckt, des
Phegeus Söhne erschlagen Alkmeon. — Diese Sage ist so
lieber die Krzähhmg der Thebais von der Rüikkehr des
Diomedcä nach Aitolien, die Horaz A. P. 14(> bezeugt, weiss ich keiue
haltbare Yermutbung vorzutragen. Der Oineus des Euripides liegt
im Wege.
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136
kÖDBilich, dass man trotz der Verschicdonheit der Namen
der Annahme einer einzigen Quelle für beide EczähliuigeB
nicht aiuweiohen kann. So bleibt nur ein Ausweg: beide
Schriftsteller haben denselben Mittelsmann benutzt, der jene
einheitliche Fabel mit Zusätzen aus anderen Versionen ver^
sehen hat Dies wird durch die Beobachtung bestötigt, dais
weder Apollodors noch dos Pausanias Erzählung tadellos
fortschreitet, sondern sich bei Beiden knapper oder breiter
dieselben Züge finden, die mit dem grossen, oben aufgezeig-
ten Faden kuiiie Verbindung haben.
Nach Pausanias gab Apollon dem Alkmeon, als dessen
Wahnsinn in den Armen der Pliogeustochter nicht leichter
wurde, den Spruch, Eriphylens JElachegeist werde ihm nur in
das Land nicht folgen, welches erst nach ihrer Ennordung
dem Meere entstiegen sei; er fand es in dem Tom Acheloos
angeschwemmten Eilande. Damit stimmt aber unter keiner
Bedingung, dass Alkmeon später diesen Zufluchtsort wieder
verlässt: denn beim ersten Schritte auf die alte vom Mut-
terblute befledcte Erde hätte ihn die lauernde Erinys wieder
gepackt. Diese die Wahrheit in sich tragende BeobacLtung
wird äusserlich bestätigt und über allen Zweifel erhui)iM>
durch die Wiederkehr desselben Sagenzuges bei Thukydides
II 102: denn nach diesem Zeugen bleibt Alkmeon, wie es
der auch von ihm wiedergegebone Orakelspruch fordert, auf
dem einzigen durcli seine Mordthat nicht besudelten Stück-
chen Erde und stirbt dort in Frieden vor dem Rachegeiste
der Matter. Mithin ist dies Orakel und die Besiedelung der
Acheloosanschwemmung bei Pausanias ein der übrigen Er>
Zählung fremder, mit ihr nur äusserlidi verknüpfter Bestand-
theil. Dass er aber nidit von diesem selbst, etwa aus Thuky-
dides, zugesetzt ist, beweist eine Spur desselbai in der pa-
rallelen Erzählung Apollodors: (AXxfitwv) ov 'AxeXmoq jzqoc-
ixcaöe %6xov xrUfag xatcpxT^cev, Zu dieser Angabe hatte
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T. Sie Epigonen.
137
ApoUodor um bo weniger Grand, ab er ein ganz anderes
und zu jener in den Hauptzügen ihm und Panaanias gemein-
samen Sage sehr wohl passendes Orakel mitgetheilt hat:
Alkineon sollo zum Acheloos gehen und von ihm eine zweite
Reinigung*") fordern (Phegeus hatte ihn nämlich schon ein-
mal gesühnt). Da hrauchto also der Held nicht weiter die
Erinys zu fürchten und hatte keine Veraulassung, eine wüste
Düne zu bewohnen.
Somit ist erwiesen, dass Apollodor und Pausanias ihre
Berichte aus derselben Vorlage entnommen haben, die yer-
schiedene Sagenformen vereinigte; sie kann keine andere
sein ab das Buch, aus dem unser Apollodor nur ein Aus-
zng ut, das yon Pausanias auch an andern Stellen und
sonst unübersehbar oft benutzte, zwischen 100 und 45
Tor Chr. entstandene mythologische Handbuch. Beide Dar-
stellungen müssen also mit einander Terbunden und als eine
mit Varianten ausgestattete Eiiialilung betrachtet und ver-
werthet werden.
Die Quellen dieses Abschnittes mit Sicherheit zu son-
dern vermag ich nicht. Djis Vergleichungsmaterial ist zu
gering und des Euripides /UxfitoDP öia Wco^ldog hemmt die
Forschung. Denn so sicher es ist» dass diese Tragoedie hier
benutzt, man darf wohl sagen zu Grunde gelegt ist, so un-
möglich scheint es, sie einigermaaasen sicher zu reconstrui-
ren.^') So viel aber steht fest, das Drama spielte in Pso-
**) nakivöixiav kuußüveiv ist eine Conjektur Bekkers für naXiv
^uÜMfißwti», Ueber den Sinn kann kein Zweifel bestehen. Vgl.
ni 7. 5. 4
Geoeihlbeoii Ootlaiigenie 44 ff.
*^) Welckers KeconatniktlOD ist wenig glflddicli. Dm bat mit
Recht betont SchoeU Beiträge zur Kenntniss der trag. Poesie der
Griechen I 132 ff, — Gründlicher Unterricht über die Tetralogie des
^iechischen Theaters 53. Doc]^ imk 99^ Ymach ist nicht evi-
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136
y. Die Eipigoiiea.
phis. Da nun das mythologische Handbuch Alkmeons Tod
in Psophis und eine recht oomplicirte Vervickelimg berich-
tet» durch wehdie dieaer herbeigeführt sei, so ist es doch
wahrBdieiolich, dass dies ans jener Tragoedie stamme, um
so mehr, als sich die leider unter dem zweideutigen Titel
'A2xftianf überlieferten Fragmente 86, 76, 78, 79 ungezwun-
gen mit der Entlang Apollodors Tereinigen lassen.^*) Son-
dert mau dies aus, so bleibt wenigstens für Alkmeons Ende
die ebenso poetisch schöne, als tief religiöse Sage, wie er
das ihm von Apollon veihoissene Neuland sucht, das einzige
auf der weiten Welt, das er nicht befleckt, wohin ihm die
Erinys nicht folgen dart, und wie er es in der Laguneninsel
an der Acbeloosmlindung findet und hier in Frieden wohnt
und mit der Flusstochter Eallirrhoe Söhne zeugt, die rings
das Land beherrschen. Ihre Spuren sind im mythologisdien
Handbuche gezeigt, aber die tragische Version hat sie ver^
drängt Thnkydides hat sie uns erhalten. Sie ist also älter
als die Tragoedie* Immisch freilich behauptet kühn, dieser
Historiker ,^be nichts, als was ihm die attische Bühne bot,**
d. h., wie er selbst sagt, Furipides im psophidischen Alk*
meon.^^) Doch was dieser Dichter geboten, hat er nicht
dent, da nicht abzusohon ist. wie ein so riesiger Stoff im Bahmen
einer Tragoedie Platz üiideu kaun.
So schon Schöll. Fg. 79 beweist, dass der ög/Jioq in dieser
Tragoedie eine verhängnissToUe Bolle spielte — und xwur im pso-
phidischen Alkmeon, denn im konntiuschen konnte er kanm Yorkom^
men — nach Apollodors Enfthlnng f&hrt der og/ioq die tragische
Venri<dEelaDg und das Ende Alkmeons herbei. Fg. 86 beweist, dass
ein unzuverlässiger Diener in dieser Tragoedie vorkam — und zwar
im psophidischen Alkmeon, denn aus der Hypothesis des korinthischen
ist nichts derart zu schliessen — nach Apollodors £nsählujig führt
-ein unzuverlässiger Diener die Entdeckung herbei.
Klarofi 1Ö7, dagegen 185: „Tiiuk) dideä nagt, vielleicht nach
eigener Erforschung der Landossagen Ü 68... und II 102.'*
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V. Di« Epigoneii.
139
gezeigt Man darf im Gegentheü behaupten, unmöglich könne
der Held jener Tragoedie, welche in PsophiB spielt, als Kö-
nig Ton Akaraanien glücklich und friedlich sein Lehen auf
einer Echinadeninsel geendet haben. Ferner wäre es erst
zu beweisen, dass ein Gescfaichtschreiber des fünften Jahr-
hunderts Tragoedien benutzt habe. Was für Pherekydes und
Hellaiiikob allgemein gilt, ist auch für Thukydidus billig und
richtig: zeitgenössische Dichtung, deren AbweichTinf^ von der
Sage diese Männer noch leichter controllirten als dns Xolk, konn-
ten sie unmöglich als liistorisclie Quelle benutzen. Das alte
Epos dagegen galt ihnen dafür. So darfauch für jene Sage
Yon Alkmeons Ende auf dem reinen £ilaade eine epische
Quelle angenommen werden. Wir wissen nur Yon zwei Epen,
die des Alkmeon Schicksale besangen; beide waren beliebt
und haben Sporen bis in die Gompendienlitteratur hinter-
lassen. Das eine, die Alkmeonis ist hergestellt; das andere,
die Thehais-Eingonoi fordert einen Sdiluss. Sie hat den
Muttermord erzählt: so muss sie auch die Folgen dieser un-
seligen That und ihre Sühne erzählt haben. Eine bis in
epische Zeit zurückreichende schöne Sage erfüllt diese For-
Vgl Cap. IV n. 85. — Ebenso wenig kann ich Inimisch (IS?) da-
rin beistimmen, dass auch in diese Sage attische Politilc hineinspiele —
oder verstehe ich ihn falsch? — ÜDmöglich kann in ihr ein Ausdruck der
Wünsche und Bemühungen Athens gefunden werden, in Akarnanicn
wfthrendl des pelopooneaischen Krieges testen Fuss zu fassen und be-
soDdert (Mniftdai an der AcheloosmOndung in nehmen. Demi du ein-
dge Bhiddglied swiBchen Alkmeen und Athen, das attbche GeBcUeeht
der Alkmeoniden, sehehit ftngatlich jede Mdglichkeit seiner Yerbin*
dung mit dem MattflfmOrder gemieden zu haben. Gftnslich ausge-
schlossen aber wird jene Annahme durch die Thatsache, dass schon
um 600 das korinthische Epos Alkmeonis (v Wilamowitz Horn. Un-
ters. 73 n. 2'^ dies( f, Helden zum Eroberer von Akarnanien, d. h. zum
Vorkämpfer iMrinthiseher Bestrebungen gemacht hatte, er also nim-
mermehr zum Träger attischer Interessen werden konnte,
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140
derung, bietet den yersöhnenden, leis ausklmgendeii Ab-
acblufls: er gebort dem tbebaniachen £poe an. Und er paast
za diesem. Denn dieae Sage ist jnng wie die Epigonensage
und die ganze Tbebais jung ist; Apollon ist es, der dem
Alkmeon durdi ein Orakel die Erlösung aeigt, wie Apollon
▼on Delpbi es ist, welcber Manto aus der Beate der Eroberer
Tbebens erbält und nacb Asien sendet
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YL Ort oM Zeit der Epen.
Vier Epen sind in den Hauptstücken wk derhergestellt.
So erwünscht dies Ergebniss — wenn anders es sich als
richtig bewähren sollte — für die Erkenntniss der Sagen-
entwickelung wäre, so bedeutsam wäre es auch für die Ge-
schichte der Litteratur und Cultur überhaapt Denn da
manche fassbaren und beziehungsreichen Züge gewonnen sind,
so ist hoffen, dass sie die Lösung der Fragen ermög-
lichen: wo und wann sind diese Gedichte entstanden?
«Die Alkmeonis knüpft an das Amphiaraoslied an, die
Thehais formt die von diesem Gedichte festgestaltete Sage
um und bildet sie weiter. Die Oidipodie steht Tereinselt
neben dieser Entwickelung. Wenn das auch zum Theil sei-
nen Grund darin häbeii mag, dius sie gerade die Stücke,
welche in den beiden Thebaiden den Schwerpunkt ausmach-
ten, nicht i^ir ausfuhrlich bühandelt haben wird, und wir
dieselben nicht fassen konnten, so steht sie doch sicher in der
Geschichte vom Hause des Laios und der Motivirung des
Fluches ganz vereinzelt. Die Thebais trägt deutliche Spu-
ren ihres kleinasiatischen Ursprunges, die Alkmeonis ist im
korinthischen Culturkreise entstanden; die Oidipodie weist
nadi anderer Richtung.
Was sie von Oidipus er^lt, ist, wie langst erkannt,
eine alte Form der Sage« Oidipus überschreitet nicht oder
kaum die Grenxen Boiotiens: auf dem ES^airon ausgesetzt,
142 Tl. Ort ond Zeit der Epeo.
erschlägt er auf dem Wege nach Theben den Vater. Seine
Mutter beirathet er zwar, aber eine andere Fraa gebiert
die Kinder.
Man möchte demnach die Oidipodie sich im Mutter-
lande, in Baiotien selbst, entstanden denken. Eine solche
Vermnthung ist an sich nicht nnwahrscheinlich. Hesiod von
Asicra Hbte die Technik nnd Sprache des ionischen Epos
und mit ihm und nacli ihm viele andere lihapsoden im grie-
clnscheu Mutterlande, als sieb in lonien selbst diese Dich-
tungsgattung bereits ausgelebt hatte. So könnte Jemand
gt (innen sein, den. auf der Borgiatafel als Verfasser der
Oidipodie genannten Kipai&ov zu verwerthen: denn dieser
wird von Pausanias und Anderen^) Lakedaimonier genannt.
Aber die Gelehrten,^) welche die beiden Fragmente dieses
Gedichtes erhalten haben, kennen keinen Diditer, sondern
citiren 6 xot^Cttg oder gar im Plural. Doch mag inuier>
iiin darin, dass ein Rhapsode des Mutterlandes als Autor
bezeichnet worden ist^ dasselbe Gefühl ausgedrückt sein, wel-
ches uns vermuthen lasst, die Oidipodie sei hier und nicht
in Asien entstanden.^)
Und diese Vermuthung wird desto mehr bestärkt, je
länger man das für dies Gedicht Eiüiittelte bedenkt. Es
giebt eine klare Anschauung der örtlichen Verhältnisse des
östlichen Boiotiens, von Theben, Kithairon und der Stelle
des Mordes am Kreuzwege da, wo sich die Strasse von The-
^) Jahn-MichaellB antike ßilderchroniken K*
Pausanias II S. 9, Welcker Ep. Gykl. I« 226.
^) Der Odysseecommentator zu dem Pausanias IX 6. 11 das
Bruchstück verdankt, und der Erklärer der PhoinK^srn
*) Welcker Ep. C. 227 dagegen hat diesen Kn rd&wv mit Kv-
vuiUog von Chioä identificirt, weicher durch schul. Pind. N. II 1 auf
das Ende des sechsten Jahrhunderts fixirt ist. S. v. Wiiamowiu Horn.
Untsra. 259 und 370.
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YI. Ort und Zeit der Epea.
143
ben theilt in den Weg nach Plataiai und den Pfad über den
Dreihäupterpass nach Attika oder Megam.^) Dazu kommt
die KenntoisB des Lokalkultes der Hera auf dem Kitbairon.
Eine solche ist nii^nd anders zu suchen als da, wo dieser
bestand. Und dass die ehestiftende CKIttin in den Mittel-
punkt der ganzen Handlung geruckt wurde, dass ihr Zorn
das Verderhen über Laios und sein ganzes Haus hradite»
diese Wendung der Sage, die durch diese selbst doch kei-
neswegs gegeben war und auch sonst nirgends Geltung ge-
habt hat, konnte nur da entstehen, wo diese strenge Hera
tiefgläubig verehrt wurde, in Boiotien, dessen Städte fast
alle an ihrem Culte Theil nahmen und nocli spät zu den
heiligen Zeiten ihre feierlichen Feste auf dem Kithairoo be-
gingen.
Die Zeitbestimmung der Oidipodie hängt von der Frage
ah: wann kam die Knabenliebe in Griechenland auf und
spectell in Boiotien? Denn es ist klar, dass dies Gedicht»
welches jene Verimmg als einen Frevel gegen die Ehegattin
auffiost und die Grauel des Lahdakidenhauses aus ihm her-
leitet, nur zu einer Zeit entstanden sein kann, als die Pai-
derastie ein Keues, Unerhörtes war und als widernatür-
liches, gottverhasstes Laster lebhaft empfunden und verab-
scheut wurde.
Welcker^) ist der Meinung, diese unnatürliche Liebe
sei schon lange vor der geschichtlich kenntlichen Zeit in
Griechenland geübt worden; doch kann er keinen anderen
Beleg dafür erbringen als die Erwähnung des Ganymedes-
raubes bei Homer Y 233. Ehe aber die Knabenliebe durch
üebertragung dieser Leidenschaft auf die Götter sanktionirt
werden konnte, musste sie nothwendig nicht nur allgemein
mhreitet, sondern auch in der Gesellschaft anerkannt und
■) Herodot IX 39.
Sappho von einem hemehenden Yemrtbeil befreit 32.
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144
TL Ort und Zelt der Epen.
erlaubt sein. Dass dies m jener.^it nicht der Fall war,
beweist das tiefe Schweigen über sie in den homerischen
und hesiodischen Gedichten, in denen sich auch nicht die
loiseBte Andeatung findet Und solche müsste man erwarten
in den Schilderungen des Heerlebens» der Baabzfige and
Plünderungen» wenn man bedenkt, wie die Litteratnr des
fünften Jahrhunderts von der Knabenliebe durchsetzt ist, in
welchem sie so angesehen wurde, wie das nach Weidron
Ansicht auch für jene altere Periode Toranszusetzen wäre.
Daher scheint mir M. H. E. Meier") mit Recht dem home-
rischen Gaiiyrntdesraube die ihm beigelegte Beweiskralt
abzusprechen. So ist die älteste ^griechische Geschichte von
dieser geschlechtlichen Verirruug frei zu denken; diese Mög-
lichkeit wird man jedenfalls nicht in Zweifel ziehen, obgleich
dieselbe Unzucht an den verschiedensten Orten unzweifel-
haft yon selbst entstanden ist. ^)
Dagegen hat der dorische Stamm stets in dem Kufe
gestanden, die Paiderastie besonders zu pflegen, und es ist
bekannt, dass gerade in dorischen Staaten dies Verhaltnlfw
zwischen Mann und Jüngling eigenthümliche Institutionen
m's Leben gerufen hat') Mit der dorischen Gymnastik und
Lebensweise hat sich auch diese Sitte unter den übrigen
Griechen verbreiteTutTd-iiat in idealer Verklärung wie sinn-
lidiüi" Verruhuag selbstständig^Weiter gelebt. Um die Wende
des siebenten und sechsten Jahrhunderts war sie in Athen
bereits so tdlgemein und wurde so wenig als anöiUiööig em-
pfunden, dass Solon das ^gaXoi^slv xal jcuid£Qa<St£lv als
Privileg des freien Mannes hinstellen konnte.^®)
') in Brach und Grubera JEncyklopÄdie s. v. Päderastie 159.
«) Meier a. a. 0. 150 f.
NachwelsuDgeu iu Welckers schönem Excurse a. a. 0. 33 ff.
und bei Meier a. a. 0. 160 it
*") Platuch Selon 1» Meier a. a. 0. 170.
VI. Ort and Zeit der Epen. 145
•>
Demnach darf das Aufkommen der Paiderastie in Grie-
chenland mit der Einwanderang der Derer in nraächlichen
Znsammenhang gebracht werden.. Es ist begreiflich, dass
die Eingeborenen diese Sitte der fremden Eroberer als Un-
zucht nnd Laster empfanden nicht anders, wie die Hebraier
. und Römer, als ein Verbrechen wider die Göttin, welche
die Heiligkeit der Ehe schirmt. Su scheint mir die Mög-
lichkeit vorhanden, dass in der Zeit des Eindringens der
Derer in Boiotien die alte Sage von des Laios Frevel, der
Fludi auf sein ganzes Haus und Volk brachte, durch Her-
eintragen dieses neuen unerhörten Greuls umgestaltet wurde.
Wenn so auch eine genauere chronologische Fixirung der
Oidipodie nicht zu gewinnen ist» so ist ihr doch ihre cultur-
geschichtliche Stellung angewiesen.
* * *
Uebcr Ort und Zeit der Entstehung des Ämphiaraoslie-
des ist ein anderes als allgemeines Urtheil nicht möglich.
Seine Sagen mögen wenigstens theilweise bereits im Mutter-
lande begonnen haben, sich zu formen; aber feste Gestalt
dürften sie erst in Asien gewonnen haben und das Gewand
der homerischen Epik haben sie da angelegt, wo es geschaffen
ist. Das hohe Alter der Sage yon des Amphiaraos Ausfiihrt
leuchtet ein. Sie hat allein, soweit wir selien, den Streit
dreier argivischer Fürstenhäuser besungen, von denen das
der Anaxagoi'iden fast ganz YerschoUen ist; sie kennt Eri-
phylen als Schiedsrichterin, nicht als Verrätherin; ihre Er-
mordung durch ihren Sohn ist ihr fremd, ja sie hat vielleicht
nicht einmal Alkmeon als des Amphiaraos Sohn gekannt;
von den Epigonen weiss sie nichts. Die Thebais dagegen
giebt nicht nur durchgängig eine jüngere Version, sondern
bildet geradezu Motive jenes Gedichtes weiter. 'Afig>td(f£<o
") Meior a. a. 0. 150 ü. 17, 151 n. 21.
Bethe, Heldenlieder.
10
146 VI. Ort and Zeit der £peo.
t^iJLaCKi ist also älter: ein tcrminus ante quem weDigstens
ist gewonnen, wenn es gelingt, die Zeit der Xhebais annähernd
KU bestimmen.
Auch sie ist o£Eianbar in Asien entstanden. Das beweist
schlagend die von ihr emhlte Griindongslegende des kla-
rischen Orakels. Mag dasselbe auch einst hochberiibint und
von weitreichender Bedeutung gewesen sein, das wird Nie-
mand besweiMn, dass seine Wirkung und sein Ansehen auf
Asien beschränkt war. Das Mutterland wird es kaum ge-
kannt und sicherlich iiiclit beiragt haben, du es selbst so
reich an ehrwürdigen Urakelstättea war und Delplii alle Ne-
benbuhler in Griechenland selbst wie bald auch in Asien
an Ruhm und Einfluss weit übertraf. Davon legt auch dies
Epos beredtes Zeugniss ab: nic ht nur prophezeit der pythische
Gott^') dem Alkmeou, wo er Kuhe finden werde vor dem
ßachegeiste seiner Mutter, sondern auch Kiaros selbst schien -
nicht besser empfohlen und gepriesen werden zu können, als
durch die Ableitung Ton diesem uralten Sitze der Mantik:
Apuilon sollte seine Dienerin Manto, des Teiresias Tochter
und selbst Seherin, ausgesandt haben über's Meer, um in
Kiaros eine neue Cultstätte und ein neues Orakel ihres
Gottes SU gründen.
Aach das Branchidenorakel beillilet war durch eine Grün-
dungssage mit Delphi verknapft: Strabon IX 421. Battmsiiii Hytho-
logus II 311.
'*) Die Cap. IV n. 36 angedeatete Vemtothang, auch die mii
geläufige GrQnduDgssage Thebens (Iur( }i Kadmos auf Befehl dee del-
phiscbcn Apolloo könne vielleicht in der Thebai» vorgeliominen sein,
würde, falls sie sich bewahrheiten sollte, ein weiteres Beispiel für
die starke Hervorhebung des dol|ihiächeu Orakels bieten. lieber die
alte boiotische Kadmossage vgl. Töjjffer Attische Genealogie 295 n. 1,
Crusiuä iu der Hallibchen Encyklupädie; über die Eutätebung der
nenen haben treffend, wie mir ecbeint, gehandelt Stadniczka Kyreae
5Gv Ed. Schwartz Qaaest. H^doteae (Rostock 1890) 14, 16.
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VI. Ort and Zoit der Epen.
147
Dieser tiefgehende Einfluss von Delphi weist deutlich
auf eine Terhältnissmässig späte Entsteliungszeit der The-
bais-Epigoxkoi hiu.^^) Aber es ist ein fester chronologischer
Anhalt überliefert. Pansanias IX 9. 5 merkt nSxnlich nadi
kurzer Wiedergabe einer Hypothesis dieses £po8 an, dass
Kallinos ausdrücklich Homer als den YerfiuBer desselben be-
zeuge. ^'^) Ohne Zweifel ist diese Notiz aus irgend einem
Werke der besten Zeit griechischer Gelehrsamkeit bis zum
I'eribegeteu (lurcbgesickeru ciuor Zeit, la der nicht nur dio
Epen, sonflern auch des Kallinos Elegien noch vurliaiideii
waren und von den Forschern oingüsoheu wurden, einer
Zeit, in der sicli die Gelehrten noch mit quellenmässiger
Prüfung der Fragen nach der Jikshtheit der homerischen
V. Wilamowitz Horn. Unters. 345 hat die 'ETiiyovoi für recht
jung erklärt auf Grund zweier Hexameter, welche Kirchhoff durch
Umstellang der Titel iv *EjiiY()voiq und Iv ßccfivgcc im achol. Oid. G.
878 fflr dies Epos gewonnen zu haben glaubte. Bergk, Nanck Fg.
Trag.* 221 S. 188, Immiach Elaios 165 haben Kirehhoib Coi]|jektiir
als falsch erwiesen.
Dass Kallinos {aus KAAATNOS hei Paus, hergestellt ITomers
Autorschaft hezougen konnte, liält Welcker Ep. C. I 185 ff. energisch
fest und zeif^t es durch die Parallelen des Pindar, Stesichoros, Simo-
nldes. Hillers Versuch Rh. Mtis. XLIl 324, dies Zeugniss zu ent-
kräften, ißt ganzlich misshmgen. S. 188 macht Welcker darauf auf-
merksam, dass ebenso Properz l 1.1 und III 33 b 37 32. ö 7; die
Thebais dem Homer Eoschreibe. Letztere Stelle, an welcher aeben
Homer Antimachns i. 45 erwfthnt wird, hilt C. DUthey Cydippe 8
n. 2 llberhaapt nicht fttr verwendbart da sie Interpolirt und Terwirrt
sei; dagegen führt er noch Propers IV 9, 37 (= 8. 37) an. Eier
wird die Thebais neben der Ilias angeführt, also als horoeriBch. Aus
den Worten, welche von der Zerstörung der Kadmeia reden, geht
hervor, dass, sofern Properz überhaupt ein bestimmtes Epos im Auge
hattt; und nicht allsfon^ein den Sagenkreis bezeichnen wollte, auch
ihm die Thebais als ein beide Züge der Argiver umfassendes Epos
überliefert war.
10*
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14S
VI. Ort nnd Zeit der Epen,
Gedichte beschäftigten. Die Richtigkeit der Angaben des
Pauaanias darf daher in keiiior Weise angezweifelt wer-
den. Kallinos also hat die Tliebais-£pigODoi gekannt Das
ist eine kostbare Notis. Dies Epos rnuss älter sein als der
£l6giker: dadurch rückt es nun freilich fast unerwartet hoch
hinauf. Denn so unsicher auch die Chronologie der Ijdi-
sehen Könige ist, Ton der alles abhängt» so muss man doch
den Einfall der Kimmerior und mit ihm Kallinos um die
Mitte des siebenten Jaliihunderts ansetzen. Und das bestä-
tigen assyrische Monumente. In derselben Zeit sehen wir
nun wirklieh die Verhältnisse, welche zur Bestimmung der
Entstehungszeit dieses Gedichtes wichtig schienen, in voller
Blütho. Das Orakel von Klares, dessen Gründung durch
Manto dasselbe erzählt, ist auch von Kallinos gefeiert wor-
den. Kalchas sei dort gestorben; Mopsos aber, der ihn bei
Kallinos» wie in der hesiodischen Sage, im Seherwettkampf«
überwunden haben wird, sei nach Pamphylien und KiliHen
gezogen.^') Dies klarische Heiligtbum rähmte sich, TOn
Delphi aus gegründet zu sein. Es muss also die Pythia im
höchsten Ansehen damals in Asien gestanden haben. Und
in der That waren die Beziehungen Asiens zu Delphi in
Kallinos Zeiten und schon früher lebhaft und glänzend ent-
wickelt. Schon der Urgrossvater des Kimmerierbesiegers
Alyattes, der Stifter der MermnadendynasLie Gyges hat nach
Herodot überreiche Weihgeschenke von Gold und Silber
dem delphischen ApoUon gesandt. Natürlich ist dieser
**) üm 675 Btoueo Elmmerier mit AsBarhaddon in Kappadokien
Eosaninien: Ed Meyer Gesell, d. Alterüi. I 458, 463. üm 6ti0 siegt
OngB — Gyges mit awjriBcher Hilfe Aber die Klmmerler: Btuolt Gr.
Gesch. I 335 n. 8.
") Strabon XIY GG8. Hesiod bei Strabon XIV 642 == frg. 188
Rz. ~ Daraus muss Jeder folgf^rn. dass das klarische Orakel damalB
schon exi&tirt und in ansehnüclier BlüUie gestandea hat
Herodot I 14,
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VI. Ort und Zeit der Epen.
149
Lyder wie überhaupt mit griechischer Cultur, so auch mit
dem pythischen Gotte nur durch die Vermittlung der asia-
iisdieii Griechen und speciell der lonier in Verbindung ge-
treten. Mithin moss der Verkehr dieser seihet mit jener
Orakelstätte noch bedeutend älter sein. Da Gyges in den
Anfang des siehenjien Jahrhunderts gesetzt wird, so steigen
wir weit in's achte Jahrhundert hinauf. Ja noch hoher müs-
sen wir wohl rüdcen; denn Herodot fugt jener Notiz hinzn,
Gyges sei, so viel er wisse, nicht der erste Barbai-, der nach
Delphi Weibgeschenkc gcHandt habe: schon Midas von
Phrygien, des Gordias Sohn, habe seinen Thron dahin ge-
stiftet
So dürfte die jüngere Thebais etwa im achten Jahrhun--
dert in Asien entstanden sein und zwar wohl nicht fern von
Klares, etwa in Kolophon, dessen Bürger auf Homer durch
mehr als einen Beweis Anspruch erhoben.
Herodot bezeugt aber noch eine andere Verbindung zwi-
schen Kleinasien und dem Mntterlande, welche für die Wür-
digong dieses £pOB, wie der Gulturgeschichte dieser Periode
von herrorragendtt Bedeutung ist. Er giebt nämlich an,
dass die Weihgesehenke des Midas und der lydischen Eö»
nige, wie Gyges (I 14) und Kroisos (I 50 f.), im Schatzhause
der Korintber, das Kypsclos erbaut hatte, zu Delphi uulge-
stcllt waren. Wer möchte das für Zufall halten? Es ist dies
vielmehr ein ^gewichtiges Zeichen, dass Korinth os war, wel-
ches zwischen Pytho und den Barbaren vermittelt bat. Un i
das ist wieder nicht anders denkbar als unter der Bedingung,
dass Korinth im allerengsten Verkehre mit den asiatischen
loniem gestanden hat, welche selbst das barbarische Hinter^
land hellenisirt und ihm ihre eigenen Beziehungen mitge-
theilt hatten. Dafür giebt einen trefflichen Beleg schon die
Thatsache, dass in demselben korinthischen Thesauros zu
Delphi auch das hostbare Weihrauchgefäas untergebracht
150
VI. Ort und Zeit der Epen.
war, welches Eueltboii von Haraos dem Gotte gestiftet hatte.
Voraussetzung ist dafür engste Freundschaft zwischen Ko-
rinth und Samos: sie hat Ernst Curtius in gleicher Politik
und gleichem Müuzfusse aufgezeigt. Die Verbindungen
Konnths anoh mit anderen Orten Kleinasiens hat er beleuch-
tet, und ihre Bedeutung Tortrefflich zum Ausdruck gebradit»
indem er sie ,4id Vermittlerin zwischen Abendland und
Morgenland** nannte. Diese Stellung ist nur eine natürliche
Folge der Lage Konnths auf dem schmalen Isthmos zwischen
dem aigaiischen Meere und dem tiefeinschneidenden Busen
dos westlichen ionischen Meeres. Der Weg über Korintli er-
spart eine mehrtägige und gefährliche Fahrt um die Pelo-
ponnes. Auch vor der Strasse über Euboia, wo Chalkis und
Eretria ]ang(i concurrirten, und durch Boiution und Phokis
nach Kirrha wird sich die Route über Korinth durch grös-
sere Sicherheit und geringere Kosten empfohlen haben, mag
sich auch dieser Staat einen Anlegeplatz in seinen Häfen und
die Benutzung des Diolkos gut genug haben bezahlen lassen,
Fmer ist zu bedenken, nach welchen Seiten sich der korin-
thische und ionische Handel gewendet hatten. Den Westen
auszubeuten und dort Eigenthum zu gewinnen war yon An-
fang an das Streben Korinths. Seine Colonien bildeten eine
Kette zwischen dem Mutterlande über Akarnanien, Epirus,
Korkyra nach Italien und Sicilien, wo seine Tochterstadt Sy-
««0 Herodot IV 16».
Studien zat Geschichte von Korinth Hermes X 1876. 215 ff.
Vgl. Barsian Geographie Griechenlands II 13: der Kypseliden Be-
streben ging dahin, sich „durch Anknüpfung von Verbindungen mit
griechischen Städten Kleinasiens, wie mit IMilctos and Mitylene, ja
sogar mit den Herrschern von Lydien und Aegypten einen -Einfluss
im Osten zu sichern". Die lydischen. und phrygischen Weihgeschenke
im koKinthÜMlieii Schatibaiiio sa DelpU seigcu, dass die Kypseliden
wu aie alte F«>litik äelbewumt fortsetsten.
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VI. Ort und Zeit der Epen. 151
rakus vor allen blühte. lonieu dagegen bcherrsclitc den
Osten, dessen Schätze ans dem fernsten Innerasien die Ka-
rawanen damals wie heate an die kleinasiatische Küste
braditen; die Reichtliümer der Propontis und des schwar-
zen Meeres nnd ihrer fruchtbaren Küstenländer strömten ihm
zu. Die Berührung beider Mächte war nicht zu vermeiden;
Freundschaft konnte Beiden nur Vortheil bringen, da sie
einander ergänzten, ohne sich Concurrenz zu raachen.
Von ganz andurer Seite durcli Analyse der KuMsLlypeii
hat Georg Loeschcke in seinem baliubrechenden Dorpatcr
Programme von 1886 „Boreas und Oreithyia am Kypselos-
kasten" dasselbe Resultat erreicht: die korinthische Kunst
hat viele Typen aus Asien erhalten und ihre jüngere Schule
steht durchaus unter diesem Einflüsse. Doch ist dieser frucht-
bare Gedanke noch nicht umfassend behandelt'^) und die
Bedeutung der Thatsacbe noch nicht in allen Gonsequenzen
erfasst worden. Noch herrscht allein die gewiss richtige Er-
kenntniss, dass Chalkis zwischen Asien und dem Muttwlande
vermittelt habe. Auch Loeschcke schiebt Chalkis zwischen
Asien und Korinth ein, obgleich er den direkten Verkehr
anerkennt. In der älteren Zeit wird dies in der That das
Vcrhältniss der drei Mächte gewesen sein; aber später trat
Chalkis immer mehr zurück, Korinth immer glänzender her-
vor. Jene einst weitgebietende Haudelsstarlt unterlag schon
am Ende des sechston Jahrhunderts kläglich dem verachteten
Landsturme des kleinen Athens» das erst vor zwei oder drei
Menschonaltern die oi-ste Bedingung seiner Entwickelung er-
füllt hattCj die Eroberung von Salamis. Korinth stand da-
mals nodi gewaltig da und ist Athen niemals unterlegen.
ßoeckli bat die Frage von Barth behandeln lassen: Corin-
thiorum cominerc ot merc. disKort. Berol. 1854.
Loeschcke a. a. 0. und ia den Bonner Studien 1890. 258 f.
T. Wilamowitz Antigonos von Karystos 133 ff.
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152
VI. Ort und Zeit der Epco.
Solche Erscheiiiuiigeu entstehen nicht zutallig laiJ plötzlich:
sie sind Resultate einer huigcn Geschichte. Um das Jahr
7Ü0 scheinen die Korinther schon den Chalkidiern in Kiein-
asien den Rang abgelaufen zu haben: denn sie hewahreu die
Weiligescheuke der phrygischen und lydisehen Könige, sogar
auch der Samier. Der lelantischc Krieg hat Ghalkis eben-
sosehr gedrückt» wie Korinth erhöht Die VernüttelaDg zwi-
schen Asien und Europa darch Chalkis dürfte nicht mehr
lange bestanden haben; die immer zunehmende Abhängig-
keit der kormibischen Knnst von der asiatischen wbd am
besten durch den immer lebhafter werdenden direkten Ver-
kehr erklärl. Ich zweiiie niciit, dass dieses sich klarer zei-
gen wird, je mehr echte altionische Denkmäler un's Licht
treten, an denen wir bisher so arm sind.
Auch in der jüngeren epischen Poesie und ihren
Sagen tritt die enge Verbindung zwischen Asien und Ko-
rinth deutlich hervor. Wilisch hat sie an den Fragmenten
des Eumelos nachgewiesen.*^) Noch deutlicher sind die Spu-
ren in den Werken asiatischer Poesie: die Thebais trägt sie
in ihrer jetzigen Rekonstruktion unverkennbar. Um zunächst
ein negatiTes, aber lautredendes Zeugniss zu erwähnen: von
Sekyon ist gar nicht die Bede, das doch in alter Sage Ar-
gOB mit Theben verbindet, wo Oidipns an den Strand ge-
schwemmt, erzogen wird, wo Adrastos aus Argos vertrie-
ben Zuflucht findet und als Erbe des Polybos die Macht
erlangt, die Herrschaft seines Hauses wieder aufzuricliten.
Die Eliminirung dieser Sagenreichen mächtigen Stadt, die
noch dazu in diesem Mytheukroise durch den Cuit des Adra-
stos befestigt ist, muss einen besonderen Grund gehabt
haben: die Vermuthung drängt sich auf, dass dies durch
den eifersüchtigen £influs8 von Korinth geschehen sei, der
*) Die Fragmente des Eamelos, Gymnasialprogr. Zittaa 1875i.
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VI. Ort und Zeit der Epen.
153
natürlichen Feindin von Sekyon, das unweit ihres westUchen
Hafene mäclitig und weit herrschend stand.
PoBiÜTe Beweise bieten sich in den von der jüngeren
Thebais behandelten Sagen, welche in dem alten Bestände
dieses Kreises nicht nachweisbar sind und in Qegenden spie-
len, an denen die asiatischen lonier kaum Interesse haben
konnten, die Korinther aber durch ihren Handel und ihre
Golonien den regsten Anthdl nehmen mnssten. So war in
(liesein Epos erzählt, dass nach der unglücklichen Schlacht
gegen die Epigonen Laodamas mit den Thebanern, so viele
ihm folgen wollten, nach Norden wanderte in die Lande,
die sein Alm Kadmos am Lebensabend beherrscht hatte, und
wo er und Harmonia zu Sehlangen verwandelt worden waren.
Das Volk hiess Eucheleis und die ganzen Stämme dieser
Gegenden, die lUyrier, sollten ihren Namen von Illyrios, dem
letzten Sohne des greisen Kadmos erhalten haben. Diese
Sagen hängen unter einander so eng zusammen, dass sie
demselben Gedichte, sicherlich demselben Vorstellungskreiso
entstammen werden. Aber was bedeuten sie? Sollten sie
wirklich der letzte Kachklang einer dunkeln Erinnerung der
Kadmeer sein, dass ihre Väter einst aus den unwirthliehen
Gebirgen von Epirus in die grüne Ebene des Kopaissees ge-
zogen waren? Echte Spuren von ihnen erkennen wir dort
in Wahrheit nicht. Diis Grab des Kadmos und der Har-
monia fand sich natürlich da, wo jene Sage lokalisirt war;
^) Enripides Bakcben 1330, Apellodor III 5. 4. 2.
-■*) Derselben Ansicht ist auch Welcker: eine kretische Colooie
in Theben 89, IIG. Cruslus in Ersch und Grnbers Encyklopädie s. v.
Kadmos S. 11 liält mit l'reller-Plew II 26) die von Heroflot V Bl über-
li< ti rie Wandernng vertriebener Kadmeer zu den Enclieleis für ein
historisclieä Faktum, erklärt aber einsichtig die illyriächea Sagen,
welche die thebanischen wiederholen, lür künstlich übertragene, nicht
natfirlich gewtchsMie.
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154 VI. Ort und Zeit der Epen.
aber dass der Heros dort auch einen Cult gehabt, davon
hören wir nicfats. Auch der Name Encbeleis hat keine ernst-
hafte Beziehung zu Boiotien, Neben dieser Ueberlieferung
steht aber eine zweite, welche die Xhebaner Tor den Epi-
gonen in die HzstiBiotis fliehen lässt. Und 'in der That ist
Thessalien reich an Bezügen zu Boiotien, besonders finden
sich dieselben Ortsnamen in beiden Ländern. So würde
diese Version eher als jene für einen Rest einur echten Wan-^- ^
dorsage angesehen werden können.
Verständlieh aber wird die Uebprtrap:nnf; des Kadmos
und seines Creschiechtes nach Illyrien durch die griechische
Colonisation in diesen Gegenden. Von Korkyra nach Nor-
den zieht sich eine Kette griechischer Pflanzstädte. Am
akrokeraunischen Vorgebirge liegt Orikon: dort sollten Kad-
mos und Harmonia begraben sein tmd die Encheleis hau-
sen;**) aber audi in der Nahe von Epidamnus werden die
Sitze derselben angegeben. ") Es scheint also dies fabelhafte
Volk mit seinen thebanischen Herrschern da zu sitzen, wo
Griechen in diesen Landschaften wohnten. Diese neuen
Siedler zwischen den fremden wilden Stämmen haben diese
Sage gebildet: mithin ist sie so jung wie die Colonisation
in diesen Gebieten.
Der Handel und die Coloaicu in Epirus gehören aber
den Korintliorn. Sehr l'rüh hahcn sie auf Korkvra festen
Fuss gefasst,^*^) das sich schon vor der Herrschaft des Kyp-
selos von der Mutterstadt losriss. Das ihr gegenüberliegende
Land auf der terra firma wird gleichfalls einst korinthisch
gewesen seio.^^) Die Städte Orikon, Auion, Epidamnus, *
Dionysius Periegeta 390, schol. ApoUn. Bhod. IV 607.
«') Skylax 25, vgl. Strabon VII 326.
**) V. Wüamowitz Horn. Unters. 170.
«•) Thnkydides III 85, 0. MOUer l>orier l* 118, 422, Curtius
Hermes X 231.
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4
YI. Ort und Zeit der Epen. 155^
Apolloxiia sind von Korinth, Korkyra oder von beiden ge-
meinsam gegründet worden. Korinfher werden es also
gewesen sein, welche Illyrien in den thebanischen Sagenkreis
hineintrugen und dnroh den Einflnss Korinths wird jene
Wendung des Kadmosmythus in das Epos aufgenommen
sein.''^)
, Ganz aualog ist die schöne Sage, welche wohl die The-
bais von Alkmeons Endo orzUhlt hat: er findet Ruhe auf
dem noiion Eilande, das noch die Wellen bcspiilten, als er
den ganzen Erdkreis durch Mutteruiord unsühnbar befleckte;
von dort aus hat er geherrscht über die Völker und sie
heissen Akamanen nach seinem Sohne Akaman. Auch an
dieser Gegend hatte damals vor allen Korinth Interesse.
Systematisch besiedelt hat sie freilich erst Eypselos,**) wahr-
scheinlich aber hatte Eorinth schon vorher dort Fuss ge-
üasst. Es mnsste sich dort, festsetzen vor der EinfSalirt in
das Meer, das noch heute seinen Namen trägt, an dieser
Ecke, die in der Mitte liegt zwischen dem Isthmos und
seinen worthvollsten Colonien. Oft mochten Korintlier auf
die kläglichen Sanddünen, die der Aeheloos angeschwemmt
hatte, vor Sturm und Wellen sich geflüchtet haben, durch
die trennenden Fliissarnie gesichert vor den wilden Stammen
des Festlandes: die luselchen warca einzig günstig zur An-
lage einer Burg eines seemächtigen Volkes. Mit diesen Be-
Thokydides I 24 erz&hlt, die Korkyraier hätten Epidamnas
besiedelt und nach altem Braudie von der Mutteistadt Korlath einen
O&lsten erbeten. Folglich musa diese Stadt vor dem ZenrOrfnlsse
dieser beiden Oemelnwesen (684, Tbakyd. I 18) angelegt sein, ond
das Too Xhiseblus angegebene Gründungsjahr 625 bembt auf einem
Iirthutnc Vgl. Busolt Griecb. Gesch. 461 n. 5.
Durch korinthische Colonisation ist auch die Hedeaaage in
diese Gcgendeu gelangt. Vgl. Curtius Hermes X 217.
ätrabon X 452, vgl. Busolt Gr. G. 450.
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156
VI. Ort und Zeit der Epen.
strebuugen ging die Sagenbildung Hand in Hand: denn wo
Griechen siedelten, war andi schon einer ihrer Helden in
grauer Vorzeit gewesen. So wurde in den Lagunen des
Adieloos Alkmeon angesiedelt, der ruhelose Muttennörder,
und wie die Korintber gern Yon hier aus das fruchtbare
Festland beherrschen wollten, wurde ihnen dieser Wunsch
für die Zeit dieses Heroen zur Thatsache: ihm hatten die
Völk^ gehorcht und nach seinem Sohne sich benannt.
Dio mamiigfacheii Bezicluingeii KoriiitLs zu Epirus und
Akaraanieu sind wohl bezeugt. Aus ihnen erklärt sich die
Uobertragung gricchisclior Sagen in diese Landschaften und
ihre entsprechende Umformung. Dio asiatisclieu ionier da-
gegen haben dort keine Colonien und ihr Handel geht an-
dere Wege; erst das Andringen der binneuländischen Bar-
baren treibt einige TOn ihnen, im Westen zu colonisiren.
Wenn dennoch ein unzweifelhaft in Asien entstandenes Epos
diese korinthischen Sagen erzählt, so bleibt dafür nur die
eine Erklärung, dass Eorinth damals im regsten Verkehr
und engster Freundsohalt mit den alten Stätten epischer
Kunst gestanden hat Das war in der That der Fall und
dadurch yerliert jene Erscheinung das Auffallende, was zuerst
stutzig macht. Aber merkwürdig bleibt sie und bedeutsam
fügt sie sich ein iu die Beobachtungen, welche über dio po-
litischen, commerciellen und küustlerischeu Beziehungen von
Korinth zu Asien bereits gemacht sind.
Ueber die Alkmconis ist wenig mehr zu sagen. Sie ist,
wie von Wilamowitz nachgewiesen hat,'**) nicht vor 600 ent-
standen und gehört durchaus in den korinthischen Cultur-
"'^ Horn. Unt. 73 n. 2. 214 n. lo, Immisch Klaros lü4 pflichtet
ihm bei. Auch Ohcrhummer Akarnanien 4*3 hat diesen Ansatz ge-
funden. Einen andern Beleg für die Jugend der Alkmeonis bringt
Rohde Psyche 204 n. 2: „Bekr&nzung der Todten, später gewöhnliche
Sitte, wird wohl xoerst erwfthnt in d«r epischen Alkmeonie*'.
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VI. Ort imd Zeit dar Epen.
157
kreis. Beides wird schon dadurch erhärtet, dass sie toh
Leukadios und Alyzeus erzälilt bat: deno die Stadt des,
ersteren ist Leukas, eine korinthische Colonie, welche erst
Eyjiselos angelegt hat**) In der Thebais sind sie nicht
nachweisbar nnd können nicht Torgekommen sein, weil dies
Epos älter war als jene Siedelung. Ueberhaupt scheint die
Behandlung Akanuiuieiis in dieseiii Epos ziemlich kurz und
allgemein gebulten gewesen zu sein, was sich daraus völlig
erklärt, dass Korinth in jener Zeit erst anfing, dort Fuss zu
fassen. Der grosse Fortschritt dieser Bestrübungen, "welcher
der Umsicht und Energie der Kypseliden verdankt wurde,
zeigt sich deutlich in der Alkmeonis: sie lässt ihren Helden
nicht wie jene als fluchbeladenen, nirgends geduldeten Elen*
den anf der kahlen Däneninsel des Acheloos Frieden finden,
sondern als stolzen Helden nnd Liebling der Götter mit
Diomedes nach Aitolien ziehen, dies Land von seinen Fein-
den befreien, aber grossmüthig den angestammten Fürsten
Ubergeben nnd sich selbst ein neues Reich erobern, das er
als mächtiger König beherrscht und seinen Söhnen hinter-
lässt. Diese Aenderuny der Sage spricht klar d^is durch
glänzende Erfolge gesteigerte Selbstgefühl der Koriuther aus.
Zugleich deutet sie auf ein anderes Interessengebiet: Aito-
lien. Dort besassen sie Chalkis, obwohl es. wie der Name
besagt, nicht ihre Gründung war. Aber hier scheint ihre
Politik nicht so glückliche Eriolge gehabt zu haben wie in
Akarnanien.
•*) Strabon X 452.
Vgl. Curtiua Hermes X 217. Auch MoUxqiu wird von Thu-
kydidefl III 102 al» korintliiache Colonie beseichnet, nach C. 0. Mül-
ler Dorier I 115 und Barth: Carintidonun commerc. et mercat. eine
der ältesten.
**) Die in der Alkmeonis erzählte Sage Ton Peleus auf Aigina
(schol, Eurip. Androm. 687) ist gleichfalls jnng: Tgl. H. Dietrich Mül-
ler Mythologie der grieck Stamme 1 73 £f.
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yiL NaeUese.
Der Inhalt fler Ei)eii des theljanisch-argi viseben Sageu-
kroises ist in den GiTindzüj»on gezeichnet, Ort uud Zeit der
KutsteliuDg eines jeden und seiner Tendenz nach Möglich-
keit festgestellt So ist zu hoffen, dass jetzt von diesem
umfassenderen Standpinikte aus sich die bisher noch un-
berührte Masse der Ueberlieferung einigermaassen werde
sondern lassen. Sie stellt sich hauptsächlich in den Tragoe-
dien dar und hat zuerst die Sage im Zusammenhange zu
behandeln und in ihrer Geschichte zu begreifen angereizt.
Ihr berühmtestes Stück ist die Oidipnssage in der Ge-
stalt, welche Sophokles in seiner unTergleiehlichen Tragoedie,
Oidipus König, für uns nicht mehr als für das Alterthum
über alle andern zur AUeinherrsuhall erhoben bat. Die
chaiakteristiscben Züge dieser Wendung sind das Hervor-
treten ivorintbs und die beherrschende Stellung des delphi-
schen Orakels.
In (Ter Oidipodie steht die ehestiftende Hera im Mittel-
punkte der Handlung, Oidipus wird auf dem Kithairon aus-
gesetzt und von sekyonischen Pfordebirten gefunden und er-
zogen. Sekyon ist auch in einer andern alten Version der
Ort, wo Oidipus gerettet wird und heranwächst: das Meer
hatte ihn an die sekyonische Küste getrieben; hier war er
Ton Periboia beim Waschen entdeckt und Ton ihrem Gemahle
Polybos als eigener Sohn aufgenommen worden. Versudis-
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Tn. Nftchleae.
159
weise wurde diese SageDform mit dem Amphiaraoslicde ver-
bunden. Weder von Korinth noch von Delphi findet sich
in diesen beiden Wendungen eine Spur. In der Thebais
klafft gerade hier eine Lücke. Was die sophokleische Veraion
von den andern nnterscheidefc, zeicfanet anch dies Epos yor
den übrigen aus. Auch hier steht das delphische Orakel als
höhere Macht über den Geschicken der Menschen: auf seinen
Befehl zieht Manto nach Klaros, wird das neugeborene Land
von Alkmeou ttutgcbuciiL und besiedelt. Andrerseits ist er-
wiesen, dass dies Gedicht durchsetzt ist von Sagen, welche
erst Koriüther erfunden oder doch an neue Orte gebracht,
ihnen angepasst und umgeformt haben. Auch darauf wurde
schon aufmerksam gemacht, dass das alte Sagenreiche, im
Amphiaraoslicde hochgefeiertc Sekyon, die Heimath des Gottes
Adrastos und Sitz des Polybos, in dem Epos Thebais-
Epigonoi gänzlich verschwunden scheint» und es wurde der
Verdacht ausgesprochen, dass Korinth seine natürliche
Feindin, das nah benachbarte weitherrschende und einst auch
handelsmäditige Sekyon aus diesem Sagenkreise verdrängt
habe.
Die charakteristischen Merkmale der sophokleischen
Oidipussage trägt uueli die Tbebai.s, und wir vorstehen, wie
dies asiatische Gedieht das delphische Orakel, dem die lonier
und ihre Nachahmer und Schüler, die binnenländischen Bar-
baren Lyder und Phryger, fromm ergeben waren, so hoch
erheben konnte» und noch mehr» wie es die mächtige Handels-
*) Vgl. Schoeidewin 193: „Bei Sophokles hat Polybos in Korinth
weiter keine Bedeutung als die des mächtigen Herrschers der glän-
zendsten Stadt: oh dio alte Königsroihe Korinths wirklich einen sol-
chen Köllig kannte oder uieht, war dem Dicliter jrleichgüUipf " Da-
gegen hat derselbe Gelelirte die religiöse Zusainmenireböritrkeit des
Polybos und der Periboia, welche in Sekyun festaitzen, aualog Kly-
menoa und Meliboia in Hernione erwieien.
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160 Vn. NacUeae.
freimdin Korinth feiern und auf Kosten ihrer Concurrentin
Sekyon schmücken mochte. Sophokles dagegen hatte keinen
Grand, die Erzfeindin Athens irgendwie zu Terherrlichen:
also hat nicht erj welcher nur schwer geneigt war, den
Mythos eigenmächtig umzugestalten, die Erziehung des Oidi-
pns von Sekyon nach Korinth verlegt, sondern schon vor
ihm muss dies geschehen sein, vor ihm Korinth als Sitz des
Polybos festgestanden haben. Ebenso ist der bestimmende
Einfluss des delphischen Orakels auf die Geschichte des
Laioshauses älter als Sophokles. Denn dass es ein Spruch
der Pythia war, durch dessen Uebertretung Laios das Ver-
derhen üher sich und sein ganzes Haus heraufbeschworen
hat) das wissen schon Aischylos und Pindar. ^)
So, meine ich, ergiebt sich mit einiger Evidenz aus all-
gemeinen Erwägungen, was durch Zusammenfügen der ein-
zelnen Bruchstücke nicht möglich war, die Erkenntniss, dass
die Thebais jene Aenderungen in der Oidipussage gemacht
hat, die wir aus Sophokles kennen, dass also sie ihm den
Hintergmnd und die Bedingungen für seinen König Oidi-
pns gegeben hat, wie sie den attischen Tragikern auch des
Oidipus Flüche und Leiden und die Liste und die Kämpfe
der Sieben geliefert hat. Die Thebais hat Sekyon aus diesem
Sagenkreise verdrängt, um das sai:jenarme, hamlelsgewaltige,
den loniern enghefreundete Korinth an seine Stelle zu setzen,
und sie hat alte unhekannte Lokalorakol und Lokalculte, die
einst bedeutsam mit diesen Sagen verwachsen sein mochten,
für alle Folgezeit durch das Einsetzen des allmächtigen
Delphi beseitigt^)
«) Aischylos 725 tf., 674, Pindar 0. II 40, und in einem Paian:
»Chol. Pind. 0. II 70.
') Das war eine weise That dos Dichters, so sehr auch wir sie
m bedauern alle Ursache haben: denn so eraetste er die Terwirrende
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161
Nun ist festzuBtellen, was von der durch Sophokles be-
kannten Sageiiform diesem Gedichte angehört haben mag.
Ausser den nothwendigen Folgerungen aus den beiden ge-
gebenen Punkten Kurinth und Delphi ist ihm das zuzu-
sprechen, was neben jenem ältere oder doch unabhängigo
Zeugen geben, unter die Euripides zu rechneu wohl be-
rechtigt ist.
So ist für die Thebais durch die Uebereiustimmung von
Sophokles 0. T. v. 710 mit Aischylos v. 725 und Pindar
0. II 38 sicher» dass der delphische Apollon den Laios ge-
warnt» Kinder zu zeugen, und ihm den Tod yon der Hand
seines Sohnes vorhergesagt hatte. Und wie Aischjloa y. 1039
aus der Uebertretung des apollinischen Verbotes das ganze
Unheil des Labdakidenhauses bis hinab zu den Enkeln des
Laios ableitet,^) so sagt auch in Euripides Phoinissen der
pjLliische Spruch, dasselbe:
/i?} cxilQB zexvwv aXoxa öaifiovcov ßl^,
si yao rhxvcoouq jtaTd*, äjtoxTBVBl tf' o givg,
20 Tcai Jiät; <s6q oixoq ßi^stai 6i affiotoq.
AischyloB lässt den Chor in den Sieben singen:
Mannigfaltigkeit durch eine Einheit, welehe das ganie Gedieht stu-
sammen zu kalten geiehickt war. Jene lokalen fiesiebungen hatten
durch die Wanderungen ihre Bedeutung verloren, waren wohl z. Th.
1111 verständlich geworden, zumal für die kleinasiatischen Griechen,
welchen die Anschauung jener Plätze fehlte. Die beste Erläuterung
giebt Goethes Insceuiriiug des Hamlet und seine Begründung: Wil-
helm Meisters Lehrjahre V 4.
*) Vgl. Schneidewin. Apollon voiieadet den Fluch, wie er ihn
gedroht hat. Das sagt im 0. T. des Sophokles Teliesias B77 und
1329 janraiert dieeer selbst:
h jtaxii itaith tikah iptk x&6* ift& nd^tt.
Tgl. Aischylos Sieben 727 ft, Stark De Labdocid. historia (Lngduni
Batav. 1829) IIB.
Bethe, UeldAiiUeder, 11
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162
m NachlMe.
726 xctXaiyev^ yag Xiyco
xoQßaolap C9KVX01V0P'
altSva elg tqIxov fiePH.
Audi Pindarn schwebt offenbar derselbe Gedanke vor in den
Versen 0. II 38 ff.:
hiTBivs Actiov (togifiog vloq
ötwavTOfiBPog, iv ^ IIvMvi xif'iiSB'hv
xaXalg>atov tiliaüBv,
Uotöa oSßf 'EQiVvq
tmq)ifi ol övv dXlaXopovl^ yivoq agrulov.
Gegen den göttlichen Ilath ist das Geschlecht erzeugt, also
ist es güttverhasst und ganz und gar muss es untergehen.
Diese Auffassung klingt auch deutlich in Sophokles Antigone
au, wenn der Chor zu ihr singt (8Ö6) JiaxQi^ov ixripeig
xvfi dd-Äov und sie antwortet:
867 l^ovtfag dZYStvarataq ifiol /t$Qlfiyttq
xatffog TQixoUmw ohov . . .
866 oXcov lyco Jtod"^ a xaXalrfQcov £g)vv'
Daraus ergiebt sich, dass diesen Gedanken nicht Aischylos
zuerst durchgefühlt hat, sondern dass ihn schon ein älteres
allgemein bekanntes Gedicht deutlich ausgesprochen hat: die
Thebais*
Laios zeugt trotz der gottlichen Warnung einen Knaben
x^an^Biq ix g>lXan> aßovXiav, vie Aischylos t. 723 sagt»
wohl dasselbe andeutend wieEuripidesin den Fhoinissen t.21:
0 d' i^doi^ 6ovq bIq T£ ßaxxtlov XBitwv,
Der eben geborene Knabe wird mit durchbohrten Knöcheln
einem iliiten zur Aussetzung auf dem Kithairon übergeben
(Soph. Eurip. Ph. 25). Dock dieser, statt ihn hinzuwerfen,
übertriebt ihn einem Hirten des Polybus (Soph. Eurip.), des
Königs von Korinth. In dem Dilemma, ob die Gattin des
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VII. Nachlese.
163
Polybos den Oidipus unterschob, wie Enripides, oder ihn mit
Wissen des Gemahls an Kindes Statt auferzog, wie Sopho-
kles angiebt, möclite ich mich für die zweite Wendung ent-
scheiden, da nicht ersichtlich ist, warum dieser geändert
haben sollte, und weil die Üeberbringung des Knäbleins
durch don Ilirton doch die Möglichkeit einer Unterschiebung
in Frage stellt. Des Oidipus Entdeckung, dass Polybos nicht
sein Vater, und seine Wanderung nach Delphi wird eben-
falls diesem Epos gehören: denn auch dies musste ihn von
Korinth nach Theben bringen und Delphi hatte es in den
Mittelpunkt der ganzen Handlung gestellt. Der Mord des
Laios in der phokischen Schiste ist für dasselbe nothwendig:
denn dahin hat diese That nur der Diditer verlegen können,
der das pythische Orakel in diesen Sagenkreis eingeführt
hat Hierdurch wurde die Macht und die Strenge des del-
phischen ApoUon augenfällig; wie Sophokles nennt auch
Euripides in den Phoinissen v. 38 ausdrücklich diesen Ort
des Mordes. Die Bezwingung der Sphinx durch Oidipus,")
^) Dqüu Aischylüs 755, Sophokles, Euripides erw&bnen sie in
diesem Zusammenhange. Sie konnte nicht wohl in einer Geschichte
dei Oidipua fehlen. In der Thebala wird die SpMox als B&thseljung-
fran exBchienen sein. Ob Weicker Ep. C. IL $9d mit Beeht die Er-
legung dea teamesrisehen Fochaes dnreli KephalM der Thebais-Epl-
gonoL zutheflt, weiaa ich nicht an' entachelden. Die Angaben : ol tu
6t]ßatxa y^yQixxpoteq . . . xaB-inBQ ^ÄQiotodrifxoq und eiXtjtpaai olxoi
xov fwd^ov pV tov i^TTtyov >n^xXov genügen nicht, diese Sage einem
Epos des thcl)anischen Kreises zu viridiciren. Hinfällig jedoch ist,
was Immisch Klares 157 ,. bedenklich" Re^en Weicker macht: „das
Hereiuziehcu des aitiächen Kephalos im üegensatze zu der aus Ko-
xinna bekannten boiotiaehenSagenTenion", nftnlich T^Jdtong des Fuch-
ses dareh Oidipua. Denn Keplialos bat mit Bolotien Verbindungen.
Seine erste Gattin Klymene, die Minyastoebter, gebdrt nach Nord-
boiotien. Aach seine sweite Gattin Ftokria, die Gdährtio dw Ar-
tenais, scheint aus Attika heraus nach Boiotien za weisen, wo die
ihr Yerwandten Njnmpben Antikleia, Ghariklo, Atalante mit jener Göt-
11*
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164
VU. Kachlese.
seine Herrschaft in Theben, seine Ehe mit lokaste sind ge-
geben. Von der Eizt u'_,fung tler vier Kinder mit der eigenen
Mutter wussto die üuiipudic uichts. Die Thebais hat sie ge-
kannt. Denn Aischylos (lOlö, 007), Supliokles und Euripicies
verwenden allein diese Version, und sie nur lässt den Fluch,
des Labdukidenhauses furchtbar fortwirken.
Auch die Entdeckung des ungeheuren Frevels wird in
diesem Epos in dcibelbeu oder doch ähnlicher Weise ge-
schehen sein, wie hei Sophokles. Denn er hat» wie gezeigt
ist, den Stojff aus der Tbebais genommen, und da diese den
thebanischen Hirten das Knäblein einem korinthischen über-
geben und nicht etwa aussetzen und zufällig finden liess,
wie die Uebereinstimmung des Euripides mit Sophokles er-
giebt, so ist anzunehmen, dass dies Motiv genutzt war und
dieser Ungehorsam zur Entdeckuji*^ luiii Le. loka^tc hat
schwerlich die Katastrophe überlebt; ihr Selbstmord ist so
natürlich, dass mau ihn wohl ergäuzen würde, wenn er nicht
überliefert wäre. Nur allein in Euripides Pboinissen lebt sie
noch weiter. Es ist das eine kühne Neuerung des Dichters,
der sich die höchst wirksame Zusammenführung der unglück-
lichen Mutter mit den feindlichen Brüdern nicht entgehen
lassen wollte. Aber neu war daran nur die Uebertragung
dieser Rolle auf lokaste; denn dieselbe hat Euiyganeia in
der Oidipodie gespielt: so fällt auch dies einzige Zengniss,
tiu jageu; und Rollte es ein Zufall sein, daas unter den Töchtern des
Thespios ^Apoliudur III 7. 8. 1) eine Prokris genannt wirdV
*) Das von Euripides Phoin. 45 angeschlägene Motiv, die Scheu-
kuDg des WsgenB des Ijiiot an Polybos, welehes, wie Schneidewin
mit Becht bemerkt, doch eine Folge haben muaste, also wohl ab ^
Hebel sur Eatdeckuiig gedient hat» ist mit der Thebais nicht za ver^
binden. Ich vermutho einen anderen ZasammenhaDg, den ich hier
aber nicht verfolgen kann.
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yil. Nachlese.
165
welches für das Ueberleben der lokaste beigebracht werden
könnte.
Die Blendung des Oidipns durch seine eigne Hand ist
schon für die Thebais erwiesen,^) auch wurde die Ver-
muthung b^ründet» dass er noch den Kampf seiner Söhne
erlebt.
Ueber Antigone und Ismene kann ich nichts sicheres
ermitteln. Töchter des Oidipus sind sie sicher schon im
Epos gewesen, da Pherekydes®) mit sämmtlichen Tragikern
in dieser Angabe übereinstimmt. Möglich, dass die Thebais,
welche das ganze Geschlecht als ein pjottverfluclites hin-
gestellt hat, auch von ihrem kläglichen Ende zu berichten
wuBste. Für Antigene hängt alles von der noch unent-
schiedenen Frage ab über die Echtheit des Schlusses der
aischyleischen Sieben. ^) Ueber Ismenens Tod ist die Ueber-
^ Aiscli7losv.765, Sophokles, Euripido8Fh.T.6a,Hel!aniko8(8chol.
PlMiiD. 61) haben Ae flbernommeii. Die anffoUende Uebtteinstiinmiiiig
von Euipides Phoin. 63 nnd Sophokles 0. T. 1269 erklirt sieh also
ans ibrer gemeinsamen Quelle, der Thebais.
«) Pherekydes in Schol. Phoin. 53, s. oben S. 23.
Als Enripides seine Phoinisscn schrieb, stand Antigonnns T;ie-
besthat an der Leiche ihres Bruders so fest, dass er sich ihri r ] >-
wähnung auch auf Kosten der Klarheit über ihr ferneres Schicksal
nicht entziehen mochte. Die Behandlung der Antigonesage in den
Sieben des Aischylos setzt voraus, dass die That und ihre Folgen
darchaos bekannt waren. Desthalb hat sie Boeckh Antigone 146 einem
Epos, der Oidipodie sugesprochen, vgl. Welcker Ep. G. II 844* Zur
Entscheidtmg der iVage Uber die Echtheit des ScUnsses der Sieben
vermag ich nichts beizotragcu.
Auch Megareus -war sicherlich im Epos gefeiert. Denn Sopho-
kles Antigone 1302 und Aischylos v. 457 setzen voraus, dass seine
Geschichte allgemein ])ekannt ist. Allein bei ihm deutet Aischylos
V. 460 die Möglichkeit des Todes im Kampfe gegen die Sieben an.
Vgl. Menoikeus io den Fhoinisseu, über welchen v. Wilamowitz De
Euripidis Reraclidis 10 und n., schol. Phoin. 1010.
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166
VIL Mftchleae.
lieferung doppelt. Die eino aus Mimnermos durch Sallust
in der Hypothesis zur Aiitigone erhaltene, nach welcher
Ismeoc auf Atbenas Antrieb von Tydeus getödtet wird, als
sie mit Perüdymenos koste, ist von Robert auf einer korin-
thischen Vase erkannt und der Thebais nicht ohne Wahi^
scheinHchkeit zugesprochen worden.^®) Die andere giebt die
offenbar ursprünglichere Sagenform: Ismene wird an der
gleichnamigen Quelle ermordet Sie ist unter dem Namen
des Pherelv} Jc9 in einer Yon der Oidipodie abhängigen Er-
zählung erhalten, und es liegt kein Grund vor, zu bezweifeln,
dass dies Epos mit seinen vielen lokalen Beziehungen auch
diesen echten Zug gegeben habe.") Die Verbindung der
Bachnymphe Ismene mit dem Poscidonsohne Penkiymenos
ist unzweifelhaft von ebrwiirdigom Alter.
• «
Euripides erzählt in den Phoinissen und den Schutz-
flehenden, wie Polyneikes aus Theben Tertrieben bei Nacht
ein Lager suchend in den Hof des Adrastos kam und mit
dem Flüchtlinge Tydeus, den dieselbe Absicht ebendahin ge-
führt hatte, um das Bett in wilden Kampf gerieth, wie
Adrastos herbeigeeilt, in den grimmen Helden Eber und
Löwen, die ihm Tom Orakel yerheissencn Schwiegersohne,
erkannte und sie als solche auiuahm. Beide Darstellungen
stimmen völlig mit einander üborein. Dass die der Phoinissen
aber nicht aus den SchutzÜehenden entlehnt ist, beweist ihre
grössere Vollständigkeit: hier ist nämlich der Gruud für den
'•1 Bild und Lied 21 n, 19. Vgl. Freiler Gr. M. Ii '6i)'d, Töpffer
Att. Gonfalügie 22ß n. l. ~ Abbildung der Vase Mon. d. Ist. YI
tav. 11 ^ iieuüduri" Vorlegeblätter 1889 XI 4. Dieselbe Sceiie merk-
würdig ähnlich auf einer etnukiBchen AscheDklste II Tfl. 8 a bei
Körte^ ?gL S. 25.
»} Welcker Ep. G. n 857 glebt Ihn der Thebais.
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VIL N«gU6M.
167
nächtlichen Kampf der beiden Helden im Hofe des Adrastos
angegeben (421), während in jener nur die Thatsache des
Streites berichtet ist (144). Diese Sage war also den Athenern
schon anderswoher bekannt» so dass Euripides nur einer knapp
andeutenden kurzen Stichomythie bedurfte, um sie ihnen in's
Gedächtniss zu rufen. Aber höher hinauf kann sie nicht
yerfolgt werden, da jedes Material {Mt Sogar hei Aischy-
los, dem es doch nahe liegen musste, Eber und Löwen
als Schildzeichon deu beiden grimmen Kämpen zu geben
oder sie mit diesen Thieren zu vergleichen, findet sich keine
Spur. Daraus den Schluss zu ziehen, dass die Thebais diesen
Zug nicht enthalten habe, hätte wenig Wahrscheinlichkeit.
Aber wohl kann dies daraus gefolgert werden, dass nach der
vorgelegten Untersuchung in diesem Epos Poljneikes das
Halsband, vielleicht auch das Kleid der Harmonia, die köst-
lichen Werke von Götterbänden, aus der Heimath mitführte^
welche nach HellanikoB die Hälfte des vaterlichen Erbes re-
prfisentirten. Durch diese beiden Kleinode Tom Werthe eines
Königreiches war Polyneikes auch in der Verbannung ein
nichtiger Fürst. Er konnte also nicht wohl als elender
Flüchtling um eine arme Lagerstatt mit einem Fremden
isLampicii.
Man sieht hier recht deutlich, wie sich die Veränderung
der Lebensweise eines ^(tlk(s auch in der Umbildung der
Sage zeigt. Die lonier und Korinther waren zu wohlhaben-
den Kaufleuten geworden, die, wenn sie auch Körperkraft
zu sdiätzen wussten, doch im Capital eine höhere Macht er-
kannten. Aus dem Heroen, der mit nichts als seiner Helden-
kraft in die feindliche Welt zieht, ist ein Mann geworden»
der mit unschätzbaren Kleinoden versehen sein Vaterhuid
verlässt, um die Capitalien wohl zu yerwerthen: er entzündet
durch sie den Eri^, der ihm auch die andere Hälfte des
Täterlidieii Erbes verschaffen soll
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168
TU. Machlese.
Unzweifelliaft kommt jener von Euripides zweiiual ge-
schilderteu lebeiuligGii und anschiiulicheu Scene griechischer
Heroenzeit ein höheres Alter zu. So wird man an das Ara-
phiaraoslied denken. Voraussetsuug jenes Kampfes ist, dass
Polyneikes wie Tydeus als armer verlassener Flüchtling ein-
sam durch's Land streicht; das malt auch der Tragiker beide
Male in lebhaften Farben ans. Anch dies müsste dann für
dies Epos angenommen werden. Die irilde Grosaartigkeit
reckenhaften Heldenthums, die ans so manchen Bildern dieses
Gedichtes nodi herrorleacbtet, eignet auch dieser Geschichte.
80 möchte man sie ihm gern einfügen. Doch miiss man sich
gegenwiirtig halten, dass sicher noch mehr Epen, als bisher
bearheiLot sind, die thebanisch-argi vi sehen Sagen erzählt
haben, z. B. ein Epos des Hesiod (schül. ¥ 679 Tw.).
So ist auch ein nur annähernd sicheres Urtheil unmöglich.
*
") Weicker Ep. C. II 327 will die Scene etwa bei dem Osai-
mahle des Adrastos, das nach seiner Meinung die alte Thebais er-
öffnete, erzählt wissen. Dass dies Bundesmahl von Antimachos
(fg 16 k) aus dorn alten Epos eutlebnt sei, weil die Ileldeu hier Ho-
nipfmeth und Dicht Weiu trinken, ist eine ttchöue Bemerkung von
Weicker £p. C. II 327 n. 14, aber dieser Grund ist weder durchschlagend
noch kann er es für die TerliftltiiitBmftBsig junge Thebais empfehlen.
**) Der von Hnaseas in seiner Sammliing delphischer Orakel an-
geführte Sprach (schd. Phoin. 410) seist eine andere Scene vorans,
als die von Euripides erzählte. Dass auch dieser 4*oißoq Ao^lttq als
Urheber des Orakels uennt, ist nicht von Belang. Die euripideische
Kampfesscene scheint das chalkidische Vasenbild in Kopenhagen aus-
zuschllessen : Archäol Zcitg. 186(5 Tfl. 20G ^ lianmeister Denkm. S. 17.
Abekens Deutung (Ann. d. Ist. 1839) ist trotz lleydemann (Arch. Z.
186G. 131) richtig. Denn die beiden hockenden Figuren haben allein
wie der sidiere Adrastos ebie „Epaulette*' auf der Schalter und
ebenso wie dieser an allen Contoren lockiges Haupthaar^ wftlirend
die drei flbrigen Figuren keine .JEIpaalettes" haben und gUtte Hin-
ttthaaptsamturen seigen (nur die stdiende Figur an der KUne hat
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yiL Nachleie.
169
Ebensowcing vennag ich mit einiger Sicherheit die
Lücken jener Oidipussage auszufüllen, weiche oben C. III
S. 67 £ dem Amphiaraosliede Terrnnthungsweise beigelegt
wurde. Nor so viel kann mit einiger Sicherheit gesagt
werden: die yerhängniBBTolle Begegnung des Oidipus mit
seinem unbekannten Vater wird auch in dieser Wendung
zwischen Theben und Sekyon stattgefunden haben wie in
der Oidipodie, wahrend für die Thebais die phokische
Sckistc vor Delphi gewonnen wurde. Denn jene beiden
StMte sind die festen Punkte, zwischen welchen sich jene
alte Sago abspielt, von Apollon und Dcilphi dagegen findet
sich keine Spur in ihr. Daher dürfte mit einiger Wahr-
scheinlichkeit derselben die eigentümliche Ueberheferuiig zu-
getheilt werden, welche Apollodor III ö. 8. 1 und Pausanias
X 5. 4 geben: Damasistratos, der König von Plataiai, habe
des Laios Leiche gefunden und begraben. Aus dem Zu**
sammenhange muss man freilich auf den phokischen Kreuz-
weg schliessen. Die ünsinnigkeit liegt auf der Hand und
schon Schneidewin hat die evident riditige Lösung gegeben:
Damasistratos hat im Gebiete seines Plataiai den Ermorde-
ten bestattet, i*)
Den nächstliegenden Gedanken, diese Notiz der Oidi-
podie zuzLischiebcn, verbietet die durcliaus unverdächtige An-
gabe Pisanders in seinem Auszuge dieses Gedichtes l 17:
Locken nach dem Antlitz hin; der venneintliche „Zopf^* der vorderen
hockenden Flgnr adieint Kiez xo seb). An der gans links an
der dorischen S&ule Btehenden Figur, auf die Heydemann die Bei-
schrift Tydeus bezieht) ist trotz der flüchtigen Zeichnung der weib-
licbc Busen deutlich. Somit siud die beiden bockenden Figuren
männlich: Tydeus und Polyneikes als Schutzflehende im H&USO des
Adrastos, dessen Gattin und Töchter dabei stehen.
'*) Schneidewin 183. Diese Stelle des Pausanias ist der schla-
gendste Beweis für seine Benutzung desselben mythologischen. Haod-
buches, daB Apdlodor ausgezogen hat: GenethliMon Gottingense 47.
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170
YII. Nachlese.
{(Hölxovg) XTslv€ts ovrovg (Aatoi' xnl xov tjvioxov avrov)
id-cape xaQavxixa. So wird für die dem Amphiaraosliede
zogeteilte Veraion jene Kotiz vermuthet werden dürfen. Auch
in die Tragoedie ist der liier genannte Ort des Vatermordes
übergegangen. Das Scholion za Sophokles 0. T. 733 hat diese
Verse ans des Aiscbylos Oidipus erhalten:^*)
tjcfjfiti' T//^ odov TQOitiXaxov
o//öT/)s AkXevd^ov XQioöov, hffka öv^ßoXaq
XQiöJv xtXtv&o)v IJoxridöaiv i^l^eißoiiev,
Potniai lag südlich von Theben zwischen dieser Stadt und
dem Asopos, also auf der Strasse nach Plataiai und Athen,
Schneidewin hat über die Jugendgesebichte des Oidipus in
dieser aiscbyleischen Tragoedie geistreiche Combinationeii
vorgetragen. Doch ist aus ihnen für die verfolgte altepische
Sagenform nichts zu gewinnen, obgleich die Art der Aus-
setzung an diese erinnert
Aelian und eine der antiken Vorreden zu Pindars nemei-
schen Gedichten überliefern, dass dem F^onaz zu Ehren
Agone angestellt worden und dass die später dem Arche-
moros gewoiiiLeu und ula nciueisch weitergeführten Spiele
Die unmethodischen Versuche, dies Frg. dem aischyleischea
Oidipus abzustreiten» und Ulrichs leichtsinnige Interpretation hat
Scbneideirin 182 glftasend widerlegt Kauck, hat es ab frg. 178 die-
ser Tragoedie Eagewiesen.
^ Dieselbe Ortsangabe steckt In dem Terwinten schol. Phoin.
37: f.Yt r/7c a/KJTtjg oSov iv ^(oseidi. ovz<og de xalfTrca i7X£i3?) ox'^'C,fi
xijV t:7ii Boiüttlav xal Brjßag xal Uztix^v xal Koqiv&ov odov. Es
ist hier also eine Variante ausgefsllon, vielleicht die Version des
Aischjlos oder gar seiner Quelle.
Ed. Abel II p. 10 I. 1, Aelian V. II. IV 5. der klärlich seine
Gelebrsamkeit aus dieser Quelle schöpft. Für daB hohe Alter einer
Feier In Nemea ist auch Flndar N. VIII öO Zeuge.
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VIL Nachlese.
171
nur eine Wiederholung jener waren. Pronaz ist ein Bonst
unbekannter, yerBohollener Heros, nnr im AmphiaraosHede
hat er eine freilich mehr indirekt bedentende Bolle gLspiit:
seine Ermordung war der Gmnd der Feindschaft zwischen
Ad rastos, seinem Bruder, und Amphiaraos, seinem Mörder.
Nichts liegt näher, als auch joue Notiz inil diesem Epos zu
verbinden. Sie passt trefflick. Am Grabe des Königs, der
im Kampfe der drei argivisclien Geschlechter den Tod ge-
funden hatte, werden Spiele von den wieder Versöhnten ge-
feiert. Denn nicht nur des Pronax Geschlecht, auch sein
Feind Amphiaraos nimmt Theil. Das ergiebt sich aus der am
amyklaiischen Throne dargestellten Scene, wie Adrastos und
Tydeus die in ernsten Kampf gexathenen Helden Lyknzgos und
Amphiaraos zu trennen suchen* Sie gehört dem Amphiaraos^
Hede an, wie oben S. 49 gezeigt wurde, und kann mit keiner
andern Gelegenheit schicklicher Terbunden werden, als mit
der Feier am Grabe des Pronar: ein Sohn ISsst sidi Ton
seiner Rachewuth gegen den Mörder des Vaters hinreissen,
den Frieden zu brechen. In demselben Zusammenhange giebt
diese Scene, wenn auch etwas verändert, Statins: das be-
weist doch wenigstens, dass er sie bei d» r Einsetzung der nomei-
schen Spiele überliefert fand. Ueber den Ort kann kein
Zweifel sein: Nemoa geben die Piudarerklärer an und nach
Nemea weist auch des Pronax Sohn Lykurgos, der noch in
der späteren Sage als König dieser Stadt und Vater des
Arehemoros erscheint.
Diese Ergänzung des Amphiaraosliedes giebt einen in-
teressanten Belog Dir den fortgesetEten Ahnenkult. Bohde
hat erwiesen, dass Homer und seine Zeit den Todtenkult
ebensowenig geübt, als die Vorfahren im Mutterlande ihn
eifrig betrieben haben. Erinnerungen an diese Sitte
') ßohde Psyche 142, 147 etc.
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172
VII. Nachlese.
finden sich iu den homerischen Gediditen nur noch in den
ScbUderungen prächtiger LeidienbegängniBfle. Hier hätten
wir ein Beispiel der Verehrong eincB grossen Todten lange
nach der Bestattung.
Der Zweck der in Rede stehenden Spiele kann kaum ein
anderer gewesen sem, als die Versöhnung oder wenigstens Be-
ruhigung der Sct'lf» des Pronax: denn sie war den Mördern
feindlich und komito ihre Verbindung mit seinen zur Rache
verpflichteten Verwandten nicht gut heissen. Ks dürfte diese
Feier an seinem Grabe also entweder bei rleni Vertrage zwi-
schen Adrastos, Amphiaraos und den Anaxagoriden stattge-
funden haben, oder beim Auszuge der Sieben gegen Theben,
wo die feindliche Seele milde gestimmt werden sollte, damit
sie das grosse Unternehmen nicht störe. Ich inöchto die
zweite Möglichkeit vorziehen» weil auch die jüngere Sage mit
derselben Gelegenheit nemeische Spiele verbindet lieber
diese liegt bei ApoUodor eine Ueberliefenmg yor, eng Ter-
knüpft mit Hypsipylc Ton Lemnofl. Wie alt diese Verbin-
dung ist, vermag ich nicht zu sagen: der älteste Zeuge ist
Euripides. Auch in seiner Tragoedie wird die Einsetzung der
Nemceu erwähnt worden sein, aber auf ihr lag nicht das
Hauptinteresse. Wenn also bei ApoUodor eine Liste der
ersten Nemeensieger mitgetheilt ist, so muss ihre Quelle wo
anders gesucht werden. Wo aber, ist ganz dunkel. Denn
der Name Laodokos ei'sclieint in Iteiner andern Liste der
Sieben, w-ihrend die übrigen in der Thebais wiederkehren.
Dies Gedicht kann jedenfalls nicht die Quelle sein, denn es
ist vor dem überlieferten Stiftnngsjahre der Nemeen ent-
standen.
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TU. Nachleae.
173
Oben S. 46 f. wurde eine Sage vom Wahnsinn der argi-
vischen Weiber und ibrer Heilung durch Melampus um zwei
Dritttheile von Argos für „des Amphiaraos Ausfährt*' in An-
spruch genommen. Es giobt ausser dieser noch zwei Wen-
dungen. Ganz verschieden von ihr ist die des Akusilaos
bei Apollodor II 2. 2. 2. Nacli ihm hat Hera den Wahnsinn
gesandt und zwar nicht allen Weibern, sondern nur den
Töchtern des Königs, weil sie ihr altes Holzbild verachteten.
Basselbe giebt Phcrekydes im Scholion o 225, wenn anders
sein Name mit Recht unter der lörogia steht. Mit ihm
stimmt trefflich des Probus Notiz zu Vergils VI. Ecloge 48,***)
aus der Servius und der Scholiast zur Thebais des Statins
IV 453 schöpfen. Aus ihnen ergiebt siidi folgendes: Des
Proitos, Königs yon Argos, Töchter Lysippe und Iphia-
nassa verachten Hera; diese schlägt sie mit Wahnsinn, so
dass sie sidi für Kühe halten und in den Bergen umher-
schweifen. Melampus bietet sich zur Heilung an gegen Zu-
sicherung eines Theiles des Reiches. Diese Bedingung wird
sogleich gewahrt: er versöhnt Hera, heilt die Weiber und
heirathet Iphianassa. Das Akusilaoscitat darf als sicher gel-
ten, leido)- ist die Anführung des Pherekydos bedenklich.
Liegt seine Erzählung wirklich dem Odysseescholion zu
Grunde, so haben beide eine Quelle benutzt, die man wohl
für nichts anderes als ein Epos halten kann.
Die dritte Sagenform ist an den Namen des Hesiod ge-
ScboL o 225 klingt etwas an Apollodor und Hwodot IX 34
an; alM ist Vorsicht geboten.
**) FroboB giebt als Grund aa: „quod Junoiiis contempserant
numen". Servius specialisirt den üebermuth der Proitiden g^en
Hera.
Diese zwei bei Pherekydes und Apollodor. Eine dritte fügt
Servius hinzu 7.-r .toro/i. Apollodor p. 41 1. 24 Bekkcr giebt an, 'ftf tvo^,
die Älteste, sei bei ibrer Verfolgung durch Melampus gestorben.
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174
yil. NacUese.
knüpft. Offenbar mit Recht liat Rzacb die Fragmente 52,
53, 54 zusammengestellt*') und sie auf Grond des letzten
den Katalogen zagetheilt» während Marckscheffel mit Ruhnken
frg. 52 der Melampodie giebi Ans diesen Bruchstficken ist
so viel abzunehmen, dass Dionysos die Töchter des Königs
ProiLos von Argos und seiner Gattin Stlieneboia mit fiax^o-
övvri behaftet, weil sie seine Woiliou nicht annehmen. Die-
sen Grund fuhrt Apollodor III 2. 2. 2 mit Nennung des He-
siod an neben dem des Akusilaos. Seine weitere Erzählung
ist durchaus einheitlich, und obwohl nicht geradezu Diony-
sos genannt wird, so scheint doch die Heilmctliode des Me-
lampus (lv^£og xtq x^Q^^^ äXaXayfiog) auf diesen Gott
zu deuten. Genau dieselbe £rzahlung giebt nun Herodot
IX 34. Auch hier sind es die Töchter des Proitos, welche
zunächst leiden; auch hier bietet sich Melampus zweimal zur
Heilung an, indem er das zweite Mal seine Forderung ver-
doppelt; auch hi^ breitet sich der Wahnsinn nadi der ersten
Abweisung des Sehers auf alle argivischen Weiber aus. Eine
Gottheit freilich ist hier nicht genannt, aber Melampus gilt
dem Herodot (II 49) als Verehrer des Dionys ia und Ver-
breiter seines Cnltes, und so wird auch für diese Sage Dio-
nysos vorauszusetzen sein. Ist das richtig, so muss die bei
Herodot IX 34 und ApoUodoi erhaltene Version für Hesiods
Kataloge in Anspruch genommen werden.'*)
Bisher sind allgemein die wenigen Andeutungen, weldie
n) DAdnrcli wird Herrn xesp. Aplirodite sls strafende Gottheit,
welche Buhnken, Hardcscbeffel, Eckermann (Melampus 8) änrck an»
berechtigte Verwerthung von Aelian Y. H. HI 4ä fttr HeciodB Kata-
loge angenommen hatten, eliminirt.
*') YgL Eckennaon Mel&mpua öff., de Witto Gazette archäol.
V im. ms.
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VIT. N»ehl6Be.
175
die nias und Odyssee aber thebaniacbe Sagen geben, obne
mtereB für die Thebais in Anspraoh genommen.**) Der
Glaube an ibr bobes Alter nnd ibren grossen Einfloss liessen
diesen Scbltus bereebtigt erscbeinen. Mit demselben Recbte
könnte er dann aber auch auf Hesiod angewendet werden.
Eine solche Verwerthung ist unmethodisch, ehe nicht der
Beweis erbracht oder wenigstens mehr als allgemeine VVahr-
scheii]li< hkoit gezeigt ist. Für J 385 und W 680 glaube
ich eher das Gegenthcil darthun zu können. Hier wird
Mekisteus» dort Tjdeus als gewaltiger Held auf Kosten der
Tbebaner gefeiert. Beide besiegen in Wettspielen alle Kad-
meionen und dieser erschlägt noch fünfzig thebanische Jüng-
linge» die ibm, dem Gesandten, voll Zorn über ihre Nieder-
lage in den Spielen einen tückiscben Hinterhalt gelegt hat-
ten, nnd nur einen scbidct er beim d-ewp TBQdBaai suB^
ifaq.^'^) Das sind Prahlereien. Die Enablnng im J trägt
dies Gepräge sehr dentlicb. Agamemnon will Diomedes rei-
zen durch das übertriebene Lob seines Vaters. Im 'I' gilt
es, die ererbte Heldenkraft des Euryalos gegenüber der Gross-
sprecheroi des Epeios zu zeichnen. So war eine gewisse
üebertrribmiji: auch hier geboten. Aber der Thebais lag die
einseitige Erhcl ung der argivischeii Helden fern: die The-
baner, welche sie schildert — und wir erkennen doch we-
nigstens die Heldengestalten des Melanippos und des Posei-
donsc^es Periklymenos — sind kampfgewaltige Recken, nnd
sie mnssten es sein, sollten die wilden nnd starken Argiver
ihnen in ebrlicber Schlacht obne Schmach unterliogen. So
sind ancb in der Dias die Troer keine Yeräcbtlicben Gegner,
Dieser Fehler liegt WelckerB Reeonatniktioii der Thebaia in
Grunde.
B. Niese die Entwickeliing der homerischen Poesie 128 meint,
diese That des Tydeus sei der des Bellerophon Z 187 nachgebildet
Dagegen Thracmer Pergamos 107/8.
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VII. NMUese.
und nie bat ein verständiger Dichter auf die eine seiner Par-
teien alle Tugend, auf die andere jedes Gebrechen gehäuft
Was dabei herauskommt, die Thebaner im Sinne jener Ilias-
stellen zu zeichnen, ist leicht abzusehen; wir können die traU"
rige Wirkung in dem Poem des freilich jeder dichterischen
Gestaltungskraft wenigstens für grosse Aufgaben entbehren-
• den Statins mit Missbehagen und Langerweile hinlänglich
empfindeil. Lächerlich geradezu wirkt die dem J uacbge-
' bildete Scene, in welcher Tydcus die fünfzig noch dazu er-
lesenen Tliebaner Helden erschlägt.
Nun kann man freilicb diese Stellen nicht beseitigen
durch die Behauptung, si^ soieu frei erfunden aus der all-
gemeinen Sage vom Zuge der Sieben heraus. Denn im ^
wird auf die Leichenfeier des Oidipus in einer Weise hin-
gedeutet, dass man sie als eine den Hörem bekannte
Thatsache voraussetzen möchte. Und zu derselben Annahme
nötbigt in jenem Kraftstucke des Indens die uns unverständ-
liche Andeutung J 398, dass T^deus des Haimon Sohn Maion
verschont habe „den Zeichen der Götter gehorsam".*') Also
beide Stellen sind Erinnerungen an fest ausgeprägte Sagen-
bilder oder Weiterbildungen, wie wohl J 385. Dass diese
aber der Thebais angi hurt haben, ist nicht zu beweisen, ja
sogar unwahrscheinlich. Da Nieses Hypothesen keinen An-
klaug gefunden haben, wird es wohl allgem<'ine Uober-
zeugung sein, dass die thebanischen Epen nicht erst aus An-
•*) Ueber ösöovjiorog sehr schön Welcker Ep. C. II 339 n. 31.
*') Die Scholien ABV sagen: ^ 'A&yvä yuQ avtiö t'intv, ij idytj
a^tif tb 66^. Sie aclieinen üm keine Ueberlieferung gehabt 2a
haben.
Niese a. a. 0. 201 f. : (Ilias und Odyssee) «^ind also nicht
nur die Werkstätte, in der die troische Sage gebildet worden ist,
sondern auch andere Krzäh]iniy;en kommen in ihnen auf und thnn in
ihnen die ersten Schritte ihrer Eatwickeluag, wie der au Diomedes
sich heftende Krieg gegen Theben." ^
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VII. NachlMe.
177
dentangeD der lUas und OdjBiee entwickelt sind und daas
es auch ansserhalb der Epen noch viele Sagen nnd Sagen-
formen gab, die zum Theil vielleicht nie künstieriBdie Ge-
stalt erhalten hatten oder nur flüchtig von einem Sänger
auf irgend einem licncüliüfc oder in irgend einer Festver-
sammlung gefasst und gesungen waren. Die Sage in ihren
je diircli lokale RücksichteD bedingten Formen war so reich
und mannigfaltig wie das politische Leben der unzähligen
Gemeinwesen der Griechen.
Aus diesen knappen Andeutungen Homers die verlorenen
Sagenformen wieder herstellen zu wollen, wird Niemand sich
vermessen, obgleich die Vergleichung von W 679 mit der
Notix ans Hesiod im Scholien des TownleyanuB und Pausa-
nias IX 5» 12 zu weiteren Oombinationen reizen könnte. Sie
bleiben verioren. Nur so viel sehen wir, dass einst Oidiims
eine viel grossartigere Königsgestalt der Heldensage war, als
er m der &ssbaren Ueberlielorung uns ersdiemt, und das,
glaube ich, wird sich durch andere Untersuchungen bestätigen.
Btth«, Ueldcfüieder.
12
Epimetroü.
Kofiiith.
Auf die Frage nach dem Alter einer Stadt kann in den
seltensten Fällen mit einer auch nur annähernden Zeitan-
gabe geantwortet werden. Wohl aber kann erforscht wer-
den» wann eine Stadt anfängt» in der politischen Geschichte
oder im Weltverkehre Bedeutung zu gewinnen. Das ist auch
möglich, wenn die historische Ueherliefertoig Tersagt Denn
selbst der jede Sagenforschung ablehnende Historiker wird
zugeben» dass echte alte Lokalmythen nur ein altes Gemein-
wesen haben kann, und dass umgekehrt eine griechische
Stadt, welche solcher haar und bloss ist, nicht schon in
grauem Aiterthume bestanden haben kann. Die durch Er-
wähnungen bei Homer und durch Koste längst verschollener
Cultur als uralt erwiesenen Städte wie Orchomenos, Tholjen,
Argos, Mykenai, Tiryns, Sparta haben eine P'ülle \on Sagen;
junge Gründungen dagegen, wie Potidaia, Megalopolis, Ale-
xandria haben keine Mythen aufzuweisen. Athen hat erst
spät eine Bedeutung erlangt: deshalb fehlt es in den grossen
Sagenkreisen. Das hohe Alter der Siedelung auf der Buig
Athenas erweisen jedoch die Culte und Lokalsagen, eryuten
die Fmide der letzten Jähre. Hätten wir diese Ueberliefemng
nicht, wir müssten Athen für eine junge Stadt halten und
hätten insofern Recht, als es in früher Zeit ein unbedeu-
tender Flecken war.
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, Epimetron.
179
Die Untersuchungen über die Epen des thebanischen
Kreises haben ergeben, dass Korinth erst durch die letzten
ümformunfiren der Oidipussage in denselben eiiigedrungen ist,
während die älteren Formen derselben Sekyon an seiner Statt
nennen. Ich ziehe daraus den Schluas, dass Korinth in die-
ser früheren Zeit» wenn es überhaupt schon existirte, ohne
jede Bedeutung war und deshalb unbeachtet blieb. Die son-
stige Ueberlieferong bestätigt das.
Es ist znnSchst zagestanden, dass der Käme Korinth
jang ist Hesiod kennt ihn gar nicht» und die beiden Stellen,
an denen Homer ihn erwähnt (B 570, N 663)» gehören zu
den aUerjüngsten Partien. Dem entsprechend ist der Epo-
njm ein Spätling: er hat gar nicht in die Mythologie ein-
dringen können.*) In neuerer Zeit ist die Medeiasago für
uralt konnLliisch erklärt worden.^) Aber schon Wilisch
hatte mit E. Curtius Zustimmung ausgespiüchen, dass !?ie erst
durch Eumelos nach Korinth übertragen und mit den Ko-
nnthern nach Korkyra und in die Adria gewandert sei.-'')
Jetzt hat das Groeger schlagend nachgewiesen.^) So hlei-
Wilisch Die Fragmeute des Eumelos, Zittau 1^75, Gymu. progr.
18 f. Schon M PiiUiiiiaB II 1. 1 ist e> ausgesprochen» dtM ent
Eimelos, der korinthische^ Epiker, ihn dogefOhrt hat
*) Bobert BQd und Lied 9, ▼<» WUaaioidti Horn. Unten. 1S2.
■) Wilisch a. a. 0. 9, 19 ff., Curtius Hermes X 217.
De Argonauticartim fabularuro historia quaestiones select&e.
Diss, Breslau IHSf» 22 — 32. Auch sein Nachweis, da«?« Medeias Kin-
dermord und die Beerdigung derselben im Heiligthum der '//(>« ax^ula
nnr eine Variation der alten und symbolisch wenigstens noch lauge
dargebrachten ivinderopfer der Koriuther sei, mit deneu Medeia aber
ursprunglich nichts zu thun hatte, iat mir wenigstens völlig überzeu-
gend« Bezeichnend fOr die epftte Verknapfiing der Medeiesage mit
Kcrinfh ist euch der Kerne des Königs K(fiw9* Wer so heisst, ist
nicht TMger ekmet wirklichen, historiich gewordraen Sege, sondern
eine M&rchenfigur „der König**. — Auch in die Sage vom Raube der
Helene dtireli Tbeaeus hat sich Korinth spftter eingedrängt: Eobert
12*
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180
Epimetron.
ben nur die Sagen von Sisyphos und Bellcrophontes. Beide
Heroen nabm Konnth für sich in Anspruch. Der Pegasos
ist sein Wappen, mit dem es seine Münzen stempelt. Sisy-
phos soll die isthmiscben Spiele gegründet haben. Doch
wenn wir uns nach Culten dieser Heroen in Korinth um-
sehen, so finden wir nur spärliche Spuren. Paosanias er-
irähnt II 2. 4 ein Temenos des Bellerophon, aber nicht in
der Stadt selbst» sondern auf dem Wege zum Isthmos; auch
ji^t^pä XaXivftti^, die ein Heiligthum an der Stmase naoh
Sekyon besass, bringt er mit der Zähmung des Pegasos in eine
lose Verbindung. Auf der Burg dagegen ist Bellerophon nicht
angesiedelt: nicht einmal die Quelle Peirene ist aus dem Huf-
schlage des Pegasos entstanden, Sie sollte vielmehr ein
Geschenk des Asopos an Sisyphos sein und Trümmer eines
JSiovff pTov au derselben erwähnt allerdings Strabon. ^) Aber
so mg durchgedrungen und bewusst war auch diese Ver-
bindung, dass dieselbe korinthische Peirene auch für eine
Tochter des AchelooB galt — offenbar nach korinthiBcher
Lokaltradition, da sie und Poseidon £ltem des Loches und
Kenohrias genannt wurden, der Eponymen der beiden Häfen,
denen Korinth seine Grosse verdankt (Pausanias II 2. 3).
Auf diese Beweise können diese Heroen nicht Korinth zu
eigen gesprochen werden. Bezeichnend ist, dsss in den sei-
60. Barl. Wlnekehiuuutiprogr. 46 K, 48, llaasB Parezu» Attica 4,
Toepffer Aus der Anomia 86 ff., Eirclmer Attica et Pelop<mnealAGa
(dlBs. Greifswald 1890) 54 ff.
^) Lollins- in Baedekers Griechenlaud behauptet das Gegentbeil;
einen Beleg kann ich jedoch nicht finden.
•) Strabon Vlil 37Ö. Er erzählt auch, das» der Pegasos aus die-
ser Quelle getrunken habe und dabei von Bellerophon gefangen sei.
Dass das keine alte Verbindung ist, wird Jeder zugeben; dies 6e-
flcblchtchea mnaste belnalie entstehen, sobsld BeUeropbon tmd Pe*
gMOs naeh Korinth Obertragen waren. — Nach den grossen Eboieo
war Peirene Tochter des Oibalos: Paus. II 2. 3.
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Epimetron.
181
tenen Fällen, wo Beide eine Rolle in der Sage spielen, Ko-
rinth nicht erwähnt wird. SisyphoB hat Beziehungen zu
Theisalien, Boiotien, Argos und hier besonders zum Asopos.
BeUerophon gehört durchaus nach Argos: schon Preller hat
seine enge Verwandtsdiaft mit Persens erlcannt und ausge^
sprochen, dass »Bellerophon im Sinne der alten Fabel für
einen argiyisehen Heroen gelten muss".^
Trotzdem besteht die Ansicht, Sisyphos wie Bellerophon
seien schon von der alten Sage in Korintli lokal ibiit. Sie
stützt sich auf die Erzählung des Glaukos Z 145. Dieser
rühmt sich von jenen beiden Helden abzustammen und be-
zeichnet den Stammsitz seines Geschlechtes also:
16S iOTi TfoXiq 'Eg>vQ^ ^^X? '^(f7S0Q Ixxoßototo,
Dies Ephyra identificiren Alte wie Neue mit Eorinth*) und
ziehen wohl als Bereditigungsnachweis B 570 an, wo Ko-
rinth zum Reiche des Agamemnon gerechnet wird. Aber
den Beweis, dass Korinth je zu „Argos" gehört habe, blei-
ben sie schuldig: denn die hier aufgezählten Städte liegen
an der Nordldiste der Peloponnes, in Achaia: Kleonai, ligat-
d-VQba, das als alter Name für Phleius gilt, können kaum zu
Argos gezählt werden, nur mit Omeai und Mykenai berühH
die Herrschaft Agamemnons diese Landschaft. In diesen
Versen ist keine Andeutung enthalten, dass das so umschrie-
bene Gebiet jemals Argos genannt worden wäre.^) Auch
durch Anstarchs Behauptung (Lehrs^ 224), Homer nenne die
^ Griech. Myth. II 154. Aaeh Terwdst er darauf, dass nicht
selten Bellerophon neben Perseus genannt und abgebildet wird: zwei
Terrakotten C. 0. Müller Denk. d. a. K. 1 XIV 51, 62, PaasaiÜM U
27. 2 am Throne des Asklepios.
So schon Eiunelos in der Eorinthia: Pausauias II 1. 1, dann
■
ganz allgemein.
Daas Agamemnon sonst in der lUas als Hemdier von Argot
auftritt, kann heutmftafe doch nicht mehr ni dem SdUoiee benntit
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Eplmetr<m.
ganze Peloponnes Argos, für die ein durcbBchlagender Beweis
niebi erbracht ist, könnte die Gleicbfietenng dieses fiphyra
mit Korinth nicht Terliheidigt werden, da /ivxofi bei Homer
den inneren, nicht den Torspringenden Winkel bezeichnet*
Den Ausschlag giebt die Anwendung derselben Worte auf
Mykenai in y 263. Die Lage dieser Burg kann nicht an-
schaulicher geschildert werden als dm-ch die Worte nvioy
"Aqymq tjzjroßoToio. Argos heisst das vom Inachos durch-
flossene Thal. Wie kann man sagen, Korinth läge im Win-
kel von Argos? Es ist von dieser Ebne durch ein keines-
wegs niedriges und leicht passirbares Gebirgsgewirre getrennt
mid liegt überhaupt in keinem Winkel, sondern auf sandiger
Fläche zwisdien zwei Meeren. Die landläufige Erklärung ist
also in jeder Hinsicht Terkehrt. Dennoch wird sie weiter-
gegeben, obgleich gewias Viele ihre Hsitlosigkeit emgesehen
haben. So ist aack die Stimme eines antiken Gelehrten
übertönt worden, der sich, wie Meineke erkannt bat, gegen
die Oleichsetzung dieses Ephyra mit Koiinth ausgesprochen
hatte. Leider sind seine QrOnde wie sein Titane verloren
gegangen, nur die recht schwache Polemik gegen ihn ist bei
StcpliLinuä von Byzan/ erhalten. Wollen wir den Homer-
vers den Gesetzen der Sprache und des Denkens gemäss er-
klären, so müssen wir sagen, Ephyra, die Stammbui'g des
Sisyphosgeschlechtes, lag in der Gehirgsccke nordwestlich
Über der Ebene von Argos, kann also nicht Korinth sein.
Vortrefflich stimmt das zu der Sage Ton Bellerophon:
werden, dass folglieh aneh die B 570 aufges&hHen Stftdte m Argofl
gehört haben.
"1 Stoph B s. V lup-fja p. 290. 1. 7—9 Mein. Die Polemik
richtet sich nicht gegen Parmeniskos „sed ad alium G:rammaticum qui
Homerica Z 151 .. . non de Coriutho, sed de alia Ephyra intellegi vo-
luerat." — Aus Homergeiehrsamkeit über Ephyra -Korinth schöpft
YeUflfvB Paterculua I 3.
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EjpiiiiBtroii»
183
nur mit dem argiver Könige Proitos uud dessen Weibe hat
er zu tbun, ehe er nach Asien geht. Unter den drei Na-
men für den Yon Bellerophon unfreiwillig Getödtoten^^) hat
aUein, so Tiel ich erkenne, Peiren noch für uns wahmehm*
bare Beziehungen: und diese weisen nach Arges. Denn Pei-
ren heisst nach Hesiod und Akusilaos der Vater der Io> und
Pelrene ist eine der Danaiden. Nicht anders ist es mit
Sisyphos. Er muss doch in der Nahe des Asopos gedacht
werden: denn er hat gesehen, wie Zeus dessen Tochter
raubte, und liat es dem Vater verrathen. Wohnt er aui'
Akrokorinth, so begreift man diese Verbindung kaum; denn
diese Burg ist um ein beträchtliclies von jenem Flusse ent-
fernt und niemals haben dessen Wasser für Korinth Bedeu-
tung gehabt. Wohnt er aber im Winkel von Argos, wie das
Homer sagt, so kann er wohl am Asopos gedacht werden,
auf dem tou West nach Ost ziehenden, Argos abschliessen-
den Gebirgskanmie, Ton dem dieser nach Norden hin abfliesst.
Und müsste jene Sage nicht an sich schon an der Quelle des
Flusses gedacht werden? Da wohnt doch der Flussgott und
seine Mädchen, die leichtfüssigen Bergbäcbe. In der That wird
die Gegend von Phleius, also das Qaellgebiet des Asopos, durch-
gängig und ausdnicMich in der mythographiscben Litteratur
als Wohnsitz des Asopos und Ort des Aiginaraubes genannt. So
sagt Diodor IV 72 *A<iomo<; iVt tv f[>X{^iovvri xaxorK}'jöac . . .
Atyiva 6\ tx ^PÄtwci roq vjzo Jlo^ aQjtayiiöa und ebenso
bezeugen die Scholien zu A 180 und Z 153, dass Zeus zur
Aigina nach Phleius kam, das tief in den Bergen versteckt
auch von der hoiien Warte Akrokorintbs nicht ii^eselion wer-
den kann. In die Quellgegend des Flusses yersetzt, wandelt
sich die Sage erst zum anschaulichen Bilde: im einsamen
") ApoUodor U 3. 1.
ApoUodor II 1. 8. &
184
Epimetron.
Gebirge, wo die Bäche leicht vuii den Felsen springen, auf
der grünen Halde, unter weitschattender Platane, in därum-
riger Grotte tändelt Zeus mit dem 1 jS'^ti Mädchen; nur Si-
Ryphos von seinci- nahen weitschaueuden Burg Ephyra aus
hat sie belauscht und er verriith, was er gesehen, seinem
mäcbtigeD, imgestüinon Nachbar Asopos, aber nur unter der
Bedingung, dasB er auch ihm eine semer Töchter gäbe; der
giebt ihm Peirene, auf seiner Burg sprudelt ihre Quelle.
So paset alles» wenn wir mit Homer den Sit« der Si-
syphiden Ephyra im Winkel von ArgOB annehmen und uns
nicht durch korinthischen Lokalpatriotismus yerleiten lassen,
einem Dichter die Absurdität zuzutrauen, die Lage Korinths
durch die Worte fwxm^AQytog ijtjtoßototo zu beschreiben.^*)
Diese Erkenntniss erzwingt aber das Zugeständniss, dass
weder Sisyphos noch BcUerophon ursprünglich Korinth ange-
hören, dass sie Homer dort noch nicht kennte dass sie also
erst spät dahin übertragen sind. Und wie spät das gesche-
hen ist, geht daraus hervor, dass ihre alten Beziehiingrti nicht
zerstört oder vorwischt sind, und sie als Korinther kaum
Eingang in die Sage gefunden haben.
Doch man wird einen Gegenbeweis aus der monumen-
talen Ueberlieferung bringen: kyklopiscbe Hochstrassen Ter-
binden Mykenai mit Korinth; also ist diese Stadt ebenso
alt, wie j^e Burg. Das ist in der That die Meinung von
Es soll hiermit nur die Möglichkeit gezeigt werden, auch
diese Sisyphosage im argivischen Ephyra zu denken, seine von Homer
bezeugten Sitze. Der Name Peirene ist auch wohl für dir korinthi-
sche Quelle als ursprünglich zu betrachten. Ob aber die Nameus-
gleiehheit mit dw In die Sisyphossage Teffloebteneii Qoellnymphe
die üebeftragniig des Sisyphos nach Eoiiath veranhuist hat» oder ob
sneh iifcnd ivie enden Sisyphos mit diesem Orte verbanden war, ist
nicht zu entscheiden.
Leider l&sst sich ein Ephyia der Sisyphiden im Winkel von
Axgos nicht weiter belegen.
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Epimetron.
185
LoUiug und Steffen, rlessen militärischem Blicke wir die Er-
kenntnisB der strategischen Bedoutung von Mykenai verdAoken.
Die Spuren dieser nordwärts führenden Strassen sind TOr-
handen und Niemand wird sie anders zu erkllren unterneh-
men. Aber nicht ist bewiesen, dass sie nach Eorintb füh-
ren. In seiner Nähe sind diese Strassen nicht nadigewiesen.
Doch ich will nicht läugnen, dass Korinth schon bestanden
hat, als noch mäditige Burgherren anf Mykenai sassen.
Die Funde anf dieser Feste zeigen, dass die eigenthümliche
Cultur sich hier lange gehalten und albnählig ausgelebt
hat; diü spatmykciuschen Vasen leiten zu den protokorin-
thischen über. B 570 beweist, dass Koriuth und Mykenai
neben einander oxistirt haben; dazu stimmt, dass Korinth
schon vor der dorischen Einwanderung bestand (Thukydides
IV 42).^^'') Aber ein hohes Alter dieser Stadt wird durch
diese Zeugnisse der voraugeschickten Untersuchung gegen-
über nicht erwiesen.
Die Heerstrassen von Mykenai fuhren nach Norden, aber
nicht so sehr auf Kohntb sn, als äberhaiq;it nach Achaia.
Diese ganze Nordküste Ton Aigion bis Korinth mit Kleonai,
Phleius und Mykenai bildet im Schifiskataloge das Reich
Agamemnons. In dieser langgedehnten, £rachtbaren Küsten-
ebene liegt die Stärke dieser Herrschaft, deren yorgesdio-
bener Posten Mykenai ist. Ihr Mittelpunkt ist das alte
sagenberülimte Sekyon, „in dem zuerst Adrastos geherrsciit ■.
Flln(3crs Petric (Jourual of Hellenic studiea XII 199 ff.) setzt
die älteste mykenische Cultur um 2000 an, die Blüthezeit der zwei-
ten Periode nm 15(X)/1400, die jüngsten Gräber 1100—800. Reste ray-
keuischer Cultur in Korinth sind demnach zu erwarten; Loeschcke-
Furtw&ngler noliren nur eine Vase. lieicätiguDgeo. aus dieber Zeit,
welehe nach der gow4)hDUeheii Ansicht aber Xorinfh Yorheadea sein
jnflwten, sind idcbt naehgewisMa. — LoMchke hllt gleichfalls die pvoto-
kCEiathiachen Getee fttr naheTcrwandt mit den spAtmykeniflGhsii.
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186
Epimetron.
Vortrefflich hat Steffen aus kyklopischen Befestigungen bei
Phichtia« auf dem Aetolithi und zwischen dieeem Berge und
dem iLetoTono bewiesen, das« auch die Stoaaeen nach Ne-
mea und PbleioB, d. L nach Sekyon und in die ganze Adiaia,
gegen Argos gesicfaert nnd mit Mykenai verbunden waren.
Leider sind nach dieser Richtung die Spuren nicht weiter
verfolgt. Also zahlreiche Strassen gingen von Mykenai aus
nordwSrts nach Achaia, in das Reich Agamemnons, wie es
B 570 schildert. Es ist dieselbe Verbindung, welche die
mythographische L'ntersuchuiig ü])er Adrastos ergeben hat:
in Sekyon ist er m Haiist% von hier aus dringt er nach Ar-
gos vor und erwir!)t die Herrscliaft mich über diese Land-
schaft. In den Kämpfen der Anaxagoriden und des Amphi-
araos, die in Argos wohnen, gegen die Talaiden und Adrastos,
die in Sekyon Rückhalt haben, spiegelt sich dasselbe Rin-
gen zweier Mächte, welches Stoffen aus der Lage und den
Festungswerken von Mykenai erschlossen hat
In diesen Sagen spielt Korinth keine Rolle» eh^isowenig
in irgend einem anderen Sagenkreise. Und auch sie selbst,
die weiiherrschende Seestadt» ist alter MytJien baar* Der
Schluss ist nidit abzuweisen: Korinth ist erst gegründet oder
doch zu Ansehen und Bedeutung gekommen, als die grosse
Völkerwanderung abgeschlossen war und ein neues Leben ]
aufblühte durch den Verkehr der nach Osten und Westen i
über's Meer gesprengten Griechen. Die beiden jungen Stel-
len der lUas, in denen Korinth erwähnt wird, sind die ersten ;
Zeugnisse seines Daseins und Wirkens. Daun wuchs es j
schnell, wie ein Gott» zu ungeahnter Grösse und Macht:
Steffen Karten von Mykeuai, Text 8. 15 f. Um so mehr ist
diese iieobachtuug auzaerkennen, als Steffen, von der Ueberzeagung,
dara Mykenai mit Korinth strategisch verbunden sei, occapirt, den
Gedaiikeii einer gleichen Yerbindong dieser Burg mit Phleint-Sekyen
nicht gebist oder doch nicht Teifolgt hat
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Epimetron.
187
Bchon am Ende des aohten Jahrhunderts herrschte es durch
seine Golonien weithin im Westen, war im Begriff, den Le-
vantehandel zu concentriren, vermittelte auch den religiösen
Verkehr asiatischer Griechen und Barbaren mit dem Mut-
tcrlaüde; und so stark war sein Einfluss, dass der Dichter
der Thebais aus der Gegend von Klares die korinthischen
Umformungen alter Sa^en annahm und korinthische Ck>lo-
uialmythen feierte.
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Namen- und Stellenverzeichniss.
Einfache Ziffer bezeichnet die Seite,
lateliii6che Ziffer mit urabi^cher bedeutet Capitel und Anmerkung.
Achilleus auf Skyros IV 5
Achilleus Tod II 9^ V 2fi
Adrastos 43 ff., 52 ff., 66, 86» 89
Aelian V. IL IV. 5 170f.
Aigialeus 1 18
Aiginaraub 183
Aithiopis II a
Aischylos Oidipus fg. IIÄ 17Q
Sieben 365, 556, 570 83
„ m ifii
769 1Ö4
„ 1039 Ifil
Akarnanieu 155
AkusilaoB 173, IV 35
Alkmene III 16
Alkmeon 82, 127 ff., 155, III lÜ
Alkmeonis löSff., IM ff., 152
Amphiaraos 44 ff., 76 ff., 83 ff., 127,
III Ifi
^AßtptttQtio i§i)Maig Uff.. 145
Amphilochos III Iii
Amphios 65
Anaxagoras v. Argos 46
Anaxagorideu 42
Audrotion 1
Antigene 1£5
AotimachoB von Tees 3ß
Antiope
Apollodor I 9. 12. S.
I 9. 13
II 2. 2. 2
III 4. 1
III 5. 8. 1
III 6. 2
III 6. 2. 2
III fi. 8. 4
III L L 2
III L 2
III L 5
Areion
I 2
46
42
17.^
IV 36
169
50 ff.
28
III 22
IV 3
llOff., 12S
135
89 ff.
Argiverinnen am Altar des "Eleog
IV 3
Argos 18L 11 16, III 9
Asklepiades Trag. III 12
Astymedusa 23, 26
Atelante IV 11
Athenaios VII 317* III 16
Bellerophon 180ff.
Bestattung der Sieben IM
Biantiden 42
Certamen Horn. Hes. 249 35 ff.
Chios, Theas nach IV 3
Chrysippos 12 ff.
Namen- und Stellenverzeichniss.
IM
DaidaU
9
Damasistratos Plat.
Ifiä
Delphi
Ulff.
Diodor S. IV fifi. 5
III 12
IV fifi
110, 129
IV fil
m
„ IV fifi. 1
4fi
Diomedes
130 flf.
Dionysos
46j 174
Echidna
IS
"Bkeog, Altar in Athen IV 3
Encheleifl
15a
Ephoros fg. 2fi
lao
Ephyra
mir.
Epigonen
Mff., Iü9ff.
Epikaste
L 16, 22
Epos, Einheit
32 fF.
Erinys
m
Eriphyle 44i 52flf., 78, 29ff.
Eteokles
84,
EunostoB
III Iß
Euripides Alkmeon
m
„ Chrysippos 15, I U
„ Hypsipyle
IV 3
Oidiptu
III 40
„ Phoinissai 2i 10, Ifi
n »
^ 2ö
44 11
n »t 682
870 1Ö6
»» »
420 Ifil
„ Schutzflehende IM Ifil
860 84
Euryganeia
2, 23, 25
HarmoDia
m
Uellanikos
3B
Hera yafxoatolog 1
S- 22
„ TfAf/a i
Herodot rv 82 35, 30, fil
„ V fi2 43
„ IX 34 114
„ IX 51 lö
Hesiod fg. 52—54 124
Theog. 278 9Q
»» ♦» 298 18
Hestiaiotis 114
Rippomedon 35
Historiker benutzen Epen als
Quelle 174, IV 35
Homer ä 385 175 ff.
Z 145 löl
„ A 328 65
„ ?f 680 115
A 271-280 Iff.
Homerische Becher (Robert) 2fi fiS
Hygin fab. fifi fig
„ „ fi2 2Q
„ „ 21 m
M » 23 53, IS
„ 8ö I la
„ „ 12a rv 8fi
Hyperphas I 3fi
Hypotheseis von Epen bei My-
thographen 29 ff.
Hypothesis der Oidlpodie bei
Pisander 5 ff.
Hypothesis der Thebais bei
Pausanlas 122
Hypsipyle IV 3
Uias, kleine II 9
Johannes Antiochenus I 2
Ion i aa
Iphis 23
Ismene lfi5
Kadmos 101, 115, 163, IV 3fi
KaUinos 14fi
190
Namen- und Stellenverzeichniss.
Kap&neus 64^ ^ P&usanias II IE. 4 4&
KephaloB VU 5 „ II 2Ü. 5 III
Klaros 148, V 21 III lö. 12 III U
Kleisthenes von Secyon 43 „ VII 3 US
Korinth 75, 149 ff., 179flF. „ VIH 24 Iflfi
KykUker 9Q „ VIII 25. 3 86. 89
Kyklos m „ IX 5. U 2, 25
Kyprien 1 9, II 9^ IV 4^ 5 „ IX 3. 5 36, 122. 142
IX 18. 1 fil
Laios Iff., 162 „ IX lä. ii fiZ
Listen der Epigonen 112 ^ X 5. 4 1^
„ Sieben B4, 84 „ X UL 4 UO
Lykopbron 277 IV ft Pausanias benutzt Scholien 3
Lykorgos 49, IV 3 „ „ Thebaishypo-
Lysimache 45, 41 thesis 122
Peiren 182
Manto 119, V 21 Peirene 180, 184
Medeia US Pelops 1&.
Meilanion IV 11 ninXoq 'E^t^vhj^ iSft
Melanipas 4L 113 Periboia ffi
Melanippos 43, 61, 76, IV 13 Periklymenoa 60, 88
Mekisteas 43 Pherekydes 23^ &1
Menaichmos von Secyon Mi Phix läfF.
Mykenai 182 Phleius 184
Mykenai, Verbindungen mit Pindar bei Mythographen 31
dem Norden 18fi N. IX Mi ^ III 22
Mythographns Vat. 1 151, 2 IV 2 „ 0. II 88 lß2
„ 0. VI 58 Mff.
Nikephoros Walz 1 L 499 IV 3 Pisander I lü
Polybos 43,
Odysseua 81 Polyneikea 52, 55, 78, 99, 107, Ißl
Oidipodie IflF., 141ff. Proklos II 9
Oidipus IflF., 68 ff., 102 ff. Pronax tlüff, 170 f.
Oinomaos 18 Proitiden 113
Onasias 25 Psophis 135
ÖQfiog 'E^iif vhi; 53 ff, 78 ff 99 ff.,
III 14, V 35. Schol. Apolln. Rh. I 308 3L
~^ 119. V 21
Paiderastie 143ff. Aristoph. £qu. 1056 II 9
Parthenopaios 4S, M „ ,. Pa. 1270 3ß
Namen- und Stellenverzeichnisit. 1 fll
Schol.Euripid.Pholn.26 67JII45 Statins IV 3
„ „ 32 VII 16 „ Theb. III 345, IV 187,
„ 53 23 V 655, XII 482 IV 3
„ „ n 88, IV 35 „ Theb. V 660 III 11
„ „ 12 1Ü2 Stephan. Byz. s. "EifVQcc 1S2
„ „ ..834 60, I lö Stesichoros IV 3fi
», „ 1020 18 Strabon VII 325 = X 462 13Ö
„ 1760 4ff. „ IX 404 fiß
Horn. J 404 110. 113
J 375 2fi Talaiden 42 ff.
„ „ 12Ü dl Talaos 44 ff.
0 634 IV 22 Telresias 114
r 326 II 9, IV Q Telephos II 9
f 347 äü Teumesaische Fuchs VII 5
1 ]] 271 1 Thebaia 32 ff, 22 ff., L4fiff.
,. A 326 50ff.,128.1V2 " J""« 40
.. „ o 225 123 " im V.Jahrh. populär IV 16
.. Nikand. Alex. 11 Ther. 9b8 Thelpusa äl
y 21 Theognis 213 III Iii
.. Pindar N. IX 3D 4ü 1285 IV U
„ „ IX 31 III lü '^^"^^^ n»ch Chios IV 3
„ IX 35 53 Thukydides II 1D2 m
„ „ Nem. argum. 12Öf. Tilphowa IM
0 VI 15 24 Tlesimenea III
!! Po^hyr. zu Horat A. P. Tydeus 43, 61, 76, 83ff, IfiL 121L
V. 14fi 36, m Typhon 12
„ Sophocl. 0. C. 1375 ^ t tt ^ . ,rr .
1Ü2 IV Ib *^ Etrusche ULI HI 4ü
Sekyon L 67ff, IM " " " ^
Siebenzahl ii3 Vatermörder 72, III 49
Sisyphos im
Sophoclis Antigone 857 1£2 Wiener Voriegeblätter
„ 1080 92 1888 II IV U
„ Oidip. C. 1313 84 1889 VIII 2 14
„ „ „ 1314 filL m VIII 4 fiß
R. 15äff. IX 9 2Ö
^ „ 1411 III 49 IX n 1 34
Sphinx Uff. X m
Dradt TOD POicliel A Trept« In iJiSjfaSg.
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Verlag von S. Hlrzol in Leipzig.
Petronii eena Trimalehionis.
Mit deutscher Übersetzung und erklärenden Anmerkungen
voll
Ludwig Fricdlacnder.
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M. Valerii Martialis
Epigrammaton libri.
Mit erklärenden Anmerkungen
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Ludwig Fried lacuder.
Zwei Bände, gr. 8. Preis: .41 18.—.
Epitoma Vaticana
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Apollodori bibliotheea
edidit
Rieliardus Wagner.
Accedunt
curae Mythog;rapliae
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et epimetrum praefationem Borbonicani
ad Homeri Iliadem continens,
gr. 8. Preis: 6. — .
Ein Rundgang
durch die Ruinen Athens
von
Fritz Baunigarteii.
Mit zehn Abbildinigcn gr. 8. Preis: Jl 2.—.
Druck von Posch el A Trepte in IMprin.
Princeton Universfty Libraiy
32101 064226523
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