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Full text of "Handwörterbuch der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie"

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Handwörterb... 
der  Zoologie, 
Anthropologie 
und  Ethnologie 


HadmtH  CoUqie  i^Uirari 

FROH  THE 

SUßSCRIPTION  FUND, 

BEGUN  IN  1858. 


EHCYKLOPiCDIE 

DER 

NATURWISSENSCHAFTEN 

IIERAUSGKGEBEN 
VON 

Prof.  Dr  W.  FÖRSTER,  Prof.  Dr.  A.  KENNGOTT, 

Pkok  1)r  A.  ladenbürg,  Dk  AN  T.  RKICHExNÜW, 
Prüf*  Dr.  SCMENK,  Geh.  Schulrath  Dr.  SCHLÖMILCH, 
Prof.  Dr.  W.  VALENTINER,  Prof.  Dr.  A.  WINKELMANN, 
Prof.  Dr.  G,  C.  WITTSTEIN. 


L  ABTHEILUNG. 

lU.  THKIL: 

HANDWÖRTERBUCH  DER  ZOOLOGIE. 
ANTHROPOLOGIE  UND  ETHNOLOGIE. 

BEGOMNBN 

VOK 

Prof.  Dr.  GUSTAV  JÄGER 

FORTGEFÜHRT 

VON 

Dr.  Ant.  REICHENOW. 


BRESLAU, 
VERLAG  VON  EDUARD  TREWENDT. 


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/ 


UER 


ZOOLOGIE,  ANTHROPOLOGIE 
UND  ETHNOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

Dr.  ANTON  REICHENOW 

UNTER  MITWIRKUNG 

VON 

Dr.  J.  IM  \^  rrZ  in  Berun,  R  DÜRIGEN  in  Berlin.  Dr.  H.  GRIESBACH  w 
Basel,  F.  v.  HELLWALD  in  Tölz,  Dr.  ERNST  HOFMANN  in  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  GUSTAV  JÄGER  in  Stuttoart,  Prof.  Dr.  KLUNZINGER  in  Stutt- 
gart, Prof.  Dr.  KüSSMANN  in  HEinKi  RrKf;,  Prof.  I)k  KDUARD  v.  MARTENS 
in  Berlin,  Prof.  Dr.  C.  MEHLIS  in  Dürkheim  a.  d.  H.,  Prof.  Dr.  A.  v.  MOJSI- 
SOVICS  IN  Graz,  Dr.  R.  NEUHAUSS  in  Berlin,  Dr.  GEORG  PFEFFER  in 
Hamburg,  Regierlncsrath  Prof.  Dr.  ROECKL  in  Berun,  Prof.  Dr.  M.  SUSS> 
DORF  Df  Stuttgart,  Prof.  Dr.  E.  TASCHENBERG  in  Halls,  Dr.  D.  F.  WEIN- 

LAND  Ol  HOBSN-WiTTttMGBK. 


MIT  HOLZSCHNITTEN. 
FÜNFTER  BAND. 

Landschaf  —  Nerrenleiste. 


BRESLAU. 

VERLAG  VON  EDUARD  TREVVENDT. 

x888. 


Üigiiizeü  by  i^üOgle 


C   TT  -  / 


Das  Recht  der  UeberseUung  bleibt  vorbehalten. 


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L 

(Poitwtniiig.) 

Landschaf,  s.  deutsches  Schaf.  R. 

IjandschildkrOteii  (Chertaae}^  s.  Cbersinae  und  als  Gattung  TSt^AmA».  Ff. 
Landschnecken.   In  aUen  diei  obenen  Kreisen  des  Thierreichs,  den  Mol> 
luslcen,  den  Arthropoden  und  Wirbelthieren,  findet  unabhängig  von  einander  ein 

Aufschwung  vom  Wasserlcben  zum  Luftleben  in  grösserem  Maassiabc  statt,  und  zwar 
in  bestimmter  Abstufung:  bei  den  Wirbelthieren  sind  die  meisten,  besonders  alle 
höheren  Klassen  luftathmcnd  und  grösstcntlicils  auf  dem  Lande  lebend,  bei  den 
Arthropoden  ebenso  die  Mehrzahl,  ahtr  in  Betreff  höherer  Organisation  könnea 
die  dur<  hschnittlich  wasserathmenden  Dccapoden  unter  den  Crustaceen  den  In- 
secten  den  Rang  streitig  machen.  Bei  den  Mollusken  dagegen  ist  es  die  Minder- 
zahl,  und  Landbewohner  fehlen  ebensowohl  in  der  unzweifelhaft  hödisten  Klasse 
derselben,  den  Cephalnpoden,  als  bei  den  niedriger  stehenden  Muscheln,  sie 
finden  sich  nur  in  der  Klasse  der  Schnecken  und  auch  hier  wieder  mehr  in  der 
Mitte,  nicht  bei  den  untersten  Abtheilungen,  den  Nacktkiemern  und  Hautathmem, 
und  nur  ausnahmsweise  bei  der  höchsten  Ordnung.    Die  Mehizahl  der  Land- 
schnecken gehört  einer  bestiinmien  Ordnung,  den  Pulnionateu  oder  Lungen- 
schnecken (in  engerem  Sinne)  an,  die  neben  der  LutUit1itiii;ng  auch  durch  be- 
stimmte   Ki^enschaften   in   den   FortiiHanzungsorganen  (Hennapliroditismus  mit 
gegenseitiger  oder  wcclisclndcr  Befruchtung)  und  den  Mundwcrkzcugen  (Musio- 
glossen,  sehr  zahlreiche  Zähnchen  in  jeder  Querreihe  der  Reibplatte,  mit  Basal- 
platten  und  nach  rückwärts  aufgerichteten  Spitzen«  vom  Mittelsaha  nach  beiden 
Seitenrflndem  zu  allmählich  die  Gestalt  ändernd)  sich  cbaiakterisiren.  Diese 
Ordnung  schliesst  sich  anatomisch  näher  an  die  Opistobranchien  (einige  Tecti- 
branchien)  als  an  die  höheren  zweigeschlechtlichen  Pectinibranchien  an;  sie  enthält 
neben  eigentlichen  Landsebnecken  auch  noch  solche,  welche  im  Wasser  leben,  aber 
Luft  athmcn,  s.  T,imn a eaceen,  und  einzelne  an  Meeresküste  und  Flussmtindnngen 
gebundene,  ziemlich  amphibisch  lebende,  s.  Auricula  und  Onchidiuni;  die 
eigentlichen  Landbcwoliner  dieser  Ordnung,  wie  Limax,  Ile/i.x,  Jhilimus  u.  s.  w. 
zeichnen  sich  durch  die  Stellung  der  Augen  an  der  Spitze  langer  beweglicher 
Stiele  (Fühler)  aus,  was  einen  freieren  Ueberblick  gewähr^  und  wurden  desshalb 
schon  von  Cuvier  1817  als  Pulmon^s  terrestres,  von  Fcrussac  xSsi  als  P. 
g^ophiles,  von  Ad.  Schmidt  1857  als  Styloramatophoren  zusammengefesst 


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9 


Lindachncdten. 


niid  den  andern  gegenübergestellt  Ausser  diesen  giebt  es  aber  noch  eine 
Mindemhl  von  Landschnecken,  welche  getrennten  Geschlechts  sind  und  sich 
sowohl  im  Bau  der  Reibplatte  als  in  der  Stellung  der  Augen  an  der  Basis  der 
Fühler  und  im  Besiti  eines  bleibenden,  spiral  oder  halbkreisförmig  gebauten 

Deckels  eng  an  bestimmte  Abtheilungen  der  higheren  Wasscrsrlmecken,  einerseits 
die  Taenioglossen  unter  den  Kammkiemem,  andererseits  die  Rhipidoglossen  an* 
schliessen  und  natdrlicher   Weise  nicht  von  dieser  getrennt  werden  können. 
Dieselben  wurden  zwar  seit  Fkri  ssac  1821   ziemlich  allpemcin   als  Pulnwnata 
openttlata,   pedcckelte  Lungcnsclüieckcn,   in    einem   W'oit   fmumon&poma,  den 
vorher  geschilderten  hermaphroditischen,  die  nie  einen  Deckel  haben  (P.  im- 
ftreuhta)  zur  Seite  gesetzt,  aber  schon  Cuvier  hat  1817  die  wenigen,  die  er 
kannte,  nämlich  die  europäischen  CjftksUma,  mit  Recht  als  Ausnahme  unter 
die  wasserathmenden  Pectinibranchien  gesetzt,  und  diese  Anschauung  wird  gegen» 
wärtig,  wo  man  auf  die  Gesammtheit  der  innem  Organisation  mehr  achtet, 
wieder  allgemeiner,  so  dass  die  gedeckelten  Pulmonata  theils  (Cyclostoma  und 
nächste  Verwandte)  an  die  Kammkiemer,  tlicils  (Helicina  und  Hydroceno)  an 
die  Rhipidoglossen  veitheilt  worden  und  der  Name  Pidmonnien  nur  den  hermaphro- 
ditischen deckellosen  als  systematisclie  Kmheit  im  Sinne  von  Cuvikr  bleibt. 
Auch  unter  jenen  gedeckelten  finden  wir  solche,  die  nur  halb  Landthiere  sind 
und  sich  hierin  zu  Cyclostoma  verhalten,  wie  Amritmitt  eu  fJtlix,  nämlich  dt« 
Gattungen  7>mncatilla,  Assimmea  und  in  gewissem  Sinn  auch  LUorma,  Alles 
dies  spricht  dafür,  dass  auch  innerhalb  der  Mollusken  der  Uebergang  vom  Wasser 
cum  Land  mehrfach  unabhängig  stattgefunden  hat    Die  Athemhöhle  oder  so- 
genannte Lunge  aller  Landschnecken  ent^i  rirl  t  in  Bau  und  Zugang  keineswegs 
der  Lunge  der  Wirbelthiere,  sie  hat  keine  Verbindung  mit  Schlund  und  Kopf, 
sondern  öffnet  sich  einseitig,  meist  rechts  (bei  linksgewundenen  links)  am  Rumpf 
und  entspricht  in  all  diesem  der  Kiemcnl;ohle  der  wasseratl  menden  Mollusken, 
nur  dass  sie  statt  der  vorspringenden  Kiemenblätter  eben  einfach  ein  reiches  Ge- 
fässnetz  in  ihrer  Wandung  enthält;  da  ein  gleiches  Volumen  Luit  mehr  Sauer- 
stot)  iiefeit  als  Wasser,  so  konnte  die  OberflächenvergrSsserung  wieder  wegfallen. 
Nach  der  Ansicht  der  meisten  Malakologen  ist  auch  die  Lungenhöhle  aller  Land- 
schnecken direkt  aus  der  Kiemenhöhle  der  wasserathmenden  Schnecken  ent* 
standen,  nur  Herr  v.  Ihikino  glaubt  diejenige  der  Stylommatophoren  auf  eine  Um* 
bildung  der  Niere  zurilckHihren  zu  müssen  und  nennt  diese  daher  Nepbropneu> 
sten,  Nierenathmer,  im  Gegensatz  zu  den  Auriculiden  und  Limnaeaceen,  seinen 
Branchiopneusten;  demnach  wäre  die  Art  des  Uebergangs  zum  Lufdeben  selbst  bei 
diesen  zwei  Gruppe/i  eine  verschiedene,  also  selbständige,  und  die  Limnaeaceen 
wären  nicht  nur  eine  Durchgnngsstufc  von  den  Kiemenathmem  zu  den  eigentlichen 
Landschnecken  oder  gar  ein  Rücktall  der  letzteren.     Uebrigens  ist  der  Unter- 
schied nicht  so  gross,  da  die  Niere  bei  allen  höheren  Schnecken  in  nächster 
Nachbarschaft  der  Athemhöhle  liegt  —  Die  Lungenhöhle  nimmt  bei  den  be- 
schälten Gattungen  einen  grossen  Theil  der  letzten  Windung  ein  und  kann 
nur  vollständig  mit  Luft  sich  ftUlen,  wenn  das  Tider  ausgestreckt  ist;  beim  Zurück- 
ziehen schafft  gerade  ihr  Zusammenfallen  den  Raum  um  Kopf  und  Fuss  inner- 
halb der  Schale  zu  beherbergen.    Die  I^ndschnecken  sind  daher  während  der 
Ruhe,   also  auch  während  des  Winterschlafes,  schon  dadurch  auf  minder  aus- 
giebiges Athmen  beschränkt  und  haben  zu  voller  Lebensthätigkeit  das  Ausstrecken 
nöthig;  aber  dabei  sind  sie  wieder  mehr  dem  Wasscrverlust  durch  Verdunstung 
ausgesetzt,  und  so  sind  sie  doch  im  Allgemeinen  aul  tcuciitc  Umgebung,  die 


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LandschDccken. 


Zeit  unmittelbar  nach  einem  Regen,  femer  auf  Nacht-  und  Moigentiiau  tut  £n^ 
fattnng  ihrer  Lebensthätigkeit  angewiesen.  Direktem  Sonnenschein  trotxen  wohl 
manche  an  Mauem,  Felsen  oder  dürren  Sträuchem,  aber  nur,  indem  sie  in  ihrer 
Schale  eingeschlossen  bleiben  und  die  Mündung  dicht  angelegt,  oft  auch  noch 
durch  eine  vertrocknete  Schleimschicht  (Papierdeckel)  verschlossen  halten:  schalen- 
lose (Nacktschnecken)  oder  mit  unvollständig  deckender  Schale  versehene  Land- 
schnecken (Daudebardia  und  Vilrina)  finden  sich  nur  an  feuchten,  von  der  Sonne 
geschützten  Stellen.  Landschnecken  finden  sich  in  allen  Erdi-heilen  und  aul  den 
allermeisten  Inseln,  auch  weit  von  anderem  Land  entlegenen,  wie  auf  Kerguelen 
(H^x  H^oiuri)^  St.  Helena  (mehrere  eigenthOmliche,  zum  Theil  jetst  ausge- 
storbene), der  Gruppe  der  Sandwich-Inseln  (die  eigenthttmUche  artenreiche  Gattung 
AchaHHiBa)\  im  Allgemeinen  sind  sie  in  der  h«ssen  Zone,  soweit  sie  hinreichen- 
den Regen  hat,  am  zahlreichsten,  grössten  und  buntesten,  so  in  Süd-Amerika 
östlich  von  den  Anden,  in  West-Afrika,  auf  Ceylon,  Bomeo  und  den  Philippinen, 
aber  auch  am  Rande  der  Saharn.  findet  sich  noch  Helix  desertorum  und  an  der 
regenlo.^cn  Küst  e  Peru  s  Buitmulus  Laurcntii,  Hennahi  u.  a.  von  Flechten  und  Cactus 
lebend  und  nur  vom  Thau  erfrischt.  Eine  glanzlose  dicke,  weisse  oder  blass- 
braune Schale  ist  meist  den  Schnecken  trockener  Stellen  eigen,  lebhafter  Glanz, 
dunkle  Farbe  und  Behaarung  der  Schale  denen  feuchter,  schattiger  Stellen.  Nach 
Norden  finden  sich  noch  einige  kleine  Landschnecken  in  Lappland,  Island,  Grön- 
land und  an  der  Beringstrasse,  nach  Süden  in  Feuerland,  auf  den  Falkland-, 
Auckland-  und  CampbelMnseln;  dagegen  kennt  man  bis  jetzt  keine  von  Spitzbeigen, 
dem  arktisch-amerikanischen  Archipel,  Süd-Georgien  und  den  antarktischen  Küsten* 
Die  Süsswa'^serschnecken  reichen  imgefdhr  ebenso  weit.  Im  Ganzen  kennt  man 
etwa  loooo  Arten  von  I-andsrhnecken,  wovon  über  8000  Stylommatophoren 
und  die  übrigen  Landschnn  kcn  mit  Deckel.  Die  letzteren  gehen  weniger  weit 
nach  Norden  und  smu  schon  in  Deutschland,  abgesehen  von  der  einen  ganz 
kleinen  Acicula^  nicht  allgmein  verbreitet  (s.  Cychstoma  und  Pmatias).  Paläon- 
tologtsch  lassen  ach  die  Landsdmecken  im  Zusammenhang  bis  in  die  Kreidezeit 
verfolgen  und  zwar  gedeckelte  Formen  bis  sur  Grenze  von  Senon  und  Türen 
(^ephosUma  Rtussi  in  den  Österreichischen  Alpen),  Stylommatophoren  nur  bis  zur 
obersten  Abtheilung  der  Kreide  (Anastomus,  Glandina  u.  a.  in  der  Provence), 
während  die  Süsswasser-Conchylien  noch  weiter  bis  in  den  Jura,  Brackwasser- 
formen bis  in  den  Lias  (Cyrena  und  Neritina  bei  Halberstadt)  zurückreichen. 
Aber  noch  aus  viel  früherer  Zeit,  der  Steinkohlenperiode,  kennt  man  aus  Nord- 
Amerika,  nämlich  Neu-Schottland  und  Illinois,  einige  kleine  Tvandschnecken,  an- 
scheinend zu  den  I\dpa  und  Conuius  gehörend,  jetzt  Dendropupa^  Dawsanelia  undStro- 
pkites  genannt,  im  AUgemeiMm  nicht  unttbnlich  der  ge^  enwärtigen  Landschnedten- 
fauna  der  kleinen  Inseln  Polynesiens.  Die  vollständigste  Zusammenstellung  und 
Beschreibung  der  recenten  Arten  von  Landschnecken  findet  man  in  C  PfeUFFSR's 
monographia  heliceorum,  8  Bände,  1848— 1877  für  die  SlylommaCophoren,  aber 
ohne  die  Nacktschnecken,  und  desselben  monographia  pneumonopomorum, 
4  Bände,  1852  — 1876,  Hlr  die  fossilen  in  Sandbercer's  Land-  und  Süsswasser-Con- 
chylien 1870 — 75.  Für  die  lebenden  Innd-  ünd  Süsswasser-Mollusken  einzelner 
Länder  und  Provinzen  giebt  es  zahlreiche  grössere  und  kleinere  Schriften,  für 
die  europäischen  im  Allgemeinen  besonders  zu  empfehlen  ist  RossmAssler's  Icono- 
graphie  der  Land-  und  SUtswasser-Mollusken,  fortgesetzt  vobKobelt,  8  Bände  1835 
bis  1884,  Ittr  die  deutschen  C  Ffbiftbr's  Deutsche  Land»  und  Wasaers^necken, 


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4 


Lradschwcin  —  LanglioniiiDd. 


1822 — 38,  3  Theile,  und  Clessin's  Deutsche  Excursions-MoUusken-Fauna,  zweite 
Auflage  1884.      K.  v.  M. 

Londsciiwein,  Bezeichnung  für  emen  zu  der  grossohrigen  Race  ^hörigen 
Schlag,  der  sich  von  dem  schwereren  Marschschwein  durch  leichteren  Körper, 
schnellere  Entwicklungs-  und  MastQLhigkeit  auszeichnet,  und  tu  welchem  das 
bayrische»  das  württembergische  und  mfthrische  Schwein  gezählt  wird.  H.  von 
Nathusius  stellt  dasselbe  als  kurzoliriges  Schwein  (Sus  brachiotis)  dem  grossoh« 
rigen  Schwein  (Sus  makrotis)  gegenQber  und  giebt  an,  dass  es  sich  von  jenem 
neben  den  bereits  angegebenen  Eio^ensrhaftcn  noch  dadurrli  iintci^clieide,  dass 
die  Augenachse  länger  ist  im  Verhaltniss  /u  den  anderen  Dimensionen,  und  dass 
es  eine  höhere  und  breitere  Stirn  und  kinv.e,  aufrechtstelicnde  (^lirrti  besitze,  R. 

Landuman  oder  Laduma,  räuberische  Neger  Senegamhiens,  südlich  vom  Rio 
Grande,  östlich  von  den  Bissagos>Inseln,  zwischen  den  Tyapi  und  den  Susu.  Ihr 
Obergötze  heisst  >Simto;<  er  wohnt  im  dichten  Walde  und  wird  manchmal 
einem  Menschen  sichtbar.  Die  Menschenseele  kann  in  einen  Tschimpansen  flber> 
gehen;  wer  sich  mit  der  Frau  eines  Häuptlings  in  strafbare  Verbindung  einlässt, 
bringt  seine  eigene  Familie  in  Gefahr,  denn  auch  diese  wird  hingerichtet.  Skia« 
verei  ist  allrjemein.  Ein  angesehener  Mann,  der  sich  nicht  mehr  in  allgemeine 
Angelegenheiten  einlassen  will,  geht  r.w  irtjend  einem  mät  htigen  Häuptling,  den 
er  sich  als  Beschützer  wählt;  er  lasst  sich  ilande  und  I  iisse  bijjden,  zu  seiner 
Rechten  legt  man  ihm  einen  Säbel,  zur  Linken  eine  Pcilsclie;  damit  wird  er 
Schutzbefohlener  Vasall.  Die  L.  sind  Heiden  und  voll  lächerlichem  Aberglauben, 
welchen  die  mit  den  Häuptlingen  in  enger  Verbindung  stehenden  Fetischpriester 
nähren.  Die  Sprache  hat  viel  Aehnlichkeit  mit  jener  der  Djatlonke.  B£renger- 
Feraud  hält  die  L.  für  einen  Zweig  der  Baga  (s.  d.)  Sie  haben  ausgesprochenen 
Negertypus,  ähneln  den  Nalo,  sind  aber  weniger  roh,  manche  Weiber  sogar  hübsch, 
beide  Geschlechter  krältig,  Sie  sind  sehr  unruhig,  erklärte  Feinde  der  Fulbe, 
nidit  ohne  gewissen  Miith,  aber  auch  tief  unsittlich,  faul,  Trunkenholde  und  in 
Klend  versunken.  Sie  haben  keinerlei  Industrie  und  bauen  bloss  etwa:»  Reis, 
Hirse  i!n(]  l\rdn(hse.      v.  H. 

Landwanzen  =  Gcocures.     E.  Tg. 

Langaha  Bruc.  Dryopiiiden  =  Gattung,  deren  Schnauze  in  einem  mit  klei- 
nen Schuppen  bedeckten,  fast  ^  der  Kopflänge  ausmadienden  fleischigen  Fort* 
satz  ausläuft   Z.  nasuUt,  Brug.,  Madagaskar.  Pf. 

Langarmaffen  oder  Gibbons  «s^^^iafSrx,  Ilug.,  s.  Anthropomotphen.   v.  Ms. 

Lang-Bleck^Uckelei  (s.  d.)  Ks. 

Langflügelpapageien  s.  Poeocephalus.  Rchw. 

Langfüsscr  (Macrotarsi,  Illig.  p.  p.  Theridkmilorphat  V.  Carus),  Familie 

der  Halbaffen,  s  Tarsida,  (Jkav.       v.  Ms. 

Langhalsschildkröte,  s.  Hydiomedusa.  Pf. 

Langheinier  Vieh,  ein  besonderer  Schlag  des  Schcinfelder  Viehs  (s.  d).  R. 
Langhömer,  a)  Bockkäfer,  s.  Cerarobycidae,  b)  ==  Mücken,  s.  Macro- 
cera.     E.  To. 

Langhonuind,  eine  in  früheren  Zeiten  in  England,  insbesondere  auf  Irland 
stark  verbreitete  Race,  welche  gegenwärtig  nur  noch  in  wenigen  Zuchten  ver- 
treten ist  und  ihre  ursprünglichen  Eigenschaften  durch  die  verschiedenartigen 
Blutmischungen,  denen  sie  ausgesetzt  wurde,  fast  vollständig  verloren  hat.  Die 
Merkmale  dieser  Race  sind  f(jlgende:  Ko])f  lang  und  spitz  zulaufend;  Augen 
gross,  milde;  Hörncr  sehr  lang  und  stark,  nach  ab*  und  mit  den  Spitzen  nach 


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Langlebigkeit  — ^  tjnUdae. 


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vorwärts  ccricluct.  Dadurch  erhält  der  Kopf  ein  wildes  Aussehen.  Hals  dünn; 
Schultern  fein,  aber  fleischig;  Brust  weniger  tief  und  weit  als  bei  den  übrigen 
engliscl.en  Racen  und  fast  ohne  Triel;  Leib  abgerundet;  Rucken  voll,  Lenden 
breit;  Hüften  weit  vorstehend.  Schenkel  fleischig;  Beine  niittelhoch.  Die  Farbe 
ist  meist  brauuscheckig.  Diese  Beschreibung  entspricht  der  von  BAktwiLLL  ver- 
besserten Race.  Die  alte  Langhomrace  war  meist  schwarz  oder  braun ^  mit 
weissen  Abteichen,  hatte  eine  dicitei  langbehaarte  Haut  und  emen  schweren 
Kopf.  Bemerkenswerth  ist  die  hohe  Mastfilhigkeit,  welche  diese  Thiere  be- 
sassen.  R. 

Langlebigkeit,  s.  Alter.  J. 

I^an^obarden,  s.  Longobarden.      v.  H. 

Lanf,owcn,  s.  Minahassa.      v.  H. 

Langschnabelsittich,  s.  Henicognathus.  RcHW. 

Langwanzc,  s.  Lychiieus.     E.  Tg. 

Lanüdae,  Würger,  Familie  der  Singvögel  (Oscines).  Vögel  mit  kräftigem, 
seitlich  zusammengedrücktem  und  hohem  Schnabel,  welcher  einen  Sterken  Haken 
an  der  Spitze  zeigt  und  vor  demselben  nicht  nur  eine  Auskerbung,  sondern 
einen  von  der  Schnabelschneide  deutlich  abgesetzten,  hervortretenden  Zahn. 
Schnabelborsten  sind  in  der  Regel  vorhanden.  Immer  zählt  man  lo  Hand* 
schwingen,  und  zwar  ist  die  erste  länger  als  die  Handdecken  (bei  Lantus  minor 
ausnahmsweise  cbcnsolang)  und  in  der  Regel  länger  als  die  Ifnlüo  der  zweiten 
Schwinge,  häufig  sogar  langer  als  die  Hälfte  der  längsten.  3.  und  4.  oder  1  bis  6. 
Schwinge  Sinei  die  längsten,  die  Armschwingen  in  der  Rcp<^l  wesentlich  kurzer 
als  die  längsten  Handschwingen,  nur  bei  den  Buschwürgern  wenig  oder  nicht 
kibzer.  Der  Lauf  ist  bald  länger,  bald  kürzer  als  <tie  Mtttelzehe,  vc«  den  Vorder- 
zehen gewöhnlich  nur  die  äussere  mit  einem  Gliede  verwachsen.  Die  Würger 
gehören  der  östlichen  Erdhälfte  eigenthümlich  an.  Die  wenigen  in  Nord-Ameri* 
ka  vorkommenden  Raubwttrger  sind  als  Einwanderer  anzusehen,  und  die  beiden 
in  Süd-Amerika  heimischen  Gattungen  der  Laub-  tmd  Papageiwürger  entfernen 
sich  nicht  unwesentlich  von  dem  Typus  der  Familie  und  sind  nur  bedingungs- 
weise derselben  anzuschliessen.  Als  Vertreter  der  Würger  auf  der  westlichen 
Halbkugel  sind  die  Tyrannen  anzusehen.  Die  Würger  bewohnen  nicht  den 
HdfhwaUl,  halten  sich  vielmehr  an  Waldräniiern  auf,  in  Triften,  welche  von 
kleinen  Geliöizen  durchsetzt  sind,  Heben  im  allgemeinen  also  freiere  Gegend. 
Hier  sitzen  sie  auf  hervorragenden  Baum-  und  Buschzweigen  und  stossen  von 
diesen  Warten  aus  auf  vorüberlliegende  Insecten,  die  sie  wie  die  Fliegenfänger 
im  Fluge  erhaschen,  oder  auf  kriechendes  Gethier.  Die  grösseren  Arten  stellen 
kleinen  Wirbelthieren,  Reptilien,  Mäusen  und  jungen  Vögeln  nach^  doch  sind 
alle  Mitglieder  muthige  und  starke  Vögel,  und  selbst  unser  Ncunlödter  über- 
wältigt die  kräftige  Feldmaus  und  ist  stark  genug,  diese  sowie  junge  Vögel  von 
der  Grösse  fast  flügger  Finken  im  Fluge  fortzutragen  —  wobei  die  Beute  mit 
dem  Schnabel  oder  aurli  vermittelst  der  Füsse  nach  Art  der  Raubvögel  gefasst 
wird  —  und  an  Dornen  anzuspiessen,  welche  letztere  Eigenschaft  nicht  nur  die 
sogen.  ^Durndrcher«,  sondern  auch  andere  Würgerarten  besitzen.  Einzelne,  wie 
z.  B.  der  grosse  Raubwürger,  L.  exfMor,  pflegen  oft  auch  nach  Art  der  Falken 
sich  rüttelnd  über  einer  Stelle  in  der  Luft  zu  halten,  um  Beute  zu  erspähen,  die 
sie  dann  durch  plötzliches  I^edentossen  erfassen.  Die  Nester  werden  in  Bttschen 
und  auf  Bäumen  angelegt.  Es  sind  dickwandige,  aber  nicht  besonders  feste 
und  noch  weniger  künstlich  ausgeflihrte  napfiörmige  Bauten  aus  Reisern  und 


^ujui^uo  i.y  Google 


Grashalmen,  oft  mit  Moos  gedichtet.  Die  Eier  sind  auf  vvcisslichem,  bräunlichem 
oder  grünlichem  Grunde  braun  oder  röthlidi  gefleckt.  Die  meisten  Würger 
haben  eine  wohlklingende»  melodische  Stimme  und  verstehen  es  meisterhaft,  die 
Strophen  anderer  V<^el  nachzuahmen  und  mit  dem  eigenen  Gesänge  su  ver« 
schmelsen.  So  hört  man  vcm  unserem  Neuntddter  den  Gesang  der  Lerche  und 
anderer  kleiner  Vögel,  den  Schrei  des  Holzhehers,  des  Bussards  u.  a.  Sehr 
schöne  flötende  Rufe,  der  Stimme  unseres  Pirols  ähnlich,  lassen  die  Buschwürger 
hören,  und  dabei  pflegen  beide  Gatten  eines  Paares  in  Duetts  zusammen  zu 
wirken,  indem  das  Weibchen  der  Strophe  des  Männchens  den  Schlussakkord  an- 
hängt. Die  gegen  300  bekannten  Arten  sind  (Iber  die  gan^e  östliche  HaU>kugel 
mit  Ausnahme  der  Polargegenden  verbreitet.  In  Nord-Amcnka  kommen  nur 
wenige  Arten  der  Gattung  Zmum  vor,  in  dem  tropischen  Süd-Amerika  finden 
neb  die  beiden  etwas  abweichenden  Formen  VSrw  und  QtürAis*  Von  den  in 
den  gemäsngten  Breiten  lebenden  Arten  sind  die  kleineren,  welche  vorzugsweise 
von  Insecten  sich  nähren,  Zugvögel,  die  grösseren  hingegen,  welche  audi  Wirbel- 
thieren  nachstellen,  wie  z.  B.  unser  grosser  Raubwtirger,  Standvögel.  Man  kann 
die  Familie  zunächst  in  zwei  Untergruppen  sondern :  A.Wächter,  Laniinae.  mit 
spitzeren  Flügeln,  in  welchen  3.  ttnd  4,  oder  3.  bis  5.  Schwinge  die  längsten 
sind.  Hierzu  gehören  die  Gattungen  Lunius,  \..,  Fumcephalus,  Smith.,  UroUstes, 
Gab.,  Feltops,  Wagl.  B.  Busch  Würger  (Malaconotinac)  mit  runderen  Flügeln, 
in  welchen  4.  und  5.  oder  4.  bis  6.  Schwinge  am  längsten  sind.  Hierzu  die 
Gattungen  Cratäcuit  Vmu..,  Euryftros,  Lbss.,  DrUnops,  Vieill.,  MalacffmtuSt 
Sw.,  J^hycephala,  Sw.,  FaicuntnAu,  Vkux.,  Cychrkinmst  Sw.,  Vire»t  Vibill.  — 
Die  Gattung  Lmmu  umfasst  die  lypischra  Formen  der  Familie,  mit  hohem 
kräftigem  Schnabel,  rechtwinklig  abwärts  gebogenem  Haken  an  der  Spitze  des- 
selben und  starkem  Zahn.  Die  Flügel  sind  bald  mehr,  bald  minder  spitz,  indem 
die  zweite  Schwinge  bald  Her  vierten  an  Länge  gleich  ist,  bald  nur  so  lang  als 
die  achte  Die  erste  Schwinge  überragt  bei  den  typischen  Arten  nur  wenig  die 
Handdccken  (bei  L.  minor  ebenso  lang),  bei  den  Grauwiirgern  (Untergattung 
C&liyrio,  Moehr.;,  ubertnöt  sie  jedoch  die  Handdecken  um  deren  halbe  bis  ganze 
Länge  und  ist  bei  «nigen  Iflnger  als  die  Hilfte  der  längsten  Schwinf^.  Diese 
Arten  haben  auch  stufigen  Schwanz,  welcher  die  FlOgel  an  Länge  Obertriift, 
während  bei  den  typischen  Formen  der  Schwanz  gerade  abgestutzt  nur  die 
ättsserste  Feder  jederseits  kürzer  ist,  derselbe  auch  der  FlQgellänge  nachsteht. 
Auf  Grund  der  verschiedenen  Flügel-  und  Schwanzbildung  und  auf  Färbungs- 
eigenthümlichkeitcn  sind  die  Untergattungen  Fiscus,  Bp.,  Otomela,  Bp.,  Phonei/Sf 
Kaup.,  gebildet.  Die  bekannten,  etwa  60,  Arten  verbreiten  sich  über  pAiropa, 
Asien  und  Afrika,  und  auch  Nord- Amerika  beherbergt  mehrere.  —  Der  Raub- 
würger,  Kriekelster,  Lanius  excubitor,  L.,  ist  oberseits  zart  grau,  "unterseits 
weis^  eine  schwarze  Binde  über  die  Kopfseite,  Flügel  und  Schwanz  schwarz,  die 
äusseren  Schwanzfedom  mit  wefetser  Spitze,  die  äussetsten  bisweiloi  bis  auf  die 
Basis  weiss;  Armschwingen  mit  weissem  Spitzensaum;  ein  weisser  Flflgelspiegel, 
welcher  durch  die  weisse  Basis  der  Handschwingen  und  vorderen  Armschwingen 
gebildet  wird.  Bisweilen  ist  der  Spiegel  kleiner,  die  weisse  Färbung  auf  die  Basu 
der  Handschwingen  beschränkt,  nicht  auch  auf  die  Armschwingen  ausgedehnt. 
Auf  solche  Abweichungen  ist  die  Art  /  major,  Pall.,  begründet.  Ebenso  ist  auf 
Individuen  mit  rein  weissem  Bürzel  und  rein  weissen  äussersten  Schwanzfedern 
die  Art  Z.  Homeyeri,  C.^b.,  begründet.  Es  bleibt  indessen  fraglich,  ob  in  letzterer 
Form  nicht  nur  recht  aite  männliche  Individuen  zu  erblicken  sind,  während  hin« 


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Laniites  —  Laiue. 


r 


gegen  die  Abweichung  L.  major  den  L.  excithitor  im  Osten  Europa's  und  Asicn's 
zu  vertreten  scheint.  I)ns  Weibchen  des  Raubwüigers  hat  kurze  graue  Quer- 
binden auf  der  Brust,  ebenso  der  junge  Vogel,  weicher  sich  ausserdem  durch 
braunlichgraue  Oberseite  unterscheidet  Der  Raubwürger  bewohnt  als  Stand- 
vogel das  nördliche  und  mittlere  Europa.  —  Der  Graue  Würger,  Drillelster, 
Z.  MMMT.  Gm.,  ist  obereetts  grau,  Stirn,  breite  Binde  ttber  die  Kopfseite,  Flügel 
und  mittlere  Schwansfedem  schwarz;  äussere  Schwanzfedern,  Sintzensäume  der 
Armschwingen,  Flttgelq>iege1,  Kehle  und  Unterschwanzdecken  weiss;  Brust  und 
Bauch  rosa<  Schwächer  als  der  RaubwUrger.  Belm  Weibchen  ist  die  Stirn  grau 
und  schwarz  gemischt,  Brust  und  Bauch  sind  blasser.  Er  ist  Sommervogel  in 
Mittel-  und  Süd-Europa  und  wandert  im  Winter  nach  Afrika.  —  Der  roth- 
kopfige  Würger,  T,  Senator,  L.,  hat  rotlibraunen  Scheitel  und  Nacken,  Stirn, 
Binde  über  die  Kopiseite,  Oberrücken,  Flügel  und  Schwanz  schwarz.  Die 
äusseren  Schwanzfedern  haben  weisse  Basis  und  Spitze.  Ein  Zügelüeck,  ein 
kleiner  Fleck  über  dem  Auge,  Schulterfedern,  Flügelspiegel,  Bürzel  und  Unter« 
Seite  sind  weiss.  Das  Weibchen  hat  braunen  Oberrttcken.  Er  ist  wenig  stärker 
als  eine  Nachtigall,  bewohnt  als  Bnitvogel  Mittel«  und  Sfld>Ettropa,  West-Anen 
und  Nofd-Afrika  und  wandert  im  ¥^nter  bis  in  das  tropische  Afrika.  —  Die  bei 
uns  gemeinste  Art,  der  Neuntödter,  Dorndreher  oder  rothrückige  Würger, 
Z.  collurio,  \..,  hat  grauen  Oberkopf,  Nacken  und  Bürzel,  durch  das  Auge  eine 
schwarze  Binde.  Rücken  und  Flügel  sind  rothbraun,  Kehle  und  Unterschwanz- 
decken weiss,  Brust  und  Bauch  rosa,  die  mittelsten  schwarz,  die  anderen  weiss 
mit  schwarzer  Spitze.  Beim  Weibchen  ist  die  ganze  Oberseite  rostbraun  mit 
schwarzen  Wellenlinien,  die  Unterseiten  weiss,  auf  Halsseiten  und  Brust  graubraun 
gewellt;  die  Schwanzfedern  sind  rostt>nutn.  Wenig  stärker  als  eine  Nachtigall. 
Bnitvogel  in  Europa,  wandert  im  Winter  nach  Afrika.  Rchw. 

Lanistes,  MomroitT  x8io,  Unterabtiteilung  von  AmpuBaHOf  linksgewunden, 
mit  hornigem  Deckel,  nur  in  Afrika.  Z.  carinaius,  OuviER,  ziemlich  flach,  ge- 
bändert, mit  einem  Kiel  um  den  Nabel,  von  den  grossen  Seen  durch  das  ganze 
Nilgebiet  bis  Egypten  verbreitet;  die  Arteii  der  Westküste  sind  meist  auch  oben 
kanHir,  die  Arten  der  Ostküste  abgerundet  und  grösser,  z.  B.  L.  ovum  und  pur- 
pureum,    y,  V.  M. 

Lanku-Hc-Miau,  eines  der  Urvölker  im  südlichen  China.  Die  L.  begraben 
ihre  Verstorbenen  erst  lange  nach  dem  Tode  und  nur  an  gewissen  Tagen  von 
günstiger  Vorbedeutung,  was  nach  ihren  astrologischen  Berechnungen  höchstens 
einmal  im  Jahre  vorkommt  In  derZirischenzeit  werden  die  Leidien  in  luftdicht 
verschlossenen  Säigen  aufbewahrt    v.  H. 

Lantlionotus,  Steindachner,  Gattung  der  Holodermiden,  oder  Tjrpi» 
einer  eigenen  Familie,  der  Lanthonotidae.  Kopf  depress,  mit  sehr  kleinen,  ge- 
kielten Schildern  bedeckt,  ohne  äussere  Ohröffnung,  keine  Lippenschilder,  keine 
Kehlfalte.  Augen  klein,  ebenso  (iliedmaasseii  und  Zehen.  Auf  dem  Rücken 
Reihen  warziger  Höcker,  jeder  mit  einem  gekielten  Homschild.  Z.  borruensis, 
Steind.  Pr. 

Lanugo«  s.  Haarentwicklung.  Grbcm. 

LanntM,  s.  nianuns.    v.  H. 

Laase.    Das  Urbild  der  Lance  ist  ein  gespitzter  und  im  Feuer  gehärteter 

Stock,  der  mm  Stossen  und  Werfen  benutzt  ward.  So  selbst  bei  den  Germanen 
des  Tahtus.  —  In  der  Zeit  des  geschliflfenen  Steines  stellte  man  Spitzen  aus 
Feuerstein  her,  welche  in  einer  TQlle  von  Holz  befestigt  waren.  Prächtige 


8 

LanMBiatten  —  Lttnettfiidi. 

Lanzenspitzen  der  Art  fand  man  in  Skandinavien,  —  In  der  Metallzeit  stellte  man 
Anfangs  hohl^efjossene  T,an?.enspitzen  aus  Kupfer  und  Bronze  von  ziemlich  plumper 
Form  her.  Erst  die  aus  Eisen  geschmiedeten  Lanzenspitzen  der  Haiistatter-  und 
la-Töne-Zeit  nehmen  eine  elegantere  und  schmülere  Form  an.  In  der  römischen 
Zeit  entstand  aus  der  einfachen  Lanze  das  komplicirte  Pilum,  woraus  sich  zur 
Frankenzeit  der  Angpn  mit  Widerhacken  entwickelt  hat.  Die  I^zen  des  Mittel- 
alters erhielten  vieKach  beilartige  Ansätze.  Lanzen  solcher  Form  nennt  man 
Hellebarden  — (framea).  —  Bei  den  arischen  Stämmen  der  Gallier,  Germanen, 
Griechen,  Römer  galt  die  Lanze  von  kurzem  und  gedrungenem  Bau  ^s  Haupt- 
und  NationalwafTe.     G.  M. 

Lanzenratten  —  Loncheres,  Illig.  (s.  d.).     v.  Ms. 

Lanzenschlange,  s.  Bothrops.  Pk. 

Lanzetegel  =  Dicrococlium  lanceolatum,  Mehlis  (s.  d.).  VVd. 

tfanzettfiscfa,  Ampldoxus  laneeolaiMS,  Pallas  (ßratukhstoma  htMcum,  CostaX 
nennt  man  die  einzige  Art  der  Leptocardier  (s.  d.).  Ausser  den  unter  dem 
cttirten  Artikel  angeführten  Etgenthfimlichkeiten,  welche  die  systematische  Stellung 

des  L.  bestimmen,  ist  Folgendes  noch  m  erwähnen:  Der  Körper  ist  lanzettUch, 
in  der  Mittellinie  über  den  ganzen  RUcken  und  um  den  Schwanz  herum,  am 
After,  der  etwas  seitlich  zwischen  dem  5.  und  dem  letzten  Sechstel  der  Körper- 
länge liegt,  vorbei,  läuft  eine  strahlenlose,  am  Schwänze  etwas  verbreiterte  Flosse 
bis  zu  dem  sogen.  Abdonnn.-\lporus,  einer  hinter  der  Mitte  des  Körpers  befind- 
lichen üeflnung,  die  in  einen,  dem  Cloakairaum  der  Tunicaten  entsprechenden 
Hohlraum  lührt.  Gliedroaassen  fehlen.  Die  Länge  beträgt  bis  Ober  5  Centim. 
Das  Thier  ist  farblos  und  fast  durchdchtig.  ^  Am  vorderen  Körperende,  ein 
wenig  bauchständig,  liegt  eine  Oeffinung,  die  dem  Eingange  in  die  Phaijmgeal- 
höhle  der  Tunikaten  oder  dem  Munde  der  Wirbelthiere  verglichen  wird;  sie  ist 
länglich  und  wird  von  einem  hufeisenförmigen  Knorpel  offen  gehalten,  der  eine 
beträchtliche  Zahl  mit  Flimmerhaaren  bekleideter,  den  Mund  umringender  Cirri 
oder  Fühlföden  trägt.  Kiefer  fehlen  durchaus.  Hinter  jener  (Mund  )  Öcflnung 
folgt  ein  geräumiger  l'haryngealraiiin  (Mundhöhle),  der  fast  bis  zur  Körpeimitte 
reicht.  Seine  ^Vandung  flimmert  stark  und  das  Epithel  bildet  reichlich  mit  Blut 
versorgte,  nach  innen  vorspringende  schräge  Kiemenlamellen,  die  von  Knorpel- 
bögen gestützt  werden,  während  zwischen  ihnen  durch  paarige  Spalten  das  zur 
Athmung  benutzte  Wasser  in  eine  dem  Qoakalraum  der  Tunikaten  entsprechende 
Höhle  und  wdter  durch  den  Abdomioalponis  nach  aussen  ablaufen  kann. 
Zwischen  den  Kiemenspalten  in  der  Mittellinie  des  Bauches  findet  sich  die  dem 
Endostyl  (s.  d.)  der  Tunikaten  entsprechende  Flimmerrinne.  In  der  Tiefe  jenes 
Pharyn):^e:ilraiimes  beginnt  mit  ziemlich  enger  Oeffnung  der  Darm,  der  nach  vorn 
einen  mit  einer  Leber  verglichenen  Blindsack  abgiebt,  sonst  aber  gerade  zum 
After  verläuft.  —  Das  Gcfässsystem  besteht  hauptsächlich  aus  2  Längsgefössen, 
einen  in  der  Mittellinie  des  Bauches,  imtertialb  des  Pharyngealraumes  und 
Darmes  (dem  Rückengefässe  der  Ringelwürmer  vergleichbar)  und  einem  anderen 
zwischen  Darm  und  Chorda  (s.  d.)  (dem  Bauchgefässe  der  RingelwUrmer  ent- 
sprechend). Beide  Längsgefässe  sind  durch  Queranastomosen,  die  namentlich 
zwischen  den  Kiemenspalten  verlaufen  und  die  Kiemenlamelien  als  zu«  und  ab- 
führende Gefässe  versorgen,  mit  einander  verbunden.  Alle  stärkeren  Gefässe  pul- 
siren.  —  Die  Ghorda  ist  sehr  dick,  hat  aber  keine  Knochen-  oder  Knorpel- 
scheide. Das  CciUrnlnervensystem  verlauft  dor-^al  über  derselben,  ohne  An- 
schwellungen.  Ein  unpaarer  Pigmentfleck  am  vorderen  Ende  derselben  und  links 


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jjto  —  Laoten* 


9 


davon  eine  Grube  können  als  rudimentäres  Gesichts-  und  Geruchswerkzeug  ge- 
deutet werden.  Ueber  die  jedenfmlls  sehr  einfach  gebauten  Gesclilechts-  und 
Harnabsunderungsurgaue  exislircii  auch  widersprcciieade  Angaben.  Die  Knt- 
wicklang  sdmmt  im  WeiciitlicheD  mit  derjenigen  der  Cyclostomen  (s.  d.)  Ubcrein. 
Eine  nemlich  bedeutende  Metamorphose  durchläuft  das  junge  Thier  nodi  nach 
dem  AuaachlUpfen;  namentlich  schwindet  erst  sehr  allmähticb  (und  auch  nicht 
völlig)  eine  anfangs  sehr  auffilllige  Symmetrie.  —  Der  Lanzettfisdi  lebt  in  feinem 
Sande  des  flachen  Meeresstrandes;  er  ist  in  der  Kordsee,  im  Mittelmeere,  an  der 
sudamerikanischen  Küste,  im  indischen  Ocean  gefunden  und  hat  vermuthlich  eine 
noch  viel  weitere  Verbreitung.  Die  1  iteratur  über  dieses  intere^srxntc  Thier  ist 
eine  sehr  umfängliche.  Die  wichtr^;sten  Schriften  möchten  folgende  sein:  JoH. 
Müller,  lieber  den  Hau  und  die  I  ebenserscheinungen  des  Bran€hi{;stoma  hibri- 
cum.  Abhandl.  ci.  berliner  Acadeinic,  1642;  K-uwalewski,  Entwickelungsgeschichte 
von  Amphiozus  lanceolalus»  M^.  de  TAc.  de  St  P^tersb.,  1867;  Rolph,  Unter- 
suchungen ttb.  d.  Bau  d.  Amphioxus  hmceolatus»  Stoungsber.  d.  naturf.  Gesell* 
Schaft;  Leipzig  1875.  Ks. 

Lao,  Stamm  der  Dinka-Neger  im  Westen  des  weissen  Nil,  bei  der  Meschera 
cr-Reck.     V.  H. 

Lao-Khong,  Zweig  der  Laoten  (s.  d.)-     v.  H. 

Lao-lan-tao,  Zweig  der  Laoten  (s.  d.).     v.  H. 

Lraomedea,  Lamouroux  =  Obeiia,  Pi^ron  und  Lksi  eur.  Pf. 

Laosaurus  (gr.  las  Stein).  Dinosauner-Gatiung  aus  dem  Jura  Nord- 
amerika's.  Pf. 

Laoten  oder  Lao.  Abtheilung  der  grossen  Familie  der  Thai-  oder  Schan-Vdlker 
in  Hinterindien,  die  südlichen  Nachbarn  der  Chinesen.  Sie  bewohnen  die  inneren 
und  nördlichen  Theile  der  Halbinsel  und  zerfallen  in  die  Lao-pung-kah  oder 
weissbttuchigen  und  die  Lao-punk-dam  oder  schwarzbäuchigen  L.,  welche  letzteren 
den  Westen  des  I^des  innehaben.  Die  L.  sind  überall  Buddhisten,  haben 
überall  eine  gewisse  Zivilisation  und  sprechen  überall  dieselbe  S|)rarhe  mit  ge- 
ringen Abweicliun<;en.  Sie  haben  die  Tradition  von  einem  grossen  Schan- 
Reiche,  das  im  Südwesten  Yünnans  gelegen  und  dessen  Hauptstadt  Kai  Khao 
Mau  Long  am  Schweli  gewesen  ist.  Von  allen  Staaten,  in  die  es  zerfallen,  ist 
vietleidit  nur  das  einzige  Siam  als  unabhängig  übrig;  alle  anderen  sind  Birma, 
China,  Annam  oder  Siam  unterworfen.  Diese  Staaten  reichen  von  der  Meridian- 
kette auf  der  Os^renze  des  eigentlichen  Birma  bis  zum  Kambodscha;  im  Süden 
wohnen  die  an  Siam  Tribut  zahlenden  L.,  die  mit  den  birmanischen  Schan  wenn 
nicht  identisch,  doch  jedenfalls  ungemein  nahe  verwandt  zu  sein  scheinen.  Man 
kann  sie  geradezu  als  die  östlichen  Schan  bezeichnen,  welche  alimiihUch  aus 
Norden,  dem  Thale  des  Mekhong  entlang,  immer  weiter  nach  Süden  hin  vor- 
drangen. Man  nimmt  an,  dass  ihre  ursi)rüngliclien  Wohnsitze  irtTendwo  auf  dem 
osttibetischen  Hochlande  gewesen  seien.  Die  L.  sind  im  Allgemeinen  durchaus 
unkriegerisch  und  rückten  nur  langsam  in  das  Stromthal  des  Menam,  mo  sie 
den  Grundstock  der  heutigen  Siamesen  bildeten.  Noch  heute  unterscheiden 
sich  £e  Sprachen  der  L.  und  der  Siamesen  von  einander  so  wenig,  dass 
beide  Völker  sich  ohne  Schwierigkeit  verstehen;  nur  steht  das  L.  auf  einer  «Iteren 
Lantstufe.  Auch  verlegen  die  siamesischen  Ueberlieferungen  den  Ursprung  ihres 
Volkes  in  das  Innere  von  L.;  dasselbe  gilt  ihnen  als  eine  Art  von  geheiligtem 
Lande,  in  welchem  sich  viele  religiöse  Wunder  begeben  haben.  Ueber  die  Eth- 
nologie des  Wortes  L.  ist  man  noch  im  Unklaren.  Einigen  zufolge  bedeutet  der 


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te 


Laoten. 


Name  L.  soviel  als  dje  Alten.     Im  unteren  L.  bezeichnen  sich  die  Leute  als 
Lea,  werden  auch   so  von  den  Annamiten  cenannt,  und  daraus  ist  wohl  unser 
L.  enstanden.    Erst  in  den  letzten  zwanzig  jähren  sind  wir  mit  den  L.  besser 
bekannt  worden  durch  Doudart  ob  Lacr^,  Henri  Mouhot,  Francis  Garnier, 
Dr.  Harmamd,  Carl  Bock  und  Dr.  Paul  Nbis,  doch  sind  ihre  Berichte  nicht  in 
allen  Punkten  ttbereinstimmend.   Nach  Carl  Bock  giebt  es  heute  sechs,  den 
Sianiesen  unmittelbar  tributpflichtige  L.-Staaten:  Lakon,  Lampun,  Kieng  Mai 
(Xieng  Mai  oder  Tscheng  Mai)  Muang  Nan,  Hluang  Prabang  und  Muang  Prai. 
Alle  sind  durchaus  unabhängig  von  einander,  aber  es  gteht  mehrere  kleine  von 
diesen  grösseren  abhängige  Staaten.  Die  Beherrscher  Aller  sind  Autokraten.  !n  den 
sechs  grosseren  Staaten  giebt  es  je  zwei  Oberhäupter:  den  ^  Tschau  Hlung*  und 
der  »Tschau  Üperat* ;  doch  gilt  let/.terer  oft  melu  als  sein  Vorgesetzter.  Diese 
»Tschauc  oder  Fürsten  sind  eigentlich  blosse  Statthalter,  denen  der  Königstitel 
belassen  ward;  ihre  Aemter  haben  sie  auf  Lebensiett,  sind  aber  nicht  erblich» 
sondern  werden  dem  Namen  nach  vom  Könige  von  Siam  besetzt^  thatsächlich 
jedoch  dnrch  Wahl  und  Empfehlung  des  Volkes.    Der  gesammte  Grund  und 
Boden  gehört  dem  Namen  nach  den  Häuptlingen,  in  Wahrheit  jedoch  gewähren  die 
letzteren  den  zahlreichen  Tschaus  gewisse  Distrikte  oder  Provinze  tarn  lEssenc» 
wie  den  Ausdmrk  lautet.    Diese  Fürsten  zahlen  keine  Steuern,  sorgen  aber  dn- 
ftir,  dass  die  Bevölkerung  richtig  steuert     l^er  Verkehr  zwischen  dem  Volke  und 
der  I?eamten  (»Pya«)  hat  einen  ziemlich   patriarchalischen  Anstrich,   und  Er- 
pressungen von  Seiten  der  Letzteren  kommen  nach  Garnier  weniger  vor  als  in 
anderen  Lindern.  Nach  C  Bock  and  dagegen  die  Fürsten  und  hohen  Beamten 
wahre  Wucherer  und  Meister  in  der  Kunst,  durch  gute  oder  schlechte  Büttel  den 
letzten  Pfennig  aus  dem  gewöhnlichen  Volke  herausruquetsdien;  dennoch  wird 
ihnen  von  diesen  die  grösste  Ehrerbietung  bezeigt    Sehr  viele  Leute  aus  dem 
Volke  sind  entweder  völlige  Sklaven  oder  Schuldsklaven.    Das  Strafgesetxboch 
bildet  im  vollen  Sinne  des  Wortes  einen  Prügelkodcx  mit  vielen  Abstufungen. 
Garmek  sagt:   Der  L.  besitzt  viele  der  Kntwickelung  fähige  Keime  und  scheint 
des  Fortschrittes  fähig.     Sein  ( .eist   ist  wissbegierig  und  in  religiösen  Dingen 
durchaus  tolerant.    Die  nördlichen  L.,  welche  man  an  ihrer  hellen  Hautfarbe  so- 
fort von  den  Birmanen  unterscheidet,  haben  eine  stolze  Haltung,  sind  auch 
rflhiiger  und  betriebsamer  als  jene  im  Süden;  diese  haben  nidit  einmal  Märkte, 
welche  im  Norden  ttberall  gefunden  werden.   Die  nördlichen  L.  sind  aber  sehr 
misstrauisch  gegen  Fremde,  dagegen  von  lobenswertem  Fleisse;  man  sieht  kaum 
Müssiggänger,  und  die  Liebe  zum  Gewinn,  namentlich  zum  Handelsgewinn,  lässt 
ihnen  keine  Ruhe.     Leider  sind  sie  auch  leidenschafdich  auf  Glücksspiele 
erpicht,   und  in  den   Spielhöllen    liegen  Leute  jeden  Alters  auf  schmutzigen 
Matten.   C  Bück  meldet  dagegen:  Von  allen  L.  sind  die,  welche  am  nördlichsten 
wohnen,  am  weitesten  zurück.    Edler  Regungen  sind  sie  nicht  fähig,  im  Gegen- 
theil  im  hohem  Grade  gemein.   Freigebigkeit  und  Edelmuth  sind  Begriffe,  die  sie 
nicht  verstehen;  sie  sind  der  gewöhnlichen  menschlichen  Theilnahme  bar;  jeder 
einzelne  strebt  nur  darnach,  seine  eigene  Person  nicht  in  die  Klauen  der  Geister 
allen  xu  lassen.    Ihre  höchste  irdische  Begierde  ist  Gdd,  Geflisse  und  Schmuck- 
sachen von  Gold  und  Silber  und  jeden  anderen  wetthvollen  Gegenstand  au&uhäufen; 
in  den  Mitteln  des  Erwerbs  sind  sie  eben  nicht  sehr  v  rihlerisch.  Sie  sind  femer 
äusserst  unzuverlässig  und  wunderbar  geschickt  in  Ausreden,  aus  jeder  lästigen 
Lage  suchen   sie  sich  durch  Versprechungen,  deren  Erftillung  ihnen  nicht  allzu 
sehr  am  Herzen  liegt,  zu  befreien,  und  machen  sich  g^r  nichts  daraus,  Uber  einer 


II 


Lüge  ertappt  zu  werden;  doch  sind  sie  im  allgemeinen  in  ihrem  häuslichen  Ver- 
kehre sittlich.  Ihr  Antlitz  entbehrt  der  Fähigkeit,  irgend  einen  Wechsel  innerar 
Regungen  su  vemiUieOp  ausgenommen,  wenn  ihr  Zorn  enegt  wird.  Selbst  das 
wdblidie  Geschlecht  sieht  mm  selten  weinen  oder  lachen.  Trägheit  ist 
ihnen  angeboxen.  Von  der  Möglichkeit,  ihre  eigene  Lebens^  und  Gesellschafks- 
stelttu^  an  verbessern,  lassen  sie  sich  nichts  triiumen.  Das  Leben  eines  L.  ist 
demgemSss  dnlönnig  und  für  einen  Europäer  unerträglich  langweilig.  Die  Frauen 
verrichten  alle  wirklich  schweren  Arbeiten;  sie  srien  den  Reis,  sie  ernten,  ent- 
hülsen und  reinigen  ihn,  sie  kochen  und  helfen  ihn  essen,  —  letzteres  eines  der 
wenii^cn  Dinge;  in  denen  sie  mit  den  Männern  gleich  stehen.  Die  L.  sind  Freunde 
der  Musik,  welche  weich,  harmonisch  und  sentimental,  nach  Anderen  aber  ein- 
fttnnig  sein  soll,  was  eher  glaublich  ist,  weil  sie  bloss  Gongs,  Trommeln  und  eine 
Art  RhoipfeiJien  besitsen.  Sonst  moA  die  L.  geschickt  in  der  Herstellung  von 
Silber-  und  Lackwaaren.  Ueberall  wird  Reis  gebaut,  welcher  die  Hauptnahrung 
bildet:  aosseidem  auch  Tabak,  Baumwolle,  Zuckerrohr,  MaulbeerbAume  u.  dgl. 
Die  L.  essen  zweimal  täglich,  etwa  7  Uhr  Morgens  und  gegen  Sonnenuntergang. 
Sic  sitxen  in  einem  Kreise  auf  dem  Boden  oder  auf  Matten  vor  lackirten  oder 
messinjrenen  Präsentirbrettem  mit  einer  Anzahl  von  Schüsseln  und  kleinen  Ter- 
rinen mit  petrockneteiu  oder  gekochtem  Fisch,  gedämpften  Büffelfleischst ii<  k(:'n, 
Salzeiern  oder  S(  hwcmefleisch,  Reis  und  Gemüsen.  Das  birmanische  >Ngapi'i 
spielt  auch  hier  cme  grosse  Rolle.  Betelkauen  ist  allgemein  und  beginnt  fast 
mit  dem  ersten  Kindesalter  und  hört  erst  mit  dem  Tode  auf.  Die  Ortschaften 
in  Lao  liegen,  wenigstens  in  den  sttdlichen  Landestheilen,  gleichviel  ob  gross 
oder  Ucm,  den  Flflssen  entlang.  Die  Httuser  sind  mit  Gärten  umgeben  und 
durch  Fusswege  mit  einander  in  Verbindung  gebracht.  Die  Wobnungen  von 
Fttrsten  und  Bauern  gleichen  sich  in  Plan  und  Bauart;  nur  in  der  Grösse,  den  Bau- 
stoffen und  der  Ausstattung  zeigt  sich  der  Unterschied.  Die  Häuser  haben  nie 
mehr  als  ein  Stockwerk  und  stehen  auf  1,5  —  2,4  m  hohen  Pfählen.  Eine  Troiipe 
oder  Leiter,  3 — 4  Stufen  hoch,  führt  an  der  Vorderseite  des  Hauses  auf  eine 
rings  um  dasselbe  laufende  Gallerie,  die  stets  sehr  schlüpfrig  und  oft  nicht  in 
gutem  Stande  ist.  Das  Strohdach  der  Häuser  üiii  scharf  ab,  die  Wände,  ein 
doppeltes  Bambugeflecht,  sind  auf  der  inneren  Sdte  mit  BUttem  bddddet;  der 
Hausrath  ist  einlach,  liCatten  und  Kissen  bilden  die  wichtigsten  Bestandtheile.  Im 
Emp£uigssaale  hängen  allerlei  Waflen;  Lansen  oder  Musketen  mit  Feuerstein- 
schloss»  Jagdgeräthe,  Fiscberaetse  u.  dgl.  m.  In  dem  ofienen  Räume  unter  der 
Diele  werden  die  Elefantentragsessel  und  Ochsenpacktfttd  aufbewahrt.  Nur 
Elefanten  und  Ochsen  dienen  als  Lastthiere,  daher  Karren  selten  sind;  Elefanten 
werden  auch  zum  Reiten  benutzt,  aber  nur  männliche,  und  es  gilt  für  eino'grosse 
Beleidif^uriL;,  Jemandem  einen  weiblichen  Elefanten  zum  Reiten  anzubieten.  Das 
hauptsächlichste  Kleidungsstück  ist  das  >Patüii,  ein  1,8— 2,2  m  langes  und  60  bis 
90  cm  breites  Stück  BaumwoU-  oder  Seidenstotfes,  das  um  den  Körper  geschlungen 
vom  susammengerollt  wird,  bis  es  fest  anschliesst;  dann  wird  das  Ende  der  Rolle 
zwischen  den  Bdnen  durchgezogen  und  hinten  in  das  Zeug  von  oben  hör  ein* 
gestopft.  Die  besseren  Klassen  tragen  gewöhnlich  noch  einen  Gürtel,  oft  von 
Europa  eingeführt  Die  Kleidung  ist  in  der  Regel  Hausarbeit;  fast  jedes  Haus 
hat  einen  einheimischen  Webstuhl.  Die  Zeuge  sind  dunkelblau  —  am  meisten 
beliebt  —  orangegelb,  braun  oder  schokoladenartig  geförbt.  In  der  kühleren 
Jahreszeit  tragen  bL-ide  Geschlechter  ein  grosses,  dickes,  baumwollenes  Sliawl- 
tuch,  £ast  stets  rot  und  weiss  gestreift;  ausserdem  einen  langen  Umhang  au$ 


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ta 


Laoten. 


Baumwolle  oder  bei  festlichen  Gele<jenheiten  aus  Seide,  gelb,  weiss  oder  roth, 
der  um  den  Körper,  nicht  um  den  Hals,  f^etragen  oder  über  die  Schulter  ge- 
worfen wird.  Reiche  ziehen  eine  enge  Jacke  aus  Baumwolle  oder  Seide  an. 
Auch  benutzen  die  Männer  in  dieser  Zeit  Sandalen  aus  Biifl'elhaut.  In  Kopfbe- 
deckungen herfscht  grosse  Mannigfaltigkeit;  im  Norden  sind  hauptsächlich  riesige 
Kopf  bttte  aus  Yttnnan  gebräuchlich.  Das  HauptkleidungtstUck  der  Frauen,  »Sin«, 
welches  die  Stelle  des  europäischen  Untenocks  vertritt,  ist  aus  drei  in  Farbe  und 
Stoff  verschiedenen  Theilen  zusammengenäht;  man  schlägt  es  um  den  Leib 
und  stopft  die  Enden  hinten  an  der  Taille  ein.  Das  iPahtongc  oder  Umschlage- 
tuch wird  über  dem  Sin  getragen,  so  dass  es  teilweise  die  Brust  bedeckt,  weiss, 
gelb  oder  am  liebsten  blassroth.  Es  wird  x\her  Bnjst  und  Schulter  geworfen, 
unter  dem  Arme  durchgezogen  und  wieder  über  dieselbe  Schulter  genommen, 
von  welcher  man  angefangen  hat;  dann  lässt  man  das  Ende  vorn  herunterhängen, 
oder  man  windet  es  einfach  fest  über  die  Brust  und  unter  den  Armen  weg. 
Wenige  Laotinnen  fangen  an  enge  Jacken  mit  ebenso  engen  Aermeln  zu 
tragen.  Das  Haar  lassen  sie  lang  wachsen  und  binden  es,  tüchtig  gefettet,  am 
Hinterkopf  in  einen  hübschen  Knoten  zusammen,  um  den  nch  stets  Blumen 
schlingen.  Bisweilen  wird  das  Haar  mit  einer  goldenen  Nadel  geschmückt;  bei 
festlichen  Anlässen  trägt  man  Gold-  und  Silberarmbänder.  Die  Männer  lassen 
das  Haar  entweder  ganz  kurz  schneiden  oder  den  Kopf  abrasiren  mit  Ausnahme 
eines  Büschels  am  Scheitel,  welcher  glcichmässig  wie  eine  Bürste  abgeschnitten 
wird.  Im  westlichen  I.ao  herrscht  die  Sitte,  den  Körper  oberhalii  des  Nal)cls 
bis  unterhalb  der  Kniesclieibe  zu  (ättowiercn.  Die  L.  im  Mekhongdistrikt  haben 
dagegen  nur  eine  Figur  oder  zwei  entweder  auf  den  Beinen  oder  auf  der  Brust. 
Die  Mode,  die  Ohren  zu  durchlöchern  und  auszuweiten,  um  Blumen,  Zigarren 
und  andere  Gegenstände  darin  tragen  zu  können,  ist  bei  beiden  Geschlechtem 
allgemein  verbreitet  und  lässt  ihre  grossen  Ohren  noch  grösser  erscheinen.  Grosse 
Ohren  gelten  als  Zeichen  langen  Lebens  und  werden  demgemäss  hoch  geschätzt. 
Die  L.  sind  abgehärtet  und  ertragen  die  bedeutenden  Temperaturschwankungen 
ihres  Klimas  gut.  Der  Gesichtsausdruck  der  T..  ist  besser  als  derjenige  der  Ma- 
layen;  sie  haben  hohen  Vorderkopf  und  die  Männer  besonders  regelmässige, 
wohlgeformte  Nasen  mit  kleinen  Löchern.  Die  TJppen,  namentlich  die  oberen, 
stehen  etwas  vor,  die  Augen  aber  schief.  Manche  Frauen  und  Mädchen  kann 
auch  ein  Europäer  hübsch  finden  und  machen  einen  anmuthigen  Eindruck;  doch 
haben  die  jungen  Frauen  oft  ein  fettes,  vollmondartiges  Anditz  und  werden  durch 
diese  Fettlagen  verunstaltet  Die  Frauen  sind  stets  noch  heller  als  die  Männer 
und  haben  einen  Anflug  von  Olivenfarbe;  das  Haar  ist  grob,  schlicht,  glänzend 
schwarz,  gelegentlich  in's  Braune  spielend.  Eine  eigentilmliche  Fertigkeit  der 
Frauen,  bisweilen  auch  der  Männer  zeigt  sich  in  dem  Unobiegen  des  Ellbogens 
nach  der  falschen  Seite  hin,  so  dass  der  Arm  nicht  ledigli(  h  gerade  gestreckt, 
sondern  rückwärts  geboj;en  und  die  Innenseitc  des  Armes  nach  aussen  gedreht 
wird.  Die  L.  auf  dem  Lande  und  im  Walde  sind  sehr  unreinlich,  halten  sich 
aber  von  den  Fremden  abgesondert,  und  nie  heiratliet  ein  L.  eine  Siamesin,  ob- 
gleich die  Laotinnen  wegen  ihres  schönen  Körpers  von  reichen  Stamesen  sehr 
zur  Heirath  begehrt  werden.  Dem  Namen  nach  besteht  bei  den  L.,  welche 
sehr  jung  heiralhen,  Monogamie.  Die  mit  allem  dazu  gehörigen  Pomp  gehel- 
rathete  wirkliche  Frau  steht  dem  Manne  im  Range  gleich  und  ist  Herrin  des 
Haushaltes,  übt  auch  eine  bedeutende  Gewalt  aus,  weil  der  von  Natur  scharfe 
Verstand  des  Weibes  m  seinem  wahren  Werthe  anerkannt  wird.  Fürsten  und 


I  —  II 


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LwMilMnig  —  (Kaiit)-Iifti)lMe*«clie  KoraK^enie.  13 

• 

Beamte  haben  ausserdem  Sklavinnen,  welche,  wenn  sie  ihrer  überdrüssig  sind,  ver- 
kauft oder  anderweitig  vcrthan  werden.  Was  die  Brautwerbung  anbetrifft,  so  weiss 
man,  dass  das  Anbieten  einer  Blume  oder  die  Bitte,  eine  Zigarette  an  derjenigen 
im  Monde  einer  Schönen  anxttnden  zu  dürfen,  als  Liebeserklärung  gilt.  Die  An« 
nähme  der  Blume  oder  die  Gestattung  der  Bitte  ist  thatsächlich  die  Einwilligung 
seitens  der  Dame.  Eine  Hochzeit  ist  im  Allgemeinen  eine  wichtige  Sache,  bei 
der  man  sich  sehen  lässt,  natürlich  je  nach  den  Verhältnissen  und  dem  Range 
der  unmittelbar  betheiligten  Personen.  Die  Reinheit  der  ehelichen  Verbindung 
ist  in  mancher  Hinsicht  für  die  Krbfolge  unbedingt  erforderlich.  Das  Kind  einer 
Frau,  die  t.  P.  kerne  geborene  Prinzes.sin  ist,  kann  seinem  königlichen  Vater  nicht 
in  der  Würde  folgen.  Für  das  Familienleben  gelten  die  chinesischen  Gesetze; 
übrigens  w  ird  es  ancli  von  Seiten  der  Frauen  mit  der  ehelichen  I  reue  nicht  sehr 
streng  genommen,  und  der  Verführer  hat  nur  eine  Geldstrafe  zu  bezahlen;  man 
ist  in  solchen  Dingen  äusserst  nachsichtig.  Eigendtche  Erziehung  giebt  es  für 
beide  Geschlechter  nicht.  Niemand  verlangt  von  Frauen  iigend  weldie  (^lehrte 
Bildung,  und  solche,  die  lesen  und  schreiben  können,  sind  weisse  Raben;  in 
diesen  Künsten  empfangen  indess  die  meisten  Knaben  etwas  Unterricht.  Die 
Priester  sind  die  Lehrer  und  ihre  Lehre  beschränkt  sich  auf  die  Vorschriften 
Bud.llias  und  die  Legenden  aus  seinem  Leben.  Tn  mehreren  Tunkten  weichen 
die  relipif^sen  Gebräuche  der  L.  von  denen  der  Siamesen  ab;  ilire  Priester  haben 
ein  vom  siamesischen  verschiedenes  Gesetzbuch.  In  Lao  erfolgt  der  FJnlritt  in 
die  Priesterschalt  freiwillig,  wenn  auch  der  allgemeinen  Regel  nach  aus  jeder 
Familie  immer  ein  Mitglied  das  Priestergewand  nimmt  Ferner  dürfen  bei  den  L. 
die  Priester,  unter  denen  es  drei  Grade  giebt,  weltliches  Gut  besitzen;  wirklich 
dnd  viele  von  ihnen  recht  wohlhabend  und  besitzen  nicht  bloss  Güter  und  beweg* 
liches  Eigenthum,  sondern  auch  Sklaven.  Auch  haben  sie  keine  bestimmten  Stun- 
den für  ihre  Mahlzeiten.  Trotz  der  Priester  übt  der  Aberglaube  eine  ausseror- 
dentliche Gewalt  über  die  L.     v.  H. 

Lao-ubortg,  Zweig  der  Laoten  (s.  d.).      v.  H. 

Lapai,  \  (  Ikerschaft  der  Ka  Khyen  (s.  d.)  in  Uintexindien.      v.  H. 

Lapanas,  s.  Lipani.     v.  H. 

Laphria,  Mtic.  (gr.  Beiname  der  Artemis).  Mordfliege,  eine  Gattung  der 
Raubfliegen  s.  Asiliden  (wo  durch  einen  Druckfehler  »Mondfliegcc  steht),  die 
nch  durch  gebogene  Hinteischienen,  verdickte  Schenkel  und  ein  keulenförmiges 
drittes  FOhleiglied  ohne  Endgriflel  auszeichnen.  33  meist  breitletbige  mehr  oder 
weniger  sammetartig  behaarte,  europäische  Arten.    E.  Tg. 

LapidnL  Kleine  Völkerschaft  Altttaliens,  auf  dem  nördlichen  Abhaoge 
der  Apenninen  wohnhaft.     v.  H. 

Lapiden  oder  Japiden,  Stamm  der  Albanesen  oder  Ski])elaren  (s.  d.)  an  bei- 
den Gehängen  des  Clumaragelnrgcs  bis  zum  mittleren  Wojutza.     v.  H. 

(Kant)-Laplace"sche  Kosmogenie.  Im  Jahre  1755  stellte  Kant  eine  Welten- 
hypothese auf,  welche  später  namcntUcii  durcli  Laplace  ausführlicher  begründet 
wurde.  Sie  sagt  aus,  dass  das  Weltall  ursprünglich  ein  gasförmiges  Chaos  ge« 
wesen  sd.  Ibi  Folge  von  ungleicher  Dichtigkeit  an  veischiedenen  Stellen  gerieth 
dieser  »Umebel«  in  Rotation,  wobei  sich  immer  mehr  Partien  stärker  als  die 
übrige  Masse  verdichteten  nnd  auf  letztere  sogenannte  Anziehungsniittelpunkte 
bildeten.  —  So  entstanden  :ius  der  ursprünglichen  C^masse  viele  rotirende 
Nebelmassen,  bei  denen  die  Verdichtung  immer  weiter  fortschritt.  Das,  was 
wir  als  unser  »Sonnensystem«  in  Anspruch  zu  nehmen  uns  berechtigt  halteui 


^ujui^uo  i.y  Google 


(KMrtVLaplMc'scIie  Komofnlc 


war  einer  von  diesen  Gasbällen,  dessen  Fheile  sich  alle  um  einen  gemeinsamen 
Mittelpunkt,  den  Sonnenkern  herumdrehten.     Durch  die  Rotationsbewegung  kam 
dabei  eine  abgeplattete  Kugelgestalt  zu  Stande.    Während  die  Centripctalkraft 
bestrebt  war  in  der  Richtung  zum  Mittelpunkte  verdichtend  zu  wirken,  liess  um- 
gdcehrt  die  Centrifugalkraft  die  peripherischen  Theile  sich  immer  mehr  von  jenem 
entfernen,  bis  es  in  der  Aequatorialgegend  sur  Ablösung  ringförmiger  Nebel- 
massen kam,  welche  die  Bahn  der  sukflnftigen  Planeten  vorzeichneten.  Die  Bing- 
nebel  verdichteten  sich  mit  der  Zeit  zu  kugeligen  »Planetenc,  welche  um  ihre 
eigene  Achse  sich  drehend,  zugleich  um  den  Centraikörper  rotirten.   Aufe  neue 
lösten  sirb  Nebelringe  ab,  verdichteten  sich  und  rotirten  als  Monde  um  die  vor- 
her gebildeten  Planeten.     Der  Mond  des  Saturn  hat  sich  nicht  verdichtet,  son- 
dern repräsentirt  noch  heute  RinggestalL    Diese  ])hysikalischen  Vorgänge  wieder- 
holten sich  vielfach  bis  die  verschiedenen  Sonnensysteme,  die  Planeten,  welche 
sich  um  ihre  centrale  Sonne  drehten  und  die  Monde  oder  Trabanten,  die  sich 
um  ihren  Planeten  bewegten,  entstanden  waren.  Die  Weltkörper  aber  behielten 
die  Gasform  nicht  bei,  sondern  gingen  durch  fortschreitende  Abktthlung  in  den 
feuerflüssigen  Aggregatsustand  über.    »Durch  den  Verdichtungsvoigang  selbst 
wurden  grosse  Mengen  von  Wärme  frei,  und  so  gestalteten  sich  die  rotirenden 
Sonnen,   Planeten  und  Monde  bald  zu  glühenden  Feuerbällen,  gleich  riesigen 
geschmolzenen  Metalltropfen,  welche  Licht  und  Wärme  ausstrahlten.  Durch  den 
damit  verbundenen  \Vä"rnievcrlusi  verdichteten  sich  wiederum  die  geschmolzenen 
Massen  an  der  Oberfläche  der  feuerflüssigen  Bälle  und  so  entstand  eine  dünne 
feste  Rinde,  welche  einen  feuerflUssigen  Kern  umschloss.    In  allen  diesen  Be- 
ziehungen wird  sich  unsere  mütterliche  Erde  nicht  wesentlich  verschieden  von 
den  flbrigen  Weltkörpern  verhalten  habende    Die  erste  Erstarrungskruste  aber 
wurde  bald  uneben  und  hdckerif^  indem  sich  der  feurigflilssige  Kern  immer  mehr 
verdichtete  und  zusammenzog.    Dabei  entstanden  in  der  Rinde  vielfach  Risse 
und  Spalten,  aus  denen  der  feurigflUssige  Kern  abermals  hervorquoll,  wodurch 
nach  der  Erstarrung  Berste  und  Thäler  als  sogenannte  Urgebirge  oder  vulkanische 
Gebirge  gebildet  wurden.     Erst  nachdem  der  Erdball  sich  um  ein  Bedeutendes 
abgekühlt  hatte,  konnte  die  Entstehung  des  Wassers  in  tropfbar  flüssiger  Form 
vor  sich  gehen.    Es  war  bisher  nur  in  Dampfform  in  der  den  Erdball  umgeben- 
den Atmosphäre  vorhanden  gewesen.    Nach  der  Abkühlung  aber  condensirte 
sich  das  Wassergas.    Die  so  entstandenen  flüssigen  Wassennassm  fllllten  die 
Thäler  aus,  nagten  mit  gewaltiger  Kraft  an  den  Erhöhungen  der  festen  Erdrinde 
und  sptttten  den  gebildeten  Schlamm  von  einem  Ort  zum  anderen.    So  erklärt 
es  sich,  da»  auch  das  Wasser  an  der  Umgestaltung  der  Erdoberfläche  einen  grossen 
Antheil  hatte,  die  einzelnen  Schlammmassen  zu  mächtigen  Schichten  übereinan- 
derlagerte  und  auf  neptunistischem  Wege  Gebirge  cnstehen  Hess.    Näheres  Uber 
die  hier  kurz  besprochene  Hypothese  findet  man  bei:  i.  Kant,  Allgemeine  Na- 
turgeschichte und  Theorie  des  Himmels,  oder  Versuch  von  der  Verfassung  und 
dem  mechanischen  Ursprünge   des  ganzen  Weltgebäudes  nach  Newton  sehen 
Grundsätzen  abgehandelt.     Königsberg  1755.    2.  Laplace,  Trait^  möcanique 
cäeste.    Vol.  i.    Paris  1799.    3.  Häckbl,  Natürliche  Schöpfungsgeschichte. 
BerUn,  Reimer  1874;  HAckel,  Generelle  Morphologie.  Berlin  1866.   4.  GtmmBK, 
Lehrbuch  der  Geophysik.  Bd.  i.  Stuttgart,  Enke,  1884.  Auf  die  astronomischen, 
pbjnnkalischen  und  chemischen  Bedenken,  welche  gegen  die  KANT-LAPLACs'sche 
Hjfpothese  geäussert  worden  sind,  können  wir  hier  nicht  näher  eingehen.  Ueber 


LaplywA  ~  Lappen. 


den  Ursprung  des  Lebens  auf  der  Erde  ist  der  Artikel  >  Urzeugung«  zu  ver< 
gleichen.  Grbch. 

Laplysia,  bei  LinnA  unrichtige  Schreibart  für  Aplysia,  s.  d.   £.  v.  M. 

Lappen  oder  Sabm^  die  sich  selbst  Samer  oder  Sahmelads  nennen,  die  ur-* 
q>rttnglichen  Bewohner  Finnlands,  von  wo  «e  von  den  eindringenden  Finnen 
(s.  d.)  immer  mehr  nach  Westen  und  Norden  verdiiingt  wurden.  In  der  Urzeit 
haben  sie  oder  stammverwandte  Völker  wohl  auch  einen  grossen  Theil  Mittel- 
Europa's,  besonders  Norddeiitschlands,  inne  gehabt.  Gegenwärtig  bewohnen  sie 
in  einer  Gesammtzahl  von  3c  o::o  Köpfen,  die  in  Ost-  und  West-Finnmarken 
stetige  Zunahme  zeigen,  den  a.l^^cr^ten  Norden  Ruropa's,  wo  sie  im  Clouveme- 
ment  Archangel,  in  i  mnland  und  in  den  inneren  i  heiien  Schwedens  und  Nor- 
w^ens,  etwa  140  km  von  der  Kttsfie  des  Bottnisdien  Meerbusens  entfernt,  bis 
znoi  65.  oder  64^  n.  B.  herab,  als  Berg*  und  See-L.,  entweder  angesiedelt  oder 
nomadtsirend  leben.  Sie  sind  ein  Zweig  der  Finnischen  Familie  schwerlich  aber 
mehr  eme  reine  Race.  Die  Tracht  der  L.  besteht  in  einem  Pelze,  langen  Bein- 
kleidern  und  Schuhen  aus  Renthierfell,  sog.  »Komagerc.  Die  beiden  letzteren 
Stücke  sind  bald  zusammengenäht,  bald  nur  festgeschnürt.  Der  vorn  zugenähte 
lange  Rock,  mit  enpera  Knopfloch  und  stehendem  Kragen  wird  mit  einem  Gürtel 
befestigt,  der  die  Hauptzieraten  enthält  und  in  welchem  Waffen,  Ringe  und 
Amulette  stecken.  Eine  Tasche  im  Gürtel  birgt  die  Pfeife,  einen  Löffel,  ein 
Trinkgefass,  bei  den  Weibern  das  Nähgeräth;  die  Sehnen  des  Ren  dienen  als 
Zwirn.  Leinwand  brauchen  sie  gar  nicht.  Die  Mtttse  unterscheidet  beide  Ge- 
schlechter. Die  norwegischen  und  finnischen  L.  tragen  um  den  Hab  einen  Büren- 
fellkragen,  welcher  Uber  Brust  und  Achseln  herabhängt  und  überdies  noch 
Gesiebt  und  Ohren  schützt.  Die  russischen  L.  tragen  dagegen  eine  mit  Ohr- 
läppchen versehene  Kopfbedeckung,  bei  den  Männern  abgerundet,  bei  den  Weibern 
mehr  hoch  und  breit.  Die  Kleider  bestehen  im  Sommer  aus  groben  Wollen- 
zeuge, im  \V'inter  aus  Renthierfell,  dessen  Haare  nach  nn'^»;en  gekehrt  sind.  Die 
Wohnungen  tGamen^  weichen  nach  Art  der  Beschäftigung  bedeutend  von  einan- 
der ab.  Im  ganzen  stehen  die  nomadisirenden  Berg-L.  viel  tiefer  als  die  obzwar 
ärmeren,  doch  ansässigen  See-  oder  Fischer-L.  Die  Wohnungen  der  Bcrg-L.  smd 
hieine  elende  Zelte,  deren  aus  bogenförmigen  Holzem  bestehendes  Gerüst  mit  einer 
groben  Tudidecke  Aberzogen  ist  In  der  Mitte  befindet  sich  unter  dem  Rauch- 
locbe  der  Herd,  ans  einigen  kreisförmig  zusammengereihten  Steinen  «rbaut  Der 
Boden  wird  mit  Birkenreisern  bestreut  und  mit  einigen  Rendiierhäuten  bedeckt. 
Viel  besser  und  wohnlicher  sind  die  Hütten  der  See-L.  aufgeführt.  Auf  der  hölzernen 
oder  steinernen,  mit  Torf  ausgekleideten  Unterlage  ruht  ein  Brettergerüst  von 
pyramidaler  oder  mehr  abgerundeter  Form,  welches  oben  einen  Abzug  des  Rauchs 
frei  lässt.  Das  Innere  ist  durcli  zwei  Längen-  und  Querbalken  in  neun  i  heile 
abgetheilt,  von  denen  die  drei  hinteren  als  Vorrathskammem  für  Lebensmittel 
und  die  besseren  Geräthe,  die  drei  vorderen  zur  Aufbewahrung  von  Holz  imd  dem 
gewöhnlichen  Hausrath  dienen,  während  die  drn  mitüeren  cur  Wohnung  bestimmt 
sind,  so  zwar,  dass  die  Kfiche  unterhalb  des  Rauchloches,  die  eigentlichen  Wohn- 
stätten zu  beiden  Seiten  der  KUche  sich  befinden.  In  der  Nähe  einer  solchen 
Hütte  befindet  sich  in  der  Regel  eine  Fischkammer,  auf  Pfuhlen  erbaut  damit 
die  dort  aufbewahrten  Vorräthe  gegen  die  Angriffe  der  wilden  Thiere  geschützt 
seien.  Die  Enare-T.  leben  in  Jurten,  die  sie  »Kote^s«  nennen,  in  Unsauberkeit. 
Die  L.  überhaupt  sind  klein,  fein  gebaut,  aber  ungemein  zäh,  meist  hässlirh,  haben 
braunes  Haar  und  kleme,  braune,  schiefe,  zwar  lebhfUle,  aber  durch  ihre  Wimper 


16 


longkeit  und  ihren  entsttndeten  Rand  hässKche  Augen,  kurze,  breite  Stime,  dicke 
Nase,  mit  eingebogenem  Rttcken,  vorspringenden  Backenknochen,  spitzes  Kinoy 
dttnnen  Bart  und  gelblich  braune  Haut  Der  Zahnbogen  weist  eine  eigen» 
thümliche  Bildung  auf.  Die  mongolische  Verwandtschaft  ist  noch  immer  erkenn* 

bar  in  der  Bracbykcphalie.    Fast  alle  zcii^en  die  ohne  Läppchen  angewachsene 
Ohrmuschel.  In  Lappland  gibt  es  auch  Flachsköpfe  mit  blauen  Augen.  Virchow's 
Ansicht,  dass  die  L.  infolge  ungenügender  Nahrung  eine  j)atbologische  Race 
seien,  bei  der  das  Gebiss  wegen  vorwiegender  Milchnalirung  wenig  ausgebildet 
ist,  ist  jedoch  nicht  zulässig.    Die  norwcgisclien  L.  unterscheiden  sich  von  den 
russischen  durch  die  Scluvärze,  Dichtheit  und  den  Glauic  der  Haare;  die  nörd- 
lichen TL  sind  etwas  grösser,  muskulOser  und  weisser  im  Gesicht;  die  schvfedi- 
schen  und  norwegischen  sind  etwas  gebildeter,  thätiger  und  arbeitsamer  als  die 
nissischen  und  ertragen  leichter  die  grössten  Beschwerden.  Die  kleinen  Kinder 
werden  in  verschlossenen  Holzkasten  herumgetragen.   MÜnner  und  Weiber  haben 
eine  leidenschaftliche  Neigung  sich  zu  berauschen.   Castr^n  berichtet,  dass  die 
L.  und  besonders  die  Weiber  äusserst  nervös,  besonders  beim  geringsten  Anlass 
schreckhaft  sind,  i;nd  erschreckt  entweder  bewusstlos  niedersinken  oder  in  wnhn- 
sinni.'^er  Wuth  beissen,   krat/cn   und   s(  hlagen.     Wenn   sie  nach  längerer  Rulie 
wieder  /.u  sicli  kommen,  haben  sie  keine  oder  doch  nur  eine  verworrene  Erinne- 
rung an  das  Geschehene.    Die  L.  sprechen  eine  Menge  mit  schwedischen  und 
nor%vegi sehen  Wörtern  versetzter,  an  Gurgel-  und  Kehllaute  rdcher  Dialekte,  l^e 
sehr  unangenehm  klingende  Sprache  die  nur  la  Konsonanten  besitzt,  hat  fast 
keine  Poesie.   Die  alten  Lieder  sind  nur  Wenigen  bekannt  Das  Singen  der  L., 
das  sie  besonders  im  Rausche  anstimmen,  heisst  >Geiken<  und  kommt  dem 
Bellen  eines  heiseren  Spürhundes  nahe.   Eine  Vermischung  mit  den  Normannen 
kommt  fast  niemals,  ziemlich  häufig  aber  mit  Finnen  vor;  die  L.  gelten  bei  den 
•ersteren  als  eine  niedrigere  Menschenrasse;  indess  fehlt  es  ihnen  nicht  nr  Intelli- 
genz und  Geschick.     Geduldiges,  genügsames  Wesen,  Dienstfertigkcit  und  Red- 
lichkeit sind  ihre  liervorragendsten  Tugenden,  denen  freilich  Trägheit,  Misstrauen 
und  Unversöhnlichkeit  bei  erliilenen  Kränkungen  manchen  Abbruch  thun.  Falscli- 
heit  und  Heimtücken,  die  man  ihnen  vorwirft,  sind  wohl  Folgen  der  verachteten 
Stellung.   Diebstahl  ist  äusserst  selten.   Stols  ist  ein  Haaptsug  ihres  Charakters. 
Ihre  Alpen  und  ihre  Heimat  lieben  sie  Aber  Alles.  Von  Aberglauben  an  Zaube- 
rei und  übernatürliche  Kenntnisse,  so  wie  an  Amulette,  sind  sie  noch  nicht  frei, 
sie  hatten  und  haben  noch  ihre  »Noaiden«,  Zauberer,  welche  Priester,  Weissager 
und  Rathgeber,   zugleich,   aber  aucli  Aer/te  und  im  Allgemeinen  die  Vermittler 
zwischen   den  (iottern  oder  der  Geisterwelt  und  dem  Menschen  sind,  sieh  aber 
weder  als  Richter  noch  als  Schiedsrichter  in  die  Streitigkeiten  des  Volkes  mischen. 
Die  Hauptsache  beim  Noaidendiensl  sind  Zauberlieder,  Hexereiformeln,  allerlei 
Mummerei  und  Behängen  mit  Hexenputz-  und  Geschmeide.    Auch  die  Zauber- 
trommel  und  der  Runenbaum  (»Gobdas«)  spielen  eine  grosse  Rolle.  Indess  sind 
jetst  alle  L.  Christen  und  im  Allgemeinen  reli^ös.   Die  Enare-Lapps  im  nörd- 
lichen Finnland  und  an  der  Grenze  Schwedens,  die  zwar  finnisch  sprechen,  aber 
fremden  Ursprungs  sind,  sind  zwar  Lutheraner,  haben  aber  noch  Reste  von 
Schlangendienst.     Die  3000  L.  in  Russisch-Lappland  gehören  der  griechischen 
Kirche  an.    Ursprünglich  sind  alle  L.  Nomaden;  die  Armut  hat  aber  Einige  ge 
noOn'c^t,  an  die  Küste  zu  ziehen  und  Fischerei  zu  treiben  oder  in  die  Thäler  und 
den  15oden  zu  bebauen.     Daher  die  zwei  Arten:  Söc-  und  Höe-L.     Der  Haiij>t- 
stamm  aber  lebt  noch  nomadisch  in  Lappland,  aber  auch  als  zwei  Arten:  als 


l^ppett. 


Wald'L.,  welche  Renthiere  halten,  aber  nur  innerhalb  eines  gewissen  Bezirkes  her- 
umziehen und  nebenbei  Jagd  treiben,  und  als  Fischei-T,.,  die  sich  an  den  Ufern 
der  Flüsse  und  den  grossen  Seen  Lapplands  niedergelassen  haben  und  Fisclicrei 
treiben.  Unter  den  ersteren  finden  sich  die  besten  Schützen.  Der  Stolz  und 
Reichthum  des  L.  ist  das  Ren.  Ausserdem  besitzt  er  wenig:  einen  kupfernen 
Kessel,  hölzerne  Schüsseln  zu  Milch  und  Käse  und  ein  Zell.  Alles  überflüssige 
Geld  verwendet  er  auf  die  Vermehrung  seiner  Heerde  und  bat  er  diese  auf  Tau- 
send gebracht  (wer  nur  50  ha^  muss  Rnechtsdienste  thun),  so  veigräbt  er  sein 
Silber,  denn  grössere  Lebensbequemlichkeiien  kennt  er  nicht.  Im  Allgemeinen 
tndess  geräth  die  Renthierwitthschafl  immer  mehr  in  Verfall.  Der  Ortssinn  des 
L.  ist  höchst  merkwUldig,  selbst  auf  der  einförmigsten  Schneedecke,  über  die  er 
gewöhnlich  mit  langen  hölzernen  Schneeschuhen,  dahinsaust;  nur  dicker  Nebel 
oder  Schneegestöber  kann  ihn  irre  fiihren,  weshalb  er  sich  bei  solchem  Wetter 
auf  der  Reise  in  seinen  >Mud«  oder  Kaftan  hüllt  und  in  den  Schnee  legt.  Schnee- 
licht und  der  Rauch  in  der  Hütte  schwächen  seine  Augen  frühzeitig.  Die  Nahnmg 
der  L.  ist  im  Sommer  Renthiermilch  und  eine  Art  wilden  Sauerampfer;  Fische 
sind  seltene  Leckerbissen;  eine  Lieblingsspeise  ist  der  Stengel  der  AngeBea, 
Stöcke  genannt  Fttr  den  Winter  tauscht  der  L.  gegen  das  Rentiiierfleisch  Roggen- 
Mehl  ein;  doch  essen  ae  nie  Brot;  sondern  backen  daraus  unter  Beimischung 
von  gestossener  Baumrinde  Fladen;  dies  nebst  Fleisch,  aufbewahrte  Milch  und 
Renthierblut,  sind  die  Wtnterspeisen.  Sie  sind  grosse  Freunde  von  Sals  und  essen 
keine  ungekochten  Speisen.  Diese  werden  in  unverzinnten  kupfernen  Kesseln 
bereitet,  die  man  in  exemplarischer  Reinlichkeit  erhält.  Die  schwedischen  und 
norwegischen  L.,  nicht  aber  die  russischen,  bereiten  wohlriechenden  Käse  aus 
Renthiermilch  und  benützen  sorgfältig  alle  L'eberb leibsei  davon.  Das  Herum- 
streifen geschieht  nicht  regelmässig;  in  einigen  Gegenden  kommen  die  L.  im 
hohen  Winter  aur  Kttste  herab»  setsen  auch  mit  ihren  Heenten  ftber  breite  Meer- 
engen nach  Inseln  Uber,  und  ziehen  im  Mai  wieder  ins  Gebirge.  Aber  viele 
giebt  es»  welche  nie  das  Meer  gesehen  haben.  Meistens  halten  sm  sich  im  Winter 
in  den  grossen  Moorgegenden  und  in  den  Wäldern  auf;  im  Frtthlinge  treiben 
Mücken  und  Fliegen  sie  nach  den  Alpen  auf  der  norwegischen  Seite,  wo  sie 
noch  Schnee  finden;  gegen  den  Herbst  aber  wenden  sie  sich  wieder  den  lappi» 
sehen  Ebenen  zu.  Immer  bleiben  sie  in  der  Nähe  der  Wälder,  um  ITolz  zu 
haben.  Man  kann  die  heutigen  L.  nic'\t  mehr  für  Wilde,  nicht  einmal  für  Ha'.lv 
wilde  halten,  wenn  sie  sich  auch  nicht  waschen  und  kämmen  und  wie  in  prahistcj- 
rischer  Zeil  den  durchbohrten  Bärenzahn  als  Amulel  am  Leibe  tragen.  Da  wo 
die  nissischen  L.  mit  den  norwegischen  angrenzen,  findet  eine  selteame  Mischung 
von  Religionen,  Sprachen,  Sitten  und  Gebräuchen  statt  Dort  wohnen  unter  an« 
deren  die  sog.  Skolte-L.,  weil  sie  am  bösen  Grinde  litten  und  zum  Theil  noch 
leiden,  so  dass  manche  haarlose  Köpfe  haben.  An  dem  hohen  Wüchse  sowie 
am  reichen,  röthlicbe'n  Barte  der  Skolte*L.  sieht  man  deutlich,  dass  sie  russisches 
Blut  in  ihren  Adern  haben.  Viele  von  ihnen  sprechen  russisch  und  auch  ihre 
laj'pi'^rhe  Sprache  ist  stark  mit  russischen  Wörtern  gemischt.  Ihre  Tracht  ist 
ganz  russisch  und  die  Frauen  tragen  schon  lange  die  Kopibedeckung  der  National- 
russinnen, bonst  aber  kommen  Heirathen  zwischen  Russen  und  L.  sehr  selten 
vor,  da  die  L.  auch  von  den  Russen  verachtet  werden.  In  Kenntnissen  des 
Christenthums  stehen  die  Skolte-L.  den  norwegischen  unendlich  nach,  sie  können 
weder  lesen  noch  schreiben,  haben  keine  Bttcher  und  nicht  den  ge  rings  Lea  Schul- 
ttotetricbt.  Ihre  Wohnungen  sind  elende  Hatten  in  Form  der  »Stäbur«  in  Schwe* 


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den  und  Norwegen.  Ihr  Hauptgeschäft  ist  Fischerei.  Bei  Hochzeiten,  Kindtuuicn 
und  Begräbnissen  beobachten  sie  ziemlich  das,  was  Sitte  und  Brauch  bei  ihren 
norwegischen,  schwedischen  und  nudtchen  Nachbarn  ist  Doch  findet  man  bei 
ihnen  noch  den  uralten  Brauch,  die  Bnut  von  einem  fremden,  am  liebsten  feind- 
lichen Stamme  zu  rauben.  Ganz  ohne  Fertigkeiten  sind  die  L.  keineswegs.  Sie 
besitsen  Schmuckgegenstande  und  die  Ornamente  daran  sind  gravirt,  ziseliert, 
getrieben;  sie  sind  einfach,  aber  originell  und  von  gutem  Geschmacke.  Die  Mehr- 
zahl der  Spangen  besteht  aus  zwei  versrhubenen  Viere<  ken,  die  in  zweien  ihrer 
Ausläufer  durch  kleine  Ringe  mit  einander  verbunden  sind.  Diese  Schmuck- 
gegenstände malinen  in  auffallender  Weise  an  solche,  die  man  in  Grabhügeln 
Nord-Asiens  gefunden.  Audi  die  Topferkunst  ist  den  L.  nicht  ualjekaiml,  doch 
sind  ihre  ThongelasiC  nicht  nur  aus  sehr  grobem  Material  gefertigt,  sondern  auch 
in  der  Form  lange  nicht  so  bttbsch  und  elegant  wie  ihre  Schmuckgegenstände. 
Dafflr  sind  sie  in  der  Holzschnitzerei  recht  kunstgewandt,  und  aus  Birkenrinde 
fertigen  sie  eine  Fttlle  reizender  und  auch  nttUltcher  Gegenstände.  Als  Waffen 
dienen  altmodische  Flinten;  jeder  L.  trägt  aber  schon  von  seinem  dritten  Jahre 
ab  ein  tüchtiges  Messer  im  Gürtel.  Ueberdies  besitzen  sie  noch  ganz  ungewöhU' 
liebes  Geschick  im  Lassowerfen;  mit  dem  Lasso  fangen  sie  auch  ihre  Renthiere 
ein.     V.  H. 

Lappen.  Die  lappenfbrmipen,  flir  die  Limophora  lohata  charakteristischen 
rechts-  und  links^,eitif^en  Fortsätze  des  Korpers;  s.  Lobatae.  Pf. 

Lappen  des  Gehirns,  s.  Nervensystementwickeiung  bei  Gehini.  Grbch. 

Lappen  der  Leber,  s.  Verdauungsorganeentwicklung.  Gbbch. 

Lappencanfile,  die  von  den  Radialtaschen  ausgehenden  verästelten  blinden 
Canäle  bei  den  Lineigiden  (Acraspeden).  Fr. 

jLifl^ipenkibitz,  s.  Lobivanellus.  Rchw. 

L^ipenkrfilieo*  -Staare,  -Vögel,  s.  Glaucopinae.  RcHW. 

Lappenrüssler.  s.  Otiorrhynchus.     E.  Tg. 

Lappenschwänzc  =  Thysanura.     E.  Tc. 

Lappentaschen.  Die  gegabelten  oscularen  Kadialtaschen  bei  den  Ephy- 
riden  (Acras|)eden  1.  I'f. 

Lappentaucher,  s.  Fodiceps.  Rchw. 

Lappländischer  Hundi  eine  durch  klimatische  und  sonstige  Aussenverhält« 
nisse  abgeänderte  Form  des  Haushundes,  die  vorzugsweise  im  nördlichen 
Europa  verbreitet  ist  und  insbesondere  in  LappUmd  zum  Httten  der  Renihier- 
heerden  Verwendung  findet.  Die  Thiene  sind  klein,  ihrer  Gestalt  nach  dem 
Hirtcn-Haushund  (s.  d.)  ähnlich  und  in  der  Regel  schwarz,  schwaragtau,  braun 
U.  dgl.  gefärbt;  die  Schwan'spit/e  ist  indess  niei.st  weiss.  R. 

LaptotS.  Bezeichnung  für  die  in  i"  ranzösisch-Senegambien  als  Matrosen 
oder  Soldaten  dienenden  eingeborenen  Schwarzen.     v.  H.  . 

Laptschas,  s.  T.eptscha.     v.  H. 

Lapuna.  Erloschener  Zweig  der  Quito-Indianer,  v.  H. 
Laqueus  (lat.  Schlinge,  Schleife),  Dall,  1870,  Gattung  der  Terebratefai,  bei  wel- 
cher das  Armgerflst  am  besten  befestigt  ist;  indem  nicht  nur  eine  Kalkstütze  vom 
Gerüst  zur  Innenseite  der  Schale  gebl^  sondern  auch  dne  zweite  die  beiden  Arme 
des  schleifenittrmigen  Gerüstes  unter  sich  verbindet.  Hierher  zwei  lebende  Arten 
aus  dem  nördlichen  stillen  Ocean,  beide  röthlich  gefärbt,  L.  cali/omktu,  Koch 
und  ruMbUt  Sowerby,  letztere  in  Japan  zu  Hause.      E.  v.  M. 

I,  s.  Nerveasystementwicklung  bei  Gehirn.  GaacM. 


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Laranda,  Kinb.  (gr.  Larundar  Wassernymphe).  Gattung  der  Borstt-nw  ümier. 
Ord.  Notobratichiata.  Fain.  Eunuiäat,  Koptlaiipcn  nackt,  ganzrandig;  die  Theile 
des  Obeikiefers  demltch  gleich;  Kiefer  sägenartig;  Untorldefer  kürzer  als  Ober- 
kiefer; seine  Hälften  getrennt;  zwei  niderlose  Segmente;  Ruder  einästig  mit  ein- 
fachen Borsten.  Man  kennt  nur  zwei  Arten  von  Rio  de  Janeiro  und  von  Guaia> 
quil  im  Stillen  Ocean.  Wd. 

Larba.    Araberstamm  der  algerischen  Sahara.     v.  FT. 

Larentia,  Ochsenh.  (römischer  Weibemame)  =  Cidaria,  Tr.,  s.  d.     E.  Tg. 

Laridae,   Möven,  zur  Ordnung  der  Seeflieger  (s.  T  on'^ipenncs)  gcluiremle 
Schwimmvögel   mit  mässig  langem,  geradem,  an  der  Spii/.e  hakig  gebogenem 
Schnabel  und  s(  hlitzformigcii  Xasenlöchern.    Die  mässig  iiohcn  Läufe  übertreffen 
die  Zeilen  an  Länge;  die  MiUelzehe  i^sL  länger  als  die  Aussenzehe,  die  llinterzehe 
sehr  kurz,  höchstens  ein  Viertel  so  lang  als  die  Mtttelzehe,  oder  fehlt  gänzlich. 
Die  Schwimmhäute  sind  in  der  Regel  voll  ausgebildet,  nur  bei  der  Gattung 
PßgpphUß  ausgerandet.  Letztere,  sowie  die  Gattung  Xema  weichen  auch  noch 
durch  die  kfliseren  Läufe,  welche  der  Mittelzehe  an  Länge  nachstehen,  von  den 
fischen  Formen  ab.    Die  Stirnbefiederung  setzt  sich  bei  den  Möven  mit  Aus- 
nahme der  Gattung  Lestris  in  einer  kurzen  Schnebbe  auf  dem  Schnabel  fort.  Die 
Gefiederfärbung  ist  bei  den  alten  Vögeln  vorherrschend  weiss  und  bei  den 
Ocschlechtern  nicht  verschieden,   ändert  aber  nach  Jahreszeit  und  Alter  ab;  die 
Jungen  haben  ein  bräunliches  (lefieder.    Die  Möven  entstammen  der  arktischen 
Zone,  verbreiten  sich  gegenwärtig  aber  über  alle  Tlieile  der  Erde.     Die  Mehr- 
zahl bewohnt  die  Meeresküsten,  wenige  leben  im  Binnenlande  an  süssen  Ge- 
wässern.   Weit  auf  die  hohe  See  hinaus,  wie  die  Sturmvögel,  fliegen  sie  nich^ 
sondern  halten  sich  in  der  Nähe  der  Gestade.   Sie  nähren  sich  von  Fischen  und 
Weichthieren,  die  sie  im  Fluge  fangen,  oder  schwimmend  von  der  Wasseifläche 
aufnehmen,  oder  sie  suchen  an  der  Küste  thierische  Stofie,  auch  Aas,  welche  das 
Meer  auswirft.    Höchst  gesellig,  nisten  sie  in  oft  grossen,  nach  Tausenden  von 
Individuen  zählenden  Kolonien  zusammen,  so  auf  den  sogenannten  Vngclbergen 
an   der  Küste  Norwegens.     Die  Nester  werden  frei  auf  dem  Krdboden  angelegt 
und  mit  drei  bis  vier  bunten,  auf  ölljraunein,  grünlichem  oder  auch  weissem  Grunde, 
rothbraun  und  schwärzlich  gefleckten  Eiern  belegt.    Durch  ihre  Eier  nützen  die 
Möven  dem  Haushalt  des  Menschen.   An  vielen  Orten  werden  die  Brutkolonien 
regelrecht  bewirthschaftet,  indem  man  den  Vögeln  in  der  ersten  Zeit  der  Brut» 
Periode  die  Eier  nimmt»  in  der  späteren  aber  sie  soweit  schont,  dass  der  Er- 
haltung des  Bestandes  nicht  Abbruch  geschieht.    Man  unterscheidet  gegenwärtig 
etwa  80  Mövenarten,  welche  in  sechs  Gattungen  zu  sondern  sind:  Lesiris,  Rho- 
dosfethloy  Xema,  RUsa,  Pagophila  (s.  d.)  und  Latus.    Bei  der  Gattung  f.arus,  L., 
welche  die  typischen  Formen,  die  sogenannten  Fischmöven  umfasst,  ist  der  Schwanz 
gerade  abgestutzt,  d.  h.  alle  Federn  sind  gleich  lang,  und  die  Nasenlöcher  liegen 
in   der  Mitte  des  Schnabels  oder  auf  der  Basishälfte.     Hierzu  gehören  etwa 
60  Arten,  bei  deren  specihsclicn  LnLcrscheidung  insbesondere  die  Färbung  der 
Schwingen  zu  beachten  ist  Die  Silbermdve,  auch  Blaumantel,  Larus  argentatus, 
Brünn.,  ist  weiss  mit  zartgrauen  Flügeln  und  Rücken;  die  Schwingen  sind  giau, 
die  längsten  Handschwingen  am  Ende  schwarz  mit  weisser  Spitze;  Schnabel  und 
Auge  schön  gelb,  ein  rother  Fleck  jederseits  an  det  Spitze  des  Unterkiefers. 
Sie  ist  etwas  grösser  als  ein  Rabe  und  ein  häufiger  Bewohner  unserer  Nord-  und 
OstseekUsten.  —  Die  sehr  ähnlich  gefärbte,  aber  bedeutend  kleinere  Sturm- 
möve,  X.  (Oiuts,  L.,  unterscheidet  sich  besonders  durch  den  an  der  Spitze  hell- 

a* 

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gelben,  an  der  Basis  grünlichen  Schnabel  und  dunkelbraunes  Auge.  ■ —  Die  dem 
hohen  Norden  angehörende,  nur  im  Winter  einzeln  an  der  deutschen  Nordsee- 
ktiste  anzutreffende  Eismöve,  L.  glatuus,  Brünn.,  ist  grösser  als  die  Silbermöve 
und  von  dieser  durch  rein  weisse  Schwingen  unterschieden.  —  Als  grosste  Art 
kennen  wir  die  Mantelmöve,  L.marmus,  L.,  durch  braunschwarze  Flügel-  und 
Rackentärbting  ausgezeichnet,  mit  schwanen,  weiis  gespitzten  Schwingen,  blas» 
fleiscfaiarbeiien  Fttssen,  gelbem  Auge  und  Schnabel  and  rothem  Fleck  jedeneils 
an  der  Spitze  des  Unterkiefeis.  —  Der  letz^enannten  gleicht  in  der  FArbting  die 
Heringsmöve,  Z.  fuscus,  L.,  welche  aber  bedeutend  kleiner,  schwächer  als  die 
Silbermöve  ist  und  gelbe  Füsse  hat.  Auch  diese  Art  bewohnt  die  nördlichsten 
Breiten  Kurojja's  und  findet  sich  nur  im  Winter  an  den  deutschen  Kii.sten.  — 
In  dem  Binncnlande  Kiiropas,  in  den  Mittelmeerländern,  dem  gemässigten  Asien 
und  Nord-Amerika  Iclit  die /.ierliche  I.achmöve,  L.  ridtbundus,  L.,  n\ eiche  kaum 
so  gross  als  eine  Saatkrähe  ist.  Sie  hat  dunkell>raunen  Kopf;  Rücken  und  Flügel 
sind  grau,  die  ersten  Handschwingen  weiss  mit  schwarzer  Spitze  und  schwärz- 
lichem Innensaum,  die  anderen  grau  mit  schwarzer  Spitze,  Schnabel  und  FQsse 
Toth.  RcHw. 

l4irka-Kolh  oder  Hos,  die  südlichsten  Koth  (s.  d.),  in  der  Provinz  Singbhum; 
ihr  Name  bedeutet  »kriegerisch«,  was  sie  in  der  Gegenwart  nicht  sind.  Die 
150000  Köpfe  starken  L.  sind  wieder  in  Stämme  (»KiliO  getheilt,  deren  Glieder 

sich  nicht  untereinander  heiratlien  dürfen.  Sie  sind  ausschliesslich  Ackerbauer  und 
jede  andere  Arbeit  ist  ihnen  verhasst.  Unter  allen  Kolh  sind  die  L,  die  schön- 
sten und  grösstcn;  in  iiiren  Gesichtern  herrscht  <;rosse  Verschiedenheit,  von  den 
edelsten  bis  zu  den  gröbsten  Zügen.  Ebenso  wccluseU  die  Hauttarlje  vom  lich- 
testen Braun  bis  zum  dunklen  Chokoladebraun.  Im  Allgemeinen  haben  sie  dun- 
kelbraune Augen  und  schönes  schwarzes  Haar,  bald  lockig,  bald  schlicht  In 
der  Pro^nzialhauptstadt  tragen  die  Frauen  anständige  nette  Kleidung,  während 
die  Mftnner  wohl  halbnackt  umhergehen.  Die  L.  sind  Irete  Grundbesitzer,  ihre 
früheren  Häuptlinge  (?Manki«)  besitzen  etwa  12  —  15  Dörfer,  sind  die  Steuerein- 
nehmer und  Polizeiverwalter  der  Regierung,  schlichten  Streitigkeiten,  setzen  in 
in  die  Dnr'cr  Scliul/.en  (»Munda  )  ein  und  drücken  die  Bewohner  gar  nicht.  V.  H. 
Larosm.    Araber.stamm  der  westlichen  Sahara.      v.  H. 

Larpuschtun.  Name  für  die  unteren  Al'ghanenstämme.  Zu  ihnen  gehören 
die  Wasirai,  die  Daulat  Cheil  uiul  die  Schiranai,  an  welche  die  Marrai  angrenzen, 
ferner  die  sogcnanntenn  Kaibarstämme.     v.  H. 

tiarrakeuihs.  Einer  der  Hauptstämme  des  austratischan  Innern,    v.  H. 

Larven.  Je  vollkommener  die  Uebereinstimmung  des  neu  entstandenen 
Organismus  mit  dem  des  M utterthieres  sich  erweist,  desto  längere  Zeit  und  desto 
complicirteren  Verlauf  beanspruchen  die  BUdungsvoigänge  des  Embryo.  Die 
postembrionale  Entwicklung  beschränkt  sich  in  solchen  Fällen  auf  einfaches  Ge> 
sammtwachsthum  und  auf  Ausbildung  der  Geschlechtsorgane.  Ist  aber  das  Em- 
bryonalleben relativ  kurz,  deswecjen  weil  es  an  directen  und  accessorischcn  Er- 
nährungstjuellen  für  die  Nachkommenschaft  im  mütterlichen  Organismus  mangelte, 
so  erreicht  das  Junge  nur  auf  Umwegen  seine  normale  und  völlige  Ausbildung. 
Es  macht  in  solchen  Fällen  eine  sogenannte  Metamorphose  durch,  wobei  es 
selbständig  alle  Bedttrfiusse,  welche  der  mütterliche  Organismus  ihm  versagte, 
zu  erlangen  gezwungen  ist  und  erst  allmählich  eine  völlige  Aehnlichkdt  mit  der 
Mutter  erreicht  Charakteristisch  hierbei  ist  der  Umstand,  dass  sich  die  einzdnen 
Umwandlungsprocesse  stets  an  dem  nämlichen  Individuum  abspielen,  so  dass 


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liaim. 


also  eine  Fortpflanzung,  mit  Ausnahme  einiger  weniger  Fälle  der  ziemlich  neuer- 
dings beobachteten,  sogenannten  I'ädogenesis,  ausgeschlossen  bleibt.  Hierdurch 
unterscheidet  sicli  die  Metamorphose  von  dem  Generationswechsel,  bei  welchem 
die  Leben^eacbichte  der  Art  keineswegs  mit  der  Entwicklung  eines  einzigen  In» 
dividuums  «usammenfiait    Die  einseinen  vieliach  verschieden  gestalteten  Oxga* 
nisationsfonnen,  welche  bd  der  Metamorphose  zur  Gdtung  kommen,  fasst  man 
zusammen  unter  dem  Namen:  Larven.  Eine  Larve  ist  also  ein  dem  Mutterthier 
mehr  oder  weniger  unähnlicher  Organismus,  dem  das  Reproductionsvermdgen 
der  eigenen  Art  —  mit  wenigen  Ausnahmen  —  abgeht.    Wo  eine  Metamorphose 
bosteln,  kann  die  Larve  unter  ganz  anderen  Verhältnissen  leben,  als  das  ausge- 
l)ildeie  Thier,  und  diesen  Verhältnissen  entsprechend  ist  auch  ihr  Bau  modificirt. 
So  kann  die  Larve  eines  Thieres,  das  im  ausgebildeten  Zustande  festsitzt,  mit 
hoch  entwickelten  Bewegungsorganen  versehen  sein,  und  umgekehrt  kann  die 
Larve  eines  Thieres,  welches  im  ausgebildeten  Zustande  ftd  und  beweglich  ist, 
festsitacn.    Die  Larve  eines  im  fertigoi  Zustande  parasitisch  lebenden  Thieres 
kann  mit  einem  mächtig  entwickelten  Fang-  und  Fressapparat  ausgestattet  sein, 
und  die  Larve  eines  im  fertigen  Zustande  selbständig  Nahrung  suchenden  Thieres 
kann  schmarotzen.  Larvenformen  finden  sich  von  den  niedr^ten  Thiertypen  auf> 
wärts  bis  zu  den  Ami)hibien.     Bei  den  Dicyemiden  unterscheidet  man  mit 
E.  VAN  Beneden  zwei  Arten  von  Embryonen,  die  eine,  als  wurmförmtger  Fmbryo 
bezeichnet,  geht  ohne  Metamorphose  in  die  elterliche  Form  tibcr,  die  andere, 
infusorienförmiger  Embryo  genannt,   führt  als  Larve  im  Seewasser  eine  selbstän- 
dige Existenz,  bevor  sie  zum  Schmarotzer  in  den  Nieren  der  Cephalopoden  wird. 
—  Bei  den  verschiedene  Nemertinen,  TurbeUarien  und  Ophiuriden  bewohnenden 
Orttonectiden  soll  es  männliche  und  weibliche  Larven  geben.  Unter  den  Pori- 
feren  gelangt  bei  den  Calcispon^n  (Sytandra  r«pkmms)  nach  Ablauf  des  Gastru1a> 
Stadiums  im  Mutterthier,  die  Larve  in  Gestalt  eines  mit  zwei  verschiedenen  Partien 
ausgerüsteten  Organismus  ins  Freie.    Sie  ist  mit  dem  Namen  Amphibtastula  be- 
legt worden.    Sie  besteht  aus  den  drei  Keimblättern,  die  Hypoblastzellen  sind 
mit  Wimpern   versehen,   welche  aber  schon  vor  der  Befestigung  der  T,an'e  ver- 
schwinden.    Bald  nach  der  AnheftvinEr  wächst  die  Larve  in  die  Länge,  nimmt 
eine  cylindrische  Form  an  und  wird  zum  fertigen  Schwamm.     Wenn  auch  für 
die  meisten  Kalkschwämme  diese  Entwicklungsweise  zuiriiTt,  so  soll  doch  die 
Larve  der  Gattung  Aste^  davon  so  wesentlich  abweichen,  dass  man  fUr  sie  das 
typische  Amphiblastulastadium  nicht  festsuhalten  vermag.   Bei  den  Myxospongien 
stellt  die  fteigewordenc  Larve  eine  ovale,  aus  einer  einzigen  Schicht  säulenför- 
miger  Wimpenellen  bestehende  Blase  vor,  an  der  aber  ein  Vorder-  und  Hinter- 
ende unterscheidbar  ist,  letzteres  ist  beim  Schwimmen  rückwärts  gerichtet.  Nach 
einiger  Zeit  des  Umherschwärmens  nimmt  die  Larve  eine  abgeplattete  Form  an 
und  setzt  sich  mit  dem  Hintcrende  fest.   -  Die  Larve  der  Cemrospongien  liesitzt 
im  Allgemeinen  Aehnlichkeit  mit  der  Amphiblastula.  —  Bei  den  Silicispongten  ist 
der  Bau,  die  Festset?Amg  und  die  darauf  folgende  Metamorphose  so  abweichend 
von  den  einzelnen  Autoren  beschrieben  worden,  dass  sich  hier  keine  feststehen- 
den Thatsachen  anfiihren  lassen.   Im  Allgemeinen  ist  Uber  die  Larven  der  Fori- 
feren  so  viel  zu  sagen,  dass  nch  dieselben  in  zwei  Gruppen  bringen  lassen.  Die 
eine  derselben  umfasst  solche,  welche  die  Form  einer  Blastosphaere  und  dann 
einer  soliden  Morula  besitzen,  die  andere  solche,  welche  das  Ampbiblastulasta> 
dium  einhalten.  —  Nach  Balfour's  Ansicht  soll  die  Amphiblastulalarve  in  inte« 
ressanter  Weise  die  Fhylogenie  der  Schwämme  beleuchten.    £r  giebt  zur  Er- 


22 


IjMVCtt. 


Wägung,  ob  sich  das  genannte  Larvenstadium  nicht  als  eine  Uebergangsform 
zwischen  Protozoen  \n-i6  Metazoen  auffassen  lasse.  l^ei  solcher  Betrachtung 
repräsentirte  die  Larve  dann  eine  Kolonie  von  l'roto/oen,  deren  Individuen  si{:h 
zur  einen  Hälfte  in  ernährende,  zur  anderen  in  locomotori.sche  und  respiratorische 
Formen  difterencirt  hätten.  Allerdings  würde  durch  diese  Verwandlung  die  bis- 
herige Anschauung  über  die  Natur  und  Function  der  Kdmblätter  der  ausgewach' 
senen  Schwämme  eine  wesentliche  Abänderung  erleiden.  (Näheres  vcrgl  Balfour: 
Handbuch  der  vergl.  Embryologie.  Bd.  x,  pag.  143.)  —  Die  Coelenteraten  erheben 
sich  in  ihren  niederen  Formen  selbst  im  ausgewachsenen  Zustande  hinsichtlich 
ihres  Baues  wenig  über  den  einer  Gastrula.  Die  Ontogenie  aber  führt  bei  allen 
Gruppen,  mit  Ausnahme  der  Ctcno])lioren  zu  einer  Larvenform,  welche  den 
Namen  Jlanula  fuhrt.  C'.ewinnen  die  von  dem  Geschlechtsthiere  verschiedenen 
Jugend/.ustande  die  Fähigkeit  der  Sprossung  und  Knospung,  so  führt  die  Ent- 
wicklungsgeschichte zugleich  zu  interessanten  Formen  des  Generationswechsels  und 
Polymorphismus.  Im  Allgemeinen  ist  die  Annahme,  dass  diese  Flanula,  die 
Wiederholung  einer  freien  Vorfabrenfoim  der  Codenteraten  reprSsentire,  unbe- 
stritten. Die  Larve  besteht  aus  Epi*  und  Hypoblast,  ist  cylinderförmig,  trägt  ein 
Wiroperkleid  und  zahlreiche  Nesselsellen  und  besitzt  eine  rudimentäre  Verdau* 
ungshöhle,  der  aber  in  der  Regel  der  Mund  fehlt.  Die  Planula  ist  in  ihrem 
primitiven  Zustande  nicht  bilateral  symmetrisch,  doch  flacht  sie  sich  beispiels- 
weise bei  den  Actinozoen  auf  beiden  Seiten  ab,  ehe  sie  in  die  anj^ewarh'5ene 
Form  siel)  umzuwandeln  anlängt.  Sie  kommt  der  Mehrzahl  der  Hydrozoen, 
ausgenommen  die  Tttbularuiae  und  Hydra,  den  Trachymedusen  und  Siphono- 
phoren  zu;  unter  den  Acrabpcdcn  ist  sie  zwar  vorhanden,  ihre  Entwicklung  ist 
bei  diesen  Coelenteraten  aber  von  der  gewöhnlichen  etwas  abweichend.  DieOcto-und 
Hexakorallen  besitzen  ebenfalls  die  Fkamla,  den  Ctenopheren  aber  fehlt  sie.  Wo  die 
JlamUa  fehlt,  ist  dieser  Mangel  einer  abgekürzten  Entwicklung  zususchieiben.  Unter 
den  Platyelminthen  machen  sowohl  die  Turbellarien  als  auch  die  Nemertinen,  Tre- 
matode n  und  Costoden  eine  Larvenform  durch.  —  Bei  den  Turbellarien  ist  die  Larve 
ungefähr  eiförmig  mit  schwach  zugespitztem  hinteren  Ende.  Am  Vorderende  liegen 
bei  den  jüngsten  T,arven  zwei,  bei  den  älteren  zwölf  Augen,  und  in  der  Mitte  der 
Centraltläche  fuidet  sich  ein  Mund.  Derselbe  führt  in  einen  \ahrungskanal, 
welcher  anfangs  einfach,  später  gelappt  erscheint.  Audi  ein  Nervensystem  ist 
vorhanden.  Das  Oberflächenepithel  ist  bewimpert.  Sehr  eigenthümlich  ist  für 
die  Larve  das  Vorhandensein  von  langen  lappenartigen  Körperfortsätzen,  welche 
mebtens  acht  an  der  Zahl  «ch  vorfinden.  —  Die  Larven  der  Planarien  weichen 
von  dem  gewöhnlichen  Typus  dadurch  ab,  dass  sie  eine  Segmentirung  erkennen 
lassen,  welche  in  der  Zahl  den  Divertikeln  des  Verdauunf^tractos  entsprechen. 
—  Bei  den  Nemertincn  sind  zwei  verschiedene  Larvenformen  bekannt,  die  eine 
unter  dem  Namen:  Filidium,  die  andere  als  Desor's  Typus.  Das  FiHdium 
schwimmt  mit  seinem  Wimperbesatz  an  der  Oberfläche  des  Wassers  umher,  ist 
ebeufalls  gelappt  und  besitzt  ein  helmförmiges  Aussehen.  Dksor's  Typus  da- 
gegen ist  nicht  frei  beweglich  und  entbehrt  dabei  der  lapj>igen  Anhänge.  Bei 
den  Treniatüdcn  finden  sich  bewimperte  und  unbewimperte  freie  Larven,  welche 
aber  bis  zum  geschlechtsreifen  Wurm  eine  complicirte  mit  Generationswechsel 
verbundene  Metamorphose  durchmachen:  (zu  veigl.  Flatyelminthenentwicklung). 
Bei  denCestoden  ist  es  durchaus  ähnlich  (vergt.  ebenfalls  Flatyelminthenentwicklung). 
^  Die  Larven  der  Rotiferen  sind  dem  au^ebildeten  Thiere  sehr  Ähnlich:  sie  sind 
mit  zwei  Augenflächen,  einem  p raeoralem  Wimperkranz  und  einem  peiianalen 


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Larven. 


Wimperbttschel  versehen.  —  Unter  den  Cbaetopoden  finden  sich  eigentliche  Larven- 
formen  bei  den  Oligochaetcn,  bei  denen  die  Entwicklung  sehr  abgekürzt  ist, 
nicht;  dagegen  kommen  sie  bei  der  Mehrzahl  der  marinen  Polychaeten  und  den 
Achaeten  ( Polygoräiu).}  ^or.  —  Die  Beschaffenheit  der  Larven  bietet,  namentlich 
mit  Berücksichtigung  der  Wimperbekleidung  die  grösste  Mannigfaltigkeit  dar.  Die 
meisten  Formen  lassen  sich  aber  mehr  oder  weniger  ungezwungen  von  einer 
Larvenform,  tfwa  der  von  Strpm^  oder  des  ^fyg^r^m  ableiten,  und  die  be- 
ständige m^ederkehr  dieses  Typus  unter  den  Cbaetopoden,  im  Verein  mit  der 
Tbatsache,  dass  er  in  vielen  Punkten  Aebnlichkeit  mit  den  Larvenformen  mancher 
Rotiferen,  Mollusken  und  Gepbyreen  seigt>  lässt  ihn  wohl  als  primitive  Vor- 
Cshrenform  für  alle  diese  Gruppen  erscheinen.    Was  die  wesentlichen  Charaktere 
dieser  Larvenform  anbelangt,  so  lässt  sich  darüber  Folgendes  sagen:  Der  Körper 
/erfällf  in  einen  grossen  praeoralen  T,rippen  i:nd  einen  relativ  kleinen  postoralen 
Absi  1  intt,   der  den  grössten  Theii  des  Nuiirungskanales  umschlitsst.     An  dem 
gekrümmten  N.ahrungskanal  lässt  sich  em  Stomodaeum  (OfsopJuigus)  ein  Magen 
und  ein  Enddarm  unterscheiden.    Der  Mund  liegt  ventral,  der  Alter  befindet 
sich  am  hinteren  Köqierende.    Häufig  ist  das  Vorkommen  eines  Ganglions  an 
der  Spitie  des  praeoralen  Lappens,  und  femer  ein  den  Ueberrest  der  Furchungs* 
höhle  repräsenthrender  Hobliaum  swischen  der  Wandung  des  Darmkanales  und 
der  äusseren  Haut,  welcher  von  Muskelbändern  durchzogen  ist    Im  frühesten 
Stadium  hat  die  Chaetopodenlarve  die  Gestalt  einer  abgeplatteten  Kugel,  welche 
an  der  Stelle,  die  das  Hinterende  repräsentirt,  einen  kegelförmigen  Höcker  be- 
sitzt.    Um  den  Aequator  ziehen  zwei  parallele  \Vimper.schnüre,  zwischen  denen 
an  der  C'entr^iscite  der  Mund  liegt.    Die  vor  dem  Munde  gelegene  VVimperschnur 
ist  stärker  enf\vickelt,   und  die  Wimpern  stehen  hier  in  doppelter  Reihe.  Ein 
Wimpembesatz  kleidet  auch  den  ganzen  Nahrungskanal  aus.    Mit  dem  Ganglion 
Stehen  xwei  Augen  und  ein  ventweigtes  System  von  Nerven  in  Verbindung.  Sehr 
merkwürdig  ist  ein  von  Hatschbk  entdedctes  paar^es  Excretionsorgan,  welches 
aus  einem  bewimperten  Kanal  besteht,  welcher  sich  mit  einer  oder  mehreren 
OefTnongen  vome  in  die  provisorische  Leibeshöhle  öffnet  und  hinten  durch  eine 
Oeffhung  mit  der  Aussenwelt  communicirt.    Allmählich  verlängert  sich  der  post- 
cephalische  Körperabschnitt  unter  gleichzeitiger  Gliedcrimg,  der  praeorale  Lappen 
wird  kleiner  unt!  die  Wimperschnüre  verkümmern.    Die  Anordnung  der  Cilicn 
an  der  anfangs  ungegliederten,  später  gegliederten  Larve  ist  äusserst  mannigfaltig, 
so  dass  man  dieselbe  zu  einer  Classification  der  Larven  benutzt  hat.  Da  giebt  es 
denn:   Atrocliat,  Monotrochae,  Ttlotrochcu^  Poiyirochiu,  MesotrochtH,  NoMrochae, 
GasUr^wktu,  AfupMtr&ehae*  Zahlreiche  Cbaetopodenlarven  sind  mit  sehr  langen 
provisorischen  Boislen  versehen,  welche  dann  meistens  su  beiden  Seiten  des  vor- 
deren Körperabschnittes,  unmittelbar  hinter  dem  Kopfe  stteen.    Solche  Borsten 
fehlen  den  ausgebikleten  heute  lebenden  Cbaetopoden,  finden  sich  aber  bei 
fossilen,  ein  Umstand,  den  Alex.  Agassiz  in  phylogenetischer  Hinsicht  speculativ 
beleuchtet  hat,  —  Die  Larven  der  Discophoren  haben  eine  ebene  Darm-  und  eine 
stark  convexc  Vcntralfläche.    Die  einzelnen  Segmente  entstehen  von  vorne  nach 
hinten  fortschreitend  wie  bei  den  Cbaetopoden.    Die  frei  werdende  Larve  heftet 
sich   an  seine  Mutter  fest  (Ckpstnf).  —  Bei  den  Gephyrea  nuda  zeigt  die  Larve 
meistens  dieselben  Charaktere  wie  die  weiter  unten  betrachtete  Molluskenlarve, 
wddie  den  Namen  Ti^ko^kaeta  führt.    Sie  ist  mit  Wimpern  bedeckt  und 
setfiült  in  einen  praeoralen  und  einen  postorslen  Abschnitt  von  nahezu  gleichen 
Dimensioiien.  Der  Nahruagdcanal  aerfällt  in  em  Stomodaeum  mit  ventralerOefinung, 


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LarrcB* 


einen  grossen  Magen  und  einen  kurzen  mit  endständigem  Ader  versehenen  Darm.  Bei 
den  Gephyrea  iubkda  ist  die  Laive  von  Ihöronis  unter  dem  Namen  AämoiroeMa 
schon  lange  bekannt,  Kowalbwski  erkannte  aber  erst  beider  Zusammenhang.  Die 
Larve  schwimmt  frd  umher,  ist  gletchmftssig  mit  Wimpern  bedeckt,  besitzt  einen 

contractilen  praeoralen  Lappen  und  ist  hinten  mit  zwei  Fortsätzen  versehen. 
Der  Mund  liegt  ventral,  der  After  dorsal,  zwischen  beiden  spannt  sich  ein  Er- 
nährungsrohr aus,  welches  in  Stomodaeum,  Magen  und  Darm  zerfällt.  Was  die 
Chaetognathen,  Myzostomeen  und  Gastrotrichen  anbetrifft,  so  ist,  da  die  Ent- 
wicklung derselben  weni^  gekannt,  hier  nur  so  viel  zu  erwähnen,  dass  bei  den 
ersteren  waljrächeinlicli  kein  Larvenstadium  cxistirt.  —  Die  Lebensgeschichte  der 
Nematoden  ist  eine  ziemlich  complicirte  Metamorphose  (vergl.  Nemathelminthen- 
entwicklung).  Der  mericwllrdigste  hier  t«  erwjthnende  Umstand  dabei  ist  jeden* 
falls  der,  dass  die  Larven  von  Astarss  nigrovenosa  in  demjenigen  Stadium,  welches 
dem  freien  Larvenstadium  der  ttbrigen  Formen  entspricht,  geschlechtsreif  werden 
und  eine  zweite  freie  Larvengeneration  zu  erzeugen  vermögen.  —  Die  Larve  der 
Mollusken  ist  der  anderer  Wirbellosen  ausserordentlich  ähnlich;  dies  trifl)^  wie 
schon  erwähnt,  namentlich  für  die  Chaetopoden  zu.  Sie  ist  von  I  ankester 
Trochosphaera  genannt  worden.  Ihr  Mund  ist  ventral,  ihr  After  terminal  oder 
ebentalls  ventral  gelegen,  zwischen  beiden  spannt  sich  ein  gekrümmter  Darm  aus, 
welcher  in  die  drei  typischen  Abschnitte  zerfalli.  —  Ein  praeoralci  Lappen  trägt 
einen  Wimperkranz,  das  sogenannte  Velum,  ein  perianaler  Lappen  häufig  ein 
WimperbttscheL  Als  chankteristische  MoUuskenorgane  kommen  ein  Fuss,  zwischen 
Mund  und  After  gelegen,  und  eine  auf  der  Rückenseite  am  Ifinterende  des 
Körpers  sidi  findende  und  mit  der  Bildung  der  Schale  in  Zusammenhang  ste- 
hende Eptblasteinstülpung'  hinzu.  —  Während  die  meisten  Gastropoden-Ftero- 
poden-  und  Lamellibranchiaten- Larven  keine  besondere  Eigenthttmlichkeiten  auf- 
weisen, finden  sich  solche  aber  bei  den  Larven  der  Gymnosomen,  Scapho- 
poden,  Polyplacnphoren  utid  Cephalopoden.  Bei  den  ersteren  findet  man  drei 
transversale,  hinter  dem  Velum  gelegene  Wimperkränze,  welche  als  erworbene 
Entfaltung  der  Cilien  zu  betrachten  sind.  Die  Scai)hopodenlarve  besitzt  ebenfalls 
transversale  Wimperkranze,  welche  aber  alle  Theile  des  Velums  repräsentiren,  und 
der  praeorale  Lappen  ist  sehr  stark  entwickelt  Ein  centmlor  Wimperbüschel  kommt 
sowohl  der  Scaphopoden*  als  audi  der  Lamellibranchiaten-Larve  zu.  Die  Foly- 
placophorenlarven  stimmen  durch  den  Besitz  eines  vorderen  Flagelluro  mit  denen 
der  Lamellibranchiaten,  durch  den  stark  entwickelten  praeoralen  Lappen  mit  denen 
der  Scaphopoden  ttberein,  sind  dagegen  durch  eine  quere  Gliederung  des  Mantel- 
feldes  von  allen  anderen  Mollusken  unterschieden.  Für  die  Ceplialopoden  ist 
ein  mehr  oder  weniger  stark  entwickelter  -inssercr  Dottersack,  femer  der  Mangel 
eines  Velums  und  das  Fehlen  des  medianen  Fasses,  sowie  endlich  der  Besitz  von 
Armen  charakteristisch.  Unter  den  Bryozoen  ist  die  Entwicklung  der  Entoprocten 
namentlich  von  HATSCHJiX  studirt  wurden.  Die  ausschlüpfende  Larve  schwimmt 
frei  umher.  Aber  die  Festheftung  und  spätere  Umbildung  derselben  ist  man  noch 
sehr  in  dubio.  Aus  den  Beobachtungen  von  Barrois  ftber  diesen  G^enstand 
geht  hervor,  dass  sich  die  Larven  nicht  direct  in  die  fertige  Form  umwandeln, 
sondern  nach  ihrer  Festsetzung  eine  Metamorphose  durchmachen,  in  deren  Ver- 
lauf sich  ihre  Organe  allmählich  rückbilden.  Balfour  nimmt  sogar  an,  dass  die 
ganze  freischwimmende  Larve  atrophirt,  und  nur  das  embryonale  Rückenorgan 
allein  sich  7ur  festsitzenden  Form  entwickelt.  Bei  den  ectoprocten  Br}'07r>en 
lassen  sich  im  Allgemeinen  folgende  Larvenformen  unterscheiden:  i.  £ine  Larve, 


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welche   mit  unbedeutenden  Verschiedenheiten  allen  Gattungen  der  Chilostomata 
(ausgenommen  Membranipora  und  Flmfrella)  und  der  Ctenosiotnata  gemeinschaft- 
lich nukommt.     2.  Eine   unter  dem  Namen  Cypiwnautes  bekannte,  /.weisschalige 
Larve  von  Membranipora  und  die  damit  nahe  verwandte  Larve  von  Flustrelia. 
3.  Die  typische  Cyclostomenlarve.    Als  passendes  Beispiel  für  die  erste  Form 
luuin  Akyonidhtm  mytili,   welches  zu  den  Ctenostomen  gehört,  betrachtet 
werden.    Sie  schwimmt  frei,  besitzt  zwei  Wimperringe,  ein  Rflckenorgan,  zwei 
Paar  von  Augenflecken,  mehrere  sehr  lange  Geissein  und  einen  unvoUkomme* 
nen  Darmkanal;  nach  einiger  Zeit  setzt  sie  sich  fest.  —  Cyphommies  besitzt 
eine  dreteckige  Form  mit  aboraler  Spitze  und  oraler  Basis,  wird  von  einer 
zweiklappigen   Schale   umschlossen,    deren  beide  Klappen  an  der  Basis  sich 
nicht  berühren,  wohl  aber  längs  beider  Seiten.     Durch  eine  kleine  Oeflfnung 
an  der  Spitze  tritt  eine  Wimperscheibe,  welche  wie  bei  anderen  Bryozoen- 
larven  beschaffen  ist    Ein  mehrfach  ausgebuchteter  Wimperring  umgürtet  die 
orale  Seite,  auf  deren  Flache  zwei,  von  einem  besonderen  Lappen  des  Wimper- 
ringes umgebene  Oeffinungen  liegen.    Die  «ne  deiwlben,  grösser,  und  an  der 
Hinterseite  der  oralen  Fläche  gelegen,  lUhrt  in  eine  als  Vorbof  bezeichnete  Ver- 
tiefimg,  die  andere  kleiner  und  an  der  Vorderseite  derselben  Fliehe  li^nd, 
führt  in  einen,  dem  Rückenorgan  anderer  Larven  entsprechenden  Hohlraum. 
Der  tiefere  Abschnitt  des  Vorhofes  geht  in  den  Mund  und  Oesophagus  über.  Dieser 
erstrcckf  sich  bis  zur  Spitze  der  Lar\'ei  verläuft  dann,  sich  umbiegend,  auf  sich  selbst 
nach  rtickwärts,  erweitert  sich  zum  Magen,  steigt  parallel  mit  dem  Oesophagus 
als  Rectum  wieder  empor,  um  am  Hinterende  des  Vorhofes  als  After  auszumün- 
den.   In  der  Nähe  des  Magens  Hegt  ein  als  Leber  gedeutetes  paariges  Organ, 
und  dicht  neben  diesem  ein  zweilappiges  Ganglion.     Ueber  die  sonst  noch  in 
der  Larve  enthaltenen  Organe  ist  man  noch  nicht  völlig  im  Klaren.   Die  Larve 
von  FbtstreÜa  hat  viele  Aebnlichkeit  mit  QpAMUUties,  ist  aber  bei  weitem  nicht 
so  complicirt  gebaut  —  Die  Larve  der  CyeiasiMuaa  weicht  von  den  beschriebenen 
ganz  erheblich  durch  die  enorme  Entwicklang  der  Wimperscheibe  ab.  Wenn 
sie  ins  Freie  tritt,  besitzt  sie  die  Gestalt  eines  in  der  Mitte  eingeschnürten  Fasses. 
Die  Einschnürung  bildet  die  Grenze  zwischem  oralem  und  aboralem  Ende.  Der 
im  Mittelpunkte  der  oralen  Fläche  gelegene  Mund  ftihrt  in  einen  weiten  Magen  — 
Unter  den  Brachiopoden  ist  die  Larve  der  Articulaten  ein  freischwimmender  drei- 
gliedriger Organismus,  an  dessen  mittlerem  Korpcrscgment,  aus  dorsalen  und  ven- 
tralen Falten  der  Mantel  gebildet  wird,  und  welche  am  letzten  Segment  zwei 
Paar  BorstenbUschel  trügt   Der  hintere  Mantelrand  ist  bewimpert   Das  vordere 
Segment  besitzt  die  Form  eines  bewimperten  Schirmes,  an  dessen  Rande  die 
Wimpern  am  lingsten  sind,  und  dessen  Vorderseite  zwei  Paar  Augen  besitzt. 
Nach  einiger  Zeit  setzt  sich  die  Larve  mit  ihrem  hinleren  Körpersegment  fest 
und  geht  allmählich  in  das  fertige  Thier  über.   Die  freischwimmende  Larve  der 
inarticulaten  Brachiopoden  ist  mit  einer  Schale  versehen,  besitzt  einen  vorstreckbaren 
oralen  Lappen  und  vier  Paar,  als  Schwimmapparat  fungirende,  Tentakel.  Die 
Larve  setzt  sich  wahrscheinlich  mit  Hülfe  eines  Stieles  fest.  —  Unter  den  Echino- 
dermen  ist  die  jugendliche  Larve  der  Holothurie  Synapta,  welche  schon  von  Jo}iannes 
Müller  als  Auncularia  beschrieben  wurde,  die  einfachste  Eorm  von  Echino- 
dermenlarven.   Sie  bildet  mit  wenigen  Ausnahmen  für  alle  Holothurien  den  ge- 
meinsamen Typus.  Bilateral  sjmm^risch  gebaut,  besitzt  sie  eine  flache  Ventral-  und 
eine  convexe  Dorsalseite.    Der  Mund  liegt  in  der  Mitte  der  ersteren,  der  After 
am  hinteren  Fol.    Vor  dem  Munde  befindet  sich  ein  praeoraler  Lappen.  Der 


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Larven. 


concave  Raum  zwischen  Mund  und  After  wird  durch  eine  vor  dem  letzteren  her- 
überziehende Wimpcrsrhnur  unterhrctt  hen.  Kine  ahnhche  findet  sich  an  der 
Ventralseite  des  praeuralcn  Lajipcns  diclit  vor  Hern  Munde.  Beide  Wimperregio- 
nen sind  durch  laterale  Schnüre  verbunden,  so  dass  auf  diese  Weise  ein  zu- 
sammenbängender  Wimperkranz  zu  Stande  koaimt  Die  ^uriatlarkt  entwidkelt 
skh  aus  einer  langgestreckten  Gastrukt  mit  gleichförmigem  Cilienkleid.  (Zu  ver- 
gleichen den  Artikel:  Echinodermenentwicklung).  Die  freischwimmende  Larve 
der  A%kroUka  ist  anter  dem  Namen  der  Bipinnarkt  bekannt.  (Näheres  s.  den» 
selben  Artikel).  Für  die  Ophiuriden  und  Fxhiniden  i«;t  die  T-arve  unter  dem 
Namen  Pluieus  beschrieben.  (Näheres,  ibid.).  In  welcher  Weise  die  Larve  der 
Crinoidecn  von  den  übrigen  Fchinodermenlai ven  abweicht,  findet  man  ebenfalls  in 
dem  fjenannlcn  Artikel.  Die  I  arve  der  Entcropneusta  (Balanoglossus)  hall  m  liircm 
Bau  ungefalir  die  Mitte  zwischen  der  F.chinodermenlarvc  und  der  den  Mollusken 
und  Chaetopodcn  zukommenden  Trochosphaera.  Sie  ist  unter  dem  Namen;  Tor- 
narw  bekannt.  —  Was  die  Arthropoden  anbelangt«  so  ist  Uber  die  Larven  der 
Piotrocheaten  und  Myriopoden  so  viel  zu  sagen,  dass  Aber  soldie  bei  Per^ahu 
niches  bekannt  ist;  bei  den  Cbilognathen  und  Chtlopoden  finden  ach  nach  dem 
Auskriechen  allgemein  sech^tetge,  unvollkommen  segmentirte  rundliche  Laiven. 
—  Bei  den  Insecten  sind  ^1"'  1  arvenformen  sehr  ausjreiirägt.  Bei  den  Apteraiaaket' 
scheidet  sich  die  T  .an  e  vom  Erwachsenen  nur  durch  die  Zahl  der  Homhautfalten  und 
der  GelenVc  an  den  Antennen.  Die  mei^N  n  Orthopteren  und  Hemipteren  besitzen 
in  den  jüngsten  l.arvcnzustanden  kerne  Fiiigel,  sondern  dieselben  entstehen  durch 
mehrere  succcssive  l'mbildungen.  Die  provisorischen  Tracbecnkiemen  der  Libel- 
luliden  und  Ephemeridcn  werden  vor  der  letzten  üniuildung  abgeworfen,  die 
FIttgel  erscheinen  erst  spät  in  dem  lange  2^it  beanspruchenden  Larvenleben.  In 
aUen  anderen  Insektengruppen  macht  die  Larve  ein  Ruhestadium,  den  soge- 
nannten Puppensnstand,  durch.  Wo  dies  der  Fall  ist,  lasst  man  die  Formen 
unter  dem  Namen:  Hohmttab^  zusammen.  —  Die  Larven  der  Dipteren  sind  fiisa* 
los.  Die  eigenthümlichen  Fliegcnlarven  eirtbehren  eines  besonderen  Kopfes,  und 
die  Kiefer  sind  durch  einfache  Haken  vertreten.  Die  Tipuliden  dagegen  haben 
einen  wohlentwickclten  Kopf  mit  normalen  Anhängen  Wahrend  bei  ersteren  die 
Pui)pen  völlig  ruhen,  bewegen  sich  dieselben  bei  letzteren  frei.  Bei  den  Neu- 
ropteren  sind  die  Larven  sechsfilssig  mit  starken  Fresswerk/eupen  ausgerüstet  und 
sehr  gefrässig,  ihre  Puppen  sind  oft  von  einem  Cocon  umgeben.  Die  Larven- 
formen  der  Coleopteren  verhalten  sich  sehr  verschieden.  Die  meisten  sind  sechs» 
ftsiig,  entbehren  der  Flügel,  gleichen  aber  sonst  dem  fertigen  Insect  Einige 
(Mdohntha)  ähneln  den  Raupen,  andere  (Curtulto)  sind  madenförmig  und  ohne 
FOsse.  Die  Puppen  uoA  ruhend.  Eine  eigenthümliche  Kiferiaxve  »t  diejenige 
von  Sitaris  (Miiöidae).  Wenn  sie  das  Ei  verlässt,  ist  sie  sechsflissig,  klammert 
sich  an  den  Körper  von  Hymenopteren  an  und  lässt  sich  von  diesen  in  eine  mit 
Honig  gefüllte  Zelle  trtfjen,  wo  das  Ei  des  Hymenopter;  verzehrt.  Nicb  einer 
Häutung  entsteht  eine  mit  rudimentären  Gliedmaassen  versehene  Ntade,  welche 
sich  von  Honi};  nährt  und  nach  einer  abermaligen  Häutung  zur  Puppe  wird.  Die 
Larven  der  Schmetterlinge  sind  die  allbekannten  Raupen.  Sie  sind  mit  kräftigen 
Mundtheilen,  die  von  denen  des  fertigen  Schmetterlinges  durchaus  abweichen, 
ausgerüstete  gefrMsaige  Thiere,  welche  sich  von  Pflanienstoffen  ernähren.  Sie 
haben  drei  Paar  gegliederte  Thoraxftisse  und  sogenannte  Afterfflese  tn  wechsefat" 
der  Anzahl.  Nach  mehreren  Häutungen  wird  die  Raupe  zur  ruhenden  Puppe 
(ChtysaHs)t  welche  oftmals  von  einem  Cocon  umgeben  ist  In  der  Gruppe  der 


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Larven. 


Hyment^tefen  ist  der  Larvencharakter  sehr  wechselnd.  Bei  den  Aculeaten, 
Entomophagen  und  den  Cynipidae  reprflsentiren  die  Larven  fiisstose  Maden,  bei 

den  Sirexarten  ist  die  Larve  secbsfUssig,  manchmal  sogar  mit  AfterfUssen  versehen. 
—  Unter  den  Hymenopteren  bieten  einige  Ichneumoniden  (Plah's^asfcr)  eine  eigen- 
thümliche  Larvenform  dar,  welche  von  Ganin  als  Cyclopslarve  beschrieben  wurde. 
Diese  besitzt  einen  Cephalothoraxschild  mit  drei  (lliedmnassenpaaren  und  ein  aus 
fünf  Segmenten  gebildetes  Al)cionien  mit  Schwan^anhängen.  Unter  Beihilfe  ihrer 
Klauen  bewegt  sich  die  Larve  in  den  Geweben  ihres  Wirtbes  umher.  Nach 
einiger  Zeit  geht  die  I^rve  eine  Häutung  ein  und  es  folgt  nun  ein  von  ersterem  total- 
verschiedcmes  Larvenstadium,  in  welchem  man  weder  Gliedmaassen  noch  Segmen- 
drang  wahrnimmt.  Hierauf  folgt  abermals  eine  Häutung,  aus  welcher  eine  dritte 
Larvenform  hervorgeht,  die  wiederum  segmentirt  erscheint  —  Eine  der  merkwür- 
digsten  Larvengeschichten  ist  durch  Wagner  bei  gewissen  Arten  der  Dipteren- 
gattung Cecidomya  bekannt  geworden.  Das  Weibchen  legt  in  Baumrinden  seine 
Eier  ab,  welche  sich  im  Winter  zu  Larven  entwickeln,  die  Ovarien  besitzen.  Aus 
den  Ovarien  dieser  Larven  gelangen  von  ihren  Follikeln  umhüllte  Eier  in  die 
Leibeshöhle  und  Ijeginncn  sich  zu  entwickeln.  Nacli  einiger  Zeit  schlüpfen  da- 
raus Larven  aus,  welche  nocli  einige  Zeit  in  jder  Leibeshöhle  der  Mutterlarve 
verbleiben  und  nch  von  deren  Eingeweiden  emlihren.  Darauf  verlassen  sie  die 
leere  Haut  der  Mutter  und  erzeugen  nun  auf  gleiche  Weise  eine  neue  Larven- 
generation.  Nachdem  sich  dieser  eigenthUmliche  Vorgang  mehrfach  wiederholt, 
machen  die  zuletzt  entstandenen  Larven  im  fotgendim  Sommer  eine  Metamor- 
phose durch,  die  mit  der  eigentlichen  geschlechtlichen  Form  abschliesst.  Man 
hat  es  in  diesen  Verhältnissen  mit  einer  mit  Heterogamie  verbundenen  Paedo- 
genesis  zu  thun.  Ein  ähnlicher  Fall  ist  durch  Grimm  bei  den  T-arven  von  Chiro- 
nomtis  beschrieben  worden.  —  Unter  den  Arachniden  fmdet  sich  bei  den  Scorpio- 
nen  kein  Larvenzustand.  Bei  den  Pseudoscorpionen  kriecht  aus  dem  Fi  eine 
höchst  unvoUkummene  Larve,  welche  nach  einer  Häutung  an  der  Mutter  be- 
festigt bleibt  und  sich  allmählich  in  die  fertige  Form  umbildet  —  Bei  den  An* 
neinen  und  Fhalangiden  findet  sich  kein  Larvenstadium.  Dagegen  ist  em  solchea 
bei  den  Acarinen  vorhanden,  und  zwar  folgen  nach  successiven  Häutungen  mehrere 
verschiedene  Larvenformen  aufeinander.  Die  erste  Larvenform  ist  meistens  sechs* 
nissig.  Der  Embryo  der  Fycnogontden  schlüpft  als  Larve  mit  einem  Rüssel  und 
drei  Paaren  von  Anhängen  aus,  welche  die  drei  kurzen  vorderen  Paare  des  er- 
wachsenen Thieres  darstellen.  Das  vorderste  Paar  des  Anhangs  besitzt  eine 
Scheere,  die  beiden  anderen  sind  niu  Klauen  ausgerüstet.  Die  Larve  besitzt  ein 
aus  zwei  Pigmcntflachen  gebildetes  medianes  Auge  imd  einen  einfachen  Magen. 
Bei  den  Tardigraden  findet  sich  keine  Metamorphose.  Für  die  Peutastomiden 
dnd  ganz  charakteristische  I«arvenzustKnde,  welche  in  ihren  Umwandlungen  einige 
Aehnlichkeit  mit  der  Metamophose  der  Cestoden  besitzen,  nachgewiesen.  —  Bei 
den  Poecilopoden  (Lmadus)  schlüpft  die  Larve  mit  einer  auflallenden  Trilobiten- 
ähnlichkeit  ausgerüstet  ans;  drei  Wochen  i^>ftter  erfolgt  eine  Häutung,  nach  welcher 
£e  Larve  in  das  Limuloidstadium  übergeht.  Ihr  Körper  zerfällt  in  einen  Ccpha- 
lothorax  und  ein  Abdomen,  ersterer  ist  ungegliedert  und  dreilappig.  Der  mittlere 
Lappen  bildet  einen  vorsj^rinr'enden  Kiel  und  der  Einfügungsstellc  der  beiden 
flachen  Seitenlappen  liegen  die  beiden  Augenpaare.  Das  Abdomen  erscheint 
ebenfalls  dreilappig  und  mit  nenn  Segmenten  versehen,  das  letzte  davon  reprä- 
sentirt  das  Rudiment  des  Schwanzstachels.  Die  einzelnen  Segmente  besitzen 
Gliedmaassen  und  sind  an  ihren  RIndem  mit  Stacheln  versehen.  Die  beiden 


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Ltmii. 


Abdominalaohftnge  des  «weiten  Paares  besitzen  vier,  an  der  Basis  befestigte 
KiemenlameUen.  Ungefähr  drei  Wochen  nach  dem  Ausschlüpfen  erfolgt  eine  Häu- 
tung»  aus  der  die  Larve  in  das  Limuloidstadium  übertritt  Beide  Larven 
schwimmen  frei  an  der  Meeresoberfläche.  —  So  weit  man  bis  jetst  die  Ver- 
wandtsc baftsbeziehungen  von  Limulus  übersieht,  scheint  derselbe  den  Arach- 
nidcn  näher  zu  stehen  als  den  Crustaceen.  Die  Larvengeschichte  der  Crusta» 
ceen  beginnt  mit  dem  sof^en.mnten  Nnuplius.  Dieser  besitzt  drei  Paar  An- 
hänge, die  späteren  Antennen  und  Mandiheln.  Der  Körper  ist  meist  ungeglie- 
dert und  besitzt  vorne  ein  medianes  Auge.  Vor  dem  Munde  Ijefindet  sich 
eine  Überlippe,  und  an  den  Mund  schliesst  sich  ein  aus  Oesophagus,  Magen 
und  Rectum  bestehender  Verdauungskanal,  welcher  nahe  am  Hinterende  des 
Körpers  mit  dem  After  endigt.  Die  dorsale  Körpeifläche  besitzt  die  Anlagen  zu 
einem  ROckenschild.  Die  Larve  macht  eine  grosse  Zahl  von  Käutungen  durch. 
Unter  den  Branchiopoden  besitzt  der  Phytlopodennauplius  mehrere  Besonder» 
heiten.  Der  Körper  zerfällt  in  einen  cephalischen  und  postcephalischen  Abschnitt. 
Die  Oberlippe  ist  ausserordentlich  gross.  Das  erste  Antennenpaar  ist  rudimentär 
oder  fehlt,  das  zweite,  sehr  entwickelt,  dient  als  'Schwimm-  und  Kauwerkzeug. 
Em  Rückenschild  ist  entweder  überhaupt  nicht  oder  nur  rudimentär  vorhanden. 
Bei  den  Cladoceren  wird  das  Naupiiusstadium  schon  im  Ri  überstanden,  mit 
Ausnahme  von  Leptodora,  bei  welcher  aus  den  Wintereiern  ein  Nauplius  aus- 
schlüpft, während  sich  die  Sommereier  ohne  Metamorphose  entwickeln.  Von  den 
Malakostraken  macht  die  Mehrzahl  eine  complictrte  Metamorphose  durch,  nur  bei 
den  Nehaßdae,  Cuimueae,  einigen  Schizopoden,  einzelnen  Decapoden  und  den 
Edriophthalmen  besitzt  die  dem  Et  entschlüpfende  Larve  fast  die  Gestalt  der  Er- 
wachsenen. Die  Naupliusform  findet  sich  in  dieser  Gruppe  nur  selten,  nämlich 
bei  dem  Schizopoden  Euphausia,  bei  einigen  niederen  Decapoden  und  einigen 
Stomatopoden.  Im  Allgemeinen  verlasst  der  junge  Decapode  das  Ki  in  Gestalt 
einer  Larve,  welche  den  Namen  Z^/*?  führt.  Dieselbe  besitzt  einen  mächtigen 
Cephalothoraxschild.  Die  Caudalseginente  entbehren  der  Anhänge,  der  Schwanz- 
theil  ist  gegabelt.  Die  Schizopoden  verlassen  als  typischer  Nauplim  das  Ei. 
Nach  einigen  Häutungen  geht  die  Larve  in  das  von  Claus  sogenannte  Frotozoaea« 
Stadium  und  dann  in  das  wahre  Zoaeastadium  Über.  Sehr  eigenthümlich  ist  die 
Entwicklung  von  Mysh.  Dieser  Cnister  besitzt  kein  freies  Larvenstadium,  sondern 
dasselbe  verläuft  m  einer  mütterlichen  Bruttasche.  In  dieser  wird  das  Naupiius- 
stadium durchgemachl^  darauf  schlOft  der  Mysisembiyo  aus,  ohne  aber  die  Nan- 
pliushaut  ganz  abgeworfen  zu  haben.  —  Bei  den  meisten  Decapoden  verlässt, 
wie  gesagt,  die  Larve  das  Ei  als  Zoaea  mit  Ausnahme  meluerer  Penaeusarten, 
welche  als  Nauplius  ausschlüpfen,  darauf  folgen  dann  die  Protozoaea  und  die 
wahre  Zoaea.  Aus  der  letzteren  geht  die  Larve  m  ein  Mysis- oder  Schi/.opoden- 
stadium  über  und  aus  diesem  in  die  fertige  Form.  Bei  den  Sergestidac  beginnt 
die  Larvengeschichte  mit  einer  Protozoaea,  darauf  folgt  die  von  Dohrn  soge- 
nannte Elaphocarisform.  Aus  dieser  wird  die  von  Claus  beschriebene  Acantho- 
somaform,  und  diese  geht  in  me  unter  dem  Namen  Müstigopus  bekannte  Form 
über.  Dann  folgt  d»  allmähliche  Uebeii^g  zum  ausgewachsenen  Thier.  Die 
meisten  Carabidaet  Pinoiiuae,  FcUaaitMmae,  Crang^inae  verlassen  das  Ei  als 
ZoaeOt  worauf  das  Mjrsisstadium  folgt,  welches  aber  bei  den  übrigen  Macntren 
verloren  gegangen  ist.  Sehr  abgekürzt  verläuft  die  Entwicklung  bei  Homarüs, 
Astacu<:  und  den  Loricaten  ffomaru^  verln'^st  das  Ei  im  vorgeschrittenen  Mysis- 
stadium  und  wird  alsbald  dem  ausgewachsenen  Thiere  sehr  ähnlich«  Bei  Asfacui 


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Luren. 


99 


kommen  Veine  freien  Larvenstadien  vor,  sondern  das  Junge  schlüpft  in  einer  Ge- 
stalt  aus,  welche  nur  unbedeutend  von  dem  Erwachsenen  abweicht.  Die  I.arve 
der  Lorkata  ist  unter  dem  Namen  Phyllosoma  bekannt,  welche  ungefähr  die 
Fnrm  einer  dreilappigcn  Scheibe  besitzt,  welche  von  glasartiger  Durchsichtigkeit 
ihi.  Der  Uebergang  in  die  fertige  Yoxin  ist  noch  nicht  naher  bekannt.  — 
Simmtliche  Brachyuren,  mit  Ausnahme  einiger  Landkrabbenspecies,  verlassen 
das  Et  im  Zoaeazustand.  Die  Zoaeaform  wächst  rasch  und  geht  durch  eine 
Häutung  in  eine  als  M^hpa  bekannte  Form  fi1>er.  Im  Uebrigen  ist  die  Ent- 
wicklung »emlich  abgekttnt.  Bis  zum  fertigen  Huler  findet  ein  allmählicher 
Uebergang  durch  zahlreiche  Häutungen  st.itt  -  Unter  den  Stamatopoden  sind 
die  Larven  von  Erkhthus  und  Alima  als  abgeänderte  Zoaeaformen  bekannt.  Die 
junge  Nebalia  durchläuft  im  Ei  das  Naupliusstadium,  erreicht  die  Mysisform  und 
ist  beim  Ausschlüpfen  vom  Erwachsenen  nicht  wesentlich  verschieden.  Die  aus- 
kriechende Larve  der  Cumaceen  gleicht  im  Allgemeinen  dem  fertigen  Thier, 
—  Unter  den  Copepoden  stellt  die  Larve  der  Natantia  beim  Ausschlüpfen  einen 
fischen  Naupüus  vor,  dieser  macht  eine  Reihe  von  Häutungen  durch,  nach 
denen  die  Larve  in  das  Cyclopsstadium  ttbergeht»  nach  welchem  mit  Hülfe  einiger 
Häutungen  der  fertige  Zustand  eireicht  wird.  Bei  den  ParasUa  verlässt  die 
Larve  das  ^  als  vereinfachte  Naupliusform,  darauf  folgt,  nach  einigen  Häutungen, 
eine  längliche  Cyclopsform.  Im  nächsten  Stadium  ist  die  Larve  bereits  typischer 
Parasit  und  erreicht  mit  einer  abermaligen  Häutung  den  fertigen  Zustand.  — 
Die  Branchiura  (Argttlus)  schlüpfen  im  Cycloi)sstadium  aus,  dann  erfolgen  bis 
zur  Bildung  des  Erwacl  scnen  eine  Reilie  \ün  Hautungen.  —  Die  Larven  sämrat- 
licher  Cirripedien  verlassen  als  Nauplius  das  Ei,  dann  aber  werden  sie  zur  soge- 
nannten Cyprisform,  Diese  schwimmt  frei  umher,  allerdings  nur  ftir  kurze  Zeit, 
während  welcher  sie  auch  keine  Nahrung  aufnimmt.  Es  folgt  alsdann  das  soge- 
nannte Puppenstadium,  in  welchem  die  Larve  festsitzt,  unter  der  Haut  die  fer- 
tigen Oigane  bildet  und  ebenfalls  keine  Nahrung  aufnimmt  Nach  Ablauf 
dieses  Stadiums  erscheint  das  fertige  Thier.  Bei  den  AMfimmaUa  giebt  es  zwei 
wesentlich  verschiedene  Entwicklungszustände.  Der  eine  findet  sich  bei  den 
Akippidat,  der  andere  bei  Crypt»phialus .  Die  Larve  der  ersteren  verläflst  das  Ei 
als  Nauplius^  worauf  ein  Puppenstadium  folgt,  welches  den  Uebergang  zum  fer- 
tigen Geschöpf  bildet.  Crypiophialus  entbehrt  eines  freien  Naupliusstadium;  die 
Larve  kriecht  aber  bald  nach  dem  Ausschlflpfen  in  der  Mantelhühle  ihrer  Mutter 
umher,  dann  geht  sie  durch  einen  l'ii|>pen/.ustar>d  in  die  fertige  Form  über.  Die 
Rhizozephalen  vcnasben  das  Ei  als»  Naupüus  nach  einem  Cypris-  und  Puppensta- 
dium wild  die  erwachsene  Form  erreicht.  —  Die  aus  dem  Ei  schlüpfende  Ostra- 
codenlarve  ist  frei,  rq^räsendit  das  Naupliusstadium,  und  die  Entwidtlung  verläuft 
aiemlich  complicirt  Sie  macht  neun  Häutungen  durch,  welche  von  vielfachen 
Veränderungen  im  Bau  der  Larve  begteitet  werdet.  —  Bei  dem  einzigen  Ver* 
treter  der  Cephalochordaten,  dem  Atnphioxus,  besitzt  die  Larve,  wenn  sie  die  Ei- 
haut abgeworfen,  die  Gestalt  eines  langestreckten  Cylinders,  der  den  Bau  einer 
zweischichtigen  Gastrula  besitzt.  Die  weiteren  Veränderungen  betreffen  die  Bil- 
dung des  Centrainervensystems,  der  Chorda  tmd  der  Mesoblastsomiten,  Diese 
Bildungen  greifen  in  kurzer  Zeit  Platz,  dann  ^iiitTit  sich  der  cylindrische  Korper 
an  beiden  Enden  zu,  die  Schwanzflosse  kouuut  i\xu\  Vorschein  und  es  geht  eine 
allmähliche  Umwandlung  in  das  fertige  Thier  vor  sich.  —  Unter  den  Urochorda 
besittt  die  circa  54  Stunden  nach  der  Befruchtung  des  Eies  auskriechende  Larve 
der  einfachen  Ascidien  «nen  stark  angeschwollenen  Rumpf  und  einen  langen,  ge> 


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y>  Larvenroller  ^ —  Lvynx. 

Streckten  Schwaiu.  Sie  erscheint  höher  organisiit  als  das  fertige  Thier,  und  «ir  E^ 

reichung  des  letzteren  macht  sie  eine  regressive  Metamorphose  durch,  welche  damit 
beginnt,  dnss  :^ic  su  h  anheftet  und  den  Schwanz  vollständig  verliert.  Bei  der 
Gattung  Aiolgula  tincJct  sicli  die  merkwürdige  Ausnahme,  dass  kein  Larvenstadium 
besteht.  —  Bei  den  zusammengesetzten  Ascidien  gclien  viele  Ascidio/ooiden,  \velrlie 
durch  einen  gemeinsamen  Mantel  zu  einem  Asridiariuni  verbunden  sind,  durch 
Knospung  aus  einer  einzelnen  metamorphosirleii  i>arvc  hervor.  Bei  den  Dolio- 
liden  besteht  der  Lebensicreis  der  Art  aus  gesonderten  geschlechtlichen  und  un« 
geschlechtlichen  Formen.  Aus  dem  von  der  geschlechtlichen  Form  erseugten 
Ei  geht  eine  geschwänzte  Larve  hervor,  welche  in  die  erste  ungeschlechtliche 
Form  Übergeht,  und  diese  bildet  an  der  Neuraiseite  des  Körpers  einen  Auswuchs 
oder  Stolo,  aus  dem  sich  Knospen  entwickeln.  Die  Kno^n  sind  in  awei  late- 
ralen und  einer  medianen  Reihe  angeordnet  und  wachsen  zu  Zooiden  von  zwei 
verschiedenen  Formen  aus.  Alle  lösen  sich  ab  und  «schwimmen  als  selbständige 
Organismen  umher.  Was  aus  den  Lateralzooiden  wird,  steht  nicht  fest,  die  me- 
dianen aber  er/euL;en  an  der  Hämalseiie  ihres  Körpers  einen  Stolo,  an  dem  sich 
Knospen  entwickchi,  welche  in  die  geschlechtliche  Form  übergehen.  Nicht  sehr 
abweichend  sind  die  Verhältnisse  bei  den  Salpcn.  —  Uebex  Larvenzustände  der 
Appindk^aria  ist  so  gut  wie  Nichts  bekannt.  —  Unter  den  eigentlichen  Verte- 
braten  finden  sidi  Larvenzustände  bei  den  Fischen.  Solche  sind  unter  den 
Cyclostomen  bei  JPetrmyuo»  bekannt  Zwischem  dem  15.  und  si.  Tage  nach  der 
Befrachtung  kriecht  aus  dem  Ei  eine,  nur  schwache  Bewegungen  ausführende 
Larve,  diese  geht  in  eine  andere  Form  über,  welche  unter  dem  Namen  Ammo- 
coeles  schon  lange  bekannt  und  ftir  eine  besondere  Speries  gehalten  wurde,  bis 
August  Müller  ihr  eigentliches  Wesen  als  T.arve  von  Petromyzon  erkannte. 
Unter  auffallenden  N  eränderungen  geht  Ammococtes  in  das  fertige  Tliier  über. 
Unter  den  Ganoiden  maciieu  Accipcnser  und  Lepidosteus  eine  Art  Larvenstadium 
durch,  welches  sein  characterisches  Merkmal  in  dem  Besitz  einer  Saugscheibe 
besitzt.  »In  diesem  Gebilde  haben  diese  Fische  vielleicht  ein  sehr  primitives 
Wirbeltiiierorgan  besessen,  das  im  fertigen  Zustande  beinahe  sämmtlicher  Wirbel- 
thiere  verschwunden  istc  —  Ein  Larvenstadium  in  der  Gruppe  der  Amphibien 
ist  unter  dem  Namen:  Kaulquappe  bekannt  Dieselbe  ist  gleich  nach  dem  Aus* 
schlupfen  ohne  Athmungsorgane  und  Gliedmaa.<isen,  besitzt  dagegen  zum  Umher- 
schwimmen einen  langen  Schwanz.  Durch  sehr  bedeutende  Metamorphose  bildet 
sich  aus  der  Larve  das  fertige  Thier.  C.kiuh. 

Larvenroller  —  Paradoxurus  typus,  F.  Cuv.,  P.  hcrmaphroditus^  Urav,  etc. 
s.  Paradoxurus,  F.  Cuv.     v.  Ms. 

Larventaucher  (Alca  fratercula,  Tem.,  Fraiercula  arctica,  L.),  s.  Alken.  Rchw. 

Larymna,  Kikb.  (Eigenname?),  Gattung  der  BorstenwOrmer,  Ord.  NoMraH' 
fJUata,  Farn.  Eunkiäat.  Vier  Paare  sägeartige  Kiefer;  das  erste  Paar  ungleich; 
Kopflappen  nackt,  ganzrandig.  Zwei  niderlose  Segmente;  Borsten  einfach.  Wo. 

Laiynx,  Kehlkopf.  Die  Communication  zwischen  dem  Schlundraume  und 
den  Lungenhohlräumen  vermittelt  ein  durch  knorpelige  Einlagerungen  durch- 
gängig erhaltenes  Kohr,  die  -Luftröhre'  oder  Trachea  (s.  d.);  ihr  Eingangs-  bez. 
Anfangstheil  hat,  nicht  nur  »als  Pförtner  der  Lunge«  den  Eingang  (^Glottist)  in 
das  Athmungsorgan  je  nach  Bedürfnis  zu  erweitem  und  zu  verengern,  sondern 
auch  den  stimmbildendcn  Apparat,  den  »Kehlkopf«  herzustellen;  nur  in  der 
Klasse  der  Vögel  tritt  auch  am  unteren  Luftröhrenende  eine  Bildung  als  Larynx 
m/erhr,  unlerer  Kehlkopf  oder  Syrinx,  s.  d.,  auf,  welche  bei  gleichzeitiger  Rflck* 


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büdung  des  »obereiu  Kehikopfes  (Laryiix  supcrior)  deshen  i  unction  übernimmt. 
—  Bei  den  Säu^^ern,  deren  Verhältnisse  des  reichen  Details  wegen,  zum  Aus- 
gangspunkle  dienen  mögen,  lassen  sich  zunädisl  folgende  Bestandtheile  des  knor- 
peligen Kehlkopfgeriistes  unterscheiden:  a)  dn  (beim  Schnabeltiiiere  paariger) 
»Scbildknorpel«  (Oaühigd  ^reoidta)^  welcher  einen  hinten  offenen,  vom  und 
seitlich  mächtig  und  ftächenbaft  entwickelten  Bogen  darstellt;  von  seinem  Hinter- 
rande treten  meist  obere  und  untere  »Hörner«  (Cornua  super iora  et  in/er iora)  zur 
Verbindung  mit  dem  Zungenbeine  (oben)  mit  dem  b)  zweiten  Hauptkoq:)el  sRtng- 
knorpeU  (Cartilagu  cricoidca)  unten,  ab.  Dieser  als  Träger  der  zur  Insertion  der 
Stimmbänder  dienende  Knorpel,  auch  als  »Grundknorpel  bezeichnet,  ist  in  der 
Regel  ein  voUstiindiger  Knorpelnng,  di^ry  Ceiacea  carntvora  \&iXoc.\\  ist  er  vorne 
völlig,  bei  den  Bären  und  flsdiottam  fast  ganz  getfaeilL  Seine  hintere  Farthie 
erhebt  rieh  ziemlich  steil  und  plattenart^  zwischen  den  hinteren  SchQdknoipel- 
höraern,  zum  Tbeil  als  hintere  Kehlkopfwand;  ihr  sitzen  c)  gelenkig,  die  beim 
Menschen  dreisdtig  pyramidalen  Giessbeckenknorpel  (Qwülaginet  atj^mtndeoi} 
auf;  die  nach  oben  gerichtete  Spitze  dieser  trägt  als  abgegliederte  Stücke  die 
»Santorinischen«  Knorpel.  Als  Carlilagines  IVrisbergü  beschrieb  man  Knorpel- 
keme,  in  dem  die  Giessbeckenknorpel  mit  d)  dem  Kehldeckel  (Fpii^Ioitis)  verbin- 
denden Ligamente.  Der  in  der  Form  dem  Kehlkopfeingangc  angepasstc  Kehldeckel 
ist  mit  dem  Vorderrande  des  SclüluKnoipels  verbunden,  nur  selten  (Sirenia)  aus 
gelblichweisscu;  Fasergewebe  gebildet  oder  in  continuirlichem  Zusammenhange 
mit  dem  Schildknorpel  (Barten«  und  Zahnwale).  Als  »wahre  Bänder«  hat  man  eine 
Reihe  von  Ligamenten  beschrieben,  die  zur  Verbindung  des  obersten  Laiyngeal- 
knorpels  mit  dem  Zungenbeine  (LtgametUa  tfyreo-kjfMa)  und  zur  Verbindung 
der  genannten  Kehlkopfknorpel  untereinander,  bez.  auch  des  Ringknorpels  mit 
dem  ersten  Tracheairinge  dienen.  (Lig.  cricotracheakt  crUc^^frtüidM,  Lig. 
irka-arytaenoiäea  etc.).  —  Schleimhautbänder  bestehen  zwischen  dem  Kehldeckel 
und  der  Zungen wurzel  (f  ig.  glossa-i'piglottica)  und  zwischen  ersterem  und  den 
Arytaenoidknorpeln  (Lig.  ary-cpiglottica,  diese  mit  den  erwähnten  Cat iilagines 
ll'rishfrgii).  —  Besondere  Wichtigkeit  erlangen  die  /wisclicn  SciuM-  nnd  Oiess- 
beckcnknorpel  ausgespannten  iniii  durch  ihre  Scliwingungen  die  Stuiune  erzeu- 
genden »Stimmbänder«  (Lig.  thyreo  arytaefioidea,  s.  Ckordat  voccUes),  welche 
die  »Stimmritze«  zwisdien  sich  lassen.  Indess  sind  auch  jene  Säuger  nicht 
stimmlos,  welchen  diese  Bänder  fehlen.  Richte  Cetaceen,  Nilpferd,  Stachelschwein). 
»Typisch«  finden  sich  s  Paare  solcher  mit  Schleimhaut  überklddeter  Stimmbänder: 
»obere«  falsche  (Lig.  spuHa)  und  stärkere  »wahre«,  »untere«  (Lig-  glotH^  vera), 
letztere  experimentell  als  ausschliesslich  stimmerzeugende  nachgewiesen  (eigent- 
liche Chordae  vocales).  Zwischen  beiden  befinden  sich  die  bisweilen  ansehnlich 
ausgedehnten,  taschenartigen,  selten  (Löwe)  fehlenden  Ventriculi  Morgagni  (s.  /V/- 
tnaies).  Die  falschen  Stimmbänder  fehlen  manchen  Säugern  (so  den  Beutlem, 
einigen  Insectivoren,  vielen  Wiederkäuern,  n  i  c  Ii  t  aber  den  Elefanten,  wie  fälsch- 
lich angegeben  wird).  Die  durchwegs  paarig  entwickelten  Kehlkopfmuskeln  prä- 
sentircn  sich  vornehmlich  als  Stimmbänderspanner,  Stimmritsenerweiterer  und  Ver- 
engerer. —  Bezüglich  abweichender  KehlkopCbildungen  bei  den  Säugethieren 
vefgl.  die  Artikel  Uber  die  einzelnen  Ordnungen  (COaeea  etc.).  —  In  der  Klasse  der 
Vögel  (s.  a.  Syrinx)  bleibt  der  (obere)  Kehlkopf  ^m  eben  erörterten  Sinne)  func* 
tionslos,  er  besteht  hier  vorwiegend  aus  einer  grossen  Cartilago  cricoiJea,  von 
deren  Hinterrändem  sich  zwei,  in  der  dorsalen  Medianlinie  durcli  Bindegewebe 
vereinigte,  pro  parte  verknöcherte  Spangen  »zwingenartig«  abheben,  ferner  aus  den 


^ujui^uo  i.y  Google 


Cartilaglncs  arytaenoidcae  und  einem  mit  letzteren  verbundenen,  bisweilen  fehlen- 
den Schaltstücke.  Ein  vollständig  getrennter  Kehldeckel  fehlt  allgemein.  Ein 
ziemlich  einheitlicher  Bauplan  charakterisirt  den  Laiynx  der  Reptilien;  Stimm- 
bänder finden  sich  bei  den  Geckos  und  Chamaeleoniden  sowie  bei  den  Krokodilen. 
—  Bei  den  ScbildkrOten  besteht  der  Kehlkopf  aus  einem  ringförmigen  Haupt- 
knorpel, der  CarHhffi  eru&idea  (tlatyngta^)  und  zwei  discreten  CartUaginit 
aryiameideat*  Seine  Innenwand  ist  bis  auf  eiiv  mediane  häutige  Längsfalte  und 
einen  un regelmässigen  Vorsprung  der  Basis  jedes  Aiytaenoidknorpels,  glatt 
(Stannius).  Der  einer  Epiglottis  entbehrende  Kehlkopfeingang  (Aditus  laryngis) 
hat  die  Form  eines  I^ängsschlitzes.  Den  Krokodilen,  käme  nach  Cuvier  (wenigstens 
einigen  Arten  '  ein  rudimentärer  Kehldeckel  zu.  Wie  bei  den  Schildkröten  liegt 
hier  der  Liirynx  m  einer  Aushöhlung  der  Zungenbeinplatte,  welche  ein  seitliches 
Paar  hinterer  Hömer  trägt.  »Auf  der  dorsalen  concaven  Fläche  dieser  wie  eine 
CartäagQ  thyrepidea  der  Säuger  fungirenden  Platte«  (Wiedersheim)  steht  die  Cor- 
iäagü  crkwka  (kuyngea),  die  dursalwärts  durch  ein  medianes  SchaltstQck  ge« 
geschlossen  wird.  Die  beiden  bogenförmig  gekrümmten  Caräiaigma  aiytainoideai 
verbinden  sich  dorsalwärts  je  mit  dem  hinteren  Settenrande  des  Ringknorpels 
und  vereinigen  sich  ventral  zu  einer  freien  Spitze ;  dorsalwärts  bildet  die  Schleim- 
haut der  T.ar>'nx1iöhle  eine  tiefe  Tasche,  wodurch  die  Möglichkeit  einer  Stimm- 
bildung gegeben  ist.  —  Schlangen  und  Eidechsen  bieten  keine  besonders  ab- 
weichenden Verhältnisse  dar,  bei  einigen  wird  eine  durch  Knorpel  gestützte 
Querfalte  als  EpigloUU  beschrieben;  die  Chamaeleoniden  besitzen  am  Ueber- 
gange  des  Kehlkopfes  in  die  Luftröhre  einen  mit  dem  Laryngealraume  communi- 
cirenden  Kehlsack,  der  (bei  geschlossenem  Aditus)  wohl  als  Luftreservoir  func- 
tioniren  mag  (Wiedershsiii).  Unter  den  Amphibien  stehen  die  Anuren  in  der 
Entwicklung  des  Larynx  obenan,  sein  Skelet  besteht  aus  der  unpaaren,  oval  ring- 
förmigen Cttrtilago  laryngotrachealis  (seu  crU^dia)  und  den  paarigen  Cortilagimes 
arytaenoideae ;  der  L.  wird  von  den  hinteren  Zungenbeinhöraem,  welche  phy- 
siologisch eine  Cartilago  thyrfoidea  ersetzen,  umschlossen  und  mit  diesem 
durch  fibröses  Gewebe  verbunden.  Fast  stets  finden  sich  häutige  Stimm- 
bänder (2  Paare  bei  KanaJ.  Bei  den  männlichen  Anuren  finden  sich  bisweilen 
zwei  Schall-  oder  Kelilblasen,  die  als  hinter  den  Mundwinkeln  hervortretende 
Ausstülpungen  der  Mundschleimhaut  in  Gestalt  kugeliger  weisser  Blasen  beim 
Schreien  sich  bemeiklich  machen.  Die  für  Gymnophionen  und  Urodelen  giltigen 
Verhältnisse  finden  im  Artikel  tTrachea*  nähere  Erörterungen.  —  Ausser  J.  Hbmue, 
Vergleichend  anatomische  Besdireibung  des  Kehlkopfs.  Ldpag  1839  s.  u.  a. 
noch  aus  der  allgemeinen  litteratur:  H.  Pagbmstbchbr,  Allgem.  Zoologie  oder 
Grundgesetze  des  Üiierischen  Baus  und  Lebens,  3.  Theil,  Berlin  1878,  pag.  304 
bis  396*  —  R.  Wiedersheim,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Anatomie  der  Wirbel- 
thiere,  Jena  1883,  pag.  636 — 659.  —  Lieber  den  menschlichen  Kehlkopf  vergl. 
noch  J.  Henle,  Handbuch  der  Eingeweidelehre,  2.  Band,  Leipzig  1S86,  pag. 
228  —  264.     V.  Ms. 

Laxyiixentwicklimg,  s.  Respirationsorganentwicklung.  Grbch. 

Larzac-Schaf,  eine  französische  Race,  welche  im  Departement  Hdrault  und 
Aveyron  gezflchtet  wird  und  sich  durch  stattliche  Körpergrösse,  herabhängende 
Ohren,  starken  Hals  mit  gut  entwickelten  Köder,  kräftigen  Rumpf  und  stämmige 
Bdne  ausgexeichnet  IHe  Wolle  ist  grob;  die  Fruchtbarkeit  und  Bfilchergiebig- 
keit  der  Thiere  vorzüglich.  Die  Milch  dient  zur  Herstellung  der  berühmten 
Roquefort-Käse.  R. 


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Lasaea  —  U  Tine-Zeit. 


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Liaam,  s.  Kdlia.    E.  v.  M. 
Lasen,  s.  Lasen. 
Lasier,  s.  Luen.    v.  H. 

Lasiocampa,  Schrk.  (gr,  rauh  uad  Spannraupe),  eine  von  der  artenreichen 
Spinnergattung  Gast^ropacha  (s.  d.)  abgezweigte  und  nur  dadurcli  unterschiedene 
Gattung,  dass  Rippe  5  aller  Flügel  aus  der  vorderen  Hälfte  der  getheilten 
Mittelzelle  entspringt;  Arten  L.  dumeti,  L.,  und  Taraxaci,  W.  V.     E.  Tc. 

Lasiomys,  Pet.,  afrikanische  Nagergattung  der  Familie  Murina,  Gerv.  Baird, 
mit  glatten,  ungefurchten  Schneidezähnen,  fünfzehigen  Füssen  (vordere  mit  Daumen- 
wane),  kuraein,  fast  nackten)  Schwänze;  Körper  mit  platten  gefurchten  Borsten 
bedeckt.  Nur  eine  Art  aus  Guinea  bekannt  Z.  of»,  Pet.     v.  Ms. 

La8i<myctcria,  PEisas,  auf  V(Uperug<t  twetioßgBns,  La  Contb  (die  silbeifaaarige 
Fledermaus),  begründete  Gattung,  welche  zwischen  MuMpUrus,  Bonap.,  und  Ves- 
perugo,  K.  et  Bl.,  vermittelt   S.  Vesperugo.     v.  Ms. 

Lasioptera,  Meic,  (gr.  s.  v.  w.  Rauhflügler),  eine  Gallmückengattung,  s.  Ceci- 
domyidae,  wo  die  beiden  ersten  Längsadern  dem  Vorderrande  des  Flügels  so 
nahe  gerückt  sind,  dass  sie  sich  schwer  als  2  erkennen  lassen,  wie  bei  L.  Juni- 
perina.  Dkg,  welche  an  jungen  VVachholdersprossen  dreieckige  Missbildungen  er- 
ieugt,  die  sogenaiinlea  >ivirkbecren.«      E.  To. 

Laaiopyga,  Illig.,  s.  Semnopitiiecus,  Cuv.     v.  Ms. 

Lasiorhinus,  Murie,  auf  die  Beuteltbierspecies  J^cohw^s  iai^rtm,  Owen, 
begründete  Untergattung,  s.  Phascotomys.     v.  Ms. 

La&iuromya,  Dbvilu^  s.  Lonchere^  Ilucer.     v.  Ms. 

Lasiurus,  Gray  (AUUapkOt  Rafin.),  amerikanische  Fledermausgattung  der  Farn. 
Vtsftrtüionidae,  Wagner,  s.  Nycticejus,  Rafin.     v.  Ms. 

Lasius,  Fabr.,  Höckerameise,  eine  etwa  aus  12  europäischen  Arten  be- 
stehende Ameisengattung,  die  sich  durch  einen  kugeligen  Hinterleib,  dessen  Stiel 
ein  schmal  viereckiges,  aulgerichtetes  Sciiiippclien  trägt,  und  durch  sehr  undeut- 
liche Nebenaugen  auszeichnet.  L.  Juä^inosus  vorherrschend  in  alten  Baum- 
Stämmen,  Z.  mgir  in  der  Erde  unter  Steinen,  Z.  brumuus  öfter  in  Häusern 
und  Z.  ßavus  eine  der  kleinsten  unter  den  gelben  Ameisen,  sind  die  verbreitetsten 
Arten.    £.  To* 

Laal^ka,  einer  der  sieben  Stämme  der  Haidahindianer  (s.  d.),  am  Sldde* 
gatesund;  sie  theilen  den  von  den  Skidegates  nicht  beanspruchten  Rest  der 
Ostküste  der  Grahaminsel  mit  den  Clew.     v.  H. 

La-song  oder  Xong,  ein  grösstentheils  zusammengelaufenes  Gesindel  ver- 

schiedcnt;r  Nationalitäten  in  dem  rauhen  Gebirgslande  bei  Tschandabun  in 
Siam,  das  sich  in  seiner  Abgcbclilossenheit  zu  einer  besonderen  Kace  mit  eigener 
bprachc  herausgebildet  liat.     v.  H. 

Laaiica,  Zweig  der  Hu  pah  (s.  d.)  am  Mad  River  in  Kaliloraien.     v.  H. 

Lasumieiae,  J^arut  iyamu,  Fall.,  s.  Paridae.  Rchw. 

Lasurtaube  «  Eistaube  (s.  d.).  R. 

Latacuoga,  erloschene  Quitoindiaaer.  H. 

Latax  (Lataxina),  GaAV,  Subgenus  von  Lutra.     v.  Ms. 

Lateinische  Sprache.  Die  si)äter  zur  Weltsprache  des  Alterthums  gewordene 
Sprache  der  Latiner,  der  Ahnherrn  der  Römer.  Mit  Oskisch  und  Umbxisch  bildet 
L.  die  italische  Sprachgruppe      v.  H. 

la  T^ne-Zeit.  Der  Haiistatter  Entdeckung  im  Osten  entspricht  eine  west- 
liche der  Schweiz.    Bei  dem  kleinen  Dorfe  Mann,  am  Noraeade  des  Neuen- 

Zoel.,  Anibr^L  u.  Etbzwlosie.   Bd.  V.  * 


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34 


b  Tlne-Zeit 


burger  Sec's,  sfiess  man  aut  einen  Pfahlbau,  der  nach  lokalem  Bodenverhältniss 
im  l'ischerdialekte  »la  Tene«  genannt  wurde.    Es  (and  »ich  ^uinal  Eisengeraiiie 
von  ausgeprägtem  diftnücter.      Bald  mehrten  ^ch  die  Funde  auch  andenrtrts, 
bis  man  sab,  man  habe  es  mit  einer  wahrscheinlich  von  Westen  vorgedrungenen» 
im  Ganzen  jüngeren  Cultur  tu  thun.  —  Ihr  Ursprung  wird  im  mittleren  und  sfld- 
lichen  Gallien  su  suchen  sein»  entstanden  wohl  unter  massaliotischem  und  indirekt 
südetruskischem  Einflüsse.    Von  Frankreich  erstreckt  sie  sich  namentlich  über 
die  Schweiz  und  Süd-Deutschland,  wo  ihre  Erzeugnisse  ziemlich  in  den  gleichen 
Gegenden  wie  die  Hallstatt's  vorkommen,  dorh  so,  dass  die  Oljer-Donau  gegen 
Rhein  und  West-Schweiz  zurücktritt.    Ihre  Au-.lauter  verstreuten  .sich  bis  nach 
Nord  italien,   UniT.irn,   Nord-Deutschland,  Skandinavien,   Britanien  und  Irland. 
Die  Zeitdauer  labi>t  .sich  namentlich  aus  den  der  Periode  eigenen  Miinzlunden 
bestimmen,  welche  Nachahmungen   makedonischer  Tetradrachmen ,  junger  als 
Philipp  II.»  sind.   Sie  umfasst  mithin  die  letaten  Jahrhunderte  vor  Christus  und 
dauerte  bis  in  die  römische  Zeit  hindn;  am  zähesten  auf  den  britischen  Inseln. 
Gemischte  la  T6ne-  und  Hallstattfunde  wurden  selten  gemacht,  deuten  in  ihrem 
Vorkommen  aber  doch  darauf,  dass  beide  Gruppen  eine  Zeit  lang  neben  einander 
hergingen.  —  Die  la  T^ne-Gegenstände  zeichnen  sich  aus  durch  Abrundung  und 
kräftige  Profilirung;  am  leicluesten  kenntlich  ist  die  einwärtsgebogene,  aus  einem 
Stücke  gearbeitete  Spange.    Die  Schwerter  /ciLen  tlünne,  gerade  Eisenklingen 
bis  zu  1 1  .Meter  Län£;;e,  die  sich  bisweilen  In  im  Hiebe  boi^en  und  ohne  Parir* 
btan^e  gewohnlich  in  Eisenscheiden  von  dünnem  Blech  stecken.    Der  Griff  ist 
ein  schmaler  Dorn  mit  Endknopf,  durch  Holz  oder  Horn  bekleidet   Dem  Lang* 
Schwerte  zur  Seite  behaupteten  sich  kürzere  Stichschwerter  und  Dolche.  Die 
Lanzenspitzen  sind  lanzettförmig  mit  starker  Mittelrippe.  Unter  den  Schmuck- 
sachen sind  die  Gttrtelhaken  beachtenswerth:  vielfach  durch  einen  oder  zwei 
Thierköpfe  gebildet;  unter  den  Gefassen  die  Bronceschnabelkannen  mit  hoch 
aufragendem  Atu^sse.  Arm-  und  Halsringe  sind  mit  Knöpfen  beset/t  und  laufen 
gern  schalenförmig  ans,  jene  können  von  farbigem  Glase  sein.    In  den  fein  ge- 
arbeiteten Broncekeitcn  wurden  die  Rin^e  durch  besondere  Zwisciienglieder  ver- 
bunden.    Die  Ornamentation   veriaih  iheilweise  classische  Motive,  selbständig 
umtjebüdet;  Fischblasen,  I  rumpetenmuster  und  Spiralen.    Zum  ersten  Male  treten 
roihe,  emailartigc  Scheiben  und  rothes,  leicht  schmelzbares  Glas  auf.  Von  edlen 
Metallen  zeigt  sich  auch  Silber  verarbeitet   Schüsseln  und  Urnen  sind  bisweilen 
gross,  jene  durchweg  tief»  diese  meistens  dickbAuchig.  Eine  ausgebildete  Eisen- 
cultur  hat  man  hier  vor  sich,  eine  hochstehende  Schmiedekunst»  die  sogar  fabrik- 
mässig  betrieben  wurde.   Vielfoch  treten  lebhafte  Handelsbeziehungen  au  Tage 
und  in  ihrem  Gefolge   starker  fremdländischer  Einfluss»  doch  im  Grossen  und 
Ganzen  ist  die  Cultur  eigenartig  und  selbständig  gewesen.    Zwischen  den  ausge- 
grabenen  Wohnstätten  von   Bibrakte   fatid    man    Werkstätten    gallischer  (iold- 
scliniiede,  zu  Stradonic  in  Böhmen  eine  iabrik  mit  angefangenen  Stutken,  wo- 
runter z.  B.  Spaiit;en  mit  noch  nicht  aufgewickeltem  Drahte.       Mit  Aufnahme 
der  Haiistatter  Periode  ist  es  durchweg  die  jüngere  la  Tenc  i'criüde  gewesen» 
durch  die  das  neue  Metall  des  Eisens  zu  solcher  Bedeutung  gelangte,  dass  es 
eine  eigentliche  Eisenzeit  bewirkte.  Im  Wesentlichen  bat  es  sich  von  Sttden 
nach  Norden  ausgebreitet»  zumal  von  Thüringen  her»  dagegen  scheint  die  Aus- 
strahlung der  Cultur  vom  Rheine  zurückgestanden  zu  sein»  auch  lassen  sich  vom 
Osten  her  keine  Einwirkungen  verspüren.    In  Schlesien  sind  la  Tine-Sachen 
selten  und  im  Osten  der  Weichsel  nur  noch  einzelne  typische  Gegenstände  ge- 


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la  Tine^Zrit 


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funden  worden.  Am  ausj^icbigsten  hat  sich  Hannover  erwiesen,  wogegen  Mecklen 
bürg  so  zäh  an  der  Bronce  festhielt,  dass  erst  mit  der  nachfolgenden  römischen 
Periode  eine  entwickelte  Eisenzeit  einzusetzen  vermochte.  An  manchen  Orten 
lässt  sich  auf  den  Begräbnissplätzen  beobachten,  wie  die  neue  Cultur  allmählich 
Raum  gewann  und  zur  Herrschaft  gedieh,  an  anderen,  wie  im  Westen  der  Weichsel- 
tnflndung,  ist  der  Uebergang  sdiarf  und  schroff.  Die  Bevölkerung  lernte  dem 
heimischen  Boden  das  neue  Metall  abgewinnen  und  verarbeiten,  wobei  ihr  theils 
die  üblichen  Formen  der  alten  Broncen,  theils  die  neuen  Importwaaren  als  Muster 
dienten,  welche  beide  nicht  selten  nach  lokalem  Geschmacke  umgebildet  wurden. 
Die  Kunst  des  Uberlieferten  Broncegusses  und  die  neuerlemte  des  Schmiedens 
kamen  zugleich  ^ur  Anwendung.  —  Die  Begräbnissarten  sind  von  dem  Wechsel 
der  Cultur  nicht  beeinfiusst  worden.  Während  das  alte  Thüringische  la  T^ne- 
Gebiet  nach  wie  vor  die  übrigen  Skeleltgräber  weilerführt,  haben  wir  sonst  in 
Nord-Deutschland  jene  grossen,  gemeinschaftlichen  Begräbnissplätze  der  Urnen- 
felder und  Urnenhügel  mit  Kleingeräthbeigaben  oder  isolirte  Grabstätten  mit 
verbranntem  Gebein  und  grösseren,  absichtlich  verbogenen  Eisenwaaren,  oder 
schliesslich  Brandgrubengrttber,  Gruben,  in  denen  die  Ueberreste  des  verbrannten 
Leichnams  mit  den  Rückständen  vom  Leichenbrande  <^ne  Sorgfalt  hineinge- 
woifen  sind.  —  Die  HallstattCultur  war  ziemlich  sicher,  die  von  la  Thnt  aweifels> 
ohne  keltischen  Völkern  eigen,  dagegen  scheinen  die  Bewohner  Nord-Deutsch- 
lands aber  schon  in  der  Broncezcit  Germanen  gewesen  zu  sein:  die  Begründung 
der  ersten  germanischen  EisencuUur  ist  mithin  unter  keltischer  Beeinflussung  vor 
sich  gegangen.  Durchaus  zeugen  die  Funde  dagegen,  dass  das  Auftreten  des 
Eisens  mit  der  Einwanderung  eines  neuen  Volkes  zusammenhänge.  Der  Aus- 
tausch der  Eisengeräthe  Nord- Deutschlands  durfte  mit  dem  5.  Jahrhundert  be- 
ginnen, die  eigoitlsche  la  Tine-Periode  dort  die  beiden  letzten  Jahrhunderte 
V.  Chr.  umlassen.  Um  die  Zeit  von  Christi  Geburt  fassten  die  Römer  festen 
Fuss  am  Rheine  und  im  Norden  der  Alpen,  und  damit  begann  eine  neue  Cultur 
für  Nord-Europa,  die  von  la  Ttee  wurde  jetst  durch  die  überlegene  römische 
verdrängt.  —  Gehen  wir  zu  den  Gebieten  Skandinaviens  über,  so  finden  wir, 
wie  in  Mecklenburg,  ein  zähes  Festhalten  an  der  hochentwickelten  Bronce,  finden 
noch  Bronce-Gegenstände,  die  unter  dem  Einflüsse  der  südlichen  vollentwickelten 
Kisencultur  stehen.  Es  scheint,  als  ob  die  importirten  Produkte  zunächst  eine 
Nutzanwendung  des  neuen  Metalls  begründet  hätten,  was  um  so  beachtenswerther, 
als  Schweden  besonders  reich  an  Eisen  ist.  —  Wo  Eisengerätlie  vorkommen 
und  die  beginnende  neue  Zeit  andeuten,  sind  es  Einwirkungen  der  la  T^e-Gruppe. 
Wirklich  ausgebildet  und  langdauemd  zeigt  sich  eine  solche  aber  nur  auf  der 
Insel  Bomholm,  wohin  sie  aus  den  Gegenden  der  Weichsel  gebracht  worden 
sein  wird.  Sonst  haben  la  Tine-Sachen  nur  mehr  oder  weniger  Einselaufnahme 
gefunden,  stärker  im  südöstlichen  Schweden,  schwach  und  spät  besonders  in 
jOtland,  welches  die  Bronce-Cultur  beibehielt.  Die  nördlichsten  jener  Funde 
sind  am  Christiania-Fjord  in  Norwegen  gemacht;  sie  bilden  hier  gleichsam  nur 
die  Einleitung  in  die  römische  Eisenzeit.  Mit  Bomholm  begmnend,  hat  die  Ein- 
wirkung der  la  Tene-Cultur  des  Nordens  wesentlich  während  der  letzten  Jahr- 
hunderte lutcii  Christus  stattgefunden.  Eine  kräftige  Entwicklung  des  Eisens  trat 
erst  zu  Tage,  als  der  römische  Einfluss  Skandinavien  erreichte,  wohl  im  zweiten 
Jahrhundert  nach  Christus.  —  Otto  TiscfiLER  theitt  die  )a  T6ne-Zeit  in  Unter- 
abtheilungen ein*  Die  frühe  la  Ttoe-Peiiode  findet  sich  besonders  vertreten 
in  den  grossen  Kirchhöfen  der  Champagne,  in  den  Grabhügeln  des  Saargebietes 

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36 


1»  Tfaic-Zeit  —  Lata». 


der  Schweiz,  Süd-Deutschlands,  Böhmens  und  Ungarns.  Charakteristisch  Tür  diese 
Periode  ist  die  Gest»U  des  Schwertes,  bei  welchem  die  EridbeschUge  der  Scheide 
nch  meist  stark  aasninden.  Bei  den  Fibeln  dieser  Zeit  ist  das  Schlussstück  mit  dem 
BUgel  nicht  verbunden.  —  Die  mittlere  la  Tine^Periode  ist  vertreten  durch 
die  Ausgrabungen  zu  la-T^ne  selbst,  ferner  duroh  Funde  am  Mittelrhein  (Laden» 
bürg).  Charakteristisch  ist  hierfür  ein  Schwort  mit  stumpfendigender  Klinge  und 
Scheide  und  die  Fibel  mit  dem  Schlussstück.  welches  durch  eine  Hülse 
mit  dem  Bügel  zusammenhängt.  —  Die  s])äte  la  T^ne  Zeit  ist  repräsentirt 
durch  die  Ausgrabungen  zu  Bil)ratte,  Alexia  und  Nauheim.  Im  Norden 
und  Osten  Deutschlands  geboren  hierher  eine  Menge  \on  Urnenfeldern. 
Charakteristisch  für  diese,  bis  xur  Römerokkupation  reichende  Zeit  ist  ein 
Schwert  mit  bogig  endender  Scheide,  sowie  eine  Fibel,  bei  welcher  der  Fuss 
einen  geschlossenen  Rahmen  bildet.  —  Die  frühe  la  T&ne*Zeit  wird  am  Rhein 
und  in  Sttd-Deutschland  vielfach  vertreten  und  Überlagert  von  der  gleichzeitigen 
jttngeren  Hallstatt'Periode.  —  Literatur:  J.  Umdset:  »das  erste  Auftreten 
des  Eisens  in  Nord-Europat ,  Hamburg  1882;  V.  Grof<;:  »la  T^ne,  un  oppidum 
Helv^te:,  Paris  1880;  K.  Venga:  »les  Helv^tes  ä  la  Tdne* ,  Neuchatel  1885; 
C.  Tischler:  Anthropoloijencongress  zu  Karlsruhe  im  ^ C  orrcspondenzblatt  d.  d. 
Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  UrLreschirhte«  1885,  No.  11, 
pag.  157 — 161;  Pfu  (,kK  1  rLNo:  »die  ältesten  Cuiturperioden«,  Allgeni.  Zeitung, 
1885.    Beilage  No.  237  u.  A.      C.  M. 

Latenz.  Dieses  Wort  wird  in  der  Biologie  zur  Bezeichnung  der  Thatsache 
verwendet,  dass  sowohl  die  Lebenserscheinungen  überhaupt  als  gewisse  specielle 
Lebensvorgflnge  oder  deren  Consequenzen  in  dem  Geschöpf  auf  längere  oder 
kürzere  Zeit  verborgen  bleiben  bezw.  nicht  zur  Aeusserung  gelangen,  um  in 
einem  gegebenen  FaH  n  ieder  zum  Vorschein  zu  kommen.  Man  unterscheidet 
desshalb  einen  Zustand  der  Latenz  und  einen  Zustand  der  Evidenz,  Die 
wesentlichsten  Vcjrkommnisse  dieser  Art  sind  rol<i;en<le:  i.  Die  Latenz  des 
Lebens  (Lcben>»latenz).  Sic  ist  eine  bei  Ptian/.ensanien  t^anz  gewöhnliche 
Krs<  lieinung,  aber  auch  in  der  Thierwelt  viel  verbreitet.  Das»  Pendant  zu  den 
PtianzL-nsamen  bilden  die  Eier  zahlreiclier  Thierarten,  namentlich  aus  der  Gruppe 
der  wirbeltosen.  Insbesondere  sind  es  die  Überwinternden  Eier  dieser  Thiere, 
bei  denen  von  einer  völligen  Lebenslatenz»  d.  h.  einem  Aufhören  aller  Lebens- 
bewegungen gesprochen  werden  kann.  Allein  audi  ausgebildete  Thiere  zeigen 
uns  vieltach  vollkommene  Lebenslatenz,  u.  zw.  sind  es  hauptsächlich  zweierlei 
Umstände,  welche  bei  diesen  Thieren  Lebenslatenz  herbeiführen:  a)  Eintrocknung, 
die  aber  nicht  über  einen  gewissen  Grad  hinausziehen,  bloss  in  Lufttrockniss  be- 
stehen darf,  versetzt  zahlreiche  niedere  Organismen  z.  R.  Infusorien,  Räder- 
thiere,  Bürthierchen,  Anguilluliden  etc.  in  den  Zustand  der  Lebenslatenz,  d.  h. 
sie  stellen  in  f,'etrocknelem  Zustand  alle  Lebenserscheinungen  ein,  um  bei  Wieder- 
beteuclUung  sie  wieder  aufzunehmen.  Der  Zustand  der  Lebenslatenz  ist  jedoch 
von  keiner  unbeschränkten  Dauer.  Wenn  z.  B.  bei  den  Weizenälchen  die  Ein« 
trocknung  länger  als  zwei  Jahre  dauert»  so  geht  der  Zustand  in  den  des  Todes 
Uber,  Wiederbefeuchtung  ruft  sie  nicht  mehr  ins  Leben  zurOck.  b)  Ge> 
frieren.  Dieser  Fall  der  Lebenslatenz  schliesst  sich  an  den  sogen.  Winter- 
schlaf  an,  ist  aber  wohl  von  ihm  zu  unterscheiden.  Bei  dem  Winterschläfer  sind 
nicht  alle  Lebensvorgänge  eingestellt,  entsprechend  dem  Umstand,  dass  seine 
Körperhafte  sich  noch  in  flüssigem  Aggregatzustand  befinden.  Erst  mit  dem  Ge- 
frieren tritt  wirkliche  Lebenslatenz  ein,  und  diesen  Fall  haben  wir  bei  zahlreichen 


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Lateac. 


37 


Wasser-  und  Luftthieren,  s.  B.  viele  Insektenlarven,  Raupen  etc.  gefrieren  Winters 
steif  and  fest,  um  nach  dem  Auftbauen  ihre  Lebensthätigkeit  wieder  aufzunehtDcn ; 
allein  einmal  sind  es  immer  nur  gewisse  Arten,  bei  denen  Gefrieren  nicht  gleich- 
bedeutend mit  Lebensvcmicf^tuns?  ist,  und  dann  gilt,  dass  der  gefrorene  Zustand 
weder  über  einen  gewissen  Zeit[ninkt  hinaus  sich  mit  der  Wiedcrerweckbarkeit 
verträgt,  noch  die  Temperatur  unter  ein  gewisses  Maass  sinken  darf,  wenn  nicht 
die  Lebenslatenz  in  Tod  iibergehen  soll.  —  Beide  Fälle  der  Lebenslatenz,  die 
Eintrocknung  und  die  Gefrierung  lehren  uns  Ulr  das  Wesen  der  Lebensvorgänge, 
dass  sie  Bewingen  sind,  welche  nur  bei  Anwesenheit  einer  tropfbaren  Flttsng* 
keit  möglich  sind.  ~  s.  Wird  von  Latenz  auf  dem  Gebiet  der  Vererbungs- 
lehre gesprochen.   Hier  steht  die  Thatsache  fest,  dass  sowohl  Charaktere  wie 
Fähigkeiten  in  zweifificher  Weise  längere  oder  kürzere  Zeit  verborgen  bleiben 
können,  um  zu  gegebener  Zeit  in  Evidenz  zu  treten,    a)  Z.  B.  ein  Vater  ver- 
erbt einen  starken  Bartwuchs  auf  seinen  Sohn  ziinächst  latent;  denn  die  Fähig- 
keit, einen  starken  Bart  zu  erzeugen,  kommt  bei  dem  Soluie  erst  in  Kvidcnz  mit 
der  Pubertät,  ja  es  gilt  das  eigentlich  von  fast  allen  Charakteren  und  Fähigkeiten, 
den  individuellen,  specielien  und  allgemeinen,  da  im  Samenfaden  wie  im  Ei  alle 
Charaktere  und  Fähigkeiten  aller  Altetsslufen  latent  enthalten  sind  und  immer 
eisl  m  der  gegebenen  Entwtcklungsphase  auftauchen,   b)  Der  zweite  Fall  ist, 
daaa  ein  vererbter  Charakter  (bezw.  Fähigkeit)  eine  ganze  Generation»  ja  sogar 
mehrere  latent  bleibt.   Z.  B.  ein  Mann  kann  gewisse  nur  beim  mllnnUchen  Ge- 
schlecht evidente  Charaktere  durch  seine  Tochter  hindurch  auf  den  Enkel  ver- 
erben, und  dies  bildet  dann  den  specielien  Fall  der  Latenz,  den  man  Atavismus 
nennt,  s.  Art.  Atnvismus  und  Vererbung.  —  3.  Auch  auf  pathologischem 
Gebiet  ist  von  jeher  von  Latenzerscheinnngen  p^e^^prochen  worden,  und  neuer- 
dings hat  G.  JAger  in  der  von  ihm  in  seinen  Selinlien  aufgestellten  Krankheits- 
lehre (s.  auch  die  Art.  Gesundheit,  Krankheit)  in  folgender  Weise  von  Latenz 
gesprochen.  Nach  ihm  können  Krankheitsstofife  sowohl  exogener  wie  endogener 
Natur  in  ein  sogen.  Aufspeicherungsverhältniss  (ähnlich  der  physiologischen 
Sauerstoffaufspeicherung  im  Schlaf)  zu  der  lebendigen  Substanz  treten,  derait» 
dass  diejenigen  Krankheitsefscheinttngen,  welche  sie  sonst  im  freien  Zustand 
herbeirufen,  nicht  zum  Vorschein  kommen,  weil  die  Stoffe  in  eine  lockere  chemische 
Verbindung  mit  den  normalen  Bestandtheilen  der  lebendigen  Substanz  getreten 
sinfl.   Aus  diesem  Latenzzustand  können  nun  die  Krankheitsstoffe  nach  G.  Jager 
durch  auslösende  Momente,  unter  denen  nach  ihm  hauptsächlich  innere  Ueber- 
hitzung  eine  sehr  gewöhnliche  Rolle  spielt,  in  den  Zustand  der  Evidenz  und 
damit  zur  Wirkung  gebracht  werden.  G.  Jagkr  erklärt  z.  B.  aus  diesem  Wechsel 
von  Latenz  und  Evidenz  die  bis  ^tzt  no6h  nie  befriedigend  gelösten  Vorgänge, 
welche  zum  Fieber  filhren  (s.  Art  Fieber)  und  die  sogen.  Heilkrisen,  d.  h.  die 
stQrmischen  Vorgänge,  welche  bei  chronisch  Kranken  die  Heilung  herbeiführen.  — 
Die  Latenzerscheinnngen  bei  der  Vererbimg  sowohl  wie  bei  den  Krankheitsvor- 
gängen haben  so  viel  GemeinschaiUiches,  dass  man  annehmen  darf,  ae  seien  im 
Wesentlichen  die  gleichen  Prozesse,  d.  h.  auch  bei  der  Vererbung,  soweit  sie 
sich  niclit  auf  geistige  Charaktere  bezieht,  handle  es  sich  um  eigenartige  chemische 
Stoffe,  welche  die  Fähigkeit  besitzen,  sich  mit  dem  Organeiwciss  in  eine  Ver- 
bindung auf  Zeit  zu  bejjeben.    Während  dieser  Verbindung  sind  sie  physio- 
logisch, d.  h.  kinetisch  wie  formireiia,  unLiiaug,  bis  ein  loslösendes  Moment  sie 
zur  Tbätigkdt  aufruft.  Fttr  £ese  Anschauung  spricht  audi  einerseits,  dass  Krank» 
heiten  bezw.  Krankheitsdispositionen  ebensogut  Gegenstand  der  Vererbung  sind, 


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Laterne  de«  Aristoteles  —  Latrodectus. 


wie  pormale  Charaktere,  und  andererseits  das  Auftauchen  normaler  Charaktere 
in  der  Entwickhinc:  des  Individuums  grosse  Aehnlichkeit  hat  mit  den  sogen. 
Krisen;  z.  B.  das  Zalmen,  das  Auftreten  der  sernndären  (Tesrhlechtscharaktere 
in  der  Pubertät  haben  etwas  von  dem  Charakter  einer  Kiisis  und  nehmen  unter 
Umständen  geradezu  einen  krankhaften  Charakter  an.  -  In  der  Evolution  des 
Menschen  ist  dieser  stOimiische,  eruptive  Charakter  in  der  Regel  nicht  so  ausge- 
sprechen,  wie  bei  der  Evolution  vieler  Thiere,  z.  B.  bei  den  Metamorphosen  der 
Insekten,  der  Entwicklung  der  Hochzeitskleider  bei  vielen  V6geln  etc.  J. 

Laterne  des  Aristoteles,  s.  Echini.     E.  v.  M. 

Latementräger,  s.  Fulgorides.    £.  Tg. 

Latm,  einer  der  noch  wenig  erforschten  Stämme  der  Moi  (s.  d.)  in  Hinter- 
indien.   V.  H. 

Latiner  oder  Lateiner.  Das  Haupivolk  Latiums  in  Italien  war  eine 
Mischung  der  zu  der  Urbevölkerung  der  Halhinscl  gehörenden  Aborigines  und 
der  pelasgischen  'lyrrhener,  welche  gemeinschaftlich  die  Sikuler  aus  den  Gegen- 
den am  unteren  Tibcrlaute  vertrieben  und  iaselbst,  zu  einem  Volke  vereinigt, 
den  Namen  L.  angenomnien  hatte.  Diese  alten  L.,  die  auch  zum  Unterschiede 
von  den  späteren,  der  römischen  Herrschaft  unterworfenen  L.,  Prisci  L.  genannt 
werden,  errichteten  einen  wahrscheinlich  aus  30  Städten  bestehenden  Städtebund, 
über  welchen  nch  später  das  der  Sage  nach  von  einer  in  Italien  angesiedelten 
trojanischen  Colonie  gegründete  Alba  die  Hegemonie  ztt  verschaffen  wusste. 
Dieses  Alba  wurde  die  Mutter  vieler  Pflanzstädte,  darunter  selbst  der  mächtigen 
Roma,  welche  nach  mehreren  Kämpfen  und  Verträgen  mit  den  L.  unter  Servius 
Tui.T.ius  selbst  in  den  lateinischen  Hund  aufgenommen,  ja  später  sogar  als  Haupt 
des  Rundes  anerkannt  wurde,  während  die  übrigen  Städte  in  ein  abhängiges  Ver- 
hältniss  zu  Rom  traten.  Nach  der  Vertreibung  der  Könige  aber  machte  sich 
der  L.-Bund  wieder  frei  und  begann  einen  Kampf  mit  Rom,  der  obgleich  durch 
neue  Verträge  und  Bündnisse  zweimal  unterbrochen,  sich  doch  immer  erneute 
und  mit  der  Vernichtung  des  Bundes  im  Jahre  338  v.  Chr.  endigte,  worauf  ganz 
Latium  der  römischen  Herrschaft  unterworfen  wurde,  unter  welcher  es  auch 
eine  Vergrdsserung  durch  Hinzufttgung  von  Latium  novum  erfuhr,  so  dass  es  in 
seiner  späteren  Ausdehnung  ausser  den  eigentlichen  Ii.  und  den  Römern  oder 
Quiriten  auch  die  Volsker  und  Aequer  sowie  den  sabinisclu  n  Stamm  der  Hemiker 
zu  Bewohnern  hatte,  deren  Namen  aber  freilich  unter  der  römischen  Herrschaft 
fast  gänzlich  verschwinden.     v.  H. 

Latobrigi,  kleine  Völkerschaft  des  Alterthums  am  Rhein,  zwischen  den 
Raurakern  und  Helvetiemi  ihre  Wohnsitze  lassen  sich  nicht  mit  Sicherheit  be- 
stimmen.    V.  H. 

Latovici  oder  Latobici,  dem  Namen  nach  wahrscheinlich  ein  keltischer 
Volksstamm  in  den  südlichsten  Thcilen  Oberpannoniens,  also  in  den  Savegegenden, 
wohl  im  heutigen  Kroatien,  östlich  bis  über  Sissck  hinaus.      v.  H. 

Latrodectus,  Walck.  (gr.  heimlich  beissend),  eine  Weberspinne  mit  imregel- 
mässig  sich  durchkreuzenden  Fäden  des  Gewebes.  Sie  hat  8  gleichgrosse  Augen, 
die  in  fast  gleichen  Abständen  stehen,  die  4  vorderen  in  gerader  Linie,  die  4 
hinteren  in  einem  flachen  Bogen  sich  daranschliessend.  Z.  tredeeim-guttahis,  die 
Malmignatte  der  Corsen,  ist  pedkschwarz»  auf  dem  kugeligen  Ifinterleibe  mit 
13  blutrothen  Flecken  gezeichnet,  kaum  10  Millim.  lang  und  wird  W^en  ihres 
tödUichen  Bisses  sehr  gefürchtet.  Sie  scheint  sich  vorherrschend  von  Heuschrecken 


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LBlBdicn-B«ntMi»  —  Latsttnibe. 


39 


zu  ernähren,  da  sie  in  den  Jahren  am  b&ufigsten  sich  findet,  wo  diese  stark  auf- 
treten.    E.  Tg. 

Latschen-Bantaxns  =  tcderfüssige  Bantams  (s.  Bantams).  R. 

Lratschen-Huhn  =  federlüssiges  Huhn.  R. 

Lattichfliege,  Anthomyia  lac/ucat,  BoucHfi;  (s.  Anthomyia),  lebt  als  Larve  in 
«weiter  Generation  von  den  noch  weichen  Samen  des  Salats;  zur  Verpuppung 
geht  sie  in  die  Erde.    E.  Tg. 

Latuka,  Negerstamm  des  oberen  Nilgebietes,  schöner,  begabter,  aber  nackt 
gehender  Menschenschlag,  im  Südosten  der  Bari  wohnend.  Die  L.  begraben  ihre 
Todten  und  führen  ihnen  zu  Ehren  groteske  Tänse  auf  in  phantastischem 
Schmucke    und   unter   dem    Schalle   grosser  Trommeln   und  Antilopenhörner. 
Nach  einer  gewissen  Zeit  werden  jedoch  die  beerdigten  Gebeine  wieder  ausge- 
graben und  an  einem  gemeinsamen  (lcl)cinplnizc  ausgestellt.    Dennoch  fehlt  der 
Glaube  an  ein  Fortleben  nach  dem  Tode.     Die  (irosse  der  Männer  beträgt 
1,68  Meter,  Ann  und  Beine  sind  klassisch  gctornit,  ungewöhnlich  muskulös,  aber 
nie  feist  oder  auch  nur  fleischig.    Die  L.  haben  hohes  Vorderhaupt,  grosse 
Augen,  etwas  hervortretende  Backenknochen  und  einen  gut  gestalteten,  nicht 
allzu  grossen  Mund.  Auf  Putz  und  Schmuck,  besonders  auf  die  Frisur  verwenden 
die  Männer  viel  Zeit  und  Ausdauer;  sie  durchweben  ihr  Wollhaar  mit  Zwirn,  bis 
es  einen  natürlichen  Filz  bildet,  der  in  dem  Masse  erneuert  wird,  als  die  Ii^re 
nachwachsen  und  bis  zw  mehreren  Centimetem  Stärke  gedeihen  kann.  Man 
gicbt  ihm  die  Form  eines  Helmes,  befestigt  auf  der  Stirnseite  ein  blankes  Kupfer- 
blech und  auf  dem  Scheitel  einen  Helmkamm  aus  g^leic  hcm  Metall,  von  welchem 
einige  Straussenfedern  nicken.    Je  nach  dem  Rcichthum  des  Inhabers  bedeckt 
sich  der  Haarfilz  nach  und  nach  mit  Glasperlen,  Kaurimuscheln  und  sonstigem 
Tand.   Die  I«.  sind  offenherzig,  stets  guter  Dinge,  zu  Spässen  aufgelegt  und  von 
Natur  tapfer;  sie  verschmähen  Bogen  nnd  Pfeile  und  führen  nebst  Dolch  und 
kurzem  Schwert  nur  einen  1,40  Meter  hohen  Schild  aus  Bttffel'  oder  Giraffenhaut 
und  einem  Speer  mit  starker  Eisenklinge.    Die  L.  sind  kunstgeQbte  Schmiede, 
welche  auch  einen  nicht  unbeträchtlichen  Exporthandel  mit  Eisenwaaren  treiben. 
Ihre  gewerbliclie  Thätigkeit  und  Geschicklichkeit  bewährt  sich  auch  in  dem  Bau 
ihrer  Wohnsiatten ,   deren  Vereinigtin c^cn  weit  mehr  als   nnderwärts  in  Inner- 
Afrika des  Namens  von  Städten  würdig  gelten  können,    in  der  Hauptstadt  Tar- 
ranpola  besitzt  jede  einzelne  Hlitte  ihre  specielle  Befestigung,  die  Zugänge  führen 
durch  enge  Thorbogen  zwischen  den  Pallisaden  hindurch  und  werden  nachts 
durch  Dorobflsche  geschlossen.  Um  die  ganze  Stadt  läuft  Überdies  ein  Pfahl« 
werk  von  sogen.  Eisenholz.    Die  Hütten  selbst  and  domförmig  gebaut  und 
gleichen  riesenhaften  Löschhfltten.  Ihr  einziger  Zugang  besteht  in  dncr  Oefihnng 
von  nur  66  Centim.  lichter  Höhe,  sodass  man  nur  auf  Knien  in  das  Innere  ge- 
langen  kann.    Dort  herrscht  natürlich  tiefe  Finstemissi,  aber  auch  die  grösste 
Reinlichkeit,  welche  auch  die  Höfe  vor  den  Häusern  und  die  Plätze  der  Stadt 
auszeichnet.     v.  IT. 

Latztaube,  eine  früher  häutige,  jetzt  aber  nur  noch  in  geringer  Zahl  und  in 
schwarzer  Färbung  als  »Wiener  Latztaubec  vorkommende  Varietät  der 
Mähnentauben  (s.  d.}.  Dieselbe  ist  durch  eine  bis  Uber  die  Hallte  des  Halses 
herablaufende  Muschelkrone  gekennzeichnet.  Die  Grundfarbe  ist  weiss;  die 
Zeichnung  nimmt  den  ganzen  Scheitel  und  den  Kopf  bis  zur  weissen  Haube  ein 
und  läuft  zu  beiden  Seiten  des  Halses  bis  unge&hr  zur  Mitte  der  Brust  herab, 
wo  sie  in  einer  fost  geraden  Linie  quer  über  der  Brust  ihren  Abschluss  findet. 


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40 


Im  —  LAubfiMcb. 


Die  lodcere  Muschelhaube  bildet  am  Hinterkopfe  und  mit  ihrer  gleichfalls 
weissen,  etwas  nach  vom  verlaufenden  und  bis  zur  Wttc  des  Halses  herab- 
reichenden  Fortsetsung  an  dieser  Stelle  die  Grenzlinie  der  ^J&rbung.  IL 
Lau,  s,  Tsiampa.     v.  H. 

Lau  =  Nase  (s.  d.).  Ks. 
Laube  =  Uckelei  (s.  d.).  Ks. 
Lauben  —  Häsling  (s.  d.).  Ks. 

Laubenvögel,  Tectonarchinae  {%\.  kkton  Künstler,  archein  vorangehen), 
Unterfamilie  der  Paradiseidae  (s.  d.),  von  den  eigentlichen  i'aradiesvögeln  dadurch 
abweichend,  dass  die  Z<^elbefiederong  keine  sammtsitige  Beschaffenheit  zeigt 
wie  bei  jenen  und  die  Läufe  wesentlich  länger  als  die  Mtttelzehen  sind.  Auch 
kommen  im  Gefieder  nicht  derartige  eigenthümlich  geformte  Schmuckfedem  vor, 
wie  sie  die  echten  Paradiesvögel  zeigen.  Man  hat  die  Laubenvögel  auch  als  be* 
sondere  Familie  aufgefasst.  Ihre  Lebensweise  ist  in  vieler  Hinsicht  eigenartig. 
Es  gilt  dies  insbesondere  von  der  Gewohnheit  dieser  Vögel,  laubenartige  Nester 
zu  bauen,  welche  sie  nicht  zur  Brut  benutzen,  sondern  zur  Belustigung  während 
der  Paarungszeit.  Diese  Lauben  werden  im  Walde  unter  Gebüsch  auf  dem  Erd- 
boden aus  Reisern  erriclitet  und  mit  allerlei  Gegenstanden,  Federn,  Muschel- 
scnalcn,  bunten  Steinen,  Knochen,  Bluihen  u.  dergl.  umgeben.  Einige  Arten 
legen  fbrmtidbe  Gärten  an  und  bethätigen  dabei  einen  gewissen  Geschmack  und 
hohe  Kunstfertigkeit.  Die  Nahrung  besteht  in  Frttditeo,  Sämereien  und  Insekten. 
Die  zehn  bekannten  Arten  bewohnen  Australien,  Neu^Giunea  und  die  kleineren 
papuanischen  Inseln.  Man  hat  diesdben  nach  Abweichungen  in  der  Fonn  des 
Schwanzes,  der  Flügel  und  des  Schnabels  in  mehrere  Gatrnngen  gesondert: 
Chlamydodera^  Ac,  Ptilonorhynchus,  Kühl,  Amblyornis,  Ell.,  Aeluroedus,  Gab.  — 
Der  Seidenlaubenvogel  oder  Atlasvogel,  Ptilonorhynchus  holoserkeus,  Kühl, 
ist  etwas  stärker  als  eine  Misteldrossel  und  hat  glänzend  blauschwarzes  Gefieder. 
Das  Weibchen  ist  oberseits  grünlichgrau,  unterseits  auf  weisslichem  Grunde 
schwarzgrau  geschuppt,  —  Der  Gartenvogel,  Amblyornis  ifwrna^a,  RosEMB., 
hat  eben&lls  Drosselgrösse  und  onschcmbare^  briUn^iches  Gefieder.  Die  kflast- 
lichen  Lauben,  welche  diese  Art  baut,  wurden  von  dem  Reisenden  Beccabi  zuerst 
auf  Neu-Gttinea  gefunden  und  beschlieben.  Der  Vogel  umwickelt  eine  Staude 
mit  Moos  domrtig,  dass  eine  kegelförmige  Säule  von  einem  halben  Meier  Höbe 
entsteht.  Diese  dient  als  Mittelpfeiler  für  das  Dach.  An  seiner  Spitze  werden 
dünne,  etwa  einen  halben  Meter  lange  Stengel  einer  Orchideenart  mit  dem  einen 
Ende  betestigt,  während  das  andere  Ende  in  die  Erde  eingebohrt  wird.  So 
Stengel  an  Stengel  gereiht,  entsteht  eine  kegelförmige  Kutte,  weiche  nur  an  einer 
Seite  zum  Eingang  frei  bleibt.  Die  Längsriftpen  werden  dann  mit  Orr.hideen- 
stengein  und  Grashalmen  durchflochten  und  aui  diese  Weise  zu  einem  tebten, 
gegen  Sonne  und  Regen  fast  unduichdringlidien  Dadie  verwebt  Die  ganze 
Hütte  erhält  somit  einen  Umfang  von  über  einem  Meter  im  Durchmesser.  Vor 
dem  Eingange  legt  nun  der  Vogel  auf  einem  Platz,  welcher  ungefähr  den  drei- 
lachen Umfang  der  Hfltte  hati  seinen  Garten  an,  belegt  den  Platz  dicht  mit 
wtichem  Moos  und  bestreut  ihn  mit  den  verschiedensten  buntfarbigen  Gegen» 
ständen.  Der  genannte  Reisende  fand  namentlich  gelbe,  rothe  und  violette 
Früchte,  rotlie  Blumen,  bunte  Schwämme  und  scliillcrnde  Insektenkörper. 
Werden  die  Srhmurkgegenstände  alt  und  unscheinbar,  so  wirft  sie  der  Vogel 
aus  seinem  Garten  hinaus  und  schleppt  neue  lierbei.  Rchw. 

Laubfrosch,  Hy/a  (s.  d.)  arborea  (Linne;,  Cuvier  (H.  viridis,  Laurenti), 


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Laabticttscittccken  —  Lauliitticlie. 


41 


einzige  europäische,  aber  auch  über  den  ganzen  wärmeren  Theil  des  Continents, 
in  den  Alpen  bis  1200  Meter  verbreitete  Art,  nicht  nur  der  (jattun'r,  sondern  der 
Fnmilic  (s  Hyliden),  ja  der  ganzen  Abtheilun<^  der  Plattfin;:^er-FroschUirc]ic 
(s.  Platydactyla).  Die  Finger  sind  durch  ganz  kurze,  die  Zehen  bis  zu  ^  der 
Länge  durch  Schwimoififtute  verbunden;  Zunge  kreisrund;  Trommelfell  |  so 
gross  wie  das  Auge;  eine  Hautfalte  quer  Aber  die  Brust.  Länge  4  Centim. 
Farbe  oben  lebhaft  grUn;  ein  schwärzlicher  Seitenstreif  sieht  von  der  Nase  Ober 
das  Trommelfell  bis  zu  den  Hinterbeinen;  Unterseite  weisslich,  silberglänzend, 
beim  Männchen  die  Kehle  schwarzbraun.  Iris  goldgelb.  Um  die  Zeit  der  etwa 
alle  14  Tage  stattfindenden  Häutung  ändert  das  Griln  in  Grünblau  bis  Aschblau 
ab.  Das  Männrhen  bläst  seinen  Kehlsack  (s.  d  )  zu  einer  sehr  stark  vortretenden 
Kugel  auf.  Der  L.  überwintert  im  Schiamme,  kommt  ziemlich  trüh  hervor,  das 
Männchen  einige  Tage  vor  dem  Weibchen  und  laiclit  bei  uns  um  Ende  April. 
Anfang  August  pflegt  die  VerwanilUüig  durchlaufen  zu  sein,  doch  wird  das  Thier 
eist  im  4.  Lebensjahre  for^flanzungsfähig.  —  Nach  dem  Laichen  sucht  der  L. 
das  Trockne  auf,  klettert  bis  in  die  höchsten  Baumwipfel,  liegt  dort  der  Jagd 
nach  lebenden  Kerbthieren  ob,  die  er  im  Sprunge  erhascht,  und  sucht  das 
Wasser  nur  bei  sehr  starkem  Regen  au£  Bduuintlich  wird  der  L.  als  irarmeint* 
lieber  Wetterprophet  viel  in  Gefangenschaft  gehalten.  Richtig  ist  hinsichtli^ 
jener  angeblichen  Befähigung  höchstens,  dass  er  vor  Gewittern  mehr  als  sonst 
schreit  Ks. 

Laubheuschrecken,  s.  Locustodea.      E.  Tc. 

Laubkäfer,  Melolonthidae,  s.  Lamellicornia.     E.  Tc. 

Laubsänger,  s.  Fiiyiloscopus.  Rchw. 

iMäbA  »  Uckelei  (s.  d.).  Ks. 

Lautken  BS  Uckelei  (s.  d.)*  Ks. 

Laufhfihiieri  s.  Hemipodiidae.  Rcrw. 

Laufhund«  aus  dem  Alemannischen  stammende  Bezeichnung  des  deutschen 
Jagdl  undes  (s.  Schweizer-,  Thutgauer*  und  Lusemerlaufhund  und  Hurleur- 

Bracke).  R. 

Laufkäfer,  ?  Carabidae.     E.  Tc. 

Laufkukuke,  Carpococcyx,  Gray  (gr.  karpos,  Frucht,  kokkyx^  Kukuk),  Gattung 
der  liuseiikukuke  (Zamiostominae),  mit  sehr  kräftigem,  stark  seitlich  zusammen- 
gedrücktem Schnabel,  schlitzförmigen,  frei  und  schräg  in  der  Hornbedeckung 
des  Schnabels  gelegenen  Nasenlöchern,  stufigem  Schwanz  und  nicht  verbundenen, 
sondern  vollständig  getrennten  Vorderzehen,  Man  kennt  nur  eine  Art  der 
Gattung,  den  Bindenkukuk,  C.  nußuUus,  Tem.,  auf  Bomeo.  Kopf  und  Kehle 
sind  schwarz,  Oberkopf  blauschimroernd ;  nackte  Augengegend  roth;  Hals  griin- 
lich  grau,  Rücken  und  Flügel  metallisch  grQn  glänzend;  Schwanz  stahlblau, 
theilweise  violett  glänzend;  Unterkörper  fahlbraun  mir  dunkel^rrünen  Querbinden; 
Schnabel  grün.  Er  hat  ungefähr  die  Grösse  einer  Saatkrähe.  Nicht  zu  ver- 
wechseln sind  mit  dem  I ,;uit  kukuk  die  Rennkukuke  Amerikas (s.  Geococcyx),  Rchw. 

Laufmilbe,  s.  Trombidina.     E.  Tg. 

LaufsitticiiC,  Cyanorhamphui y  Bp.  (gr.  partes,  blau,  ramphos,  Schnabel), 
Gattung  der  Plattschweifsittiche  (s.  Platycercidae)^  durch  die  am  Ende  lanzett- 
förmig zugespitzten  Schwanzfedern  von  den  typischen  Plattschweifsitrichen  unter» 
schieden.  In  der  Gefiederfilrbung  der  16  bekannten  Arten  herrscht  Grün  vor. 
0ie  Mehrzahl  bewohnt  Neu-SeeUnd»  andere  die  Auckland-,  Macquarie-  und  einige 
polynestsche  Inseln.   Eine  in  Gefangenschaft  häufig  zu  uns  gebrachte  Art,  der 


^ujui^uo  i.y  Google 


4*  Ltttfrögel. 

Ziegen sittich,  C.  Noi>af-ZrefanJiae ,  Sparrm.,  ist  grün;  Vorderkopf,  Scheitel 
und  eine  Binde  durch  das  Auge,  sowie  ein  Fleck  an  jeder  Seite  des  Bürzels  sind 
roth;  Sdinabel  bleigrAu.  —  Nahe  verwandt  mit  der  Gattung  Cyanorkampkus,  Bp., 
sind  die  unter  dem  Genus  I^yt^hicus,  Wacl.»  gesonderten  Hornsitttche,  welche 
sich  durch  zwei  auf  dem  Scheitel  befindliche  schmale  Federchen  auszeichnen  und 
in  zwei  Arten  die  Insel  Neu-Caledonien  bewohnen.  Rchw. 

Laufvögel,  Cursoren .  Aeltere  Autoren,  insonderheit  Ti.i.rr.ER.  haben  mit 
diesem  Namen  eine  Vogeiordnung  gekennzeichnet,  in  welcher  sie  die  strauss- 
artic^eii  I'onnen,  Branpennfs,  mit  den  Trappen  fOtiJiJac)  und  den  Regenpfeifern 
(Charaiiriiiiac)  vereinigten.  Kine  derarttje  Ziisaniiiienl:iss\inp:  heterogener  Formen 
auf  Grund  eines  einzelnen ,  auch  nur  scheinbar  übereinstimmenden  Charakters 
(der  Fussbildung)  ist  längst  als  unnatürlich  verworfen.  Hingegen  hat  neuerdings 
Reickenow  (vcrgl.  dessen  »Vdgel  der  zoologischen  Gärten«»  Kittler,  Leipzig  1882) 
unter  dem  Namen  Cursores  einen  Theil  der  Stelzvögel  als  Ordnung  zusammen- 
gefasst,  welche  er  den  Schrettvögeln  (s.  Gressores)  gegenüberstellt  und  welche 
die  Familien  der  Cliaradrüdae^  Drotnaätdae,  Scolopaddat^  Otididae,  Gruidae,  Rai- 
lidaet  EuryP)\s:iihu\  Th'mocoridae,  Hemipffdüdae  und  IHeroclidae  begreift.  Die  be- 
zeichnende Kigeiiilulmli«  hkeit  der  Cursores  gegenüber  den  Gresiores  liegt  in  der 
Hau|)t->aclic  darin,  drt  -  -  diese  Vii'Tel  »Ncstflfirhtcr'  sind,  d.  h.  ihre  Jiinsren  verlassen 
sogleich  nach  dem  .'viis.schhipien  aus.  dem  t".i  da^  Nest  und  suchen  sofort  unter 
Leitung  der  Aken  ihre  Nahrung,  während  die  Jungen  der  Gressores  als  »Nest- 
hocker« bis  zum  vollständigen  Flüggewerden  im  Neste  bleiben.  Von  plastischen 
Merkmalen,  welche  innerhalb  der  Ordnung  ausserordentlich  varüren,  kann  als 
bezeichnend  hervorgehoben  werden,  dass  die  Hinterzehe  entweder  vollständig 
fehlt  oder  kurz  und  dabei  so  hoch  eingelenkt  ist,  dass  sie,  wenn  ttberiianp^  nur 
mit  der  Spitze  den  Boden  berührt.  Von  dieser  Regel  macht  nur  ein  Theil  der 
am  lu)(  hsten  stehenden  Familie  der  Rallen  eine  Ausnahme  ;  aber  auch  diese 
Vögel  haben  mit  den  Ordnunrfsgenossen  den  Aufenthalt  auf  dem  Erdboden  ge- 
meinsam. Ihre  lange  Hinterzehe  benutzen  sie  nicht  wie  die  Schreitvögel  zum 
Aufenthalt  auf  Bäumen,  sondern  zum  Klettern  in  Rohr  und  Schilf,  l^ie  anderen 
Laufvögel  vermögen  sich,  entsprecliend  der  Kürzte  der  Zehen  una  nanventlich 
bei  der  Kürze  der  Hinterzehe,  viel  schneller  auf  ebenem  Boden  fortzubewegen 
als  die  bedächtig  schreitenden  Gressores,  während  sie  hingegen  schwer  oder  nicht 
im  Gezweig  der  Bäume  sich  halten  können.  Auf  dem  Boden  suchen  die  Lauf- 
vögel ihre  Nahrung;  auf  dem  Boden  ruhen  sie;  hier  stehen  auch  ihre  mit  ge- 
ringer Sor'zfalt  verfertigten  Nester.  Dementsprechend  wählen  sie  als  Aufenthalts- 
orte in  der  Regel  freie,  ebene  Flächen,  den  Meeresstrand,  Haideland,  Wiesen, 
Aecker,  Moore  und  mit  breitblättrigen  Pflanzen  bedeckte  oder  von  Schilf  um- 
säumte Wasserflächen,  seltener  auch  trockene  Steppen  nrlcr  Wüsten.  Waldungen 
werden  nur  von  wenigen  zur  Brutzeit  aufgesucht.  I  )ie  Nahrung  ist  bald  vorzugs- 
weise animalisch,  bald  besteht  sie  der  Hauptsache  nach  in  Vegetabilien.  Die 
Anzahl  der  bunt  gefärbten  imd  meistens  kegelförmigen,  seltener  ovalen  oder 
wahtenfönnigen  Eier  des  Geleges  beläuft  sich  in  der  Regel  auf  vier«  Reichbnow 
trennt  die  Ordnung  in  vier  Unterordnungen.  A.  Schlammbohrer  (Lmie^at),  mit 
mässtg  langem  Schwanz  und  langen,  bis  zur  Schwanzspitze  oder  darflber  hinaus 
ragenden  spitzen  Flflgeln,  in  welchen  erste  und  zweite  oder  zweite  und  dritte 
Schwinge  die  längsten  sind.  Hinterzehe  fehlend  oder  hoch  eingelenkt  und  kurz 
(Ohara JriiJae,  Dromadulac,  Scolopaädae) .  B.  Feldläu  fer /'.4rp/V<?Ä?^/  Die  grössten 
Läufer,  mit  kurzem  oder  massig  langem  Schwänze  und  wohl  entwickelten,  aber 


II 


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Lauge  —  LavaotÜuder  Rind. 


43 


stuk  gerundeten  Flflgelo,  in.  welchen  3.  und  4.  und  5.  bis  8.  Schwinge  die  längsten 
sind.   Dk  Läufe  dnd  hoch,  oft  zwei  bis  dreimal  so  lang  als  die  Mittelzehe.  Die 

Hinterzehe  ist  hoch  angesetzt  und  ktirz  oder  fehlt.  Hierher  gehören  die 
OtiJidae  und  Gruidac.  C.  Sc h i  1  fsc h  1  ii ]> fe r  (Calamieolae),  mit  kurzen  Flügeln, 
in  welchen  2.  und  3.  oder  3.  und  4.  Schwinge  die  längsten  sind.  Die 
vollständig  gespaltenen  Zehen  Ausnahme  Eutypyga)  sind  lancj,  oft  auch  die 
Hinterzehe.  Der  Schwanz  ist  in  der  Regel  sehr  kurz  (Ausn.  Eurypyga).  Hierzu 
gehören  RaUidae^  Parridac  und  Eurj^giäae.  D.  Steppenläufer  (Daetüeolae), 
mil  hUhnerardgem  kurzen  Schnabel.  Hintereehe  fehlend  oder  nur  als  kurter 
Stummel  vorhanden  (s.  Steppenläufer).  Hiersu  sähtt  man  die  Tkutwandaef  ffemi- 
podüdae  und  üirocUdae.  Rchw. 

Lange»  Laugein  =  Uckelei  (s.  d.).  Ks. 

Laugen  =  Strömer  (s.  d.).  Ks. 

Laus,  s.  Läuse.     E.  To. 

Lausfliegen,  Fu^ipara,  Pupp  enge  barer,  eine  eigenartige  Gnippe  nieder- 
geddickter,  lederartig  bekleideter  Fliegen,  rieren  Koj)f  in  einen  Bogenausschnitt 
des  Thorax  eingelassen  ist  und  in  einer  cl.iunnarten.  von  zweiklappiger  Scheide 
angeschlossener  Zunge  die  Uppen-  und  tasterlosen  Mundtheile  enthält.  Die 
Ftthler  sind  meist  ▼erkUmmert,  die  Beine  gespreizt,  kräftig  und  befähigen  zu 
einem  gewandten  Laufe  nach  allen  Richtungen  hin.  Sie  leben  als  blutsaugende 
Schmarotzer  auf  waimblttthigen  Thieren,  und  das  Weibchen  gebärt  wenige»  in 
eine  pupenähnliche  Httlle  eingeschlossene  Larven,  in  längeren  Zwischenräumen, 
eine  nach  der  anderen,  welche  sich  bald  nach  der  Geburt  in  wirkliche  Puppen 
verwandeln.  Die  wichticjsten  Gattungen  sind:  i.  Hippohosca,  L.,  Flügel  breit  iind 
stumpf,  keine  Nebenaugen,  Fusskrallen  z-spalti^,  die  Pferde- 1..,  //.  equina,  auf 
Pferden  und  Rindern,  2.  Ornithomyia,  Latr.,  Fliigel  wie  bei  voriger,  3  Neben- 
augen, Fussklaueu  dreispaltig,  hierher  die  Vogel -L.,  O.  avUuiaria,  L.  3.  St€' 
nopteryx,  Meig.,  3  Nebenaugen  und  3-spaltige  Klauen,  wie  vorher,  aber  sichele 
förmigep  zugespitzte  Flügel,  hierher  SL  Jürundinis,  Leach.»  die  Scbwalben>L.,  auf 
Qfpsthis  afus,  —  4.  LipopUna,  Nttzscm,  Flügel  breit,  mit  sehr  blassen  und  un* 
scheinbaren  Adern,  später  abbrechend,  Klauen  a-spaltig.  Z.  tir^  auf  Rehen, 
Hirschen,  fliegen  auch  in  das  Gesicht  der  im  Walde  sich  aufhaltenden  Menschen. 
5.  Mehphagust  Latr.,  Schafzecke,  ohne  Flügel  und  ohne  Nebenaugen,  mit 
2-spaltigen  Fiisskrallen,  die  stark  behaarte,  rostgelbe  M,  ovinus,  L.  peinigt  die 
Schafe  durch  ihr  Rlutsaugen.  6.  Nycttrihia,  L.,  Fledermausfliegen,  K()[)f 
klein,  /.uriickgeschlagen,  mit  2  oder  4  einfachen  Augen,  keine  Flügel,  lange, 
Beine,  in  ihrem  Aussehen  und  Bewegungen  spinnenartig.  7.  Bieneniaus,  s. 
Braula.    E.  Tg. 

JLauamilbe  ist  die  gemeinsame  deutsdte  Bezeichnung  für  Acorus  (s.  d.), 
während  die  einzelnen  Arten  nach  den  Gegenständen,  an  denen  sie  vor- 
herrschend leben  (Mehl,  Käse,  Milch  etc.)  näher  benannt  werden.    £.  To. 

Lavantthaler  Rind,  hochgestellte,  starkknochige  Thiere  mit  langgestrecktem 
Kopf,  schmaler  Stirn,  spitzem  Maul,  gestrecktem  Leib  und  abschüssigem  Kreuz. 
Die  Färbtmg  ist  milch-  oder  grnnlichwciss  und  bei  e<lleren  Thieren  sammetartig 
glänzend.  Das  Klotzmaul  ist  roscnroth,  die  Klauen  sind  hell.  Die  Thiere,  welche 
ihren  Namen  vom  Lavanuhalc  in  Karnthen  tragen,  zeichnen  sich  durch  Frühreife 
und  jMastlahigkeit  aus.  Von  diesem  ursprünglichen  Schlag  werden  in  der  Neu- 
aeb  die  »Helmetenc  unterschieden.  Dieselben  tragen  bei  semmelgelber 
Körperfarbe  einen  sogen.  »Helm«,  d.  i.  ein  Kopf  von  tadellos  milchweisser 


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44 


Lamadc-Setter  Lftsen. 


Farbe  mit  rosenrotlu-m  Flnt/manl  tind  a^elbt-n  oder  weissen,  an  der  Spitze 
schwarzen  Hörnern.  Die  Hchnctcn  sind  zarter  und  milchreicher  als  die  urspüng- 
Hcben  Lavantthaler  und  werden  daher  neuerdings  mehr  protegirt  als  jene.  R. 

Laverack-Setter,  ein  schöner,  zierlicher,  sehr  beliebter  Jagdhvmd,  welcher 
aus  der  Klasse  der  Setter  durch  Mr.  Lavjsrack  in  Broughall  Cottage  (Shropshire) 
als  besondere  Spezialität  herausgezflchtet  wurde.  Derselbe  hat  die  Formen  und 
Eigenschaften  des  lanj^haarigen  englischen  Vorstehhundes  oder  Setters  (s.  d.) 
Oberhaupt  und  ist  durch  seine  Roth-  oder  Blauschimmel  färbe  cliarakterisirt.  R. 

Lawa,  hnünvildcr  VnlVsstamm  in  den  birmanisch-clunesiscl-cn  Grcnzge1>irG:en, 
vun  den  Schan  als  die  zunickgedrängten  Reste  <l«  t  Urbewohner  in  diesem  ganzen 
Gebiete  betrae.l.tet.  T'^re  Spiacl.e  soll  von  jenen  der  beiiaclibarien  Schan  ganz 
verschieden,  und  die  L.  sollen  den  Karen  (s.  d.)  verwandt  sein.  Sie  scheinen 
gute  Landbauer  zu  sein,  welche  Indigo,  Zuckerrohr  und  Baumwolle  bauen;  sie 
verarbeiten  auch  Eisen  und  sind  gute  Schmiede;  sie  sind  klein,  schlecht  ge- 
staltet, hässlich,  haben  flache  Nasen,  niedrige  Stirnen,  vortretenden  Bauch.  In- 
wieweit ihr  Name  oder  sie  selbst  mit  den  nördlichen  Laoten  zusammenbttngeiv 
steht  dahin.    Mac  Leod  beschreibt  sie  als  schmutzig  und  widerwärtig,     v.  H. 

Lawruten,  osteibirische  Völkerschaft,  im  Distrikt  Jakutsk,  1990  Köpte 
stark.     V.  H. 

Laxa  (sc.  Subcritida)  (lat.  laxus  =  locker),  Carter  1882  (Ann.  N.  H.  (5)  DC), 
Abtheil untT  der  .Suberitiden.  Pf. 
Layanas,  s.  Laianas.     v.  H. 
Laymon,  s.  Laimon.    v.  H. 

Lays»  einer  der  noch  wenig  erforschten  Stämme  der  Mo!  (s.  d.)  in  Hinter- 
Indien.    V.  H. 

L»aaaniamu8Chdt  Lazarusklappe,  wurde  eine  Muschel  des  Mittelmeeres, 
Spotufybu  gaederopus,  l  inn£,  genannt,  deren  beide  Schalenhälften  durch  die  ge- 
bogenen starken  Srhluss/älme  auch  nach  Entfernung  der  Muskeln  und  des 
Srh!nssbandes  noch  beweglich  ztisammenhalten,  weil  friilier  die  .Aussätzigen  durch 
Klappern  mit  einer  solchen  Mus(  hei  vor  ihrer  Nahe  pewarnt  haben  sollen,  dann 
auch  Bettler  (Lazaroni  >  damit  ihre  Anwesenheit  beinerklu  Ii  machten.  Der  äusseren 
Aehnlichkeit  wegen  ist  derselbe  Name  dann  auch  auf  Arten  der  Galtung  Chama, 
z.  B.  Cl.  ZnaruSf  hm^t.  Ubertragen  worden.     E.  v.  M. 

tfazen  oder  Lasen.  Nachkommen  der  alten  Kolchier,  Chalyben,  Möschen  und 
Tibarener,  gehören  zur  südlichen  Abtheilung  der  Kaukasusvölker,  wohnen  im 
heutigen  Lazistan,  d.  h.  in  der  nordöstlichen  Ecke  Klein-Asiens  von  Trapezunt 
bis  zur  nissischen  Grenze.  Die  lazische  Sprache,  weklie  in  mehrere  Dialekte 
zerßlllt,  und  dem  Georgischen,  Mingrelischcn  und  Swanetischen  verwandt  is^ 
wird  vor  Allem  an  der  Küste  des  Sclnvarzen  Meeres  von  Kjemerburnu  bis  an 
den  Ausfluss  des  'Ischorok  gesprochen.  Die  1..  sind  wie  die  Georgier  von 
srhi.mkem  Wuchs,  krauigem  Korperbau,  heller  Gesichtsfarbe  und  vorherrschend 
blauen  Augen;  sie  beschäftigen  sich  vornehmlich  mit  Viehzucht,  Bergbau  und 
Erzgewinnung;  die  wandernden  L.  sind  Schmiede,  Schlosser,  Kupferschmiede 
und  Zinngiesser.  Nur  wenige  L.  sind  Ackerbauer,  lassen  sich  aber  mit  Vorliebe 
an  der  Kttste  nieder,  wo  sie  treffliche  Matrosen  abgeben,  auch  der  Fischzucht 
und  der  Jagd  obliegen.  Ueber  ihre  Charaktereigenschaften  lauten  die  Urttieile 
verschieden  und  widersprechend.  Nach  Einigen  wären  sie  bis  zur  äussersten 
Verwegenkeit  tapfer,  Ruhe  ihnen  verhasst,  der  Kampf  ihre  Sehnsucht,  nach  An- 
deren hätten  sie  sich  mit  dem  Kufe  der  Feigheit  beladen.   Ihre  Rauflust  äussert 


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lAEvlifmk  —  Ldbtiu 


4S 


sich  aber  andererseits  in  ihren  ewis:en  Stammes-  und  Familienfehden,  sowie  in 
der  Ausübung  der  Blutrache.  Ziemlich  alli;enicin  gelten  sie,  obzwar  zum  Theil 
noch  Christen,  für  ein  wildes,  räuberisches  liergvolk  von  sehr  rohen  Sitten,  für 
ein  hochgradig  diebisches,  treuloses,  unzuverlässiges  Gesindel,  das  flir  Bezahlung 
zu  jeder  Schaodtbat  bereit  ist.  Oberst  Kasbek  rilhmt  dabei  ihre  geistige  Ent* 
widilung  und  eine  gewisse  Art  lussereo  Glanzes.  Das  Weib  zählt  als  Arbeits* 
kraft.  Die  Bevölkerung  lebt  im  Ueberfluss.  Mais  ist  die  allgemeine  Speise. 
Die  unreifen  Kolben  werden  bei  gelinder  Koblenhttze  gebrr.ten  und  mit  Essig 
lÜr  den  Winter  eingemacht.  Das  Mehl  benutzt  man  hauptsächlich  zu  Brei,  bäckt 
aber  auch  kleine  runde  und  flache  Brote  daraus.  Die  Kleidung  der  L.  ist 
ziemlich  eng  und  anscliHessend.  Den  Kopt  deckt  eii  e  wollene  Kapuze,  deren 
Zipfel  um  den  Kopf"  gescl.lungcn  werden;  auf  der  Brust  sind  die  Patronenbehälter 
aufgenäht,  die  wie  die  ganze  Kleidung  mit  silbernen  und  güldenen  Borten  be- 
setzt sind.  In  dem  mit  Kupfer  eingefassten  Gürtel  steckt  stets  eine  Anzahl 
Waffen,  darunter  ein  breiter  kurzer  Dolch.  Die  Ropfetärke  der  L.  wird  sehr  ver- 
schieden  angegeben,  von  soooo  Personen  beiderlei  Geschlechts  bis  zu  68000 
mibinlichen  Individuen,     v.  H. 

Lazulifinkt  Spi»a  amo^na,  Sav.,  in  Xord-Amerika  heimische,  in  Europa  als 
Käfigvogel  vorkommende  Finkenart,  Kü[>[,  Hals  und  Oberseite  sind  himmelblau, 
Oberrücken  scliwärzlich ;  Zügel  sclnvaiz;  Kropf  rostfarben ;  nl>riger  Unterkörper 
sowie  eine  FUigelbindc  weiss.  Von  der  (irösse  unseres  Haniinigs.  Das  Weibchen 
ist  fahlbraun  mit  roslbräuniicher  Unterseite  und  ebenso  gefärbtem  Augen- 
ring.  Rcuw. 

Leachia,  nach  dem  englischen  Naturforscher  Will,  Elford  L£ach,  seiner 
Zeit  am  britischen  Museum,  gest.  1836,  einem  der  ersten,  der  die  alten  grossen 
Gattungen  zerspUtterte  und  daher  viele  neue  Namen  einiührte.  i.  Leachia, 
Lbsubur  188 1,  gleichbedeutend  mit  LoUgopsis^  Lamarck,  zehnarmiger  Cephali^Mid 

aus  der  Familie  der  Oe^opstden,  Körper  langgestreckt,  durchscheinend  röthlich, 
Kopf  verhältnissmässig  klein,  auch  an  beiden  Seiten  durch  feste  Bänder  mit  dem  Rumpt 
verbunden,  Flossen  endständig  wie  i)ei  LoUgo,  die  zwei  langen  Arme  bei  er- 
wachsenen Thieren  nur  als  Stummel  vorhanden;  Augen  gestielt;  im  offenen 
Meere  lebend,  meluere  unter  sich  ähnliche  Arten  im  atlantischen  und  indischen 
Meere.  SrEfcwsrKUF  in  Ovcrsigt  af  K.  Danske  Vidensk.  Selsk.  törhandl.  1861.  — 
2.  Leachia^  Risse  1826,  gleichbedeutend  mit  Hydrobia,  £.  v.  M. 
Leaf  Shooters,  s.  Wahpekute.    v.  H. 

Leanira,  Knm.  (Eigenname?),  Galtung  der  Bonttenwürmer.  Ord.  Netobran- 
ildata.  Neben  S^gaUon,  Aud.  u.  Edw.  (s.  d.).  Wd. 

Leanitae,  Volk  Alt-Arabiens,  am  leanitischen  Meerbusen,  mit  den  Städten 
Mallaba  und  Itamus.     v.  H. 

Leao,  rohes,  ungesittetes  und  schwaches  Urvolk  Chinas,  in  der  Provinz 
Sse-tschuan,  welches  bald  verschwand.      v.  H. 

Lebab-Türken,  d.  h.  Ufertürken,  frühere  Bezeichuung  tUr  den  Türkmenen- 
stamm  der  Ersari  (s.  d.).     v.  H. 

Lieben.  Mit  diesem  Ausdruck  fasst  man  abgesehen  von  dem  Gebrauch  in 
ttbeitragenem  Sinn,  wo  er  ^eichbedeutend  mit  Bewegung  ist,  alle  die  Vorgänge 
zusammen,  welche  das  charakteristische  Merkmal  für  denjenigen  Zustand  der 
oiganifliten  Naturkörper  sind,  in  welchem  von  denselben  der  in  dem  Art  Lebras- 
erscheinungen  geschilderte  Stoff-  und  Kraftwechsel  ausgeflbt  wird,  ohne  dass  sie 
der  Consumtion  verfallen.  Im  Gegensats  «u  diesem  Zustand  steht  der  des  Tode^ 


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46 


(Leben. 


in  welchem  entweder  gar  keine  StofI-  und  Kiaftwechselvorgänge  oder  nur  de> 
stniktive  tu  beobachten  sind.  Der  eigentliche  Träger  der  Lebenserscheinangen 
bei  Thier  und  Pflanze  ist  das  sogen.  Protoplasma,  aus  dem  bei  vielen  niederen 
Lebewesen  der  ganze  Leib  besteht,  während  bei  den  meisten,  namentlich  höher 

organisirten  Geschöpfen  hierzu  noch  flüssige  und  feste  Stoffe  anderer  Art  treten, 
welche  Absonderungen  oder  Rückbilduncren  des  Protoplasmas  sind  und  a.i  dem 
Lebeiisprozess  nur  einen  ])assiven  Antheil  nehmen.    Die  Aulgabe  der  IMiysio- 
logie  ist  CS,  die  Lcbenscrsclieiaungcn  als  ein  nothwendiges  Er^jcbniss  der  Be- 
schaffenheit der  Lebewesen  und  der  von  Aussen  kommenden  Einwirkungen  aul 
dieselben  zu  erkennen  und  zu  schildern.   Diese  Aufgabe  kann  jedoch  zur  Zeit 
nur  in  unvollkommener  Weise  gelöst  werden,  da  uns  hierzu  noch  viele  elementare 
Kenntnisse  abgehen.    Der  Leser  findet  das  Nöthige  hierüber  unter  dem  Art. 
»Lebenskräfte.   Was  man  bis  jetzt  feststellen  konnte,  ist  folgendes:  Die  Eigen- 
dittmlichkeit  der  Organismen  besteht  darin,  dass  sie  uns  in  zwei  ganz  verschieden» 
artigen  Zuständen  entgegentreten  nämlich  in  dem  lebendigen  und  dem  todten, 
deren  charakteristische  Unterschiede  im  Fols^enden  angegeben  werden  sollen: 
Der  Hauptunterschied  ist  der,  dass  c\a<,  was  uir  I.ebenserscheinungen  nennen,  nur 
an  den  ersten  Zustand  gebunden  ist,  wahrend  im  todten  Zustande  diese  weggefallen 
sind  und  der  Organisnms  sich  wie  em  unorganischer  Körper  —  allerdings  ein 
solcher  ganz  eigener  Art  —  verhält.    Das  Merkwürdige  dabei  ist,  dass  diese 
beiden  Hauptzustände  sich  nur  durch  scheinbar  ttusserst  geringfügige  Modifi« 
kationen  der  Substanz  von  einander  unterscheiden.  —  Der  Hauptunterschied 
awischen  dem  todten  und  lebendigen  Zustand  ist  folgender:  Im  ersteren  sehen 
wir  entweder  gar  keinen  oder  einen  continuirlichen  Stoff-  und  Rraftwechsel, 
dessen  Intensität  zwar  je  nach  den  Umständen  wechseln  kann,  der  aber  unter 
sich  gleichen  Umständen  gleich  bleibt  und  dessen  Ergebniss  immer  eine  Zer- 
störung der  Struktur,  also  ein  destruktiver  Stoft-  und  Kraftwcchsel  ist.    Im  leben- 
den Zustand  dagegen  ist  der  St(jf}-  und  Krattweclisel  ein  rhythmischer,  d.  h.  er  zeigt 
ilualitatne  und  quantitative  Schwankungen  zwischen  zwei  Zuständen,  dem  ruhen- 
den und  thäiigen,  und  dieser  Wechsel  erfolgt,  ohne  dass  die  äusseren  Verhält- 
nisse, die  auf  die  lebendige  Substanz  wirken,  irgend  erhebliche  correspondirende 
Schwankungen  zeigen,  so  dass  man  zu  der  Ueberzeugung  kommen  muss,  dass 
diese  Schwankungen  von  rhythmischen  Zustandsveiänderungen  im  Innern  der 
lebendigen  Substanz  ausgehen.   Weiter  ergiebt  sich  dann,  dass  der  Stoff-  und 
Kraftwechsel  nicht  wie  im  todten  Zustand  ein  einseitig  destruktiver,  sondern  ein 
regulativer  ist:  der  Zerstörung  des  chemisch-physikalischen  Bestandes  steht  eine 
rcstitutive  Thätigkeit  getrenuber,   so  dass  der  Körper  bei  oberflächlicher  Be- 
trachtung  unverändert  /u  bleiben  scheint,  trotzdem  dass  in  rhythmischer  Weise 
Leistungen   von  ihm  ausgehen  in  Form  von  Stoff-   und  Kraftabsonderung.  Es 
entspricht  also  diesen  Absonderungen  von  Stoffen  und  Kräften  eine  quantitativ 
(aber  nicht  qualitativ)  entsprechende  Aufnahme  von  Stoffen  und  Krftften,  wobei 
sidi  Auftiahroe  und  Abgabe  bis  zu  einem  gewissen  Grad  und  unter  gewissen 
Umständen  völlig  die  Waage  halten  können:  (hierbei  ist  von  den  Wachsthums- 
Vorgängen,  die  im  Art  »Lebenserscheinungenc  ihre  Würdigung  finden,  zunächst  ab. 
gesehen)  ein  Stoff-  und  Kraftwechsel,  den  wir  desshalb  auch  einen  conserviren- 
den  nennen  könnten,  im  Gegensatz  zu  dem  destruktiven  Stoff-  und  Kraftwechsel, 
den  das  todte  Protoplasma  zeigt,  wenn  nicht  durch  den  Ausdruck  »conservirend« 
die  falsche  Vorstellung  erweckt  würde,  als  handle  es  sich  um  ein  Stillstehen  der 
Vorgänge.    Der  zutreffendste  Ausdruck  ist  jedenfalls  »regulativ«,  weÜ  es  sich 

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.   .  — r  TT  1 


Leben. 


47 


thatsächlich  um  regulative  Kinrichtungen  handelt,  durch  deren  Anwesenheit  sich 
der  lebendige  Zustand  des  rroluplasmas  vom  todicn  unterscheidet,  Kinrichtungen, 
die  uns  aUerdingü  iiuer  Natur  nach  nicht  naher  bekannt  sind.  Der  todte  und 
der  lebende  Zustand  können  im  Allgemeinen  nur  in  einer  Kiclitung  in  einander 
übefgehen»  d.  h.  der  lebende  in  den  todten,  aber  nicht  umgekehrt  Dagegen 
pebt  es  einen  Zwischenzustand,  den  wir  den  des  latenten  Lebens  nennen,  wobei 
der  Kraft-  und  Stoffwechsel  völlig  oder  last  völlig  stillsteht;  demnach  weder  ein 
destruktiver,  noch  ein  regulativer  Stofifwechsel  stattfindet.  Aus  diesem  Zustand 
ist  der  Uebertritt  in  den  lebendigen  Zustand  wieder  möglich,  jedoch  nur  inner- 
halb eines  für  jede  Protop'asmaart  mehr  oder  weniger  festbegrenzten  Zeitraums, 
nach  dessen  Ahlauf  der  Tod  ciutiitt.  Näheres  s.  Art.  Latenz  des  Lebens. 
iJaraus,  dass  die  Lebcnserbcheiiiuugen  dc^  Protoplasma  an  die  Anwesenheit  und 
FunktiüJiirung  gewisser  regulativer  Einrichtungen  gebunden  sind,  ergiebt  sich, 
dass  der  Uebergang  aus  dem  lebenden  Zustand  in  den  todten  durch  dehnitive 
Zerstörung  dieser  Regulirungsapparate  herbeigeführt  wird,  während  es  sich  b^ 
dem  Zustand  des  latenten  Lebens  nur  um  die  zeitweilige  Einstellung  ihrer  Funk* 
tionirung  handelt  Derlei  Einflüsse  sind  mehrere  namhaft  au  machen,  z.  Wenn 
die  Zufuhr  derjenigen  Materialien,  die  den  regulativen  Stoffwechsel  unteriudten, 
eingestellt  wird  (Sistirung  von  Athmung  und  Ernährung),  oder,  anders 
gesagt,  wenn  dem  Protoplasma  die  Möcrliciikeit  entzogen  wird,  dem  destruktiven 
Theil  seines  Stoffwechsels  den  restitutiven  entije<:en  zu  setzen.  2.  Eine  erheb- 
liche Aenderung  des  \Vas^crge  halteb  i>ach  auf-  oder  abwärts,  über- 
mässige Quellung  so  gut  wie  Vertrotknung,  was  durch  sehr  vcrscliiedene  Um- 
stände herbeigeführt  wird.  So  kann  Wasserentziehung  durch  einfache  Verdunstung 
und  durdi  Wasser  absorbirende  Chemikalien  (Alkohol,  Salw  etc.)  herbeigeführt 
werden,  übermässige  Quellung  aber  wird  ebensowohl  durch  destiUirtes  Wasser, 
als  durch  gewisse  wässrige  Lösungen  bewirkt  3.  Gerinnung  der  gelösten 
Albuminate,  wobei  jedoch,  wie  es  scheint,  bei  dem  thierischen  Protoplasma 
zwei  Stufen  der  Gerinnung  zu  unterscheiden  sind,  eine  gelatinöse  und  eine 
fibrilläre  (Hermann).  Im  gelatinösen  Stadium  ist  eine  Rückkehr  in  den  leben- 
digen Zustand  möglich  durch  Wiederauflösuns;  des  Gerinseis,  während  dies  im 
fibriliaren  Zustand  nicht  mehr  möglich  ist.  iJer  Ueberganj^'  aus  den:  gelatinösen 
Zustand  der  Gerinnung  in  den  fibriliaren  scheint  einfach  eine  Funktion  der  Zeit 
zu  sein.  Die  Gerinnung  scheint  durch  die  meisten  der  Einwirkuugcn,  die  wir 
Lebensreize  oder  schlechtweg  Heize  nennen,  weil  sie  das  lebendige  Protoplasma 
aus  dem  ruhenden  Zustand  in  den  thätigen  versetzen,  herbeigeführt  zu  werden, 
un4  die  Erhaltung  des  Lebens  nur  darauf  zu  beruhen,  dass  die  Gerinnung  jedes- 
mal, ehe  sie  das  gelatinöse  Stadium  überschritten  hat,  wieder  gelöst  wird. 
Fehlen  die  lösenden  Einflüsse  oder  ist  die  Reizeinwirkung  so  stark,  dass  sofort 
die  Gerinnung  fibrillär  wird,  so  tritt  Tod  ein.  Wir  können  also  sagen:  Alle 
Einflüsse,  welche  das  lebendige  Protoplasma  aus  dem  ruhenden  Zustand  in  den 
thätigen  versetzen,  können  es  auch  unter  bestimmten  Bedingungen  und  bei 
heftiu;er  Einwirkung  in  den  todten  überfuhren.  4.  Chemische  Umwandlung 
der  (gelösten  und  festen)  Albuminate  in  anderartige,  meist  niederatomige 
VerlMndttngen:  Albuminoide  (HornstofT,  Scbleinuttoff,  Leim  gebende  Substanz  etc.), 
Fette,  Kohlenhydrate  oder  Kiystalloidverbindungen.  Hierbei  ist  jedoch  zu  be- 
merken, dass  wenn  diese  Umwandlungen  partiell  sind,  der  Rest  des  Protoplasmas 
im  lebendigen  Zustand  verharrt  und  seine  Lebenserscheinungen  nur  vermindert 
und  gehemmt  sind.   Weiter  ist  anzumerken,  dass  eine  solche  chemisdie  Um- 


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Leben. 


Wandlung  der  Albuminate  auch  im  lebendigen  Zustande  stetig  fortdauert,  allein 
durch  den  restitutiven  Theil  des  Stoffwechsels  stetig  wieder  ersetzt  wird,  so  dass 
der  lebendige  Zustand  intakt  bleibt  5.  Vergiftung.  Hierbei  können  wir  xwei 
Fälle  unterscheiden  a)  Eindringen  von  Stoffen  in  das  Protoplasma,  welche 
in  Folge  ihrer  chemischen  Qualität  das  Zustandekommen  der  chemischen  Stoff- 
wechselvorgänge  verhindern  oder  in  falsche  Bahnen  lenken.  Solche  Stoffe  sind 
z.  B,  dem  tbierischcn  I'rotoplasma  gegenüber  Kohlcnoxyd  ,  Stickoxyd-  und  Blau- 
säure-Gas, welche  die  Einwirkung  des  Sauerstoffs  auf  die  oxydablen  Nährstoffe 
verhindern,  h)  Vergiftung  durch  concentrirte  d.  h.  quantitativ  zu  starke 
Einwirkung,  worüber  kurz  Folgendes  zu  sagen  ist.  Die  Lebensvorgänge  sind 
im  wesentlichen  Grund  Molekularbewcgungcn.  Wie  in  dem  Art  tKraft  und  Stoff« 
auseinander  gesetzt  wordm  ist,  hängt  die  Intensität  der  Molekularbewegungen 
von  dem  Abstand,  den  die  Moleküle  gegen  einander  haben,  ab.  Daraus  folgW 
dass  einerseits  das  Eindringen  verdttnnter  Stoße  mit  lebhafter  Molekularbewegung 
einen  die  Lebensvorgänge  steigernden  also  belebenden  Einfluss  hat^  während  um« 
gekehrt  das  Eindringen  von  Stoffen  in  concentrirter  Form,  also  mit  geringem 
Molekularabstand  und  somit  j^eringerer  Molekularbewegung,  einen  lähmenden 
Kinfluss  auf  die  Lebensvorgänge  äussert,  s.  Art.  Lähmung.  Bei  genügender 
Concentration  oder  genügend  langer  Einwirkung  kann  dieser  lähmende  EintlubS 
in  den  todlenden  übergciien.  Zu  dieser  Vergiftung  eignen  ^ich  fa.st  alle  in  der 
ProtoplasmaflUssigkeit  löslichen  Stoffe,  allein  es  besteht  noch  der  qualitative 
Unterschied,  dass  es  einerseits  Stoffe  giebt,  welche  erst  bei  einer  hohen  Con» 
oentration  den  Vergiftungstod  herbeizuführen  vermögen,  andererseits  solche,  bei 
denen  schon  geringe  Concentralionsgrade  genügen,  um  Tödtung  herbeizuführen, 
s.  die  Artikel  ^Concentrationsgeset^c  und  sCift*.  Bei  diesem  Unterschied  spielt 
sowohl  die  absolute  Qualität  des  betr.  Fiemdstoffes  als  die  Relation  desselben 
zu  den  specifisrhen  Stoffen  des  Protoplasmas  eine  Rolle,  weshalb  man  allgemeine 
und  specifisthe  Protoplasmagitte  unterscheidet.  6.  Da  die  Wärme  die  aligemeinste 
Molekularliewegung  so  ist  klar,  dass  auch  Veränderungen  der  Wärme  das 
Leben  entsclieidend  bceinüubsen.  Es  existirt  Air  das  Protoplasma  ein  gewisses, 
fttr  verschiedene  Protoplasmasorten  verschieden  hohes  Optimum  der  Temperatur, 
so^  dass  Abweichungen  von  demselben  nach  beiden  Richtungen  hin  das  Leben 
gefährden  und  schliesslich  vernichten.  Sinken  der  Wfirme  unter  das  Optimum 
hat  eine  Abnahme  der  Intensität  der  Lebensvorgänge  zur  Folge  und  endlich 
den  Tod  durch  sogen.  Kältestarre.  Er  liegt  im  Allgemeinen  auf  dem  GefKer- 
punkt  des  Protoplasmas,  allein  er  kann  einerseits  höher  liegen,  z.  B.  bei  warm« 
blutigen  Thieren,  andererseits  erheblicli  niedriger,  dann  aber  immer  durch  den 
Zwischenzustand  der  Lehenslaten/,  vermittelt.  Bei  Steigerung  der  Wärme  über 
das  Optimum  tritt  zunächst  Steigerung  der  Intensität  der  Lebensbewegungen  em, 
aber  dann  folgt  Tod  durcli  Wärmestarre,  hauptsächlich  in  Folge  der  sub  3  ge- 
nannten Gerinnung  der  Albuminate.  '—  Zum  Zustandekommen  der  Lebenser- 
scheinungen (über  dieselben  s.  besonderen  Artikel)  gehört  zweierlei:  a)  eine  ge- 
wisse  Beschaffenheit  der  lebendigen  Substanz,  b)  die  Ehiwirkung  der  sogen.  Lebeos« 
reize;  denn  sie  bestehen  darin,  das«  die  lebendigeSubstanzdieEinwirkungder Lebens- 
reize beantwortet  durch  die  Lebenserscheinungen.  Fehlen  die  Lebensreize,  so  fallen, 
wenn  auch  nicht  sofort,  so  doch  nach  verhältnissmässig  kurzer  Zeit  die  Lebens- 
erscheinungen weg,  und  es  tritt  entweder  der  Zustand  der  Lebenslatenz  oder  der 
des  Todes  ein.  Die  Fähigkeit  der  Lebewesen,  auf  T-ebensreize  zu  reagiren, 
nennt  man  Erregbaritei^  so  dass  sich  dieser  Ausdruck  mit  dem  des  Lebendig- 


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Lebensalter  —  Lebensbedingungen. 


49 


seins  gewissermaassen  deckt:  ein  Geschöpf  ist  bloss  so  lange  lebendig,  als  es 
erregbar  ist  —  Aus  der  Beziehung  der  lebendigen  Substanz  zu  den  Lebensreizen 
ergiebt  sich  noch  die  Conseqnenz,  dass  die  letzteren  Zust.indsveränderung;en  in 
ersterer  hervorrufen  können,  welche  vom  subjektiven  Standpunkt  aus  das  sind, 
was  man  Gemei  nge  t'iih  Iszu  stände  nennt,  und  im  Allgemeinen  sind  dieselben 
zu  charakterisiren  als  Veränderung  der  Erregbarkeitsverhältnisse.  Diese  sind 
quantitativ  in  zwei  Gruppen  zu  sondern:  Zustände  erhöhter  Erregbarkeit,  die 
man  ab  Lnstnistaod  ausammenfiBasen  kann,  und  Zustände  einer  varminderten 
ErregtNukei^  die  man  als  Unlust  besetcbnet.  Wo  in  der  lebendigen  Substanz 
noch  der  TrSger  der  geistigen  Funktion  anwesend  ist^  bringt  sowohl  die  Wir- 
kung der  Lebensreize  auf  diesen  als  auch  die  VerKnderung  des  Gemeingeftthls- 
zustandes  durch  dieselben  Thätigkeifesäusseningai  dieses  Factors  hervor  J, 

Lebensalter,  s.  Alter,  Altersstufen.  J. 

LebensbedingtmgeiL   Im  weitesten  Sinne  des  Wortes  wflide  es  sich  bei 

den  Bedingungen,  unter  denen  das  Letten  organischer  Wesen  möglich  ist^  um 
zweierlei  handeln,  nämlich  einerseits  um  die  Beschaffenheit  der  Lebewesen  und 
andererseits  um  die  Beschaflfenheit  der  äusseren  Umstände  und  Einwirkungen. 
Gewohnlich  versteht  man  aber  unter  dem  Ausdruck  Lebensbedingungen  nur  das 
ktzterc.  freilich  ohne  dass  man  dabei  völlig  von  der  Qualität  des  Lebewesens 
abseilen  kann,  denn,  was  sich  beim  Ueberblick  dieses  Gebietes  sofort  aufdrängt, 
ist  die  Thataache,  dsss  es  einmal  allgemeine  Lebensbedingungen  giebt»  welche 
kein  Geschöpf  auf  die  Dauer  zu  entbehren  vennag,  dass  es  sich  aber  anderer- 
seits,  entsprechend  der  grossen  Verschiedenartigkeit  der  Lebewesen,  für  die  wirk- 
liche Ezistenzmöglichkeit  eines  konkreten  Geschöpfes  um  specielle  Lebensbe- 
dingungen handelt.  —  i.  allgemeine  Lebenabedingungcn.  Hierbei  können  wir 
unterscheiden:  a)  physikalische  Bedingungen.    In  dieser  Beziehung  ist  das 
T.eben  einmal  an  gewisse  Temperaturverhältnisse  gebunden.    Unter  dem 
Gelnerpunkte  der  lebendigen  Substanz  ist  Lebense.xisten/.  nicht  möglich,  da  die 
Lebensbewegungen  W-rschiebiingen  von  Molekülen  und  Massen  verlangen,  welche 
im  ic-sten  Aggregatzustand  nicht  auhfiihrbar  sind  und  weil  auch  die  hauptsäch- 
lichsten chemisdien  Prozesse  hierbei  ausgeschlossen  sind.   Wenn  es  thatsächlich 
Lebewesen  giebt,  welche  bei  einer  äusseren  Temperatur  unter  dem  Gefrierpunkt 
ein  evidentes  Leben  itthren,  so  ist  dies  nur  durch  Einrichtungen  möglich,  welche 
denselben  gestatten,  eine  Uber  dem  Gefrierpunkt  liegend^  eigene  Wärme  zu  er- 
halten.  Deswegen  finden  wir  denn  auch  unter  solchen  Verhältnissen  eigentlich 
nur  wannbldtige  Thiere,  während  die  sogen,  kaltblütigen  oder  wechselwarmen 
Thiere  nur  im  Winterschlaf  oder  in  Lebenslatenz  hierbei  zu  existircn  vermögen. 
Ebenso  existirt  eine  obere  Grenze.    Im  Allgemeinen  liegt  sie  ungefähr  auf  dem 
Siedepunkt   des   Wassers.     Es    giebt    zwar   Organismen,    hauptsächlich  solche 
kleinster  und  niedrigster  Art,  welche  in  siedendem  Wasser  nicht  sofort  sterben, 
aber  einer  längeren  Einwirkung  dieser  Temperatur  können  auch  sie  nicht  wider- 
stehen.   DageG;en  giebt  es  Organismen,  welche  im  trockenen  Zustuid  einer 
derartigen,  ja  selbst  einer  noch  höheren  Temperatur  Widerstand  leisten,  aber  sie 
befinden  sich  dann  nicht  im  Zustand  der  Evidenz,  sondern  in  dem  der  Latenz 
des  Lebens.   Für  die  meisten  Organismen  hört  die  Möglichkeit,  zu  leben,  schon 
bei  einer  viel  niedrigeren  Temperatur  auf.   So  liegt  eine  Grenze  für  eine  Menge 
Organismen  zwischen  50  und  60 C,  bei  höher  organisirten  liegt  sie  noch  tiefer, 
mit  dem  Unterschiede,  dass  bei  Kaltblütern  der  Tod  durch  Wärmestarre  mit 

Zool.,  Aotbnvol.  u.  Ethaoicifie.  Ud.  V.  m  - 


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Lebcnbedingiiiigcii. 


etwa  40*  C,  bei  den  Warmblütern  bei  42 — 45  eintritt,  d.  h.  wenn  ihr  Körper 
selbst  auf  diese  Temperatur  gestiegen  ist,  eine  E''eiitiia]ität;  welcher  jedodi  der 
Warmblttter'  durch  die  Wämieregulirungsappaiate,  die  er  besitztr  bei  ht^erer 
äusserer  Temperatur  eine  Zeit  lang  Widerstand  za  leisten  vermag.    Eine  sehr 

wichtige  physikalische  Bedingung  bildet  das  Wasser.    Im  völlig  trockenen  Zu- 
stand ist  die  lebendige  Substanz  mindestens  zur  T.ebenslatenz  verurtheilt  (s.  o.). 
Es  gehört  also  zu  den  Lebensbedingungen,  dass  die  lebendige  Substaiu  ein  ge- 
wisses Quantum  tropfbar  flüssigen   Wassers,  sogen.  Quellungswassers  be- 
haupten kann.    Dies  hängt  aber  nun  nicht  ausschliesslich  von  dem  Wassergehalt 
der  umgebenden  Medien  ab,  sondern  aucli  von  der  verschiedenartigen  Beschaffen- 
heil  der  lebendigen  Sub!>tanz  selbst.    Es  giebt  Organismen,  die  so  hygroskopisch 
sind,  dass  sie  selbst  in  der  trockensten  Luft  noch  im  Stande  sindi  einen  ge- 
nügenden Quellungsgrad  zu  behaupten,  namentlidt  unter  den  Pflanzen,  aber  dies 
»nd  eben  Ausnahmen.  Das  üppigste  Leben  entfaltet  sich  im  Wasser  selbst,  und 
die  in  der  Luft  existirenden  Lebewesen  verdanken  die  Fähigkeit,  dort  zu  ezis- 
tiren,  der  Anwesenheit  von  wässrigen  Säften  im  Innern  des  Leibes.    Ueber  die 
Beschaffenheit  des  Wassers  und  der  Säfte  s.  unten  bei  »stoffliche  Bedingungen.« 
Das  Licht  ist  keine  so  allgemeine  T  rlM-nsbcflingung  wie  die  Wärme,  aber  doch 
gilt  auch  hier,  dass  in  absolut  lithllosen  Räumen  auf  die  l^auer  nur  verhältniss- 
mäs^ig  wenige  Ürganismen  ihr  Leben  zu  behaupten  vermögen.    Der  grösste 
Thcil  organischen  Lebens  wickelt  sich  im  Lichte  ab.    Eine  weitere  allgemeine 
Lebensbedingung  ist  der  barometrische  Druck.    Allerdings  nach  abwibts 
scheint  hier  keine  Grenze  zu  bestehen,  insofern  bis  in  die  grössten  Seetiefen  hin* 
unter  organisches  Leben  getroffen  wird.    Dagegen  zwingen  uns  theoretische 
Gründe,  eine  obere  Grenze  anzunehmen,  weil  mit  Abnahme  des  barometrischen 
Drucks  naturgemäss  die  stofflichen  Bedingungen  des  Lebens  abnehmen;  dtaa 
Abnahme  des  Drucks  i>t  gleichbedeutend  mit  Verdünnung,  d.  h.  Vermindenmg 
der  stofflichen  F.xistenzbedinL^ungen.   Ausserdem  ist  sie  aber  auch  gleichbedeutend 
mit  Abnahme  der  Temperatur  und  der  Fcuciitigkcit,  sodass  in  einer  gewissen 
Entiernung  von  ilcr  ErdubcrlUche  eigentlich  alle   Bedingungen   des  Lebens, 
wenigstens  des  evidenten  Lebens  aufhören,  und  thatsächlich  finden  wir  denn  auf 
den  Gipfeln  der  höchsten  Berge,  ähnlich  wie  im  ewigen  Schnee  und  Eis  dw  Pol^ 
nur  noch  ärmliche  Spuren  organischen  Lebens,    b)  stoffliche  Lebensbe- 
dingungen.  Hierher  gehört  in  erster  Linie  die  Anwesenheit  derjenigen  Stoffe, 
welche  das  Lebewesen  zur  Ernährung  und  Athmung  braucht  und  zwar  in  so 
grosser  Quantität,  dass  mindestens  der  dem  Stoffwechsel  entsprechende  Verbrauch 
gedeckt  wird.   Allein  seihst  das  genügt  auf  die  Dauer  nicht.    Es  muss  auch  noch 
das  für  die  Assimilation  nötliige  Material  zugeführt  werden.    Die.ser  positiven 
Bedingung  steht  gleiclisam  negativ  gegenüber:   das  Lebewesen  muss  auch  unter 
Bedingungen  stehen,  die  ihm  gestatten,  die  Zersetzungsprodukte  des  Stoffwechsels 
in  einer  der  Bildung  derselben  entsprechenden  Menge  nach  aussen  abzugeben, 
denn  alle  diese  Zersetzungsprodukte,  und  nicht  etwa,  wie  man  irrdittmlich 
angenommen  hat,  nur  einzelne  derselben,  wirken  veigiftend,  d.  h.  tödtend  oder 
wenigstens  zur  Lebenslalenz  verurtheilend,  sobald  ein  gewisser  O>ncentrationq;rad 
derselben  in  der  QuellungsflOssigkeil  überschritten  wird.  Fehlt  die  Stofiufuhr, 
so  verhungert  das  Lebewesen.    Wird  die  Stofiabfuhr  verhindert^  so  erstickt 
es.   Bei  diesen  stofflichen  Bedingungen  spielen  ausser  dem  eigentlich  Stofflichen 
auch  noch  die  Bewegungsbedingungen   eine   wichtige   Rolle.     Entnimmt  die 
lebendige  Substanz  ihren  Bedarf  aus  den  umgebenden  Medien  Luft  und  Wasser 


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LebeiMbedH^faiieen. 


5» 


und  giebt  an  sie  die  Zersetzungsprodukte  ah,  so  führt  absolute  Stapnation  dieser 
Medien    nllmählifh    ein   Deficit    an    Ernährungs-   und   Alhmungsmatcrial  und 
andererseits  einen   erstickenden  Ueberschuss  an   Zersetzungsprodukten  herbei, 
und  dann  ist  das  umgebende  Medium  mclit  mehr  geeignet,  das  Leben  zu  unter- 
halten.   Es  muss  also  Luft  und  Wasser,  in  welchen  Organismen  leben  sollen,  in 
eiaem  ipwissen  Bewegungszustand  sich  befinden.  Bei  Lebewesen  von  nmpfäng- 
lichem  Körper  sind  die  meisiien  lebendigen  Zeilen,  aus  denen  es  besteht,  nicht 
in  der  Lage,  ihren  Stofiwecfasel  mit  den  umgebenden  Medien,  Luft  und  Wasser, 
SU  unterhalten.    Für  ihre  Existenz  sind  sie  angewiesen  auf  Säfte  im  Innern  des 
Körpers,  und  dann  gilt  auch  für  letztere,  dass  ihre  blosse  Anwesenheit  niclU  ge- 
nügt,  sondern  dass  ein  p^ewisser  Bewegungszustand  in  ihnen  unterhalten  werden 
muss  (Saftcirkulation,  Bluicirkulation  etc.).    Mit  Bezug  auf  die  Säfte  und  Flüssig- 
keiten müssen  noch  zwei  andere  stofiliche  Bedingungen  betont  werden,  einmal 
eignen  sich  für  weitaus  die  meisten  Organismen  nur  vvässrige  Flüssigkeiten  zur 
Aufrechterhaltung  des  Lebens.    Es  giebt  nur  äusserst  wenig  Organismen,  welche 
in  anderen  u.  zwar  öligen  Flüssigkeiten  zu  leben  vermögen.   Reiner  Alkohol, 
retner  Aether  etc.  tödten  alle  Organismen.  Auf  der  anderen  Seite  ist  aber  nidit 
jedes  Wasser  im  Stande,  das  Leben  su  unterhalten,  z.  B.  gilt  das  vom  destillirten 
Wasser,  und  sicher  noch  mehr  vom  chemisch  reinen  Wasser,  das  wir  allerdin^ 
nicht  herzustellen  im  Stande  sind;  denn  davon,  dass  das  sogen,  destillirte 
Wasser  keineswegs  rein  chemisch  ist,   überzeugt  uns  der  Geruchssinn  leicht. 
Das  Wasser  nuiss  eine  Losung  von  festen  Stofi'en  sein,  u.  zw.  handelt  es  sich 
hierbei  niclit  bloss  um  die  Anwesenheit  der  oben  erwähnten,  zur  Ernährung  und 
Athmung  dienenden  Stoffe,  also  solcher,  welche  eine  chemische  Umwandlung  im 
Innern  des  Leibes  zu  erfahren  haben,  sondern  noch  um  zweierlei  Stoftgruppen, 
denen  eine  andere  physiologische  Bedeutung  zukommt;  eme  Bedeutung,  die  wir 
mit  den  Ausdrücken  indifferent  und  different  belegen  können.   «)  indifferente 
Stoffe.   Zum  Versttndniss  dieser  Stoflgruppe  gehört  folgendes:  Wenn  wir  eme 
lebendige  Zelle  in  destülirtes  Wasser  setzen,  so  stirbt  sie  (Tod  durch  Wasser^ 
starre),  theils  weil  ihr  dieses  Wasser  Bedar&stoflfe  entzieht,  theils  weil  die 
Quellungsverhältnisse  in  einer  den  Lebensmechanismus  zerstörenden  Weise  ge- 
ändert werden.    Uiesc   Erscheinung  rührt  her  von  einer  zu  grossen  Differenz 
zwischen  dem  stofllichen  Gebnlt  der  Quellungsflilssigkeit  und  dem  des  zugesetzten 
Wassers.    Diese  Uift'erenz  viird  nun  aufgehoben  und  in  sogen.  Indifferenz  ver- 
wandelt, wenn  die  Flüssigkeit,  in  die  man  die  Zelle  versetzt,  eme  gewisse  Menge 
von  Stoffen  enthält,  welche  entweder  auch  in  der  Quellungsflüss^dt  sich  be- 
finden oder  in  der  betreffenden  Concentration  den  Quellungszustand  des  Proto- 
plasmas nidit  erheUicfa  yerindem.  Diese  Rolle  spielen  in  den  sum  Leben  taug- 
liehen  Flüssigkeiten  gewisse  Salze,  z.  B.  bei  den  Thieren  besonders  die  Natron- 
aalae.   Das  reichste  thierische  Leben  findet  sich  im  Meerwasser,  das  eine  mehr^ 
procentige  Kochsalzlösung  vorstellt,  und  die  Säfte  der  thierischen  lebendigen 
Substanz  sind  sammt  und  sonders  Kochsalzlösungen.    Höchst  wahrscheinlich  ge- 
hören die  meisten  derartisjen  unorganischen  Salze,  die  man  in  den  Säften  der 
Lebewesen  findet,  in  diese  Kategorie  der  Indifferenzstoffe.   Ihr  Hauptunterschied 
gegenüber  den  Naiir-  und  Athmungsstoß'en  ist,  dass  sie  eigentlich  nicht  Objekt 
des  Lebenschemismus  sind,  also  entweder  gar  kerne  oder  nur  nebensächliche 
dwmiscbe  Umwandlungen  bei  ihrer  Passirung  durch  den  Körper  erfahren, 
während  bei  den  Nähr*  und  Athmungsstoffen  der  Schwerpunkt  gerade  in  ihren 
dieroischen  Umwandlungen  liegt.  Die  Anwesenheit  der  Indiiferensstoffe  ist  nur 

4* 

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LebewbediiiKttngen. 


deshalb  nutliig,    um  die  hauptsächlich  im   Quell ungszustand  zum  Ausdruck 
kommende  Besdiaffenlmt  des  lebendigen  Mechanismus  aufredit  zu  erhalten, 
unter  welchen  sich  die  Kraft*  und  Stoliwechselvorgänge  abwickehi  können.  Man 
könnte  sie  desshalb  wohl  auch  als  »Quellungsstoflfec  bezeichnen.  Im  Anschluss 
hieran  muss  noch  der  Stickstoff  erwühnt  werdeni  der  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  eine  ähnliche  Bedeutung  hat,  wie  die  indifierenten  Salse.    Der  freie 
Stickstoff  spielt  sowohl  dem  Thier  wie  der  Pflanze  gegenüber  'eine  völlig  indiffe- 
rente Rolle  und  indem  er  79  J  von  der  atmosphärischen  I.uft  bildet,  ist  er  hier 
ein  Verdünnungs-  bezw.   Absrhwächungsmittel   liir   den   difterent  wirkenden 
Sauerstoff;  denn  in  unvermisciiiem  Sauerstoff  ist,  wie  Verbuche  lehren,  zwar 
Leben  nicht  unmöglich,  aber  der  Stoffwechsel  wird  so  sehr  beschleunigt,  dass 
Consumtion  des  Lebens  eintreten  müsste.    ß)  die  düferenten  Stoffe.  Da 
völlige  Indifferenx  der  Faktoren,  deren  Einwirkung  die  Lebewesen  ausgesetzt 
sind,  gleichbedeutend  wäre  mit  Nichtwirkung  derselben,  so  wäre  das  auch  gleich- 
bedeutend mit  Abwesenheit  aller  Lebensreize  (s  Art  Lebensreise)  und  damit 
würden  die  Lebenserschetnungen  sistiren.    Die  Lebensreize  sind  nun  nicht  bloss 
physikalischer  Natur,  sondern  auch,  abgesehen  davon,  dass  die  physikalischen  Reize 
stoffliche  Träger  und  Vermittler  derselben  voraussetzen,  direkt  stofflicher  Natur, 
d.  h.  es  müssen  in  den  Aufenthaltsmedien  der  Lebewesen,  bezw.  ihrer  Bestand- 
theile  (in  Luft,  Wasser  und  Lebenssäften)  Stoffe  vorhanden  sein,  welche  einen 
Reiz  auszuüben  vermögen,  sogen.  Reizmittel,  denen  man  in  der  Thierphysiologie 
auch  den   Namen  nervina  gegeben  hat.    Die  neuere  exakte  Physiologie  hat 
lange  Zeit  diesem  Faktor  der  Lebensbedingungen  zu  wenig  Aufmerksamkeit  ge- 
schenkt. Erst  G.  Jäger  stellt  sie  in  seiner  »Entdeckung  der  Seele«  besser  in  deo 
Vordergrund  der  Erörterung.   Das  Wesentliche  aber  sie  ist  nach  ihm  Folgendes. 
Ein  Stoff  kann  in  der  Oekonomie  des  Lebens  auf  zweifache  Weise  eine  Rolle 
spielen,  aa)  durch  seine  chemischen  A  ffini täten,  indem  er  mittelst  derselben 
entweder  an  den  Veränderungen  bei  der  Stoftzersetzung  oder  der  Stoffbildung, 
kurz  an  dem  Chemismus  sicli  betheingt,  und  einen  derartigen  Einfluss  wird  er 
um  so  mehr  auszuüben  vermögen,  in  je  grosserer  Menge  er  vorhanden  ist.  Wir 
können  also  sagen:  sein  Eintluss  steht  in  geradem  Verhältniss  zu  seiner  Menge 
oder  anders  ausgedrückt,  mit  bezug  auf  die  Aufenthaltsmedien,  in  geradem  Ver- 
hältniss zum  Gehalt  der  Aufenthidtsmedien  an  diesem  Stoff.  Deshalb  kann  man 
diesen  Stoffen  aach  die  physiologische  Benennung  Gehaltstoffe  geben.  Solche 
sind  die  Nähr«  und  Athmungsstoffe.  Je  grösser  der  Gehalt  der  Medien  an  diesen 
chemisch  zersetzbaren  Stoffen  ist  (natürlich  existirt  auch  hier  eine  Grenze  in  der 
Richtung  des  Zuviel),  desto  günstiger  sind  die  Bedingungen  für  das  Leben. 

ß)  Einen  zweiten  Einfluss  üben  die  Stoffe  aus  durch  ihren  Gelialt  an  physi- 
kalischer Bewegung,  anders  gesagt  durch  die  Intensität  ih rer  Molekular- 
bewegung.  Nun  haben  wir  in  dem  Artikel  »Kraft  und  Stofft  gesehen,  dass 
unter  sonst  gleichen  Umständen  die  Stärke  der  Molekularbewegung  in  uuige-' 
kehrtem  Verhältniss  zu  der  Menge  des  Stoffes,  den  gleichen  Raum  voraus- 
geseut,  steht,  indem  sie  mit  der  I^tanz  der  Moleküle  steigt.  Das  Qiarakteristiache 
ittr  die  Reizmittel  ist  also  die  geringe  Quantität,  In  welcher  sie  in  den  Medien 
für  organisches  Leben  enthalten  sein  müssen,  wenn  sie  ihre  physiologische  Rolle 
als  Reizmittel  spielen  sollen.  Das  ist  auch  der  Grund,  warum  sie  m  der 
modernen  Physiologie  so  lange  ungenügend  gewürdigt  worden  sind.  Dem  ana- 
lytischen Chemiker  müssen  natürlich  die  in  grosser  Menge  vorhandenen  Gehalt« 
Stoffe  zuerst  in  die  Hände  fallen  und  zuerst  seine  Aufmerksamkeit  erregen. 


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Lebcnsbtdi  n  pu  n  pen. 


53 


während  sich  ihm  diese  hochverdünnten  Reizstoffe  nicht  nur  wegen  ihrer  geringen 
Menire,  sondern  nuch  wcpcn  der  damit  in  ursächlichem  Zusammenhang  stehenden 
grossen  Flüchtigkeit  nur  zu  leicht  ent;i?iehen.  (lerade  in  dem  Wort  Flüchtig- 
keit liefet  auch  die  physiologische  Hedeutung  dieser  Stoffe;  denn  diese  ist  der 
Ausdruck  für  die  Stärke  ihrer  Molekularbewegung.  Je  flüchtiger  ein  Stoff  ist, 
desto  reizeoder  wirkt  er  auf  die  Lebewesen.  Der  zweite  Unterschied  dieser 
Differenx-  oder  Reizstoffe  gegenüber  den  ersten  Stoffgruppen,  den  Kühr-  und 
Athiotnigsstoflen,  ist,  dass  sie  beim  Chemismus  direkt  keine  Rolle  spielen 
mtttsen»  ja  sogar,  solange  sie  Reismittel  sein  sollen,  keine  Rolle  spielen 
dürfen.  Sie  können  zwar  beim  Stoffwechsel  als  Produkt  desselben  frei  werden, 
können  auch  bei  der  Assimilation  sur  Verwendung  kommen,  allein  die  genannte 
Rolle  spielen  sie  nnr  in  ihrem  freien  und  unveränderten  Zustand  und  ganz  un- 
abhängig von  ihrer  etwaigen  Verwendung  im  Chemismu'^;  /  B.  die  belebende 
Wirkung,  die  von  den  Rouqueten  eines  Weins  auf  einen  Menschen  ausgeübt  wird, 
ist  unabhängig  davon,  ob  diese  Bouquetstoffe  nachträglich  innerhalb  des  Körpers 
aeisetit  werden  oder  nicht.  Sie  verlassen,  wie  uns  der  Geruchssinn  überzeugt, 
meist  in  unverändertem  Zustand  den  Körper  dessen,  der  sie  in  sich  aufgenommen 
hat.  Damit  harmonirt  auch,  dass  die  Einwirkung  in  gew.  Richtung,  d.  h.  in 
quantitativer,  weit  weniger  von  der  chemischen  Natur  dieser  Stoffe  abhftngt  als 
von  der  Verdünnung,  bezw.  Flüchtigkeit  derselben:  durch  genügende  Verdünnung 
kann  jeder  Stoft  in  ein  Reizmittel  verwandelt  werden.  Die  chemische  Qualität 
kommt  nllerdings  auch  in  Betracht,  einmal  in  qualitativer  Richtung,  weil  eine 
Uebcrtragung  der  mit  der  Flüchtigkeit  gegebenen  Kraft  nicht  auf  alle  Bestand- 
theile  der  lebendigen  Substanz  gleichmässig,  sowie  nur  auf  einzelne  nach  den 
Gesetzen  der  Molekularaffinität  vor  sich  geht,  und  dann  insofern,  als  von  ihr 
die  Zersetzbarkeit  des  Stoffes  abhängt;  da  mit  der  Zersetzung  oder  Bindung  die 
an  den  freien  Zustand  sich  knüpfende  Reizwirkung  aufhcrt,  so  eignen  sich  als 
Reismittel  eben  mehr  solche  Stoffe,  welche  den  chemischen  Kräften  im  Innern 
der  Lebewesen  Widerstand  leisten.  Das  unterscheidet  sie  nun  wieder  von  den 
Nähr-  und  Athmungsstoffen.  Letztere  müssen  leicht  zersetzbar  sein,  während  zu 
Reizmitteln  gerade  die  schwerer  zersetzbaren  sich  eigenen.  —  Fassen  wir  das 
soeben  über  di'*  stofni<:]ien  T.ebensbedingtmgen  Cesagto  kurz  zusammen,  sc  lautet 
es:  wenn  ein  Medium  oder  eine  OuellungstUissigkeit  organisches  Leben  unter- 
halten soll,  so  müssen  darin  dreierlei  Stortgruppcn  vorl  niidcn  sein:  erstens  eine 
genügende  Quantität  von  Stoßen,  welche  die  chemischen  Vorgänge  des  Stoff- 
wechsels und  der  Assimilation  zu  unterhalten  vermögen;  der  Stoffwechsel  ver- 
langt  leirht  zersetzbare,  die  Assimilation  leicht  bindbare  Stoffe;  man  nennt  sie 
Nähr-  und  Athmungsstofte;  zweitens  eine  genügende  Menge  von  Indifferenz« 
Stoffen,  deren  Bedeutung  nicht  darin  bestohl^  dass  sie  sich  an  dem  Chemismus 
betheiligen,  sondern  dass  sie  den  Quellungszustand  der  lebendigen  Substanz  auf* 
recht  erhalten  und  die  Einwirkung  der  difierenten  Stoffe  mildem;  drittens, 
während  die  unter  erstens  und  zweitens  irenannten  Stoffe  den  Gehalt  des  Mediums 
an  Lebensstoften  ausmachen  und  wenig  fltichti£^  sind,  wird  die  dritte  Gruppe,  die 
der  Differenzstoffe  oder  Reizstofie,  von  Stoffen  gebildet,  welche  sich  in  hochver- 
dünntem Zustand,  also  sehr  geringer  Menge,  darin  befinden  und  deren  physio- 
logische ü^rkung  in  geradem  Verhältniss  zu  ihrer  Flüchtigkeit  steht.  —  2.  Specielle 
Lebembedingiingen.  Der  ausserordendich  mannigfaltigen  Beschaffenheit  der 
Lebewesen  entspricht  die  Thatsache,  dass  nicht  alle  Sorten  derselben  unter  genau 
den  gleichen  Bedingungen  zu  leben  vermögen.  Fasst  man  die  vorhandene  Ver* 


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S4 


Lebcntdfuier  —  LebcnsencheiaangifD. 


schiedenartigkeit  ins  Auge,  so  ergiebt  sich  hier  eine  reiche  Abstufung  von  dem 
engsten  Verhültniss,  das  durch  die  f&r  jede  Species  eigenartig  gestaltete  Lebens* 
bedingungen  ausgedruckt  wird,  bis  m  immer  allgemeiner  werdenden.  Eine  solche 
allgemeinere  Lebensbedingung  ist  x.  B.,  dass  eine  grosse  Zahl  von  Organismen 

nur  im  Wasser  zu  leben   vermag,   eine  andere  grosse  Zahl  nur  in  der  Luft. 
Enger  wird  das  Vcrhältniss  z.  B.  bei  den  Wasserthieren,  indem  ein  Tbeil  der- 
selben nur  im  Meerwasser,  ein  anderer  nur  im  Siisswasser  zu  leben  vermag. 
Die  Stisswasserthiere  scheiden  sich  wieder  in  solclie  des  fliessenden  Wassers  und 
solche  des  stehenden.   Unter  den  Mccrthieren  ist  Lebensbedingung  für  die  einen 
der  Strand,  für  andere  die  Tiefsee,  für  andere  die  Hochsee  u.  s.  f.  in  immer 
weiter  gehender  Abstufung.  Fasst  man  die  Faktoren,  aus  denen  sich  die  Lebens- 
bedingungen zusammensetsen,  einzeln  ins  Auge,  so  lassen  sich  wieder  solche  von 
allgemeinerer  Natur  und  solche  speddlerer  Natur  trennen.  Zu  den  ersteren  ge> 
hört  Temperatur,  Licht,  Druck  und  Feuchtigkeit.  Hier  ist  die  Specialisirung  lange 
nicht  SO  gross,  wie  bei  den  stofflichen  Lebensbedingungen.  Unter  diesen  letzteren 
sind  noch  die  allgemeinsten  die  stofflichen  Bedingungen  der  Athmung.  Die 
Thierc  brauchen  sammt  und  sonders  Sauerstoff,  die  chloropliyllhalliq^cn  T'flan/en 
sammt  und  sonders  Kohlensäure.    Kngcr  wird  die  SjjCciaHsirung  bei  den  Nähr- 
stoffen und  den  höchsten  (irad  erreicht  sie  bei   den  Reustorfen,  die  mit  den 
Nährstoffen  verbunden  sein  müssen,  wenn  diese  zur  Ernährung  einer  bestinunicn 
Art  von  Lebewesen  tauglich  sein  sollen.  Auf  ihrem  Gebiet  best^t  das  engste 
Verhakniss,  das  Gesetz  der  spectfischen  Relation:  jedes  Thier  wühlt  aus  der  un- 
geheueren Zahl  verschiedenartiger  Nahrungsmittel  mit  mehr  oder  weniger  enger 
B^n^nzung  ganz  bestimmte  aus  und  nur  diese  sind  im  Stande  sein  I.eben  auf 
die  Dauer  zu  erhalten.    Bei  den  Pflanzen  hat  man  bis  vor  Kurzem  in  dieser 
Beziehung  eine  weit  grössere  Freiheit  angenommen.    Erst  G.  Jäger  hat  in  seiner 
Seele  der  T>andwirthschaft«    nachgewiesen,   dass  das  Gesetz  der  specifischen 
Relation  auch  in  der  Pflanzenwelt,  nicht  bloss  bei  den  parasitären  PÜanzen,  wo 
es  offen  zu  Tage  liegt,  sondern  auch  bei  den  freilel)enden  eine  weit  grössere 
Rolle  spielt  als  bisher  angenommen  worden  ist.    Fasst  man  noch  einmal  die 
allgemeineffen  Lebensbedingungen  wie  Temperatur,  Druck  und  Feuchtigkeit  ins 
Auge,  so  steht  man  auch  bei  ihnen  noch  Spedalisirungen,  z.  B.  bei  der  Tem* 
peratur.  Innerhalb  der  Eingangs  festgestellten  Temperaturgrenzen,  die  für  das 
Leben  ttbtnrhaupt  maassgebend  sind,  bewegt  sich  das  Leben  nicht  g^chmftssig. 
Man  dfttckt  dies  so  aus:  für  jede  Thier-  und  Pflanzenart  stellt  eine  bestimmte 
Temperatur  ein  sogen.  Optimum  dar,  bei  dem  sie  am  besten  gedeiht,  und  diese 
Optima  sind  ftlr  die  verschiedenen  Thiere  und  Pflanzen  verschieden:    bei  den 
einen  liegt  das  Optimum  hoch  (wärmeliebende  Lebewesen)  l>ei  den  anderen  tiefer 
(kälteliebende  L.)  und   die  Sache  variirt  noch  einmal:  l)ei  den  einen  liegt  das 
Optimum  in  engen  Temperaturgrenzen,  bei  anderen  bewegt  es  sich  in  weiteren. 
Aehnliches  gilt  fUr  Druck,  Feuchtigkeit  und  Licht.   Eine  Folge  dieser  Speciali- 
sirung der  Lebensbedingungen  ist,  dass  die  Oberfläche  der  Erde  bis  zu  den 
grössten  Meerestiefen  und  den  höchsten  Berg^itzen  und  von  Pol  zu  Aequator 
£iut  Uberall  Leben  aufweist,  aber  der  Verschiedenheit  der  örtlich  herrschenden 
Lebensbedingungen  eine  grosse  qualitative  und  quantitative  Verschiedenheit  der 
Fauna  und  Flora  entspricht.  J. 
Lebensdauer,  s  Al^er.  J. 

Lebenserscheinungen.    Diese  lassen  sich  in  drei  Gruppen  sondern:  i.  die 
während  der  Lebenswirkung  fortwahrend  vor  sich  gehenden  inneren  Stoff-  und 


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Lebenicnchcniaiigeii. 


SS 


Kraftwechsel  Vorgänge,  2.  die  Vermehrungs-  und  Entwicklunirsvorgänge,  welche 
entweder  nur  nach  Ablauf  bestimmter  Fristen  oder  nur  während  bestimmter 
Perioden  zu  den  sub  i  genannten  Lebensvorgängen  sich  gesellen.-  3.  die  geistigen 
EracbdnttDgen,  welche  cum  wenigsten  bei  den  höheren  Oigantsmen  einen  inte- 
grirenden  Bestandtheil  der  Lebenaerscheinungen  bilden.  —  i.  die  Stoff-  oder 
KraftwechselTorgänge.  Diese  ilitssem  neb  einmal  in  der  AainiUime  von 
Stoffen  und  Kräften,  dann  in  der  Umwandlung  derselben  innerhalb  des  leben- 
digen Organismus  und  endlich  in  der  Abgabe  von  Stoffen  und  Kräften  nach 
aussen.  Die  Aufnahme  der  erforderlichen  Stoffe  erfolgt  durch  die  Funktionen, 
die  wir  Ernährung  und  Athmung  nennen.  Die  Aufnahme  von  Kräften  besteht 
bei  den  Chlorophyll-Ptlan/.en  hauptsächlich  darin,  das.h  die  Molekularbcwegungen 
des  Lichtes  und  der  Wärme  (und  zwar  sowohl  der  Leitwärme  als  der  un  den 
flüchtigen  Stoflen  haftenden  specifischen  Wärme)  in  sie  eindringen.  Bei  den 
Thieren  und  cMorophyllosen  Filsen  geht  die  Kraftaufnahme  mit  der  Nahrungs« 
aufoahme  Hand  in  Hand:  die  Nährstoffe  des  Thieres  sind  hochatomige,  chemische 
Verbindungen,  welche  mit  einer  sogenannten  Oxydations-  oder  Verbrennungs- 
Härme  geladen  sind.  Wir  können  also  den  Gegensat?,  so  ausdrücken:  die  Pflanze 
nimmt  freie  Kräfte,  d.  h.  Bewegungen  auf,  das  Thier  dagegen  latente  Kräfte 
oder  sogenannte  Spannkräfte,  b/^  Umwandlung.  Bei  der  Umwandlung  der 
Stoffe  innerhalb  der  lebendigen  Substanz  handelt  es  sich  theils  um  Aenderungen 
des  Aßgregntzustandcs,  theils  und  zwar  hau{)t.sächlit  h  um  Aenderungder  chemischen 
Zuzammcubctzung,  und  das  bildet  den  Chemismus  des  Lebens.  Bei  ihm  haben 
wir  2wei  antagonistisdie  Vorgänge  zu  unterscheiden.  Erstens  die  Zurückffihnmg 
hochatomiger  Verbindungen  in  niederatcmige,  was  im  engeren  Sinne  »Stoff- 
wechsel gebeissen  wird  und  der  Hauptsache  nach  in  stufenwdsen  Ojgrdatio- 
nen  besteht;  zweitens,  die  Ueberftlhning  niederatomiger  Verbindungen  in  hoch 
atomige,  ein  Vorgang,  den  man  »Assimilation«  nennt  In  dieser  Beziehung 
besteht  zwischen  pflanzlichen  und  thierischen  Lebewesen  der  Unterschied,  dass 
bei  den  chlorophyllhaltigen  Pflanzen  die  A.>similation  eine  viel  bedeutendere 
Rolle  spielt  als  bei  den  Thieren  und  den  chlorophylllosen  Pilzen.  Da  die  Kräfte- 
umwandlung im  lebendigen  Leibe  eine  Conse(iuen/.  der  Stoffumwandlung  ist,  so 
haben  wir  auch  hier  zwei  antagonistische  Vorgange.  Bei  der  Ueberführung  von  hoch- 
atomigen  in  niederatomige  Verbindungen  (beim  sogenannten  »Stoffwechsel) 
wild  die  Kraf^  mit  der  die  Verbindung  zusammengehalten  ist,  also  eine  latwte 
Kral^  frei,  d.  h.  in  eine  Bewegung  übeigefOhr^  und  es  erscheinen  hier  in  erster 
Linie  molekulare  Bewegungen  (Wärme,  Elektridtät,  unter  Umständen  auch  Licht), 
in  zweiter  Linie  Massenbewegungen  (bei  den  Pflanzen  mehr  bloss  strömende, 
bei  den  Thieren  auch  zuckende,  sogenannte  Contraktionen).  Bei  der  Assimilation 
d.  h.  der  Ueberftihrung  niederatomiger  in  hdchatomige  Verbindungen  ist  im  Gegen- 
sat/ zu  Obigem  ein  Aufwand  von  Ireien  Kräften  notbi^  die  hierbei,  wie  man 
sagt,  absorbirt  werden,  d.  h.  verschwinden  oder  mit  amleren  Worten  aus  dem 
freien  Zustand  m  den  latenten  Zustand  übergehen.  Die  freien  Bewegungen,  die 
hierbei  verbraucht  werden,  sind  Wärme,  Licht  und  Elektricität,  und  die  latente 
Kraft,  die  dabei  gebildet  wird,  ist  die  Zersetzungs-  oder  Verbrennungswärme,  die 
in  den  hochatomigen  Stoffen  steckt  Dem  oben  angegebenen  Unterschied  zwischen 
dkloiopbyllbaltigen  Pflanzen  und  den  cbloroph^Uosen  übrigen  Lebewesen  in 
Bezug  auf  den  Stoffwechsel  entspricht  folgerichtig  auch  ein  Unterschied  im  Kraft* 
Wechsel;  nämlich  dem  Ueberwiegen  der  Assimilation  bei  den  chlorophylllosen 
Pflanzen  entspricht  eine  vorwiegende  Absorption  von  freien  Kräften  (sie  absor- 


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5« 


Lebensencheinui^n. 


biren  Wärme,  Licht  und  Elektricttät)  unter  entsprechender  Deponimng  von  oocf- 
dablen  Stoffen  im  Innern  ihres  Körpers»  während  bei  den  Thieren  und  den  chloro* 
phylUosen  FÜsen  (auch  den  chlorophylllosen  Blüthen  der  Pflanzen)  die  mit  dem 
»Stoffwedisel«  verbundene  F,ntl)indting  von  Kräften,  d.  h.  das  Auftreten  freier  Kräfte, 
SOgemuUlter  Bewegungen  überwiegt,  c)  Abgabe.  Gegenstand  der  Abgabe  sind 
sowohl  wieder  Stoffe  wie  Kräfte,  aber  der  bei  der  T^mwandlunp  besprochene 
Gegensatz  kommt  auch  hier  zur  (leltunp.  Im  Allgemeinen  gilt  nämlich  die 
Regel:  besteben  verscliiedenartige  chemische  Verbindungen  der  Art  nach  aus  den 
gleichen  Atomen  und  unterscheiden  sie  sich  nur  durch  Zahl  und  Stellung  der- 
selben, so  ist  die  mit  der  geringeren  Atomzah),  also  dem  kleineren  Molekfll, 
leichter  im  Stande,  ihren  Entstehungsoit,  hier  den  lebendigen  Organismus  zu  ver^ 
lassen,  als  die  mit  dem  grösseren  MolekQl  versehene  hochatomige.  Da  nun  der 
»Stofiwechselc  niederatomige  Verbindungen  erzeugt,  die  Assimilation  hochatomige» 
so  begreift  steh,  dass  die  Objekte  der  Sto&bgabe  vorzugsweise  die  bei  dem 
»Stoffwecbselc  entstehenden  niederatomigen  Zersetzungsprodukte  sind,  während 
die  1  oc}^,atomigen  Produkte  der  Assimilation  hnny^'-ärlilich  das  Depositum  im 
Innern  des  I,ebewcsens  bilden,  auf  welchem  die  nachher  zu  erwähnende  l.ebens- 
erscheinung,  das  Wachsthum,  beruht.  Damit  ergieht  sich  auch  wieder  der  Unter- 
schied zwischen  den  chlorophyllhaltigen  i  llanzen  und  den  chlorophylllosen  Lebe- 
wesen, dass  bei  ersteren  die  Wachsthurosvorgänge  eine  grössere  Rolle  spielen 
als  bei  den  anderen.  Die  Form,  in  der  die  Stoffe  nach  aussen  abgegeben 
weiden,  weist  alle  drei  Aggregatzustände  auf:  die  gasförmige  Absonderung  mrd 
gewöhnlich  mit  der  Gasaufnahme  durch  die  Bezeichnung  Atfamung  zusammenge* 
worfen  und  das  Wort  Absonderung  im  engem  Sinne  nur  dann  angewendet,  wenn 
es  sich  um  flüssige  oder  feste  Produkte  handelt.  Auch  hier  kann  man  einen 
Unterschied  zwischen  Pflanze  und  Thier  konstatircn;  crsterc  piebt  nicht  bloss 
quantitativ  weniger  ah  als  das  letztere,  sondern  es  überwiegt  hei  ihr  auch  die 
gasförmige  Abgabe,  während  die  Absonderung  flüssiger  und  fester  Stoffe  bei  den 
Thieren  mehr  in  den  Vordergrund  tritt.  Von  der  Kräfteabsonderung  gilt  das 
gleiche  wie  von  der  Stofifabsonderung.  Objekt  derselben  sind  die  bei  dem  Stoff« 
Wechsel,  d.  h.  der  Zersetzung  hochatomiger  Stoffe  frei  werdenden,  also  ableite 
baren  Bewegungen,  in  erster  Linie  die  molekularen:  wo  »StoffwechseU  stattfindet» 
bei  Thier  und  Pflanze,  wird  Wärme,  Elektricität  und  Öfters  noch  Licht  frei.  Die 
Assimilation  dagegen  liefert  keine  freien  Bewegungen,  also  auch  keine  Kräfteab- 
gabe, sondern  deponirt  Spannkräfte.  —  2.  Eine  zweite  Gruppe  von  Lebenser- 
scheinungen sind  die  Vermehrungs-  und  Fntwicklungsvorgänge,  bei  denen 
eine  quantitative,  eine  tiualitative  und  eine  historisclve  Seite  zw  unter- 
scheiden sind,  a)  Quantitativ.  Die  quantitative  Seite  bei  der  Entwicklung 
wird  durch  zwei  Vorgänge  gebildet:  o)  das  Wachsthum.  Im  Gegensatz  zu  den 
leblosen  Körpern,  welche  in  der  Hauptsache  durch  Anlagerung  von  aussen  ihre 
Masse  vermehren,  wachsen  die  Lebewesen  durch  sogenannte  Intnssusception 
d.  h.  Auftiahme  von  Stoffen  in  das  Innere  des  Leibes;  das  Nähere  siehe  im 
Artikel  Wachsthum,  ß)  numerische  Vermehrung  auch  Fortpflanzung  genannt 
s.  Art,  Fortpflanzung,  b)  Qualitativ.  Während  bei  den  ersten  Keimen  der 
Lebewesen,  mit  denen  die  Entwicklung  und  das  Wachsthum  beginnt,  durchweg 
eine  sehr  einfache,  um  die  Kugelgestalt  lierum  variirende  Form  besteht,  bewegt 
sich  die  Entwicklung  in  den  Bahnen  der  sogenannten  sp e cifischen  Differen- 
zirung,  d.  h.  je  weiter  die  Entwicklung  fortschreitet,  um  so  verschiedenartiger 
wird  die  Form  der  Lebewesen  und  für  jedes  einzelne  bewegt  sich  die  Ent* 


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57 


Wicklung  in  der  Richtung  der  Krlangung  einer  specifisrhen  Form  und  diese 
Richtung  wird  auch  nicht  unterbrochen  durch  den  \\'eclisel  der  Generationen^ 
d.  h.  sie  überträgt  sich  von  den  Erzeugern  auch  wieder  auf  die  Keime  der  peuen 
Generation,  eine  Tbatsache,  die  wir  mit  dem  Wort  Vererbung  bezeichnen; 
nUheics  s.  im  Artikel  Vererbung.  Man  hat  zur  Erklärung  der  Thatsache,  dass 
die  Entwicklung  bei  den  Lebewesen  zu  specifischen  Formen  führt  und  nicht  zu 
einer  allgemeinen  Form,  eine  in  ihrem  Wesen  rlUhselhafte  Formungskraft  /iw 
f^rmaiüa)  annehmen  zu  müssen  geglaubt.  Darüber,  dass  diese  Annahme  heute 
wenigstens  zum  Theil  nicht  mehr  nöthig  ist,  s.  den  Artikel  Lebenskraft,  c)  His- 
torisch. Zeitlich  h.nt  man  bei  der  Kntwickhm^  der  Lebewesen  zweierlei  zu 
unterscheiden,  einmal  die  sogenannte  ontogcnetische  Entwickhing,  d.  h.  die 
Entwicklung  des  einzelnen  Lebewesens  vom  Keim  bis  zum  sogenannten  ent- 
wickelten oder  erwachsenen  Zustand,  welche  bei  jedem  Lebewesen  eine  zwar  in 
spedfisch  sehr  vetaclneden  weitem  Rahmen  nch  bewegende,  aber  relativ  noch 
begrenzte  Zeit  beansprucht;  näheres  htefttber  a.  Artikel  Ontogenese.  Die  andere 
Seite  der  Entwicklung  ist  die  sogenannte  Phylogenese,  oder  Stammbaument- 
wicklung, die  sich  daratis  ergiebig  dass  jedes  Lebewesen  eine  neue  Generation 
ebensolcher  Keime  entwickelt,  wie  die  sind,  aus  denen  es  selbst  entstanden, 
und  dass  diese  den  Entwicklungsgang  der  Erzeuger  in  der  gleichen  specifischen 
Form  wiederholen,  ein  Prncess,  der  gewi-^'^^^rmassen  in  Infinitum  sich  wiederholt. 
Während  man  früher  annahm,  dass  diese  Stammbaumentwicklung  in  absolut  sich 
gleichbleibender  Bahn  lortschreite,  nimmt  man  heutzutage  eine  bald  mehr,  bald 
weniger  rasch  und  ausgiebige  Veränderung  des  mdividuellcn  Entwicklungszieles 
im  Laufe  der  Generationen  an ;  näheres  s.  die  Artikel  Phylogenese,  Abstammungs- 
lehre etc.  —  Eine  weitere  charakteristische  Seite  der  Lebenserscheinungen  ist 
eine  ausgesprochene  Rhythmik  derselben,  d.  h.  eme  Abwechslung  der  Zustände 
und  Vorgänge  in  rhythmischer  Wiederholurg.  Am  allgemeinsten  und  schroffsten 
ist  diese  Rhythmik  ausgesprochen  in  den  Fortpflanzungsvorgängen,  d.  h.  in  der 
Auflösung  des  Entwicklungsganges  in  die  rhythmisch  sich  ablösenden  üenerations- 
folgen;  aber  auch  bei  den  Lebenserscheinungen  im  engeren  Sinne,  d.  b.  der 
Erscheimmgen  des  Stoft"-  und  Krafiwechsels  sehen  wir  deren  rh^'thmischen  Wechsel 
in  der  U  eise,  dass  dieselben  nicht  anhaltend  in  der  glciclien  Intensität  fortdauern, 
sondern  ein  mehr  oder  weniger  regelmässiger  Wechsel  zwischen  Fhasen  erhöhter 
und  solcher  verminderter  Thätigkeit  stattfindet.  Wenn  man  das  als  Abwechslung 
von  Ruhe  und  Thätigkeit  bezeichnet,  so  ist  damit  nicht  gesagt,  dass  dieser 
Unterschied  immer  ein  absoluter  sei,  d.  h.  dass  im  Zustand  der  Ruhe  immer 
alle  Stofi^  und  Kraftwechselvorgtnge  total  aulhören.  Allerdings  vollzieht  sich, 
bei  vielen  Lebewesen  die  Abwechslung  in  diesem  Extrem;  so  dass  man  von 
einem  Gegensatz  von  Lebenslatenz  (s.  Artikel  Latenz  des  Lebens)  und  Lebens- 
evidenz sprechen  kann.  Aber  hei  anderen  T  elx  wesen  unterscheidet  sich  der 
sogenannte  ruhende  Zustand  vom  tl  ätigen  nur  (l  i  rli  eine  Verminderung  der 
Stoft-  und  Kraftwechselvorgängc,  quantitativ  oder  ausseriiem  noch  qualitativ  durch 
den  Wegfall  einzelner  Theile  der  Lebensäusserungen,  z.  B.  unterscheidet  sich 
der  ruhende  Zustand  des  thierischen  Muskels  vom  thätigen  durch  den  Wegfall 
der  Zuckung,  während  der  Stoffwechsel  und  die  WärmeentwicUung  durchaus 
nicht  au^ehflrt  haben,  sondern  nur  erheblich  geringer  sind.  Ein  anderer  Fall 
ist  der  Wechsel  vom  Wachen  und  Schlafen  der  Thiere;  bei  leuteren  fallen  bloss 
die  willkflrlichen  Bewegungen  und  die  Sinnesthätigkeit  weg,  während  die  soge- 
nannten vegetativen  Bewegungen  (Athmung,  Kreislauf  etc.)  fortdauern.  Endlich 


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L«befis«nchemunfen. 


muss  gesagt  werden:  auf  je  höherer  Stufe  der  Entwicklung  ein  Lebeweien 
stdbt,  um  so  höher  entwickelt  ist  die  Rhythmik,  während  die  niederen  Organismen 
nur  cUe  im  weitesten  Zeitahstand  sich  voUaehende  rhythmische  Abwechslung  der 
Generationen  und  den  im  engeren  Intervall  sich  vollziehenden  Rhythmus  von 
Evidenz  und  Latenz,  oder  Thätigkeit  und  Ruhe,  oder  Wachen  und  Schlaf  zeigen, 
besitzen  die  Thiere  noch  die  in  kleinen  Zeitabschnitten  sich  bewegende  Ab- 
wechshmg  von  Zusammen/iehiinp:  und  P'rsrblaffung  ihrer  muskulösen  Organe, 
bei  denen  wieder  die  Rhythmik  um  so  rasciicreii  Wechsel  ?eipt,  je  lioher  organi- 
sirt  der  Muskel  ist:  he'\  den  (]uergcstreiften  Muskelfasern  wechseln  Zusammen- 
ziehung und  Erschlaflung  viel  rascher  miteinander,  als  bei  den  glatten  Muskel- 
fasern der  Eingeweide  und  noch'  grössere  Zwischenräume  zeigt  die  Rhythmik  bei 
den  amöboid  sich  bewegenden  Zellen.  Ein  weiteres  Moment  der  Mannigfaltig- 
keit wird  bei  höherer  Organisation  dadurch  hervorgebracht,  dass  bei  der  grösseren 
Zahl  der  Organe  ein  Wechsel  derThits^keit  zwischen  diesen  mi^ch  ist;  während 
ein  Organ  sich  bewegt;  rvhen  die  anderen,  und  umgekehrt;  und  endlich  wächst 
mit  der  Höhe  der  Organisation  die  Mannigfaltigkeit  und  Abwechslung  in  den 
GemeingefÜhlszuständen.  Da  es  nun  gerade  die  Rast  hheit  und  Mannigfaltigkeit 
der  Rhythmik  der  Lebebewegungen  ist,  welche  im  Beschauer  den  Eindruck  des 
Lebendigseins  hervorbringt  (Leben  ist  Bewegung),  so  kommen  uns  erstens  die 
höher  organisirten  lycbenswesen  im  Allgemeinen  lebendiger  vor  als  die  nieder- 
otganisirten,  oder  anders  gesagt,  bei  ersteren  sind  die  Lebenserscheinungen  auf- 
ftlliger,  als  bei  den  letzteren;  zweitens:  von  den  im  obigen  geschilderten  Lebens* 
erscheinungea  sind  nicht  alle  gleich  auflßillig.  So  sind  die  molekularen  Vorgänge, 
obgleich  sie  eigentiich  die  Grundlage  aUer  Lebensvorgänge  nnd,  weniger  auf- 
fällig, als  die  Massenbewegungen;  das  ist  z.  B.  der  Grund,  warum  die  Thiere 
mit  ihren  entwickelten  Massenbewegungen  weit  mehr  den  Kindruck  der  Leben- 
digkeit hervorbrinf^en  als  die  Pflanzen,  bei  denen  Massen hewecrnne;  sonst  ganz 
fehlt.  —  Neben  dem  Wechsel  zwischen  dem  Zustand  der  Ruhe  iind  der  Thätig- 
keit bringt  der  Wechsel  in  der  quantitativen  und  qualitativen  Einwirkung  der 
Lebensrei^e  noch  den  Wechsel  der  Geniel ngefülilszustande  hervor,  bei  dem  es 
sich,  wie  im  Artikel  Leben  ausgeführt  ist,  wesentlich  um  Veränderungen  der  Eireg- 
barkeitsverhältnisse  nach  zwei  entgegengesetzten  Richtungen,  einem  plus  und 
minus,  handelt  Die,  welche  mit  «nem  plus  von  Erregbarkeit  verbunden  sind, 
werden  Lustzustände,  die  anderen  Unlustzustände  genannt  Auch  hier  gilt,  dass 
der  Wechsel  zwischen  diesen  zwei  Zuständen  im  allgemeinen  bei  höher  organi- 
sirten Geschöpfe  ein  rascherer  und  natürlich  auch  ein  mannigfaltigerer  ist  wegen 
der  grösseren  Zahl  verschiedenaiticer  Bestandteile,  aus  denen  ein  höherer  Organis- 
mus zusammengesetzt  ist.  —  Knie  dritte  Gruppe  von  Lehenserscheinungen  sind 
die  geistigen.  Ob  sie  allen  Lebewesen  zukommen,  lässt  sicli  nicht  entscheiden. 
In  »Erscheinung«  treten  sie  jedentalls  nicht  bei  allen.  Die  erste  Spur  eines 
geistigen  Elementes  kommt  zur  Erscheinung  in  dem,  was  wir  die  WillkOriich- 
keit  der  Bewegungen  nennen.  Dieses  Element  ist  in  der  ganzen  Thierwelt 
zweifellos  ausgesprochen,  ist  aber  auch  den  übrigen  Lebewesen  nicht  durchaus 
abzusprechen,  denn  man  beobachtet  namentlich  bei  den  Befruchtungsvorgängen 
mancher  Organismen,  die  unzweifelhaft  Pflanzen  sind  (Algen)  Bewegungen,  welche 
mit  willkürlichen  eine  nicht  abzustreitende  Aehnlichkeit  besitzen.  Weit  schwieriger 
ist  rs,  entscheiden,  wo  diejenige  Funktion  des  Geistes  beginnt,  welche  der 
perceptiven  Seite,  Fühlen  und  Empfinden,  angehört.  Doch  wird  man  sagen  können: 
WO  Willkürüchkeit  der  Bewegung  feststeht,  muss  auch  eine  Perception  stattfinden. 


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Lelieinknü 


S9 


welche  sich  zum  mindesten  auf  die  Veränderung  der  GemeingefilWs^'mtänrle  er- 
streckt, während  die  Objektwirkung  der  1  .ebensrcize,  d.  h.  ihre  Beurllieilung,  als 
eine  von  aussen  kommende  Kinwirkunc;  wohl  erst  auf  hölieren  Stulen  geistiger 
Entwicklung  einsetzt.  Indem  für  das  Nähere  auf  den  Artikel  Geist  verwiesen 
wird,  sei  hier  nur  bemerkt:  so  lange  die  Physiologie  aus  dem  innigen  Gftnxen 
der  Lebenserscheinungen  bloss  die  chemisch  und  physikalisch  greifbaren  Stoff- 
imd  KraftwechseWorgänge  und  Entwicklungpterscheinungen  herausgreift  und  den 
geistigen  Theil  der  Lebenserscheinungen  ignorirl;,  fehlt  ihr  von  der  Lebenslehre 
gerade  das  Wichtigste.  J. 

Lebenskraft.    In  der  Geschichte  der  ^Vissenschaft  stehen  sich  zwei  An- 
schauungen über  diesen  Punkt  gegenüber.    Während  früher  alles  darüber  einig 
war,  dass  die  Lebenserscheinungen  ohne  Annahme  einer  besonderen,  von  den  in 
der  itnorganisrhen  Welt  herrschenden  Kräften  verschiedenen  Kraft  niclit  erklärt 
werden  könnten,  liaben  in  den  letzten  Jahrzehnten  die  Anwendung  der  exakten 
Wissenschaften  auf  die  Physiologie  und  die  dadurch  unleugbar  erzielten  Erfolge 
in  der  Analyse  der  Lebensvorgänge  eine  Reihe  von  Forschem  daau  gebracht, 
mit  der  Annahme  einer  eigenen  Lebenskraft  su  brechen  und  ne  als  einen  ver- 
alteten Begriff  aus  den  Compendien  der  Physiologie  za  streichen.   Es  kann  aber 
keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  dieser  negadve  Standpunkt  nicht  mehr  lange 
Zeit  wird  aufrecht  erhalten  werden  können  gegenüber  der  klaren  Thatsache,  da^ 
gerade  die  für  das  Leben  am  meisten  charakteristischen  form  ativen  Funktionen 
und  vollends  die  allerdings  erst  in  der  Thierwelt  deutlich   zu  Tag  tretenden 
geistigen  Funktionen  jf  rier  Analyse  durch  die  in  der  anorganisclien  Natur  gelten- 
den Kräfte  spotten.    Allerdings  ist  durch  G.  Jäger  ein  nicht  unerheblicher  Fort- 
schritt in  der  Richtung  einer  mechanischen  Erklärung  der  formadven  Vorgänge 
gemacht  worden  u.  zw.  dahin  gehend:  derselbe  führt  zunächst  die  bisher  völlig 
unerklttrten  Vorgänge,  die  der  chemischen  Sinneswahmehmung  (Geschmack  und 
Genich)  zu  Grund  liegen,  auf  eine  bisher  von  der  Physiologie  gänzlich  unbe- 
achtet gebliebene  Molekularbewegung  zurUc^,  nämlich  auf  die  Rotation  des 
Moleküls  um  seine  eigene  Achse  im  Gegensatz  zur  Bahnbewegung  desselben, 
deren  Rhythmus,  wie  eine  einfache  theoretisclic  Erwägung  ergieht,  mit  jeder  Ver- 
änderung des  Molekiilbaues  nach  Zahl,  Art  und  Lagerung  der  Atome  wechseln 
muss,  so  dass  dieser  Bewegung  die  Kigenschalt  der  Specifität  zukommt. 
Die  bisherigen   i*hysiologen  hatten  zur  Erklärung  der  Lebensvorgange  nur  die 
allgemeinen    Molekularbewegungen    (Bahnbewegungen)  wie  Licht,  Wärme, 
Elektridtät,  Schall  verwerthet.  Deshalb  gelangten  sie  weder  zu  einer  Erklärung  der 
Geruchs-  und  Geschmacksempfindung  noch  zu  einer  Erklärung  der  eigenthUm- 
lichsten  Erscheinung  an  den  lebendigen  Oiganismen,  dass  sowohl  die  Formen 
derselben  als  ihre  Lebensbewegungen  durchweg  den  Charakter  der  Specifitä^  ja 
bei  den  höher  organisirten  Geschöpfen  sogar  deutlich  der  Individualität  tragen. 
Diesem  Mangel   hat  G.  Jäcfr   entschieden   abgeholfen.     Er  hat  durcli  exakte 
physiologische  Experimente  die  'l'hatsachc  festgestellt,  dass  jeder  specifische,  d.  h, 
chemisch  eigenartig  zusammengesetzte  Stoff"  in  lebenden  ()rg:,nismen  specifische 
Bewegungen,  d.  h.  Bewegungen  von  einem  specilischen  Rhythmus  hervorbringt. 
Hieraus  ergiebt  sich  natürlich  der  Rückschluss,  dass  die  Moleküle  eine  specifische 
Bewegung  besitzen,  und  der  Schluss  nach  vorwärts,  dass  erstens  die  specifischen 
Bewegungen  der  Lebewesen  durch  diese  specifische  Bewegung  ihrer  spedfisch 
diemifldien  Stofle  hervorgebracht  werden,  und  zweitens,  dass  die  specifische 
Form  der  Lebewesen  eben  nichts  anderes  ist  als  der  plastische  Ausdruck  dieser 


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Leb«nnnagBctinntts  —  I>bcn«ietce. 


specifischen  Bewegungen,  u.  zw.  so:  die  lebendige  Substanz  ist  plastisch,  d.  h. 
sie  Uisst  sich  durch  Bewegungen  in  ihrer  Form  verftndem,  u.  zw.  in  einer  durdi 
die  Art  der  Bewegung  bestimmten  Richtung.  Es  findet  sich  in  allen  Physio- 
logien das  Zugeständniss,  dass  man  mit  der  alten  Annahme  einer  Lebenskraft 
zwar  brechen  könne,  aber  die  Gestiltungskraft  {vis  /armaikfa)  bilde  doch  immer 
noch  einen  unerklärten  Rest  derselben.  G.JAr.rt  i  ^  der  erste,  der  diesem  Rest 
analystisch  zu  Leibe  gerückt  ist  Damit  wurde  nicht  bloss  der  Horizont  der 
physiologischen  Physik  erweitert,  sondern  auch  der  der  physiologischen 
Chemie.  T^iese  hatte  sich  bisher  eigentlich  nur  mit  denjenigen  chemischen 
Stoffen  der  Lebewesen  beschäftigt,  welche  allen  gemeinsam  zukommen,  dem 
Eiweiss,  den  Fetten,  den  Kohlenhydraten,  den  Salzen  und  den  Zer- 
setzungsprodukten desselben.  Die  flir  jedes  Lebewesen  specifischen 
Stoffe  wurden  als  nebensächlich  einer  Analyse  gar  nicht  gewürdigt.  Durch 
G.  Jäger  sind  sie  in  den  Vordergrund  des  Interesses  gerOckt  und  insbesondere 
sind  seine  ausgedehnten  Versuche  über  cUe  physiologische  Wirkung  des  in  die 
Kategorie  der  Moschusstoffe  gehörigen  specifischen  Menschenstoffes,  den  er 
»Anthropin«  nennt,  nach  den  verschiedensten  Richtungen  hin  bahnbrechend. 
Allein  trotz  dieses  Fr  rf  chrittes  in  der  Frkenntniss,  dass  die  m.iteriellen  Moleküle 
nicht  bloss  allgemeine,  sondern  s|ie(  ifisrhe  Beweptmcren  tiusfüluen,  ist  der  Inhalt 
dessen,  was  die  Alten  LebenskiaiL  nannten,  noch  lanc;e  nic)it  erschöpft,  da  mit 
ihr  gerade  die  höchsten  Lebenserscheinungen,  nämlich  die  geistigen,  um  keinen 
Schritt  der  Erklärung  näher  gertickt  sind,  wenn  man  nicht  das  als  einen  Fort* 
schritt  bezeichnen  will,  dass  nach  den  Untersuchungen  Jäger's  die  Hoflfhung  der 
materialistischen  Richtung,  die  geistigen  Funktionen  aus  Vorgängen  und  Eigen- 
sdiaften  der  ponderablen  Materie  zu  erklären,  bedeutend  schwinden  muss. 
Nachdem  die  exakten  Physiologen  längere  Zeit  den  bequemen  Weg  einschlugen, 
dieselben  einfach  zu  ignoriren  und  der  Behandlung  der  Philosophen  zu  über- 
lassen, sind  z.  B.  durch  Ffcitner,  Wundt  und  Andere  Versuche  gemr^rht  werden, 
dieses  Gebiet  mittelst  der  Kxperimentalphysik  in  Antiriff  zu  nehmen.  Diese  Ver- 
suche sinfl  aber  tiber  ein  sehr  bescheidenes  Resultat  nicht  hinaussfekommen. 
Krst  zwei  aus  der  Laieuwelt  hervorgegangene  Anstösse,  nämlich  die  Wiederauf- 
nahme der  seit  MESMn's  Zeiten  in  Vergessenheit  geiatbenen  Experimente  n^t 
dem  sogen.  Lebensmagnetismus  und  das  Wiederaufleben  der  sogen,  medium» 
istischen  Experimente  (s.  Art  Spiritismus)  bereiten  eine  neue  Aera  flir  die 
Physiologie  vor,  da  die  berufenen  Vertreter  dieser  DiscipHn  ihren  früheren  Stand» 
punkt  des  Ignorirens  dieser  Erscheinungen  nicht  mehr  aufrecht  erhalten  können, 
ohne  ihren  Credit  zu  gefährden.  Die  von  der  exakten  Schule  verworfene  und 
desshalb  von  den  Kathedern  und  aus  den  Kompendien  verschwundene  Lebens- 
kraft hat  als  Lebensmagnetismus  ihre  Wiedergeburt  gefeiert  S.  Art  Magnetis> 
mus.  J. 

Lebensmagnetismus,  s.  Magnetismus.  J. 

Lebennndxe.  In  den  Artikeln  iLeben«,  »Lebensbedingtmgenc  und  >Leben»> 
erschetnungen«  ist  zwar  bereits  vieles  Ober  diesen  Gegenstand  gesagt  Trotzdem 
scheint  es  zweckmäsng,  denselben  in  gesonderter  Auseinandersetzung  ,  einheitlich 
zu  behandeln.  Im  weitest«!  Sinn  könnte  man  freilich  alle  äusseren  Lebensbe- 
dingungen auch  als  Lebensreize  bezeichnen  und  sachlich  wäre  das  auch  nicht 
unrichtig,  allein  wenn  man  das  Wort  Reize  gebraucht,  so  ist  doch  damit  eine 
eigenartige  Qualität  der  anf  ein  Lebewesen  einwirkenden  Agei^tien  ausgesprochen- 
sie  müssen  eine  reizende  Eigenschaft  besitzen,  und  die  t^rage  ist;  auf  welchen 


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Lebeasrebe. 


6i 


Eigenschaften  beruht  die  Reizwirkung r  Die  erste  Antwort  ist;  in  der  Bewegung 
der  betretifeaden  Agentien.  T.ebensreizc  bind  somit  nur  Bewegungen,  und  ein 
Stoff  ohne  Bewegung  kann  nicht  als  Lebensreiz  funktiuniren.  Damit  ist  die 
Sache  aber  noch  nicht  genau  festgestellt;  denn  die  Beobachtung  zeigt,  dass  nicht 
alle  Bewegungen  sich  in  gleicher  Weise  als  Lebenneixe  eignen.  Nicht  bloss 
müssen  die  Bewegungen  eine  gewisse  Stärke  haben,  um  in  der  lebendigen 
Substana  eine  Erregung  hervorzubringen,  sondern*  auch  eine  bestimmte  Qualität, 
nämlich  die  der  Intermittirung.  Das  zeigt  am  besten  ein  Bei^iel  der  elek> 
trischen  Bewegung.  Man  kann  constante  elektrische  Ströme  von  verhältniss- 
mässtg  grosser  Stärke  durch  Lebewesen  leiten,  ohne  Reizerscheinungen  zu  be- 
kommen. Dagegen  v,  irkt  jede  Schwankung  der  Stromstärke,  jedes  Aufhören  und 
Beginnen  des  Stromes  als  ein  Rei/moment  Mittelst  des  gleichen  Experiments 
überzeuj^t  man  sich  ferner,  dass  diese  Intermissionen  mit  einer  gewissen  Plötz- 
lichkeit und  mit  einer  gewissen  Raschheit  sich  folgen  müssen.  So  bringt  z,  B. 
zu  allmihlidies  Anschwellen  oder  Abschw^en  der  Stromstärke  keine  Reizer- 
scheinungen hervor.  Damit  ist  nun  auch  das  Verständniss  dafQr  gegeben,  dass 
gewisse  Bewegungen  besonders  als  Lebensreize  wirken,  nämlich  kreisende  und 
schwingende.  Zu  ersteren  geliort  z.  B.  die  Leitwärme,  die  wir  uns  als 
das  Kreisen  des  körperlichen  Moleküls  um  einen  Schwerpunkt  denken  müssen. 
Wirkt  diese  auf  ein  anderes  MolekUl,  so  ist  das  immer  ein  intermittirender  Rei?,, 
ein  Wechsel  zwischen  ei  rem  Plus,  wenn  sich  das  kreisende  Molekül  nähert,  und 
einem  Minus,  wenn  es  sich  entfernt  Ganz  dasselbe  gilt  bei  den  Schwinf^ungcn, 
also  den  Bewegungen  von  Licht,  Schall,  strahlender  Wärme,  weiche  drei 
sehr  wichtige  Lebensreize  darstellen.  Einer  besonderen  Erwähnimg  bedarf  noch 
die  Bewegung,  welche  die  Physiker  specifische  Wärme  nennen  und  die  nach 
G.  JACBR  nichts  anderes  ist  als  die  Rotation  des  Molekflls  um  die  eigene  Achse, 
die  sich  von  den  Bahnbewegnngen  der  Moleküle  eben  durch  einen  specifischen, 
mit  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Moleküls  qualitativ  wechselnden 
Rhythmus  unterhielt.  Von  allen  Bewegungen  besitzt  diese  nach  G.  JAOCR  am 
meisten  den  Charakter  iler  Intermittirung,  wie  sich  leicht  ergiebt,  wenn  man  sich 
den  Aufbau  emes  Moleküls  aus  einer  oft  sehr  bedeutenden  Anzahl  versciiieden 
gruppirter  und  qualitativ  verschiedener  Atome  vorstellt,  am  besten  etwa  unter 
dem  Büd  einer  Spieluhrwalze,  die  mit  Stiften  von  verschiedener  Lange  und  ver- 
schiedener Stellung  und  Qualität  (z.  B.  hart  und  weich)  besetzt  ist.  Eine  solche 
flbt  bei  ihrer  Rotation  auf  ein  in  ihrem  Bereich  liegendes  Objekt  nur  inter> 
mittirend,  aber  in  dreifacher  Weise,  wie  eine  Vergleichung  mit  der  intermittiren- 
den  Wirkung  einer  Schwingung  leicht  ergiebt.  Berühren  wir  eine  schwingende 
Stimmgabel  mit  dem  Finger,  so  haben  wir  nur  die  Intermittirung  zwischen  An- 
näherung und  Entfernung,  zwischen  denen  der  zeitliche  Zwischenraum  immer 
gleich  bleibt.  Bei  der  Spicluhrwalxe  dagegen  kommt  zu  diesem  Wechsel  der 
zweite,  dass  die  Stos«:intervalle  unter  sich  nicht  gleich  sind,  sondern  ebenfalls 
wechseln,  und  endlich  der  dritte  Wechsel  zwischen  stärkeren  und  schwächeren 
Stössen,  der  sie  ;  aus  der  Verschiedenartigkeit  der  stossendcn  Kiemente  ergiebt. 
Dieser  theoretischen  Voraussetzung  entspricht  nun  auch  die  Thatsache,  dass  die 
reizende  E^ienschaft  der  Stoffe  ganz  ausserordentlich  wechselt  je  nach  flirer 
chemischen  Zusammensetzung.  Die  Fälle  sind  zahlreich  genug,  dass  von  zwei 
isomeren  Stoffen  (gleidie  Atomzahl,  nur  verschiedene  Stellung  derselben)  der 
eine  eine  starke,  der  andere  eine  schwache  Reizkraft  besitzt  Eine  andere  Seite 
der  Reizwirkung  der  specifischen  Wärmebewegung  ist  das  Gesetz  der  specifischen 


6s 


Relation,  was  wieder  mittels  der  Hilfsvorstellung  der  Sj)ie!uhrenwalze  verständ- 
lich wird.  Nicht  nur  das  Molekül,  von  dem  die  Reizwirkun^  ausgeht,  sondern 
auch  das  Molekül,  das  von  ihr  getroffen  wird,besitzt  einen  speci&öben  Atombau  mid 
ftotationsrhjrthtnus.  Es  wiikenalso  gewissermaassen  zweiSpieluhrwalxen  auf  einander 
und  so  ist  klar,  dass  das  Stossresultat  in  seinen  Intennissionen  und  in  seinem  Rhydi- 
mus  nicht  bloss  mit  der  Qualität  der  einen  Walce,  sondern  auch  mit  der  der  anderen 
wechselt  So  begreift  sich,  dass  derselbe  chemische  Stoff  auf  das  eine  Lebewesen  als 
starkes  Reizmittel,  auf  ein  anderartiges  als  schwaches  Reizmittel  wirkt.  —  Obige 
Auseinandersetzung  lässt  uns  noch  einen  anderen  Unterscliied  in  den  Lebens- 
reizen präcisiren.  Von  den  molekularen  Bcweizungen  bilden  die  sogen.  Bahn- 
bewegungen, also  die  fliessenden,  sLluvinjrenden  und  <-irculirenden  neben  den 
Massebewegungen  das  Gebiet  der  allgemeinen  Lebensreize,  während  die 
speciiische  Wärmebewegung  das  Gebiet  der  specifischen  Lebensieize  bildet.  — 
Ueber  ein  anderes  Erfordemiss  für  die  von  den  Molekularbewegungen  der  Stoffe 
ausgehenden  Reizwirkungen,  nMrolich  dass  die  Stoffe  bis  zu  einem  gewissen  Grad  ver- 
dünnt sein  mtissen,  um  eine  Reizwirkung  entfalten  zu  können,  weil  nftmÜch  mit  der 
Verdünnung  die  Lebhaftigkeit  der  Molekularbewegungen  zunimmt,  s.  die  ausführliche 
Darlegnnj^  in  dem  Art.  » Lol)ensbedingungen€.  —  Die  im  Bisherigen  als  Lebensreize 
gescliilderten  Bewemii\c;en  bilden  strenggenommen  die  physikalischen  Lebens- 
rei/e;  denn  obwcjhl  die  sj)ecifische  Wärmebewegung  niitder  Verschiedenartigkeit  der 
chemischen  Zusammensetzung  in  ursächlichem  Zusammenhang  steht,  sn  ist  das  doch 
keine  eigentlich  chemische  Wirkung;  denn  als  chemische  \  organge  duricn  streng  ge- 
nommen nur  Veränderungen  der  chemischen  ^sammentetzung,  d.  h.  des 
Atombaues,  aus  welchem  das  Molekttl  besteht,  gelten  oder,  anders  gesagt,  Ver> 
ättderungen  der  Afiinitätsverhältnisse.  Solcher  Vorgänge  giebt  es  eigentlich  nur 
zweierlei:  chemische  Zersetzung  (hochatomige  Stoffe  spalten  sich  in  niederatomige) 
und  chemische  V^erbindung  (niederatomige  Stoffe  verbinden  sich  zu  hochatomigen), 
und  allenfalls  kann  man  noch  als  dritten  chemischen  Vorgang  die  Auswechslung 
eines  Atoms  oder  einer  Atomgruppe  durch  ein  anderes  Atom  oder  eine  andere 
Atomgruppe  ansehen,  obwohl  streng  genommen  eine  solche  Auswechslung  aus 
den  zwei  Akten  der  Zerscr/.ung  und  Verbindung  besteht,  Begreiflicli  sind  nun 
auch  solche  Kinwirkungen  Lebensreize,  welche  in  der  lebendigen  Substanz  die 
genannton  chemischen  Vorgänge  hervorrufen,  und  hiezu  eignen  sich  nun  orstens 
die  allgemeinen  Lebensreize,  z.  B.  die  Wärme.  Mit  zunehmender  Wärme  steigert 
nch  nicht  bloss  die  Bahnbewegung  des  Molekflls,  sondern  auch  die  Geschwindig- 
keit der  Achsendrehung,  und  diese  ^llt  eine  dem  chemischen  Zusammenhalt 
der  Atome  feindliche  Centrifugalkraft  vor,  die  bei  genügender  Stärke  f\ir  sich 
ganz  allein  eine  chemische  Zersetzung  hervorrufen  kann.  Zweitens  eignen 
sich  zur  Auslösung  von  chemischen  Vorgängen  die  Stoffe  kraft  ihrer  chemischen 
Affinitäten,  und  streng  genommen  dürften  wir  nur  diesen  Fall  als  chemischen 
Lebensreiz  ansehen,  weil  hier  Ursache  und  Wirkung  chemischer  Natur  sind,  was 
im  vorgenannten  Fall  bloss  für  die  Wirkung  gilt.  —  Was  im  Vorhergehenden 
gesagt  ist,  umfasft  dte  molekularen  und  alomistischen  d.  h.  eigentlich  chemischen 
Lebensreize.  Hierzu  gesellen  sich  als  dritto  Gruppe  die  mechanischen  d.  h. 
Massebewegungen.  Auch  von  diesen  gilt,  dass  sie  nur  dann  Reize  sind,  wenn 
sie  intermittirend  und  mit  einer  gewissen  Pifittlicbkeit  wirken,  also  das  smd,  was 
man  StOsse  nennt,  uml  «o  kämen  wir  zu  dem  allgemeinen  Resultat:  Lebens, 
reize  sind  alle  Bewegungen  der  Masse,  der  Molektile  und  der  Atom^ 
welche  stossweise  erfolgen.    Im  Vorstohenden  sind  nur  die  von  der  pon- 


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Leber. 


63 


derablen  Materie  und  ihren  Bewegungen  ausgehenden  Lebensreize  geschildert. 
Zu  diesen  gesellt  sich  hei  den  geistbegabten  Geschöpfen  noch  die  geistige  An - 
regung,  die  an  Maclit  zur  Hervorbringung  von  I.ebenserscheinunpen  hinter  den 
Einflüssen  der  ponderabkn  Materie  in  niciits  zurücksteht.  So  dunkel  dieses  Ge- 
ltet auch  noch  is^  90  lehrt  doch  die  B«>bftciitung  leicht,  dun  hier  die  gleichen 
Gesetae  herrschen,  wie  auf  dem  materiellen  Gebiet:  der  Geist  wirkt  als  Lebens- 
reiz  nur  durch  seine  Bewegung  und  auch  nur  nach  dem  Gesetz  der  Inter- 
mittirung»  und  wir  sprechen  desshalb  auch  ganz  richtig  von  »geistigem  An- 
ttoss«  oder  »Willensstoss«.  }. 

Leber.   Die  Leber  ist  eine  der  wichtigsten  Drüsen  des  Wirbelthierkörpers; 
sie  ist  eines  derjenigen  Organe,  wclclie  die  Verdauung  vermitteln,  und  scheidet 
als  solches  die  zur  Verdauung  dienende  üalle  aus.  —  Die  Leber  der  Säuge - 
thiere   und  speciell  des  Menschen  hat  eint  uniegelmässig  viereckige  Form 
mit  abgerüudclen  Ecken;  sie  ist  leicht  gekrümmt,  indem  ihre  obere  (bei  auf- 
rechter Stellung  des  Menschen  gedacht)  Fläche  convez,  ihre  untere  concav  ist 
Ihrer  Gestalt  gemäss  unterscheidet  man  vier  Ränder:  einen  vorderen  fmar^a 
anOufJ  und  einen  hinteren  (margp  obtusus)  Rand,  einen  rechten  und  einen  linken 
Seitenrand.   IKe  Dkke  dieser  Ränder  erhellt  aus  der  verschiedenen  Dicke  der 
Leber  überhaupt.  Dieselbe  ist  nämlich  hinten  und  rechts  am  dicksten  und  wird 
nach  vom  und  links  allmählich  dünner,  so  dass  sie  hier  in  eine  scharfe  Schneide 
ausläuft.  Die  Gliederung  der  Leber  wird  durch  drei  auf  der  Unterseite  auftretende 
Furchen   und  durch  zwei  Einkerbungen  des  vorderen   Randes  hervorgerufen. 
Die  Unke   Längsturche  (Joisa  longiiiiämaiis  smistrai,  welche  vorn  in  die  linke 
(incisura  umbüicalis  s.  interlobularis)  jener  beiden  Einkerbungen  ausmündet,  theilt 
die  Leber  in  zwei  ungleich  grosse  Hauptstücke,  in  einen  kleinen  linken  (Mus 
üms^)  und  einen  grossen  rechten  Qi^u  dexier)  Lebertappen.  Die  übrigen  kleinen 
Lappen  (der  vordere,  viereckige  Lappen,  Mm  guadnUus  s.  auterwr  und  der 
hintere  oder  SncEL'sche  Lappen,  Mus  pcsterior  s.  Spigeüi)  sind  Bestandtheile 
des  rechten  Leberlappens,  welcher  die  rechte  Längsiläche  (fossa  longitudinaUs 
ductra)  und  die  dieser  entsprechende  rechte  Einkerbung  (incisura  vesicalis)  be- 
sitzt.   Die  wichtigste  Furche  ist  die  dritte,  die  Querfurche  oder  Pforte  (fossa 
transversa,  s.  porta,  s.  hilus  hcpatis) ,  da  durch  dieselbe  die  Blutgefässe  und 
Nerven   hinein   und  die  Lebergange  hinaustreten.    Sie   verläuft    in  der  Mitte 
zwischen  dem  hinteren  und  vorderen  Leberrand,  zwischen  dem  lobus  quadralus 
und  SpigeiH  und  steht  senkrecht  auf  den  beiden  LSngsfurcfaen.  Hinsichtlich 
ihrer  Lage  befindet  sich  die  Leber  im  obersten  Tbeile  der  £ingeweideh<^hle. 
Von  oben  wird  sie  von  dem  Zwerchfell  begrenzt,  dessen  Wölbung  sie  sich  an- 
passt.   Hieraus  folgt  schon,  dass  die  Leber  mit  ihren  Flächen  eben  Winkel 
mit  der  Röiperachse  bildet.   Doch  ist  dieses  kein  rechter,  sondern  ihre  Lage 
in  sofern  eine  schiefe,  als  ihre  rechte  Seite  höher  unter  die  Rippen  hinaufragt 
als  die  linke.     Nach   Aussen  wird   sie  theils  vom  Zwerchfell,  theils  von  den 
unteren  Rippen,  deren  Knorpel  und  dem  Schwertfortsatz  bedeckt.    Die  untere 
Seite  der  Leber  liegt  mit  ihrem  linken  Theil  der  vorderen  Fläche  des  Magens, 
mit  ihren  rechten  dem  Anfange  des  Zwölffingerdarms,  dem  aufsteigenden  und 
dem  querlaufenden  Grimmdarm  an.  Weiter  nach  hinten  ruht  sie  auf  der  rechten 
Niere.  —  Gefilsse:  Die  Leber  wird  auf  zwei  vencbiedenen  Wegen  mit  Blut  ver^ 
sorgt,  durch  die  Leberaterie  (arUria  he^aHtu)  und  durch  die  Pfortader  (Vma 
fcrtarum).  Die  Leberaiterie,  ein  Zweig  der  Eingeweidearteiie,  dringt  durch  die 
Querfurche  oder  Pforte  der  Leber  in  diese  ein  und  thcflt  sich  in  zwei  Zweige 


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64 


Uber. 


für  den  rcciiten  und  linken  Leberlappen.  Das  meiste  Blut  strömt  der  Leber  je- 
doch durch  die  Pfortader  zu.  Diese  Vene,  welche  aus  der  Vereinigung  fast  aller 
von  den  Verdauungsorganen  (von  dem  Magen,  dem  Darmkanal,  der  Milz,  der 
BauchspeicheldrOse  und  der  Gallenblase)  herkommenden  Venen  entsteht,  geht 
ebenso  wie  die  Leberarterie  durch  die  Querfurche  in  die  I^ber  hinein  und  spaltet  - 
sich  ebenso  in  zwei  Aeste.  Hinausgeführt  wird  das  Biut  aus  der  Leber  durch 
die  Lebervenen  (veiute  hepaticae).  Diese  treten  au  mehreren  Hauptstämmen  ver- 
einigt am  hinteren  Rande  der  Leber  ans  und  ergiessen  sich  in  die  untere  Hohl« 
vene.  —  Zu  den  Ausführunpsgängen  der  Leber  gehören  der  Leb  erpfang  (ductus^ 
hepaticus),  der  Gallenblasen  gang  rvf^rVf/r),  welcher  die  (iallcntiüssigkeil 

aus  dem  Reservebehalter,  der  Gallenblase,  (vesica  s.  cystis  fclka  s.  cystis  b'üis) 
hinausführt,  und  der  aus  der  Vereinigung  der  beiden  ersteren  entstandene  ge- 
meinschaftliche Gallengang  (dtutus  choUdochus),  welcher  in  das  Duodenum  mündet. 
Der  Lebergang  entsteht  aus  der  Vereinigung  der  verschiedenen  Gallengänge  der 
Leber.  Die  Gallenblase  liegt  an  dem  vorderen  Ende  der  rechten  Lftngsfurche 
und  ragt  mit  ihrem  weiten  Ende  Ober  den  vorderen  Leberrand  hervor.  — 'Structur 
der  Leber:  Die  kleinsten  makroskopischen  Bestandtheile  der  Leber  sind  die  po- 
lygonalen, abgeflachten  Leber-Läppchen  (lobuH  hepatici).  Bezüglich  des  histolo- 
gischen Baues  derselben  hat  man  die  Leberzellen,  die  Blutgefässe  und  die 
Gallengänge  zu  betrachten.  Die  ersteren  sind  polyedrische,  mit  1—2  Kernen 
versehene  Zellen,  deren  Umrisse  wie  ein  Netzwerk  das  Leberläppchen  ausfüllen. 
Zwischen  den  Leberzellen  verlauten  Blutgefässe  und  Gallengänge.  Jene  bestehen 
aus  Capillaren,  welche  von  der  Pfortader  oder  von  der  Leberaterie  stammen. 
Die  feinen  Zweige  der  Pfortader  treten  an  die  Grenzen  der  Läppchen,  diese  um- 
fossend.  Es  sind  dieses  die  Venat  MrhMtris,  Diese  lösen  sich  wieder  in 
feine  Capillaren  su  einem  radiär  angeordneten  Uaschenwerk  auf,  um  sich  in  der 
Mitte  des  Lappens  zu  einem  centralen  Geftss,  der  Vena  iutralobularis,  wieder 
zu  vereinigen.  In  den  Maschen  des  Capillamelzes  liegen  in  Reihen  die  Lebe^ 
Zellen,  wobei  die  Capillaren  an  den  Kanten  der  Zellenreihen  entlang  laufen. 
Die  Venae  intralobulares  der  verschiedenen  Lai)i)en  bilden  die  Vcnae  hepaticae. 
Die  Capillaren,  in  welche  sich  die  von  dei  Lel>erarterie  herstammenden  Aeste 
auflösen,  treten  von  der  Peripherie  des  Läppchens  iicr  in  die  Capillaren  des 
Pfortadersystems  ein.  Die  Gallencapülaren ,  die  feinsten  Verzweigungen  der 
fdnen  Gallengänge,  kommen  vom  Centrum  des  Läppchens  her  als  feine  Köhrchen, 
welche  um  jede  Leberzelle  eine  polygonale  Masche  bilden.  —  Bei  den  Übrigen 
Wirbelthieren  zeigt  die  Leber  in  ihrer  äussern  Gestalt  grosse  Mannigfaltigkeit 
durch  die  Verschiedenheit  in  der  Lappenbildung.  Bei  den  Fischen  stellt  sie 
entweder  eine  einzige  nngelappte  Masse  dar  oder  besteht  aus  zwei  oder  einer 
grösseren  Anzahl  von  Lappen.  In  zwei  grössere  Absclinitte  zerfällt  sie  bei  den 
Amphibien;  einfach  ist  sie  hei  den  Schlangen,  in  zwei  !  n|>]>en  cetheilt  bei  den 
Crocodilen  und  Schildkröten.  Die  Zweitlieilung  ist  auch  bei  den  V(>geln  mehr 
oder  minder  vorhanden.  —  Bei  den  Wirbellosen  steht  der  mittlere  l  lieil  des 
Darmrohres  häufig  ebenfalls  mit  Drüsen  in  Verbindung,  welche  man  mit  dem 
allgemeinen  Ausdruck  »Lebert  zu  bezeichnen  pflegt.  Doch  weisen  sie  in  den 
verschiedenen  Thiergruppen  hinsichtlich  ihrer  Gestaltung  wie  ihrer  Structurver- 
hSltnisse  die  grössten  Verschiedenheiten  auf  und  entsprechen  auch  in  ihrer 
Funktion  nicht  der  Wirbelthierleber.  D. 

LrebCTi  functionell.  Während  man  über  die  Functionen  der  als  Leber  be- 
zeicbnten  Organe  der  niederen  Thiere  nichts  Sicheres  ennittelt  hat,  steht  fUr  die 


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Leber. 


65 


Leber  der  höher  orpanisirten  Thiere  fest,  dass  sie- nicht  bloss  die  Bedeutung 
einer  sekretorischen  Drüse,  sondern  noch  daneben  die  einer  Rlutdriise  besitzt, 
a)  Als  sekretorische  Drüse  liefert  sie  die  Galle  (s.  Art.  (»alle),  welche  in  der 
Oekonomic  des  Körpers  die  Rolle  eines  Verdauun?^ssaites  (s.  Art.  Verdauung) 
und,  insofern  ein  erheblicher  i'heil  ihrer  /Cersetzungsprodukte  mit  den  Exkrementen 
den  Körper  verUsst,  audi  die  eines  Exkrets  spielt  Die  Menge  der  abgeson- 
derten Galle  ist  für  den  Menschen  pro  Kgrm.  Körpergewicht  auf  14 — 20  Gnn. 
flUsmge  und  o,44-«^o,8  Gnn,  feste  Galle  in  24  Stunden  festgestellt  worden.  Sie 
ist  zwar  eine  stetige,  aber  keine  gleichmflssig  anhaltende  Absonderung.  Sie 
nimmt,  namentlich  was  die  Absonderung  der  festen  Stoffe  betrifft,  zur  Zeit  der 
reichlichsten  Eiweissverdauung,  also  von  der  dritten  bis  zur  achten  Stunde  nach 
der  Nahrungsaufnahme  zu,  um  dann  wieder  zu  sinken.  Die  grössten  Gallen- 
mengen  werden  l)ei  Fleischnahruni;  abgesondert,  während  sonderbarer  Weise  bei 
einer  Nahrung  au^  viel  Fett  und  wenig  KlweissstcjtVen  am  weni^^sten  Galle  ge- 
liefert wird.  Weiter  richtet  sicli  die  Gallciiabsonderung  nach  den  Durch- 
blutui^gsveriittltnissen  und  zwar  so  sehr,  dass  nach  stätkeren  Blntverlusten  die 
GaUenbildung  ganz  aufhört.  Bemerkenswerth  ist  hier  ferner,  dass  wtthrend  aus- 
giebigerer  Thätigkeit  des  willkttrlichen  Bewegungsapparaies  die  von  diesem  bean- 
spruchte grössere  Blutmenge  zum  grossen  Theile  von  der  Ijcber  heigegeben 
werden  muss,  bezw.  dem  Pfortadersystem  entzogen  wird.  In  Folge  dessen  wird 
durch  Muskelarbeit  die  Gallenbildung  vermindert,  während  umgekehrt  das 
grösstc  Quantum  in  der  Verdauungsruhe  gebildet  wird.  Dieser  Gegensatz  lässt 
es  begreiriich  erscheinen,  warum  bei  Menschen,  die  sicli  weni^  Bewegung  machen, 
der  Leber  ein  öllcr  unzuträgliches  Mehr  von  Arbeit  auferlegt  wird.  Die  Ab- 
sonderung erfolgt  unter  einem  sehr  geringen  Sekretionsdruck,  sodass  schon 
verhältnissmässig  geringfügige  Hindemisse,  welche  sich  dem  Abfluss  derselben 
entgegenstellen,  eine  RUckstauung  derselben  in  das  Blut  verursachen,  was  den 
pathologischen  Zustand  der  Gelbsucht  herbetfUhrt.  Ein  Nerveneinfloss  auf  die 
Absonderung  konnte  mit  Sicherheit  nicht  festgestellt  werden;  selbst  wenn  man 
alle  zutreffenden  Nerven  vivisektorisch  zerstört,  dauert  die  Gallenabsondening  fast 
unverändert  fort.  Dagej^en  weist  sclion  die  innige  Beziehung  der  Gallenab- 
sonderung zur  Nahrungsaufnahme  und  die  Thatsache,  dass  es  Arzneimittel  giebt, 
welche  die  Gallenbildung  betördern,  darauf  hm,  dass  die  Absonderung  von 
chemischen  Reizen  bccinflusst  wird.  In  das  gleiche  Kapitel  gehört  auch 
die  Thatsache,  dass  bei  Gemttthsaffekten  die  Gallenbildung  alterirt  wird 
durch  die  bei  diesen  Zuständen  in  die  Säftemasse  gelangenden  eigenartigen 
Zeisetzungsprodukte.  —  b)  Als  BlutdrQse  tritt  die  lieber  mehrfach  an  die 
Seite  namentlich  der  Milz  und  des  rothen  Knochenmarks.  Obwohl  hier  noch 
nicht  völlige  Klarheit  herrscht,  so  steht  fest,  dass  man  es  mit  Regenerationsvor- 
gängen der  Blutkörperchen  zu  thun  hat.  Das  Lebervenenblut  enthält  auffallend 
viele  jugendliche  Blutkörperchen,  und  dass  die  Leber  der  TIanptsit/.  der  HarnstofT- 
bildung  ist,  sowie  dass  die  GaüenJarbstolfe  zweifellos  vom  Blutlarbstotf  abstammen, 
macht  die  Annahme  plausibel,  dass  in  der  Leber  ein  Zerfall  von  gealterten 
rothen  Bluikorpcrchcn  und  andererseits  eine  üeberfuhrung  weisser  BiuiKorperchen 
in  jugendlich  gefärbte  stattfindet  FUr  eine  solche  energische  Zersetzungsthätig- 
keit  in  der  Leber  spricht  auch  ihre  hohe  Temperatur,  die  uns  berechtigt,  sie 
auch  als  einen  Hauptsitz  der  Bildung  der  Körperwärme  zu  betrachten.  EndUch 
weist  auch  noch  in  gleicher  Richtung  die  zuckerbildende  Thätigkeit  der  Leber, 
die  mit  der  GaUenbildung  in  einer  Art  vikarirendero  Verhältniss  zu  stehen  scheint, 

Zaol,  AMlitii«ol.  11.  IdiMlogi«.   IM.  V.  j 


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66 


Leber  —  Ledtbio, 


denn  wftliraid  die  Gallenabsomkrung  ihr  Maximum  liat,  sinkt  die  Zuckerbildung. 
Ueber  diese  Thätigkeit  ist  noch  Folgendes  zu  sagen:  fast  ausschliesslich  in  der 
Leber  findet  man  bei  dem  Erwachsenen  das  sogen.  Glykogen,  das  bei  den 
Embryonen  und  noch  den  neugeborenen  höheren  Organismen  sowie  dauernd  bei  so 

manchen  niederen  Organismen  (z.  B.  festgestellt  filr  die  Auster)  so  /.iemlich  in 
allen  Geweben  des  Körpers  vorkommt.  Man  hat  das  Glykogen  das  thierische 
Stärkmehl  genannt,  indem  es  wie  dieses  duirh  ein  auch  wieder  in  der  l,el»er 
sich  bildendes  Ferment  in  Zucker  umgewandeil  wird.  Die  Glykogennicnge  in 
der  1. eher  steht  hauptsächlich  unter  Kinfiuss  der  Nahrunpsverhältnisse.  Am  reich- 
lichsten tindet  man  sie  bei  einer  Nahrung  aus  Zucker  oder  Stärkmehl  mit  Kiweiss, 
während  sie  bei  einer  Nahrung  aus  EiweissstolTen  allein  oder  Albuminoiden  in 
weit  geringerer  Menge  angetroffen  wird.  Bei  verhungerten  Thieren  ist  es  aus 
der  Leber  gänzlich  verschwunden;  andererseits  steigt  seine  Menge  ganz  erheblich 
bei  winterschlafenden  Thieren  in  diesem  Zustand.  Ueber  die  Quelle  der  Glyko- 
genbildung,  ob  es  aus  dem  Zucker  und  Stärkmehl  der  Nahrung  oder  als  Ab- 
spaltungsprodukt  entsteht,  gehen  die  Ansichten  auseinander.  Als  Glycogen  ist 
es  ein  ne]>f>sitiini  in  der  l.eber.  Seine  V'crwcrihung  in  der  thierischen  Oeko- 
nomic  findet  es  erst,  wenn  es  thirch  das  in  der  Leber  entstehende  Ferment  in 
Zucker  Übergeführt  wird.  Dieser  tritt  nicht  in  die  Galle,  sondern  in  das  Leber- 
venenblut. J. 

Leber,  physiologische  Bedeutung  im  Foetus  s.  Leberentwicklung  unter  Ver- 
daungsorganeentwtcklung.  Grtoh. 

Leber^eU  Leberegelseuche,  s.  Distoma  hepaticum.  Wo. 
Ld^erentwicUuiig,  s  Verdauungsoiganeentwicklung.  Grbch. 
Leberfäule,  s.  Distoma  hepaticum.  Wo. 

Lebergänge,  primitive,  Leberläppchen,  -Cylinder,  -Wulst,  »Inseln, 

S.  Leberentwicklung  unter  Verdauunqsorganeentwicklung.  Grbch. 
Leberthran,  s,  Stockfisch.  Rlz. 

Lecanium,  eine  Gattung  der  Schildliiusc,  s.  Coccidae,  wo  die  schild- 
torniige  Hedeckung  des  weiblichen  Rückens  die  Körperhaut  selbst  darstellt,  die 
an  den  Seiten  einen  scharfen  Rand  bildet,  sich  aber  allmählich  blasig  ausdehnen 
und  ein  gallenartiges  Ansehen  annehmen  kann,  wie  Z.  iäeis  und  querats  an 
Eichen,  L.  hesperiäum,  persicae,  vUis  u.  a.  m.     £.  Tg. 

Lecanooqphalus,  Diesing  (gr.  Schüsselkopr).  Gattung  der  Nematoden. 
Körper  mit  Stacheln;  Kopf  durch  eine  Striktur  mit  einem  hörnernen  Ring  vom 
übrigen  Körper  getrennt  ;  Mund  dreilippig;  zwei  Spicula.  Leben  in  Fischen.  Wd. 

Lechen,  s.  !*nlen.     v.  H. 

Lechriodonta,  SruAiu  h,  Quer/älmler,  Unterablheilunj]:  der  Mulehe  (s.  Sala- 
mandrina\  charakterisiri  durch  die  .Anordnung  der  Gaumenzähne  in  selira.c;  ver- 
laufenden, nach  liinlcn  convergirenden  Querreihen.  13  Gattungen  mit  61  Arten, 
wovon  im  tropischen  Nord*Amerika  i  Art  von  Ambfysto$tta,  i  Art  von  Dem»' 
gHoihuSt  und  9  Arten  von  SpelerptSt  in  Nord*Asien  die  einzige  Ait  von  RatMdant 
in  Europa  (Italien)  eine  Art  von  Sßelerpes\  1  Art  von  Amblystoma  an^blich  in 
Siam;  alle  Übrigen  46  Arten  im  gemässigten  Nord-Amerika.  Ks. 

Lechthaler  Rindi  ein  kleiner,  dem  Allgäuer- Vieh  ähnlicher  und  diesem  ver- 
wandter Schlag  von  gelb-  oder  hellgrauer  Farbe  mit  guten  Milchzeichen,  der 
hauptsächlich  im  oberen  l,eelithal  in  Tyrol  gezü(  liiet  wird.  R. 

Lecithin,  C44H50N  l'Oj,,  eine  im  Körper  allgemeiner  verbreitete  phosjjhor- 
haltige  Substanz,  6ndet  sich  besonders  reichlich  in  sich  entwickelnden  Zellen  und 


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LecqiieaiciKi«  —  LedngMclIe. 


67 


Zellbildungen  vor,  Eidotter,  bperina,  Keim/cllcn,  über  auch  entwicklungsfähige 
pflanzliche  Gebilde,  wie  Pfianzensameu,  Sporen,  Knospen  enthalten  es  in  reich- 
lich« Menge.  Die  Constitudonsformel  des  Lecithins,  die  zwar  von  verschiedenen 
Autoren  verschieden  angegeben  wird,  lässt  es  nach  Diaronow  als  disteaiylg^y 
cerinphosphoffsaures  Cholin  deuten;  vielleicht  giebt  es  nach  Hopps-Sbvler  audi 
solche  Lecithine,  welche  an  der  Stelle  des  Stearinsäurerestes  den  Rest  der  Oel- 
oder  Palmitinsäure  führen.  In  Wasser  nur  schleiinlg  «juellend,  ist  das  L.  in  den 
Fettlösungsmitteln  leicht  löslich,  um  aus  alkoholischer  Lösung  bei  Q'^  nuskrystal- 
üsirend  als  waclisartigc  liygroskoiMschc  Substanz  erhalten  zu  werden.  Fäulniss, 
K.och«:n  nül  Barytwasscr  spalten  das  L.  in  Cholin,  Stearinsäure  und  (ilvcerin- 
phosphorsäure.  Weder  die  Art  der  Entstehung,  noch  die  Bedeutung  des  i^.  im 
resp.  für  den  Organismus  ist  näher  bekannt  Man  pflegt  in  dem  L.  eine 
Zwischenstufe  bei  der  Bildung  des  Fettes  aus  Eiweisskörpem  su  sehen.  S. 

LecquettrenBlt*  Taramecr  i8Sa;  s*  Monographie  der  Nebeliden  Böhmens; 
Abb.  K,  Böhm,  Ges.  Wiss.  (6)  XI.  Fp. 

Lecythicun  (gr.  kl.  Becken),  Hertwig  und  Lesser,  Süsswasser-Groviide, 
nicht  SU  verwechseln  mit  der  ungenttgend  beschriebenen  Protozoe  ZecttAyum, 
WaiCHT,  x86i  {Ann.  N.  H.  (3]  VHI).  Pf. 

Leda  (mythologischer  Name),  Schumacher  18 17,  Meermuschel  aus  der  Ab- 
theilung der  Arcaceen  oder  Desmodonten,  nächst  verwandt  mit  Niicuiä,  aber 
glattrandig  und  das  hintere  Ende  schnabelförmig  verlängert,  mit  einer  kleinen 
Mantelbucht  und  zwei  kurzen  Siphonen.  Fuss  nach  vom  zugespitzt  mit  Kriech- 
fläche,  an  den  Scitcnrändem  sagenartig  eingeschnitten.  Eine  innere  Ligamentgnibe 
zwischen  den  zahlreichen  Schlosszahnen.  In  allen  Meeren,  iti  Tieien  von  10  bis 
200  Faden,  die  grössten  in  den  nordischen,  /.  fcrnula,  Ciu  mnitz  (rostrata, 
Gmeun),  25  Millim.  lang  und  11  hoch,  Wirbel  in  \  der  I«inge,  mrt  grünbrauncr 
Schalenhaut  und  abgeriebenen  Wirbelschalen  wie  eine  Süsswassermuschel,  in  der 
Nordsee,  öfters  im  Magen  der  Stockfische  gefunden.  Etwa  60  lebende  Arten.  Mono- 
graphie  bei  Reeve,  187a.  Palaeontologisch  bis  in  den  Jura  zurück,  L.  Deshaye» 
siana,  3—4  Centiro.  lang,  2  hoch,  Wirbel  in  |  der  Länge,  charakteristisch  flir  die 
norddeutschen  Oltgocänschichten.    £.  v.  M. 

Lederfisdie,  s.  Acronuridae.  Klz. 

Lederhaut  (Cuiis).  Die  äussere  Haut  wird  aus  zwei  Schichten  der  Oberhaut 
(Epidermis)  und  der  darunter  liegenden  Lederhaut  (Cutis)  gebildet.  Die  Leder- 
haut ist  nicht  glatt,  sondern  besitzt  auf  ihrer  Überfläche  zahlreiche  Erhebungen, 
Papillen.  In  diesen  befinden  sich  theils  capillare  Bhitgefässschlingen,  thcils 
Tastkörperchen.  Die  l.ederliaut  besteht  aus  elastischen  Fasern,  vermischt  mit 
fibrillarem  Bindegewebe,  welches  in  den  tiefen  Sclüchlen  ein  mit  Fettgeweben 
gefülltes  Maschenwerk  bildet  Darunter  liegt  das  subcutane  Zellgewebe.  S.  auch 
Hautentwicklung.  D. 

Lfederkarpfen  nennt  man  die  schuppenlose  Varietät  des  Karpfen  (s.  d.).  Ks. 

L«derachiIdkr0te,  s.  Sphargis.  Pf. 

Ledragaselle»  Anülopt  Dorna  (Cuv.),  Licht.  In  den  Steppen  von  Sennaar, 
Nubien  und  Kordofan  heerdenweise  lebende  Antilopenart  (zur  Gattung  AntUfipe» 
Waom«,  gehörig),  von  schlankem  Körj^erbau,  ziemlich  hochbeinig,  mit  dünnem, 
unten  nacktem  Schwänze,  comprimirten  schmalen  Hufen,  starken  Kniebüscheln. 
Hörner  schwarz,  heim  ö'  ^tark  geringelt,  von  der  Basis  an  rückwärts  gekrümmt; 
beim  %  schwächer;  Spitzen  glatt,  hackig  aufwärts  gebogen,  Ohren  fast  von 

5* 

.  Kj       by  Google 


68 


Leehiirah  —  Leghorn». 


Kopfeslänge.    Färbung  reinweiss,   nur  Hals  und  Vorderrücken  blass  toA« 

braun.     v.  Ms. 

Leehürah,  Australierhorde  in  West  Victoria,  um  den  Leura-Beig.     v.  H> 

Leerdarm,  s.  Verflauungsorgnneentwicklung.  CiRnrii. 

Lefze,  Oberlippe  bei  den  Insekten,  labium,  auch  labium  supcrius.     K.  Tg. 
Legba,  isoiirter  Negerstamm,  westlich  vom  Nigir  und  nordlich  von  Vo- 
ruba.     V.  H. 

Legescheide,  das  hintere  Leibesende  der  weiblichen  Insekten  ist  oft  durch 
Anhangsgebilde  ausgezeichnet  welche,  aus  mehreren  Stücken  ausammengesetzt, 
eine  verschiedene  Bestimmung  haben  können.  Bd  den  Bienen  dient  ein  solches 
Organ  aur  Vertbeidigung,  bei  einigen  Wespen  und  besonders  bei  den  Heu- 

schrecken  zum  Ablegen  der  Eier.  Diese  Legescheide  der  Heuschrecken  ist  ihrer 
Bestimmung,  in  die  Erde  einzudringen,  gemäss  schwertartig.  Sie  ist  bei  den  er- 
wachsenen Thicren  an  dem  vorletzten  Hintcrlcibssegment  befestigt  und  zwar  so, 
(lass  ihre  Basis  den  ventralen  Thei!  jenes  Sej^ments  einnimmt,  während  der 
gleiche  Theil  des  drittletzten  Segments  die  Basis  der  Scheide  bcdr  .  kr.  Ent- 
wicklungsgesclüclulich  jedoch  gehört  die  Scheide  thetls  dem  vorleUtcn,  liieüi  dem 
drittletzten  Segmente  an,  und  erst  mit  dem  Wachsthum  tritt  eine  Verschiebung 
ein.  Dem  Bau  nach  serfUlt  das  Organ  in  3  Paar  Cliitinstreifen,  welche  mit  ihren 
Innenseiten  an  einander  liegen  und  sich  leicht  auseinander  biegen  lassen.  Diese 
3  Paare  sind  derart  angeordnet,  daas  swei  je  eine  Rinne  tnklen,  eine  untere, 
welche  die  offene  Seite  nach  oben,  und  etne  obere,  welche  dieselbe  nach 
unten  kehrt.  Das  obere  Paar  heisst  die  oberen,  das  untere  die  unteren  Scheiden. 
Die  beiden  Stücke  des  dritten  Paares,  die  Hiilfsscheiden,  liegen  der  Innenseite 
der  Stücke  des  oberen  Paares  an.  Die  Medianebene  des  Thieres  theilt  die  Lege- 
scheide in  zwei  symmetrische  Hälften,  la  jeder  derüclbea  liegt  oben  eine  von 
den  beiden  oberen  Scheiden  und  daneben  auf  der  Innenseite  derselben  eine  von 
den  beiden  HüIfsscheMlen,  unten  eine  von  den  zwri  unteren  Scheiden.  Diese 
drei  Chitinleisten  jederseits  sind  so  untereinander  befestigt,  dass  auf  der  unteren 
Leiste  (der  einen  unteren  Scheide)  der  Länge  nach  zwei  nutartige  Vertiefungen 
verlaufen  und  die  beiden  oberen  (die  eine  obere  und  die  eine  Hflifsscheide) 
einen  Grat  besitzen,  welcher  in  je  einen  Nut  der  unteren  Leiste  eingeschoben 
ist.  Die  beiden  Hiilfsscheiden  sind  an  ihrem  vorderen  (basalen)  Ende  durch 
zwei  in  gewisser  Entfernung  befmdiiche  Querleisten  mit  einander  verbunden,  so- 
dass sie  gegeneinander  unbeweglich  sind.  Die  Theüe  der  Legescheide  werden 
durch  drei  Muskelpaare  in  Bewegung  gesetzt,  von  denen  sich  eins  an  die  hintere 
jener  Querleisten,  die  beiden  anderen  in  löfielförmigc  Vertiefungen  ansetzen, 
welche  sich  auf  der  Innenseite  des  oberen  (basalen)  Endes  der  unteren  und 
oberen  Sdieiden  befinden.  Die  Eier  treten  aus  der  Geschlechtsöffnung  heraus, 
welche  zwischen  den  basalen  Enden  der  beiden  unteren  Scheiden  liegt,  und 
gleiten  über  die  beiden  Querleisten  der  Hülfsscheiden.  Dabei  biegen  sich  die 
beiden  symmetrischen  Hälften  der  Legescheide  soweit  auseinander,  als  es'  zum  « 
Durchgang  der  Eier  erlorderlich  ist.  Dass  aber  die  drei  Stücke  jeder  symme- 
trischen Haltte  sich  nicht  trennen,  verhindert  ihre  gegenseitige  Verbindung  durch 
Grat  und  Nut,  wie  andererseits  ein  /.u  weites  Auseinandervx  eichen  der  beiden 
Hälften  in  Folge  der  festen  Vereinigung  der  Hülibschcidcn  durch  die  beiden 
Querleisten  unmöglich  ist.  D. 

Leggada,  GRAV'sche  Untergattung  von  ilftf,  L.     v.  Ms. 

L^^UMiis,  die  vor  mehreren  Dezennien  in  Amerika  eingeftthrten  italienischen 


Leghorn-Runt  —  Leicc5ter-Sch»f. 


«9 


(Livomeser)  Hüliner.  Abweichend  von  dieser  Ansicht  hält  sie  Wright,  indess 
mit  Unrecht,  ftlr  Abkömmlinge  in  Amerika  importirter  spanischer  Hühner.  Sie 
zeichnen  sich  durch  grosse  Widerstandsfähigkeit  und  Fruchtbarkeit  aus,  brüten 
aber  schlecht  und  stehen  in  der  Fleischqualität  nicht  sehr  hoch.  Hahn:  Kopf 
dem  der  Spanier  ähnlich,  mit  ziemlich  langem,  starkem  Schnabel  versehen;  Kamm 
sehr  gross,  einfach,  tief  gesägt,  vollkommen  straft  und  aufrecht  stehend;  Kinn- 
lappen lang,  dttnn  und  fein;  Ohrlappen  gut  enUrickelt,  hängend,  glatt  und  dem 
Kopfe  dicht  anli^nd.  Hats  lang,  reich  befiedert,  aufrecht  getragen»  Rumpf 
leicht,  breit  in  den  Schultern  und  sich  nach  dem  Schwänze  hin  verschmllemd; 
Rücken  ziemlich  rund,  nach  hinten  abfallend;  Flügel  gross,  enganliegend;  Brust 
▼oll,  rund  und  vorwärts  getragen.  Füsse  etwas  lang,  Läufe  schlank,  federlos; 
Fersen  frei;  Zehen  schlank  und  wohl  ausgebreitet.  Schwanz  gross,  mit  vollen  und 
wehenden  Sichelfedem,  hochgetragen.  Gestalt  schlank;  Gewicht  3 — 3.J  Kilo. 
Henne:  Der  Kamm  fällt  nach  einer  Seite  des  Gesichts  über.  Im  Uebrigen  gleicht 
sie,  abgesehen  von  den  durch  das  Geschlecht  bedingten  Eigenthümlichkeitcn,  ganz 
und  gar  dem  Hahn.  Es  werden  3  Farbenschläge  unterschieden:  die  weissen,  die 
braunen  und  die  Kukuknperber.  R. 

tieghonioRiint,  die  alte  Livoroeser  Hühnertaube,  welche  ursprünglich  in 
Pisa,  im  Toskanischen,  oder  in  Pisa  im  Peleponnes  gezüchtet  und  von  da  über 
IJvomo  nach  England  importirt  sein  soll*  Als  wahrscheinlicher  gilt  die 
griechische  Abstammung.  Nach  LuDLOw  entspricht  dieser  Form  die  heutige 
Florcntiner-Taube  (s.  d.).  R. 

Leguan,  s.  Iguana.  Pf. 

Legumin  nennt  Ritthauskn  einen  nach  Hoppf-Skyi.kr  den  Globulinen  zu- 
gehörigen Eiweisskörper,  der  in  vielen  Samen,  besonders  der  Leguminosen  und 
in  den  Mandeln  vorkommt  Nach  Aug.  Schmiot  dürfte  derselbe  keine  chemisch- 
reine  Substanz  darstellen.  S. 

LeTimannia  (nach  Rb  Lbhmamn,  Arzt  und  Malakozoolog  in  Stettin,  f  187 1), 
s.  Limax  marginatus,  Müll.    E.  v.  M. 

Leib,  s.  die  Artikel  Geiste  KOiper,  Seele.  Das  Wort  Leib  ist  im  Gebiet  der 
Physiologie  gleichbedeutend  mit  dem  Wort  Körper.  Allgemein  besteht  jedoch 
der  Unterschied:  während  das  Wort  Körper  auch  auf  Unorganisrhes  angewandt 
wird,  wird  das  Wort  Leib  nur  von  Lebewesen  gebraucht,  entsprechend  dem 
ofienbaren  etymologischen  Zusammenhang  beider  Worte,  der  auch  in  der  Zu- 
sammenstellung »Leib  und  Leben«  ausgedrückt  ist.  J. 

Leibemabd»  s.  Ijeibesformentwicklung.  Grbch. 

L«ice«ler-Sdiaf  (Dishley-SchaO>  eine  in  England  sehr  beliebte  und  weit  ver- 
breitete  Race,  welche  sich  durch  stattliche  Grösse  und  bedeutendes  Körperge- 
wicht auszeichnet  und  seiner  Zeit  von  dem  berühmten  Züchter  Bakewell  ver- 
bessert worden  wur.   Bei  feinen  Knochen  und  zarter  Haut  besitzen  die  Thiere 

laxe,  zarte  Gewebsfaser  und  qualificiren  sich  daher  vor  allen  Dingen  zur  Produk- 
tion von  Fleisch  und  Fett.  Die  vorzügliche  Qualität  des  Fleisches  ist  allbekannt 
und  auch  der  Grund,  weshalb  diese  Race  vielfach  zu  Kreuzungen  mit  anderen, 
weniger  gut  qualificirten  Fleischschafracen  verwendet  wird.  Die  Wolle  ist  weiss, 
glänzend,  grossbogig  gewellt,  von  ziemlich  dichtem  Stand  und  bedeutender 
Länge.  Daa  durchschnittliche  Schurgewicht  beträgt  3—4  Kilo.  Kopf  und  Beine 
sind  nackt  Ersterer  ist  fein,  lang,  mit  aufrecht  stehenden  Ohren  und  unbehömt 
Rücken  und  Kreuz  sind  breit;  Brust  und  Bauch  sind  weit  und  tief;  Beine  ziem- 
lich hoch,  muskulös.    Die  ausserhalb  Englands  vorgenommenen  Züchtungs-, 


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Leiccster-Scbweio  —  Leichtselitiibler. 


bczw.  Kreuzungsversuche  haben  vielfach  den  gehegten  Erwartungen  nicht  ent> 

sprachen.  R. 

Leicester-Schwein.  Das  aite  Leicester  Scliwcin  war  ein  grosses,  schweres 
Thier  mit  unsc  lioncii  l-Ormcn,  lnn,?em  Kopf,  breiten  hängenden  Ohren,  langem, 
schmalen  Leib  und  hohen  Beinen.  Oer  berühmte  Viehzüchter  Bakewell,  dem 
difi  englische  ViehsucKt  einen  grossen  Theil  des  Erfolges,  den  sie  errungen,  zu 
verdanken  hat,  «lichtete  aus  dieser  alten  Race  durch  geeignete  Auswahl  hervor- 
ragender Individuen  und  wahrscheinlich  ohne  Beimengung  fremden  ßlutes  eine, 
von  der  früheren  abweichende  Form,  die  als  »Neue  Leicester«Race«  bekannt 
ist  und  auf  die  Zucht  englischer  Schwetneracen  beeinflussend  ijewirkr  hat:  Fast 
alle  besseren  Raccn  der  grossen  englischen  Zucht  enthalten  Blut  der  von 
Bakewell  verbesserten  I  ,eirester-Race.  Die  Thiere  !)csitzen  eine  ansehnliche 
Grösse  lind  sollen  pemastet  ein  Gewicht  bis  zu  350  und  selbst  400  Kilogrni.  er- 
reiehen.  Sie  sind  weiss  (»der  ,£;eib,  seltt-n  petlerkt.  Kopf  lang,  spitz  zulaufend. 
Ohren  ziemlich  gross,  nach  vorn  uberhängend.  T.eib  langgestreckt,  abgerundet, 
Krei»  breit;  Brust  tief  und  Beine  kräftig.  Der  Speck  ist  fest,  das  Fleisch  wohl- 
schmeckend. Durch  Kreuzungen  mit  chinesischen  Schweinen  und  Racen  der 
englischen  kleinen  Zucht  werden  die  Formen  allmählich  geändert  und  ver« 
bessert  R. 

I«eiche,  Leichnam  wird  ein  Lebewesen  genannt»  wenn  das  Leben  aus  ihm 
entwichen  ist  (s.  Art.  ^ Leben«  und  *Tod<).  Die  Kennzeichen,  welche  den 
todten  von  dem  lebendigen  Zustand  unterscheiden,  werden  »Leichen-Er- 
scheinungen« genannt  und  sind  theils  negativ,  Fehlen  der  Lebenserscheintmgen, 
theils  positiv.  Zu  den  lef/teren  gehört,  allerdings  nicht  bei  allen  Lebewesen,  die 
Leichenstarre,  'l'odlenstarrc  (s.  Art.  Starre),  die  jedoch  auch  bei  den  \\'csen,  wo 
sie  vorkommt,  nur  eine  vorübergehende  Erscheinung  ist.  Die  hauptsächlichsten 
positiven  Leichenerscheinungen  gehören  den  Vorgängen  der  Fäulniss  und  der 
Verwesung  an,  die  beginnen,  sobald  der  Leichnam  nicht  unter  conservirenden 
Einflüssen  steht,  s.  die  betr.  Artikel.  J. 

Leicfaenwachs,  Adipocire,  eine  wachsähnliche,  gelblich  weisse  Masse,  wdche 
zuerst  i.  J*  1786  von  FotmcROY  bei  exhumirten  Leichen  an  Stelle  der  Musculatur 
und  später  von  veraduedenen  anderen  Autoren  an  anderen  Theilen  des  mace- 

rirenden  Thierkörpers  beobachtet  wurde.  Ein  Gemisch  von  Ammoniak-  und 
Kalkseifen  der  Palniitin-,  Margarinsäure  etc.  darstellend,  wird  es  allgemein  als 
ein  Produkt  der  fauligen  Zerset/unj^  der  FJwcisskörper  angesehen  und  für  die 
Möglichkeit  des  Uebergangres  von  Kiweiss  in  l-'elt  als  Heweismittel  herangezogen. 
Ganz  ncuerdinj.{s  erst  versucht  Ziii.NER  die  Bddung  des  Lciclienwachses  an  den 
erwähnten  Steilen  auf  eine  i' eiuranssudation  zurückzuführen,  welche  nach  der 
Musculatur  und  in  die  serösen  Höhlen  nach  mehrmonatlichem  Liegen  der 
Leichen  stattfinde.  Zersetzung  der  ausgewanderten  Fette  in  Gfycerin  und  freie 
Fettsäuren  und  Auskrystallisation  der  Palmitin-  und  Stearinsäure  soll  danach  zur 
Bildung  des  Leichenwachses  führen.  S. 

Leidienwfinner,  ein  sehr  unbestimmter  und  verfehlter  Ausdruck  für  ver- 
schiedene Fliegen  larven,  die  sich  od  sehr  schnell  an  menschlichen'Leichen  ein- 
finden. Sie  gehören  in  erster  Linie  Gattungen  an  wie  SarcopMagu,  J^reüiat  Lu- 
eUia  etc.    £.  To. 

Leichtschnäbler,  Levir^nirtSt  von  Reichenbach  (1850)  aufgestellte  Ordnung 
der  Vögel,  welche  die  Oteußnae,  Crvtophaginae,  Momotinae,  Rktmpäasüaae  und 


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Leichun  —  Leistengruben. 


71 


Bueeroiüuu  umfasste,  g^enwärtig  aber  in  der  Systematik,  in  der  ursprünglichen 

Begrenzung  wenigstens,  nicht  mehr  angewendet  wird.  RcHw. 
Leichun,  Stamm  der  Kurden  (s.  d.).     v.  H. 

Leiernase  (Mei;adcrma  lyra,  Geoffr.),  s.  Megaderma,  Geoffr.     v.  Ms. 
Leierschwänze,  s.  Mcnura.  Rchw. 

Leila,  Gray  1840,  südamerikanische  Süsswassermuschel,  ähnlich  AnodatUa, 
aber  mit  Andeutung  einer  Mantelbucht.     E.  v. 
Leim,  s.  Glutin.  S. 

Leiotwlaena»  Escmr.  =  B^aenida,  Gray,  s.  Balaena,  L.    v.  Bifs. 

Leiobelidiqm,  O.  Schmidt  (x88o  Spongien  d.  Meerb.  Mexiko),  Hexactinel- 
lide  aus  dem  Antillen-Meere.  Pr. 

Leiodactylia  (gr.  leios,  glatt,  dacfylos,  Finger),  Dum^ril  und  BiBRON.  Unter- 
familie der  Lacertidae.  Zebenränder  nicht  gesäumt  Schuppen  der  unteren  Zehen- 
fläche nirlif  r^ekiel»^  Pf--. 

Leiodermatium  (gr.  kios  —  %\si.\x,  ^/t-r/z/tz  =  Haut),  O.  Schmidt  (187Q,  Spon- 
gien d.  Meerb.  v.  Mexiko),  l.itistide  aus  der  Al)iheilung  der  Rhi/omorinen  ohne 
Oberflächenkörper,  aussen  wenige  Üscula.    L.  racemoium,  von  Florida.  Pf. 

Leiolepis  (gr.  Upis  Schuppe),  Cuv.,  Gattung  der  humivagen  Agamen  mit 
Schenkelporen  und  sehr  kleinen,  dicht  neben  einander  liegenden  Schupi}en  Uber 
den  ganzen  Körper.  Z.  guttata,  Cuv.  Cochmchina.  PP. 

Leipoa,  Gouu>,  Gattung  der  Gros^usshübner  oder  Wallnister,  Megt^wHidae, 
Durch  wohl  ausgebildete  Häute  «wischen  den  Vorderzehen  von  den  Gattungen 
Cathdurus  und  .\fi\^apodius  unterschieden.  Der  Schnabel  ist  dünn,  die  Mittelzehe 
kaum  länger  als  r?ie  vierte,  letztere  aber  auffallend  länger  als  die  zweite;  die 
Hinterzehe  hat  nur  die  Länge  der  zweiten  ohne  Kralle.  Der  ziemlich  lange, 
stark  gerundete  Schwan/,  hat  zwei  Drittel  der  Flügellänge.  Die  Gattung  wird 
nur  durch  eine  Art,  das  Leipoahyhn  (auch  Taubenwallnistcr  genannt),  L.  ocel- 
/sAr,  GouLD,  in  Australien  vertreten.  Rchw. 

Leipocen»,  Möbius.  Gattung  der  BoistenwUnner,  Ord.  Notobrmuhiata; 
Fam.  Ntrinidatt  Quatrepagbs.  Bei  Z.  avtferumt  Möbius,  aus  dem  Arktischen 
Meer  treten  die  Ovarien,  wenn  die  Eier  reif  geworden,  in  Trauben  nach 
aussen.  Wd. 

Leiste,  gezahnte  (Jutusa  dentata),  s.  Nerven^rstementwicklung  bei  Ge- 
hirn. Grbch. 

Leistenband,  Leistenkanal,  Leistengruben,  Leistenringe,  s.  Testikel- 
entwicklung.  CtKrch. 

Leistendrüsen  oder  inguinaldrüsen.  i.  Die  Saugadern  der  unteren  Glied- 
maanoi  (der  Säuger)  sammeln  sich  in  (und  in  d<»r  Nälie)  der  Schmkelbeuge  in 
einer  Gruppe  von  Lymphdrüsen,  die  als  Glandulae  ingumales  durch  vielfache 
Anastomosen  vereinigt  den  tJRkxus  ü^umalis*  bilden.  2.  Bei  manchen  Nage- 
thieren,  spec.  der  Gattung  Lipus  finden  sich  sogen.  L.  vor,  die  bdm  ^  an  der 
Wurzel  des  Gliedes  gelegen,  in  der  Nähe  der  Vorhaut  ausmünden  ;  beim  $  liegen 
sie  seitlich  vom  IntroUus  vaginae  (Scheideneingang).  Sie  bestehen  beim  Kaninchen 
(nach  Krause)  aus  einem  bräunlichen  medialen  und  einem  v  eisslichen  höckerigen 
lateralen  Tlicile;  ersterer  besteht  aus  gewundenen  Kanälen,  die  ein  stark 
riechendes  Secret  absondern,  letzterer  aus  grossen,  in  Haarbälgc  einmündenden 
'1  aigdrüsen.  —  Bezüglich  der  sLcistendrui^en«  der  Antilopen  =  Leistengrubeu  s.  a. 
>Wiederkäuer.c     v.  Ms. 

IiCistengruben.  Die  Leistengruben  (j'ovcac  inguuiaUs),  deren  es  auf  jeder 


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7* 


Seite  drei  giebt,  sind  flache,  von  tünf  in  der  Umgebung  der  Blase  befindlichen 
Falten  (pika  veskff-umbicaiitis  me^c,  plitae  vesit^-un^iUeales  lakraJes,  plicae  cpigas- 
trkae)  gemeinschaftlich  mit  dem  iigamtnium  Pottpatiii  gebildete  Vertiefungen. 
Es  sind  dieses  die  /evea  ingumalis  interna,  s,  ing»  nuäia,  s*  ing»  ia^ema,  D. 

IrfMMtenkaM].  Der  Leistenkanal  (Canalis  ingmnaiis)  ist  diejenige  Spalte, 
durch  welche  beim  Manne  der  Samcnstrang  (funiculus  spermaücus),  beim  Weibe 
das  nmde  Multerband  (ligamentum  uteri  tcrcs)  hindurchgeht,  und  welcher  sich  von 
dem  hinteren  (anntilus  in^^iana/is  internus}  bis  zu  dem  oberflächlichen  (a.  ing.  super' 
ßcialis)  Leistenringe  ausdehnt.  D. 

Leistenkrokodil  =  Crocodilus  biporcatus,  Cuviek.  Pf. 

Leistenring  {Annuius  inguinalis),  d.  i.  die  äussere  Oeffnung  des  Leisten- 
kaaales  (s.  d.);  sie  findet  sich  seitlich  von  den  Schamtheilen  in  der  (oberhalb 
eines  von  der  Schamfuge  zum  vorderen  oberen  Darmbeinstachel  stehenden 
Bandes,  »PouPART'schenBandesc  gelegenen)  Leistengegend ^J?4^i0is|fx»MM^^  v.Ms. 

Leistes,  s.  Hordenvögel.  Rcmw. 

Lei-SU,  Volk  von  noch  nicht  genau  definirter  Stellung  an  der  tibetisch-bir- 
manischen nrcnze,  wahrscheinlich  zu  den  Schan  (s.  d/i  ^^ehörig.      v.  H. 
Leitbai^d  (Gubernaculum  Ii  unter  ij^  s.  Testikelentwicklung.  Grbch. 
Leitbrasse  —  Leiter  (s.  d.).  Ks. 

Leiter  nennt  man  einige  Fischformen,  welche  mit  grösster  Wahrscheinlich- 
keit als  Bastardbild iingen  zwischen  den  Gattungen  Abramis  (s.  d.)  oder  BHcca 
(s.  d.)  einerseits  und  den  Gattungen  Seardmius  (s.  d.)  oder  Leuciscus  (s.  d.)  be- 
zeichnet werden  müssen  und  demgemäss  auch  ziemlich  wechselnde  Mischungen 
von  deren  Charakteren  aufweisen.  In  die  Wissenschaft  sind  diese  Bastarde  ge* 
legentlich  auch  als  Vertreter  besonderer  Gattungen  (Ahramuh^is  und  Büeeopsis) 
eingefiihrt  worden.  Ks. 

Leitiisch  =  Leiter  (s.  d.).  Ks. 

Leithund,  Limier,  eine  durch  äussere  Verhältnisse  bedingte  Abänderung 
des  Japdhundes,  die  dem  östlichen  Mittel-Kuropa  anj^ehört  und  wahrscheinlich  aus 
l'ulen  stammt.  Kr  gehört  den  grösstcn  und  kralligsten  Formen  der  Jagdhunde, 
besitzt  Aehnlichkeit  mit  dem  deutschen  Jagdhimde,  von  welchem  er  «ch  durch 
kräftigeren  Körper,  stärkeren  Kopf,  breitere  stumpfe  Schnauze  und  stärker 
hängende  Lippen,  längere  und  breitere  Ohren  und  kräftigere  Bdne  unter- 
scheidet. Eine  weisse  Zucht  dieser  Race  ist  unter  dem  Namen  »Hubertus- 
Hund«  bekannt  (s.  d.).  Der  Leithund,  der  nunmehr  sehr  selten  geworden  ist, 
diente  friilier  hauptsächlich  zur  Aufsuchung  und  Verfolgimg  der  Spuren  des  Roth- 
und Srlnvarzwildcs,  seltener  dos  Flen^  Derselbe  musste  dabei,  an  einem  Inneren 
Lederrienien  gehalten  und  dem  Jäger  vorangehend,  diesen  auf  die  gefundene 
Spur  leiten,  ohne  einen  Laut  von  sich  zu  geben.  Auf  diese  Art  der  Dienst- 
leistung ist  auch  seine  Bezeichnung  begründet.  Heute  wird  derselbe  wie  der 
deutsche  Jagdhund  benOtzt  (Fitzinger).  R. 

Leitscfaaff  Leithammel,  ein  Thier,  das  den  Schäfer  an  der  Spitze  seiner 
Heerde  und  insbesondere  bei  der  Wanderung  derselben  zu  begleiten  hat  und  fQr 
diese  Fimktion  eigens  dressirt  wurde,  und  welchem  in  der  Regel  alle  anderen 
Thiere  der  Heerde  gewissermaassen  instinktiv  folgen.  R. 

Leittaube,  s.  Brieftaube.  R. 

Leitungsfahigkeit.  Dieser  Ausdruck  wird  in  der  Physiologie  sjjcciell  ge- 
braucht zur  Be/.eichung  der  P^igenschaft  lebendiger  Substanzen,  Erregungsvor- 
gänge, welche  an  einer  bestimmten  Stelle  derselben  durch  irgend  einen  Reiz 


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Leitimgsfahigkeit 


73 


hervorgerufen  sind,  fortzuleiten,  d.  h.  auch  die  von  dem  Reiz  nicht  direkt  (^e- 
trofTcnoti  Thcile  in  Erren:nngS/rrTstand  zu  versetzen.  Im  weiteren  Sinn  versteht 
man  darunter  natürlich  auch  das  \'erhalten  der  l,ebe\vesen  gegenüber  der  Be- 
wecftmgsleitung  uberhauj)t  (Leitung  \on  l'lekrricität,  Wärme,  Licht,  Stoss  etc). 
Bc^uglich  der  Krregungsleiinng  gelten  folgende  Punkte:  a)  Die  Leitung  kann 
eine  vollkommene,  über  die  ganze  vorliegende  Masse  sich  etstreckende  sein 
oder  eine  unvollständige;  eine  solche  beobachtet  man  z.  B.  beim  ermttdeten 
Muskel,  wobei  die  Contraktion  sich  nicht  über  die  ganze  Länge  des  Muskels 
fortsetzt»  s.  Muskdcontraktion.  b)  Die  I>eitung  ist  entweder  eine  isolirte  d.  h. 
auf  den  mit  der  Reizstelle  in  direktem  Zusammenhang  befindlichen  Abschnitt  der 
lebendigen  Substanz,  z.  B.  einen  Nervenfaden,  beschränkt,  oder  der  Erregungs- 
vorgang sjiringt  auch  auf  anlioj^'cnde  {gesonderte  (ie\vcl>etlieile  z.B.  von  einem  Nerven 
auf  einen  anliegenden  über.  Im  allgemeinen  gilt  im  Nervensystem  (!as  Gesetz  der 
isolirten  Leitung  aber  nurinnerlialb  einergewissen  Reizstärke.  Wird  diese  überschritten 
so  findet  Ueberspringen  der  Erregung  statt,  c)  In  Bezug  auf  die  Leitungs- 
fähigkeit bestehen  grosse,  qualitative  Unterschiede  und  zwar  sowohl  stabile  wie 
labile.  Ueber  die  stabilen,  mit  der  Struktur  der  lebendigen  Substanz  zusammen- 
hängenden Unterschiede  macht  erstmals  G.  Jäger  in  seinem  Lehrbuch  der  allge* 
meinen  Zoologie  Abth.  Physiologie  folgende  vergleichende  Bemerkungen:  die 
Fortleitung  desErregungssvoiganges  imProtoplasma  setzt  hier  ähnliche  Bedingui^en, 
wie  die  Leitung  der  Bewegung  überhaupt,  nämlich  eine  geregelte  Struktur  voraus, 
indem  Unregelmässigkeiten  Leitungshindernisse  darstellen.  Er  unterscheidet  deshalb 
liemmenries  und  leitendes  l'rotnplasma.  Krsteres  ist  gekennzeichnet  durch 
unregelmässige  Lagerung  der  körnigen  Kiemente,  weshalb  er  es  ungeordnetes 
Protoplasma  nennt.  Daiiin  gehört  /..  1).  ganz  allgemein  das  Protoplasma  der  Pflanzen, 
vom  thierischen  Protoplasma  alles,  was  nicht  Muskel  und  Nerv  ist  Nach  ihm 
sind  eben  die  Protoplasmakörner  die  Hindemisse  und  die  unregelmässige  Lagerung 
verhindert  zwar  die  Leitung  nicht  absolut,  aber  einmal  bildet  sie  eben  ein  Reibung»- 
hindemiss,  sodass  der  Haupteffect  der  Erregung  Wärmebildung  ist,  weshalb 
G.JAGBH  diesem  Protoplasma  auch  den  Namen  wärmebildendes  (^<r<j/ör/*f^/i«^  giebt» 
während  das  Fortschreiten  verlangsamt  wird;  dann  beeinflusst  die  Unregelmässig- 
keit auch  die  Richtung:  es  ist  keine  geradlinige  Fortlcitung  möglich,  sondern 
nur  eine  concentnsche.  Dem  stellt  G.Jäger  als  leitendes  Protoplasma  das 
geordnete  von  Muskel  imd  Nerv  gegenüber,  bei  welchem,  wenn  überhaupt 
eine  Struktur  sichtbar  ist,  die  körnigen  Elemente  in  übereinstimmender  linearer 
Anordnung  sich  befinden.  Sichtbar  ist  diese  Anordnung  namentlich  bei  dem 
quergestrdften  Muskel,  wo  die  Kitmer  die  genügende  Grösse  besitzen.  Hier 
bleiben  für  das  Fortschreiten  des  Erregungsvorganges  geradlinige  Bahnen, 
so  dass  er  erstens  mit  grösserer  Geschwindigkeit  und  zweitens  in  geradlinige 
Richtung  sich  fortbewegen  kann.  Die  geringere  Verhinderung  des  Fortichreitens 
kommt  auch  darin  zum  Ausdruck,  dass  das  NebenyirodnVt  der  Wärme  nicht  in 
so  grosser  Menge  auftritt,  wie  bei  dem  ungeordneten  i'rotoplasma.  Bei  dem 
Nervenprotoplasma  ist  die  Leitungstahigkeit  auf  der  höchsten  Stufe.  Die  Er- 
regung verläuft  hier  nur  als  negativ-elektrische  Stromesschwankung  unter  Weg- 
fall sowohl  der  Wärmebildung  wie  der  als  Strömung  oder  Zuckung  verlaufenden 
Massebewegung,  und  die  vollkommen  glasartige  Durchsichtigkeit  ist  ein  Ausdruck 
erstens  dafür,  dass  die  körnigen  Besundtheile,  welche  ein  Leitungshindemiss 
bilden,  unter  der  Grösse  der  Schtbarkeit  stehen,  also  sehr  klein  sind  und  zweitens 
äusserst  regelmässig  gelagert  sein  mttssen;  denn  sonst  wQrden  sie  auch  das  Licht 


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74 


LeitungsfkMgkdt. 


nicht  unjxehindert  durcMas5;cn.   Dem^emäss  findet  die  Fortlcitnnq;  der  Errepimsj  im 
Nerven  mit  etwa  zehnmal  .s(j  j;rosscr  Geschwindigkeit  <:tntt,  als  im  (juerf ostroiften 
Muskel,    d)  Bei  den  labilen  Verhältnissen  der  I.cilimg^räliii;kcii  IkiikIcU  es  sich 
einmal  um  den  Vorgang  der  Gewöhn  iing,  L  ebung  oder  Gebrauchswirkung. 
Gerade  wie  bei  einer  firischbe&chlagenen  Strasse,  die  ein  Bewegungshindemiss 
bildenden  Beschlagsteine  anfange  vollständig  ungeordnet  liegen,  aber  durch  das 
Belahrenwerden  allmählich  theils  vemichtett  theils,  so  weit  sie  restiren,  in  eine 
der  Fahrrichtung  parallele,  also  geradlinige  Anordnung  gebracht  werden,  ist  es  auch 
bei  dem  Protoplasma.    Von  Haus  aus  ist  alles  Protoplasma,  auch  das  der  Thiere 
sammt  und  sonders  ungeordnet,  und  G.  J.mifr  ist  geneigt,  die  Abdiffcrenzirung  des 
leitenden  Ner\  en  und  Miislcelprotoplnsmas  w  enigstens  ztim  Theil  aufden  Gcwöhnungs- 
vortrang  /iini(  k/ufiihrcn :  wenn  ein  Protoplasmastiick  immer  nur  an  einem  Tunkte  und 
von  einer  Riclitnng  her  vom  Reiz  getroticn  wird,  so  müssen  die  Versuche  des 
Erregungsvoigari^es,  immer  nach  einer  Richtung  durchzuschlagen,  endlich  zu  An- 
nahme geordneter  Struktur  iUhren.  Weiter  ist  es  eine  bekannte  Thatsache,  dass 
geübte  Muskeln  und  Nerven  den  Erregungsvorgang  prompter  leiten  als  unge- 
übte.  Dies  beweist,  dass  die  Wiederholungsvorgänge  die  Leitungshindemisse  ver« 
mindern,  ähnlich  wie  das  wiederholte  Befahrenwerden  einer  Strasse  die  Befahrbar- 
keit derselben  erhöht.    Bei  den  quergestreiften  Muskeln  ist  das  auch  optisch  zu 
konstatiren:   ausser  Gebraiuh  gesetzte  Mnskchi  verlieren  allmählich  die  Regel- 
mässigkeit ihrer  Struktur   und   als  neues   hemmendes  Klement   treten  unregel- 
mässig verlheilte  Fettkör]>erclieii  hin/.u.    Die  sub  c  und  d  angegebenen  Leitungs- 
verhältnisse beruhen  mehr  auf  der  Be.schaft'enheit  der  festen  Strukturtheile  der 
lebendigen  Substanz  und  sind  deshalb  beide  vcrhältnissmässig  stabil.  Dem 
steht  nun  als  die  labilste  Bedingung  die  Beschaffenheit  der  flüssigen  Bestand- 
theile  der  lebendigen  Substanz  gegenüber.   Schon  die  ersten  Physiologen,  welche 
die  Leitungsfähigkeit  von  Nerv  und  Muskel  fUr  den  Erregungsvorgang  prüften, 
fanden  erhebliche  und  rasch  folgende  Schwankongen  derselben,  aber  ohne  weiter 
nacli  einer  Erklärung  dir  sie  zu  suchen.    Ein  näheres  Studium  erfuhren  dieselben 
durcli  G.  JÄGFR  in  seiner  »Entdeckung  der  Seele  ;  er  fand  hierl)ei  das  soge- 
nannte Konzentrationsgesetz:  Eindringen  concentrirtcr  Lösungen  in  die  lebendige 
Substanz  vermindert  die  Leitungsföliigkeit  ftlr  den  Krre::ungsvorgang,  Kindringen 
verdünnter  Substanzen  erhöht  sie,  und  das  gleiche  tritt  ein,  wenn  die  bereits  in 
der  Quellungsflüssigkeit  vorhandenen  gelösten  Stoffe  entweder  concentrirt  oder 
verdünnt  werden.    Dieses  durch  physiologische  Experimente  von  G.  JAger  auf- 
gefundene Gesets  ist  in  neuester  Zeit  durch  physikalische  Experimente  bestätigt 
und  ergänzt  worden.   Die  schon  ältere  Beobachtung,  dass  das  an  festen  Stoffen 
besonders  arme  Gasteiner  Thermalwasser  die  Elektricität  erheblich  besser  leitet 
als  andere  Wasser,  hat  zu  neuen  exacteren  Versuchen  in  dieser  Richtung,  ausge- 
führt von  F.  Koiti. RAUSCH  (Ucber  das  clectrisihe  T.eitungsvermögen  des  Wassers 
und  der  Säuren,  Sitzungsberichttr  der  bayr.  Akademie  der  \\'issenschaflen,  Nov.  1885) 
und  Dr.  A.  von  W ALi  tNuoi  FN  (Die  Tliermen  voii  Gastein,  Allg.  lioniöop.  Zeitung 
Nr.  26,  1886)  Veranlassung  gegeben.    Nimmt  man  als  Einheit  für  die  Leitungs- 
fähigkeit den' zehntausendmillionsten  Theil  der  Leitungsfähigkeit  des  Quecksilbers, 
so  schwankt  die  von  Regen-  und  Schneewasser  zwischen  dem  4-  und  zofachen 
Betrag.  Das  Wasser  der  Wiener  Hochquellenleitung  hat  214,  das  der  Gasteiner 
Thermalquellen  393-'4i3.  Besonders  belehrend  ist  die  Beobachtung  von  Kohl* 
RAUSCH,  dass  Zuaats  von  einem  TropCm  Schwefelsäure  zu  60  Litern  Wasser,  was 
eine  Verdünnung  der  Schwefelsäure  von  i:izooooo  darstellt^  die  Leitungsiähig* 


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Leituogsfähigkeit 


75 


keit  des  Wassers  um  den  zehnfachen  Betrag  erhöht.  Bringt  man  das  in  Zusammen- 
hang mit  der  von  G.  Jäc;f.r  vorgetragenen  Lehre  über  das  Concentrationsgesetz 
und  über  die  Zunahme  der  Geschwindigkeit  dei  Molekularbewegungen  mit 
steigender  Verdünnung  (s.  Artikel  -^Kraft  tind  Siofi  ),  so  geben  diese  FAperimente 
eine  plnsiknlische  Bestätigung  dieser  Lehren  und  geben  zugleich  die  Krklärung 
flir  (licjcnigen  Veruntlcrnn{?en  fler  Leitungsfähigkeit  der  lebendigen  Substanz  fiir 
den  Ktregungbvorgang,  welche  das  jAoER'sche  Concentralionsgesetz  ausspricht, 
denn  das  Grundwesentliche  des  Erregungsvorgrmges  ist  nach  dem  übereinstimmen- 
des Resultat  aller  physiologischen  Forschungen  ein  electrischer  Vorgang,  nttm- 
lich  eine  negativ-elektrische  Stromesschwankung,  und  da  die  lebendige  Substanz 
durch  ihre  Quellungsflüssigkeit  eine  flüssige  Leitung  vorstellt,  so  erklärt  sich, 
dass  die  Beimengung  gelöster  Substanzen  in  ihr  dieselben  Veränderungen  der 
Erregungsleitung  hervorbringt,  wie  die  Beimengung  gelöster  Stoffe  /u  freiem 
Wrisser:  verdünnte  Stoffe  erhölicn  tlic  T^eitungsfähiijkcit,  roncentrirte  vcmiindern 
sie.  Damit  ist  eine  äusserst  wichtige  Thatsache  der  l'hysiulogie  auf  ein  physi- 
kalisclies  (icsei/  zuruckgetührt  und  die  bisher  als  Irrlehre  betrachtete  Homöo- 
pathie hat  für  den  wesentlichsten  Theil  ihrer  Behauptung,  die  Potenzirungslehrc,  die 
völlig  ausretdiende  wissenschaftliche  Basis  erhalten.  —  f)  In  seiner  Schrift  »Seuchen* 
festigkeit  und  Constitutionskraft«  hat  G.  Jäger  festgestellt,  dass  mit  der  Uebung 
eine  sogen.  Trainirung  d.  h.  eine  Entwässerung  unter  Zunahme  des  specifischen 
Gewichts  stattfindet.  Zusammengehalten  mit  der  Thatsache,  dass  Uebung  die 
Leitungslähigkeit  von  Muskel  und  Nerv  fiir  den  Krregungsvorgang  steigert,  scheint 
dies  einen  Widcrspriu  li  gegen  das  J  \(,i  nVclie  K^ncenfrationsr^esetz  zu  bilden. 
Dieser  Widerspruch  löst  sich  aber  dur(  h  lolceiule  Hetraclitunir.  JaüEr's  Kon- 
centrationsgesetz  sagt  nicht,  dass  zur  Herabmindenmg  der  1  .eitiini;st;ihigkeit  eine 
Koncentration  taninUlicher  im  Ücwebssaft  gelöster  Stoffe  und  zur  Erhöhung  der 
Leitungsfahigkeit  eine  Verdünnung  sämmtlichcr  darin  befindlicher  Stoffe  noth- 
wendig  sei,  sondern,  da  wir  in  der  Quellungsflüssigkeit  der  lebendigen  Substanz 
ein  Ldsungsgemisch  zahlreicher  verschiedenartiger  Stoße  haben,  so  lautet  das 
Gesetz:  wenn  unter  gleichbleibender  Koncentration  aller  Übrigen 
Stoffe  ein  Stoff  coocentrtrt  bezw.  verdünnt  wird,  oder  ein  concentrirter  bezw. 
verdünnter  neu  hinzukommt,  so  nimmt  die  Leitungsfahigkeit  ab  bezw.  zu.  Nun 
ist  klar:  wenn  in  einem  T-ösunpsgemisch  ein  Stoff  coneenlrirt  wird,  so  kann  die 
Abnahme  der  Lcitungsfaliigkeit  aui'gewogen,  ja  überkompensirt  werden,  wenn  ein 
anderer  eine  Verdünnung  erfahrt.  Eines  der  bekanntesten  praktischen  Heispiele 
bietet  uns  das  Kochen  des  Ruihvveins.  Thatsache  ist,  dass  gekoeiiter  Rothwein 
feiner  ist  und  belebender,  also  physiologisch  wie  ein  verdünnter  Wein  wirkt,  als 
ungekocht«!?,  und  zweifellos  ist,  dass  gewisse  Stoffe  des  Rothweins,  nämlich  alle, 
die  weniger  flüchtig  sind  als  Wasser,  durch  das  Kochen  eine  Concentration  er* 
fahren  haben;  woher  trotzdem  die  grössere  belebende  Wirkung?  Antwort:  der 
Wein  enthält  nicht  bloss  Stoffe,  die  weniger  flüchtig  sind  aL  Wasser,  sondern 
in  seinen  Bouqueten  Stoff  von  weit  grösserer  Flüchtigkeit  als  dieses,  und  diese 
haben  bei  dem  Kochprocess  eine  derartip^e  Verdünniinf};  erfahren,  dass  die  lähmende 
Wirkung,  welche  die  Concentration  rler  wenig  flüchtigen  SiolTe  /weifellos  gehabt 
hätte,  wenn  sie  die  einzige  Veränderung  \s:ire,  überkompensirt  wird  durch  die 
belebende  Wirkung,  die  von  der  Verdünnung  der  Bouquete  ausgeht.  Beim  Reifen 
des  Weins  sehen  wir  dieselbe  Veränderung:  auch  hier  steigt  der  Gehalt  und  ver- 
feinern sich  die  Bouquete,  und  die  Thatsache  der  grösseren  belebenden  Wirkung 
erklärt  sach  aus  der  Ueberkompensirung  des  ersteren  Vorgangs  durch  den  letzteren? 


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7« 


Leinris  —  Lcimir. 


Ganz  dasselbe  findet  bei  der  Trainirung  der  Lebewesen  in  den  Flüssigkeiten  ihres 
Leibes  statt.  Die  Fixstoffe  in  ihnen  (F.iwciss,  Sal/e  etc.)  erfahren  allerdings  eine 
Loncentraiion,  aber  die  Wirkung  derselben  wird  iiberkompensirt  durch  die  Ver- 
dünnung der  fliichriiien  Stoffe,  die  G.  Jagkk  als  T^Desodorisation«:  bezeichnet. 
Dies  wirft  auch  nuch  ein  interessantes  Licht  auf  die  Beziehung  von  Klektricitäts- 
leitung  und  StofiverdQnnung.  Befinden  sich  in  einer  Flüssigkeit  veidQnnte  Stoffe 
in  Lösungi  so  (Uhren  die  Moleküle  derselben  nach  der  in  dem  Art.  »Kraft  und 
Stoff«  vorgetragenen  Lehre  JAcer's  innerhalb  des  Mediums  pendelnde  Bewegungen 
gegen  einander  aus,  die  uro  so  lebbafker  sind,  je  grösser  ihr  Abstand,  also  die 
Verdünnung  ist.  In  einer  solchen  Flüssigkeit  findet  die  Elektricitätsleitung  dess- 
hall)  günstigere  Bedingungen,  weil  sie  von  der  Geschwindigkeit  dieser  Molekular- 
bewequnp;  ebenso  profitirt  wie  die  SchalUeitiing  im  Telephondraht  von  dem 
elektrischen  Strnm,  der  den  Praht  continuirlich  durchzieht,  und  begreiflich  muss 
lkschleunigung  dieser  .Nb)leicularbewegung  die  Leitungsfähigkeit  für  den  clek« 
irischen  Strom  erhöhen.  —  J. 

LdnriSi  R.  Leuckart  (Griech.  mit  glattem  Schwans.)  Nahe  Filarie^  MOlu 
(s.  d.).  Wd. 

Leid,  s.  Lesghier.    v.  H. 

Leleger,  Volk  des  Alterthums  auf  der  HämttS> Halbinsel,  wahrscheinlich 
thrakischen  Stammes.     v.  H. 

Lema,  Fah.  fgr.  Trotz)  und  Criaccris,  GroiTR.  (t^r.  Widder,  Horn),  sind  2 
mit  einander  vermengte  f lattiingsnamen  für  kleine  Rlattkater,  die  man  als  Zirp- 
käfer  be/eichnet  hat  (s.  d.).  Neuerdings  verwendet  man  den  ersten  Namen 
nur  für  die  Arten,  bei  denen  das  Schildchcn  hinten  gestutzt  und  die  Fussklauen  am 
Grunde  verwachsen  sind,  wie  L.  cyanella,  mtlanopa  u.  a.     E.  Tg. 

Lema*  s,  Sehorganentwicklung.  Grbch. 

Itfemavi,  nach  PtolbmAos  eine  Unterabtheilung  der  Callaid  Bracarii 
(s.  d.).     V.  H. 

Lembidae,  Kent  1882,  Gattung  der  Holotrichen  Infusorien.  Wurmförmig» 
freischwimmend.  Mund  ventral  mit  kammförmiger  Membran.  Rand-  und  Cuticular- 
Wimpern  verschieden.  Gatt.  Lemhus  mit  Z.  iubuUOus,  Kent.  Seewasser, 
Jersey.  Pf. 

Lemeth,  Völkerschaft  Hinter-Indiens,  welche  sich  ähnlich  kleidet  und  die 
nämliche  Sprache  redet  wie  die  Does  (s.  d.).     v.  H. 

Lemmus,  Linck,  Desm.  =  Myodes,  Fall  (s.  d.),  Laimus  Mokor,  Desm.  =  Myos- 
fahx  aspalaxt  Brandt,  s.  Myospalax.    v.  Ms. 

Iiemnisci»  v.  Laqtmut  s.  Nerven^stementwicklung  bei  Gehirn.  Gkbch. 

Lemoniidae,  TagschmetterlingS'Familie,  s.  Enrcinidae.    £.  Tg. 

Lemovices,  Volk  des  alten  Galliens,  westliche  Nachbarn  der  Arverner,  die 
Bewohner  des  späteren  Limousin,  reichten  nördlich  bis  zu  den  Bituriges 
Cubi.     V.  H. 

Lemovii,  von  Tacitus  genanntes,  sonst  aber  unbekanntes  Volk  Germaniens, 
wahrscheinlich  nur  ein  Zweig  der  benachbarten  Rugier.      v.  H. 

Lemtua,  Stamm  der  Zcnaga-Berber  am  Senegal.      v.  H. 

LemUT  (L.)  Geoffk.,  Maki,  Gattung  der  Halbaffen  (Frosimiat),  zur  Fam. 
der  ZemiHdä,  Is.  Gsomt.,  gehörig,  mit  angespitzter  Schnauze,  kurzen  Ohren, 
sehr  langem,  behaartem  Schwänze,  etwas  verlängerten  Hinterbeinen,  36  Zähnen; 
die  oberen  Vorderzähne  sind  gleich  gross,  stehen  beide  je  vor  dem  grossen  Eck* 
tahne.  —  Die  15  auf  Madagaskar  beschränkten  Arten  sind  durchwegs  gesellige^ 


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Lemur  —  Lencft. 


77 


gewandt  kletternde  und  springende  Baumbewohner,  die  von  PViiclUen  und  In- 
sekten leben,  des  Tags  verborgen  bleiben  und  erst  mit  Beginn  des  Abends 
schreiend  auf  Aesung  ausgehen.  Die  bekanntesten  Formen  sind:  L.  catta^  L.» 
Makak»,  Katta,  mit  35  Centim.  lang«»!  graurdthlichem  Körper  und  50  Centim. 
langem,  chaiakteristuch  schwarz  und  weiss  geringeltem  Schwänze;  Oberkopf  und 
Hals  aschgrau.  Gesicht,  Ohren,  Unterseite  weisslich;  Schnauze  und  ein  Augen- 
fleck schwarz.  —  Z.  macao,  L.,  der  etwas  grössere  Vari  oder  Mohrenmaki  hat, 
wie  die  folgenden  Arten  einfarbigen  Schwanz;  Männchen  schwarz,  Weibchen 
rostfarbig,  Wangen,  Ftisse  und  Schwanz  weisslich.  Z.  ruber,  Geoffr.,  Rother 
Maki.  —  Z.  coiiaris,  Geoffk.,  Fuchsniaki.  —  L.  mongoz,  L.,  dei  Mongus  (eine 
der  gemeinsten  Arten)  —  L.  anjuatnnsis,  Gkükkk.  etc.     v.  Ms. 

Lemur,  L.  iaräigradus,  L.,  s.  Nyiiu£Öui,  GtoFKR.  L.  psUodactyius,  Schreb., 
s.  Ckiramys,  Cuv.  Z.  vaiam,  L.,  s.  Galtopithecm,  Pall.  Z.  Potto^  Gm.,  s.  Pero' 
dMieus,  (PieradieHiiu),  Benv.  L.  indri.  Gm.,  s.  Liekanaäut  Illig.  Z.  langer,  Gm., 
8.  lütrarkjfnehmt  Jourd.  L*griseus,  GBorFR.,  s.  Hapaiemur.  L,pusilh$s,  Gboffr., 
s.  MkractHs*     v.  Ms. 

LrCinurida,  Gray,  vam  der  Hoeven Ordo />wniwW,  Illig.  (s.  d  ).  F.e mu- 
ri da,  Is.  Geoffr.  (Pithecomorpha,  J.  V.  Gar.)  =  Familie  der  Halbaffen  (Prmimiae)* 
Die  Lemuren  (s.  str  ),  deren  ca.  54  Arten  auf  .\  Unterfamilien  vertheÜt  wurden 
(s.  u.),  zeigen  die  Eigenthümlichkeit  im  Baue  ihres  (]el)isses,  dass  die  ersten 
oberen  Vorderzahne  jeder  Seite  stets  durch  eine  Lücke  getrennt  und  die  dicht 
neben  einander  stehenden  i^meist  etwas  verlangerieu)  unteren  Schneide^aiinc  schräg 
nach  aussen  (vonie)  gericht^  sind;  die  Zkhl  der  Vorderzähne  schwankt  übrigens 
\*  fr  diesen  folgen  -j^  Eckzähne  f  oder  \  Praemolaien  und  \  Molaren;  mit 
Ausnahme  des  bdcralllen  hinteren  Zeigefingers  (2.  Zehe)  tragen  alle  Zehen  Platt- 
nSgel;  4.  Zehe  (Finger)  vom  und  hinten  am  längsten.  —  Die  durchwegs  »licht- 
scheuen, nächtlichent  Lemuren  sind  weder  in  morphologischer,  noch  weniger  in 
biologischer  Hinsicht  genügend  genau  erforscht,  die  wenigen  hierauf  bezüglichen 
Angaben  sind  in  den  Art.  über  die  einzelnen  Gattungen  einzusehen;  letztere  Iiat 
man  in  folgender  Weise  gruppirt:  1.  Inäristna,  Mtv.  flJcharwtinae)  mit  deii 
madagaskarischen  (Jatt.  I.ichauotus.  IiJjr,.,  Propif/iccus,  Hknn.  und  Microrhynchus, 
JoURU.  2.  Lemurina,  Miv.  (s.  d.)  Fuclisaften.  3  Nycticebina,  Miv.,  Loris  mit 
J^tätebus  (Ost-Bengalen  bis  Sad-China,  Bomeo,  Java).  Stenops,  Iixiger,  Lükis, 
Geopfe.  (Gey  ion,  Madras,  Malabar),  PteradUtieits  oder  PtrodicikuSf  Senn.  (Sierra 
Leone)  und  Arctoeehts,  Gray  (Alt-Calabar).  4.  Gakuginimh  Miv.,  Ohrenmakis 
mit  der  in  mehrwe  Subgenera  zerflülten  14  Arten  umfassenden  Galt.  Gahga,  Cuv. 
et  Gkoffr.  (Chirosciurus,  C.  et  Geofpr,,  Äar/«,  Swains.),  die  sich  »vom  Senegal 
und  Fernando  Po  bis  nach  2^nzi bar  und  Natal  verbreitet«.     v.  Ms. 

Lemurina,  Miv.,  Fuchsaffen,  Unterfamilie  der  Lemurida,  Is.  Geoffr.,  die 
Halbaffengattuneen  Lemur,  Geoffr.,  Hapaiemur.  Gkokfr.,  Microcebus,  Geoffr., 
Chirogalms,  Geoh^k.  und  LepUemur,  L  Geoffr.  (Galcoccbus,  W.w.s.),  mit  28  auf 
Madagaskar  beschränkten  Arten  umfassend.  S.  die  Art.  über  die  einzelnen  üatt. 
ferner  >Lemwida*  und  *J¥anmiaei.     v.  Ms. 

Lfennisser,  Tschechische  Slaven  an  der  bdhmischen  Grenze  wohnend,    v.  H, 

Lenca.  Zahlreicher  Indtanerstamm  in  Central-Honduras  und  an  der  Mos- 
kitokdste;  die  L.-Spracbe  wird,  wie  es  scheint,  von  den  Xicaque  oder  doch  in 
ihrer  Nachbarschaft  gesprochen,  hauptsächlich  in  den  Departements  von  Co- 
mayagua  und  Tegucigalpa;  auch  die  Paya  gehören  zu  den  L.  Sie  sind  zum  Theil 
Katholiken  und  leben  in  Frieden  mit  den  Weissen.   Auf  kurze  Zeit  kommen  sie 


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7« 


LendcnanschwelluDg  —  Leni^Lenape. 


auch  an  die  Küste  heranCer,  um  in  den  Wäldern  Holz  xu  ftllen  und  ach  Eisen 
SU  verschaffen.  Sie  haben  schwarzes,  bis  auf  die  Schultern  hängendes  Haar,  sehr 
breite  Gesichter  und  kleine,  aber  sehr  kluge  Augen  und  leben  hauptsächlich  als 

l.andl)auer.  Ucbrigcns  scheint  sich  der  Name  L.  mehr  auf  eine  Sprachenfamilie 
als  auf  einen  besonderen  Stamm  zu  beziehen,  oder  mit  andern  Worten,  ver- 
srhietlcne  Tiulianerstämme  bedienen  sich  der  nämlichen  Sprache,  welche  sie  L. 
nennen.  IHomas  Bki.t  glaubt,  dass  (]\e  L.  die  alten  Einwohner  von  Chonlales, 
d.  h.  die  (lluintal  der  Nahnatl  waren.     v.  H. 

Lendenanschwellung  des  Rückenmarkes,  s.  Nervcns^aienicntwicklung  bei 
Rückenmark.  Gkbch. 

LendenregioD,  s.  Lendenwirbel.  D. 

LendenwirbeL  An  der  Wirbdsäule  der  Wirbelthiere  lassen  sich  lUnf  als 
Hals,  Brust,  Lenden,  Kreuzbein  und  Schwans  bezeichnete  Regionen  unterscheiden. 

Die  Wirbel  der  Lendenr^on,  die  Lendenwirbel  (Vertebnie  lumbales,  s.  abdom^ 
nalis}  schliessen  sich  den  Brustwirbeln  an.  Sic  sind  bei  den  Säugethieren  allen 
vorausgehenden  Wirbeln  gegenüber  mächtig  entwickelt  und  den  Brustwirbeln 
gegenüber  durch  grössere  Be\vec;lirhkeit  und  das  Kehlen  von  Riiipen  ausge- 
zeichnet. Es  sind  meist  fünf  bis  sieben  i  heiiii  Menschen  fünf"!  \Virl>cl  \  orhnnden; 
Abweichungen  weisen  /.  \l.  das  SciuiabcUliicr  und  der  Ameisenfresser  mit  zwei, 
der  Lori  (StcnopsJ  mit  neun  Wirbeln  auf.  Bei  den  Cetaceen  tritt  in  Folge  der 
gänzlichen  Veränderung  der  Bewegung  eine  Abweichung  in  dem  Aufbau  der 
Wirbelsäule  ein.  Hinter  der  Brustregion  hört  die  Gliederung,  da  das  Becken  rudi» 
mentär  geworden  ist,  auf  und  die  I^endenregton  geht  allmählich  in  die  Schwanz- 
regton über,  sodass  von  der  Brust  bis  zum  Ende  des  Schwanzes  eine  allmähb'che 
Abnahme  der  Wirbel  in  (irössc  und  Zusammensetzung  stattfindet.  Was  den  Bau 
der  Säugethicrwirbel  angeht,  so  ist  der  Wirl)t  Ikörper  von  länglich  bohnenförmiger 
Gestalt,  der  nornfortsatz  ragt  dor^.'dwärts  und  ist  wie  das«  l^latt  einer  Axt  ge- 
staltet. Die  starken  (^)ncr{ortsaLzc  sind  platt  gedrückt  und  nacli  aussen  gerichtet. 
Die  Lemlenicgion  wud  bei  den  Vögeln  vcrmisst,  da  die  Wirljel  bis  zum  Kreuz- 
bein mit  Rippen  verschen  sind  und  die  Lendenwirbel  sich  mit  dem  Kreuzbein  ver- 
einigen, indem  bdde»  Kreuzbein  und  Lendenwirbel,  zu  einem  umfangreichen  Ab* 
schnitt  der  Wirbelsäule  verschmelzen.  Die  Reptilien  weisen  in  ihren  ge- 
sammten  Skeletverhältnissen  keinen  einheitlichen  Bau  auf,  wesshalb  auch  die  Bil* 
dung  der  Lendenregion  gewissen  Schwankungen  unterliegt.  Während  die  Wirbel 
am  Rumpftheil  der  Schildkröten  sich  gleich  verhalten  und  eine  Trennung  in  Brust - 
und  Lendenwirbel  nicht  gestatten,  sondert  sich  bei  den  Kidecliscn  und  Kroko- 
dilen eine  l.endenregion  ab,  welche  die  vor  den  Kieu/beinwirbeln  liegende,  mit 
nur  kurzen  Kippen  versehene  Wirbel^iujuie  umfas.st.  Dagegen  lässt  die  gleich- 
massige  Hildiing  der  Wirbel  der  Schlangen  eine  'IVennung  der  Körperregionen 
vermissen.  Wenngleich  bei  den  Amphibien  die  Wirbelsäule  wieder  eine  deut- 
lichere Gliederung  zeigt,  so  ist  eine  Lendenregion  doch  nicht  zu  unterscheiden. 
Dasselbe  gilt  auch  von  den  Fischen,  wo  sich  ähnlich  wie  bei  den  Schlangen 
eine  grosse  Gleichförmigkeit  der  verschiedenen  Theile  der  Wirbelsäule  zu  e^ 
kennen  giebt.  D. 

Lendenwirbelentwicldung,  s.  Skeletentwicklung  bei  Wirbelsäule.  Grbch. 
Leng,  s.  Molva.  Klz. 
LengoÄs,  s.  Guaycuru.     v.  H. 
Lenguas,  s.  Guaycuru.     v.  H. 

Leni-Lenape  oder  die  Delawaren  der  älteren  Reisenden,  jetzt  in  den 

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LendcDM«  —  Leoamtes. 


79 


Kiow«  uihI  V^chita  Agenturen  des  Indianetgebietes  angesiedelt.  Alle  Völker, 
welche  längs  der  amerikanischen  OstkUste  nach  Süden  hin  bis  Cap  Hatteras 
von  ftlteren  Reisenden  aufgezählt  werden,  gehörten  zu  dem  Stamme  der  der 
seinerseits  wieder  eine  Abtheilung  der  Algonkinyölker  bildete.  Irrthfimlicherweise 
wird  mitunter  der  Name  L.  mit  Algonkin  für  gleichbedeutend  erachtet  und  dafür 
gebraucht.  tRenappi«  oder  »Lenaj)e-  hcisst  in  ihrer  Sprache  Menschen,  und  alle 
Stämme  —  es  wnr  deren  eine  1)elrächtliche  Anzahl  —  redeten  eine  und  dieselbe 
Spraclie.  Sie  bildeten  den  Fünfvolkerbund  der  I')ela\varen  —  wie  die  Angloameri- 
kaner ilin  nannten  —  welcher  auch  die  Molic^'an,  eigentlich  Muhhekanen  ein- 
schloss.  Wie  diese  sind  fast  alle  Zweige  dieser  L.  dermalen  ausgestorben.  Die 
letzten  Reste  der  L.  zogen  sich  aus  ihren  ursprunglichen  Wohnsitzen  gutwillig 
immer  mehr  zurück,  zuletzt  in  das  Indianerterritorium  westlich  vom  Missisippi, 
wo  sie  sich  noch  befinden,  freilich  in  sehr  zusammen  geschmolzener  Zahl.  Ur* 
sprflnglich  ein  Jägervolk  mit  allen  VorsE^n  und  Mängeln  der  Indianer,  scheinen 
sie  ziemlich  zivilisiit  worden  zu  sein;  sie  sind  durch  Baptisten,  Methodisten  und 
Mährische  Brüder  zum  Chri&tenthum  bekehrt  und  haben  völlig  europäische  Klei» 
dun^  und  Sitten  angenommen.  Oljwohl  ziemlich  indolent,  sollen  sie  im  Acker- 
bau doch  einige  Fortschritte  gemacht  haben.  Nach  1866  erlaubte  ihnen  ein  Ge- 
setz amerikanisrbe  lUirger  zu  werden,  wovon  auch  die  meisten  Oebrauch  inachien 
und  aufgehurt  haben,  ein  besonderer  Stamm  zu  sein.  Die  Unterschiede  zwischen 
den  einzelnen  Zweigen  der  waren  längst  verwischt;  man  kannte  offiziell  nur 
noch  Delawaren;  jetzt  sind  auch  diese  aufgegangen  in  dem  grossen  V61keige> 
mengsei  der  Union,  in  welchem  sich  ihre  Spuren  fUrderhin  nicht  mehr  verfolgen 
lassen.     v.  H. 

Lentieiises.  Stamm  der  alten  Alemannen  im  Linzgau.    v.  H. 
Leo,  LEhm  ^Zeantnaf  Wacn.,  s.  Felis,    v.  Ms. 
Leodioe,  Sav.,  s.  Eunice,  Cuv.  Wd. 

Leoiiberger  Hunde.  Seit  dem  Jahre  1846  züchtet  der  Oeconom  und  Stadt- 
rath HstMUiCH  EssjG  in  Leonbeig  eine  grosse,  langhaarige  Hunderace,  welche  er 
durch  Kreuzung  des  Neufoundländerhundes  mit  dem  St.  Bemhardshund  erzeugte 
und  später  durch  Vermischung  mit  dem  grossen  Wol&hunde  der  Pyrenäen,  von 
dem  auch  die  alten  Bernhardiner  abstammen  sollen,  zu  verbessern  suchte.  Die 
Leonberger  Hunde  stellen  sonach  ein  Produkt  doppelter  Kreuzung  dar.  Das 
zur  Zucht  hciuttzte  Material  mag  zwar  nicht  immer  sehr  gleichartig  gewesen  sein, 
indess  hat  sich  im  Laufe  mehrerer  Jahrzelinte  ein  /iciiilicl»  constaiiter  Typus  ge- 
bildet, innerhalb  dessen  allerdings  Variationen  hinsichtlich  der  (Irösse,  der  Schädel- 
form, des  Behanges,  der  Nase  (ein  Theil  besit2t  die  von  dem  spanischen  Wolfshund 
ererbte  Duppelnase)  der  Pfotenbildung,  der  Form  der  Ruthe  und  dgl.  bestehen. 
Auch  die  Farbe  ist  verschieden.  Ein  grosser  Theil  der  Leonberger  Hunde  ist 
graugelb  und  besitzt  dunkle  Haarspitzen  an  der  Oberseite  des  Körpers,  dunkle 
Schnauze,  Lippen,  Ohren-  und  Ruthenspttze.  Sie  gehören  zu  den  grössten  und 
schönsten  der  langhaarigen  Hunde.  Man  rühmt  ihnen  Gutmttthigkeit  und  Klug* 
heit  nach.  Als  Wächter  des  Hofes  lassen  sie  sich  ebenso  gebrauchen  wie  als 
Gespielen  der  Kinder.  Auf  dem  St.  (">(iithardthosj)iz  versehen  dieselben  seit  dem 
Jahre  1861  die  Stelle  der  nicht  mehr  cxistirendcn  Barry-Abkömmiinge.  R. 

Leonnatus,  Krsn.  (Eigenname?)  Gattung  der  Horstenwürmer.  Ord  JVo/o- 
branchiata^  Farn.  Glyceridae.  Mit  zwei  Hauptkiefern  und  zahlreichen  in  einen 
Ring  verwachsenen  Nebenkiefern.  Wd. 


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Leoniscbc  Schafe  —  LepercM« 


Leonische  Schafe,  ein  hervorragender  Stamm  der  spanischen  WandettchAt> 
raccR.  R. 

LieontiSv  Malmg.  (Eigenname?).  Untergattung  von  Ntreis,  Cuv.  Hierher  die  be- 
rühmte N,  DumirUü^  Audovin  et  Edwards.  Aus  der  Nordsee.  Nach  Clapar^es 
Beobachtungen  herrscht  ])ei  dieser  Art  ein  mehrfncher,  sonderbarer  Polymorphis- 
mus.   Während  nämlich  einige  Individuen  als  N.  Z?///f/^r///7  gesrhlechtsreif  werden, 

enlwirkeln  sich  andere  /nr  Ufteronerrh  s.  d.,  und  diese  trennen  sich  nun  wieder 
je  nach  der  Jalireszeif  in  zwei  verschiedene  Formen,  von  welchen  die  eine  in 
Röhu  n  Iel)t,  wahrend  die  aiidere  frei  schwimmt.  Kiidlicli  exislirt  noch  eine  her- 
maphroditische Form  derselben  Art.    »S.  auch  Aereis.  Wo. 

IteontooebiiB,  ^KQ»,^Le4>ntopiihectts,  Less.  Untergattung  von  HafaU^  Illig.» 
s.  dort  und  Mtdas^  Geoppr.     v.  Ms. 

Leonura  (gr.  Löwenschwanz),  Häckel,  (i88  iMonogr.  der  Medusen).  Tiefsee- 
Discomedttse  aus  der  Familie  Cramhessidae .  IV. 

Leqpardennatter  =  Callopeltis  quadrUhiaUus,  Pallas.  Pf. 

Leopardenziesel  (Spermophilus  Hooäü,  F.  Cuv.  =»  Sp,  treäecimlimaius 
[MlTCHiLL-  Ai'D.  et  Bach),  s.  Spermophilus.     v.  Ms. 

Leopardus,  CiKay.,  s.  Felis.     v.  Ms. 

Lepadidae,  En tenniu schein,  Familie  der  Krebse  au;>  der  Ordnung  der 
Cirripedia  (s.  d.).  Das  seitlich  xusammengedrückte,  glatte,  dreiseitige  Gehäuse 
ist  in  der  Regel  mit  fUnf  Kalkplatten:  einer  unpaaren  (Carina)  am  RQckentheil» 
zwei  seitlichen  am  Vorderende  (Scuta)  und  zwei  kleinen  am  Hinterende  (Terga) 
versehen  und  sitzt  auf  einem  biegsamen  muskulösen  Stiel,  welcher  an  Felsen, 
Korallen  oder  auch  an  im  Wass  r  hewc  t  i  rlen  Gegenständen  wie  Schiffen  und 
sogar  an  lebenden  Thieren,  Muscheln  und  iiai6schcn  sich  anheftet.  Den  Namen 
»Entenmtisrheln  -  \ erdanken  die  Thiere  dem  auch  in  älteren  Naturgeschichten 
verbreiteten  Aberglauben,  dass  aus  denseil>en  die  Bernikel^anse  sich  entwickelten. 
Nach  der  Anzahl  und  der  grösseren  oder  geringeren  KuKaltunc;  der  Kalkplatten 
werden  eine  Anzahl  von  Gattungen  unterschieden.  Die  bekannteste  ist  Lepas,  L. 
Mantel  mit  fUnf  ungetbeilten,  aneinander  grenzenden  Platten.  Kiemenanhänge 
nur  an  der  Basis  des  ersten  Cirrus.  Z.  anaHfera%  L.,  im  atlantischen  und  indischen 
Ocean  und  Mittelmeer.  Rchw. 

X^epadogaster,  Gouan.  Fischgattung  der  Familie  Gohusccidae  (s.  d.),  früher 
zu  den  DiscoboH  (s.  d.)  gerechnet.  Hinterer  Abschnitt  des  Haftorgans  mit  freiem 
Vorderrand.  Schnauze  platt,  mit  sehr  kleinen  Zähnen.  Mehrere  Arten  im  Mittel- 
meer. Klz. 

Lepcha,  s,  I.epi.sclia.     v.  H. 

L^peros,  d.  h.  Aussätzige,  Bezeichnung  fiir  das  eine  mit  vielem  Indianer- 
und  Negerblut  gemischte  Mcnschenklassc  bildende  Piolutariai  der  mexikanischen 
Städte.  Der  ist  zu  allen  Arbeiten  zu  gebrauchen,  die  weder  Anstrengung  noch 
Kenntnisse  erfordern.  Er  stiehlt  und  spielt  und  weiss  mit  gleicher  Virtuosität 
die  Mandoltne  und  das  Messer  zu  handhaben.  Bisweilen  bedient  er  sich  auch 
des  Lasso.  Sein  Gewissen  ist  äusserst  elastisch.  In  Bezug  auf  Wohnung  und 
Kleidung  ist  er  ebenso  genügsam  wie  der  Indianer,  versteht  es  mch  in  alle  Ex- 
treme zu  ftigen  und  des  Glückes  Launen  zu  beniit/en  oder  umzustimmen.  Die 
bessere  Kla<;se  der  L.  besteht  aus  Verkäufern  von  Zeitungen,  Wasserträgern,  Last- 
trägern und  herum\sandernileii  Scluilifbckem.  Die  schlimmsten  sind  die  ver- 
kommenen Sohne  wolilliabender  Kitern,  Winkeladvokaten,  abgesetzte  Schreiber, 
verabschiedete  Offiziere,  luinirte  Krämer  u.  s.  w.     v.  H. 


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it 


Lepeta  (von  gr.  /e/fas,  Schale),  Gkay  1840.  Kleine  Pateiia-SLfixg^  Meer- 
schnccke,  aber  ohne  Kiemen  und  oliiie  Au^en;  eine  mittlere  Zahnplatte,  die  den 
Patellcn  fcl)U,  und  nur  zwei  seitliche,  diese  dcucn  der  l'aielicn  ahnlich.  Schale 
glanzlos,  weisslicb,  fein  radial  gerippt.  Z.  e^eea,  Müllbr,  in  4er  Nordsee,  in 
massiger  Tiefe,  nicht  ganz  i  cm  lang,  im  höheren  Norden  grösser.  K  v.  M. 

Lepidia,  Sav.  (griecb.«mit  Schuppen).  Gattung  der  Borstenvflrmer,  Ord. 
N^tohranehiaia,  Nach  GRUBE  in  der  Nähe  der  Gattung  SigalwHt  Aui>.  und  £dw. 
gehörig.  VVd. 

Lepidocephalichthys ,  Bi.lfker  (gr.  lepis  Schuppe,  cephalon  Kopf,  ichthys 
l'isch).  Gattung  der  Karpfciilische  (s.  Cypriniden),  specieller  der  Scl  merlen 
(s.  Acanthopsidae).  Die  bei  einigen  Arten  dieser  Familie  (vergl.  Sc  hlammpcitzker) 
bekannte  Fähigkeit,  verschluckte  Luft  an  der  Darmtläche  zu  absorbiren,  scheint 
bei  dieser  Gattung  am  höchsten  entwickelt,  da  dieselben  nach  Dobson  24  Stun- 
den ausserhalb  des  Wassers  leben  kann.  Ks. 

Lcpidodactylus,  Fitzinoer.  Geckotiden-Gattung  mit  mehr  oder  weniger  ver- 
breiterten Fingern,  frei  oder  mit  Rudiment  eines  Hautsegels,  unten  mit  queren  La« 
mellen,  die  durch  Median-Fiirchen  getheilt  werden,  mit  sehr  kurzer,  compresser, 
distal  mit  Nägel  versehener  Erhebung  an  den  Fingerspitzen,  innerer  Finger  na- 
gellos. Körper  mit  kömigen  Schuppen,  unten  mit  tief  gereihten  oder  schwach 
ziegeligen  Schuppen.  Pupille  vertikal.  Ohne  oder  mit  Präana'.-  oder  Schenkel- 
poren.   Ostindien,  Polynesien,  Südwest-Australien.    10  Arten.  Pf. 

Lepidogrammus,  Rena.  (gr.  lepis  Schuppe,  granme  Linie).  Gattung  der 
Vogelfamilie  Cuculidae,  insonderheit  zu  der  Unterfamilie  der  Buschkukuke  (Zan- 
chstominai)  gehörig.  Die  Form  steht  der  Gattung  Zanelostmus  sehr  nahe,  hat  aber 
etwas  kttrzeren  und  breiteren  Schwans  und  verhJUtnissmflssig  kürzeren  und  höheren, 
stark  seitlich  susammengedrückten  Schnabel.  Die  seitlichen  Oberkopffedem  sind 
gegen  einander  gerichtet  Und  bilden  so  einen  Helm,  die  mittleren  endigen  in 
glänzende  Homplättchen.  Auch  die  Kehlfedem  sind  verlängert  und  die  mitt- 
leren derselben  an  der  Spitze  mit  Homplättchen  versehen.  Zur  Zeit  kennt  man 
nur  eine  auf  den  Philippinen  heimische  Art,  den  Schuppenhelmkukuk, 
Z.  Cumingi,  Fras.  Rchw. 

Lcpidonote,  Oerst.  (gr.  =  Schuppenrücken).  Gattung  der  Borstenwürmer. 
Ord.  NotobrancMaiat  Farn.  Apkroditidat.  Nach  Grube  zur  Gattung  Polynoi,  Sav., 
gehörig  (s.  d.).  Wl>. 

I^epidophyma,  A.  Duheril,  Centralamerikanlsche  Xanthusiden-  (Lacertilien«) 
Gattung  ohne  St^oMtäaria;  t  PrmitaUa^  die  eine  LMngsnaht  bilden;  Frtmi»- 
parittalia  gross.  Interparietale  von  den  Tempornlia  trennend.  Dorsalschuppen 
kömig,  mit  grossen  Tuberkeln  untermischt*  Keine  Platten  an  der  KehUalte. 
X  Art,  Z.  flavomarultjtufft,  A.  Dum.     Pf.  • 

Lepidopleuriden,  Voung  (gr.  Upis  Schuppe,  pkurd  Rippe),  Gruppe  fossiler 
Fische,  gleichbedeutend  mit  den  Pycnodonten  dieses  Werkes.  Ks. 

Lepidopleurus,  s.  Chiton.     E.  v.  M. 

Lepidoptera,  L.  (gr.  Schuppe,  Flügel),  s.  Schmetterlinge.     £.  To. 
LepidopterSpEntwicUung,  s.  Tracheaten-Entwicklung.  Grbch. 
Lepidopus»  s.  Trichiurus.  Ku. 

LepidostdUleQ»  Huxley,  Knocbenhechte  (gr.  Upis  Schuppe,  wiUos  knöchern), 
Fisch-Familie  der  Rautenschmelzschupper  (s.  RhombolepidotiX  mit  kegelförmigen 

Zähnen,  grossen  Schuppen,  einfacher  Afterflosse  und  ein  bis  zwei  Rückenflossen. 
Sie  beginnen  schon  im  Devon,  bleiben  bis  zum  Lias  iast  ausschliesslich  hetero- 

200t.,  Aathropol.  u.  EUinologi«^   Bd.  V.  ( 


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8a 


Lepidosternon  —  I.eporiiUL 


ccrk;  von  da  ab  nimmt  die  Za'.  l  der  hmiiocerkcn  Formen  7:11.  Dnch  ist  die 
einzige  noch  existirende  Gattung,  JUpidosUus  (s.  d.},  LAC£;pto£,  deutlich  hetero« 
cerk.  Ks. 

Lepidosternon,  VVaülilr.  Amphisbacniden-Gattung  mit  im  Rostrale  Hegen- 
den Naslöchern.  Kopf  flach,  mit  vorstehender  Schnauze,  Pectoral-Segmente  ver- 
breitert; scarke  Kehlfalte,  Schwanz  cylindrisch,  stumpf;  keine  FracanaUPoren. 
SOd-Amcrika.   16  Alten.  Ff. 

LepidoBteus,  LxcApfeDE  (Agassiz),  Knochenhecht  ^r.  UpU  Schuppe,  ositos 
knöchern),  Gattung  der  T-epidüsteiden  (s.  d.),  heterocerk,  mit  schnabelartig  ver- 
längerten, viele  kegelförmige  Zähne  tragenden  Kiefern.  Eine  kleine,  weit  hinten 
liegende  Rückenflosse,  deren  erster  Strahl  \vic  der  der  übrigen  Flossen  von 
Fulkren  (s.  d.)  überdeckt  ist.  Fine  lialhe  Kieme  am  Kimendeckel,  drei  Kiemen- 
bautstrahlen.  Klappen  im  lUilbiis  aitcriosiis  /ahlrcicli,  in  9  Reihen  Schwimm 
blase  in  zwei  Hälften  getheiit,  mit  dem  Oesuphagus  communicirend.  Geschlechts- 
drüsen in  ununterbrochenem  Zusammenhange  mit  ihren  AusfUhrungsgängen. 
Mehrere,  einander  nahe  vervrandte  Arten  leben  in  SüssgewfisMm  Notd-Ameiika's, 
als  gefrflssige  Raubfische,  bis  Aber  i  Meter  lang,  schmackhafte  Speise  (s.  auch 
Fischentwicklung).  Ks. 

Lepidotini,  Huxi  f\  'gr.  Ar/»  Schuppe),  eine  Gruppe  ausgestorbener  Fische, 
welche  im  Wescntlicl.cn  den  T.eiiidostciden  d.  W.  (s.  d.)  entspricht,  mit  Aus- 
scMnss  der  ältesten  (devonischen)  Gattung  Chirolepis  und  der  jüngsten  (recenten) 
Ltpidosteus.  Ks. 

Lepidotrias,  Wlinland.  (gr.  =  mit  drei  Schalen).  Untergattung  von  Hyiiuno- 
kj>is,  WtiNi.AND,  Farn.  Taenioidcac.  Ord.  Cestoda.  In  dieser  Gruppe  vereinigte 
W.  diejenigen  Arten  von  Hymenatepis,  welche  drei  weiche,  elastische  Eischalen 
besitzen.  Sie  leben  in  insektenfressenden  und  Omnivoren  Säugetliieren,  hier- 
her t.  B.  L.  murina,  Dujard.  ~  Den  L.  gegenüber  stellte  Weinland  die  Untere 
gattung  Ditepis  mit  zwei  weichen  Eischalen,  wozu  gegen  hundert  Vogeltaenien 
ge^iöicn.    S.  auch  Hymenolcpis.  Wn. 

Lepilemur,  Ts.  Cf.offr.  ,  Frettmaki,  synon.  Galcodbus.  VVacn.  H.ilbaffen- 
gattnng  der  Farn.  Lemurida,  Is.  Gkoffu.  (zur  Subfam.  Lemurina,  M!\.,  gehörig), 
ohne  iil>ere  Schneidezähne,  mit  kur/cin  ccniisdiem  Kopfe,  ziemlich  grossen  Ohren ; 
Schwanz  von  \  Korpei länge.  Hierher  nur  die  einzige  madagaskarischc  Art:  Z. 
mustelinui,  Is.  Geoffr..  rother  Frettmaki;  oben  roth,  Kehle  weiss,  Stirn  und 
Wangen  grau,  unten  gelblichgrau,  letzte:;  Schwanzdrittel  braun.  Körper  46, 
Schwanz  ca.  30  Centim.  lang.  —  Lipilemur  iriseus,  Is.  Geoffr.,  ist  Hapalemur 
griseut,  ScLATBR,  s.  Hapalemur.     v.  Ms. 

Lepisma  (gr.  Schuppe)  saecJItarina,  L.,  Fischchen,  Zuckergast,  s.  Thy- 
sanura.     E.  Tg. 

Lepocellulae,  Cattaneo  1880,  Protoplastiden  mit  Haut  und  Kern.  Pp. 

Lepocytoden,  CAiTANEt»  18S0.    Protoijla^tiden  (s.  d.)  mit  iiuut.  Pf. 

Lepolobosae,  Macgi  1880.  Ordnung  der  Rlüiopoda  Loäesa,  gegründet  auf 
die  Callung  Nuclearia.  Pf. 

Lepontü,  altrhätischer,  nicht  keltischer  Votksstamm  in  den  .Ailpcn,  von  denen 
ein  Theil  noch  nach  ihm  die  lepontischen  Alpen  heiss^  vom  südlichen  Abhänge 
des  St.  Gotthard  bis  gegen  den  Langensee  hin  im  Kanton  Tessin  wohnhaft,   v.  H. 

Leporina,  Waterb.,  hasenaitige  Nager;  der  eigenthflmlichen  Stdlung  der 
Schneidezähne  wegen,  deren  äussere  hinter  den  grösseren  inneren Utngsgefurchten 
stehen,  von  Waonir  auch  als  Duplicidentata  bezeichnet,  welchen  gegenüber 


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Lcposoma  —  Leptobrachinac. 


83 


neuerdings  von  E.  COUES  und  J.  A.  Allen  die  übrigen  Nagerfamilicn  als  »Sim- 
|)licident.itaf  zusammengefasst  wurden.  —  Die  L.  (Subord.  Leporida)  charak- 
terisiren  sicli  ausserdem  durch  gestreckten,  stark  romprimirtcn  Körper  und  Kopf, 
grosse  Augen,  sehr  bewegliche  Ljpjicn,  kur/.cn  oder  nöIÜl:  rudimentären  Schwanz, 
5  Vorder-,  4  Hinterzehen  und  weichen  glatten  ?el/.  Die  Zahl  der  Sd  neidc- 
2ähne  ist  jederseitä  \,  diesen  folgen  ^  oder  Backenzähne  aus  2  Querlumciien 
tiestehend  und  mit  offenen  (»nkbt  abgegliedertent)  Wurzeln  versehen.  —  Osteo- 
logisch  wäre  bemerkenswerth  'die  mediane  Vereinigung  der  Fcramna  optica,  die 
spongiöse  rei^.  porlise  BeschafTenheit  der  lateralen  Fläche  des  Oberkieferknochens 
(sahireiche  mit  der  Nasenhöhle  cummunicirende  Oeünungen)  bei  L^tts  (hei 
Lagomys  findet  sich  an  der  Vorderfläche  des  Supramaidtlare  nur  eine  grössere 
Oefir  img"),  ferner  die  Grösse  der  Fora mina  incivisa,  die  Kürze  des  harten  Gaumens, 
der  nur  eine  Brücke  zwischen  den  4  vorderen  Alveolen  der  Oberkieferbackzähne 
darstellt,  die  Anchylosirung  der  Tihia  und  Fibula  in  ficr  inneren  Hälfte  u.  s.  w.  — 
Am  Schädel  werden  nicht  selten  accessorische  Knochenfortsätze,  so  namentlich 
in  der  fossa  pterygoiäea  und  an  der  Bulia  tyntpanica  beobachtet  (Mojsisovics).  — 
Was  die  Weichtheile  betrifft;  so  ist  die  dichte  Behaarung  der  inneren  Backen- 
fläche  bis  zu  den  Backzähnen,  eine  knorpelharte  Platte  am  Zungenrflckenp  die 
enorm;  Grösse  des  colonartigen  Blinddarmes  unter  anderem  erwähnenswerth. 
Die  Hasen  sind  mit  Ausnahme  \on  Australien  zwar  über  alle  Regionen  ver- 
breitet, speciell  charakteristisch«  sind  sie  aber  nur  für  die  nearktische  und  pala- 
jirktisclie  Rec^ion;  nur  eine  Art  lebt  in  Siid-Atncrika.  Ca.  50  (?)  Arten  werden 
bcschricljcn  und  zu  diesen  gesellen  sich  noch  püocänc,  res]),  miocäne  Formen 
atis  F.uropa  und  Amerika.  In  biologischer  Beziehun;^  scheinen  sicli  die  L.  c.  p.  sehr 
übereinstimmend  zu  verhalten.  Sie  bewohnen  theils  die  freien  Ebenen,  iheils 
die  Hochgebirge  (bis  in  die  Schneeregion};  durchwegs  sind  sie  scheu,  sehr 
fitichtig,  äugen  gut  und  hdren  vortrefflich;  natürliche  oder  selbst  gegrabene  Höhlen 
sind  häufig  ihre  Zufluchtsorte;  ihre  Aesung  besteht  aus  Kräutern,  Wurzeln,  Baum- 
rinde, Kno^n,  Früchten,  Körnern  u.  s.  w.  —  Man  unterscheidet  9.  recente 
Gattungen:  L«tg»mys,  F.  Cuv.  und  Lepus,  \..     v.  Ms. 

Lcposoma,  Spix,  südamerikanische  Tejiden-Gattung  mit  i  Art.  PP. 

Lepostemum,  W  aclkk,  s.  Lepidosternon,  Wc.i..  Vv. 

Leptaena  (von  gr.  Up/os  dünn,  zart),  Daim.an  182S,  ausgestorbene  Brachio- 
poden-(raitung  aus  der  Verwandtschaft  von  Orthis,  trci  mit  ganz  kleiner  oder 
fehlender  Schnabelöfihung,  ßach,  mit  langer  SchlossWnie,  Rückenschale  coucav, 
Bauchschate  gewölbt,  innen  4  grosse  Muskeldndrttcke.  Hauptsächlich  palaeo* 
zoisch  im  Silur,  Devon  und  Roblenkalk,  einzelne  Arten  noch  später  bis  zum 
Uas,  L,  ßasma.     E.  v.  M. 

X^eptiaaria,  s.  Tomatellina.     E.  v.  M. 

LeptiS,  Fab.  (gr.  dünn),  Schnepfen  fliege,  gestreckte,  wachsgelb  und  schwarz 
gezeichnete,  Fliegen,  die  sich  an  feuchten  Stellen  aufhalten,  einen  kegelförmigen, 
ungegliederten  Kndgrifl'el  mit  einer  Horste  an  den  Fühlern,  3  Nel)enaugen  auf  dem 
Scheitel  und  einen  senkrecht  vorstellenden,  sch nabelartigen  Rüssel  haben,  vor 
welchem  kein  Knebelbart  steht.     E.  To. 

Leptobrachinae  (gr.  Uptos  dUnn,  branchwn  Arm),  Haeckkl,  Medusen-Sub- 
familte  aus  der  Fam.  Cran^besudae  (Unterordnung  Rhigou^metUt  Ordo  Discomedu' 
saej.  Ohne  frde  Oberarme,  sowie  mit  bandförmigen,  sehr  verkürzten  und  dünnen 
Unteiannenj  welche  gewöhnlich  nackt  and  und  nur  am  distalen  Ende  ein  quasten- 
iöraiiges  Büschel  von  Saugkrausen  tragen.    Pf.  . 

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84 


Leptobrachites  —  Lcptoccphaliden. 


Leptobrachites  (gr.  Uptos  dUnn,  hvehion  Ann),  fossile  Qualle  aus  dem  litho- 
graphischen Kalk  von  Solenhofen.  Pf. 

Leptocardii,  Jon.  Müi.lkr,  Röhrenherzen  (gr.  leptos  dünn,  schlank,  eardia 
Herz),   meist   als   eine    L'ntcrabtlieilung   der  Fische   (s.   Piscesj  belrachlet,  von 
einigen  (Hackhl)  auch  unter  dem  Namen  Acrania  allen  iibrigen  Wirbelthieren 
(Craniota)  gegenübergestellt;  von  noch  anderen  endlich  ganz  aus  der  Reihe  der 
Wirbelthiere  ausgeschieden  und  den  Mantelthieren  (s.  Tunicata)  gesellt  Für  alle 
diese  Ansichten  der  Systematiiker  liegen  nicht  su  unterschätzende  GrOnde  vor. 
Von  allen  ttbrigen  Wirbelthieren  unterscheidet  sich  der  Vertreter  dieser  Gruppe 
erstlich  durch  das  Fehlen  einer  als  Gehirn  zu  deutenden  vorderen  Anschwellung 
des  Centrainervensystems,  sowie  demgemäss  einer  erweiterten  Skeletkapsel  dafür, 
eines  Schädels;  sodann  auch  durch  den  Mangel  eines  eigentlichen  Wirbelthier* 
herzens,  statt  dessen  sich,  wie  bei  den  Würmern  ein  pulsirendes  Längsgeföss  vor- 
findet, das  eine  grosse  Zahl  in  der  Wurzel  ebenfalls  pulsirender  Seitengefässe  in 
den  Kienicnkorb  nusseiuiet,  welelie  sich  zu  einer  ebenfalls  pulsirenden  .Aorta  ver- 
einigen.   Auch  die  l  arblosigkeit  des  Blutes  theilen  die  L.  nur  mit  den  Leptoce- 
phaliden  (s.  d.).  Dagegen  bleibt  eine  entschiedene  Wirbelthierähnlichkeit  ersicht- 
lich in  dem  Besitze  einer  Chorda  tbrsalis  und  ganz  besonders  in  der  Anordnung 
der  Muskulatur;  will  man  noch  weiter  gehend  eine  spedfische  Fischähnlichkeit 
6nden,  so  würde  die  Körperform,  die  unpaare  Flosse,  die  den  Körper  umzieht, 
der  Kiemenkorb,  der  sogar  etwas  an  den  der  Cyclostomen  (s.  d.)  erinnert,  und 
der  forus  abdominalis  zu  erwähnen  sein.  —  Der  Vergleich  mit  den  Mantelthieren 
(  runi(  aten)  stdtzt   sirh   vornehmlich  auf  das  Vorkorammen  einer  Chorda  bei 
einigen   derselben  und  den  T-arven  anderer;   femer   auf  die  Vergleichbarkeit 
der  Pharyngealhöhle  der  Leptocardier  mit   derjenigen   der  Tunicaten,  sowie 
des  Porus  abdominalis  jener  mit  der  Mündung  des  Cloakalraumes  bei  diesen; 
auf  das  altemirende  Austreten  der  Seitennerven  aus  dem  Centrainervensystem  bei 
den  L.  wie  bei  den  Appendicularien;  femer  auf  das  Vorhandensein  unpaarer 
Sinnesorgane  und  eines  Endos^ls  (s.  d.)  bei  beiden.   Von  letzterem  ist  freilich 
in  der  ThymusdrUse  der  übrigen  Wirbelthiere  ebenfalls  ein,  wenn  schon  rudimen- 
täres Homologon  vorhanden.   Erkennt  man  nun  nicht  etwa  in  der  einen  oder 
anderen  dieser  Ucbereinstimmung  einen  täuschenden  Zufall,  so  wird  man  immer 
die  Leptocardier   als  Bindeglied  zwischen  Tunicaten   imd  Vxitebraten  ansehen 
müssen;  entweder  so,  dass  man  sich  T-eptocardier  aus  Tunicaten,  Vertebraten  aus 
Leptocardiern  entstanden  denkt  (Haeckel),  oder  umgekeiut  in  den  Leptocardiern 
und  vollends  in  den  Tunicaten  rttckgebildete  Wirbelthiere  erblickt  (Dohrn)  oder 
endlich,  was  angesichts  vieler  Einwände  gegen  jene  Hypothesen  am  ehetten  zu 
vertheidigen  sein  möchte,  die  L.  als  Ueberrest  einer  Thierklasse  ansieht  aus 
denen  sich  einerseits  grösstentheils  durch  Rückbildung  die  Tunicaten,  anderer- 
seits, grösstentheils  durch  fortschreitende  Differenzirung,  zumal  der  animalischen 
Organe,  die  Vertebraten  entwickelt  haben.   Specielleres  über  die  Organi.sation  d. 
1,  s.  unter  >l. anzettfisch.«    Ebendaselbst  finden  sich  Angaben  über  die  ein- 
schliigige  I-iteratur.  Ks. 

Lrcptocephaliden,  Bonafarte  (von  Lcplocephalos,  Gattungsname)  =  Helmich- 
thyiden,  Köllikek,  eine  kleine,  noch  immer  etwas  räthselhafte  Fischgruppe,  aus 
glasartig  durchsichtigen,  rippenlosen  Thierchen  bestehend.  Das  Skelet  ist  aus- 
schliesslich knorpelig,  höchstens  mit  kleinen  Ossificationen.  Körperform  bei  den 
einen  cylindrisch,  bei  den  anderen  compress.  Blut  bei  jenen  roth.  bei  diesen 
kaum  geOiibt   Zwei  Nasenlöcher.  Mediane  Flossen,  wenn  vorhanden,  zusammen* 


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Leptoccrus  —  LeptomediiBw. 


iiangcnd.  Baucliflossen,  zuweilen  auch  Brustflossen  fehlen.  Geschlechtsorgane 
fehlen.  Länge  1)is  gegen  50  Cendm.  Daas  die  L.  Larvenformen  anderer  Fische 
■den,  ist  hiernach  sehr  wahrscheinlich;  und  zwar  kann  es  als  sicher  ange- 
nommen werden,  dass  es  theilweise  junge  Muraeniden  sind  (LepioeepMu  «  Coh- 
ger;  Hyoprorus  =  Nettas^ma)^  S^imsmniuhis  wird  fttr  einen  jungen  Stomias 
(s.  Salomoniden)  und  Esunculus  lllr  einen  jungen  Akpouplu^  (s.  Clupeiden)  ge- 
halten, während  endlich  TUurus  wahrscheinlich  überhaupt  nidit  xu  den  Physos- 
tomen  gehört.  Ks. 

Leptocerus,  Wagn.,  Subpenus  von  Antilope,  Wa(;ner,  charakterisirt  durch 
die  langen,  geringelten,  parallelen,  nur  wenit:  r  u  k  värts  gekrümmten  Horner,  die 
beiden  Geschlechtem  zukommen.  —  I  hrancngruben  selir  klein,  keuie  Maücl.  — 
Die  hierhergehörige  Art  ÄnHhpe  lepiaeeroSt  Fr.  Cuv.  (A.  kucoHst  Wagn.),  die 
tlanghömige  Gazellec  ist  lichtfalb,  seitlich  mit  dunkler  Linie,  unten  weiss  gefilrbt. 
Heimath:  Nord-Afrika,     v.  Ms. 

Leptochiton,  s.  Chiton.     E.  v.  M. 

Leptoclinum«  s.  Didemnium.     E.  v.  M. 

Leptoconchus,  s.  Magilus.     K.  v.  M. 

Leptodactyla,  Illig.,  synon.  Chiromyida»  Bonap.,  Giiromorpha,  J.  V.  Car.  etc. 
s.  Chiromys,  Cuv.      v.  Ms. 

Leptodeira,  Fitz.,  s.  Leptodira.  Pf. 

Leptodera,  Dujarain  (gr.  Enghals),  Gattung  der  Nematoden,  Fam.  AnguU- 
hüUat.  Kleine  WOnner,  die  zum  Theil  frei  leben,  znm  Thei!  parasitisch  in 
Nacktschnecken  hausen.  Mund  meist  mit  Lippen;  Schwanz  des  Fem.  spit^  un- 
symmetrisch«  die  Spitse  oft  zackig;  Schwanz  des  Mas.  mit  oder  ohne  Bursa, 
immer  mit  drei  praeaxialen  Papillen.  Zwischen  Oesophagus  und  Mund  ein 
VesHbuIum;  Oesophagus  mit  Anschwellungen.  Entwicklung  durch  eine  Larvenform, 
die  gewöhnlich  in  der  Frde  oder  in  Wasser  mehrere  Wochen  leben  kann,  ohne 
Nahrung  zu  sich  zu  nehmen.  Findet  dieselbe  aber  nach  dieser  Zeit  keine  ft!r 
sie  passende  Gelegenheit  zur  Weiterentwicklung  (faulende  Substanzen  oder  aucli 
Nacktschnecken),  so  stirbt  sie.  Hierher  L.  oxophiia,  Mull.,  das  bekannte  Essig- 
älchen  (s.  d.).  Ferner  L.ßexilis,  Dujaro.,  nicht  selten  in  Umax  dtiereoniger, 
sodann  mehrere  Arten  in  feuchter  Erde  und  faulenden  Substanzen.  Auch  eine 
Art,  Z.  mmbrwMsat  ScmnuDBR,  im  Darm  dnes  brasilianischen  Frosches.  Wd. 

Leptodira,  Fitzincer,  Schlangengattung  aus  der  Familie  D^sadidae  mit 
dreieckigem,  niedergedrücktem,  breit  abgesetztem  Kopf.  Rostrai e  mässig,  i  Präo- 
culare,  Frenale  bis  zum  Auge  reichend,  Schuppen  der  Riickenlinie  nicht  ver- 
grossert.    Stid-Amerika  und  Süd-Afrika.  Pf. 

Leptodiscus  (gr  discm  Scheibe),  Hertwig  1877.  Eine  den  Noctilukcn  ver- 
wandte, eine  eigene  Gruppe  bildende  Protisten- Gattung.  (Jen.  Naturw.  Zeit- 
schrift XJ).  Pf. 

LeptognalfaiiSf  Duaieul  und  Bdron.  Gattung  der  Schlangenfamilie  Dipsa- 
iUdae  mit  4  eckigem,  nicht  abgeflachtem  Ko{^.  Schuppen  glatt,  die  der  Rttcken- 
linien  grösser.  Subcaudalia  zweireihig.  Zähne  gleich.  Pr. 

Leptolaimus,  ds  Man.   (Griech.  mit  engem  Hals).   Gattung  freilebender 

Nematoden.  Wd. 

Leptolepiden,  Ptctet,  (gr.  Icptos  dünn,  Ifpis  Schuppe),  eine  besonders  im 
Jura  vertretene  Gru])pe  von  Fischen,  die  wir  unter  die  Rastfische  (s.  Amiaden) 
einbegriffen  haben.  Ks. 

Leptomedusae,  Hackel  1879  (System  der  Medusen).    Ordnung  der  Cras- 


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86 


Leptomona»  —  Lcptoptilus, 


pedoten  Medusen  mit  Pinnessellen  an  der  Unterseite  des  Velum  oder  am  Schirm- 

rand,  zerstreut  oder  entweder  in  Hörgraben  oder  Hörbläschen  von  verschiedener 
Zahl  vereinigt.  Otolithen  t  ^  ^  dermalen  Ursprungs.  Canal-Gonaden,  d.  h.  Ge- 
schlechtsorgane als  band-  oder  Icnospenförmige  Wülste  im  Verlauf  der  Radial« 
canäle.  Pf. 

Leptomonas,  Kkni*  (1882,  Manual  of  thc  Infusoria).  Freiscliwimmende 
Flagellate  ohne  Mund,  lornihestandig,  länglich,  zugespitzt,  vom  mit  langer 
Geissel.  Pp. 

Lepomoneres.   Ordnung  der  mit  Skelett  versehenen  Moneren.  Pp. 
Lqiton»  (gr.  dttnn),  Turton  1823,  kleine  Meermuschel  aus  der  Familie  der 
Ludniden  im  weiteren  Sinn»  ausgezeichnet  durch  glanslose,  feinschuppige  oder 

gekörnte  Schalenobertläche,  \veit  vorragende*  tnit  FühlfUden  dicht  besetzte  Mantel* 
ränder  und  einen  dicken  Fuss,  der  an  der  Unterseite  abgeflacht  ist  und  zum 
Krieclien  dient,  wie  bei  den  Schnecken.  Sc  luilc  sehr  dünn,  etwas  länger  als 
hoch,  ahL^cnindet,  fast  t;leirl-,seitig,  flach,  Im  i.  inseits  etwas  klaffend ;  Schlosszähne 
sehr  klciii,  vorderer  und  hinterer  Seiten/aliü  lang.  Z.  sguamosum,  8  Mm.  iang, 
Nordsee  in  der  Laminarienzone;  eine  andere  Art,  L.  (osiuiatum,  in  Süd-Geor- 
gieiii     E.  Y.  M. 

Leptonereis,  Kinb.  (griech.  =  dünne  Nereis).  Gattung  der  Borstenwflnner, 
Ord.  Noh^amc^ata  Farn.  Lytoridae.  Unterabtheilung  der  grossen  Gattung  Ifireis, 
s.  d.  Wd. 

Leptonyx,  Less.  =  Aonyx^  Less,  Subgenus  von  LutrOt  Storr  (s.  d).  v.  Ms. 
Leptonyx.  Gkay,  Subgenus  der  Pinnipediergatiung  SUnorkynchus,  F.  Cuv. 

(s.  d.)     V.  Ms. 

Leptophragma  (gr.  phragme  Durchbrechung).  Fossile  Hexactinellide  aus 
der  oberen  Kreide.  I'f. 

Leptophrys  (gr.  ophrys  Augenbraue),  Hertwic  und  Lesser.  Amoebiden- 
gattung  von  unregelmässigem,  mit  zahlreichen  Vacuolen  und  Kernen  versehenem 
Körper,  welcher  in  Lappen  ausgezogen  ist^  an  deren  Enden  sich  spttse»  nnver' 
Istelte  Pseudopodien  entwickeln.  Pf. 

Leptoplane,  Hempr.  und  Ehrenb.  (griech.  =  dünn,  umherschweifend).  Gatt, 
der  dendrocoelen  Strudelwürmer.  Körper  glatt  ohne  Kopf  und  Fühler.  Mit 
vielen  Aiipcn.  \'iele  Arien.  Meerbewohner.  L.  tremüaris,  Müuu.»  im  Mittelmeer 
und  der  Nordsee.  Wn. 

Lreptopotna,  s.  Cyclostoma.     E.  v.  M. 

Leptoptilus,  Less.  (gr.  üptos  dünn,  ptiJon  Feder)  (Areola,  Leach,  Osterophea, 
Hoogs.).  Gattung  der  Familie  Ckonüdat  (Störche).  Die  betreflSsnden  VOgel 
zeichnen  sich  durch  einen  freihängenden  Kropfsack  aus,  daher  sie  Kropfstörche 
genannt  werden.  Es  sind  starke  Thiere  mit  auffallend  grossem  und  kegelförmigem 
Schnabel,  nacktem,  nur  mit  sparsamen  Flaumfedern  bedecktem  Kopf  und  Ober* 
hals.  Die  unteren  Schwanzdeckfedern  sind  zerschlissen,  weich  und  gekrtfuselL 
Namentlich  besitzt  der  afrikanische  Kropfstorch  diese  Federn  in  prächtiger 
Entwicklung,  welche  als  sogenannte  »Marabuledern«  ein  wcrthvoUes  Handels- 
objekt bilden.  In  ihrem  Betragen  glciciien  die  Kropfstörche  im  allgemeinen 
anderen  Famiuengenossen,  doch  nähren  sie  sich  vorzugsweise  von  Aas,  auf 
welches  sie  zusammen  mit  den  Geieni  einfallen.  Gleich  letzteren  verrichten  sie 
daher  in  den  Ortschaften  das  Amt  der  Abdecker.  Im  Massailande,  wo  man  die 
Todten  nicht  beerdigt,  sind  die  Kropfetörche  die  Letchenbestatter.  Es  werden 
vier  Arten  unterschieden.    Der  Marabu  (L.  €ama^fert  Cuv.),  welcher  die  tro- 


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Lq»tosomatum  —  LeptschM, 


87 


pischen  Theile  des  dstHchen  und  mitUeren  Afrikas  bewohnt,  hat  schiefergrauen, 
grün  glänzenden  Rücken,  FlQgel  und  Schwang  der  Unterkörper  ist  weiss;  an 
Grösse  übertrifft  er  bei  wettern  den  Hausstorch.   In  Nordost-Afrika  kommt  eine 

nur  wenig  verschiedene  Abart,  Z.  RitppelU,  Vierth.,  vor.  Eine  dritte  Form,  der 
Argala,  L.dubius,  Gm.,  ist  in  Indien  heimisch  und  eine  vierte,  der  Javanische 
Adjutant,  L.  javanktis,  Hokpf,,  bewohnt  Java.  Rchw. 

Lcptosomatum,  Ebertu  (griech.  =  mit  dünnem  Körper).  Gattung  frei  leben- 
der Nematoden.  W'd. 

Leptosomus,  s.  Kurols.  Rchw. 

Leptotherium ,  Lukd.,  in  brasilianischen  Knochenhöhlen  vorgefundene, 
durch  schlanken,  zierlichen  Skelettbau  ausgezeichnete  Antilopengattung,  von  der 
man  2  Arten,  L,  maßu  und  minus  (allerdings  noch  nicht  ausreichend)  kennt   v.  Ms. 

Lqytscha  oderT.epcha,  Laptcha  bilden  mehr  als  die  Hälfte  der  Bevölkerung 
Sikkims,  sind  aber  im  ganzen  Nepal  und  im  westlichen  Bhutan  verbreitet  Sie 
zerfallen  in  zwei  Abtheihingen,  Rong  oder  eigentlichen  L.  und  Khamba,  zw 
welcher  die  Familie  des  Herrschers  gehört,  und  dehnen  sich  weit  über  ihr  ur- 
sprüngliches Gebiet  auf  etwa  900  Kilom.  I>änge  aus.  Die  I..  besitzen  den  eclit 
mongolischen  Typus,  sind  von  niedriger  Statur  aber  krauig  gebaut,  mit  schwarzen 
ungepflegten  Haaren,  die  bei  den  Flauen  in  swei,  bei  den  Männern  in  einen 
Zopf  zusammengefasst  werden,  mit  kleinen,  scfatefgesdilitzten  Augen,  einer  nickt 
zu  aufgeworfenen  Nase,  breiten  und  fladien  Gerichtem,  grossem  Munde  und 
olivengelber  Haut,  im  Gesichte  meist  battios,  höchstens  mit  einem  Schnurrbart 
behaftet.  Ihre  Kleidung  ist  ein  Seidengewand  aus  dem  Faden  gewebt^  welchen 
der  .luf  Castorol-Pflanzen  lebende  Seidenwurm  spinnt.  Darüber  ziehen  sie  einen 
kleinen  ärmellosen  Kittel,  der  mit  Kreuzen  verziert  und  von  einem  Gürtel  von 
Silberkettchen  zusammengehalten  wird.  Sie  tragen  keinen  Turban  und  gehen 
mit  entblösstem  Haupt.  Die  Frauen  tragen  sehr  schöne  Schmucksachen  aus 
Silber,  Korallen  und  Türkisen.  Die  L.  sind  Nomaden  und  gründen  nie  dauernde 
Dörfer,  da  sie  kaum  länger  als  drei  Jahre  an  derselben  Stelle  bleiben.  Wenn 
ihre  geringen  Vonräthe  zu  Ende  gehen,  so  leben  sie  von  Wurzeln,  Filzen,  Kräutern 
und  der  Jtgd.  Sie  essen  alles  Essbare,  Schlangen  und  Frösche,  kennen  aber 
audi  selbstg^säetes  Getreide,  das  sie  nur  sehr  oberflächlich  unter  die  Erde  kratzen. 
Allem  anderen  aber  ziehen  sie  Schweine-,  Rind-,  Ziegen-  und  Hammelfleisch  vor. 
Die  in  Kcp.il  lebenden  T,.  sind  gezwungen  sicli  den  Gebräuchen  der  Hindu  an- 
zubi  [  K nien  und  enthalten  sich  des  Flcisclics;  sie  versuchen  aber  immer,  nach 
Sikkiiii  zurückzukehren,  wo  sie  ohne  Gewissensbisse  und  ohne  Vorwürfe  alles 
essen  können,  llu  Geiränk  besieht  aus  einem  Bier,  welches  aus  indischem  Korn 
und  Marwa  gebniut  wird.  Sie  bauen  sehr  hübsche  Häuser  aus  Bamburohr. 
Die  L.  sind  Monogamen  und  inel  moralischer  als  die  benachbarten  Bhutia. 
Polyandrie  ist  nicht  erlaubt  und  die  Gültigkeit  der  Ehe  ist  anerkannt.  Von  den 
reiferen  Mädchen  verlangt  man  jedoch  keine  zu  strenge  Tugendhaftigkeit;  man 
heirathet  auch  erst  in  reiferen  Jahren,  weil  es  schwer  ist^  die  für  die  Mädchen 
geforderte  Summe  zn  zahlen.  Manclimal  heirathen  sie  auch  auf  Kredit,  d.  h. 
der  Mann  bleibt  mit  seiner  Frau  im  Hause  der  Schwiegereltern  bis  er  die  Summe 
abgearbeitet  hat.  Die  L.  begelien  last  nie  eiu  Blutvergehen,  suid  faul,  leicht- 
sinnig und  leben  in  den  Tag  hinein,  munter,  fröhlich,  aufgeweckt,  intelligent 
und  ehrlich,  aber  durchaus  unkriegerisch,  furchtsam  und  friedliebend;  sie  tragen 
2war  ein  langes  Messer  und  Bogen  mit  Kreidekugeln,  doch  nur  um  damit  das 
Wild  SU  erlegen.  Sie  lieben  Pferderennen  und  unterhalten  sich  mit  Diskuswerfen, 


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88 


Leptnra  —  Lepas. 


Ringen,  Springen,  spielen  eine  Art  von  Damenspiel  leidenschaftlich  gern,  improvi- 
siren  überall  ein  Schachbrett  auf  der  Erde  und  benutzen  dazu  Steinchen  von 
verschiedenen  Farben.  Als  musikalisches  Instrument  sah  Hooker  nur  eine  lange 
Flöte  aus  Bamburohr.  Sie  sind  tttcfatige  Lastträger,  gute  Bergsteiger  und  geschickte 
Jflger.  Die  Sprache  der  L.  ist  der  tibetischen  nahe  verwandt,  hat  aber  nicht 
das  tibetische,  sondern  ein  eigenes  Alphabet.  Die  L.  sind  grösstentheils  Bud' 
dhisten  und  haben  Priester«  welche  theils  zu  Hause,  theils  in  den  grossen  Kldstem 
«jenseits  des  Schnees«  erzogen  werden.  Sie  begraben  ihre  Todten,  begnügen 
sich  aber  h.'tufii:^,  die  I.eichnnme  mit  einem  Haufen  von  Steinen  zu  bedecken,    v.  H. 

Lcptura,  Fab.  (gr.  schmal  und  Schwanz),  Afterbock,  Schmalbock,  die 
der  Sippe  der  Lepturini  namengebende  Gattnnfj  von  Bockkäfern  (s.  Cframbyadat-), 
welche  sich  durch  sehr  schwach  ausgeschnittene  Augen,  verhäitnissmässig  kurze 
Fttbler,  einen  hinten  halsartig  verengten,  schräg  nach  vom  gerichteten  Kopf  und 
einen  nach  hinten  dünner  werdenden  Körper  auszeichnen;  die  zahlreichen  Arten 
leben  auf  Blumen  und  Sträuchem.    E.  Tg. 

Leptos,  SCHW.  (gr.  zart),  autummUis  (lat  herbstlich),  s.  G ras m Übe.  £.  Tg. 

Lepus,  I,.,  Hase.  Gattung  der  Nagethiere,  zur  Familie  Lcporina,  Waterh. 
(DuplicUieniata,  Wacn.),  gehörig,  die  in  einigen  30  Arten  bekannt,  sich  vorzugs- 
weise Uber  die  neark tische  und  paläarktische  Faunenregion  verbreitet  und  nur  in 
Australien  keinen  Vertreter  besitzt.  Von  besonderen  anatomischen  Kigenthttm- 
lichkeiten  abgesehen,  die  in  Ktir/,c  im  Artikel  Ltporina  erwähnt  wurden,  charakteri- 
siren  sich  die  Lcpu^-Iw^aw  durch  slumpfgerundeteu  Kopf,  hohen  schmalen  Nascn- 
fttcken,  grosse,  lange,  behaarte  löffelförmige  Ohren  (»Löffel«),  durch  kurzen 
buschigen  aufgerichteten  Schwanz»  rudimentäres  Schlüsselbein,  kurzen  Hais,  ver- 
längerte sehr  krfltUge  4  zehige  Hinterbeine  (die  VorderAlsse  sind  5  zehig)  und  durch 
^  Backzähne.  —  L  Wichtigste  altweltliche  Arten,  i.  Z.  fimiduSt  L.,  Ge- 
meiner oder  Feldhase.  Das  Verbreitungsgebiet  dieser  nach  geographischen  und 
klimatischen  Verhältnissen,  selbst  nach  enge  begrenzten  Standorten  in  Grösse 
und  Färbung  oft  sehr  wechselnden  Art  erstreckt  sich  nordwärts  bis  Schottland, 
Süd-Schweden  und  dehnt  sich  über  Mittel-  und  Süd-Europa  bis  nach  Persien 
aus;  sie  fehlt  dem  eigentlichen,  paläarktischen  Norden.  Die  > typische«  Form  ist 
oben  rostgelblichgrau,  hinten  mehr  weisslichgrau,  unten  und  an  der  Innenseite 
der  Gliedmaassen  weiss.  Das  Ohr  hat  Über  Kopfeslänge  und  schwarze  S|Mtse. 
Der  Schwanz  (»Blume«)  ist  oben  schwarz,  unten  weiss.  Die  Jägerpraxis  macht 
Unterschiede  zwischen  Feld»,  Wald,  Bruch-  und  Beighasen,  die  c.  p.  bei  der 
Biegsamkeit  und  Neigung  der  Art,  zu  variiren,  Air  viele  Gegenden  eine  gewisse 
Giltigkeit  besitzen.  So  ist  der  Waldhase  häufig  kräftiger  und  schwerer  als  der 
hellere  Feldhase  u.  s.  w.  Vom  züO;'eon^ra{)his(:hen  Standpunkte  hat  J.  H.  Bl.asius 
3  Varietäten  (Rassen)  an  Stelle  der  Iriiher  aufgestellten  >Arten«  zu  erkennen 
vermocht,  a)  eine  sUdeuropäis che  Form,  klein,  kurz,  locker  behaart,  rost- 
farben (L.  mediierraneus,  meridionalis,  granaknsis),  b)  eine  mitteleuropaische 
Form,  ziemlich  dicht,  lang  behaart,^  bräunlichgrau /hrmA«!  tf»^/.,  L»  campicola), 
c)  eine  nordöstliche  (resp.  südöstliche)  Form,  sehr  dicht  und  lang  behaart, 
grau,  weissgrau  in  verschiedener  Nüancirung  (L,  caspiius,  L,  aptihmus,  L.  mtdiust 
Z.  wuriabUis  vor.  hjfbridia).  Der  Beginn  der  Kammel-  oder  Paarun^eit  ÜLllt  ins 
VorfrUhjahr,  bisweilen  schon  in  den  Januar,  anfangs  Februar  und  wftbrt  bis  zum 
Herbst.  Die  (»Rammler«)  bekämpfen  sich  oft  recht  wdthcnd,  springen  gegen 
einander,  bcisscn  sich  imd  schlagen  mit  den  Vorderläufen.  Die  Häsin  (Satzhase) 
trägt  ein  Munat,  wirft  4  bis  5  Mal  2—3  sehende  Junge,  die  in  einer  mit  Uasen- 


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Lepu». 


«9 


wolle  ausgekleideten,  durch  Scharren  erzeugten  Vertiefung,  Aufnahme  finden. 
Be/iisjlich  der  AesunL;  jzilt  das  über  Leporinen  im  Allgemeinen  Gesagte,  wie 
nahc!icgei)cl  wechselt  auch  sie  nicht  wenig  nach  der  Lokalität.  Tagsüber  bleiben 
sie  in  ihrem  »Lager*  (in  bewachsenen  Mulden,  zwischen  Erdschollen  etc.)  ver- 
stecltt  liegen,  sie  finden  hier  gegen  Sonnenbrand  im  Sommer  und  gegen  den 
ihnen  stets  widerwärtigen  Wind  den  erwünschten  Schutz;  im  Winter  suchen  sie 
sonnige  Plätze,  lassen  sich  gelegentlich  auch  einschneien  u.  s.  w.  Mit  halboffenen 
Augen  wird  geschlafen,  meist  vor  beginnender  Dämmerung  erst  das  Lager  ver- 
lassen, s.  Z.  variadi/is,  Fall.,  der  Schnee-,  Alpen  oder  veränderliche  Hase  ist 
einerseits  eine  circumpolaro  Form,  welche  bis  zum  55°  nördl.  Breite  lierab^^eht, 
atiderer^cits  eine  charakteristiselie  Erscheinung^  für  das  gesummte  Alpengebiet, 
die  Pyrenäen,  einen  Theil  der  Karpathen  ui\d  den  Kaukasus  (r  i.  Als  diagnostische 
Meikmale  gelten  u.  a.  für  ihn  die  Kürze  des  Ohres,  welche  hinter  jener  des 
Kopfes  zurückbleibt,  der  raeist  einfarbig  weisse,  halbe  Kopfeslänge  erreichende 
Schwanz,  die  Beschaffenheit  des  ersten  oberen  Backzahnes,  der  mach  Innen 
eingebuchtet^  3  kantige  erscheint.  In  allen  Verhältnissen  erscheint  Z.  variadiUs 
etwas  kleiner  als  ihmdus.  —  Nach  J.  H.  Blasius  unterscheidet  man  folgende 
Formen  des  Alpen  Hasen  nach  dessen  > dreifach  verschiedener  Abweichung  der 
Sommer-  und  VVintertracht« :  a)  Form  der  Polargegenden.  Im  Sommer  und 
Winter  weiss.  Ohrspitze  schwarz  Lrpus  glaciaüs  '^?\  b)  Form  der  Mittelregion 
itid  der  Alpen.  Sommerkleid  i^raubraun  (liisweilen  bläulich  übertlogen  ^blauer 
Hase  der  Aelpler\  Winterkleid  wie  die  norilisehc  l'urrn.  L.  variabilis,  L.  alp'nius, 
L.  boreaiU.  c.  Foim  der  »wärmeren«  Klimate  (Irland,  Süd-Schweden),  Sommer- 
und  Winterkleid  graubraun,  im  Winter  weisslich  Überflogen.  L.  labermats^  Z. 
taneuens.  —  In  biologischer  Beziehung  ähnelt  diese  Art  der  vorigen,  sie  geht 
jedodi  zur  Winterszeit  im  Alpengebiete  in  der  Regel  nicht  unter  eine  Seehöhe 
von  1000  Metern  herab  und  wird  im  Sommer  bis  Uber  3500  Meter  0.  M.  ver- 
einzelt angetroffen.  3.  Lepus  cuniculus,  L.,  Kaninchen.  Als  seine  ursprüngliche 
Heimatli  wird  allgemein  Nord-Afrika  und  Süd-Europa  angesehen,  da  es  aber  in 
Nieder-Oesterreich  im  Lösse  von  Nussdorf  gefunden  wurde  und  notorischcrweise 
zur  Broncezeit  in  Mähren  vorkam,  lieyt  die  Annahme  nahe,  dass  diese  Art  auch 
ntirdiich  von  den  Alpen  ^wild«  sich  %orrand.  Diagnostische  Merkmale:  ühr  wie 
voihin,  seine  Spitze  aber  braungrau,  Schwanz  oben  schwarz,  unten  weiss,  von 
\  Kopfeslänge.  »Grosse  Gaumenlftcke  hinter  der  knöchernen  Gaumenplattei, 
nicht  breiter  als  die  Backzähne,  nach  hinten  (im  Gegensätze  zu  den  beiden 
vorigen  Arten)  »auffallend  verengte.  Färbung  oben  gelbbräunlichgrau  mit  Schwarz 
gemischt.  Unten»  und  Innenseite  der  Beine  weiss.  —  Winterkleid  heller,  Köqier- 
länge  um  10 — 14  Centim.  geringer  als  bei  der  vorigen  Art.  (40,5  Centim.).  Die 
Kaninchen  leben  su1)terran  in  selbst  an<jele;^ten  oft  weitverzweigten  Bauen;  werfen 
4  bis  S  Mal  3  —  8  Junge.  Tragzeit  28 — 31  Ta,!:;e.  —  Wird  in  zalilreichen  Rassen 
gezüchtet,  Kreuzimg  mit  dem  Hasen  ergiebt  die  sogen.  Lievre-I  ajjins.  Ver- 
werthung  wie  der  Fcldliase.  4.  L.  macrotis,  Houos.,  grossöhriger  Hase,  Vorge- 
birge des  Himalaya  und  angrenzende  Gangesebenc.  5.  Z.  nigrkollis,  Cuv.  (schwarz- 
halstger  Hase),  Vorder-Indien,  Java,  Japan,  Mauritius,  5.  Z.  capensü,  L.,  Cap 
bis  Mozambique  etc.  II.  Wichtigste  amerikanische  Arten  (11  und  zahl- 
reiche Varietäten),  Lepus  campistrht  Baciimann  »Prairie-Hase«,  etwas  kleiner 
9\%timdus,  im  frommer  oben  bleifarbig,  Winterkleid  fast  weiss.  Sein  Verbreitungs- 
gebiet erstreckt  sich  allgemein  vom  Missouri  bis  fast  zur  pacifischen  Kibte,  nörd- 
lich bis  Saskatchevan.   Z.  amtrUanuSt  £rxu,  tritt  in  4  Varietäten  auf,  hat  die 


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90 


Lerchen. 


Gröste  von  ämÜKs,  aber  kttrsere  Obren,  oben  röthlichbnun  unten  nnd  Schwanz 
weiss;  Winterkleid  weiss.  Diese  Art  findet  sich  in  der  ganzen  nördlichen  Hälfte 
Nord-Amerika's,  sUdlidi  bis  su    den  Rocky  Mountains  und  New  Mexiko, 

50.  Br.-Gr ,  Lf/us  sylvaticus,  Bachmann,  »Wood  Hare«,  bewohnt  den  grössten  Theil 
der  stldl.  Hälfte  Nord-Amerika's  bis  hinauf  zum  45.  Breitegrad.  L,  cülhtis,  Wagl., 
Mexiko.  l>ra sinensis,  L.  etc.  etc.  Näheres  s.  in  J.  .\.  Allen,  Mnnojjraplis  nf  Vorth 
American  Rodcntta.  No.  II.  I.cporidae,  pai;.  267  —  378;  enthält  auch  Nacli- 
weise  über  die  fossilen  Gattungen:  PaiatolaguSf  Leidy,  Panolax,  Cope,  und  Prao- 
therium,  Copk.  —     v.  Ms, 

Lerchen,  AlauäidM,  Familie  der  Singvögel  (Oseines).  Als  besondere  Kenn- 
zeichen für  diese  Familie  gelten  die  im  Verhttitniss  sum  Körper  kurzen  Xüufe, 
welche  jedoch  immer  etwas  länger  als  die  kurzen  Zehen  sind,  femer  die  stets 
gestreckte,  oft  sehr  lange,  spomartige  Kralle  der  Hinterzehe  und  die  Horabe- 
deckung  der  T.aufseiten,  welclie  nicht  in  ungetheilten  Längssebienen,  sondern  in 
je  einer  Reihe  vierseitiger,  auf  der  Aussenseite  grösserer,  auf  der  Innenseite 
kleinerer  Schilder  I  «  Ktth'  Der  Schnabel  ist  bald  dick,  finkenartig,  kegelförmig, 
bald  dünner,  pfricmentörniig.  Die  FKiErel  sind  wohl  entwickelt  und  meistens 
spitz;  die  erste  Schwinge  ist  stets  kurz,  wenn  sie  niclit  vollständig  fehlt  (Alauda). 
Das  bescheidene,  braune,  Unterbetts  lichtere,  oft  weissliche  Gefieder  zeigt  in  der 
Regel  dimklere  Striekel-  und  Fleckenzeichnung;  ausnahmsweise  sind  Tbeile  des 
Kopfes  oder  die  Unterseite  schwang;  eine  Art  hat  ganz  schwarzes  Gefieder.  Die 
Lerchen  sind  Bodenvögel,  bewohnen  vorzugsweise  trockene  Felder  und  bewegen 
sich  schreitend,  nicht  bUpfend.  Die  Männchen  der  meisten  Arten  steigen  zum 
Gesänge  mit  flatternden  Flügelschlägen  fast  senkrecht  in  die  Luft  und  lassen  sich 
dann  mit  angezogenen  Fittigen  hernieder  fallen,  eine  Gewohnheit,  welche  nur 
einige  Pieper  (Hainnpicper),  die  von  Bauniwipfeln  aus  in  ähnlicher  Weise  auf- 
sfeigen und  niedcrgleiien,  mit  ihnen  theilen.  Die  Nalirur.g  bestellt  in  Insekten, 
grünen  Pflanzenstoficn  und  Sämereien.  Die  losen  Nester  werden  auf  freiem  Felde 
in  Erdvertiefungen  angelegt  und  mit  4 — 6,  auf  lichtem  Grunde  dicht  braun  ge- 
fleckten Eiern  belegt.  —  Die  Familie  umfasst  Uber  100  Arten  und  gehört  der 
Östlichen  Erdhälfte,  insonderheit  Europa,  Asien  und  Afrika  an.  In  Australien  ist 
nur  eine,  jedenfalls  von  den  Sundainseln  her  eingewanderte  Art  vertreten.  In 
Nord-Amerika  finden  sich  nur  drei,  der  Untergattung  der  Ohrenlerchen  ange- 
hörende Arten,  welche  wohl  von  Asien  her  dorthin  sich  verbreiteten;  in  Mittel- 
und  Siidamerika  werden  keine  Lerchen  nngctrofTen.  —  Man  kann  die  Familie  in 
vici  (1  ittun-ren  sondern,  wtlche  sich  foigenderinaassen  unterscheiden:  \.  Alaetnon, 
KKVt>.  et  Blas.  (gr.  alcmon,  umhcistreifend;,  Sandlcrchen,  erste  Schwinge  länger 
als  die  Hunddecken,  Schnabel  bei  den  typischen  Formen  auffallend  lang  und 
dflnn,  mehrere  Male  so  lang  als  hoch.  Die  l.intetkopfiedem  bilden  Uswdlen 
eine  schwache  Haube,  die  aber  breit  is^  nicht  spitz  wie  bei  den  Haubenlerchen 
(GalerUa),  Typus:  A,  deser^rum,  Stanl.,  von  Sttdost*£uropa  und  Nord-Afrika. 
Untergattungen  sind:  GeocoraphmSt  GAB.,  mit  kürzerem  und  höherem  Schnabel, 
jedoch  ist  die  Höhe  des  Schnabels  an  der  Basis  kürzer  als  die  Entfernung  des 
vorderen  Randes  der  Nasenlöcher  von  der  Spitze,  ferner  Megalophonus ,  Bp.,  Mi- 
ra/ra,  Hürsf.,  Cfrthilauda,  Sw.s.  —  2.  Coraphites,  Cah.  (gr.  koraphos,  n.  pr.  einen 
Vogel  bedeutend;  (synonym  I^rrhuiauda,  Snillh),  G i  ni  p e 1 1  e  rc h e n ,  erste  Schwinge 
nur  so  lang  als  die  Handdecken  oder  doch  ganz  unbedeutend  diese  überragend, 
kleinere  Lerchen  mit  verhältnissmässig  kurzem  und  dickem  Schnabel.  Typus: 
C  kue^,  Stahl.      5.  GakrUa^  Bxkhm  (s.  d.),  Haubenleichen,  erste  Schwinge 


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LerchenanuDer  —  Lesghier, 


9t 


kürzer  als  die  Handdecken,  aber  deutlich  ausgebildet,  Schnabel  dünn  und  ge- 
streckt, mehr  als  doppelt  so  lang  als  hoch,  die  fischen  Arten  mit  spitzer  Kopf- 
haube. Typus:  G,  crktata,  L.  Untergallung:  Corfs^  Rcmw.  —  4.  Alauda^  L., 
Feldlercben,  erste  Schwinge  fehlt  oder  ist  nur  als  ganz  kurzes  lanzettfbnniges 

Federe!  en  \(jr1ianden  und  erreicht  kaum  die  hal!)c  Länge  der  Handdecken. 
Schnabel  inittelmä-ssig,  bald  dünner,  I>ald  höl.er  uiul  stärker.  Typus:  A.  arvensis,  L. 
UDtcrgattun':ren    Mchnocoryplui,  liou,  Otocorys,  Hp.  (s.  Alauda).  Rciiw. 

Lerche naminer,  Sporenammer,  Piectrophatui  iapponica,  L.j  siehe  Am- 
mern. RtH.V. 

Lerchenstaar,  ^l^tiueus  (Sturmiiaj  iuäovtiianus,  L.,  s.  Hordenvogcl.  RcHW. 

Lerchentaube  (Koburger  Taube),  schönem»,  gut  brütendes  und  feldendes 
Thier,  das  in  der  Grösse  zwschen  der  Feld-  und  tUrkisdten  Taube  (s.  d.)  steht, 
breite  Brust,  lange  Schwingen,  glatten  oder  mit  einer  Spitzhaube  versehenen  Kopf 
und  mittellange,  nackte  Beine  besitzt.  Das  EigenthQmliche  an  derselben  ist  die 
Färbung'  und  die  Zeichniuig.  Die  Färbm  i  t  perK  oder  aschgrau,  die  Schwingen 
sind  heller;  die  Brust  ist  goldgelb,  die  Flügel  sind  »chwarz  getupft  und  mit  zwei 
schwarzen  Pinden  verselien.  R. 

Lernaeopodidae  ( f.t  rmuoJea) ,  Familie  der  Krebse  aus  der  Ordnung  der 
Entomostraca,  vt»n  wurnitorn)igcm,  aus  zwei  von  einnnder  abgeschnürten  1  heilen, 
dem  Ccphalothorax  und  Abdomen,  bestehendem^  Körper.  Das  erste  Paar  Kiefer- 
filsse  ist  klauenförmig,  das  zweite  hat  die  Form  langer  Arme,  welche  am  Ende 
mit  einander  verwachsen  und  hier  einen  Saugnapf  tragen,  vermittelst  welches 
sie  nch  an  der  Haut  ihrer  Wirthe  festheften.  Die  Weibchen  leben  schmarotzend 
an  den  Flossen,  Kiemen  und  in  der  Mundhöhle  der  Fische.  Die  zwergförmigen 
Männchen,  bei  welchen  an  Stelle  der  Sa«garmc  ein  zweites  klauenfbrmiges  Fuss- 
paar ausgebildet  ist,  klammem  sich  in  der  ReLjel  zu  zweien  an  den  Gcnrhlechls- 
öffnunt,'en  der  Weibcl  en  an.  Gattungen;  AchUurcSf  Nordm.,  TrachtäasUSt  Nordäi., 
Anchorelia,  Cuv.      R<  nw. 

Lesghier  oderLeki.  Ein  Name,  womit  die  Russen  insgemein  die  Daghcstaner, 
vorzüglich  aber  die  südlichen  bezeichnen;  bei  diesen  selbst  bezeichnet  er  aber 
weder  das  Volk  noch  einen  einzelnen  Stamm.  Er  soll  nach  Einigen  »Bergbe- 
wohner«, nach  andern  »Räubere  bedeuten.  Mit  Unrecht  werden  die  L*  auch 
Didos  genannt^  welche  Bezeichnung  bloss  einem  einzelnen  Stamm  zukommt  Die 
L.  bewohnen  jenen  Theil  des  Ciebirges,  welcher  zwischen  dem  Kotsu,  dem  Ala- 
zani  und  den  Ebenen  am  Ufer  des  kaspisclicn  Meeres  liegt.  Ihre  Kopfzahl 
dürfte  an  400000  betrafen;  von  deren  lauiten  Zusammenwürlelung  kann  man 
sich  einen  ungefäiiren  Hegritil  machen,  s\  cnn  man  bedenkt,  dass  unter  dieser  Be- 
völkerung 24  Sprachen  oder  Dialekte  ge>>{»ro( '^en  werden.  Davon  sind  nur  ein- 
zelne in  neuester  Zeit  näher  bekannt  geworden,  so  dass  mau  über  den  Grad  der 
Verwandtschaft  derselben  untereinander  sich  nur  ein  annälierungsweise  richtiges 
Urthetl  bilden  kann.  Die  hervorragendste  Stelle  unter  den  verschiedenen,  von 
einander  völlig  unabhängigen  Stämmen  der  L.  nehmen  die  Awaren  ein,  welche 
jedoch  mit  den  während  der  Völkerwanderung  in  Europa  aufgetretenen  Awaren 
nichts  zu  schaffen  haben.  Ihnen  zunächst  an  Wichtigkeit  stehen  die  Kasi^Ku« 
müken  (s.  d.).  Zwischen  dem  Koisu,  den  oberen  Tlieilen  des  Manos  und  den 
Quellen  des  Buam  wohnen  die  .AVuscha,  im  südöstlic  hcn  Theile  Daghestans  die 
KUrinen  (s.  d.).  Die  Siiraehc  der  Uden,  welche  ehemals  einen  weiteren  \'er- 
breitungsbezirk  hatte,  ist  gegenwärtig  auf  zwei  »Aule«  (Dörfer)  in>  Süden  des 
Kaukasus  beschränkt.     Zur  gegenseitigen  Verständigung  bedienen  sidi  die  L« 


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99 


Lca^cr. 


meist  des  Tatarischen.  I)ie  L.  sind  ein  mulhiges,  halbwildes  Volk,  sehr  ver- 
schieden sewar  unter  sich  in  der  äusseren  Erscheinung,  aber  »emlich  Ähnlich  in 
ihrem  Charakter  und  namentlich  in  der  allen  gemeinschaftlichen  Frethettsliebe. 
Sie  sind  verwegene,  grausame  und  tapfere  Krieger,  bereit  uro  Sold  jedem  zu 
dienen,  und  standen  vor  der  russischen  Eroberung  theils  unter  Chanen,  den  Nach* 
kommen  der  alten  arabischen  Eroberer,  oder  bildeten  Republiken  ohne  Fürsten 
und  Adel,  die  \(m  den  Acltesren  (  Dnr'^n  ''^  verwaltet  wurden.  Wegen  der  immer* 
währenden  Fehden  unter  sich  oder  mit  Nac  hbarstämmen  sind  die  Aule  der  I.. 
stets  an  ieirlit  zu  vertheidi^cnden  Plätzen  angclet;t,  und  so  kommt  es,  dass  ein- 
zelne Ortscliafien,  auschcinhar  un/.ugäni^lich,  auf  blossen  Felsenvorsprüngcn  des 
Gebirges  in  einer  Höhe  von  500—700  m  über  der  Thalsohle  angebracht  sind. 
Des  Hokmangels  halber  sind  die  Häuser  durchgehends  aus  rohem,  unbehauenem 
Stein,  meist  2—3  Stockwerke  und  in  Stufenform  gebaut,  d.  h.  dass  jedes  Stock- 
werk gegen  das  unmittelbar  darunter  befindliche  um  einiges  zurückweicht^  so 
dass  das  flache  Dach  des  einen  eine  Art  Terrasse  für  das  nächste  bildet.  Fenster 
sucht  man  vergebens;  es  giebt  bloss  ganz  kleine  Thdröffnungen,  die  wieder  nur 
mittelst  hölzerner  Scheiben  «reschlossen  werden  können.  Bei  seblechtem  Wetter 
sind  diese  Rehait^^nngen  sclir  kalt,  am  h  sonst  tinstcr  und  unwolinlich.  Was  die 
Nahrung  betrifti,  so  leben  die  L.  hauptsächlich  von  Schafen  und  Ziegen,  deren 
sie  grosse  Heerden  ziehen,  auch  bauen  sie  in  einzelnen  Thälern  etwas  Roggen, 
Hirse  und  Wetzen.  Doch  gehört  ackerbares  Land  zu  den  Seltenheiten  und  ist 
überaus  kostbar.  Als  Räuber  gefUrchtet,  sind  doch  die  L.  als  Arbeiter  gesucht 
Sie  besitzen  ein  geschriebenes  und  ein  uraltes  ungeschriebenes  oder  Gewöhn* 
heitsrecht  »AdaU;  ersteres,  »Schariatc,  wurde  erst  im  achten  Jahrhundert  mit  dem 
Islam  eingelÜhtt  Alle  Fragen  betreffs  Religion,  Ehe  und  Erbschaft  werden  nach 
den  Satzungen  des  Koran  entschieden;  jene  Fälle  hingegen,  wo  es  sich  um  per- 
sönliche Beleidfgiin^^en,  Verletzungen  des  F.igentltums  oder  anderer  Rechte  sowie 
um  Uebertretun;;  von  öfFentlichen  allgemeinen  Bestimmungen  handelt,  werden 
vor  das  Tribunal  der  tAdat  gel)racht.  Zu  diesem  Zwecke  besitzt  jeder  Aul 
einen  aus  10  —  15  der  geachtetsten  F>inwühner  bestehenden  Gerichtshof.  Die  Ver- 
mahnung  und  Beeidigung  der  Zeugen  erfolgt  wie  bei  uns.  nur  schwört  der  Zeuge 
in  vielen  Gegenden  Daghestans  bei  der  Gültigkeit  seiner  Ehe,  d.  h.  er  eiUlrt 
selber  seine  Ehe  fttr  ungiltig,  wenn  er  unrichtige  Zeugenschaft  ablegen  sollte. 
In  diesem  Falle  muss  er  seine  Frau  sofort  ihren  Eltern  zurücksenden,  sowie  die 
empfangene  Mitgift  ihnen  zurückstellen.  Das  lesghischc  Gesetz  kennt  auch  noch 
in  gewissen  Fällen  eine  indirekte  oder  negative  Beweisführung,  d.  h.  es  gestattet 
die  verdachtweise  Bescliuldigung  eines  Mensrben,  wenn  anders  diese  Beschuldi- 
gung vom  Kläger  und  einer,  je  iiaeh  Umständen  zwischen  lo  —  70  wechseincien 
Anzahl  von  Gewährsmännern  eidlich  unterstüzt  wird.  Erklären  diese  einstimmig, 
dass  sie  den  Verdächtigen  für  schuldig  halten,  so  wird  dies  einem  legalen  Richt- 
spruche gleichgeachtet  Der  Kläger  kann  übrigens  auch  sich  des  Eides  ent* 
schlagen  und  dalttr  den  Reinigungseid  des  Beschuldigten  verlangen.  Selbstver- 
ständlich weichen  die  »Adat«  der  L.  selbst  unter  sich  wesentlich  von  einander 
ab.  Beinahe  jedes  Dorf  hat  Adat,  die  von  jenen  des  nächsten  verschieden  sind. 
Ziemlich  allgemein  herrscht  Blutrache.  Doch  sind  trotz  dieser  Gebräuche  die 
I,.  keineswegs  ein  Volk  von  Räubern  und  .Mördern,  vielmehr  in  einem  an  Fana- 
tismus grenzenden  Grade  edel  und  grussmiithisf,  dal)ei  begeisterte  Liebhaber  von 
Musik,  sogar  in  metrischer  Komposition  nicht  unerfahren  und  häufig  mit  kräftigem 
poetischen  Gefühle  begabt.    Zweifelsohne  stehen  sie  geistig  am  höchsten  von 


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allen  Kaukasusbewohnern,  auch  besitzen  sie  Industrie,  namentlich  vorzfijjliche 
Stahl-  und  Waflfenarbeiten.  Die  Klingen  einiger  Orte  geniessen  grossen  Ruf  im 
ganzen  Kaukasus.  Sie  sind  fanatisclie  Moslemin,  dabei  ta])fcr,  (reu  und  ehrlich, 
Gastlrcundscbait  ist  bei  ihnen  im  ganzen  Kaukasus  zu  HauiC.  Bei  iiirer  regel- 
mässigen Lebensweise,  Enthaltsamkeit  aller  geistigen  Getränke  and  Sittenreinheit 
erreichen  sie  ein  hohes  Alter.  Prostitution  kommt  nicht  vor;  der  Mann  wird 
todtgeschlagen,  der  «ch  an  einem  Mädchen  vergeht.  Wenn  ein  schwangeres 
Mädchen  heirathet  und  dies  wird  bekannt,  schneidet  man  ihr  Mund  und  Ohren 
ab  und  jagt  sie  fort.  In  der  Tracht  unterscheiden  sich  die  L.  von  den  west» 
lieberen  Kaukasusbewohnern  nur  durch  den  ^Paoc,  die  mit  einem  langzottigen, 
weissen  I-ammfell  verbrämte  Kappe.     v.  H. 

Leskea  (nach  Nath.  Gottf.  Leske,  rrnfessor  in  Leipzig  und  Marburg, 
geb.  1752,  gest.  1786,  Verfasser  einer  zweiten  sehr  vermehrten  Ausgabe  von 
KtiN  s  Beschreibung  der  Kchinodcrmcn,  177S)  Gkav  1851,  bilateraler  See-Igel 
von  den  Philippinen,  Familie  Spatangiden.  ausgezeichnet  dadurch,  dass  Mund 
und  After  von  fllnf  «usammenneigenden,  geschlossen  eine  Pyramide  bildenden 
Platten  bedeckt  werden,  was  sonst  nur  bei  den  altfossilen  Cystideen  vorkommt, 
daher  die  einsige  im  indischen  Meer  ziemlich  seltene  Art  L.  mirahilis  genannt 
wurde,  die  Gattung  neuerdings  auch  J^aeostoma  (alterthUmlicher  Mund).    E.  v.  M. 

Lesneuria,  Milne  Kdwards.  Typus  der  Familie  Lestuuridae  (Ctenophoren), 
Mundsthinn  mit  i'elnpptcm  Rande.  Pf. 

Lesneundae,  Lhi'.n  1881.  Familie  der  lobaten  Ctenophoren.  Lappen  und 
Lappenwindungen  der  Gctasse  ruUinjcnlar.    Aurikel  lang  und  bandrorniig.  Ff. 

Lcssepsm,  Keu.er  1882.  (Neue  Denkschr.  Schweiz.  Ges.  Nalurw,,  28  Bd.). 
Spongide  aus  dem  Suez-Kanal.  Pp. 

Lcstris,  Illig.  (gr.  ieUHs  RMuberin)  (SUrcorarlus,  Baiss.),  Gattung  der  Vogel- 
familie Laridae  (s.  d.),  die  sogenannten  Raubmöven  umfassend.  Dieselben  sind 
dadurch  von  anderen  Möven  unterschieden,  dass  die  Nasenlöcher  aufiallend  weit 
nach  vom,  auf  der  Spitzenhälfte  des  Schnabels  liegen.  Ferner  zeichnen  sie  sich 
durch  grosse,  spitze  und  gekrümmte  Krallen  .ntis;  namentlich  ist  diejenige  der 
Innenzehe  gross  und  stark  gebogen  wie  bei  den  Raubvögeln.  Die  beiden  mittel- 
sten Federn  des  Schwan/es  sind  bald  mehr,  bald  weniger  verlängert  und  über- 
ragen die  andern.  —  Die  Raubmöven  stellen  das  Verbindungsglied  zwischen  den 
Lariäae  und  den  Procellariidae  (den  Sturmvögeln)  vor.  Ihren  Namen  fuhren  sie 
deshalb,  weil  «e  schwächere  Mövenarten  angreifen  und  so  lange  verfolgen,  bis 
diese  ihnen  die  gewonnene  Beute  überlassen.  Auch  Überwältigen  sie  kleine 
Vögel  und  Säugethiere  und  rauben  die  Eier  aus  den  Nestern.  Es  sind  sieben 
Arten  bekannt,  welche  die  kälteren  Breiten  bewohnen.  Durch  NordstQrme  wer- 
den einzelne  Individuen  öfter  an  die  deutschen  Nord-  und  Ostseekttsten  und  so- 
gar bis  in  das  Binnenland  verschlagen.  Diese  Irrgäste  gehören  unter  einander  sehr 
ähnlichen  Arten  an.  Die  grösste  Form,  die  grosse  Raul) möve,  L.  catarractes, 
L.,  hat  die  Grösse  der  Silbertnöve.  Das  Gefieder  ist  braun,  unten  blasser.  Die 
Schwingen  sind  an  der  Basis  weiss,  Schnabel  und  Füsse  schwarz.  Die  Lang- 
schwänzige  Raubmöve,  L.  pm^sUka,  L.,  hat  die  Grösse  einer  Dohle.  Das 
Gefieder  ist  im  Sommer  dunkelbraun.  Im  Winter  ist  der  Oberkopf  schwarzbraun, 
Rücken,  Flügel  und  Schwanz  braun,  Unterseite  weiss.  Die  Schäfte  der  ersten  bei- 
den Schwingen  sind  weiss,  die  der  anderen  braun.  Die  stark  veriängerten,  all- 
mählich in  dne  dünne  Spitze  auslaufenden  mittelsten  Schwanzfedern  überragen 
die  anderen  um  mehr  als  deren  Ulnge.    Die  Lanzettschwänzige  Raub- 


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94 


Letebetc  --  Letten. 


möve,  Z.  trepidata,  Banks,  ist  der  vorgenannten  sehr  ähnlich,  nur  wenig  grösser, 
und  die  Schäfte  der  vier  bis  sechs  ersten  Schwingen  sind  weiss.  Auch  haben 
die  lanzettförmigen  mittelsten  Schwanzfedern  geringeis  lünge.  Die  Mittlere 
Raiibmöve,  L  pomatorhina^  Virili..,  hat  dieselbe  Färbung  wie  die  lanzett- 
schwänzige,  aber  die  mittelsten  Schwanzfedern  sind  nicht  zugespitzt.  RcHW. 
Letebele,  s.  Matel>ele.     v.  H. 

Leten  orler  T  äten.  Volksstanini  \\\  Gallien,  bei  <lcm  ScHAFARiK  an  einen  Zu- 
sammenhang mit  den  Letten  (s.  d.)  (/der  Liiaucrn  denkt.      v.  H. 

Lethrus,  1- ab.,  eine  der.  Kosskiifcrn  nl ulirhc  Knfei •^attniif^,  die  zu  den  Co- 
prophaga,  richtiger  Arennola  der  LumiHhornia  ^.s,  ü.)  gehört,  obgleich  die  letzten 
3  FUhlergllcdcr  nicht  einen  füchcrartii^en  Knopf  bilden ,  sondern  trichterföririg 
in  einander  stecken«  »umhtUlt«  sind.  Die  im  Süden  Europa's  vorkommende  Art 
Z.  tephahUSt  Fab.,  heisst  darum  Rebenschneider,  weil  sie  die  jungen  Triebe 
der  Reben  abschneidet  und  sie  als  Nahnmg  Oir  üire  Brat  in  den  Grund  tiefer 
Erdröhren  sci.afn,  wodurch  den  Reben  bedeutender  Schaden  zugefUgt  weiden 
kann.     K.  Tt;. 

Letten,  Zweit:  (!cr  Irttoslavis*  lien  (irti|)]»c  der  Indonermancn,  zu  welchen  die 
Lithauer,  die  alten  l'ieusscii  und  tlic  laiitiiicn  L.  in  l^ivland  und  Kurland  zählen. 
Das  Lettische,  die  Sprache  der  slavischen  Hcsvohner  des  hüdlichen  Livland,  fast 
des  ganzen  Kurland  und  des  russischen  GouvernemenLs  Witebsk  ist  von  etwas 
modernerer  Anlage  als  das  Lithauische  und  wird  gegenwärtig  von  etwa 
900000  Köpfen  gesprochen.  Die  L.  nennen  sich  selbst  Liatvis  und  ihr  Land 
Ijatvejuzemmä.  An  750000  derselben  sind  Lutheraner,  die  übrigen  römische  und 
griechische  Katholiken.  Die  l'rotestanten  sind,  wie  es  heisst,  strebsam,  fleissig 
und  reinlich,  die  Katholiken  (aul,  imwisscnd,  unsauber,  arm  und  Säufer.  Im  AU* 
gemeinen  sind  die  L.  ein  giiimütliigeres,  zuvorkommenderes,  gastfreieres  und 
freundlicheres,  doch  weniger  f  liarakterfestes  Volk  wie  die  Ksthen  (s.  d.)  Sie 
sind  nicht  ohne  Talente,  l)iidf.mn,  anstellig  und  gelehrig  luid  l  esit/cu  einen  an- 
geborenen Hang  itur  Poe.sie  und  zum  Gesänge.  Ihre  Vulksnielodien  sind  kurz, 
aber  von  eigenthümlichem  Reiz.  Die  L.  sind  furchtsam,  demiithig,  schwach  und 
weichherzig  bis  zur  Schlaffheit,  auf  einer  gewissen  Stufe  der  Halbbildung,  wie  das 
Junglettenthum  zeigt  insolent,  dünkelhaft,  von  einem  krankhaften  Romantizismus 
angekränkelt.  Die  lettischen  Bauernhöfe  liegen  im  ganzen  Lande  zerstreut  um- 
her j  hin  und  wieder  trift't  man  2—  3  Gehöfte  nebeneinander.  Die  Gebäude  des 
Gehöftes,  das  Wohnhaus,  der  Pferde-  und  Viehstall,  Badstube  und  Trockcnliaus 
oder  Rije  liegen  rings  um  einen  Hof,  zn  uelcliem  eine  liölzcrne  Pfoite  fiihrt; 
sämmtlirhc  Gebäude  sind  aus  Krcfcrnstanmien  erbaut  und  zumeist  mit  Stroh, 
einige  mit  Ziegeln  gedeckt.  Die  Häuser  haben  ulmc  ."Xusnahmc  Schornsteine, 
das  Innere  ist  gewöhnlich  in  verschiedene  kleine  Katnmern  getiieilt,  und  jeder 
besondere  Kaum  hat  seinen  bestimmten  Zweck.  Seit  zwei  Jahrzehnten  nimmt 
die  deutsche  Kleidertracht  mehr  und  mehr  überhand  und  wird  binnen  kurzem  die 
alte  Nationaltracht  gänzlich  verdrängt  haben.  Handtücher  spielen  in  jedem 
Bauernhause  eine  grosse  Rolle.  Die  lettischen  Mädchen  suchen  sich  in  der 
Kunstfertigkeit  der  Handtuchstickerei  zu  übertreffen  und  arbeiten  oft  jahrelang  an 
einem  VorratHe  von  Handtüchern,  die  als  besonderer  Schmuck  bei  Hochzeiten 
getragen  werden.  Das  \'olkslebcn  der  L.  ist  seit  graner  Vorzeit  in  seiner  ur- 
sprtinglicl  en  Form  erstarrt  geblieben  und  desgleichen  hat  aurli  ihre  Sprache  nur 
geringe  Ausbildung  crfahien.  Sie  ist  sehr  reirli  in  der  Bezeichnung  äusserer 
Natureindrücke,    üic  Poesie  der  L.  ist  keine  gemachte,  geschriebene,  sondern 


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Letti  —  Leachten  der  Thiere. 


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echte  Vollcspoesie,  die  durch  Tradition  lebendig  geblieben.  Viele  Lieder  drücken 
eine  tiefe,  sinnige  Auffassunij  der  Natur  aus,  zeugen  von  einem  reinen  kinclli(  hen 
Gemüth  und  sind  von  zartem  poetischen  Duft  durchweht.  Die  l'oesie  der  L. 
ist  eine  rein  lyrisch-idyllische.  Ihre  T.ieder  werden  gewöhnlich  bei  Hochzeiten, 
bei  der  Heuernte,  im  Winter  in  den  Spinnstuben  von  Frauen  und  Mädchen  vor- 
getragen, denn  diese  —  nicht  die  Mftnner  —  sind  fast  ausschliesslich  Dichter  und 
Sänger.  Bei  solchen  Gelegenheiten  entstehen  auch  Improvisationen»  die  ebenso 
schnell  wieder  verschwinden  als  sie  entstanden  sind.  Viele  Lieder  sind  aber  sehr 
alten  Ursprungs.  Der  Glaube  an  gute  und  böse  Geister,  welche  auf  das  Schicksal 
der  Menschen  einen  mächtigen  Einfluss  ausüben,  der  Glaube  an  Kobolde,  Hexen 
und  allerhand  Spukgeister,  war  noch  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  bei  den  L. 
allgemein  verbreitet.  Es  gab  rlamaU  Tage,  an  welchen  die  L.  die  Geister 
speisten,  d.  h  ihnen  gewisse  Liebhngsgerichte  unter  einen  Baum  im  Garten 
steilien  u.  dergl.  ra.     v.  H. 

Letti,  Bewohner  der  Serwatty-Inseln  zwischen  Timor-  und  Tinu>r-Laut,  Halb- 
papua mit  besonderem  I<fioni.     v.  H. 

LctbMlaven»  so  nennt  man  den  indogermanischen  Ast,  aus  welchem  die 
West-  und  Ostslaven  hervorgingen,     v.  H. 

LiCUcae»  gallischer  Volksstamm,  nordwestliche  Nachbarn  der  Sequaner, 
wohnten  südwestlich  von  den  Mediomatrikem  zw  ischen  der  Matrona  und  Mosella, 
im  Süden  und  Osten  bis  an  die  Vogesen  hin.     v.  H. 

Leucallis,  Haeckel,  s.  Leuconidae  u.  Kalksch  wämmc.   Ueber  das  Kanal- 
sy:>tem  von  Z.  solida,  H.,  s.  Vosm.akr,  Voorlopig  berigt  (1881).  Pf. 

Leucandra,  Hackel,  s.  Leuconidae  u  Kalkschwämmc.  Entwicklung  von 
L.jaspera,  H.,  s.  Metscmnikoff,  Zeitschr.  wis>.  Zool.  XXXII  (1879)  und  Vosmaer, 
Aanteekenningen  over  L.  aspera.  Leyden  1880  und:  Vorloopig  berigt  1881.  Pp. 

Leucaspitts,  Häcrbl  (gr.  teucos  weiss,  a^ms  n.  pr.  u.  Fischgattung),  Gattung 
der  Karpfenfische  (s.  Qrprimden),  mit  kurter  Rückenflosse  hinter  den  Bauchflossen 
und  langer  Afterflosse  (14—17  Strahlen).  Oberkiefer  vorstreckbar.  Falsche 
Kiemen  vorhanden.  Der  Bauch  bildet  zwischen  den  Bauchflossen  und  dem  After 
eine  Kante.  Schuppen  hinfällig,  Seitenlinie  sehr  unvollständig.  Die  Srhlundzähne 
mit  comprimiiten,  sageförmig  gekerbten  und  an  der  Spitze  hakig  umgebogenen 
Klonen,  in  wechselnder  Anordnung,  entweder  einreihig  zu  4  und  5  oder  5  und 
5,  oder  auch  wohl  zweireihig,  indem  noch  i  oder  2  Zähne  vor  jenen  auftreten. 
Nur  eine  Art,  L,  deUmatus,  Hackel,  das  Moderliesken  (s.  d.)  in  Mittel»  und  Süd- 
oEt'Europa.  Ks. 

Leuoetto,  HAckei.«  s.  Leuconidae  und  Kalk  schwämme.  Pf. 

Leuchten  der  Thiere.  Hier  mnss  vorausgeschickt  werden,  dass  das  Leuchten 
keine  regelmässige  Erscheinung  des  Protoplasmakraftwechsels  ist,  sondern  nur 
bei  verhältnissmässig  sehr  wenigen  Thierarten  vorkommt.  Femer  nahm  man 
frtiher  .^n,  dass  das  Leuf  h^en  nicht  in  allen  Fällen  eine  T.ebenserscheinung  sei, 
sondern  auch  in  versclucdenen  todten  animalischen  Substanzen  auftrete,  da 
Fälle  beobachtet  wurden,  dass  menschliche  Leichen,  frisches  Fleisch  von  Schlacht- 
tiiieren,  Würste  etc.  leuchteten,  weiter  das  Leuchten  todter  Seefische  (besonders 
Gadus,  Mulius,  Trachypurus)  und  todter  Tintenfische  (Eiedone  nwsehata)  eine 
sehr  bekannte  Erscheinung  ist.  Auch  leuchten  die  unter  dem  Nimen  »Stem- 
schnnppengallerte«  bekannt«,  gelegentlich  in  Wftldern  zu  findenden  faustgrossen 
Schleimklampen,  welche  die  hochgequollenen  Eileiter  von  Fröschen  sind,  die 
entweder,  weil  anverdaulich,  von  dem  Raubthier^  das  den  Frosch  gefressen 

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leuchten  der  Thier«. 


hat,  wieder  ausgebrochen  oder  beim  Vermehren  nicht  mit  yersdilungen  wurden. 
Neuerdings  ist  festgestellt  worden,  dass  dieses  Leuchten,  nicht,  wie  man  glaubte, 
von  einer  eigenartigen  Fäulnisszersetzung  herrfthrt;  sondern  von  einem  mikro- 
skopischen Leuchtorganismus,  der  »Leuchtmonadec  ausgeht,  die  unter  nach- 
folgenden Bedingungen  zur  Entwicklung  kommt:  Die  wichtigste  derselben  ist 
Feuchtigkeit:  mit  der  Kintrocknung  hört  das  Leuchten  auf,  kehrt  aber  nach 
Wiederbefeuclitung  ziuiirk.  Eine  zweite  Bedingung  ist  die  Anwesenheit  gewisser 
Salze.  Das  wirksamste  Sak  ist  sclnvcfelsaure  Magnesia  (nach  l'Hulme  i  Tiieii 
auf  4  Theile  Wasbcr  und  i  Theii  hiscl.iki.scl),  nach  anderen  soll  die  Menge 
des  Salzes  den  lo.  oder  8.  Tlieil  der  Mischung  nicht  überschreiten).  Kbenfalls 
wirksam  ist  Kochsalz,  weshalb  das  Leuchten  viel  häufiger  bei  Seefischen  als 
bei  Süsswasserüschen,  und  bei  den  gesalzenen  Würsten  hänfiger  als  beim  frisdien 
Fleisch  beobachtet  wird.  Die  dritte  Bedingung  ist  Zutritt  von  Sauerstoff;  in 
Kohlensäure,  Stickstoff»  und  Wassen»toffgas  erlischt  das  Lichta  während  Zutritt 
von  Sauerstoff  es  wieder  herstellt.  Die  günstigste  Temperatur  ist  20—30°  C 
Bei  50"  erlischt  das  l.icht,  kehrt  aber  bei  Abkühlung  wieder,  wenn  jener  Wärme- 
grad ntrlit  zu  lange  unterhalten  wurde.  iJetinitiv  erlischt  es  bei  Kruaniuing  auf 
100  sowie  bei  längerer  Davier  einer  Temj>eratur  von  50  '  und  darüber.  Mit 
dem  Nachweis  der  Leuchlmuuadc  werden  die  Angaben  früherer  Forsciier  (Phip- 
soN  und  Panceki)  Uber  die  Isolirbarkeit  der  Leuchtniaterie,  die  sie  Noetikuina 
nannten  und  die  Phipsom  för  eine  stickstoffhaltige  Substanz,  unlöslich  in  Wasser, 
Alkohol  und  Aether,  beim  Gähren  wie  schimmelnder  Käse  riechend,  Pakceri 
dagegen  für  Fett  erklärte,  zweifelhaft.  —  Beim  Leuchten  lebendiger  Thiere  hat 
man  zweierlei  Modalitäten  zu  imtcrscheiden:  i.  Die  Produktion  leuchtender  Ab- 
sondeningen,  die  andi  nai  h  ihrer  Ablösung  von  dem  Thiere  fortleuchten.  Im 
Allgemeinen  sind  diese  Absonderungen  von  schleimiger  Consistenz  und  das 
Produkt  von  Epithelien  oder  förmlichen  Drüsen.  ^  on  den  hierher  gehörigen 
Fallen  ist  am  besten  das  Leuchten  einer  BohrnuKscliel  {PIwlas  daciylus)  von 
PANCtkJ  untersucht.  Sobald  man  sie  reizt,  liefert  sie  eine  Absonderung,  die  sich 
wie  eine  leuchtende  Wolke  im  Wasser  verbreitet.  Die  Produktion  geht  vom 
oberen  Rand  des  Mantels  und  vier  umschriebenen  Stellen  der  Athemröhre  aus 
und  zwar  von  einem  dort  sitzenden  etgenthUmlichen  Flimmerepithel,  das  von 
Strei:ke  zu  Strecke  längere  Flimmerhaare  besitzt  und  eine  intensiv  weisse  Schiebt 
bildet.  Die  Zellen  haben  eine  sehr  zerbrechliche  Membran,  einen  granulirten 
Kern  und  sind  erfüllt  mit  äusserst  kleinen,  in  Aether  löslichen,  also  wohl  fett- 
haltigen Körnern,  die  offenbar  die  leuchtende  Substanz  sind.  Allem  nach  be- 
ruht die  Produkti.'n  des  leuclitendcn  Schleimes  auf  einer  durch  Reizung  bewirkten 
Entleerung  des  Zellinhaltes.  Auf  einer  ähnlichen  Absonderung  leuchtenden 
Schleimes  durch  das  Epithel  der  Körpcrobertläche  oder  durcli  Drusen,  die  mit 
demselben  zusammenhängen,  beruht  das  Leuchten  mancher  Würmer  (Odontosylits, 
Ckaeh^pierut,  Baianoglossus,  Polycirrus)  und  das  von  Moquin-Tamdon  gemeldete, 
von  andern  vergeblich  gesuchte  Leuditen  der  Rcgenwttrmer  zur  Begattungszeit, 
das  vom  C^Uum  ausgehen  und  nach  bewirkter  Begattung  erlöschen  soll.  Hier 
muss  ferner  angeführt  werden,  dass  man  an  lebenden  Menschen  leuchtende 
Wunden  und  leuchtenden  Schweiss  beobachtet  hat.  Von  letzterem  ist  ein  Fall 
durch  Panceri  veröffentlicht  worden:  Ein  Dr.  Pf.tronio  hatte  abends  viel  Fische 
gegessen  und  bemerkte  am  folgenden  Morgen  den  Leuchtschweiss.  Nach  münd- 
licher Mittheilung  von  Prof.  Dr.  N'ogel  soll  übrigens  leuchtender  Schweiss  in 
Süd-Russländ  während  der  sogen.  Butterwoche,  in  welcher  grosse  Mengen  von 


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Leuchten  der  Thier«.  97 

Fett  und  FiBchen  verzehrt  werden,  eine  Jedennann  bekannte  Erscheinung  sein. 
Wenn  Panceri  vermuthete,'dass  der  Genuss  des  so  leicht  zur  Lichtentwicklung 
neigenden  Fischfettes  die  Leuchtsiibstanz  liefere,  so  ist  jetzt  nach  Entdeckung 
der  I.euchtmoiiade  wahrsclicinlich,  dass  der  Leuchtschweiss  des  Menschen  nichts 
anderes  als  eine  Ansiedlung  der  Leuchtmonade  auf  dem  Menschen  ist,  die  ein- 
tritt, wenn  er  durch  Fischgenuss  die  diesen  Farasitea  passende  Ausdünstung  an- 
genommen hat  Endlich  ist  hier  anzuführen,  das«  der  bekanntlich  sehr  heftig 
stinkende  Urin  der  Stinktbiere  (Mephitis)  leuchten  soll,  freilich  konnten  andere 
diese  Eigenschaft  nicht  bestätigen,  a.  Die  sweite  Modalitttt  ist  das  Leuchten 
lebendigen  Protoplasmas.  Ein  sdharfer  Unterschied  besteht  allerdings  zwischen 
dieser  und  der  vorigen  Modalität  nicht,  denn  mit  dem  von  Epithelien  producbten 
Leuchtschleim  stimmt  die  Anwesenheit  eines  sesshaften  Leuchtepithcliums,  wie 
es  bei  vielen  Medusen  und  Si])honophoren  vorkommt,  sehr  nahe  überein.  Bei 
manchen  Arten  2.  B.  Felagia  noctiiuca,  leuchtet  das  ganze  Epithel  auf  der  inneren 
tind  äusseren  Seite  des  Körpers,  bei  anderen  Medusen  nur  das  über  den  Rand- 
knöpfen  oder  Tentakeln  etc.,  bei  den  Siphonophoren  insbesondere  das  der 
Sdiwiomglocken.  Das  Protoplasma  dieser  Leuchtepithelien  ist  wie  im  vorigen 
Fall  mit  sahireichen,  äusserst  kleinen  Römern  durcbsetst,  welche  die  Beobachter 
lUr  Fett  erklären.  Eine  weitere  Modalität  ist  das  Leuchten  des  Protoplasmas 
von  tiefer  im  Inneren  des  Körpers  liegmden  Zellenmassen.  Unter  den  Wirbel* 
thieren  ist  nur  eine  Haifischart  (Scymnus  fulgcns)  anzuführen,  wobei  freiUch  ge* 
nauere  Angaben  über  den  Sitz  des  Leuchtvermögens  fehlen;  es  wird  nur  ver- 
muthet,  dass  es  im  Unterhautfett  liege.  Zahlreich  sind  die  Fälle  bei  den  wirbel- 
losen '1  hicrcii,  insbesondere  bei  Seethieren  Kin  Theil  dieser  Fälle  schliesst 
sich  unmittelbar  an  die  an,  in  weichen  Leuchtepithelien  den  Körper  decken  und 
zwar  insofern,  als  die  Leucbtorgane  dem  Exoderm  oder  Entoderm  des  Thieres 
entstammen.  Bei  den  leuchtenden  Käfern  ^iSmpyriden  und  Pyropharus-Amn) 
li^en  die  Leuchtzellen  dicht  unter  der  an  dieser  Stelle  sehr  dttnnen  und  völlig 
durcbnchtigen  Qiitinhau^  sind  also  modificirte  Exodermselleo.  Sie  sind  voU^ 
ständig  farblos  und  durchsichtige  ohne  Fettkömer  und  die  leuchtende  Substanz 
ist  hier  offenbar  kein  Fett^  sondern  eine  stickstoffhaltige  ciweissähnliche  Substanz, 
die  sich  bei  Behandlung  mit  Zucker  und  Schwefelsäure  loth  färbt,  wodurch  sie 
sich  von  anderen  Albuminaten  unterscheidet.  Hinter  den  aktiv  leuchtenden 
Zellen  liegt  eine  Schicht  aus  undurchsichtigen,  kreidigweissen  Zellen,  die  diese 
Färbung  der  Erfüllung  ihres  Protoplasmas  mit  zahlreichen  Krystallen  von  harn- 
saurem Ammoniak  (Lampyris)  oder  einem  anderen  harnsauren  Salze  (lyrop/wrus) 
verdanken.  Diese  Ktystalle  zeigen  eine  äusserst  lebhafte  BROWN'sche  Molekular- 
beweguQg.  Der  ^ekt  der  »Uratzellenschichtc  ist  eine  Verstärkung  des  Lichtes 
durch  Rdlezion.  —  Bei  den  leuchtenden  Asctdien  (Jfyrvs^nw)  entwickdb  nch 
die  Leuchtorgane  als  eine  centripetale  Wucherung  des  Exoderms  und  bestehen 
ans  hügligen,  locker  aneinander  sitzenden  Zellen  ohne  Kern,  mit  einem  homo- 
genen, sehr  durchsichtigen  Inhalt,  der  durch  Karmin  sich  färbt,  was  auf  eiweiss* 
artige  Natur  der  Leuchtsubstanz  deutet.  —  Bei  den  Rippenquallen  (Bero'i  und 
Cestum)  umgeben  die  Leuchlorgane  die  sogenannten  Gastrovascularkanäle,  dürften 
also  Abkömmlinge  des  Entoderms  sein,  und  die  Zellen  verhalten  sich  wie  die 
von  Pyrosoma.  Bei  den  Seefedem  (Pennatuliden)  scheinen  die  acht  weissen, 
leudbtenden  Stränge,  die  almnirend  mit  den  Mesei^rial&lten  liegen,  eben&Us 
Entwicklungen  aus  dem  Entoderm  zu  sein.   Die  Organe  bestehen  aus  drei 

XooL.  Aadmpol.  M.  BteokfiA  Bd.  V.  <j 


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9« 


Lrachten  der  Thier«. 


Elementen:  i.  Bläschen  ohne  Kern  mit  einer  fettigen  Masse  gefUIIt :  2.  kernlosen, 
mit    Fettkömem    durchsetzten    Zellen   mtt    1—3   Fortsätzen  (Nen^enzellen?); 
3.  Bläschen  mit  einer  körnigen,  weissen,  anorganischen  Masse;  die  letzteren  Kie- 
mente betheiligen  sich  beim  Leucliten  wohl  in  derselben  passiven  Weise  wie  die 
Uratzelien  der  leuchtenden  Käfer.  —  Dass  auch  das  Nerveni>rotoplai>nia  photo- 
gene Beschaffenheit  annehmen  kann,  wird  durch  die  Leuchtorgane  von  Pofynoc 
(einem  Wann)  and  FkjfWrhei  (einer  heteropoden  Molloeke)  demonstrirt  Bei 
Pbfyno^  findet  sich  eine  Doppelreihe  leuchtender  Scheibchen,  entsprechend  der 
Zahl  der  Elytren.   Diese  Scheibchen  enthalten  eine  quastenfonnige  Entfaltung 
eines  Nerven  und  nach  Panceri  endigen  diese  Nerven  theils  in  Form  \on 
Knöpfchen,  theils  in  der  von  Stäbchen,  welche  letztere  bis  zur  Oberlliiclie  der 
Elytre  in  dort  befindliche  Pai>il!en  eindringen.   Da  die  Intensität  des  Lichtes  mit 
der  Dichtigkeit  der  Nervenendigungen  in  geradem  Verhältniss  steht,  so  ist  anzu- 
nelunen,  dass  dic>e  seilest  leiu  hten.   Bei  Phyllirhoc  bedeckt  sich  bei  Reizung  die 
ganze  Obertläche  des  Korpers  n»it  Myriaden  von  leuchtenden  Punkten.  Nun 
findet  man  an  den  Nerven,  die  sich  in  der  Köiperoberfläche  vertheilen,  An* 
Schwellungen  von  verschiedener  Form,  von  denen  insbesondere  die  kugligen,  die 
Pancsri  nach  ihrem  Entdei  ker  »MüLLBR*sche  Zellen«  nennt,  als  die  leuchtenden 
Theite  zu  bezeichnen  sind.  Diese  Anschwellangensindkemhaltig,  filrben  steh  lebhaft  mit 
Karmin,  Gold  und  Osmtumsäure  und  enthalten  eine  ausserdem  in  Alkohol  und  Aether 
lösliclie,  fettige  Substanz.    Ausser  diesen  peripherischen  Ganglienzellen  leuchten 
bei  JViyUtrho'c  nuch  noch  Ganglien  des  Nervenschlundrings.    Zu  bemerken  ist 
jedoch,   dass   das   Leuchten  dieser  Ner\ enzeilen  nicht   noihwendig   mit  dem 
Leben  verbunden  ist,  denn  das  Liclu  kann  auch  an  todten,  getrockneten  oder 
faulenden  Tiiieren  durch  Begiessen  mit  heissem  Wasser  wieder  hervorgerufen 
werden.   Leuchtendes  Muskelprotoplasma  ist  bei  Echinodermen  (Ophiura)  und 
einem  Wurm  (SyBis)  beobachtet  worden.  Das  Aufleuchten  begleitet  die  Zuckung. 
Es  leuchten  jedoch  nicht  alle  Muskeln  dieser  Thiere.   Bei  Sy^  entstehen  zwei 
Reihen  von  Leuchtpunkten,  entsprechend  der  Zahl  der  Füsse,  bei  den  Ophiuren 
.sind  es  die  Muskelbänder,  welche  die  Armglieder  verbinden.  —  Zuletzt  ist  das 
Leuchten  des  indifferen/irten  Protoplasmas  von  Infusorien  {Pfridinium,  CryptO' 
monas),  der  zu  den  \\'iirzelfüssern  gehörigen  Noclduca  und  verschiedenen  Radio- 
larien  (Co/hzoum,  Sphacrozoum  und  CoHosphaera)  zu  erwähnen.    Bezüglich  der 
Bedinginigen  des  Leuchtens  von  rroloiUasma  ist  folgendes  ermittelt:    i.  Zutritt 
von  Sauerstoff  ist  unerlässlich  und  indifferente  Gasarten  sowie  Kohlensäure  löschen 
das  Licht       Das  Leuchten  tritt  in  der  Kegel  nicht  spontan  auf,  sondern  es  ist 
eine  Begleiterscheinung  von  Erregungsvorgingen,  wird  also  im  allgemeinen  durch 
alle  Protoplasmareize  hervorgerufen;  merkwürdigerweise  reagirt  jedoch  das  pho- 
togene  Protoplasma  auf  elektrische  Reizung  im  allgemeinen  weniger  gut  als  auf 
andere  Reizarten.    Unter  den  chemischen  Reizen  ist  besonders  die  heftige  Wir- 
kung des  süssen  Wassers  auf  die  leuchtenden  Scethiere,  dann  die  Wirkung  von 
Säuren  und  Alkalien,  unter  den  physikalischen  Reizen  die  mechanische  Reizung 
hervorzuheben.    Dass  die  Krregungsvorgängc  in  den  Nerven  die  Lichterscheinung 
hervorrufen,  wird  sowohl  durch  das  physiologische  Experiment  bestätigt,  als  durch 
die  Thatsache,  dass  bei  den  Leuchtkäfern  die  als  Nervengifte  bekannten  Alkaloide 
von  Nux  vomica.  Curare,  Calabarbobne  und  Opium  entschieden  auf  das  Leuchten 
dnwitken.  3.  Bei  vielen  Thieren  ist  zwar  das  Leuchten  eine  Begleiterscheinung 
des  Lebens,  allein  es  ist  nicht  nothwendig  an  dasselbe  gebunden,  sondern  kann 
auch  noch  beim  todten  Thiere  durch  mechamsche  und  chemische  ^flflase  er- 


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Lenehtoi  der  TIticK. 


99 


zeugt  werden.    Ueber  die  Begleiterscheinungen  des  Leuchtens  weiss  man  so  viel, 
dass  jedenfalls  keine  nennenswerthe  Wärmeentwicklung  damit  verbunden  ist, 
denn  auch  (fie  Untersuchungen  mit  sehr  feinen  Üiermoelektrischen  Apparateni 
haben  keine  positiven  Werthe  eigeben.    Was  die  Elektridtttt  betriflf^  so  fand 
KÖLUKER  beim  Auflegen  von  Leuchtkäfern  auf  einen  strompiüfenden  Apparat 
zu  Gunsten  der  lebenden  leuchtenden  Thiere  im  Gegensatz  zu  todten  eine  Ab- 
weichung  der  Magnetnadel  um  3 — 7",  womit  aber  noch  nicht  bewiesen  ist,  dass 
cLis  !  euchtcn  von  elektrischen  Strömen  begleitet  wird,  denn  andere  Untersuch- 
ungen haben  ein  negatives  Resultat  ergeben.  —  In  seiner  Beschattenheit  erinnert 
das  Licht   an  das  Leuchten  des  Phosphors  und  seine  F"arbe  spielt  in's  blaue, 
grüne,  rothliche,  gelbe  oder  violette.     Die  von  verschiedenen  Forschern  vorge- 
nommene spektroskopische  Analyse  ergiebt  ein  continuirliches  Spektrum,  das  von 
einigen  als  monochromatisch,  von  Sbcchi  als  polychfomatisch  beseichnet  wird; 
die  Bande  liegt  nach  Pamckri  zwischen  den  Linien  E  und  F  des  Sonnettq»ek- 
trums.  —  Ueber  die  Quelle  des  thierischen  Lichtes  eiigiebt  sich  aus  dem  Beob- 
adHeten  folgendes:  Dasselbe  entspringt  der  Oxydation  einer  organischen  Verbin- 
dung,  bei  welcher  unter  allen  Umständen  Kohlensäure  entwickelt  wird.  Diese 
Leuchtsubstfin?  ist  in  einem  Theil  der  Falle  ein  Fettstofl",  in  einem  andern  eine 
stickstoffliaUiL^c  Substanz.   Mit  Phosphor  hat  das  thierische  Licht  nichts  zu  schaffen, 
sondern  die  photogene  Substanz  hat  nur  die  Eigenschaft  mit  dem  Phosphor  ge- 
mein, die  Spannkräfte,  die  bei  der  Oxydation  zur  Entbindung  kommen,  statt  wie 
gewOhidich  als  Wärmebewegung,  vielmehr  in  Form  von  Lichtschwingungen  su 
entbinden.  Kurz,  es  ist  eine  Ozydation,  bei  der  statt  Wärme  Licht  auftritt.  Bei 
dem  Leuchten  des  lebendigen  Protoplasmas  ist  auch  daran  gedacht  worden,  das 
Licht  ktfnne  elektrischen  Ursprungs  sein.  Dagegen  sprechen  die  in  vielen  Fällen 
zu  Tage  tretende  Unabhängigkeit  des  Leuchtens  von  den  Lebensvorgängen  und 
die  resultatlosen  Untersuchungen  auf  elektrische  Ströme.    Deshalb  wird  auch  ftir 
das  I, suchten  des  lebendigen  Protoplasmas  die  chemische  Theorie  die  richtige 
sein  und  zwar  so:  Das  Protoplasma  gewisser  Lebewesen,  reproducirt  eine  Substanz, 
die  bei  ihrer  Oxydation  leuchtet,  (photogene  Substanz).    Der  Oxydationsvorgang 
wird  einerseits  ausgelöst,  wenn  diese  Substanz  in  innigen  Contakt  mit  dem  Sauer- 
stoffkommt und  gewissen  Frictionen  oder  chemischen  AnstOssen  unterworfen  wird, 
oder  dann,  wenn  das  Protoplasma,  in  das  sie  eingebettet  ist;  von  einem  Er- 
legungsvotgang  durdizogen  wird.  Die  in  das  Protoidasma  eingesprengte  Leuchfc* 
substam  bildet  hierbei  fUr  den  Erregungsvorgang  eine  Hemmung,  und  da  bei  jeder 
Hemmung  eine  Kraftumwandlung  stattfindet,  so  ist  damit  ein  auslösendes  Moment 
gegeben,  aber  nur  unter  der  Bedingung,  dass  der  nöthige  Sauerstoff  vorhanden  ist, 
Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich  mit  Nothwendigkeit,  dass  das  Leuchtphänomen, 
wie  die  Beobachtung  bestätigt,  die  Erscheinung  der  Ermüdung  und  Ers-  höpfung 
und  die  der  Erholung  zeigt;  das  Leuchten  dauert  nur  so  lange,  als  disponibler 
Sauerstoff  und  disponible  photogene  Substanz  vorhanden  sind,  und  beides  wird 
durch  das  Leuchten  verzehrt.  Die  Frage  nach  den  Bedingungen  der  Bildung 
der  photogenen  Substanz  ist  noch  ganz  ungelöst.  Man  kann  nur  sagen,  «e  ent- 
spiingen  in  den  meisten  Fällen  einer  specifischen  ererbten  Qualität  desPtoto- 
plasmas,  die  gewissen  Thierarten  der  verschiedensten  Thiembtheilungen  zukommt, 
aber  fast  Uberall  nur  einigen  wenigen  Arten.    In  anderen  Fällen  besteht  die 
specifische  Fifrenthümlichkeit  nur  in  einer  Prädisposition  zur  Entwicklung  der 
Leuchtsubstanz,  und  diese  Disposinon  ist  theils  eine  dauernde,  theils  eine  nur 
temporäre.    Ausser  dem  im  bisherigen  beschriebenen,  von  0:^dation  einer 

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lOO 


Leuchtkäfer  —  Leuciscus. 


photogenen  Substanz  henrtthrenden,  also  chemischen  thierischen  TJchte,  Icommen 
noch  zwei  andere  Formen  von  Leuchten  bei  Tlüeren  vor,  die  rein  physikalischer 
Natur  sind.  i.  Das  Auftrett-Ti  von  elektrischen  Funken  im  Haarkleid  der  Säuge- 
thicrc,  wenn  dasselbe  gerieben  wird.  Am  leichtesten  ist  die  Kri^cheinun?  bei 
Katzen  hervorzubringen  durch  Streicheln  geeen  das  Haar  und  zwar  am  besten 
bei  trockener  Luit,  auch  am  menschlichen  Kupi-  und  Barthaar  ist  es  zu  beobachten. 
Es  handelt  sich  hier  einfech  um  die  Entstehung  von  Reibungselektriatät  an  den 
die  elektrische  Bewegung  so  sehr  schlecht  leitenden  Haaren  und  Entladung 
derselben  unter  knisterndem  Geräusch.  2.  Das  Leuchten  der  Augen  der  Wirbel« 
diiere  und  vieler  Insekten,  insbesondere  der  Nachtschmetterlinge.  Wo  bei  den 
Wirbelthieren  das  Leuchten  sehr  entwickelt  ist,  findet  man  im  Augenhinteigrund 
eine  eigne  trisirende  Schicht,  das  sogen.  Tapetum.  Uebrigens  beobachtet  man 
das  T  eurliten  auch  bei  Geschöpfen  ohne  Tapetum,  selbst  beim  Menschen.  Von 
diebem  Leuchten  wird  angenommen,  dass  es  rh'.v  blosse  Reflexiort  äusseren 
Lichtes  ist:  denn  es  verschwindet  bei  absoluter  Dunkcilicit  vollständig.  Anderer- 
seits ist  Thatsache,  dass  es  bei  Säugethieien  eigentlich  nur  an  .iiickt  beobaciitet 
wird  und  die  Stärke  und  Farbe  des  Lichtes  je  nach  der  Intensität  des  Affektes 
wechselt  Femer  ist  die  Farbe  bei  den  verschiedenen  Thieren  verschieden,  bald 
grttniich  bald  röthlich.  J. 

Leuchtkäfer,    s.  Lampyridae.     E.  Tc. 

Leuchtzirpen,  Fulgorina  s.  Fulgorides     E.  Tc. 

Leucilla,  Häckel,  s.  Leuconidae  und  Kalkschwämme.  Pf. 

Leucin,  AmidoleucinsSnre,  .^midocapronsäure,  CgHj^NOj,  ein  constantcr 
Bestandtheil  zahlreicher  thierischer  Gewebe  und  Organe,  besonders  Driisen 
(Bauch-  und  Kopfspeicheldrüsen,  Nieren,  Leber,  Lunge,  dann  Gehirn  etc.)  ist 
eine  perlglänzende,  in  dünnen  Kiystallblättchen  oder  radiär  gestreifte  Kugeln 
bildenden  Nadeln  krystallisirende  Substanz,  welche  specilisch  leichter  ab  Wasser, 
fettähnlich  ist,  sich  aber  schon  in  37  Theilen  kalten  Wasser^  viel  schwerer  in 
Alkohol  löst  und  in  Aether  geradezu  unlflslich  ist  Von  neutraler  Reaktion  ser- 
setzt  es  sich  bei  starrer  Erhitzung  in  Kohlensäure  und  Amylamin;  mit  Schwtfel- 
säure,  Salpetersäure  etc.  bildet  es  leicht  lösliche  und  krystallisirbare  Verbindungen. 
T  i-^t  cinp«^  der  Produkte  der  regressiven  Eiweissmetamorphose  im  Körper  und 
tritt  ms!)esundere  auch  bei  Fäulniss  der  Kiweissstoffe  auf,  es  fehlt  desshalb  auch 
niemals  unter  den  Verdauungsprodukten,  vornehmlich  des  pankreatischen 
Saftes.  S. 

Leucinsäure,  durch  Einldten  von  Stickstofibrioiqrd  in  eine  mit  Salpetersäure 
angesäuerte  Leucinlösung  oitstehend,  ist  physiologisch  nur  als  Componens  des 
Leudns  von  Bedeutung.  S. 

I^eudscas  (Kleim,  Bonaparte),  Siebold,  Weissfisch  (gr.  kut9$,  weiss), 
Gattung  der  Karpfenfische  (s.  Cypriniden),  mit  kurzer  oder  doch  mässig  langer 
Afterflosse  und  kurzer  Rtlckenflosse ,  ohne  Stachel,  den  Bauchflossen  ungefiihr 
gegenüber.  Ohne  Barteln.  Fnlsche  Kiemen  vorhanden.  Darm  kurz.  Die 
Schhmdzähne  stehen  in  cii.er  Rcilie,  links  zu  6  oder  5,  rechts  immer  zu  5.  Die 
vorderen  Zahnkronen  sind  coniscli,  die  hinteren  seitlich  comi)nmirt,  mit  schräg 
abgeschliffener,  nach  innen  in  einen  Haken  endigender  Kaufläche.  —  Während 
die  Gattung  in  ihrer  wetteren  Begrenzung  (s.  GOmther)  mindestens  84  Arten 
zählt,  hat  sie  in  der  hier  gegebenen  Fassung  nur  ij,  von  denen  3,  nimlich 
X.  rutihts  (s.  Plötze),  Z.  virgo  (s.  Frauennerfling)  und  Z.  miüßngtri  (Giau* 
nerflin^  in   Deutschland  vorkommen.    Europäische  Arten   rind  ausseifdem: 


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Leudtartüi  Lmtoosolenla. 


lOI 


L,  auh,  BoNAP.  (Süd-Europa),  Z.  arcasii,  Stelnd.,  macroUpidotus ,  Steind., 
lemmingii,  Steind.,  alburnoides,  Steind.  (Pyrenäenhalbinsel),  L.  Heckeliif  NoRDM. 
(Krim),  L.  piclus,  Hkckel,  adspcrsus,  Heckel  (Balkanhalbinsel).  Ks. 

Leuckartia,  A.  Agassiz,  Geryonide  (Subf.  Caramnidae)^  ohne  Zungenkegel 
und  Centripetal-Kanal.  Pf. 

Lrcucochloridium,  Carus,  Cercarien.  Name  eines  Trematoden,  Distoma 
maerMmumt  Rud.  —  Die  Cercarie  (Larve)  dieses  Saugwurms  lebt  in 
Fahlem  vcni  Sueemea  ptiiris,  in  dem  E^de  eines  langen  Ammenschlauchs»  der 
sich  in  den  Leib  der  Schnecke  hinein  fortsetzt  in  einen  Fadenknanl  «wischen 
Leber  und  Dann.  Das  Ende  des  SchnedcenfUhlers  dehnt  sidi  durch  die  Be- 
wegungen des  Ammenschlauches  so  sehr  aus,  dass  die  dUnne  Haut  durch  den 
geringsten  Anstoss  platzt  und  der  Schlauch  heraushängt  wie  ein  kleiner  Wurm. 
Nach  den  Beobachtungen  Z'  i  ler's,  eines  wiirttenibergischen  Arxtes,  wird  dieser 
von  Rotlikehlchen  und  an  ieren  int>ektenfrei»i>enden  Vögchi  weggeschnappt  und  im 
Darm  dieser  Vögel  eniwickelt  sich  das  L.  zum  geschlechtsreifen  Distoma  macros- 
tomum.  Carus,  der  jene  sonderbare  Larvenform  zuerst  entdeckte,  betrachtete  sie 
als  eine  besondere  Gattung  und  nannte  sie  nach  der  Färbung  L.  Wo. 

Leucochroa  (gr.  weissfarbig),  Beck  1837,  Landschnedcengattung;  nUchstver- 
wandt  mit  HtUx^  aber  Kiefer  glatt,  mit  mittlerem  Vorsprung  wie  b«  VUrhta  und 
/fyafyiOf  Zähne  der  Retbplatte  wieder  mehr  wie  bei  Beüx.  Schale  sehr  dick» 
kalkig  weiss,  etnüu-big,  kugelig  oder  niedergedrückt;  Mflndungsmund  stumpf, 
gMade.  An  den  wärmeren  Küsten  des  Mittelmeeres.  Z.  candt'dissima,  Drapar- 
NAUD,  kugelig  gerundet,  jung  mit  Kiel  und  Nabel,  die  beide  bei  fortschreitendem 
Warhsthum  verschwinden,  in  Süd-Frankreirb,  Spanien,  Sardinien,  Siciüen  und 
Algerien,  eine  ähnliche,  bei  welcher  der  Kiel  auch  auf  der  letzten  Windung 
bleibt,  Z.  cariosula,  Miciiaud,  in  Algerien,  eine  gekielte  und  genabelte,  L.  cariosa, 
OuvTER,  in  Syrien,  eine  runde,  bei  der  die  Mündung  durch  Ausbreitung  des 
Bandes  nach  innen  dlgenthttmlich  verengt  ist,  L.  Baissuri,  Charp^  in  Judäa  und 
dem  peträischen  Arabien.    £.  v.  M. 

Leucoqrten.  Die  den  weissen  Blutkörperchen  gleichsustelleoden  Elemente^ 
des  Froschblutes,  aus  welchem  sich  das  als  Flagellat  gedeutete  7yyptm9s^tiia 
sangmms  (s.  d.)  entwickelt  Ff. 

X^codoridae,  QuAntzrAcis  (griech.  mit  weisser  Haut).  Farn*  der  Boraten* 

Würmer;  Ord.  Notohraiuldgtoi  nahe  den  Äriciidae.  Körpersegmente  heteronom; 
Ruder  einästig.  Leben  meistens  in  Röhren  im  Sand  oder  auf  Steinen.  Hierher 
die  Gattung  Leucodore.  Wd. 

Leuconidae,  Familie  der  Kalkschwämme  mit  dicker  Wandung,  welche  von 
verästelten  Kanälen  durchsetzt  wird.  Gattung  Tfuconia,  Grant,  von  HAckel  nach 
den  Nadel-Verhältnissen  (s.  Kalkschvvämme)  in  die  Gattungen  Leucyssa,  Leutetta, 
LcuciUa,  Leucortis^  Leuculmis,  LtucaÜis,  Ltucandra  getheilt,  (s.  Hackel,  Die  Kalk- 
schwämme,  Berlin  1872).  Pf. 

Leoccnoe,  Bon  (WasserliederrolliiseX  Gruppe  (eigenes  Genus  nach  Bos) 
sur  €rattung  VesperHS»  (L.)  Keys,  und  Blas.  (s.  d.)  gehörig,     t.  Ms. 

Leucophrya  (gr.  «phryst  Augenbraue),  EmtsiiBERG.  Ifolotriches  InfUsor  aus 
der  Familie  CinetochiUdae  mit  häutiger  Platte  im  Schlünde.  Fr. 

Leucortis,  Hackel,  s.  Leuconidae  und  Kalkschwämme.  Pp. 

Leucoaolenia,  (gr.  leukos  weiss,  solen  Scheide),  Bowerbank  (^GroiUia, 
lAESSXfXnm,  9.  d.).    Kalkschwamm  aus  der  Familie  As(oniäae,  Pr. 


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lot  Lcucosolenkbe  —  Linkt, 

LettC08oletiid«e  {^Aitamdaejt  Kalkschwinuoe  mit  dsftcben  Porengängea 
der  Wandung.  Pr. 

Lencosticte,  Sws.  (gr.  leukas  wdss,  sUki^s  puoktiit).  Finkcngattuag  aus  der 

Untertamilie  der  Pyrrhulinae  (s.  Fringillidae),  nur  etwa  ein  halbes  Dutiendt  im 
Norden  Asiens  und  Nordamerika's  sowie  im  HimaUya  heimische  Arten  umfassend. 

Der  Charakter  dieser  ?  Polarfinken  i  liegt  in  einem  kurzen  und  spitzen,  gegen 
die  Spitze  hin  seitlich  zusammengedrückten  Schnabel  und  dunkelbraunem  Ge- 
fieder, welches  an  Kopf  und  FKigcln  häufig  röthlichen  Anflug  zeigt.  In  der 
Grösse  kommen  sie  den  Ammern  gleich.  Typus:  L.  littoralis,  Baird,  von  Nord- 
Amerika.  RCHW. 

Leaeosyrier.  Völkerschaft  des  Alterthums  in  Kappadokien  und  Pontus, 
zwischen  dem  Halys  und  Iris;  sie  gehörten  zum  sjrrischen  Volksstamm  und 
wurden  von  den  Persein  sum  Unterschiede  von  den  eigentlichen,  durch  die  Sonne 
mehr  gebräunten  Syrern,  L.  d.  h.  weisse  Syrer  genannt     v.  H, 

Leuculmis,  Häckel,  s.  Leuconidae  und  Kalkschwämmc.  Pf. 

Loucyssa,  Häckef.,  «?.  T-euconidnc  und  Kalkschwämme.  Pf. 

Leueneuwa.  Insulaner  des  pazifischen  Ozeans,  im  Osten  des  Salomooar- 
chipel,  Maori  (s.  d.)  der  Sprache  und  Abkunft  nach.     v.  H. 

I^euni.    Völkerschaft  im  alten  Vindelizien.     v.  H. 

Leuvu-heL  Abtheilui^  der  Tehueltschen  (s.  d.)  an  den  nördlichen  und 
südlichen  Ufern  des  Rio  Negro  in  Patagonien.  Sie  grenzen  im  Osten  an  die 
Chediehe^  im  Westen  an  die  Pehuenche  und  Huilliche,  im  Norden  an  die  DtvO' 
het,  im  Süden  an  die  übrigen  Tehueltsdien.    v.  H. 

Levad.  Eine  zu  den  Nerviern  gehörige  Völkerschaft  des  Alterdkums»  am 
Flusse  Lieva  der  bei  Gent  in  die  Scheide  fällt.     v.  H. 

Levantiner.  Abkömmlinqc  von  West-Europäern  im  türkischen  Orient.  Die 
jungen  westeuropäischen  Kauileute,  ItaHener,  Spanier,  Franzosen,  nahmen  sich 
Frauen  aus  griechischen,  armenischen  oder  jüdischen  FamiUcn  und  ihre  Kinder 
gehörten  weder  dem  einen  noch  dem  andern  Volke  an;  sie  bildeten  eine  be- 
sondere Volksart^  die  L.  Sie  selbst  nennen  sich  gerne,  soweit  sie  nieht  ihrer 
ursprünglidien  Nationalität  wieder  beigetreten  sind,  Katholiken,  da  sie  als  Nach- 
kommen ringewanderter  Italiener,  Franzosen  und  Spanier  fast  alle  der  römisch* 
katholischen  Kirche  angehören  und  als  Bekenner  deisdben  von  den  Griechen 
unterschieden  sein  wollen.  Diese  L.  haben  nun  in  viden  Städten,  besonders 
in  geistiger  Hinsicht,  manches  von  den  Oiientalen  angenommen.  Wie  Europäer, 
welche  lange  Jahre  in  Amerika  gelebt,  in  Sitte  und  Denkweise,  ja  sogar  in  ihrer 
äusseren  Erscheinung  sich  amcrikanisiren,  ebenso  häufig  nehmen  Europäer,  welche 
lange  im  Oriente  leben,  unmerklich  die  einheimische  Glaubensgeneigtheit  an. 
Um  so  mehr  erst  ihre  im  Morgenlande  geborene  und  aufgewachsene  Nach- 
kommenschaft. Die  I»  stimmen  daher  im  festen  Glauben  an  Geister  und  un- 
heimliche Häuser  völlig  mit  ihrer  moslemitischen  Umgebung  flberein.  Ebenso 
wie  den  Moslemin  fehlt  es  den  L.  durchaus  an  Unternehmungsgeist,  nur  selten 
verlassen  sie  ihre  Heimat,  um  auswärts  Abenteuer  und  ihr  Glflck  zu  suchen.  Da* 
bei  herrscht  unter  ihnen  grosse  Sittenlosigkeit.     V.  H. 

Levoni.  Völkerschaft  des  Alterthums,  im  innem  Mittellande  Skandinaviens 
sesshaft.     V.  H. 

Lcvriere  =  italienischer  Windhund.  R. 

L^vrier,  Levron,  französische  Bezeichnung  des  italienischen  und  englischen 
Windhunds.  R. 


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Levrier  chien-torc  —  LlbeBuMdae. 


L^vrier  chien-tiux,  französische  Bezeichnung  des  nackten  türkischen  Wind* 
hunds  (s.  d.).  R. 

Lf^vrier  de  Samarkande,  ein  mittelgroser,  zierlicher,  sehr  elegant  gebauter 
Yl^ndhund»  der  sich  besonders  durdi  seine  schönen,  grossen,  sehr  lang  behaarten 
und  gut  anliegenden  Behänge  und  durch  Federung  der  Liufe  und  der  Ruthe 
von  anderen  Formen  dieser  Kategorie  unterscheidet  Der  übrige  Körper  ist  glatt 
behaart  und  meist  schwarz  mit  weisser  Blässe  an  dem  langen,  spitzen  Kopf.  Die 
ansehnlich  entwickelte  Nase  ist  schwarz.  R 

LfCxovii  oder  T.exubii.  Zu  den  Aremorici  oder  Armorikanem  gehörige  Völ- 
kerschaft des  Aherthums,  in  der  Gegend  von  Lisieux  wohnhaft.     v.  H. 

Lfi.  Die  kleinen,  von  Farbe  röthHchen  Urbewohner  der  Insel  Hainan,  welche 
jetzt  in  das  Innere  zurückgedrängt  sind.  Sie  unterscheiden  sich  in  die  wilden 
Seng-Ii  und  die  In-Li,  welche  eine  sehr  alte  Kultur  besessen  haben  sollen.  Die 
Sprache  soll  von  der  chinesischen  gan7.  verschieden  sein.    v.  H. 

IfjaBchen,  s.  Polen,    v.  H. 

ItfiallBf  Gray  1834.  Pygopodiden«  (Eidechsen-)  Gattung  mit  i  sehr  verbrei- 
teten Art  in  Australien  und  Neu  Guinea»  durch  die  kleinen  Schuppen  des  Kopfes 

von  den  andern  Gattungen  der  Familie  unterschieden.  Pf. 
Lialisidae,  Gr.\y.    Synonym  für  Pygopodidat.  Pf. 

Liasis,  Gr.\y.    Pythoniden-Gaitung.  Pf. 

Libanon.  In  den  Höhlen  des  Libanon  entdeckte  Prof.  Fraas  neben  Knorlien 
vom  Rninuzeros,  Bos  pnmi^mius,  Bos  Bison,  Bär,  auch  zahlreiche  i-cuerstein- 
messer,  ähnlich  wie  in  den  Höhlen  Schwabens  und  der  Auvergne.  Von  Haus^ 
ttueren  konstatirte  er  Schaf  und  Ziege,  welche  er  Ce^a  und  Ovis  frhmgtnim 
nennt  Fmas  beseichnet  diese  als  die  Vorfahren  unserer  Hausthiere.  Die 
Feuersteinmesser  stecken  in  einem  ^äzialen  Konglomerate,  der  mit  den  dortigen 
Gletschermoränen  zusammen  hängt;  auch  sind  manche  Höhlen,  so  besonders  die 
im  Wadi  Tjftr,  von  Moränensch uitmassen  zugedeckt.  Daraus  folgert  die  Anwesen- 
heit von  Menschen  «^rhon  vor  der  Glazialzeit.  Zu  den  Phönikiern  gehören  diese 
Ureinwoliner  Syriens  nicht,  eher  sind  dieselben  semitischen  Stammes.     C.  M. 

Libellula,  L.  (lat.  kleine  Wasserwage).  Namengebende  Gattung  einer  Fa- 
milie der  Wasserjungfern  (s.  Libellulidae),  deren  beide  gemeinste  Arten  L.  de- 
pressa,  L.,  und  guadnmaeitlaia,  L.,  manchmal  durch  ihre  Zfige  in  ungeheuren 
Mengen  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gelenkt  haben.    £.  Tg. 

Libellulidae  Odffnata,¥AB.f  Waserjungfern,  Familie  der  pseudoneuropteren 
Orthopteren  (s.  Orthoptera),  deren  Larven  im  Wasser  leben.  Die  GcschlechtS- 
thiere  sind  gross,  sehr  gestreckt  und  mit  4  fast  gleichen,  stark  gegitterten,  glasigen 
Flügeln  versehen.  Kopf  gross,  Augen  desgleichen,  Mundtheile  kräftig  entwickelt, 
von  der  Oljerlippe  fast  bedeckt,  Unterlippe  meist  gesj)alten.  Fühler  kurz  und 
plriemförmig,  in  eine  Borste  auslaufend.  Beine  sehr  genähert  und  nach  vom 
gerichtet,  Füsse  dreizehig.  Hinterleib  loringclig  mit  zwei  ungegliederten,  zangen- 
artigen Anhängen  an  der  Spitze,  mit  einem  Copulationsorgane  des  Männchens 
an  der  Wurael  des  Bauches,  daher  die  Paarung  in  ringförmiger  Stellung  der 
beiden  Hinterieiber.  Die  Ltbdlen  sind  Raubinsekten  und  ihre  Larven  mit  einer 
armarixg  gegliederten,  vorsdinellbaren  Unterlippe  versehen,  deren  aangeniörmiger 
Handtheil  das  Gesicht  mehr  oder  weniger  deckt  und  desshalb  Maske  genannt 
worden  ist.  Subfamilie  1.  AgrwmnM,  Schlankjungfern,  die  kleineren,  minder 
wilden  Arten.  Sie  haben  einen  queren  Kopf,  dessen  Augen  weit  getrennt  sind, 
vier  gleichgebildete,  in  der  Ruhelage  mehr  aufgerichtete  Flügel  und  im  männlichen 


Libici  ^  Libfcr. 


Geschlecht  4  Anhängsel  an  der  I. eibesspitze.  Ihre  Larven  athmen  durch  drei 
floBSenartige  Trachecnldenien  «n  der  Leibesspitse.  Hierher  Agrion,  Fab.  mit  «ehr 
vielen  Arten,  I^atyenems  Charp.,  Lesies,  Leach,  CaUpiiryx,  Lbacb,  die  grSssten 
blauflflgeligen  Arten  u.  a.  Sublamilie  a.  UMtitünae,  die  grdssereo,  wilderen 
Arten  mit  mehr  halbkugeligem  Kopfe,  sehr  genäherten,  öfter  auf  dem  Scheitel 
xusammenstossenden,  grossen  Netzaugen,  Flttgeln,  deren  hintere  an  der  Wufsel 
etwas  verbreitert  sind  durch  die  sogenannte  >Meml)ranula«  und  in  der  Ruhe  wag- 
recht ausgebreitet  getragen  werden.  Die  Männclicii  haben  nur  3  Analanhängsel. 
Die  gedrungeneren  Larven  athmen  durch  Darmkiemen  und  enden  hinten  in  drei 
kräftige  Dornenspitzen.  Hierher  Gattungen,  wie  Libtllula,  L.,  Corduita,  Leach 
(Epophihalmia,  Burm.),  Aeschna,  Fab.,  Gomphos,  Leach.  —  T.  v.  Chaxpemtiek, 
Ubellnlinae  enropaeae  descriptae  et  depictae.  L^s.  1840.  —  De  SelysIjONC- 
CHAMPBS  et  Hagen,  Revue  des  Odonates  ou  Ltbellules  d'Earope.  Bruxelles  1850. 
~  Hemrici  Buchecker,  Systema  entomolQgiae,  nstens  Insectomm  class.  gen., 
•pec.  p.  L  Odonata  europ.  Münster  1876.  —  Ueber  Entwicklung  der  ISbdbh 
RAut  s.  Tracheaten-Entwicklnng.     E.  Tg. 

Libici,  wahrscheinlich  nicht  verschieden  von  den  Libui  des  Livius,  nach 
Plinius  ein  ligurischer  Stamm,  der  zu  beiden  Seiten  des  Flusses  Sessia  wohnte 
und  die  Stadt  Vercellae  (Vercelli)  erhaute.     v.  H.  ' 

Libirianos.  Indianer  des  Orinocogebietes,  furchtsam,  verschlossen,  wenig 
zahlreich.  H. 

LIbolo.  Bantuvolk  in  Angola,  sfldlich  am  Koanza,  grosser,  wohlgebauter 
Menschenschlag  mit  gutmütigem  und  intelligentem  Oestchtsausdruck.  Der  L. 
salbt  »ch  den  ganzen  Körper  mit  Palmöl  ein  und  windet  ein  leichtes  Gewand 
von  scbwar^ftrbten  Pflanzenfasern  um  die  Hüften;  das  lang  ausgekämmte  Haar, 
in  dünne  Strähne  geflochten,  auf  welche  Glasperlen,  Holzklötzchen  und  Korallen 
aufgereiht  sitid,  liängt  Iiis  zu  den  Schultern  hinab,  und  nuf  dem  Scheitel  prangt 
gleich  einem  Heihgenschein  eine  aus  dem  Fell  einer  langhaarigen  Antilope  oder 
aus  den  Fasern  der  Baobabrinde  verfertigte  kreisrunde  Scheibe,  von  derem 
äusseren  Rande  die  Haare  oder  Fasern  ringsum  strahlenförmig  abstehen;  ein 
Kopfputz,  der  auch  bei  mehreren  anderen  Stftmmen  gebrauchlich  ist  v,YL 

Libophoeniker.  Mischvolk  von  Libyern  und  Phöniketn  auf  beiden  Seiten 
des  Bagradas,  sttdlich  von  Karthago,  auf  dessen  Gebiet  die  L.  die  Hauptbevöl* 
kernng  bildeten,     v.  H. 

Libui,  a.  Libici.     v.  H. 

Libumer.  Illyrisches  Volk  des  Alterthums  in  der  Landschaft  Libumia,  die 
längs  der  adriatischen  Küste  am  Flusse  Arsia  bis  zum  Tetius  reichte,  das  sich 
aber  auch  an  der  gegenüberliegenden  Küste  Italiens  festgesetzt  hatte.  Die  L. 
waren  ein  mächtiges,  als  treffliche  Seeleute  und  als  Erfinder  einer  besonderen 
Art  leichter  und  schneller  Schiffe  bekanntes  Volk,  das  auch  lebhaften  Seehandel 
trieb  und  sich  den  Römern  Mhaeidg  unterwaif.    v.  H. 

Libyer.  Nach  Fkibdiuch  MDllbr  eine  der  drei  Hauptfiunilien  der  Hamiten 
(s.  d,).  Zu  den  L.  gehören  die  Imoschaih  (s.  d.)  auch  Tuarik  oder  Berber  (s.  d.) 
genannt  ein  mit  fremdem  Blute  nicht  unbedeutend  gemischtes  Volk,  welches  no- 
madkirend  das  ganze  westliche  Nord-Afrika  bewohnt  und  für  die  direkten  Nach- 
kommen der  alten  L.,  Numidier  und  Gaetuler  angesehen  werden  kann.  Von  den 
alten  L.  wissen  v  ir  nicht  viel  mehr,  als  dass  darunter  die  Völker  im  Westen  von 
Aegypten  verstanden  wurden,  welche  die  Aegypter  als  Lebu  oder  Kebu  bezeich- 
neten.   Um  das  Jahr  1400  vor  unserer  Aera  sollen  diese  L.  von  blauäugigen  und 


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Lfcatec  —  IJenetis. 


blondhaarigen  Nomaden,  den  Tamahu  unterjocht  worden  sein,  welchen  man 
die  Aufrichtung  der  in  Nord-Afrika  vorkommenden  megalithischen  Denkmäler  zu- 
schreiben will.     V.  H. 

Licates  oder  T-icatii.  Nach  Strauo  die  Uebermüiigsten  unter  den  Vindeli- 
ciem  (s.  d.},  ihnen  gehörte  die  feste  Stadt  Damasia,  wahrscheinlich  Hohenerabs 
iin  oberen  Rheinthale.     v.  H. 

LidumotUB,  Ilug.  In^i  (syn.  ^ikekmur,  Lsss.),  madagascarische  Halb- 
aSengattung  der  Farn.  Lemurida,  Is.  Geoffr.  (Pitht€0m»rpka,  Vier,  Carus)  vmt 
stimmigem  Körper,  mittetgrossem  KopC  kurzer  spitzer  Schnauze,  kleinen,  im 
dichten,  fast  wolUt^em  Pelze  versteckten  Ohren  und  Stummelschwanz.  Tarsus 
kürzer  als  die  Tibia.  ?  mit  2  Briistzitzen.  |  Schneidezähne,  obere  sehr  breit, 
[  Eckzahne,  0  einzackige  Backzähne  und  ^  vierhöckerige  Mahl/ähne.  L.  /ndri, 
Iiiio.  (InJri,  Lichanotus  brevicaudatus,  Ghoefr.,  Lemur  ifuiri.  Gm.),  der  »Ba- 
bakoto«  erreicht  eine  Gesammtlänge  von  85  cm;  2 — 3  cm  entfallen  davon  auf 
den  Schwanz.  Färbung  schwarz,  z.  Th.  braunschwarz.  Stirn,  Schläfe,  Kehle,  Brust, 
Hals»  Sdiwanz,  sowie  die  Unterseite  der  Schenkel  und  Fersen  weiss.  —  Nabe 
verwandt  ist  X.  mitratus,  Peters,  der  tKronenindri«  jedoch  kleiner,  75  cm  und 
mit  4,5  cm  langem  Schwänze.  Beide  Arten  sind  Fruchtfresser,  der  Babakoto 
wird  gezihmt  und  (nach  Pollen)  zur  Vogeljagd  abgerichtet.  —  »ZirAmMAKf 
avahi*  van  der  ISio/kv,  *s  JUicrarkjfnikus  ümiger,  Gray,  stehe  Microrhynchus» 
JOÜRT      V  NTs. 

Lichanura,  Copt.    Synonym  zu  Gryx,  Daiu.  Pf. 

Lichia,  Cuv.,  Fischgattiing  der  Stachelflosserfamilie  Carangidae,  nahe  verwandt 
mit  Caranx;  Stacheln  der  i.  Riickenflosse  unvcrbunden;  vor  ihnen  ein  nach 
vom  gerichteter  Dom.  Seitenlinie  glatt.  Keine  Flösschen.  Z.  amia  im  Mittel- 
meer  und  atlantischen  Ocean  bis  zum  Cap,  wird  bis  i  Meter  lang.  Selten,  sehr 
geschätzt  andere  Arten  im  indischen  Ocean.  Klz. 

Lichoinolgidaef  Familie  der  Krebse,  zu  der  Ordnung  der  &a»mü^a€a  und 
zwar  an  der  Gruppe  der  Schmarotzerkrebse  (S^htnostoma)  gehörig.  Diese  Formen 
schliessen  den  Cyclopiden  (s.  d.)  sich  an.  Der  Körper  ist  bauchig,  das  erste 
Fühlerpaar  geisseiförmig,  das  zweite  besrehr  in  langen  Klammert Ksen  Die  Ab- 
dominalfüssc  sind  von  der  Mittellinie  entiemt  eingelenkt,  das  Endglied  beider 
Aeste  i^^t  mit  langen  Schwimmborsten  besetzt.  Die  Weibrhen  schmarotzen  auf 
Fischen  u.  a.,  während  die  Männchen  frei  umherschwimmen.  Gattungen:  Erga- 
siius,  NoRDM.,  Lkhmolgm,  Thorbll.,  Nk^hoüt  M.  Edw.  Rchw. 

Licfatempfinduog,  s.  Gesichtssinn.  J. 

LicmetiSi  Wagl.  (gr.  ükmeks  Getreideworfler),  Gattung  der  Kakadus  (s.  d.), 

ausgezeichnet  durch  weisse  Gefiederfärbung  und  einem  gestreckten  Schnabel, 
welcher  länger  als  hoch  ist  und  eine  deutliche  Auskerbung  vor  der  Spitze  sowie 
Feil-Kerben  hat.  Die  Wachshaut  ist  befiedert.  Der  kurze,  gerade  Schwanz  hat 
etwa  halbe  Flllgellänge.  Die  Federn  der  Stirn  sind  bald  mehr,  bald  weniger  zu 
einer  Haube  verlängert.  Als  bezeichnend  ist  auch  der  besonders  breite  nackte 
Augenring  hervorzuheben.  Wir  kennen  zwei  Arten  in  Australien:  Den  Nasen- 
kakadu, L.  nasuus,  Tem.,  von  weissem  Gefieder,  mit  hellrothen  Federbasen  an 
Kopf  und  Hals,  heUrother  Zügelgegend  und  Stirn  und  blaugrauem  Augenring, 
von  der  Grösse  einer  Saatkrähe;  femer  den  Wühlerkakadu,  Z.  pasHnat»r, 
GouLD,  welcher  etwas  grösser  ist  und  einen  breiteren  und  dunkler  gefftrbten 
nackten  Augenring  hat,  während  nur  die  Zttgelg^end,  aber  nicht  die  Stirn,  roth 
gefilrbt  ist.  Rchw. 


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106 


Licnini  liebe. 


Licninit  Nach  i^toJXMAus  Bewohner  des  osthchen  Gebirgsabhanges  der  In- 
sel Korsika,     v.  H. 

Lider,  s.  Augenlider.  Rchw. 

Lidrinne,  s.  Schorganeentwtcklung.  Grbch. 

Liebe  ist  einer  der  wichtigsten  Triebe,  welche  die  Beziehungen  der  Lebe- 
wesen zu  einander  belierrschen  und  besteht  in  einer  den  Gesetzen  der  speci- 
fischen  und  individuellen  Reladcm  gehorchenden  Anziehung,  der  dne  den  gleichen 
Gesetzen  gehorchende  Abstossung  antagonistisch  gegenübersteht.  Die  allge- 
meinste Form  ist  die  Geschlechtsliebe,  d.  h.  die  "Wirkung  der  Anziehung,  weldie 
bei  den  getrennt  geschlechtlichen  Thieren  das  eine  Geschlecht  auf  das  andere 
atistjbt.  Von  beschränkterem  Vorkommen  ist  die  Jungenliebe  bezw.  Kindesliebe 
der  Thiere  mit  Jnngenpflece  nnti  ebenso  die  gesellige  Liebe,  welche  die  ge- 
sellis;  lebenden  Thierc  verbindet;  hierzu  (gehören  auch  die  Geschwisterliche  und 
Frcundcsliebe  als  Former  der  \'erliinduncf  rnffr  parrs.  —  Der  Liehe  Hegt  ein 
Lustgefühl  zu  Grunde  und  wir  haben  bei  derselben  zweierlei  zu  unterscheiden, 
das  geistige  und  das  seelische  Element.  Von  ersterem  kann  natürlich  nur 
gesprochen  werden,  wo  nicht  nur  Geist  vorhanden  is^  sondern  auch  eine  ge- 
wisse Ausbildung  und  Selbständigkeit  des  Geistes.  Beim  Mensdien  kann  dieses 
Element  sogar  die  Hauptrolle  spielen,  so  dass  man  von  einer  geistigen  Liebe 
sprechen  kann.  Bei  dem  Thier,  wo  der  Geist  sich  in  gebundenem  Zustand  be- 
findet, insbesondere  bei  allen  niederen  Thieren,  tritt  das  seelische  Element  in 
den  Vordergnind,  d.  h.  nach  G.  Jäger  der  specifisrhe  und  individuelle  Aus- 
dtinstunpsduft,  auf  den  die  instinktive  Sympathie  (s.  Art.  Sympathie)  beruht.  Die 
Beobachtung  der  Thiere  ergiebt  sofort,  dass  die  chemischen  Sinne  die  Vermittler 
in  der  Liebe  bilden  und  zwar  beide  chemische  Sinne,  der  Geruchsinn,  indem 
die  Thiere  durch  Beriechen  ihre  Auswahl  treffen,  und  der  Geschmacksinn,  denn 
alle  Thiere,  die  sich  lieben,  belecken  sich  gegenseitig,  sofern  ein  Leckoii^n  vor- 
handen ist  Ein  anderer  Liebesbeweis  is^  dass  die  sich  liebenden  Geschöpfe 
sich  in  der  mannigfahigsten  Wase  zu  berühren  suchen,  ae  schmiegen  sich  an- 
einander, streicheln,  schnäbeln  sich  gegenseitig  etc.,  was  andeutet,  dass  auch  der 
Tastsinn  hierbei  betheiligt  ist  und  zwar  wahrscheinlich  hauptsächlich  die 
chemische  Seite  desselben.  Wegen  dieser  Betheiligung  der  Sinne  spricht  man 
auch  von  sinnlicher  Liebe;  da  bei  der  GcschlechtsHebe  dieses  sinnliche  l  lcment 
namentlich  das  Beschnüffeln  und  Belecken  am  meisten  ausgebildet  ist,  su  vvird 
das  Wort  sinnliche  Liebe  auch  synonym  mit  Geschlechtsliebe  gebraucht.  Bei 
dem  Menschen  ist  das  sinnUcbe  Element  in  der  Liebe  ebenso  vorhanden  wie 
bei  den  Thieren  und  wieder  besonders  bei  der  Geschlechlsliebe  (dem  Belecken 
der  Thiere  entspricht  das  Kflssen  der  Menschen),  aber  bei  den  Culturmenschen 
ist  das  Bewttsstsein  und  Verständniss  för  das  der  instinktiven  Sympathie  zu 
Grunde  liegende  Element,  nämlich  die  wohlriechende  und  wohlsclimeckende 
Ausdünstung  des  Partners  verloren  gegangen.  Die  Liebe  ist  entweder  in  der 
Individualität  der  in  Betracht  kommenden  Geschöpfe  begründet  und  das  Band 
ist  dann  bei  der  ersten  Begegnung  geschlossen  oder  die  Liebe  entwickelt  sich 
erst  auf  dem  sinnlichen  Gebiet  durch  das  Llement  der  Verwitterung  d.  h.  der 
Imprägnation  mit  dem  partnerischen  Individualdufl.  Darauf  beruht  auch  die 
kttnstliche  Bereitung  von  Liebestränken,  die,  frflher  allgemein,  jeut  nur  noch  bei 
Naturvölkern  und  in  unteren  Volksschichten  im  Schwange  sind.  Der  liebes- 
xauber  wird  ttbrigens  nicht  bloss  in  der  GeschlechtsUebe  angewandt,  sondern 


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Lieberkttliiiw  —  Liculidae. 


kann  beaützt  werden,  um  gesellige  Anhänglichkeit  zwischen  verschiedenartigea 
Geschöpfen  zu  erzeugen,  s.  Art.  Verwitterung.  J. 

Lieberkühma.  Imperforate  Süsswasser-Foraminifere  aus  der  l  anmie  Grotmidae 
Eine  hierher  gel  orige  marine  Form  schildert  Sidoall  (Quart.  Joum.  Micr. 
Sei  XX.  1880.)  Parker  betrachtet  die  Gattung  als  das  von  den  Protoplasmen 
(Amöben)  vx  den  Foraoiiniferen  leitende  Zwischenglied.  (Quart.  Joum.  Micr. 
Sci.XXn.  i88a.)  Pp. 

Lieberkfihn'sdie  Drüsai  oder  Ln  Krypten  Die  unter  diesem  Namen  be- 
kannten Darmdrüsen  sind  kurze,  vom  (unveränderten)  Dannepithel  ausgekleidete 
Blindsäcke  oder  Schläuche;  im  Dünndärme  mfinden  sie  zwischen  den  Basen 
der  Darmzotten;  etwas  ansehnlicher  sind  sie  im  zottenlosen  Dickdarme.  —  s.  auch 
Art.  Verdauungsorijane-Kntwickhing.      v.  Ms. 

LiebcspfeiL  Bei  gewissen  Gasteropoden  (Helicecn)  befindet  sich  in  euicr 
Aussackung  (Pfeilsack)  der  Geschlechtscloake  d.  H.  desjenigen  Raumes  in  wdchen 
die  Aasfilhrungsgänge  beiderlei  Geschlechtsorgane  ausmünden,  ein  stiletartiges 
Kalkgebtlde,  der  sogen.  Liebespfeil.  Da  derselbe  bei  der  Begattung  nach  aussen 
vorgestülpt  wird  und  man  ihn  oft  an  dem  andern  Indivtdium  haften  stehti  so 
nimmt  man  an,  dass  er  zur  geschlechtlichen  Reizung  dient.  D. 

Lielaphis,  Gthr,  Polynesische  Colubriden-Gattung.  Pr. 

Lieste,  s.  Halcyoninae.  Rchw. 

Lieu-Kieu-Insulaner.  Sind  gleicher  Abstammung  und  Sprache  mit  den  Ja- 
panern  (s.  d.).      v.  H. 

Lieven,  s.  Liven.    v.  H. 

Lilu,  s.  Loyalti-Insulaner.     v.  H. 

Ligamente.  Von  den  unter  dem  Namen  Ligamente  (BSnder)  im  Körper 
aufgeführten  ca.  140  Gebilden  werden  die  wichtigsten  bei  den  betreffenden 

Organen  erwähnt  werden.  Grbcm. 

Ligauni.  Name  der  Keltoligurer  (s.  d.)  im  südwestlichen  Gallien,  bis  zur 
Grenze  von  Gallia  Cisalpina.     v.  H. 

Ligi.  Negerstamm  des  oberen  Nilgebietes,  westliche  Nachbarn  der  Niam- 
Bari  und  in  vielen  Aensserlichkeiten  den  Mittuvölkern  nahestehend,  deren  Sprachen 
jedoch  sehr  verschieden  sind.     v.  H. 

Ligula,  s.  Neryen^nttem>£ntwicklung  bei  Gehirn.  Gkbch. 

LigolMae,  Schmarda  (lat  ^  Band).  Riemenwflrmer.  Farn,  der  Cestoden. 
£ine  primitive  Form  von  Bandwfirmem.  Körper  flach  mit  unregelmAssigen  Quer- 
latten, nie  mit  deutlicher  Gliederung.  Kopf  mit  awei  schwachen  Gruben,  oft  mit 
endständigem  Saugnapf;  zur  Befestigung  dienen  ausser  den  (kuben  hin  und 
wieder  auch  noch  Haken,  doch  immer  in  geringer  Anzahl.  Die  Geschlechts- 
organe deuten  durch  ihre  regelmässige  Wiederholung  die  Gliederung  des  Wurins 
in  einzelne  Glieder  an;  Gcschlechtsöffhimgen  median.  Ans  den  Eiern  kommen 
wimpemde  Embryonen,  die  wie  bei  ßothrwcephalus  ilir  Wimperkleid  abstreifen 
und  daim,  mit  sechs  Haken  ausgerüstet,  ein  freies,  amöbenartiges  Dasein  (Uhren. 
Sie  gelangen  auf  noch  unbekanntem  Wege  in  die  Bauchhöhle  von  Ftscben  und 
entwicketai  sich  dort  zu  einer  ziemlich  grossen  bandförmigen  Cestodenlanre. 
Weiden  die  Fische  von  Vögeln  oder  von  Raubfischen  gefressen,  so  erreichen 
jene  Larven  im  Darm  des  Wirthes  in  kurzer  2Seit  Geschlechtsreife.  Hierher  die 
Gattungen  Ligula  und  Triaenophorus.  —  lÄgula,  Bloch,  ohne  Haken;  Ent- 
vvirichinj:  durch  Cyprinus-\r\^x\  werden  zur  gesclilechtsrcifen  Form  in  fischfressen- 
den Vögeln.  —  L,  mono^ramma,  Crspun,  im  grossen  Säger.  Wd, 


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toS 


UguTCT  — '  Litna. 


Lfigurer  oderl  .ygier,  aiirh  Ligystiner,  die  alten  Bewohner  derSüdklJsten  Galliens 
und  des  benachb.arlen  Italiens.  Wahrscheinlich  reichten  sie  weiter  nach  Norden  und 
Westen.  Was  ihren  ethnologischen  Charakter  anbelangt  so  ist  detselbe  duich- 
aus  unbestimmt;  man  weiss  darüber  nur  soviel,  dass  sie  weder  den  Iberern-  noch 
den  KeltenstiUnroen  angehörten,  da  ihre  Sprache  als  von  jener  dieser  beiden 
Stämme  verschieden  angegeben  wird.  Die  L.  wurden  im  AUgemdnen  in  L. 
Transalpini  und  Cisalpini  geschieden  und  xerfielen  in  eine  Menge  Stämme,  von 
denen  die  auf  den  Seealpen  wohnenden  im  Allgemeinen  Alpini,  auch  von  ihrer 
Sitte,  das  Haar  lang  wachsen  zu  lassen.  CapiHati  oder  Comati,  die  auf  den 
Apenninen  ant^esiedclten  aber  Montani  hicssen.      v.  H. 

Ligurinus,  Koch,  kleine,  nur  vier  Arten  umfassende  Finkengaitung  aus  der 
Unterfamilie  der  jPyrr/iu/inae,  über  die  paläarktische  Zone,  Europa,  das  nördliche 
und  mittlere  Asien  ostwärts  bis  Japan  verbreitet  Gefieder  vorherrschend  gittn- 
lieh.  Typus  ist  der  Grünhänfling,  Grttnling  oderSchwunsch,  L»cAUr$i,  L., 
gelbgrUn,  Oberkopf  und  Nacken  grau  angeflogen,  Bauch  rein  gelb,  Steiss  weiss- 
lich,  von  der  Grösse  des  Haussperlings.   Das  Weibchen  ist  graugrün.  Rchw. 

Liguus  (von  /igar^  binden),  Montfokt  i8io,  eine  westindische  Land- 
schnecke,  kegelförmig  mit  geradem  Mündungsrand  und  unten  wie  einge- 
schnittenem Innenrand,  daher  früher  zu  Achaiina  gerechnet;  aber  der  Kiefer  aus 
mehreren,  sich  in  schiefen  Streifen  deckenden  Platten  bestehend,  wie  bei  den 
ebenfalls  amerikanischen  ßultmulus.  L.  vir^ineus,  Linn^  auf  Haiti,  5 — 6  Ceutim. 
lAQg»  glänsoid  weiss  mit  zahlreichen  verschiedenfarbigen  Spiralbändem  (was  nur 
bei  sehr  wenigen  Molluskenarten  vorkommt),  pomeransengelbe,  schwefelgelbe^ 
blassviolette,  dunkelgrüne,  rothbraune  und  schwarse  an  demselben  Stfick.  Wurde 
von  den  früheren  Conchyliologen  »Staatenflagge«  oder  »Prinzenfahne,« 
-»Pavillon  d Hollandi*.  genannt,  wegen  Aehnlichkeit  mit  der  verdoppelten  nieder- 
ländischen Flagge,  wie  sie  der  Prinz  von  Oranien  führte,  zwei  rothe  und  zwei 
blaue  Streifen  in  Weiss.  Soll  hauptsächlich  an  den  Bäumen,  die  Farbholz 
liefern,  namentlich  JJaematoxylon  Campecheanum,  leben  und  hat  daher  vielleicht 
die  so  ungewöhnliche  bunte  Färbung.     E.  v.  M. 

Li-khoya,  Bantustamm  des  westlichen  Betschuanenlandes.     v.  H. 

Likttpang,  Halbmalayen  auf  Celebes.     v.  H. 

Laienhihncbefi,  Crioterit  mer^Sigtra,  L.,  s.  Zirpkäfer.    E.  Tg. 

Lima  (lat  Feile),  BRUouikitB  179s,  Meermuschel  aus  der  AbUieilung  Jümw* 
mj^aria,  nächst  verwandt  mit  Pectm^  aber  die  Wirbel  am  Schlossrand  durch  eine 
kurze,  dreieckige,  glatte  Fläche  getrennt^  die  in  einer  mittleren  Grube  das  innere 
Schlossband  trägt,  wie  bei  Spondylus,  und  zwar  gleichmässig  an  beiden  Schalen, 
die  auch  sonst  einander  gleich  sind;  Umriss  m  der  Regel  mehr  ungleichseitig  als 
bei  PecteHt  vorn  gerundet,  hinten  schief  abgeschnitten;  Ohren  klein;  sowohl  vorn 
als  hinten  schliessen  die  Schalen  nicht  genau  zusammen,  sondern  lassen  eine 
bald  ganz  schmale,  bald  recht  breite  Lücke  zwischen  sich,  die  an  der  Vorder- 
seite dicht  unter  dem  Ohr  liegt»  an  der  Hinterseite  tiefer  hinabreicht  Die 
Schale  ist  immer  weiss  oder  doch  weisslich,  mit  Radialskulptur,  wdche  bald  aus 
starken,  durch  aufrechte  Schuppen  rauhen  Radialrippen  (daher  der  Name),  ibn- 
lich  wie  bei  den  meisten  Pecten,  bald  nur  aus  schwachen  zahlreichen  Streifen 
besteht  Der  Mantel  mit  zahlreichen  langen  Fühlfaden  besetzt,  die  beim  leben- 
den Thier  zwischen  den  Schalenrändem  hervorkommen,  lebhaft  roth  oder  gelb. 
Das  Thier  schwimmt,  oder  richtiger  es  spnngt  mittelst  raschen  Zuklappens  der 
Schale  durch  das  Wasser  wie  Pecten,  imd  spinnt  sidi  maicl!>L  des  Byssus  aus 


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Limacella  —  Linux. 


fremden  Kdrpem,  z.  B.  Seegnsblättern,  auch  losen  Steinen  oder  Schalen* 
Stückchen,  eine  Art  Nest  susammen.  Z.  squofttosa,  Lamarck,  mit  etwas  Ober 
30  stark  schuppigen  Rippen,  4-  -6  Centim.  lang,  ziemlich  flach,  häufig  im  Mittel- 

mecr,  aber  auch  ununterscheidV)ar  im  indischen  Ocean.  Z.  ventricosa,  Sowerby, 
stärker  gewölbt  mit  fadenartig  vorstehenden  zahlreiclien  Radialstreifen,  ebenfalls 
im  Miltelmeer;  Z,  hians,  Tlrton,  flaciier,  schlanker  und  dünner,  in  Nordsee  und 
Mittelmeer.  Z.  glacialis,  Linnk,  die  Eismuschel,  vorn  und  hinten  fast  gleich, 
die  Radialitlreifung  vielfach  schuppenartig  abgebrochen,  eigenthümlich  schimmernd, 
«ie  mit  kleinen  Risxapfen  bedeck^  daher  der  Name,  fibrigens  im  trof^hen 
Theil  des  indischen  Ooeans  zu  Hause.  Z.  eMwaia,  Fabricius,  it  Centim.  und 
mehr,  grau,  fost  ganz  glat^  nur  sehr  fein  gestreift,  in  den  tiefen  Fjorden  Nor« 
wcgens.  Dieser  ähnlich  einige  fUr  die  Muschelkalkformation  charakteristische 
Arten  L.  lineata  und  striata,  Schlothetm;  Z.  giganttüf  Sowerby,  noch  grösser, 
im  T  ins.  Diese  fossilen  wurden  früher  meist  als  eigene  Gattung  Plagiostoma  ge- 
nannt. Ueberhaupt  etwa  30  lebende  Arten.  Monographie  in  Kseve's  conchologia 
iconica,  Bd.  XVIII,  1872.     E.  v.  M. 

Lfixnacella  (Verkleinerung  von  Limax),  wird  die  innere  Schale  der  Gattung 
Umax  von  einigen  Conchyliologen,  z.  B.  Brard  und  Turton  genannt.     E.  v.  M. 

LinrndiM  (lat  von  Limax),  Cuvibr  1817,  Pteropodengattung  mit  äusserer, 
spiralgewundener  Schale  ohne  Deckel  (Unterschied  von  SpiHaUtJ,  nur  eine  Art, 
Z.  heßcma,  Phipps  odei  ar^a,  Fabricius,  bis  7  Millim.  im  Durchmesser,  Höhe 
etwas  geringer,  zahlreich  im  nordischen  Eismeer,  Hauptnahrung  des  grönlän* 
dischen  Bartenwals  neben  C/io  und  Copepoden,  dalier  wie  diese  >Walfisch-Aas< 
von  den  Walfischßingern  früher  genannt.     E.  v.  M. 

Limapontia  (lat.  Umax  Nacktschnecke  und  gr.  pontos  Meer),  Johnston 
1836,  von  CkEPtJN  zu  Pontolimax  umgebessert,  eine  der  einfaclisten  (niedrigsten) 
Meerschnetken,  ohne  bchale  und  ohne  besondere  Athemorgane  (Ordnung 
P^hr9tukM)t  mit  ganz  kurzen  und  stumpfen,  nicht  bestimmt  vom  Kopf  abge- 
setzten  Fühlern;  Körper  vom  stumpf,  hinten  zugespitzt,  schwirtlich,  an  jeder 
Seite  em  Haotkamm;  in  der  Radula  nur  eine  Reihe  schmaler,  fiut  pantofiel- 
förmiger  Zahnplatten.  Z.  €apiiaia^  O.  F.  MOix.  oder  mgra^  Johmst.,  in  Nordsee 
und  Mittelmeer,  auf  Seegras,  bis  8  Millim.  lang;  Eierschnüre  Anfangs  März,  bis 
5  Millim.  lang.  Möbius,  Fauna  der  Kieler  Bucht,  erster  Band  1865,  pag.  3  — 5, 
Tal.  1      E.  V.  M. 

Limax  (altlateinisch),  LiNNfi  1731  und  1758,  nackte,  d.  h.  schalenlose  Land- 
schnecke, Wegschnecke,  englisch  slug,  französisch  limas  oder  limace,  italienisch 
iumaca,  enger  uinbcii rieben  von  Ferussac  1820  durch  Abtrennung  von  Arion,  s.  d., 
Lungenschnecke  mit  4  Fühlern,  wovon  die  zwd  obem  die  Augen  tragen,  die  Schale 
zu  einem  verhältnissmilssig  gans  kleinen  KalkpliUtchen,  5 — la  Mm.,  in  der  Substanz 
des  Mantels  redwdrt  und  dieser  selbst  zu  einer  schildförmigen  ringsum  durch  «nen 
freien  Rand  begrenzten  Stdle  der  weichen  Körperoberfläche,  uogefiUir  das  vordere 
Drittel  der  Rückenseite  einnehmend,  unter  welchem  sich  der  Kopf  verbergen  kann, 
während  im  Innern  die  Eingeweidehöhle  sich  viel  weiter  rtnrh  hinten  ausdehnt. 
.\themloch  nebst  ,'\fter  an  der  rechten  Seite  in  einer  Einbiicht  dieses  Schildes 
hinter  dessen  Milte,  Geschlechtsöffnung  dicht  hinter  dem  rechten  Ftihler.  Rücken 
nach  hinten  in  der  Mittellinie  kantitj  (Kiel).  Kiefer  glatt  mit  mittlerem  Vorsfiruni;; 
seitliche  Zahne  der  Raduia  lang  und  spitz,  wie  bei  Vitrina  (oxygruUh)  i  Naaruiig 
ans  dem  Pflanzen*  und  Thierreich  gemischt,  hauptsächlich  Pilze  und  Pulende 
Substanzen,  abgefallenes  Obst,  unter  Umständen  andere  lebende  Sdmecken. 


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iie 


LimbA-Kinji*  —  Ltmba-Pjru. 


Die  Arten  dieser  Gattung  V^nben  die  Fähigkeit  mittelst  eines  Sclilcimfidens,  der 
aus  dem  allgemeijien  Schlemuiberzuüj  des  Körpers  sich  auszieht,  von  einem  höheren 
Gegenstand  sich  lan;;saiii  hcraliziilasscn  Mehrere  Arten  in  Mittel-Europa  ver- 
breitet. L.  maximus,  Linn£  (ctnereus,  Müller,  (inereoni^er,  WoLF,  aniiquoruMf 
FknusSAc),  der  grösste,  ausgestreckt  ii— 16  Centini.  lang,  graa  in  verschiedenen 
Nuancen  mit  weissUcheni  Kiel,  meist  mit  schwarzen  Längsbftndem»  die  sich  in 
Fleckenrethen  auflösen  können,  Fusssohle  in  der  Rege)  beiderseits  mit  breitem 
sdiwanen  Saum.  Vorzugsweise  in  Wäldern  am  Boden,  meist  einzeln.  (Heyne- 
mann unterscheidet  Z.  cinereus  mit  einfarbiger,  blasser  Sohle  und  oft  geflecktem 
Schild  und  /..  cinerfoni^rr  mit  zweifarbiger  Sohle  und  nie  geflecktem  Schild.) 
Aehnliclie  lebhafter  gefarlite  Formen,  der  Kiel  schein  roth,  die  Grundfarbe 
weiss,  gelb  oder  röthlich,  in  Ober-ItaHcn,  als  L.  Dccampi  und  mit  anderen  Art- 
namen bezeichnet.  —  L.  varugaius^  I>raparnaud,  etwas  kleiner,  gelblichgrau  bis 
bemsteinfarbig  mit  helleren,  rundlichen  Flecken,  Fühler  bläulichgrau,  häufig  in 
Sfid-Europa,  in  Deutschland  hau})tsächlich  in  Kellern,  wo  er  sich  in  der  NShe 
des  Hahnes  der  Bierfässer  mit  Vorliebe  aufhält  (Biersebnecke)  und  wahrschein- 
lieh  eben  dadurch  auch  in  die  Hafenstädte  anderer  Erdtheile  verschleppt,  wie 
Boston,  Philadelphia,  Ncw-York,  Baltimore  und  Richmond  in  Nordamerika,  Syd- 
ney in  Australien.  —  /.  (Lehmannia)  marginaius,  Müller  (arborum  Bouchard), 
5  Centim.  lan^,  sjelhÜcli  l)ranngrau,  an  den  Seiten  bläiiHch^rau,  fast  durch- 
scheinend, Ropf  und  Fühler  gelbbraun,  je  ein  dunkles  Seitenband  auf  dem  Schild, 
und  öfters  auch  an  den  Seiten  des  Rdckcns;  Schwanzende  auffällig  zugespitzt. 
Lebt  an  Buchenstämmen  und  auch  an  Felswänden,  häufig  im  Gebirge  und  weiter 
nach  Norden  (Esland,  Faröer,  Drontheim).  —  Z.  (Agrioßmax)  (^estu,  LimmA, 
3>~5  Centim,,  dunkelbraun  marmorirt,  aber  im  Freien  meist  mit  milchweissem 
Schleim  flbeizogen,  der  in  der  Gefangenschaft  sich  bald  zu  verlieren  pflegt,  jung 
dnfarbig,  häufig  und  gesellig  auf  Wiesen,  Feldern  und  in  Gärten,  s.  unter  lAcker- 
schnecket.  —  L.  (Hydrolimax)  laevis,  Müller  (brunncitSy  Drap.),  unsere  kleinste 
Art,  4  Centim.  lang,  einfarbig,  halbstielrund ,  dunkelbraungrau,  etwas  durch- 
scheinend, der  Schild  fast  die  Hälfte  der  Länge  einnehmend,  an  c1  r  feuchten 
Orten,  besonders  an  See-Ufern,  unmittelbar  am  Wasserrande.  —  r>ie  beiden  fol- 
genden mehr  südlichen  Arten  werden  einiger  anatomischen  Unterschiede  wegen 
jetzt  meist  als  eigene  Gattung,  AtfuUia,  Heynemann,  oder  Milax ,  Gray  (Dia- 
gramm von  limax),  betrachtet;  der  Rttckenktel  beginnt  gleich  hinter  dem  Sehlde, 
sie  sind  träger,  sieben  sich  stärker  susammen,  als  die  vorigen,  und  gletcfaen  da- 
durch  etwas  den  Arh»,  Hierher  L,  (Amatki)  margmahiSt  Drapabnaud  (carmahu, 
Sowerby),  6—7  Centim.,  weisslich,  dicht  schwarz  getüpfelt,  Kiel  öfters  pomeranzen> 
farbig,  in  Mittel-  und  Süd-Deutschland  einzeln,  besonders  unter  Steinen  in  Schlosa- 
ruinen,  häufiger  in  Frankreich -und  Ober-Italien.  Endlich  L.  (Am.)  gagates,  Dra- 
PARNAUD,  ganz  schwarz,  scharf  gekielt,  hauptsächlich  in  Süd- Kuropa.  Literatur: 
O.  Fk.  Müller,  Historia  vermium,  Bd.  II.  1774.  ~  Dhai'arnaud,  Moll.  terr.  et 
fluv.  de  la  France  1805.  —  Fehussac,  Hist.  nat.  generale  et  partic.  d.  mollusques 
1822  u.  folg.,  schöne  Abbildungen.  —  Heynemann,  in  den  malakozoologischen 
Blättern,  VII,  1861.  —  Malm,  Zoologiska  observationer,  Heft  5,  1868.  ^  Lkr- 
MAim,  Die  lebenden  Schnecken  u.  Muschehi  der  Umgegend  Stettins  1873,  gute, 
colorirte  Abbildungen.  —  SnntOTH,  in  d.  Zeitschr.  f.  wissenach.  2U)ologie,  XUX, 
1882,  Jugendzustände  und  Farbenabänderungen.     E.  v.  M. 

Limba-Karajia.   Australierhorde.     v.  H. 

Lriinba>Pyu.  Australierhorde,    v.  H. 


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Limbas  —  LimicoUria. 


III 


Limbas.  Isolirter  Negentamm  bei  Freetown.    v.  H. 
Limburger  Rind,  ein  im  Östlichen  Beigten,  insbesonders  in  der  Proviiu 
Limburg  verbreiteter  Schlag  der  holländischen  Race  (s.  d.)  von  meist  giauer  oder 

schwarz'^rhcrkipjcr  Farbe  und  guter  Milchnutzung.  R. 

Limbus.  Himdlayavolk  östlich  vom  eigentlichen  Nepal  im  Stromgebiete  der 
Kausiki,  kommen  aber  auch  hie  und  da  in  Sikkim  vor.  Sie  sind  den  Kiranta 
(s.  d.)  ähnlich,  von  welchen  sie  eigentlich  einen  Zweigstamm  bilden,  und  haben 
ihre  eigenen  Götter  und  Priester  (»Bildschowas«  und  :*Phedangkos€),  errichten 
aber  keine  Tempel  und  Göttefbilder.  Trots  der  Nachbarschaft  der  Brahmanen 
und  buddhistischer  Priester  haben  sie  ihr  ursprüngliches  Heidenthum  beibehalten. 
Ihre  Todten  verbrennen  sie  auf  den  Gipfeln  der  Berge.  Die  Asche  wird  be- 
graben  und  darüber  ein  viereckiges,  etwa  1,3  Meter  hohes  Grabmal  errichtet, 
auf  welches  sie  einen  hohen  Stein  stellen.  Sie  betrachten  sich  als  Urbewohner 
des  Gebirges,  haben  ihre  eigene  den  rlravidischen  Idiomen  venvandte  Sprache 
erhalten  und  gehören  zur  mon^olisrhen  Race.  Die  T>.  werden  schon  in  den 
Purana  erwähnt.  Sie  selbst  nennen  sich  Schwaubo  und  Kirawa.  Der  korrekte 
Name  ist  nach  Dr.  Campbell  lEkthumba«.  Der  L.  ist  etwas  höher  als  der 
Leptscha,  weniger  fleischig,  sehniger,  aber  ebenso  hellfarbig  und  bartlos.  Augen 
etwas  kleiner  und  mehr  hervortretend,  Nase  kleiner  und  höher  als  bei  den 
Leptscha.  Er  trflgt  das  Haar  lang  und  ungeflochten,  macht  sich  nichts  aus 
Schmuck  und  bedient  sich  des  »Klukri«  —  krummes  Messer  —  anstatt  des  tBanc 
(tibetisches  Schwert)  als  Waffe.  Bei  der  Geburt  eines  L.-Kindes  muss  der  Phe- 
dangko  das  Kleine  genau  untersuchen,  ein  Huhn  oder  Zicklein  opfern  und  die 
Götter  um  Segen  anflehen.  Am  dritten  Tag  erhält  das  Kind  den  Namen.  Die 
I^.  kaufen  ihre  Frauen  oder  arbeiten  den  Kaufpreis  bei  den  Schwiegereltern  ab. 
Die  Männer  haben  freie  Wahl  und  arrangiren  die  Präliminarien  durch  ihre 
Freunde,  welche  den  Eltern  des  Mädchen.s  Geldgeschenke  überbringen.     v.  H. 

LimicL  Nach  PtolehAos  eine  Unterabthetlung  der  Callaici  Bracarii 
(s.  d.).    V.  H. 

Limioola,  Koch  (kt  Schlammbewohner),  Gattung  der  Schnepfenvögel  fSf^U- 
paddatj,  am  nächsten  verwandt  mit  Ti'inga,  L.    Die  Vorderzehen  sind  unveiw 

bunden  wie  bei  letzterer  Form,  von  welcher  sie  sich  hingegen  durdi  längere 
Hinterzehe  und  etwas  flach  ^-edrUckten,  an  der  Spitze  schwach  gebogenen  Schnabel 
unterscheidet.  Nur  eine  Art,  der  Sumpfläufer,  L.  pkUyrhyncha,  Teil,  in  dem 
Norden  Europa's,  Asiens  und  Amerika'«.  Rchw, 

Limicolae,  Unterordnung  der  Cursor  es  (s.  Laufvögel),  umfassend  die  Fami- 
lien Charadriidtu,  Dromaäidae,  Scolopacidae.  Gegenüber  den  Ordnungsverwandten 
zeichnen  sich  diete  Formen  durch  dnen  mäasig  langen  Schwans  aus  und  lange, 
bis  sur  Schwansspttze  oder  darttber  hinaus  ragende,  meistens  spitze  Flügel,  in 
welche  i.  oder  i.  und  2.,  sdtener  2.  und  3.  Schwinge  am  iXngsten  sind.  Die 
Hinterzehe  fehlt  oder  ist  hoch  eingelenkt  und  kurz.  RCHW. 

Limicolaria  (lat  Schlammbewohner),  Schumacher  1817,  Landschnecken- 
gnttiing  aus  der  Familie  der  Heliciden  oder  Aulacoena'hen ,  friiher  nicht  von 
JSuämus  unterschieden ;  Schale  langgestreckt,  mehr  oder  weniger  fein  gekörnt, 
Aussenrand  diinn  und  einfach,  Innenrand  der  Mündung  dUnn  und  gerade,  nach 
unten  iugespitit,  durch  den  Mangel  eines  Aussclmittes  daselbst  und  Vorhanden- 
sdn  eines  Nabelritzes  von  AckoHna  unterschieden,  mit  welcher  Gaming  sie  in 
Grösse,  Färbung  und  geographischer  Verbreitung  nahe  flberetnatimmen.  -Farbe 
blaasgelb^  meiast  mit  dunkelrothbraunen,  achmalen»  mehr  oder  weniger  gebogenen 


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Limier  —  Linotea. 


senkrecliten  Striemen.  Nur  in  Afrika,  aber  hier  etwas  nördlicher  reichend  als 
Achatina,  nämlich  bis  zum  Senejxal  und  nach  Sennar,  aber  dafür  am  Cap  der 
guten  Hoftnung  fehlend.  Während  der  regenlosen  Jaltreszeit  im  Boden  vergraben 
(Adanson).  Ziemlich  viele,  aber  unter  sich  schwer  zu  untersciieidende  Arten; 
»1  den  grossem  geMren  Z.  /nrrir,  Pn.»  bis  ii^  Centiiii.  am  Gazellenfliiss» 
AdenufiM,  Brug.  oder  KatiAml,  Adans.«  63  Milliin.,  am  Senqj^al,  und  die  sehr 
scUanke  L.  CaUUtttuß,  Fnt^  7—8  Centim.  lang  und  nur  s^  Centim.  breit,  spAr« 
lieh  geflammt  oder  einfarbig  weiss,  in  Sennar.     E.  v.  M. 

Limier,  französische  Bezdchnui^  des  Ldäiundes  (s.  d.).  R. 

Limitans  in/erna  frimiiiva  retinae,  s.  Sehorganeentwicklung.  Gkbch. 

Limivora  nennt  Grluk  flieienit^en  im  Meer  lebenden  Chactop^den,  die 
hauptsächlich  Sand  und  Schlamm  ircbsen.  Ks  sind  im  Ganzen  die  Serpuliden 
von  Savicny;  ihnen  gegenüber  stehen  die  Rapacia,  die  Raub-Anneliden,  etwa 
den  Nereiden  entsprechend.  Wd. 

Linmaea  (gr.  teich*bewoknend),  Lamarck  1803,  auch  Lymmua  (unrichligX 
XJmneus  und  Umnaeus  geschrieben,  Sttsswasserschneck^  Hauptgattung  der  Familie 
der  limnaeaceen  (s.  d.),  Schale  rechtsgewunden,  länger  als  breitp  Gewinde  mehr 
oder  weniger  vorstehend,  Mündung  verhällnissmässig  gross,  der  Spindelrand  sieht 
sich  als  Spiralfalte  nach  Innen.  Fühler  breit  und  kurz;  Laich  wurstförmig.  Ober> 
fläche  der  Schale  in  der  Regel  glatt,  nnr  mit  Wachstliumsstreifen,  an  manchen 
£xemplaren  (nicht  bei  besonderen  Arten)  auch  mit  hammerschlagartigen  Ein- 
drücken, an  anderen  mit  dunklem  Ucberzug.  In  allen  Erdtheilen,  hauptsächlich 
in  stehenden,  seltener  in  fliessendem  Wasser.  Die  grüsste  und  eine  der  gemeinsten 
Arten  in  Europa  ist  Z.  stagnalis,  LiNME,  das  Spitzhorn,  5 — 6  Centim.  lang,  die 
letzte  Windung  bauchig,  etwa  die  Hälfte  der  Länge  einnehmend,  die  obere  schmal, 
eine  schlanke  Spitze  mit  nur  wenig  vertieften  Nähten  bildend;  sehr  veribiderlich 
in  der  Form:  in  gana  ruhigen  pflanzenreiclien  Gewässern  auch  die  letsle  Windung 
schlanker  und  abgerundet,  mehr  glänzend,  die  Mündung  nicht  die  halbe  Ubige 
erreichend,  var.  ekgans  oder  fragilis,  roseolabiata;  in  bewegterem  Wasser  und 
auf  festcrem  Grunde  wird  die  letzte  Windung  breiter,  mit  einer  mehr  oder  weniger 
deutlichen  Kante  im  oberen  Drittel,  das  Gewinde  verhältnissmässig  kürzer,  var. 
turgida;  in  grossen  Seen  mit  steinigem  Grund  und  mehr  Wellenschlag  die  Schale 
dicker,  das  Gewmde  viel  kür/er,  nur  \ — \  der  ganzen  Schale,  var.  iacustris,  so 
besonders  im  Neufchateler-  und  Bodensee.  Ungef^r  ebenso  häufig  und  allgemein 
ist  Z.  auriatUtriap  Linne  (Untergattung  Gttinariojf,  bei  der  die  letste  Windung 
staik  gewdlbt  ist  und  den  grössten  Theil  der  Schale  bildet,  das  Gewinde  breiter 
kooisch  und  recht  kurs  ist;  bei  erwachsenen  Spicken  der  Aussenrand  der  Mflndung 
zu  einem  breiten  Saum  ausgedehnt  oder  auch  zurückgeschlagen»  bei  einigen 
Exemplaren  selbst  doppelt;  auch  diese  Art  hat  in  kleineren  ruhigeren  Teichen 
dünnere  Schale  und  längeres  Gewinde,  in  grösseren  Seen  und  langsam  strömen- 
den Flüssen  stärkere  Schale  und  kurzes,  oft  gar  nicht  vorragendes  Gewinde 
fvar.  ampla  und  Alvunaf  äi).  Nächstverwandt,  aber  ohne  ausgebreiteten  Mündungs- 
saum sind  noch  iagotis,  Schramcic  (vulgaris  vieler  Conchyliologen),  kleiner,  mit 
tieferer  Naht  und  längerem  Gewinde,  «tute,  Dkaparmaud,  mehr  länglich,  unter 
der  Naht  steiler  abfisllend,  und  pertgra,  MOllbr,  Schale  und  MUndung  schmal 
elliptisch,  die  letztere  kaum  \  der  gansen  Länge  eimiehmend;  diese  Z.  pe- 
ngra  lebt  vorzugsweise  in  fiiessenden  kleineren  Gewässern,  ist  daher  bäu0ger 
in  Bergjändem  und  geht  weit  ins  Gebirge  hinauf,  ist  z.  B.  noch  bäu^  in  den 
kleinen  Seen  des  Ober-£ngadins.  J.  Hazay  in  Pest  giebt  an,  daia  wenn  man 


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Umnaeacea. 


den  Luch  von  Z.  tvakt  in  entsprechende  Gewässer  versetzt,  die  auskommenden 
Jungen  sich  zu  L,  feregra  ausbilden  und  umgekehrt.  Eine  dritte  bei  uns  ein- 
heimische Artengruppe  (IdmiMffysa}  hat  mehr  dunkelbraune  Schale  und  eine 

gestrecktere  Gestalt  mit  tieferen  Nähten;  hierher  Z.  palustris,  Müllek,  oft  nicht 
viel  kleiner  als  stagnalis,  aber  in  der  absoluten  Grösse  sehr  wechselnd,  Mündung 
meist  weniger  als  die  Hälfte  der  Länge  einnehmend,  schmal,  innen  braun,  in 
grösseren  stehenden  Ciewässern,  und  unsere  kleinste  Art,  L.  trtincattäa,  Müller 
(minufa,  DRAPARNAi  r)),  nur  \  —  i  Centira.,  die  einzelnen  Windungen  mehr  treppen- 
förmig  abgesetzt,  mit  otlenem  Nabel,  die  Mündung  etwa  die  halbe  Lauge  ein- 
nehmend, in  kleineren  VtXtxexk  und  Wiesengräben,  suweilen  etwas  über  Wasser; 
diese  Art  ist  in  neuster  Zeit  als  Zwischenwirth  des  Leberegels,  JXsiffftia  Aepatieum, 
veigl.  dieses  Bd.  II,  pag.  401,  und  damit  als  d«i  Schafen  sehr  schädlich,  nach- 
^wiesen.  All  «üese  Alten  finden  sich  im  grOssten  Theü  von  Europa,  die  nmsten 
nördlich  bb  Lappland  und  Archangel  und  in  entsprechenden,  nicht  wohl  als 
Arten  zu  trennenden  Formen  auch  in  Centrai-Asien  und  dem  nördlicheren  Theil 
von  Nord-Amerika.  Vorder  indien  hat  eine  eiojenthümliche  Gruppe  von  Arten 
mit  schlankem  Gewinde  und  elliptischer  Schalenform  (L.  acumina/a,  Lamarck), 
der  malayische  Arclupel,  Süd-Afrika  und  Süd-Amcnka  wenige,  kleinere  und  minder 
eigenthUmliche  Arten  vom  Aussehen  unserer  peregra  und  ovata.  Wichtig  für  diese 
Gattung  i^nd  namentlich  HAftiMAim  Gasteropoden  der  Schweis  1840—44  und 
KOBBLT  Fortsetzung  von  RossmAsslbr's  Ikonographie  der  Land-  und  Sttsswasser 
moUttsken,  Bd.  5,  1877;  ittr  die  ausländischen  s.  IEIbevb,  Concholo|^  ictmxcil, 
Bd.  XVm,  1879.     £.  V.  M. 

Limnaeacea  (von  Umnaea)^  Menke  1S30  oder  lAnmamdMt  Risse  1826, 
Lymniens,  Laaiarck  1822,  Pulmonata  aquatica,  CuviER  1817,  zweite  Hauptab- 
theilung der  Lungenschnecken,  nämlich  diejenigen,  welche,  obgleich  sie  I,uft 
athmen,  im  Wasser  und  zwar  Siisswasser  leben,  oder  die  Gattungen  Limnaea  mit 
Amphipcplca  und  C/iil'nia,  Fhysa,  Fhinorbis  xx^d  Ancylus.  Mundwci  r  zeuge,  Athmungs- 
und  Geschlechtsorgane  im  Wesentlichen  tibereinstimmend  mit  deneu  der  Land- 
Pulmonaten,  aber  immer  nur  zwei  Fühler,  lang  und  dttnn  bei  Jtanorbii  und 
PkjfSüt  breit  und  flach  dreieckig  bei  Limnaea  und  Amphiptpka^  kurz  und  stumpf 
bei  An^tus,  die  Augen  stets  an  der  Innenseite  ihrer  Basis.  Die  Schale  ist  in 
ihrer  Gestalt  sehr  verschieden,  aber  fast  immer  dttnn,  halbdurchscheinend,  ein- 
farbig blass  bräunlich,  während  die  Haut  der  Weichtheile  in  und  ausserhalb  der 
Schale  meist  dunkel,  schwarz  oder  schwarzfleckig  ist;  die  Schale  zeigt  ferner  in 
der  Regel  keine  ausgeprägte  Skul]>tur  (Ausnahme  einige  Planorbis)  und  der  Mund- 
rand ist  nicht  verdickt.  Kein  Deckel.  Neben  dem  Oberkiefer  meist  noch  jeder- 
seits  ein  kleineres  Kieferstück;  Rcibplattc  mit  kurzen  zahlreichen  Zähnen; 
>Jahrung  Biälter  von  Wasserpflanzen,  aber  auch  die  abgestoibenen  Körper  ihrer 
Genossen,  in  der  Gefangenschaft  Brod.  Männliche  und  weibliche  Geschlechts- 
<lffiiung  von  einander  getrennt  etstere  unterhalb  des  einen  Fühlers,  letztere  zu- 
nächst der  Atbemölihung.  Die  Befruchtung  bei  der  B^attung  ist  nicht  gleich- 
zeidg  gegenseitig  wie  bei  den  Landschnecken,  aber  beide  Individuen  können  bei 
Wiederholung  derselben  die  Rollen  wechseln.  Eier  in  verschiedener  Anzahl, 
14 — 180,  bei  Ancylus  fluviatilis  nur  3 — 5  durch  gallertige  Schleimmasse  zusammen- 
gehalten an  Wasserpflanzen  ab£>ele^7^  hei  Limnaea  in  Form  länglicher,  wurst- 
förmigcr  Massen,  11  —  24  Milhm.  lang,  bei  Planorbis,  Physa  und  Ancylus  in 
länglichrunden  flaclien  Massen,  5 — 15  Millim.  lanc:;  die  Drehung  der  Embryonen 
lasst  bich  wegen  dci  Durchsichtigkeit  der  Hulicu  leicht  beobachten;  dieselben 
Zed^  Aadiaap«!,  o.  Bthoologie.  Bd.V.  8 


"4 


Limnaeiden  —  Linuutis. 


schlüpfen  nach  unge&hr  24  Tagen  aus.  Da  diese  Schnecken  im  Wasser  leben 
und  doch  Lulr  atlmicn,  so  müssen  sie  sich  an  die  Oberfläche  des  Wassers 
erliel)en  und  daselbst  crludteii  können;  das  crstere  erreichen  sie  durch  Fmpor- 
kriechcn  an  \N'assii pflan/cn  oder  durcli  aktive  Schwimmbewcgunj^en  mittelst  des 
ausgestreckten  I'iisscs;  an  der  Obertlaclic  crhalteti  sie  sich,  indem  sie,  Rücken 
und  Schale  nach  unten  gerichtet,  die  Fusssohle  in  der  Kbene  der  Wasserfläche 
halten  und  etwas  hohl  machen^  sodass  wie  bcn  einem  Kahne  der  Dnidt  des  um- 
gebenden Wassers  auf  die  in  der  Aushöhhing  unter  seinem  Niveau  befindliche 
Luft  die  Schnecke  oben  erhält;  um  niedersusinken,  ziehen  sie  sidi  ganz  in  die 
Schale  surück  und  vermehren  so  durch  Verminderung  des  Volums  ihr  q>edfi8ches 
Gewicht  Während  der  warmen  Jahreszeit  kommen  sie  oft  an  die  Oberfläche 
und  können  Absperrung  von  der  atmosphärischen  Luft  nicht  sehr  lange  ertragen, 
die  erösNcren  Arten  von  Limnaea  und  Ptanorbis  wenig  übt  r  2  ;  Stunden,  Physa 
kaum  8  stunden  (Troschei.);  im  Winter,  den  sie  am  Gtunde  der  Gewässer 
ziemlich  untliätig  verbringen,  und  in  kühleren  tiefen  Aljjcnseen  (Königsee^,  auch 
in  der  guten  Jahreszeit  kommen  bie  gar  nicht  herauf  und  der  im  Wasser  aulge- 
löste Sauerstoff  genügt  alsdann  ihrem  Athmungsbedttrfniss,  sei  es  dass  er  allgemein 
durch  die  Haut  oder  (nur  bei  ganz  jungen  Thieren)  auch  insbesondere  durch 
die  Lungenh5hle  aulgenommen  werde.  Freiwillig  verlassen  im  Naturzustand 
nur  ein%e  Arten  von  Limnaeat  z.  B.  Mnuahtla  und  ptrtgra,  sowie  Anqfbu 
ßimÜHSt  das  Wasser  und  zwar  nur  auf  i  oder  wenige  Zoll;  in  der  Gefangen« 
Schaft  dagegen  verlassen  die  meisten  Arten  von  Limnaea  freiwillig  das  Wasser 
bei  Nahrungsmangel  oder  sonstigem  Unbcliagen.  Als  Mittelglied  zwischen  diesen 
Wasserschnecken  und  den  wirklichen  Landschnecken  lassen  sich  einerseits  Succinfa, 
andererseits  die  Auriculiden  in  Anspruch  nehmen,  er.stcrc  eine  wirkliche  Land- 
schnecke, die  sich  dem  Wasser  nähert,  letztere  den  Limuaeen  wirklich  verwandte 
Formen,  die  noch  weniger  an  das  Wasser  gebunden  dhd  und  mit  dnzelnen 
Gattungen,  s.  Carychium,  ganz  zu  Landschnecken  geworden  sind.  Die  geographische 
Verbreitung  der  Limnaeaceen  erstreckt  sich  Über  alle  Erdtheile  und  Zonen  in 
grossentheils  ähnlichen  Formen,  namentlich  bei  den  Gattungen  Htmoriis  und 
JjM$uua;  grössere  Arten  als  in  ^Tittcl•Europa  giebt  es  auch  anderswo  nicht. 
Physa  ist  besonders  zahlreich  in  Australien;  Isidora  ist  wesentlich  afrikanisch, 
reicht  aber  noch  nach  Süd-Eiimpa  herein.  Chilina  ist  auf  das  gemässigte  Stid- 
Amerika  bcsrlnankt.  Palacontologisch  lassen  sich  die  HaMj>tgattimgeii  durch  die 
ganze  'l'crtiar^cit  zurückvcrfolgcn,  Limnaea,  Hanorbis  und  Physa  hnden  sich  sogar 
noch  in  den  zum  obersten  Jura  gerechneten  Purbeckschichten  Süd-Englands  und 
des  französischen  Jura's  (Coquand,  Loriol  und  Samdberger),  Fiamrhis  und  Znw> 
naea  auch  dazwischen  im  nordwestdeutschen  Wealdenthon.  —  Literatur:  Schröter, 
Geschichte  der  Flussconcbylien  1779.  —  Carl  Pfbipper,  Deutsche  Land-  und 
Wasser^Schnecken,  L  1821,  Taf.  4  deutsche  Arten,  Taf.  7  und  8  Laich.  ^  Trosckbl, 
de  Limnaeaceis  disscit.  Berolini  1834,  Anatomie  und  Lebensweise.  —  A.  Pauly 
Wasseraihmnng  der  Limnaeiden,  gekrönte  Preisschrift,  München  1877.  —  Femer 
die  nikemeinen  Werke  von  Rossmässler,  Hartmamm,  K.0B£LT  undCL£SSIN%  E.  V.  M. 
Limnaeiden,  s.  Limnaeacea.     E.  v.  M. 

Limnaütus,  Vig.  (gr.  limnc  Sumpf,  aeios  Adler),  Untergattung  vom  Spizaetus 
(s.  d.).  Typus:  L.  caligaius,  Viü.  RcHW. 

LimtMeos  oder  LiiiiiUHit>  s.  Umnaea.    E.  v.  M. 

Limnatia,  Moquik-Tanoom  (gr. »  Sumpfwesen)»  Gattung  der  Blutegel,  Hint- 
dineen.  Leib  UUigUch,  nach  voine  verachmtfleit;  KieferfiUten  drei,  gross,  nicht 


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Limnobates  —  Limousiner  Pferd. 


gezähnelt;  vier  paar  Augen,  davon  drei  auf  dem  ersten  Segment  und  eines  auf 
dem  dritten.  Geschlechtsöfinungen  in  dem  33.  oder  24.  und  38.  oder  29.  Ringe. 
Süsswnsserbewohner.  —  /,   nilotica,  in  Aegypten.    8  — 10  Centim.  lang.  Wd. 

Limnobates,  Brm,  (gr.  Sumpf  und  ausschreiten)  eine  7.\\  den  Hydrodromici 
(s.  Wanzen)  gehörende  Gattung,  dahin  die  fast  fadenförmige  Z.  sta^norum,  I,.    E  1;. 

Limnobia,  Mktg.  fgr.  im  Sumpfe  lebend),  Name  einer  artenreichen  M'u  kei 
gattung  (W iese n müc ke),  die  zu  den  Schnauzenmücken  geliürt,  aus  4  gleich- 
langen  Gliedern  bestehende  Taster,  aus  fast  gleichlangen  15—17  länglichen  oder 
kugeligen  GUedem  bestehende  Fühler  und  nackte  Flttgeladem  hat     E.  Tc. 

I^ignnocodium»  Allmak  (gr.  Ihme  Sumpf,  kodon  Glocke),  Sflsswasaer- 
Meduse,  die  sidi  im  Victoria-regia-Hause  von  Regentspark  fand:  4  Radialkanäle 
mit  je  einer  Gonade.  Manubrium  ungestielt,  4-lippig.  Randtentakel  fadenflJnnig, 
solide;  gegen  200  (darunter  4  g^rossc  radiale)  dem  Umbrella  aussen  aufge- 
wachsene Tentakel  (Journ.  Linn.  Soc.  XV.  i88c;,  Ray  Lankestek  bespricht  ana- 
tomische, entwicklungsgeschichtJiche  und  biologische  P^igenthümlichkeitcn  dieser 
Qualle  in  Quart.  Journ.  Micr.  Sc.  XX.  (188 1)  und  Nature  XXV  (1882).  Pf. 

Limnocorax,  Ptrs.  (gr.  limnc  Sumpf,  korax  Rabe),  Untergattung  von 
Ortygometra,  L.  (s.  d.),  Typus:  Raäus  niger,  Gm.  Rchw. 

Limnodrilus,  ClAPAPtoE  (griech.  ssSumpf^Regenwurm),  Gattung  der  Borsten* 
wfirmer.  Ord.  jftrmcAiatitf  Farn.  Tkb^idae.  Borsten  gabelförmig  gethellt  — 
Die  beweglichen  Spermatozoen  wurden  früher  unter  «dem  Namen  Paek^derm^ 
als  Inüisorien  beschrieben.   Sie  leben  im  Schlamm.  Wo. 

Limnophila,  s.  Limnaeacea.     E.  v.  M. 

Limnophysa,  s.  unter  T.imnaea.      E.  v.  M. 

Liinnoria,  I  kach,  Krebsgattung  der  F'amilie  Asellinat  Ordn.  fsopoda,  durch 
langgestreckten,  oberhalb  gewölbten  Körper  ausgezeichnet;  Postabdomen  fast  so 
lang  wie  der  vordere  Körper,  mit  sechs  freien  Ringen;  beide  Fühlerpaare  fast 
gleich,  cyKndiisch.  Die  ein  bis  zwei  Unien  lange  L.  iiribramt  Leach,  von  den 
englischen  Küsten  macht  sich  durch  Benagen  des  unter  Wasser  befindlichen 
Holswerkes  schädlich.  Rchw. 

Limosa,  Briss.  (v.  Ihnus,  Schlamm),  Gattung  der  Schnepfenvögel  (Scalfip»- 
ciäae) ,  charakterisirt  durch  etwas  aufwärts  gebogenen,  verhältnissmässig  langen 
Schnabel,  vier/.ehigcn  Fuss  mit  mässiü^  langer  Hintcrzchc  und  halhgehefteten 
Vorderzehen.  Von  den  8  über  alle  Rrdtheile  verbreiteten  Arten  kommen  2  auch 
an  den  deutschen  Küsten  vor:  die  Pfuhlsclinepfe,  L'un»$a  lapponica,  L.,  im 
Sommer  rothbraun,  oben  schwarzbraun  gefleckt  und  geshicheit,  Schwan/  weiss 
und  schwarzbraun  gebändert,  Bürzel  weiss,  FUsse  bleigrau;  im  Winter  graubrawi 
mit  dunkler  Strich»  und  Fleckenteichnung,  stärker  als  der  Kampfläufer.  —  Die 
Uferschnepfe,  Z.  mäamura,  Lkisl.,  unterscheidet  sich  durch  schwarzen 
Schwanz.  Das  Gefieder  ist  oben  dunkelbraun  mit  helleren  Federsäumen,  Vorder- 
hals  und  Brust  gelbbraun,  Kehle,  Bauch  und  Oberschwanzdecken  weiss»  Füsse  blei- 
grau. Rchw. 

Limousiner  Pferd,  dasselbe  hatte  sich  in  früheren  Zeiten  einer  gros';en  Be- 
rtihmtheit  zu  orfreuen.  Ursprünj^lich  von  den  Pferden  abstaminend,  welche  die 
Mauren  aus  Spanien  gebracht  hatten,  wurde  dasselbe  zur  Zeit  der  Kreuzzüge  mit 
arabischem  Blut  aufgefrischt  und  bildete  lange  Zeit  hindurch  ein  für  die  Zwecke 
der  Cavallerie  sehr  brauchbares  Objekt.  Der  edle  Limousiner  beaaas  einen 
schlanken,  etwas  langen  Körper,  kleinen,  leicht  geramsten  Kopf;  dünnen, 
feinen,  mit  dünner,  schlichter  Mähne  behangenen  Hals;  achmale  Brus^  mit 

8» 


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Il6 


Limoasiner  Rind  — '  linckia. 


khUtigen  Gelenken  versehene  Beine  und  gute  Gänge.  Später  artete  derselbe  aus» 
wurde  unschön  und  schlcclit  in  den  Gängen.  Napoleon  I.,  der  dem  einge- 
tretenen Uebelstand  abheilen  wollte,  stellte  ägyptische  Hengste  auf.  Ebenso 
führte  man  später  arabische  und  englische  Hengste  ein  und  erzielte  insbesondere 
mit  gekreuzten  englisch-orientalischen  Hengsten  einen  verbesserten  Schlag,  den 
man  nach  der  alten  Grafschaft  Bigorre  in  den  Pyrenäen  ia  race  bigourdane 
atn^liorde  nannte.  Die  Thiere  verbinden  mit  dem  en^ischen  Schnitt  die  Genttg' 
aemkeit  des  orientalischen  und  altfranxOsischen  Pferdes.  Der  Tjrpus  ist  indess 
nicht  gana  constant  andi  vt  wirklich  werthvoUea  Material  selten.  R. 

Limousiner  Rind,  eine  mittelschwere  bis  kleine,  hauptsächlich  in  der  sUd- 
französischen  Provinz  Limousin  gezttchtete  Race,  deren  Ochsen  alljährlich  in 
grossen  Massen  den  Pariser  Fieischmarkt  bevölkern.  Die  Farbe  der  Thiere  ist 
weizengelb,  falb  bis  hellbraun.  Um  das  i<lotzmaul,  am  Rücken  und  an  den 
Beinen  finden  sich  hellere  Ntiancen  dieser  Farben.  Die  iMasLiaiii<:keit  ist  zwar 
nicht  sehr  hoch,  indess  aber  die  Fleiscliqualitat  vorziiglicli.  Kreuzungen  mit 
Durhams  und  anderen  Racen  sind  nicht  selten.  R. 

Limpurger  Rind  (Schwäbisch  ==  Limpurg'sches  Vieh),  ein  leichter  bis  mittel- 
schwerer, feiner  Schlag,  der  hauptsächlich  in  den  wtirttembergischen  Beaiiken 
Aalen,  Gaildorf,  Gmünd,  im  Roth*  und  Leinthale  gezüchtet  wird  und  zur  Bildung 
des  Glan-  und  des  Scheinfelder  Viehs  beigetragen  hat.  Die  Thiere  besitzen  eine 
einfache  weissgelbe,  falbe  bis  semmelgelbe  Hautfarbe,  feines  Skelett  bei  zarter 
Faser  und  dünner  zugiger  Haut.  Hörner,  Klauen  und  Flotzmaui  sind  hell, 
wachscielb;  erstere  besitzen  meist  eine  schwarze  Spitze.  Die  Race  eignet  sich, 
da  sie  zu  allen  Hauptuutzuugszwccken  verwandt  werden  kann,  besonders  für 
kleinbäuerlichen  Wirthschaftsbetrieb.  Besonders  hervorgehoben  zu  werden  ver- 
dient die  vorzügliche  Fleiscliqualität  der  gemästeten  Ochsen.  R. 

Lina,  Mbgl.,  Name  einer  Chiysomeliden-Gattung,  die  sich  durch  flacheren 
Körperbau,  eine  fast  bis  zur  Wurzel  hinaufreichende  Rinne  an  der  Aussenseite 
der  Hinterschienen  und  ein  an  seiner  Basis  etwas  verengtes  Halsschild  von  der 
Gattung  Chrysomela  unterscheidet,  mit  der  sonst  die  Lebensweise  übereinstimmt. 
Die  mit  ziegelrothen  Flügeldecken  versehenen,  an  Popu/us ■  lebenden 
Arten,  der  grosse  (L.  popuii,  L.),  und  der  kleine  {L.  tremuku,  Fab.)  Pappel- 
Blattkäfer  dürften  die  verbreitetsten  Arten  sein.     E.  Tg. 

Linanthidae  (besser  =  inae)  H.  (gr.  Hnantha  Netzblume),  ünterfamilie  der 
Linergtäae,  mit  4  einfachen,  hufeisenförmigen  Gonaden,  mit  interradialen,  con- 
vexen  Proximalbogen.  Gattungen:  Littantia,  H.,  Gonaden  einfach,  ohne  Intei^ 
radialsepten,  Zmergis,  H.,  Gonaden  zwetschenklig,  mit  Interradial-Septen.  Fp. 

Linaria,  Cuv.  (v.  Unum  Flachs),  (Aegu^hus,  Gab.),  Untergattung  von  Cktys»' 
miiris,  Boie),  die  sogenannten  Leinzeisige  umfassend,  während  von  anderen  auch 
noch  die  Hänflinge  fCamutöiaa,  Brehm.)  (s.  d.),  hinzugezogen  werden.  —  Der 
Birkenzeisig,  auch  Zizerenchen  genannt,  Aegiothus  Imaria,  L.,  welcher  den 
Norden  Kuropa's,  Asien's  und  Nord-Amerika's  bewolmt  und  im  Winter  regel- 
mä^si^  bis  in  dns  mittlere  Deutschland,  ja  bis  zum  Miitelmeer  streicht,  ist  etwas 
schwächer  als  der  Bludvanflmg,  die  Oberseite  auf  hellgraubraunem  Grunde 
dunkelbraun  gestrichelt,  Scheitel  roth,  Kinn  und  Zügel  schwarz,  Kehle  und  Brust 
rosa,  übrige  Unterseite  weiss,  auf  den  Weichen  gestrichelt^  Schnabel  gelb.  Dem 
Weibchen  fehlt  das  Roth  auf  der  Brust  Ausser  der  genannten  Art  unterscheidet 
man  noch  A.  Homtmanni,  Hoia«,  in  Nord-Amerika  und  fllnf  Unterarten.  RcHW. 

Linckia  (nach  Job.  Hbinr.  Linck,  Arzt  in  Leipzig,  geb.  1674,  gest  1734, 

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Uiwoln-Sdttf  -  Lindcnaakr  HttUe. 


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der  das  erste  umfassende  Werk  über  Secstcrne  sch^eb^,  Nardo  1834,  Gattung 
und  Typus  einer  Familie  unter  den  eigentlichen  Seesternen;  Arme  lang  und  von 
der  Wurzel  an  schmai,  annahemd  cylindrisch;  nur  zwei  Reihen  von  Füsschen  in 
jeder  Annfurche;  der  ganze  Körper  mit  gekömtea  Plättchen  besetzt,  welche  bald 
ohne  Ordnung  zusammengedrängt  stehen,  bald  auf  der  Oberseite  der  Arme  in 
Reihen  geordnet  sind  (OphiikuHr),  Zu  letzteren  gehört  L.  ^pküBanat  Lam., 
dunkelroth,  im  Mittelmeer,  zu  den  ersteren  L,  miü'aris,  Limck,  oder  heuigaia,  L., 
himmelblau,  häu6g  im  indischen  Ocean,  und  zwei  kleinere  blass  ziegelrothe  (ge- 
trocknet schmutzig  gelbe)  Arten,  L.  multiforis,  Lam.,  im  rothen  Meer  und  in- 
dischen Ücean  und  L.  ornithepus,  Val.,  in  West-Indien,  welche  beide  durch  die 
wechselnde  Zahl  und  ungleiche  Grösse  ihrer  Arme  auffallen,  auch  oft  mehr  als 
eine  Madreporen platte  besitzen;  dieselben  scheinen  ein  ungewöhnliches  Er- 
gänzungsvermögen durch  Sprossung  zu  besitzen,  sodass  nach  Verlust  eines  Anns 
ein  oder  mehrere  neue  hervorwachsen;  sdbst  aus  einem  dnzelnen  Arm  kann 
sich  ein  neues  Individuum  durch  Neubildung  von  Mund  und  Armen  bilden,  wie 
die  sonderbaren  »Kometenformen«  zeigen,  Stücke  mit  einem  sehr  grossen  und 
mehreren  ganz  kleinen  Armen,  deren  Grenze  in  der  Grösse  der  gekörnten 
Täfelchen  sic".  noch  deutlich  zeigt.  Vielleicht  findet  auch  Selbsttheilung  statt  — 
Häckel  in  Zeitschr.  f.  wiss.  Zool.,  Bd.  ^o,  Suppl.  1877-  —  Martens,  m 
TKOSCHEr.'s  Archiv  t.  Naturgeschichte,  Bd.  31,  1865,  pag.  61  u.  f.     E.  v.  M. 

Lincoln-Schaf,  die  alte,  in  der  englischen  Grafscliaft  l.incohi  vorhanden 
gewesene  bchalrace  war  hornlos,  hatte  einen  schmalen,  langen  Leib  und  hohe 
Beine.  Das  grobfaserige  Fleisch  tmd  die  schwere  Mästbarkeit  «iUeser  Thiere  ver- 
anlassten Bakevbll  die  Verbesserung  derselben  anzustreben,  die  er  nach  langen, 
oft  vergeblichen  Versuchen  endlich  unter  Beibringung  von  Leicesterblut  er- 
reichte. Die  Thiere  besitzen  eine  ziemtiche  Höhe  und  Breite  und  bei  schönem, 
glänzenden,  indess  nicht  sehr  feinen  Wollkleid  ein  Schurgewicht  von  4  Kilo. 
Kopf  und  Beine  sind  nackt,  d.  h.  mit  schlichten  Deckhaaren  bedeckt,  und  dunkel 
gefärbt.   Frühreife,  Mnstfähigkeit  und  Fleischqnalität  sind  sehr  befriedigend.  R. 

Lincoln-Schwein,  eine  hochwerthige,  englische  Race  der  grossen,  weissen 
Zucht,  die  sich  durch  Frühreife,  Mastfähigkeit  inid  vorzügliche  Körperformen  aus- 
zeichnet und  durcn  Kreuzung  des  in  der  Grafschaft  Lincoln  ursprünglich  ein- 
heimischen Marschschweines  mit  dem  chinesischen  Schwein  entstanden  ist  R. 

Irindentiialer  Hdble.  Sttdlich  bei  Gera  im  Gebiete  der  weissen  Elster  liegt 
im  Dolomit  des  Lindenthales  eine  1874  von  Dn  Libsb  untersuchte  HOhlenq>alte. 
Sie  zeigte  sich  als  eine  Hyflnenhöhle,  wie  es  deren  in  England  viele  giebt;  zeit' 
weise  wurde  dieselbe  auch  von  Höhlenbären  und  -Tigern  benutzt.  Ausser  den 
Hyänenknochen  sind  die  Reste  folircndcr  Thierarten  zahlreich-  Fquits  fossUis, 
Rhinoceros  (ic/iorr/iitius,  h'o'^  pritnigcfiiu:;,  i  'rsus  spclaeus,  C^rvus  claphus,  Felit  spe- 
laca.  Auch  von  Eiephas  primi^cnius,  Ccrvus  taranUus,  Qinis  spdaeus,  Vulpes  vul- 
garis und  Nagethieren  kommen  Reste  vor.  Bearbeitete  Feuersteine,  bearbeitetes 
Hirschhorn  imd  künstlich  gespaltene  Knochen  beweisen  die  Anweseidieit  des 
Menschen.  Dr.  Libbe  schUesst  aus  dem  Befund,  dass  sehr  wahrscheinlich 
MensrJien  in  Ost>Thüringen  gelebt  haben,  als  die  Haarthierwelt  durch  grosse 
Heerden  von  wilden  Pferden,  durch  zahlreiche  wollhaarige  Rhinocerosarten  re* 
präseatirt  war,  —  als  noch  Höhlenbyftnen  bei  einbrechender  Nacht  ihre  Felsen- 
löcher verlieesen,  um  einzuheimsen,  was  die  gewaltigen  Höhlentiger  bei  ihren 
Jagden  auf  Fkhe,  Rennthierc  und  Kälber  der  Elephanten  und  Rhinocerosarten 
von  ihrer  Beute  übrig  gelassen,  —  als  Höhlenbjräneo  und  Höhlenbären  das  Vieh 


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Il8  Lineigidae  —  LinguMulina. 

abdeckten  und  in  gesicherte  Schluchten  schleppten.  Jene  Menschen  gehörten 
der  Cupisperiode  an  oder  dem  Anfang  der  letzten  Glazialzeit,  wo  Feuerstein- 
BChaber  und  einseitig  zugeschlagene  Feuersteinspitzen  an  der  Tagesordnung 
waren.    Vergl.  »Archiv  für  Anthropologie«,  DC  Bd,  pag.  155 — 17a.     C.  M. 

Linergidae.  Familie  der  Discoiiiedusen.  Cannostomen  mit  breiten  Radial« 
taschen  und  verästelten,  blinden  Lappenkanalon,  ohne  Rinpkanal.  I'f. 

Ling-kuin-long.  Nach  Matuanun  eine  der  drei  Urracen  Chinas,  welche 
dem  weissen  Tiger  Menschenopfer  darbrachte.  Die  L.  hatten  fast  das  ganze 
beutige  Hu-pe  inne  und  besitzen  dort  vielleicht  noch  Vertreter.  Erst  im  vierten 
Jahihundert  wurden  sie  endgültig  niedergeworfen  und  vermischten  steh  seither 
derart  mit  der  Übrigen  Bevölkerung  China's,  dass  man  sie  heute  nicht  mehr  da- 
von zu  unterscheiden  vermag,     v.  H. 

Lingonen.  Mächtiges  Keltenvolk  Galliens,  östliche  Nachbarn  der  Mandu- 
bierj  am  Möns  Vogcsus  und  um  die  Quellen  der  Matrona  und  Mosa  her  wohnend 
mit  vielen,  grossen  Schafherden,  niis  deren  t^rober  Wolle  gesuchte  Polster  und 
Matratzen  verfertigt  wurden.  Uebrigens  wanderte  ein  Theil  des  tapferen  und 
kampflustigen  Volkes  nach  Obci-Italien  aus,  wo  es  sich  obtlich  von  den  Bojern 
niederliess  und  bis  an  das  adriatische  Meer  und  in  die  Gegend  von  Ravenna 
hin  ausbreitete,    v.  H. 

Lingaa  fronca.  Die  Sprache  der  Levantiner  und  europäischen  Abkömmlinge 
im  tarkischen  Orient,  wo  sich  eine  Abart  und  Mischgattnng  in  Nationalität  und 
Sprache  bildete.  Italienisch  wurde  die  Gnmdlage  der  Verständigung,  jedoch  daa 
Italienische  erhielt  bald  französische,  bald  griechische  Accente  und  £inmei^;se!; 
so  ergab  sich  die  h.,  die  Jedermann  verstehen  konnte.     v.  H. 

Lingua  geral.  Die  von  den  Portugiesen,  besonders  den  Jesuiten  ausge- 
bildete Sprache  der  Tnpi-lndianer  in  Brasilien,  wclclic  als  allgemeine  Verkehrs- 
sprache mit  den  Wilden  dient.  Die  1..  geral  oder  allf:emeine  brasilische  Sprache 
hat  man  sich  also  als  ein  Tiipi  mit  portugiesischer  Aussprache  zu  denken,  denn 
das  Tupi  wurde  im  Munde  der  Europäer  noch  weicher,  als  es  UTsj^rünglich  ge- 
wesen war.  Nach  der  Eroberung  Brasiliens  ward  sie  allgemeine  Umgangssprache. 
Selbst  im  Verkehre  mit  freien  Indianern,  die  ganz  abweichende  Idiome  sprechen, 
gewähren  einzelne  ihrer  Wörter  die  erste  Handhabe  des  Verständnisses.  Wo 
aber  der  rothe  Mensch  dem  eurojiäischcn  Einwohner  dienstbar  geworden,  und 
überhaupt  in  allen  Klassen  und  Alistufungen  der  niedncren  nrkorbar.treibenden 
und  bürgerlichen  Gesellschaft  ist  sie  die  herrschende  Sprache.  Auch  der  in 
den  nördlichsten  Provinzen  Brasiliens  minder  häufige  Neger  nimmt  sie  ohne 
Schwierigkeit  auf  oder  versetzt  mit  ihr  sein  eigenthümliches  Patois.  Je  mehr 
man  sich  nach  Westen  wendet,  um  so  häufiger  tritt  sie  in  einzelnen  Bruchstücken 
hervor  und  um  so  öfter  hört  man  sie;  im  Munde  des  gemeinen  Volkes  wird  sie 
durch  das  Portugiesische  vollkommen  ersetst.  Auf  die  portugiesische  Anrede 
erfolgt  dort  oft  die  Antwort  in  Tupi,  denn  der  Indianer  und  alle  Mischlinge  ver- 
stehen zwar  Portugiesisch,  finden  es  aber  bequemer  in  einem  Idiome  zu  antworten, 
das  weder  Deklination  noch  Conj'ici:ation  im  Sinne  der  ausgebildeten  europäischen 
S]irachen  hat,  und  die  nöthigen  Hegriffe,  um  die  es  sich  handelt,  in  energischer 
Kürze  ohne  crrammatische  Abwandhmc;  der  Wörter  an  einander  reiht.     v.  H. 

Linguatuliria,  FrAl.,  Linguatulidac  (lat.  kleine  Zunge),  oder  Zungenvvürm  e  r, 
frühere  Bezeichnung  Air  eine  kleine  Anzahl  von  entozootischen  Schmarotzern 
der  Gattung  PitOasiMimm^  die  man  fflr  EingewddewOrmer  hielt  Nach  den 
Untersuchungen  von  Leuckart  u.  a.  bilden  sie  aber  eine  Ordnung  der  Aiach> 


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LingulB  <—  Linie. 


"9 


niden  (s.  d.)  und  führen  seitdem  allgemeiner  den  Namen  Peuidstomcn.  In  ihrer 
Entwicklung  unterscheidet  man  4  Zustände.  i.  Der  embryonale  mit  Bohr- 
apparat ttml  KnllentfÜBsen»  3.  den  der  eingekapselten  bewegungslosen  Puppe, 
3.  den  der  Larve  mit  Stachelkrätuen  und  doppelten  Haken,  4.  den  des  ge- 
ichlechtsreifen  Thietes  mit  einfachem  Hakenapparate.  Hauptwerk  Lsuocart,  Bau 
und  Plntwirklungsgeschichte  der  Pentastomen,  Leipzig  u.  Heidelberg  1860.    E.  Tc. 

Lingula  (lat.  Diminutivvon /Mifiva,  Zunge),  BruguiI:ke  1792,  sehr  eigenthftm« 
liehe  Brachiopoden-Gattung,  eine  eigene  Familie  bildend:  beide  Schalen  unter 
sich  fast  gleich,  dünn,  etwas  biegsam,  flach,  länglich,  mit  zuge^ipit/ten  etwas  aus- 
cinanderwcicbenfien  Wirbeln,  ohne  Schlossvorrichtung;  im  Innern  der  Rücken- 
schale eine  eriiunte  Läng<>leiste  und  der  Scblossrand  verdickt  Mantelrand  mit 
Steifen  Borsten  dicht  besetzt.  Das  Kigenthümlichste  ist  ein  langer,  fleischiger 
sdir  contraktiler  Stiel,  der  zwischen  den  Y^rbeln  hervorkommt,  bis  9 mal  80< 
lang  als  das  ganse  übrige  Thier,  und  dazu  dien^  auf  weichem  Sand-  oder 
Scblammgnind  Bewegung  und  Eingraben  su  vermitteln.  Die  Schale  meist  grtln 
in  verschiedenen  Abstufungen  bis  braun.  Lebt  im  Gegensatz  zu  den  andern 
Brachiopoden  ganz  oberflächlich.  Gegenwärtig  keine  in  den  europäischen  Meeren, 
aber  eine,  Z.  pyramidata,  Stimpson,  an  den  südlichen  Küsten  Nord-Amerika's  und 
niL  uere  unter  sich  sehr  ähnliche  im  tropischen  Thei!  des  indischen  Oceans,  die 
l  i-k  innteste  und  grösste,  6  Cm.  lang,  L.  anaiina  Bkk;.  (bei  Linne  JPateUa 
Unmuts),  Paläonihologisch  i&t  diese  Gattung  besonders  interessant,  weil  sie  ziem- 
lich unverändert  durch  alle  Formationen  bis  in  die  älteste  thierische  Reste  auf- 
weisende, die  sogen,  cambrische,  zurückgeht.  In  den  europttischen  Meeren  noch 
»ir  Pliocänseit  vorhanden.     E.  v.  M. 

IfinguUna,  perforate  Foramtnifere  aus  der  Familie  Lagemdat,  Pp. 

Lingulina,  Orb.  1826.    Untergattung  von  Nodosaria  (s.  d.).  Pr. 

Lingulinopsis,  Foraminifere  aus  der  Familie  der  Rhabdoinen.  Pf. 

Linhomoeus,  Bastian  (griech.  fadenähnlich).  Gattung  freilebender  Nema- 
toden. Wd, 

Liniscus,  T>i  \i  i  i\.  (Grierh.  kleiner  Faden.)  Gattung  der  Nematoden. 
Farn.  Tr  'uhotracHcääac.  Von  Dujakdin  von  der  Gattung  Trichoiomum  wegen  der 
(Trkhocephalus  ähnlichen)  Anschwellung  des  Hinterleibs  getrennt  Siehe  ülwigens 
THthnmuMt  Rud.   Parasitisch  in  Spitzmäusen.  Wd. 

LmBBng,  GRAY=/W(9i)iM/tfK,  HoRSP.  (s.  d.),  asiatische  Camivorengattung  aus 
der  Familie  der  Vwerrida  (Schleichkatzen),     v.  Ms. 

Linae.  Der  festeste  und  das  T.icht  am  stärksten  brechende  Theil  der  durch- 
sir'.tigen  Gebilde  des  Auges  ist  die  I.inse.  Die  Gestalt  derselben  richtet  sich 
nach  dem  Mediinn,  welches  dem  Thierc  als  Aufenthaltsort  dient.  Bei  den  Land- 
thieren  hat  sie  annähernd  die  Ge.stalt  einer  wirklichen  Linse,  wogegen  sie  bei 
den  VVasserbewohnern  kugelig  gestaltet  ist.  So  erscheint  .sie  bei  den  Fischen,  den 
Amphibien  und  den  im  Wasser  lebenden  Säugethieren  sphärisch,  in  verschiedenem 
Gnde  abgeplattet  bei  den  Reptilien,  Vögeln  und  Säugethieren.  ->  Die  Linse  (des 
Menschen  und  der  Sängethiere)  besitzt  zwei  convexe  Flächen,  eine  vordere  flachere 
und  eine  hintere  stärker  gekrümmte;  die  Radien  verhatten  sich  beim  Menschen 
wie  3:9.  Die  beiden  Flächen  stossen  aber  nicht  in  einem  scharfen,  sondem  in 
einem  abgerundeten  Rande  an  einander.  Die  Linse  wird  von  einer  dünnen  Mem- 
bran umzogen,  so  dass  die  eip;entliche  Lirsensubstanr  wie  von  einer  Kapsel 
(Capsula  lentis)  eingesrh]f)^sen  ist  Letztere  ist  eine  wasserhelle,  structurlose 
Membran,  deren  vordere  Wand  doppelt  so  stark  ist  als  die  hintere.   Die  lonen- 


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IM 


Lime. 


fläche  bedeckt  eine  Epithelscbicht  sechseckiger^  glatter  Zellen  mit  rundem  Kern. 
Die  eigentliche  IJnse  besitzt  eine  fasrige  Stnictur.  Die  Fasern  sind  bandförmig, 
prismatisch  und  zwar  sechsseitig;  ihr  Querschnitt  zeigt  regehnässige  iMngliche 

Sechsecke,  deren  Reihen  in  einander  greifen.  Die  scharfe  Kante,  mit  welcher 
eine  Faser  in  den  Winkel  von  zwei  benachbarten  sich  einfügt,  ist  besonders  in 
den  Hefen  Schichten  der  Linse  mit  feinen  Zähnen  versehen,  wodnrrh  eine  feste 
Verbindung  hergestellt  werden  kann.  Bei  den  Fischlinsen  tritt  diese  Zahnelung 
namentlich  hervor.  In  i^leirlier  Weise  wie  die  Muskelfasern  sind  die  Linsenfasern 
als  Zellen  anzusehen,  denn  auch  letztere  enthalten  einen  (selten  2 — 3)  Zellkern, 
welcher  etwa  in  der  Mitte  der  Faser  liegt  und  dinelbe  durch  seiiie  Dicke  an 
der  betreffenden  Stelle  etwas  bauchig  auftreibt  Was  die  Richtung  der  linsen- 
fasern  betraft,  so  verlaufen  dieselben  wie  Meridiane  von  vom  nach  hinten  Uber 
den  Aequator  hin.  Wo  sie  letsteren  treffen,  liegen  die  Kerne,  die  Kemsone  bil- 
dend. Da  sich  von  einer  frischen,  besser  noch  von  einer  getrockneten  oder  in 
Wasser  gequollenen  Linse  nach  Art  einer  Zwiebel  concentrische  Schichten  ab- 
blättern lassen,  so  ersieht  man  hieraus,  dass  die  Fasern  sich  mit  den  Seitenwän- 
den fester  verbinden  als  mit  den  breiten  Flächen.  Die  Linse  der  Neugeborenen 
besitzt  auf  der  vorderen  Fläche  drei  Streifen,  welche  sich  unter  Winkeln  von 
I20  Grad  zu  einem  dreistrahligen  Sterne  vereinigen;  auf  der  hinteren  Fläche  ist 
der  Stern  um  30  gedreht  oder  er  besteht  hier  aus  vier  Strahlen.  Im  späteren 
Lebensalter  lösen  sich  die  Figuren  in  ein  verzweigtes  Astwerk  auf.  Li  den 
Strahlen  oder  Zweigen  aber  sind  die  Fasern  unterbrochen  und  an  ihrer  Stdle 
ist  eine  dickflüssige  Masse  vorhanden.  Indem  nun  letztere  sich  durch  die  Linse 
verfolgen  lässt,  und  diese  damit  wie  durch  Scheidewände  getheilt  ist,  so  bilden 
die  Fasern  ftir  jede  Linsenhälfle  drei  bis  vier  Keile.  In  Folge  derartiger  Ver- 
hältnisse kann  eine  Faser  nicht  von  einem  l'ol  bis  zum  andern  sich  erstrecken. 
Auch  in  den  Sehorganen  der  Wirbellosen  treffen  wir  Gebilde  an,  welche,  linsen- 
förmig gestaltet,  zur  Brechung  der  Lichtstrahlen  bestimmt  sind.  Ueberall  aber 
finden  wir  die  Erscheinung  wieder,  dass  wegen  der  grösseren  Brechbarkeit  des 
Mediums  die  Wasserbewohner  mit  stark  gekrümmten  Linsen  ausgestattet  sind: 
so  bei  den  Medusen,  Würmern,  Cephalopoden  und  Wasserinsekten.  Unter  den 
Mollusken  ist  besonders  bei  den  Cephalopoden  das  Auge  entwickelt  Die  Linse 
wird  hier  durch  einen  ovalen  Körper  dargestellt,  dessen  Längsaxe  der  Augen« 
axe  entspricht.  Eine  seitliche,  in  sie  eindringende  Bindegewebslamelle  theilt  sie 
in  zwei  unt^leiche  Hälften,  in  eine  i^rössere  hintere  und  eine  kleinere  vordere. 
Der  Bindegewebslamelle  lagern  sich  Verdickungsschichten  an,  welche  den  Ciliar- 
körper  bildend,  die  Linse  umfassen  und  dieselbe  befestigen.  Von  den  WUrmern 
zeichnet  sich  AUiope  durch  ein  entwickeltes  Auge  aus.  Dasselbe  ist  mit  einer 
grossen  Linse  versehen.  Ein  besonderes  lichtbrechendes  Organ,  welches  mor- 
phologisch der  Linse  der  Wirbelthtere  entspricht,  ist  bei  den  Arthropoden  mdit 
vorhanden.  DafUr  hat  aber  die  Chitinhaut,  welche  die  Sehoigane  überrieht,  die 
Eigenschaften  jener.  Dieselbe  ist  nämlich  nicht  pigmentir^  sondern  hell  und  durch- 
sichtig und  zeigt  oft  eine  Verdickung  verschiedener  Art.  Eine  solche  I^nse  ver- 
einigt in  sich  die  Funktion  der  Cornea  und  der  Linse  der  Wirbelthiere  und  kann 
daher  Come.iHnse  bezeichnet  werden.  Bei  den  einfachen  Augen  (Corj'caeiden) 
ist  die  Cornealinse  ein  biconvexer  Körper,  welcher,  ahnlich  den  künstlichen  Glas- 
linsen, aus  einer  äusseren  biconvexen  und  einer  mnern  concavconvcxon  Linse 
zusammengekittet  ist.  Denjenigen  zusammengesetzten  Augen  der  Arthropoden, 
wie  sie  z.  B.  die  Insektenlarven  oder  Spinnen  besitzen,  kommt  trotz  der  Vielheit 


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des  percipirenden  Apparats  nur  eine  Comealinse  zu,  welche,  stark  nach  au^5,en 
und  innen  gewölbt,  von  dem  durch  die  Sehstäbchen  gebildeten  Kelch  aufge» 
genommeD  wird.  Die  bekatmiecteti  xuMmtnengesetoten  Artiiropodenaugen  aber« 
die  Facettaugen,  zeichnen  sich  durch  viele  Comealinsen  aus,  welche  durch  kleine, 
die  Sehorgane  Überziehende  Felder,  die  Facetten,  dargestellt  werden  und  bei  den 
veischiedenen  Arten  mannigfachen  Abänderungen  unterliegen*  So  sind  die  Fa- 
cetten bei  manchen  Krebsen  und  Käfern  äusserlich  glatt,  wogegen  die  Innen» 
Seite  s'rch  wölbt.  Das  umgeke!irte  Verhältniss  findet  bei  den  Fliegen  statt,  wo 
die  äussere  Fläche  der  Augen  durch  die  gewölbten  Facetten  sich  hügelig  aus- 
nimmt; bei  Wasserinsekten  (z.  B.  Wasserwanzen)  erfordert  das  Medium  eine  starke 
Wölbung  der  Facetten.  —  Scldiesslich  weisen  noch  die  Medusen  als  Augen  ge- 
deutete Organe  mit  Hnsenarligen  Körpern  auH  Es  sind  dieses  die  als  Randkdrper 
bezeichneten  Gebilde,  welche  aus  einer  starken  Pigmentanhäufung  und  einem 
von  dieser  umhüllten,  lichtbrechenden  Körper  bestehen.  D. 

Linaen-Faseni,  -Gewebe,  -Kapsel  (strukturlose  und  gefitssbaltige),  -Kern, 
•Stern,  s.  Sehorganeentwicklung.  Grbch. 

L'intschanreh.  Einheimischer  Name  flir  die  Dogiibs-lndianer  (s.  d.).  H. 

Linuchidae,  H.  fhcsscr  -inae),  Untcrfamilie  der  Linergiden,  mit  8  j»etrennten 
Gonaden.  Gattungen:  Litiiscus,  H.,  mit  paarweise  vertheilten,  Linuc/u,  EscusCH., 
mit  in  gleichen  Abständen  stellenden  (ionaden.  Pf. 

Liocape,  Co  ri  a  (Anagramm  aus  Alciope).  Gattung  der  Borstenwürmer.  Ordn. 
Ni^ahranekkaa,  Y^xa.  FhyUodo€idae\  Grube.  Kopflappen  mit  zwei  Fühlern;  Ftthler» 
ctrren  fehlen.  Das  erste  Segment  nach  dem  Kopflappen  mit  einem  borsten- 
losen Ruder  versehen.  Wd. 

Liocephalus,  Gray,  Iguaniden-Gattung  mit  compressem  Leib  und  Rilcken- 
kamm.  Rilckenschuppen  gleichartig,  zi^elig,  gekielt  Kein  grösseres  Occipitale. 
Weder  Kehlfalte  noch -sack.  Finger  compress,  unterwärts  mit  ^kielten  Lamellen. 
Weder  Schenkel-  noch  Fraeanalporen.  Schwanz  lang.  17  Arten  von  West-Indien 

und  Sfkl-Amerika.  Pf. 

Liocephalus,  Wagn.,  siehe  Midas,  Geqffr.     v.  Ms. 
Lfiodeira,  FrrziNCER  =  Liolaemus  Wiegm.  Pf. 

Liolaemus,  Wiegmann  1835,  ^«^'^^  Kehle),  Iguaniden-Gattung.  l^ib 
depress,  ohne  RUckenkamm.  Rftckenschuppen  ziegelig,  gekielt  Kopfschilde 
tnSssig.  Weder  Kehlfalte  noch  Anhang.  Finger  c^lindrisch  mit  gekielten  Lamellen 
unterwärts.  Keine  Schenkelporen,  ^  mit  Fraeanalporen.   22  Arten  aus  Mittel- 

und  Süd-Amerika.  Pr. 

Liolepis,  Cuv.  (gr.  Upis  Schuppe),  Agamiden  Gattung  mit  depressem  Leib, 
sehr  kleinen  Schtsppen,  ohne  Kehltasche,  mit  starker  Kchlfalte,  langem,  schwach 
depressem  Schwanz  und  Schenkelporen,  i  Art  {L.  ßeUii,  Gray)  von  S.-0. 
Asien.  Pf. 

Liolopisma,  Dum.,  Bibk.  (gr.  lopisma  Gewand).  Madagassische  Scincoiden- 
gatning.  Pp. 

Liopala,  Gray.,  Syn.  zu  Hydrophis,  Daudik.  Pf. 

Liopeltin,  Ffizinges,  Diyadinen-Gattung  (Opkidui),  Pr. 

Uophis ,  Wagler.  Coronelliden-Gattung  des  tropischen  Sfld-Amerika.  i  Frenale, 
I  Prae-,  2  Postocularia,  Nasloch  zwischen  2  Nasalia.  Schuppen  in  17 — 21  Rethen. 
Hinterster  Maxiliarzahn  der  längste,  durch  Abstand  von  den  übrigen  getrennt. 
Auf  den  Bauchschildern  meist  charakteristische  schwarze  Flecke.  —  Z.  cobeüa,  T.., 
und  L.  AUrremiif  Wied.,  gehöimizu  den  gemeinsten  südamerikanischen  Schlangen.  Pf. 


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LioMiinu  -  LipMiginae. 


Lriosaun»,  Dum.,  Bibr.  Kleine  Iguaniden-Gattung  aiis  Sfld'Anerika.  Fr. 
Lioscincus,  Bakboza  du  Bocage  1873.    Neucaledonische  Scincoideo- 
Gattung.  Fr. 

Lioselaama,  LAcfiptos.  Synonym  tn  Hydr^hUt  Davd.  Pf. 
Liostomum,  Wagler  (gr.  ^  mit  glattem  Mund),  Gattung  der  Hirudineen; 
Leib  breiter  als  bei  Hirudo,  Kieferfalten  fehlen.   Ein  Paar  Augen.  Wd. 

Liotheidae.  s.  Mallophaga.     K.  Tg. 

Liothcum,  Nrrzscn  (gr.  auf  platten  Hn.iren  laufend),  s.  Mallophaga.      E.  To. 

Liothrix,  Sws.  (gr.  läos  lei(  ht,  thrix  l-eder\  Gattung  der  Vogelfannlie  Tim'.- 
iiidae,  von  verwandten  Formen,  wie  Crakropus,  Eupetes  (s.  unter  Tinieliidae},  durch 
etwas  spitzere  Flflgel  unterschieden,  indem  die  Handschwingen,  wenngleich  wenig, 
so  doch  deutlich  die  Armschwingen  an  Länge  Übertreffen,  und  der  Abstand  des 
Endes  der  ersten  Schwinge  von  den  längsten  zweimal  oder  wenigstens  ein  und 
einhalbmal  so  gross  ist  als  der  Abstand  der  ersten  Schwinge  von  den  Handdecken. 
Die  dritte  Schwinge  ist  ungefähr  so  lang  als  die  Armschwingen,  selten  länger 
Der  Schnabel  ist  knrz,  kaum  halb  so  lang  als  der  Ko|)f.  Schwächere  Vögel  von 
(irasmückengrösse.  Ktwa  ein  I)ut/cnd  Arten  in  Indien,  dem  Himalaya  und  Süd- 
China.  Als  Untergattung  ist  hinzuzuziclien:  Aidnodura ,  Goi  in,  und  die  süd- 
atnkanische  Form  Lioptiius,  Gab.  -—  Als  Typus  sei  der  haurig  lebend  zu  uns 
gebrachte,  wegen  seiner  wohlklingenden  Stimme  und  des  5chÖP#n  Gefieders  gern 
im  Kftfig  gehaltene  Sonnenvogel,  auch  Hügelroeise  und  Pekingnachtigal 
genannt,  Liothrix  hOeuSf  Scop.,  erwähnt.  Oberseite  olivenbtaun,  Augenbinde 
gelb,  unter  denelben  und  Ober  die  Ohrgegend  ein  graues  Band,  Unterseite  gelb, 
Kopf  orange,  Handschwingen  mit  rothbraunen,  am  Spitzentheile  gelben  Säumen. 
Etwas  stärker  als  eine  Kohlmeise.  Rchw. 

Liotrichidae,  von  Cauanis  '1850)  aufgestellte  Familie  der  Osrr'nes,  die 
Nafodinae,  Troglodyt'tnae,  Crntcropodinaf  und  Liotrichuiac  umfassend.  Reichenow 
vereinigt  die  betrefl'enden  Formen  unter  dem  erweiterten  Familienbegiiff  der  Time- 
lüdae  (s.  d.).  Rchw. 

Liotyphlops,  Peters.   Typhlopiden^Gattung  aus  Süd-Amerika.  P^. 

Xiipani  oder  Ipande.  Der  sttdlichste  Zweig  der  Athapasken  (s.  d.)  in 
Texas,    v.  H. 

Liporis,  Artidi,  Gattung  der  Fischfamilie  Disecb&U  (s.  d.).  Mit  nur  einer, 
aus  schwachen,  biegsamen  Strahlen  gebildeten  Rückenflosse.  Körpc.  klein,  nackt, 
in  eine  weiche  Haut  lose  eingehüllt,  mit  dickem  stumpfem  Kopf.  Sie  leben 
versteckt  am  Grunde,  meistens  an  Steinen  oder  Muscheln  festgesogen.  Nordische 
Fische  beider  Hemisphären,  südlich  herabgehend  bis  zu  den  Küsten  von  Belgien, 
England  und  Kalifornien.    Z.  vu/x'-aris,  Fi.emm.    Nord-Europa.  Klz. 

Lfiparis,  Ochsenh.  (gr.  glänzend),  Spinnergattung,  die  jetzt  als  Sippe  der 
UparOae  in  mehrere  andere  aufgelöst  ist,  wie  Datyckirot  JhriAisia,  Omeria, 
welche  s  Innenrandsrippen  im  baftborstenlosen  Hinterflflgel,  ausserdem  noch 
6  bis  7  weitere  Rippen  haben,  von  denen  4  vuid  5  n.'the  beisammen  entspringen, 
8  aus  der  Wurzel  kommt  und  bald  nachher  die  obere  Mittelrippe  berührt  oder 
mit  ihr  verbunden  bleibt;  die  Nebenaugen  fehlen.  Mehrere  hierher  gehörige 
Arten  werden  zeitweilig  durch  ihre  Raupen  sehr  schädlich,  wie  der  Goldafter 
(s.  d.),  die  Nonne,  der  Rothschwanz,  Schwammspinner  u.  a,      E.  Tg. 

Lipauginae  (gr.  Uipein  entbehren,  auge  Glanz),  Scheintyrannen,  Unterfamilie 
der  Ampelidae  (s.  Schmuckvögel),  Vögel  von  wtlrgerarligem  Aussehen,  mit  ver- 
hältnissmässig  längerem  Haken  an  der  Schnabelspitze  und  deuüicben  Zahnaus- 


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Upephilc  -  Lippen. 


kerbungen.  In  der  Regel  Schnabelborsten  vorhanden.  Die  zweite  Handschwinge 
verkümmert  bei  einigen  Formen.  Man  }>at  die  in  dieser  ünterfamilie  zuerst  von 
Reichenow  natargemäsb  vereinigten  Vögei  früher  theils  zu  den  Tyrannidae,  theils 
zu  den  Brwdoridae  (ü.  Wollrücken,  Gattung  Dasycephala)  gestellt  Von  eisteren 
unterscheidet  sie  die  Laufbekleidung,  welche  wie  bei  den  echten  Ainpeliden  in 
vorderen  Gflrteltsfeln  und  zwei  oder  mehr  Reihen  Hinterschilder  besteht,  von 
letzteren  der  längere  und  spitcere  Flflgel  (s.  Wollrücken),  das  Fehlen  der  wolligen 
Bflrzelfedem  und  das  Vorhandensein  von  Schnabelborsten.  Sic  bilden  den  Ueber« 
gang  von  den  Schmuckvögeln  zu  den  Tyrannen.  Die  typischen  Formen,  Gattung 
fjpaugus,  BoiE,  haben  ziemhch  geraden,  an  der  Basis  meistens  breiten  Schnabel, 
schwache  Borsten  am  Schnabeiwinket,  graues,  rostfarbenes  oder  dunkel  oliven- 
grünes Gefieder.  Ihre  Grösse  schwankt  zwischen  der  des  grossen  Raubwiirgers 
urd  des  Neuntödters.  Etwa  30  Arten  im  tropischen  Süd-Amerika.  Nach  der 
Färbung  werden  einige  Untergattungen  unterschieden:  Ftilochhris,  Sws.,  HeUro- 
pelmot  Bp.,  IIeter0€ercuSf  Hartl.,  u.  A.  Als  Typus  sei  der  Grauzuser,  L.  plumf 
btus,  LcBT.,  erwähnt,  von  blaugrauem,  unten  blasserem  Gefieder.  —  Eine  andere 
C^attung,  die  der  Attilas  (DüsyeephaUt  Sws.),  unterscheidet  sich  durch  schlankeren, 
dünneren  Schnal>el  und  stärkere  Bartborsten.  —  Als  dritte  Gattung  gehören  «l 
der  Grupj  c  die  Rekarden  (s.  Tityra).  Rchw. 

Lipephile,  Malmgreen  (Eigenname  ?).  Gattung  der  Borstenwürmer,  ürdn. 
Notobrämhiata.  Fam.  Nereidae,  Aud.  und  Kow.  Neben  Nereis.  Zeichnet  sich 
durch  kegehörmige,  quere  Kieferspitzen  aus.  Hierher  z.  B.  Nereis  cultrifera^  aus 
dem  Mittelmeer  und  Atlantischen  Ocean.  Wo. 

Lipeurus,  s.  Mallophaga.     K  Tg. 

Ltpinia,  Gray  1845.  Philippinische  Scincoiden^Gattung  nahe  Abtöa,  Fr. 
Lipoptena,  Nitzsch,  s.  Lausfliegen.    E.  Tg. 

Lipotus,  Sund.,  syn.  RaUüUt  Sparm.,  Swadis.,  Ursitaxus,  H0DG8.,  MUUmjfx, 
Glogek,  s.  Mellivora,  Stork.     v.  Ms. 

Lippe.  Im  Bette  der  Lippe  finden  sich  Rennthierreste  mit  einer  Feuerstein- 
spitze  und  einem  Steinbeil.  Auch  ein  Stauwerk  und  ein  Menschenschädel  kam 
dabei  zum  X'orschcin.  Aufbeuahrt  sim'  diese  Funde  im  Museum  zw  Münster.    C.  M. 

Lippen.  Wäiucnd  in  den  verschiedenen  Gruppen  der  VVirbekhiere  die 
Mundhöhle  fast  ausschliesslich  unmittelbar  von  den  Kieferrändern  begrenzt  wird 
und  die  gleichen  Verhältnisse  sich  auch  bei  den  Monotremen  und  Cetaceen 
wiederfinden,  tritt  bei  den  übrigen  Säugethieren  Lippenbildung  ein.  —  Beim 
Menschen  berühren  sich  die  Lipf>en  in  einer  Querspalte,  welche  nicht  gerade 
verläuft,  sondern  durch  einen  unterhalb  der  Nasenscheidewand  liegenden  Vor- 
sprung der  Oberlippe  einen  gebogenen  Verlauf  erhält.  Die  Oberlippe  (labium 
superius)  wird  von  der  N.isc,  die  Unterlippe  (!.  inf(rius)  von  dericuigen  Quer- 
furche (sulius  Illentals)  begrenzt,  welche  der  Vorsprung  des  Kumes  hervorruft. 
Eine  zweite  Furche,  die  Nasenrinne  (phiUrum)  verlauft  von  der  Nasenscheidewand 
quer  über  die  Mitte  der  Oberlippe  herab  zum  Mundspalt;  die  dritte  Furche, 
weiche  bei  den  Lippen  in  Betracht  kommt,  der  ntUm  nasoMiaiis,  umsieht  von 
den  Nasenflflgeln  an  bogenförmig  die  Mundwinkel.  Die  Vereinigung  der  Lippen 
geschieht  jederseits  am  Mundwinkel  (cMmisrnra  iaküfnm).  Abgesehen  von 
den  sugehörigen  Nerven,  Blutgefässen  und  DrUsen,  bestehen  die  Lippen  aus 
einer  muskulösen  Grundlage,  einem  Hautüberzuge  und  einer  inneren  Auskleidung, 
einer  Schlcimliaut.  Die  bei  den  Lippen  in  Betracht  kommenden  Muskeln  sind 
folgende:  der  Schliessmuskel  des  Mundes  (musculus  orbicuiarU  orisi  umgieb^ 


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kieisförmig  die  Mundöfinung.    Er  besteht  aus  einer  inneren  (portto  labialis)  und 
einer  peripherischen  Abtheilung  (p,  facialis) ;  an  letztere  legen  sich  verschiedene 
Muskeln  an,  die  von  den  benachbarten  Gedcbtspartien  gegen  den  Mond  Ver- 
la afen.   Es  sind  dieses  der  muscuUts  htueinaim',  welcher  an  den  Mundwinkel 
herantritt;  dann  die  an  der  Oberlippe  gelegenen  xwei  MuskelbUndd  Ittr  jede 
Hälfte,   m.  nasO'labialis  und  m.   incisivus  lahii  superhris;  an  der  Unterlippe 
schliesslich  befindet  sich  jedcrseits  nur  ein  Bündel,  m.  incisivus  labii  inferioris. 
Der  gemeinschaftliche  Heber  der  Oberlippe  und  der  Nase  (m.  levator  lahii  supc- 
rioris  a/aeque  fiasi)  erstreckt  sich  län^s  der  Nasenseite  und  reicht  vom  inneren 
Rande  der  Aupenhöhle  bis  zur  ()bcrli|)pc,   bezw.  bis  zu  dem  Nasenlhigel ;  im 
unteren  Verlan l  theilt  sich  nämlich  der  Muskel  in  zwei  Bündel,  von  denen  einet» 
hierhin»  das  andere  dorthin  verläuft;  das  zur  Oberlippe  gehörende  Bündel  ver« 
schmiltt  mit  dem  m,  ürbktUarii  oris  und  dem  m.  levator  proprims.   Der  Heber 
der  Oberlippe  (m,  UnHOor  labii  mperi$rii  ^r^prim)  entspringt  unterhalb  der 
Augenhähle  und  verschmilzt  zwischen  Nase  und  Mundwinkel  mit  dem  m.  orhicu- 
ktris  Otis  und  den  übrigen  Oberlippenmuskeln.    Her  Mundwinkelheber  (m.  Itoa- 
ter  anguli  oris)  kommt  von  dem  foramtn  infraorbitale  und  verbindet  sich  mit 
den  Muskeln  des  Mundwinkels.   Der  grosse  Jochbeinmuskel  {m.  zygomaftcus  major) 
nimmt  seinen  Ursprung  vom  Jochbein  und  verliiult  zu  den  Muskeln  des  Mund- 
winkels.   Der  kleine  Jorhbcinmuskel  fm.  xyg.  minor)  liegt  vom  vorieen  Muskel 
nach   innen,   er   beginnt  am  Jochbein  und   endet  am  äusseren  Rande  des 
M,  levaior  Utdii  superiüris.  Der  Lachmuskel  (m,  riserms  Santarini)  kommt  aus  der 
Nähe  der  Ohrspeicbeldifise  her  und  vereinigt  sich  mit  dem  m*  orbicularis  oris  und 
dem  m.  d^nssar  angult  oris.  Der  Backenmuskel  (m,  iueana^)  vereinigt  sich 
an  dem  Mundwinkel  mit  d^m  M*  orHeuhris,  andererseits  giebt  er  Fasern  an  die 
Ober-  und  Unterlippe  ab.    Der  Niederzieher  des  Mundwinkels  (m.  dtpressor  am- 
guli  oris),  ein  keilförmiges  Bündel,  welches  mit  der  breiten  Basis  an  der  unteren 
Fläche  des  Unterkiefers  sich  ansetzt  und  sich  mit  der  Spitze  an  dem  Mundwinkel 
mit  dem  m.  orbicularia  oris  vereinigt.    Der  viereckige  Kinnmuskel  (in.  quadrahis 
menti  s.  depressor  labii  inferioris)  entsjjringt  an  dem  Unterkiefer  zwischen  der 
Symphyse  und  dem  foramen  meniaU,  gehl  einwärts  gerichtet  zu  der  Unterlippe 
und  inserirt  sich  an  dieser  zugleich  mit  dem  entsprechenden  Muskel  der 
anderen  Seite.  —  Die  die  Lippen  bedeckende  Haut  unterscheidet  sich  nicht  von 
der  Haut  anderer  Körpertheile,  nur  ist  sie  beim  Manne  stark  mit  Haaren  ver* 
sehen.   Die  Schleimhaut  der  Lippen  besitzt,  wie  ihre  hohe  Empfindlichkeit  schon 
anzeigt,  einen  grösseren  Reichthum  an  Nerven,  ebenso  einen  solchen  an  Rlutge- 
fössen,   wodurch  die  rothe  Färbnng  verur?;.ieht  wird.    Wo  die  Sclileimhaut  der 
Ober-  wie  der  Unterlippe  in  das  Zahnfleisch  übergeht,  bildet  sie  eine  kleine  ver- 
ticale   Falte,   das   Lippenbändchen   ffrcnu/um  lahti).     Auf  der   Oberfläche  der 
Schleimhaut    mUnden    die    Lippendrüsen  (giandulae  labiaks),   kleine  traubige 
Schleimdrüsen,  welche  zwischen  Muskulatur  und  Schleimbaut  liegen.  Dieselben 
fehlen  an  den  Mundwinkeln.   Von  den  Blutgefiissen  sind  es  die  arteriae  hUaUs 
iiiftriores  und  superi^res  und  die  venae  labiales,  welche  sich  in  den  Lippen  aus- 
breiten. Als  Lippennerven  sind  zu  nennen  für  die  Oberlippe  die  nervi  labiales 
supcriores,  weldie  die  Endverbreitung  des  nervus  t^fraarbitalis  bilden;  für  die 
Unterlippe  der  ramus  iabialiSt  der  innere  Ast  des  n,  mentalis  s.  labialis.  Unter 
den  wirbellosen  Thieren  begegnen  wir  entwickelten  Lippen  vor  allem  bei  den 
Arthropoden.    Hier  bezeichnet  man  aber  mit  dem  Ausdruck  > Lippen-.  moq)ho- 
logisch  verschiedenartige  Gebilde.   Denn  einmal  (Oberlippe,  iabiumj.  handelt  es 


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lippenkaofpd  —  Litikov«. 


sich  um  eine  T.ippcnbildung  im  Sinne  derjenigen,  wie  wir  sie  bei  den  Säuge- 
thieren  antreffen,  nämlich  um  einen  Umschlag  des  Mundrandes;  dann  (Unterlippe, 
labium)  aber  versteht  man  darunter  ein  (meist  verwachsenes)  Kieferpaar,  also  ein 
Gebilde,  welches  den  Liiicdmaassen  homolog  ist.  Nur  die  Crustaceen  machen 
hierin  eine  Ausnahme,  da  bei  ihnen  die  Unterlippe  kein  Gliedmaassenpaar,  son- 
dern ein  der  Oberlippe  gleichartiges  Gel^lde  isL  Die  Oberlippe  der  Insekten 
ist  eine  Qaerplatte,  welche  in  den  verschiedenen  Gruppen  nur  geringe  Ver* 
änderang  erleidet,  wogegen  die  Unterlippe  in  ihrer  Gestaltung  dem  Wechsel 
nnterliegt  und  als  deutliches  Zeichen  für  ihre  Entstehung  aus  einem  Glied- 
maassenpaare  zwei  Taster  trägt.  Während  bei  den  Myriopoden  die  Lippen- 
bildimg  ganz  ähnhch  ist  wie  bei  den  Insekten,  fällt  bei  den  Spinnen  einerseits 
die  Oberlippe  aus,  und  andererseits  nimmt  die  Unterlippe  mit  ihren  Tastern  die 
Form  von  Füs^^en  an.  I). 

Lippenknorpel,  s.  SchadelentwiclUung.  Gkbch. 

Lipurus,  Goldfuss  » I^ase^aretus,  de  Blmnv.  (s.  d.).    v.  Ms. 

laqaor  amnü,  s.  Amnion.  Gsbch. 

Liquor  cerebroapiiialjs,  s.  Nervenqrstementwicklung.  Grbch. 

Liquor  Graafianus  (folliculi),  s.  EifolHkel*  und  OvariumentwicUung.  GuBCir. 

Liria,  Abtheilung  der  Bari-Neger,  wohnen  östlich  von  Gondokoro.     v.  H. 

Lirione,  Kinberc  (gr.  Leirion  —  Lilie).  Gattung  der  Borstenwürmer.  Ordn. 
Notobranchiafa.  Farn,  /hnphinomidat,  Sav.  Mit  einer  gettssreichen,  kammähn- 
lichen  Hautfalte  (Karunkel).  Wd. 

Liriopidae  (besser  -inae),  H.,  Unterfamilie  der  Geryonidae  mit  4  Gonaden 
im  Verlaufe  der  4  Kadialkanäle.    Gattungen  Liriantha,  H.,  und  Liriope,  Less.  Pf. 

Lissolepis»  Pbters  1872  (gr.  Hssos  glatt,  Upis  Schuppe),  S.-W.-Aufltralisdie 
Sdncoiden-Gattung.  Fr. 

LisBonota,  Gray  (gr.  glatt  und  RflckenX  eine  SchlupfWespen-Gattung  aus 
der  Familie  der  FSti^lidae  (s.  d.).    £.  To. 

Lissu,  s.  Lyssu.     v.  H. 

Listera  (nach  dem  englischen  Naturforscher  Martin  Tjster,  gest.  17 11,  dem 
ersten,  tier  eine  grössere  Anzahl  von  Conchylien,  einheimische  sowohl,  1678,  als 
ausländische,  1685,  deutlich  beschrieb  und  abbildete),  TuRTON  182a,  Muschel- 
gattung, s.  Scrobicularia.     E.  v.  M. 

Listriodon,  H.  von  Meyer,  altkontinentale,  eocäne,  pcrissodactyle  Säuger- 
gattung, t\x  Lophiodon,  Cuv.,  geliörig.     v.  Ms. 

Liaskova.  In  Ablagerungen  im  Liptauer  Komitat  ward  1876  bei  Lisskova 
eine  Höhle  von  Los2v  untersucht*  Unter  einer  Tropfsteindecke  fand  er  rohe 
Topfscherben,  Feuersteing^rithe,  Menschenknochen,  Mammuthszähne  tmd  somit 
den  Diluvialmenscli en  am  SUdrande  der  Karpathen.  Die  Ausgrabungen  vt» 
gaben  nun  hinsichtlich  der  Fauna  die  Anwesenheit  mehrerer  Vogelarten,  von 
Rind,  Schaf,  Reh,  Kdelhirsch,  Hausschwein,  Hase,  Fuchs,  Haushund,  Wolf  '.ind 
Bär,  alles  noch  heute  lebender  Arten.  Weit  mehr  als  Thierknochen  sind  im 
Verhältnisse  Menschenknochen  aufgefunden  worden  und  beläuft  sich  die  Zahl  der 
bestimmbaren  Menschenknochen  auf  mehr  als  1000.  Alles  deutet  dabei  auf  ein 
bedeutendes  Alter  ihrer  Einbettung  hin,  wogegen  andererseits  die  übrigen  Fund* 
Objekte  su  sprechen  scheinen.  Unter  den  menschlichen  Röhrenknochen  waren 
sehr  viele,  darunter  t8  Tibien,  gebrochen  und  gespalten,  und  wenn  sich  bei 
vielen  nicht  entscheiden  lässt,  ob  dies  absichtlich  oder  durch  natürlichen  Zufall 
geschehen,  so  fehlt  es  doch  auch  nicht  an  solchen,  welche  unxweifelbafiu»  Spuren 


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der  Menschenhand  an  sich  tragen.  In  Anbetracht  des  Umstandes,  dass  die 
Menschenknoclien  durchaus  /erstreut  lagen,  ist  anzunehmen,  dass  sie  schon  in 
Gewalt  zerstOckelter  Menschentheite  hierher  genufaen  sind,  und  alles  dies  madite 
es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  wir  hier  die  Reste  von  Kannibalen  vor  uns  sehen. 
Die  vorliegenden  Umstände  sind  wenigstens  sehr  übereinstimmend  mit  jenen  der 
Grotte  dei  Colombi  auf  Palmaria  und  in  der  Höhle  von  Sclaigneux  in  Bdgien, 
an  welchen  beiden  Orten  man  Spuren  einstiger  Anthropophagen  aufzufinden  glaubt 
Artefakte  kamen  nur  in  c^erinc^er  Anzahl  zum  Vorschein;  sie  beschranken  sich 
hauptsäcliHch  auf  Topfschcrben  sehr  verschiedener  QuaHtät  und  Bearbeitung, 
einige  bearbeitete  Feuersleingcrälhe,  endhch  auf  eine  kleine  Kupferspirale ;  zwei 
kurze  KupferdrahtstUcke  reagirten  bei  der  chemischen  Untersuchung  auf  Anti- 
mon, folglich  kann  es  nicht  als  gediegenes,  sondern  nur  aus  Erzen  mittelst 
Huttenarbeit  gewonnenes  Kupfer  betrachtet  werden.  Wohl  ist  es  möglich,  dass 
die  Metaltgegenstände  erst  später  in  die  Lisskovaer  Höhle  geriethen,  diese  also 
verschiedene  Kulturperioden  repräsentirt;  bei  der  Geringfügigkeit  der  vor* 
handenen  Feuersteinsachen  können  diese  allein  kaum  eine  sichere  Grundlage  zur 
Beurtheilung  der  Zeitepoche  abgeben,  in  welche  die  Mdhle  einzureihen  ist 
Keinesfalls  dürfen  wir  derselben  ein  hohes  Alter  zuweisen,  vielmehr  sind  allem 
Anscheine  nach  die  Feuersteine  wenn  nicht  gleichzeitig  mit  den  MetaUobjekten 
in  Gebrauch,  so  doch  nur  durch  eine  relativ  kurze  Frist  von  einander  getrennt 
gewesen,  eine  Ansicht,  die  sich  noch  mehr  auidraugt,  wenn  wir  jene  prächtigen 
Bronzeschwerter  und  Schmuckgegenstände  in  Augenschein  nehmen,  welche 
Mailuth  in  der  nahen  Umgebung,  im  Liptauer  Waagthale,  gefunden  hat  Veigl. 
I..  V.  Loczv,  Die  Liszkovaer  Höhle  in  Batath^gyi  Liptauer  Komitat^  eine  voige> 
sduchtliche  Wohnung  und  deren  Ueberreste.     C.  M. 

Ititauer.  Zweig  der  letto-slavischen  Völkerfamilie  und  Bewohner  des 
heute  zu  Preussen  und  Kussland  gehörenden  Landes  Litauen  zwischen  Niemen 
und  Dwina.  Das  I.itaiTische,  ein  alterthfimliches  Idiom,  welches  unter  allen 
europäischen  Spraciien  dem  Sanskrit  am  nächsten  steht,  wird  ):;egcnwartig  von 
nur  ungefähr  1600000  Mens(  iien  gesprochen.  Es  wird  auf  der  einen  Seile  vom 
Deutschen,  auf  der  andern  vom  Russischen  immer  mehr  eingeengt.  Nach  Isidor 
Bkennsohn's  neusten  Angaben  beträgt  die  Zahl  der  IJtauer  im  russischen  Reiche 
1443217  Köpfe,  von  denen  809517  Litvinen  und  623700  Schmuden  oder  Samo- 
gitier  sind.  Sie  wohnen  in  den  Gouvernements  Kowno,  Wiloa,  Suwalki  und  in 
geringer  Zahl  aiKdi  in  Kwland  und  Grodno.  Die  preussischen  L.  sind  jetzt  auf 
die  beiden  Landschaften  Schalauen  und  Nadrauen  in  Ostpreussen  beschränkt 
Vorherrschend  ist  das  litauische  Element  noch  im  nördlichen  Theile  Ostpreussens 
jenseits  der  Memel  und  Srheschuppe.  Man  zählt  dort  im  (ranzen  etwa  1 13000  L., 
in  Nadrauen  aber  1)1üss  um  die  20000.  Sie  sit7,en  dort  seit  unvordenklichen 
Zeiten  als  ein  kriegerisclies  Volk,  das  nocli  im  vier/elmt^n  Jahrlnmdert  heidniscii 
war.  Von  den  i  oien  unterworfen,  wurden  sie  römische  Katholiken.  Allmählich 
verschmelaen  dann  die  L.  mit  den  Polen*  Das  bei  den  Alten  Litvani  und  Litva 
genannte  Volk  nannte  sich  selbst  Letuvi  oder  Lietuvninkas  und  ihr  Land  Letuva. 
Die  Trennung  der  L.  in  Saroogitier  und  eigentliche  L.  ist  keine  scharfe  oder 
strenge;  die  Begriffe  zeigen  verschwommene  Grenzen,  lassen  sich  hödistens 
dialektisch  begrenzen  und  haben  keinerlei  körperliche  Grundlagen.  Nach  Isidor 
Brennsohn's  Untersuchungen  ist  der  !>.  von  mittlerer  Grösse  und  kräftigem,  wohl- 
proportionirtem  Kör]>erban  Korpulenz  kommt  nur  äusserst  selten  vor.  Die  Haut- 
farbe ist  weiss,  bei  den  jungen  Mädchen  nicht  selten  von  auffallender  Keinheit 


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LitMicr. 


»7 


und  Weisse,  der  Haarwuchs  am  Körper  ein  geringer.  Das  Koj)fhaar,  schlicht, 
sehr  selten  leicht  gelockt,  ist  blond  oder  hellbraun,  selten  dunkelbraun,  sehr 
selten  schwarz,  niemals  loth.  üaitsvuchs  massig,  nieist  Schnuribait,  jjelten  Voll- 
bart. Augen  mittelgross,  die  Augenlidspalte  horizontal  gerichtet;  die  Farbe  der 
Aügen  meist  schön  blau,  doch  gar  nicht  selten  braun.  Der  Kopf  ist  von  mittlerer 
Grösse.  Kephalindex  für  beide  Geschlechter  82,62,  was  einen  eigentlichen 
Schideliod»  von  80^62  ergiebt^  also  entschiedene  Hinneigung  zur  firachykephalie. 
Gesicht  oval,  Backenknochen  nicht  vorspringend,  Stirn  mitteUioch,  Nase  gerade, 
doch  mitunter  auch  kurz  und  gestutzt.  Mund  mittelgross;  Zfthne  meist  gut  und 
gerade  gestellt,  bei  den  Weibern  oft  auffallend  klein.  Caries  nicht  selten.  Die 
oberen  Zahne  stehen  oft  \or  den  unferen  vor  und  sind  häufig  um  ^  —  1  Centim. 
nach  vorn  gerückt.  Die  bij)pen  sind  voll,  doch  nicht  gewulstet.  Die  geistigen 
Anlagen  der  L.  sind  gut,  geweckten  Geistes,  begreifen  sie  leicht,  befreunden  sich 
jedoch  selbst  mit  dem  sguten  Neuen«  sehr  langsam.  Eine  gewisse  Einseitigkeit 
ist  ihnen  allerdings  eigen,  fiizlhlen  mögen  sie  gern,  wenn  sie  nur  einen  ge- 
duldigen Zuhörer  finden.  Im  Reden  wissen  rie  die  VorgeseCsten  wie  auch  Andere 
mit  angenehmen  Worten  su  beehren.  Sie  sind  sehr  reUgiös.  Kein  schlechtes 
Wetter,  kein  noch  so  langer  Weg  kann  sie  vom  Besuche  der  Kirche  zurückhalten. 
Aber  mit  der  Wahrheit  im  gewöhnlichen  Leben  im  Handel  und  Wandel  sollen 
sie  es  nicht  so  genau  nehmen.  Betrug,  Diebstahl  und  andere  Laster,  früher  völlig 
unbekannt,  sind  jetzt  an  der  Tagesordnung.  Namentlich  hat  das  Ilster  der 
Tninksucht  mit  seinen  bösen  Folgen  grosse  Verbreitung  gefunden.  Nach  der 
Ernte  wird  oft  alles  verkauft,  um  nur  die  Braimtwemscliüldeu  zu  bezahien.  Fast 
sprichwörtlich  ist  der  L.  Phlegma.  Ist  der  Mann  einige  40—50  Jahre  alt  ge- 
worden, so  ftUt  es  ihm  plötzlich  ein,  Altsitzer  sa  werden  und  das  Auagedinge  zu 
nehmen.  Seinen  Besits  tritt  er  gegen  freie  Wohnung  und  bestimmte  Lieferungen 
von  Getreide,  Kartoffeln,  Holz,  Salz  und  Gewürz  seinem  Sohne  oder  Schwieger* 
soime  ab.  Die  Kleidung  wechselt  in  den  verschiedenen  Gegenden  nach  Schnitt 
und  Farbe,  im  Allgemeinen  wird  sie  je  höher  nach  Norden  desto  dunkler.  Doch 
gewinnt  in  Prcussicli  Litnuen  die  di-ulsche  Tracht  immer  mehr  Boden,  namentlich 
unter  dem  jungen  Volke.  1  )ie  Kleidimg  des  weiblichen  (ieschlccli ts  liebt  kurze, 
r<  tli  und  schwarz  gestreifte  oder  gross  gewürfelte  Röcke,,  die  mit  einer  Unzahl 
von  Falten  versehen  sind.  Eine  enganschliessende  Jacke  bedeckt  bei  Regen  oder 
Fros4  den  Oberkörper  und  wird  von  nlberaen  oder  stSblnnen  Knöpfen  ummaMSA- 
gehatten.  Sonst  vertritt  ihre  Stelle  ein  aerliches  Mieder,  wdches  den  schönsten 
Schmuck  einer  Litauerin,  das  zaite  schneeweisse  Hemd  mit  den  langen,  bauschigen 
Aermeln  recht  hervortreten  lässt.  Den  Kopf  deckt  turbanartig  und  unschön  ein 
grosses  grünes,  rothbuntes  oder  blaues  Tuch,  doch  lassen  die  Mädchen  den 
oberen  Tlicil  des  Ko[)res  frei.  Die  Zöpfe  müssen  sichtbar  sein.  Das  Tragen  von 
Sirnmvjfen  liat  man  von  den  Deutsclien  angenommen.  Sonst  umwickelt  man  die 
Berne  vom  Fussgeleuk  bis  zum  Knie  mit  einem  etwa  handbreitem  Bande  (»Anklis«) 
aus  blauer  oder  brauner  Wolle.  Zur  Fussbekleidung  dienten  früher  fast  aus- 
schliesslich  die  »Parensken«  oder  Bastschuhe,  welche  jeder  Knabe  fertigen  konnte. 
Die  Wohnungen  sind  sehr  verschieden,  viele  noch  heutzutage  schlecht,  ungesund, 
enge,  feucht  und  schroutng.  Man  steht  mitunter  Häuser,  die  den  Deutschen  als 
Schweineställe  zu  schlecht  wären.  Der  Rauch  muss  sehen,  wo  er  hindurdikommt 
Selbst  bessere  Wohnungen  haben  meist  nur  eine  gute  Stube,  die  die  ganze  Hälfte 
des  sehr  kleinen  Hauses  einnimmt,  und  bis  zu  Betten  hat  es  der  Hauswirth  selten 
gebracht;  für  das  Gesinde  sind  solche  noch  viel  seltener  vorbanden;  es  schläft 


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Lidiunoeba  —  Ltthodiiife. 


Stroh  und  bedeckt  sich  mit  seinen  Kleidern.  Die  Säuglinge  liegen  in  einer 
sonderlichen  Wiege  (-l.op/c«)  aus  vier  kur^e^  /,ii>aninicngenagelten  und  mit  Lein- 
wand aiisgcsclilagcnen  Brettchen  und  werden  txcmarhlich  mit  Hilfe  eines  elastii^chen 
Stabes,  der  darum  beiestigt  ist  und  zur  Krde  hcrabreicht,  gewiegt.  Sehr  eigen- 
thttmlkh  dnd  die  Gebräuche  bei  der  Brautwerbung;  Hodizeit,  Kindstaufe  u.  dgl. 
Es  ist  nicht  gegen  die  gute  Sitte,  wenn  ein  Mfidchen  oder  der  Vater  desselben 
um  einen  Schwiegersobn  wirbt  Erhält  er  eine  abscbiJigige  Antwort;  so  ist  dies 
kein  Schimpf;  seine  Bemühungen  werden  bei  anderen  Familien  fot^setzt.  Wittwen 
werben  durch  Freiersminner  ebenso.  T^er  Heirathslustige  I..  sieht  auf  eine  gute 
Mitgift  seiner  Zukünftigen.  Guter  Ruf,  Fleiss  und  Fertigkeit  in  der  Weberei  sind 
mit  die  cmpfehlenswerthsten  Figcnschaften  eines  litatiischen  Mädchens.  In  Krank- 
heitsfällen bedient  der  L.  sich  selten  des  Ar/tes,  denn  er  scheut  die  baaren  Aus- 
laden. Gegen  die  verschiedensten  Uebel  hat  er  eine  Menge  Hausmittel,  die  er 
sich  zu  billigem  Preise  zu  verschaffen  weiss.  »Besprechen  und  Rathen«  sind  beim 
L.  hochgeachtet  Er  glaubt  auch  an  den  »Bösen  Blick«.  Nach  einem  Sterbefalle 
halten  die  L.  bis  zum  Tage  des  Begräbnisses  Todlenwachen  ab,  su  welchen  ssdi 
die  Verwandten  und  Nachbarn  einfinden.  Beim  Begräbiusstnable  bleibt  ein  Plats 
am  Tische  für  den  Todten  frei,  dessen  Seele  nach  dem  Volksglauben  am  Mahle 
theilnimmt.  Die  Särge  werden  oft  mit  den  grellsten  Farben  bemalt,  doch  wer  l^^n 
den  Verstnrhcnen  auf  den  Kirchhöfen  selten  Erinnerungszeichen  gesetzt.     v.  H. 

Lithamoeba,  Kay  Lank.  Araöben-Gattiing  aus  dem  SUsswasser  von  Birmmg- 
ham.    Quart,  lo'trn.  Micr.  Sc.  XIX  (1879).  Pf. 

Litharachnmm  (gr.  arachnion  Spinngewebe).  Polycistine  Radiolarien- 
Gattuug  aus  der  Familie  Cyrtidae.  Pf. 

I«itil^iq»hllS,  s.  Calyptraea.     £.  v.  M. 

Lifhelios,  Radiolanen-Gattung  aus  der  Familie  DyssphaeHdae»  S.  Hbrtwig, 
Organismus  der  Radiolarien.  Fr. 

Lithistidae.  Familie  der  Schwämme  mit  scheinbar  regellosem  Kiesdskelett, 
deren  ursprünglich  einfache  Skelettkörper  secundär  zu  Drei-  und  Vicrstrahlem 

zusammentreten  und  mit  Doppelsternrhen.  ZtTTFr.  tlieilt  sie  in  die  Unterfamilien 
der  Anomocladinen,  Tetrachulinen,  Rhizomorinen  und  Megamorinen.  Für 
Näheres  s.  besonders  O.  Schmidt,  Die  Spongien  des  Meerbusens  von  Mexico, 
I.  Heft.  Jena  1879.  Sollas  (Ann.  N.  H.  (5)  IX,  pag.  164)  fasst  sie  mit  den 
Tetraetinelliden  zu  einer  Gruppe  zusammen  und  theilt  diese  dann  in  Lithistiden, 
Scolopiden,  Corticaten  und  Leptochroten ;  die  drei  letzten  fasst  er  im  Gegensatz 
zu  den  Lithistiden  unter  dem  Namen  der  Choristiden  zusammen.  Pf. 

Lithobius,  Lbach  (gr.  Stein  und  leben),  s.  Myriopoda.    E.  Tg. 

Littiocampe  (gr.  ikampe  Raupe).  Polyciiitine  Radiolarien^Gattung  aus  der 
Familie  Cyrtidat.  Pf. 

Lithocircus,  J.  MOll.  Acanthometride  mit  einfachem  Kieselring  als 
Skelett  Pf. 

LithocoUetis,  Haw.  (gr.  Stein  und  I.eimer),  artenreiche  Gattuni:,  ausser- 
ordentlich zierlicher,  kleiner  Mottchen  mit  silberweisser  oder  goldgelber  Grund- 
farbe ihrer  Vorderfliigel ,  deren  Kopf  mit  einem  Haarschopfe,  stark  zurück- 
gebogenen Tastern  mit  unschdnbaren  Nebentastem  und  Fflhlem  versehen  ist^ 
welche  die  KörperUlnge  nicht  erreichen.  Die  Raupen  miniren  in  BUttem.  E.  To. 

Litfio^clia«  Polyqrstine  Radiolarien'Gattung  aus  der  Familie  Pp. 

LittlO^toa,  Krebsfamilie  aus  der  Ordnung  der  Decapoden.  Dieselben 
tulden  den  Uebeigang  zwischen  den  Krabben  und  LangschwJEnzen.  Cepbalo- 


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199 


thorax  in  einen  Stirnschnabcl  auslaufend,  Postabdomen  kurz,  dreieckig,  nur  auf 
der  RucKcuNeite  harthclialig.  Kiemen  zu  elf  Paaren  vorbanden.  Fünftes  Bein- 
paar rudimentär.  GuLiungcu:  Lilhodes,  Latr.,  in  nördlichen  Meeren,  Lopholi- 
thades,  Brandt,  L&wus^  M.  Edw.  Rchw. 

Litfaodomus  (gr.  Stein-Haus),  Ossia.%  1817,  Muschel  aus  der  Familie  der 
Mytilaceen,  von  Madwia  (s.  d.)  nur  durch  die  langgestreckte,  qrlindrische  Gestalt 
verschieden,  aber  dadurch  auzgezeichnet,  dass  sie  sich  in  Steine  einbohrt  Wie 
Photos  und  andere  bohrende  Muscheln  zeigt  sie  auch  in  ihrem  vorderen  Theil 
gewissermaassen  eine  feilenartige  BescbafTenheit  der  Schalenobcrnäclie,  indem 
dicht  gedränfjte,  senkrecht  herablanfende  Lei;>tcn  die  Anwaclislinien  kreuzen; 
die  Schalenhaut  (Cuticula,  sogen.  Kpidermis.)  ist  gut  ausgeprägt,  meist  braun  oder 
schwärzlicli,  vorn  und  an  den  Wirbeln  oft  mehr  oder  weniger  mechanisch  abge- 
rieben, im  hinleren  Theil  dagegen  nicht  selten  mit  einer  unorganischen  Masse 
Überzogen,  wabiscbeintich  angeklebten  Bohtsf^en,  bei  einigen  Arten  ein  zieni' 
lieh  regelmässiges  Gitter*  oder  Netawerk  darstdlend,  z.  B.  bei  Z.  piuatar,  au- 
weilen  mit  spatelfönnigem  Anhang,  der  Uber  den  eigisntlichen  Schalenrand  hinaus- 
ragt und  sich  mit  dem  der  andern  Seite  kreuzt,  also  unsymmetrisch  ist  (L.  cau^- 
Jigira,  Sowerby).  Uebxigens  scbliessen  bei  Lilhodomus  die  beiden  Schalen 
überall  dicht  zusammen,  was  bei  anderen  bohrenden  Muscheln,  /..  B.  P/iolas,  nicht 
der  Fall  ist.  L.  iithophaga,  LiKXfi  (als  Mytiius)  oder  dactylus,  S()\vkrh\-,  im  Mittel- 
meer, 5 — 7  Cenüin.  lang,  braungelb,  im  hinteren  Drittel  am  bucl.sten,  Hinterende 
abgerundet,  als  Speise  gcathäUt,  wegen  ihrer  Gesuit  bei  den  Allen  aU  daktylos 
(Finger)  bezeichnet,  wenn  auch  unter  diesem  Namen  wie  unter  dem  entsprechen- 
den  heutigen  italienischen  da^0  oder  daUer»  di  mar  wegen  gleicher  Lebens* 
weise  /Ü^/m  mitbegriffen  wiid;  die  Vergleichung  mit  einer  Dattel  ist  wohl  se- 
cundär,  passt  aber  namendich  auch  betreffs  der  Farbe.  Es  ist  diese  Ar^  deren 
Schalen  sich  in  den  Säulen  des  Serapis-Tempels  bei  Fozzuoli  4—7  Meter  hoch 
über  dem  gegenwärtigen  Meeresspiegel  finden,  s'hnn  von  Bohadsch  1761  be- 
schrieben und  gegenwärtig  in  jedem  Lehrbuch  der  Geologie  als  Beleg  für  lang- 
same säkulare  Hebung  des  Bodens  angeführt.  Andere,  oft  unter  sich  sehr  äiin- 
liche  Arten  in  den  tropischen  Meeren.      E.  v.  M. 

Lithofeilinsäure,  eine  eigenthUmliche,  der  Cholalsaure  nahesieiicnde  krystal- 
lisirende,  organische  Säure,  welche  die  orientalischen  Bezoare,  speziell  die  hell- 
olivengrünen,  wachsartig  glänzenden,  ovoiden  Darmconcremente  der  Q^a  aega- 
grus  und  Antilope  Donas  bilden.  Sie  ist  eine  in  Alkohol  leicht  lösliche  und  aus 
diesen  Lösungen  leicht  auskrystallisirende  Subsunz,  welche  aus  der  Galle  der 
genannten  Thiere  stammt.  S. 

Lithoglyphus  (gr.  Steinschneider),  Mühlfeij)  182  i,  Gattung  von  Süsswasser- 
schnecken,  nächstverwandt  mit  Palud'tna  und  Hydrobia,  Schale  kugelig  mit  kurzem, 
wenig  vorstehendem  Gewinde  und  stark  verdicktem  Innenrand  der  Mündung, 
dadurch  etwas  ähnlich  einer  Neritina  und  (lement.si)rechcnd  wie  diese  an  Steinen 
in  fliessendeni  Wasser  festsitzend.  L.  naticoides,  1'  LRUSsac,  und  juacus,  Zi£OLkR, 
erbseng ross,  in  der  unteren  Donau,  aufwärts  bis  Regensburg  und  deren  Zuflflasen; 
erstere  auch  im  Dniestr  und  Dniepr,  und  eigenthümlicher  Weise  1870  bei  Rotter- 
dam in  Holland  von  Schepman,  1883  ziemlich  gleichseitig  bei  Kttstrin,  Berlin 
und  Danzig  von  Heimr.  und  Osw.  Schui^e  und  £.  Schuiiann  in  grösserer  Anzahl 
lebend  aufgefunden,  während  er  früher  in  Nord-Deutschland  und  Holland  nie 
beobachtet  worden.  Kr  scheint  dalicr  auf  einer  Kinwandenmg  von  Südosten  nach 
Nordwesten  begriöen,  ähnlich  wie  Dreisscna polymorphat  aber  etwas  später.  £.  v.  M. 

ZooU,  An^iropoL  u.  Ethnolof  ie.   Bd.  V.  o 


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I30 


Lifhogromiidae  —  LithophylliaoMe. 


Lithogromiidae ,  Häckel  1883.  Radiolarien-FamiHe  (Ordn.  Phaeodaria). 
Gehäuse  cinkannmerig,  dipleur,  mit  solider,  porzellanaitiger  Wand  von  krystalli» 
nischer  Struktur.  Pf. 

Litholophus  (gr.  lophos  Busch).  Polycistine  Radiolaiicn-üattung  aus  der 
Familie  Acanthometridae,  Pp. 

LiChomys,  H.  v.  Mevbr,  miocene  Nagergattung  aus  der  FamiKe  Sehtrma, 
(Gerv.)  Baird.     V.  Ms. 

Llthophag  (gr.  Steinfresser)  im  Allgemeinen  Beseicbnung  für  Muscheln,  die 
sich  in  Stdn  einbohren,  insofern  wenig  passend,  als  der  Stein  ihnen  nidit  tat 
Nahrung,  sondern  nur  als  Wohnung  dient,  und  insbesondere  i.  bei  Lamarck 
1818  Bezeichnung  einer  FaniiHe  von  Muscheln,  die  nieist  in  Steinlöchern  gefunden 
werden,  die  Gattungen  Sij.xicava,  Petricola  und  Vcncrupii  umfassend,  lüer  um  so 
weniger  passend,  als  die  meisten  dici»er  (iattungen  nicht  selbst  Hohlräume  bohren, 
sondern  nur  in  schon  vorhandenen  sich  ansiedeln,  daher  auch  je  nach  der  ver- 
schiedenen Ausdehnung  derselben  der  äussere  Umriss  derselben  Art  bei  den  ein- 
zelnen Individuen  sehr  verschieden  ist  —  2.  Lithophagus  oder  Lük^pAaga  MOhl- 
PELD  x8xi,  als  Gattungsname  a  ZftAb^^ftf,  s.  d.     E.  v.  M. 

LithophyUiaceae,  M.  Eim^'.  und  Haimk,  Steinkorallen  mit  gezähnten  Septen 
(Asirähute  s.  Astraeidae)  entweder  mit  Kinzelpolyparen:  i.  L.  simplices,  oder  mit 
zusammengesetztem  Polypar,  dann  aber  (im  Gegensatz  zu  den  Asträaceen)  immer 
Theilungsfor men  mit  dem  Kennzeichen  des  wenigstens  theilweisen  Zu sammen- 
fliessens  der  Kelche  und  der  Reihenbildung.     Wenn  die  Einzelpolypare  sofort 
nach  der  Bildung  auseinandertreten  und  nur  am  Grunde  vereinigt  bleiben  mit 
vorherrschender  Höhenentwicklung,  so  dass  die  obersten  Theile  (Kelche)  der  Indi* 
viduen  mehr  oder  weniger  getrennt  bleiben,  so  entsteht  die  Rasenform.  2.  LUhopk. 
cespU»tae  s.  rmi»sae,  unterschieden  von  den  durch  Knospung  entstandenen  Rasen, 
formen  durdi  meist  ungleichen,  unregelmässigen  Querschnitt  der  einseinen  Po* 
lypare  zumal  an  ihrer  Ursprungsstelle,  sowie  durch  eine  Tendenz  zur  Reihen- 
bildung.   Hierher  z.  B.  die  Gattung  Mussa.    Bleiben  ferner  die  Einzelpolyparien 
in  ihrer  ganzen  Höhe  vereinigt,  Reihen  bildend,  aber  mit  üeitlich  frei  bleiben- 
der Mauer,  ^segregat«  nach  Dana,  so  dass  das  ganze  Polypar  die  Form  eines 
platten,  mehr  oder  weniger  gewundenen  Kelches  hat,  so  erhält  man  die  Fächer- 
oder  i.amcliarfürni.      3.  L'Uhoph.  aggregatae   (oder   besser   stgregalatj.  Bei 
ihnen  sind  die  Kelche  entweder  erkennbar  nmsehiieben,  die  Kdchcmtren  also 
deutlich  wie  bei  TrachypJyltiOt  oder  nicht  umschrieben,  wie  bei  RM^dogyra^ 
Endlich  können  noch  mehrere  solcher  durch  TheÜung  entstandener  Kelchreihen 
seitlich  mit  ihrer  Mauer  verschmelzen,  »aggregatc  nach  Dana  sein,  und  man 
erhält  eine  reihenständige  Massenform,  die  mäandrische  oder  labyrinthische 
Form.    4.  Lithophylliaceae  mäandroidixe,  sogen.  Hirn-  oder  Labyrinthkorallen  mit 
den  Hauptgatiungen  Ltptoria,  Cöloria,  Hydnoph&ra,  Diploria  u.  s.  w.    Die  anein- 
ander stossenden,  je  eine  gewundene  Leiste  oder  einen  Grat  bildenden  Mauern 
beissen  hier  Hügel,  und  die  tieferen,  inneren  Theile  der  verschmolzenen  Indi- 
viduen oder  Kelche  einer  Reihe  werden  Thäler  (fossa)  genannt.    Auch  hier 
können  die  Kelchcentren  bald  deutlich,  bald  undeutlich  sein.   Da  die  genannten 
4  Gruppen  aber  oft  schwer  auseinanderzuhalten  sind,  so  empfiehlt  sich  nach 
Vkrrill  und  Kluiizingbr  mehr  die  Eintheilung  der  Lithophylliaceen  in  soldhe  mit 
starken  Septalzähnen  ohne  Paluslappen:  L^iopkfUiniu,  und  in  solche  mit  kleinen 
Septalzähnen,  mit  palusartigem  Vorsprung  unten,  welchen  je  ein  grösserer  Ten- 
takel entspricht:  Mäandrmmae,  deren  Formen  wieder  Einzelpoljpar^  se-  und 


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Lithoaia  —  Uttorint. 


aggregirte,  oder  rasenartige  sein  können.  Wie  die  Asträiden  überhaupt,  so  sind 
auch  die  I  ithophylliaceen  riffbildend;  besonders  die  durch  meist  grünes  Fleisch 
auffallenden  Hirnkorallen  bilden  oft  mächtige  Blöcke  und  sind  sehr  verbreitet 
in  den  tropischen  Meeren  der  Jetztzeit  und  fossil  vom  Jura  an.  Klz. 

Lithosia,  Fab.  (gr.  Stein),  Hauptgattung  der  Spinnersippe  Lithosina,  ausge- 
zeichnet durch  schmale  Vorderflttgel  mit  gerundeter  Spitze  und  wunselwirts  nicht 
gegabelter  Innenrandsrippei  sehr  breiten,  in  der  Ruhe  längsgefalteten  Ifinteiflilgeln 
mit  3  Innenrandsrippen,  aus  der  vorderen  Mittelrippe  entspringender  Rippe  8  und 
gestielter  Rippe  6  und  7,  wenn  letztere  nicht  ganz  fehlt;  keine  Nebenaugen 
und  kurze  Taster,  welche  den  Kopf  nicht  Uberragen.  Hierher  Gattungen,  wie 
Setina  Schr.,  Gnophr'ia  Steph.,  Nola,  I.CTr.,  R'öscUa,  Hu.  Lithosia  enthält  vor- 
herrschend gelbe  Arten,  die  im  Vorderflügel  ro  oder  11  Rippen  haben,  deren 
vorletzte  sich  mit  der  Vorderrandsrippc  verbindet,  und  wo  Rippe  3  und  4  aller 
Flügel  gestielt  sind.  Die  meist  bunten,  auf  Warzen  behaarten  Raupen  ernähren 
sich  vorherrschend  von  Flechten.     E.  Tg. 

LitiiOBpongiae,  Steinschwämme.  Bei  Claus  (Gnmdztige  1880,  pag.  219) 
die  4.  Unterordnung  der  JHbrfisp^ngiaet  umfassend  die  Familten  G^dUdat,  Anco- 
rmidae,  Li^isädai,  folgendermaassen  chatakterisirt:  Kieselschwämme  von  derber, 
fester  Consutenz  mit  vierstrahligen,  sehr  verschieden  gestalteten  Kieselgebüden 
(TetractineUiden).  Bald  sind  es  wurmiörmige  Kieselkürper,  welche  Platten  und 
Scheiben  zusammensetzen,  bnld  kuglige,  ankerförmipfe  und  vierstrahlige  Hartge- 
bilde, welche  sich  auch  zu  Netzen  verbinden  und  ein  festes  Skclct  herstellen.  Pf. 

Lithursäure,  eine  in  ihren  näheren  Beziehungen  unbekannte  Säure,  welche 
in  ihrer,  seidenglänzende  Krystailnadeln,  die  in  Wasser  lösHch,  in  Alkohol  und 
Aether  unlöslich  sind,  darstellenden  Magnesium -Verbindung  von  Roster  in 
weichen  Harnsteinen  mit  Mais  gefütterter  Ochsen  gefunden  wurde.  & 

Litiopa  (Etymologie  zweifelhaft,  vielleicht  Schreibfehler  f&r  lAriope,  Name 
eine  Nereide)  1  Rang  x8z9,  pela^sche  Meeischnecke,  an  schwimmendem  Tang 
lebend  und  mittelst  eines  Schleimfadens  sich  anl.eftend,  im  Sargassogebiet  des  atlan- 
tischen Oceans;  nächst /erwandt  mit  Fianaxis,  aber  nur  6  Millim.  lang,  länghch- 
konisch,  spiralgestreifl,  braun,  Mfirnlung  einfach  mit  schwachem  Ausschnitt.  E.V.M. 

Litorina,  s.  l.ittorina.      K.  v.  M. 

Litosoma,  van  Bknkdkn  (^r.  Dünnleib),  Gattung  der  Nematoden.  £ine  Art 
parasitisch  im  Magen  von  Fledermäusen.  Wo. 

Litsdiy-Litsdiy.  Horde  der  Australier  (s.  d.)  am  Murray-River.    v.  H. 

Litile*Bart>et,  englische  Bezeichnung  des  kleinen  Pudels.  R. 

Littofina,  (von  lat.  ünMri  Strand),  FkRussAC  i8zi,  bei  Lamarck  noch  unter 
7kr^  mit  einbegriffen,  Meerschneckengattung,  zu  den  Ac/miirattfJUa  Uunioghssa 
gehörig  und  dadurch  ausgezeichnet,  dass  sie  meist  an  Felsen  unmittelbar  Uber 
dem  Meeresspiegel  sich  aufhält  und  nur  von  dem  Aufspritzen  der  Wellen  feucht 
erhalten  wird,  übrigens  mit  ausgebildeter  Kieme,  Schale  kugelig  oder  konisch, 
meist  sehr  dick,  Gewinde  mehr  oder  weniger  vorstehend,  Mündung  rundlich, 
nach  oben  zu  oft  zugespitzt,  der  innere  und  untere  Rand  derselben  breit  und 
flach,  oft  besonders  gefärbt.  Die  Verbreiterung  des  Innern  Mündungsrandes  ist 
dieser  Gattung  mit  Arpura  gemein,  die  smist  sehr  verschieden  is^  und  bei  bei- 
den dient  sie  dazu,  die  Mflndung  dicht  an  Felsen  und  Steine  anzuschmiegen. 
Deckel  hornig,  dttnn,  mit  Windungen.  Zutige  (Reibplatte)  sehr  lang,  die 
einzelnen  Zähne  mit  mehreren  abgerundeten  Spitzen.  In  zahlreichen  Arten  durdi 
alle  Meere  verbreitet.  In  der  Nordsee,  z.  B.  bei  Helgoland,  und  ebenso  im  west- 

9* 


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littorindlft  —  Uno. 


liebsten  Theil  der  Ostsee  bei  Kiel  sind  drei  Arten  häufig:  i.  Z.  Uttorea,  ^.xmt, 
von  der  Grösse  einer  Kirsche,  grünlich  grau  oder  braun,  nach  oben  scharf  zuge- 
spitzt, alle  Umgänge  in  einer  Flucht,  ohne  vertiefte  Nikte;  sie  findet  sich  meist 
in  der  Nähe  der  oberen  Flu^ren^  und  wird  in  Holland,  England  und  Nord* 
frankreich,  wo  sie  unter  dem  Namen  aäkrusJkf  fierminkk  und  vign^  o&et  gttignettf 
bekannt  ist,  gerne  gegessen,  s.  L.  rudis^  Montagu,  nur  halb  so  grosse  heller  gelb> 
braun,  die  einzelnen  Umgänge  gewölbt  und  durch  tief  eingeschnittene  Nähte  ge- 
trennt; lebt  noch  höher,  öfters  in  Felsspalten  über  der  Flutgrenze.  3.  L.  obtu- 
sata,  LiNNfi,  von  der  Grösse  eines  Kirschkerns,  oben  ganz  stumpf,  die  einzelnen 
Umgänge  kaum  oder  gar  nicht  über  den  letzten  vorragend,  daher  die  Schalen- 
form an  NcrUina  erinnert,  rothbraun,  meist  einfarbig,  aber  auch  nicht  seilen  mit 
zahlreichen  hellen  Fleckchen  wie  gesternt  oder  mit  drei  breiten  dunklem  Spiral* 
bändem;  lebt  tiefer,  nahe  derEbb^enze,  öfkers  auf  Laminarien.  ImMitldmeer, 
wo  die  Flut  nur  sehr  gering  ist,  findet  sich  an  den  meisten  Küsten  nur  eine  sehr 
kleine  Art,  L.  ntr^deSf  Linne  (eaeruUseem,  Lamarck),  weisslich  mit  breitem 
blaugrauem  Spiralband,  oben  sugespitst;  an  der  syrischen  und  nordafiikanischen 
Küste  noch  zwei  andere  seltene  Arten,  syricua  und  punctata.  Unter  den  zahl- 
reichen Arten  der  tropischen  Meere  verdienen  beson^lere  Erwähnung:  L.  murieata, 
LiNNÄ,  Reisbrei-Schnecke  der  iiheren  Conchyliologcn,  bläulich  weiss  mit  zahl- 
reichen rundlichen,  warzenartigen  Erhebungen,  häufig  in  West-Indien.  L.  pagodus^ 
LiiiN^;,  die  grösste  Art,  2  —3^  cm,  braungrau  mit  mehreren  Reihen  grösserer  und 
kleinerer  Zacken,  in  Ost-Indten,  an  den  von  den  Wellen  ausgenagten  gleichfar- 
bigen Felsen,  wie  überhaupt  Farbe  und  Skulptur  der  Littorinen  wahrscheinlich 
sehr  oft  gewissen  Felsarten  angepasst  isL  Endlich  Z.  uaira,  \jax»t,  in  Ost-Indien 
und  Z.  anguUfera,  Lauarck,  in  West-Indien,  beide  an  FlussmUndungen  auf  den 
Stämmen,  selbst  Zweigen  und  Blättern  der  Mangle-Sträucher  tlber  Wasser  lebend, 
dünnschalig,  blass  mit  zahlreichen  dunkeln  Flecken,  spiralgefurcht  und  mit  einer 
Spiralkante  im  unteren  Drittel.  Monographie  von  Rkeve  1857,  107  lebende 
Arten.  Fossil  vom  Lias  an,  aber  bei  den  fossilen  ist  die  Gattung  schwer  gegen 
andere  abi^ugrenzen.     £.  v.  M. 

Littorinella  (Piminutiv  von  Littorino),  Alex.  BaAtm  1843,  gleichbedeutend 
mit  Hydr^ht  Hartiiann,  xunSchst  fttr  die  tertiären  Arten  aus  dem  li^nser 
Becken  gebräuchlich.  Daher  auch  die  Schichte,  in  der  sie  vorkommt  Littoii- 
nellenschichte  oder  Littorinellenkalk  genannt  wird.    E.  v.  M. 

Lituites  (von  lat.  lituus,  Krummstab),  Breynius  1732,  Schröter  1780,  fossile 
Cephalopodenschalen ,  anfangs  anschliessend  spiralgewunden,  dann  in  gerader 
Richtung  weiterwachsend,  durch  einfache  Schf^i'^icwände  näher  mit  Nautilus  als 
mit  den  Ammoniten  verwandt,  nur  palaeozoisch ,  L.  lituus,  Montfort,  anterai- 
lurisch,  nicht  selten  in  Geschieben  der  norddeutschen  Ebene.     E.  v.  M. 

LituoUdae.  Impcrforate  Foraminiferen,  deren  Gehäuse  durch  Verkitiung 
fremder  Partikelchen  vermittelst  eines  organischen  Kittes  gebildet  weiden,  Fp. 

Ljudier»  Stamm  der  Finnen  (s.  d.),  nördlich  von  den  Jatwjesem.    v.  R 

Liiirua»  Qi9j^  ^  Hemtdttitybtt^  Cuv.  Pf. 

Liven,  ein  zu  den  baltischen  Fiimcn  (s.  d.)  gehörendes  Volk,  von  welchem 
Livland  den  Namen  hat,  ein  allmählich  aussterbender  Stamm,  dessen  grösserer 
Theil  auch  bereits  seine  Sprache  tjegen  die  lettische  vertauscht  hat,  so  dass  die 
T,.  gegenwärtig,  etwa  2000  Köpfe  btark,  nur  einen  schmalen  Küstensaum  an  der 
Nordspitze  von  Kurland  in  einer  Reihe  von  Dürfern  von  Lyserort  bis  an  den 
Meerbusen  von  Riga  in  einer  Ausdehnung  von  etwa  70  Kiloxn.  bewohnen.  Die&e 


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Lim  —  LivIlDditehe  Pfeide. 


«33 


baben  ihre  Sprache  noch  ziemlich  rein  erhalten,  sprechen  sie  aber  nur  in  der 
Familie;  bis  zum  achten  oder  neunten  Jahre  spricht  das  Kind  nur  h'visrh,  dann 
erst  lernt  es  lettisch,  die  offizielle  Schul-  und  K-uciiensiirache.  Den  Esthcn  (s.  d.) 
nahe  verwandt,  sind  sie  kühne  Seeleute,  ein  thatkräftiges  Volk,  dabei  heftig,  höchst 
widerspenstig.  Trunksucht  und  Diebstahl  sind  häufig,  Ehebruch  selten.  Auch 
die  Weiber  und  mulhtg  auf  der  See.  Sie  haben  kräftige  Gesundheit,  obwohl 
verwittertes  Aassehen.  Durchschnittlicher  Wuchs:  1,658  Meter.  Der  L.  ist  von 
hohem»  schlankem,  krKftigem  Wuchs,  die  meisten  von  athletisdier  Muskulatur.  . 
Verkümmerte  Individuen  sind  selten,  korpulente  sieht  man  niemals.  Das  Kopf- 
haar ist  gewöhnlich  braun  oder  dunkelbraun  oder  in  einzelnen  Fällen  schwarz; 
blonde  Haare  sind  ausser  an  Kindern  höchst  selten  tu  beobacliten.  Gewöhnlich 
tragen  sie  das  Kopfhaar  schlicht  zur  Seite  herabgekämmt,  doch  ist  lockiger  Haar- 
^vuchs  nicht  selten.  Der  Bart  ist  meist  der  SchiflTerbart,  braun  oder  dunkelbraun. 
Ausserdem  ist  am  übrigen  Körper  der  liaanvuchs  verhältnissmässig  stark,  be- 
sonders an  den  Extremitäten,  weniger  an  Brust  und  Bauch.  Die  Farbe  der  Augen 
ist  Cut  nie  blau,  meist  grau,  graubraun  oder  braun.  Kopf  mässig  lang  und  xiem- 
lich  breit;  Kopfindex  79,9.  Gesicht  lang  und  schmal  ohne  stark  vorstehende 
Backenknochen.  Stirn  hoch,  der  Arais  supraarMkißs  stark  vorspringend.  Die 
Nase  ist  von  mittlerer  lünge  und  nicht  ^itz,  meist  gerade  mit  ein  wenig  vor- 
tretender Spitze.  Mund  mittelgross,  Uppen  schmal.  Die  Richtung  der  Zähne 
ist  meist  senkrecht.  Nach  Ferdinand  VVAi  i>!f\uER  steht  der  L.  seiner  Körpcr- 
bildung  nach  zwischen  den  Esthen  und  den  Finnen,  und  zwar  schliesst  er  sich 
dem  Karelier  näher  an  als  dem  Fsthen,  was  auch  mit  den  Resultaten  der  Sprach- 
forschung übereinstimmt.  Nach  VViedemann  nimmt  die  livische  Sprache  ihre 
Stellung  zwischen  esthnisch  und  korelisch  ein,  nach  KosRWEir  ab^  steht  das 
Livische  unter  allen  finnischen  Dialekten  dem  koreüsehen  am  nächsten.  Die  L. 
leben  in  Dörfern  zusammen  und  unterscheiden  sich  dadurch  von  ihren  nächsten 
Nachbarn,  den  Letten  (s.  d.).  Sie  bewohnen  einen  Küstenstrich  von  ungefähr 
I  Kilom.  Breite;  er  erstreckt  sich  vom  Dorfe  Mellesille,  12  Kilom.  von  der  Spitze 
von  Domesnäs  am  rigischen  Meerbusen  bis  to  Kilom.  vor  der  Spitze  Lyserort 
an  der  Ostsee,  und  zwar  bewohnen  sie  selbst  zwölf  Dörfer.  Die  Fischerei  ist 
der  Haupterwerb  der  E.,  ausserdem  sind  ihrer  viele  Seeleute  und  Besitzer  von 
Hukböten,  mit  denen  sie  nach  Schweden,  Finnland,  Petersburg,  Riga  und  Preussen 
hin  handeln;  doch  ist  der  Wohlstand,  einige  reiche  Bootsbesitzer  ausgenommen, 
siemlich  gering.  Der  L.  ist  in  seinem  Auftreten  bedeutend  selbstbewusster  und 
entschieden  freier  als  der  Lette.  Ackerbau  ist  ihm  nur  Nebenbeschäftigung  und 
auch  die  Viehsucht  nur  sehr  wenig  ausgebildet  Die  Häuser,  deren  jedes  mehrere 
Familien  bewohnen,  sind  lang  gestreckt,  die  Wohnzimmer  recht  geräumig  und 
hell.  In  der  Sprache  der  L.  existirt  das  Wort  L.  nicht;  sie  nennen  sich  Uvisch 
Randalist  (Strandbewohner)  oder  Kalamied  (Fischer),  v.  H. 
Livia,  T  A  IR.,  s.  Fsylloden.     E.  Tg. 

Livia,   Gray,    Subgenus  der    Fledermausgattung    Megadermat  Geoffr. 

(s.  d.j.     v.  Ms. 

Lirliader,  Benennung  für  die  heutigen  Bewohner  Livlands,  die  in  ihrem 
Grundstocke  auf  dem  platten  Lande  aus  Esthen  (s.  d.)  und  Ivetten  (s.  d.),  sonst 
nur  zu  einem  Zehntel  aber  aus  Deutschen  bestehen,  welche  letsteren  den  Adel  und 
den  grössten  Theil  der  Städtebewohner  bilden.  Sie  sind  es  Tonaglich,  auf  welche 
die  Bezeichnung  T    nngewendet  wird.     v.  H. 

LivUndische  Pfierdc.   Der  alte  Kleppeischlag  der  livländischen  Bauern 


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134 


Livorncser  Huhn  LoboccphsliclBe. 


besitzt  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  Pferden  Esthlands  und  unterscheidet  sich  von 
diesen  bauptsädilich  nur  durch  seine  geringere  Grdsae  und  den  feineren  Knochen- 
bau. In  Absicht  auf  Verbesserung  dieses  Schlages  wurde  im  Jahre  1855  zu 
Torgel  von  der  livländtBchen  Ritterschaft  ein  Gestüt  eingerichtet  und  mit  60  Stuten 
des  Klepperschlages,  sowie  mit  Klepper»  und  arabischen  Hengsten  besetst  Im 
Jahre  i86s  kam  Ardennerblut  hinzu.  Von  den  Produkten  befriedigten  nament- 
lieh  die  aus  Kreuzung  von  Araber-Hengsten  mit  Aidcnner-  und  finnischen  Stuten 
hersorgegnngenen.  Durch  Abgabe  geeipnetcn  /uchtmaterials  seitens  des  Gestüts 
an  die  Bauern  wurden  bessere  Formen  auch  im  Lande  erzielt.  R. 
Livoraeser  Huhn  =  Leghorn  (s.  d.).  R. 

Lixus,  Fab.,  Stengelbohrer,  eine  ungemein  schlanke,  einen  gelben  Staub- 
flbenug  ausschwitsende  Rttsselkftfergattung,  die  bohrend  in  Pflantensteng^n  lebt» 
wie  der  L.  parapluiUuSt  Fab.,  dessen  Flügeldecken  in  je  ein  auswüitsgebogencs 
Schwansspitzchen  ausläuft,  im  PheikmMm  aquaikum.    E.  Tg. 

Liyue.    Horde  der  Gnaycuru  (s.  d.)  in  Unter-Kalifornien.      v.  H. 

Lizustda  (besser:  »tnae),  H.,  Unterfamilie  der  Fam.  MargeUdae,  Ordnung 
Anih'^rnftiusae.  Pf. 

Lizzia,  Gattung  der  Medusen  Unterfamilie  Lizusidae,  H.  Pf. 

Lianeros  d.  h.  Prairie-Apatsrhen  (s.  d  ),  nomadisiren  in  Texas  zwischen  dem 
Rio  Pecos  und  Rio  Grande  sowie  östlich  von  den  Mcscaleros.      v.  H. 

Llipis-IndiaiMr  auch  Olipes  oder  Atacamefios,  Bewohner  der  Atacama- 
Wüste  in  Bolivia  und  Chile,     v.  H. 

tiOangooeffer.  In  Loango,  sur  Familie  der  Bantu  gehörig.  S.Bafiote.    v.  H. 

Loano»  Bantuvolk  im  Westen  des  Bangweolosees.    v.  H. 

Loawunn=  Filaria  Loa,  GuvdT   s  d.).  Wd. 

Lobares,  Bantuvolk  Süd-Afrikas,  Nachbarn  der  Luchazes  (s.  d.).     v.  H. 
Lobemba,  Bantuvolk  des  Tschambesitbales  beim  Moerosee.     v.  H. 

Loben,  s    Aninionitcs.      K.  v.  M. 

Lobetani,  tvieines  Volk  des  Alterthums,  im  südwestlichen  Theile  von  Ära* 
gonien.     v.  H. 

Lobi  cerebri,  s.  Nervensystementwicklung  bei  Gehim.  Gsbch. 

Lobiger  (lat  LappentrMger)  und  Lop/iaterau  (gr.  LappenschwanaX  beide  von 
Krohii  1847,  letsterer  wahrscheinlich  identisch  mit  Icarus  Forbes  185t,  zwei 
eigenüifimliche  Meerschnecken  des  Mittelmeeres,  aus  der  Verwandtschaft  der 
Aplysien,  aber  mit  äusserer,  dünner  Schale,  welche  ein  wenig  eingerollt  ist,  eine 
deutliche  Sclialenhaut  zeigt  unH  tiur  einen  Theil  des  Thieres  bedeckt;  Fühler 
tutenartig  eingeruUt.  I.ophocercus  warzig,  mit  nach  dem  Rücken  umgelegten 
Seitenrändern  und  langem  spitzem  Hiiuerende,  Lobiger  mit  zwei  Paaren  seitlicher 
flossenarliger  Anhänge.    Beide  bei  Messma  beoi)achtet.      E.  v.  M. 

Lobüabnim,  Blainville  (lat  =  gelappte  Lippe).  Gattung  der  Nemertida 
Fam.  Lobaetpkaädae,  Die  beiden  Kopflappen  nochmals  gelappt.  Leben  im 
Meer.  Wd. 

Lobipes.  Cuv.,  s.  Phalaropus.  Rchw. 

Lobivanellus,  Strickl.  (gr.  Mos  Lappen,  lat  vanellus  Kibitz),  Untergattung 
von  Vanellus,  L.,  Arten  umfassend,  welche  sehr  kurze  Hinterzehc,  nackte  Haut- 
lappen an  der  Schnabclbasis  oder  am  Auge  und  einen  Sporn  am  FlÜgelbug 
haben.    Lappenkibitz,  L.  lobatus,  Lath.,  m  Australien.  Rchw. 

Lobocephalidae,  Schmard.  (gr.  =  Lappenkopf).  Fam.  der  Wurmordnung 
Nemertidat.   Zwei  Kopflappen,  die  mitunter  sich  nochmals  theilen.  Wd. 


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Lobodon  —  LocomottMWOfgane. 


»55 


Lobodon,  Gray,  Untergattung  des  Pinnipediergenus  SUnor^nchuSt  F.  Cuv. 
(s.  d.)     V.  Ms. 

Lobophora  (Claus),  Unterordnung  der  Akalephen,  ein  Synonym  von  Cubo- 
mtdusaey  H.,  s.  auch  Marsupialtda.  Pr. 
Lobophora,  s.  ScuteUa.    E.  v.  M. 

Lobosa  (Cattaneo  1879),  Ordnung  der  Rhisopoden,  welche  weiter  in  die 
Unterordnungen  der  &fnawüib9$ß  (Am»eha  etc.)  und  Tec^Masa  fAntüa  etc.)  zer- 

föllL  Pf. 

Lobostoma,  GuNDi  Ar^f,      C/ii/o/tyrUris,  GRAY  (s.  d.).     V.  Ms. 
Lochwühle  =  Siphonops  (s.  d.).  Ks. 
Lockenhuhn  =  Stnip})huhn  (s.  d.).  R. 
Lockentaube  =  Strupptaube  (s.  d.).  K. 
Lodcruf,  8.  Sprache  der  Thiere.  J. 

Loeomotiomorgane.  Kaum  bietet  eine  andere  Organgnippe  im  Thierreich 
eine  gleiche  Summe  von  MannigTaltigkeit  und  Abwechselung  dar  als  die  Loco- 
motionsoigane.  Aber  auch  keine  anderen  Oigane  sind  derart  dem  Wechsel  der 
auf  ihre  Gestaltung  wirkenden  Factoren  unterworfen.     Nicht  allein  die  Aussen- 

welr,  wobei  vor  allem  das  Medium  in  Betracht  kommt,  in  dem  das  Thier  sirh 
a  itluilt,  ist  hier  von  Einfluss,  sondern  auch  Eigcnthümlichkeiten  in  dem  ge- 
bammten  Bauplan  treten  hier  hinzu,  wie  Kör{)ervolumen,  Körperoberfläche  und 
das  Vcrhaluiiss  beider  zu  einander,  Lage  des  Schwerpunktes,  Skeiettbildung  und 
deigl.  Es  ist  leicht  begreiflich,  dass  bei  der  verschiedenen  Combination  von 
solchen  bestimmenden  Factoren  eine  Fülle  von  Arten  der  Bewegungsorgane  zu 
Stande  kommen  kann.  Unter  diesen  lassen  nch  awei  grosse  Gruppen  unter- 
scheiden, nämlich  erstlich  Glien  und  zweitens  Locomodonsorgane,  die  mit  Mus* 
kein  in  Verbindung  stehen.  Die  Cilien  oder  Wimpenngan^  welche,  \ne  es  ihre 
Beschaffenheit  erfordert,  als  Locomotionsorgane  nur  an  Wasserbewohnem  auf- 
treten, 'iind  haarförmige  oder  abgeplattete  Gebilde,  die,  auf  der  Oberfläche  der 
Zellen  belestigt,  mit  dem  Plasma  dieser  in  Zusammen  ang  stehen.  Die  Wimper 
schlägt  beständig  mit  dem  freien  Ende,  wobei,  wenn  mehrere  Wimpern  vorhan- 
den sind,  sich  sämmtliche  in  gleichem  Sinne  bewegen.  Die  Verwendung  der 
Cilien  als  Locomotionsorgan  ist  nicht  auf  die  niedrigsten  Thiergruppen  beschränkt, 
sondern  erstreckt  sieb  bis  auf  den  Typus  der  Mollusken.  AllenÜngs  ist  hierbei 
zu  bemerken,  dass  bei  höher  organisirten  Thieren  mit  geringen  Ausnahmen  nur 
die  Larven  in  Betracht  kommen.  Zuerst  treffen  wir  die  Bewegung  durch  Cilien 
bei  den  Protozoen  an,  bei  denen  sie  wohl  am  weitesten  verbreitet  ist.  Aber 
hier  sind  es  nicht  die  niedrigsten  Protozoen,  die  Rhizopoden,  welche  mit  jenen 
einfachen  Locomotionsorganen  ansgestattet  sind,  sondern  die  höheren  Gruppen, 
die  Infusorien  Hie  Cilien  der  Infusorien  zeigen  hinsichtlich  ihres  Aussehens  und 
ihrer  Anordnung  grosse  Verschiedenheit.  So  finden  wir  bei  den  Flagellaten  nur 
X — a  Cilien,  die  hier  zu  peitschenförmigen  Geissein  verlängert  sind,  während  bei 
den  Ciliaten  die  ganze  Oberfläche  mit  feinen  Härchen  bekleidet  ist  oder  diese 
sich  an  bestimmten  Stellen  ooncentriren*  Ausserdem  können  bei  den  Ciliaten  tu 
den  feinen  Wimpern  noch  stärkere,  borstenfi^^  hinzutreten,  die  aber  nicht 
wie  jene  die  Schwimmbewegungen  des  Thieres  bewirken,  sondern  zum  Kriechen 
und  Festklammem  dienen.  Der  nächste  Thiertypus,  der  der  Coelenteraten,  zeich- 
net sich  vor  allen  üljnVen  dadurch  aus,  dass  ein  grosser  Theil  der  zu  ihm  ge- 
hörenden Thiere  (i  r  Hcwegung  (Jberhaupt  entbehrt.  Doch  gilt  dieses  nicht  für 
die  Jugendstadien,  da  dieselben  frei  herumschwimmen.    Diese  freien  Stadien  der 


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13« 


XjOoonotioiiMffipHtCa 


spater  sesibiuenden  Thiere  bedienen  sich  aber  alle  der  Cilien  als  Locomotions- 
organe,  ein  Verhältnisse  dass  man  auch  bei  anderen  Thieren,  z.  B.  den  Crinoiden 
wiederfindet  Nur  eine  Abthetlung  der  Coelenteraten  hat  Cilienbew^ung  auch  im 
erwachsenen  Zustande  aufzuweisen.  Es  sind  dieses  die  Ctenophoren.  Bei  diesen 
würde  wegen  der  kugelfdnnigen  Gestalt  die  den  Übrigen  Quallen  (Schirtnquallen) 
eigne  Bewegung  durch  Zusammziehen  des  Si  hirmcs  wenig  zweckmässig  sein,  und 
so  ist  der  emhr}'ona]e  Rcwcgnngsnpparot  der  (Coelenteraten,  das  hcisst  derjenige 
Bewegungsapparat  erhalten  geblieben,  mit  dem  die  a!.nlich  gestalteten  Coelente- 
ratenlarven  ausgestattet  sind,  allerdings  in  niodihcirtcr  Form.  Denn  es  handelt  sich 
hier  nicht  um  haarförmige  Cihen,  sondern  um  Cilienplatten.  Dieselben  sind  in  acht 
Reihen  auf  der  Oberfläche  des  Körpers  in  der  Weise  vertheilt,  dass  zu  jedem  Qua» 
dranten  ein  Paar  Plattenreihen  gehört.  Ebenso  wie  die  Larvenstadien  der  Coelente- 
raten besitzen  diejenigen  der  Echinodermen  eine  Bewegung  durch  Cilien,  die  su 
Witnperschntlren  und  Reifen  angeordnet  an  bestimmten  ^Uen  der  Oberfläche  con- 
centrirt  sind.  Anfangs  ist  es  eine  zusammenhängende  (rttckläuiige)  Schnur,  die  die 
weite,  auf  der  Bauchfläche  befindliche  Mundöffnung  umzieht,  während  sie  die  eben- 
falls ventral  gelegene  Afteröffnung  ausschlicsst.    Mit  fortschreitendem  Wachsthum 
erhält  die  Wimperschnnr  Biegungen  und  Fortsätze  in  bilateral-symmetrischer  An- 
ordnung» welche  zugleich  für  die  gesammte  Gestalttmg  des  Kör]>crs  bestimmend 
ist.    Wenn  sich  darauf  die  Schnur  an  einer  Biegung  abschnürt,  so  giebt  sie  da- 
durch cur  Bildung  von  swd  gesonderten,  geschlossenen  Schnüren  Veranlassung, 
dxk  Verhältnissi  welches  die  Seesteme  auszeichnet    Charakteristisch  fttr  einige 
Formen  von  Seeigeln  sind  mit  Wimpern  besetzte  Wülste,  die  sogenannten  Wim- 
perepauletten.  Je  mehr  sich  dann  im  Innern  der  Larve  der  Echinodermenkürper 
entwickelt,  um  so  mehr  schwindet  die  VVimperschnur,  welche  theils  gegenüber 
dem  entstehenden  Ambnlacralsystem  an  Bedeutung  verliert,  theils  zu  dem  durch 
Kalkablagerungen  bedeutend  zunehmenden  Körpergewicht  in  keinem  Verhältniss 
steht.     I^amit  vollzieht  sich  der  Uebergang  von  der  pelagisclien  Lebensweise  zu 
der  langsamen  Fortbewegung  auf  dem  Grunde  des  Wassers.     Was  das  Vor- 
kommen der  Cilien  bei  den  Würmern  überhaupt  angeht,  so  kann  man  sagen, 
dass  dasselbe  im  umgekehrten  Verhältniss  zur  Cuticularisirung  der  Körperober- 
fläche steht  Als  Locomotionsorgan  finden  wir  hier  die  Cilien  vor  allem  bei  den 
Jugendzuständen,  die  in  ganz  ähnlicher  Weise  wie  die  Echinodermenlarven  mit 
Wimperschnüren  abgestattet  sind,  charakteristisch  in  ihrer  Anordnung  fttr  die 
verschiedenen  Gruppen.    Am  beständigsten  zeigt  sich  die  Wiroperschnur,  welche 
die  Region  des  späteren  Kopftheilcs  abgrenzt.    Dieser  Wimperrcif  erhält  sich  in 
erwaclisenem  Zustande  bei  den  Räderthieren,   indem  hier  die  Cilien  auf  einem 
Wulste  stehend  das  Räderorgan  ]>ilden.     Seltener  als  bei  den  Larven  zeigt  sich 
die  Locomolion  durch  Cilien  bei  den  erwachsenen  Würmern.     Ausser  den  Rä- 
derthieren  sind  hierbei  die  Nermertinen  und  die  Turbellarien,  hauptsächlich  die 
Rhabdocoelen  zu  nennen,  wo  die  Cilienbekleidung  der  Oberfläche  ein  ähnliches 
Aussehen  verleiht  wie  bei  den  Infusorien.   Die  Wiroperschnflre  treten  schliesslich 
noch  zum  dritten  Male  in  dem  Typus  der  Mollusken  als  Locomotionsoigane  auf. 
Ein  Cilienkranz  umgiebt  hier  eine  vom  Kopftheile  der  Larve  ausgehende  Aus- 
breitung des  Integnmentes,  das  in  verschiedener  Weise  gelappte  Segel  oder  Ve- 
lum.     Ein  solches  Wimperscgel  kommt  den  Larven  der  Cephalophoren  und 
Lamellibranchiaten  zu  und  gestattet  diesen  ein  freies  Umherschwärmen.  —  Indem 
wir  uns  jetzt  denjenigen  Locomotionsorgancn  zuwenden,  welche  niit  Mu-k^  ln  in 
Verbindung  stehend  durcli  die  l  iiätigkeil  dieser  ihre  1  uniK.tion  vcrnuhica,  muss 


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LocomotiomoiBane.  137 

von  Erscheinungen  ausgegangen  werden,  welche  bei  den  Prot07nen  nnftroten. 
Wie  erwähnt,  bewegen  sicli  die  niedri.t^stcn  Prot07oen,  die  Rlii/ntioden,  niclit  durch 
C-'ilien,  sondern  es  zeigen  sirli  hier  die  ersten  Anlange  der  Mnskelbewcming.  Die 
Leibesmasse  der  Rhizopoden,  welche  von  keiner  festen  Zellliaut  umischlossen  wird, 
vermag  an  jeder  beliebigen  Stelle  Fortsätze  auszusenden  und  dieselben  wieder 
eiiUBimehen.  Durch  dieses  Spiel  von  Fortsatzbildungen  (Pseudopodien)  wird  das 
Thier  vorwärts  geschoben.  Es  ist  also  kein  bestimmtes  difiTerensiTtes  Organ  vor- 
handen, welches  die  Bewegung  Übernimmt,  sondern  wie  in  Folge  des  gänzlichen 
Fehlens  von  Arbeitsleistung  jede  beliebige  Stelle  des  Organismus  jede  Funktion 
auszuführen  im  Stande  ist,  so  auch  die  Locomotion.  Bei  den  Infiisoiieo,  die  sich 
hauptsächlich  durch  Cilien  bewehren,  treten  als  l-ocoinotionsorgane  noch  con- 
tractüe,  in  der  äussern  Körperscliichi  der  Zelle  hcfindlicho  I.änc^sstreifen  hinzu.  — 
Hinsichtlich  der  Mengen  der  übrigen  muskulösen  1  .ocomotiunsorgane  finden  sich 
in  verschiedenen  Gruppen  analoge  Kinrichtungen,  andererseits  aber  giebt  es  auch 
Locomotionsapparate,  die  isolirt  dastehen.  Um  mit  diesen  zu  beginnen«  mögen 
vor  allen  die  Bewegungsorgane  der  Echinodermen  Erwähnung  finden.  Es  han* 
delt  sich  dabei  um  das  Ambulacral-  oder  Wassergefässsystem  jener  Thiore.  Die 
harte  Schale  der  Echinodermen  bietet  dem  umgebenden  Wasser  eine  Eintritts- 
stdle  dttich  eine  meistentheils  in  der  Nähe  des  aboralen  Poles  gelegene,  von 
feinen  Poren  durchbohrte  Platte,  die  Madreporenplatte,  an  welche  sich  der  Stein- 
canal  nn'^rhlicsst,  sogenannt  nacli  den  Kalkablagernngen  in  seinen  Wandungen. 
Der  Stcuicanal  mündet  seinerseits  wieder  in  den  Rin2;canal,  Es  ist  dieses  ein 
den  Schlund  umfassendes  Rintrgef:iss,  welches  dem  fünfstrahliL'cn  Bau  des  Thieres 
entsprechend,  tünf  Radiaigefasse  entsendet.  Die  Innenwand  der  Ge fasse  ist  mit. 
Wimpern  versehen,  um  die  eintretenden  Wassermassen  weiter  zu  bewegen.  GIdcb> 
zeitig  verbinden  sich  mit  dem  Ringgefässe  blasige  Schläuche,  die  Polischen  Blaseni 
welche  gewissermaassen  als  Reservoirs  fttr  das  durch  die  Madreporenplatte  und 
den  Stetncanal  dem  Ringgefil«  zugefUhrte  Wasser  dienen.  Aus  den  Radiärge- 
fässen  entspringen  seitliche'  Aeste,  welche  an  ihrer  Spitze  ein  Ambulacralfüss- 
chen  trafen.  Diese  Füsschen  sind  schwellbare,  oft  eine  Saugscheibe  tragende 
Schläuche  und  trofen  /n  den  Poren  und  üeffnungen  des  Kalkskclettes  hin.nus. 
An  den  Austr^tts^tellen  hangen  den  zu  den  Füsschen  tührcnden  GefässzweiL;en 
contractile  Blasen,  Ampullen,  an,  welche  je  nachdem  die  Füsschen  anschwellen 
oder  schlaff  werden  sollen,  die  Flüssigkeil  ausstossen  oder  wieder  in  :ich  auf- 
nehmen. Durch  ein  solches  System  von  Gefitssen  gelangt  demnach  das  Meeres- 
Wasser  bis  in  die  feinsten  Endigungen  jenes,  bis  zu  den  Füsschen.  Indem  die- 
selben sich  tfaeils  strecken  und  sich  mit  ihrer  Saugscheibe  anheften,  Üieils  sich 
zusammenaehen  und  ihren  Anheftungspunkt  aufgeben,  bew^en  sie  den  Echino- 
dermenköiper  weiter.  Die  angegebenen  Einrichtungen  können  jedoch  mancherlei 
Abändenms;en  erfahren.  So  kann  die  Madreporenplatte  eine  andere  T-age  ein- 
nehmen,  in  der  Mehrzahl  auftreten  oder  gänzlich  fehlen,  der  Steincanal  ist  bis- 
weilen ebenfalls  mehrfach  und  braucht  mit  der  Aussenwelt  gar  nicht  in  Verbin- 
dung zu  stehen,  sondern  kann  in  die  Leibeshöhle  hineinhängen  und  von  da 
durch  die  Poren  seiner  Wandung  Flüssigkeit  aufnehmen.  Femer  ist  die  Anord- 
nung der  FOsschen  dem  Wechsel  unterlegen,  indem  di^lben  bald  regdmässig 
nach  Meridianen  Uber  deren  ganze  Länge  vertheilt  oder  nur  auf  eine  sohlenartige 
Bauchfläche  beschränkt  sind;  bald  trifft  man  sie  Ober  die  ganze  Obeifläche  zerstreut. 
Sonstige  vereinzelt  dastehende  T.ocomotionseinrichtungen  pflegen  sich  nur  aul 
kleinere  Abtheilungen  zu  beschränken.  Diese  übergehend,  wollen  wir  im  Folgenden 


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138 


LocomotioiiMiiigiiie. 


Apparate  anflihren,  filr  welche  es  in  verschiedenen  Thiergruppen  Analogien  giebt. 
In  der  aufsteigenden  Reihe  der  Thiere  fortschreitend,  gelangen  wir  von  den  In- 
fusorien zu  dem  Typus  der  Coelenteiaten.  Der  bei  diesen  am  meisten  verbreitete 

Bewegungsapparat  ist  eineSchwimmglockc.  Danehen  kommen  andereEinrichtungen 
vor.  Die  Coelenteraten  sind  nämlich  nach  zweierlei  Schemata  gebaut  (die  sich 
allerdings  auf  einander  zurückführen  lassen,  wie  das  schon  ihre  Zugehörigkeit  zu 
deniselben  Typus  anzeigt).  Einmal  begegnet  man  Formen,  die  den  qualienformigen 
Bau  autweisen  (über  die  Rippen(|uallen  oder  Ctenophoren  und  ihre  abweichenden 
Bewegungsorgane  vergl.  das  oben  Gesagte),  andererseits  solchen,  deren  Gestaltung 
die  polypenförmige  ist  Letztere  verldben  nun  gerade  der  gesammten  Gruppe  der 
Coelenteraten  das  Gepräge  der  mangelnden  Ortsveränderung»  da  der  allergrösste 
Theil  der  polypenartigen  Thiere  im  späteren  Alter  die  Locomotion  gänslich  auf- 
giebt  Soweit  sie  aber  eine  solche  beibehalten,  gehören  sie  mit  ihren  Bewegangs- 
organen  zu  anderen  Gruppen,  während  die  medusenförmigen  Thiere  es  sind, 
welche  eine  Schwlniniglocke  besitzen.  Diese  macht  den  grössten  Theil  des  ge- 
sammten Organismus  aus,  so  dass  hier  nicht  einem  speciellcn  Organ  die  Function  ' 
der  T?e\vegung  ziiertheih  ist,  sondern  der  gesamnite  Körper  dieselbe  veranlasst 
Das  geschieht  nun  dadurch,  dass  i>jch  der  glocken-  oder  scheibenförmige  Korijer 
unter  beständiger  Krümmung  und  Abplattung  abwechselnd  verengt  und  erweitert 
und  in  solcher  Weise  in  Folge  das  Druckes  des  darunterliegenden  Wassers 
vorwärts  getrieben  wird.  Natürlich  wird  die  Contraclion  des  Schirmes  durch 
diflferenstrte  Muskelfasern  veranlasst,  da  bei  den  Coelenteraten  bereits  diflerendrte 
Gewebe  überhaupt  und  speciell  Muskelgewebe  ausgebildet  sind.  Die  Muskeln 
bilden  auf  der  Unterfläche  des  Schirmes  eine  Schicht,  bei  den  Aciopoden  in  com« 
pltcirter  Anordnung,  bei  den  craspedoten  Medusen  als  Ringfaserl^ge.  An  dieser 
Steile  niuss  auch  eine  andere  (Gruppe  der  Coelenteraten,  die  der  Siphonophoren, 
angeführt  werden.  Dieselben  bestehen  nach  der  herrschenden  Anschauung  nicht  aus 
einem  einzelnen  Individuum,  sondern  bilden  eine  rankcniürmige,  frei  schwimmende 
Colonie  von  polypen-  und  medusenartigen  Thieren.  Wie  in  dem  Organismus 
eines  Individuums  jedem  Organ,  so  ist  hier  in  dem  colonialen  Zusammenleben 
jedem  Einzekhier  eine  specidle  Function  übertragen.  Die  Function  dar  Loco- 
motion  haben  aber  medusenförmige  Mitglieder  Übernommen,  welche  sonst,  wo 
sie  allein  leben,  mit  allen  zum  T.ebcn  nöthigcn  Thtttigkeiten  ausgerüstet,  hier  zu 
blossen  Bewegungsorganen  herabgesunken  sind.  Selbstredend  bewegen  sich  die 
Medusen  des  Siphonophorenstammes  in  gleicher  Weise  wie  die  anderen  durch 
Contraction  der  Scheibe,  sich  selbst  und  die  gesammte  Colume.  Die  Glocke  der 
Meduse  bewirkt  also  dadurch  die  ürtsverändenmg,  dass  sie  das  in  ihr  befindliche 
Wasser  durch  Contraction  hinausstösst  Aehnliche  Vorgänge  werden  bei  den  Salpen 
und  Cephalopoden  angetroffen.  Die  erstexen,  deren  R6rper  von  einer  Httlle  um- 
schlossen ist,  bentsen  an  beiden  Leibesenden  eine  Oefinung,  eine  Mund»  und 
eine  Auswurfsöllnung;  beide  führen  in  eine  weite  Höhle,  in  die  AÜiemhöhle.  Da 
letztere  von  Muskelbändern  ringförmig  umspannt  wird,  so  kann  das  in  ihr  vor- 
handene Wasser  aus  der  AuswurfsöfTnung  binausgestossen  werden,  während  der 
Austritt  aus  der  vorderen  Oeffnung  durch  eine  Klappeneinrichtung  verhindert  wird. 
Die  Wirkung  des  Auspressens  des  Wassers  besteht  wie  bei  den  Medusen  darin, 
dass  der  Körper  des  TInercs  vorwärtsgeschnellt  wird.  Ebenso  ruckweise  schwimmen 
die  Cephalopoden,  indem  durch  Contraction  des  Mantels  das  durch  den  Trichter 
ausströmende  Wasser  den  Körper  weitertreibt  Auch  Verhältnisse,  wie  sie  bei 
gewissen  Lamellibraochiaten,  z.  B.  bei  Pecten  statthaben,  liessen  sich  hier  anfllhres. 


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Locomotionsorgwne. 


139 


Die  beiden  Schalen  werden  nämlich  abwechselnd  geöffnet  tmd  geschlossen,  so 
dass  die  Muschel  mit  einem  fliegenden  Voißel  verpliclien  werden  kann.  In  dieser 
Weise  srromt  beim  Oeft'nen  der  Schalen  Wasser  hinein,  um  beim  Zusammenklappen 
wieder  iunausgepresst  zu  werden.  —  Zu  den  wenigen  Polypen,  welche  die  Loco- 
motion  nicht  völlig  aufgegeben  haben,  gehören  die  Actinien.  Ihr  Bewegungsorgan 
wird,  ähnlich  wie  bei  Mollusken,  von  einer  muskulösen  Sohle  gebildet;  dem 
scheibenfÜ^nnig  abgeplatteten  Hinterleibsende.  Mit  der  Sohle  sitien  die  Thiere 
den  Gegenständen  an,  können  dieselben  aber  auch  verlassen  und  sich  zu  andern 
begeben,  indem  sich  die  Sohle  nach  Art  derjenigen  der  Schneckeu  langsam  weiter- 
schiebL  Hierzu  ist  sie  einmal  dadurch  befähigt,  dass  sie  vorwiegend  aus  Muskeln 
gebildet  wird  imd  dass  sich  andererseits  in  ihr  stabförmige  Drüscii /eilen  befinden, 
deren  Secret  das  Thier  in  Stand  setzt,  auch  an  glatten  Flächen  LMii]  )r:/uk riechen, 
wie  man  solches  in  den  Seeaquarien  beobachten  kann.  Wie  eben  liervorgehoben, 
ist  der  Sohle  der  Actinie  der  Fuss  der  Mollusken  als  Bewegungsorgan  an  die  Seite 
SU  stellen.  Dieser  MoUuskenfuss  ist  die  Ausbildung  eines  Abschnittes  des  Haut- 
mttskdschlauches.  £r  wird  meist  als  Organ  sum  Kriechen  benutcti  besonders  bei 
den  Gasteropoden,  wo  er  eine  muskulöse,  breite  Sohlenfläche  von  länglicher  oder 
scheibenförmiger  Gestalt  hat  Bei  der  Locomotion  schiebt  sich  der  Fuss  auf  seiner 
Unterlage  vorwärts  in  Folge  der  Thätip;keit  der  Muskeln,  welche  eine  abwechselnd 
von  hinten  nach  vom  verlaufende  Wellenbewegung  der  Fussfläche  verursachen, 
nie  ntif  der  F'usssohle  ausmündenden  Drüsen  Hefern  einen  Schleim,  dessen  An- 
wesenheit das  Kriechen  erleichtert.  In  anderen  Abtheilunt;en  der  Mollusken  erhält, 
um  dieses  hier  anzufügen,  der  Fuss  eine  abweichende  Gestalt,  und  damit  ändert 
sich  dann  auch  die  Art  und  Weise,  wie  er  zur  Fortbewegung  verwendet  wird. 
So  können  die  Lamellibranchiaten  ihren  beiliörmigen  Fuss  nur  unvollkominen 
Kum  Kriechen  benutzen;  bei  den  Heteropoden  wird  der  Fuss  zu  «ner  senkrecht 
stehenden  Flosse  an  der  Bauchseite  des  Thieres.  Diese  Flosse  wirkt  bei  der 
Locomotion  wie  eine  Schraube.  Noch  grösser  sind  die  Veränderungen  des  Fusses 
bei  den  Pteropoden,  da  die  unterhalb  des  Mundes  befindlichen  grossen  Flossen 
mit  flügelartig  schwingender  BewegunLT  als  [)aarige  Fussabschnitte  zu  deuten  sind 
Bei  den  Cephalopoden  haben  wir  bereits  den  I  ricliter  als  für  die  Locomotion 
thätig  kennen  gelernt.  Aber  abgesehen  von  den  Schwimmbcwcgungen,  ist  diesen 
Mollusken  auch  die  kriechende  Ortsveränderung  eigen.  Hierzu  werden  die  Arme 
in  Anspruch  genommen,  welche  aus  denselben  Abschnitten  der  Köiperanlage 
steh  bilden,  aus  denen  sonst  der  Fuss  entsteht  Die  muskulösen  Arme  umstehen 
bd  den  vierkiemigen  Cephalopoden  (Nautihu)  in  zwei  Kreisen  geordnet  als 
tentakelartige  Gebilde  in  grosser  Anzahl  den  Mund.  Bei  den  zweikiemigen 
Cephalopoden  sind  weniger  Arme  vorhanden,  dafür  sind  dieselben  aber  stärker 
entwickelt  Man  hat  dabei  zwischen  acht-  und  zehnarmigen  Dibranchiaten  zu 
unterscheiden.  Im  letzteren  Falle  sind  zwei  Arme  vor  den  übrigen  acht  durch 
Stellung  und  (iestalt  ausgezeichnet,  indem  sie  ausserhalb  des  von  den  übrigen 
gebildeten  Kreises  stclien  und  von  grösserer  Länge  und  keulenförmigem  Aussehen 
sind.  Die  Atme  der  Cephalopoden  werden  besonders  dadurch  zum  Kriechen 
geschickt,  dass  an  ihnen  sich  Saugscbeiben  befinden,  die  in  einer,  noch  häufiger 
in  zwei  Reihen  der  Innenfläche  ansitsen,  bisweilen  an  Stielen  befestigt.  Auch 
sonst  kommt  der  Hautmuskelschlauch  bei  locomotorischen  Einrichtungen  in  Frage: 
jedoch  nicht  nur  theilweise  wie  vorher,  sondern  in  seiner  ganzen  A  r  lf  Imung. 
Es  handelt  sich  hierbei  um  Thiere,  die,  keine  Extremitäten  besitzend,  ihre  Rewe« 
gung  durch  die  Krümmungen  des  lang  gestreckten  Leibes  ausführen,  welche  eben 


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t40 


Locomotionsorgane. 


eine  Folge  der  Thätigkeit  des  Hautmiiskclsrblauches  sind.  Wie  bei  den  Infu- 
sorien eine  contractilc  Längsstreifung  der  Überfläche  Krümmung  und  Streckung 
des  Leibes  verursacht,  so  stellt  sich  in  der  Stufenfolge  der  Thiere  allmäiilich  eine 
Hülle  difierenzirter  Muskelgewebe  ein.  Ausserdem  unterstützen  die  Bewegung 
noch  atn  vordem  oder  hintern  Leibesende  oder  an  beiden  zugleich  angebrachte 
Apparate,  welche  dazu  dienen,  während  des  Kriechens  die  Körperenden  au 
iuciren.  Dadurch  werden  die  betretenden  Thiere  in  Stand  gesetzt«  i»ch  Art  eues 
Blutegels  oder  einer  S[>annerraupe  sich  zu  bewegen.  Ausserordentitch  stark  ent- 
wickelt tritt  der  Hautmuskelschlauch  in  der  Abtheilung  der  Würmer  auf  In  der 
allgemeinen  Anordnung  der  Fn<;em  lassen  sirli  bei  den  verschiedenen  Würmern 
verschiedene  'ryjtcn  untcrsciiciden.  Soweit  aber  die  Würmer  ein  parasitisches 
Leben  ftihren  untl  besonders  dann,  wenn  sie  im  Innern  der  Wirlhthiere  leben, 
kommen  ihre  locotTiotorischcn  Einrichtungen  wenig  zur  Geltung  und  die  Fixations- 
apparate  dienen  mehr  einer  dauernden  Anhefuing.  Hinsichtlich  des  Hautmuskel- 
schlauches und  der  Bewegung  lassen  sich  den  Wttnnem,  speciell  den  Gephyreen» 
gewisse  Echinodermenj  die  Holothurien  anreihen.  Besonders  die  Synapten  gdiören 
hierher,  welchen  die  AmbulacraliÜsschen  gitnsUch  fehlen.  Femer  müssen  zu  dieser 
Gruppe  die  fusslosen  Insectenlarven  gestellt  werden;  ihnen  begegnen  wir  vor  allemin 
der  Ordnung  der  Dipteren.  Was  aber  die  an  den  Körperenden  gelegenen  Organe  zur 
Anheftiing  jener  angeht,  so  sind  dieses  theils  Saugscheiben,  thcils  drüsige,  Schleim  ab- 
sondernde Gebilde.  Die  crsteien  besitzen  z.  B.  (hc  Hirudineen,  die  letzteren  die 
Diptcrcnlarven  oder  die  Raderthiere.  Eine  analoge  Fortbcwegungsart  lässt  sicl  i  aber 
auch  bei  einer  Thierijruppe  constatiren,  bei  tler  von  einem  Hautmuskelschlauche 
noch  nicht  gesprochen  werden  k»nn.  Bei  den  Sflsswasserpolypen  wirken 
nämlich  auch  einerseits  der  schlanke  Leib,  andererseits  am  Fussende  und  in  den 
Armen  gelegene  Drttsen  vereint  als  Locomotionsapparat  Eine  Hydra  streckt 
beim  Kriechen,  mit  dem  hintern  Ende  festsitzend,  den  Körper  lang  aus,  befestigt 
die  ausgedehnten  Arme,  reisst  dann  das  Fussende  von  seiner  Befestigungsstelle 
los  und  heftet  es,  den  Körper  krümmend,  in  der  Nähe  der  Arme  an.  Sodann 
werden  durch  einen  RiH-k  die  Arme  gelöst  und  der  Vorj^ing  wiederholt  sich. 
Wenn  wir  schliesslich  noch  die  Raupen  anführen,  so  ist  zu  bemerken,  dass  es  sich 
bei  ihnen  zwar  um  Extremitäten  handelt,  dass  dieselben  aber  oft,  besonders  bei 
den  Spannerraupen,  an  den  beiden  Enden  des  lang  gestreckten  Körpers  concen- 
trirt  sind,  wXhrend  der  Zwisdienraum  von  ihnen  unbesetct  bleibt  In  den  eben 
vorgeführten  Fällen  (abgesehen  von  Hydra)  ist  dne  Skdettbildung  berdts  vor- 
handen oder  besser  gesagt  die  Bildung,  aus  der  ein  Skelett  sich  entwickehi  kann, 
nämlich  die  Chttinbaut.  Diese  kann  bei  den  höheren  WQimem  und  Arthropoden 
als  dünne  Haut  verbleiben  oder  auch  durch  Verdickung  oder  Einlagerung  von 
Kalk  zum  Skelett  werden.  Würde  bei  den  erwähnten  Thieren  solches  eintreten, 
so  würde  eine  durch  Hautmuskelschlauch  und  Anheftungsorgane  bewerkstelligte 
Locomotion  ausserordentlich  erschwert,  wenn  nicht  unmöglich  werden.  Daher 
sehen  wir  auch,  dass  da,  wo  die  Chitinhaut  sich  zum  festen  Skelett  ausbildet, 
sich  andere  Fortbewegungsorgane  einstellen,  und  zwar  sind  dieses  seitliche  Ex- 
tremitäten. —  Die  am  besten  abgegrenzte  Gruppe  von  Locomotionsorganen  ist 
nun  diejenige,  in  welcher  es  sich  um  Anbangstheile  eines  Stammskelettes»  um  jene 
Extremitäten  handelt.  Mit  solchen  ausgerüstet  sind  die  Gliederthiere  (höhere  Wür- 
mer und  Athropoden)  und  die  Wirbelthiere.  Ein  Skelett  kommt  alleidtngs  «ich 
in  andern  Thicrabtheilungen  vor,  so  bei  den  Mollusken  und  Echinodermen,  aber 
diese  Skelettbildung  unterscheidet  sich  von  der  jener  Thiere.    Ein  Skelett  hat 

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Loocr  —  Loctutodea* 


wesentlich  zwei  Aufgaben  7u  erfüllen.  Einmal  soll  es  dem  Organismus  Schatz  und 
Halt  verleihen,  zweitens  aber  demselben  zu  einer  leichten  und  sicheren  Locomotion 
verhelfen.  Bei  den  Echinodermen  und  Mollusken  erfüllt  das  Skelett  nur  die 
erste  Anforderung,  denn  es  hat  an  der  Locomotion  keinen  Antheil,  wozu  ihm 
auch  eine  nnerlässliche  Bedingung  fehlt  Ein  Skelett,  welches  die  Bewegung 
unteistatzen  soll»  rouss  nicht  nur  fest  sein,  sondern  es  muss  auch  eine  freie  Be> 
wegung  sulassen,  es  muss  gegliedert  sein  in  sein»  Axe  und  gegliederte  Anhänge 
besitzen.  Dieses  leistet  nun  das  Skelett  der  Gliederthiere  und  der  WirbelUiiere. 
Es  schützt  nicht  nur  die  weichen  Theile  und  hält  sie  zusammen,  sondern  es  ist 
nnch  die  Ursache  für  die  treffliche  Locomotion.  In  diesen  beiden  Fällen  erzielt 
das  vorhandene  Skelett  mm  zwar  denselben  Erfolg  für  die  Fortbewegung,  hin- 
sichtlich der  Laj^e  und  des  morphologischen  VVerthes  ist  aber  ein  bedeutender 
Unterschied  voriianden.  Denn  bei  den  Wirbekhieren  umschliessen  die  weichen 
Theile  die  Skelettheile,  bei  den  Gliederthieren  findet  das  umgekehrte  Veihfiltniss 
statt;  dann  aber  sind  die  Skelettheile  im  ersten  Falle  aus  zelligen  Geweben  her- 
vorgegangen, während  sie  im  zweiten  das  erhärtete  Absonderungsproduct  der 
Oberfläche  des  Körpers  darstellen*  Wenn  auch  das  Stammskelett  bei  der  Be- 
wegung seinen  Antheil  hat,  so  kommen  doch  die  seitlichen  Theile  des  Ske- 
lettes, das  Extremitätenskelett,  am  unmittelbarsten  in  Betracht  und  mit  jenem 
alle  zugehörigen  Muskeln,  Bänder  u.  s.  w.  Je  nach  der  Lebensweise,  beson- 
ders dem  Aufcntlialtsorte,  können  die  Extremitäten  die  grössten  Modiftcationen 
erleiden.  Sie  k  nnm  zum  Gehen,  Scliwimmen,  Fliegen  eingerichtet  sein  oder  nicht 
allein  lur  eine,  bundcrn  auch  für  zwei  von  diesen  Thätigkeiten.  Femer  können 
an  demselben  Individuum  verschiedene  Extremitätenpaare  verschiedenen  loco- 
motorischen  Zwecken  dienen  oder  aber,  wenn  die  Extremitäten  auch  nur  einen 
Zweck  verfolgen,  so  können  sie  dieses  doch  in  sehr  manmgfaltiger  Weise  thun 
und  danach  gebaut  sein.  Dementsprechend  sind  «e  dann  auch  äusserUch  mit 
den  verschiedensten  Httlfsmitteln  ausgestattet:  mit  Häuten  und  Flossen  zum 
Schwimmen,  mit  Häuten  oder  Federn  zum  Fliegen,  mit  Krallen  oder  drtisigen 
Organen  an  den  Endteilen  (Laubfrosch,  Insekten)  zum  Klettern,  mit  Hufen  zum 
Laufen.     J.  D. 

Locrer,  Bewohner  der  altgriechischen  Landschaft  Locris.  Man  unterschied 
L.  Epicnemidii  im  Norden,  d.  h.  die  Anwohner  des  Gebirges  Cnemis,  L.  Opun- 
tii  im  Süden,  so  genannt  nach  ihrer  Hauptstadt  Opus,  und  L.  Ozolae,  welche 
den  durchaus  gebirgigen  Westen  des  Landes  bewohnten,    v.  H. 

LoGuata,  L.  (lat  Heuschrecke),  gittne  Laubheuschrecken  mit  gerader  Leg- 
röhre  der  Weibchen;  die  beiden  Europäer  sind  Z.  viri^ssima  und  cauiam,  s. 
Ix>custodea.     E.  Tg. 

Locustodea,  Brunner  v.  Wattenw.,  Locnstina,  Bi.rm.,  Laubheuschrecken, 
Familie  der  springenden  Orthopteren,  welche  durch  lange,  borstenförmigc  Fühler 
und  eine  mehr  oder  weniger  säbelförmige  Legröhre  am  Ende  des  weiblichen 
Hinterleibes  vor  den  andern,  deren  Hinterbeine  durch  Verdickung  der  Schenkel 
und  Verlängerung  der  Schienen  Sprungfähigkeit  besitzen,  ausgezeichnet  sind;  über- 
dies unterscheiden  sie  sich  noch  durch  viergliedrige  Fttsse  von  den  dreizehig^ 
Feldheuschrecken,  auch  besitzen  die  Männchen  ihr  Schalloigan  am  Grunde  der 
Flügeldecken.  Sie  halten  sich  am  liebsten  an  Buschwerit  auf,  nähren  sich  von 
Pflanzen  und  Insekten  und  Überwintern  ab  Eier.  Die  zahlreichen  Arten  dnd 
neuerdings  zu  vielen  Sippen  gruppirt  worden.  Zu  den  verbreitetsten  Gattungen 
geböten:  LMuta^  Dtctkus,  Xiphiäiumt  ßarkaästes,  Mumitma     a.    £.  To. 


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Lodbcliwcin  —  Löwentbor  von  Mytenae. 


LfOdisdiwein,  eine  in  Oberitalten,  in  der  Umgegend  von  Mailand  und  be- 
sonders in  der  Delegation  Lodi  heimische  schwane  Race  des  romanischen 
Schweins,  die  sich  durch  stattliche  Grösse  u.  Schwere  auszeichnet  und  deren  Indi' 
viduum  ein  Körpergewicht  bis  zu  4—5  Centner  erreichen  können«  Die  schwarsen 

und  Vcltliner-Schweine  Bündens  gehören  gleichfalls  zur  Lodirace.  R. 

Löffelente,  Anas  cfypeata,  L.,  eine  in  Deutschland  nicht  seltene,  auch  in 
Asien,  Nord-Amerika  und  Nord-Afrika  vorkommende  Knfenart,  von  Büif.  zum 
Vertreter  der  Untergattung  Spatula  erhoben,  kenntlich  an  dem  loifel förmigen, 
nach  der  Spitze  zu  breiten  und  flachen  Schnabel.  Beim  Männchen  Kopf  und 
Hals  glänzend  schwarzgrün,  unterer  1  l»eil  des  Halses  und  Sciiultern  weiss,  Unter- 
körper kastanienbraun,  BQrzel  und  Schwanzdecken  schwarz,  Flügeldecken  grau, 
Schnabel  schwArzlich,  Fflsse  gelbroth.  Weibchen  auf  hellbraunem  Grunde  dunkel- 
braun gezeichnet.  Rchw. 

Löffelgans,  volkstfaümliche  Bezeichnung  ftir  den  Löffelreiher  (s.  Platalea), 
auch  für  den  Pelekan  (s.  Pelecanus)  gebraucht  RcHW. 

Löftelreiher,  l.öffler,  s.  Platalea.  RcHW. 

Löffelstör  —  Tolydon  (s.  d.).  Ks. 

Loena.    Nach  Serpa  J'into  Name  der  Bchcfnos  am  Cuanza.     v.  H. 
Löwe,  b.  Felis.  Rchw. 

Löwenhund,  eine  überaus  niedliche,  sehr  seltene  Race,  die  nach  Fitzincer 
aus  der  Kreuzung  des  Bolognesers  mit  dem  Mops  entstanden  sein  dttrfte  und 
ihre  Benennung  der  Aehnlichkeit  in  der  Behaarung  mit  dem  männlichen  Löwen 
zu  verdanken  hatte:   Kopf,  Ohren,  Hals,  Schultern,  und  Vorderbeine  sind 

mit  langen,  zottig-gewellten,  weichen,  feinen,  fast  seidenartigen,  Hinterleib  und 
Hinterbeine  dagegen  mit  kurzen,  glattanliegenden,  gröberen  Haaren  bedeckt. 

Der  Schwanz  ist  an  seiner  vorderen  Hälfte  kurz,  an  seiner  Iiintcrcn  lang 
beiiaart  und  endigt  mit  einer  HaarquasCe.  Die  Farbe  i:»t  meist  einfach  weiss 
oder  schwarz.  R. 

Löwenrobben,  s.  Otaria,  P^^ron.     v.  Ms. 

Löwenthor  von  Mykenae.  An  der  noffdm»ttichen  Edce  der  Hochburg 
von  Mykenae  liegt  das  berühmte  Löwenthor.  Das  Gestein  besteht  nach  Schub- 
MAHN  aus  harter  Breccia.  Die  Oeflhung  ist  8  Fuss,  10  Zoll  hoch,  oben  9  Fuss 
6  Z.  unten  10  F.  3  Z.  breit.   In  dem  15  F.  langen  und  5  F.  breiten  ThOrsturt 

sieht  man  noch  die  Löcher  für  die  Thürangeln.  Die  Nische  über  dem  Thür- 
Sturz  ist  ausgePLillt  durch  einen  10  F.  hohen  12  F.  dicken  dreieckigen  Block  von 
Brerric.  Auf  der  nach  aussen  gewandten  Seite  des  Blockes  sind  zwei  sirh  gegen- 
überstehende Löwen  in  Relief  dargestellt;  sie  stehen  auf  ihren  langgestreckten 
Hintertüssen  und  stützen  ihre  Vordertatzen  auf  beide  Seiten  eines  Altars.  In  der 
Mitte  des  letzteren  steht  eine  Säule  mit  einem  Kapital  von  vier  Kreisen,  die  von 
zwei  horizontalen  Leisten  eingescMoiien  werden.  Die  allgemeine  Meinung,  dass 
die  Köpfe  der  beiden  Löwen  abgebrochen  seien,  ist  falsch.  Wegen  des  geringen 
Raumes  aber  müssen  die  Köpfe  nur  sehr  klein,  müssen  hervorstehend  gewesen 
sein  und  das  Gesicht  dem  Betrachtenden  zugewandt  haben.  Schliemann  v^r- 
muthet,  dass  diese  Köpfe  'on  Bronze  und  vergoldet  gewesen  sind.  »Die 
Schwänze  der  Löwen  sind  nicht  breit  und  bu.>chig,  sondern  dünn  und  denen 
ähnlirh,  die  man  auf  den  ältesten  ägyptischen  Sculpturen  sieht.«  —  Man  glaubt 
allgemein,  dass  diese  Sctilptur  ein  Symbol  darstellt,  aber  sehr  verschieden  sind 
die  Meinungen  über  die  Deutung  desselben.  Der  eine  glaubt,  da^s  die  Säule 
auf  den  persischen  Cultus  der  Sonne  hindeute,  ein  anderer  hält  dieselbe  für  das 


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Loftnsfa  —  Logik. 


«43 


Symbol  des  heiligen  Feuers  und  für  ein  Pyratheion  oder  Feueraltar,  dessen 
Wächter  die  Löwen  seieri,  ein  dritter  vermuthet,  dass  sie  den  Apollo  Ai^yieus 
pämlich  den  »Wächter  des  Thorweges,«  darstelle.  Schliümann  schliesst  sich 
dieser  letzteren  Meinung  an  und  glaubt,  dass  dies  ganz  dasselbe  Symbol  des 
Gottes  ist,  welches  Sophokles  Orestes  und  Ejlectra  anrufen  lässt,  als  sie  in's 
väterliche  Haus  treten.  Was  nun  aber  die  beiden  Löwen  betrifft,  so  scheint 
SlcHLOttiANN  die  Deutung  derselben  viel  einfacher  zu  sein:  Pelc^  Sohn  des 
phiygischen  Königs  Tantalus,  wanderte  aus  Phrygien  ein,  wo  die  GCttermutter 
Rhea,  deren  geheiligtes  Thier  der  Löwe  isti  eben  berühmten  Cultus  hatte. 
Höchst  wahrscheinlich  hat  er  also  die  Verehrung  der  Schutzgüttin  seines  Mutter- 
landes mit  nach  Arges  gebracht  und  den  ihr  geheiligten  Löwen  zum  Symbol 
der  Pelopiden  gemacht.  ^  —  Schliemann  vermuthet  also  mit  Hikt,  dass  die 
Löwen  als  der  Rhea  geheiligte  Thiere  zu  betrachten  seien  oder  als  Symbole  der 
Pelopiden  mit  dem  Symbol  des  Apollo  Agyieus,  des  Thorwächters  vereintgt  waren 
(vergl.  ScHUEBCAMK,  »Mykenae«  pag.  36—39,  mit  Abbildungen).  Die  zwischen  den 
Thieren  stehende  Sänle,  welche  sich  nach  Art  der  Hermen  verjüngt,  fasst  Gött« 
UMG  (rheinisdies  Museum»  N.  I.  Jahrg.»  pag.  161^175)  als  Hermes  Propylaeos  auf, 
die  hier  als  Wächter  des  Thors  erscheine.  Aehnliche  Phalle  erseheinen  nach 
ihm  an  den  Thoren  alter  Städte  Italiens»  wie  Alatri,  Ferrentinum»  Arpinum, 
Tcrracina  u.  s.  w.  Auch  auf  dem  Burgthor  am  Eretria  findet  sich  in  Gestalt  einer 
runden  abwärts  verjüngten  Erhöhung  das  Bild  des  pelasgischen  Phallos-Hermes, 
des  Schützers  der  Thorc.  —  Demnach  hätten  wir  im  Löwenthor  von  Mykenae 
die  mythologischen  Ersclieinungen  des  Orients  und  des  pelasgischen  Ciriechcn- 
landes  vereintgt;  von  dort  stammt  das  Lüwenpaar,  von  hier  der  Thorhüter 
Hermes.  Das  Denkmal  ist  vor  dem  Einbruch  der  Dorer  in  den  Peloponnes, 
etwa  in  das  letzte  Drittel  des  a.  Jahrtausends  vor  Christus  au  setzen.  Ueber  den 
Hermes  Propylaeos  und  Pyledokos  vergl.  Mehlis,  »Die  Grundidee  der  Hermes« 
I.  Abthl.,  pag.  18—23,  über  die  Herme  hier  am  Löwenthor,  pag.  21.     C.  M. 

Loltusia,  Bradv.  Eine  wahrscheinlich  sandschalige  fossile  Foraminiferen- 
Gattung,  eine  Art  aus  Persien,  eine  zweite  aus  Britisch-Columbien.  (S.  Dawsom, 
Quat.  Joum.  Geol.  Soc.  London  XXXV,  1879.)  Pf. 

Legi,  s.  Lugi.     V.  H. 

Logik.  Die  Logik  (von  Äopc,  Denken,  Vernunft)  beschäftigt  sich  ganz  all- 
gemein gesagt  mit  derjenigen  Thätigkeit  des  Geistes  (s.  Art.  Geist),  welche  wir 
das  Denken  im  engeren  Sinne  zu  nennen  pflegen.  Unsere  Sinnesthätigkeit 
liefert  uns  eine  Menge  von  Eindrucken,  welche  alle  in  einer  räumlichen  und  seit» 
liehen  Ordnung  uns  zukommen.  Aber  dieses  Material  allein  ist  trotz  der  em- 
pirisch gegebenen  Beziehung  der  Dinge  zu  einander  für  uns  ein  werthloses  Chaos 
und  es  handelt  sich  demnach  im  Denken  darum,  dass  wir  aussagen,  welche  Ver- 
kniipfungen  wir  als  thatsächliche,  aber  zuföllige,  und  welche  wir  als  nothwendige 
betrachten  müssen.  Diese  Aufgabe  löst  das  Denken  nach  gewissen  Gesetzen, 
welche  in  ihm  selb.si  Hegen  und  deswegen  als  apriorische  (nach  Kant)  bezeichnet 
werden,  es  giebt  also  die  Form  der  £rkenntnii>s  ab,  während  aller  Inhalt  unseres 
Denkens  dureh  unsere  Sinne  geliefert  wird.  Daher  die  alte  Regel  des  Sensualis- 
mua:  JißMi  esi  m  hUiUeeim,  qwd  mn  frhtt  fuerü  m  semm,  welche  nur  dann 
falsch  wird,  wenn  man  sie,  wie  es  Öfters  von  Vettretem  der  Naturwissenschaft 
geschieht,  umkehrt  in  die :  Nur  das»  was  uns  sinnlich  wahrnehmbar  ist,  ist  wirk« 
lieh  und  richtig.  Alle  Consequenzen,  welche  die  Naturwissenschaft  aus  einer 
Reibe  von  Emzelbeobachtungen  gezogen  hat  ~  z.  B.  das  Gesetz  von  der  Erhaltung 


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*44 


Logtk. 


der  Kraft  —  sind  aucli  nicht  der  sinnlichen  Waiirnehumng  gegeben,  deswegen 
aber  doch  richtig.  Die  Hauptbedingung  nun,  welche  die  Arbdt  des  logischen 
Denkens,  im  Gegensatz  tum  bloss  sachlichenp  erst  ennÖglUcht,  ist  die  Sprache. 
Im  Griechischen  heisst  desshalb  X^iroc  ebenso  Sprache  vieDenkenund  Vernunft.  Dem 
Thiere  schreiben  wir  aus  diesem  Grunde  auch  nur  ein  sachliches,  nicht  lo^sches, 
begriffliches  Dcrke;  i:  weil  unsere  Beobachtungen  darauf  hinweisen,  dass  alle 
sogenannten  Ausdrucksbewegungen  der  Thiere  nur  Gemiithszustände,  nicht  Ob- 
jekte ausdrücken.  Wenn  im  folgenden  zuerst  vnni  Begriffe,  dann  vom  Urtheil,  und 
zuletzt  vom  St  hlus^e,  gemäss  der  schulmas>,i;,'cn  Kintheilnnj»  die  Rede  sein  soll, 
so  ist  dauiit  nicht  gesagt,  dax>  die  drei  l'rozeNbe  sich  in  derselbcMi  Reihenfolge 
im  Geiste  ausbilden.  Die  Unterscheidung  geschieht  blos  nach  der  Kegel  äiviäi 
et  mpera\  in  Wirklichkeit  aber  kommen  die  drei  FuaktlowHi  der  Begriffs- 
bildung, des  Urthetlens  und  Schliessens  immer  nur  verbunden  vor  und  bedingen 
sich  wechselseitig.  —  A.  Der  Begriff.  Ein  Begriff  ist  ein  sprachlich  fixirter 
Ausdruck  filr  ein  einzelnes  Objekt  oder  eine  Vielheit  von  soldien.  Begriff 
der  ersten  Art  sind  alle  Eigennamen:  Sokrates,  Aristoteles  u.  s.  w.,  zur  zweiten 
Rubrik  gehören  alle  übrigen.  Nur  die  singnlärcn  Begriffe  sind  wirklich  in  der 
Natur  gegebeji,  wahrend  alle  allt;emeincn  nur  innerhalb  des  menschlrchen  Geistes 
c.xistiren.  Es  giebt  z.B.  in  der  Natur  keinen  »l^aum,-  sundern  nur  eine  Anzahl  von 
ganz  bestimmten  Bäumen,  von  denen  jeder  sich  von  jedem  anderen  unterscheidet.  — 
Um  ein  richtiges  Bild  von  der  Begriffsbildung  zu  erhalten,  genügt  es  nicht, 
diesen  Prticess  beim  erwachsenen  civilisirten  Menschen  zu  studiren,  sondern 
man  muss  nothwendig  auch  noch  die  Spracfabildung  in  vorhistorischer  Zdt  und 
beim  Kinde  in  den  Kreis  der  Beobachtung  «eben.  Htttte  man  das  gethan,  so, 
hätte  niemals  die  Regel  aufkonMiicn  können,  die  allgemeinsten  Begriffe  seien  die 
ursprünglichen.  Vielmehr  sind  die  zuerst  gebildeten  Begriffe  ganz  speciell  (vei)^. 
den  Art.  S[)rache).  Mit  dem  Namen  Mama  bezeichnet  der  Säuj^linp  eine  ganz 
bestimmte  Person.  Wenn  sich  trotzdem  beim  Säugling  schon  selu  fnihe  allge- 
meine Begriffe  finden,  so  beruht  das  auf  zweierlei  Gründen:  theils  fehlt  es  dem 
Kind  an  dem  nothigen  VVortvorrathe,  um  neue  Gegenstande  neu  zu  benennen  (so 
wenn  ein  Kind,  trotzdem  es  seinen  Vater  kennt,  auch  einen  Fremden  mit  dem 
Worte  Papa  beseichnet),  theils  fehlt  es  ihm  an  der  nöthigen  Unterscheidung 
der  Objekte.  Ein  Kind,  dem  man  einen  Hund  zeigt  und  die  onomatopoetische 
Bezeichnung  dafttr  beibringt,  wird  mit  derselben  auch  ohne  Weiteres  auch  ene 
Katte  belegen.  Erst  lange  nachher  lernt  der  Mensch  bewussterweise  eine 
grössere  Gruppe  von  Objekten  unter  eine  Bezeichnung  zusammenfassen.  Dies 
geschieht,  sobald  wir  im  Stande  sind,  Gegenstände  in  bewusster  Weise  zu  ver-. 
gleichen  Dabei  finden  wir,  dass  die  verglichenen  Objekte  in  manchen  Punkten 
ähnlich  oder  j^leich,  in  anderen  unähnlich  sind.  So  lange  die  Ungleichheit  niclit 
zu  gross  ist,  kann  man  von  ihr  abstrahiren.  Daher  die  alle  Schuiregei,  dass  die 
Begriffsbildung  vor  sich  gehe  durch  die  Abstraction.  So  kann  man  bei  der 
Bildung  des  BegriflRes  Baum  davon  absehen,  ob  er  BlMtter  oder  Nadeln  h«L 
Das  zweite  ist  die  Reflexion,  d.  h.  die  vorwiegende  Berücksichtigung  alles  dessen, 
was  bei  einer  Vielheit  von  Objekten  gemeinsam  oder  ähnlich  is^  so  bei  Bildung 
des  Begriffes  Vogel  die  übereinstimmende  Differcnztrung  der  zwei  Extremitäten* 
paare  in  Flug-  und  Gangwerkzeuge.  Uebrigens  ist  die  gewöhnliche  Regel,  dass 
bei  der  Begriffsbildung  von  den  verschiedenen  Merkmalen  überhaupt  abstrahirt 
werde,  nicht  ganz  richtig.  In  dem  Begriffe  der  Blume  setze  ich  stillschweigend 
voraus,  dass  sie  eine  Farbe  hat,  ich  sehe  nur  ab  von  einer  bestimmten  Farbe 


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Logik. 


14$ 


und  lasse  der  Einfiichheit  halber,  wenn  i  I  die  Merkmale  einer  Blume  angeben 
soll,  das  weg,  dass  sie  irgendwie  gefärbt  ist.  —  Inhalt  eines  IjCgriffes  heisst 
nach  der  gewöhnlichen  Definition  sdie  Summe  seiner  Merkmale,  i  Umfang  die 
Gesammtheit  der  niederen  lie^iitTe  (s.  unten),  welclie  unter  diesem  höheren  be- 
fasst  werden  können,  und  man  pflegt  zu  sagen,  je  grösser  der  Inhalt  eines  Be- 
griffes seil  desto  kleiner  sei  sein  Umfang.  Das  ist  ungenau,  richtig  ist  dagegen, 
dass  der  Umfang  eines  Begriffes  um  so  kleiner  ist,  je  mehr  bestimmte  Kferkmale 
er  hat  Z.  B,  der  Begriff  »Mammalia«  hat  i.  dieselben  Merkmale  wie  der  Be- 
griff »Vertebratac:  dtau  kommen  aber  noch  zwei  weitere  Bestimmungen:  das 
Gebähren  lebendiger  Jungen  und  das  Säugen  Iciselben.  Dem  entq)rcchend  be- 
fasst  der  Begriff  Mammalia  weniger  Unterbegri{re  (Familien,  Genera  und  Species) 
unter  sich  als  die  Bezeichnung  Vcrtebrata.  —  Ein  höherer  Begriff  (Gattungsbe- 
grifl)  heisst  ein  solcher,  der  mehrere  BegrifVe  unter  sich  befixsst,  und  demgemäss 
weniger  (bestimmte)  Merkmale  hat,  ein  niederer  oder  Aitbegriff  einer,  der  unter 
jenem  höheren  befasst  ist,  also  mehr  (specicUc)  Merkmale  hat.  —  Classiiikation 
heisst  das  Verfahren,  welches  von  einem  gegebenen  höheren  Begriff  aus  sMmmt- 
Itche  niedere,  in  ihm  enthaltene  aufsucht,  und  «war  dieselben  in  einer  bestimmten 
Ordnung,  nach  einem  bestimmten  Etntheilungsprincipe  aufzählt.  Die  Wahl  des 
letzteren  kann  verschieden  ausfallen,  und  je  nachdem  wird  die  Ordnung  der 
Unterbegrifle  eine  ganz  andere.  Linii£  theilt  z.  B.  das  Pflanzenreich  nach  der 
Anzahl  der  Staubfäden  ein,  und  dem?!:cmä';s  erhält  er  eine  j^anz  andere  Systematik 
als  das  natürliche  System,  welches  als  Kinthcilungsgrund  die  innere  Verwandt- 
schaft der  Pflanzen  benutzt.  Gemeinsau)  haben  aber  beide  Systeme,  dass  sie  als 
Eintheilungsgrund  die  Beschaffenheit  der  bei  der  Fortpflanzung  wirksamen  Theile 
benutzen.  Je  inniger  übrigens  ein  Eintheilungsprincip  mit  dem  Wesen  des  zu 
classificirenden  Begriffes  zusammenhängt,  desto  vollkommener  wird  die  Eintheilung 
sein.  Desshalb  ist  das  natürliche  System  dem  LwNB'schen  votzuaehen.  —  IVie 
die  Classification  die  Angabe  des  Umfangs  eines  Begriffes  ist,  so  ist  die  De- 
finition  die  Angabe  seines  Inhalts.  Eine  gute  Definition  giebt  zuerst  den  zu* 
nächsthöhern  Begriff  und  legt  diesem  die  bestimmten  Merkmale  bei,  welche  dem 
zu  definirenden  Begriff  eigenth(im1ich  sind,  ihn  von  coordinirtcn  Bt'griffen  unter- 
scheiden. So  definirt  man  den  Begrifl  eines  Saugetliiercs  folgende rmassen:  Ein 
Säugelhicr  ist  ein  Wirbclthicr  (höherer  oder  Gattungsbegriff),  welches  lebendige 
Jwige  zur  Welt  bringt  und  dieselben  säugt  (specicUe  Merkmale,  welche  die  Säuger 
von  den  eierlegenden  Wtrbelthieren,  Vögeln  u.  s.  w.  unterscheiden).  Eine  De* 
finition  ist  zu  eng,  wenn  ach  unter  dieselbe  nicht  alle  diejenigen  Begriffe  unter- 
bringen lassen,  welche  eigentiich  darunter  gehören,  sie  ist  zu  weit^  wenn  ne 
auch  noch  fiir  Unterbegriffe  eines  anderen  Gattungsbegriffes  Giltigkeit  hat.  Eine 
einzige  Definition  kann  aber  audi  beide  Fehler  vereinigen,  wie  z.  B.  die  folgende: 
Ein  Vogel  ist  ein  Wirbelthier,  welches  fliegen  kann.  Diese  Definition  ist  zu  eng 
insofern  nicht  alle  Vögel  fliegen  können,  sie  ist  zu  weit,  als  sie  nicht  ausschliess- 
lich für  Vogel  gilt,  sondern  ebensogut  für  die  Chiropteren  unter  den  Säuge- 
thieren.  —  Die  Begritfe  fiir  sich  allein  haben  aber  noch  keinen  Werth;  sie  sind 
erst  das  Material,  aus  welchem  das  Gebäude  unserer  Erkenntniss  aufgeführt 
werden  soll.  Dies  geschieht  nun  weiterhin  im  Urtheil.  —  Das  Urtheil  in  seiner 
einfachsten  Form  ist  die  mit  der  Behauptung  ihrer  objektiven  GUtigkdt  ausge* 
^rochene  —  oder  gedadite  —  Verknüpfung  zweier  Begriffe.  —  Wie  kommt 
nun  das  Ich  zu  einer  solchen  VerknCtpfung  verschiedener  Begriffe?  Sie  wäre  im* 
möglich,  wenn  es  kein  Werden,  keine  Veränderung  gäbe.   Denn  wenn  die  Natur 

2aol,  AadiMpol.  u.  BtbnokigM.  1M.V.  iq 


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146 


LogOc 


bloss  ein  sich  immer  gleichbleibendes  Bild  wäre,  so  würde  das  Ich  die  Objekte 
bloss  durch  Anschauung:  aufTassen  können,  es  %viirde  die  Sinneseindriicke,  die 
räumlich  bei  einander  sind,  eben  auch  vermöge  seiner  logischen  Einheit  als  ein 
Gai.zes,  als  einen  einzigen  Eindruck  fassen.    Nun  herrscht  aber  in  der  Natur  ein 
M«r  Wechsel;  das  Laub  der  Bäume  ist  bftld  grün,  bald  gelb;  durch  diese  Ver- 
änderung lernt  das  Ich  jene  naiv  angestaunte  Einheit  lösen  und  die  Farbe  als 
Ding  für  nch  betrachten.   Durch  diese  Wahmehinung  femer,  dass  die  grOne 
Farbe  etwas  ftlr  sich  ist,  lernt  sie  dieselbe  auch  von  anderen  Gegenstanden 
trennen,  ohne  dass  dieselben  sich  verändern  würden,  kurz,  das  Ich  lernt  eben 
durch  die  Veränderung  und  Bewegung  Ding  und  Eigenschaft  trennen.    Nrm  liect 
aber  doch  vor  Augen,  dass  die  grüne  Farbe  nichts  Selbständiges,  sondern  nur 
mit  einem  Ding  verbundenes  ist,  und  das  Ich  wird  dazu  geführt,  das  Grün  doch 
wieder  mit  dem  Baum  zu  verbinden,  aber  nicht  mehr  als  unmittelbar  ange- 
schaute Einheit,  sondern  als  etwas  inhärirend  Gedachtes.    Und  dieses  Verhält- 
ntss  der  bhäxenz  wird  nun  durch  die  sogenannte  Copula  ausgedrOdtt    Z.  B. 
Gold  ist  gelb.  Der  eine  Begriffp  dem  etwas  inhärirt^  heisst  Subjekt  fSJ  der 
andere,  das  was  inhärir^  Prädikat  fjy.  Auf  die  eben  genannte  Form  S  ist  P 
lassen  sich  alle  Urtheile  reduciren,  auch  die  historischen  Urthcile,  wie  es  a.  B. 
das  Englische  ausdrücklich  thut:   Charles  is  Walking.  —  Will  ich  ausdrücken, 
dass  eine  Verknüpfung  zwisriien  zwei  Begriffen  unzulässig  ist,  so  drücke  ich  es 
durch  eine  der  Coj)ula  beigcset/te  Negation  aus:   z.  B.  Gold  ist  nicht  weiss. 
Dass  die  Negation  niclit  zum  Prädikat  gehört,  zeigt  das  Französische.    / or  nest 
pas  blanc.  —  Dass  diese  Form  von  ürtheilen:  S  ist  P,  dem  Satze  der  Iden- 
tität, dem  ersten  fundamentalen  Denkgesetze,  widerspreche,  und  deshalb  einer 
besonderen  Rechtfertigung  bedürfe,  ist  blos  eine  logische  Spitzfindigkeit  Das 
Identitätsgesetz  lautet:  ^s«*^  im  matiiematischen  Sinne  (daher  daa  Gleichbeits* 
zeichen),   und  die  praktische  Bedeutung  dieses  Satzes  ist,  dass  sobald  ich 
irgend  eine  Vorstellung,  einen  Begriff  etc.  angefangen  habe  zu  verarbeiten,  ich 
im  T-aufc  der  Untersuchung  stets  dieselbe  Bedeutung  desselben  beibehalten  muss. 
Ich  darf  also  in  einer  Abhandlung  unter  der  Bezeichnung  canis  nicht  das  eine- 
mal die  Familie  der  Canidae,  das  anderenial  das  Genus  Canis  verstehen.  Von 
einer  solchen  mathematischen  Gleichheit  ist  aber  in  dem  Urtheil  .S  ist  P  nicht 
die  Rede,  denn  es  wird  niemand  einfallen,  zu  sagen  .S'«/'(Gold  ss  gelb).  —  Es 
giebt  zwei  Hauptarten  von  Ürtheilen,  das  assertorische,  das  die  Verknüpfung 
zmschen  S  und  P  als  eine  nur  thatsächlich  vorgefundene  bezeidme^  und  das 
apodiktische,  welches  dieselbe  Verknüpfung  als  eine  logisch  erkannte  Con- 
scquenz  ausspricht.    Jede  von  den  beiden  Arten  kann  wieder  in  drei  Formen 
vorkommen,  i.  der  einlach  aussagenden  (kategorischen)  S  ist  P  oder  S  muss  P 
sein.    2.  der  hypothetischen:  Wenn  zu  .S' ein  .v  hinzukommt,  so  ist  .9 (so  muss 
desshalb  S  P  sein).    3.  der  disjunktiven:    S  ist  entweder  P^  oder  P^  oder  P^ 
etc.  (muss  entweder  P^  oder  J\  etc.  sein).  —  Es  kann  ganz  dasselbe  Urtheil  ent- 
weder unter  das  assertorische  oder  das  apodiktische  Urtheil  gerechnet  werden, 
je  naddem  dar  Urtbeilende  die  Vetknüpfung  zm^sdien  iSund/'nuralsemptris^ 
gegeben  hinnimmt  oder  sie  als  nothwendig  erkannt  hat  Das  Gesetz  nun,  welches 
Uber  die  Nothwendigkeit  eines  Urtfaeils  entscheidet,  ist  das  logische  Causalge- 
setz,  welches  in  zwei  Formen  vorkommt:  a)  das  Gesetz  des  logischen  Denk- 
grundes:   Urtheiie  nie  ohne  Grund,  d.  h.  ohne  dass  du  durch  die  Erfahrung 
zu  der  betreffenden  Aussage  berechtigt  bist.    Dieses  Gesetz  unterscheidet  Aus- 
sagen der  Phantasie,  welche  keine  objektive  Wahrheit  beanspruchen,  von  den- 


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Logik. 


jenigen  Urtheilen,  welche  als  objektiv  giltig  gefällt  werden,  b)  Das  eigentliche 
logische  Causalgesetz:  principium  rationis  suJficUniis.  Es  stellt  die  — 
freilich  ideale  —  Forderung  auf,  dan  wir  lllr  j(M^  Sftt^  den  wir  als  wahr  ans* 
sprechen,  einen  anderen  geben,  aus  dem  jener  mit  Nothwendigkeit  folgt  In 
Wirklidikeit  sind  aber  unsere  »eisten  Urtheile  nur  nach  dem  Gesetze  a)  ge> 
bildet,  indem  sie  bloss  die  Thatsächlichkeit^  nicht  die  Nothwendigkeit  einer  Ver- 
knüpfung von  5  und  P  behaupten.  In  seiner  strengsten  Anwendung  tritt  uns 
das  principium  rationis  su/ficicntis  in  der  Mathematik  entge0:en.  Dagegen  ist 
die  Forderung,  welche  in  der  Naturwissenschaft  obenan  steht,  dass  n:inilich  für 
jede  Erscheinung  nach  einer  Ur-  Sache  (causa,  im  Unterschied  von  ratio,  Denk- 
grund) gesucht  werden  müsse,  eine  Forderung,  welche  auf  der  Annahme  eines 
Wirkens,  einer  Veränderung  beruhe  nicht  in  dem  rein  logischen  Causalgesetze 
enthalten.  —  Wenig  Werth  hat  die  Ton  Kant  gegebene  Unterscheidung  ana< 
lytischer  und  synthetischer  Urtheile.  —  Das  analytische  Uitheil  ist  ein 
solches,  bei  welchem  das  Prädikat  nichts  aussagt,  als  was  schon  im  Begriff  des 
Subjektes  enthalten  ist,  ein  synthetisches  ein  solches,  bei  welchem  das  Prädikat 
vom  Subjekt  etwas  neues,  noch  nicht  in  seinem  Begriff  enthaltenes  prädicirt. 
Ob  nun  ein  Merkmal  /'als  im  Begriß  des  Subjekts  5  enthalten  angesehen  wird, 
hängt  von  der  Krkenntnisstufe  des  Urtheilenden  ab,  d.  h.  davon,  ob  er  den  Begriff  .S 
vollständig  denkt  oder  nicht.  So  soll  z.  B.  »alle  Körper  sind  ausgedehnt«,  ein 
analytisches,  ^alle  Körper  sind  schwer«,  ein  synthetisches  Urtheil  sein.  Sobald  ich 
aber  den  Begriff  der  Körperlichkeit  ganz  denke,  ist  auch  seine  Ponderabilität 
darin  enthalten,  und  wir  hätten  also  im  zweiten  Falle  ein  analytisches  UräieiL 

—  Im  Schlüsse  sucht  das  Denken  selbstständtg  aus  zwei  oder  mdneren  Ur- 
theilen ein  neues,  ihm  nicht  unmittelbar  gegebenes  zu  entwickeln,  das  dann 
gldchfolls  wie  jene,  objektive  Giltigkeit  haben  soll.  —  Die  beiden  Urtheile  (wir 
gehen  von  der  einfachsten  Schlussform  aus\  aus  denen  man  einen  Schluss  ge- 
winnen will,  heissen  die  Prämissen,  und  zwar  nach  ihrer  Stellung  der  Obcr- 
und  der  Untersatz;  der  BcgrilT,  der  in  beiden  vorkommt  und  der  so  erst  einen 
Schluss  gestattet,  heisst  der  Mittelsbegriif  (M).  Das  Grundschema  des  Schlusses 
ist  demnach: 

Mht  P  Alle  Menschen  sind  sterblich 

5  ist  Jlf  Cajus  ist  ein  Mensch 

Also  S  ist  P,  Also  ist  Cajus  sterblich. 

—  Die  sogen,  aristotelischen  Schlussfiguren  haben  wenig  wlssenschafUichen 
Werth,  da  sie  blos  eine  empirische  Aufzählung  der  verschiedenen  Stellungen 
sind,  welche  die  drei  Begriffe  S,  AT,  P  zu  einander  einnehmen  können,  eben- 
so die  Unterarten,  welche  aus  der  Kreuzung  dieser  Eintheilung,  mit  der  die  Ur- 
theile in  allgemein  bejahende  und  verneinende,  particular  bejahende  und  ver- 
neinende entstehen.  Wichtiger  ist  die  Eintheilung  der  Schlüsse  in  Erfahrungs- 
schlflsse  und  Consequenzschlflsse.  Die  Erfahr ungsschlttsse  geben  zwar  eine  be^ 
deutende  Erweiterung  des  Erkennens,  sind  aber  nicht  unbedingt  sicher,  weil  die 
Richtigkeit  der  Prämissen  oft  nicht  über  allem  Zweifel  steht,  die  Cönsequenz- 
schlflsse  sind  zwar  unbedingt  richtig,  geben  aber  weniger  neue  Erkenntniss,  for- 
mell  unterscheiden  sie  sich  dadurch,  dass  der  Obersatz  beim  Erfahrungsschluss 
ein  Erfahnings-,  beim  Consequenzschluss  ein  apodiktisches  Urtheil  ist  —  Die 
meisten  in  der  Wissenschaft  angewendeten  Schlüsse  sind  Erfahrungsschlüsse; 
z.  B.  indem  man  cnipiriscli  gefunden  hat,  dass  so  und  so  viele  Korper  in  festem 
Zustand  diciiter  sind,  als  in  Üüssigeni,  so  ist  man  geneigt,  das  allgemeine  Urtheil 

»• 

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t^gik. 


aufzustellen:  Alle  Körper  sind  in  festem  Zustand  dichter,  als  in  flüssigem. 
Schliesst  man  nun  aber:  Alle  geschmolzenen  Körper  Bind  weniger  dicht  als 
in  festem  Zustande;  das  Wasser  ist  ein  geschmolzener  Körper;  also  ist  das 
Wasser  in  geschmolzenem  Zustande  weniger  dicht  als  im  festen,  so  er> 

giebt  sich  sofort  aus  der  Thatsache,  dass  der  Schlusssatz  falsch  ist,  die  Un- 
richtigkdt  des  Obersatzes  wenigstens  in  seiner  Allgemeinheit    Als  Beispiel  eines 
Consequenzsclilusses  mag  dienen:    Fiqiir  .UÜ'/)  ist  ein  Paralkloj^mmm.  Also 
\si  ACD~A BD.  —  Denn  eigentlich  iiuiss  als  t»hersatz  erL;an/.t  werden:  in  jedem 
Parallelogramm  sind  die  gegeniiherlieueiulen  Winkel  gleich,  ein  Satz,  der  selbst 
nicht  durch  die  Sammlung  vun  so  und  so  vielen  Fallen  gewonnen  wurde,  wo 
das  zutraf,  sondern  selbst  wieder  durch  logische  Consequenz  nothwendig  und 
desshalb  unbedingt  und  allgemein  giltig  enmesen  worden  ist  —  Wie  aus  dem 
Vorigen  ersichtlich,  gewahrt  die  Ix)gik  an  und  lür  sich  keine  neuen  Erkennt« 
nisse,  sondern  nar  dann,  wenn  sie  anderswolier  ihren  Inhalt  bezieht»  wobei  dn 
Postulat  des  Denkens  ist,  dass  es  nicht  subjektiv  phantasirt,  sondern  im  Stande 
ist,  ein  getreues  Abbild  der  Wirklichkeit  nachzubilden.    Die  zwei  Hauptmethoden 
nun,   welche  man  anwenden  kann,   um  rw  einer  Erkcnntniss  zu  gelangen,  sind 
die  der  Deduktion  und  die  der  Induktion.    Die  Deduktion  sucht  von  fest- 
stehenden (ob  wirklich  oder  nur  in  der  Einbildung  feststehenden,  ist  eine  andere 
l'ra^e)  Sätzen,  die  Axiome  gcnaunt  werden,  in  Verbindung  mit  Definitionen 
Ptanussen  an  Schlüssen  zu  finden,  aus  letzteren  wieder  mit  Hilfe  neuer  dien- 
fiiUs  feststehender  Sätze  neue  Schlüsse  zu  bilden  etc.    Diese  Methode  besitzt 
aber  den  grossen  Uebelstand,  dass  häufig  die  sogenannten  ^xiome  nur  Fiktionen 
sind,  und  unbedingte  Sicherhett  kann  nur  in  der  Mathematik  gefunden  werden, 
weil  hier  die  Axiome,  von  denen  man  ausgeht,  aus  der  Natur  der  mathematischen 
Elemente  gefolgert,  ni(  ht  durch  empirische  Beobachtung  erschlossen  sind.  —  Die 
Induktion  hat  den  V^ortheil,  dass  sie  von  einer  Reihe   von  unbestritten  aner- 
kannten Wahrheiten  ausgeht,  nämlich  einer  Reihe  von  Erfahrungsurtheilen.  Sie 
nimmt  nun  diese  Urthcile  als  SchlussbäLze  und  sucht  daraus  die  Prämissen  zu 
gewinnen,  betrachtet  dann  wieder  diese  Schlusssätze  und  sucht  neue  Prämissen 
u.  s.  w,,  bis  sie  bei  einem  obersten  Princip  angelangt  ist   Während  nun  aber 
bei  der  Deduktion  das  Schlussverfahren  —  in  der  Regel  wenigstens  —  formell 
richtig  is^  dagegen  die  Prämissen  angezweifelt  werden  können,  findet  bei  der 
Induktion  das  Umgekehrte  statt.    Das,  wovon  man  ausgeht,  steht  in  der  Regel 
fest,  dagegen  bietet  das  Zurückgehen  auf  ein  höheres,  keine  Garantie  für  unbe- 
dinj^te  Richtigkeit,    indem  der  qiciche  Satz  aus  ganz  verschiedenen  Prämissen 
folgen  kann  (indem  man  wohl  von  (irund  auf  die  Folge,  nicht  al)er  von  der  Folge 
auf  den  (Irund  unmittelbar  schliessen  kann).  —  Deshalb  ist  es  angezeigt,  immer 
beide  Wege  zu  gehen  und  den  einen  als  Probe  des  andern  zu  benützen.  — 
Hypothesen  sind  Sätze,  die  mit  dem  Bewustsein  ihrer  blos  problematischen 
Giltigkeit  aufgestellt  sind  und  ihre  Bestätigung  durch  die  einzelnen  Fälle  der  Er- 
fahrung  oder  durch  logische  Consequenzschlüsse  erheischen.    Zur  unbedingten 
Wahrheit  kann  eine  Hypothese  blos  im  letzteren  Fall  werden,  während  der  Er- 
fahrungsbeweis sie  nur  der  Wahrheit  annähern  kann.    Dagegen  ist  die  Unrichtig« 
Weit  der  Hypothese  nachgewiesen,  sobald  sie  mit  einer  allgemein  anerkannten 
Wahrheit  im  Widerspruch  steht.     So  sind  eine  Menge  von  Sätzen  der  Natur- 
wissenschaft nur  Hypothesen  (wie  z.  B,  die  Annahme,   dass  das  l,icht  durch 
Acthersclnvingungcn  entstehe),  die  den  Namen  einer  Wahrheit  um, so  mehr  ver- 
dienen, je  öfter  sie  von  der  Erfahrung  bestäti^jt  sind  und  je  geringer  die  Wabr- 


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Logone  —  Loligo. 


t49 


scheinlicbkett  wird,  dass  sie  einmal  durch  eine  anerkannte  Wahrheit  widerlegt 
werden.  —  Fragt  man  nach  dem  praktischen  Werlhe  des  logischen  Studiums, 
so  ist  derselbe  ein  ziemlich  beschränkter.  Vor  allem  hat  einmal  die  T.oink  — 
gemeinsam  mit  der  Mathematik  —  den  Vorzug,  dass  sie  den  Geist  in  eminentem 
Sinne  formal  zu  bilden  vermag.  Dagegen  ist  es  eitel  Träumerei,  wenn  man 
meint,  durch  die  Kenntniss  der  Gesetze  des  Denkens  auch  direkt  eine  grössere 
Sicherhett  im  logischen  Denken  ztt  gewinnen.  Vielmehr  kann  die  Logik  blos 
die  Nonnen,  welche  wir  in  unserem  Denken  halb  unbewusst  schon  seit  früher 
Jugend  auwenden,  nachträglich  zum  Bewusstsein  bringen.  Deshalb  war  es  auch 
ein  naiver  Wahn,  den  wir  glücklicher  Weise  hinter  uns  haben,  dass  man  auf 
Grundlage  blos  logischer  Speculation  eine  Philosophie  des  gesammten  Weltalls 
gründen  wollte,  wie  Hegel  und  seine  Schule.  —  Die  bedeutendsten  logischen 
Werke  aus  neuerer  Zeit  sind  die  von  DRoniscii,  'rRENDEi.F.MJUKO,  Lotze,  Wuxdt, 
SiGWAKT  u.  a.  m.  Eine  sehr  ausführliche  Geschichte  der  Logik  hat  Prantl  ge- 
liefert. J. 

Logone.   Zweig  der  Musgu-Neger  (s.  d.),  südlich  vom  Tschadsee,  am  unteren 
Scbari.    V.  H. 

Logrono.  Einer  der  StSmme  der  Jivaro  (s.  d.).    ▼.  H. 

Lobaoi.  Unter  diesem  Namen  fosst  man  die  su  der  indischen  Abtheilung 

der  Afghanen  (s.  d.)  gehörenden  Bewohner  Iis  ogenannten  Daman  «usamnien, 
nämlich  der  entlang  dem  Suleimangebirge  sich  hinziehenden  Ebene  Makelvad. 
Sie  zerfallen  in  mehrere  Stämme,  wie  die  Dauletkhail,  Gandepur.  Miankhail, 
Babur,  Storiani.  Auch  der  nördlich  von  Daman,  westlich  von  der  Ebene  Makel- 
vad wohnende  Stamm  der  Marvat  gehört  hierher.  v.  H. 
Lohanna.    Abüieiiung  der  Dschat  (s.  d.).     v.  H. 

Lobitavdlker.  Unter  diesem  Namen  fasst  Friedrich  Müller  eine  Reibe 
von  unkukivirten  Bergstämmen  zusammen,  die  sich  an  die  Birmanen  und  Mugh  an- 
schliessen  und  au  denselben  in  dem  gleichen  ethnologischen  Verhältniss  stehen, 

wie  die  Himalayavölker  zu  den  Tibetern.  Zu  den  L.  gehören  die  Mischmi,  Naga 
Luschai,  Khyeng,  Singfu,  Hlingdschu  oder  Schendt,  Komni«  Lolo  u.  s.  w.    v.  H. 
Lohkäfer,  s.  Oryctcs.      E.  T(;. 

Loi.  Name  roher  Barbaren,  die  in  den  Bergen  am  Kap  St.  James  in  Hinter- 
indien umlierstrcifen  und  von  dem  französischen  Reisenden  RiiL  in  die  berüchtigte 
Klasse  der  »Schwanzträger«  gestellt  wurden.  Fälschlich  wird  der  Name  L.  auch 
den  Tsiampa  (s.  d.)  beigelegt,     v.  H. 

Loikob,  B.  Wakuafi.    v.  IL 

Lok-fhai,  s.  Pe-y.    v.  H. 

Loldieiile,  Lölcheule,  Neuronm püptUariSf  Fab.,  ein  spinnerartigar  Schmet- 
terling aus  der  Familie  der  Nocturna,  dessen  Raupe,  der  der  Graseule  (s.  d.)  unge» 
mein  ähnlich,  sich  von  Gras  ernährt  und  den  Wiesen  dann  und  wann  bedeuten- 

den  Schaden  zugefUgt  hat.     E.  Tg. 

Loligo,  Lamarck  1810,  schon  bei  Plinius  diesen  Namen  führend,  Sipia  loligo 
bei  LiVKE,  zehnarniigcr  Cephalopod  aus  der  Familie  Myopsidae,  Rumpf  länglich, 
fast  cylindrisch,  die  beiden  Seitenflossen  nur  am  hintersten  Theil  und  hier  in  eine 
gemeinschaftliche  Spitze  sich  vereinigend,  die  innere  Schale  homartig,  biegsam, 
im  vorderen  Drittel  schmal,  dann  spateiförmig  verbreitert  Mehrere  unter  sich  sehr 
ähnliche  Arten  in  den  wärmeren  Meeren.  Z.  wügwrist  Lamarck,  30'*4o  Cm. 
lang,  tevthos  der  alten  Griechen,  daher  noch  in  Sicilien  todaro  genannt,  calamajo 
der  Italiener  und  calmar  derFraiuosen,  von  calamarium,  Tintenzeug,  indem  die 

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f$o 


Loligoptis  —  Londieres. 


innere  Schale  mit  einer  Feder,  der  schwarze  Saft,  den  das  Thier  ausspritzt,  mit 
Tinte  verglichen  wurde,  mit  einigen  anderen  Arten  gemein  im  Mittelmrer  und 
Sih  Speise  geschätzt,  zarter  als  Sf/>ia  und  Octoptts;  seltener  in  der  Nordsee,  sclir 
selten  in  der  Üstiee  (L.  breinceps^  Seplemb.  1872,  bei  Travemünde).  E.  v.  M. 
Loligopsis,  s.  L«»cliift.    E.  M. 

Lolo,  Name  der  Schaa-  oder  Laos*Völker*bei  den  Chinesen.  Speciell  be« 
seichnet  man  als  L.  die  ebenfalls  den  Lohitavölkem  betsuzählenden  Ureinwohner 
der  sttdchinesischen  Provins  Yünnan,  welche  besonders  Befigbau  treiben  und  als 
gute  Waffenschmiede  bekannt  sind.  Eine  noch  verbreitetere  Beieichnung  für 
diese  süi^lrhincsischcn  L.  ist  MiaO'tse  (s.  d.).     V«  H. 

Lombadi,  s  Gohur.     v.  H. 

Lombrive.  In  Ariegc  liegt  die  von  den  Touristen  wegen  ihrer  Tropfstein- 
gebilde seit  lange  besuchte  Höhle.  Sie  steht  in  Verbindung  mit  den  >iühlen 
von  Sabord  und  Niaux.  Zahlreiche  Menschenknochen  fanden  hier  Garrigou  und 
FiLHOL  im  sandigen  Lehm  der  Oberflflche  neben  Knochen  von  braanem  Bär, 
Urbär,  Rentbier,  Hirsch,  Pferd,  kleinem  Rindvieh.  Dawkins  setst  diese  Kaochen- 
schicht  in  das  neoUtische  Zeitalter.  Die  gefundenen  Breitsdiädel  untersdieiden 
sich  nach  Thurnam  in  keinem  Punkte  von  denen  der  neolithischen  Brachykephalen 
Frankreichs  und  Belgiens.  Nach  Broca  gleichen  diese  Schädel  am  meisten  der 
der  Basken,  welche  heute  nocli  diese  Gegenden  bewohnen.  Vergl.  »Die  Höhlen 
und  die  Ureinwohner  Europa  sc  von  Dawkins,  pag.  205,  iDer  vorgeschichtliche 
Mensch«  von  Fr,  von  Hei  f-wald,  2.  Aufl.,  pag.  4;;o  und  Abbildung.     C.  M. 

Lomechusa,  Grav.  (gr.  Franzcn  habend),  cme  Gattung  aus  der  Familie  der 
SU^kg^Unidae  (s.  d.);  ihre  4  europäischen  Arten  leben  bei  Ameisen,  gehören  su 
den  sogenannten  >Ameisengästen.c    E.  Tg. 

Lomwe.   Einer  der  vier  grossen  Abtbeilungen  der  Makua  (s.  d.).     v.  H 

Loncfaerev,  Juigkr,  sjm.  Isatkrixt  Wagker,  (Lasiurtmtys,  DsvitLs),  Nehmjs 
JouRD.,  Lanxenratte,  Nagergattung  aus  der  Familie  der  J&AMtgwi<7,  Wateru.  (s.  d.) 
auch  71!  den  Orfodotitidae^  Octodonthia  (s.  d.)  gestellt  —  Mit  einer  Ausnahme  tragen 
die  Lanzenratten  auf  der  Oberseite  des  Körpers  jjlatte,  längsgefurchte,  zugespitzte 
Stacheln  zwischen  den  weichen  Haaren;  sie  besitzen  eine  gespaltene,  mit  starken 
Schnurren  besetzte  Oberlippe,  kurze  dicke  Ohren,  kräftige  kurze  5  zehige  Beine 
(YorderfÜsse  4  zehig  mit  Daumenwarze)  und  körperlangen  Schwanz.  Von  den 
grossen  Backsäbnen  zMgen  die  oberen  zwei,  die  unteren  eine  äussere  und  awei 
innere  Falten.  —  r.  Arten  mit  Stachelkleid,  a)  mit  behaartem  Schwänze:  Zm- 
chtra  cristatuSf  Waterh.,  »Kammlanxenrattec  syn..  L.  paleacta,  Lichst.  £fAimys 
aisiaiiu,  Dism).  —  Körperlttnge  $t  cm.,  ca.  ebenso  lang  der  Schwanz,  Färbung 
braun,  unten  gelblich,  Kopf  schwarzbraun  mit  weissem  Stirn* Hinterhaupt- 
streifen; FUsse  dunkelbiaun,  Schwanz  schwarz,  seine  Endhälfte  rein  weiss.  Hei- 
math: Guiana  und  Fara.  —  Z.  ß/ainvi/üi,  Wagn.,  oben  rothfalb,  schwarz  ge- 
sprenkelt, unten  weiss.  Schwanz  kürzer  als  der  Körper,  mit  Endpinsel.  Bahia. 
u.  e.  a.  b)  Mit  beschupptem,  fast  nacktem  Schwänze;  Z.  arma/us,  Wagn.,  etwa 
29  cm.  lang,  Schwanz  kttrzer.  Die  braunen  Stacheln  besonders  am  Kreuze  dicht 
stehend;  K<}rpeisdten  braun,  unten  heller.  —  Brasilien.  £,  ^atnu»  Wagn. 
Kleiner  als  vorige.  Schwanz  körperlang,  oben  dunkelbraun,  gelblich  melirt, 
unten  schmutzig  gelb.  Branfien.  Z.  macrura,  Wagner.  Borba.  a.  Pelz  ohne 
Stacheln,  Schwanz  behaart  (hothrix,  Lasmrmi^s),  L.  piehUf  Waterh.  (Nelon^s 
firfu^,  Pk  tet),  >bunte  I.anzenrattcf ,  Körper  ca.  26,  Schwanz  31  cm.  lang.  Vorder- 
daumen rudimentär,  Kücken  braun,  unten  weiss.    Die  langen  Kopf-,  Hals-  und 


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Lonchophonik  —  Loputofhjmelras.  151 

Nackenhaare  am  Grunde  braun,  sonst  weiss.  Brasilien.  Aus  brasilianischen 
Knochenhöhlen  stammen  die  verwandten  Gattungen  Lonchophorus  und  FkyiUmys, 

LuND.  V. 

Lonchophorus,  Lumd.,  unvollständig  bekannte  fossile  Nagergattung,  nächst 
verwandt  Lonchercs  (s.  d.)  aus  brasilianischen  Knochenhöhlen.     v.  Ms. 

Lonchorhina,  Tomes  (westindisdie),  Fledermaiisgattaog  zu  den  yPhylhsfomaict 
Wagn.«  (s.  d.)  gehörig,  mit  compliciit  gebautem  Nasenbesatze,  undeutlichem 
Hufeisen,  verUingerter  Interfemoralhaut  und  bis  an  ihren  Rand  reichendem 
Schwänze.  —  Art:  Z.  attrita,  Tomes.  (Cit  nach  V.Carus»  Handb.  d. Zoologie»  L 
pag.  82.)    V.  Ms. 

Lonchurus»  Fitzinger  (gr.  hiukt  Lanze,  urus  Sckwsaa),  ^  C/rfipiaUs, 
Gray.  Pf. 

LrOnda,  s.  Lunda.     v.  H. 

Longicomia,  Ltr.  (lat.  Langhorner)  =  Cerambyctdae.     E.  To. 
Longifrons-Race,  s.  Hausrind.  R. 

Longipenoes»  Seefiieger,  eine  die  J^HtUarüdae,  Lanäat  und  Stermdae  um- 
lassende Ordnung  der  Schwimmvögel.  EHe  betieflenden  Formen  zeichnen  sich  durch 
ein  in  besonderem  Grade  ausgebildetes  Flugvermögen  aus.  Die  Schwanzfedern  sind 
wohlontwickelt  und  mittellang.  Die  drei  Vorderzehen  werden  durch  Schwimm- 
häute verbunden,  welche  zuweilen  stark  ausgeschnitten  sind.  Die  Hinterzehen, 
in  der  Regel  kurz,  oft  ganz  verkümmert.  Die  l!cine  sitzen  ziemlich  oder  voll- 
ständig in  der  Mitte  des  Körpers  (vergl.  dagegen  Art.  Taucher);  daher  bewegen 
sich  die  Sceflicgcr  auch  auf  dem  Lande  geschickt,  wobei  sie  den  Körper  ziem- 
lich wagerecht  tragen.  —  Die  meiste  Zeit  ihres  Lebens  verbringen  die  Seeflieger 
auf  und  Aber  «dem  Wasser.  Sie  schwimmen  gut,  wenn  auch  weniger  schndll 
als  die  Tancher,  wobei  der  leichte  Körper  wie  ein  Kork  auf  der  Wasserfläche 
liegt  Ihre  Beute  nehmen  sie  von  der  Oberfläche  des  Wassers  auf  oder  ergreifen 
sie  durch  Stosstaudien  aus  der  Luft.  —  Die  oben  genannten  drei  Familien,  in 
welche  die  Ordnung  zerfallt,  unterscheiden  sich  durch  die  Form  des  Schnabels, 
insonderheit  auch  durch  die  Form  und  I  acre  der  >r.T,.senlöcher.  Rchw. 

Longobarden  .der  Langobarden.  Zweig  der  Germanen,  welcher  nach 
Oberitalien  emwandcrte,  wonach  die  Lombardei  den  Namen  träcrt,  und  wovon 
noch  die  meisten  Spuren  vorhanden  suid.  WandcrungsiubUgcr  als  alle  übrigen 
Germanen,  wechselten  die  zu  den  Dieven  gehörenden  L.  häufig  ihre  Wohnsitze,  die 
sidi  jedoch  ursprttni^ich  wohl  auf  dem  linken  Ufern  der  Elbe  etwa  von  der  MQndtmg 
der  Saale  in  letztere  nordwestlich  bis  zu  den  Grenzen  der  Cauchi  minores  erstredet 
zu  haben  scheinen.  Schon  Tiberius  kämpfte  gegen  sie.  Lange  Zeit  hindurch 
weiss  man  sodann  nichts  Sicheres  von  ihnen,  etHt  gegen  das  Ende  des  fllnflen 
Jahrhunderts  erscheinen  sie  plötzlich  in  Mähren,  ziehen  von  dr^  548  nach  Pan- 
nonien,  unterwerfen  565  die  Gepiden  und  gründen  endlich  in  Oberitalien  ein 
neues  Reich  (568—774).     v.  H. 

LrODg-tschi-Miau.  Stamm  der  Miao-tsc  (s.  d.),  bei  dem  es  Pflicht  des  Vaters 
ist,  den  Bedürfnissen  der  Kinder  besondere  Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Dieser 
Pflicht  wird  sogar  noch  nach  dem  Tode  Ausdruck  gegeben.  Stirbt  nämUch  ein 
Valer,  so  wird  er  mit  umgewendetem  Gesichte  begraben,  was  andeuten  soll,  dass 
der  Vater  auch  im  Jensdts  über  seinen  Kindern  wacht    v.  H. 

Lontra,  Ci  ay  (SurUöria,  Lsss.)  s.  Lutra,  Storr.    v.  life. 

Lootsenfisch,  s.  Naucrates.  Klz. 

I#opadorhynchu8,  Grube  (gr.  =  Napfrttssel)*    Gattung  der  Borstenwürmer, 


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Lopaten  —  Lophophorus. 


Ord.  Notobranchiaia t  Fam.  Phyllodocidae ,  Grube.  Rüssel  kurz,  schU&selfdnnig 
verbreitert;  Segmente  zahlreich;  Rudercirren  blattförmig.  Wd. 

Loparen.  Name  der  russischen  Lappen  (s.  d.).    v.  H. 

Lopere.   Bantuvolk  westlich  vom  Tanganyikasee.     v.  HL 

Lophiocephalus,  Cotta  (gr.  =  BUschelkopf).  Gattung  der  Borstenwünner. 
Ordn.  Ccpha/obranchiata,  Fam.  Phcrusidae,  CIrube.  Wd. 

Lophiodon,  Cir\' ,  eorene  Säugergattung  der  ( )r(!nunr^  Per  'issodactyla  Owen 
(UnguhUa  imparid'r^itata) ,  Typus  der  ÜWF.N'sclicn  Familie  I.opJiuuhntia,  neuer- 
dings zu  den  Ta{»ircn  gestellt,  von  welchen  sich  LopIüoJon  im  Zahnbaue  nur 
wenig  unterscheidet;  die  Unterkieferbackzähnc  gleichen  völlig  jenen  der  jüngeren 
Tapire,  hingegen  sind  die  Prämolaren  im  Oberkiefer  einfacher  gebaut,  sie  aeigen 
nur  einen  QuerfaOgel.  Die  Skelettverbältnisse  sind  noch  wenig  bekaimt  —  Hierher 
L,  issilinse,  Cuv.,  Z.  parisienstt  Gerv.,  Z.  tapiroidtSt  Cuv.,  etc.  Mehrexe  Lophiodon- 
arten  wurden  zu  eigenen  Gattungen  erhoben,  so:  Z.  hyracinum  zu  Tt^r$Ui$s, 
Gerv.  Z.  cervulum  Gerv.  zu  Lophiotherium  etc.     v.  Ms. 

Lophiodontia,  Owi  x,  fossile  (eocene)  Säiii^erfamilie  der  > Pcrhsodactyla,^ 
die  auf  die  Haui>tL^attvinj;  T.pphiodon  Cuv.,  be.^ruiidet,  ausser  dic^^cr  noch  die 
Genera:  Coryphodon,  llyt acollurium  und  J^liohphus  unitasste.  —  L'oryphodon 
wird  als  eine  der  Stammform  der  Hufthiere  nächstverwandte  Gattung  neuerdings 
als  Repräsentant  der  -^CoryphodmiÜdaei  angesehen;  letztere  besassen  eine  auf- 
fallend kleine  Schädelkapsel  und  kleines  Vorderhtm,  kurze  5  zehige  Fflsse  mit 
echten  verbreiterten  Hufgliedern  und  44  Zähne  (f  Schneide»,  \  Eckzähne,  \  FrärocK 
laren,  \  Molaren).  £tjfrü€^herhm  gehört  tu  den  Arththäyla  und  zwar  zu  den 
>})albmondzähnigen  Faarhu ferne  (Paridigitaia  teltn^donia*.  bez.  zur  Fam.  der 
Hyopotamidae.    Vcrpl.  auch  die  Artikel  über  die  genannten  Gattungen.      v.  Ms. 

Lophiotherium,  Glkv.,  coccnc  zu  den  Tapiridae  gehörige  Päugergattung,  be- 
gründet auf  das  im  SUsswassermergel  von  Alais  gefundene  Lophiodon  cervulum^ 
Gerv.  —     v.  Ms. 

Lophius,  LiNNfi,  Seeteufel,  s.  Armflosser.  Klz. 

Lophobranditi,  s.  Bflschelkiemer.  Klz. 

Lophocalotes,  GOmthbr  1872.  Agamiden-Gattung  aus  dem  Ind.  Archi> 
pel.  Pf. 

Lophocercaria,  Dies.  (gr.  Buschelcercarie).  Eine  Larvenform  der  SaugwUrmer, 
Trematoda.  Mund  am  Vorderende  des  Körpers;  ohne  Saugnapf.  Schwanz  ge* 
thcilt.  Lebt  parasitisch  in  SUsswasserschnecken.  Die  reife  Form  dieser  Cer- 
carien  ist  noch  unbekannt.  Wo. 

Lopbocercus,  s.  T. obiger.     E.  v.  M. 

Lophodcira,  l-riz  ^gr.  dciros  Hals)  =  Calotcs,  Cuv.  Pf. 

Lrophognathus,  Gray  (gr.  gnaihus,  Rinnbacke)  as  PkysigtuUus  Cuv.  Pf* 

Lophomonadidea,  Grassi  i88a.  Monaden>Familie.  Hinterende  zugespitzt, 
am  Vorderende  ein  Büschel  zahlreicher  Geissein.  Gatt  t^homofm,  Pp. 

Lophonota,  Costa  {ff,  =  Rttckenbttschel).  Gattung  der  BorstenwUrmer. 
Ord.  Natokranthiata.  Fam.  Au^Mmmidatt  Sav.  Ohne  Fühler;  die  Kiemen  aus 
einer  Querreihe  von  Fädchen  zusammengesetzt.  Entbehren  der  Karunkel  (kamm> 
artigen  Hautfake).  Wt>. 

Lophophanes,  Kaup  (gr.  lop/ios  Schopf,  p/iaino  zeigen),  Untergattung  von 
Parin,  L.    Typus:  Z.  crisiaius,  L.  Rciiw. 

Lophophorus,  Tem.  (gr.  lophos  Haube,  phero  tragen),  Gattung  der  Fasanen, 
zur  Unterfamilie  der  Pavemaae  (s.  d.)  gehörig,  Vögel  von  mittlerer  Grösse  der 


^ujui^uo  i.y  Google 


Lopborhynchtts  "  Lotis. 


«53 


Fasanen,  kurzer,  gedrungener  Gestalt  und  kurzen  Läufen,  welche  kaum  so  lang 
als  die  Mittelzehen  sind.  Der  abgcrunciete  Schwanz  ist  kür/er  als  der  FHi_^el. 
Die  Männchen  halten  prachtvoll  uictailiäch  blau,  grün-  und  kulJferglän^enJei> 
Gefieder  und  häufig  wie  die  Pfauen  eine  Krone  kahlschäftigcr,  mit  spatelförmiger 
End&hne  versehener  Federn  auf  dem  Kopfe.  Die  Hennen  haben  unscheinbares 
bräunliches  Gefieder.  Die  bekannten  drei  Arten  bewohnen  den  östlichen  Hima* 
laya.  Der  Königs -Gl an zfasan,  L.  impcyanus,  Lath.,  ist  eine  häufige  Er 
scbeinung  unserer  zoologischen  Gärten.  RcHW. 

Lophorhynchus,  Schneider  1882.  Gregarinen-Gattung  neben  Slyiorhync/tus 
(Arch.  Zoo),  exp.  X).  Pf. 

Lophortyx,  Bi\  (;;r.  lophos  Schopf,  or^x  Wachtel),  Untergattung  von  Caili- 
pepla^  s.  Schopfwachteln.  Rchw. 

Lophosalea,  Beddome  1878,  s.  Salea,  Gray.  Pf. 

LophosBora,  Gray,  ^  BasUisfus^  LAtm.  Ff. 

Lophosaiima,  Fitzincbr,  «  Gm^ouphabtSt  Kauf.  Pf. 

Lophosteus,  Fetbrs  und  Doria,  =  Gowyoftphahts,  Kauf.  Pf. 

Lophostoma,  d'Okb.,  Gerv.,  su  den  nFkj^Uo^maa*,  bez.  zu  den  « Vampy- 
rina,<  Gf.rv.,  gehörige  Fledermausgattung  mit  rudimentärem  Hufeisen  und  ver» 
kUrztem  ersten  Mittelfingergliede.    s.  Vampyrus,  Geoffr.     v.  Ms. 

Lophura,  Gray,  Agamidcn-Gattunsr,  von  Liolepis,  Cuv.,  durch  den  coni- 
pressen  Leib  und  die  gelappten  Zehen  unterschieden.  L.  amboincnsis,  Schlosser, 
Ost-Indien.  Pf. 

I«ophyropoda,  von  Latreills  aufgestellte  Ordnung  der  Krebse,  welche  die 
Copepoden,  Daphniden  und  Ostracoden  zusammenfasste  gegenüber  den  Sipka- 
ttastoma,  welche  die  Caltginen,  Ergasiltnen  und  Verwandte  begrifi!  Gegenwärtig 
ziehen  die  meisten  Autoren  die  Siphonostomen  mit  den  Copepoden  in  der 
Ordnung  der  Enhmcsiraea  (Spaltflissler)  zusammen.  Rchw. 

Lophyros,  Dumerit.,  Acjamidcn-Gattung,  deren  Mitglieder  jetzt  bei  den 
Gatttingen  Gonvocephalus  und  Acanthosaura  untergebracht  werden.  Pf. 

Lophyrus,  Latk.  (gr,  Helmbusch  und  Schwanz),  eine  Gattung  der  Blatt- 
wespen (s.  d.),  welche  sich  durch  zweireihig  gekämmte  männliche  Fühler  (sKamm- 
homwespen«)  und  nur  eine  Randzelle  im  Vorderflügel  auszeichnen;  die 
9s*beinigen  Larven  leben  an  Nadelhölzern,  besonders  Kiefeni^  oft  in  bedeutenden 
Mengen  beisammen.    E.  Tc. 

LopiUamUlos,  iiUhere  Indianer  der  S,  Franctscobai.    v.  H. 

Lord),  volksthflmliche  Beeeichnung  fUr  den  Haubensteissfuss,  Podkeps  eris» 
iaUu,  L.,  s.  Podiceps.  Rchw. 

Loriculus,  Bi.vth.  =  Coryllh,  Fixsrii,  s.  Fledermauspapageien.  RcHW. 

Loripes  (lat.  Riemenluss),  Püi.i  1791,  s.  Lucina.      K.  v.  M. 

Loris,  Gkoikk.,  syn.  Arachtwccbus,  T^ess.  ,  Halbaftcngattung  der  Familie 
Lemurida,  Is.  Geoffr.,  s.  Stenops,  Illig.     v.  Ms. 

Loris,  Bezeichnung  für  eine  Gruppe  australischer  Papageien  (s.  Trichoglos* 
sidae),  im  besonderen  (Ür  eine  Gattung  dieser  Familie  (Lorius,  Briss.,  Damktlla, 
Wagl.),  im  Gegensatz  zu  den  Keilschwanzloris  (Tricho^ossm)  auch  Breit- 
schwanzloris  genannt  Die  Gattung  wird  dadurch  charakterisirt,  dass  der 
Schwanz  stets  kUrzer  als  die  Flügel,  dabei  stark  gerundet  oder  stufig  ist. 
Die  einzelnen  Schwanzledern  sind  breit,  auch  gegen  das  Ende  hin,  niemals  zu- 
ge>[jitzt  wie  bei  den  Keilschwanzloris.  Erste  bis  dritte  Sclnvinfje  sind  die 
längsten  oder  zweite  und  dritte,  erste  dann  gleich  der  vierten.   Die  Gestalt  im 

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«54 


Loriftiiia  —  LoucticiDu 


Allgenieinon  ist  gedrungener  als  diejenige  der  Keilsclnvrxnzsittiche,  insonderheit 
auch  der  Kopf  starker.  Wir  kennen  23  verschiedene  Arten,  welche  Neu-Guinea, 
die  Mohikkcn,  Sahjmons-Inseln  und  andere  pai>uanische  Inselgruppen  bewohnen. 
Nach  dem  Färbungscharakter  sind  drei  Untergattungen  zu  unterscheiden:  Kein 
Roth  im  Gefieder  oder  doch  die  rothe  Farbe  nicht  voifaertscliend  haben  die 
GUnzloris,  Chalc^pstttaeus,  Dp.  (Vertreter  Ch.  sehaUhHu,  Tfeu.),  die  übrigen 
sind  vorzugsweise  roth  gefärbt  und  zwar  haben  die  typischen  Formen  der  Gattung 
grüne  Flügel  (Vertr.  der  Gelbmantellori,  DamkeUa  garrula  L  ),  während 
die  Arten  der  dritten  Untergattung,  Eos,  Wagl.,  an  den  rothen  und  schwaneen 
Flügeln  kenntlich  sind  (Vertreter  E<fs  ridninfa,  B( usr.).  Rcnw. 

Lorisina,  Gray,  s.  Nyctit  cbina,  Mtv.,  Subfamilie  der  iLemuridat,     v.  Ms. 

Lork  =  Kröte  (B.  einer (us)^  s.  d.  Ks. 

L,ota,  s,  Aalraupe.  Ki.z. 

L'Otophagen  d.  h.  »Lotos-Esscr«,  Bewohner  der  Kleinen  Syite  in  Nord-Afrika 
im  Alterthttme,  welche  in  Handelsbeziehungen  mit  den  Bewohnern  des  Innern 
Afrika's  standen.  Noch  jetzt  wichst  der  Ix>tos  namentlich  an  der  Kleinen  Syite 
in  grosser  Menge  und  wird  von  den  Einwohnern  genossen,    v.  H. 

LrOtoten,  Horde  der  Klamath  (s.  d.)  am  Rogue  River  in  Nord-Kaltfor- 
tuen.     V.  H. 

Loucheux  oder  Dindschieh.  Eine  der  vier  grossen  Gruppen,  in  welche 
P.  Petitot  aus  linguistischen  Gründen  die  Athapasken  (s.  d.)  eintheilt.  Sie 
werden  oft  aucli  als  Kutschin,  richtiger  Kuttschin  liezeichnet,  doch  heisst  letzteres 
Wort  einlach  Einwulincr.  Die  benachbarten  Eskimo  nennen  sie  Irkreleit  d.  h. 
Ungezieferlarven.  Wegen  des  bei  ihnen  sehr  verbrdtetcn  Schielens  erhielten  sie 
von  den  französischen  Kanadiern  den  Namen  L.  Sie  zählen  an  4500  Köpfe» 
wohnen  vom  Anderssonflusse  im  Osten  bis  nach  Aljaska  im  Westen,  im  Norden 
begrenzt  von  den  Eskimo»  und  umfassen  13  Stämme,  darunter:  die  Tutschone- 
Kutschin  (Krähenindianer),  die  Han-Kutschin  am  Yukon,  die  Vunta-Kutschin, 
die  Natsche-Kutschin  (Streng  peoplc),  die  Kutscha-Kutschin  oder  Kotsch-a-Kutschin 
(Lowland  people)  und  die  Tenan-Kutsclnn  oder  Tananauidianer.  Friedrich 
Mui.LER  beschränkt  die  Bezeichnung  L,  auf  die  Vunta-Kutschin  oder  Digothi, 
welche  östlich  vom  Porcujune  Flusse  und  im  Osten  am  Mackenzie  wohnen, 
doch  scheint  es  richtiger  die  obere  Ausdehnung  gelten  zu  lassen,  wenngleich  die 
Bezeichnung  L.  eine  wissenschaftlich  durchaus  unbefriedigende  ist  und  besser 
durch  den  Namen  Kutschin  oder  Dindschieh  ersetzt  wird.  Jeder  Stamm  hat 
seinen  eigenen  Hfluptling,  das  allgemeine  Ausseh«!,  Kleidung,  Gewohnheiten 
\md  Sitten  sind  aber  insgesammt  so  ziemlich  dieselben.  Ausser  der  Stammes* 
eintheilung  besteht  bei  ihnen  noch  eine  andere,  interessantere  und  wichtigere. 
Alle  werden  nSnilich,  olinc  Rucksicht  auf  den  Stamm,  in  drei  Grade:  Tsrhit-sa, 
Nati-sa  und  A-tul-sa  eingetl-eilt ;  die  ersteren  sind  die  reichsten,  die  letzicrcii  die 
ärmsten.  Nur  holt  sich  in  der  Regel  der  Mann  seine  Frau  nicht  in  seiner  eigenen, 
sondern  heirathet  in  eine  der  anderen  Klassen  hinein.  Vielweiberei  ist  bei  den 
L.  mehr  im  Schwange  als  bei  ihren  Nachbarn.  Der  L.  vervielfiiltigt  seine  Weiber 
gerade  so  wie  ein  Bauer  seine  Lastthiere;  viel  anderes  sind  sie  ihm  auch  nicht 
Die  L.-Weiber  stehen  in  ihrem  Aeusseren  den  Männern  nach  und  sind  auch  an 
Zahl  geringer,  zumal  früher  die  Tödtung  weiblicher  Kinder  üblich  war.  Es  giebt 
keinerlei  Heirathszeremonien,  auch  ist  keine  verläufige  Bewerbung  erforderlich; 
das  einzige  was  verlangt  wird,  aber  auch  in  allen  Fällen  unerlässlich  ist,  ist  die 
Einwilligung  der  Mutter.  Weder  Vater  noch  Bruder  haben  eine  Stimme  in  dieser 


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Louis!  adeninsulaner  —  Louz-ze. 


«55 


Angelegenheit.  Die  Kleidung  ist  bei  allen  Stämmen  die  gleiche,  und  beide  Ge- 
schlechter  unterscheiden  sich  hierin  nicht  viel  von  einander.  Sic  besteht  ans 
einer  Art  ledernen  und  sehr  nett  von  ihnen  selbst  verfertigten  Tunika  oder  zu- 
pespitztem  Hemd  und  Hosen,  an  welche  die  Scliulie  befestigt  sind.  Die  Tunika 
der  \S  eiber  ist  etwas  länger,  vorn  rund  statt  spitzig  und  reicher  mit  Perlen  und 
Hiaquamuscheln  verziert,  welche  beide  Geschlechter  leidenschaftlich  Heben.  Die 
Männer  bemalen  ihre  Gesichter  und  durchstedien  die  Nasenscheidewand,  in 
welcher  sie  zwei  oder  mehr  Hiaquamuscheln  anbringen.  Die  Weiber  tättowiren 
sidu  Ihr  Kinn  ist  von  einem  Mundwinkel  zum  anderen  mit  vertikalen  Linien 
bedeckt  Die  L.  sammeln  ReichthUmer  an  und  haben  ein  Tauschhandelsystem. 
Perlen  dienen  als  Verkehrsmittel.  Wer  die  meisten  Perlen  besitzt,  gilt  als  der 
Reichste.  Einige  Stämme  treiben  fast  gar  keine  Jai^d,  sondern  handeln  all  ihr 
Pelzwerk  von  fremden  Stämmen  ein,  zu  denen  sie  dieserhall)  alljährlich  Reisen 
unternehmen.  Früher  verbrannten  die  L.  ihre  Todten,  jetzt  legen  schon  mehrere 
Stämme  ihre  Todten  aul  ein  Gerüste  oder  begraben  sie  in  den  Boden.  Bei  der 
Beeidigung  ^ebt  es  nur  wenig  Ceremonien,  wenn  der  Verstorbene  nicht  ein 
Häuptiing  oder  sonst  angesehener  Mann  war.  Das  Eigenthum  wird  entweder 
vemichid^  oder  mit  dem  Besitzer  begraben.  Eine  Zeit  lang  unterhült  man  nScht> 
liehe  Wehklagen  und  während  dieser  Zeit  muss  der  nächste  männliche  Verwandte 
Fleisch,  Fett,  Pelze,  Perlen  u.  s.  w.  <tir  den  dabei  abzuhaltenden  Todtentanz, 
herbeischaffen.  Alle  Eingeladenen  nehmen  Teil  daran.  Das  Festmahl  wird 
während  des  Tages  gehalten,  und  Abends  beginnt  der  Tanz,  indem  alle  sich  in 
einem  Kreise  herumbewegcn  und  jeder  es  seinen  Kameraden  in  den  Verdrehungen 
seines  Körpers  zuvorzuthun  sucht,  wobei  sie  aber  mit  den  Füssen  bewunderns- 
weith  Takt  schlagen.  Der  Tanz  ist  von  einem  Gesang  oder  einer  Art  Trauer* 
Ued  begleitet,  in  welchem  die  Eigenschaften  der  Dahingeschiedenen  aufgezählt 
werden.  Einige  der  Melodien  sind  ungemein  rtthrend  und  schön.  Religiöse 
B^iifie  haben  die  L.  sehr  wenige  und  unbe^mmte;  sie  wissen  wohl  von  einem 
höchsten  Wesen,  doch  übt  dieser  Glaube  keinen  Einfluss  aus  auf  ihre  Handlungen. 
Es  giebt  keinen  regelmässigen  Priesterstand.  Wer  Lust  dazu  fühlt,  kann  ein 
>Medicinmann*  (Arzt  und  Zauberer)  werden;  allein  einige  stehen  in  viel  höherer 
Achtung  als  andere,  da  sie  eine  grossere  Gehchicklichkeit  besitzen,  Krankheilen 
wegzubeschworen  oder  künftige  Ereignisse  vorherzusagen.  Auch  glauben  die  L. 
fest,  dass  die  Zauberer  die  Macht  haben  Indianer  aus  der  Ferne  durch  ihre 
Zaubermittel  zu  tödten.  Die  L.  sind  im  Ganzen  genommen  ein  unruhiger,  wilder, 
grausamer,  blutdürstiger  und  verrätherischer  Volksstamm,  obgleich  es  unter  ihnen 
manche  ehrenweräie  Ausnahmen  giebt,  dabei  äusserst  abergläubisch  und  leicht- 
gläubig.    V.  H. 

Louisiadeninsulaner,  Halbpapua  der  Sprache  und  Abkunft  nach,     v,  H. 

Loups,  so  heisscn  die  Kanadier  die  Pawnees  (s.  d.).     v.  H. 

LrOurdes-Vieh,  ein  mittelgrosser  gclblichweisser  Schlag  des  Pyrenäenviehs, 
der  hauptsächlich  in  der  Umgebung  von  Lourdes  angetroffen  wird  und  sich  durch 
gute  Milchproduktion  auszeichnet.  R. 

LotiMC»  wilde  Nomaden  Yttnnans,  ungemein  räuberisch,  daher  gefürchtet 
und  gemieden,  nur  wenig  bekannt.  Sie  gebrauchen  eine  eigene  Sprache,  ohne 
lesen  und  schreiben  zu  können,  und  huldigen  einer  heidnischen  Religion,  die 
im  Glauben  an  böse  Geister  und  an  der  Nothwendtgkeit  blutiger  Thieropfer 
gipfelt.  Ihre  Kleidung  besteht  aus  den  Fellen  erlegter  wilder  Thiere  und  ihre 
WaflfenausrUstung  aus  Pfeil  und  Bogen,  langen  Speeren  und  breiten  Schwertern, 


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156 


LoTAle  —  Loxonen». 


welch  leUtere  sie  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  von  ihren  Nachbarn,  den  Katscbin. 
erstehen.     v.  H. 

Lovale»  Bantuvolk  um  den  Dilolosec  und  den  Quellwassern  des  Sambesi 
wohnhaft,     v.  H. 

Lovenia  (nach  S.  Lov£N,  Professor  und  Akademiker  in  Stockholm,  durch 
gründliche  Arbeiten  Uber  den  Bau  der  Echinodermen  bekannt^  zugleich  der  erste, 

der  die  Schneckenzungen  naher  untersucht  hat),  Agassi/,  und  Desor  1847,  nächst- 
vcrwandt  mit  /u/i inüiijrdmM ,  durch  sehr  lange,  haarformige  Stacheln  ausge- 
zeichnet, die  auf  sehr  grossen  Höckern  mit  vertieftem  Hofe  sitzen.  Mehrere 
Arten,  vom  rolhcii  Meer  bis  Neu-Holland  und  Japan  verbreitet.     E.  v,  M. 

Lowland  people,  s.  KutM: ha-Kutsrhiii  und  T.oticheux.      v.  H. 

Loxia,  I..  (gr.  noiii.  jjroiir.;,  Cialtung  der  l  inken  (Irin^ilitdai),  mx  Unter- 
gruppe der  Pyrrhulinae  (.s.  d.)  gehörig,  von  anderen  Finkenvdgeln  durch  einen 
eigenthQmlich  geformten  Schnabel  unterschieden,  in  dem  die  hakig  gebogenen 
Spitzen  beider  Schnabelkiefer  nicht  aufeinander  greifen,  sondern  sidi  seitlich 
kreuzen.  Diese  Schnabclform  liängt  innig  mit  der  Ernährungsweise  der  Kreuz- 
schnäbel zusammen,  indem  sie  ein  recht  geeignetes  Werkzeug  zum  Spalten  der 
St  luijipen  nn  den  1  i(  hten/;ii)fei>  und  Ausklauben  der  Samenkörner  abgiebl. 
Der  .Schwanz  ist  wesentlich  kürzer  als  fier  Flügel  und  ausgerandert,  bisweilen 
fast  gabelig  tief  eingeschnitten.  —  In  ilircr  Lebensweise  hal)en  die  Kreuzschnäbel 
manches  Eigcniluim liehe.  An  eigentliche  Standquaitiere,  an  Brutorte,  zu  welchen 
sie  alljährlich  zurückkehren,  binden  sie  sich  nicht.  Vielmehr  füliren  sie  Vaterlands- 
los  ein  Zigeunerleben.  In  Waldungen,  wo  die  Naddholzsamen  gut  gerathen  sind, 
erscheinen  sie  plötzlich,  verweilen  daselbst  monatelang,  um  zu  brUten,  und  ziehen 
weiter,  andere  Reviere  au&usuchen.  Eine  bestimmte  Brutzeit  wird  nicht  inne- 
gehalten; sie  nisten  sogar  mitten  im  Winter.  Ihre  Nahrung  besteht  der  Haupt« 
Sache  nach  in  dem  Samen  der  Nadelbol/.er ;  ihre  Jungen  ftittern  sie  mit  ge- 
quelltem Nadelholzsamen  aus  dem  Kröpfe,  hu  Rannigczweig  bewegen  sie  sich 
nach  Art  der  Papageien,  indem  sie  mit  Hülfe  des  Schnabels  umh erklettern.  Von 
dert  seclis  bekannten  Arten,  weh  he  Kuropa,  Asien  und  Nord-Amerika  bewohnen, 
kommen  zwei  in  Deutschland  häufiger  vor:  Der  Fichtenkreuzschnabel, 
L<fxia  curvirpstra,  L.,  von  rothem  Gefieder,  Flügel,  Schwanz,  eine  Binde  hinter 
dem  Auge  und  um  die  Ohrgegend  hemm  schwarzbraun.  Jüngere  Männchen  sind 
je  nach  dem  Alter  oHvengelb,  hellgelb  oder  orange,  die  Weibchen  gnittoliven> 
grün.  Der  Kiefernkreuzschnabel,  Z.  piiyepsUtacus ,  Bchst.,  unterscheidet 
sich  von  dem  vorgenannten  durch  bedeutendere  Grösse  und  kräftigeren  Sdmabel. 
Eine  dritte,  selten  in  Deutschland  beobachtete  Art,  der  Bindenkrcuzschnabel, 
L.  bifasciata,  Rr.,  gehört  Nortlof :t-Kuro|)a  und  Nord-Asien  an  und  ist  an  zwei 
weissen  Qu  er  binden  über  den  hlugel  kennthch.  Rcuw. 

Loxocemus,  Cope,  Untergaiiung  von  Fyilwn,  Cirv.  Pf. 

Loxodon  (F.  Cuv.)  Falc,  Untergattung  des  Proboscidiergenus  Elephas^  L. 
(s.  a.  d.)  mit  der  einzigen  recenten  Art  Z.  trfrkanus,  Falc.,  »afrikanischer  Ele* 
phant«.  Bezüglich  der  anatomischen  und  biologischen  Verhältnisse  sowie  der 
Literatur  s.  Artikel  Proboscidia.  —  LoxMhn^  IIL  Hle.,  indische  Selachie^gattung 
der  Familie  Carchorüdae,  Gthr.     v.  Ms.  ' 

Loxonema  (gr.  schiefer  Faden),  Philups  1841,  fossile  Meerschnecke  etwas 
unsicherer  Stellung,  jetzt  mit  den  sogen.  Chemnitzien  des  Muschelkalkes  («;.  Bd.  II, 
pag.  112)  zu  einer  eigenen  ausgestorbenen  l  amilie  Psatdomelaniadent.  gerechnet, 
langgethürmt,  Windungen  mehr  oder  weniger  von  einander  abgesetzt,  mit  senk- 

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LoauipholiB  —  LucenmiidBC. 


«57 


rechter  Strciuinf:::,  Naht  etwas  schiefer  zur  Achse  als  bei  den  verwandten  ( lattungcn 
(daher  der  Name),  Ausscnwand  der  Mündung  S-förmig.  Im  Allc^emcincn  nur 
wenige  Ccntim.  lang.  Schon  im  SiUir  beginnend  und  bis  in  die  Trias  sich  foit- 
setzend,  einige  chaxakteristische  Fonnen,  wie  das  Chemnitzien-Ihiiliche  L.  inae' 
qmi^iaäm,  Mi)nstbr,  und  das  tiefer  eingeschnittene  kantige  Z.  suk^kttrohftnaria 
desselben  in  den  Schichten  der  alpinen  Trias  bei  St.  Cassian  in  Süd-Tirol.   E.  v.  M. 

Lozopholis,  CoPE  1868  (gr.  ioxos  schräg),  Tejiden-Gattung  aus  Cohimbien.  PP. 

Loxorrhochma,  Schm^vrda  (Name?)  Gattung  der  Nemertideot  Farn.  TeirO' 
rhügf  y     Knj  yf  mit  vier  qnerständi^cn  C  m  üben.  Wr>. 

Loxosiphon,  Dit  s.  (gr.  =  verdrehte  Rnlire).  Gattung  der  unbewaffneten 
Cicphyreen.  Fam.  Aipuiosiphonidäe  Qr.v  i  kki  aci  s.  Neben  dem  Rüssel  zwei  Schilder- 
Anus  rückenständig.  Lebt  im  stillen  Ucean  und  benutzt,  wie  es  bcheinl,  die 
Schildchen  als  Bohrwerkzeuge  in  Korallenfelsen  (Chamtsso).  Hierher  auch  die 
Gattung  AspiJosiphott,  Dies.  Wd. 

LoyalitätBUisulaner,  hauptsächlich  Halbpapua,  besitzen  zwei  Dialekte:  Lifu 
und  Mare.  10000 — 15000  Köpfe;  gleichen  im  Aeusseren,  Stten  und  Cuiturzu- 
stand  den  verwandten  Neukaledoniern,  mit  welchen  sie  seit  lange  in  Verkehr 
stehen.  Sie  sind  geübte  Seefahrer  und  ausserordentlich  kluge  Handelsleute, 
sprechen  meistens  englisch  nnd  verrlingcn  sich  auch  als  Matrosen  auf  britische 
Schitie.    Mail  dart  sie  als  /iemhch  christianisiri  bc/ciclincn.      v.  II. 

Lua,  eine  der  grossen  iiiul  mächtigsten  Familien  der  lierber  in  Nord-Afrika 
zur  Zeit  der  arabischen  Einwanderung.     v.  H. 

Luabo,  Zweig  der  Ostbantu,  südlich  von  Quilimane.    v.  H. 

Liuanci,  nach  PtolemAos  eine  Unterabtheilung  der  Callaici  Bracarii.    v.  H. 

Luanda,  Zweig  der  Centralbantu,  nördlich  vom  Tanganyikasee.    v.  H. 

Luba.  Stamm  der  Mitte  (s.  g.).  in  Mittel-Afrika,  welcher  ganz  besonders 
der  Mode  fröhnt,  kegelförmig  geschliffene  Quarzstücke,  die  bis  zu  6  Centtm.  lang 
sind,  durch  die  Lippen  zu  stossen.  Das  Ideal  der  h,  scheint  das  Rhinozeros  zu 
sein.     V.  H. 

Lubaeni.    Nach  r  roLEMÄos  eine  Unterabtheilung  der  Callaici  üracarii.    v.  H. 

Lubbar,  isländische  Bezeichnung  des  schottischen  Schälcrhundes.  R. 

Lubomirskia,  Dvbowsky  1880.  Schwammgattung  aus  dem  Baikal-See,  ohne 
Gemmniae.  Scheint  nach  anderen  Autoren  mit  Spongilla  in  keinem  Zusammen- 
hange zu  stehen.  Mdm.  Ac.  St  Petersb.  (7)  XXVII.  Pf. 

Lttbo,  Wilder,  angeblich  reiner  Malayenstamm  im  Iimem  Sumatia*s.  v.  H. 

Lubuschaner.  Slavenstamm  der  Vorzeit,  um  die  Stadt  Lubuscha»  jetzt 
Lebus,  wohnhaft,  nordöstliche  Nachbarn  der  Slubjaner.     v.  H. 

Lucaner.  Alte  Volkerschaft  Unteritalicns,  in  T.ucanien  und  Bruttium,  w.ihr- 
scheinlich  ein  ausgesendeter  samnitischer  Stamm,  der  zuerst  um  396  v.  Clir.  als 
Bundesgenosse  des  älteren  Dyonysios  und  als  Gegner  der  I  huriner  in  der  Ge- 
schichte erscheint.  Die  L.  wurden  von  den  Römern  im  Kriege  gegen  Pyrrhus 
untmrorfen.     v.  H. 

Lucanidae,  s.  Hirschküfer.    E.  To. 

lAKamu,  L.  (lat  Hain),  s.  Hirschkäfer.    £.  Tc. 

Lucemariidae,  oder  Calycozoa,  wurden  früher  als  eine  eigene,  die  Medusen 
und  Anthozoen  verbindende  Hauptabtheilung  angesehen;  jetzt  betrachtet  man 
sie  einfach  als  festgewachsene  ^^edusen.  Häckei.'s  Diagnose  der  Abtheilung  lautet: 
»Stauromednsen  mit  gelapptem  oder  eingeschnittenem  Schirmrande,  welcher 
durch  8  tiefe  Buchten  in  8  hohle  oder  radiale  Lappen  oder  Arme  zerfällt;  am 


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! 


158  Luceni«  —  Lndiise. 

Ende  jedes  Armes  ein  pinselförmiges  Büschel  von  hohlen,  geknöpften  Tentakeln. 
8  principale  Tentakel  entweder  in  adhaesive  Raodanker  verwandelt  oder  fehlend. 
Kranzmuskel  des  Schirmrandes  in  8  isolirte  Randmuskeln  xeriallen.  Auf  dem 
Scheitel  des  Schirmes  ein  Stiel  zum  Anheften.c  HAckel  thdlt  die  Familie  in 
die  beiden  Unterfamilien  ^tx  JF/alicystiden  ohne  Mesogontaschen  und /b/SpwAicdbi 
mit  Mesogontaschen  in  der  Subumbralwand  der  4  Radialtaschen.  —  Für  die 
Gnttung  Lurernaria  ist  im  Gegensatz  zur  Gattung  HaUclystus  der  Mangel  der 
Randankcr  charakteristisch.  —  Z.  quadricornis  O.  F.  Mull.  Atlantischer  Ücean 
bis  (irönlancl,  Nordsee;  L.  pyramidalis,  Atlantische  Küste  von  Nord-Amerika; 
L.  tnjunätbuüjormis,  II.,  Spitzbergen;  L.  campanuiata,  Lamolk.  turop«iische 
Küste.  Fr* 

Lucenses.  Unterabäieilung  der  Callaid  Bracarii.    v.  H. 

Liudiase.  Bantuvolk  Sdd-Afirika's  am  Cuasgo,  Nachbarn  der  Quirobande. 
Die  L*  bauen  auf  ihren  Feldern  Erdnüsse«  etwas  Maniok»  Bohnen,  Ricinus  und 
Baumwolle,  aber  alles  in  so  geringem  Maasse,  dass  es  kaum  fUr  den  eigenen 
Bedarf  genügt.  Die  begeben  sich  selten  auf  Reisen  und  verlassen  ihre  Dörfer 
eigentlich  nur,  um  der  Felle  wegen  Antilopen  zu  jagen.  Die  Feldarbeit  wird 
durch  Manner  und  Frauen  besorgt.  Die  L.  arbeiten  in  Eisen,  das  im  I^nde 
gefunden  wird,  und  fertigen  ihre  Geräthe  sämmtlich  selbst  an.  Sie  benutzen 
Zunder,  Stahl  und  Stein,  um  Feuer  anzumachen.  Die  Feuersteine  werden  von 
den  Quibocos  oder  Quiocos  eingefQhrt  und  lür  Wachs  dngetauscht,  wflhiend 
sie  den  Stahl  selbst  aus  Schmiedeeisen  herstellen,  das  in  rotbglOhendem  Zu- 
stande in  kaltes  Wasser  geworfen  und  dadurch  erhärtet  wird.  Der  Zunder  wird 
aus  Baumwolle  angefertigt,  die  mit  den  fein  zerstossenen  Kernen  der  Steine 
einer  »Michac  genannten  Frucht  vermischt  wird.  Die  Körbe,  welche  die  Weiber 
der  L.  gebrauchen,  sind  von  den  der  Quimbande  verschieden  und  werden  auch 
in  anderer  Weise  getragen,  indem  sie  an  einem  breiten  Reifen  Baumrinde  um 
[1(  r\  \^o\){  herum  auf  den  Rücken  herabhängen.  Durch  diese  Art  des  Tragens 
dc!  körbe  bind  die  Frauen  verhindert,  die  Kinder  in  der  m  Afrika  gebrauch- 
lichen Weise  auf  der  Schulter  su  haben,  so  dass  die  Kleinen  an  der  Seite  fest- 
gebunden werden  müssen.  Unter  den  Mädchen  bemeilte  lifajor  Sbrpa  Pinto 
nicht  wenige,  welche  wirklich  elegante  Formen  und  anmuthige  Haltung  besassen. 
Kleidung  haben  sie  nicht,  ein  schmaler  Streifen  Baumrinde  vertritt  <fie  Stelle  des 
Feigenblattes.  Männer  und  Frauen  haben  ohne  Ausnahme  die  vier  Vorderzähne 
dreieckig  ausgeschnitten,  so  dass  sich  bei  gcsciilossenen  Zähnen  in  der  Mitte 
eine  rautenförmige  Ocffnung  bcfmdet.  Fast  alle  I,.  besitzen  einen  Kinn-  und 
kleinen  Schnurrbart.  Aussergewöhnliche  Formen  des  Haarschmuckes  sind  iinien 
dagegen  unbekannt.  Die  Männer  tragen  einen  breiten  Gürtel  aus  gegerbtem 
Txder,  der  vermittelst  von  ihnen  selbst  angefertigten  Schnallen  befestigt  wird, 
bedecken  ihre  BlÖsse  mit  Fellen  und  schtttxen  sich  ausserdem  mit  »U^ondas« 
dner  Art  roher,  aus  der  Rinde  verschiedener  Baumarten  gewebten  StofEes,  gegen 
die  Kälte.  Töpfe  und  Gefässe  stellen  sie  nicht  selbst  her;  dieselben  weiden 
von  den  Quimbande  eingetauscht.  Dagegen  fertigen  sie  Armspangen  aus  Kupfer 
an,  das  sie  für  Wachs  von  den  Lobares  einhandeln.  Die  Häuser  werden  aas 
1,3  Meter  hohen  Baumstämmen  —  so  hoch  sind  die  Mauern  —  gebaut,  indem 
die  Zwischenräume  zwischen  je  zwei  derselben  mit  'l'hon  oder  Stroh  ausgefüllt 
werden.  Die  Dächer  sind  mit  Stroh  gedeckt  und  sehen  aus  wie  chinesische, 
da  das  Rahmenwef  k  aus  sehr  dünnen  Stäben  hergestellt  wird,  welche  sich  nach 
innen  biegen.   Die  Vorrathsräume  befinden  sich  auf  einem  sehr  hohen  hölzernen 


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Lnchnpunie  —  Lnona« 


159 


Rahmenwerk  mit  Strohgefleclit,  über  welchem  sich  ein  beweglicher  Deckel  be- 
findet, der  entfernt  werden  muss,  ehe  man  an  die  im  Innern  aufgespeiclierien 
Waaren  kommen  kann.  Vermittelst  einer  Handleiter  gelangt  man  zvl  diesen 
KAumefi,  die  eigentlich  nichts  weiter  sind,  als  riesige  wasserdichte  Körbe  mit 
kegelförmigen  Deckeln.  Die  Htthnerhäuser  and  viereckige  Pyramiden  aus  Baum- 
zweigen,  welche  auf  vier  hohen  Stangen  stehen,  um  die  Insassen  vor  den  An- 
griffen kleinerer  Raubthiere  zu  schatten.  In  der  Mitte  der  Dörfer  st.-ht  ein  Kiosk 
oder  Tempel,  der  als  Versammlungsort  ftir  eine  allgemeine  Unterhaltung  dient 
Die  T-  bereiten  aus  Wasser,  TTonig  und  zerkleinertem  Hopfen  ein  ungemein 
alkoholartiges  »Bingundoi  genanntes  Getränk,  das  in  einer  Kalebasse  gemischt 
wird  und  gährcn  muss.  Um  kleine  Antilopen  und  Hasen  zu  fangen,  benutzen 
sie  eine  Schlinge  oder  Falle,  dViivh,  welche  sehr  sinnreich  auserdacht  isC  v.  H. 
IfUCliwplime,  Lycosa,  s.  Jagdspinnen.    £.  Tg. 

Lndae  (von  lat.  htx,  wegen  des  Leucfatens),  Savigny  18 16,  Name  für  die 
Ordnung  der  Tunikatien,  wdiche  die  ^osomen  (s.  d.)  enthält.    E.  v.  M. 

Lucina  (mythologischer  Name,  i  lang),  Brugui£:re  178«,  Meeraiuschel,  Typus 
der  Familie  der  Luciniden,  s.  diese),  von  den  Übrigen  Gattungen  und  überhaupt 

von  allen  anderen  Muscheln  leicht  daran  zu  unterscheiden,  dass  der  vordere 
Muskeleindruck  langgezogen  neben  dem  vorderen  Theil  der  Mantellinic  sich  hin- 
zieht und  nur  oben  im  spiticn  Winkel  mit  ihr  zusammentrifft.  Schale  mehr 
oder  weniger  linsenfürmig,  meist  wcisslich,  mit  deutlicher  Lunula;  Schlosszähne 
1—2,  oft  mehr  oder  weniger  verkümmert,  ebenso  der  vordere  und  hmtere  Seiten- 
zahn.  Schlossband  tief  eingesenkt.  Fuss  sehr  langgestreckt  mehr  oder  weniger 
qrlindrisch,  nur  durch  Einbiegen  innerhalb  der  Schale  Platz  findend,  wahrschein« 
Uefa  zum  Eingraben  in  feuchten  Grund  dienend.  Jederseits  nur  ein  Kiemenblatt. 
Neben  der  Ausbildung  des  Schlosses  ist  auch  die  Skulptur  und  die  Gesammt- 
form  der  Schale  innerhalb  der  Gattung  sehr  verschieden  und  man  kann  danach 
passend  mehrere  Unterabtheilungen  machen.  A.  Schloss-  und  Seitenzähne  gut 
ausgebildet,  Skulptur  gegittert;  Umriss  ziemlich  kreisförmig,  Wölbung  schwach 
(Codakia).  Hierher  die  grosste  Art,  L,  ttt^crina,  Linne,  Tigerzunge  wegen  der 
rauhen  üuerüaclic  genannt,  70  MiUim.  lang  und  hoch,  aussen  weiss,  innen 
adiwefelgdb  mit  purpurrothem  Scblomand;  hauhg  in  West-Indien  und  Brasilien; 
ähnliche  im  indischen  Oceane;  in  Euro]>a  nur  kleine  Arten,  wie  L.  rettculatat 
Fou  (peeUn  mancher  Autoren),  10  bis  höchstens  13  Millim.,  im  Mittelmeer.  — 
B.  Nur  concentrisch  gefurcht,  stark  gewölbt,  dickschalig  (Lucina  im  engeren 
SinneX  Schlosszähne  ausgebildet,  Seitenzähne  entweder  ebenso,  Z.  columbella, 
I.AMARCK,  mit  tiefem,  vom  Wirbel  zum  Rand  ausstrahlenden  Einkniff  an  der 
Hinterseile,  charakteristisch  flir  die  europäischen  Miocänschichten  und  jetzt  nocli 
an  den  Küsten  von  Senegambien  lebend,  sowie  die  älmliche  L.  pcnnsiivanica, 
LiNNt,  aus  dem  slidlicheren  Theil  Nord-Amcnka  s  —  oder  die  Seitenzähne  ver- 
kümmert, L.  ßorcalis,  Linn£  (raäula  auci.),  die  grösste  europäische  Art,  nicht 
selten  an  sandigen  Küstenstellen  Norwegens,  35  Millim.  hoch  und  breit,  im 
Mittelmeer  viel  kleiner.  —  C  Myrtea,  Turton,  mit  concentrischen  Lamellen,  die 
am  Kinterrand  in  Spitsen  ausgehen.  Seitenzähne  langgezogen,  Sdtlosszähne  ver> 
schwindend:  L.  spini/era,  Montagu,  Nordsee  und  Mittdmeer.  —  D.  Divariceila, 
glänzend  weiss  mit  eingeschnittenen  Linien,  die  nach  vom  und  hinten  schief  aus- 
strahlen, aber  in  der  Mine  sich  unter  spitzen  Winkeln  oder  im  Bogen  vereinip:en,  sonst 
glatt;  Schloss  und  beitcnzäline  selir  klein;  L.  divaricala^  LiNNt  (commutata,  Fhilippi), 
nur  5—7  Millim.,  im  Mittelmeer,  etwas  grössere  in  den  tropischen  Meeren.  E.  Lo- 


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i6o 


Luciniden  —  LudwiBsbiirg. 


rii>is,  Vou,  glali  mit  nur  schwachen  concentrischen  Streifen,  linsenförmig,  Schloss- 
und  Seitenzähne  nur  angedeutet.  Z.  lacteaf  Linn£,  milchweiss,  15—20  Millim., 
auf  Schlammgnind  im  Mittelmeer  häufig  und  zuweilen  auf  den  Markt  gebracht, 
nach  Gestalt  und  Farbe  mit  dem  Samen  der  Lupine  verglichen  und  daher  htpin» 
genannt  —  Endlich  F.  Am^niia,  Link,  ganz  zahnlos,  hierher  unter  andern 
/.  cJcnhdat  LiNNit,  verhültnissmässig  dünnschalig,  mit  concentrischen  Lamellen 
und  erdbrauner  Schalcnhaut.  70  Millim.  lang  und  hoch,  im  Schlammgrund  der 
Mangledickichte  an  Flussniüiidungen  in  Ost-Indien.  Im  Ganzen  kennt  man  etwa 
100  lebende  und  gegen  300  lossilc  Arten,  letztere  bereits  i'm  Silur  beginnend 
(L.  prisid,  I1isi\(;kk  auf  (joiland),  zahlreicher  im  Devon  der  Kifel  und  Nord- 
Amerikas  (l'aniijcias,  J.  Hall),  dann  wieder  in  der  alpinen  I  rias  bei  S.  Cassian, 
im  milderen  und  oberen  Jura,  in  der  Kreide  und  sehr  zahlreich  im  TerdSr. 
ZiTTEL,  Handbuch  d.  Palaeontologie  II,  pag.  94.  —  Monographie  der  lebenden 
Arten  bei  Rbbve,  conchologia  iconica,  6.  Bd.  1856.    £.  v.  M. 

Luciniden  (nach  der  Hauptgattung  Zucina,  richtiger  Lucinaden),  Familie  der 
zweischaligen  Muscheln,  Abtheilnng  Dimvaria  hüeqrop'^liaia.  Schale  gleicliklappig 
und  ungleichseitig,  meist  von  annähernd  kreisförmigem  Umriss  und  massig  ge- 
wölbt, Schlosszähnc  schwach  ausge!)ildet,  in  geringer  Zahl  unter  den  Wirbeln  zu- 
sammengedrängt, mit  oder  ohne  Sciten/.ahne,  al^o  ahnhch  denen  von  Venus  oder 
Cardium,  dagegen  die  Mantelrunder  nur  soweit  vcrwachiscn,  dass  eine  einzige 
abgesonderte  Oeffnung  am  hintern  Rande  sich  abtrennt,  wie  bei  Mytilus;  zwei 
Schtiessrouskcln,  keine  Mantelbucht;  Fuss  mehr  oder  weniger  verlängert,  wurm- 
förmig.  Schlossband  mehr  oder  weniger  zwischen  die  Schalenrlnder  eingesenkt. 
Je  nachdem  nun  auf  die  auch  an  der  Schale  sichtbaren  Kennzeichen  oder  auf 
diejenigen  des  Mantels  und  Fusses  mehr  Werth  gelegt  wird,  stellt  man  diese 
Familie  näher  zu  MyiUus  und  Unio  (Cuvikk,  Stoliczka)  oder  zu  Cardium  und 
Venus  (LiNNft,  WüoDWARi),  Nel'MaviO.  nie  wirhtif^stcn  Gattungen  sind  Lucina, 
Diplodonta,  Utigulina  und  in  weiterer  Ausdehnung  auch  KcUia,  Turionia,  MorUa- 
cuta,  Lfpfon  und  Gdhomma,  siehe  diese.     K.  v.  M. 

Lucioperca,  Ctv.,  Hechtbarsch,  Gattung  der  Fischfamilie  Percidae.  Starke 
Z;ihne  (^Hundszähne)  an  der  Aussenseite  der  Reihen  von  Hechelzähnchen  in  den 
Kiefern,  2  Rückenflossen.  Kiemendeckel  meist  unmerklich  bedornt,  Vordeckel 
gezähnt.  Körper  schlank,  kleinschuppig.  Zunge  glatt.  Flussfische  der  nörd- 
lichen Gegenden  der  alten  und  neuen  Welt  L,  san^a,  Cuv.  Zander,  Sander 
(auch  Amaul,  Nachmaul,  Hechtbar;fch,  Schill,  Schiel,  Sandbarsch,  Sandart  ge- 
nannt). Kopf  langgezogen,  bechtartig.  Grau,  Rücken  wenigstens  in  der  Jugend 
mit  dunkleren  Querbändern.  Starker  Rauber,  50 — 100  Ccntim.  In  den  Flüssen 
Mittel-  und  Ost-Kuropas,  besonders  Flbe  und  Uder,  auch  Donau,  fehlt  im  Rhein- 
gebiet, auch  in  i'rankrcich  und  England.  Sein  Fleisch  ist  eine  gesucht^  aber 
theure  Speise.    Zucht  schwierig  wegen  grosser  Emjjfmdlichkeit.  K.h£. 

Luckimuthes,  Oregon-Indianer  in  Grande  Ronde,  jetzt  fast  erloschen,   v.  H. 

Lttcumbi,  erloschene  Quiloindianer.    v.  H.  ^ 

Ludanah,  arische  Hindu,  wie  die  Brindschari,  Getreidekäiner  ohne  Heimath, 
welche  mit  den  Ihrigen  in  Zelten  leben;  sie  ziehen  bewaffnet,  auch  im  Kriege 
unbelästigt,  in  grossen  Kaiavanen  mit  Tausenden  von  Ochsen  im  Lande  um« 
her.     V.  H. 

Ludwigsburg.  Unter  den  Grabhügeln  Süd-Deutschlands  ragt  das  von  Prof. 
O.  Fkaas  aufgedet  kte  kleine  »Arpergla  unweit  Ludwigsburg  hervor.  Her  Hiigel 
halte  einen  Durchmesser  von  65  Metern.   Man  drang  mittelst  eines  Ötoiiens  in  das 

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Löckemllnie  —  Luft 


Ihnefe  des  HUgelfl  eiii.  Bd  18*3  StoUenlftnge  tnf  man  auf  eineii  vieieclügen 
Hohlntum»  der  mit  Balken  und  DieUen  attq;elegt  war.  In  dieser  Grabkammer 
stiess  man  anf  Asche  und  caldnirte  Knochen.  In  der  Nähe  dieser  Menschen- 
reste lagen  folgende  Gegenstände:  i  Ring  aus  Ebenholz,  i  Gttitelschnalle,  be- 
legt  mit  Goldblech,  t  Dutsend  rund  geschlagener  Goldplättchen  und  vier  Gold- 
blechlitzen; alles  eigenartig  omamentirt.  Ausserdem  lagen  hier  2  Schalen  von 
gricciuscher  Form,  innen  bemalt  (eine  opfernde  Priestcrin  darstellend),  aussen 
mit  aufgesetzten  Holdblechen  gamirt,  femer  2  goldene  Hornchen  von  2  Cm. 
Länge,  an  deren  Ende  em  Widderkopf.  Dies  auf  der  Westseitel  Auf  der  Ost- 
sette  fanden  sich  4  Broocegefässe:  ein  x  Meter  im  Durchmesser  haltender 
Kessd,  I  getriebener»  ^linderibrmiger  Eimer  v<mi  30  Cm.  Höhe,  eine  Kanne  mit 
au^dadener  Schnause,  deren  Henkel  mit  Thierköpfen  vernert,  i  grosse  zwd- 
henklige  Vase  mit  wohlriechendem  Harx  erfUUt.  —  In  der  Mitte  des  Hügels  txaf 
man  nur  auf  Pflanzenerden,  Mausknochen  und  Geschirrscherben.  Das  Haupt- 
grab war  vor  Jahrhunderten  schon  ausgeplündert  worden.  —  Für  die  Zeitstellung 
dieser  Grabfunde  erscheinen  die  Ornamente  des  Goldbleches,  ferner  die  zwei 
griechischen  Schalen  mit  rothcn  Figuren  auf  schwarzem  Gnin  lc  .md  die  Formen 
der  Ausgusskannen  von  Bedeutung.  Nach  diesen  Anhaltspunk  Lea  wiid  man  tlie  Ber- 
gung dieser  reichen  Gold-  und  Broncefunde,  welche  zu  einem  Fürstengrab  ge- 
hörten» in  dieUebcrgangszeit  von  der  Hallstätter  sur  la-Tlne-Zdt  (etwa  in  das  $•  bis 
3.  Jahrhundert  vor  Christus)  setzen  dürfen.  Nahe  stehen  nach  Jnhah  und  Zdtsetzong 
diesen  schwätnschen  Funden  die  aas  dnem  Grabhttgel  von  Rodenbach  in  der 
bayerischen  Pfalz  herrührenden  Objekte.  —  Vergl.  Lindenschmitt,  »Alterthümer 
unserer  heidnischen  Vorzeit.c    III.  Bd.,  XII.  H.,  4.  5.  6.  Tafel  mit  Text.     C.  M. 

Lückenzähne.  In  dem  Gebiss  der  Raubthierc  ist  einer  der  Backenzähne 
durch  die  scharfe,  zackige  Form  seiner  Krone  ausgezeichnet.  Ks  ist  dieses  der 
Reisszahn.  Die  vor  dem  Rcisszahn  stehenden  Backenzähne  (Praemolaren)  werden 
als  LUckenzähne  bezeichnet.  —  S.  auch  Zaiinentwicklung.  D. 

L&stefnlieit  ist  physiologisch  ein  Gemdngeitthlscustand  vom  Charakter  der 
Lust  Es  wird  mit  dem  Wort  die  aktive,  nadi  aussen  hin  gerichtete  Tendenz 
dieses  Gemeingefühls,  ntmlich  die  Riditung  auf  dn  in  diesem  Zustand  begehrens- 
werthes  Object  bezeichnet.  Auch  wird  dieses  Wort  gebraucht  zur  Bezeichnung 
der  inviduellen  Charaktereigenthümlichkeit  solcher  Personen,  bd  denen  die  Lust 
leicht  und  intensiv  Begehrungsthätigkcit  anregt*  J. 

Lütticher  Taube,  s.  Brieftaube.  R. 

Luft.  Die  Luft  ist  das  Athmungsmittel  aller  Thiere,  nicht  bloss  der  in  der 
sogen,  atmosphärischen  Luit  lebenden,  sondern  auch  der  Wasserthiere;  denn 
diese  besiehen  ihren  Sauerstoff  nicht  dadurch,  dass  sie  das  Wasser  in  sdne 
Elemente  (Wasserstoff  und  Sauentoff)  zerlegen,  sondmi  aus  dem  vom  Wasser 
absorbirten  Quantum  atmosphfirischer  Luft,  was  durch  die  Thatsache  bewiesen 
wird,  dass  in  einem  Wasser,  dem  man  die  Luft  entzogen  ha^  die  WaMerthiere 
sehr  rasch  sterben.  Die  materielle  GrundUige  der  atmosphärischen  Lufl  ist  ein 
überall  fast  genau  gleiches  Gemenge  (keine  ( hemische  Verbindung)  von  Stick- 
stoflT  und  Sauerstoff"  im  ungefähren  Verhältniss  von  4:1;  genauer  nach  dem 
Volum  79^:21 2,  nach  dem  Gewicht  778:23^.  Dieser  mehr  oder  weniger 
unveränderlichen  Grundlage  sind  wechselnde  Mengen  der  verschiedensten  gasartigen 
Stoße  beigemengt,  unter  denen  am  genauesten  Wassergas  und  Kohlensäure  unter- 
sucht sind,  wtthrend  die  andersartigen,  mehr  nur  dem  Geruchdnn  zugänglichen 
Beimengungen  noch  nicht  genügend  geprüft  sind.  —  Ueber  die  phydologische 

Zotl,  Andmpol.  «.  Etknoktk.  Bd.  V.  tl 


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i6a  Ltift. 

Bedeutung  der  oben  genannten  Bestandtheile  der  Luit  gilt  folgendes:  i.  Der 
Stickstoff,  der  |  ausmacht,  spielt  keine  aktive  RoUe^  weder  Ittr  Thier  noch 
Pflanze,  da  kein  Orgaidsmus  diesen  freien  Sückstoff  an  seinen  chemischen  Lebens- 
vorgflngen  benflixen  kann  (bekanntlich  ist  auch  die  Pflanze  Ittr  den  Bexog  des 
Stickstofis  zur  Bitdung  ihrer  stickstoffhaltigen  Substanzen  auf  den  chemisch  ge* 
bundenen  Stickstoff  von  Ammoniak,  Salpetersäure  und  anderen  SticVstofTver- 
bindungen  angewiesen).  Die  Rolle  des  Stickstoffs  ist  also  die  negative  eines  Vehikels 
oder  Verdtlnnungsmittels  für  die  physiologisch  aktiven  Bestandtheile  der  Luft. 
2.  Unter  der  letzteren  kommt  die  Hauptrolle  dem  Sauerstoff  zu,  wenn  es  sich 
um  den  Lebensprocess  der  TUiere  handelt  Er  ist  die  Grundlage  des  Athmungs- 
chemismus,  der  beim  Thier  bekanntlich  darin  besteht,  dass  die  oxydablen  Be- 
standtheile der  SäStt  und  Gewebe  des  Körpers  unter  Einwirkung  des  in  KOiper 
meist  zuvor  zur  Ozonisirung  gelangenden  Saueistoflies  eine  continulrlich  partielle 
Oxydirang  unter  Bildung  niederatomiger  Zersetntngsprodukle  und  Entlnodung 
von  thierischer  Wärme  und  Kraft  erfahren.  Bringt  man  desshalb  thierische 
Lebewesen  mit  einem  hermetisch  abgeschlossenen  Luftquantum  zusammen,  so 
nimmt  der  Gehalt  der  Luft  an  Sauerstoff  stetig  ab,  und  wenn  man  zu  dem 
Experimente  athmungszähe  Organismen  d.  h.  solclie  nimmt,  welche  auch  noch 
unter  den  ungünstigsten  Athmungsbedingnngcn  fortzuleben  im  Stande  sind,  z.  B. 
in  der  Entwicklung  begriffene  Insecteneier,  so  kann  man  durch  deren  Lebens- 
process  die  Luft  ihres  Sauerstoffs  vollständig  berauben,  worauf  dann  anerdings 
die  Organismen  m  den  Zustand  der  Lebenslatenz  übergehen  oder  absterben. 
Die  meisten  Thiere  sterben  jedoch  in  einem  abgeschlossenen  Luftquantum  lang^ 
bevor  aller  Sauenstoff  verbraucht  ist  Steigert  man  umgekehrt  den  Sauerstoffge- 
gehalt der  Luft  künstlich,  so  nehmen  alle  chemischen  Leben sprocesse  ein  leb- 
hafteres Tempo  an.  Hier  muss  jedoch  sogleich  auf  einen  landläufigen  Irrthum 
aufmerksam  gemacht  werden.  Im  Volk  und  selbst  aus  dem  Munde  der  Hygie- 
niker  hört  man  von  sauerstoffreicher  und  sauerstoffarmer  Luft  sprechen.  Das 
ist  falsch.  Die  Differenz  /.wischen  der  verdorbensten  Luft  eines  Schlafzimmers 
und  der  einer  reinen  atmosphärischen  Luft  ist  in  Beziehung  auf  den  Sauerstoff 
bei  keiner  der  vorgenommenen  Untersuchungen  grösser  als  ^  g  gefunden  worden. 
Nur  in  hermetisch  geschlossenen  Räumen,  wie  sie  unter  natOrltcken  Veifaältnissen 
gar  nicht  vorkommen,  kann  eine  wirklich  sauerstoffiirme  Luft  entstehen.  Dus, 
was  man  mit  Recht  in  praxi  Luftverderbniss  nennt,  ist,  wie  unten  angezeigt 
werden  soll,  nicht  Sauerstofimangel,  sondern  ein  Ueberschuss  von  fremden  Bei- 
mengungen. 3.  Der  Wasserdampf,  d.  h.  das  gasförmig  in  der  1  wft  absor- 
birte  Wasser,  wechselt  seiner  Menge  nach  bedeutend,  in  unseren  Breiten  etwa 
von  0,3  bis  1 1>,  in  den  Tropen  kann  der  Wassergehalt  bis  zu  3,6  §  steigen.  Für 
die  physiologischen  Processe  der  thierischen  Lebewesen  ist  der  Wassergehalt 
der  Luft  weniger  in  chemischer  Riditung  von  Einfluss  als  in  physikalischer:  deim 
das  Wasser  ist  kein  Objekt,  sondern  ein  Produkt  des  äiierischen  Chemismus, 
das  fortwährend  tm  thierischen  Körper  entsteht  Wie  alle  Zerfallprodukte^  so 
muss  auch  das  im  Körper  entstehende  Wasser  fortgesetzt  nach  aussen  abgegeben 
werden,  wenn  nicht  der  Organismus  durch  wä.ssrige  Aufquellung  Schaden  nehmen 
soll.  Andererseits  verlangt  die  Abwicklung  der  Lebensprocesse  die  Anwesenheit 
Wässriger  Lösunji^en  innerhall)  des  Körpers,  die  einen  gewissen  Concentrations- 
grad  nicht  überschreiten  dürfen.  Aus  diesem  Grunde  beeinträchtigt  sowohl  zu 
geringe,  als  /.u  hohe  Luftfeuchtigkeit  das  thierische  Leben,  Namentlich  empfind- 
lich sind  auch  rasche  Schwankungen.   Für  die  lungenathmenden  Thiere  kt  im 


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t63 


allgemeinen  eine  trockene   Luft  schädlicher  als  zu  feuchte,  weil  erstere  eine 
zu  starke  Wasserverdunstung  auf  der  Atbmungsfläche  erzeugt    4.  Kohlensäure. 
Der  KohlenaiucegehiUt  der  Luft  ist  unter  iiatUjIiclien  Verhiltnisaen  ein  sehr  un- 
bedeutender, nämlich  in  der  freien  Atnioq»häre  0,04—0,06^.  Fttr  den  Asaimi- 
letion^rooess  der  Fflansen  ist  diese  Kohlensäure  ein  wichtiger  pontiver  Faktor, 
flir  den  Athmungsprocess  der  Thiere  ist  jedoch  dieses  Quantum  indifferent 
Erst  eine  erhebliche  Steigerung  desselben,  wie  sie  unter  natürlichen  Verhältnissen 
eigentlich  nur  in  Gährkellem  vorkommt,  nämlich  eine  Steigerung  auf  2 — 3^,  ruft 
Beeinträchtigung  der  Athmung  und  schliesslich  Erstickungstod  hervor  und  zwar 
desshalb,  weil  Kohlensäure  ein  Produkt  unseres  Lebenschemismus  ist,  welches 
regeiniääsig   entsteht  und  in  unserem  Körper  nie  eine  höhere  Concentration 
lüs  die  gew6hnlidM»  «n  sich  schon  hohe  erfthren  duL  Wir  wissui  aus  der 
Fhyäologie,  das«  bei  Warmblfitern  nur  arterielles,  nicht  aber  venOses  Blut  den 
Ldiensprocess  su  unterhalten  vermag.  Das  arterielle  Blut  erhält  nun  30  Volum» 
procente  Kohlensäure  das  venöse  3$^.   Der  Athmungsprocess  hat  also  die  Auf> 
gäbe,  diesen  Ueberschitts  von  5  g-  Kohlensäure  des  Venenbluts  fortlaufend  ans 
dem  Körper  zu  entfernen,  und  dementsprechend  findet  man  in  der  Ausathmungs- 
luft  3^ — freie  Kohlensäure.    Wie  Versuche  ergeben  haben,  leidet  bei  Warm- 
blütern diese  Abgabe  erst  Noth,  wenn  der  Gehalt  der  umgebenden  Luft  an  Kohlen- 
säure, vorausgesetzt  dass  sie  chemisch  rein  ist,  2^,  also  etwa  den  50  fachen  Betrag  der 
Kohlensäure  der  freien  Luft  übersteigt.  Auch  hier  muss  wieder  betreut  Luffcverderb- 
rnsa  bemeikt  werden,  dass  die  praktisch  in  Frage  kommende  Luftverderbniss  in  ge- 
schlossenen Räumen  ebensowenig  einem  Plus  an  Kohlensäure  wie  einem  Minus 
von  Sauerstoff  zuzuschreiben  ist;  denn  selbst  in  unventilirten  Überfüllten  Schlaf- 
rimmem  rte^  der  Kohlensäurcgehalt  der  Luft  fast  nie  Uber  0,7  ^.    Nur  in  Gähr* 
kellern  und  gewissen  Grotten  erreicht  der  Kohlensäuregehalt  der  Luft  einen 
lebensgefährlichen  Grad.     5.  Die  riechbaren  Bestandtheile  der  Luft.  Da 
der  positiNc  Hauplbestandtheil  der  Luft,  der  Sauerstoff,  unter  natürlichen  Ver- 
hältnissen überall  in  gleicher  Quantität  zu  haben  ist  und  der  positiv  schädliche 
Massenbestandtheil  der  Luft,  die  Kohlensäure,  nur  unter  ganz  exceptionellen 
Fällen  dne  bis  sor  Schädlichkeit  gehende  Concentration  erlangen  kann,  so  ist 
klar,  dass  es  sich  bei  dem  praktisch  so  hochwichtigen  Unterschied  zmschen  guter, 
gesunder  I^ft  und  schlechter,  schädlicher  Luft  nur  um  die  bis  jetst  noch  nicht 
besprochenen  Beimengungen  zur  Luft  handeln  kann.    Wenn  Eingangs  gesagt 
wurde,  dass  dies  die  riechbaren  Bestandtheile  derselben  seien,  so  gilt  dies  nur 
fer  niajora,  denn  es  kommen  auch  geruchlose  Gase  als  giftige  Beimengungen  zur 
Ath!iuing->Ui1r  vor,  z.  B,  Kohlcnoxydgas,  das,  wenn  rein,  geruchlos  ist.    Aber  zum 
Gltick  lur  unseren  Organismus  werden  unter  natürlichen  Verhältnissen  diese  ge- 
ruchlosen Gase  nie  erzeugt  ohne  gewisse  Beimengung  von  deutlich  riechbaren 
Gasen;  es  weiss  s.  B.  jeder,  dass  Kohlendunst  sehr  deutlich  gerochen  wird. 
Somit  ist  der  Geruchssinn  auch  ihnen  gegenüber  ein  ausreichender  Wächter. 
Auf  der  andern  Seite  haben  wir  es  bei  der  Luftverderbniss  mit  dem  Staub,  d*  h. 
kleinsten  Festkörpern  oiganischcr  und  unorganischer,  lebloser  und  belebter  Natur 
SU  thun,  bei  denen  auf  den  ersten  Blick  die  Riechbarkeit  ebenfalls  ausgeschlossen 
erscheint.    Bei  genauerer  Betrachtung  stellt  sich  das  jedoch  auch  anders.  Alle 
Festkörper,  namcnilu  Ii  die  porösen,  haben  die  Eigenschaft,  in  der  Trockenheit 
riechbare  Gase  zu  absorbircn  und  bei  Befeuchtung  sie  wieder  abzugeben  (alle 
porösen  Körper  duften  speciliscii,  wenn  man  sie  benetzt).    Athmen  wir  staubige 
Luft,  so  werden  die  Staubdieile  auf  der  feuchten  Nasenschleimbaut  befeuchtet 


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■64 


Laft 


und  geben  ihren  specifischen  Duft  ab.  Deshalb  kfinnen  wir  audi  den  Lufbtaab 
unter  die  riechbaren  Betmengungen  der  Luft  rechnen.  Bei  der  praktischen 
Wichtigkeit  dieser  riechbaren  Beimengungen  zur  Luft  sollen  sie  im  Folgenden 
nach  Herkommen  und  Bedeutung  etwas  genauer  besprochen  werden,    a)  Dw 

gerährlichsten  und  häufigsten  zur  Luftverderbniss  führenden  Beimengungen  zur 
Luft  sind  die  Selbst  gifte  des  Mensclicn,  die  derselbe  theils  fortgesetzt  auf  dem 
Wepe  der  l.ungcn-  und  Haiitnthmunp;  an  die  Hin  umgebende  Atmosphäre  ab- 
giebt  und  die  theils  den  flüssigen  und  festen  Auswurfstoflen  des  Menschen,  wenn 
sie  nicht  in  dieser  Beziehung  unschädlich  gemacht  werden,  entströmen.  Sie  und 
nicht,  wie  schon  oben  angeführt,  die  Kohlensäure  spielen  die  Hauptrolle  bei  der 
in  geschlossenen  R&UDMn  und  auch  ausserhalb  dieser,  wo  Menschen  dicht  au- 
sammenwohnen»  eintretenden  Luftverderbniss.  Da  dieselben  qualitativ  und  quan- 
titativ der  chemischen  Ermittlung  schwer  zugänglich  sind,  und  weil  man  von 
der  Anschauung  ausging»  dass  ihre  Absonderung  wenigstens  beim  gesunden 
Menschen  in  einem  gewissen  mehr  oder  weniger  festen  Mengeverhältniss  zur  aus- 
geathmeten  Kohlensäure  steht,  so  hnt  man  sich  zur  Bestimmung  des  Grades  der 
I.'iftvcrderbniss  in  geschlossenen  Räumen,  wie  sie  durch  den  Aufenthalt  von  Lebe- 
wesen entsteht,  der  quantitativen  Bestinmiung  des  Kolrlensäuregelialtes  bedient. 
Hier  ist  einmal  die  Vorausctzung  nicht  richtig:  das  Quantum  der  producirten 
Selbstgifte  steht  durchaus  nicht  immer  im  gleichen  Verhältntss  aur  Menge  der 
produdrten  Kohlensäure.  Sie  ist  s.  B.  bei  kranken,  sowie  bei  geängstigten  und 
traurigen  Menschen  weit  grösser,  als  bei  gesunden,  was  die  bekannte  Tbatsache 
lehrt,  dass  in  Krankenzimmern  und  Gef&ngnissräumen  die  Luftverderbniss  weit 
RChneller  und  intensiver  auftritt  als  in  Concert.sälcn,  Banketzimmem  etc.  Sodann  hat 
diese  Methode  den  Irrthum  erzeugt,  als  ob  die  Kohlensäure  das  wesentliche  Luftgift 
wäre.  Dass  dies  nicht  richtig  ist,  wurde  schon  oben  n.\c\\  der  einen  Seite  hin  gezeigt, 
nach  der  andern  Seite  hin  geht  es  aus  folgenden  'i'lt  itsachen  liervor.  Nicht  bloss  der 
Geruchssinn,  sundern  auch  das  Gemeingefühl  reagiri  sehrdcuLlichaufdiedurchSclbst- 
gifte  erzeugte  Luftverderbniss  und  dieses  Gefühl  stellt  sich  z.  B.  in  Schulzimmem 
schon  bei  einem  Kohlensäuregehalt  von  0,6  in  Krankenzimmern  schon  bei  einem 
solchen  von  o,s^  ein,  also  bei  einem  Kohlensäuregehalt,  der  bei  reiner  Kohlen» 
säure  noch  nicht  die  geringste  Aenderung  des  Gemeingettihls  hervorruft.  Eine 
andere  Thatsache  ist  folgende:  Da  fiir  die  fraglichen  Setbstgifle  das  Was^r  eine 
sehr  grosse  Absorptionsaffinität  besitzt,  so  entsteht  namentlich  in  dem  Tliauwasser, 
dass  sich  bei  kalter  Aussenluft  an  der  Innenseite  der  Fensterscheiben  von  mit 
Menschen  gefüllten  Räumen  niederschlägt,  eine  ziemlich  conccntrirte  Losung  von 
Selbstgiftcn,  und  Experimente  an  Thieren  haben  bewiesen,  dass  dieses  Thauwasser 
ein  heftiges  Gift  ist  Bei  der  physiologischen  Wirkung  der  durch  Selbstgifte  er- 
zeugten Luftverderbniss  hat  man  zweierlei  zu  unterscheiden ;  einmal  die  E  r  st  wi  rku  ng. 
Sie  ist  am  intensivsten,  wenn  ein  Mensch  aus  reiner  Luft  unvermittelt  in  solche 
verdorbene  Luft  tritt  Zu  dem  schlechten  Geruch  gesellen  ^1  s«^offtBeklemmttngs- 
und  Lähmungsgefllhle,  die  man  in  niedcrem  Grad  als  Bangigkeit,  in  höherem 
Grad  als  wirkliche  Angst  bezeichnet  (es  wird  einem  »angst  und  bange).  In  höheren 
Graden  tritt  sogar  Ohnmacht  ein.  Eine  zweite  gewöhnliche,  aber  erst  secundäre 
Erscheinung,  die  wir  als  Keaction  des  Körpers  gegen  die  acute  Vergiftung  zu 
deuten  haben,  ist  Ausbruch  von  Angstsch weiss,  unter  Umständen  auch  Husten. 
Weniger  intensiv  und  stürmisch  treten  die  Vergifiungserscheinungcn  bei  den  im 
geschlossenen  Raum  versammelten,  die  Luftverderbnis  erzeugenden  Menschen 
auf,  da  hier  der  Vorgang  der  Gewöhnung  das  Auftreten  der  Vergiftun^phänomene 


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i 


Luft 


165 


%'erlangsamt,  aber  mit  der  Zeit  treten  aucli  hier  die  gleichen  Erscheinungen  bis 
zu  Athemnoth,  tiefer  Angst  und  schliesslich  Ohnmacht  ein,  und  bei  steigender  Luft- 
verderbniss  ist  der  Tod  unausbleiblicli,  lange  che  die  Kohlensäure  eine  bedrohlirhe 
Concentration  erreicht  und  der  Sauerstoff  eine  namhafte  Verminderung  er'alii  i  n 
hat    Von  dieser  Erstickung  sind  die  Folgen,  welche  andauernder,  immcrwieder- 
holter  Aufenthalt  in  mäasig  verdorbener  Luft  hervorruft,  m  tintencheiden*  Sie 
können  kurzweg  als  »chronische  Selbstvergiftung«  beseichnet  weiden.  Diese  schafit 
einerseits  einen  Zustand  der  Körperconstitutton,  den  man  wegen  der  damit  ver- 
bundenen Abnahme  des  Gewebstonus  volksthümlich  als  Verweichlichung  bezeichnet 
und  der  theils  bereits  ein  Zustand  chronisclicr  Krankheit  ist,  theils  eine  Disposi- 
tion zu  akuten  Krankheiten  fieberhafter  und  infektiöser  Natur  (s.  Art.  »Selbstgiftc, 
»Abhärtung,«   »Fieber-,  »Gesundhcitv;).     Ucber  den  chemischen  Charakter  der 
Selbstgifte  lässt  sich  nur  sagen,  dass  dazu  alle  wasserl ös  1  ich en  Absonderungs- 
produkte des  Körpers  gehören.    Unter  ihnen  scheinen  die  gefahriictibtcn  die  AI- 
kaloide  zu  sein,  fllr  die  man  neuerdings  den  Sammelnamen  »Leukomalne«  vor- 
geschlagen  hat  Eine  genaue  Analyse  sAmmdidier  hierher  gehöriger  Stofie  ist 
erst  von  der  Zukunft  su  erwarten,  b)  die  übrigen  rienhbaren  Luftverderbntss- 
stoflfe  kann  man  den  vorhergehenden  als  Fremdgifte  gegenttbersteUm;  diesdben 
sind  noch  mannigfaltigerer  Natur  als  die  ersteren.  Die  greifbarsten  darunter  sind 
die  als  Staub  in  der  Luft  suspendirten  Fremdkörper.    Man  hat  sie  (abgesehen 
von  den  belebten  Fermenten)  mit  Unreclit  nur  als  physikalisch  schädlich  —  weil 
sie  die  T.ungenschleimhaut  mechanisch  rei/en  —  angesehen.   Diese  Einschränkung 
gilt  sicher  nur  von  einem  kleinen  Theil  des  Luft^ilaubs,  nämlich  dem  aus  nicht 
nur  gans  unlöstichen,  sondern  auch  nicht  mit  absorbierten  Stoffen  geladenen  Staub, 
also  s.  B.  dem  Staub  aus  dichten  Gesteinen,  wie  Granit  etc;  denn  worauf  schon 
oben  hingewiesen»  ftlhren  namentlich  die  porösen  Staubpartikel  (Erdstaub,  vege> 
labilischer  Staub)  grosse  Mengen  absorbirter,   bei  Befeuchtung  freiwerdender 
flflchtiger  Stoffe  u.  z.  zunächst  giftiger  Natur  dem  Organismus  su,  weil  die  Pflanzen- 
faser und  die  Erde  eine  grosse  Absc)ri)tionsrtrfinität  für  wasserlösliche  Giftstoffe, 
namentlich  die  Selbstgifte  haben  und  derartiger  Staub,  der  in  und  um  menschliche 
und  Ihierische  Wohnräume  entsteht,  immer  Gelegenheit  hat,  sich  mit  diesen  ani- 
malischen Giften  lu  sättigen.    Aus  diesem  Grunde  ist  Zimmer-  und  Strassenstaub 
viel  geßthrlicher  als  Feld-  oder  vollenife  als  Wflstenstaub.  Besteht  der  Staub  aus 
wenn  auch  nur  z,  Tb.  löslichen  Mineral-  und  Metallpartikelchen,  so  ist  klar,  dass  me- 
diantsche  und  chemische  Schädigung  stets  miteinander  verbunden  sind.  Eine 
besondere  Sorte  des  Luftstaubs  sind  die  Mikroorganismen.   Wenn  man  den- 
selben in  neuerer  Zeit  einen  besonders  grossen  Antheil  an  der  Erzeugung  von 
Krankheiten  zuschreibt,  so  (ibersieht  man  dabei  die  Gesetze  des  Parasitismus,  die 
besagen,  dass  der  Keim  eines  Parasiten  ?u  seiner  Entwicklung  nicht  bloss  allge- 
meine Entwicklungsbedingungen,  sondern  specifische  bedarf.  Diese  Mikroorganis 
men  der  Lud  verhalten  sich  nicht  anders  als  ein  Bandwurm-  oder  Ruadwunn-£i, 
das  nur  in  dem  specifischea  Wirth  keimt  und  auch  in  diesem  nur  bei  einer  be- 
stimmten Disposition  desselben  (s.  Art  »Ansteckung«).  Aus  diesem  Grund  und 
wohl  die  meisten  Mikroorganismen  des  Luftstaubs  sum  weitaus  grössten  Theil 
höchstens  mechanisch  und  desshalb  schädlich,  weil  sie  als  poröse  Körper  absor- 
bierte Stoffe  bei  der  Benetzung  abgeben.  Unter  den  gasartigen  Fremdgiften  der 
Lufl  spielen  wohl  die  Hauptrolle  die  organischen  Gifte,  insbesondere  die, 
welche  bei  der  Zersetzung  thierischer  und  iitlanzlichcr  Köry)cr  u.  /,.  wahrscheinlich 
als  Produkte  nicht  der  spontanen  Zersetzung  dieser  Körper  anzusehen  sind,  sondern 


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Luft 


als  Exkrctionen  der  die  Zersel^ung  hcrvorruiendcn  lebendigen  Mikrof »rgaTii^^inrn, 
der  sogen.  Fäulnssstermente.   Da  der  Fäulniäspruzess  nur  bei  genügendem  Wasser- 
gehalt der  betreffenden  Substaruen  vor  sich  gehen  kann,  so  ist  die  Luftverderb- 
niss  durch  Fäulnissgase  sehr  von  den  Feuchtigkeitsverhältiussen  von  Luft  und 
Boden  abhängig,  auch  bei  gleich  grossen  Mengen  ^Inissfthigen  Materials. 
Daher  kommt  es,  dass  feuchte  LuSt,  trotsdem  ein  grösseier  Feucbligkdtsgebalt 
an  »ch  etwas  dem  Organismus  zutrlfgliches  ist,  in  der  Regel  schlechter  ist  als 
trockne.    Feuchte  reine  Luft  findet  man  nur  auf  grossen  Wasserspiegeln  und  an 
rnschlaufcnden  Wassern,  wälirend  alle  feuchten  Niedeningen,  Sümpfe  u.  dergl. 
feuchte  verdorbene  Luft  liefern   und  bei  Schniutzwettcr  die  Luft  stets  unreiner 
ist  als  bei  trocknem.    Von  mehr  isolirtem  Vorkommen  ist  die  I.uftverderbniss 
durch  anorganische  Gase.  Bei  ihnen  unterscheidet  man  die,  welche  wie  Chlor- 
gas,  schweflige  Säure  etc.  Hustenreflex  und  Stimmritzenkraropf  hervorrufen,  als  irre- 
spirabel  von  denen,  die  das  nicht  thon,  wie  das  Kohlenorird,  Leuchtgas,  und 
ähnlich  verhält  es  sich  mit  den  giftigen  Exhalationen  höher  organtnrter  Lebe- 
wesen.  In  den  Trqpen  giebt  es  allerdings  nicht  wenige  Pflanaen,  deren  Aitt' 
Scheidungen  Luftgifte  sind,  welche  auT  grössere  Distansen  wirken.  In  der  ge> 
mässigten  Zone  hat  man  in  dieser  Richtung  nur  damit  zu  rechnen,  dass  der  Duft 
der  BUlthen  schon   in  mSj^si^er  Concentration  Vergiftungserscheinungen  bis  zu 
wirklicher  tödtHcbcr  Vergiftung  in  geschlussenca  Räumen  hervorzunifen  vermag, 
allerdings  bei  ni.inchon  Hliithen  mehr,  bei  manchen  weniger  leicht.    Bei  uns  z.  B. 
ist  der  Duft  von  Jasmin,  Seidelbast  u.  a.  besonders  wirksam.   Im  Gegensatz  hicr- 
su  steht,  dass  die  Emanationen  der  griinen  Pflanzenthetle  nicht  nur  weniger  luft- 
verderbend nnd,  als  die  der  Blüthen,  sondern  dass  die  chlorophyUhaltigen  Pflansoi* 
thdle  durch  ihre  Vegetation  positiv  luftreniigend  wirken,  indem  sie  sowohl  die 
Selbstgifle  wie  die  Fäulnissglftc  aus  der  Lufl  begierig  anziehen  und  durch  Ver* 
brauch  bei  ihrer  Assimilationsarbeit  vernichten.  —  Man  spricht  gewöhnlich  in 
den  Faclischn'flen  nur  von  den  Vernn reinigungen  der  T>iifl  und  bebandelt  die 
1,11 1 1 1  (  i  n  b  ei  t  ab  etwas  Negatives  d.  h.  als  blosse  Abwesenheit  von  verunreinigenden 
Beimc!i-^/ir>i;cn     Das  ist  nur  zur  Hälfte  rirbtif^;  rlenn  es  liegt  dieser  Anschauung 
die  falsciie  Annahme  zu  Grunde,  als  gehen  die  unleugbar  vorhandenen  beleben- 
den Wirkungen  der  rdnen  Luft  avf  den  Ofganismns  nur  aus  von  dem  physiolo- 
gisch positiv  wirkenden  Factor,  dem  Sauerstoft,  und  von  der  zweiten  falschen  An> 
nähme,  als  sei  die  sogen,  reine  Luft  eben  nichts  anderes  als  ein  reines  Gemenge 
von  Stickstoff  und  Sauerstoff  ohne  irgend  welche  andere  stoffliche  Beimengung. 
Das  Gefühl,  dass  diese  Anschauungen  nicht  gans  richtig  sind,  hat  denn  auch  zur 
Ozontheoric  geführt;  denn  man  musste  eben  eine  Erklärung  dafllr  haben,  dass 
die  verschiedenen  Luftarten,  trotzdem,  dass  sie  alle  gleiche  Mengen  von  Sauer- 
stoff besitzen,  nicht  gleich  beleljend  wirken.    Mtin  nahm  also  seine  Zuflucht  zu 
der  ScHöNBEi.N  sehen  Lehre  vom  O^on,  dahin  gehend,  dass  der  Sauerstoff  durch 
andere  Gruppirung  seiner  Atome  im  Molekül  in  mehreren  Zuständen,  aktiven  und 
inaktiven  auftreten  könne:  das  Wort  Ozon  bezeichnet  den  aktiven  Zustand;  und 
so  schrieb  man  die  AktivitMt  der  reinen  Luft  einem  vergrösserten  Ozongdislt  au. 
Richtig  an  der  Sache  ist  offenbar:  erstens,  dass  die  bekannte  Onnreaction  in  den 
verschiedenen  Luftarten  verschiedene  Ozonmengen  aufweist  und  zweiten^  <ta8t  dfe 
notorisch  sthlecl-.ten  I.uftsürfen  im  allgemeinen  geringeren  Ozongehalt  bcrw.  gar 
keinen,  die  guten  einen  höheren  Ozongehalt  ergehen.    Allein  ausreichend  lur 
Erklärung  aller  ohwaltcndcn  Verhältnisse  ist  das  Ozon  durchaus  nicht  und  es 
müssen  unter  allen  Umständen  die  durch  G.  Jager  gemachten  Entdeckungen  über 


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hatL 


167 


die  physiologische  Wirkung  des  Ricchstoffgehalts  der  Luft  hcrbcigexogen  werden, 
wenn  man  ein  Verständniss  für  die  physiologische  Wirkung  der  verschiedenen 
Luitsorlcn  gewinnen  will.  G.  Jager  hat  (s.  Art.  Konzentrationsgesetz)  nachge- 
wiesen, dass  Beimengung  concentrirter  und  Obelriechender  flüchtiger  Stoffe  zur 
Athmungsluft  einen  dqiriniirenden  Einfluss  auf  das  Nervensystem  and  die  gesammte 
lebendige  Substanx  ausübt^  während  umgekehrt  die  Beimengung  von  Wohlgerllchen 
und  hocbverdQnnten  flüchtigen  Substansen  einen  belebenden  Effekt  hervorbringt 
Mit  dieser  Angabe  befindet  sich  G.  Jaeger  in  Uebereinstimmung  mit  dem  Sprach- 
gebrauch,  der  eine  schlechte,  unreine  Lufl  auch  >dick<,  >drtickcnd<,  und  eine  reine 
T  iift  sdünn€,  tfein«,  ^leichti;  nennt.  Auch  liegt  in  den  jAKc.ER'schen  Angaben 
t  iric  Erklärung  dafür,  dass  die  feinfühlenden  Dichter  der  guten  Lufl  mit  den  Aus- 
drucken »gewürzige,  »balsamische  einen  positiv  günstig  wirkenden  Gehalt  an 
Riechstoffen  zuschreiben  und  dass  gerade  diese  Luftqualität  es  ist,  welche  z.  B. 
die  reine  Mailuit  so  sehr  von  einer  reinen  Winterluft  unterscheidet.  Im  Mai  sind 
es  die  WohlgerUcbe  der  blühenden  und  knospenden  Pflansenwelf^  welche  der 
Luft  ihre  physiologische  Gttte  verleihen,  während  im  Winter  dieser  Factor  fehlt. 
Was  der  Luft  im  Winter  ihre  Feinheit  gicbt,  ist  der  Umstmd,  dass  das,  was  von 
Riechstofifen  in  der  Luft  noch  vorkommt,  hochverdünnt  ist,,  weil  mit  der  erstar- 
renden Erde  die  duflstofflicfernden  Fäulniss-  wie  Vegetationsprozesse  sistirt  sind 
und  nur  ein  Minimum  von  flüchtigen  Stoffen  überhaupt  noch  producirt  \s  ird.  Was 
an  solchen  noch  in  der  Luft  sich  vorfindet,  wird  meist  durch  die  T-uflströinungen 
vom  Meere  und  den  ruciUerstarrtcu  wärmeren  Erdlheileu  zugciuhri  und  ist  selbst- 
versUtadUdn  jetit  ebenfalls  betiächtlich  verdttnnt  Daher  kommt  dmn  auch,  dass 
im  Winter  bei  gefrorenem  Boden,  worauf  schon  früher  hingewiesen,  mit  der 
grösseren  Luftreinheit  auch  die  Gesundheitsverhältnisse  notorisch  besser  dnd  als 
z.  B.  bei  Sudelwetter.  Durch  Jaeger's  Lehren  gewinnt  man  einen  klaren  Ein- 
blick in  das  Wesen  der  Uif^reinigenden  Factoren.  Als  solche  sind  bekannt: 
a)  die  Winde.  Da  die  tellurisclien  Duftstoffc  im  allgemeinen  specifisch  schwerer 
sind  als  die  Luft  und  eben  die  Erdoberfläche  der  producircnde  Boden  ist,  so 
bilden  dieselben  bei  ruhender  Luft  eine  Schicht  höheren  Concentrationsgrades  an 
der  Oberfläche  und  natürlich  am  meisten  in  den  Niederungen  und  auf  den  Thal- 
sohlen, während  in  den  höheren  Luflregionen  die  Luft  im  Vcrhältniss  viel  reiner 
ist,  als  unten.  Auch  bezOgUch  der  wagrechten  Ausbreitung  findet  der  Unterschied 
statt,  dass  an  Orten,  wo  eine  besonders  reiche  Duf^roduction  stattfindet,  wie 
in  Stfldten,  Sümpfen  etc.  die  Luft  viel  dicker  und  unreiner  isl^  als  Uber  Feldern, 
Wiesen  und  Wäldern.  Die  Winde  heben  diese  Differenzen  auf,  indem  die  ver- 
schiedenen LuflstofTe  durcheinandergemengt,  und  die  Duftstoffe  gleichmässig  ver- 
theilt  werden,  wns  für  die  Orte,  in  denen  die  Luft  dick  war,  eine  Abnahme 
der  nuftstoffconcentration,  also  Zunahme  der  Reinheit  bedeutet,  b)  atmos[)hä- 
n  sc  1.0  Nied ersrh läge,  Regen,  Schnee.  Ihre  Wirkung  begreift  sich,  wenn  man 
die  riechsioäabiorbircndc  kraft  des  Wassers  kennt;  die  gasförmigen  Rieclistoffc, 
namentlich  die  übelriechenden,  werden  absorbirt  und  die  staubförmigen  mecha« 
nisch  mi^erissen,  und  da  die  Erde  die  Riech^ffe  gleichfalls  b^^ierig  absorbiri^ 
so  werden  sie  definitiv  der  Luft  entzogen.  Bei  Schnee  ist  die  l^kung  natürlich 
dauernd,  solange  der  Sdmee  bleibt;  bd  Regen  überwiegt  nur  bei  kurzer  Dauer 
der  reinigende  Einfluss,  bei  längerer  Dauer  gilt  er  nur  fUr  die  staubförmigen  Ver- 
imreinigungen  der  Lufl,  dagegen  wird  durch  den  Vorschub,  den  nasser  Boden 
und  feuchte  Luft  den  Fäulnissprocessen  leistet,  der  Regen  indirekt  Ursache  zur 
Lultveiderbniss.   c)  Gewitter.  Diese  wirken  nämUch  ausser  durch  ihre  Nieder- 


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i68 


Schläge  noch  in  zweifacher  Weise;  einmal,  wie  erst  neuerdings  nachgewiesen 
wurde,  dadurch,  dass  die  elektrisch  gewordene  Erdoberfläche  den  Luftstaub 
magnetisch  anzieht,  somit  aus  der  Luft  entfernt  und  dann,  wie  schon  längst  be- 
kannt, dadurch,  dass  die  elektrischen  Entladungen  bei  ihrem  Durchgang  durch 
die  Luft  die  organischen  Riechstoffe  vu  niedeiatomigen  Stickstoff-  und  Kohlen- 
stofllverbiadungen  ojgrdiren.  —  d)  Das  bewegte  Wasser.  Die  Absoiptionskraft 
des  Wassers  fttr  Riechslofle,  namentlich  für  Qbeiriechende,  bewirkt  <b,  wo  das 
Wasser  einen  lebhaften  Verkehr  mit  der  Atmosphäre  unterhält,  wie  das  nament- 
lich beim  fliessenden  Wasser  der  Fall  ist  und  bei  dem  vom  Wind  bewegten,  eine 
raschere  Aufsaugung  der  Riechstoffe  aus  der  Luft.  Man  hat  desshalb  mit  Recht 
früher  häufiger  als  jetzt  künstliche  Zimmerfontainen  unterhalten,  um  die  Luft  zu 
reinigen.  Se)bstverstän(ilich  darf  das  Wasser,  von  dem  man  eine  T>uftreinigung 
erwartet,  nicht  durch  Unterhaltung  von  Fäulnissprocessen  mehr  Duttütoiie  ab- 
geben, als  es  »1  absorbiren  vermag,  e)  Pflansen.  Die  grünen  Pflaasenthdle 
sind,  wie  schon  oben  bemerkt,  sehr  wirksame  Luftreiniger,  da  sie  nidit  bloss  die 
Kohlensfture  der  Luft  su  ihren  Aswnilationszwecken  verwenden,  sondern  in 
relativ  noch  höherem  Betrag  ein  Filter  für  die  wasserlöslichen  übelriechenden 
Duftstoffe,  namentlich  die  animalischen  Selbstgifte,  also  die  Stoffe,  welche  auch 
im  Dünger  wirksam  sind,  bilden  (s.  dn-  Dictum  des  Botanikers  Mohl:  »Was 
stinkt,  das  düngt.)  Desshalb  ist  die  Luft  über  Wäldern,  Wiesen,  vegetations- 
reichen Wassern  (wenn  hier  nicht  Fäulnissprozesse  das  Verhältniss  verschieben), 
reiner  und  gesünder  als  z.  B.  die  über  Stoppelfeldern,  vegetationslosen,  stag- 
nirenden  Gewässern,  und  wieder  ist  sie  retner  in  der  Zeit  des  kräftigsten 
Pflansenwuchses  als  dann,  wenn  letzterer,  wie  im  Herbst,  seine  Thätigkeit  einge- 
stellt hat  Von  diesem  Standpunkt  empfiehlt  sich  auch  die  Anlage  von  Gflrten 
und  Baumpflanzungen  in  den  Städte»  und  um  die  Städte  und  das  Halten  von 
Blattpflanzen  in  den  Zimmern.  Zu  dieser  von  den  grttnen  Theilen  aller  Pflanzen 
ausgehenden  Zerstörung  übelriechender  T.uftbeimengungen  (dadurch  dass  sie 
dieselben  assimiliren)  kommt  noch  eine  andere  Art  der  Luf>reinigung  durch 
Pflanzen,  die  wahrscheinlich  nicht  allen,  sondern  einein  i  heu  der  elhen  zukommt. 
Es  ist  eine  feststehende  Thatsache,  dass  die  harzigen  und  ätherisch  ohgen  Pro- 
dukte vieler  Pflanzen,  die  diese  nicht  bloss  in  ihrem  Innern  enthalten,  soadcrn 
auch  bei  ihrer  Vegetation  an  die  Atmosphäre  abgeben,  auch  nadi  ihrer  Los- 
Idsung  von  der  Pflanze  andere  organische  Riechstoffe  sentOren.  Bekannt  sind 
als  solche  das  Terpentin,  die  ätherischen  Ode  von  Rosmarin,  Lavendd,  den 
Thymusarten,  dann  als  ganz  besonders  kräftig  der  Kampher,  wesshalb  alle  diese 
Pflanzen  seit  uralten  Zeiten  als  Heilmittel  (sie  zerstören  die  flüchtigen  Krankheits- 
gifte) gebranrhf  werden  Neuerdings  '^'^t  7U  den  obif^en  dris  flürhhfje  Prinrip  der 
Eucalyptusbäume  gekommen.  Man  hat  specicil  bei  dem  Terpentin  die  riechstoff- 
zerstörende  Eigenschaft  damit  begründet,  dass  bei  Verstäubung  desselben  ein 
Theil  des  Luftsauerstoffs  in  Ozon  übergeht,  und  dieses  dann  der  eigentliche  Zer- 
störer der  Riechstoffe  ist  Bestätigt  sich  das  auch  flir  die  anderen  thatsächlichen 
RiechstofierstOrer,  so  könnte  man  sie  als  »Ozogenec  (ozoneizeugende  Stoffe)  be« 
zeichnen.  Zweifellos  liegt  in  der  Wirkung  dieser  t oxogenen«  Aushauchungspro- 
dukte  gewisser  Pflanzen  die  Luftreinheit  und  Heilkraft  der  Nadelwaldluft  und 
auch  der  Bergluft,  weil  hier  zahlreiche  Pflanzenarten  ihre  ätherischen  Oele  der 

T.iift  beimischen.  Im  Mittel:i!ter  verwendete  man  solche  Pflnnzen  in  nntnra  tut 
Reinigung  der  Zimmerluft,  indem  man  die  Zimmerböden  mit  lanncnzweigen, 
Wachholderzweigen,  Rosmarin  etc.  bestreute.  Heute  liefern  die  Apotlieken  diese 


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Luft. 


»ozogenen«  Substanzen  in  bequemerer  Form.  Doch  muss  bei  ihrer  Verwendung 
zur  Luftreinigung  im  Zimmer  vor  einer  zti  conccntrirten  Anwendung  gewarnt  werden 
f)  Die  Besonnung.  Diese  wirkt  einmal  deshalb  indirekt  als  luftreinigcnder 
Faktor,  weil  die  soeben  geschilderte  riechstoffzerstörende  Thätigkeit  der  grünen 
PflanzentheUe  in  geradem  Verbältniss  zu  ihrer  Belichtung  steht.  Ausserdem  wirkt 
sie  jedoch  auch  in  folgender  Weise  direkt:  Mit  der  Erwärmung  des  Bodens 
und  der  untersten  Luftschichte  erhalten  die  doit  frdwerdenden  Duitstoffe  einen 
erhöhten  Auftrieb  und  überhaupt  grössere  Flttcbtigkeit,  was  verhindexti  dass  sie 
dort  eine  zu  hohe  Concentration  erreichen,  dann  wird  durch  die  Auftrocknung 
den  Fäulnissvorgängen  das  nöthige  Wasser  entzogen.  Allerdings  da,  wo  die  Auf- 
trocknung nicht  gelingt,  oder  ehe  sie  gelungen  ist,  steigt  die  Intensität  der  Fäul- 
nissvorgängc  und  so  kann  örtlich  die  Hesonnung  entgegengesetzt  wirken.  Mög- 
licherweise spielt  bei  der  Besonnung  noch  das  mit,  dass  die  cliemischen  Strahlen 
des  Sonnenlichtes  eine  zersetzende  Wirkung  auf  hochatoniige  Riechstoffe  ausüben 
und  sie  in  die  minder  schMdlichen  niederatomigen  verwandelt  Endlich  liegt 
«n  Theil  der  Wirkung  der  Besonnung  indirekt  darin,  dass  die  Abwesenheit  ehier 
Wolkendecke  der  Verflachtigung  der  tellurischen  Rtechstofle  in  die  höheren 
Regionen  der  Atmosphäre  gttnstig  ist  Dafür,  dass  die  Besomiung  wirklich  ein 
luflreinigender  Faktor  ist,  sprechen  am  auffiUligsten  zwei  Tbatsachen,  erstens  die 
notorisch  besseren  Luftverhältnisse  in  sonnigen  Wohnungen  gegenüber  schlecht 
besonnten  zweitens  die  notorische  Gefährlichkeit  der  untersten  Luftschichten  bei 
Nacht  an  Orten,  wo  übelriechende  Gase  protlucirt  werden.  Darin  liegt  die  be- 
recluigte  Furcht  des  Volkes  vor  der  Nachtluft.  Aber  wenn  diese  Furcht  dazu 
führt,  dass  man  in  den  Schlafräumnn  nachts  die  Fenster  schliesst,  so  fiUlt  man 
von-  der  Sqflla  in  die  Cbarybdis.  Die  Selbs^ftproduktion  im  Schlafe  hat  zur 
Folge,  dass  in  geschlossenen  Schlafzimmern  die  Luftverderbniss  viel  höher  steigt 
als  in  der  Bodenluft  im  Freien.  Das  oben  über  die  Nachtluft  Angeführte  sollte 
bloss  die  praktische  Consequenz  haben,  dass  man  nicht  zu  ebener  Erde  oder  gar 
unter  der  Erde  schläft,  sondern  womöglich  immer  in  den  höchsten  Etagen  der 
Wobnungen,  dann  aber  stets  bei  gcötTncfeTi  Fenstern;  denn  die  gefährliche 
Schicht  der  Nachtluft  ist,  wie  in  den  Fiebergegenden  jedermann  bekannt  ist, 
nur  wenige  Meter  hoch,  —  Aehnlich  wie  bei  den  anderen  Witterungseintiüssen 
ist  auch  bei  der  Besonnung  die  luftreinigende  Einwirkung  zeitlich  beschränkt. 
Da  zu  lang  andauernde  Besonnung  Trockenheit  und  Dürre  zur  Folge  hat  und 
diese  die  luftrdnigende  Thätigkeit  der  V^tation  hemmt  und  andererseits  die 
Staubbildung  befördert,  so  schlägt  bei  zu  langer  Daner  der  Besonnung  der 
günstige  Einfluss  in  ungünstigen  um.  Ausser  den  bisher  besprochenen 
chemischen  Faktoren  in  der  Luft  muss  auch  noch  der  physiologischen  Be- 
deutung der  physikalischen  Faktoren  derselben  einige  Aufmerksamkeit  ire- 
widmet  werden,  i.  Luftwärme.  Abgesehen  von  den  Wirkungen  der  Wärme 
überhaupt,  über  welche  der  Artikel  Wärme«  nachzusehen  ist,  kommt  fiir  die 
Organismen,  die  in  der  Luft  leben.  Folgendes  in  Betracht:  Da  mit  der  Wärme 
eine  Ausdehnung,  mit  der  KXlte  eine  Zusammenziehung  der  Luft  gegeben  ist,  so 
liefert  uns  «n  Athemzug  bei  gleicher  Exkurstonsweite  der  Atfamungswerkzeuge  in 
der  Wirme  ein  geringeres  Quantum  Sauerstoff  als  in  der  Kälte.  Bei  den  kalt» 
Mutigen  Thieren  wird  dies  dadurch  paralysirt,  da»  bei  Ab«  und  Zunahme  der 
Körperwärme  die  Erregbarkeit  der  lebendigen  Substanz  parallel  wechselt,  bei  den 
konstant  warmen  Warmblütern  dagegen  föllt  dieser  Ausgleich  weg  und  deshalb 
verhalten  sich  diese  zweierlei  Gruppen  von  Thieren  je  nach  der  Luftwärme  ganz 


Luft 


entgegengesetzt.  Die  Warmblüter  sind  in  warmer  Luft  träger  und  verbrauchen 
weniger  Nahrung  als  in  kalter  Luft,  eiUbprechend  der  geringeren  Zersetzung  durch 
den  SancntofT,  während  bei  den  Kaltbl^m  mit  Abnahme  der  Temperatur 
Appetit  und  Thfltigkeitstrieb  sinkt,  meist  bis  mit  dem  Wintefschlaf  völlige  oder 
theilweise  Laten«  der  Lebensfiinktionen  eintritt  Bei  dem  Warmblüter,  der  aach 
in  der  kältesten  Luft  noch  fortathmet  und  thätig  ist,  hat  ausser  der  grösseren 
Sauerstoflfzufuhr  zum  Gesammtorganismus  die  Luftkälte  einmal  die  allgemeine 
Wirkung,  dass  dem  Organismus  mehr  Wärme  c?itzogen  wird,  was  er  jedoch  durch 
die  WärmercRulirung  (s.  diese)  kompensirt,  dann  die  besondere,  dass  sie  die 
Athmungbiclileimhaut  mehr  reizt  als  die  warme  I  üff,  und  ganz  dasselbe  thut  sie 
auch  gegenüber  der  äusseren  Haut,  sie  ist  ein  kratuger  Hautreiz.  Da  mit  der 
Wäime  die  Luft  auch  ihre  Kapadtit  fllr  Wasserdampf  ändert,  so  werden  auch 
die  Verhältnisse  der  Wasserabgabe  der  Organismen  durch  den  Wechsel  der  Luftp 
wärme  beeinflitsst;  in  warmer  Luft  verliert  der  Organismus  mehr  Wasser,  als  in 
kalter.  2.  Luftdruck.  Hier  gilt  sunächst  das  Gleiche  wie  Air  die  Wärme:  Je 
mdtr  der  Luftdruck  abnimmt,  um  so  mehr  vermindert  sich  der  Gehalt  eines 
Athemzngs  an  Sauerstoff.  Auf  hohen  Bergen  und  in  Luftballons  gebt  dies  soweit, 
dass  thierisches  Leben  schliesslic]\  überhaupt  nicht  mehr  möglich  ist  aus  Mangel 
an  Sauerstoff.  FJass  die  Veränderungen  der  Atmospliare,  welche  den  Wechsel 
des  Harometerslandcs  an  einem  und  demselben  Ort  veranlassen,  für  die  Lebe- 
wesen physiologisch  nicht  gleichgültig  sind,  ist  eine  tägliche  Ejrfahrung.  Allein 
man  wQrde  fehl  gehen,  wenn  man  diese  Wirkung  lediglich  der  Veiänderuqg  des 
Luftdrucks  suschreiben  wollte.  Die  Erfahrungen,  welche  man  bei  den  Bädern 
mit  komprimirter  I^uft  macht,  zeigen,  dass  so  geringe  Schwankungen  des  Luft» 
drucks  in  der  Atmosphäre,  wie  sie  unsere  Barometerstände  anzeigen,  von  weit 
geringerem  Rinfluss  auf  den  Organismus  sind,  als  die,  welche  wir  bei  Witteirungs- 
Veränderung  beobachten.  Daraus  müssen  wir  schliessen,  dass  die  mit  den  Baro- 
meterschwankungen verbundenen,  oft  sehr  auHalligen  Veränderungen  unseres  Ge- 
meingefühlszustandes  weit  mehr  von  den  qualitativen  Veränderungen  herdthrcn, 
welche  die  Luft  bei  den  verschiedenen  Wetter^ustanden  hat  Der  Nord-Ostwind, 
,bei  dessen  Herrschen  der  Luftdruck  steigt,  iUhrt  uns  Europäern  eine  quaUtadv 
total  andere  Luft  su,  nämlich  Landwind,  als  der  vom  Meere  kommende  Südwest 
•bei  dem  das  Barometer  sinkt,  und  auch  die  Stärke  der  Winde  hal^  wie  schon 
oben  angedeutet,  einen  mäditigen  Eii^uss  auf  die  qualitative  Bescbafieoheit  der 
Luft.  Somit  wird  man  nicht  fehl  gehen,  wenn  man  annimmt,  dass  dli  direkte 
Wirkung  der  örtlichen  Schwankungen  des  Luftdrucks  physiologisch  wenig  zu  be- 
deuten hat  und  dass  .alle  beobachteten  Wirkungen  indirekter  Natur  sind. 
3.  Luftbewegung.  Die  eine  Seite  der  Wirkung  der  Luftbewegung,  nämlich 
ihre  Beziehung  zur  Luftreinheit,  ist  schon  oben  besprochen.  Es  erübrigt  hier  nur 
noch,  von  der  direkten  Wirkung  auf  die  Körperfunktionen  zu  sprechen.  Hier  gilt 
Folgendes:  a)  mit  der  Luftbewegung  ändern  sich  unsere  Ausdünstungsverhältnisse. 
Je  lebhafter  jene  ist,  desto  mehr  steigt  die  Perspiration,  aber  mit  der  Ein- 
schränkung, dass  der  Warmblüter  in  der  Fähigkeit,  das  Maass  der  Hautdurdi- 
blutung  zu  reguliren,  ein  Mittel  besitzt,  um  dem  Einfluss  der  Luftbewegung  auf 
diese  Funktion  hindernd  entgegenzutreten.  Näheres  s.  Wärmeregulirung.  Im 
Allgemeinen  aber  gilt,  dass  massig  bewegte  Luft,  weil  die  Ausstossung  der  Selbst- 
gifte befördernd,  gflnstig  auf  die  T  ebewcsen  wirkt,  b)  Bewegte  Luft  bildet  einen 
Hautreiz,  von  dem  das  Gleiclie  gilt  wie  von  allen  Reizen,  nämlich  dass  massige 
Heize  den  Lebensfunktionen  forderlich  sind,  wahrend  zu  starke  und  zu  lang  an- 


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iMÜgßsig  —  Lurtrttlne. 


171 


dauernde  Reize  nicht  taugen.  Hier  iniiss  noch  ein  Wort  tlher  Zugluft  einge- 
schaltet werden.  Rtjknnntlich  gilt  dieselbe  als  ein  gesundheitsschädigender  Faktor 
und  es  ist  ein  schembarer  Widerspruch,  wenn  man  dem  gegenüber  bewegte  Luft 
für  gesund  eiklflrt.  Dieier  »cheinbftre  Widerspruch  löst  ach  aber  in  folgender 
Weise:  Bewegte  Luft  ist  ein  auslösendes  Moment  f&r  aufgespeicherte  Krankheits- 
stofle  (s.  Art  »Erklltungf  und  >Gesondheitc).  Sie  ist  also  eine  Gefahr  fUr  Indi- 
viduen, welche  solche  Krankheitsstoffe  in  sich  haben,  also  ftlr  die  T.eute,  die  man 
verweichlicht  nennt;  aber  insofern,  als  der  allerdings  eine  Krankheit  darstellende 
AuKtreiburg^vorgang  eine  Heilkrisis  ist,  weil  nach  seiner  Vollendung  der  Körper 
gereinigter,  also  gesünder  ist,  hat  die  bewegte  Luft  doch  die  Rolle  eines  Heil- 
faktors gespielt.  Der  Grvmd  der  zwiespältigen  Beurtheilung  der  bewegten  Luft 
liegt  darin:  die  Bewegung  der  Luft  bildet  einen  Hautreiz  an  der  Stelle,  wo  die 
haSt  aufbUst  und  dieser  örtliche  Reiz  wird  um  so  stärker,  je  bewegter  die  Luft 
ist.  Bei  den  Warmbltttem  hat  diese  örtliche  Reisung  eine  VerKnderung  der  Ver- 
tfaeilnng  des  Bluts  in  der  Haut  sur  Folge  (s.  unter  Blutvertheilung).  Aus  den  im 
citirten  Artikel  ang^benen  Grttnden  ist  es  nicht  gleichgiltig,  auf  welche  Stelle 
der  Reiz  der  bewegten  Luft  wirkt.  Es  giebt  Stellen,  wo  die  Wirkung  eine 
günstige  ist  und  das  ist  nach  obigem  Artikel  einmal  die  vordere  Rumpffläche 
im  Gegensatz  zum  Rücken,  wo  der  Luft/ug  schädlich  wirkt,  und  im  Gegensatz 
zur  Seitenfläche.  Bei  Zug  im  Rücken  wird  das  Blut  von  der  Haut  ins  Innere 
verdrängt,  was  ungunstig  ist,  während  Zug  auf  die  vordere  Medianlinie  des 
Körpers  die  Hautdurchblutung  steigert,  also  günstig  wirkt.  Trifft  der  LufUug 
eine  Seitenfläche,  so  wird  die  Blutvertheilung  zwischen  rechts  und  links  ungleich, 
was  wieder  nicht  günstig  ist  Der  andere  Unlersdued  besieht  sich  beim  Menschen 
auf  oben  und  unten.  Nach  dem  bekannten  Grundsatx:  »ktthler  Kopf  und  wanne 
Füsse«  soll  die  bewegte  Luft  mehr  den  Kopf  als  die  Füsse  treffen  und  gilt  mit 
Recht  Zugluft  an  die  Beine  für  ungesund.  Dass  diese  Gesetse  nicht  bloss  für 
den  Nfenschen  gelten,  sondern  auch  für  die  'rhierwclt,  zeigt  uns  jeder  Vogel  auf 
dem  Baume,  der  bei  bewegter  Luft  stets  eine  lebendige  Wetterfahne  ist,  weil  er 
die  Brust  immer  dem  Wind  zukehrt.  Auch  die  vierfüssigen  Thiere  zeigen  das 
gleiche  Vcflialten.  Bei  bewegter  Luft  kehren  sie  immer  den  Kopf  gegen  den 
Wind  und  lassen  sich  letzteren  weder  auf  die  Seite  noch  in  den  Rflcken 
kommen»  J> 

Lnftgiuig  fdittius  pmtanatkus)  ist  derjenige  geschlossene  Canal,  welcher  bei 

den  Fischen  die  Schwimmblase  mit  dem  vorderen  Theil  des  Darroes  verbindet 
Bei  den  Ganoiden  mündet  der  Canal,  der  hier  nur  kurz  ist,  meistentheüs  an  der 
oberen  W^and  des  Vorderdarmes.  Ausnahmen  bilden  z.  B.  Aripfttser  mit  weit 
nach  hinten  gelegener  AusmündunpssteUe  des  ductus  pneumaticus  und  Foiypkrus, 
bei  welchem  sich  dieselbe  an  der  unteren  Wand  des  Oesophagus  befindet.  Der 
ductus  pmumaticus  der  Teleostier  ist  bisweilen  nur  ein  vorübergehendes  Gebilde, 
mdem  er  nach  der  Ausbildung  der  Schwimmblase  wieder  verschwindet  Wo  er 
aber  bleibt,  kann  er  an  den  verschiedenen  Stellen  des  Vordeidames,  andereneits 
auch  seitlich  oder  oben  ausmflnden,  veigl.  auch  Artikel  Schwimmblase.  D. 

Luftröhre  (Trachea).  Die  Verbindung  zwischen  den  Lungen  und  derMund- 
bOblung  wild  durch  einen  Luftgang  hergestellt,  welcher  mit  Stützgebilden  versehen 
an  seinem  Anfang  einen  differenzirten  Abschnitt,  den  Kehlkopf,  aufweist  und  sich 
als  gerader  Canal,  als  Luftröhre  {Trachea)^  fortsetzt:  diese  spaltet  sich  in  zu  den 
Lungen  führende  Aeste  (Bronchi)^  die  sich  dann  ihrerseits  wieder  in  den  Lungen 
in  unendlich  viele  Verzweigungen  auflösen.  Bei  dem  Menschen  zeigt  die  Luftr^hf^ 


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17» 


folgende  Verhältnisse.  Sie  zieht  sich  in  der  Mittellinie  des  Körpers  vor  dem 
Oesophagus  gelegen  herab  von  dem  liinftcn  Halswirl>el  bis  zum  fimften  Brust- 
wirbel, indem  sie  dort  an  den  Kehlkopf  grenzt  und  »ich  Iiier  in  die  zwei  Bronchen 
spaltet  Ihre  Weite  entspricht  der  des  Kehlkopfes  an  der  Stelle,  wo  er  von  der 
CariUago  trieoidea  umschlossen  wird.  Am  unteren  E^de  nimmt  die  Weite  der 
TraeAea  etwas  so.  Der  Querschnitt  ist  nicht  kreisförmig»  denn  die  die  TrocAea- 
Wand  zusammensetzenden  Ringe  sind  hinten  nicht  geschlossen;  es  fehlt  ihnen 
l  bis  ^  der  Peripherie.  Die  I.ücke  wird  von  einem  häutigen  Gebilde  ausge- 
füllt; diese  Haut,  die  hintere  Wand  der  Luftröhre,  bildet  eine  ebene  Fläche 
und  kann  in  Folge  der  Contraction  der  Muskelfasern  sogar  gegen  das  Innere 
des  Rohres  vorspringen.  Auf  dem  Radialschnitt  zeigen  die  Ringe,  welche  aus 
hyaliner  Knorpelmasse  bestehen,  ein  planconvexcs  Aussehen,  wobei  die  ebene 
Flüche  die  äussere,  die  convexe  die  innere  ist  Die  Hdhe  der  Ringe  betrjigt 
4—5  Millim.,  ihre  Dicke  an  der  stärksten  Stelle  »  Millim.;  ihre  Gestalt  kann 
eine  unr^jdmflsstge  sein,  indem  sie  sich  an  den  Enden  oder  in  der  Mitte  theilen 
und  gabeln.  Am  unregelmässigsten  sind  sie  am  oberen  und  unteren  Ende  ge> 
formt.  Der  Abstand  der  Ringe  beträgt  im  nicht  ausgedehnten  Zustande  der 
I>iiftröhre  ungefähr  die  Hälfte  von  der  Höhe  eines  Ringes.  Diese  Zwischenräume 
werden  durch  Häute  verbunden.  Die  Anzahl  der  Ringe  ist,  soweit  .sich  solches 
bei  der  Verzweigung  derselben  lu-stimmen  lässt,  etwa  16  bis  20.  An  ihrem 
unteren  Ende  gabelt  sich  die  'J  rachea  in  zwei  Aeste,  Bronchi,  welche  abgesehen 
von  den  geringeren  Grössenverhältnissen  wie  die  Trachea  gebaut  sind.  Beide 
Bronchen  gehen  schräg  gerichtet  su  der  entsprechenden  Lunge.  In  ihrer  Länge 
weisen  sie  insofern  eine  Verschiedenheit  auf,  als  der  rechte  Bfwuhm  sechs  bis 
acht,  der  linke  neun  bis  swölf  Ringe  onthält.  Jeder  Broneku*  »{»Itet  sieb  dann 
seinerseits  in  zwei  Aeste.  Dabei  ist  auf  der  rechten  Seite  der  untere  Ast  stärker 
als  der  obere.  Jener  theilt  sich  jedoch  nach  kurzem  Ve/lauf  abermals.  Bezüg- 
hch  der  weiteren  Verzweigung  vt  r'H  Art.  lAinge.  Was  die  feinere  Struktur  der 
Trachea  angeht,  so  liegt  dem  Inneren  zunächst  eine  Schleimschicht,  bestehend 
aus  einem  Flimmerepithel  und  aus  einer  darauf  folgenden  Schicht  elastischer 
Fasern.  In  der  Schleimschicht  liegen  die  Ausmiindungen  der  Drüsen,  welche 
sich  nach  aussen  ansdiliesten.  Die  Drttsen  befinden  sich  theils  swisch«!  den 
Knorpelringen,  theils  bilden  sie  an  der  hinteren,  häutigen  Wand  der  Trackta 
eine  zusammenhängende  Drttsenschicht  An  diesen  beiden  vom  Knorpel  freige- 
lassenen  Orten  wird  derselbe  ersetzt,  dort  durch  Bind^ewebe  vermischt  mit  elas> 
tischen  Fasern,  an  der  anderen  Stelle  durch  transversale  Muskeln,  auf  welche 
von  Fetteinlagerungen  durchsetzte  Bindegewebsbündel  folgen.  Bei  den  tibrigen 
Säugethiercn  zeigt  die  Luftröhre,  soweit  es  die  Hauptsachen  betrifft,  meist  keine 
Abweichungen.  Solche  hnden  sicii  jedoch  bisweilen  in  der  Bildung  der  stützen- 
den Knorpel.  So  besitzen  sie  bei  den  Cetaceen  und  Sirenen  eine  spiralige  An- 
ordnung; bei  Fhoca  und  bei  den  Hyänen  decken  sich  die  Enden  der  unge- 
schlossenen Knorpelringe.  —  Die  Tratkm  der  Vögel  besitzt  meistentheils  ge- 
schlossene Ringe;  in  vielen  Fällen  (Singvögel,  Spechte,  Reiher,  Kraniche,  Schwimm- 
vögel) verknöchern  ne;  ihre  Anzidil  gebt  bis  350  (Kranich  und  Flamingo).  Hier- 
aus ergiebt  sich  für  die  Tratlua  eine  bedeutende  Länge,  welche  sich  derart 
steigern  kann,  dass  sie  die  Länge  des  Halses  übertrifft  und  dann,  besonders  beim 
männlichen  Geschlecht,  unter  Biegungen  verläuft.  Dieselben  liegen  wie  beim 
Auerhalm  unter  der  Haut  oder  dringen  in  den  hohlen  Brustbeinkamm  ein  (Sing- 
schwan).   Am  eigenthümlichsten  ist  bei  der  Trachea  der  Vögel  ein  unterer  Kehl- 


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«73 


köpf,  der  nur  den  Straussen,  Störchen  und  einigen  Geiern  fehlt.  An  seiner 
Bildung  beihciiigcn  sicii  meist  sowohl  das  Ende  der  Tra(h£a  als  auch  die  An- 
finge der  Bronchen.  Beide  Stücke  feiändem  ihre  Gestall;  indem  ne  aufgetrieben 
und  zur  Trommel  umgeformt  werden,  welche  sich  bei  Wasservögeln  zu  Neben- 
höhlen erweitem  kann,  die  wie  Resonanxapparale  wirken.  Das  7>^il«a<Ende 
wird  in  seinem  Theihingswinkel  durch  eine  knöcherne  Leiste,  Steg  genannt,  in 
horizontaler  Richtung  durchsetzt.  Der  Steg  besitzt  an  bmden  Enden  jederseits 
einen  abwärts  gerichteten  Fortsatz,  so  dass  dadurch  ein  zweifacher  Rahmen  ent- 
steht, an  den  sich  eine  Schleiniliautfalte,  die  innere  Paiikenhaut  (Membrana 
tympani/ormis  interna)  ausspannt.  Dieselbe  setzt  sicli  bei  den  SinErvoszeln  als  halb- 
mondförmige Falte  fort.  Oft  kommt  nocii  eine  äussere  Faukenliaut  {Membrana 
tympaniformis  a^ma)  hinzu.  Diese  Häute  fungiren  als  Stimmbänder,  welche 
durch  eine  besondere  Muskulatur  in  verschiedene  Spannung  versetzt  werden 
können.  Die  Muskulatur  ist  am  meisten  entwickelt  bei  den  Singvögeln,  bei  denen 
der  untere  Kehlkopf  fünf  bis  sechs  Paar  solcher  Muskebi  aufweist.  Auch  bei 
den  Reptilien  erreicht  die  Luftröhre  eine  bedeutende  Länge;  bei  Cr«€odHus 
acutus  bildet  sie  Krümmungen.  Die  Knorpelringe  sind  bald  geschlossen,  bald 
unvollständig;  geschlo'^sen  am  vorderen  Abschnitt  der  Luftröhre  bei  den  Schlangen 
und  am  unteren  bei  den  Schildkruten  und  Crocodilen.  Die  Luftröhre  der  Am- 
{ihibien  besitzt  meist  nur  eine  geringe  Länge;  Knorpelstreifen  stützen  die  VVan> 
düngen.  —  S.  auch  Respirationsorgane-Entwicklung.  D. 
LuftsMe,  s.  Lunge.  D. 

Logt  oder  Logi,  kleine  Völkerschaft  des  Alterthums  an  der  OstkUste  von 
Catedonien  (Schottland),    v.  H, 

Lugii,  s.  Lygü.     v.  H. 

Luh-N'zeh-tsze,  Stamm  der  Miao-tse  (s.  d.).  Sie  graben  die  Leichen 
ihrer  Todten  ein  Jahr  nach  der  Beerdigung  aus,  um  die  Cicbeinc  sorgfältig  zu 
waschen.  Krkrankt  vor  Ablauf  des  Jalires  ein  Mitglied  der  Faniiiie  des  Ver- 
storbenen, .so  werden  dcs.«;cn  Clcbeine,  ohne  lvit<  ksiclit  auf  den  seit  detn  Be- 
gräbnis verstrichenen  Zeitraum,  solort  ausgegraben  und  gewaschen.  Die  L.  glauben 
nämlich,  dass  die  Gesundheit  der  Lebenden  in  hohem  Gradi  von  der  Reinlich» 
keit  der  Gebeine  ihrer  todten  Verwandten  abhänge.  Die  Chinesen  nennen  sie 
daher  den  »Stamm  der  Gebeinwäscherc.    v.  H. 

Luidia  (nach  Edw.  LuwvDf  englischem  Naturforscher  aus  dem  &ide  des 
siebsehnten  Jahrhunderts,  schrieb  ttber  Fossilien,  namentlich  Terebrateln,  und 
Seesterne),  Forhes  1839,  See.sterne  aus  der  Famihe  der  Astropectiniden,  Rücken- 
seite mit  diclitgcdrängtcn  oben  in  mehrere  Spitzen  ausgelienden  Ffählclien  (Paxillen) 
bedeckt,  Arme  lang  und  schmal,  oft  mehr  als  fünf,  ohne  obere  Armijlatten. 
Dreiklappige  Pedicellarien.  Rückenseite  oft  dunkel  grau  oder  braun,  nicht  selten 
gefleckt.  Wenige  Arten,  i  im  Mittelmeer,  und  an  den  südenglischen  Küsten,  L. 
friigUusima,  weil  die  Arme  sehr  leicht  abbrechen,  die  Übrigen  in  West^Indien» 
Brasilitti,  dem  rothen  Meer,  Osi^Indien  tmd  Japan.    £.  v.  M. 

Lnlmba,  nach  Ssrpa  Pinto  Name  der  Bihenos  in  der  Nähe  des  Cnqueima* 
Jlusses.     V.  H. 

Luinas  oder  Barotse,  Centralbantu,  höflich,  gross  und  kräftig.  Um  die  Httflen 
tragen  sie  ein  fein  zubereitetes  Antiloitenfell,  vom  und  an  den  Seiten  an  einem 
l..ederriemen  befestigt;  ein  weiter  Mantel  aus  Fellen  vervollständigt  die  Kleidung. 
Manche,  besonders  Häuptlinge,  besitzen  Flinten,  sonst  tragt  man  eiförmige  Schilde, 
1,3  Meter  lang  und  50  Centim.  breit,  dann  Bündel  Assagaicn  zuui  Werfen.  Leib 


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LuiMtt. 


und  Arme  sind  mit  Amuletten  bedeckt,  die  Hsndgelenke  mit  Aimbindem  am 
Knpfer,  Messing  oder  Elfenbein  geschmttckf;,  die  Beine  unterhalb  der  Knie  mit 
3^5  sehr  hObschen  Spangen  aus  Mesnng  versiert.  Das  Haar  wird  kurs  ge- 
schnitten, als  Kopfputs  aber  dn  vielfarbiger  Federnschmuck  getragen,  der  die 

Zflge  fast  vollständig  verdeckt.  Die  Häuser  der  L.  sind  aus  Rohr  gebaut  und 
mit  Stroh  gedeckt,  halbcylindrisch  mit  einem  Halbmesser  von  etwa  1,4  Meter, 
zum  Theil  oval;  die  Höhe  beträgt  nicht  mehr  als  die  Länge  des  Radius,  die 
Vorraths-  oder  Getreidehäuser  sind  jenen  der  Ambuelladürfer  ähnlich,  nur  von 
kleineren  Dimensionen.  Die  L.  beschäftigen  sich  nicht  sehr  viel  mit  Ackerbau, 
sind  aber  grosse  Viehzüchter.  Ihre  Heerden  bilden  ihren  Hauptreidithum,  daher 
besteht  auch  ihre  Hauptnahrung  in  Kuhmilch,  frisch  oder  geronnen,  sowie  in 
süssen  Kartoffeln;  Mais,  vermischt  mit  Msssambala  wird  zur  Bereitung  des  Capatas 
verwendet  und  besonders  häufig  in  den  Pflanzungen  kultivirt  Das  VennOgen 
der  L.  berechnet  sich  gewissermaassen  nach  der  Zahl  der  Rinder  und  der  Frauen. 
Sie  arbeiten  viel  in  Eisen  und  fertigen  Waffen  und  Geräthe  selbst  an.  Obgleich 
sie  keine  .Messer  kennen,  machen  sie  doch  bewunderaswerthe  Holzschnitzereien. 
Jur  die  rohe  Arbeit  dient  das  Reil,  für  die  feine  der  Assagai.  Das  Eisen  des 
letzteren  verrichtet  Wunder:  SiUibänke,  Suppennäpfe,  Milchgefässe  und  besonders 
sorgfältig  Löffel  werden  mit  seiner  Hftlfe  angefertigt.  Die  Fabrikation  von  Thon- 
waaren  bcschtBnkt  sidi  auf  die  Anfertigung  von  Kodmäpfen,  Gefltssen  su  Capata  ^ 
und  grossen  Kiflgen  zur  Aufbewahrung  von  Cerealien,  sowie  von  den  »Bangue«- 
Ffeifenköpfen.  Die  L.  rauchen  nur  Bangue.  Tabak  wird  zwar  in  beträchtlichen 
Mengen  gebaut,  jedoch  ausschliesslich  nur  zum  Schnupfen  gebraucht^  dem  Männer 
und  Frauen  in  gleicher  Weise  ergeben  sind.  Die  L.  bedecken  sich  mit  mehr 
Kleidung  als  ihre  Nachbarn,  und  man  sielit  selten  erwachsene  Personen,  die  den 
Oberkörper  nicht  bekleidet  hätten.  Die  Frauen  tragen  Unterröcke  aus  Fellen, 
welche  vom  bis  zum  Knie,  hinten  bis  fast  zur  Wade  herabretchen,  sowie  um  die 
Httfte  einen  nk^b,  mit  Muscheln  versierten  GOrtel.  Auch  gehdien  ein  Uefaier 
Pdsmantel,  sahireiche  um  den  Hals  getragene  Glasperlen  und  venchiedene  Ann« 
und  Bnnspangen  su  dem  Kostüme  der  Frauen,  die  mitunter  auch  eoroptfische 
Stoffe  und  statt  def  Unterröcke  gesteppte  Decken  tragen.  Fehlt  es  Männern  und 
Frauen  an  den  einheimischen  Kleidungsstücken,  so  suchen  sie  sich  mit  euro- 
päischen zu  helfen,  doch  geschieht  dies  nur  in  Ausnahmefällen.  Die  Frauen  der 
oberen  Klassen  und  besonders  der  Ki  irhen  reiben  sich  den  Leib  mit  Ochsen- 
fett ein,  das  mit  pulverisirtem  Lack  vermischt  wird,  wodurch  die  Haut  einen 
hochrothen  Glanz  und  einen  ganz  ekelhaften  Geruch  erhält.  Die  L.  handein 
sich  gerne  Peikusnonsgewehre,  mitunter  auch  gezogene  Büchsen  ein,  tragen  aber 
keine  Patronen,  sondern  das  Pulver  in  Hörnern  oder  kleinen  Kalebassen  lose 
bei  sich.  Die  einheimischen  Waffen  sind  Assagai,  Keule  und  Beil;  Bogen  und 
Pfeile  werden  nicht  benutzt  Die  eisernen  Spitzen  der  Assagaien  sind  nicht  ver- 
giftet^ aber  mit  Widerhaken  versehen,  so  dass  meist  der  Tod  eintritt,  wenn  der 
Speer  aus  der  Wunde  gezogen  wird.  Die  L.  nehmen  alle  Waaren  gern,  die 
besten  am  liebsten.  Im  ganzen  Lantle  wird  der  Handel  ausschliesslich  mit  dem 
Könige  betrieben,  der  das  Monopol  desselben  besitzt;  ihm  gehört  sowohl  alles 
im  Reiche  bciindliche  Elfenbein,  als  auch  jedes  Rind  seiner  Unterthanen,  von 
denen  er  einfach  verlangt,  was  er  braucht  Was  er  an  Waffen,  Waaren  und 
anderen  Artikeln  durch  Tausch  einhandelt,  macht  er  seinen  Jägern,  HKuptliqgeB 
oder  Hofleuten  mm  Geschenk.  Die  Frauen  sieben  bei  den  L.  in  weit  grosserer 
Achtung  ah  bei  den  Übrigen  afrikanischen  Stämmen*  und  die  vornehmeren  thun 


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Liikebi  —  Lnmbnädte. 


«7$ 


buchstäblich  nichts  weiter,  als  den  ganzen  Tag  auf  der  Matte  liegen,  Capata 
trinken  und  schnupfen.  Sie  haben  viele  Sklaven  zu  ihrer  Verfügung,  die  sie 
bedienen  und  für  Öire  Bedürfniste  sorgen  müssen,     v.  H* 

Lutete,  8.  Vitt  H. 

Lattunn,  s.  Arawaken.    v.  H. 

Lahoiiiljffiier.  Bewohner  der  Stadt  Lukomla  und  der  umliegenden  Gegend, 
im  russischen  Gouvernement  Mohylew.    v.  H. 

Lulbanteh.    Stamm  der  Adschi-Sonial  (s.  d.).     v.  H. 

Lule.  Zahlreiches  Indianervoik  im  GFaO'Chaco,  am  Rio  Bermejo,  schöne, 
Iträllige  und  tapfere  Menschen.     v.  H. 

Lumberitani.    Unzweifelhaft  ein  Zweig  der  Vasconen  (s.  d.) 
Luxnbo.    Dialekt  der  MozambikkÜste.     v.  H. 

Lnmbricaria»  Münster,  (Lateinisch:  regenwurmaholich).  Petrtfakten  aus 
den  lithographischen  Sdiiefem  von  Solenhofen  in  Baiem.  Geschlängelte,  viel* 
fach  verschlungene  Formen,  deren  (Verschnitt  anrischen  der  Dicke  eines  Fedeiv 

kiels  und  der  eines  Bindfadens  schwankt.    Ihre  LKnge  ist  eine  beträchtliche; 

hie  und  da  kann  man  Einschnürungen  wahrnehmen,  lieber  die  Deutung  ist 
man  nocli  im  Unklaren;  man  hielt  sie  bald  für  Ueberreste  von  Nemertiden, 
bald  für  Excremente  von  Anneliden;  oder  gar  flir  ausgespieene  Holothurien- 
Därme!  Bei  den  feineren  dachte  man  auch  schon  an  Eingeweidewürmer  (Gür- 
diacta}^  Wo. 

Lumbriddae,  Sav.  (LunArkuit  lat  Regenwurm.)  Fam.  der  Boistenwürmer; 
Ord.  Abrmulmta.  Umftsst  die  RegenwUimer,  die  .über  die  ganze  Erde  vor- 
kommen. Ihre  Gesammtformen  and  allbekannt  Der  rattdUche,  hinten  oft  vier* 
kantige  Leib  theilt  sich  in  eine  Menge  kurzer  Segmente.  Der  Kopf  ist  stumpf, 
kegelförmig,  nur  bei  einer  Gattung  fadenförmig  verlängert.  Fühler  und  Augen 
fehlen.  Der  Mund  liegt  vomen  unterhalb;  die  Borsten  sind  einfach  hakenförmig, 
stehen  paarweise.  Der  Darmkanal  verläuft  gerade;  der  Mund  führt  zunächst 
in  einen  unbewaffneten  Pharynx,  auf  den  der  Oesophagus  mit  Speicheldrüsen 
folgt,  der  in  einen  muskulösen  Magen  mündet.  Der  Darm  wird  nach  hinten 
enger;  innerhalb  demelben  liegt  bei  vielen  Umbrieiitn  ein  blutiger  Stnmg,  eine 
Dq>likation  der  Darmhaut,  die  an  die  Spiralklappe  der  Hayfiscfae  erinnert  und 
woU  auch  densdben  Zweck  hat,  den  Darminhalt  aufzuhalten.  Das  Geftssaystem 
bestdit  aus  einem  kontraktilen  Rückengefass  und  einem  Bauchgefäss;  die  übrigen 
Komplikationen  sind  bei  den  verschiedenen  Gattungen  verschieden.  Das  Rlut 
ist  roth  Der  Nervenstrang  verdickt  sich  in  jedem  Segment  zu  einem  Ganglion, 
welches  Aeste  ausschickt.  Die  Ganglien  des  Mundrings  verschmelzen  beinahe.  — 
Die  Regenwürmer  sind  Hermaphroditen.  Die  Reproduktionsorgane  —  in  Paaren 
angeordnete  Säckchen  —  liegen  im  vorderen  Theile  des  Thiers;  bei  unserem  ge- 
wöhnlichen deutschen  Regenwurm  im  elften  bis  drebehnten  Ring.  Ausserdem 
finden  sich  seitlich  beim  gemeinen  Regenwurm  swei  Paare  von  BUschen,  welche 
wenigstens  in  der  Paarungszeit  freie  Saamenthierchen  enthalten  und  die  entweder 
als  Hoden  oder  als  Samenbehälter  aufgefa.sst  werden.  Die  Deutung  der  Repro« 
duktionsorganc  Uberhaupt  ist  schwierig.  Der  berühmte  dänische  Zoologe  Strknstrup 
leugnet  sogar  den  Hermaphroditismus  der  L.  Die  Lumbriciden  legen  Eier,  meist 
mit  mehreren  I)  ittern  in  einer  Kapsel;  die  Form  der  Kajiseln  ist  länglich,  häufig 
beiderseits  in  ein  biäbclien  auslaufend.  Die  jungen  L,  haben  noch  nicht  die  An- 
zahl der  Segmente  der  Alten.  —  HIeher  die  Gattung  LitmbrUu$  Ldvme  im  engeren 
Sinn,  besonders  charakterisirt  durch  einen  sehr  entwickelten,  wulstigen  Gflitel, 


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t76 


Lumbncites  ~-  Lummen. 


CUteäifm,  am  Ende  des  vorderen  Viertheils  des  Rüipers,  eb  mit  der  Paarang 
zusammenblUigendes  Organ,  das  bei  den  Jungen  fehlt  Die  Genitalöfihung  liegt 
am  dr«iselinten  oder  vieizehnten  Ring;  die  Zahl  der  Ringe  geht  bis  zweihundert; 
die  Borsten  stehen  in  vier  Reihen.  Von  Hoffmeister  werden  in  seinem  klassischen 
Werke  über  die  Regenwlirmer  (Braunschweig  1845)  acht  mirteleiiropäische  Arten 
dieser  Gattung  unterschieden.  Die  grösste  Art  in  Deutschland,  wenn  man  nicht 
mitDur.es  eine  Art,  L.gigas,  abtrennen  will,  ist  L.  agricohi,  Hüffmeister,  =  terrestris, 
LiNNt',  bei  dem  sich  der  Gürtel  gewöhnlich  vom  29.  bis  zum  36.  Segment  findet. 
Man  zulüt  180  Segmente  oder  Emge.  Die  LSnge  beträgt  gewöhnlich  etwa 
20  Centim.  bei  mittlerer  Aasdehnnng,  in  reichem  Humus  bis  zu  40  Centim.  — 
Dieser  ist  es,  der  nach  den  bekannten  Untersuchungen  von  Charles  Darwin  be- 
deutend zur  Umwandlung  und  Durcharbeitung  des  Humus  dadurch  beitrügt,  dass 
er  massenhaft  Erde  in  der  Tiefe  seiner  Höhle  verschluckt  und  sie,  wenn  er 
Nachts  aus  der  Tiefe  hervorkriecht,  auf  der  Oberfläche  absetzt.  —  Eine  andere 
Art  L.  communis,  Hokfmkistkr,  gleicli  /.  anatoviicus,  DuGfcs,  ist  noch  häufiger; 
findet  sich,  wie  HouMtisrtR  sa«'»  in  jeder  deutschen  Erdscholle.«  Bei  ihm  ist 
der  (liirtcl  i»latt,  bei  L.  agricohi  rauh.  Hoffmeisi  tR  unterscheidet  vier  Varietäten 
davon.  —  Eine  weitere  Art,  L.  viviparus,  lebt  nur  in  feuchten  Bach-  und  Fluss- 
urem,  in  thonigen  Gräben,  oft  zusammen  mit  L,  eammtmis.  Andere  Arten  finden 
sich  nur  in  sandiger  Lauberde,  oder  selbst  am  Grunde  stehender  Gewässer,  so 
Z.  siagnaiist  Hofpmbister.  Wd. 

Lumbricites,  Schlotheim  =  Lumbricaria,  Münster  (s.  d.).  Wd. 

Lumbriconais,  Oerst.  (lat.  =  Lutnhriitn  ähnliche  Nais),  Gattunfrdcr  Borsten- 
würmer, Ordn.  Abranchiahi,  Farn.  Capikllidac,  Schm.^kda.  Mit  /.wcierlei  Borsten, 
von  denen  die  obersten  der  ersten  Segmente  haarförmig,  alle  übrigen  hakenförmig 
sind.   Leben  im  Meer.  Wu. 

Lumbriconereis,  Blaihvillb  (lat  =  Regenwurm  ähnliche  Nirm),  Gattung 
der  Borstenwttrmer,  Ordn.  N^^hranehiafa,  Fam.  Enmcidae.  Kopf  mit  Nacken- 
wOlsten,  itthlerlos,  die  Stflcke  des  Oberkiefers  ungleichartig,  die  Zahl  der  Kiefer- 
stücke in  den  beiden  Kieferhälften  gleich;  zwei  ruderlose  Segmente;  vier  Afler> 
cirren.  Kiemen  fehlen.  Leben  in  Gängen  am  Meeresufer,  in  zahlreichen  Arten 
Über  die  ganze  Erde  zerstreut.  —  L./ragilis,  Ü.  F.  Müller,  in  der  Nordsee.  Wd. 

Lumbriconereites,  Ehlers.,  {-=  lumbriconereis  ä\m\\c\\.)  Ein  versteinerter 
Wurm  aus  dem  lilhügrai)liischen  Schiefer  in  Bayern.  Zu  den  Nereiden  gehörend. 
Erinnert  durch  die  Form  der  Ivieier  lebhaft  an  die  lebende  Gattung  Luntbrk^ 
fureis.  Wd. 

Lumbricoliis,  Grube  kleiner  Regenwurm).  Gattung  der  Borstenwttrmer; 
Oidn.  Abrmukiaia,  Fam.  Lumbrkidatt  Sav.  Koptlappen  und  Munds^gment  ver> 
schmolzen.  Die  Borsten  paarweise.   Darm  mit  fiederförmigen  Anhängen.  Wd. 

LumL   Indianer  am  Füget  Sund.     v.  H. 

|^^piwi«*n,  Uria^  Mohr.,  Gattung  der  FlUgeltaucher  (Alcidae).  Von  den 
echten  Alken  unterscheiden  .sich  diese  Vögel  dadurch,  dass  die  Nasenlöcher 
ovale  Form  haben  und  jederseits  n.ihe  der  Basis  des  Überkiefers  gelegen  sind, 
wälirend  sie  bei  jenen  schmaie,  nahe  der  Schneide  gelegene  Schlitze  darstellen. 
Sie  bewohnen  den  hohen  Norden,  wo  sie  wie  die  Alken  in  ungeheuren  Schaaren 
auf  Felsen  und  Eilanden  nisten.  Neuerdings  ist  jedoch  eine  Art,  die  Trottel* 
lumme,  auch  auf  den  Berlingas-Insehi  nahe  der  portugiesischen  Küste  brütend 
gefunden  worden.  •  Mehrere  Arten  erscheinen  während  des  Winters  häufig  an 
den  nördlichen  Kttsten  Deutschlands.  Zu  erw&hnen  sind  besonders:  Die  Trotte  1- 


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Lump  —  Lun^. 


»77 


lumme,  üria  tr&ile,  L.,  Kopf,  Hals  und  Oberseite  des  Körpers  biaunsdiwans^ 

Unterseite  weiss,  Schnabel  schwarz,  Ftlssc  schmutzig  gelbgrlin,  wesentlich  kleiner 
als  ein  Haubentaucher.  Die  Dickschnabellumme,  Uria  lonrvia,  T..,  unter- 
schieden von  der  vorgenannten  durch  etwas  bedeutendere  f Grösse  und  dickeren 
Schnabel.  Die  Ringell u nnne,  Uria  rh'tngvia,  Brünn.,  ausgezeichnet  durch  eine 
schmale,  weisse  Linie,  die  vom  Auge  längs  der  Scliliifeu  verläuft.  Die  Gryll- 
Teistc,  Uria  grylle,  L.,  wesentlich  kleiner,  ganz  schwarz  mit  grossem,  weissem 
Flflgelfleck  und  mennigrothen  Fttssen.  Von  den  typischen  Formen  der  Gattung 
unterscheiden  sich  durch  geringe  Grösse  und  sehr  kursen,  stark  seitlich  susamnaen- 
gedrttckten  Schnabel  die  Zwerglummen,  welche  desshalb  in  der  Untergattung 
Brael^rkamphuSt  Brandt  abgesondert  werden.  Hier/u  gehört  die  Ringlumme, 
U.  marmorata,  Latr.,  des  nordwestlichen  Amerika's.  Eine  andere  Untergattung^ 
Mergulus,  Vieill.,  ist  durch  sehr  kurzen,  a1)er  breiten,  schwach  gebogenen 
Schnabel  charakterisirt,  hinzu  der  K  rabbentaucber,  U.  aiie,  L.,  welche  auf 
Spitzbergen  zalilreich  brlltet.  Renw. 

Lump  oder  Seeliase,  Cyclopkrus  iumpus,  L.,  aus  der  Familie  Diicoboli  (s.  d.) 
Gattung  Cyclopterus:  Der  hohe  dicke  Körper  ist  mit  emer  weichen,  nackten 
Haut  bedeckt  und  mit  mehreren  Reihen  von  höckerförmigen  Knochenfddem 
versdien,  welche  jedoch  bei  gana  jungen  Thieren  fehlen.  Kopf  gross  mit  kurser 
Schnauze  und  ziemlich  engen,  mit  Sammtzflhnen  bewalinetem  Maule.  Gaumen 
zahnlos.  Die  erste  Rückenflosse  besteht  aus  weichen,  biegsamen  Strahlen  und 
wird  beim  cnvachsenen  Thier  von  der  dicken  Haut  eingehüllt,  das  Skelett  ist 
unvollkommen  verknöchert.  C.  lumpm:  der  Körper  erscheint  durch  die  Reihen 
der  Knochenwarzen  kantig  (5  —  7  kantig),  Darm  6— lonial  länger  als  der  Körijer. 
Färbung  wechsehid,  das  Miinnthen  zur  Laichzeit  mit  lebiiali  luiiien  Stellen,  be- 
wacht seine  in  eine  Grube  gelegten  Eäer,  die  ausgeschlüpften  Jungen  saugen  sich 
an  seinem  Körper  fest  40 — 100  Centim.  Der  Fisch  vertilgt  Krustenthiere  und 
FtschUuch,  wird  nicht  gern  (gegessen.  Findet  sich  besonders  an  den  nordeuro' 
pfiisdien  Kttsten.  C.  sptMou,  im  hohen  Norden.  Klz. 

Lunatia,  s.  Natica.     £.  v«  M. 

Lund  =  T.arventaucher,  s.  Alken.  Rchw, 

Lunda.  Unterabtlieilung  der  Bantu  (s.  d.)  an  der  afrikanischen  Westküste 
in  etwa  22"  s.  Br.     v.  H. 

Lunella,  Mondfalte,  s.  Clausilia.  £.  v.  M. 
'  Luxigauer  Vieh,  ein  dem  Finsgauer  und  Pongauer  Vieh  verwandter,  aber 
nul  stqrerischem  Vieh  durchkreuzter  und  daher  nidit  fest  girier  Schlag,  der  im 
Lungau,  einem  der  höchsten  Gebirgstfaäler  Europa's,  zwischen  Unter-Pinzgau» 
Ober^eiermaik  und  Kämthen,  gesttchtet  wird  und  dessen  Ochsen  in  Sflddeutsdi» 
land  als  >  Uebertäurer  Ochsen«  bekannt  und  als  vorzügliche  Zngwaare  gesucht 
sind.  Die  a  bis  3  Wochen  alten  Stierkälber  werden  castrirt,  kommen  sodann  auf 
die  höchsten  steinigen  Ali)en,  auf  welchen  sie  gross  gezogen  werden  und  finden 
vom  3.  l^ebensjaiiie  an  Verwendung  im  Zugdienst.  Die  Aufzucht  auf  den  Alpen 
verleiht  den  Thieren  Gesundheit,  Kraft,  Gewandtheit  und  Ausdauer  und  macht 
sie  damit  zur  begehrenswerthen  Waare.  R. 

•  i^uage.  Die  Adimung  hat  den  Zweck,  das  durch  den  Körper  gegangene 
und  mit  Kohlensaure  beladene  Blut  der  atmosphärischen  Luft  auszusetzen,  um 
die  Kohlensäure  gegen  Sauerstoff  auszutauschen.  Dieses  lässt  sich  auf  zweierlei 
Weise  bewerkstelligen.  Entweder  dringt  die  Lud  oder  das  Medium  (Wasser), 
welches  diese  gelöst  enthält,  in  Höhlungen  des  Körpers»  denen  das  Blut  zustiöm^ 

ZeoL,  ikadiiapol.  u.  Ethaologi«.  Bd.  V.  %% 


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•7» 


Lunge. 


oder  die  Organe,  in  denen  das  Blut  regencrirt  wird,  stülpen  sich  aus  der  Körper- 
oberfläche hen'or,  sodass  sie  von  dem  Athmungsmedium  umspült  werden.  Kin- 
richtungen,  welche  nach  dem  ersten  Schema  pebaiit  und  in  der  Rec:el  bei  Land- 
bewohnern anzutreten  sind,  werden  Lungen  genannt,  walirend  leL^Lere  Kiemen 
hdBMsn  und  banirtsichlich  den  Wuaeiäüer«n  dgen  sind.  Da  nnn  aber  in  einer 
gegebenen  Zeit  mflgliehst  viel  Blut  der  Luft  ausgesetzt  werden  soll,  so  genügt 
ein  einfach  au^gestOlpter  (Kieme)  oder  euigestlllpter  (Lunge)  Sack  nicht  und  es 
tritt  eine  Veigrijsseiung  der  Flüche  in  der  Weise  ein,  dass  der  Hauptraum  wieder 
zahlreiche  secundäre,  tertiäre  u.  s.  W.  Aus-  und  Einbuchtungen  erhält.  Lungen 
finden   wir  bei   den   Wirbelthieren   und   den   Mollusken,   lungcnähnliche  Cle- 
bilde  bei  den  Arthropoden  und  den  Kchinodermen.  —  Je  nach  dem  Grad  des 
Stoffwechsels   bietet  innerhalb  der  Gruppen   der  Wirbeltiere  die  Lunge  ver- 
schiedene Verhältnisse  dar;  vor  aüem  bezieht  sich  dieses  auf  die  Flächenent- 
wicklung.   Die  menschliche  und  die  Säugethierlunge  überhaupt  ist  folgender« 
maaasen  eingerichtet   Die  beiden  Lungenflügel  liegen  in  der  kegelförmigen 
Brusthöhle;  jeder  ist  von  einer  serösen  Haut,  dem  Brustfell  oder  der  FUura,  ein- 
geschlossen.    Dieses  Brustfell  besteht  aus  einer  doppelten  Lage,  indem  eine 
äussere  die  Innerseite  der  Brusthöhle,  eine  innere  die  Oberfläche  der  Lung^ 
überzieht.    Dadurch  bildet  das  Brustfell  jederseits  einen  geschlossenen  Sack,  in 
welchem  der  betreffende  I  nngenPtipcl  liept    Der  dazwischen  befindliche  Raum 
enthält  das  Herz,  die  grossen  Üiuigekt^se,  die  l,uftrühre  und  die  Bronchen  und 
wird  so  zur  Scheidewand  zwischen  den  beiden  Lungenflügeln.    Jeder  derselben 
füllt  jederseits  den  Hohbaum,  welcher  von  der  Brustwandung  und  der  medianen 
Scheidewand  gebildet  wird,  völlig  aus  und  nimmt  daher  dessen  Form  an.  Dem- 
sufolge  gleidit  «n  Lungenflügel  emem  Stock  eines  abgestumpften  Kegels, 
welches  erhalten  wird,  indem  man  von  dem  Kegel  weniger  ab  die  Httlfte  durch 
eine  unregelmässige,  auf  der  Grundfläche  senkrecht  stehende  Fläche  abtrennt; 
£in  Queischnitt  durch  den  Lungenflügel  zeigt  daher  nach  innen  nicht  einen  ge- 
raden, sondern  einen  unregelmässij?  gestalteten,  zum  grossen  Theil  nach  aussen 
gewölbten  Rand,  sodass  der  Lungenihlgel  auf  der  Inncnllaclie  concav  wird.  Auch 
ist  die  Grundllächc  nicht  eben,  sondern  rwvcx  Theil  concav,  gemäss  der  Con- 
vexitat  des  von  unten  her  die  Brusthohle  begrenzenden  Zwerchfells.  Ungelahr 
auf  der  Mitte  der  Innenfläche  des  Lungenflügels  liegt  ein  keulenfi>rmiges  Feld, 
welches  die  £in>,  beaw.  Austrittsstelle  der  BlutgeOsse,  Nerven«  und  BronchialiUte 
beseichnet,  an  allen  denen  die  Lunge  wie  an  emem  Stiele  hängt.  Diese  Stelle 
wild  der  /iEAfr  der  Lunge  genannt  Jeder  Lungenflügel  zerfällt  durch  dne  Fnrdie 
in  VWA  Lappen  (Lobt),  welche  nur  in  der  Tiefe  mit  einander  zusammenhängen 
und  von  denen  jeder  einen  der  beiden  ersten  Theilungsäste  des  bezüglichen 
Bronchus   erhält.    Dieser  Einschnitt  bcf^innt  unter  der  Spitze  auf  der  hinteren 
Fläche  und  endet  hinter  der  vorderen  Ecke.    Der  obere  Lappen  des  rechten 
Lungentlugels  wird  nochmals  in  zwei  Stücke  getheilt,  sodass  dieser  einen  oberen, 
mittleren  und  unteren  Lappen  besitzt   Dieser  dreifachen  Theilung  des  rechten 
LungenflOgels  entspricht  die  dret&che  Venweigung  des  rechten  Bronditts  (vergl. 
Artikel  Luftröhre).  Die  glatte  Oberfläche  der  Lunge  rtthrt  von  dem  Uebertuge 
der  Pleura  her.  Durch  denselben  schimmem  vier-  bis  sechseckige  Felder  hin- 
durch, welche  gewissen  Theilstückcn  der  Lungensubstanz,  den  (secundären) 
Läppchen  entsprechen.    Von  Blutgeßlssen  gehören  der  Lunge  an  die  Arteriae 
bronchtnffi  und  die  Arteriat  pulmonales,  die  Venae  bronchiales  und  die  Venae 
pulmonales.    Die  ArUriae  ptUmnaUs  flihren  der  Lunge  das  venöse  Blut  £u, 


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179 


welches  nach  dem  "Reinigungsprozess  in  der  Lunge  durch  die  Vettae  pulmonakt 
arteriell  zum  Herzen  zurückkehrt.    Die  Arteriae  bronchiahs  versorgen  die  Lunge 
«DT  Ernährung  mit  arteriellem  Hhit,  und  nachdem  dieses  bei  dem  Ernahrunc^s- 
prozess  der  Lunge  venoü  geworden  ist,  wird  es  durch  die  V'cnac  bronchiales  ab- 
geleitet.   Die  Nerven  des  Athmungsorgans  stammen  aus  dem  rUxui  pulmonalis 
«Mkri^  nnd  pnttrhr  und  führen  tiieils  vom  Sjm^Auus,  tiieils  von  Zweigen 
des  sehnten  Nervenpaaces  her.   Die  feinere  Struktur  der  Saogelhierluoge  ge- 
staltet sich  folf^endermaassen.   Nachdem  die  bdden  Brondien  ach  bereits  vor 
ihrem  Eintritt  in  die  Lungenflügel  wieder  getheilt  haben  (vergl.  Artikel  Luftröhre), 
setzen  hier  die  eintretenden  Aeste  die  Spaltung  unter  spitzem  Winkel  fort,  sodass 
die  Zahl  der  Canäle  ins  Unermessliche  steigt.    Dabei  nehmen  dieselben  an 
Weite  beständi<^  ab,  bis  sie  zu  den  feinsten  Röhrchen  werden.    Der  Knorpel  in 
den  Scheidewänden  der  Canäle,  welcher  in  der  Trachea  die  (icstalt  von  offenen 
Ringen  hat,  nimmt  die  Form  von  unregelmässigcn  i'iatichcn  an,  welche  man 
selbst  in  Canälen  von  grosser  Feinheit  noch  antrifft  Auch  die  anderen  Gewebe- 
schichten der  Tr^tkea  und  der  Bronchen  setzen  sich  noch  weiter  fort,  bis  man 
snieist  in  den  feinsten  Verzweigungen  nur  eine  dünne,  homogene  Membran,  von 
elastischen  Fasern  umgehen,  wahrnimmt.   Schliesslich  endigen  die  feinsten  Canäle 
mit  einem  kegelförmigen  Gebilde,  mit  dem  primären  Lungenläppchen  oder  dem 
Trichter.    Ein  «solcher  Trichter  ist  aus  rundlichen  Kndhlästhen  (Luflzellen  oder 
Lungenbläschen  oder  1  .imgenalveolen)  zusammengesetzt,   welche  sich  als  Aus- 
buchtungen der  Wand  fies  Lajjpchens  darstellen.     Die  Wandung  des  Lungcn- 
bläsciicn.s  ist  eine  zarte,  deimbare  Membran,  welclie  von  elastischen  Fasern  um- 
lagert wird.  In  Folge  dieser  Beschaffenheit  können  sich  die  Lungenblüschen  bei 
der  In^nration  bedeutend  ausdehnen,  um  bei  der  Expiration  an  Umfang  wieder 
absuaehmen.  Die  primären  Lungenläppchen  verdnigen  sich  durch  Bindegewebe 
verbunden  zu  den  secundären  Läppchen,  aus  denen  dann  die  grossen  Lnngen> 
läppen  entstehen.    Von  den  Lungenarterien  folgt  die  Arteria  pulmonalis  sich  be- 
ständig theilend  den  Verzweigungen  der  Bronchen  l)is  zu  den  Limgenlapi)chen. 
Sich  aiicli  hier  ver.astclnd  dringer\  die  feinen  Aderstämme  in  das  elastische  Ge- 
webe, welches  die  Lungenbläschen  umgiebt,  und  umschliessen  letztere  ringförmig, 
indem  sich  die  Stannnc  mit  einander  verbinden.    Von  diesen  ringförmigen  Ge- 
fässen  gehen  dann  die  LungencapiUaren  aus,  die  wie  dn  feines  Gitterwerk  die 
LungenbUlsdien  flbeniehen,  sodass  sie  von  der  eingeathmeten  Luft  nur  durch 
die  Membran  des  Bläschens  getrennt  sind.   Die  Arteriae  brcntkiales  bilden  in 
der  Wandung  der  Bronchen  und  deren  Verästelung  ein  Capillaroetz  ittr  die  Musku- 
latur und  ein  inneres  für  die  Schleimhaut.   Die  Vaiai  pulmonales  nehmen  iliren 
Ausgang  von  dem  Capillarnetz  der  T,ungcnbläschen  als  Stümmchcn,  welche  sich 
zu  stärkeren  Zweigen  vereinigend,  die  Aeste  der  Bronchen  und  der  Lungenarterien 
rückwärts   begleiten.    Die  Bronchialvenen  verbinden  sicii  znm  Theil  mit  den 
Stämmen  der  Lungenvenen.  Die  Lungennerven  verlauten  mit  den  Verzweigungen 
der  Bronchen,  der  Lungenarterien,  der  Lungenvenen  und  der  Broncbiolgelasse. 
Ste  bilden  auf  den  Bronchen  und  deren  Zweigen  zahlreiche  Ganglien.  SchUess^ 
lieh  ist  noch  das  Epithel  der  Lungenbläschen  zu  erwähnen,  welches  Gegenstand 
der  Mdnungsverschiedenheit  ist   Dasselbe  bedeckt  aus  einer  einfochen  Lage 
polygonaler,    mit  Kernen  versehener  Zellen  bestehend  die  Innenfläche  der 
Bläschen.  In  den  Maschen  des  Capillarnetzes  finden  ein  bis  drei  der  Epithel/eilen 
Platz.  —  Die  Lunge  der  Vögel  hi\v\'^i  nicht  wie  bei  den  Saugethieren  frei,  von 
einem  Pleurasäcke  umzogen  in  emer  Höhlung  (Brusthöhle),  sondern  ist  an  der 

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t8»  Lunge; 

Rückenwand  der  Rumpfhöhle  befestigt  und  ;:wTSchen  den  Rippen  eingesenkt. 
Die  beiden  Bronchen,  welche  schräg  in  die  Lungenflügel  eindringen,  verlieren 
bald  ihre  Knorpelringe  und  werden  zu  häutigen  Canälen.  Die  sich  abzweigen- 
den Aeste  von  verschiedener  Ordnung  besitsen  einen  parallelen  VerUuiC  Die 
Wände  der  Röhten  weiden  mit  einem  feinen  Netz  von  kleinen  Scheidewftnden 
tibenogen,  wodotch  «echseckige  Höblnngen  entstehen  und  auch  in  diesem 
Maschenwerk  liegen  noch  kleinere  sechseckige  Räume,  den  Endbläschen  derSSuge- 
thierlange  vergleichbar.  Als  eine  besondere  Eigenthümlichkeit  der  Vogellungen 
zeigen  sich  anhängende  Ausstillpungen,  T.uAsackc.  Sie  befinden  sich  ah  peri- 
trachealer  Luftsack  in  dem  Zwischenraum  der  FurculOy  als  Rrustsäcke  in  dem  vor- 
deren und  seitlichen  Theile  der  Brust  und  als  Batichsärke  zwischen  den  Einge- 
weiden bis  in  die  Beckengegend.  Die  letzteren  Säcke  dringen  in  die  Höhlungen 
der  Schenkel-  und  Beckenknochen,  während  die  vordeien  Säcke  FortiAtze  in  die 
Armknochen  bilden  und  bei  grossen,  gut  fliegenden  Sdiwimmvagebi  sich  in  der 
Haut  ausbreiten.  Diese  Anhangsgebilde  tragen  wesentlich  zur  Erleichterang  des 
Körpeis  bei  und  dienen  bei  der  Atmung  als  Luftreservoirs.  —  Bei  den  übrigen 
Klassen  der  Wirbellhiere  nimmt  mit  dem  verringerten  Athmungsbedürfniss  auch 
die  Flftchenvergrösserung  in  der  Lunge  ab.  Bei  den  Reptilien  sind  die  Lungen 
geräumige  Säcke  mit  maschigen  Vorsprüngen  der  Wandung  oder  bei  einigen 
Gruppen  (Crocodilen  und  Schildkröten)  mit  schwammigen  Hohlräumen.  Bei  den 
Schlangen  zeigt  die  Lunge  einerseits  eine  Anpassung  an  die  Korperforni,  anderer- 
seits ist  der  eine  Lungenflügel  verkümmert  Die  Spitze  der  lang  ausgezogenen 
Lunge  ist  bei  diesen  Thieien  nicht  als  eigentliches  Athmungsorgan  thfttig,  sondern 
ist  den  Anhingen  der  V(^llunge  analog,  da  die  zelligen  Räume  und  die  der 
Athmung  dienenden  GefÜsse  verloren  gehen.  Noch  ein&cher  gestalten  sich  die 
Verhftltnisse  bei  den  Amphibien,  soweit  es  sich  hier  um  Lungen  handelt,  denn 
neben  der  Lungenathmung  findet  sich  in  der  Jugend  oder  im  erwachsenen  Zu- 
stande auch  eine  solche  durch  Kiemen.  Die  beiden  Lungenflügel  stellen  ziemlich 
einfache  Särkc  dar.  Bei  den  Perennibranchiaten  hat  die  Innenfläche  nur  geringe 
Oberflächenvergrusscrung;  da.sselbe  gilt  von  den  Salamandrmen,  besonders  von 
Triton.  Dagegen  ist  bei  den  Anuren  durch  ein  reiches  Maschenwerk  eine  Son- 
derung von  kleinen  Räumen  eingetreten.  Wenn  auch  schliesslich  in  der  letzten 
Gru(>pe  der  Wirbelthieie,  bei  den  ^chen  ab  ausschliesslichen  Wasserbewohnern 
als  Athmungsorgan  Kiemen  fungiren,  so  macht  eine  Abtheilung  hiervon  insofern 
eine  Ausnahme,  ab  sie  neben  den  Kiemen  ein  zur  Lunge  gestaltetes  Organ  be- 
sitzt und  so  zu  den  doppelt  atmenden  Amphibien  hinüberführt.  Die  Dipnoer 
nämlich  sind  ihrer  Fischnatur  gemäss  mit  Kiemen  ausgestaltet,  doch  sind  sie 
gleichzeitig  im  Be:  it/.  zweier  der  Schwimmblase  der  andern  Fische  hoiru  lisgen, 
über  den  Nieren  hegender  Säcke,  welche  durch  einen  gemeinschaftlichen  tiang 
mit  dem  Schlünde  in  Verbindung  stehen.  An  der  Schwimmblase  ist  hier  die  Um« 
Wandlung  in  eine  Lunge  vor  sich  gegangen,  da  die  Sftcke  venöse«  Blut  aus  einem 
Zweige  des  untem  Aortenbogens  erhalten  und  von  ihnen  arterielles  Blut  durch- 
Limgenvenen  zum  Herten  zurückgelangt  —  Unter  den  Molhisken  sind  vor  allem 
die  Pulmonaten  mit  einer  Lunge  ausgestattet,  während  die  Kieme  im  allgemeinen 
das  ^r^sche  Atiimungsorgan  vorstellt  Die  Lunge  ist  hier  eine  vom  Mantel  über- 
wölbte Höhlung,  welche  durch  eine  seitlich  am  Mantelrande  befindliche,  ver- 
schliessbare  Oeffnung  mit  dem  Medium  in  Verbindung  steht.  Auf  der  Wand 
dieser  Höhle  bilden  zuführendu  Hlutgefässe  ein  reich  verzweigtes  Netz  von  Leisten; 
gleichzeitig  sind  rücklaufende  Gciajssc  vorhanden,  die  zu  einem  Stamme  vereinigt 


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i8i 


ihr  Blut  der  VorlwinineT  deB  Hertens  tofllhren.  Es  bandelt  sidi  jedoch  bei  der 
Lunge  der  Pulmonaten  nicht  um  Neubildongen,  denn  diese  Lunge  steht  den 
Kiemen  der  übrigen  Mollusken  nicht  derart  g^enttber>  wie  es  sonst  bei  Lunge 

und  Kiemen  der  Fall  ist.    Die  Pulmonatenlunge  ist  nur  eine  Modification  eines 
Theiles  der  Kiemenhöhlc  bei  gänzlich  rückgebüde^cr  Kieme,  bewirkt  durch  die 
Anpassung  an  das  veränderte  Athmungsmedium.    Dieses  wird  klar  aus  den  Ein- 
richtungen mancher  Kiemenschnecken(Prosobranchier),  die  hinsichtlich  der  Athmung 
zu  den  Pulmonaten  hinüberleiten.    Hier  nimmt  die  Entwickelung  des  respirato- 
rischen Canalsvstems  in  der  Wandung  der  (Kiemen-)  Höhlung  zu,  während  die 
Kieme  selbst  im  Schwinden  begviflfen  ist;  es  beteiligen  sich  nicht  nur  die  Kiemen, 
sondern  auch  die  respiiationsObige  Wand  der  Höhlung  wie  die  einer  Lungen* 
höhle  an  der  Athmung.  Auch  da,  wo  sonst  die  HAblung  nur  als  Lunge  fungbt 
(bei  den  Pulmonaten),  kann  sie  ausnahmsweise  der  Wasseraätmung  dienen.  So 
füllen  Pulmonaten  in  der  Jugend  ihre  Athemhöhle  mit  Wasser,  später  erst  mit 
1  uff    Limnaeen  können  sich  sogar  zeitlebens  die  Wasserathmung  bewahren,  wie 
sülches  Schnecken  aus  beHcntenden  Tiefen  des  Bodensees  beweisen.  —  In  dem 
Typus  der  Arthropoden  timlet  sich  eine  weit  verbreitete  Einrichtung,  die  den 
Lungen  zwar  in  gewisser  Bezieiiung  ähnlich  ist,  die  man  jedoch  ihres  gesammten 
Verhaltens  wegen  nicht  au  jenen  Organen  zu  rechnen  pflegt.  Es  handelt  sich 
hier  um  die  Tracheen.  Auch  die  Tradieen  sind  wie  die  Lungen  Einstfttpungen, 
durch  die  die  Luft  in  den  Körper  angeführt»  bez.  wieder  hinausgeschafft  wird. 
Die  Tracheen  bilden  baumartig  ins  Unendliche  verzweigte  Röhrensjrsteme,  welche 
sich  nicht  unpassend  mit  den  Bronchen  und  deren  Verzweigungen  in  Verbindung 
bringen  lassen.    Doch  stehen  die  Röhren  nicht  mit  dem  Verdauungs-Canal  in 
irgend  welcher  Beziehung,  sondern  sie  können  an  den  verschiedensten  Stellen 
des  Körpers  ihren  Anfang  nehmen  durch  Oeffnungen  (Stigmen)  in  der  Körper- 
haut, und  überdies  pflegen  diese  Oeffnungen  in  grösserer  Anzahl  vorbanden  zu 
sein.   Das  Astwerk  der  Tracheen  verbreitet  sich  im  ganzen  Körper  nnd  der 
klemste  Tbeil  desselben  ist  von  ihnen  durchsetzt  Daher  kaim  man  sagen,  die 
mit  Tracheen  aumerttsteten  Arthropoden  befttsen  Aihmungsorgane  (Lungen)  im 
ganzen  Körper.   Die  Lungen  im  gewöhnlichen  Sinne  dagegen  nehmen  eine  be* 
stimmte,  begrenzte  Stelle  des  Körpers  ein.  Es  hängen  die  beiden  Einrichtimgen 
Tr^it  dem  Vorhandensein  bez.  mit  dem  Fehlen  eines  entwickelten  Circulations- 
systemes  zusammen.    Bei  den  Wirbelthieren  und  auch  zum  Theil  schon  bei  den 
Mollusken  iiiesst  das  Blut  in  geschlossenen  Bahnen  und  vermag  daher  siciicr  und 
schnell  dem  an  einem  bestimmten  Orte  im  Körper  gelegenen  Athmungsorgan  zu- 
geführt zu  weiden.  Dagegen  haben  die  Tracheaten  von  dem  gesammten  Orcu- 
lationsappaiat  meist  nur  ein  das  Blut  bewegendes»  dem  Herzen  analoges  Organ, 
während  sonst  das  Blut  frei  in  den  Lücken  zwischen  den  Geweben  sich  bewegt 
Deshalb  ist  es  nothwendig,  dass  gewissermasseo  die  Atiimungsorgane  zu  dem  Blut 
vordringen,  um  dasselbe  mit  Sauerstoff  zu  versehen  und  von  der  Kohlensäure  zu 
befreien,  und  dass  nicht  ein  umgekehrtes  Verhältniss  statt  hnt  Bei  einer  Abtheilung 
*ier  Tracheaten,  den  Spinnen,  hat  das  Circulationssystem  eine  grössere  Ausbildung 
erlangt  und  hier  sehen  wir  auch  die  in  geringer  Anzahl  (zwei,  vier)  auftretenden 
Tracheen  lungenartig  modificirt.    Man  nennt  diese  Gebilde  Tracheenlungen. 
Der  vom  Stigma  ausgehende  Tracheenstamm  Öieilt  sich  bald  in  eine  Anzahl 
hohler,  mitdemgemeinscbaftlicben  Stamme  communidrender  Lamellen.  —  Schliess- 
lich wäre  noch  ein  Organ  Im»  den  Echinodeimen,  qwdell  bei  den  Holothnrien 
zu  erwähnen^  welches  man  als  Wasserlunge  bezeichnet  Es  sind  dieses  zwei  um- 


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Lungenarterien  —  Lupus. 


fangreiche,  baumartig  verzweigte  Schläuche,  die  mit  gemeinsamen  Stamm  von  dem 
Enddann  ausgehen.  Aus  demselben  werden  sie  mit  Wasser  gefUllt,  vermögen 
dasselbe  aber  auch  wieder  zu  entleeren.   S.  Respirationsorgane'EntwicUung.  D 

Lungenarterien,  «bUschen,  -capillaren,  -gef  ässe,  •nerven,-Trichter, 
•venen,  s.  lunge  und  Respirationsorgane'Entwicklung.  Grbch. 

Lungenfur)ction,  s.  Athmung.  J. 

Lungenschnecken  (Gastropoda)  Pulmonata,  Cuvikk  1817,  in  engerem  Sinn 
eine  bestimmte  Ordnung  der  Schnerken,  luftatbmend,  hermaphroditisch,  musio- 
gloss,  ohne  Deckel,  die  Stylommatophorcn,  Auriculaceen  und  Limnae- 
aceen  umfassend;  in  weiterem  Sinne  alle  luflathmenden  Schnecken  und  dann 
neben  den  ebengenannten  als  P,  inap^eulattt,  deckellose  L.,  bezeichneten  auch 
die  Cyclostomaceen  und  die  Gattungen  AcUulat  Hduma  u.  s.  w.  als  P,  a^er- 
eukUa,  gedeckelte  L.,  miteinschliessend.  S.  das  Nähere  unter  »Landscbnecken«. 
pag.  I.     E.  V.  M. 

Lung-khe,  Lohitavolk  an  den  oberen  Tbeilen  des  Koladyn  in  Hinter« 
Indien,     v.  H. 

Lungones,  Stimm  der  alten  Asturer  (s.  d.).     v.  H. 

Lunula  \^lat.  kleiner  Mond),  auch  Areola,  eine  elliptische,  herzförmige 
oder  lanzettförmige  Vertiefung  oben  an  der  V^orderseite  vieler  Muscheln  un- 
mittelbar vor  den  Wirbeln,  von  einer  eingeschnittenen  Linie  umgritnzt;  beide 
Schalenhälften  nehmen  daran  Theil,  an  einer  einzdnen  erscheint  sie  desshalb 
nach  der  Länge  halbirt^  halbmondförmig.  Sie  findet  sich  nicht  bd  allen  Itbischeln. 
Am  deutlichsten  ausgeprägt  ist  sie  bei  den  Vennsmuschdnj  indem  sie  hier  oft 
auch  in  Farbe  und  Skulptur  von  der  übrigen  Oberfläche  verschieden  ist,  z.  B. 
Venus  galUna,  Cythrrea  Dionc;  der  darunter  an  der  Innenseite  der  Schale  befind- 
liche vordere  Seitenzahn  (bei  Cythcrta,  Artemis  u.  a.)  heisst  darnach  auch  Lunular- 
Zahn.     E.  v.  M. 

Luch,  s.  Dschur.     v.  H. 

Lupaka,  einer  der  am  meisten  entwickelten  Dialekte  des  Aymara  (s.  d.).  v.  H. 

Luperosannur,  Gray  (gr.  fyperos  verdriesülich)»  Geckotiden-Gattung.  Finger 
zur  Hälfte  verbunden;  das  sehr  kurze,  freie  Endglied  verbreitert;  der  innere 
Finger  mit  retraktiler  Klaue^  Infnidigital-Lamellen.   1  Art,  Z.  Qmdt^äi  Gkav, 

von  den  Philippinen.  Pf. 

Luperus,  Gf.offr.  (t;r.  beschwerlich).  Kleine,  zwr  Sippe  der  Cnlrrucini 
(s.  d.)  gehörige  Blattkäfer,  mit  fadenförmigen  langen  Fühlern,  deren  3  Glied 
kürzer  als  das  vierte  ist,  seitlich  gerundetem  Malsschild  und  einfarbigen  Flügel- 
decken. Z.  rußpis,  ßavipes,  pinicola  sind  die  verbreitetsten,  bisweilen  schädlich 
auftretenden  Arten.     E.  Tg. 

Lupjaner  oder  Lupoglawer.  Polabische  Slaven,  nicht  unwahncheintich  an 
den  Lupafluss,  der  sich  in  die  Neisse  eigiesst^  zwischen  die  Niscbaner  und  Saro- 
waner  gesetzt,    v.  H. 

Lupina,  Baird  (Lupini,  Wagner).  >Wolfattige  Hunde«,  Gruppe  des  arten« 
reichen  Genus  ^  Canis,  T  .  •  (Familie  CaniJa,  Wagnf.r),  charakterisirt  durch  den 
convexen,  abwärts  gebogenen  ( )rbitalfort.satz  des  Stirnbeines  und  die  raeistrunde» 
selten  senkrecht  elliptische  Puiiilie.    Näheres  s.  -»Canis,  v.  Ms. 

Lupincnfiiege,  Anthomyia funcsta,  Kühn,  eine  Blumenfliege  (s.  Anthomyia), 
deren  Larve  die  jungen  Lupinenpflanzen  zerstört  und  sich  in  der  Erde  ver- 
puppt.    E.  Tg. 

Lupus»  Autor.,  Untergattung  von  %Cam,  L.f  (s.  d.).    v.  Ms. 


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Lurcecs  —  Lurcheotwtcklung. 


183 


Lurcees,  Xndianerstainin  am  Red  Deer  Kiver,  aoo  Köpfe  ataxk»  du  Chippe- 
wayan  redend.  H. 

Lurche  =  Amphibia  (s.  d.)>  Ks. 

Lurchentwicklung.  Da  der  Entwicklungsgeschichte  der  Amphibien  bis 
jetzt  in  diesem  Werke  noch  nicht  gedacht  wurde,  so  soll  der  Artikel  an  dieser 
Stelle  gebracht  werden.  —  Die  meisten  Amphibien  legen  ihre  Eier  in  Form  von 
kleinen,  kugeligen,  am  oberen  Fol,  welcher  das  Keimbläschen  enthält,  meist 
pigmentirten  Körpern,  ins  Wasser.  Bei  den  Anuren  erfolgt  die  Befruchtung  beim 
Entleeren  der  Eier.  Bei  Salamandeni  und  Molchen  findet  eine  Begattung  statt, 
bei  Ami^^siMia  ^muMum  aber  wird  nach  Cuaaa  (Development  of  Amblyst.  punct 
Extemal  Stndies  from  the  Biological  Laboratoiy  of  Ae  Johns  HonoMS  ITniveni^, 
Nr*  9  18S0)  das  Sperma  in  das  Wasser  endeert  Die  Eier  der  Anuren  bilden 
zusammenhängende  Klumpen  und  Schnüre,  von  den  Molchen  werden  sie  einzeln 
in  den  Rlnttwinkeln  von  Wasserpflanzen  befestigt.  Einige  Salamandrinen  sind 
vn}ipar  mit  zwölfmonatlx  her  Trächtigkeitsperiode,  —  Abweichungen  von  den  ge- 
wöhnlichen Verhältnissen  (Bkonn  s  Klassen  und  Ordnungen  des  Thierreiches  VII,  1. 
Abtheilung:  Amphibia  von  C.  K.  Hoffmann)  finden  sich  bei  Notoddphys  cvipara, 
bei  welchem  das  Männchen  die  Eier  in  eine  dorsale  Hanttasche  des  Weibchens 
bringt  wo  sie  ihre  Entwicklung  durchmachen;  ähnlich  ist  es  bei  NoMrma  und 
Bd  einem  Baumliosch  in  Ceylon  (P»fy^edates  ritkulaitis)  tragt  das  Weibchen 
die  Eier  am  Bauche.  Von  Rhinoderma  Darwhm  beherbergt  das  Männchen  die 
Eier  in  einer  weiten  Kehltascbe.  Einige  Anuren  legen  die  Eier  auf  Baumblätter 
lind  in  Krdlnrher.  Die  Anlage  der  Keimblätter  der  Amphibien  wurde  bereits 
im  Artikel  iKcimblätter«  beschrieben.  —  Was  die  weitere  Entwicklung  anbelangt, 
so  ist  dieselbe  bei  den  Gyninnphioncn  fast  ganz  unbekannt.  Bei  den  Anuren 
repräsentirt  nach  vollendeter  Invagination  das  Epiblast  eine  zusammenhängende, 
das  ganze  Ei  umschliessende,  xweischiGhtige  HttUe.  Die  Nervenschicht  (s.  Keim- 
bUttter)  verdif^t  dch  allmAhlich  an  der  dorsalen  Medianlinie  und  bildet,  nach- 
dem auf  diese  Weise  die  Anlage  des  Medullarrohrs  erfolgt  isl^  eine  mehr  oder 
weniger  birnenförmige  Medullarplatte  mit  faltenlörmig  voisprtiqteaden  Seken- 
theilen  und  rinnenförmig  vertieftem  Boden.  An  dem  verbreiterten  Ende  der 
Platte  findet  die  Hirnanlage  statt.  Nachdem  sich  die  Medullarfüten  nach  auf- 
wärts gekrümmt  und  sich  endlich  berührt  haben,  ist  der  centrale  Ccrebrospinal- 
canal  entstanden,  welcher  vorne  blind  endigt,  hinten  aber  in  den  Blastoporus 
geöffnet  ist.  Die  erste  Verwachsung  der  beiden  Falten  geht  an  der  Grenze  von 
Gehirn  und  Rückenmark  vor  sich  und  schreitet  dann  von  hier  aus  nach  beiden 
Seiten  rasch  fort  Wenn  das  MeduUarrohr  sich  geschlossen  hal^  so  lOsen  sich 
seine  Wandungen  vom  äusseren,  condnuirlich  darOber  hinwvgsiehenden  Epiblast 
ab.  Somit  sind  es  diei  Epiblastschichten,  weiche  an  der  Bildung  des  Central- 
nervensystems  Antheil  nehmen,  wenn  auch  die  Nervenschicht  die  Hauptmasse 
liefert.  —  Nach  AbschnUrung  des  Nervenrohrs  von  der  äusseren  Haut  ver- 
schmelzen seine  beiden  Schichten,  Die  Linse  des  Anges,  der  einer  äusseren 
Üefl'nung  entbehrende  Hörsack  und  der  Riechsack  ^\  erden  m  der  Nervenschicht 
angelegt.  Die  Epiblastzellen  der  äussersten  Schicht  tragen  nach  Ablauf  der 
i-uichung  Wimpern,  die  aber  mit  Ausbildung  der  inneren  Kiemen  wieder  ver- 
schwindöi.  Sie  haben  den  Zwedc,  den  Embiyo  in  langsame  Rotationsbewegung 
SU  vetsetsen.  Unter  dem  l^iblast  Uegt  nach  Vefsdiwinden  der  Furcfaungsh<Uile» 
diesem  flbendl  fest  angetagerl^  das  MesoblasL  Dasselbe  bildet  nach  CaLanuA 
und  BAifomi  aber  keine  continuirliche  Schicht  sondern  besteht  aus  swei  seiüichen 


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i84 


Lurcheotwtcklung. 


Platten«  zwischen  denen  in  der  Medianlinie  unter  dem  Epiblast  ein  Spalt  sich 
befindetf  in  welchen  der  Hypoblasttheil,  welcher  Uber  der  Mesenterialhöhle  hin- 

wegziebt,  mit  einem  Zellenwiilst  hineinragt.  Dieser  zerfällt  nach  einiger  TjtalL 
in  einen  dorsalen  und  ventralen  Abschnitt,  ersterer  wird  zur  Chorda,  letzterer 
bleibt  mit  der  übrigen  ITyiioblastmasse  in  Zusammenhang.  Die  beiden  Mesoblast- 
seitenblätter  gehen  ventral  in  einander  über.  Dorsal  erfolgt  in  beiden  eine  von 
der  Nackengegend  nach  rüclcwärts  fortschreitende  Segmcntiiuag,  lateral  und 
ventral  besteht  kein  derartiger  Zerfall.  Auf  diese  Weise  hat  sich  das  Mesoblast 
des  Rumpfes  in  einen  vertebralen,  aus  einzelnen  Somiten  bestehenden  tmd  in 
einen  lateralen,  unsegmentirten  Abschnitt  gesondert  Das  Hypoblast,  welches  zu 

beiden  Seiten  des 
^'HJt^  Mesenteron  unmit 
telbar  in  die  Dotter- 
zellcn  übergeht,  be- 
ginnt nun  vorne  und 
hinten  zuerst,  in  der 
Mitte  zuletzt  dieses 
zu  umschltessen  (Zu 
vergl.  die  Figur). 
Aus  dem  vorderen 

Mcsenteronab- 
schnitt   bilden  sich 

LStigSBcbnitt  durch  einen  ültem Bmbiyo  von  Bombinator.  (Nach  Götte.)   Speiseröhre,  Magen 
zn  Mund,  an  After,  I  I^ber,  ne  neurentiscber  Kanal,  m e  MedaUanohr,    und  Duodenum,  hin- 
ch  Chorda,  pn  Zirb«ldrtlsc.  ter  letzterem  entsteht 

ein  ventraler  Auswuchs,  die  Anlage  des  lieberdivestikels  vergl.  d.  Fig.  bei  1. 
Durch  den  Blastoporus  communizirt  das  Mesenteron  mit  der  Aussenwelt. 
Nach  und  nach  nähern  sich  aber  die  Blastoporuslippen  und  lassen  nur  einen 
engen  Gang  zwischen  sich,  welcher  dorsal  das  Nenrenrohr  in  sich  einmünden 
lässt  (vergl.  die  Fig.).  Endlich  v^schmelzen  die  Blastoponnitippen,  sodass  der 
enge  Gang  keine  Ausmflndung  mehr  nach  aussen  besitzt.  Nun  verengert 
sich  dieser,  welcher  den  postanalen  Darm  repräsentirt,  immer  noch  mehr, 
bis  er  sich  endlich  ganz  sehliesst  und  somit  die  Commimicfition  der  Mesen- 
teronhöhle  mit  dem  Nervenrohr  auch  aufgehört  hat  zu  exustiren.  Schon  bevor 
der  völlige  Schluss  der  Blastoporuslipi)en  erfolgte,  bildete  sich  an  dem  vorderen 
Abschnitte  des  postanalen  Darmganges  auf  der  Ventralfläche  ein  kleines  Diver- 
tikel.  Dieses  verlingert  sich  nun  und  wächst  einer  in  dieser  Gegend  erfolgen- 
den EpiblasteinstUlpung,  dem  Prododatum,  entgegen,  vergl.  die  Fig.  bei  Da> 
rauf  erfolgt  hier  der  Durchbruch  des  Afters.  Ungefähr  um  dieselbe  Zeit  wuchs 
im  Kopfabschnitte  des  Darmes  ein  kleines  Divertikel  ebenfalls  einer  Epiblast- 
einstülpung,  dem  Stomodaeum^  entlegen,  wo  schliesslich  der  Mund  durchbricht 
(vergl.  die  Fi^  bei  ni).  Der  Durchbmch  von  Mund  und  After  erfolgt  er<^t  im 
LarveniLliLii.  Der  vor  dem  After  gelegene  Abschnitt  des  Mesenterons  lässt  die 
Cloakc  und  das  Intestinum  entstehen,  aus  der  Ventralwand  der  ersteren  wächst 
die  zweilappige  Allantoisblase  hervor.  Nachdem  alle  diese  Differenzirungen  im 
vorderen  und  hinteren  Ende  des  Darmkxuials  vor  sich  gegangen  sind,  wird  nur 
noch  der  kleine  mittlere  Abschnitt  seines  Bodens  von  den  Dotlerzell«i  gebildet 
Qas  eigentliche  Hypoblastepiihel  wächst  dann  Aber  die  Aussenseite  des  Dottels 
hinweg,  welcher  somit  einen  wahren  inneren  Dottersack,  wenn  auch  von  geringem 


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Lufcbentwicklung. 


Umfang  dantellt.  Die  von  demselben  umschlossenen  Dotterzellen  werden  all- 
mählicli  resorbirt  und  die  Wandungen  des  Sackes  bilden  einen  Thetl  des  eigent- 
lichen Darmes.       Was  nun  das  allgemeine  Wachstluim  und  die  Ausbildung  der 

Leibesforin  des  Embryo  anbelangt,  so  ist  darüber  Folgendes  bekannt :  Wahrend 
es  zur  Schlicssttng  des  Medullarrohrs  kommt,  wächst  der  Kntliryo  in  die  Länge 
und  nimmt  eine  eiförmige  Gestalt  an.  Dit:  Ko|)f i)eiii;e  wird  sichtbar  und  der 
Blastoporus  schliesst  sich.  Das  Mesoblast  segmenUrt  sich,  am  Halse  damit  be- 
ginnend und  successive  nach  hinten  fortschreitend.  Am  Hinterende  des  Embryo 
tritt  der  Schwanz  auf,  der  ganze  Körper  zeigt  eine  dorsale  KrOmmung  mit  ven- 
traler Convexität  An  der  Kopfbeuge  macht  sich  das  Mittelhim  mit  den  beiden 
Augenblasen  bemorkttch  und  die  Anlagen  des  Kiefer^  Hyoid-  und  eisten  Kiemen* 
bogeos  wulsten  sich  auf  beiden  Kopfseiten  vor,  doch  bleiben  die  Visceralspalten 
noch  geschlossen.  Prokto-  und  Stomodacum  werden  deutlicher,  communiciren 
aber  noch  nicht  mit  dem  Mesenferon.  Selir  eigenthiimlich  ist  um  diese  Zeit  l)ei 
den  meisten  Aniiren  mit  Ausnahme  von  und  Da(tykthra  da?^  Auftreten  eines 

embryonalen  Organes,  einer  paarigen  Saugscheibe,  die  später  wieder  verschwindet. 
Sie  entsteht  als  Epiblastverdickung  unter  dem  Hyoidbogen.  —  Während  der  Em- 
bryo stetig  in  die  Länge  wächst,  treten  am  vorderen  Kopfabschnitte  die  Riech» 
gruben  auf,  das  SUmoiatum  wird  tiefer,  drei  neue  Kiemenbogen  kommen  hinzu. 
Alsdann  stQlpt  sich  das  Mesenteron  zwischen  den  6  Visceralbogen  vör,  um  die 
Hyomandibularspalte,  die  Hyobrauchialspalte  und  die  drei  Kiemenspalten  zu 
bilden,  deren  Durchbnich  aber  erst  im  freien  Larventeben  erfolgt.  —  Auf  der 
Aussenseite  des  ersten  und  zweiten  Kiemenbnii^ens  werden  die  Anlagen  äusserer, 
mit  Epiblast  bedeckter  Kiemen  bemerklich,  auch  am  dritten  Kiemenbogen  können 
solche  vor  oder  nach  dem  Ausschliipten  vorkommen,  .im  \ierten  aber  fehlen  sie. 
An  der  Dorsalseite  der  LeibeshÖhie  entsteht  aus  einer  Falte  der  SoinaiopUura 
der  Segmentalgang.  Sem  vorderes  Ende  ragt  offen  in  das  Coelum  hinein  und 
liefert  eine  Vomiere  mit  zwei  bis  drei  Peritonealöühungen,  denen  gegenttber  ein 
GlMurtUn  entsteht  —  Die  definitive  Ifiere  bildet  sich  erst  im  späteren  Larven- 
leben  aus  einer  Reihe  von  Segmentalröhren  unter  gleichzeitiger  Rückbildung  der 
Vomiere.  Wenn  die  Larve  ausgeschlttpfl  ist,  so  hat  sie  noch  keinen  Mund,  und 
ihre  Ernähnin?  und  ihr  Wachsthum  geschieht  mit  Hilfe  des  in  das  Mesenteron 
aufgenommenen  Dotters.  Sie  schwimmt  mit  ihrem  Schwänze,  an  welchem  sich 
eine  dorsale  imd  ventrale  Flosse  bildet,  als  Kauhiu.ippe  frei  umher.  Erst  während 
des  Ireiea  Umhersciiwaimens  brechen  Mund  und  After  durch,  womit  eine  selbst- 
ständige Ernährung  gegeben  isL  Auch  die  Kiemenspalten  öfftien  sich,  die  Hyo* 
mandibularvorstülpung  bricht  bei  den  meisten  Formen  nie  nach  Aussen  durch 
und  kommt,  wenn  dies  wirklich  geschehen,  bald  nachher  wieder  zum  Verschluss, 
es  entwickelt  sich  aus  ihm  die  Eustachische  Röhre  und  die  Paukenhöhle.  Kurze 
Zeit  nach  dem  Ausschlüpfen  der  Larve  bildet  sich  jederseits  auf  dem  Hyoidbogen 
eine  Hautfaltc,  welche  tieckel.irtig  über  die  hinteren  Kiemenbogen  und  äusseren 
Kiemen  hinwegwächst  und  zwar  der  Art,  dass  sie  ai\  ihren  seitlichen  Rändern 
mit  der  übrigen  Haut  verschmilzt,  an  ihrem  mittleren  Rande  aber  frei  bleibt. 
Jede  der  in  dieser  Weise  entstandenen,  die  Kiemen  einschliessenden  sogen.  Kiemen- 
höhlen  stehen  durch  einen  weiten  Porus  mit  der  Aussenwelt  in  Verbindung.  Dieses 
Verhalten  bleibt  aber  nur  bei  DactyliUtra,  während  bei  der  Larve  von  Bombt' 
mtor,  AfyteSf  I^hdyies  die  beiden  seitlichen  in  der  Ikfittellinte  ventral  zu- 
sammenfliessen  und  dadurch  eine  emdge  Oeffnung,  ein  sogen.  Spritzloch  ent- 
stdien  lassen.   Bei  den  tlbrigen  Formen  (Hanot  Bu/a,  l^lobaks  etc.)  ist  auch  nur 


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Lurchciitwicklang. 


ein  Spritzloch  vorhanden,  doch  liegt  dasselbe  tmsfmniettisch  auf  der  Imken  Seite 
und  entstand  in  der  Wdse,  dass  an  den  beiden  durch  einen  Querkanal  veibuo- 
dene  Kiemenhdhlen,  die  Oeffnung  der  rechten  verschwand.  —  Das  Athemwasser 
dringt  durch  den  Mund  und  die  Kiemenspalten  in  die  Kiemenhöhlen  und  von 
da  wird  es  durch  das  Spritzloch  nach  Aussen  entleert.  —  Aber  die  primären 
äusseren  Kiemen  verkümmern  alsbald  nach  Bildung  der  Kiemenhöhlen  vnlhWndig, 
und  an  ihrer  Stelle  werden  neue  innere  Kiemen  auf  der  Aussenseitc  des  mittleren 
Abschnittes  der  vier  Kicmcnbogcn  gebildet.  Der  erste  und  vierte  Bogen  trägt 
dieselben  in  einfacher,  der  zweite  und  dritte  in  doppelter  Reihe.  Ausser  diesen 
Kiemen,  welche  Mesoblastfortsätze  repräsentiren,  erscheinen  auch  noch  an  der 
Hypobhtstwand  der  drei  Kiemenspalten  derartige  Gebilde.  Bei  Dat^^Okr^  finden 
sich  nur  die  letzteren.  ~  Der  querovale  Mund  enhftlt  als  Kauwericaeuge  Hom- 
gebilde,  die  nur  während  des  Larvenlebens  in  Gebrauch  sind,  und  wird  von 
einer  kreisförmigen  Hautfalte  als  Lippe  umgeben.  Mit  fortschreitender  Ent- 
wicklung schwinden  die  Saugplatten  hinter  dem  Munde,  der  Darm  verlängert 
sich,  legt  sich  in  zahlreiche  Windungen  und  aus  dem  Oesophagus  wachsen  die 
Lungen  hervor.  —  Mehrere  anatomische  Thatsachcn  deuten  an,  dass  die  Kaul- 
quappe die  Wiederholung  eines  ursprünglichen  Wirbelthiertypus  reprasentirt, 
dessen  nädwter  noch  lebender  Vertreter  die  Lamprete  zu  sein  scheint,  anderer" 
seits  deutet  eine  grosse  Aehnlicbkeit  zwischen  der  Dactylethialarve  und  den  devo- 
nischen Ganoiden  auf  Verwandtschaftsbezidiungen  zwischen  den  Amphibien  und 
den  primitiven  Ganoiden.  —  Der  Uebergang  der  Kaulquappe  in  den  Frosch  ist 
eine  compltcirte  Metamorphose,  welche  hauptsächUcii  in  der  Verkümmerung 
provisorischer  Embryonalorgane  und  in  dem  Hervortreten  definitiver  Organe  be- 
steht. —  Nach  einiger  Zeit  ihres  Daseins  erhält  die  Kaulquappe  Extremitäten. 
Die  vorderen  sind  unter  dem  Kicmendeckel  verborgen,  die  hinteren  treten  am 
Ende  des  Rumpfes  stummciformig  zu  Tage.  Die  Lungen  vergrössem  sich  mehr 
und  mehr,  und  zu  einer  gewissen  Periode  besteht  Lungen-  und  Kiemenalhmung 
neben  einander.  Nach  fortgeschrittener  Ejitwicklung  der  Daueroigane  madit 
die  Larve  eine  Häutung  durch,  bei  welcher  die  Kiemen,  die  Horn-  und  Saog* 
gebilde  des  Mundes  verloren  gehen,  die  bisher  unter  der  Haut  versteckten  Augen 
zu  Tage  treten  und  die  Vorderextremitäten  sichtbar  werden.  Darauf  ¥nfd  der 
Schwans  rudimentär  und  zuletzt  völlig  resorbirt.  Neben  diesen  äusseren  Ver- 
änderungen greifen  auch  innere  Platz,  so  namentlich  im  Bereiche  des  Mundes, 
des  Gelasssystemes  und  der  Visccralbogcn.  Auch  der  Darmkanal  wird  kürzer, 
d.a  der  Frosch  im  Gegensatz  ix\  der  herbivoren  Quapiie  vorzugsweise  omniM^r  ist. 
W  enn  auch  die  Metamorphose  der  Kaulquappe  im  Allgemeinen  als  Typus  für  die 
der  übrigen  Anuren  aufgestellt  werden  kann,  so  finden  sich  doch  hier  und  dort  einige 
Abweichungen.  Hylodes  martknceHm,  Pipa  ttmtrkOHa  und  dorsigerot  RAm^dirma 
Darmtui,  JNM^nma  marsupiahim  machen  innerhalb  des  ^es  eine  Metamorphose 
durch.  —  Eine  Merkwürdigkeit  itt  es,  ikss  die  Quappe  von  Aeudis  paraiifssa  eine 
viel  bedeutendere  Grösse  erreicht,  als  das  erwachsene  Thier.  —  Die  Larvenform 
von  Dactylethra  weicht  von  der  üblichen  Form  hochgradig  ab.  Ihr  Mund  hat 
grosse  Aehnlicbkeit  mit  Hetn  der  Siluroiden  und  von  Lophius,  sein  Unterkiefer 
hängt  herab  und  zu  jeder  Seite  der  Oberlippe  befindet  sich  em  langer  Tentakel. 
Der  Koj)f  ist  flach  und  breit,  SaugnHpfe  sind  nicht  vorhanden,  die  Kiemen- 
öffnung ist  doppelt.  Der  Schwanz  verläuft  fadenartig  und  die  vorderen  Extremi- 
täten liegen  nicht  unter  dem  iUemendeckel.  —  Wie  schon  eiwünil^  sind  die 
Anurenembiyonen  nur  mit  dner  geringen  Dottermasse  und  daher  ohne  ftussecen 


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Lttrchentwidduns.  1S7 

Dotteiuck  aa^erflstet,  indenen  gieirt  es  doch  dnig«  Formen,  bd  denen  ein 
solcher  vorkommt,  bei  Afyiis  ^UetrieanSt  d^rsigera,  J^eudopkrytu  atistraUs. 
Nencfdings  hat  Kollhann  und  vor  ihm  schon  PplOoer  nachgewiesen,  dass  eurO' 
pXische  Frosch*  und  Tritonlarven  überwintern  können,  ohne  terrestrisch  zu 
werden,  ja  sie  kdnnen  ihre  Jugendform  sogar  während  längerer  Zeit  beibehalten. 
Wir  stehen  somit  vor  einem  ähnlichen  Fall,  wie  ihn  der  mexikanische  Kiemen- 
mol(  h  darbietet.  Derselbe  hat  bekanntlich  in  Mexiko  vollief  darauf  verzichtet, 
terrestri>,ches  Benehmen  anzunehmen  und  erst  der  Jardin  des  Plantes  mnsste  ihn 
daran  ennnern,  die  längst  verlernte  Gewohnheit  einmal  wieder  aufzunehmen  und 
em  Amblysloma  zu  werden.  Kollhamn  hat  fUr  dteaea  Beharrung^vemögen  im 
Jugendsuslande  als  eine  hoch  interessante  und  bedeutungsvolle  biologische  Er» 
scheinung  der  Anpassung  die  Bezeichnung  Neotenie  voigeschlagen.  In  diesen 
Begriff  muss  gleichzdtig  noch  die  Vorstellung  mit  aufgenommen  werden,  dass  von 
der  festauhalteoden  Entwicklungsstufe,  auch  eine  Weiterentwicklung,  dem  Wesen 
der  Larven  entsprechend,  stattfindet,  indem  während  des  Larvenstadiums  Ge- 
schlechtsreife, wie  diese  beim  Axolot!  pnnz  bekannt,  eintreten  kann.  —  Bei  den 
Urodelen  ist  uns  die  Kntv, icklunL;  namentlich  durch  Scott  und  Üshorn  bekannt 
geworden.  Die  Medullari)latte  legt  sich  zu  einer  Zeit  an,  in  welcher  das  ?2piblast 
noch  aus  einer  einzigen  Zellenlage  besteht,  und  erst  nach  Verschluss  der  Nerven- 
rinne tritt  ein  deutlicher  Unterschied  zwischen  dem  Epithel  des  Centralcanates 
und  den  Qbrigen  Zellen  des  Cerebrospinalstninges  zu  Tage.  Das  seitlidie  Epi- 
blast  bildet  erst  kurz  vor  dem  Versdiluss  der  Medullaifalten  zwei  Schichten, 
welche  bei  den  Anuren  von  Anfang  an  vorhanden  sind.  Das  Mesoblast  geht  ans 
zwei  seitlichen  Platten  hervor,  welche  sich  vom  Hypoblast  absi)altefen.  Die  ven- 
trale Atisbreitung  dieser  Platten  geht  namentlich  dadurch  vor  sicli,  dass  sich 
Dotterzellen  in  Mesoblastzellen  umwandeln.  Die  Chorda  bildet  sich  auch  aus 
einem  Abschnitt  des  Hypoblasts.  Die  Leibeshöhle  setzt  sich  in  den  Kopflheil 
fort  und  das  sie  hier  umschliessende  Mesoblast  zerfallt  in  eine  Höhle  vor  dem 
Munde  und  je  eine  im  Kiefer  und  jedem  feinden  Bogen.  Hinachüich  der 
Hjpoblastbildungen  finden  nch  zwischen  Urodelen  und  Anuren  keine  besonderen 
Verscliiedenheiten.  —  Was  die  Ausbildung  der  Leibesform  des  Embryo  anbe- 
langt, so  herrscht  hierin  fUr  die  ersten  Stadien  viele  Aehnlicbkeit  mit  den  Anuren. 
Der  Körper  ist  aber  nicht  dorsal,  sondern  ventral  gekrümmt.  —  Die  Metamor- 
phose  ist  unvollständiger  als  die  der  Anuren.  Beim  Ausschlüpfen  besitzt  die 
Tritonint  VC  einen  gut  entwickelten  Ruderschwanz  mit  Flosse  und  drei  Kicmcn- 
paare  aui  dem  ersten  bis  dritten  wahren  Kicmcnbogen.  Vier  Kiemcnsiialten  er- 
scheinen nämlich  zwischen  dem  Hyoid-  und  dem  ersten  Kiemenbogen,  von  ihnen 
tritt  die  letzte  am  spätesten  auf.  Die  Hyomandibularspalte  bricht  gar  nicht  durch, 
die  Saugnäpfe  an  der  Ventralseite  des  Mundes  sind  gestielt.  Ein  Kiemendeckel 
welcher  sich  aus  dem  unteren  Abschnitte  des  Hyoidbogens  entwickelt,  bedeckt 
nur  die  Basis  der  Kiemen.  Horngebilde,  wie  sie  im  Munde  der  Anuren  vor- 
kommen, finden  sich  nicht  bei  den  Urodelen.  Die  Haut  trägt  ein  Wimperkleid, 
welches  Kofation  des  Embryos  im  Ei  bewirkt.  Die  erste  Anlage  der  vorHeren 
Extremitäten  erscheint  scbon  vor  dem  Ausschlüpfen  der  Larve,  die  hmteren 
Gliedmaas!5en  entwickeln  sich  erst  viel  si)äter.  Zur  Zeit,  in  welcher  die  Lungen 
entstehen,  schlie&sen  sich  die  Kicmenspalten,  und  die  Kiemen  verkümmern.  Ab- 
weichungen von  der  gewöhnlichen  Larvenform  finden  sich  auch  bei  den  Uro> 
delen.  Die  Larve  von  AmbfyUoma  ^meiahm  bentzt  an  Stelle  der  Saugnäpfe 
von  Triton,  zwei  lange  Fortsätze,  sogenannte  Baiandrstangen,  wdche  beim  Her^ii)« 


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188 


Loiclier  Luv. 


sinken  der  Larve  auf  den  Boden  sie  zu  stützen  bestimmt  sind.  Sobald  sich  die 
Extremitäten  entwickeln,  verschwinden  diese  Fortsätze.  Die  Jungen  von  Salth 
mandra  matukUa  besitzen  beim  Verlassen  des  Uterus  äussere  Kiemen^  diejenigen 
von  Salamatt^a  aOra  entbehren  derselben,  weil  sie  schon  während  des  Aufent- 
haltes im  Uterus  verloren  gingen.  Die  letztgenannte  Art  erzeugt  nur  zwei  Em- 
bryonen, obgleich  ursprünglich  zahlreiche  Eier  vorhanden,  welche  aber  bis  auf 
zwei  fehlschlagen  und  den  beiden  Embryonen  als  Nahrung  dienen.  Bei  beiden 
Salamanderartcn  findet  sich  soviel  Nahrungsd(;tlcr,  dass  ein  Dottersack  entsteht. 
—  Spekrpes  Menobranchus  und  IVotcus  besitzen  nur  drei  posthyoide  Kiemenbügen. 
Im  Jahre  1S70  machte  Dum^kil  in  Bezug  auf  die  Metamorpiiose  der  Urodelen 
im  Jardtn  des  Plantes  in  Paris  eine  sehr  merkwürdige  Entdeckung.  Er  sah  wie 
einige  Axolotllarven  das  Wasser  verliessen  und  im  Verlauf  von  ungefthr  viersehii 
Tagen  eine  ähnliche  Metamorphose  durchmachten  wie  der  Molch,  indem  aus 
ihnen  eine  Form  entstand,  welche  mit  der  amerikanischen  Gattung  Ambfystonut 
durchaus  übereinstimmte.  Die  Kiemenspalten  verschliessen  sich,  die  Kiemen 
selbst  werden  durch  Lungen  ersetzt.  Der  Schwanz  bfisst  seine  Flosse  ein  und 
wird  rund,  im  Munde  finden  ebenfalls  weitere  Veränderungen  statt.  Fräulein 
VON  Chauvin  (Zcitschr.  f.  w.  Zool.  Bd.  27,  1876},  in  Freiburg  hat  Axolotllarven 
alhnählicii  an  die  Luflathmung  gewöhnt  und  sie  auf  künstlichem  Wege  veran- 
lasst^ die  erwähnte  Metamorphose  durchzumachen.  Grbch. 

Lurdier,  ein  in  Engkind  sehr  verbreiteter  Hundetypus,  welcher  nach 
FrrzmGER  aus  der  Vermischung  des  irländischen  Windhundes  mit  dem  Scfaaf- 
hunde  hervorgegangen  sein  dtlrfle.  Derselbe  nähert  sich  im  Allgemeinen  mdur 
dem  ersteren,  unterscheidet  sich  aber  von  diesem  durch  seine  noch  längere,  ziem- 
lieh  glattzottige,  grobe  Behaaning,  die  am  Kopfe  am  längsten  und  an  der  Schnatize 
zu  einer  Art  T^irt  vereinigt  ist.  Die  Thiere  sind  meist  einfarbig  grau,  braun  oder 
schwarz.  K. 

Lurchiische,  s.  Fischentwicklung  und  Dipnoi.  Grbch. 

Luti  oder  Luren,  die  Bewohner  Luiistunsi  eine  Art  Zigeuner,  die  in  einaelnen 
Familien  zerstreut^  auch  im  ganzen  Lande  Kelat  verbrdtet  smd.  Der  Race  nach 
sind  sie  von  den  Brahui  (s.  d.)  und  den  Belutschen  (s.  d.)  verschieden  und  trifft 

man  dieselben  vorzüglich  als  Musikanten,  Töpfer,  Seiler,  Mattenweber  und 
Hausirer.  Sie  besitzen  keinen  Grund  und  Boden,  treiben  nie  Ackerbau  und 
werden  als  Ausgeworfene  betrachtet.  Sie  zerfallen  in  die  Grossen  L.  oder  Bach- 
tiari  (s.  d.)  und  in  die  Kleinen  L.  oder  Feili,  welche  die  Gebirge  von  Kirman- 
schah  im  Westen  bis  gegen  Schiraz  im  Übten  bewohnen  und  sich  wieder  in 
mehrere  Stämme  spalten.  Die  Sprache  der  L.  scheint,  nach  den  spärlichen 
Proben,  die  wir  von  ihr  besitzen,  mit  dem  Kurdischen  derart  zusammenzuhängen, 
dass  sie  als  ein  Sdtendialdtt  desselben  betrachtet  werden  kann.    v.  H. 

Itua,  Bezeichnung  fttr  die  nördlichen  Laoten  oder  Schan,  den  Siamesen 
unterworfener  Volksstamm  im  Gebirge  zwischen  Muong  Yong  und  Xieng  Tong; 
die  L.  tragen  Jacke  und  Beinkleider  von  blauer  Farbe  und  einen  rothen  Turban. 
Ihre  Dörfer  sind  gross  und  gut  gebaut,  die  Häuser  geräumig,  das  Dach  reicht 
bis  tief  herab  und  bildet  eine  gegen  Sonne  und  Regen  geschützte  Gallerie. 
Die  Häuser  stehen  dicht  neben  einander  und  bilden  hübsche,  regelrechte 
Strassen.  Die  Gärten,  worin  viel  Thee  gepflanzt  wird,  liegen  ausserhalb  des 
Dorfes.  Die  zu  den  Dörfern  führenden  Wege  sind  in  gutem  Zustande  und 
werden  mittelst  hölzerner  Schranken  gesperrt,  damit  das  Vieh  die  Aecker  und 
insbesondere  die  Baumwollpflanzungen  nicht  heimsudM;    v*  H. 


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Luschai,  Gruppe  der  Nagastämme  im  nordwestlichen  Hintcr-Indien,  zwischen 
Birma  und  Bengalen,  nördlich  von  den  Tschiltagongbergen  bis  zu  den  Grenzen 
Katsciiars.  Sie  selbst  nennen  sich  Loschai  oder  Lhusai,  den  Bengalen  sind  bie 
als  Kniet  bekannt,  die  Krmanen  nennen  ne  Lankbe.  Die  «unttcbst  der  indiacben 
Grense  wobnenden  Stamme  dnd  die  Haulong,  Saithu  und  Rattan-Poya.  Die 
Zabl  dieaer  drei  mag  sieb  auf  3Q000  belaufen;  am  stärksten  darunter  sind  die 
Ibnlong.  Ihre  Sprache  gleicht  sebr  nabe  einigen  Mundarten,  die  in  Beig-Tip- 
perah  und  entlang  der  Mannipergrenze  gesprochen  werden.  Ohne  Zweifel  ge- 
hört sie  mit  dem  Birmanischen  imd  Tibetischen  zu  demselben  Stamme.  Beide 
Geschlechter  sind  wohlgestaltet  und  sehr  muskulös;  die  durchschnittliche  Grösse 
der  Männer  beträgt  1,65 — i ,70  Meter,  die  der  Frauen  1,60  Meter.  Die  Manner 
sind  alle  stramme  Bursche,  untersetzt  an  Haiä  und  Schultern,  Arme  und  Schenkel 
muskulös  und  gut  entwickelt,  die  Arme  meist  lang  im  Verhiltaiss  zum  Körper. 
Ibre  Gesichtsfarbe  um&ssc  alle  Abtönungen  von  Braun,  ibre  Gesicbtszttge 
varüren  betricbtUcb.  Doch  haben  die  Mebten  platte  aufgeworfene  Nasen  mit 
grossen  Nasenlöchern,  dicke  Uppen  und  mandelförmige  Augen.  Unter  den 
herrschenden  Familien  giebt  es  feinere  Gesichter  mit  schmalen  Adlernasen, 
kleinen  Nasenlöchern,  dtinncn  Lippen  und  kleinem  Munde,  stets  aber  hoch  und 
vorstehenden  Backenknochen,  breitem,  last  völlig  bartlosem  Antlitz.  Der  Aus- 
druck ist  bei  vielen  oft'en  und  intelligent,  auch  zeis:en  sie  eine  merkwürdige 
Fälligkeit,  alles  Neue  rasch  zu  verstehen.  Ihre  einzige  Kleidung  besteht  in  einem 
Streifen  von  dickem  blauen  Zeug,  welches  die  Weiber  um  die  Hüften  schlagen 
und  in  einem  langen  Mantel  von  selbstgesponnener  Baumwolle  blau,  gelb  und 
rothgestreift  fUr  die  Mttnner.  Letztere  tragen  Halsbänder  von  bunten  Perlen, 
reichere  auch  solche  von  grossen  cyKndriscben  Bemstemstflcken,  aufweiche  beide 
Geschlechter  sehr  erpicht  sind.  Ein  grosser  in  Silber  gefasster,  an  einer  Schnur 
um  den  Hals  getragener  Tigerzahn  wird  hochgeschätzt  Der  L.  scheitelt  sein 
Haar  in  der  Mitte,  flechtet  es  auf  beiden  Seiten  glatt  und  bindet  es  am  Nacken 
in  einen  Knoten,  der  von  einer  kupfernen  oder  stählernen  Haarnadel  gehalten 
wird.  Die  Weiber  haben  grosse  Scheiben  von  Hok  oder  Elfenbein  in  den  Ohr- 
lappen. Männer,  Frauen  und  Kinder,  sobald  sie  nur  eine  Pfeile  halten  können, 
rauchen  unaufhörlich.  Die  L.  sind  mächtige  Jäger,  da  sie  grosse  Fleisdiesser 
sind.  Erst  seit  30  Jahren  etwa  kennen  sie  den  Gebrauch  der  Feuerwaffen, 
ausserdem  haben  »e  Bogen  aus  Bambu  mit  vergifteten  Pfeilen,  welche  jedoch 
mehr  und  mehr  den  Flinten'weKhen;  das  nöthige  Pulver  fertigen  sie  selbst  an, 
allerdings  ist  es  sehr  schlecht.  Speere  von  verschiedener  Gestalt  und  Länge, 
die  sie  von  Norden  her  erhalten,  dann  ihr  >Dao,«  eine  dreieckige,  30  Centim. 
lange  KHnge  mit  hölzernem  Grifte,  sowie  langklingige  birmanische  Messer  sind 
weiters  im  Gebrauche.  Ihre  Dörfer,  die  stets  auf  dem  Gijjfel  eines  hohen 
Berges  liegen  und  in  Kriegszeiten  verpallisadirt  sind,  werden  alle  fünf  Jahre  ver- 
lasaen,  was  mit  der  Art  und  Weise  ihrer  Bodenkultur  ausammenhängt ;  sie 
brennen  das  Dschungel  nämÜdi  ab^  der  so  berniete  Boden  ist  innerhalb  jener 
Periode  erschöpft  und  wird  mit  neuem  vertauscht  Ihre  Häuser  sind  aus  Baum« 
Stämmen  erbaut  und  mit  Laub  eingedeckt;  die  Flur  derselben  erhebt  sich  etwas 
Aber  den  Boden.  Das  Haus  des  Häuptlings  ist  von  gleicher  Bauart  wie  die 
übrigen,  nur  weit  grösser  und  innen  cingctheilt  in  eine  «rrossc  Halle  und  2  bis 
3  Schlafzimmer,  welche  alle  auf  einen  Gang  münden,  der  die  ganze  Länge  des 
Gebäudes  durchzieht.  In  jedem  Dorfe  giebt  es  ein  grosses  scheunenähnliclies 
Gebäude,  an  den  Seiten  utien  und  mit  einer  ireuerstelle  in  der  Milte;  es  i^i  dj^ 


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I90 


Lnieniolt  —  LmL 


Cieiueindehaus,  wo  die  Angelegenheiten  des  Dorfes,  die  Vorbereitungen  für  Kriegs- 
züge u.  s.  w.  besprochen  werden.  Jedes  Haus  besitzt  seinen  »Gayalc  oder 
BttflTeli  der  imchts  an  der  ThOre  fi^ebimden  und  am  Tage  mm  Weiden  atuge* 
trieben  wird.  Man  hält  sie  wegen  der  Milch  und  verzehrt  ihr  Flefoch  nur  an 
hohen  Festtagen.  Auch  eine  weisse  Ziege  und  einige  I^ieblingsschweine  g^hOren 
zu  jedem  Hause.  Aus  gegohrenem  Reis,  Wasser  und  einer  sonst  unbekannten 
Frucht  machen  die  L.  eine  Art  Wein,  der  ähnh'ch  wie  dünner  Preisselbeerwein 
schmeckt.  Sehr  geschickt  sind  sie  in  Fleduvverk;  sie  verfertigen  aus  Rohr  oder 
ßaml)i!  Korbe  von  allen  Sorten,  auch  machen  sie  Ei^ensnchcn  in  rohen,  aber 
sinmciciien  Schmieden.  Musikalische  Instrumente  haben  sie  wenige  und  ein- 
fache: eine  Trommel  aus  ausgespannter  Hirschliaut  und  ein  sonderbares  Ding, 
ans  einem  Kfirtas  veilertigt,  eine  einfache  Rohrpicite  und  Gongs  verschiedener 
Grösse.  Mtoner  und  Knaben  können  sehr  laut  durch  die  Finger  pfeifen*  Sie 
singen  leise  und  monoton  und  begleiten  nch  mit  dem  KOrbinnstrument  oder  der 
Trommel.  Wenn  die  L.  nicht  unter  sich  kämpfen,  machen  »e  Finftlte  in  das 
britische  Gebiet,  um  Sklaven  wegzuführen  oder  Menschenköpfe  als  Ttophäen  zu 
erbeuten.  Dem  Angriffe  geht  stets  ein  Oi)fcr  und  ein  Trinkgelage  voraus.  Kein 
Weib  wird  in  ^!en  Plan  eingeweilit,  und  der  Kriei^  '.vird  ohne  jede  vorhergehende 
Erklärung  begonnen.  Die  jungen  Krieger  glauben  Kräfte  und  Energie  dadurch 
zu  gewinnen,  dass  sie  die  Leber  des  ersten  Mannes  vermehren,  den  sie  tödten. 
Intelligent,  heiter  und  bedürfhtsslos,  gelten  sie  doch  fllr  wild  und  mordsüchtig; 
doch  rtihmt  ihnen  Dr.  Aroubalo  CAMrostL  sogar  eine  milde  Gemttthsart  nach, 
was  xu  den  früheren  Berichten  in  einigem  Widenfnuche  sieht     v.  H. 

LttadnioUu  Gray,  Vogelgattung  aus  der  Familie  Syhmiüu,  Vögd  von  dem 
Aussehen  der  Laub-  oder  Schilfsänger,  mit  schmalem,  und  seitlich  zusammenge- 
drücktem Schnabel  und  mehr  gerundeten  Flügeln,  in  welchen  4.  und  5.  Schwingen 
am  längsten,  3.  wenig,  aber  doch  deutlich  kürzer  als  die.se,  2.  kürzer  als  7.,  i.  immer 
länger  als  die  Handdecken,  bei  den  typischen  Formen  sogar  halb  so  lang  als 
die  2.  ist.  Die  Gattung  umfasst  13  Arten,  von  welchem  die  ^Mehrzahl  dem  Hi- 
malaya-Gebiet  angehört,  eine  in  Südost-Sibirien  und  Nord-China,  eine  andere 
in  den  Mittelmeerlflndem,  eine  dritte  in  Sttd- Afrika  heimisch  ist  Erwähnt  sei  der 
Tamariskensänger,  Z.  mekmofegM,  TkM.,  in  Sttd-Europa,  Kldnasien  und  Nord« 
Afrika.  RCHW. 

Lusitaner.  Im  Alterthum  das  sahlreichste  unter  allen  Völkern  des  heutigen 
Portugal  und  Ibcriens  überhaupt,  das  sich  vom  'Tejo  bis  zum  Douro  aus- 
breitete.    V  TT 

Lusitschaner,  wurden  ursprünglich  nur  eigentlich  die  slavischen  Bewohner 
des  Gaues  Luzice,  der  etwa  die  heutige  Nicder-T.ausitz  umfasste,  gen.innt.  So- 
dann ward  dieser  Name  schon  frühzeitig  aui  die  benachbarten,  von  demselben 
Volke  bewohnten  Landstriche  nördlich  und  ösüich  bis  snr  Oder  übertragen. 
Endlich  ging  dieser  geographische  Name  auch  auf  die  sOdUchen,  von  den  Milfe* 
achanem  und  Nischanem  besetsten  Gegenden  über.    v.  H. 

Lusones.  Kleiner  Stamm  der  Keltiberer  (s.  d.).     v.  H. 

Lust  ist  die  Bezeichnung  derjenigen  Gemeingeltthle,  welche  mit  einer  Be- 
schleunigung  und  Förderung  aller  Lebensvorgänge  verbunden  sind,  während  man 
mit  dem  Wort  Unlust  alle  die  Gemeingefilhlszustände  /nsammenfasst,  welche 
mit  einer  allgemeinen  oder  partiellen  Hemmung  der  T  cbcnsiunkti onen  verbunden 
sind.  —  Die  Symptome  dieser  Zustände  sind  naturlich  um  so  mannigtaitiger, 
je  complicirier  ein  i  hierkorper  gebaut  ist,  während  bei  den  einfachsten  proto- 


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Lust. 


191 


plasmatischen  Organismen  sich  dieselben  eigentlich  ntir  nuf  zwei  Symptome  be- 
schränken;  bei  der  Lust  lebhaftere  l'rötoplasmaströniungen  und  Ausdclinungsbe- 
strebungen  desselben,  in  der  Unlust  Abnahme  bis  Siätirung  der  Bewegungen  und 
Zusammen kugeking.  Diese  elementarsten  Vorgänge  bei  Lust  und  Unlust  sind 
auch  bei  den  compUcirten  Organismen  das  Grundwesentliche.  Nur  gesellen  steh 
hier  ab  Komplication  antagoaistisdie  sog.  reaktive  VerICnderungen  in  der  Thätig- 
kcit  der  ionem  Organe  hinxu.  Z.  B.  bei  den  Unlust-  und  Angstnistünden  sind 
die  «illkfiflichen  Bewegungen  langsamer,  unregelmässiger«  während  umge- 
kehrt die  unwillkflrlich  sich  bewegenden  Organe,  wie  Heiz,  Darm,  etc. 
verstärkte  Bewegungen  machen,  die  eine  teleologische  Bedeutung  haben:  Es 
kommen  hier  zweierlei  Verhältnisse  in  Betracht:  a)  die  circnlatorischen.  Der 
Zusanimenaiehung  der  protojjlasniatischen  Thierc  in  der  Unlust  entspricht  hei 
den  mit  einem  C'jefassapparat  versehenen  Thicrcn  eine  Zusamnien/iehung  der  Ge- 
fässrohren  unter  Steigerung  des  i  lussigkeitsdrutks  (beim  Mensclien  als  Erblassen 
der  Haut  sichtbar).  Dies  beantwortet  das  pulsatorische  Oigan  durch  rascheien 
Sdilagrhyüimus,  dessen  Zweck  eine  Wiederausdehnung  der  Geflissei  also  eine  Re- 
actioQ  g^en  den  verengernden  Einlluss  ist  Die  Vulsschläge  sind  deshalb  aahl- 
reicher,  aber,  weil  die  susammenziehcnde  Ursache  auch  das  Herz  trifit,  klein. 
Dieser  Zustand  hält  aber  nur  eine  Zeit  lang  an.  Gelingt  die  Beseitigung  der  «1- 
sammziehenden  Ursache  nicht,  so  erstreckt  sich  die  T,ähmung  auch  auf  die  cir- 
rulatorische  Bewegung.  Umgekehrt  den  Ausdehnungsbestrebungen  protoplasma- 
tis(  her  Thiere  in  der  Lust  entspricht  bei  den  (lefässthieren  eine  Erweiterung  der 
Gefassbahnen,  bes.  der  i)eripheren  Kapillaren  (beim  Menschen  als  Erröthen  der 
Haut  sichtbar).  Dieses  Suken  des  Flflsdgkeitsdnicks  beantwortet  das  Herz  durch 
langsamen  Schlagrhytiimus,  während  zugleich  der  Herzschlag  voller  und  ausgiebiger 
wild,  b)  Die  sc cre torischen  Verhältnisse  ändern  sich  ebenfalls  in  teleologischer 
Weise.  Es  CBtq>ikht  dem  Selbsterhaltungstrieb  mit  seinem  natürlichen  Streben 
nach  Wohlbefinden  (Euphorie),  die  materiellen  Ursachen,  welche  den  Zustand  der 
Unlust  erzeugen  und  unterhalten,  aus  dem  Körper  auszustossen.  Desshalb  werden 
einmal  gewisse  Secretionen  vermelirt  und  dann  die  im  Dienst  der  Ausstossung 
stehenden  Organbewegungen  Icbliafter.  Das  letztere  ist  am  auffallendsten  am 
Darm,  der  die  verstärkte  Secretion  mit  lebhafter  Bewegung  begleitet  und  so 
die  oft  explosiven  Angstdiarrhöen  erzeugt.  Das  vermehrte  Harnen  in  Unlust  und 
Angst  zeigt  ans  vermehrte  Secretion  mid  Austreibungsthätigkdt  wieder  beiehn' 
ander,  während  im  Angstschweiss  mehr  das  Sekretorische  allein  auftritt  In  der 
Lust  ändern  sich  die  sekretorischen  Verhältnisse  in  der  Weise:  Der  Unterschied 
zwischen  Erweiterung  und  Verengerung  der  Geßlssbahnen  bei  Lust  und  Unlust 
erreicht  seinen  höchsten  Betrag  in  den  ohnedies  mit  einem  ausgiebigeren  Ciefäss- 
regnlirungsvcrmögen  versehenen  Kapillaren  der  Haut  und  der  Tungen.  Das  hat 
natürlich  zur  Folge,  dass  das  sich  ja  gleichbleibende  Klutiiuantum  in  der  Un- 
lust aus  der  Haut  in  die  innern  Organe  verdrängt  wird,  wesshalb  dort,  z.  B.  in 
dem  Darm,  in  den  Nieren,  in  der  l^ber  die  Sekretion  steigt,  in  der  Lust  u^ird 
umgekehrt  das  BhUt  in  den  innem  mit  der  Atmosphäre  nicht  direct  in  Berührung 
kommenden  Oiganen  weniger  und  in  Haut  und  Lunge  mehr.  Das  hat  zur 
Folgen  dass  die  Secretion  in  Darm  und  Niere  und  wahrscheinlich  auch  Leber 
abnimmt;  dagegen  steigt  die  Lungen-  und  Hautausdfinstung,  und  dabei  ändert 
lieh  noch  Folgendes  da  in  den  Unlustzuständen  mit  der  Verminderung  der 
Hautdurchblutung  die  Haut  kühl  wird  (Kältegefühl  bei  Unlust),  in  der  Lust  da- 
gegen die  vermehrte  Durchblutung  erhöhte  Hautwärme  erzeugt^  so  verflüchtigt 


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Lust. 


sich  in  der  Lust  ein  viel  grösserer  Theil  der  wässerigen  Aljscbcidungen,  während 
in  Unlust  und  Angst  ein  weit  grösserer  'rheil  in  tropfbar  tliissigcr  Form  zum 
Vorschein  kommt.  Daher  erklärt  sich  der  scheinbare  Gegensatz  bei  der  Schweiss* 
secretion;  denn  bei  dem  Verhältnisse  der  Blutverdieilung  sollte  man  annehmen, 
dass  in  der  Lust  mehr  Schweiss  vergossen  wird  als  in  der  Unlusl  oder  Angst, 
während  der  Augenschein  das  Gegentheil  zeigt*  Dieser  Wiederspnich  rührt  also 
nur  daher,  dass  in  der  Lust  der  unsichtbar  als  Wasserdampf  zur  Entbindung  ge- 
langende  Schweiss  einen  viel  grösseren  Procentsatz  bildet,  während  bei  der 
ktiblen  Hatit  des  l^nlustisren  der  tropfliar  abgeschiedene  Thei!  überwiegt.  Hier 
sollen  auch  die  Unterschiede  in  der  Athmung  besprochen  werden.  Aehnlich  wie 
bei  dem  Gefasssystem  erfolgt  in  der  Lunge  bei  Unlust  eine  tonische  Zusammen- 
ziclumg,  welche  die  Athmungsbewegungen  hemmt  und  unregelmässig  macht. 
Hingegen  reagiert  auch  die  Lunge  durch  Beschleunigung  der  Atfaembewegungen, 
während  die  Ausgiebigkeit  der  Athemzttge  abnimmt.  In  der  Lust  dagegen  sind 
die  Athemzttge  langsamer,  tiefer  und  voller.  Damit  ändern  sich  auch  die  Stoff* 
liehen  Leistungen  der  Athmung.  In  der  Lust  ist  Ein-  und  Ausathmung  und 
Lungenausdünstung  verstärkt,  in  der  Unlust  vermindert.  Auch  die  Sinnesthätig- 
keit  weist  Unterschiede  auf  In  der  Lust  ist  die  Erregbarkeit  des  Nervensystems 
eine  höhere,  in  der  Unlust  eine  verminderte,  und  das  bringt  anch  auf  diesem 
Gebiet  den  Gegensat?:  \on  I-iirderung  und  Henimunc:  liervor.  Zudem  gesellen 
sich  bei  den  Unlust/.uständen  häufig  örliiche  Schmerzen.  Isamenllich  charakte- 
ristisch ist  das  Auftreten  von  Schmerzen  in  den  Eingeweiden,  deren  Nerven  sonst 
keine  Eindrücke  zum  Sensorium  leiten.  Zu  den  sinnfälligsten  Veränderungen  ge- 
hören die  des  Habitus  und  des  Exterieurs.  In  der  Lust  zeigen  die  Geschöpfe 
durch  einen  vermehrten  Tonus  der  Streckmuskeln  eine  stramme  und  aufredite 
Haltung,  während  in  der  Unlust  die  Haltung  £ebückt,  zusammengekauert,  schlaft 
wird.  Der  Regelmässigkeit  in  den  Bewegungen  bei  der  Lust  entspricht  auf  diesem 
Gebiet  eine  gewisse  Symmetrie  und  Regelmässigkeit  der  Haltung  des  Gesammt- 
körpcrs  und  der  üesichiszüge,  während  in  der  Unlust  Haltung  und  Physiognomie 
etwas  Unregelmässiges,  Verzerrtes  annimmt.  Der  Abnahnjc  im  Gewebstonus  bei 
Unlust  entspricht  eine  Erschlaffung  der  Schliessmuskcl  von  Mund  und  Augen, 
die  desshalb  gewöhnlich  etwas  mehr  <tfen  stehen  und  einen  hängenden  Ausdruck 
haben.  Die  Unterschiede  in  der  Hautdurchblutung  bedingen  an  den  unbedeckten 
Theilen  einen  Unterschied  in  Farbe  und  Modellirung.  In  der  Lust  ist  die 
Haut  voll,  prall  und  gefilrbt  und  der  gleiche  Umstand  giebt  auch  dem  Auge 
grössere  Fülle  und  Spannung  sowie  Glanz,  wobei  es  stärker  vortritt.  In 
der  Unlust  ist  die  Haut  blass,  schlapp,  zu  Rimzelung  geneigt,  der  Aus- 
druik  der  Augen  matt  und  das  Auge  selbst  tieferliegcnd.  Bei  den  be- 
fiederten und  behaarten  Thicien,  beim  Mcnscläcn  an  den  Haaren,  aber  auch  an 
den  nackten  Stellen,  bringen  die  Veränderungen  in  der  FetL»chweissproduktion 
aufiältige  Syuipiume  hervor.  In  der  Lust  ist  diese  Absonderung  vermehrt»  und 
das  verleiht  Haut,  Haaren  und  Federn  einen  fettigen  Glanz,  wenn  letztere  ge* 
färbt  sind,  eine  leuchtendere,  kräftigere  Farbe.  In  der  Unlust  ist  die  Absonderung 
vermindert,  Haare  und  Federn  sind  desshalb  matter,  glanzloser  und  die  Haut 
sieht  trocken,  spröde  aus.  Auch  die  geistigen  Functionen  werden  in  ähnlicher 
Weise  afficirl,  wie  die  somatischen.  Sic  zeigen  in  der  Unlust  die  Elemente  der 
Hemmung  und  Unregelmässigkeit,  in  der  Lust  die  der  Regelmässigkeit  und  Be- 
schleunigung. —  Ueber  die  kausalen  Verhältnisse  von  T.ust  und  Unlust  geben 
erst  die  Aufsclilü^se  von  G.  Jaeclk  in  seiner  »Enidcckua|^  der  :3eclc«>.  (jetzt  in 


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Lust. 


3.  Aufl.  erschienen)  klareres  Licht.  Derselbe  unterscheidet  hierbei:  i.  das  aus- 
lösende Moment.  Auf  diesem  Gebiet  herrscht  Mannigialtigkeit,  die  sich  aber 
unter  zwei  Gesichtspunkte  bringen  lässt:  a)  Reizeinwirkung.  Alle  Reize, 
welche  den  Gesamuitkörper  oder  einzelne  Iheile  ireUen,  luien,  wenii  bie  eine 
genügende  Stärke  errdchen»  GemeingelUhle  hervor  u.  z.  so,  dass  bei  geringerer 
Reizstärke  Lus^  bei  abermässiger  Unlust  entsteht  Bei  den  Reizen  sind  die  zwd 
Gruppen  zu  unterscheiden;  einmal  die  von  materiellen  Bewegungen  ausgehenden, 
meist  von  aussen  kommenden»  deren  wichtigste  die  sog.  Sinnesreize  sind,*  und 
dann  die  geistigen  Bewegungen  unseres  Ichs,  bei  denen  der  Anstoss  von  innen 
ausgeht.  b)  N'eränderung  der  Säff emischung,  entweder  dadurch,  dass 
neue  Sloti'e  in  die  Safte  eindringen;  dies  geschieht  theils  von  aussen  mit  Athmungs- 
luft,  Speise  und  Trank,  theils  dadurch,  dass  innerliche  StotlV.ersetzungcn  in  den 
Organen  oder  Säften  des  Körpers  qualitative  Veränderungen  hervorbrai^en;  — 
oder  aber  dadurch,  dass  in  der  Sftftemasse  bereits  gelöste  Stoffe  ihren  Konzen- 
brationsgrad  ändern.  Dies  geschieht  dadurch,  dass  entweder  die  Abgabe  dieser 
Stoffe  nach  aussen  bei  gleich  bleibender  Froductton  eine  quantitative  Veränderung 
erfährt  oder  bei  gleich  bleibender  Abgabe  die  Productionsgrösse  geändert  wird. 
Bezüglich  des  Antagonismtn  von  T.ust  und  Unlust  gilt  hier:  a)  bei  der  qualitativen 
Veränderung  der  Säftemasse,  d.  h.  dem  Kindringen  neuer  Stoffe  gilt:  das  Ein- 
dringen verdünnter  Stofte  oder  geringer  Mengen  von  concentrirten  ruft  Lust  her- 
vor, das  Eindriivgen  von  concentrirten  in  grosserer  Menge  erzeugt  Unlui»t.  b)  be- 
züglich der  quantitativen  Verdauungen  d.  Ii.  Veränderungen  in  der  Concentration 
von  berdts  in  der  Säftemasse  vorhandenen  Steden  gilt:  Zunahme  der  Concen- 
tration ruft  Unlust  hervor,  z.  B.  Unterdrückung  der  Ausdünstung  durch  zu  dichte 
Bekleidung  oder  längeren  Aufenthalt  in  geschlossenen  Räumen,  ebenso  bekamit 
taad  die  Unlustzustände,  wenn  die  Verdauung  ihren  Höhepunkt  erreicht^  wegen 
vermehrter  Production  der  Verdauungsdüfte  fip/erws  venttr  nm  studet  Hbenier*). 
Kin  anderes  Beispiel  ist  das  Ualustgefühl  der  Ermüdung  in  Folge  erhöhter  Concen- 
tration der  Muskel/ersct/ungsstofTe.  Lust  wird  umgekehrt  erzeugt  durch  Ab- 
nahme der  Concentration,  also  7..  B.  durch  alle  Momente,  welche  die  Hautaus- 
dUnstimg  steigern  oder,  wie  die  Stuhlentleerung,  Stoffe  aus  dem  Körper  entfernen, 
welche  Duftquellen  sind.  —  a.  Die  eigentliche  Gemeingefühlsursacbe 
d.  h.  die  Ursache,  welche  bewirkt,  dass  auch  dann,  wenn  das  auslösende  Moment 
wie  z.  B.  bei  den  Sinnesreizen  und  dem  geistigoi  Anstoss  nur  einen  isolirten 
Theil  des  Körpers  trifi^  eine  Alteratton  der  Functionen  des  Gesammtkörpers 
hervorgerufen  wird.  Diese  findet  G.  Jabgbr  darin,  dass  auch  bei  den  Keizein- 
wirkungen  (bei  Sinnesreizen,  wie  bei  geistigem  Anstoss)  in  den  auffangenden 
Theilen  stoffliche  Zersetzungen  stattfinden,  wobei  theils  neue  lösliche  Substanzen 
entstehen,  theils  bereits  vorhandene  in  ihrer  Concentration  geändert  werden, 
und  dass  diese  Substanzen  nicht  auf  ihren  Entstehungshecrd  beschränkt  bleiben, 
sondern  auf  dem  V\  ege  der  Circulation  unb  Diflusion  zu  allen  Organen  und  Ge- 
weben des  Körpers  gelangen  und  deren  Erregbarkeitsverbältnisse  verändon.  Da* 
mit  bat  G.  Jabges  die  GemeingefUhle,  soweit  sie  somatisch  sind,  auf  eine  ein> 
hei t liehe  Ursache  zurückgeführt,  während  man  bisher  drei  wesentlich  ver- 
schieden annehmen  zu  müssen  glaubte,  nämlich  Sinnesreiz,  geistigen  Anstoss  und 
eingeführte  Stoffe.  Ferner,  während  es  früher  unverständlich  war,  warum  ein 
Lust-  oder  Unlustgefiihl,  das  durch  Sinnesreiz  oder  geistigen  Anstoss  her\c)rge- 
rufen  wird,  nicht  wie  eine  Sinnesemi)hndung  in  dem  Augenblick  verschwindet, 
io  welchem  der  Reiz  authort,  sondern  geraume  Zeit  danach  fortbesteht,  tindet 

Zool.,  Anthropol.  u.  Edwologie.   Bd.  V. 


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194 


LustpBTasiten  —  Lutraria. 


dic^e  Erscheinung  durch  G.  Jafcfr  ihre  volle  Erklärung.  Den  Beweis  für  seine 
Lelire  hat  G.  jAFf'^P  df.rch  tlen  Naclnveis  gebracht,  dass  gerade  so  wie  durch 
Speise  und  l'iank  Qualiiat  und  Quantität  der  riechbaren  und  iiclubaren  Aus- 
scheidungen des  Körpers  geändert  wird,  auch  bei  den  Lust-  und  Unlustzustanden, 
welche  durch  Sinnesreiz  und  geistigen  Anstoss  ausgelöst  werden,  qualitative  und 
quantitative  Veränderungen  in  den  riechbaren  und  sichtbaren  Ausschddungen 
auftreten,  worauf  er  seine  Lehre  von  der  Rtechbarkeit  der  Affekte  gründet  Den 
Beweis  dafür,  dass  diese  Zersetzungsprodukte  nicht  bloss  Begleiterscheinungen 
des  Affekts,  sondern  die  wirkliche  Ursache  des  Gemeingefühls  d.  h.  des  Ergriffen- 
sein^  des  Gesammtköqicr«;  sind,  hat  er  auf  experinientelleni  Wege  in  folgender 
Weise  erbraclit:  Inlialirt  man  die  bei  solchen  Aftektcn  auilauchenden,  flüchtigen 
Zcrsetzungsprddukte,  so  zeigen  sich  dieselben  objektiven  und  subjektiven  Ver- 
änderungen der  Lebensfunctionen,  wie  sie  der  natürliche  Aflfekt  aufweist.  Da- 
mit ist  auch  der  zeitliche  Verlauf  der  Lust-  und  Unlustzustände  erklärt,  näm- 
lich dass  sie,  mag  das  auslösende  Moment  zeitlich  gewirkt  haben,  wie  es  will, 
eine  gewisse  Zeit  dauern  unter  allmählicher  Abnahme  der  Symptome,  was  man 
das  »Abklingen'^  oder  drastischer  und  richtiger  das  »Verrauchenc  derselben 
nennt  und  dass  dieses  Abklingen  um  so  rascher  erfolgt,  je  günstiger  die  stoff- 
lichen Absonderungsverhäl tni5,se  sich  gestalten;  also  z.  B.  Unlu«;t  verraucht 
in  freier  T.uft  viel  rascher  als  in  geschlossenen  Räumen  und  bei  Leuten,  die 
rasch  scliwil/cn  leichter,  als  Ijci  solchen,  ilie  schwer  schwitzen  etc.  (s.  auch  die 
Artikel  »Aüekt«,  »GcnieingeruhU,  »Konzcntraiionsgesetz«).  J. 

LfiMtpanmiten,  s.  Parasidsmus.  J. 

Luststoffe,  s.  Art.  >Affectc  und  »Lust«.  J. 

Lutein  nennt  man  den  nach  Thcdichum  mit  dem  Haematoidin  (s.  d.)  iden- 
tischen gelben  Farbstoff  des  Eidotters,  der  gelben  Fette,  der  gelben  Blüthen  eto., 
von  dem  Hüppk-Sevli.r  auch  vermuthet,  dass  er  die  gelbe  Farbe  des  Serums 
von  Pferde-  und  Kindsl)Uit  Im  diTige.  L.  erzeugt  einen  Absorptionsstreifen  im 
Blau  des  Sonnen^^pektrums.  S. 

Lutitscher,  Zweig  der  russischen  Slaven.     v.  H. 

Lutizer,  s.  Weleten.     v.  H. 

Lutomirizer,  tschechische  Slaven  im  heutigen  Leitmeritzer  Kreise,     v.  H. 

Lutraria  (von  dem  lat  iuium,  Schlamm,  besser  Lukiriajt  Ijuiarck  i8oi, 
Meermuschel,  zwischen  Mya  und  Mactra  in  der  Mitte  und  bald  dieser,  bald  jener 
im  System  nahe  gestellt:  die  beiden  Schalen  unter  sich  gleich,  in  der  Regel 
nur  wenig  klaffend,  mit  innerem  Ligament,  das  am  Schloss  beiderseits  eine 
Ligamentgrubc  bildet,  insofern  gewissermaassen  eine  Mactra  rihne  Seiionzähne; 
alu^r  die  l>eiderscitigen  Ligamentgruben  springen  doch  etwas  löffeiartig  über 
den  Schlossrand  nach  innen  vor,  die  Schale  ist  aussen  glan/.los,  meist  ziemlich 
flach,  die  Mantelränder  sind  am  Bauchrand  grösstentheils  mit  einander  ver- 
wachsen, die  beiden  Athemröhren  sind  sehr  stark  und  lang,  bis  zum  Ende  mit 
einander  verwachsen  und  grossentheils  mit  einer  filzartigen  Foitsetzung  der 
Schalenhaut  bedeckt,  wie  bei  Mya.  Sie  leben  eingebohrt  in  weichem  Schlamm- 
gnind,  in  der  Strandregion,  meist  in  solchem  Morast,  dass  auch  ein  eifriger 
Conchyliologe  sich  nicht  leicht  hineinwagt  (Forbes  und  Hanlev),  daher  mit 
Recht  Schlamm-Muschel  zu  nennen.  Zwei  Arten  in  den  europäischen  Meeren, 
gross,  hrann^xclb,  nicht  sehr  häufic::  L.  elUptica,  Lamarck  (Mactra  lutraria 
bei  LiNN^i),  von  länglichovalem  Umriss,  12  Centim.  lang,  6  hoch,  Wirbel  m 
\  der  Länge  und  L.  oblotiga,  Chemnitz  (soUnoidcSt  Lamarck),  mehr  langgezogen. 


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Lutremys  —  Lu'tseo. 


«95 


mit  concavem  hinterem  Rttckenrand,  lo^  Ceotim.  lang»  4^  hochj  Wirbel  in  ^—4 
der  Länge,  beide  in  Nordsee  und  Mittelmeer,  die  erstere  weiter  nach  Norden 

reichend  und  im  Miltelmeer  mehr  verbreitet,  die  letztere  mehr  auf  den  Westen, 
slldhches  England  und  Irland,  Portugal,  Spanien  und  Algerien,  beschränkt. 
An  der  Küste  von  \frtrokko  und  von  da  noch  auf  die  nächsten  europäischen 
Küsten  innerhalb  und  ausserhalb  der  Meerenge  von  Gibraltar  I  crüherrcichend, 
eine  dritte  Art,  L.  rueosa,  Chemnitz,  mit  ausgesprochener  Radialslreilung.  In 
Japan  und  Nordwest-Amerika  eine  noch  grössere  Z.  NuitalU,  Conrad  (maxima, 
Middendorff),  13  Centim.  lang,  9  Centim.  hoch,  zuweilen  noch  inerkKch  grösser, 
mehr  gewölbt  hinten  stark  klaffend,  mit  schmutzig  dunkelbrauner  Schalenhaut, 
in  der  Bas  von  Yeddo  häufig  auf  den  Markt  gebracht  Fossil  nur  tertiär.  E.  v.  M. 
Lutremys,  Gray.   Sjmonym  zu  Fmys,  Wcn.  Pf, 

Lutreola,  Wagner  (llson,  Gray),  »Sumpfottem«  (s.  d.),  Untergattung  von 
J^torws,  Cuv.  (Füftoriiis,  Keys,  et  Blas.).  Hierher  gthöxi  m,  ii»  Fuiarius  iutreola, 
Keys,  et  Blas.,  der  Nor/.     v.  Ms, 

Lutrictis,  Pom^f,  fSti-p/iatioäv/i,  H.  v.  M.  —  Ppfamof/ifrium,  (iKu  i  K.),  niio- 
cene  Raubtliiergattung,  ivächst  verwandt  mit  Lulra,  L.  —  Hierlier  L.  Vait/oni, 
FiUiOL  (miocen  von  Saint  Gtfrand  le  l'uy,  Aixier),  unterscheidet  sich  von  ZtriSrn 
nur  durch  das  Vorhandensein  eines  winzigen  zweiten  Molars  ^Örnes).    v.  Ms. 

Lutrina,  Wagn.,  Gray.  Die  »Ottern«  bilden  eine  Unterfamilie  der  marder- 
artigen  Raubthiere  (MusUlida^  Wagn.  u,  A.)  und  umfassen  durchaus  aquatischc, 
im  äusseren  Habitus  mardirartige  Formen,  mit  Schwimmliaut  zwischen  den  Zehen 
und  plattem,  spitz  auslaufendem  Schwänze.  Die  Zahl  der  Backzähne  l)0tr:i;4t  i 
bis  \  jcdcrsfits,  der  Ict/te  obere  ist  ipiadratisch  und  sehr  gross,  —  Hierher  die 
reccntcn  (intiungcn  Lutra,  Sniunfmit  ir.elircren  Untergattungen),  J'krura,  WieüM. 
(Pteronura,  Gkav)  und  Unhydra,  F.  Ctv.  (Enhydris,  Flemm.).     v.  Ms. 

Lutsdbaner,  Zweig  der  tschechischen  Slaven,  bildete  einst  dn  Fflrstenthum 
im  EUenbogner  Kreis,  das  in  flinf  Gaue  zerfiel,     v.  H. 

Lu-tseu.  Schanvolk  auf  einem  etwa  So  Kitom.  langen  Streifen  Tandes,  der 
sich  zwischen  dem  I.an-tsan-kiang  und  dem  Nu-kiang  von  Wha-fu-pin  im  Norden 
bis  nach  Weisi-fu  im  Süden  erstreckt.  Die  L.  sind  wild  und  sehr  barbarisch, 
mit  AuNuahnic  der  ?un*)  ChtistcnthTim  Rekehrten  von  Tz-ni,  weh  lic  die  ;,^ewöhn- 
lirhc  ( hinebi.schc  'l'racht  angenoninien  liaben  und  ihrem  Dciute  als  iViedhclic  und 
llci.ssigc  Ackerl)a\ier  obliegen.  Die  Mehrzahl  der  L.  sind  jedoch  noch  NonKuien 
und  völlig  uncivilisirt.  Sic  bauen  keine  Häuser,  säen  keine  Früchte,  sondern 
leben  von  der  Jagd  mit  läubeiischen  Einfällen  bei  ihren  Nsjchbani,  deren 
Schrecken  sie  sind.  Sie  führen  Armbrust  und  mit  dner  Akonitpflanze  verj^iitete 
Pfeile,  femer  Speere  und  45  Centim.  lange  Messer,  welche  vom  Griffe  an  breiter 
werden  und  mit  einer  breiten,  stumpfen  Spitze  endigen«  Ihre  Religion  ist  ganz 
heidnisch;  sie  opfern  Geflügel,  um  die  bösen  Geister  zu  versöhnen.  Sie  sehen 
dunkler  aus  als  ihre  Nachbarn,  sind  auch  sehr  schmutTiipr.  tätowiren  Gesicht  und 
Leib  mit  blauer  Fnrh)C  und  tragen  das  Haar  in'  langen,  verwirrten  Locken.  Ihre 
Kleidung  besteht  aus  einem  Ciurtcl  von  l>aunnvoIlzeug  oder  Fellen;  nur  einige 
ihrer  Führer  tragen  eine  Art  Mantel  aus  Leoparden-,  Ziegen-  oder  Fuchsfellen. 
Die  L.  schulden  den  Chinesen  weder  Unterwürfigkeit  noch  Tribut  und  jene  unter« 
halten  freundliche  Beziehungen  zu  dem  etwa  1 200  kampflähige  Männer  zählen« 
den  Stamme.  Die  L.,  welche  weder  lesen  noch  schreiben  können,  haben  mit 
ihnen  eine  Zeichensprache  verabredet,  wodurch  wichtige  Nachrichten  zwischen 
beiden  hin  und  her  getragen  werden.   Sie  setzen  selten  auf  die  östliche  Seite 

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196 


LutteffUmpfcbeik  —  LyeocoMx. 


des  T  an  tsan  Klanr;  über,  ausser  um  andere  Stämme  und  die  Muhammedaner  in 

V'ünnan  /.u  bekriegen.      v,  H. 

Lutterrümpichen  nennt  man  junge  Schmerlen  (s.  d.).  Ks. 
Lutuami,  s.  Klauiath.     v.  H. 

Luuk-Tuung-Jejäu.  Stamm  der  Miao-tse  (s.  d.).  Bd  den  L.  ist  es  üblich, 
dass  die  Braut  sich  in  Begleitung  ihrer  Brautjungfern  und  eines  Schinnträgers 
ins  Vaterhaus  des  Bräutigams  begiebt,  um  daselbst  vermählt  au  werden.  Drei 
Tage  nach  der  Hochzeit  kehrt  sie  mit  ihrem  Gatten  ins  Haus  ihrer  eigenen 
Eltern  zurück,  wo  beide  die  Geburt  des  ersten  Kindes  abwarten.  Sodann  ziehen 
sie  sammt  diesem  wieder  zu  den  Eltern  des  Mannes,  wo  sie  endgültig  ver- 
bleiben.    V,  H. 

Luzemer  Laufhunde,  mittelj;rosse,  fein  und  zierlich  gebaute  Jagdhunde, 
die  hauptsächlich  im  Canton  Luzem,  sodann  aber  auch  in  der  Ost-Schweiz,  Aar- 
gau, Zürich  u.  s.  w.  gehalten  werden.  Im  Gegensatze  zu  den  Aargauer  Lauf- 
hunden geben  dieselben  keine  Heulerlaute  von  sich  (s.  Hurleurbradcen).  Kopf 
lang  und  fein;  Oberkopf  hoch,  stark  gewölbt^  breit,  nüt  sichtbarem  Hinterhaupts- 
bein;  Schnauze  lang  und  schmal;  keine  Hängelefzen;  Behang  weit  hinten  und 
tief  angesetzt^  lang,  gefaltet  und  gedreht  herabhängend;  Augen  lebhaft,  gross, 
dunkelbraun,  freundlich  blickend;  Rücken  gerade,  nicht  sehr  breit;  Ruthe  mittel- 
lang, aufc:ebos:en,  ohne  Rfirste;  Läute  lang,  fein,  gerade,  mit  gut  entwickelten 
Muskeln  und  hcr\'orlretenden  Sehnen;  Haar  glatt,  fest  anliegend,  kurz,  fein  und 
glänzend;  1  arbe  dicht  grauweiss  oder  schwarzweiss  gesprenkelt,  mit  grösse- 
ren dunklen  und  schwarzen  Platten  oder  Flecken  am  Kopf,  Leib  und  den 
Beinen.  R. 

Luzemer  Sdiwein,  ein  langgestreckter  weisser,  schwarz  gefleckter  Schlag 
mit  kurzen,  aulrecht  stehenden  Ohren,  der  durch  Kreuzung  des  romanischen  mit 
dem  grossohrigen  Schwein  entstanden  zu  sein  scheint.  R. 

Lycaena,  Fab.  (gr.  Wölfin),  s.  Polyommatus.     E.  To. 

Lycalopex,  Bt  rm.,  I'ntergattung  von  Canis,  L.  (s.  d.).     v.  Ms. 

Lycaon,  H.  Smith,  Hyänenhund.    Untergattunc;  von  Canis,  L.  (s.  d.).     v.  Ms. 

Lycastis,  Aud,  und  Edw.  ((iriechischer  Eigenname),  (iattung  der  liorstcn- 
Würmer,  Ordn.  ^otobranchiata,  Farn.  Ncnidac,  Kopf  mit  zwei  Fühlern,  Kussel 
mit  zwei  Kiefern.  Erstes  Segment  ruderlos  mit  vier  Fühlercirren  Jederseits,  Ruder 
einästig.  Wd. 

Lychnorlundae  (besser  «inae),  H.  (gr.  fyeAm»  I^uchter).  Unteifamilie  der 
Pilemiden  (Discomedusen),  ausgezeichnet  durch  den  Mangel  der  Schulterkrausen 

und  die  nicht  unter  einander  verwachsenen  Arme.  Gattung  Tffxacfy^,  Ac, 
Ly(h>iorhi~o,  IT.,  PhyUirrhiza,  Ac.  Pr. 

Lychnus  (gr.  Lampe,  vergl.  Lampenschneckc),  M.\th£ron  1832,  fossile  Land- 
.schncckeiiKaitung  aus  der  Familie  d^i  HeliciJetty  sehr  flach  gewunden,  o!>cre  Um- 
gänge eine  schief  vorstehende  Spitze  bildend.  Eine  der  älte.sien  grosseren  Land- 
schnecken, an  jetzt  lebende  australische  und  südamerikanische  Formen  erinnemd> 
charakteristisch  fUr  die  vorletzte  Abtfieilung  der  Stlsswasserbildung  der  oberen 
Kreide  in  Süd-Frankreich  und  Spanien,  9  Arten,  25  bis  48  Millim.  im  Durch- 
messer. Sandbercer,  Land-  und  Süsswasser  •>  ConchyL  d.  Vorzeit,  pag.  xo6, 
Taf.  5,  Fig.  10,  II.     E.  V.  M. 

Lyciacus,  H.  Sil.,  nordamerikanische  Schakale.  Untergattung  von  Omwf, 
L.  (s.  d.).     V.  Ms. 

Lycocorax,  Bp.,  s.  Gymnorhinae.  Rchw. 


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Ljoodes  —  LygaeuB. 


»97 


Lycodes,  Reinh.,  Fischgattnng  der  Anacanthini  (s.  d.).  Typus  der  kleinen 
Familie  Lycodidae'.  ähnlich  den  Schlanj;:;enrisrhcn  (Oplt'tdtidae),  aber  mit  engen 
KienicnspaUen.  GaJtimp  Lycoiirs  mit  kleinen,  kehlständigen  Kauriitlosscu.  Die 
unpaaren  Flossen  bilden  einen  zusammenhängenden  Flossensaum.  Kleine  Küsten- 
fische»  fiamenüich  der  kälteren  Meore.  X.  VMi,  40—50  Centim.,  bei  Grön- 
land. Klz. 

Irycodoti,  BoiE,  Stammgattnng  der  Schlangenfamtlie  LjecdonHdae*  Körper 
etwas  verlängert,  Schwanz  massig,  Kopf  deprcss  mit  runder  Schnauze.  Kopf> 
schÜder  regelmlssigf  Nasloch  zwischen  2  Nasalia,  i  PVenale,  i — 2  Prae-»  2  Post- 
ocularia.  Schuppen  in  17  Reihen,  die  der  Rtickenlinie  wenig  grösser.  Anale 
einfach,  Subcaudalia  zweireihig.    Ostindisch.  Pf. 

Lycodontidae,  Familie  der  Ophidia  Colubrifortnia.  Leib  mässig,  Schwanz 
von  mittlerer  I-änge.  Kopf  länglich,  platt,  gewöhnlich  mit  breiter  Schnauze. 
Pupille  aufrecht  elKptiacb.  ParietaHa  gross.  Nie  mehr  als  3  Prae-  und  2  Posto> 
cttlaria.  Vorderster  Zahn  beider  Kiefer  der  längere,  kein  Zahn  gefurcht  Afrika- 
nisdk  und  asiatisch.  Pr. 

Lycognathus,  Dum.  ^R.,  Synonym  zu  Dipsas,  Boie.  Pp. 

Lycophidion,  Fitzinger.    Südafrikanische  Lycodontiden-Gattung.  Ffr. 

Lycoridae,  S.w.,  =  Ncreidae,  Aud.  und  Edw.       d  ).  Wd. 

Lycoris,  Sal.  (lat.  Eigenname),  =  Nereis,  s.  str.  (s.  d.).  Wd. 

Lycosa.  T>atr.  (gr.  Woh"),  s.  Jagdspinnen.     E.  Tg. 

Lyctus,  Fab.,  Splintkäfer,  schlanke,  niedergedrückte  Kd^ietch^n  (Anoötidae) 
aus  der  V^wandtschaft  von  Anaiwm  (s.  d.),  bd  denen  das  erste  d^  5  Baudi> 
glieder  länger  als  das  folgende,  das  letzte  der  4  Fussglieder  länger  als  alle 
vorhergehenden  und  das  Endglied  der  Taster  sugespltat  ist.  Ihre  Larven  leben 
bohrend  im  Holze  (»Holawflrmer«),  daher  mit  anderen  von  Latreille  zu  der 
Gruppe  der  Xyhphaga  vereinigt.  Z.  uH^nOtthts,  Hbst.,  ist  die  verbreitetste 
Art.     E.  Tg. 

L»yda,  Fab.,  G espinnstblatt wespe,  als  besondere  Zunft /^^//Va«-,  von  den 
Teilt hredinidae  (s.  Blatlwespen)  unter'irhieden,  weil  ihr  Körner,  den  Kopf  einge- 
schlossen, aurtällig  niedergedrückt  und  beweglich,  die  vieigliedrigen  Fühler 
boTstenförmig  sind  und  die  Larven  nur  sechs  Brustfttsse  und  hinten  s  stabartige, 
den  langen  Fühlern  ähnliche  Anhängsel  besitzen;  sie  leben  niemals  frei,  sondern 
entweder  meist  gesellig  in  dnem  Gespinnste  oder  einzeln  in  einer  angefertigten 
Blätterröhre.  Viele  Arten  ernähren  sich  von  Kicfernadeln,  wie  die  geselligen 
Z.  sttUaia,  Christ.,  L.  erythrocephata ,  L.,  die  einzeln  in  einem  »Kothsackec 
lebende,  Z.  campestris,  \..,  an  'nirnbäumen  und  Weissdorn:  Z.  pyri,  Scürnk,, 
=  clypeata,  Kl.,  an  Steinobstsorten:  Z.  tuuwralis,  L.,  an  Kosen:  L.  inanita, 
DE  ViLL.    E.  Tg. 

Lydier,  Bewohner  der  kleinasiatischen  Landschaft  Lydien,  waren  höchst 
wahrscheinlich  thrakischen  Stammes,  also  Stammverwandte  der  Mysier  und 
Rarier;  doch  fällt  ihre  Einwanderung  in  die  vorgeschichtliche  Zeil^  weshalb  sie 
von  den  Alten  fttr  Urdnwohner  des  Landes  gehalten  wurden.  Seit  der  Ver« 
nichtung  des  lydischen  Reiches  durch  die  Perser,  verlor  das  Volk  immer  mehr 
seine  Nationalität^  sodass  zu  Strabos  Zeiten  selbst  sdne  Sprache  schon  gändich 
verschwunden  war.     v.  H. 

Lygaeus,  Fab.  (gr.  dunkel),  Langwanze,  (iattung  von  Landwanzen,  die 
mit  einigen  anderen  die  Sippe  der  Lygaeodcs  bildet  und  dadurch  ausgezeichnet 
ist,  dass  die  Filhler  an  der  Unterseite  des  dreieckigen  Kopfes  eingelenkt.  Neben- 


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19$ 


Lygicr  —  Ljrmpbe. 


äugen  voihanden  sind,  das  Scbildchen  klein,  die  dunkle  Membran  an  der  Spitze 
der  Flügeldecken  von  Adern  durchzogen  und  die  beiden  innersten  durch  eine 

Qiicrader  verbunden  sind.  Man  kennt  etwa  50  Arten,  darunter  10  Europäer, 
die  mit  Vorliebe  an  der  Krde  leben,  L.  cqucstris^  L.,  unsere  schönste  heimische 
Art  in  anpretr^ngencn  Eichstämmen,  an  Mauern,  auch  auf  Pflanzen  dem  Honige 
nacbgehencl.      K.  To, 

Lygier  oder  1  Algier,  waren  ein  gro^^cr  und  weit  verbreiteter  Volksstamm 
/.wischen  Uder  und  Weichsel,  der  im  Norden  die  Biut^undionen,  im  Osten  die 
Gotbonen,  im  Süden  die  Bastamer  und  Osen,  im  Westen  aber  die  Marsinger, 
Seiinger  und  Semnonen  zu  Nachbarn  hatte  und  in  mehrere  einzelne  Völker- 
schaften zerfiel.  Die  L.  verbreiteten  sich  also  über  das  östliche  Schlesien  und 
über  den  Theil  von  Gross-  und  Klein-Polen,  den  die  ^^^eich$el  von  ihren  Quellen 
an  in  einem  grossen  Bogen  bis  zu  ihrer  nordöstlichen  Wendung  bei  Bromberg 
umgrenzt.  Die  Nationalität  der  I..  steht  nicht  fest,  Hie  (leschiclite  findet  in 
der  angegebenen  Gegend  ein  Chemisch  von  (Germanen,  Kellen  und  Volkern 
shnisrhcn  Stammes.  Nach  Si  iiakakik  erhielten  letztere  sich  auch  unter  der 
gcrnianisclien  und  keltischen  Hertschalt  und  übertrugen  bei  ihrer  Auswanderung 
nach  der  Lausitr  auf  die  neue  Heimath  den  verkleinerten  Namen  ihres  Urlandes 
Luhy.    v.  H. 

Lygodactylui*  Gray  (Stalabotest  Peters),  (gr.  fyg^s  Gerte).  Geckotiden- 
Gattung.  Finger  sciilank,  frei,  am  Ende  rait  scheibenförmiger  Erweiterung,  unten 
mit  3  Reihen  I^amcllen.    Daumen  rudimentär,  mit  kleiner  retraktiler  Klaue,  die 

tibrigen  Fin^rer  mit  zurtlck2;c!)oc;enem  Endglied,  deren  Klaue  zwischen  das 
I.  Lamellenpaar  /ur!ickge/.o:;en  werden  kann.  Leib  oben  mit  Körnchen- 
schuppen, unten  mit  ziegeligen.    S  Arten  von  Afrika  und  Madagaskar.  Pr. 

Lygosaurus,  Hau.owei.i.  1860.   Japanische  Scincoiden-Gattung.  Pk. 

Lygosoma,  Dum.  Bibr.  (Gray  emend.)*  (gr.  lygos  Gerte),  neuhollftndische 
Scincoiden-Gattung.  Pp. 

Lykier»  Bewohner  der  kleinasiatischen  Landschaft  L]rkien,  gesittet  friedlich, 
früh  gebildet;  ihre  Gebräuche  erinnerten  zum  Theil  an  ihre  kretische  Ab- 
stammung, zum  Theil  waren  sie  karisch;  eigenthümlich  war  ihnen,  sich  nicht 
nach  dem  Vater,  sondern  nach  der  Mutter  zu  nennen  und  auch  die  mütterlichen 
Stammbaume  auf/.ustcllen.  Die  L.  haben  /ahlreiche  Kunstdenkmäler  hinterlassen 
und  ihre  indogermanische  Sprache  uns  in  einer  erheblichen  Anzahl  von  In- 
schrilien  und  Münzlegenden  überliefert.     v.  H. 

Lymnaea,  Lymmeacea,  s.  Limnaea,  Limnaeacea.     £.  v.  M. 

Lymphbewegung,  s.  Kreislauf  der  Säfte.  J. 

Lymphc^ülaren,  -drüsen,  -gefässklappen,  »hersen,  -körperchen,  s. 
Lymphgefilwsystem.  D. 

Lymphe  und  Chylus.    Das  die  Blutcapillaren  durchströmende  Blut  giebt 

vermittelst  der  Filtration  tmd  Osmose,  wie  auch  der  Emigration  der  zu  aktiven 
Bewegungen  befalligten  Lymphzellen  fort  und  fort  einen  Theil  seiner  körper- 
lichen und  fltissigen  I'estandtheile  an  die  Gewebe  und  Organe  des  Thierkörpers 
ab,  welche  deren  Ernährung,  Bildung  und  Wiedercraatz  dienen.  Diese  aus  den 
Capillaren  transsudirte  Flüssigkeit  durchströmt  unter  der  treibenden  Wirkung 
des  Blutdruckes  resp.  des  nachrückenden  Fiitrates  die  Saftbahnen  (Lymphspalten) 
der  Gewebe,  dabei  deren  Bausteine  imbibirend  und  durchspOlend.  Als  Paren- 
chym-  oder  Gewebeflffattigkeit  giebt  sie  so  die  in  ihr  gelöst  oder  suspendirt  ent- 
haltenen NahrungsstofTe  an  die  Zellen  und  deren  Abkömmlinge  ab,  wie  sie  auch 


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Lymphe. 


199 


andererseits  die  deren  Stoffwechsel  entstammenden  Produkte  der  regressiven 
Metamorphose,  die  sogen,  tiewebesclilatken  nüL  hinwegspült.  Diese  aus  dem 
Ucberschuss  des  den  Geweben  gebotenen  Ernährungs-  i.oU  Bildungsmateriales  so- 
wie den  von  den  Geweben  als  nicht  weiter  fllr  sie  verwerthbar  abgegebenen 
Stoffen  sich  siisammensetzende  Flüssigkeit  heissen  wir  die  Lymphe.  Dieselbe  ent- 
hält  dem  Darme  entstammend  nach  der  Fettverdauung  noch  ausserdem  eine 
grosse  Menge  von  Fetttröpfchen,  welche  in  Form  einer  Emulsion  in  ihr  suspen- 
dirt  sind;  sie  nimmt  dadurch  eine  milchweisse  Farbe  an  und  ist  dcsshalb  dann 
Milchsaft,  Cli\  his,  genannt  worden.  Lymphe  und  Chylus,  welche  zunächst  ihren 
\Veg  durch  die  Gewebsspalten  und  Lücken  in  scheinbar  nnp:efnrmten  Salinen 
nehmen,  sich  dann  in  räumlich  differenzittcn  Ruhron  (Lymphgcfassen)  sammeln, 
durchströmen  auf  ihrem  weiteren  Wege  die  Lymphdrüsen,  die  Bildungsstätten 
der  Leukozyten,  um  sich  dann  an  Zellen  bereichert,  dem  Blute  beizumischen, 
sie  l&hren  demselben  auf  diese  Weise  verbrauchtes  und  Ersatzmaterial  zu,  um 
durch  letzteres  dessen  Ausgaben  zu  decken,  um  ersteres  dagegen  durch  dessen 
Vermittelung  der  Ausscheidung  aus  dem  Körper  zu  überliefern.  Es  ist  Sache 
der  Besprechung  des  Lymphgefasssystemes,  dessen  Hinrichtung  im  speciellen 
und  in  seinen  Verschiedenheiten  darzustellen.  Der  folgende  Abschnitt  kann 
sich  nur  über  die  chemisclie  Zusammensetzung  der  I.ymplic  und  deren  [ihysio- 
logische  Beziehungen  verbreiten.  Die  Lymphe  ist  eine  klare,  gelbliche  Flüssig- 
keit von  alkalischer  Reaction  und  schsvach  salzigem  Geschmacke;  nach  ihrem 
Austritt  aus  den  Lymphgefässen  oder  Kurperparencbym  von  tropfbar  flüssiger 
Beschaffenheit,  wird  sie  beim  Stehen  bald  gallertig  coagulirt  und  bildet  einen 
weichen  Lymphkuchen,  welcher  wie  der  Flasmakuchen  des  Blutes  sich  nach« 
folgend  2tt8ammenzieht  und  eine  helle,  klare,  wässrige  Flüssigkeit,  das  Serum, 
auspresst.  Mikroskopisch  untersucht,  zeigt  sich  die  Lymphe  zusammengesetzt 
aus  dem  I^ymphplasma  und  körperlichen  Beimischungen,  den  T.ym iihzell en 
(Leukozyten,  Wanderzellen,  Amübuidzellen)  und  Elementarkörnclien.  Die  mor- 
phologischen Eigenschaften  und  chemische  Zusammensetzung  der  Lymphzellen 
s.  u.  Blut  (Bd.  I,  pag.  436  und  438).  Das  Lymphplasma  stellt  eine  wässrige 
Lösung  zahlreicher  organischer  und  anorganischer  Substanzen,  unter  deren 
ersteren  die  Fibringeneratoren  Senimalbumin  und  Alkalialbuminate  (zusammen 
zu  etwa  I — 3,5^),  Harnstoff  und  Leucin  (zu  0,02—0,15^),  unter  deren  letzteren 
die  Natriumsalze  erwähnenswert h  sind.  Zahlreiche  Forscher  haben  sich  mit  der 
quantitativen  Zusammensetzung  der  L.  beschäftigt,  so  fanden  C.  Schmh^t  Air  die- 
jenige des  Pferdes  unter  den  4.5^  festen  Bestandtheilen,  3,7 §  organische  und 
0,8  f;  anorganische  Kestandtheile,  Hensen  und  Danhakdt  für  die  des  Menschen 
98,6 Wasser  und  unter  den  1,4^  festen  Bestandtheilen  nur  0,345}  Li weisskörper, 
0,15^  HarnstofT  und  0,88  Salze.  Man  ersieht  aus  diesen  Analysen,  dass  der 
Eiweissgebalt  des  dem  Blute  entströmenden  Parenchymsaites  nicht  vollkommen 
in  den  Geweben  aufgebraucht  wird,  dass  dem  Blute  dagegen  von  der  Lymphe 
eine  nicht  unbeträchtliche  Quantität  Harnstoff  zugeführt  wird,  ein  Umstand,  der 
für  die  Beurlheilung  der  Gewebe  im  allgemeinen  als  Harnstoff bildner  nicht  be- 
deutungslos ist  (s.  u.  Harnstofi).  Von  den  mineralischen  Bestandtheilen  vcr- 
theilcn  sich  wie  im  Blute  das  Kalium  und  die  Phosphorsänre  auf  die  Zellen, 
das  Natrium  auf  das  Lymphsenim.  Auch  Gase  finden  sich  in  der  Lymphe  in 
reicher  Menge  vor,  sie  machen  Uber  40  Vol.- ^  aus,  davon  kommen  auf  CUj  ca. 
40^,  (23^  durch  Säuren  austreibbar,  17^  auspumpbar),  während  nur  1,2 J  N 
durch  das  Auspumpen  erhalten  wird;  O  ist  kaum  in  Spuren  darin  enthalten. 


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300 


Ljmpbe. 


Eine  qualitativ  fast  gleiche  Zusammensetzung  wie  die  Lymjjhe  zeigt  derChylus, 
der  Inhalt  der  Lymphgefässe  des  eigentKchen  Verdauungsschlauches.  Abweichend 
ist  in  ihnn  imnner  das  Vorhandensein  von  Fett  oder  dessen  Spaltungsprodukten 
(Seife);  der  Gehalt  an  solchen  muss  sich  selbstverstlUidlich  nach  dem  Nahrungs* 
fett  richten,  das  ja  auch  auf  das  Aussehen  des  Chylus  Einfluss  austtbt;  fettreiche 
N.ilirung  erzeugt  fettreichen,  milchähnlichen  Chylus  (Milchsaft),  fettarme  Nahrung 
liisst  ilcii  I''ettgchalt  des  Chylus  nirht  in  (!en  Vorderfjninfl  treten;  nach  C.  Si  innrn- 
betrug  /.  H.  der  Fett-  und  Seifengehalt  des  Chylus  im  Ductus  thoracuus  < n  l 
Pferdes  nur  0,08^,  nach  Li.hmann  der  eines  Menschen  0,9 J^.  Es  documentin 
das  \'ürhandensein  von  Fett  im  Ciiylus  gleichzeitig,  dass  hauptsächlich  die 
Lymphbahoen  den  Transport  des  im  Darmkanal  absorbirten  Fettes  ttberoehmen, 
geradeso  vde  das  Fehlen  verdauter  Eiweisskdrper  (Pe])tone)  beweist,  dass  deren 
Wegschaffung  aus  dem  Darme  nicht  der  Lymphe,  sondern  dem  Blute  zufiUlt 
(SCHMIDT-Mfllheim).  Der  Zuckergehalt  des  Chylus  ist  immer  ein  nur  geringer, 
die  Hauptmasse  der  Kohlehydrate  der  Nahrung  wird  deshalb  wohl  vom  Blute 
absorbirt.  -  Die  Menge  der  den  Körj)er  durchströmenden  T,yni]>he  und  des 
Chylus  kann  in  gleichen  Zeitabschnitten  aus  leichtverständlichen  Gründen  nicht 
immer  die  gleiche  sein,  —  sie  wechselt  vielmehr  in  Verhältnissen,  die  von 
mannigfachen  Umständen  beherrsclu  werden.  Die  Grösse  des  Gesammtblul- 
druckes  muss  in  erster  Linie  auf  die  Quantitftt  des  aus  dem  Blule  filtrirenden 
Materiales  Einfluss  üben,  daher  werden  alle  Momente,  die  denselben  steigern, 
wie  Aufnahme  grosser  FlMgkeitsmengen,  Erregung  des  Vasoconstrictoren^Cen- 
trums  etc.,  die  Lymphmenge  im  allgemeinen  ansteigen  lassen.  Die  Lymphmenge 
einzelner  Kdrpertheile  und  Organe  ist  wesentlich  auch  mit  von  deren  Thätigkeit 
abhängig,  insbesondere  lässt  Muskelthätigkeit  beträchtliche  I-ymphmengen  ans 
den  thätigen  Muskeln  hinwegströmen;  lokale  Blutdrucksteigerimg  hat  den  glciclicn 
mehrenden  I'.ftect,  wie  Erweiterung  der  blutzutührenden  Gef^sse  etc.  Die  Chylus- 
menge  wird  hauptsächlich  durch  die  Menge  der  verabreichten  Nahrung  bcein- 
flttsst;  mit  deren  Zunahme  steigt  nicht  nur  die  Thätigkeit  der  Verdauungsorgane, 
sondern  es  wird  den  Lymphabflussbahnen  auch  mehr  aufiiehmbares  Material 
dargeboten.  Eine  approximative  Schätzung  Hess  die  Lymphmenge  der  Blutmenge 
ungefälir  gleich  sein;  Eine  vereinselte  Untersuchung  CoLDi's  ergab  durch  Samm- 
lung der  dem  eröftneten  Ductus  thoracicus  einer  Kuh  entströmenden  Lymphe 
innerhalb  24  Stunden  ca.  50  Kilo,  also  etwa  das  Doppelte  der  Blutmenge 
für  jene  die  Quellen  des  Milchbrustgang  beherbergenden  drei  Viertheile  des 
ganzen  Köq)ers.  —  Die  Fortbewegung  der  T.ymi)he  und  Chylus  hat  wie  die 
des  Blutes  ihren  Grund  in  der  Druckdifferenz,  welche  zwischen  Anfang  und 
Ende  der  Lymphbahnen  besteht.  Die  Lymphgetae  wurzeln  bekanntlich  in  der 
Peripherie  des  Körpers,  d.  h.  im  Territorium,  woselbst  ihre  InhaltsflUssigkeit  unter 
dem  in  den  Blutcapillaren  herrschenden  grösseren  Blutdrücke  steht;  ihre  Aus- 
miindung  nehmen  sie  in  die  dem  Hersen  nahe  gelegenen  Enden  des  venösen 
Gefässsystemes,  also  an  Stellen,  wo  der  auf  sie  wirkende  Druck  auf  o,  ja  auf 
negative  Grössen  herabsinke  d  h.  als  ein  Saugdruck  wirkt.  Hydrodynamische 
(besetze  allein  verlangen  somit  ein  centripetales  Strömen  der  Lymphe  als  von  der 
Stelle  höheren  zu  der  geringeren  Druckes,  wie  bei  der  Bhitströmung  iti  den  Venen 
ist  dabei  die  Stromgeschwindigkeit  anfangs  eine  geringeie,  später  wegen  continuir- 
lich  fortschreitender  Verengerung  des  Gefilsskalibers  eine  grössere.  Als  die  Strömung 
besonders  fördernde  Momente  wirken  thdls  innerhalb,  theüs  ausserhalb  der 
Lympkgefitsse  gegebene  anatomische  Einrichtungen  und  physiologische  Vor- 


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Lymphgefässsjrstem. 


gftnge.  Mudculatur  in  den  Wandungen  der  Lymphgefässe  giebt  ihnen  Verkürzungs« 
und  Verengerungsfähigkeit;  die  an  ihrer  inneren  Oherfläclic  angebrachten  Klappen 
verhüten  bei  etwaigem  Nachlassen  des  i>erij)heren  Uruckes  oder  bei  einem  der 
Schwere  entgegengesetzt  erfolgenden  Strcnien  in  aufsteigender  Richtung  ein 
Zurücksinken  der  FlüssigkeiLssäule  in  bereits  einmal  passirte  Abschnitte  des  Gefääs- 
systems.  Das  fort  und  fort  nachrückende  Blutfiltrat,  welches  aus  den  BlutcapÜ- 
laren  in  die  Gewebe  übertritt^  wirkt  als  eine  vis  a  Urgo  und  giebt  immer  und 
immer  wieder  das  Moment  zur  Vermehrung  des  Lymphdmckes  in  der  Peripherie. 
Muskeln,  welche  in  der  Umgebung  der  Lymphgefässe  liegen,  schieben  die 
Lymphe  bei  ihrer  Contraction  centripetal  weiter,  weil  ein  Ausweichen  der  com- 
primirten  FKlssigkcit  in  ccntrifugaler  Richtung  wegen  der  Klappen  nicht  mög- 
lich ist  Ganz  besonders  förderlich  für  den  Abfluss  der  in  dem  Cavum  pkurae 
und  peritonaä  angesammelten  Lymphe  wirken  die  Athmungsbewegungen  des 
Zwerchfelles.  Jede  inspiratorische  Contraction  desselben  lässt  vermittelst  der 
daraus  entspringenden  Saugwirkung  seitens  der  sich  erweiternden  Lyropbgefilsse 
der  Brustwand  die  Brustlyrophe  und  vermöge  des  gleichzeitigen  Druckes  auf  die 
Bauchlymphe  diese  in  die  zugehdrigen  subperitonealen  Lymphbahnen  des  Zwerch- 
felles übertreten.  S. 

Lymphgef&BSsystem.  Mit  dem  Bhitsystem  steht  ein  anderes  Canalsystem 
der  Wirbelthierc  in  Verbindung,  nämlich  das  System  der  T,ymi)hgerassc.  P"s  dient 
dasselbe  dazu,  die  P'Uissigkeit,  Lymphe  genannt,  welclie  aus  den  Blutcapillaren 
den  Geweben  mitgetheilt  und  tlieilweise  von  diesen  mit  Zer.set/ung.sprodukten 
versehen  wieder  abgegeben  wird,  zum  Blutstrome  zurückzuführen.  Die  Lymph- 
gettsse  sind  demnach  den  Venen  an  die  Snle  zu  stellen.  Blutlosen  Geweben» 
wie  der  Oberhaut  den  Nägeln  und  dem  Knorpel  gehen  die  Gefiisse  ab.  Die 
Ausbildung  dieses  Systemes  be^imt  erst  mit  einer  gewissen  Stufe  der  Entwicklung 
des  Organismus.  Denn  erstlich  wird  es  beim  An^hioxus  vermisst  und  tritt  femer 
bei  der  embryonalen  Entwicklung  erst  nach  der  Bildung  der  Blutgef^e  auf. 
Das  Lymphgefasssystem  steht  mit  den  Venen  in  mannigfacher  Beziehung,  denn 
die  T-ymphstämme  begleiten  die  Venen,  sie  entleeren  sich  in  dieselben  vor  deren 
Eintritt  in  das  Her/  und  sie  gleichen  ihnen  im  Hau.  Ferner  sind  sie  wie  jene 
mit  Klappen  versehen,  welche  nur  ein  Üeffnen  in  der  Stiomrichlung  gcbtatten. 
Eine  besondere  Stellung  nehmen  diejenigen  Lymphgefässe  ein,  welche  in  der 
Darmwandung  entspringen  und  das  vom  Darm  gelieferte  Nahrungsmaterial  als 
Ck/hu  in  das  Blut  fllhren.  Diese  werden  desshalb  auch  als  ChylusgefUsse  be- 
zeichnet. Die  Wurzeln  (Capillaren)  der  Lymphgefässe  breiten  sich  auf  der  Ober- 
fläche des  Körpers,  in  dessen  Höhlungen  und  in  dem  Parenchym  der  Organe 
aus.  Sie  erhalten  ihre  Fltissigkeit  ni(  ht  wie  die  Capillaren  der  Venen  aus  an- 
deren Gcfässstammen,  sondern  sie  saugen  dieselbe  ans  der  Umgebvmg  auf.  Das 
Lymphgetasssystem  ist  eben  nur  dem  einen  Ihcil  (Venen)  des  Blutkreislaufes 
analug.  Am  besten  gekannt  sind  die  Anlange  der  Lymphgeiässe  des  Darmes 
(Dünndarmes).  In  der  Achse  der  Darmzotte  bemerkt  man  einen  durch  den  In- 
halt kenodichen  Strang.  Dieser  endet  blind  und  wird  von  dem  Schlingennetx 
der  ZottencapiUaren  umsponnen.  Diese  Lymphstämme  der  Zotten  ilthren  in  ein 
unter  der  Oberfläche  der  Schleimhaut  luvendes  Lymphcapillametz,  welchem  das 
für  ein  solches  charakteristische  Aussehen  besitzt.  Das  Netz  ist  weitmaschig, 
das  einzelne  Röhrchen  verhältnissmässig  stark  und  in  seinem  Verlauf  von  wechseln- 
der Starke.  \'on  dem  oberflächlichen  Netz  gehen,  von  den  in  der  Darmschleim- 
haut behndlichen  Drtisen  eingezwängt.  Zweige  ab  und  vereinigen  sich  zu  Stämmchen, 


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3oa 


LympligcfiiMsystciii. 


die  bereitb  mit  Klapjjcn  verseilen  sind.  —  In  den  l!.ilnicn  der  Lymjilige fasse  sind 
häufig  rundliche  Körper  eingeschaltet.  Dieselben  werden  Lymphdrüsen  genannt. 
Sie  unterbrechen  die  Gefässbahnen  in  der  U'eise,  dass  sie  von  der  einen  Seite 
mehrere  Gefässe  in  sich  aufnehmen  fFasa  afftrtntia)  und  eine  geringere  Anzahl 
von  ihnen,  aber  mit  vergrosserter  Weite,  wieder  aussenden  (Vasa  eff&efUia),  Da- 
dareh reduciren  sich  die  zahllosen  Gefässe  auf  dem  Wege  zum  Herzen  auf  2wei 
Stämme.  Die  Drüsen  werden  zum  Theil  gebildet  indem  sieh  die  I.ympbgefässe 
in  Netze  auflösen  und  sich  zu  Knäulen  zusammenballen.  Doch  kommt  bei 
grösseren  Drüsen  ein  T^.trenchym  in  P)etrriclit.  Wie  es  sehr  wahrscheinlich  ist, 
bewirken  die  Lymphdrüsen  eine  \  erandeiung  der  durch  sie  siromendcn  l  lüssig- 
keit  und  vermehren  die  Zahl  der  I/yniphkorpcrchen.  liire  physiologische  Be- 
deutung gieht  sich  auch  darin  zu  erkennen,  dass  sich  der  Einfluss  der  patho- 
logischen  Lymphe  zuerst  in  den  Drttsen  und  nicht  in  den  Stämmen  äussert.  — 
Eine  andere  Unterbrechung  ihrer  Bahn  erleiden  die  Lymphgefilsse  an  bestimmten 
Orten  durch  beträchtliche  Erweiterungen.  Die  Wand  derselben  ist  in  Folge  einer 
Muskulatur  rhythmischer  Contractionen  fähig.  Man  bezeichnet  solche  £in> 
richtiingen  als  Lymphherzen.  Sie  gehen  den  Säugethieren  ab.  Der  Inhalt  der 
Lynijthgefässc,  die  Lymphe,  besitzt  nach  den  Oi^ancn  und  den  Cieweben,  aus 
denen  sie  lierstammt,  eine  wechselnde  Zusanimenset/ung.  Die  Lym()hcanale  aus 
der  .St  hleimhaut  des  Dünndarmes  führen  im  nüchternen  Zustande  des  Thieres 
die  gewöhnliche  Lymphe.  Nach  genossener  Nahrung  jedoch  ist  der  Inhalt  eine 
milchige  Fittsstgkeit  von  Eiweisskörpem  und  Fetten,  welche  O^Air  hetsst  Beide 
Flüssigkeiten,  der  Chyius  und  die  gewöhnliche  Lymphe,  enthalten  ein  Plasma, 
in  dem  gleichartige  Zellen  suspendirt  sind,  welche  nach  dem  Ort  ihres  Vor* 
kommens  Chyius-  oder  Lymphkörperchen  genannt  werden  und  mit  den  weissen 
Blutkör])erchen  identisch  sind.  Ausserdem  kommen  bcsunders  im  Chyius  noch 
feine  Pariikelehen  vor,  welche  hauptsächlich  das  milchige  Aussehen  jener  Flüssiij- 
keit  verursachen.  Sie  bestehen  aus  Nentralfett,  welches  von  einer  zarten  Eiwei.ss- 
hülle  eingeschlossen  wird.  Die  l^ynipiitlussigkeit  ist  klar  und  wasserreich  und 
reagirt  alkalisch.  In  ihr  finden  sich  zwei  Proteinstoffe,  Fibrin  und  Albumin. 
Die  ChylusflQssigkett  ist  schwach  alkalisch,  besitzt  einen  grösseren  Fettgehalt 
und  ist  reicher  an  festen  Bestandtheilen.  —  Was  die  einzelnen  Abthdlungen  der 
Wirbeltliiere  betrifft,  so  bietet  das  Lymphgefilsssystem  der  unteren  Klassen  wenig 
Selbständigkeit  dar;  seine  Bahnen  sind  grösstentheils  weite,  andere  Organe  (Blut- 
geHisse)  begleitende  Räume,  Sinusse.  In  dieser  Gestalt  crsr' einen  die  Ifaupt- 
stainnie  bei  den  Fischen,  von  denen  zwei  oder  nur  einer  unterhalb  der  Wirbel- 
säule hect.  In  diese  sammeln  sich  kleinere  Sinusse  oder  engere  Canäle.  An 
zwei  SuUcn  triii  das  Lynipligefässsystem  mit  den  Venen  in  Verbindung.  Die 
Amphibien  besitzen  ein  sehr  bedeutendes  subcutanes  Lymphiaumsystem ;  eben- 
falls umfangreich  ist  der  subvertebrale  Lymphraum.  Es  mttnden  in  ihn  die  Lymph- 
gefässe  des  Darmes  (Chylusgefässe)  und  der  anderen  Eingeweide.  Bei  den  Rep> 
tilien  treten  die  Lymphbahnen  in  engere  Besiehung  zu  den  Arterien,  indem  sie 
dieselben  theils  als  weite  Räume  umgeben,  theils  sie  als  Geflechte  begleiten. 
Aehnliche  Verhältnisse  finden  sich  bei  den  Vögeln.  Der  Zusammenbang  mit 
dem  Vencnsy?tem  l)esteht  hier  wie  bei  den  Reptilien  durch  die  Venae  hr(uhio- 
cephalicac  und  zweitens  ist  eine  Verbindung  am  Anfange  des  Schwanzes  vor- 
handen. Die  Lymphgefäs^e  der  Säugethiere  zeigen  eine  grossere  Unabhängigkeit 
von  den  Arterien.    Die  Lymphgefässe  der  hinteren  Extremitäten  und  die  Chylus- 


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Lymphgen^fssystementwiclilttiie  — 


Lyonsta. 


gefösse  vereinigen  sich  in  der  Bauclihohlc  zu  einem  Stamm,  der  sich  als  Ductui 
thoracic  US  fortsetzt  imd  in  die  linke  l'cna  brachioct- ['hitlica  mündet.  D. 

Lymphgefässsystementwicklung.  Das  Lympiii;eia:>.ssystem  nimmt  seinen  Ur- 
sprung aus  Bindttubstanzlakunen,  welche  von  der  eigentlichen  Letbeshöhle  un- 
abhängig »tid,  obwohl  sie  mit  dieser  und  mit  dem  GefiUssyiitem  zusammenhängen 
oder  zusammenhängen  können.  Bei  allen  Vertebraten  commaniciren  gewisse  Ab- 
schnitte des  Lymphsystems  mit  dem  Venensystem  (Ductus thot  aticuseic)  und  bei  den 
höheren  Vertretern  der  Wirbelthiere  bekommen  die  Hauptlynij.ligefdssstämme  eigene 
Wandnnijen.  Ueber  die  ontogeneiischen  Processe  hinsichtlich  der  l.ymphgcfässe 
ist  noch  wenisj  bekannt.  Thntsache  ist,  dass  sie  erst  im  späteren  loeiallcl»en  auf- 
treten und  anfangs  die  Form  einfacher  Intcrcellulanäiime  besitzen.  —  Die  soge- 
nannten Lymphdrüsen  scheinen  aus  Lyiiiphplexus  zu  entstehen,  deren  Zellen 
Lymphkörperchen  erzeugen.  Selbstständige  Gebilde  aber  sind  diese  Lymph- 
drüsen nur  bei  Vögeln  und  Säugethieren,  besonders  bei  letzteren.  —  Nach  Sbr- 
Tou's  Angaben  findet  man  bei  den  Mesenterialdrüsen  des  Rindes  zunächst  ein 
System  von  Lymphgängen,  und  zwar  an  der  Stelle,  wo  sich  später  das  His'sche 
Hilosstroma  ausbildet.  Von  den  Lymphgängen  hebt  sich  nach  und  nach  ein  an 
Lymphkörperchen  reiches  Bindegewebe  ab.  aus  welchem  anfangs  die  Rinden- 
substanz, dann  die  Lymphröhren  der  Markmasse  hervorziehen.  UmhUllungsräunie 
und  kavernöse  Gänge  des  Markes,  Kajjsel,  Septen  und  reticulares  Gewebe 
treten  erst  später  hervor.  —  Zu  den  Lyniphdrüsen  gehört  ohne  Frage,  ob- 
gleich sie  ganz  bestimmte  Beziehungen  zum  Blutgefässsystem  aufweist,  die 
Milz.  Se  entwidcelt  sich  (bdm  Menschen  um  die  Mitte  des  zweiten  Monats) 
im  innigen  Zusammenhange  mit  dem  Pankreas  im  Mesoblast  des  Meso- 
gistriums.  Xach  Müller  und  Fbrbubschko  sondert  sich  die  Mesoblastmasse, 
welche  der  Milz  den  Ursprung  giebt,  schon  früh  durch  eine  Furche  einerseits 
vom  Pankreas  und  andererseits  vom  Mesenterium.  Einige  Mesoblastzellen  dieser 
Furche  verlängern  sich  und  treiben  Fortsätze,  welche  mit  denen  anderer  Zellen 
zusammenfliessen  und  auf  diese  Weise  das  Müztrabekelsystem  erzeugen.  Die 
meist  mehrkernigen  Zellen  der  Milzpulpa  stammen  \on  dem  uhrigen  (iewebe  ab. 
Später  sammeln  sich  diese  Zeilen  an  verschiedenen  Stellen  zu  Häufchen  an,  um 
die  sogenannten  MALPicm'schen  Körperchen  der  Milz  zu  bilden.  Grbch. 

Lyncfaus,  Gray,  s.  Lynx.,  Is.  Gsornt.    v.  Ms. 

liyncodon,  o'Orb.  (Conepatus,  Gray  etc.)  s.  Mephitis,  Cuv.    v.  Ms. 

Lyncornis,  Gould,  Untergruppe  der  Gattung  ChortUUet  (s.  d.).  Rchw. 

Lynx,  Is.  Geoffr.,  s.  Felis,  L.     v.  Ms. 

Lynxamatae,  Nach  PTOLBMÄtJS  eine  kleine  Völkerschaft  des  inneren  Libyen 

im  Norden  des  Gyr.     v.  H, 

Lyonnetia  hat  Haworth  nach  Lyoiuicl  eine  Gattimg  kleiner  Mottchen 
aus  der  nahen  Verwandtschaft  von  LtthocolUtis  (^s.  d.)  genannt,  wo  aber  das  erste 
FOhlergUed  zu  einem  Augendecke!  erweitert  ist  Die  Räupchen  miniren  gleich- 
falls in  Blättern  der  verschiedensten  Pflanzen,  wie  Z.  QerckeBa  besonders  in  den 
Blättern  des  Apfel-,  Pflaumen-,  Kirschbaumes.    £.  Tc. 

Lyonsia  (nach  dem  englischen  Conchyliologen  W.  Lyons),  Turton  1822, 
Meermuschel  aus  der  Familie  der  Anaiiniäen,  (s.  Anatina),  fa.st  gleichschalig, 
dünn,  mattgelbgrün,  mit  feinen,  etwas  von  einander  abstehenden  Radialstreifen, 
oft  mit  angeklebten  Schlammthcilcben,  liinten  geschnäbelt  und  klat^'end;  inneres 
Ligament  ein  kleines  Kalkstückchen  enthaltend,  bei<lerscits  von  einem  wulstigen 
Vorsprung  des  Schlossrandcs  gelragen,  M.mtelbucht  klein.  L.  Norvegica,  Chemnitz, 


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S04 


Lyopeindta  —  Ltwo. 


oder  striata  NTontagu,  in  der  Nordsee,  und  /,  coruscaHS,  Scacchi,  im  \fUtelmeer, 
in  itK.' •^i'jrn   riefen,  S    60  F.ulen.    Fossil  mit  Sicherheit  nur  tertiär.     E.  v.  M. 
Lyopomata,  a.  liracluopoda.      K.  v.  M. 

Lyriocephalus,  Merrem.  Agamiden-Gattung.  Trommelfell  versteckt,  l.eib 
compress,  Schuppen  klein,  tmtermischt  mit  einigen  grösseren.  Nacken-  und 
Rückenkamm.  Kehlsack  und  Kehlfalte,  erwachsen  mit  Höcker  auf  der  Nase. 
Keine  Schenkel*  und  Praeanal-Poren.   t  Art,  L.  siutatuSt  L.,  von  Ceylon.  Pf. 

Lyriodon  igt.  Leierzahn),  Sowehby  1833,  s.  Trigonia.     E.  v.  M. 

Lysarete,  Kinbbrc  (Kigenn.ime;.  Gattung  der  Horstenwürmer,  Ordn.  Nato- 
branchiata,  Farn.  F.unh-t,iijr,  S.w.  Vier  Augen,  Kojiflappen  mit  drei  Fiihlern. 
Zwei  ruderlosc  Segmente.  Träger  im  Oberkiefer  kurz  plattenförmig;  die  Ruder 
mit  einfachen,  gesäumten  Borsten,  die  Ruckencirren  blattförmig.  Wd. 

Lysidice,  Sav.  (Griechischer  Eigenname).  Gattung  der  Borstenwürmer, 
Ordn.  NctobroHchkaa,  Farn.  Eunitidae,  Kupf  mit  drei  Fühlern,  Oberkiefeisttlcke 
ungleich,  ihre  Anzahl  in  den  beiden  Hälften  verschieden.  Zwei  ruderlose  Seg> 
mente.  Kiemen  fehlen.  —  L.  NineHot  Aud.  und  Edw.  in  fast  allen  europäischen 
Meeren,  ist  sehr  zerbrechlich,  ersetzt  aber  das  Verlorengegangene  leicht  wieder. 
—  L.  Falolo,  Qt'ATREFAGES  in  der  Nähe  einiger  Südseeinseln,  oft  in  ungeheurer 
Menge  aufh-etend,  wird  dort  gegessen.  Wd. 

Lyssu,  Urvolk  in  'S'unnan  an  der  (Iren/e  von  Tibet,  am  Lan-tsan-kiang, 
schwächliche,  peistic^  veikoniniene  Gesrhö|)fe  \on  fast  dunkelbrauner  Hautfarbe; 
das  flachrunde  Gestellt  mit  plaitcr  Nase,  tiefgeschlit/.ten  Augen  und  starken 
Backenknochen  erhftit  durch  die  ungepflegten  wirren  Haare  ein  verwfldertes  Ge- 
präge. Ihre  Kiddung  weicht  wenig  von  jener  der  Pa-yu  (s.  d.)  ab  and  besteht  1 
aus  eigen  gewebtem  Hanf.  Nicht  selten  neht  man  einzelne  Leute  mit  prSchtigen 
Seidengewändem,  die  sie  auf  ihren  Raubzügen  in  China  gestohlen  haben.  Das 
cigenthümlichste  Stück  der  Frauentracht  ist  die  Kopfbedeckung,  eine  Kappe  mit 
Ohrenklappen  imd  ganz  mit  Kaurimuschchi  bedeckt,  ihre  Sprache  aber  soll  mit 
dem  Birmanischen  verwandt  sein.  Das  Volk  fmdet  meist  durch  den  Anbau  von 
Reis,  Mais  und  Tabak  seinen  Erwerb.  Man  erzählt,  ihr  Hauptgewerbe  sei  der 
Raub,  doch  dürfte  ihr  Ruf  schlechter  sein  als  ihr  Charakter.  Der  Missionar 
DuBERNARD  belichtet:  Ihre  Untertbänigkeit  unter  China  ist  sum  Theile  mehr 
scheinbar  als  wirklich;  sie  ist  bei  den  am  linken  Ufer  des  Lan-tsao-kiang  hausen- 
den L.  eine  vollständigere  als  bei  den  des  rechten  Ufers,  welche  von  Tribut 
nichts  wissen  wollen,  sondern  ihren  Häuptlingen  nur  Geschenke  bringen,  welche 
diese  mit  Festen  erwidern  müssen.  Was  die  L.  am  Lu-kiang  anlangt,  so  stehen 
sie  unter  dem  «Mukwa«  von  Ye-tsche,  der  bei  ihnen  alljährlich  einen  unbedeuten- 
den Tribut  einsammeln  lässt.  Das  ist  ihr  ganzes  Unlertlianenverhaltniss  zu  China. 
Für  ihre  inneren  Angelegenheiten  haben  sie  Häuptlinge,  welche  sie  entweder 
bclbst  wählen  oder  die  ihnen  der  ^lukwa  schickt.  Ihre  Raubzüge  unternehmen 
sie  nie  ohne  zuvor  den  anzugreifenden  Theil  davon  zu  benachrichtigen,  mittdst  ^ 
eines  »Muke,<  wie  es  die  Chinesen,  oder  »Tschii^otschram,  wie  es  die  Tibeter 
nennen.  Es  ist  dies  eine  mit  dem  Messer  eingekerbte  Ruthe,  an  welcher  be* 
stimmte  Gegenstlnde  befestigt  sind.  Der  Ueberbringer  muss  die  Kerben  und 
Gegenstände  erklären.  Diese  symbolische  S]iraclie  ist  bei  allen  wilden  Stämmen 
jener  Gegend  sehr  verbreitet.  Als  Räuber  bei  allen  Nachbarn  gefürchtet,  be- 
stchlen  sicli  die  L.  untereinander  nur  äusserst  selten,  weil  ihre  Häuptlinge  dies 
mit  strengen  Strafen  ahnden.  Auf  ihren  Beutezügen  führen  sie  nie  Vorrälhc  mit 
sich;  auf  der  Jagd  haben  sie  bloss  eine  Armbrust  mit  vergifteten  Pfeilen  und 


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Lytia  Labyrinlk 


205 


einen  langen  Säbel,  den  sie  sehr  geschickt  handhaben;  im  Kriege  kommt  noch 
ein  aus  spanischem  Rohr  geflochtener  Schild  dazu.  Sie  sind  treue  Freunde 
dessen,  der  ihr  Zutrauen  gewonnen.  Die  h.  wohnen  meist  dort'wcise  inmitten 
ihrer  Anpflanzungen,  treiben  sich  aber  viel  in  den  Bergen  auf  der  Jagd  umher. 
Ihre  Wohnungen  »nd  nur  elende,  mit  Gras  gedeckte  Hütten,  deren  Fussböden 
und  Wände  aus  schlecht  geflochtenem  Bambu  bestehen.  Die  Kriegsgefiingenen 
lind  Sklaven,  welche  wie  Familienmitglieder  betrachtet  werden.  Die  Frau  hat 
keinen  Willen,  sondern  wird  von  ihrem  Manne  einfach  gekauft.  Die  L.  haben 
Polygamie,  nicht  aber  Polyandrie.  Ihre  Religion  ist  Fetischismus;  sie  haben 
Zauberer,  wek  he  Loose  werfen  und  die  Trommel  schlagen,  auch  Bücher  mit 
Figuren  von  Hirschen,  Pferden  und  Vögeln  besitzen;  sie  können  böse  deister 
austreiben,  welche  schuld  an  Krankheiten  sind;  aber  der  weise  Mann  wird  ge- 
tödtet,  wenn  der  i^atient  stirbt  Die  L.  haben  keine  Schriftsprache,  i'rinken 
und  Plündern  and  ihre  Hauptleidenschaften,    v.  H.^ 

Lytta,  Fab.  (gr.  Hundswuth),  Fflasterkäfer  und  QuOharis  sind  als 
Gattungsnamen  vielfach  vertauscht  worden,  s*  Blasenkäfer.     E.  Tc. 


Nachtrag. 

Labferment  nennt  man  das  im  Magensaft  enthaltene  nngeformte  Ferment, 
welches  die  Milchgerinnung  ohne  Mitwirkung  von  Säure  veranlasst  (s.  Magen- 

sait).  S. 

Labyrinth  (inneres  Ohr,  Auris  inktna).  Als  Träger  des  ak-istischen  End- 
apparates bildet  das  aus  dem  einfachen  »primitiven  Gehürblaschen<  (l.abyrinth- 
bläschen  oder  Otocyste)  entstandene,  Labyrinth ')  den  wesentlichsten  Theil  des  ge- 
sammtenGehÖrofganes.  Der  Umstand,  dass  dieser  complidrt  gebaute  Abschnitt(von 
niedrigerer  Organisationsstufe  abgesehen)  von  einem  Thette  der  (seitlichen)  Schäidel' 
wand,  bis  auf  einen  Zu^ng  für  den  Gehörnerven,  mehr  oder  weniger  vollkommen 
umschlossen  wird,  f&hrte  su  der  Unterscheidung  eines  (eig.)  häutigen  L.  und 
knöchernen  (resp.  knorpeligen)  L.  —  Ein  Hohlraum  (Cavum  perifymphatkum) 
trennt  diese  beiden  L,  und  ist  mit  einer  lymphoiden  Flüssigkeit  erfilllt,  die,  im 
(Gegensätze  /um  »Labyrinthwasscr  (ulcr  Endolymphe,  mit  dem  Namen  l'eri- 
lymphe  belegt  wird.  Das  knöcherne  E.  wiederholt,  wie  nalieliegend,  die  Form 
des  häutigen,  und  seine  Theile  führen  mit  Ausnahme  eines  die  gleich  ^u  be- 
sprechenden Gehörblasen  enthaltenden  Raumes,  welcher  »Vorhofe  oder  Vesti- 
bulum  heisst,  dieselben  Namen,  wie  die  entsprechenden  Theile  des  häudgen  L. 
I.  Das  häutige  L.  besteht  zunächst  aus  2  sackartigen  Gebilden,  (hervor- 
gegangen aus  der  Otocyste,  nach  deren  Einsenkung  ins  Felsenbdn):  dem  Ge- 
hörschlauche (Utriculus  s.  Sacculus  ellipticus)  und  dem  kleineren  medial-  und 
vorwrirts  gelagerten  Saccidus  sphacrlcns  s.  rotundits.  lieidc  stehen  nur  durcli 
den  Ductus  ctidoly mphiticus,  Recessus  iabyrinthi  (vergl.  Hörorganentwickhmg)  bez. 
mit  dem  Saccus  inävlymph.  (s.  Fig^ur  i)  im  Zusammenhange.  Aus  den  beiden 
Enden  des  Gehörschlauches  iretei»  die  halbkreisförmigen  liautigen  IJogengäiige 
(Gmales  semUirevlares)  ab,  deren  sich  von  den  Rundmäulern  abgesehen,  stets  3, 
xwei  verdcale  (em  vorderer  und  hinterer)  und  ein  horizontaler  (äusserer),  vor- 

VcrgL  Hörorgane-Entwickclung,  Gehörapparat,  Gehörbläschen  und  Gehöniaii. 


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so6 


Labyrintti. 


dm' 


finden;  jeder  besitzt  an  seinem  Ursprungsende  eine  Ampulle  (s.  unten);  da  die 
anderen  Knden  der  2  vertikalen  Ciänp;e  ein  gemeinsames  Mündungsstück  (s.  Co 
in  Figur  i)  aufweisen,  so  sind  in  Sumina  nur  5  rtrirularosticn  vorbanden;  in 
mancbcn  Fällen  verscbmilzt  aucli  das  Ampullen-Ende  des  hinteren  Bogenganges 
mit  dem  hinteren  des  l.orizontalen  Ganges,  so  bei  mehreren  Katzenarten  (Löwe, 
Tiger,   Leopard),  ferner  beim  Schakal,  Wolf,   Tapir,  Gttrtelthier,  Schnabd- 

thier  u.  s.  w.  —  Der 
Saeeulus  setet  sich  durch 
Vermittelung  des  engen 
Canalis  reuniens  (\  ergl. 
1 1  ö  r  o  r  g  a  n  e  n  t  w  ck  I  u  ng) 
in  den  Ductus  Cochlea- 
ris  (s.  u.)  fort.  Die 
«  Wand  des  L.  besteht 
aus  einer  Bindegewebs- 
schichte,  die  sich  viel- 
fach mit  dem  Perioste 
des  knöchernen L.durch 
Bälkchenzüge  verbin- 
det. Ihre  Innenfläche 
bekleidet  eine  glashelle, 
structurlosc  Membran, 
deren  i'laitenepithel  an 
jenen  Stellen,  an  wel- 
chen Acusticuszwetge 
endigen,  in  Cylinderepi- 
thel  übergeht  Ausser 
einfachen  Cylinderzel- 
Icn  Hnden  sich  von  sol- 
chen umgebene,  in  feine 
starre  Härchen  ausge- 
zogene (mit  Nervenäst- 
chen  sich  verbindende) 
Haarzellen  (Hörhaare), 
welche  in  die  (wie  be- 
reits erwähnt,  den  ge- 
sammten  Innen  räum 
des  Labyrinths  erfiillen- 


(Z.77.)  Fig.  t. 

Schemati«clic  nnr^tclhin}^  dc^  gesnmmten  men«;chliclicn  Gchömppa- 
ratcs  (Nach  R.  Wikih  kshi  im).  J/.)/  Ohmiuschcl.  Mtu-  äusserer 
GehOrgang'.  O  dessen  W.tihI.  Mt  Mmihrana  h-m/Htui,  IVommelfdL 
Ct  (avitm  lympani,  Fnukcnhölilc.  dessen  Wand.    S Äff  Summe 

der  Gchrtrknöclielclicn,  -f  StcigbUgelpl.itle,  die  Ffntstra  iK'a/is 
TWschliesseni!.  .1/  .Manbrana  tympdni  stiiinJaria,  die  Fittistra  rotunda 
verschliesscnd.  Tb  Eustachische  Röhre.  Tb^  deren  Einmündung 
In  den  Rachen.  O"  ihre  Wand.  A'/.,  AT.'  Knöchernes  Labyrinth, 
LjrosNcntheils  abgesprengt  gedacht,  S  Suau/us.  ab  Die  beiden 
verticalen  Bogengänge,  einer  {b)  durchschnitten,  e,  Co  Commissur 
der  Rogengänge  des  häutigen  und  knitchemen  Labyrinths.  5./ 
Stufus  und  Duitii  ;  ( /iJolyn/'/oilh  tis,  Ictitercr  sp.iltet  sich  bei  2  in 
swei  Schenkel.  Cp  Cai'um  ptrilymphatUum,  Cr  Qutaüs  reuniens, 
Cfn  häutige  Schneeke  bei  «f  Vorbofbltndsack  bildend;  Con^, 
knöcherne  Sclincckc.  Sz'  Suila  r.s/i/'it/i.  S/  SV.!,',r  tynipuni,  welche 
bei  *an  der  Cupula  teriuinaUs  ( Ct)  in  einander  Ubergehen.  D.p  DiU' 
hts  pen'fympAiMciu,  welcher  bei  ä  aus  der  Stab  tympmi  cnlipringt 
und  bei  D.p^  ausroOndet. 

de)  Endolymphe')  (s.  a.  d."!  hineinragen.    Auch  im  Sacculu^  und  Utriculus,  wie 

in  den  Ampullen  der  Bogengänge  finden  sich  \Van(K crdickungen,  welche  solche 

Nervenendigungen  bergen;  in  erstcren  sind  es  sog.  Hörlleckc  (Maculae  acusticae), 

in  letzteren  quere  Hörleistchen  (Crisiae  cuusticae).    Ueber  den  Bau  der  Schnecke 

wird  iKich  spater  in  Kfirze  berichtet  werden.   Das  kniSdieme  L.  Iflsst  ausser 

den,  die  httutigen  Bogengänge  umschliessenden,  Canftlen,  ein  berdts  erwähntes 

Mittelstäck  (das  bei  Säugern  nur  in  der  Ord.  der  Cetaceen  verkümmert  winug 

erscheint)  den  sog.  Voihof,  VesHbubm  laiyrUUhi  und  die  knöcherne  Schnecke 

1)  GehHnteine  (Ololidieii,  bei.  Otoconien  s.  d.)  finden  sidi  hn  hintigen  Lnbgrrindie  all- 
gemein verbreitet ;  sie  fehlen  jedoch  in  der  Schnecke  der  ^ttger  aowie  aof  den  Cristat  atUxHeat 
der  AmpoUen,  mit  Ausnalune  liei  den  Rundmäulern  durchweh 


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LAbyiinOi. 


(Cochlea)  unterscheiden.  Der  Vorhof  wendet  seine  äussere  (laterale)  Wand  gegen 
die  Paukenhöhle,  mit  welcher  er  durch  die  fiiicstra  ovaits  (s.  d.)  rommii?iiriren 
würde,  wäre  letztere  nicht  durc  h  die  Stci^bD^elplalte  verschlossen ;  seine  mediale 
Wand  ist  dem  Grunde  des  inneren  tlehcirgaii^es,  seine  vordere  l\irihic  der 
Schnecke,  seine  hintere  den  3  Bogengängen,  seine  obere  dem  Anlange  des  l  allo- 
pischen-Canales  (s.  d.)  zugekehrt.  Zwei  durch  die  senkrechte  CriUa  vesHhuli  ge- 
trennte Vertiefungen  in  seiner  Höhle  nehmen  den  Sacculus  und  ütriculus  auf; 
eine  weitere  (kleine)  Vertiefung  birgt  den  blindsackartigen  Anfang  des  Schnecken- 
kanales,  den  sog,  Rccessus  ecthlearü.  Ausser  5  in  die  Canales  scmkirculares 
führenden  Oatien  (oben,  Innten  und  unten)  finden  sich  an  der  inneren  Wand  die 
Maculae  eribrosite  oder  Sieliflerke  fGnipj>en  winziger  Oeflfnungen  fiir  eintretende 
Nen'cn)  vor.  Unter  dem  gemeinsamen  Ostiuni  des  vorderen  und  liinteren  Bogen- 
ganges liegt  die  < Jefhunig  des  Aiitiiieductus  VfsUhuli  oder  Ductus  cndolymphaiiius. 
Die  Schnecke  präsentitt  sich  bei  den  Säugern  ais  ein  an  der  »Kuppel«  (Cupulaj 
blind  endigender  Spiralkanal,  der  sich  um  eme  knöcherne  Achse  »Spindel« 
windet  und  den  Omalis  cochharis  sowie  diesen  begleitende  I.ymphräume  birgt. 
Die  Zahl  der  Windungen  varitrt  ausserordentlich,  beim  Scjmabelthier  beschreibt 
die  Schnecke  nur  \  Windung,  \  bei  Echidna\  2  Windungen  finden  sich  beim 
Maulwurf,  Flughund,  Delphin,  Nashorn  etc,  etc.,  i\  beim  Menschen,  Hasen, 
Ameisenbären  etc.,  3/;  beim  Löwen  unrl  Tiger,  etc.,  5  bei  Coelogenys, 
womit  die  grösste  Zalil  der  VVindunijen  erreicht  ist.  Nicht  minfler  gerine;  sind 
die  Grössendifterenzen.  Beim  Menschen  liiiiren  die  den  einzelnen  Winchingeji 
entsprechenden  Achsen-(Spindci)-Ab.schnilte  besondere  Nansen;  der  für  die  erste 
Windung  heisst  Modiolus,  jener  für  die  zweite  >Säulchenc  (Columella)  und  für  die 
oberste  halbe  Windung  Sptndelblatt  (Lamim  imMoH). 
Durch  eine  dünne  Knochenplatte  (Zamina  sßiraiis 
0$sea),  welche  sich  von  der  Spindel  gegen  die  Mitte 
der  Höhle  des  Schneckenkanales  erstreckt,  wird  letzte- 
rer seiner  ganzen  Länge  nach  allerdings  unvollständig 
in  zwei  als  Trejii^en  oder  Scalae  bezeichnete  Abschnitte 
geschieden,  jedoch  reicht  die  Spiraünmellc  nicht  bis 
an  das  Blindende  des  Schneckenkanales,  sondern  ragt 
iiackig  als  HcuHulus  loptinoe  spiralis  in  die  Kuppcl- 
höhle  hinein;  an  dieser  Stelle  bleiben  die  beiden 
Staiae  in  offener  Communication  (s.  u.)  mit  einander. 
(Jfelk^ema  Breschiti),  Indem  der  Ductus  eochUaris 
den  zwischen  dem  ferien  Rande  der  Spirallamelle 
und  der  äusseren  Schneckenwand  bestehenden  Raum 
ausfüllt,  bez.  seine,  einen  Winke!  bildenden,  \\'ändc 
(s,  Fi^.  2.  Mcmhiina,  Ketsstnri  und  Miinbr.  inisilaris) 
dem  freien,  in  2  Lijjpcn  (eine  obere  »vestibuläres,  eine 
untere  siyrapanale*)  gespaltenen  Lamellenrandc  ange- 
löthet  erscbdnen»  wird  auch  hier  die  Trennung  der 
beiden,  je  einen  Lymphraum  darstellenden  (an  der 
Kuppel  aber  ineinander  übergehenden),  Staiae  eine 

vollständige*  Betrachtet  man  einen  Querschnitt  der  Schnecke  (mit  nach  oben  ge- 
richteter Kuppel),  so  entspricht  der  über  dem  Ductus  cochlcaris  gelegene 
Raum  der  mit  dem  Vorhofe  rommunicirenden  Vorhofstreppe.  (Scala  vesti- 
kulijt  der  untere  (nicht  bis  zum  Ende  der  Schneckenwindung  siehende)  der 


JCSt 


Flg.  2. 

Schematischcr  Querschnitt  ei- 
nes Schncckcnjj.in'^f«  nnch  K. 
Wm  dkrshkim.  AS  knöcherne 
Schnecke.  L»,  Lo^  Blätter  4er 
fjoniina  ossea ,  /wischen  ihnen 
bei  A'  der  Nervus  aantictn 
(sanmit  Ganglion  links  von  Z.), 
L  Liwlfut  iammat  spiratu.  Ji 
Afmiram  Aasiinrit,  ßt  Mem- 
brana Kf issner i.  Sv  Stula  resli- 
tiUL  Si  Staia  tympam,  Um  Sentit 
medu,  hXttti^e  Scbnecke.  C 

tum  Spirale. 


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Lactopiot«m  —  Lamudc's  Eotwiddungilchre. 


Scala  tympani,  die  mit  ihrem  blinden  Anfangstheile  nach  der  i'aukenhohle 
siebt,  von  dieser  aber  durch  die  riMcmbrana  tympani  secundaria,^  abgetrennt 
wird.  Der  am  Boden  der  knöchernen  Schnecke  abtretende  Aqua^ueius  (fifkkae 
(Jhidus  peritymphatUm)  verbindet  sämmdiche  perilymphatischen  Hohlräume  mit 
den  peripheren  Lymphbahnen  des  Kopfes.  In  Bezug  auf  den  Gehörnerv  (Ntrvus 
acustiats)  wäre  zu  bemerken,  dass  derselbe  sich  in  zwei,  als  Hamus  ankrhr 
(Nervus  vestibuU)  und  K.  posterior  (N.  Cochleae)  bezeichnete  Aeste  gabelt,  von 
denen  ersterer  (durch  die  betreffenden  Maculae  cribrosae)  ein  Aestclicn  zum  Hör- 
fleck (Macttla  acustica)  des  Utriculus  und  je  ein  Aesichen  zu  der  Ampulle  des 
vorderen  und  äusseren  Ductus  scmicn  cularis  abgiebt.  Der  viel  anschnlicliere  hin- 
tere Ramus  ist  vorwiegend  Schneckennerv,  versorgt  aber  auch  die  Macula  acustica 
des  Saeaihis  und  die  Ampulle  des  hinteren  Ductm  umkirctdarh.  Die  Endigung 
der  Acusticuszwdge  in  den  beiden  Säckeben  und  Ampullen  wurde  schon  voifaio 
besprochen,  es  erübrigt  nur  noch  jene  in  der  Schnecke,  bez.  im  Ductus  eachUariSt 
soweit  deren  überaus  complicirte  Verhältnisse  hier  kurze  Erwähnung  finden  können. 
Die  Faserbündel  des  Nervus  Cochleae  treten  durch  feine,  in  einer  Spiraltour  an» 
geordnete  Foren  des  Modiolus  (Tracius  spiralis  foraminulentus)  in  die  S]>indel  ein, 
gelangen,  nachdem  sie  sich  innerhalb  derselben  nach  der  knöchernen  Spiralplatte 
vertheilten  und  dieselbe  radiär  bis  zu  deren  freien  Rande  durchliefen,  zum  Canalis 
cochkaris.  Aui  der  mucr  cu  Fläche  der  Metnbrana  basilaris  (s.  Fig.  2)  treten  dann 
die  Fasern  mit  ihren  ]fodfibrillen  an  die  H6r-  (Haar-)  zellen  heran.  Letitere  sind 
zwischen  eigenen  Stützzellen  (BacilU,  >Cortische  Pfeilen)  deren  man  (ebenso  wie 
an  den  Haarzellen)  sowohl  innere  als  äussere  unterscheidet  und  die  mit  ihrem  ver- 
breitertcn  Fussende  der  Basilarmembran  aufsitzend,  durch  Berührung  ihrer  Kopf- 
enden den  sogen.  Cortischen  Bogen  bezw.  Canal  formiren,  »wie  in  einem  Rahmen 
ausjiespannt«.  Ueberderkt  werden  die  genannten  Gebilde  durch  2  (cuüculare) 
Membranen,  eine  von  der  Oberfläche  der  Stutzzellen  ausgehende  Membrana 
reticularis ,  aus  deren  Gilterwerk  die  Haarbüschel  der  liörzellen  hervorragen 
und  eine  M.  tectorta  s.  Corti,  welche  über  der  vestibulären  Lippe  der  knöcher- 
nen Spiralplatte  beginnend  als  weiche,  fast  gallertige,  in  der  Mitte  merklich 
verdickte  Schichte  sich  Uber  den  ganzen  Apparat  (>Corti'sches  Organe)  hin- 
wegzieht —  In  der  Klasse  der  Vögel  erfährt  die  Schnecke  bereits  eine  be- 
deutende Rückbildung,  sie  erscheint  hier  als  kurzer,  conischer,  wenig  gekrümmter 
Vestibularanhang  (ähnlich  wie  bei  den  Monotremen).  Successive  tritt  sie  in  den 
Ordnungen  der  Reptilien  zurück;  bei  den  I'ischen  zeigt  sie  sich  in  der  Regel 
nurmehr  als  eine  kleine  Ausbuchtung  des  Saicuius.  Ganz  fehlt  sie  den  Rund- 
mäulern, bei  welchen  (i'etromyzonten)  entweder  nur  2  Bogengänge  vorhanden 
sind  oder  (Myxinoiden)  das  ganze  Labyrinth  mit  dem  noch  wenig  abgesetzten  V'or- 
hofe  Ringform  besitzt  (indem  nur  ein  halbdrkelförmiger  Canal  entwickelt  ist). 
Sehr  ansehnlich  sind  bei  den  »echten«  Fischen  Vethkuhm  und  Bogengänge ;  bd 
verschiedenen  Teleostiem  kommt  es  zu  einer  Verbindung  des  häutigen  Laby- 
rinthes mit  der  Schwimmblase  (s.  d.).  Bezüglich  der  Literatur  vergL  u.  a*  R. 
WiEDERSHEiM,  Lchrbuch  der  vergleichenden  Anatomie.  II.  Aufl.  v.  }S&, 
Lactoprotein,  s.  Milch.  S. 

Läufe  nennt  der  Waidmann  die  Reine  des  Wildes.  Bei  Vögeln  (Flugwild) 
spricht  man  meistens  von  Ständern  (geständert  d.  i.  das  Bein  zerschossen)  oder 
(bei  Raubvfigeln)  von  Fängen.  Rcinv. 

Lamarcks  Entwicklungslehre.  Jean  Lamarck  war  der  erste,  welcher  die 
Descendenztiieorie  als  selbständiges  Wissenschaftsgebiet  durchführte  und  der 


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Lan^roglena  —  Leibesfoimentwicldong. 


Die  Organismen  sind  denselben  Naturgesetzen  unterworfen  wie  das  Anoiganisclie. 
Wo  VorstaDdesthädgkeiten  auftreten,  sind  sie  als  Bewegungsetschetnungen  der 
nervösen  Ctentraloxgane  aufsufiissen.  Der  sogenannte  Wille  ist  in  Wahrheit  nie* 
mals  frei.  Anpassung,  Vererbung,  Gewohnheit  spielen  in  der  LAMARR^schen 
Theorie  eine  grosse  Rolle.'  Grbch. 

Lamproglena,  Nordmann  (gr.  Lampros  glänzend,  glene  Augapfel),  Krcbs- 
gattung  der  Schecrcnlauskrebse  (s.  Dichelestiden),  mit  gleicliartigcn,  nicht  lamel- 
lösen  Pereiopodenpaaren,  logliedrigen  vorderen  und  klauenlüsen  hinteren  An- 
tennen; 3  Arten,  wovon  eine  in  unseren  Süsswässem  auf  dem  Gängling.  Ks. 

Languste,  vom  lat  Locusta,  Heuschrecke,  Trivialname  des  Falinurus  (s.  d.) 
vulgaris,  Latr.  Ks. 

Lanrensdiwein,  Buscbscbwein,  Wantenschweln  (IhUuiwchoertu  ^rkmmst 
Gray),  sttdwestafrikanische  Schweineart   S.  Potamochoenis,  Gray.    v.  life. 

Leibesformentwicklung.  Aus  der  vergleichenden  Embryologie  und  Anatomie 
ergiebt  sich,  dass  jede  thienache  Form  theils  durch  Lageverschiebung,  theils  durch 
histologische  Differenzirung  von  Zellen  entsteht.  Hinsichtlich  der  Verschiebung 
ist  zu  bemerken,  dass  die  Architektonik  des  Thierkörpers  im  Allgemeinen  durch 
Einfaltung  und  Ausstülpung  epithelialer  Lamellen  beütimmt  wird,  ein  Verhalten, 
welches  schon  bei  der  einlachen,  als  Blastuia  bekannten  Grundform  Pluu  greift, 
indem  sich  die  eme  Hälfte  derselben  mit  ihrer  Wand,  welche  eine  einfache 
Epithellamelle  reprttsentirt,  in  die  andere  einstülpt  Das  Resultat  dieses  Frocesses 
ist  die  sogenannte  Gastrula  mit  ihrer  nunmehr  atis  zwei  Lamellen,  dem  £pi-  und 
Endoblast  bratdienden  Becherform.  Wie  durch  wechselvolle  Einfaltung  und 
Ausstülpung  dieser  beiden  Lamellen  die  verschiedensten  Formen  entstehen 
können,  zeigt  sich  namentlich  bei  den  Coelenteraten,  in  ihrer  Tentakel-,  Septen- 
und  Taschenbildung.  Wenn  sich  der  /weiblättrige  Organismus  in  den  mehr- 
blättrigen umwandelt,  so  ist  es  wieüer  der  ProiCiS  der  Faltenbildung,  welcher  den 
Urdarm  in  bleibenden  Darm  und  Coelomräume  umwandelt  und  aus  letzteren, 
wie  bei  Wiibelthieren,  die  Urwirbel  abschnürt  Auch  Nervenrohr  und  Sinnes- 
Organe  sowie  die  Drüsen  der  Haut  und  des  Darmkanales  erhalten  durch  Faltung 
und  EinstOlpung  von  Einthellamellen  ihren  Ursprung,  ebenso  ist  es  mit  den 
Embiyonalhüllen.  Auf  die  immer  noch  streitigen  Fragen  der  sogenannten  Inva> 
gination  und  Delamination  wollen  wir  hier  nicht  zurückgreifen  (z*  vergL  Keim» 
biAtter).  In  jedem  lebenden  Organismus  ist  fortwährend  eine  Zellenvermehrong 
zu  constatiren.  Sind  die  Zellen  epithelial  nngeordnet,  und  geht  die  Zunahme  in 
der  Ei^itheliamelle  allerorts  gleichmässig  vor  sich,  so  ist  damit  eine  Oberüächen- 
vergrosserung  verbunden.  F'indet  aber  in  der  Epitheliallamelle  an  verschiedenen 
bteUen  die  Zellvcimehrung  verschieden  rasch  statt,  so  zieht  ein  solches  Ver- 
halten Fonnveränderungen  in  der  Art  nach  sich,  dass  rascher  wachsende  Theile 
aus  dem  Niveau  der  benachbarten  heraustreten  und  ach  auastftlpen  oder  ein« 
falten.  Als  hauptsächlichste  Ursache  eines  derartigen  Verhaltens  muss  em 
wichtiges  Moment  des  lebenden  Organismus  angeführt  werden,  das  nämticb, 
innerhalb  derselben  Epithellamellen  gelegenen  Zellengruppen  bestimmte  Funk* 
tionen  zu  übermitteln,  wodurch  für  diese  Gruppen  auch  besondere  Wachsthums- 
energieen  als  natürliche  Folge  resultiren.  —  Neben  der  einfachen  Lagever- 
rückung  muss  auch  noch  des  Auswanderns  emzelner  Zellen  aus  dem  epithelialen 
Verbände  gedacht  werden.  Es  entsteht  auf  diese  Weise  eine  besondere  Gewebs- 
form,  das  sogenannte  Mesenchym,  welches  somit  nicht  epithelial  ungeordnet  ist, 
UQd  iidk  dadurch  von  den  Kdmblättem,  zwisdwn  denen  es  eine  Art  Füllmasse 

Zool,  AadinpoL  «.  BlliMlagit.  Bd.  V.  1^ 

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2IO 


Leibesböhlcnentwicklung. 


bildet  iinlerscheidet.  —  Es  wichst  vollständig  weiter,  dringt  in  alle,  durch 
Faltungen  und  Ausstülpungen  her\  r  rt;erufene  Lücken  ein  und  liefert  dadurch  ein 
Verbindunfjs-  und  Stiitzgerilst,  dem  die  Epithellamellen  mit  ihren  Derivaten,  die 
Drüsen  mit  ihren  Röhren  und  Bläschen,  die  Muschel-  und  Nervenfasern  aufge- 
lagert und  einj^ebettet  sind.  —  Was  das  /weite  Moment  thierischer  Formen- 
bildung, die  histologische  Differenztrung  der  Zellen  anbelangt,  so  ist  es  gerade 
Ittr  die  Organeentwicklung  von  onbetMreitbarer  Wichtigkeit  Solange  unter  den 
Zellen  eines  Oiganismus  Gleichartigkeit  herrscht,  werden  die  einxdnen  Thdle 
derselben  in  ihrer  Entwicklung  auch  gleiches  Verhalten  zeigen;  wenn  aber  histo- 
logische  Veränderungen  in  den  Zellen  sich  Geltung  verschaffen,  das  heisst,  wenn 
einige  zu  Mudceln>,  andere  sa  Nerven«,  wieder  andere  zu  Drüsenelementen  sich 
umgestalten,  so  ist  damit  ein  Impuls  zu  nncleirlier  Entwicklung  der  Körperre- 
gionen gegeben.  —  Sowohl  die  Zellen  der  Kpuhellamellen  :>!s  auch  die  des 
Füllgewebes  können  diesem  Pro.:esis  unterliccen,  und  in  beiden  kann  es  auch 
zur  Entstehung  functionell  gleicliwerthiger  hlemente  kommen.  —  Hinsichtlich 
der  Formwerdung  hertimmter  Oigane  und  Organismen  sind  die  betreffenden  Ab» 
schnitte  der  Organentwicklung  sowie  die  der  systematischen  Embryologie  der 
einsefaien  Klassen  und  Ordnungen  des  Thierreiches  su  vergleichen,  ebenso  die 
Artikel:  Embryohflllen,  Furchung,  Keimblätter,  Larven,  Primitivorgane,  Primitiv- 
streifen. Grbch. 

Leibeshöhlenentwicklung,  Man  versteht  unter  LeibeshÖhlc,  Perivisceral- 
höhle  oder  Coelom  einen  von  der  Verdauungshöhle  abgeschlossenen  Holilraum 
oder  ein  System  solcher  Hohlräume.  In  diesem  Sinne  haben  die  Cuelenteraten 
keine  Leibesliöhie.  Bei  allen  übrigen  I  hieren  kann  dieselbe  entweder  die  Form 
eines  weiten,  die  Dannwand  von  der  Leibeswand  scheidenden  Raumes  besitzen, 
oder  mehr  oder  weniger  surttckgebildet  in  Gestalt  zahlreicher  seröser  Räume  auf- 
treten, oder  endlich  durch  unregelmässige  Kanäle  und  Spalten  awischen  den  das 
Innere  des  Körpers  erfüllenden  Muskel-  und  Bindegewebszellen  repräsentirt  sein. 
Was  die  Entwicklung  der  LeibeshÖble  anbelangt,  so  stehen  skh  zwei  verschiedene 
Ansichten  unter  den  Morphologen  gegenüber.  Hie  eine,  namentlich  von  Lan- 
kester und  Balfour  —  letzterer  verhält  sich  aber  sehr  reservirt  —  vertreten,  nimmt 
einen  einheitlichen  Ursprung  der  Leibeshöhle  an,  die  andere,  von  Huxi-i  v,  den 
Gebrüder  HER'fwic  und  anderen  vertheidigt,  spricht  derselben  verschiedene  Ge- 
nese zu.  Bis  in  die  sechziger  Jahre  herrschte  allgemein  die  aus  dem  Studium 
der  Entwicklungsgeschichte  bei  Wirbelthi»en  hervorgegangene  Ansdiauung,  die 
Leibeshöhle  entstehe  durch  eine  Spaltung  im  mittleren  Keimblatte.  An  Echino« 
dennwlarven  wurde  dann  zuerst  durch  Alexander  Agassiz  die  Leibeshöhle  als 
Ausstülpung  des  Darmkanales  beschrieben.  Metschnikoff  bestätigte  diese  An- 
gabe und  beschrieb  einen  ähnliclien  Vorgang  bei  Tornaria.  Allgemeines  Aul'sehen 
erregte  es,  als  Kow.m.f.vskv  zeigte,  dass  bei  Sagiita  der  Urdarm  der  Gastrula 
durch  zwei  Falten  in  drei  Räume,  in  seciindären  Darm  und  seitliche  Leibessäcke 
abgetheilt  würde,  eine  Beobachtung,  die  kurze  Zeit  darauf  von  Bütschli  bestätigt 
wurde.  Auch  für  die  Brachiopodtn  hat  Kowalewskv  denselben  Ursprung  der 
Leibeshdhle  nachgewiesen.  Hvxley  unterschied  an  der  Hand  der  Entwickluiigs^ 
geschichte  folgende  Arten  der  I^eibeshöhle:  Blastocoel,  Enterocoel,  Schisocod 
und  Epicoel.  Unter  Blastocoel  versteht  er  einen  Hohlraum,  der  weh  innerhalb 
des  Mesoblasts  bildet,  Enterocoel  nennt  er  ein  Divertikel  des  Urdarroes,  wdches 
sich  von  diesem  abgeschnürt  hat.  Eine  solide  Wucherung,  welche  einem  solchen 
Divertikel  entsprich^  in  welchem  aber  der  Hohlraum  erst  spät  auftritt,  wird  als 


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Leibeshtthteaentwicklung. 


Sil 


Schtzocoel  beidchnet,  und  Epicoel  ttt  endlich  ein  Hohlraum^  welcher  durch  Ein- 
stülpung des  Epiblasts  gebildet  wiid  —  Neuerdings  verdankt  die  Morphologie 
namentlich  den  schönen  Untetsuchungen  der  Gebiflder  Hertwic  eine  klare  Dar- 
legung der  Coelomtheorie  und  wir  schliessen  uns  in  der  Betrachtung  der  einzelnen 
Thierklassen  ihren  Mitttieilungen  an.  Mit  Rtlcksicht  auf  den  Bau  des  Mesoblast's 
theilen  Hf.rtwic's  die  sämmtlichen  Bilaterien  in  zwei  Klassen,  in  die  Pseudoco- 
elier  und  die  Enierocoelier.    Zu  ersteren  gehören  :  i.  die  Bryüzoen,  2.  die  Ro- 
tatorien,   3.  die  Plathelminthen,  4.  die  Mollusken,  zu  letzteren  gehören:    i)  die 
Nematoden,  2.  die  Chaetognaten,  3.  die  Brachiopoden,  4.  Anneliden,  5.  die  Lntero- 
pneusten,  6.  die  Echinodemien,  7.  Arthropoden,  8.  die  Urochorden,  9.  die  Verte- 
bralen.  Aus  dieser  Einäieiiung  geht  hervor,  dass  die  Gebrüder  Hertwig  den 
Begriff  Leibeshöhle  morphologisch  in  zwei  Arten  trennen:  in  ein  Pseudocoel  und 
in  ein  Entcrocoel.  Ein  Pseudocoel  ist  eiti  mcsodermaler  Hohlraum^  der  keine  be- 
sondere epiüieliale  Auskleidung  besitzt,  die  Eingeweide  können  an  seiner  Wand 
zwar  angewachsen  sein,  doch  kommt  es  nicht  zur  Bildung  eines  dorsalen  und 
ventralen  Mesenteriums,  auch  steht  dieser  Raum  in  keiner  engeren  Beziehuns^  zu 
den  wichtigeren  (Jrgaiisystemen.    Ein  Pseudocoel  kann  ein  Biastocoel  oder  ein 
Schizocoel  ^ein,  doch  ist  es  nicht  ausgemacht,  ob  zwischen  beiden  überhaupt  ein 
tiefgreifender  Unterschied  besteht.  Das  Enterocoel  stammt  genetisch  vom  Urdarm 
ab,  indem  es  sich  von  demselben  durch  eine  bdderseits,  links  und  rechts,  er» 
folgende  Entfi^ltung  der  Darmwand  ablöst.   Es  ist  also  ein  paarig  gebildeter 
Sack,  welcher  durch  den  Darm  und  die  beiden  Mesenterien  in  eine  linke  und 
rechte  Hälfte  geschieden  wird.    Durch  theilweise  oder  gänzliche  Rückbildung 
der  Mesenterien  können  secundär  beide  Abtheiluncjen  in  einen  einheitlichen  Hohl- 
raum zusammentliessen.    Gegenuber  der  primitiven  Zweitheilung  sind  auch  alle 
übrigen  Gliederungen  der  Pcrivisceralhuhle  secundäre  Bildungsprozcsse,  beispiels- 
weise die  Metamcrenbildung  der  Anneliden  oder  der  Zerfall  des  Coeloms  in 
Pleural-,  Peritoneal-  und  Pericairdialhöhle  bei  den  Vertebratcn.    Ein  Enterocoel 
ist  von  Anlang  an  mit  Epithelbelag  ausgekleidet,  welches  den  Ausgangspunkt  für 
die  Bildung  verschiedener  Organe  liefert   Wenden  wir  uns  zunächst  zu  der 
Abtheilung  der  Pseudocoelier,  bei  denen  eine  Leibeshöhle  entweder  fehlt  oder 
durch  ausgedehnte  Gewebsq>alten  repräsentirt  wird,  welche  zu  einem  einheidichen 
Schizocoel  zusammenfliessen  können.  Unter  den  Bryozoen  kommt  nach  Hatschek 
den  Endoprocten  zwischen  äusserem  und  innerem  Keimblatt  eine  Leibeshöhle 
zu,  eine  Annahme,  der  aber  viele  andere  Morphologen  niclit  beistimmen.  Da- 
gegen wird  ziemlich  allgemein  den  Kctojirocten  eine  solche  zugeschrieben.  Nach 
Allman-Leuckaki  scher  AulTassung  ist  dieselbe  ein  weiter  Raum  zwischen  Darm 
imd  Körpeiwand  und  wird  von  einem  besonderen  Epithel  ausgekleidet,  welches 
bei  manchen  Arten  ffimmert  Ob  die  in  Rede  siehende  Bildung  ein  Schizocoel, 
ein  Enterocoel  oder  vielleicht  ein  Epicoel  im  Sinne  Huxlev's  is^  lassen  die  Ge* 
brüder  Hertwig  unentschieden.  —  Bei  den  Rotatorien  findet  steh  zwischen  Daim 
und  Köiperwand  ein  Hohlraum,  welcher  weder  als  Enterocoel  noch  als  Sdiizo* 
coel  gedeutet  werden  kann,  sondern  welches  von  den  Gebrüdern  Hertwig  als 
Biastocoel  aufgefasst  wird.    Die  Plathelmintlien  wurden  bis  vor  kurzer  Zeil  noch 
als  parenchymatöse  Thiere,  denen  also  eine  Leibeshö'nlc  mangelt,  beschrieben. 
Heute  aber  neigen  eine  Anxaiii  von  Forschern,  gestutzt  aui  anatomische  Unter- 
suchungen, durch  weldie  die  Eadstenz  von  Hohlräumen  in  dar  Bindesubstanz 
dieser  Thiere  ausser  Zweifel  gestellt  wurde,  zu  der  Ansicht^  dass  diesen  Würmern 
eine  Leibeshöhle  zukomme.  Bei  Landplanarien  spricht  Mosbly  von  einer  solchen; 

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212 


LeibcshöhlenentwickluDj;. 


bei  der  durch  Thiry  genauer  bekannt  gewordenen  Cercaria  macracerfa  soll  eben- 

falls  eine  Leibeshöhle  existiren.  Auch  Graff  äussert  in  seinen  Turbellarienstudien 

ähnliche  Ansichten.    Bütschli  spricht  bei  Trematoden  von  einer  rudimentären 
Leibeshöhle  und  Griksbach  plaidirt  bei  Cestoden  ebenfalls  filr  eine  solche.  Nach 
Ci.AUS  finden  sich  unter  den  Fiathelminthen  Uebergängc  von  schcit\baren  Acoe- 
lomiem  zu  unzwcifelhal'ten  Coelomaten.    Welchen  Ur.sj)rungs  alier  die  fragliche 
Leibeshöhle  ist,   kann  bei  der  mangelha[tcn  Kcnntniss  der  einschlägigen  Knt- 
wicklungsgeschtchte  zur  Zeit  nicht  entschieden  werden.  —  In  der  Bindesubstanz 
der  ace]^alen  Mollusken,  welche  aus  Umbildung  des  Mesenchyms  hervorgeht, 
finden  sich  allgemein  Hohlräume  eingebettet  Von  neueren  Forschem  werden 
dieselben,  wenn  darüber  auch  die  Ansichten  namentlich  von  Posnbr,  FtEMmMG, 
Kollmann,  Gkiesbach  und  anderen  in  Einzelheiten  auseinandergehen,  als  ehi 
System  von  Lacunen  beschrieben,  die  sich  besonders  im  Umkreis  der  Eingeweide 
zu  grösseren  Hohlräumen  erweitern,  ohne  jedoch  zu  einer  einheitlichen  Höhle 
zusammenziifliessen.     Bei  den  Cejibaloi^horen  liegen  die  Eingeweide  in  einem 
mehr  uder  weniger  geräumigen  einheitlichen  Hohlraum  eingebettet,  etwas  Aebn- 
liches  findet  sicli  bei  den  Cephalopuden.    In  morphologischer  Hinsicht  scheinen 
alle  diese  ^«U-  und  HohlrKume  nach  den  Ansichten  HEtrrwic^s  im  liCesendtym 
zu  liegen,  entmckeln  sich  aber  nach  verschiedenen  Richtungen  und  sondern  sich 
dabei  in  demselben  Maasse  von  einander,  als  sich  die  Organisation  der  Mollusken 
vervollkommt.    Sollen  alle  diese  Hohlräume  als  Leibeshöhle  gedeutet  werden, 
so  ist  dieselbe  als  Schizococl  zu  bezeichnen.    Da  sich  nun  bei  den  Larven  der 
Mollusken  ein  Blastocoel   findet,  so  erklären   die   Gebrilder  Hkrwio  die  be- 
treffenden Bildungen  des  erwacbsenen  Thieres  in  der  Art,  dass  der  anfangs  weite 
Blastücoelraum  durch  die  zunehmende  Gewebsbildung  eingeschränkt  wurde  und 
die  übrig  bleibenden  Spalten,  die  erste  Anlage  des  Schizocoels  repräsentirten, 
welches  sich  alsdann  secundär  wieder  zu  einem  einheitlichen  Räume  gestalte. 
Zwischen  Blastocod  und  Schizocoel  wQrde  demnach  eme  ununtertn^ochene  Con- 
tinnität  bestehen.  —  Was  den  zweiten  Typus:  die  Enterocoelier  anbelanglv  so 
stellt  zunächst  bei  den  Nematoden  das  Coelom  einen  schmalen  spaltförmigen 
Hohlraum  dar,  welcher  Körperwand,  I>arm  und  Geschlechtsorgane  in  der  Art 
scheidet,  dass  man  sie  beim  Zerschneiden  des  Thieres  sehr  leicht  von  einander 
losl<)sen  Da  die  Kcnntniss  der  Entwicklungsgeschichte  bei  den  in  Rede 

stehenden  1  hiercn  noch  sehr  lückenhaft  ist,  so  haben  die  Gebrüder  Hertwio 
sich  veranlasst  gesehen,  ihre  Annahme,  die  Nematoden  seien  Enterocoelier,  durch 
den  anatomischen  Bau  namentlich  durch  die  Beschaffenheit  der  Muskulatur  zu 
begründen.  Bei  den  Chaetognathen  erfolgt  die  Anlage  der  Leibeshöhle  bald  nach 
erfolgter  Gastnilaeinstülpung  und  zwar  in  der  Weise,  dass  dch  das  Entoblast  in 
zwei  Falten  erhebt^  welche  vom  Grunde  des  Urdarms  aus  in  dieses  hineinwadisen 
und  ihn  in  einen  mitderen  und  zwei  seitliche  Rilume  trennen.  Ersterer  wird 
zum  definitiven  Darmruhr,  die  beiden  letzteren  schnüren  sich  zu  den  zwei  Hälften 
der  Lcibeshülde  ab.  In  sehr  ähnlicher  Weise  legt  sich  das  Coelom  bei  den 
Brachiopoden  an,  und  auch  in  späteren  Stadien  bewahrt  es  die  typischen  Merk- 
male des  Enterücoels;  es  bleibt  sehr  geräumig  und  wird  mit  einem  lebhaft  flim- 
mernden Epithel  ausgekleidet.  —  Bei  den  Anneliden  stellt  die  Leibeshöhle  mit 
Ausnalime  der  Hirudineen,  bei  denen  sie  sehr  rttckgebildet  is^  einen  ansehnlichen 
Hohlraum  zwischen  Darm  und  Hautmudcelichlauch  vor.  Sie  wird  durch  Dis> 
sepimente,  welche  sich  durch  Faltenbildung  der  Leibeswand  und  Verwachsung 
mit  dem  Darmkanal  entwickelt  haben,  gaas  wie  bei  Brachiopoden  und  Chaeto- 


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Ldbeshötilcnentwlcllung. 


"3 


gnathen  in  eine  Anzahl  hintereinander  gelegener  Kammern  getheilt  und  nftmals 
von  cubischcn  und  cylindrischen  Flimmerzellen  ausgekleidet.    Bei  den  Entero- 
pneusten  stülpen  sich       einer  bestimmten  Zeit  der  Entwicklung  ans  dem  End- 
darm ein  linkes  und  ein  rechtes  Bläschen  aus,  die  mit  Metschnikoff  als  laterale 
Scheiben  bezeichnet  weiden;  sie  liegen  dem  Darmkanal  dicht  an  und  enthalten 
dnen  kleinen  Hohlraum.  Nach  vome  zu  schnttren  sich  von  ihnen  zwei  Zellen- 
massen ab,  weldie  sich  platt  den  beiden  Seiten  des  Magens  anschmiegen,  nicht 
hohl  sind  und  laterale  Platten  genannt  wetden.  —  Später  umwachsen  die  beiden 
Paare  der  lateralen  Zellenmassen  den  Darmkanal,  wobei  ihre  innere  Schicht  zum 
Darmfaserblatt,  ihre  äussere  zum  Hautfaserblatt  wird.    Aus  dem  vorderen  Paar 
geht  die  Leibeshöhle  des  Krn2:cns,  aus  dem  hinteren  die  des  Rumpfes  hervor. 
Bei  den  Echinodernien  ist  die  Leibeshöhlenbildung,  der  der  Chaetognathen  zu 
vergleichen.    Am  blinden  Ende  des  Urdarmes  bildet  sich  eine  Erweiterung,  die 
zwei  laterale  Aussackungen  treibt;  diese  werden  bei  den  einzelnen  Ordnungen 
der  Echinodermen  in  von  einander  etwas  verschiedener  Weise  abgeschnürt  und 
rqpcXsentiren  zwei  SScke,  welche  zum  Coelom  und  WassetgefSassystem  des  fertigen 
Thianes  werden.  —  Bei  allen  Arthropoden  findet  sich  eine  gerttumige  Ldbeshöhle, 
welche  sicli  schon  frühzeitig  als  ein  zusammenhängender  Raum  zwischen  Dann- 
und  Hautfaserblatt  bemerkbar  macht.    Beim  ausgebildeten  Thiere  verläuft  der 
Darm  frei  durch  diesen  Raum,  im  Verlaufe  der  Entwicklung  aber  giebt  es  ein 
Stadium,  wo  er  mittels  eines  dorsalen  Meseiuenums  an  der  Körpem'and  befestigt 
ist.    Die  durch  das  Mesenterium  bedingte  unvollständige  Trennung  der  T,eibes- 
höhle,  eine  linke  und  rechte  Hälfte,  dauert  aber  nur  eine  kurze  Zeit,  indem  sie 
noch  während  des  embryonalen  Lebens  wieder  verloren  geht  Bei  den  Urodiorden 
bleibt  fttr  die  Entwicklung  der  Leibeshöhle  noch  manches  zu  untersuchen. 
KowAUvsKY  ist  der  Ansicht,  dass  sie  nichts  anderes  sei,  als  die  uTspxttngliche 
Furchungshöhle.  Thatsache  ist,  dass  sie  bdm  ausgewachsenen  Thiere  wohl  ent- 
wickelt, ein  von  einer  epithelialen  Mesoblastschicht  ausgekleideter  Hohlraum  ist  — 
Bei  Vertebraten  ist  die  T,eibeshöhle  ein  grosser,  einheitlicher  Hoblraum,  welcher 
zwischen  Darm-  \md  Körperwand  liegt.    Bei  Fischen  und  Amphibien  wird  sie 
streckenweif  von  Wimperepithel  ausgekleidet.    Niemals  entwickelt  sie  sich  durch 
Zusammentliessen  von  kleineren  Spaitraumen  im  Mesenchyro,  sondern  erscheint 
schon  frflh  in  Form  zweier  mit  epithelialen  Wandungen  versehener  Säcke,  welche 
alsdann  ventral  in  Communication  treten.  Dadurch  steht  sie  im  Gegensatz  zu 
gössen  anderen  Hohlräumen,  welche  im  Mesendiym  der  Wirbelthiere  als 
grössere  und  kleinere  Lacunen  sich  finden,  Theile  des  Lymphgeßlsssystemes  sind 
und  in  den  einzelnen  Abtheilungen  der  Vertebraten  eine  verschiedene  Ausbildung 
erlangen.    Bei  Betrachtung  der  Leibeshühle  kann  es  nicht  unerörtert  bleiben, 
dass  dieselbe  häufig  in  Zusammenhang  mit  dem  Blutgefäss-  und  Urogenitalsystem 
steht.    Ohne  näher  auf  die  Einzelheiten,  welche  die  einzelnen  Thierklassen  in 
dieser  Hinsicht  darbieten,  einzugehen,  wollen  wir  doch  im  Allgemeinen  die  Re- 
sultate, welche  Uber  derartige  Verhältnisse  durch  die  Morphologie  gewonnen 
wurden,  wiedergeben.  Wie  die  Letbeshöhle  bei  den  Enterocoeliem  und  Fseudo- 
coeliem  morphologisch  verschieden,  so  steht  sie  auch  in  ganz  verschiedenen  Be* 
ndmngen  zum  Blutgefässqrstem.  —  Bei  den  Enterocoeliem  1^  sie  sich  ent- 
wicklungsgeschiditiich  früher  an  als  das  Blutgef^issaystem,  welches  sich  ganz  un- 
abhängig von  ihr  aus  Spalten  und  Lücken  des  Mesenchyms  entwickelt.  Eine 
Communication  zwischen  beiden  ist  flir  gewöhnlich  nicht  vorhanden,  ist  dieselbe 
aber,  wie  beispielsweise  bei  den  Arthropoden,  wirklich  zu  conslatiren,  so  muss 

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«14 


Lepeopbtfieiriu  Löffel. 


dies  Verhalten  als  ein  secundär  erworbenes  aufgefasst  werden.  Bei  den  Pseudo- 
coeliem  aber  bestehen  zwischen  beiden  verwandte  Beziehungen.  In  den  Binde» 
substanzlacunen  der  Plathelminthen»  welche  als  LdbeshÖhle  gedeutet  weiden 
ntttssen,  drculirt  die  Ernähningsflüssigkeitp  ebenso  ist  es  bei  den  Mollusken  mit 
Ausnabme  der  Cephalopoden»  bei  denen  es  im  fertigen  Zustande  ta  einer  Tren- 
nung des  GefUssystem  von  der  Leibeshöhle  kommt.  Aber  ähnlich  ine  eine 
Commimication  zwischen  beiden  bei  den  enterocoelen  Arthropoden  secundär  er- 
worben wurde,  so  ist  in  diesem  letzteren  Falle  die  Trennung  beider  ebenfalls 
eine  secundare  Erscheinung.  Ist  das  crstere  Verhalten  ein  Rückschritt,  so  ist 
das  letztere  eine  höhere  Differenzirung  der  für  gewöhnlich  bei  den  Mollusken 
zu  beobachtenden  Verhältnisse;  denn  es  lässt  sich  entwicklungsgeschichtlich  be- 
weisen, dass  Gefilsssystem  und  Leibeshöhle  während  des  Embryonallebens  der  Ce- 
phalopoden  als  mit  einander  communicirende  Spalträume  angelegt  werden.  — 
Was  das  Urogenitalsystem  anbelangt,  so  ist  hier  henrorauheben,  dass  sidi  die 
Excretions-  und  Geschlechtsorgane  vom  Epithel  der  I,eibeshÖhle  aus  entwickeln, 
und  mit  der  letzteren  im  Anfange  immer,  in  späterer  Zeit  noch  bäuügin  Verbindung 
stehen.  Daraus  erklärt  sich  auch  die  bei  allen  Enterocoeliern  zu  beobachtende 
Erscheinung,  dass  gewisse  Abschnitte  der  Excretionsorgane  zu  Ausfuhrwegen  der 
Geschlechtsorgane  umgewandelt  wurden.  —  Bei  den  Pseudocoeliern  sind  beide 
Organsysteme  gesondert  angelegt.  Mit  dem  .Schizocoel  stehen  die  Geschlecbts- 
oignne  nie  in  Besiehung,  wohl  aber  existirt  ein  secundärer  Zusamnenhaag  awischen 
ihm  und  den  Excretionsorganen,  so  dass  also  beide  Organsysteme  stets  von  ein- 
ander unabhängig  bleiben.  Zu  vorstehendem  Artikel  findet  man  eine  umfassende 
Literaturangabe  in:  O.  und  A.  Hbrtwig:  Die  Coeleomtheorie.  Jena,  Fischer, 
1881.  Grbch, 

Lepeophtheirus,  Nordmann  (gr.  /efos  Hnut,  phtheir  Laus),  Krebsgattung 
der  Fischlauskrebse  (s.  Caligidcn),  mit  einästigem  ersten  und  vierten  Pereiopodcn- 
paarc,  letzteres  hat  ausserdem  ein  sehr  verlängertes  Hasalgiied;  die  vorderen 
Fühler  ohne  Haftscheibe  an  der  Basis;  das  leute  Segment  des  Fereions  frei, 
ebenso  das  Pleon.  Eine  der  artenreichsten  Gattungen  der  SpaltfUssler  (sa  Arten), 
17  europäische  Arten,  wovon  la  m  der  Nordsee  und  3  in  unserm  SOsswasser, 
nämlich  Z.  Sirifmi  und  X.  sabMHü  an  verschiedenen  Lachsfischen,  L.  sturUm» 
am  Stör.  Ks. 

Limnadia,  Brogniart,  Flossenfloh  (gr.  limnas  im  Sumpfe  lebend),  Krells* 
gattung  der  Flossenflohkrebse  (s.  Ksthcridcn),  mit  sehr  durchscheinendem  swei- 
klappigem  Mantel,  eine  Art,  Limnadui  ji:igiis,  ca.  13  MilHm.  lang,  im  Süsswasser 

in  verschiedenen  Theilen  Kuropa's,  doch  überall  ziemlich  selten.  Ks. 

Lö£fel  ist  die  waidmänni^che  Bezeiclmung  für  die  Ohren  des  Hasen.  RcHW. 


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M 


Maaditen,  s.  Ismacliten.     v.  H. 
Maara,  s.  TscUeremissen.     v.  H. 

Maarulal,  d.  h.  iBergbewohner«.  So  nemieii  sich  die  letgiadwn  Amieii 
(b.  d.).    V.  H, 

Mnseh  oder  Maase.  fieduinenstamm  in  der  Hisina-Ebene  zmatsbrn 
Dschebel  Schera  und  Scbefa  in  Arabien,  etwa  4000  Köpfe  stark,  tiLttbetifiches 
Gesindel  mit  langen  Flinten,  südwestlich  an  den  Stamm  der  Belijji  grenzend,    v.  H. 

Maba  oder  Moba,  Mobba,  Hauptstamm  der  Bewohner  von  Wadai,  welche 
das  Bora  Mabang  oder  die  Mabasprache  reden;  sie  gilt  zugleich  als  allgemeine 
Verkehrssprache.  Die  M.,  welche  alle  edlen  Stämme  des  Landes  umfassen, 
haben  gegenwarug  die  Macht  in  den  Händen,  und  aus  ihrer  Mitte  allein  darf 
der  König  abstammeni  so  dass  kein  Prinz  tat  Reperung  fiüiig  ist,  dessen  Mutter 
nicht  eine  M.  gewesen.  Die  M.  aerilallen  in  eine  bedeutende  Ansahl  von 
Stämmen  und  sind  aUe  echte,  eben  nicht  hlssliche  Neger,  manche  mit  scharf 
vorspringender,  gebogener,  spitziger,  nur  an  den  Flügeln  etwas  breiter  Nase 
und  mit  fleischigen  Lippen,  wogegen  andere  Individuen  zwar  gebogene,  aber 
doch  stumpf  endende,  an  den  Flügeln  selir  breite  Nasen  haben.  Ihre  Hautfarbe 
ist  nicht  ganz  dunkles  Schwarz;  sie  sind  mittelgross,  meist  hager,  mit  schwach 
entwickeltem  Barte.  Die  M.  stehen  in  Gesittung  weit  hinter  den  Kanuri  und 
Bagirrm  zurück  durch  ihren  Mangel  an  Kunst  und  Industrie.  Die  einfachsten 
Hausgerätfae  aus  Kflrbnsdialen  u.  deigl.  sengen  von  einem  Mangel  an  Geschick- 
lichkeit^  an  Schönheits-  und  Kunstsmn,  der  die  M.  in  dieser  Beziehung  auf  die 
niedrigste  Stufe  stellt  Ihre  Wohnstfltten  sind  bedaneriich  weit  von  praktischer 
und  künstlerischer  Vollendung  entfernt,  meist  nur  aus  Pfahlwerk  mit  dazwischen- 
geflochtmem  Rohr  hergestellt,  mit  flach  kegelförmigem  R(dirdach  und  haben 
innen  mir  einen  einzigen  Raum.  Die  Industrie  besteht  in  Fertigung  irdener  Gefasse, 
Flecliten  von  Matten  aus  den  Blättern  der  Delebpalme,  Schmelzen  der  Eisenerze 
und  Verarbeitung  des  Eisens  zu  mancherlei  Geräthcn.  Die  Gewebe  (iTokaki«) 
sind  von  entsetzlicher  Grobheit  und  nur  einzelne  Stämme  zeichnen  sich  durch 
Herstellung  feinerer  Sorten  aus.  Das  l4Uid  wird  bloss  mit  der  Hadce  beaibeitet; 
man  baut  ausser  etwas  Weizen  meist  Durrah  und  Htrse,  Reis  und  sehr  vid 
Baumwolle.  Man  reibt  das  Getreide  zwischen  Steinen  mit  der  Hand;  die  M. 
gehen  barfuss  oder  tragen  bloss  Sandalen.  Die  Frauen  sind  unverschleiert  und 


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2l6 


Mabll»  —  MacdmrebL 


haben  die  SSttt,  den  Umkreis  tun  die  Augen  ta  schwSnen;  man  kttsit  sie  nicht 
aof  den  Mund»  sondern  auf  den  Voideiann.  Die  Walfen  bestehen  meist  nur 
ans  Pfeil  und  Bogen;  Säbel  und  Lans^  Feuergewehre  sind  selten.  Die  Abgaben 
werden  in  Feldfrüchten  und  Hausthieren  entrichtet.    Die  musikalischen  Instrumente 

und  der  Gesang  sind  von  sehr  primitiver  Besc^  nffenheit.  Die  meisten  M.  be- 
kcDnen  sich  7*im  Islam;  in  den  Schulen  lernt  man  etwas  arabisch  lesen  und 
schreiben,  fcs  herr'-cht  Deschneidung  bei  beiden  Geschlechtern.  Dabei  ist  der 
M.  gewaltthätig,  strcitsuchrig,  grausam,  besonder!»  unter  dem  Einflüsse  der 
iMerissa«  oder  »Melissas,  des  gegorenen  Duchn-  oder  Durrahbieres,  dessen  Miss- 
btanch  an  der  Tagesordnung  ist  Die  Vorliebe  für  Merissa  und  auch  Uhr  Liebes* 
hindel  erzeugt  fast  täglich  Mord  und  TodtschUg*  Die  Herrschaft  ist  eine 
monarcbisch'tjrranmscbe  tmd  wird  sum  Wohle  des  Landes  mit  drakonischer 
Strenge  gehandhabt.     v.  H. 

Mabiha.  Bantuvolk  des  Sambesibeckens  zwischen  dem  Nyassasee  und  der 
Mosamlnkküste,  am  unteren  Roviima.     v.  H. 

Mabiti,  s.  MaMrizi,     v.  H. 

Mabode.    Volksstamm  von  noch  nicht  bestimmter  etimologiscber  Stellung, 
wohnt  in  Mittel-Afrika  im  Südwesten  der  Monbuttu.     v.  H. 
Mabongo,  s.  Akka.  H. 

Maboia,  Fm»GBft.  Sdnciden-Gattung.  Kopf  annähernd  viereckig,  Schnauze 
konisch.    Frontoparietale  doppelt  oder  versdimolzen.    Naslodh  seitlich,  nahe 

der  Hinterkante  des  Nasal-Schildes.  2.  Supianasalia.  Unteres  Augenlid  mit 
durchsichtiger  Scheibe.   Gaumen  zahnlos,  hinten  mit  dreieckiger  Kerbe.  Ohren 

ofien.  Leib  spindelförmig  4  massige  Fiisse  mit  je  5  langen  Zehen,  Schuppen 
glatt,  Schwanz  konisch,  spitz.  rräanalschupi>en  annäliemd  gleich.  —  Grosse 
Gattung  mit  zwei  \'crbrcitungsl)ezirken,  nämlich  Indo-i\nstTalien,  vor  allem  die 
Inseln  der  Südsee  (Emtfta  und  Riopa,  Gray)  und  Süd- Amerika  {Mabouia  s. 
Str.,  GfltABD).  V¥. 

Macaaia,  Desk.  (Ctn^eebus,  £t.  Gkowr.},  s.  Inuus,  Gboffr.    y.  Mb. 
Maoirtaina.  Stamm  der  Australier  auf  der  kleinen  australischen  Isa/A  Night 
Island;   er  hat  keine  besonderen  Kiupdinge;  alle  erwachsenen  llinner  haben 

gleiche  Rechte,  sind  sehr  stark,  ausgezeichnete  Schwimmer  und  Taucher.  Die 
Nahrung  besteht  hauptsächlich  ni'«;  Fischen,  Schildkröten,  den  F-iem  von  Schild- 
kröten und  Alligatoren,  Wurzeln  und  einigen  Baumfrüc!iten.  Ihre  Boote  arbeiten 
die  M.  unmittelbar  aus  dem  Baumstamme  selbst.  i>ie  Stellung  der  Frauen  ist 
eine  sehr  untergeordnete.  Die  Verbindung  der  Geschlechter  ist  rein  thierischer 
Art  Der  Stärkere  hat  das  Recht  auf  die  Frauen.  Die  Minner  tragen  gar  keine 
Kleider,  die  Frauen  nur  ein  leichtes  Flechtweik  aus  Bast.  Hguser  kennt  man 
nicht,  nidit  einmal  Hfltten.  Von  einem  höheren  Wesen  haben  die  M.  keine 
Idee,  fflr  ReH^onsflbung  kane  Form.  Sie  sind  friedfertig  unter  «di  und  keine 
Kannibalen.  Die  Todten  werden  auf  den  Zweigen  eines  Baumes  oder  einem 
rohen  Ho!;'qe^tell  befestigt  und  trocknen  dort  zu  Mumien  aus.  ▼«  H. 
Macah,  s.  Clatset.     v.  H. 

Macanitae.  Volksstamm  im  alten  Mauritanien,  wahrscheinlich  ein  Zweig 
der  heutigen  Berber.     v.  H. 

Macarot^a.    Stamm  der  Belschuanen  (s.  d.)  am  Flusse  Sofala.     v.  H. 
Ilacaa,  s.  Macus.    ▼.  H. 
Uacaaaar,  s.  Mankaasaren.  H. 

MaodnirebL  Volkaatamm  im  alten  Mauritanieo,  Östlich  vom  Berge  Zalacus, 


BAccMoIingiiae  -  MMhetc«. 


917 


an  der  Küste.  Ptolemaos  erwähnt  ein  gleichnamiges  Volk  auch  in  den  süd- 
licfaeren  Strichen  Libyens,  ösüicti  neben  den  Daradae.     v.  H. 

Maccacolinguae.  Ein  Zweig  der  Gangaridae  (s.  d.)  am  oberen  Ganges  in 
AlMndien.    v.  H. 

MaccoL  Vdlc  des  Atterthnms  in  Libyen,  sttdltch  vom  Gir,  nach  den  Gaxar 

manten  hin  und  bis  zum  See  Nuba.     v.  H. 

Maccurae.  Volk  des  Alterthums  im  südlichen  Mauritanien,  zwischen  den 
Garaphi  Montes  und  dem  Gebirge  Cinnaba.     v.  H. 

Macedonier.  s.  Makedonicr      v.  H. 

Maccdow lachen,  s.  Makedowlachen.     v.  H. 

Maceguales.  So  nennen  sich  noch  heute  die  Indianer  Yucatans,  nie  Yuca- 
tecos,  weldies  eine  spanische  Besddioung  ist.  Macegual  hetsst  Eingeboiener  des 
>foya>Landes,  s.  Maya.    v.  H. 

ISMgniivraya  (nach  John  MACGiLLivitAY,  Naturforscher  auf  dem  englischen 
Schiff  Ratdesnake,  1846 — 1850,  Sohn  des  William  M.,  der  1844  Ober  die  Mollusken 
Schottlands  gesdirieboi),  ForbisiSsi,  eme  kleim^  freiimoffenenlifeer  schwimmende 

Schnecke  mit  dünner  kugeliger  Spiralschale  und  hornigem  concentrischen  Deckel; 
angeblich  4  Fühler  und  am  Fuss  ein  blasiger  Schwimmapparat,  ähnlich  dem- 
jenigen bei  Janthinn;  am  Mantel  ein  verlängerter  Stpho  und  am  Hals  4  vor- 
stehende Hautlappen.  Keibplatte  taeniogloss.  An  der  Üstküste  von  Australien 
und  bei  den  Philippinen  beobachtet  Ist  walirscheinlich  nur  der  erste  Jugendzu- 
stand einer  andern  bekannten  Schneckengattung.  £.  v.  M. 
Macha,  s.  Solen.    E.  v.  M. 

MachacOT»  oder  Machacalis.  Indianer^mm  am  Mucury  in  Brasilien,  mit 
den  Fatacbos  messt  gegen  die  Botokuden  (s.  d.)  verbündet;  die  Gefangenen 
scheinen  wie  Sklaven  behandelt  zu  werden,    v.  H. 

Machacha».  Bantustamm  Süd«Afiika's.    v.  H. 

Machaerhamphus ,  Westerm.  (gr.  machaira  Messer,  rhamphos  Schnabel)» 
Raubvogelgattung  der  Familie  Folconidae,  zur  Untergruppe  der  Bussarde  (Butco- 
ninae)  gehörig,  durch  einen  eigenartijz:  geformten  Schnabel  ausgezeichnet,  welcher 
stark  zusammengedrückt,  an  dem  vorderen  Theile  der  Firste  fast  niesserartig 
scharf  ist,  Hinterkopffedern  zu  einem  Schopf  verlängert,  längliche,  fast  horizontal 
liegende  Nasenlöcher,  im  übrigen  von  der  Gestalt  der  Bussarde.  Zwei  Arten: 
M.  aUinrns,  Wisterm.,  in  Malacka,  M.  Anderssani,  Gurn.,  in  Sfldwest-Alrika  und 
Madagaskar.  Rcrw. 

liadiaeroplax,  s.  Margarita.    £.  v.  M. 

Madiahrodua,  YJcar,  Gotop.  (Drepamdon,  Nesti,  Smilodfn,  Ltwo)»  fossile 
aitenieiche  Camivorengattung  der  Familie  FeUda^  s.  Felis»  L.     v.  Ms. 

lladidtiinkuli,  Tflikmenenstamm  arabischen  Ursprungs,  angeblich  von  Abu* 
Bekr  abstammend,    v.  H. 

Machelonea,  Stamm  der  alten  Kolchier  (s.  d.),  diesseits  des  Fhasis  wohn- 
haft.    V.  H. 

Machetegit  nach  Ftolemäos  eine  in  den  nöidlichen  Strichen  Skythiens 

wohnhafte  Völkerschaft  des  Alterthums.     v.  H. 

Machetes,  Cuv.  (gr.  Kämpfer),  riiilomachus,  Moehk,,  Gattung;  der  Schnepfen- 
vögel (Scahpacidat),  nahe  verwandt  mit  den  Wasser  lau  fern  (Totanus),  von  diesen 
nur  durch  einen  etwas  kürzeren  und  stärkeren  Schnabel  und  durch  einen  Feder- 
kragen unterschieden,  mit  welchem  die  Männchen  im  Hochzeitskleide  geschmückt 


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2l8 


MmM  —  Madore«. 


sind.  Die  Gattung  wird  durch  nur  dne  Ait^  den  Kampfläufer  oder  Kampf- 
hahn (M,  pugmx^  L.)  vertreten.   Seine  Heimath  ist  der  Norden  Europa's  und 

Asiens,  besonders  die  Meeresküste,  als  Zugvogel  erscheint  er  in  Afrika.  Grosse  , 
Sumpfflächen,  wie  sie  der  Kiebitz  liebt,  bilden  seinen  Aufenthaltsort.  Die  Auf-  ' 
rei^ung,  in  welche  die  männlichen  Individuen  durch  den  Fortpflanzungstrieb  ver- 
setzt werden,  und  welche  die  Veranlassung  zu  l^cständigen  Kämpfen  derselben 
untereinander  wird,  hat  der  Art  den  Namen  verliehen.  Auf  bestimmten  Platzen,  \ 
welche  alljährlich  wieder  aufgesucht  werden,  versammeln  sich  die  Männchen  zur 
Paarungszeit,  um  ihre  Zweikämpfe  ausaafischten.  Mit  sdüldförmig  ausgebratetem 
Kragen  und  eingezogenem  Halse  fahren  sie  aufeinander  los  und  stossen  mit 
den  vorgestreckten  Schnäbeln.  Bei  der  Stumpfheit  und  Weichheit  der  letzteren 
kommen  Veiletzungen  indessen  niemals  vor,  und  die  ganze  Fechtweise  macht 
Oberhaupt  mehr  den  Eindruck  eines  Turniers  als  erbitterten,  durch  Eifersucht 
hervorgerufenen  Zweikampfes.  Die  Färbung  der  männlichen  Kampfläufer  ist  sehr 
verschieden,  grau,  braun  oder  gelbbraun  mit  dunkler  Zeichnung;  der  Halskragen, 
weiss,  gelbbraun,  rothbraun  oder  schwarz,  bald  einfarbig,  bald  dunkel  gedeckt 
oder  gebändert.  Die  Weibchen  haben  üchriepfenartiges  Gefieder.  In  der  Grösse 
übertreffen  sie  die  Bekassine.  Nahrungs»  und  Nistweise,  wie  Färbung  der  Eier 
gleichen  denjenigen  der  Wasserläufer.  Rchw. 

Ma^,  Negerstamm  Obeiguineas,  spricht  die  Ewe-Spracbe.    v.  H. 

Machicuy,  zahlreiches  BMÜanervolk  Sttd*Amerika's,  am  Pilcomayor  wahr- 
scheinlich mit  den  Lule  verwandt.     v.  H. 

Machiiis,  T,atr  ,  Steinhüpfer,  s.  Thysantira.      E.  Tc. 

Machinga,  Bantustamm  nördlich  vom  Kovuma  in  Süd-Afrika.     v.  H. 

Machlyes,  Volksstamm  in  der  alten  Provinz  Alrica  propria,  Nachbarn  der 
Lotophagen  (s.  d.)  am  westlichen  Ufer  des  Triton.     v.  H, 

Machonas,  Stamm  der  Bantu  (s.  d.)  nördlich  von  Transvaal,  in  der  Nähe 
des  Limpopo.  Ursprünglich  zwischen  Limpopo  und  Sambesi  sesshaft,  sind  sie 
jetzt  durch  die  Matebele  nordwärts  gedrängt  worden,     v.  H. 

IfochoainB  oder  Massuenka,  Negervolk  Senegambiens  zwischen  den  Flüssen 
Brassu  und  Cacheo,  im  Süden  des  Casamance.  Die  M.  sind  Heiden,  glauben 
an  Zauberspuk,  feilen  sich  die  Zähne  und  haben  das  Gottesgcriclit  des  Mansone- 
Trankes.  Die  Männer  beschneiden  sich,  die  Weiber  haben  grosse  Narben  am 
Körper.  Sie  leben  in  Vielweiberei  und  L'nmässigkeit,  ziehen  etwas  Reis  und 
bringen  Wachs,  Häute,  Elfenbein  und  Kolanüsse  zu  Markte.  Mehrere  M.-Familien 
haben  sich  in  der  Nälie  von  Sedhiu  angesiedelt,  um  dort  Arachiden  zu  bauen,   v.  H. 

Machpela.  Die  Stätte  (Doppelhöhle)  in  Palästina,  welche  der  Hethiter 
Ephron  an  Abraham  zum  Erbbegräbniss  flberliess.  In  der  Art  der  Bestattung  in 
Felsenhöhlen  folgte  Abraham  dem  Brauche  der  Ureinwohner  Kanaans.    C  M. 

ISadiurebi,  s.  Macchurebi.     v.  H. 

Machures,  Völkerschaft  im  alten  Mauritanien,  südlich  von  den  Baniuri.    v.  H. 

Machusii,  Völkerschaft  im  alten  Maurifnnien,  westlich  von  den  Macchurebi,  I 
nördlich  vom  Berge  Zalacus  und  bis  zur  Mundung  des  Chinalaph.     v.  H. 

Machyni,  I.ibophönikischer  Volksstamm  im  nördlichen  Theile  der  alten 
Provinz  Africa  propria.      v.  H. 

Matkel  K  Brachsen  (s.  d.).  Ks. 

Mbdcenootewaysi  Stamm  der  Oregonindianer,    v.  H. 

Madurea  (nach  dem  frühesten  Geologen  in  Nord-Amerika,  Will.  AIaclurb 
benannt,  (uisprünglich  MadurUis),  Lbsueur  1818,  altfosnle  SchnedteogiUtung, 


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Macoco»  —  Macrocfaeihn. 


aoscbeinend  unter  den  lebenden  am  ehesten  mit  Solarium  verwandt,  von  anderen 
neben  Btikr0phen  gestellt,  Itnksgewunden,  oben  ganz  flach,  in  der  Peripherie 
kantig,  unten  gewölbt  und  weitgenabelt;  Deckel  konisch.  SOurisch  in  Nord- 
Amerika  und  Schottland.    E.  v.  M. 

Macocon»  Neger  des  sttdwesdtchen  Centrai-Afrika,    v.  H. 

Macoma,  s.  Tellina.     E.  v.  M. 

Maconis,  Camacam-Indianer  in  der  Nähe  von  Bahia.     v.  H. 

Macoretae.  Sie  gehörten  wahrscheinlich  pJs  Unterabtheilung  oder  doch  als 
abhängiger  Stamm  2U  den  Minäem  (s.  d.)  in  Arabien  und  werden  von  Ftol£mäos 
erwähnt.     v.  H. 

Macos  oder  riaros.    Salivi-Indianer  am  Catanaipo  in  Neu-Granada.     v.  H. 

Macoyahui,  unklasäihcirte  Indianer  in  Sonora  und  Sinaloa.     v.  H. 

Mactpudna,  Stamm  der  eigentlichen  Betichnanen  (s.  d.).    v.  H. 

Ifacquarie,  Australterhorde  in  der  Umgebung  des  gleichnamigen  Hafens,  v.  H. 

Macrauchenia,  Owen,  fossile  Sftugethiergattung  der  Familie  Faktt^herma 
(s.  d.),  mit  langen  schlanken  Halswirbeln,  diese  mit  nicht  durchbohrten  Querfort- 
sitien;  FUsse  dreizehig;  f  Backzähne;  die  3  vorderen  LUckencihne  einfisch, 
letzter  Backaahn  (unten)  2  höckerig.  Die  M.  erreichten  die  Grösse  der  stärksten 
Kamele,  an  welche  auch  die  Bildung  der  Halswirbelsäule  erinnert.  —  Hierher 
die  pliocene  Form  M.  patagonica,  Owen,  aus  Süd-Amerika.     v.  Ms. 

Macrini.    Nach  Ptoi.fmäos  eine  Völkerschaft  im  alten  Korsica.     v.  H. 

Macrobier.  Dieses  Volk,  welches  nach  Herodot  am  südlichen  Meere 
Aethiopiens  wohnen  sollte,  sieht  Heeren  fiir  die  \  urt'ahren  der  heutigen  Somal 
(s.  d)  zwischen  der  Strasse  Bab-el-Mandeb  und  dem  Kap  Guardafui  an. 
Weniger  wahrscheinlich  hSlt  Bruck  die  heutigen  Schangalla  fttr  die  Nachkommen 
der  alten  II  H. 

Macrobiotus»  Schulze  (gr.  langlebig),  s.  Tazdigrada.    E.  To. 

llfacrocalamiia,  Gthr.  Unbedeutende  indische  Qüamariiden-Gattung.  Pf. 

Macrocephalt,  s.  Macrones.     £.  v.  M. 

Macrocenif  Mbig.  (gr.  lang  und  Horn),  Langhommtlcke,  eine  aus  zier- 
lichen, seltenen,  ca.  16  europäischen  Arten  bestehende  Oattung  der  Pilzmiicken, 
Mycetophilidae  (s.  d.),  welche  durch  ihre  ungewöhnlich  langen  und  schlanken 
Fühler  ausgezeichnet  ist;  ausserdem  sind  in  den  FUigeln  die  3.  Längsader  ober- 
halb der  kleinen  Querader  gegabelt,  der  vordere  Zinken  kurz  und  steil,  die 
4.  LSngsader  fast  in  der  Flügelmilte  von  der  5.  abgezweigt  und  die  Hüften  stark 
verlängert.    E.  To. 

Ifacrocenunns  (gr.  langschalig),  Gtnu>OffG  1828«  Landschneckengattung^ 
charakteristisch  fUr  die  westindischen  Inseln,  Shntich  Buikiuts,  mit  zahlreichen. 
(9 — 12)  schmalen,  nur  langsam  zunehmenden  Windungen,  daher  die  MUndung 
viel  weniger  als  die  Hälfte  der  Höhe  einnehmend,  Mündungsrand  einfach;  meist 
weiss,  mit  feiner  dunkler  Farbenzeichnung.  Nicht  über  2  Centim.  lang,  meist 
kleiner.  Kiefer  dünn  mit  feinen  Kippen;  Keibplatte  mit  sehr  kleinem  Mittelzahn 
wie  bei  Otostomus.     E.  v.  M. 

Macrochaeta,  Gritbe  (griech.  =  grosse  Borste),  Gattung  der  Borstenwürmer, 
Ord.  Noiobranciuata^  Farn.  AmyiiiUu,  Grube.  Ehlers  rechnet  sie  fraglich  zu 
seiner  grossen  Familie  Syttidae  neben  Autolytus,  Wo. 

Macrocheilus  (gr.  langlippig),  Phillips  186  i,  fossile  Schneckengattung  vom 
allgemeinen  Aussehen  eines  Buuimm,  aber  mit  nur  sehr  schwacher  Ausbiegung 


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2XO 


Macrocheljrs  —  Macronyx. 


des  unteren  MflitdiingsiiHides;  Spindelrsuid  wulstig  gedreht,  Aussentand  dUnn. 
Palaeo-  und  mesozoisch,  vom  Devon  bis  in  die  Trias;  M.  arfiUahts,  Schlotheim, 
mit  treppenförmig  abgesetzten  Windungen,  ähnlich  wie  Efiuma,  $  Centim.  lang, 
im  Devon  der  Eifel;  andere  Arten  im  Kohlenkalk.  Diese  Gattung  scheint 
nüchstverwandt  mit  den  durchschnittlich  späteren  Fseudomelanien  (vergl. 
Chemnitzia,  Band  II,  pag.  1 1 2),  von  denen  sie  sich  durch  minder  langgezogene 
mehr  eifötniiijc  Gestalt  unterscheidet,  und  wird,  wie  diese,  bald  mit  den  .Nfela- 
nien,  bald  mit  den  Pyramidelliden  unter  den  lebenden  Gastropoden  ver- 
glichen; von  den  letzteren  weicht  sie  durcli  die  einfache  Spitie  ab,  die  nicht 
aus  der  normalen  Spiralrichtung  heraustritt.     E.  v.  M. 

MacrodielsrB,  Gmy,  ^  Macr^eiemmys,  Gray.  Pf. 

Macrodemmys,  Gray.  NeuweltUche  Emyden-Gattung.  Ff. 

MacrocoluB,  Wagn.  =  Di^dffmys,  Gray,  s.  Saccomyina,  Baird.     v.  Ms. 

Macrodipteryx,  Sws.  ^r.  makros  lang,  SpUryx  doppelflügelig),  Untergattung 

von  Caprhnafiris,  T>.  Rcnw. 

Macrodus,  Gray,  s.  Paradoxurus,  F.  Cuv.     v.  Ms. 

Macroglossa,  Ochsf.nh.  (gr.  gross,  Zunge),  Rüsselschwärmer,  Gattung 
der  Dämmerungsfalter,  welche  bei  Tage  fliegen  uud  bich  durcii  einen  breiten, 
mit  Schwanzbüschel  versehenen  Hinterleib  auszeichnen.  Ihre  löfüssigen  Raupen 
tragen  auf  dem  Rücken  des  vorletzten  Gliedes  ein  Horn.  Hierher  von  den 
7  Europäern  M>  st^atarum  (Karpfen«  oder  TaubenschwXnzchen).    E.  To. 

Macroglossus,  F.  Cuv.  (»Grosszünglcr«),  Fledermausgattung  der  Fam. 
J^eropina,  Bon.  (zu  den  CMropUra  frugivora,  Wagm.,  gehörig),  mit  rQsselfÖrmiger 
langer,  dttnner  Schnause,  wunnfbraiig  vorstreckbarer  Zunge,  kunero,  aus  dem 
(oben  dicht  behaarten)  Ihterfemoralpatag^um  hervorragendem  Schwänze,  kurzen, 
schmalen  Ohren,  \  Schneidezähnen,  \  Eckzähnen,  f  Backzähnen.  Hierher  die  (eine) 
Art,  Af.  minimus,  Gkoffr.,  aus  dem  ostindischen  Archipel,  angeblich  auch  am 
indischen  Festbnde;  Farbe  oben  röthlich  nelkenbraun,  unten  heiler.  Patagium 
röthlirhbraun.    R  jrper  ca.  9  Centim.    Flugweite  29  Centim.     v.  Ms. 

Macrolepidoptcra  (gr.  gross,  Schuppe,  Flügel),  Grossschmetteilinge,  s. 
Schmetterimg.     K.  Tg. 

Macromenu,  A.  Sm.,     I^opithecus,  Benn.   (s.  d.).     v.  Ms, 

Macrones,  Volk  des  Alterthums,  welches  östlich  neben  den  Kolchiem  in 
der  aaatischen  Landschaft  Pontns  wohnte,  härene  Klddnng  trug  mid  als  Wallen 
bloss  Lanzen  und  Schilde  aus  Korbgeflecht  führte,  hölzerne  ^mhauben,  kleine 
Schilde  und  kurze  Lanzen  mit  langen  Spitzen.  Nach  Strabo  wären  sie  dasselbe 
Volk,  das  zu  seiner  Zeit  Sanni  hiess,  ein  roher,  unabhängig  lebender  Stamm,  der 
Später  dtirch  Kaiser  Justinian  civilisirt  und  zum  Christenthume  bekehrt  wurde. 
Die  M.  sind  wohl  anch  dasselbe  Volk,  welches  ^Tacrocephali  genannt^  wurde  und 
die  Sitte  hatte,  den  Köpfen  der  Neugeborncn  durch  Drücken  und  Binden  eine 
abnorme  Form  7X\  geben.  Wie  bei  den  Kolchiem  war  bei  ihnen  die  Bc- 
schneidime  eingeführt.      v.  H. 

Macronyx,  Sws.  (gr.  niakros  lang,  onyx  Nagel),  Gattung  der  Vogelgruppe 
Motacillinae,  nahe  verwandt  mit  den  Piepern  {Anthus),  aber  durch  kräftigeren, 
mehr  demjenigen  der  Lerdi«i  ähnHchoi  Schnabel,  rundere  Flügel,  in  welchen  s. 
bis  5.  Schwinge  am  längsten,  auch  die  6.  nur  wenig  länger  als  diese  ist,  und  da- 
durch unterschieden,  dass  der  untetste  Theil  des  Sdienkels  oberhalb  des  Fuss- 
gelenks nackt  ist.   In  der  Färbung  weichen  die  Vögel  von  den  Piepern  darin 


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Macrophis  —  Macropodus. 


ab,  dass  die  Unterseite  gelb  oder  roth  geförbt  ist.  Die  Gattung  ist  ausschliesslich 
afrikanisch  und  umfasst  ein  halbes  Dutzend  Arten.  Typns:  M.  capensis,L.  RCHW. 

Macrophis,  Boc  a^e,  Unbedeutende  Natricinen-Üattung.  Pf. 

Macrophya  (gr.  lanjgewaclisen).  Nach  Harth;  eine  lilattwespengattuns^, 
die  sich  von  TnUhredo  durch  die  starke  Verlängerung  und  Verdickung  der 
Ifinterhflften  ttnterscheidet    £.  Tc. 

Macrophylliiin,  Gray,  brasilianische  Fledermausgattung  zur  Unterfam.  der 
Vamfyrina  (Faiii.  ^ßostoma^  Wagn.,  Fbt.)  gehörig.  Interfemoralpataj^um  ab* 
gesetzt.  Schwanz  bis  an  dessen  Rand  reichend.  Hufeisen  deutlich,  f  Backzähne. 
Hierher  NeuwietUi,  Gray,  einfarbig  nussbraun,  Schwanz  fast  von  Köiperlftnge, 
letztere  5  Centim      v.  Ms. 

Macrophyllum,  Schmarda  (Griech.  =  Grosses  Blatt).  (Gattung  der  Eorsten- 
würmer,  Fam.  PityHododdaey  neben  Fhyllodoce;  ausgezeichnet  durch  einen  Ijreiten, 
in  viele  schmale  Segmente  gegliederten  Körper  und  nur  zwei  Tentakel.  Wd. 

Macropodida,  Owen,  >Springbcutler<,  Familie  der  '^^KAxX^vtx^  (MarsupiaUot 
Illig.)  zur  OwBN'schen  Untcford.  Poepha^a  gehörig;  Vorderbeine  meist  betiflchtüch 
vefkflrst  mit  $  bekrallten  Zehen,  die  kräftigen  sehr  verlängerten  Hinterbeine  ohne 
Innenxehe,  2.  und  3.  Zehe  verwachsen,  4.  und  5.  verlängert  mit  hnfintigen 
Krallen.  Lendengegend  sehr  stark  entwickelt.  Schwanz  an  der  Basis  in  der  Regel 
verdickt,  lang.  Afarsupium  ausgebildet,  Magen  colonartig,  Coecum  lang,  meist 
4  Zitzen,  28 — 30  Zähne  und  zwar  \  Schneidez.,  %  oder  \  Eckz.,  \  Lückz.,  \  Barkz. 
Durchwegs  Pflanzenfresser,  beschränkt  anf  Australien  und  Neuguinea,  lieber 
50  Arten,  die  sich  (nach  J.  A.  Wac;nkr,  V.  Carus)  auf  die  Gattungen  Macropus, 
Shaw.,  D&rcopsts,  Mull,  und  Schleüel,  Hypüprymnus,  111.,  und  Dendrolagus,  Mull. 
und  ScHLEGBL  vciüieilen.  (S.  die  Art  Aber  die  ehuelnen  Gatt).  —  Englische 
Autoren  (Watbrhouse)  unterscheiden  to  Genera  fjMEirr^^«r,  Osphrankrt  ffalmaturuSf 
Peti^gakf  DenA^fib^us,  Ihrcopsis,  OfyfcA^foiea,  Lagorckt^t  BUton^ia  und  Hypä- 
prymnus).  Dazu  kommen  die  fossilen  OwEN'schen  Gattungen  Diprofyfäanf  NUth 
ikcrium  (Zygomaturus,  Macleay),  Stereognaihus  \\.  v.  a.  (s.  d.).     v.  Ms. 

Macropodus,  LacSp.,  Gattung  der  Stachcltlosserfisch-Famiiie  Lixbyrhühici. 
Kiemendeckel  unbewehrt,  vomcr  und  Gaumen  zahnlos,  Flossen,  mit  .Vusnahnie 
der  Brustflossen,  verlängert,  Schwanztiosse  gegabelt  M.  viridi-aurattis,  Lac. 
(Macropus  veiiuslus,  Clv,),  der  Paradiesfisch  oder  Grossflosser,  aus  China.  Man 
kennt  diese  Art  nur  im  domesticirten  Zustand,  und  sie  ist  wahrscheinlich  nur 
eine  durch  künstliche  Züchtung  entstandene  Form  der  Gattung  Pofyaeantkm, 
welche  letztere  sich  nur  durch  gerundete  Sdiwanzflosse  unterscheidet  Das 
Männchen  hat  grössere  Flossen  und  lebhaftere  Farben,  also  ein  erheblicher 
Geschlechtsdimorphismus,  besonders  zur  Laichzeit  1869  wurden  von  dem 
französischen  Consul  Simon  in  Kanton  wenige  Exemplare  nach  Europa  gebracht, 
und  von  dem  Ftschzüchter  Carbonnier  aufgezogen.  Diese  wurden  die  Stanim- 
eltem  all  der  jet?«^  liberal!  in  den  Aquarien  Europa's  gehaltenen  Individuen.  Der 
Fisch  verdankt  seine  Beliebtheit  dem  Umstand,  dass  er  ebenso  oder  noch  leichter 
Imitüar  ist,  als  der  Goldfisch,  den  er  an  Farbenpracht  noch  übcrlritTt,  dass  er 
leicht  zur  Por^flanzung  gebracht  weiden  und  weiter  gezüchtet  werden  kann,  dass 
er  endlich  hohes  Interesse  erregt  durdi  sdnen  eigenthttmlichen  Nestbau  und 
seine  Brutpßege,  welche,  wie  meistens  bei  den  Fisdien,  das  MXnnchen  besorgt. 
Sobald  das  Wasser  sich  etwas  erwaimt  im  Beginn  des  Sommers,  bei  künsdicher 
Wärme  auch  früher  bei  14—15^  R.,  macht  das  Männchen  eine  Art  Nest  aus 
Schaumblaseni  die  es  durch  Verschlucken  und  nachher  Ausstossen  von  Luft  er- 


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Maeropogone»  —  Muroput. 


zeugt,  an  der  Oberfläche  des  Wassers.  Dann  werden  nach  vorangegangenem 
LiebesBpiel  mit  pfituenartiger  Entfaltung  der  Flossen  and  höherer  Färbung  von 
Seiten  des  Männchens  die  vom  Weibchen  entteerten  mohnsamenkomgrossen 
Eier  befruchtet,  in  das  Schaumnest  gebracht  und  mit  Eifer  bewacht,  die  Schaum- 
decke  vnrd  von  ihm  erneuert  und  in  Stand  gehaltm,  das  Weibchen  aber  kümmert 
sich  nicht  darum,  wird  sogar  von  dem  Männchen  vertrieben,  da  es  gern  die 
eigenen  Kier  aiiffrisst,  nndere  Lebewesen  werden  noch  weniger  liier  ijeduldet. 
Die  Begattung  und  das  Laichen  wird  alle  lo  Minuten  mehrere  Stunden  lang 
wiederholt.  Schon  nach  ca.  60  Stunden  schhipfen  die  nun  ca.  2  Millim.  langen 
jungen  Fischchen  aus  dem  Ki,  aber  nocli  in  Kaulquappengestalt  und  mit  ziemlich 
grossem  Dottersack.  Sie  haben  daher  eine  Metamorphose  durchzumachen; 
erst  nach  5—7  Tagen  erhalten  sie  die  Fischgestalt,  und  nadi  ca.  to  Tagen  sind 
sie  filhig,  dafi  Nest  zu  verlassen  und  selbstständig  Nahrung  su  suchen.  Bis  da- 
hin hatte  das  Männchen  das  Nest  und  die  Jungen  bewacht,  etwa  2a  frtth  aus  dem 
Nest  entflohene  wurden  mit  dem  Mund  erfosst  und  zurückgebracht,  bis  die  Flucht 
der  Jungen  allgemein  geworden  ist.  Von  da  an  bekümmert  sich  das  Männchen 
nicht  mehr  um  seine  Jungen,  frisst  sie  sogar  häufig  auf,  wenn  man  sie  nicht 
trennt.  Dann  l)eginnt  das  Liebesspiel,  das  Laichen  und  der  Nestbau  von  Neuem, 
und  es  folgen  so  3 — 6  Brutperioden  von  Mai  bis  August  aufeinander,  je  wärmer 
die  Witterung  und  damit  das  Wasser,  desto  mehr.  Da  jedesmal  300 — 600  tier 
gelegt  werden,  so  könnten  in  einem  Sommer  3000  Junge  und  mehr  erzeugt 
werden,  was  aber  selten  ist.  Eine  junge  Brut  von  loo  Fischchen  zu  erhalten,  ist 
schon  ein  gutes  Resultat,  auch  in  financieller  Beziehung,  da  das  Paar  immer 
noch  3—5  Mk.  kostet  (Anfangs  wurde  das  Paar  mit  300  Mk.  und  mehr  be- 
zahlt.) Im  dritten,  zuweilen  auch  schon  im  zweiten  Jahr  werden  die  Jungen  fort- 
pflanznn£Tsfahii:  Kmährung  der  Alten  mit  Fleisch  oder  zerhackten  Regen\%1irmem, 
die  der  Jungen  Anfangs  mit  Infusorien  (Heninfus  oder  in  Wasser  mit  Pflanzen- 
wuchs), sj)atcr  durch  zerquetschte  Anieisenpupiicn  und  kleine  Crustaceen  oder 
fein  geschabtes  Fleisch.  Die  EigenthUmlichkeit  im  Athmen  der  Labynatnüsche 
äussert  sich  bei  dem  Murn^dus  höchstens  in  läufigem  Einschnappen  von  Luft 
auch  ausserhalb  der  Laichzeit  Ins  Trockene  begiebt  sich  diese  Art  nie.  Der 
Fisrh  wird  leicht  zahm,  frisst  Bissen  aus  der  Hand,  verträgt  sich  aber  schlecht 
mit  seinesgleichen.  Klz. 

Macropogone^.  Eine  ausser  ihrem  Namen  unbekannte  Völkerschaft  im 
alten  enronliscIiLii  Sarmatien.     V.  H. 

Macropotodon,  Guicheno  r,  =  Coronelia  Laürenti.  Pf. 

MaCropS,  WaGLEK,  =  /frrp,-!oJryaS,  BoiE.  Pf. 

Macropus,  Shaw,  syn.  Jlnimaturus,  Illic.  »Kanguruc,  Beuteitiuergattung  der 
Fam.  Macropodida,  Owen  (s.  d.).  —  Charakt  Merkmale:  28—30  Zähne,  obere 
Schneidezähne  gleich  lang,  hinterster  gefurcht^  breit;  ^  bisweilen  ein  winziger  oberer 
Eckzahn  vorhanden.  Vorderbeine  sehr  klein,  2.  und  3.  Hintersehe  verbunden, 
Vordemägel  unten  ausgehöhlt  Die  zahlreichen  (einige  30)  Arten  vertheilen  »ch 
auf  nachstehende  Untergattungen,  i.  .A/<K:riy»«j,  Water h.,  Statur  sehrg^ross,  Muf- 
fel behaart,  hinterster  oberer  Schneidezahn  sehr  breit,  dop])elt  gefurcht.  M,  gigan- 
teus,  SCHREBER,  grosscs  oder  Riescnkänguru,  Körper  2  Meter,  Schwanz  90  Centim. 
lang.  Gewicht  bis  150  Kilo.  $  viel  kleiner  als  ^.  Die  glatte  und  dichte  Be- 
haarung oben  braun,  gemischt  mit  Grau,  Unterseite  weisslich.  Ohren  gross,  zu- 
gespitzt, an  der  Innenseite  weiss.  Schwanzspitze  schwarz.  —  Scheue,  furchtsame 
in  kleinen  Trupps  die  grasigen,  mit  Buschwerk  bestandenen  Ebenen  tmd  HOgel« 


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Macropygia  —  Macrorliamphus. 


»«3 


gegenden  von  NeusUdwales  tmd  Vandiemensland  belebende  Thiere.  Werden  des 
Fleisches  wegen  (wie  die  Macropus-K\i^v\  Uberhaupt)  eifrig  gejagt.  2.  OnychogaUa, 
Gray,  Statur  kleiner,  zierlich,  MufTel  wie  vorhin.  Hinterer  oberer  Schneidezahn 
nicht  breiter  als  der  vordere,  mit  einer  i  urc  lie.  Schwan/spitze  mit  einem  Hornnagel. 
M.  ungui/er,  Gould,  weissscltwän^igcs  Känguru,  ein  kleiner  Eckiahn  vorhanden. 
Vt\i  üben  blass  röthlichockerfarben,  Kopf,  Extremitäten,  und  der  sehr  lange 
Sdiwans  weiss,  Bauch  wdssUch.  —  Nordwestktlste  Neuhollands.  M,  fremüiust 
GouLO,  »Gezäumtesc  Känguru,  Neusttdwales.  etc.  LagcrthesUs,  Gouu».  Kleine, 
etwa  Hasengrösse  eneichende  Formen,  mit  kleinem,  einfach  geforchtero  hinterem 
oberen  Schneidezahn,  Muffel  wie  vorhin.  —  M.  kporoides,  GoULD.  Hasenkänguru. 
Aehnelt  auch  in  dcrFarl>e  unseren  Hasen,  Süd  Australien;  diesem  sehr  ähnlich  ist  das 
Brillenkänquni,  M.  conspic Hiatus,  mit  leblialter  rostfarbiger  Umsäumung  der  Auf^en, 
u.  e.  a.  4.  Halniaturus,  Watfrii.,  Muffel  nackt,  sonst  im  Wesentlichen  mit  den  vorher- 
gehenden Untergattungen  übereinstimmend.  (H.)  M.  tintihpmus  Wa  fi  kh. 
Das  Antilopenkänguru  erreicht  die  Grösse  des  Rtesenkängurus.  —  Behaarung 
kurz,  starr,  oben  rostroth  unten  licht  ros^dblich  bis  we^ich.  Noid>Austratien.  — 
BameiH,  Watbkh.  Das  BENNErr'sche  oder  ros^raue  Känguru.  Körper  meter- 
lang; dunkelgrau,  oben  rostbrftunlich  überflogen;  unten  graulichweiss,  sahireich 
in  den  dichten,  feuchten  Wäldern  Vandiemensland.  Fleisch  und  Fell  sehr  ge- 
scb&tst.  —  Ein  Gebirgsbewohner  des  Innern  von  NtHisüdwales  ist  das  kräftige, 
untersetzt  gebaute  Felsenkänguru,  AI.  robusfus,  Goui  n.  Hier  schliessen  sich  unter 
anderen  an :  iV/.  agiiis,  Waikkii.  (Sumpfdistrikte  von  Nord-Australien),  dasrothhalsige 
(M.  ruficollis)  u.  schwar/.scluvän/igc  Känguru.  (M.  ualcibatus,  Lr.ss.,  tuinoralis,  Wagn.) 
beide  in  Neusüdwales,  erstcres  auch  in  Vandiemensland;  das  westliche  Australien 
bewohnt  das  Dama-Känguru,  A/.  £ugoin,  Less.,  u.  M,  dtrbianust  Waterh.  etc.  — 
$.  PHrcgakf  Gray  (hderopus,  Joukd.),  ebenfalls  durch  nackte  Muffel  ausgezeichnet; 
Schwanz  aber  cylindrisch  (an  der  Basis  nicht  verdickt)  nicht  zum  Aufstemmen 
geeignet  namenüich  gegen  die  Spitze  hingbehaaft,  die  kräftigen  Hinterbeine  re> 
lativ  kurz.  Der  hintere,  obere,  einfach  gefurchte  Schneidezahn  schmaler  als  der 
vordere.  —  Felsenhewohner.  M.  penicU/atus,  Gray,  Pinselschwänziges  Felsenkän- 
guru, »gepinseltes  K.<  Oben  dunkel  aschbraun  mit  Purpurschimmer,  seitlich  russ- 
braun, nach  hinten  sclmarz.  Vorderhals  und  Brust  mit  weisser  l.nngsbinde. 
Bauch  rostigbraun  oder  gelbhch.  Korper  65,  Schwanz  60  CeuUiii.  lang.  —  In 
höhleoreichen  felsigen  Gebirgen  von  Neusüdwales  schaarenweisc  lebend;  sind 
ausgezächnete  Springer,  äsen  zur  Nachtzeit  —  Hierher  noch  die  Arten  M.  üf- 
UnUis,  Watbrh.  (Schwanenflussdistrikt).  M.  braeAyaUts,  Gould,  u.  M.  tcnamuis, 
Waterh.  Beide  von  der  Nordwestkttste  Australiens  etc.  —  Fossil  (m  jungen 
Ablagerungen  Australiens)  Macropus  jfläiM,  Owbh  (bedeutend  grösser  als  der  re- 
oente  M.  giganteus).    M.  Atlas,  Owen,  etc.     v.  Ms. 

Macropygia,  Sws.  (gr.  makros  lang,  pyge  Stetss),  Taubengattung,  durch  langen 
stufigen  Schwanz  ausgezeichnet  wie  die  Wandertaube  (Ectop'istcs)  und  von  dieser 
vielleicht  kaum  generisch  zu  trennen.  Man  /ahlt  hierher  gegenwärtig  etwa 
20  Arten,  welche  die  papuasischen  und  malayischen  Inseln,  die  Thilippincn,  In- 
dien, Ceylon,  die  Nikobaien  und  Neu-Caledonien  bewohnen.  Rchw. 

llacrofliamphtts»  Leach,  (gr.  «Nwyvf  lang,  rkampüos  Schnabel),  Gattung  der 
Schnepfenvflgd  (Seaiopaiidae),  an  Limosa  sich  anschliessend,  mit  «ehr  langem 
Schnabel,  dessen  weiche  Spitze  indessen  wie  bei  den  Schnepfen  in  engerem  Sinne 
(Sc^h^inae)  etwas  verdickt  und  flach  gedrückt  ist.  Die  beiden  bekannten  Arten 
M,trigeus,  Gm.,  u.  M.  scolepauust  Say,  bewohnen  Nord'Amerika.  Als  Untergattung 


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224 


MacTorhmiis  MacrotuB. 


ist  JPieudoscohpiix,  Bl.  (Typus :  Ps.  semipaJmatus,  Hodc,  von  Nord-Asien)  biedier 
zu  ziehen,  welche  Form  darin  abweicht,  dass  nicht  nur  die  beiden  äusseren, 
sondern  alle  drei  Vorderzehen  durch  Spannhäute  mit  einander  verbunden 
sind.  Rlhw. 

Macrorhinus  (et  iikmmaiopus ,  F.  Cuv.,  Morun^a,  Gray)  s.  Cystophora^ 
NiLSS.    V.  Ms. 

ICacrosceUdes,  Ytx,(SalUnUat  Brandt, />/><?^(iiSrii,P0MEL),  »Rohrrttsslerc  oder 
»Elephantenspitzoiftusec,  auf  Afrika  (hauptsftchlich  Sttd*Afri]ca)  besdixinkte  FamtUe 
der  InaeHoara  (s.  d.)*   Die  hierheigehörigen  durchwegs  kldneo,  hüpfend  und 

springend  sich  bewegenden  (lo)  Arten  zeichnen  sich  durch  langen,  dünnen,  an 
der  Spitze  nackten  Rüssel,  (im  Mctatarsus)  sehr  verlängerte  (känguruartige)  Hinter- 
beine, grosse  Augen  und  frei  abstehende  Ohren  aus.  Der  Jochbogen  ist  voll- 
ständig, die  Unterschcnkelknochen  sind  verwachsen.  Loccum  vorliandcn.  Hierher 
die  (Gattungen  Alacroscelides,  Smith,  (s.  d.),  Fetrodrotnus,  Pet.  (auch  als  Untergattung 
autgelasbt)  und  Rhynchocyon,  Pet.  (s.  d.).     v.  Ms. 

Blacromlidm,  Smith.,  syn.  Rhmon^s,  Lichtbnst.,  Gattung  der  gleich» 
namigen  Familie  der  Insektenfresser,  mit  |  Schneidezähnen,  \  Eckzähnen  (oberer 
zweiwuizelig)  und  %  Backzähne.  Vordere  und  hintere  Innenzehe  hoch  hlnau%e< 
rttckt.  Krallen  kurz  und  scharf,  sehr  gekrümmt.  Schwanz  bisweilen  von 
Körperlänge >  mit  dünner  kurzer  Behaarung.  Pelz  weich  und  dicht.  M.  lypkus, 
Smith,  der  gemeine  Rohrrüssler,  mit  25  Centim.  Totallänge.  Schwanz  11,5  Centim. 
Der  rostbraune  Rüssel  gegen  2  Centim.  lang,  Uberseite  braun  in  verschiedener 
Nüancirung,  auch  mausgrau,  Unteracitc  weiss,  bisweilen  gelblich  überflogen, 
Pfoten  und  Ohren  (innen)  weiss.  —  Auikanische  Ostküstc,  sowohl  auf  offenen, 
trockenen  Ebenen  als  in  bewaldetem  Terrain.  —  ruptstris,  Sm.,  in  Felsen- 
gegenden Slid-Afiika's.  M,  /uscus,  Pst.,  in  Mocambique  und  $  weitere  Alten. 
Die  nur  mit  4>zehigen  HinterfUssen  (Daumenzehe  fehlt)  versehene  Form 
ietradactyhis,  Fvr.,  wurde  zur  Gattung  (Untergattung)  ßOrodrürnus,  Pet.,  erhoben; 
sie  findet  sich  in  Mozambique,  erreicht  die  Grösse  einer  starken  Ratte,  ist  oben 
rostbraun,  mit  wenig  Schwar;;  gemengt,  seitlich  gelbgraUp  unten  schneeweiss.  Be- 
Vorzugt  steiniges,  felsiges  (iebiet.      v.  Ms. 

Macrosoma,  Gray,  =  Fsammophis^  Bote.  Pf. 

Macrotarsi,  Ii.lig.,  s.  u.  a.  Tarsida,  Gray,  Macrotarsus,  Cuv.  et  Geoffr.,  s. 
Tarsius,  Stuhr.     v.  Ms. 

Macrotherium,  Lautet.,  fossile  Gattung  der  Zahnarmen  Säuger  (Edtntatat 
Cuv.),  zur  Fam.  der  EtUomophßga,  Wagm.  (SffMßenHa,  luuc.),  gehörig;  mit 
plumpem  Körper  und  von  bedeutender  Grosse.  Vorderfüsse  sehr  verlängert, 
Kralloiphalangen  tiei  gespalten,  erste  Phalange  gegenüber  den  Mittelfuss-  oder 
Mittelhandknochen  aufgebogen,  um  die  enormen  Krallen  bei  der  Bewegung  zu 
schonen  (R.  HöRNEs),  Backzähne  ähnlich  denen  von  Oryctcropus,  Geoffr.  (s.  d.), 
M.  sansaniense,  französisches  Mittclmiocän.  M.  (Manis)  giganteum,  CüV.,  Ober- 
roiocäi^  von  Eppelsheim;  gegen  7  5  Meter  lang.     v.  Ms. 

Macrotis,  A.  Waün.,  Untergattung  von  Cervus,  L.  (s.  d.).  —  M<urotis,  Reid. 
(Fero^aka,  Gray),  Untergattung  des  zur  Familie  der  Beuteldacbse  (s.  Saltatoria, 
Owen)  gehörigen  Genus  FtramtUs,  Geoffr.  (s.  d.).    v.  Ms. 

Ifacrotus,  Gray,  »Grossohrc,  amerikanische  Fledermausgattong  der  Fam. 
Jfiylhstmaia,  Wagk.,  Fbt.,  sur  Subfamilie  Vampyrimtf  Gerv.,  gehörig,  mit 
f  Schneidezähnen,  ^  Eckzähne,  \  Backzähne  mit  grossen,  an  ihrer  Basis  durch 
eine  »«emlich  hohec  Querbinde  vereinigten  Ohren  und  bogig  ausgeschnittenem 


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Macroxus  —  Macrurus.  225 

Interfemonüpatagiiim.  Letetes  Glied  des  in  die  Flughaut  eingeschlossenen  langen 
Schwanzes,  frei  vorragend.    Sporen  lang.    FQsse  frei.    M.  Waterhousii,  Gray, 

lebt  auf  Haytt  und  Jamaika,  ist  mausgrau,  unten  heller  gefärbt.  Körjjer 
7  Centim.,  Schwanz  3,3  Centim.,  Vorderarm  ca.  6  Centim.  lang.  —  Eine  zweite 
Form  wurde  in  Californion  gefunden  (M.  cclifornicus,  Baird).      v.  Ms. 

Macroxus,  F.  Clvier,  s.  Sciurus  (l..),  Cuv.,  Ilug.     v.  Ms. 

Ifacrura,  Waghbr,  s.  Molossi,  Peters,    v.  Ms. 

Hacnira,  Latreille,  Langschwttnze  (gr.  macr&s  lang,  ura  Schwanz), 
Unterabtheiliuig  der  ZehnfUsser  (s.  Decapoden),  mit  gestrecktem,  völlig  ausge* 
bildetem  Pleon,  dessen  vorletztes  Segment  blattförmige  Füsse  trägt,  die  mit  dem 
letzten  eine  Schwanzflosse  bilden.    Entwicklung  oft  bei  sehr  nahe  verwandten 

Formen  verschieden,  oline  oder  mit  Metamorphose.    Der  Körper  im  Ganzen  ge- 
streckt, annähernd  cylindrisch,  oft  auch  seitlich  stark  zusammengedrückt,  selten 
in  massigem  Grade  von  oben  nach  unten  depress.    Beide  Antennenpaare  sind 
relativ  lang  und  werden  vorwärts  gestreckt  oder  in  einem  Knie  nach  aussen  ge- 
bogen getragen,  die  inneren  (vorderen)  mit  s  oder  3  Endgeissein,  die  äusseren 
(hinteren)  nur  mit  einer,  fast  immer  aber  mit  einem  beweglichen  oder  anbeweg- 
Uchen  blattförmigen  Anhange,  der  Fühlerschuppe,  an  der  Basis.   Der  dritte 
Kieferfuss  bereits  sehr  beinförmig,  sodass  er  die  davor  liegenden  Mundglied- 
maassen  nicht  bedeckt   Von  den  5  folgenden  Pereiopodenpaaren  pflegen  i  bis 
3  Paare  in  Scheeren  zu  endigen ;  sehr  selten  sind  die  1  oder  2  letzten  rudimen- 
tär.   Die  Kiemenanhänge  der  Pereiopoden  ragen  unter  eine  Mantelduplicatur, 
welche  mit  ilircm  unteren  Rande  nicht  fest  an  dem  Siernum  anliegt,  noili  gar 
mit  demselben  verwachsen  ist.    Plcopoden  sind  an  allen  6  vorderen  Segmenten 
des  Pleon's  vorhanden  und  dienen  als  Schwimmtttsse,  im  weiblichen  Geschlecht 
die  5  vorderen  Paare  auch  zur  Befestigung  der  Eier;  im  männlichen  sind  sie 
nicht  zu  Coputationswerkzeugen  umgebildet;  bei  einer  Gattung  tragen  die  lünf 
vorderen  Paare  ebenfalls  Kiemenanhänge.    Bezüglich  der  inneren  Organisation 
braucht  nur  die  wohlerhaltene  Gliederung  des  Bauch musk eis  im  Gegensatze  zu 
den  Brachyuren  erwähnt  zu  werden.    Die  Macruren  sind  minder  artenreich  als 
die  Brachyuren;  Dana  /ahltc  318  Arten,  also  nicht  einmal  halb  so  viel  als  von 
den  B.;  eme  Zahl,  die  freilich  in  den  letzten  30  Jahren  noch  erheblich  zugenommen 
hat.  Im  Gcgcnsat/e  zu  den  B.  sind  sie  in  der  gemässigten  Zone  ungclahr  ebenso 
artenreich  als  in  der  heissen  und  zählen  auch  in  der  kalten  immerhin  (bei 
Dana)  gegen  30  Arten.    Auch  von  ihnen  sind  jedoch  aus  den  australisclwn- 
dischen  Meeren  aufiallend  viele  Formen  bekannt  geworden.  Fossil  treten  sie  be* 
reils  in  der  Steinkohle  auf,  wenn  die  Bestimmung  der  Gattungen  AmpkUe^t 
Diplostylus   und  Palaeocarabus  als  Macruren  nicht  irrig  ist.    Höchst  zahlreich 
finden  sie  sich  im  Jura.    Fast  alle  sind  Seebewohner;  Landbewohner  giebt  es 
unter  ihnen  nicht   Einige  Formen  graben  im  Snnde,  eine  Gattung  soll  sich  einen 
eigenen  Schlauch  als  Wohnung  labriciren,  einige  leben  als  Einmiether  in  Asci- 
dien  und  Schwämmen.    Viele  bilden  eine  werthvolle  Nahrung  flir  die  Menschen, 
vorzugiicii  die  Langusten,  Hummer,  Flusskrebse  und  zahlreiciie  Garncelenailen. 
Wir  unteischeiden  die  Familie  der  Krustenkrebse  (s.  Asiadden),  Gameelenkrebse 
(s.  Cariden)  und  Brustkrebse  (s.  Seigestiden).  Ks. 

Macnin»»  Bl.,  Gattung  der  den  Gadiden  nahe  verwandten,  zu  der  Ab- 
theilung  der  Anacanthini  gehörigen  Fischfamilie  Macruridaei  Fische  mit  stach» 
Ilgen  oder  gekielten  Schuppen,  langem,  ÜEidenartig  ausgezogenem  Schwänze  und 
mehr  oder  weniger  vorstehender  Schnauze,  wodurch  der  Mund  an  die  Unter- 

Zool.,  AntbiDVoL  «.  EüuNlotift  Ud.  V.  I  j 

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226 


M«cti»  —  Macus. 


Seite  des  Kopfes  rückt  Auf  eine  vordere  kleine  Rttckenflosse  folgt  tine  zweite 
lange,  welcbe  mit  Schwanz-  und  Afterflosse  einen  einsigen  Flossensaum  büdet. 
Bauchflossen  kehl-  oder  bruststttndig.   Am  Kinn  ein  Bartfaden.  5  Gattungen  mit 

ca.  40  Arten,  meist  in  grossen  Tiefen  lebend.  Gattung  Afacrurus,  B,  M,  nh 
pestris,  Bl.,  in  Grönland  und  Norwegen.  Ki^. 

Mactra  (g:r.  und  lat.  Backtrog),  LiNNf  1767,  Muschel,  zu  den  Dimyaria  sipho- 
nida  gehöriir,  im  Aeussem  den  Venusmuscheln  ahnli(  h,  aber  mehr  gleichseitig 
(d.  h.  Vorder-  und  llintcrseitc  unter  sich  ähnlich)  und  \veb.cntUch  durch  die  innere 
Lage  des  Schlossbandes  zwischen  den  Scbloss^ähucn  unterschieden;  charakte- 
ristisch fttr  das  Schloss  ist  femer  ein  aus  swei,  untar  spitzem  Winkel  zusammen- 
treffenden  Schenkeln  gebildeter  dachförmiger  Zahn  in  jeder  SchalenhSlIle,  stärker 
ausgebildet  in  der  linken»  dicht  unter  den  Wirbeln  und  vor  der  durch  matteres 
Ansehen  sich  kennzeichnenden  Bandgrube,  und  femer  etwas  verlängerte  gut  aus- 
gebildete, unter  sich  ziemlich  gleiche  vordere  und  hintere  Seitenzähne,  je  einer 
in  der  linken,  zwei  übereinander,  der  obere  kürzer,  in  der  rechten  Schalenhälfte. 
Mantelbncht  gerundet,  von  massiger  Ausdehnung;  Athemröhren   ziemlich  lang, 
unter  sich  hin  zum  Ende  verwachsen.    Fuss  gross  und  kräkig,  beiiiormig,  aber 
am  vorderen  Ende  zugespitzt.   Schale  ringsum  zusammenschliessend,  ohne  Radial- 
Skulptur,  meist  hell  gefärbt,  öfters  strahlig  gezeichnet,  einige  ausländische  Arten 
lebhaft  violett-blau.  Leben  nur  im  Me«  und  vorzugsweise  auf  Sandgrand»  in 
den  sie  nch  eingraben,  von  der  Ebbelinie  an  bb  einige  Faden  lief.  kehaeatt 
CHEMNITZ,  10  Centim.  lang  bnd  nur  3^  im  Durchmesser,  weissUch  mit  zahlreichen 
blassrothen  Strahlen,  eine  der  grüssten  und  schönsten  Arten,  im  Mittelmeer,  aber 
nicht  sehr  häufig.    M.  stultorum,  EinniS,  »das  Karrenherz*.  der  älteren  Conchylto- 
logen,  stärker  gewölbt,  daher  licrzförmig,  und  ähnlich  bunt,  nur  5  Centim  Img, 
last  ebenso  lioch  und  bis  3  Centim.  im  Durchmesser,  innen  rosenroth,  häutig  ira 
Mittclmeer,  seltener  in  der  Nordsee,  wo  sie  mehr  grau  und  weniger  gewüll)t  ist; 
eine  aiuiiiche,  etwas  grössere,  aussen  und  innen  rein  weisse  Abart,  M.  mjiata, 
Bronn,  ebenfalls  im  Mittelmeer.   M,  soiida,  Linn«,  äusserst  häufig  in  der  Nord' 
see,  bedeutend  dickschaliger  und  kleiner,  selten  Uber  3  Centim.  lang,  Seitenzähne 
quergestreift,  die  Wirbel  meiklich  nach  vom  gerückt;  die  Oberfläche  meist  durch 
einige  stärkere  Wachsthumsabsätze  ungleich,  frisch  blassgelb,  wenn  längere  Zeit 
todt  im  Schlick  gelegen,  rostgelb  oder  bläulich -sdiwaiz  gefärbt,  an  der  Küste 
von  Holland  so  massenweise  ausgeworfen,  dass  sie  zum  Beschütten  der  Land- 
strasscn  und  zum  Kalkbrennen  verwantit  wird.    Von  ausländischen  sind  erwähnens- 
werth  die  südafrikanische  M.  Spi-n^lcri,  Linn?:,  durch  einen  tiefen  Spalt  in  den 
Wirbeln  ausgezeichnet,  und  Jil.  (MuitniaJ  edulis,  Gray,  in  der  Magelianstrasse, 
wichtiges  Nahrungsmittel  der  Feuerländer.  Monographie  von  R££VE  im  VIII.  Band 
seiner  Cmchologia  kanicat  225  lebende  Arten  aus  allen  Meeren,  ausgenommen 
die  hocfanordischen.  Fossil  geht  die  Gattung  bis  in  den  Lias  zurttck.    £.  v.  M. 
BCacoani»  Zweig  der  Puii  (s.  d.).     v.  H. 

Macucües,  In  wildem  Zustande  lebender  Indianerstamm  in  den  östlichen 

Thcilcn  der  südamerikanischen  Republik  Columbia.     v.  H. 
Macula  acustica,  s.  Hörorganeentwicklung.  Grbch. 
Macula  germinativa,  s.  Ei.     ÜKiic  ii. 
Macula  lutea,  s.  Sehorganeentwicklung.  Grbch. 
Macularia,  s.  Helix.     £.  v.  M. 

Maois  oder  Macas.  GiOMe  Familie  nomadischer  Indianerstftmme  zwischen 
dem  Rio  Negro  und  dem  Hyupue  in  der  brasilianisdien  Provinz  Alto  Amazonas 


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Ifacad  —  Madenanani. 


i39 


wohnhaft.  Die  M.  sind  Jäger,  nur  die  Flauen  treiben  etwas  Ackerbau.  Sie  be- 
dienen sich  vergifteter  Pfeile  und  Speere,  leben  in  Polygamie  und  erwerben  ihre 
Weiber  durch  Kauf  oder  Raub.  Ihre  Hütten  sind  von  länglicher  Gestalt,  aus 
Palmenstämmen  und  Palmenblättem  erbaut.  Die  M.  haben  weder  Tempel  noch 
Priester,  glauben  aber  au  Zauberei.  Sie  zählen  bis  zehn  und  sind  keine  Anthro* 
pophagen.     V.  H. 

Ifacuai»  s.  Makuschi.    v.  R 

Macuds,  Amazonas-Indianer  am  Rio  Blanco,  einem  Nebenfluss  des  Rio 
Negio.    V.  H. 

Madabai  einer  der  Stämme  der  Maba  (s.  d.).     v.  H. 

Madagaskarweber,  Calyphantria  madagascariensis,  L.,  eine  öfter  als  Käfig- 
vogel anzutrefTcnde  Weberart  von  Madagaskar,  von  der  Grösse  eines  Feldsperlings 
untl  im  Allgemeinen  hcharlachrother  Färbung.  Mantelfedern  mit  schwarzem  Mittel- 
tieck,  Auge  schwarz  umsäumt,  Schnabel  schwarz,  Flügel-  und  Schwanzfedern 
schwarzbraun,  erstere  mit  gelblich  weissen,  letztere  mit  mennigrothen  Säumen. 
Das  Weibchen  und  MKnnchen  im  Winterkleide  ist  obeiseits  dflsler  öBvengelb 
mit  dunklen  Schaftstricfaen  auf  Oberitopf  und  Rttcken,  untersdts  oNvengrau* 
gdbb  RcHW. 

Madaili  Araberstamm  Unter^Mesopotamiens.  Die  Natur  des  M.  ist  gewisser» 
maassen  amphibisch  geworden  und  hat  sich  vollkommen  dem  Sumpfleben  ai^* 

passt.  Die  M.  sind  fast  ohne  Ausnahme  Ackerbauer,  weniger  Hirten  oder  eigent- 
liche Beduinen.  Sie  bauen  fast  nur  Reis,  selten  Weizen  oder  etwas  Gerste. 
Ebenso  geschickte  Fischer  als  Schiffer,  durchschicssen  sie  auf  ihren  sehr  leichten 
Schilf  boten  die  zahlreichen  Kanäle  und  Wasserflächen  ihres  i.andcä  und  entgehen 
leicht  den  Verfolgungen  ihrer  Feinde.  Frei  oder  unletjodit  sind  die  M.  immer 
ein  kriegerisches,  tapferes«  aber  ungastüidies  und  diebisdies  Volk,  das  stets  in 
Fehden  unter  sich  oder  mit  anderen  AraberstSmmen  lebt  und  zur  Empörung 
geneigt  ist.  Ihre  Zahl  ist  nicht  ermittelt;  sie  zerfallen  in  eine  Menge  kleinerer 
oder  grösserer  Stämme,  theils  unter  türkischer  oder  der  Herrschaft  der  Monlefik, 
theils  noch  unabhängig  Im  Innern  der  Dschesireh.     v.  H. 

Madang,  rier  wichtigste  Zweig  der  Dayak  (s.  d.)  im  Staate  Pasir  an  der 
Ostseite  von  Borneo.     v,  H. 

Madataeus,  Li^ch,  s.  Stenodcrma,  Geo^tr.     v.  Ms. 

Madegassen,  s.  Malgascben.     v.  H. 

Maden  im  Sinne  der  Entomologen  diejenigen  Insektenlarlren»  welche  keine 
Beine  und  keinen  hornigen  Kopf  besitzen,  wie  diejenigen  der  Gemeinfliegen.  Im 
Votksmunde  werden  auch  Raupen  und  andere  Insektenlarven  so  genannt  wenn 

man  z.  B.  von  »madigem«  Obst  spricht,  wo  es  sich  um  Raupen  bandelt.     E.  To. 

Madenassana.  Bantuvolk  Südafrika'»,  das  gimr.  versteckt  in  den  dichten 
Partieen  der  im  nordwestlichen  Winkel  des  östlichen  Bamangwatolandes  wohnt. 
Der  Aeltesie  in  einer  solchen  kleinen  Niederlassung  ist  dann  der  kleine  Stamm- 
Unterhäuyitling.  Die  M.  vermielhen  sich  gerne  als  Diener  an  die  Weissen,  achten 
die  unter  emlachen  Ceremonien  vorgenommene  Verehlichung.  und  eheliche  Treue 
irird  bei  ihnen  sierolidi  hoch  gehalten.*  Eifersucht  kann  sie  sogar  zu  schweren 
Verbrechen  ftlhien.  Nach  £.  Holub  sind  die  M.  genflgsam  und  ihr  Verhältniis  su  den 
Bamangwato  ist  kein  so  drOckend  sktavisdies  une  das  der  Itftuarwa.  Sie  bedtzen 
dgene  Gewehre  und  werden  nur  jährlich  von  einigen  vom  Könige  von  Schoschong 
aus  abgesandten  Bamangwato  aufgesucht  weldie  von  ihnen  die  Abgaben  ein- 
sammeln oder  sie  auf  der  Jagd  verwenden,    v.  H. 

>$• 

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BladeniMMcr  —  VtnäL 


Madenfresser  (Cr&tophagidae),  Familie  der  Kletten'ögel  (s.  Scansores).  Sie 
unterscheiden  sich  von  allen  Ordnungsgenossen  dadurch,  dass  sie  nur  acht 
Schwanzfedern  haben,  im  übrigen  schliessen  sie  sich  hinsichtlicl)  ihrer  Korper- 
gesUlt  den  Kukuken  an.  Die  Läufe  nnd  hoch.  länger  ab  die  Mittelzehe,  die 
Flügel  kurz  und  goiuidel;,  4.  und  5.  oder  4.  bis  6.  Schwinge  am  längsten.  Der 
stufige  Schwanz  ist  bedeutend  länger  als  der  Flügel.  Die  vierte  Zehe  ist  nach 
hinten  gerichtet  und  wenig  kürzer  als  die  dritte.  Die  beiden  Vorderzehen  sind 
unverbunden.  Die  schlitzförmigen  oder  ovalen  Nasenlöcher  befinden  sich  in  der 
gewöhnlichen  Lag^e  an  der  Schnabelbasis.  Die  Madenfresser  gehören  dem  tro- 
pischen Amerika  an,  bewohnen  freie  Gegenden,  Waldränder  und  Triften,  wo  sie 
von  Insekten  und  Amphibien  sich  nähren,  besuchen  gern  Viehweiden  und  treiben 
sich,  den  Staaren  gleich,  auf  dem  Rücken  der  Rinder  umher,  um  diesen  die 
Zecken  abzusuchen.  Ihre  Bewegungen  sind  behend,  namentlich  laufen  sie  schnell 
auf  dem  Erdboden,  während  hingegen  ihre  koizen  Flügel  sie  nicht  zu  längerem, 
ausdauerndem  Fluge  belübigen.  Die  Stimme  besteht  in  sonderbaren,  doppelt 
silbigen  Trinen  und  wird  häufig  vernommen.  Höchst  eigenartig  ist  die  Nistweise; 
..  cnigstens  wurde  von  einer  Art  bekannt,  dass  mehrere  Weibchen  in  ein  grosses 
Nest  zu  legen  pflegen  und  auch  gemeinsam  brüten.  Die  Kier  haben  eine  blau- 
grüne Schale  und  sind  bald  vollständig,  bald  theilweise  und  gitterförmig  von 
einem  weissen  Kalküberzug  bedeckt.  Wir  kennen  vier  Arten,  welche  zwei 
Gattungen  angehören,  i.  Crolopha^a,  L.,  mit  hohem,  stark  seitlich  zusammenge- 
drücktem Schnabel,  welcher  einen  helmartigen  Aufsatz  mit  scharfer  Oberkante 
trägt.  Nasenlöcher  oval.  Zügel  und  Augengegend  nackt.  Die  Vorderseite  des 
Laufes  wird  von  GOrteltafeln  umschlossen,  die  hintere  von  zwei  Längsrethen  vier 
seitiger  Schilder  bedeckt  Die  drei  bekannten  Arten  haben  ungefähr  die  Grösse 
unseres  Kukuks  und  einfarbig  schwarzes  Gefieder.  Am  bekanntesten  der  Ani, 
Crotophaga  minor,  Less.  —  2.  Octopteryx,  Kaup,  Schnabel  demjenigen  der  Kukuke 
ähnlich,  Nasenlöcher  schlitzRirmig,  Zügelgegend  befiedert.  Die  Lauibcklcidung 
besteht  in  vorderen  Gürteltafehi  und  einer  vollständigen  Keihe  Schilder  auf  der 
Sohle,  an  deren  olieren  Hälfte  eine  nur  aus  wenigen  und  nach  unten  zu  all- 
mählich kleiner  werdenden  Schildern  bestehende  äussere  Reihe  sich  anlegt.  Nur 
eine  Art,  derGuira,  Octopteryx  truUUus^v^^  ein  schlanker  Vogel,  etwas  ttärker 
als  unser  Kukuk,  mit  einem  spitzen  Schopf  auf  dem  Kopfe,  in  Gestalt  und 
Färbung  einigen  der  afrikanisdien  Sporenkukuke  ähnlich.  Heimath  Brasi> 
lien.  RcHw. 

Madenhacker,  s.  Buphaga.  Rchw. 

Madenwurm.  Deutscher  Provinzialnnme  Oir  Oxvuris  vennicularis,  s.  d.  Wd. 

Madi.  Ein  Völkername,  der  sich  hautig  in  Afrika  zu  wiederholen  scheint. 
Man  kennt  davon  insbesondere  zwei  Träger  dieses  Namens:  1.  Die  M.  s(}d!ich 
von  den  Bari  (s.  d.);  sie  unterscheiden  sich  von  letzteren  nicht  nur  durch  die 
vollständig  abweichende  Sprache,  sondern  auch  ganz  besonders  durch  ge- 
drungenen Körperbau  und  hellere,  nahe  dem  Rothbrann  zugehende  Hautfiirbe. 
In  Sitten  und  Gebräuchen  dagegen  haben  sie  vieles  mit  den  Bari  gemeinschaft- 
lich, denen  sie  aber  entschieden  an  Fertigkeit  der  Eisen*  und  Thonbereitung 
nachstehen.  Ihr  Gebiet  zieht  sich  längs  des  Bahr  el  abiad  bis  nach  Wadelai  in 
südlicher  Richtung,  bis  an  die  Makrakaländer  in  westlicher  und  bis  an  das  Schuli- 
territorium  in  östlicher  Richtung  hin.  Die  Hütten  der  M.  sind  aus  T  ehm  erbaut 
und  stehen  auf  einer  etwa  s  Meter  hohen  Erhöhung,  da  rlii;  l.cgenzeit  die  ganze 
Gegend  in  einen  ungeheuren  Sumpf  verwandelt.    iJie  Männer  gehen  völlig 


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S^iiniter  —  Madumen. 


339 


nackt  und  es  tragen  Viele  Ketten  von  Menschen-  und  Schafefthnen  um  den  Hals; 
die  meisten  Weiber  hoben  in  der  Oberlippe  eine  Holzscheibe,  andere,  wie  auch 
manche  M.inner,  einen  Ring  aus  Eisendraht,  an  welchem  sich  einige  Perlen  be- 
finden. Einige  Weiber  binden  sich  Blätter  vor,  andere  Fransen,  die  meisten  aber 
tragen  gar  keine  Bedeckung.  Sowohl  Männer  wie  Frauen  schmücken  sich  mit 
Ketten  von  Scheiben,  die  aus  grosiea  SchneckenhätiBem  geschnitten  werden. 
Schwere  Ringe  von  Kupfer  um  Arme  und  Beine  sind  auch  stark  in  der  Mode; 
um  ilbennässigen  Druck  auf  den  Fvas  za  verhüten,  werden  Polster  von  BlMttem 
untergel^  —  2.  Die  M.  ein  Stamm  der  Mittu  (s.  d.)f  der  sich  selbst  jedoch 
als  völlig  unabhängig  betrachtet.  Mit  den  vorerwähnten  M.  hat  er  gar  nichts 
gemein.     v.  H. 

Madianiter,  s.  i\bdianiter.      v.  H. 

Madoqua,  Ug.  (Neotraf^/i,  H.  Sm.),  s.  Nanotragus,  Wagner.     v.  Ms. 

Madraswachtcl,  Ferauuia  caml/ayensis,  I^ath.,  s.  Ferdicula.  Rchw. 

Madrepora,  L.,  Lam.  (HeUropora^  Ehrb.).  Grosse  und  wichtige  Gattung  der 
porösen  Steinkoiallen.  Kolonie  meist  mit  mehr  oder  weniger  runden  Aesten, 
deren  Endkelch  immer  durch  Grösse  oder  Form  von  den  sahlreiGhen  Seiten- 
kelchen veisdiieden  ist  (Dama's  »patrio*rainose«  Korallenformi  s.  Massenform). 
Zwei  der  zwölf  Septa  entwickelter  und  breiter  als  die  anderen,  und  die  dem  Ast 
anliegende  W.and  kürzer  und  unvollkommener:  Andeutung  von  bilateraler 
Symmetrie.  Auch  i  Tentakel  länger  als  die  anderen,  (iegen  100  schwer  zu 
unterscheidende  Arten,  auch  einige  fossile  im  Tertiär.  Sie  tragen  wesentlich  zur 
Bildung  der  Korallenriffe  bei.  Klz. 

Madreporacea,  s.  Madreporaria  perforata,  Löcherkorallen,  eine  Abtheilung 
(Unterordnung)  der  Steinkorallen  (s.  d.).  Kalkgerüst,  besonders  die  Mauer,  immer 
porös.  Septa  mehr  oder  weniger  deutlich,  compact,  porös  oder  trabekulär. 
Interseptalquerpltttlchen  fehlend  oder  rudimentär,  die  Kammern  also  offen.  Die 
weichen  Polypenleiber  cylindrisch,  hoch  ausstreckbar,  aber  ganz  in  das  Kalk- 
gerüst jurtickziehbar.  Tentakel  meist  ziemlich  lang,  in  beschränkter  Anzahl, 
meist  nur  12.  Wachsthum  vorzugsweise  nr  rngen,  die  Thiere  einfach  oder  in 
Kolonieen.  Cönencliym  (Ferithek)  meist  dörnelig.  Familien;  Madreporuiae,  Fih 
rUidae,  Turhinnridae,  Eupsammidae.  Klz. 

Madreporaria,  s.  Steinkorallen.  Klz. 

Madreporenplatte,  s.  Ecbinodexraenentwicklung.  Grbch. 

Madreporidae,  Familie  der  porösen  Steinkorallen  (Mbärtpffraeea).  Poly- 
paiien  immer  susammengesetzt,  Kolonieen  büdend,  durch  Knospung  wachsend, 
meist  von  ästiger  Form.  Die  Kinzelpolyparien  kelchartig  vorspringend.  Kelch- 
höhle  offen,  ohne  Columella,  sehr  tief  und  weit  hinein  in  den  Stock  verfolgbar. 
Die  Kelche  durch  ein  reichliches,  mehr  oder  weniger  poröses  Cönenchym  ver- 
bunden. Septa  6  oder  12,  blättchenförmig,  meist  nicht  porös.  Polypenleiber 
sehr  vorstreckbar,  mit  12  Tentakeln.  2  Gattungen:  Madrtpora  und  MonUpora^ 
nur  in  tropischen  Meeren.  Klz. 

Madscfaowyin,  Bantuvolk  des  östlicbea  Sfld>Afrika'B.    v.  H. 

Madui-Marinei  s.  Maräne.  Ks. 

Müidynwii  noch  nnUassifidrtes  Volk  im  äquatorialen  Wesfc-Afrika  am  mittleren 
Ogowe,  am  Aequalor  und  darunter  wohnhaft.  Die  M.  :and  noch  nicht  von 
Europäern  besucht  worden,     v.  H. 

Maduresen,  Halbmalayenvolk  auf  der  Insel  Madura  an  der  Nordküste  von 
Java.  Die  M.  besitzen  eine  besondere  Sprache  mit  zwei  Mundarten:  das  eigent> 


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l&djra  —  Mihrisdie«  Sdnrdn. 


liehe  M.  im  Westen  und  auf  der  gegenüberliegenden  Küste  Java's;  dann  das 
Sonianap  im  Osten,  welches  mit  javanisdiett  Schiiftseichen  geschrieben  wird. 
Auf  1000  Wörter  konunen  nach  Crawfxjrd  250  einheimische,  270  javanische, 
145  malayische,  560,  welche  dem  Molayischen  und  Javanischen  gemeinsam  nnd, 

40  Sanskrit  und  35  arabische.     v.  H. 

Madya,  soviel  wie  Javanen  (s.  d.).     v,  H. 

Mäanderkorallen  oder  HirnVorallen,  Afurutidritunof,  Abtheilung  (Unterfamilie) 
der  Astratidae.  Foly]iar  fast  immer  zusammengesetzt,  durch  Theilung  sich  ver- 
mehrend. Die  Polypare  verschmelzen,  Reihen  bildend,  und  die  Mauern  der 
einzelnen  Keinen  verwachsen  meist  miteinander:  sogen,  reihenstandige  oder 
mäaadxische  Massenform  (s.  Massenfonn).  Selten  bleiben  die  Mauern  getrennt, 
seitiich  frei,  tsegregirtc,  Dana,  z.  B.  bei  Tirad^fyUia,  Bei  den  ei^tlichen  Maetm- 
drminai  nnd  die  Septa  kleinzähnig.  Die  grosszflhnigen  derartigen  Formen  unter- 
scheidet man  besser  als  LythophylUnae  (s.  d.),  ca^  7  Gattungen,  z,  B.  Mämtiruutt 
(Gloria,  Manüina,  Hydnophora.  Klz. 

Maeandrospongidae,  7xwy\ ,  Hyalospongien-Familie  mit  »Schwammkorper 
aus  mäandrisch  verschlungenen  und  anastomosirenden,  dünnwandigen  Röhren 
oder  Blättern  bestehend.  Canalsystem  fehlend  oder  kaum  entwickelt.  Interkanal- 
system  stets  vorhanden.  Deckschicht  ienieud  oder  eine  zusammenhangende 
Kieselhaut  aitf  der  Oberfläche  bildend.«  Pf. 

Ifaedi»  kldne  Völkoschaft  im  alten  Makedonien,    v.  H. 

MUhncnhiracfa,  s.  Cervus  L.,  •'Robbe,  s.  Otaria,  -Schaf,  s.  Ovis,  -Schwein, 
s.  Sus,  -Wolf,  s.  Canis.     v.  Ms. 

Mfihnentaube  (Schmalkaldener  Mohrenkopf),  Cobimba  jubata,  Haus- 
taubcnrace.  Haube  nach  Art  einer  Mähne,  einer  Alongenpenicke  ähnlich.  Diese 
Mähne  zieht  sich  zu  beiden  Seiten  längs  des  Halses  herab.  Mit  Federfüssen. 
Kopf  und  vorderer  Theil  des  Halses  bis  zur  Brust  schwarz,  hinten  im  Nacken 
und  an  beiden  Seiten  des  Halses  scharf  von  der  weissen  Mähne  begrenzt.  Rchw. 

Ifaefarer,  Bewohner  der  jetzt  östeneichischen  Markgrafschaft  Mähren,  sla- 
vischen  Stammes,  durdi  Nam^  Mundan^  körperliche  und  geistige  Beschafiimheit 
anfii  engste  mit  den  ungarischen  Slovaken  (s.  d.)  verbunden,  deren  Sprache  sich 
heute  allerdings  von  jener  der  M.  unterscheidet.  Die  Volkssprache  der  M.  ist 
auf  der  Westseite  der  March  rein  tschechisch,  auf  der  Ostseite  nähert  sie  sich 
der  slovakischen.  Die  slavi.schen  M.  besetzten  ihr  heutiges  Land  wohl  um  die 
nämliche  Zeit,  als  die  Tschechen  nach  Böhmen  kamen,  und  bis  ins  zwölfte  T<ihr- 
hundert  hatte  das  Land  nur  slavische  Einwohner.  Dann  erst  beginnt  die  Ein- 
wanderung von  theils  norddeutschen,  theils  bayrischen  Elementen,  welche  gegen- 
wärtig nahezu  ein  Drittel  der  G^ammtbevölkening  ausmachen.  In  Mähren  haben 
sich  die  Namen  der  verschiedenen  Zweige  des  slarisdien  Gesammtvidkes -noch 
vollkommen  erhalten  und  mit  ihnen  audi  gewisse  ausgeprügte  Chankterunter- 
scbiede.  Man  untaischeidet  demnach  unter  den  M:  Hanaken,  Kroaten,  ^o- 
vaken.  Walachen,  Lechen  oder  Wasseipolaken,  dann  Hotaken  und  Podho- 
laken.     v.  H. 

Mährisches  Schwein,  wahrscheinlich  aus  der  Kreuzung  des  deutschen 
Landschweines  (s.  d.)  mit  dem  kleinen  braunen,  polnischen  Schwein  hen orge- 
gangen. Dasselbe  ist  ziemlich  gross,  besitzt  lange,  breite,  zugespitzte,  fast  rauten- 
förmige Ohren,  die  über  die  Augen  herabhängen  und  beinahe  die  I^onge  des 
Kopfes  erreichen.  Der  Sdiwam  ist  stark  geringelt  und  die  Borsten  zeigen 
Spuren  von  Krttuselung.  Die  Farbe  ist  meist  gelblidi  wdss,  selten  rotiibraun 


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Maena  -—  Ittim«r1mmpf. 


«31 


oder  schwarz,  zuweilen  bunt.    Der  flache  Rumpf,  sowie  der  stark  gekrümmte 

Rücken  brachte  diesem  Schwein  den  Namen  "  K  arpfenschwein  «  ein.  Ai!<:*:er 
in  Mähren  findet  sich  diese  Race  noch  in  Tbeilen  von  Böhmen  und  Schlesien. 

(ROHDE.)  R. 

Maena,  Cuv.,  Gattung  der  StachelflosserfischfamiUe  Pristipomatidae.  Mund 
sehr  Tdzstrec^bar.  Stachelstrahlen  der  Flossenkämme  schwach.  KUckeDfloaBc 
unbeschuppt  Kleine  ZAhne  am  Pflugscharbein.  3  nur  im  Mittelmeer  vor* 
kommende,  schon  den  Alten  bdcannte  Arten,  deren  Fleisch  gegessen  wird. 
M.  vulgaris,  C.  V.,  gemeine  Menola.  15— ao  Centsm.,  imdeadtch  längsitreifig. 
Fleisch  schlecht.  Klz. 

Mänedorf.  Im  Winter  1^4;^  —  44  wurde  zu  MSnedorf  am  Züricher  See  gegen 
Uetikon  zu  die  Austiefung  einer  Kintahrt  bei  -.»ehr  niedrigem  Wasserstande  ver- 
aiT^taltef.  In  der  Dammerdc,  welche  sich  in  geringer  Tiefe  fand,  sticssen  die  Ar- 
beiter aui  Knochen  von  Thieren  und  Hörner,  sowie  Geräthschaften  und  eine  Menge 
schöner  Steinbeile.  Letstere  bestehen  meist  aus  Serpendn.  Nach  der  Ansicht 
Dr.  Ferdikamd  Keluer's  hatte  man  es  hier  mit  den  Resten  eines  Pfahlbaues 
au  thun,  eine  Ansicht  welche  durch  spätere  Nachgrabungen  im  Jahre  1868  be- 
stätigt wurde.  —  Vergl.  >Mittheilungen  der  antiquarischen  Gesellschaft  in  Zttrich« 
GC.  Bd,  2.  Abth.  3.  Heft:  »Die  keltischen  F&hlbauten  in  den  Schweizerseen.c 
pag.  8^-<^6      C.  \f 

Männerkampf.  Damit  wird  die  in  der  Thierwelt,  namentlich  der  höher  or- 
^anisirten,  sehr  verbreitete  Erscheinung  bezeichnet,  dass  zur  Begattungszeit  zwischen 
den  männlichen  Individuen  ein  Kampt  um  die  weiblichen  Thiere  stattfindet  Dieser 
Kampf  hat  eine  mehrfache  Bedeutung:  a)  für  das  momentan  vorliegende  Fort- 
pflanzungsgeschäft ist  der  MJfnneikampf  von  der  Bedeutung,  dass  er  dnen 
wissen  Schuta  für  das  weibliche  Thier  bildet^  welches  ohne  ihn  Mtsshandlungen 
durch  das  meistens  stlrkere  und  brttnstigere  mlnnliche  Thier  ausgesetzt  wäre, 
b)  für  die  Nachkommenschaft  hat  der  Männerkampf  die  Bedeutung,  dass  sowohl 
zu  junge,  noch  nicht  genügend  zeugungskräftige  als  auch  zu  alte  und  desshalb 
ebenfalls  unrangliche  männliche  Individuen  von  der  Mit^virkiing  an  der  Erhaltung 
der  Art  ausgeschlossen  werden,  was  zunächst  die  Erzeugung  möglichst  kräftiger 
Nachkommenschaft  sichert,  c)  im  Laufe  der  Generationen  spielt  der  Männerkampf 
eine  nicht  unwichtige  Rolle  bei  der  Ausbildung  sogen,  secundärer  Geschlechts- 
chanktere  u.  z.  solcher,  die  dem  männlichen  Geschlecht  eigenthttmlich  sind,  es 
ist  somit  einer  der  Faktoren  der  sogen,  gescfalecfallichen  Zuchtwahl.  ^  Die 
männlichen  Charaktere,  welche  durch  den  Männerkampf  allmählich  erteugt 
werden,  sind  der  Hauptsache  nach  Schutz*  und  Trutzwaffen,  die  den  weiblichen 
Individuen  entweder  ganz  abgehen  oder  nur  in  rudimentärem  Maasse  zukommen. 
Hierbei  handelt  es  sich  entweder  um  einfache  Vergrössernne  vnn  Organen,  die 
auch  andern  biolofrisrhen  Zwecken  dienen,  z.  B.  Vergrösserung  der  Zähne  (Eber) 
oder  der  ganzen  Beisswerkzeuge,  an  der  öfters  auch  der  ganze  Kopf  mit  Theil 
nimmt  (Löwe),  Vergrösserung  von  Federn,  Haaren  etc.,  oder  es  werden  eigene 
Organe  entwickelt,  wie  es  die  Gewdhe  <ter  Ifirsche,  die  Storni  der  Hähne  sind. 
Unter  die  Schutzwalfen  gehören  die  Mähnen  der  männlidien  Säugethiere  und  die 
Federkragen  männlicherVögel,  die  gewisseimaassenPauckbandagen  bilden,  während 
den  Enden  an  den  Geweiben  der  männlichen  Hirscharten  die  Bedeutung  von 
Parirstangen  zukommt.  —  Es  sei  hier  übrigens  bemerkt,  dass  nicht  alle  sekun- 
dären männlichen  Charaktere  das  Zuchtprodukt  des  Männerkampfes  sind.  S.  d. 
Art.  Männliche  Charaktere  und  Geschlechtscharaktere.  J. 


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Mäaneropfer  —  MXaoltche  Qwrakter«. 


Mlimerofvfer.  Als  Darww  den  Satz  aufteilte,  die  im  Laufe  der  Geneia« 
tionen  erfolgende  Abänderung  der  Artcbaraktere  durch  den  Kampf  ums  Dasdn 
erzeuge  nur  solche  Charaktere  und  Eigenschaften,  welche  der  betreflenden  Art 
in  ihrem  Kampf  ums  Dasein  nützlich  seien,  wurde  u.  a.  der  Einwand  erhoben, 
dass  die  höhere  Buntfarhigkeit  und  damit  leichtere  Erblickbarkeit  der  männ- 
lichen Individuen  vieler  Thicrartcn,  z.  B.  Hühnervögel,  P'.ntcn,  Srhmetterlinge, 
für  die  se  ein  Nachtheil  im  Kainpt  ums  Dasein  sei,  da  sie  in  Folge  dieser  Eigen- 
>chatton  leichter  ihren  Feinden  rum  Opfer  fallen.  Dieser  Einwand  erledigt  sich 
durch  iolgcnde,  zugleicl»  einen  Kinblick  in  ein  biologisclies  Gcäct^  gebende  Dar- 
legung. —  Der  Kampf  ums  Dasein  bat  zwei  Zwle:  i.  die  Erhaltung  des  Indi- 
viduums, 2.  die  Erhaltung  der  Art  Von  diesen  beiden  Zielen  ist  das  letztere 
das  höhere,  dem  sich  das  erstere  überall  unterzuordnen  hat»  wenn  dies  zur  Er- 
reichung  des  höheren  Zieles  nothwendig  ist.  Die  allgemeinste  Unterordnung  be- 
steht nun  darin,  dass  bei  allen  Thier-  und  Pflanzenarten  die  Mehrzahl,  ja  bei  den 
meisten  weitaus  die  grösste  Masse  der  Individuen  aufgeopfert  werden  muss,  da- 
mit die  \vcni)j;en  übrigbleibenden  Individuen  das  höhere  Ziel,  nämlich  die  Fr- 
lialtung  der  Art,  verwirklichen  können.  Da  diese  aufgeopterien  Individuen  der 
Hauptsache  nach  die  Samen,  Eier  und  Jungen  sind,  su  können  wir  dies  als  Ei-, 
Samen-  oder  Jungenopfer  bezächnen  und  d&n  tritt  an  die  Seite  das  Mibmetopfinr 
u.  zw.  darum:  Mit  der  Befruchtung  der  weiblichen  Eier  ist  der  wesentlichste 
Antheil,  den  das  mSnnliche  Geschlecht  an  der  Em^hung  des  höheren  Natur- 
ziels, der  Erhaltung  der  Art,  hat,  erledigt,  und  der  Sdiweipunkt  liegt  jetzt  auf 
der  Erhaltung  des  weiblichen  Individuums  und  seiner  Brut,  während  die  des 
männlichen  Individuums  nur  noch  indirekt  in  Betraclit  kommt,  nämlich  nur  inso- 
weit, als  es  für  die  Erhaltung  des  weiblichen  Individuums  und  seiner  Brut  von 
Nutzen  ist.  Hier  kann  nun  das  männliche  Individuum  in  zweierlei  Weise  Bich 
nützlich  machen  :  einmal  indem  es  sich  aktiv  bei  der  Brut-  und  Jungenpflege  be- 
theiligt Wo  das  nöthig  ist,  hat  die  Natur  dem  Männchen  keine  Charaktere  an- 
gezüchtet, welche  der  Erreichung  dieses  Zweckes  abtriiglich  sind.  Also  s.  B. 
bei  den  Vögeln,  wo  Männchen  und  Weibchen  sich  im  Brüten  ablösen  und  in 
gleicher  Weise  die  Emihrung  der  Jungen  besoigen,  sehen  wir  die  obengenannte 
Differenz  zwischen  Männchen  und  Weibchen  nicht  Liegt  jedoch  die  Sache  so^ 
dass  die  aktive  Mitwirkung  des  Männchens  zu  Schutz  und  Ernährung  des 
Weil)c.hcns  und  seiner  Brut  nicht  nöthig  ist,  so  kann  es  ja  indirekt  der  Erhaltung 
der  Art  dadurch  ndtxen,  dass  es  durch  seine  leichtere  Erblickbarkeit  die  Auf» 
nicrksamkcit  der  Raubthiere  von  den  brütenden  oder  luitenden  Weibchen  abzieht 
und  auf  sich  lenkt,  und  wenn  es  hierbei  sein  Leben  läs.st  und  den  Hunger  des 
Raubthieres  stillt,  so  ist  der  Schutz  in  solange  perfect,  als  der  Sftttigungszustand 
des  Raubthieres  anhält  Froducirt  nun  die  Natur,  wie  das  bei  diesen  Tbierarten 
meistens  der  Fall  ist;  erheblich  mehr  männliche  als  weibliche  Indinduen,  so  ver- 
fügt sie  über  Material  genug,  um  während  der  Brutzelt  die  Feinde  von  den  weib- 
lichen Trägern  der  Arterhaltung  abzulenken,  und  somit  erweist  sich  die  Ent- 
wickhing der  ccnnnnten  Charaktere  durch  die  natürliche  Zuchtwahl  ebenso  als 
eine  nutzliclie  \  eranstakung  der  Natur  zur  Erhaltung  der  Art,  wie  es  die  Lieber- 
Produktion  von  Kiern,  Samen  und  Jungen  ist.  Es  sei  hierbei  verwiesen  auf  den 
Art  »Bienenslaciiel,«  bei  dessen  Entwicklung  ein  ähnliches  biologisches  Motiv 
mitspielt,  me  bei  der  Entwicklung  der  Buntfiirbigkeit  gewisser  männlicher  Thiere; 
s.  a.  Art.  »Männliche  Charakterec  J. 

Männliche  Charaktere.    Wenn  man  sich  rein  auf  den  morphologischen 


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Mlnnlicbe  Charslctcre. 


*33 


Standpunkt  stellt,  so  hat  man  die  primären  und  sekundären  männlichen  Charak- 
tere zu  unterscheiden.  Der  primäre  männliche  Charakter  bestellt  in  dem  Besitz 
der  männlichen  Geschlechtswerkzeuge.  Dieser  Charakter  koniuu  jedoch  äusscrlich 
nur  zum  Ausdnick,  wenn  ausser  den  samenerzcugenden  Drttsen  noda  äusserliche 
Begattungswerkxeuge  vorhanden  sind»  und  natürlich  noch  deutlicher,  wenn  neben 
letzteren  auch  noch  die  Samendrüsen  äusserlich  angebracht  sind.  Bei  vielen 
Thieren  aller  Abtheilungen  bleibt  es  bei  diesen  primären  männlichen  Charakteren, 
und  es  besteht  im  Uebrigen  kein  erheblicher  mor^^hologischer  Unterschied 
zwischen  beiden  Geschlechtern.  Dagegen  treten  bei  vielen  Arten  in  allen  Thier- 
abtheilungen in  morphologischer  Beziehung  sekundäre  Charaktere  auf,  die  schon 
ohne  Untersuchung  der  Geschlechtsdrüsen  über  den  Geschlechtscharakter  des 
Thieres  Aufschluss  geben.  Zu  diesen  äusserlichen,  mehr  formalen  Differenzen  ge- 
sellen sich  noch  substantielle  und  funktionelle.  Was  die  substanziellen  betrifft, 
so  kann  man  audi  hier  wieder  zwisdien  ptimftren  und  sekundXren  unterscheiden: 
primfir  ist,  dass  bei  allen  geschlechtlich  differenzirten  Thieren  der  Auadünstungs- 
genidli  der  Lebenden  und  der  Fleischgeschmack  des  todten  Thieres  nach  den 
Geschlecht  deutlich  verschieden  ist  Zu  den  sekundflren  Differenzen  substantieller 
Alt  gehört  Differenz  in  der  Färbung.  Näheres  siehe  unten.  In  funktioneller  Be- 
ziehung l)csteht  die  primäre  Differenz  in  der  Verschiedenheit  der  Rollen,  welche 
jedes  Geschlecht  bei  dem  Fortpflanzungsgesrhäft  spielt,  das  mannliche  als  Be- 
fruchter, das  weibliche  als  Empfänger,  wälirend  man  als  secundär  die  Er- 
scheinungen bezeichnen  kann,  welche  eintreten,  wenn  bei  der  Funktion  zur  Er- 
haltung der  Art  zu  dem  primären  wesentlidien  Befiruchtungsakt  aodi  kon^Kdrtere 
Akte,  wie  Begattung,  Werbung,  Kampf  und  Brutpflege  hinzutreten.  Im  Folgen« 
dem  sollen  nun  die  wesentlichsten  aller  dieser  Geachlechtscharaktere,  von  denen 
natürlich  die  meisten  sekundärer  Natur  sind,  also  nicht  bei  allen  Thierarten  sich 
finden,  der  Reihe  nach  aufgeführt  werden,  a)  Unterschied  in  der  Grösse. 
Bei  den  meisten  Thieren,  wo  Grössenunterschied  der  Geschlechter  vorkommt, 
liegt  wohl  das  Plus  auf  der  weiblichen  Seite,  theils  weil  die  im  Körper  erfolgende 
Entwicklung  der  Hier  einen  grösseren  Raum  beansprucht,  wie  das  bei  vielen 
Gliederthicrcn  der  Fall  ist,  theils  wie  bei  Thieren  mit  Jungenpflege,  um  dem 
weiblichen  Thier  eine  grössere  Leistungsfähigkeit  in  Ernährung  und  Vertheidigung 
d«r  Brut  zu  verschaffen,  ein  Fall,  der  besonders  bd  den  Vögeln  häufig  ist  Der 
Grössenunterschted  kann  hier  sowdt  geh«i,  dass  das  Männdien  gegenüber  dem 
Wdbcben  einen  zwerghaften  Charakter  bat  (Zwergmännchen  bd  Crustaceen,  Termi- 
ten  etc.).  Der  entgegengesetzte  Fall,  überlegene  Grösse  des  Männchens,  ist  wohl  in 
den  meisten  Fällen  ein  Zuchtprodukt  des  Männerkampfes,  wenigstens  findet  sich 
diese  l^eberlegenheit  gerade  bei  den  Thieren  am  entwickeisten,  bei  denen 
Mannerkampf  herrscht,  b)  Besitz  von  Schutz-  und  Trutzwaffen  ist  ein 
wesentlich  männlicher  Charakter  bei  den  rhierarten,  bei  welchen  Männerkampf 
herrscht  s.  Art,  Männerkampf,  c)  Differenzen  in  der  F'ärbung.  Aehnlich 
wie  bei  der  Grösse  ist  auch  hier  das  Plus  bald  auf  männlicher,  bald  auf  wdb- 
licher  Seite,  aber  im  allgemeinen  weit  mehr  auf  ersterer,  weil  hier  zwd  btdo- 
gische  Motive,  nämlich  die  Werbung  und  das  Männeropfer  (s.  diesen  Art),  in  der 
Richtung  einer  lebhafteren  Färbung  des  männlichen  Geschlechtes  wirken,  und 
andererseits  ein  dritter  biologischer  Faktor,  die  Brutpflege,  das  weibliche  Ge- 
schlecht be/üglicli  seiner  Färbung  in  negativer  Weise  beeinflusst.  In  diesen 
Richtungen  gilt:  bei  der  geschlechtlichen  Zuchtwahl  geht  die  Werbung  fast  über- 
all vom  männhchen  Geschlecht  aus;  da  bunte  Farbe  auf  das  weibliche  Thier  ge- 


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•34 


MKantiche  Chnaktere. 


schlechtlich  erregend  und  desshalb  begattungswillig  machend  wirkt,  so  hat  die 
geschlechüiche  Zuchtwahl  in  weiter  Ausdehnung  bei  den  männlichen  Thioen 
entweder  bleibend  grössere  Buntfarbigkeit  en^gt  oder  Veranlassung  gegeben 
zur   periodischen  Entwicklung  der  buntfarbigen  Hodizeitskldder  männlicher 

Thiere  (s.  Art,  Werbung).  Begünstigt  wurde  die  ^Entwicklung  dieser  höheren 
Buntfarbigkeit  bei  den  Männchen  durch  den  biologischen  Werth  des  l^fänneropfers 
(s.  d.  Art.),  während  der  Ucbcrtragung  der  Buntfarbigkeit  auf  das  weibliche  Ge- 
schlecht Uberall  ein  Hindemiss  bereitet  ist,  wo  das  weibliche  (ieschlecht  unter 
äusseren  Verhältnissen  brütet,  in  denen  Buntfarbigkeit  lebenscefährlich  ist,  also 
die  Erhaltung  der  Art  unauftällige  Schutzfärbung  verlangt.  Nur  wo  dieses  biolo- 
guche  Moment  wegfällt,  wie  z.  B.  bei  den  höhlenbrtttenden  Vögeln  (Spechten, 
Papageien  etc.),  kommt  Buntfiirhigkeit  bei  beiden  Geschlechtem  vor,  und  die 
Thatsache,  dass  in  diesem  Fall  trotzdem  bei  dem  männlichen  Thier  die  Farben 
meist  lebhafter  sind,  als  beim  weiblichen,  weist  darauf  hin,  dass  der  Ausgangs- 
punkt der  Buntfarbigkeit  das  männliche  Geschlecht  ist.  Bestätigend  femer  für 
den  Zusammenhang  der  Farbcndittercn/  mit  den  Bedinguni^en  der  Brutpflege  ist 
die  Thatsache,  dass  bei  den  wenigen  \'ogelarten,  bei  denen  das  weibliche  Thier 
bunter  ist  als  das  männliche  (j.  B.  bei  der  Strandschnepfengattung  Phalaropus) 
ausnaiimswcise  das  schutzfarbige  Männchen  brütet,  d)  Ein  verbreiteter  männ- 
licher Charakter  ist  eine  stärkere  Entwicklung  der  Hautorgane,  der  Haare, 
Federn,  HauÜappen,  Kämme,  Sporen,  Stacheln  etc.  Hier  wirkt  efaunal,  daw 
diese  Gebilde  durch  ihre  höhere  Entwicklung  entweder  Schutz-  oder  Tnitzwaffen 
im  Männerkampf  «nd,  dam  das«  <üese  Ofgane  sich  m  Werhmitteln  entwickelt 
haben  und  entweder  die  Träger  bunter  Farben  oder  die  lltittel  geworden  sind, 
auf  die  Sinne  des  Weibchens  durch  eigenartige  Bewegungen  (Anschwellen  der 
Rosen,  Kämme  und  Klunker,  Radschlagen,  Zitterbewegungen  etc.)  erregend  zu 
wirken,  c)  Unter  den  Werbemitteln,  welche  geschlechtliche  Zuchtwahl  den  männ- 
lichen Luftthieren  in  so  ausgedehnter  Weise  angexüchtet  hat,  spielen  die  Stimm- 
werkzeuge eine  wichtige  Rolle.  Sie  sind  entweder  ein  ausschliesslidies  Eigen» 
thum  des  männlichen  Geschlechtes  odnr  sogen  wenigstens  bei  ihm  dne  höhere 
anatomisdie  und  funktionelle  Entwicklung,  und  wo  beide  Geschlechter  stimmbe- 
gabt sind,  besteht  eui  deutlicher  Unterschied  im  Stimmklang:  die  männlidie 
Stimme  ist  stärker  tmd  meist  tiefer,  und  wo  Gesang  vorkommt,  gehört  er  nur 
dem  männlichen  Geschlecht  an  (eine  Ausnahme  findet  nur  beim  Menschen  statt). 

f)  Bei  vielen  Thieren  sind  die  männlichen  Individuen  noch  in  dem  Besitz 
besonderer  Klammerwerkzeuge,  mittels  deren  sie  die  Weibchen  mehr  oder 
weniger  dauernd  während  der  ganzen  Fortpflanznngszeit  festhalten.  Dieselben 
sind  bald  mit  den  Gliedmaassen,  bald  mit  den  Fress Werkzeugen  vereinigt. 

g)  Ein  bei  den  Insekten  sehr  Terbreiteter  männlidter  Charakter  ist  der  Besits 
entwickelterer  Fühlhörner;  da  diese  Allem  nach  die  Tiiger  des  Geruchs- 
sinnes sind,  so  steht  das  damit  in  Zusammenhang  dass  das  mlbmliche  Ge- 
schlecht vorzugsweise  der  aufsuchende  Theil  is^  aus  gleichem  Grund  findet  man 
bei  manchen  Thierarten  Ifibinchen  mit  grösseren  Augen  oder  entwickelten 
Ortsbewegungswerkreugen,  z.  B.  liei  den  Insekten  geflügelte  Männchen 
neben  flügellosen  Weibchen;  bei  den  F'ischläusen  neben  parasitisch  leVi-iiden 
Weibchen,  die  ohne  Schwimmwerkzeuge  sind,  Männchen  mit  voll  eniwickelten 
Bewegungsorganen,  h)  In  grosser  Ausdehnung  kommt  den  männlichen  Indivi- 
duen der  Besitz  eigener  Duftorgane  zu,  welche  die  Bedeutung  von  Weibe- 
rostteln  haben,  indem  die  starkriechende  Absonderung  derselben  auf  das  weib> 


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llliuiUdie  Chmkleic. 


»35 


liehe  Individuum  als  A]ibrodisjacum  wirkt.  Diese  Bedeutung  der  Duftorgane  ist 
besonders  bei  den  mrumlichen  Schmetterlingen  von  Fritz  Müllkk  festgestellt 
worden,  in  manchen  Fallen,  z.  B.  bei  manchen  Säugethieren,  sind  ausnahms- 
weise auch  die  Weibchen  im  Besitz  der  Duitdrüsen  (GeildrQsen,  MoschusdrUsen), 
aber  dann  in  veriEleinextem  Massstab.  i)  Die  Dufcdxttsen  itlbren  uns  auf  den  Ittr 
die  biologischen  Beziehinigen  der  beiden  Geschlechter  wichtigsten  Unterschied» 
nSmlich  den  des  Ausdünstungsgernches;  denn  es  ist  Thatsache,  daas  in 
der  Thierwelt  das  Sichzusammenfinden  der  beiden  Geschlechter  der  gleichen 
Art  theils  ganz  ausschliesslich  durch  den  Geruchssinn  vermittelt  wird,  was 
natürlich  sexuale  Differenz  des  Ausdünstungsdultes  voraussetzt,  theils,  wenn 
auch  zur  Zusammenfmdung  andere  Sinne  gewirkt  oder  mitgewirkt  haben,  der 
Geruchssinn  doch  immer,  selbst  beim  Menschen,  in  let/.ter  Instanz  in  der  Be- 
gattungswahl den  Ausschlag  giebt.  Die  sexuale  Duftdifferenz  ist  natürlich  erst 
mit  der  Geschlechtsreife  voll  entwickelt  (was  flbiigens  auch  von  den  morpholo- 
gischen  Differenzen  ^It)  und  meder  am  aofiXlligsten  wahrend  der  Brunstzeit. 
Die  Thatsache  weiter,  dass  ein  Thier  nicht  bloss  bei  seinen  Artgenossen  mittelst 
des  Geruchssinns  das  Geschlecht  erkenn^  sondern  auch  bei  andern,  selbst  syste- 
matisch ihm  sehr  femstehenden  Thierarten,  beweist,  dass  der  Männer-  oder  Männ* 
chenduft  durchweg  etwas  Eigenartiges,  von  dem  Weibchenduft  sehr  Verscliiedenes 
besitzt.  Qualitativ  lässt  sich  über  den  Männchenduft  sagen,  dass  er  etwas 
Spermatisches  hat,  d.  h.  der  eigenthümliche  Geruch  des  männlichen  Samens  ihm 
beigemischt  ist,  wcsshalb  auch  Kastration  eines  männlichen  Thieres,  wodurch 
dem  Ausdflnstungsduft  dieser  Charakter  geraubt  wird,  seine  Artgenossen  Ober 
seinen  Geschlechtschaiakter  irrefllbr^  s.  B.  durch  mtfnnKche  kastrirfce  Hunde 
werden  nicht  kastrirte  Minnchen  ebenso  angezogen,  wie  durch  den  Geruch  von 
weiblichen  Thieren,  während  die  Weibchen  sich  den  Kastraten  gegenüber  fast 
so  indifierent  verhalten,  wie  gegen  ihresgleichen.  Aehnliches  gilt  von  den 
Ka«;f-r:\ten  nller  Thierarten.  Quantitativ  gilt,  dass  der  männliche  Duft  dnrch 
grössere  Stärke,  Schärfe  und  Massivität  sich  von  dem  milderen  Duft  der  weib- 
lichen Thiere  unterscheidet.  Dieser  Unterschied  im  Ausdünstungsgeruch  besteht 
im  Fleischgeschmack:  das  Fleisch  der  mannlichen  Thiere  schmeckt  kräftiger  als 
das  der  weiblichen,  k)  auf  dem  Gebiet  der  Kinetik  lassen  sidi  folgende 
Unterschiede  feslstelten:  sofem  es  sich  nur  um  den  primären  Akt  der  Fort> 
Pflanzung,  nämlich  die  Befruchtung  handdt^  verlangt  die  Natur  von  dem  männ- 
lichen Geschlecht  ein  höheres  Maass  von  Aktivität,  während  das  weibliche  sich 
mehr  passiv  veiliält.  Desshalb  sehen  wir,  abgesehen  von  dem  schon  oben  (bei 
g)  angegebenen  morphologischen  Unterschied  bezüglich  der  Sinnes-  und  Rewegungs- 
werkzeuge  auch  da,  wo  dieser  fehlt,  dass  die  männlichen  Thiere  lebhafter  und 
leidenschaftlicher  sind,  als  die  weiblichen.  IVsonders  ausgesprochen  ist 
dieser  männliche  Charakter  bei  den  Thierarten,  bei  denen  zu  dem  Aufsuchen 
und  Bewältigen  des  Weibchens  noch  der  Männerkampf  kommt  Verwischt  wird 
diese  DiffierenZi  wenn  die  der  Empfängniss  folgende  Brutpflege  an  das  weibliche 
Geschlecht  die  Anforderung  erhöhter  Thätigkeit  stellt  Hier  kann  sogar  die 
Sache  in  das  Gegendieil  umschlagen,  z.  B.  bei  Bienen,  Wespen,  Ameis«i  etc., 
dauernd  bei  andern,  z.  B.  Hühnervögeln,  wenigstens  während  der  Zeit  der  Brut- 
pflege. 1)  Eine  andere  Differenz  ist  die  bcztiglich  de  r  Lebensdauer.  Sie  ist 
besonders  nutfallig  bei  den  meisten  einbrütigcn  Thieren,  d.  h.  solchen,  die  nnr 
einmal  den  !•  ortpflanzungsakt  ausführen,  wie  z.  B.  den  Insekten.  Hier  sterben  die 
Männchen  nach  Vollzug  der  Befruchtung,  also  Erfüllung  des  Zweckes,  zu  dem  sie 


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Möraente  —  Magw. 


geschafTen  sind,  rasch  ab,  während  das  weibliche  Thier,  dem  die  Ausrdfung  der 
Eier  und  ihre  Versorgung  obliegt,  länger  fortlebt,  bei  vielen  z.  B.  sogar  über» 

u'intert.  -  Zum  Schluss  ist  noch  zweierlei  zu  erwähnen:  a)  Wenn  man  männ- 
liche Thiere  frühzeitig  kastrirt,  so  kommen  die  sekundären  männlichen  Charak- 
tere entweder  gar  nicht  zur  Entwickhing,  oder  sie  erreichen  nicht  dieselbe  Ent- 
wickln np^shöhc.  b)  Wenn  weibliche  Thiere  entweder  vnrzeitifj  ihre  Zeugungs- 
fähigkeit  verheren,  d.  h.  gölt  oder  steril  werden  oder  über  den  naturlirlicn  Srhluss  der 
Zeugnissfahigkeit  hinaus  leben,  so  treten  öfters  bei  denselben  männliche  Charaktere 
auf;  2.  B.  Haus>  und  Fasanhennen  etc.  werden  hahnfedrig  und  krähen  wie  Hähne. 
Auch  beim  menschlichen  Weibe  stellt  sich  nach  der  Involutionsperiode  oft  An- 
deutung männlicher  Charaktere,  Männlichwerden  der  Stimme,  der  Physiognomie, 
des  Wesens,  ja  sogar  Andeutung  von  Bartwuchs  ein.  c)  In  allgememer  Be- 
ziehung ist  noch  nachzutragen:  wo  die  sekundären  männlichen  Charaktere  posi- 
tiver Natur  sind,  stellen  sie  das  Produkt  einer  Entwicklung  dar,  welche  weiter 
fortj^C5^ch ritten  ist  als  die  des  weiblichen  Thieres,  so  dass  zwischen  dem  jungen 
'l'hiere  und  dem  entwickelten  \\  eibclien  die  Differenz  eine  perinpere  ist  als  die 
zwischen  den  Jungen  und  erwachsenen  Männchen.  Man  kann  dann  auch  sagen, 
dass  bei  diesen  Thieren  die  weiblichen  Individuen  mehr  noch  die  Charaktere 
der  Jugendlichkeit  tragen.  J. 

mÜrsente  =  Stockente,  Anas  bfischas,  L.,  s.  Spiegelenten.  Rcuw. 

Mftttset  s.  »Murina«,  »Mures,«  Mäusenager  (mäuseartige  Nager),  s.  Muri- 
da.   V.  Ms. 

MSusebilche,  s.  Muscardinus,  Wagner,     v.  JSs. 

Mausebussard,  BuUs  vulgaris,  Leach,  s.  Buteo.  &Ciiw. 

Mäuseohr  (Myotis,  Kat  p),  s.  Vespcrtilio.     v.  Ms. 

Maforesen  oder  Mafoor'scher  Stamm  der  Papua,  bat  semen  gegenwnrtiL'cn 
Hauptsitz  an  der  Bucht  von  Doreh,  (Nordküste  von  Neu-Guinea)  und  aui  den 
Eilanden  Mafor  und  Mansinam,  ist  der  bekannteste  aller  Papuastämme  und  der- 
jenige, welcher  meist  den  Schilderungen  des  allgemeinen  Papuatypus  zu  Grunde 
gelegt  wird.  Die  sonst  vorkommenden  Formen  dieses  Namens,  wie  Mefoor, 
Noefoor  oder  Nvefoor,  sind  nach  Dr.  A.  B.  Meyer  weniger  richtig.  Die  M.  sind 
verwandt  mit  den  Arfak  (s.  d.)  und  den  Biakinsulanem.     v.  H. 

Maiumo.  Afrikanischer  Volksstamm  in  der  Umgebung  der  Delagoabai,  an- 
geblich Mischlinge  der  Kaifem  und  Neger,  aber  mit  der  Sprache  der  ersteren.   v.  H. 

Mag,  s,  Mugh.     V.  H. 

Magach.    Erloschener  Stamm  der  Payagua  (s.  d.)  in  Paraguay.     v.  H. 
Magagmiut,  s.  Magemiut.     v.  H. 

Mägir.  Mischstamm  im  Himälaya,  im  Stromgebiete  der  Gandäki.  Ikfit  den 
PuruQg  und  Khas  fasst  man  sie  unter  dem  Namen  Gurkha  (s.  d.)  zusammen,   v.  H. 
Magas  (gr.  Steg  an  einem  Sattemnstrument),  von  Sowsrbv  x8i6  au^ 

stellte,  von  Davidson  näher  gekennzeichnete  Gattung  der  TertkrahUiden,  die  nch 
durch  die  verhältnissmässige  Einfachheit  des  inneren  Gerüstes  auszeichnet;  die 
mediane  verticalc  Scheidewand  ist  zwar  stark  ausj^ebildet,  so  dass  sie  die  ent- 
gegengesetzte Scheidewand  fast  bcriihrt,  aber  die  Schleifen  sind  nur  als  Ansätze 
vorhanden,  die  sie))  nicht  in  der  Mittellinie  vereinigen.  Die  Arten  wenig  zahl- 
reich, klein,  nicht  über  lo  Centim.  M.  pumila,  Sow.,  in  Deutj>chland,  i  rankreich 
,  und  England  nur  in  der  Kreideperiode;  lebend  (Magaseüa,  Dall  1870)  in  ausser« 
europäischen  Meeren  vorhanden.  W.  Dall  hat  neuerdings  darauf  hii^ewtesen, 
dass  überall,  wo  eine  lebende  Magas  vorkommt,  auch  eine  andere,  in  vielen 


Il«ipne1li  liagenbewcgiiiigiai. 


»37 


Kennzeichen  übereinstimmende  grössere  Terebratei  mit  mehr  ansgebildetem  Cie- 
rüste  lebt  und  daher  die  recenten  Magas-Arten  alle  möglicherweise  nur  Jugend- 
zustande anderer  Gattungen,  namentlich  von  TertbrattUa^  seien.  Dall  Scientific 
resulls  of  the  Alaska  Expedition,  Bd.  III,  2877  und  Davidson  in  Zoo]og>-  of  the 
Challenger,  Bd.  i,  1880.  E.  v.  M. 
Ifagaadla,  s.  Magas.    E.  v.  M. 

Magdalis,  Germ.,  Mßgdalinus,  ScHöNH.(lat  eine  walzige  Figur),  Name  einer 
Rüsselkäfergattung,  deren  ca.  34  kleine  Arten  von  geschlossener  walziger  Körper- 
form und  Itlnuer  oder  sclnvarzer  Farbe  an  blühenden  Holzgewächsen  leben.    K.  Tn. 

Mageiii.  Kleine  Völkerscliaft  Altitaliens,  die  man  bei  Cassolo,  südlich  von 
Mondovi  sucht.      v.  H. 

Magemiut  oder  Magagmiut.  Eskimo  Nordwest-Amerika  s  vom  Kap  Roinanzow 
bis  zur  Ynkonmflndung.    Siehe  Inntiit     v.  H. 

Mflgen»  s.  Veidauungsorgane  n.  V.-Entwickiung.    v.  Ms. 

llagenbewi^ngen.  Die  Verdauungsarbeit  der  Magens  verlangt  insbesondere 
bei  grösseren  Geschöpfen  ausser  der  chemischen  Thätigkeit  des  Magensafts  auch 
noch  die  Mitwirkung  Non  Bewegungsvorgängen,  zu  deren  Ausführung  die  Magen- 
wandimgen  mit  einer  Muskeüage  versehen  sind.  Die  Nothwendi^keit  crp^iebt  sich 
einmal  daraus,  dass  Ma^cnsalt  und  Darniinhalt  nur  dann  zu  l)L'.stni(>[^!icher  Mischung 
gelangen,  wenn  der  gcsarnmtc  Mageninhalt  in  einer  iJewef^ung  erlialten  wird,  die 
immer  neue  i'ortionen  desselben  mit  der  absondernden  Schleimhaut  in  Berührung 
bringt.  Zu  diesem  Behuf  vollfllhrt  die  Muskelbaut  des  Magens  peristaltische  Be- 
wegungen, welche  den  Mageninhalt  in  einer  Art  von  Rotation  erhalten.  Z.  B. 
bei  dem  Menschen  und  vielen  Säugethieren  ist  die  Einrichtung  so  getroffen,  dass 
der  durch  die  Speiseröhre  hereingdangende  Bissen  zunächst  gegen  den  Blindsack 
gelangt,  dann  an  der  grossen  Kurvatur  des  Magens  bis  zum  Pförtner  hingeschoben, 
von  dort,  falls  dieser  sich  nicht  öffnet,  längs  iki  kleinen  Kurvatur  zum  Magen- 
mund zurückgetrieben  wird  und  von  dort,  wenn  die  Spciseaufnahme  fortdauert, 
von  der  Wand  ab  gct;eu  das  Innere  des  Magens  sich  wendet.  So  macht  jede 
Portion  ilireii  Weg  zunächst  längs  der  Wand,  um  sich  mit  Magensaft  anzusaugen, 
und  dann  in  das  Innere  tretend  macht  sie  den  anderen  Portionen  Platz.  Be- 
sonders ausgelnldet  ist  diese  Bewegung  natürlich  bei  den  Thieren,  welche  festere 
Nahrung  zu  sich  nehmen.  Das  auslösende  Moment  für  diese  Magenbewegungen 
nnd  der  Hauptsache  nach  (Ue  chemischen  und  mechanischen  Reize,  welche  von 
den  eingeführten  Stoffen  selbst  ausgehen,  und  die  motorischen  Centraiorgane 
hierfür  liegen  im  Magen  selbst.  Ausserdem  besteht  ein  regulatorischer  Nerven- 
einfluss,  der  durch  Zweige  des  vagus  und  des  splanchnkus  ausgeübt  wird.  Dass 
aber  auch  vom  Blute  aus,  durch  StotVc,  die  im  Blute  gelöst  sind,  auf  die  Magen- 
bewegungen hemmend  und  beschleunigend  eingewirkt  werden  kann,  lässt  sicli  durch 
Injectionsexperimente  leicht  feststellen.  Ein  zweiter 'riieü  der  Magenmechanik  ist  das 
Verhalten  von  Magenmund  und  Pförtner.  Der  Magenmund  bleibt  im  Allgemeinen 
in  der  Regel  im  Zustand  tonischen  Verschlusses»  der  nur  beim  Brecbakt,  beim 
Aufstossen  und  bei  den,Wiederi(äuem  zeitweilig  entweder  nachlässt  oder  von  den 
stflikeren  peristaltischen  Bewegungen  Überwunden  wird.  Die  Muskulatur  des 
Pförtners  verhält  sich  ähnlich.  Sie  unterhält  einen  tonischen  Verschluss,  der 
offenbar  reflektorisch  bedingt  ist  durch  den  Zustand  des  Mageninhaltes,  u.  z. 
so:  Solange  dieser  noch  wenig  mit  Magensaft  durchtränkt,  ungenügend  erweicht 
und  somit  in  einem  relativ  sehr  dift'erenten  Zustand  sich  befindet,  unterhält  der 
Ketlexreiz  einen  festen  tonischen  Verschluss.    Dieser  nimmt  in  dem  Masse  ab. 


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23S 


Macendann  —  Magensaft. 


als  die  Differenz  des  Inhalts  durch  Erweichung,  Verflüssigung  und  Beimischung 
von  Magensaft  abgenommen  ha^  und  dann  überwindet  die  peristaltisdie  Be> 
wegung  ruckweise  den  Fförtnerscbluss  und  lUhrt  den  Mageninhalt  portionenweise 
in  den  Darm  über.  —  Bei  manchen  Thieren,  z,  B.  den  Kömer  fressenden  Vögeln 
sowie  den  Krebsen  ist  dem  Magen  noch  die  höhere  mechanische  Aufgabe  ge- 
stellt, die  Thätigkeit  der  Kauwerkzeuge,  die  auf  die  Verkleinerung  und  Zermal- 
mung der  Speisen  gerif  hfpt  ist,  zu  besorgen  oder  zu  vervollständigen.  Zu  diesem 
Behuf  besitzt  der  Magen  einerseits  Hartgebilde  —  bei  den  körnerfressenden  Vögeln 
eine  die  ganze  InnenBäclic  überziehende  Hornhaut,  bei  den  Krebsen  einen  Zahn- 
apparat  —  andererseits  kräftige  Muskehi,  >yelche  entweder  mUhlsteinartig«  wie 
bei  den  KÖmerfressem  oder  wie  bei  Krebsen  auf  diese  Zähne  bewegend  wirken. 
Bei  den  ersteren  wird  die  Wirkung  dieser  Mechanik  noch  dadurch  unterstütz^ 
dass  diese  Thiere  Sandkörner  und  sonstige  Hartgelulde  verschlingen.  —  Eine 
ganz  eigenartige  Magenmechanik  haben  die  Seeigel.  Sie  nähren  sich  von  Tbieren, 
die  für  ihre  Mundöffnung  viel  zu  gross  sind,  dadurch,  dass  sie  ihren  Magen  aar 
Mundöflfnung  herausstülpen  und  mit  demselben  das  zu  verdauende  Thier  ein- 
wickeln, um  nach  Auflösung  des  Löslichen  den  Magen  ins  Innere  des  Körpers 
wieder  zurückzuziehen.  J. 

Magendarm,  -Drüsen,  -Schleimhaut,  s.  Veidauung^uigane  -  Entwick- 
lung. Grbch. 

Magennihr  oder  Bfagensack,  Magen,  oft  auch  Spelserdhre  genannt»  ist  eine 
^stulpung  der  allgemeinen  Körperwand  nach  innen,  wie  sie  für  Anthoao^n 
charakteristisch  ist,  während  sie  den  Hydrozoän  öder  Folypomedusen  fidtlt 
Unten  communicirt  das  Magenrohr  mit  der  Leibeshöhle,  oben  durch  den  Mund 
mit  der  Aussenwelt;  seitlich  ist  es  durch  den  oberen  Theil  der  Gekrösfalten 
mit  der  inneren  Fläche  der  Seitenwand  verbunden  (s.  auch  Yerdauungsor* 
gane).  Ki.z. 

Magensaft,  einer  der  wichtigsten  Verdauungssäfte  ist  das  Produkt  der 
Magenschleimhaut.  Die  Gewinnung  reinen  Secretes  dieser  Schleimhaut  ist  eine 
schwer  erreichbare  Aufgabe;  man  hat  sich  deshalb  sdion  sdt  den  ersten  An- 
filngen  einer  wissensehaftKchen  Experimentalphysiologie  damit  begnügt  zunächst 
die  Veränderungen  zu  studiren,  die  die  in  den  Magen  geUngenden  Nahrungs- 
mittel erfahren.  Die  Accademia  del  dmento,  RjUuhur  (1752)  Uessen  damit  ge- 
füllte kleine  durchlöcherte  Röhren  von  Vögeln  verschlucken  u.  verfolgten  nach 
der  Tötung  der  Thiere  oder  nach  erfolgtem  Ausspeien  der  Röhren  das  Schick- 
sal von  deren  Inhalt;  auch  am  Menschen,  einem  Gaukler,  wurde  von  Stevens 
ein  ähnlicher  Versuch  gemacht.  Neuerdings  bedient  man  sich  zur  Wiederer- 
laviguiig  der  eine  gewisse  Zeit  vorher  dem  Magen  übermittelten  Nahrung  der 
Magenpumpe,  dieselbe  entleeit  den  ganzen  Mageninhalt  d.  b.  Nahnmgmnittal^  und 
Magensaft.  Zur  Gewinnung  dieses  letzteren  allein  lUhrten  femer  Biaassnahmen 
wie  diejenige  von  Spallanzami  (1785)  u.  A.,  welche  von  Vögeln  und  anderen 
Thieren  Schwammstückchen  verschlingen  üessen  und  nach  folgender  Tötung  des 
nüchtern  gebliebenen  Thieres  durch  .Auspressen  der  Schw^me  das  Magensecret 
sammelten.  Auf  eine  eigene  Methode  zur  Prüfung  der  Schicksale  genossener 
Nahrungsmittel  im  Magen  und  ganz  besonders  zur  Gewmnung  von  Magensaft 
fiihrten  endlich  auch  Zufälligkeiten,  so  das  Auftreten  von  Magenfisteln  bei  Menschen, 
die  sich  eine  Verwundung  des  Magens  zugezogen.  Helm,  Beaumqnt  u.  A.  be- 
nutzten derartige  in  ihrer  Praxis  vorkommende  Fälle;  Spätere  ahmten  dies  durch 
Anlegung  von  Fisteln  bei  Thieren  nach.  Da  indessen  alle  diese  Methoden  nur 


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«39 


docn  mit  %»eiehel,  Speisefesten  etc.  verunreinigte»  Magensaft  liefern,  so  üeht 
maxi  in  der  Jetstseit  den  sogen,  künstlichen  Magensaft  vor,  den  man  durch  Ex- 
traction  der  betrefienden  Schldmhau^artie  des  Magens  mit  Wasser,  Kochsalzlösung^ 
0,3—0,4^  Salzsäurelösung,  Glyceiin  etc.  erhält;  wie  die  Erfahrung  lehrt  enthält 

ein  solches  Extract  thatsächlich  die  wichtigsten  Bcstandtlieilc  des  natürlichen 
Magensaftes  und  vermag  deshalb  bei  seiner  Einwirkung  aut  Nahrungsmittel  unter 
den  diesem  zu  Gebote  stehenden  Bedingungen  (Temperatur  von  35 — 40''  C.  etc.) 
etwa  den  gleichen  Effekt  in»  Thcrmüütaten  also  cxira  corpus  auszuüben,  wie  der 
natürliche  Magensaft  intra  ventrkulum.  —  Der  in  der  angedeuteten  Weise  ge- 
wonnene natürliche  Magensaft  ist  eine  klare,  farblose  oder  schwach  gelbliche, 
nicht  schleimige  Flüssigkeit  von  intensiv  saurer  Reaktion;  die  mikroskopische  Unter- 
suchung d^elben  lässt  als  geformte  Bestandtbeile  Mageneptthelien,  Magendrüsen» 
Zellen  und  tSpeichelkörperchenc  erkennen.    Die  chemische  Analyse  stellt  ihn 
als  eine  Lösung  organischer  und  anorganischer  Körper  dar.  In  den  beim  Menschen 
(nach  C.  Schmidt)  darin  enthaltenen  09.4",  beim  H  in(!f  97,3^,   heim  Schafe 
98,6  ij  Wassers  hnden  sich  unter  den   rcstirendcn  testen  Bestandtheilen  solche 
organischer  Natur  zu  0,3 1,7^  bc/.w.  0,4 j},  solclie  organischer  Natur  zu  0,3^, 
3^,  bczw.  1^  vur.    Als  die  wichtigsten  von  ihnen  sind,  augeschen  von  dem  Ei- 
weiss,  Pepton,  Spuren  von  Fetten,  au  erwähnen  die  Fermente,  freie  Säuren  und 
Salze.   Als  Fermente  finden  sich  im  Magensaft  das  Pepsin  oder  proteolytische 
Fennent,  Lab>  Milchsäure»,  Fett-  und  Stärkeferment.  Das  Etweis^ennent  oder 
Pepsin  kann  aus  dem  Magensaft  ausgefällt  woden;  mischt  man  Thierkohle  mit  der 
Verdauungsflüssigkeit,  so  adhärirt  das  Ferment  so  innig  an  jener,  dass  die  ab- 
filtrirte,  vorlier  wirksamste  Flüssigkeit  jetzt  nicli'^   i'ielir  verdaut.    Der  Nachweis 
der  absoluten  Menge  des  in  einem  Magensaft  enthaltenen  Eermentes  ist  noch 
nicht  geführt,  nur  die  relative  Quantität  desselben  ist  test/ustellen.    Sowohl  das 
Eiweiss-  wie  die  sämmtlichen  anderen  I  crmentc  des  Magensaftes  können  der 
Magenschleimhaut  als  ihrer  Bildungs  resp.  Ansammlungsstätte  entzogen  werden. 
Es  beruht  darauf  die  Herstellung  kUnsÜichen  Magensaftes.    Frische  oder  nach 
Entsäuerung  getrocknete  ParthienderMagendrasenschleimhaut  mit  Wasser,  Glycerin 
oder  0,3— ff  wässiiger  oder  glyceriniger  Kochsais-,  Salzsäure-,  Milchsäure-  etc. 
Lösung  geben  ein  Ferment-,  Eiweiss-,  Pepton-,  Mucin-  und  Salz-baltiges  saures 
Extrakt    Benutzt  man  zu  dieser  Extraktion  nur  die  einen  oder  anderen  Farthien 
der  Magenschleimhaut    so  kann  man  aus  der  Wirksamkeit  des  Auszuges  auf  die 
in  demselben  entiialtenen  Stolpe  und  damit  auf  deren  specielle  Bildungsstätten 
schHessen.    So  enthält  z.  B.  das  Extrakt  der  Curvalura  major,  speciell  der  Fundus- 
region des  Pferdemagens  vorwiegend  Pepsin-,  Lab- imdMilchbäureferment,  wahrend 
das  Pepsin  der  ersten  Stunden  der  Verdauung  in  der  Schleimhaut  der  Pylonis- 
region  gar  nidit  vorkommen  soll  ^llenbergbr  und  HonisiSTBR).   Audi  das 
Lab*  und  Milchsäureferment  konnten  nur  in  dem  Extrakte  der  grossen  Curvatur 
des  Pfeidemagens  constatirt  werden,  Fett-  und  Stärkeferment  dagegen  selbst  in 
diesem  nur  in  belanglosen  Spuren.    Die  in  dem  natürlichen  und  künstlichen 
Magensafte  enthaltenen  Eiweisskörper  sind  zum  Theil  verdaut,  daher  das  Vor- 
kommen von  Hemialbumose  und  l'eptt)n;  Mucin  fehlt  dem  Magensaft  niemals, 
findet  sich  aber  reichlicher  im  Extrakte  der  Curvafura  major.    Von  den  übrigen 
Bestandtheilen  ist  nächsL  den  Salzen  (Cliloraikaricn,  Chlorcalcium  und  Chlorammo- 
nium, sowie  FhOQihale  der  Alkalimetalle)  für  die  Magenverdauung  von  besonderer 
Wichtigik<üt  die  durch  Basen  nicht  gebundene  Säure.  Schon  1824  wurde  dieselbe 
von  Pnoux  als  Salzsäure  erkannt^  aber  erst  C.  Schiudt  konnte  die  Einwendungen 


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240 


Magensaft 


Blondlot's  und  Claude  Bernard's  endgiltig  beseitigen  und  den  vollen  Nach- 
weis von  dem  Yorkoninen  von  freier  Salzsäure  erbringen.   Er  berechnete  deren 

Quantität  auf  o,i3  — o,3[}  bei  verschiedenen  von  ihm  untersuchten  Thierarten. 
Durch  die  sehr  zahlreichen  Untersuchungen  der  späteren  Zeit  crpib  sich  dann, 
dass  der  Gehalt  des  Magensaftes  an  HCl  zu  verschiedenen  Zeu  -r,  nn  liiftprenter 
sei;  während  der  ersten  Perioden  der  Magenverdauung  olt  verschwindciiti  klein, 
steigt  die  Säure  erst  später  auf  die  angedeutete  Höhe  an.  Wenn  schon  C.  Schmidt 
vermuthete,  dass  die  Säure  zum  Tlieil  nicht  ganz  freii  sondern,  wenn  auch  nur 
lose  gebunden,  im  Magensafte  vorkomme,  so  ist  ganz  neuerdings  von  Richet 
diese  Angabe  dadurch  bestätigt  worden,  dass  obwohl  HCl  sehr  grosses  Difiusions- 
vermögen  besitz^  dem  Magensaft  diese  Säure  auf  dem  Dialysator  nicht  entzogen 
werden  kann;  man  vermuthet  deshalb  ein  salzsaurcs  Pepsin.    Der  gleiche  Autor 
machte  schon  vor  etwa  einem  Decennium  darauf  aufmerksam,  dass  im  Magen- 
saft des  Menschen  beim  Stehen  Milchsaure  pcbiUlet  werde;  es  ist  erst  in  neuester 
Zeit  gelungen,  diese  Gährungsmilchbaure  auch  im  ganz  frisclien  Magensafte  zu 
conslaliren ;  so  wiesen  es  Ellenbekcek  und  HüF.MEiSTKk  für  den  im  Anfange  einer 
Verdauungsperiode  abgesonderten  Pferdemagensaft  und  fttr  den  des  Schafes  nach, 
der  der  HCl  fast  gänzlich  entbehrt.  —  Die  Magensaftproduktion  geht  von 
der  Drflsenschleimhaut  des  Magens  aus,  sie  hat  also  ihren  Sitz  in  dem  Verdauung«- 
oder  Driteenmagen ;  die  drüsenfreien  Vormägen  (Kardiasäcke)  betiieiligen  sich 
nicht  daran.    Die  älteren  Ansichten  Uber  deren  Zustandekommen  gingen  dahin, 
dass  speciell  der  mit  sogen.  l,abdrüsen  ausgestaltete  Fundustheil  die  specifischen 
Bestandtheilc  (^I  crnicnte  und  Säuren)  hefere,  wälircnd  der  die  sogen.  Schleim- 
drüsen führende  l'ylorui>theil  den  Ma<»enschleini  prodncire.    In  der  Zeit  haben 
sich  diese  Anschauungen  auf  Grund  genauer  hisiologischer  Untersuchungen  der 
Magendrüsen  während  verschiedener  Thätigkeitsperioden,  sowie  chemischer  Ana- 
lysen der  Extrakte  der  differenten  Schleimhautparthien  in  ihren  höheren  und 
tieferen  Schichten  wesentlich  geändert  In  seinem  für  die  Bildung  der  specifischen 
Magensaftbestandtheile  wohl  allein  in  Betracht  kommenden  intestinalen  Theile  — 
von  den  sogen.  Kardiasäcken  des  Magens  des  Schweines,  Nabelschweines,  der 
Sehkuh,  des  Bibers  etc.  kann  liier  al).[ieschen  werden,  da  die  physiolDgische  Be- 
deutung von  deren  Hhndsäcken  noch  nicht  feststeht  —  besitzt  der  Magen  zwei 
versciucdene  I  )riisenarten,  die  sogen.  Fundns-  und  die  Pylorusdrüsen.    Die  ersieren 
ti.  !U  n  einfach  lubulöse  Drüsen  dar,  die  im  Innern  zwei  Zellenarten  tragen.  Die 
einen  davon  bilden  einen  zuweilen  in  Nischen  der  DrUsenmcmbran  sitzenden  und 
diese  selbst  buckdartig  hervoitreibenden  Wandbelag  halbmondförmiger,  runder 
oder  ovoider,  deuüich  abgeg^nzter  Zellen;  sie  heissen  Belag-  oder  delomorphe 
Zellen.  Die  anderen  stellen  undeuüich  abgegrenzte  Zellen  dar,  die  oft  nur  einen 
scheinbar  zusammenhängenden,  gekörnten  Protoplasmaüberzug  Uber  und  zwischen 
den  Belagzellen  bilden,  sie  werden  Haupt-  oder  adelomorphe  Zellen  geheissen. 
Beide  zeigen  während  verschiedener  Stadien  Differenzen  in  ihrem  Aussehen;  die 
Belag/.ellen  und  besonders  die  Hauptzellen  lassen  zwei  verschiedene  Phasen  ihrer 
Thätigkeit,  die  von  verschiedenem  Aussehen  der  Zellen  begleitet  sind,  eikeunen. 
So  werden  die  Hauptzellen  während  der  Drtisenruhe,  d.  h.  in  der  Zwischenzeit 
zwischen  2  Verdauungqperioden,  hell  und  gross,  zur  Zeit  der  Magenverdauung 
dagegen  werden  sie  kleiner  und  kleiner,  trabe  und  kömig.  Auch  die  Belagzellen 
wechseln  aber  nicht  sjmcltron  mit  den  Hauptzellen  in  ihrer  Grösse.   Ausser  in 
ihrer  Eischdnungsweise  difleriren  die  beiden  Zellenarten  auch  in  ihren  Reaktionen; 
die  Belagzellen  sind  (u.  a.  mit  Anilinblau)  leicht  färbbar  und  schwärzen  sich 


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durch  Osmiumsäure,  das  degentheil  bieten  die  Hauptzellen  dar.  Die  Pylorus- 
drüsen  sind  getheik  schlauchtürmige,  häufig  viellach  hin-  und  hcrgcwunuene 
Drüsen,  welche  als  inneie  Auskleidung  neben  den  vorwiegenden  Haupuellen  der 
FandusdrOs<«  am  nttchsCen  stehenden  fein  kömigen,  aber  beim  Pferde  (Ellen- 
BBROER  und  HoniEiSTBR)  ftrbbaren  und .  durch  Osmiurosäure  sich  bräunenden 
Drüsenzellen  nach  Nussbaum  noch  vereinzelte,  dunkle,  cylindrisch-kegel förmige, 
in  Osmiumsäure  wie  die  Belagzellen  der  FundusdrUsen  sich  schwärzende,  aber  in 
Anilinblau  sich  nicht  (arbende  Zellen  tragen.  Diese  4  Zellenarten,  denen  die 
Sekretion  des  Magensaftes  zufallt,  werden  nun  von  verschiedenen  Seiten  l)ezügHch 
ihrer  Aufgaben  verschieden  gedeutet;  wahrend  sie  t.  B.  KniNr.KR  als  den  Aus- 
druck verschiedener  1' unkltonszubtande  einer  und  deii^elben  Zellcnart  ansieht,  hat 
HuDENHADi  ihre  Bedeutung  nach  2  Richtungen  hin  getrennt  Er  hfllt  die  Hauptzellen 
der  Fundus»  und  die  ihnen  gleichen  Pylonisdrttsensellen  fltr  die  Pepsinbildner  und 
begründet  das  durch  die  Beobachtung  des  grössten  Pepsingehaltes  der  Schleim* 
hautextrakte  zur  Zeit  der  grössten  Ausbildung  der  gleichzeitig  homogen  er- 
scheinenden Hauptzellen.  Ebstein,  Grützner  u.  A.  glauben  in  dieser  hellen, 
sich  mit  Carmin  nicht  färbenden  Substanz,  wenn  auch  nicht  das  Pepsin  selbst, 
so  doch  seine  Vorstufe  das  l'epsinogen  oder  Propepsin  erblicken  zu  dürfen,  das 
zur  Zeit  der  Driisenruhe  aus  dem  Protoplasma  der  Haupt^eilcii  entstehen  und 
in  ihnen  angehäuft  werden  soll.  Mit  Beginn  der  sichtbaren  Drüsenthätigkeit  (d.  i. 
Produktion  grösserer  Magensaftmeiigen  nach  erfolgter  Nahrungsaufnahme)  werden 
die  gteidien  Zellen  trübe,  kömig  und  kleiner  und  damit  sinkt  auch  der  Pepsin- 
gehalt  der  Schleimhaut.  —  Dem  gegenüber  erscheint  Heidenhaik  die  Salzsäure 
des  Magensaftes  als  das  Produkt  der  Belagxellen,  die  zur  Zeit  des  stärksten 
Pepsingehaltes  der  Schleimhaut  am  kleinsten  sind.  Deshalb  fehlt  denn  auch 
der  HCl  Gehalt  denjenigen  Schleimhautpartien,  welclie  keine  Belagzellen  führende 
Drtisen  enthalten  (dem  Pylorus,  und  beim  Frosch  der  nur  Hauptzellen  in  ihren 
Drüsen  tragenden  Schleimhaut  des  Oesophagus  gegenüber  der  nur  Säuren  ab- 
sondernden Belagzellen  führenden  drüsen reichen  Magenschleimhaut)  oder  es  ver- 
dankt ein  solcher  dort,  wenn  vorhanden,  seinen  Ursprung  der  Imbibition  mit 
saurem  Magensaft  Die  Entstehung  der  Salzsäure  ist  wohl  zweifellos  in  den 
Magen  su  verlegen,  wenn  es,  wie  Maly  gezeigt  ha^  auch  nicht  undenkbar  is^ 
dass  im  Blute  kleine  Mengen  freier  Säuren  (man  denke  nur  an  COf)  nicht  nur 
circuliren,  sondern  auch  durch  chemische  Wechselwirkung  (Chlorcalcium  und 
Dinatriumphosphat  lässt  durch  Austausch  der  Elemente  Calciumphosphat,  Chlor- 
natriiim  und  Chlorwasserstoflsäure  sich  bilden)  HCl  entstehen  und  speziell  im 
Magen  als  emem  sehr  sensiblen  Difiusionsapparat  zur  Ausscheidung  kommen  können, 
so  ist  doch  der  Nachweis  freier  HCl  im  Blute  noch  nicht  gelungen.  Das  allein 
und  vor  allem  die  Beobachtung,  dass  die  tiefsten  Magenschleimhautschichten 
nicht  sauer,  sondern  alkalisch  reagiren,  drängt  auf  die  Annahme  eben  der  Ent- 
stehung jener  erst  im  Ma^^  hin.  Es  ist  zu  vermuthen,  dass  die  Magenschleim- 
haut aus  dem  Blute  und  der  Nahrung  Chloride  aufnimmt  und  dais  diese  unter 
der  Wirkung  der  im  Magen  ja  immer  vorhandenen  und  entstehenden  Milchsäure 
unter  Frdwerden  von  HCl  sich  zu  milchsauren  Salzen  umsetzen  (Malv).  Es  mag 
hier  unentschieden  bleil)en,  oh  es  dazu,  wie  Brücke  aus  der  Analogie  der 
Schwefelsäurebüdung  in  den  Speicheldrüsen  von  Dolium  gaka  vermuthet,  des 
Nerveneinflusses  oder,  wie  sich  nach  obigen  Auseinandersetzungen  HtJOKNHEiN 
es  vorsieilt,  der  Mitwirkung  der  Drüsen,  speciell  der  Belag/.clien  bedarf,  oder  ob 
nicht  vielleicht  der  blosse  Kontakt  der  genannten  Chemikalien  im  Mageninhalte 

Zod,  Amlirapal.  11.  Eibmlotia.  Hd.  V.  16 


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24>  Mageosatt 

zur  Salzsäurebildung  allein  genügt    Es  würde  dann  nur  die  Frage  entstehen, 
welches  ist  der  Modus  der  Milchsäurebildung,  was  die  Ursache.    In  Beant- 
wortung dieser  Fracke  kann  nur  darauf  hingewiesen  werden,  dass  die  Milchsäure 
zur  Hauijtsachc  das   Produkt   der  lernientaliven  Zersetzung  der  Kulilehydraie, 
speciell  des  Traubctuuckcrs,  der  i'tyalosc  etc.  der  Nahrung  ist.    Vermuthlich  wird 
ihre  Bildung  durch  das  gewöhnliche  Milchsäureferment  angeregt,  wo  es  etwa  von 
aussen  her  gemeinsam  mit  der  Nahrung  aufgenommen  wird,  vielleicht  ist  es  aber 
auch  ein  eigenartiges  Ferment  i  das  von  den  Magendrttsen  gebildet  werden 
könnte,  ähnlich  wie  wohl  ein  solches  auch  bei  der  MuskeltlUUigkeit  die  Zer- 
setzung dort  vorhandener  Kohlehydrate  in  Gährungsmilcbsäure  veranlasst.  Die 
Existenz  eines  Milchsäurefermentes  im  Extrakte  vorher  gereinigter  Stücken  der 
Schleimhaut  der  Curvatura  major  des  Pferdemagens  (Ellunbekger-Hofmfistek) 
weist  jedenlalls  aiif  die  Möglichkeit  der  liildun^j  und  Anhäufiuig  eines  solchen 
in  der  Magenachlciuihaul  hin.    Die  Bildung  des  Mucin  s  weiterhin  geht  auf  der 
Oberfläche  des  Magens  vor  sich,  die  doit  beündlichcn  Kpiihclzeücu  ^ind,  wie 
dies  deren  mikroskopische  Betrachtung  lehrt,  als  die  Mucinbildner  au&ufassen, 
indem  sie,  wie  auch  an  zahlreichen  anderen  Lokalitäten  (s.  Mucin)  periodisch 
eine  schleimige  Metamorphose  ihres  protoplasmatischen  Zellleibes  in  seinem 
peripheren,  gegen  das  Lumen  gewendeten  Abschnitte  eintreten  lasben.  Das 
Wasser  und  die  in  ihm  enthaltenen  allgen^  eineren  K  u  rperbestandtheile 
organischer  und  anorganischer  Natur  sind  kaum  allein  als  das  Produkt  eines 
Filtrationsvorganges  seitens  des  Ulmes  auf/ufassen,  sondern   sie  dürften,  weil 
walirend  der  SckrcliunsjicrioLlcn  u  i  >hl  immer  ein  durch  das  Ciewit  ht  des  Magen- 
inhaltes bedingter  den  Cainliaulruck  übersteigender  Gegendruck  licrrsclit,  einer 
specitischen  Drüsenzellenthäügkeit,  also  einer  Sekretion  ihren  Uebertritt  in  den 
Magensaft  verdanken.   Die  DrUsenzellen  scheinen  dabei  sogar  ziemlich  wählerisch 
unter  den  Substanzen,  die  ihnen  vom  Blute  geboten  werden,  vorzugehen,  indem 
sie  besonders  die  Giloralkalien  etc.  in  den  Magensaft  überführen.  —  Die  Be- 
deutung des  Magensaftes  basirt  auf  der  Wirksamkeit  seiner  Specifischen  Be- 
standtheile,  d.  h.  Säuren  und  Fermente.    Verdünnte  Säurelösungen  au  sich  sind 
bessere  l.ö.sungsmiitel  für  gewisse  Salze  (Pliosphate  etc.),  die  mit  der  Nahrung 
aufgenommen  werden  als  Wasser  ;  sie  beduigen  aber  aucli  Umsef/ungen  derselben, 
indem  sie  z.  B.  die  kuiilcnsaiuen  Alkalien  bicli  in  Ciiiunde  oder  unlchsuure  Salze 
umwandeln  lassen.   Zahlreiche  Eiweisskörper  quellen  in  verdünnten  Säuren  auf, 
andere  werden  dadurch  in  lösliche  Modificationen  (Addalbuminate)  flbergefUhrt 
und  so  zu  der  eigentlichen  Verdauung  durch  das  proteolytische  Ferment  cmt- 
sprechend  vorbereitet^  gequollenes  Bindegewebe  wird  schon  durch  die  Säure 
allein  bei  relativ  niederer  Temperatur  in  Leim  umgesetzt.    Die  Wirkung  des 
Pepsins  bezieht  sich  vorzüglich  auf  die  Eiweisskörper  der  Nahrung.    Unter  der 
Mitwirkung  der  Körpertemperatur  und  enisiirechenden  (0,2— o,4<>)  Säuregrades 
werden  diese,  vorher  sclion  gecjuGllen  udcr  in  Syntonine  verwandelt,  Schritt  ffir 
Schritt  in  der  Weise  mctamorpliosirt,  dass  sie  nicht  mehr  mit  den  gcwöhnlicheu 
EiweissfallungsmiUelu  ^^Hitze,  Neutralisation,  Säurezusatz,  Salze,  darunter  gelbes 
Blutlaugensalz)  koagulirt  werden  können,  sondern  schliesslich  nur  noch  durch 
Gerbsäure,  Pbosphotwohramsäure,  Phosphormolybdänstture,  Jodquecksilberkalium 
und  die  Gallensäuren  niedeigescblagen  werden,  und  dass  sie  femer  Wasserlös- 
lichkeit,  Filtrirbarkcit  und  Diffusionsvermögen  erlangen.   Diese  Verdauungspro- 
dukte des  Magensaftes  heisst  man  Peptone;  sie  entstehen  aber  nicht  sofort, 
sondern  sind  die  Endbtufe  des  ganzen  Vorganges,  während  dessen  sich  als 


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Magcnscliläucbc  —  Magenverdauung. 


243 


Zwtschenstafen  die  sogen.  Propeptone  d.  h.  noch  durch  Essigsäure  mit  Kalium- 
eisencyanür  sowie  durch  gelbes  Blutlaugensalz  fällbare  Substanzen  bilden.  Nach 
Hofmeister  besteht  der  Vorgang  in  einer  Hydratation  der  beireffenden  Eiweiss- 
kuriier,  die  deshalb  durch  Wasserenuichung  mittelst  Essis^säure-Anhydrit,  Erhitzen 
aui  170*^  C.  wieder  aus  ihren  Peptonen  erhalten  werden  können.  Die  Schnellig- 
keit der  Peptonisirung  richtet  sich  wesentlich  mit  nach  dem  Quellungsvermögen 
der  Eiwetsskörper,  auch  derai  sonstige  Beschaffenheit  hat  Einflitss  darauf,  inso- 
fern als  die  thierischen  Eiweisskörper  sdinelJer  gel<tet  werden  als  die  pflana»- 
lichen,  aber  auch  unter  diesen  beiden  Gruppen  meder  Vencliiedeiiheiten  in  der 
Löslichkeit  bestehen,  so  wird  z.  B.  Casdtn  und  Legumin  schneller  verSttSsigt  als 
Fibrin,  dieses  wieder  schneller  als  geronnenes  Hühnereiweiss  u.  Kleber  etc.  Eine 
eigenartige  Veränderung  erfährt  im  Magen  die  Milch;  sie  wird  durch  das  Lab- 
ferment coagulirt,  indem  ihr  Casein  ohne  Beihilfe  der  Säure  in  sogen.  »Käse« 
verwandelt  wird,  aber  auch  dieser  verfällt  später  wieder  dem  losenden  Einäuss 
von  Säure  und  Pepsin.  Auch  der  Knochenknorpel  und  die  kollagenen  Sub- 
stanxen  kennen  sich  dar  angedeuteten  lofluena  nicht  entliehen,  das  aus  ihnen 
entstehende  Leimpeplon  stellt  ebe  leichter  lOsliche  und  diffundirbare,  nicht  mehr 
klebende  Substanz  dar;  Knochen  hmterlassen  desahalb  nach  der  Verdauung  nur 
noch  das  hellgrau^  kreidige  Pulver  dct  Knochensalze.  Fett  selbst  wird  durch 
den  Magensaft  nicht  in  Angriff  genommen,  da  aber  die  Hüllen  der  Fettzellen  als 
albuminö'^c  Gebilde  gelöst  werden,  so  werden  dadurch  die  in  ihnen  ent- 
haltenen 1^  ettiropfen  frei  gegeben  und  für  ihre  eigene  Verdauung  durch  Galle 
und  Bauchspcichel  vorbereitet.  Die  sonst  noch  im  Magen  statthabenden  Ver- 
dauungsvorgänge s.  u.  Magenverdauung.  S. 

MagenscbUtidic  der  Pbysophoftden,  em  im  gleichen  Sinne,  wie  »Saug- 
röhren« oder  »Nährpolypen  (Hydrantlien)€  gebrauchter  Ausdruck  (s.  Fbysopho- 
ridae).  Pr. 

Magemtid  der  Medusen,  s.  Manubrium.  Pr. 

Magenverdauung.  Die  Verdauung  der  Nahrungsmittel  im  Magen  bleibt 
nicht  auf  die  Veränderungen  besrliränkt,  welche  diese  durch  den  Magensaft  er- 
fahren, sondern  dieselben  unterließen  hierin  auch  der  Wirkung  des  mit  ihnen 
herabgeschhickten  Speichels  uml  Uci  niiteingefuhrten  Ciährungberreger,  und  es  ge- 
sellt sich  dazu  endlich  uic  Aufsaugung  eines  selu  beträchtlichen  TheÜes  der 
gdötten  Nährstoie.  Man  kann  de«^b  in  der  eigenüichen  Magenverdauung 
mduere  Stadien  unterscheiden,  deren  eines  einen  vorwiegend  amylolytischen, 
deren  anderes  einen  proteolytischen  Charakter  besitzt,  zwischen  beiden  giebt  es 
ein  oder  mehrere  Uebergaagsstadien  (Ellemberobr  u.  Hofmeister;.  Danebenher 
laufen  besonders  in  dem  »isannnengesetzten  Magen  der  Wiederkäuer  noch  an- 
dere, namentlich  Gährungsvorgänge,  die  durch  den  längeren  Aufenthalt  der  Nah- 
rungsmittel in  tlcn  Vormagen  bei  gleichzeitiger  Anwesenheit  von  Gahrungserregern 
und  gährungslalugem  Matenale  bedingt  sind.  1.  Das  amylol vtische  Stadium, 
welches  mit  dem  Eintritt  der  Nahrung  unu  des  Speichels  ni  den  Magen  beginnt, 
hat  je  nach  der  Art  der  Nahrung  und  der  Efanidibing  des  Magens  eine  ver- 
schieden  lange  Dauer.  Eine  trockne,  stärkemehlreiche  Nahmn|^  die  die  Abeonp 
demng  einer  reichen  Menge  des  alkalischen  Speichels  erfordölich  nuu:bt^  wird 
schon,  weil  dadurch  auf  längere  Zeit  hinaus  der  anr  Proteolyse  gebotene  saure 
Magenaatt  neutralisirt  wird,  der  Verlängerung  der  amylolytischen  Periode  zu  gute 
kommen;  ganz  besonders  wird  diese  noch  begünstigt  durch  eine  etwa  gleich- 
zeitig wenig  umfangreiche  Funduspartie  des  Magens,  die  an  sich  wenig  gUostige 

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Gelepenheit  tait  Säurebildung  bietet.    Beide  z.  B.  beim  Pferde  gegebenen  Ver- 
Itältnisse  lassen  sich  hier  die  reine  Stärkemehlverdauung  auf  1  —  2  Stunden  nach 
der  Mahlzeit  entrecken.  Da  aber  schon  während  dieser  Periode  durch  G&hrungs- 
erreger  die  Milchsiluregähning  des  vielleicht  eben  erst  gebildeten  Zockers  platz- 
greift» so  findet  bald  eine  allgemeine  Säuerung  des  Mageninhaltes  statt,  die  de» 
Eintritt  der  Peptonisirung  der  Eiwcisskörper  wenigstens  in  der  intestinalen  Magen- 
abtbeilung  ermöglicht,  sodass  hierselbst,  da  die  Säuremenge  anfangs  auch  noch 
iii<  )>f  f'L'nllgt,  um  die  Amylolysc  aut/uheben,  Ijeide  Prozesse  nebeneinander  her- 
^^ehcn.    Sobald  aber  die  Milchsaure  die  Höhe  von  0,04  \\  erreicht  hat,  sistirt  sie 
die  diastatische  Wirkung  des  Sjjeic heltcrnicntes,  und  es  tritt  nunmehr  die  zweite 
Periode  der  Magenverdauung  an  deren  Stelle.    Die  in  ihrer  Qualität  so  wesent- 
lich abweichende  und  namentlich  an  unverdaulichen  Kohlehydraten  arme  Nahrung 
des  Fleischfressers  lässt  bei  diesem  Thiere  voraussichtlich  die  Ausbildung  eines 
amjlolytischen  Stadiums  gar  nicht  zu  Stande  kommen;  der  in  nur  geringer 
Menge  mit  herabgeschluckte  Speichel  dürfte  durch  die  sofort  eintretende,  wegen 
der  grösseren  Ausdehnung  der  serernirenden  Oberfläche  reichlichere  MagMisaft- 
und  damit  auch  Salzsäurebildung  bald  unwirksam  gemacht  werden.    Daraus  er- 
giebt  s'ch  von  selbst,  dass  bei  dem  Omnivor  (.Mensch,  Schwein  :  die  Dauer  des  ersten 
Verdaunngsstaditims  ganz  alicin  von  der  Qualität  und  Quantität  der  gerade  aul- 
genonunenen  Nalirung  abhängig  ist;  bei  rein  pflanzlicher  Nahrung  findijt  wai.rend 
der  ersten  Stunden  der  Magenverdattung  wenigstens  in  der  Oesophageal-  resp. 
Kardiaregion  thatsächlich  nur  Amylol3rse  statt,  in  der  eigentlichen  intestinalen 
Magenabtbeilung  geht  sie  bald  schon  mit  Proteolyse  einher.  Der  compUcirte  Magen 
unserer  Wiederkäuer  lässt  hierselbst  die  Stärkcmehlverdauung  sich  wesendich  in 
den  Vormägen  abspielen.   Dieselbe  ist  in  diesen  aber  kein  SO  einfacher  nur  aur 
Bildung  von  Dextrin,  Zucker  und  Milrh^-äurc  führender  IVo^ess,  sondern  es  ent- 
falten sich  darin  schon  bald  nach  dem  Xahrungseintritto,  angeregt  durch  C'iäh- 
rungsfermente ,  Spaltungen   und   Zersetzungen   verschiedf ner   Art.    Neben  der 
Milchsäuregährung  der  gelösten  Kohlenhydrate,  scheint  die  Celluiose  in  noch 
einfachere  Verbindungen  (COj,  H  u.  CH4)  zerlegt  zu  werden  (Tappeiner);  daher 
wird  es  erklärlich,  dass  Wild  zu  der  Annahme  gelangt  ist,  dass  die  N-fr  Bestand« 
thdle  der  Nahrung  in  den  Vormt^en  des  Schafes  in  bedeutenden  Mengen  ver* 
daut  und  bis  zu  50^  absorbirt  werden  könnten.  Auch  Ellenbbrger  u.  Hofmeistbr 
fanden,  dass  die  Vormägen  die  N-fr  Nährstoffe  wesentlich  verdauen;  immerhin 
bleibt  hier  wie  in  den  einfaclicren  Mägen  der  übrigen   Thiere  ein  Rest  (bei 
letzteren  66  J  der  in  der  Nahrung  enthaltenen  Kohlehydrate),  welchen  erst  im 
Darmkanal  eine  wirkliche  Lösung  resp.  Verdauung  trifft,  und  dies  scheint  beim 
Pterde  wesentlich  erst  im  Dickdarm,  speciell  Blinddarm  der  Fall  zu  sein.    In  den 
Vormägen  hat  aber  auch  Eiweisslösung  resp.  Verdauung  statt;  es  ergiebt  sich 
das  aus  dem  Nachweis  gelösten  Eiweisses  besw.  Peptons  im  Pansen-  und 
Haubeninhalte  bei  Schafen,  die  mit  Hafer  und  Haferstroh  gefüttert  werden;  es 
wird  von  Seiten  der  betreflfenden  Autoren  (Ellbmbbrger  und  Hofmeister),  die 
diesen  Nachweis  Alhrten,  unentschieden  gelassen,  ob  etwa  in  dem  Hafer  vor» 
handenes  proteolytisches  Ferment  oder  ob  die  Gährungs-  und  Zersetzungsvor- 
gänge die  l^rsache  der  F-iweisslösung  abgeben.     2.  Die  eigentliche  F.iweissver- 
dauung  spielt  sich  indessen  bei  den  mchmiagigen  Thieren  erst  im  Labmagen, 
bei  den  einmagigen  aber  wälirend  des  zweiten  proteolytischen  Stadiums  der 
Magenverdauung  ab.    Die  sich  im  weiteren  Ablauf  der  Verdauung  in  immer 
leicherer  Menge  im  Mageninhalte  ansammelnde  Säure  (durch  die  Gährung  ent^ 


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Mn(;enveTdaouii|f. 


»4$ 


f;trir)dene  Milch-  und  durch  die  Fundnsdrüsen  gebildete  Salr^ure)  sistirt  allmäh- 
lich die  Amylolysc  wecfen  des  störenden  Einflusses,  den  dieselbe  auf  das  diasta- 
tische Fernienl  ausul)t  und  bereitet  weiter  die  Eiweisskörper  durch  Uebertühiung 
in  Acidalbuminate  zur  eigentliclien  Peptonisirung  vor,  die  nun  währentl  der 
weiteren  Magen  verdau  ung  deren  üauptauigabe  darstellt.  Die  gehammle  Magen- 
Verdauung  erstreckt  sich  je  nach  der  Grösse  der  Mahheit  und  der  Verdaulichkeit 
der  gebotenen  Nahrung  (s.  Eiweisskörper  und  Magensaft)  Uber  eine  verschieden 
lange  Dauer.  Nur  fUr  wenige  Thterarten  und  Nahrungsmittel  liegen  genauere 
Untersuchungen  hierüber  vor;  beim  Menschen  beträgt  sie  3 — ^4,  unter  Umständen 
auch  6 — 7  Stunden,  auch  beim  Pferde  hat  sie  bei  massigen  Futterrationen  nach 
3 — 4,  bei  reicMirhcr  Mahl/eit  nach  6  —  8  Stunden  ihren  Höhepunkt  erreirh»^; 
weit  länger  dauert  sie  naturgeniäss  l)ei  Wiederkäuern.  Eine  vollkommene  Leerung 
des  Mas^ens  i?egen  den  Dünndarm  hin  scheint  unter  normalen  \'erhnltnissen  und  ' 
bei  regelrechter  Ernährung  (i  —  2 — 3malige  Nahrungsautnaiime  im  Laufe  von 
94  Stunden)  Uberhaupt  nicht  einzutreten,  wenigstens  wurden  bei  Pflanzenfressern 
(Pferden)  auch  nach  12  Stunden  und  bei  Wiederkäuern  selbst  nach  7-- 12  Tagen 
nach  der  Mahlzeit  Reste  derselben  aufgefunden.  Die  Eiweisskörper  werden 
indess  nicht  schon  vollkommen  im  Magen  verdaut,  eine  nicht  unbeträchdiche 
Quantität,  die  um  so  grösser,  je  reicher  die  Nahrung  an  Eiweiss  war  und  je 
häufiger  die  Nahrungsaufnahme  wiederholt  wird,  passirt  denselben  unverändert 
oder  wird  nur  gequollen  resp.  gelöst,  um  erst  im  Darmkanal  einer  eigentlichen 
Verdauung  zu  verfallen  oder  durch  anderweitige  Zersetiungsvorgänge  im  Körper 
verwandelt  zu  werden,  welche  eine  Regeneration  des  Eiweisses  nicht  mehr  ge- 
statten, sondern  nur  theilweis  weiteren  Umsetzungen  im  Körper,  den  Stofiwechsel- 
Prozessen  dienen  können.  Wie  schon  unter  Eiweisskörper  bemerkt,  kann 
tibrigens  ein  nicht  unbeträchUicher  Theil  derselben  ohne  vorherige  UebeHtthning 
in  Peptone  oder  andere  Zersetzungsprodukte  in  die  Säfte  des  Körpers  fiber> 
treten.  —  Neben  einer  eigentlichen  Verdauung  d.  h.  Umwandlung  in  lösliche  und 
difiusible  Modifikationen  unterhält  der  Magen  auch  noch  Abs orptions Vor- 
gänge. Es  unterliegt  nach  zahlreichen  Erfahrungen  keinem  Zweifel,  dass  ein 
Theil  der  löslichen  wie  gelösten  Nahrungsstoffe  schon  im  Maqen  aufgesaugt  wird. 
Es  ist  aber  nicht  der  mit  seinem  fast  undurchlässigen  hornigen  Epithel  ausgestattete 
Vormagen,  insbesondere  Pansen,  Haube  und  Psalter,  welcher  diese  Absorptipn 
bewerkstelligt,  hier  muss  man  das  Versdiwinden  eines  Thefles  der  NährstoAis 
vielmehr  auf  die  Entstehung  gasförmiger  und  sonstiger  Zersetzungsprodukte 
zurttckltthren  (Milchsäure,  CO|,  CH4,  H);  sondern  es  ist  der  eigentliche  intesdnale 
oder  Verdauungsmagen,  welcher  wenigstens  einen  grossen  Theil  der  in  ihm  ent- 
haltenen Produkte  der  Kohlenhydrat  und  Eiweissverdauung  in  das  Blut  über- 
treten lässt.  Seiner  aufsaugenden  Thätigkeit  ist  es  zuzuschreiben,  dass  nur  ein 
Theil  der  im  Magen  gebildeten  löslichen  Modificationen  der  Nährstoffe  wirklich 
den  Pylorus  passirt;  so  enthält  der  Mageninhalt  des  Pferdes  i  Stunde  post  coenam 
32,5  Grm.  Zucker,  n  Stunden  darnach  aber  keinen  Zucker  mehr;  der  Pepton- 
gehalt  desselben  beträgt  7  Stunden  f,  c.  35  Grm.,  la  Stunden  danach  aber  nur 
34  Grm.;  die  verschiedene  Nährstofimenge  ist  damit  sicher  theilweise  auf  die  Ab- 
scHrption  im  Magen  surflckzuftthren.  Die  zur  Aufsaugung  führenden  Vorgänge 
sind  die  gleichen  wie  im  Darme  (s.  u.  Resorption).  —  Während  des  Aufenthaltes 
der  Nahrung  im  Magen  führt  derselbe  gewisse  Bewegungen  aus,  welche  theiU 
eine  gleichmässigere  Durchniis(  hun<T  de^  Cesammtinhaltes  mit  dem  Magensafte, 
theils  eine  mechanische  Zerklemerung  der  festeren  Nahrungsmittel  besweckent 


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«46 


Magcnwttnncr  —  Mnsflas. 


Die  Bpw^'fT'inijen  sind  bei  unseren  höheren  Thieren  theils  rotirend-reibende  und 
lassen  dadurch  die  Macrenwand  in  rhythmische  Perioden  an  den  Inhaltsmassen 
sich  verschieben;  sie  kt'innen  dadurch  kugelige  (iebilde  (»Haarballen«  der  Wieder- 
käuer) in  ähnlicher  Weise  formen,  wie  zwei  in  entgegengesetzter  Richtung  anein- 
ander rotjrende  HohlhMnde  z.  B.  einen  Btotklumpen  tut  Kugel  wenten  lassen. 
Andererseits  führt  der  Magen  auch  regelmässig  peristaltische  Bewegungen  aus» 
welche  von  der  Kardia  gegen  den  Pylorut  drängend  den  Mageninhalt  in  den 
Dünndarm  befördern.  In  der  Magenwand  befindliche  Nervenplexus  durften  das 
Centrum  dieser  Bewegungen  darstellen,  auf  dasselbe  scheint  der  N,  vagus  die 
Bewep:ungsimpulsc  zw  iibertrnt^en.  Bei  den  Wiederkäuern  kommen  neben  diesert 
übrigens  weniger  trage  vor  sich  gehenden  Pansenbewegungen,  die  die  Contenta 
dadurch  vom  Vorbol  durch  den  linken  Wanstsack  und  von  hier  mittebt  des 
rechten  wieder  zum  Ausgangspunkte  führen,  als  wesentlich  andere  Bewegungen 
die  jenen  eines  willkürlichen  Muskels  ähnlichen  Hanbencontractionen  vor,  die 
dch  dadurch  die  Haube  um  efai  Drittel  ihres  Volumens  verkleinem  lassen;  sie 
haben  den  Zweck,  die  obenauf  schwimmende  Flflssi^eit  in  die  NachbarmMgen 
sn  treiben,  die  festeren  Ingesta  aber  der  Kardia  behu£i  Rumination  (s.  d.)  so 
überliefern.  Auch  der  Psalter  scheint  durch  Contractionen  Miner  Wand  und 
Blätter,  welche  zwischen  ihren  rauhen  Oberflächen  den  durch  Auspressen  trockener 
gewordenen  Inhalt  wie  Mühlsteine  bearbeiten,  wesentlich  an  der  Zerkleinerung 
der  Nahrung  theilzunehmen.  Noch  mehr  als  bei  diesen  Thieren  ist  bei  den 
Vögeln  der  Muskelmagen  zu  energischer  mechanischer  Thätigkeit  befähigt.  Glas- 
kugeki  werden  dadurch  zerdrückt  und  Blechröhren  comprimirt,  welche  erst  durch 
40  Kilo  platt  gedrückt  wurden.  Das  gleichseitige  Vorhandensein  von  Kiesel- 
steinchen in  dem  Magen  lässt  demselben  gegenüber  aufgenommenen  neuen 
Kdmerlutter  die  Mahlzähne  der  Säuger  ersetzen.  Auch  der  Kaumagen  vieler  In- 
sekten verfolgt  das  gleiche  Ziel.  S. 

Magenv^rmer,  englisch  Mattrworms,  heissen  bei  den  Engländern  die 
menschlichen  Ascariden  (Ascaris  lumbricoides).  Wd. 

Ma-ghoba,  Bantuvolk  im  Süden  der  Swasi.     v.  H. 

Maghrib,  der  eigentliche  Name  des  in  den  Barbareskenstaaten  gesprochenen 
Arabischen,  also  des  westlichen  Dialektes  dieser  Sprache.     V.  H. 
Ma(]isif  einer  der  Hauptstämme  der  Belutscben  (s.  d.).    v.  H. 
Uagianer»  Zweig  der  Galtscha  (s.  d.),  welcher  zwischen  Pendschakent  und 

Magian  sitzt.     v.  HL 

Magilus  (Name  sinnlos),  Montfort  18 10,  Meerschnecke,  nächstverwandt  mit 
Coralliophila  und  dadurch  mit  Purpura,  aber  durch  ständigen  Aufenthalt  an  und 
/.wischen  Sternkorallen  sehr  cirenthümlich  umgebildet.  Erstlich  ist  die  fort- 
schreitende Kalkablagerung  an  der  Innenseite  der  Schale,  wahrscheinlich  wegen 
des  reichen  Kalkgehalts  des  umgebenden  Wassers,  so  intensiv,  dass  der  ganze 
Innenraum  der  früheren  Windungen  nach  imd  nach  vollständig  von  Kalkmasse 
erftittt  wird,  indem  die  daselbst  gelegenen  Eingeweide,  Leber  und  Geschlechts* 
drttsei  verdrängt  und  vorwärts  geschoben  werden,  daher  »selbsiversteinemde 
Schneckec  von  C.  G.  Carus  1837  bezeichnet,  der  zuerst  an  von  £.  Rt)PFBLL 
aas  dem  rothen  Meere  zurückgebrachten  Exemplaren  die  Weichtheile  näher  unter» 
suchte.  Zweitens  wird  die  Schnecke  allmählich  von  den  umgebenden  Korallen 
überwachsen  und  kann  daher  nicht  mehr  die  ursprüngliche  Spiralrichtung  bei- 
behalten, sondern  mus«?,  um  freien  WasserTrutritt  zu  behalten,  zuletzt  nach  einer 
bestimmten  Richtung  in  grader  oder  unregelmässig  gekrümmter  Linie  weiter* 


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Magind«n«o  —  Magnetinnw,  tTiterischer. 


247 


wachsen,  daher  die  ganze  Schale  m  ihxem  ältem  Theil  regelmässig  spiral  ge- 
wnjnden  ist,  im  spätem  eine  ringsum  freie,  etwas  unregelmässip:  vorgestreckte 
Röhre  bildet,  an  deren  Unterseite  bis  zur  Mtlndung  der  kurze  Mündungskanal 
die  Bildung  einer  fortlaufenden  vorspringenden  Kante  veranlasst.  Die  Weich- 
theilc  ähneln  denen  von  Furp^ura,  aber  Hartgebiide  in  der  Mundhöhle  (Reibplatte) 
nnd  hier  wie  bei  andern  an  and  swiscben  Korallen  lebenden  Schnecken  nicht 
vorhanden.  Eine  einage  Art,  M.  anüfims,  Montp.  (weil  früher  filr  versteinert 
gehalten).  Schale  rein  weiss,  der  spirale  Theil  von  WaÜnussgrösse,  die  Röhre  bis 
TO  Centim.  NMcbstverwandt  mit  dieser  Gattung  ist  Leptoconchus,  RtjppRLL  1834, 
die  gewissermaassen  den  Jugendzustand  von  Magihts  bleibend  erhält;  die  aussen 
etwas  muhe  Snbst.mz  der  Schale  und  ihre  P'ärbtinp  ist  dieselbe,  ebenso  die  untere 
Kante  an  der  Mündung,  die  Reibplatte  fehlt  ebenfalls,  aber  die  Schale  bleibt 
mehr  oder  weniger  dünn,  hohl,  und  verlässt  die  regelmässige  Spiralrichtung  nicht; 
die  Innenwand  der  Mündung  zeigt  oft  dieselbe  charakteristische  Abflachung,  wie 
bei  C^t^^phUa  und  ütrfttra,  Dass  L^^^km  mcbt  einlach  Jugendxustand 
von  MßgUus  sei,  ergiebt  sich  schon  daraus»  dass  verschiedene  Äxten  von  ihm 
bdunnt  und  in  Gegenden  leben,  wo  Magihts  nicht  vorkommt  s.  B.  bei  lufouri- 
tius.     E.  V.  M. 

Magindarao,  s.  Mindanao.     v.  H. 

Magnetes.  Rpwohner  der  Landschaft  Magnesia  im  alten  Epirus.  v.  H, 
Magnetismus,  thierischer.  Bei  der  Anwendung  des  Wortes  Magnetismus 
auf  Lebewesen  ist  zweierlei  auseinanderzuhalten  bezw.  richtig  zu  stellen,  i.  Jede 
Ditlerenzirung  des  Körpers  hat  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  der  i^olarisirung  in- 
sofern als  von  9  einander  different  gegenüberstehenden  Theilen  in  der  Regel  der 
eine  ein  dynamisches  Uebergewicht  Ober  den  anderen  hat,  sich  also  sum  anderen 
wie  positiv  zu  negativ  verh&tt  Beim  Menschen  and  diese  Gegensätze  hanpt* 
sächlich  von  Reichenbach  bei  seinen  Studien  Uber  das  sogen,  Od  untersucht 
worden,  und  wurden  als  wesentlichste  Gegensätze  dieser  Art  von  ihm  constatirt: 
Die  rechte  gegenüber  der  linken  Seite  7pigtc  den  grössten  Gegensatz,  etwas  ge- 
rinL:er  ist  der  f  rf  ^ensatz  zwischen  vorn  und  hinten  und  noch  geringer  der  zwischen 
Kopf  und  Fussende.  In  dieser  Thatsache  stimmen  alle  die  sicli  mit  der  Sache 
bcfasst  haben  tiberein,  aber  in  der  Bezeichnung  negativ  und  positiv  stimmen  die 
Beobachter  nicht  mit  einander  ttberein,  und  es  Iflsst  sich  auch  ganz  gut  denken, 
dass  das  dynamische  Uebeigewidit  individuetlen  Wechseln  tmd  Wechsel  je  nach 
der  Disposition  unterworfen  ist  Z.  B.  in  dem  Unterschied  von  rechts  und  links 
kann  wie  auf  dem  Gebiet  der  physischen  Kraft  das  Plus  einmal  individuell  bald 
rechts  bald  links  liegen,  also  rechts  bei  denen,  die  ihre  rechte  Körperhälfte  mehr  ge* 
brauchen.  Aber  dieses  Uebergewicht  kann  nach  der  entgegengesetzcn  Seite  ver- 
schoben '^e-n,  wenn  rechts  Ermüdung  eingetreten  ist.  Rkichenbach  und  andere 
wollen  nun  beobachtet  haben  —  und  es  ist  kein  genügender  Grund  an  der  Rich- 
tigkeit zu  zweifeln  —  dass  diese  Polarität  zweierlei  Consequenzen  hat,  a)  für  das 
Verhalten  der  Geschöpfe,  besonders  der  Menschen  zu  einander  in  der  Art,  dass 
swei  Geschöpfe  sidi  wohler  ftthlen,  wenn  sie  die  ungleichnamigen  Pole  einander 
zukehren,  während  Unbehagen  eintritt  wenn  die  gleichnamigen  Pole  einander 
zugekehrt  sind,  b)  flir  die  Orientienmg  der  Geschöpfe  im  Raum  d.  h.  gegenüber 
der  Richtung  des  Erdmagnetismus.  Sensitive  sollen  sich  wohler  befinden 
in  einer  Lage,  bei  welcher  sie  ihre  negative  Seite  dem  positiven  Nordpol  der 
Erde  zuwenden,  also  wenn  man  das  Bett  in  den  Meridian  stellt  und  mit  dem 
Kopf  nach  Norden  liegt  und  beim  Sitzen,  falls  die  rechte  positiv  ist,  wenn  man 


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i 

248 


MagnetismoSt  Aieriscber. 


das  Gesicht  nach  Osten  kehrt,  (Näheres  s.  Artikel  Od).  2.  Hiervon  ganz  ver« 
schieden,  aber  nicht  ohne  eine  gewisse  Abhfingigkeit  von  den  sub  i  geschilderten 
Polaritäten,  sind  die  Vorgänge,  welche  man  seit  Mbsmer  als  Erscheinungen  des 
thierischen  Magnetismus  oder  Lebensmagnetismus  bezeichnet   Dass  das  etwas 

von  Obigem  Verschiedenes  ist,  geht  daraus  hervor,  dass  die  Hervorbringung  dieser 
Erscheinungen  von  obigen  Polaritäten  zwar  beeinflusst  sind,  aber  nicht  von  ihnen 
abhängt.  Wäre  letzteres  der  Fall,  so  könnte  ein  Mfrr^rh  auf  den  andern  eben 
nur  wie  ein  Magnet  wirken,  d.  h.  mit  seinem  ,clei(  hnamigcn  Pol  abstossend,  mit 
dem  ungleichnamigen  anziehend,  und  damit  wäre  die  Sache  zu  Knde.  Nun  zeigen 
aber  die  Erscheinungen  des  Lebensmagnetismus  uns  zunächst  in  Bezug  auf  An- 
ziehung und  Abstossung  folgendes  Verhalten:  Ganz  abgesehen  von  obigen  Polari» 
täten  wirkt  jedes  Lebewesen  in  seiner  Totalität  sowohl  anziehend  als  ab- 
stossend in  der  Weise,  dass  es  gewisse  andere  Geschöpfe  anrieht,  wieder  andere 
abstösst  und  endlich  dritten  gegenüber  sich  indifferent  verhält.  Ob  das  eine  oder 
das  andere  der  Fall  ist,  hängt  ab  sowohl  von  der  specifischen  als  von  der  in- 
dividuellen Qn.ilität.  Hieraus  ist  klar  ersichtlich,  dass  die  bei  der  ganzen 
Thierwelt  allgemein  vorkommenden  Krscheinungen  der  Anziehung  und  Abstossung 
von  den  spet  itisc  hen  (und  individuell  eigenartigen)  Stoffen,  d.h.  den  r, esrhmark  - 
und  Riechstoffen  ausgehen,  mithin  auf  das  Capitel  der  Antipathie  und  Sym- 
pathie (s.  Art.  Sympathie)  gehören.  Bei  dem  geistig  höchst  entwickelte  Ge- 
schöpf,  dem  Menschen,  wahrscheinlich  aber  auch  bei  den  geistig  höher  ent- 
wickelten Thieren  gesellt  rieh  zu  dieser  abstossenden  oder  anriehenden  Beein« 
flussung  durch  Riechstoffe  noch  die  durch  den  geistigen  Rapport  Die 
geistigen  Bewegungen,  welche  ein  Geschöpf  ausübt,  wirken  auf  ein  anderes  nicht 
bloss  mittelbar  d\irch  Hervorrufung  von  materiellen  Vorgängen,  welche  das  an- 
dere mit  seinen  materiellen  Sinne.swerkzeugen  wahrnimmt,  sondern  direkt  von 
Geist  zu  Geist  u.  z.  um  so  deutlicher,  je  mehr  der  Geist  des  zu  Beeinflussenden 
ausser  Rapport  mit  seinen  eigenen  materiellen  Sinnes-  und  Bewegungswerkzeugen 
gesetzt  ist  und  je  weniger  er  sich  selbstthätig  verhält.  Bei  dieser  geistigen  Be- 
einflussung kommen  zwar  auch  die  Erscheinungen  vtm  Anriehung  und  Abstossung 
bis  zu  einem  gewissen  Grad  vor,  aber  einmal  ganz  unabhänpg  von  den  eingangs 
angeführten  Polaritäten«  und  dann  ist  das  Wesentliche  hier  nicht  Anriehang  und 
Abstossung,  sondern  Mittheilung  >  d  Beherrschung.  Also,  was  man  als 
thierischen  Magnetismus  in  früheren  Zeiten  und  jetzt  bezeichnet,  hat  erstens  mit 
dem  wirklichen  Magnctismu«;  nichts  zu  thun,  und  zweitens  besteht  es  aus  zwei 
grundwesentlich  verschiedenen  Vorgängen,  deren  Zusammenmengung  bloss  des.s- 
halb  möglich  geworden,  weil  dem  Kulturmenschen  das  Verständniss  für  die  Wirkung 
der  specifischen  und  individuellen  Duftstoffe  abhanden  gekommen  und  der  Wissen- 
schaft noch  nicht  wieder  aufgegangen  ist.  Experimentell  Msst  sich  eine  Tren- 
nung der  zweieriei  Beeinflussungen  sehr  leicht  vornehmen  u.  z.  so:  die  anriehende 
und  abstossende  Wirkung  sovne  die  sonstigen  Wirkongen,  z.  B.  HdlwiriLUn^n, 
welche  von  den  ^edfischen  und  individuellen  Stoffen  der  Lebewesen  auf  andere 
ausgeübt  werden,  gehen  nicht  bloss  so  ziemlich  jeder  Zeit  von  diesem  Geschöpf 
au5,  gleichzeitig  ob  es  ruht  oder  thätig  ist,  sondern  sie  lassen  sich  auch  auf  leb- 
lose (legenstände  übertragen,  indem  man  sie  mit  den  betreffenden  Riechstoffen 
imprägnirt.  Wenn  also  z.  B.  ein  Heilmagnetiseur  seinem  Patienten  Wasser  schickt, 
in  das  er  hereingehaucht  oder  die  Finger  getaucht  hat,  oder  leste  Gegenstände, 
wie  Wolle,  Baumwolle,  ZeugstUcke,  Strflmpfe  etc.,  die  er  zwischen  den  Händen 
gehatten  hat,  und  diese  Gegenstände  nun  >magnetirirt<  nennt,  so  ist  einmal  diese 


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Magnetismus,  thierischer. 


249 


Bezeichnung  eine  sehr  uneigenth'che;  denn  von  Polarität  ist  an  ihnen  nicht  das 
geringste  zu  finden,  sondern  nur  das,  dass  sie  den  individuellen  Genich  der  be- 
treffenden Person  angenommen  haben.  Aber  sachlich  handelt  es  sich  hier  um 
nichtä  weniger  als  um  einen  Schwindel;  denn  mit  solchen  sogen,  magnedsirten 
Gegenständen  können  bei  anderen  Geschöpfen  so  ziemlich  dieselben  Wirkungen 
hervorgebracht  werden,  wie  die  sind,  die  vom  AusdQnstungsduft  des  Geschöpfes 
erzeugt  werden,  das  die  sogen.  Magnetisirung  vorgenommen  bat.  Ganz  anders 
ist  es  mit  den  Erscheinungen,  die  durch  geistige  Beeinflussung  bervoigebracbt 
werden.  Sie  lassen  sich  nicht  an  leblose  Objekte  knüpfen  und  mittels  derselben 
hervorbringen,  sondern  geben  nur  von  dem  lebenden  Geschöpfe  aus  und  sind 
nach  Art  und  Stärke  abhängig  von  der  geistijjen  Thätigkeit  desselben  u.  z.  von 
einer  Thätigkeit,  welche  gerichtet  ist  auf  das  zu  magnetisirende  andere  Wesen. 
Am  klarsten  lässt  sich  die  Sache  an  einem  Beispiel  zeigen.  Ein  gesunder  Mensch 
wirkt  durch  seine  Ausdünstung  heilend  und  kiaftigend  auf  einen  kranken  Menschen, 
voxausgesetst,  dass  Sympatbieverhältniss  stattfindet«  durch  seine  blosse  Anwesen- 
heit  Er  kann  aber  die  Wirkung  gana  bedeutend  verstäiken  durch  geistige  und 
körperliche  Manipulationen;  die  Wirkung,  die  er  jetst  hervorbringt,  geht  nicht 
allein  von  den  letzteren  aus,  sondern  an  ihnen  Instheiligen  sich  die  Duftstoffe 
nach  wie  vor.  Eine  Ausschliessung  der  Mitwirkung  der  Duftstofle  bei  den  sogen, 
magnetischen  Erscheinungen  findet  nur  dann  statt,  wenn  der  geistige  Rapport  auf 
grössere  Distanz  und  wie  der  Waidmann  sagt,  gegen  den  Wind  stattfindet,  selbst- 
verständlich ohne  Mitwirkung  sogen,  magnetisirter  Gegenstande.  —  Während  in 
früheren  Jahrhunderten  die  Ersclteinungen  und  Wirkungen  des  thienschen  Magne- 
tismus jederaeit  Gegenstand  der  Diskussion,  des  Studiums  und  des  praktischen 
Gebrauchs  waren,  allerdings  nach  gewissen  Richtungen  hin  einen  Theil  des  In- 
halts  der  Geheimwissenschaften  bildeten,  traten  sie  eine  Zeit  lang  so  in  den 
Hintergrund,  dass  sie  ^gentlich  wieder  entdeckt  werden  mussten,  und  das  ge- 
schah  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  hauptsächlich  durch  MesmER.  Der- 
selbe kultivirte  nicht  alle  Seiten  des  thierischen  Magnetismus,  sondern  mehr  nur 
den  Heilmagnetismus,  und  man  fasste  die  Manipulationen  und  die  Wirkungen  des 
selben  unter  dem  Namen  Mesmerismus  zusammen.  Ein  englischer  Chirurg 
Namens  Brao  wendete  seine  Aufmerksamkeit  einer  andern  Gruppe  der  mag- 
netischen Wirkungen,  nämlich  den  hypnotischen  zu,  und  so  entstand  der  Name 
Braidismus.  Nachdem  die  Beachtung,  welche  die  Thätigkeit  Mbsmer's  und 
seiner  Schule  ftir  den  diierischen  Magnetismus  eraeugt  hatte,  eine  Art  revo* 
lutionlnm  Charakters  angenommen  und  m  hiafeoiisGh  gmrordene  VerhSltniase  der 
oienschlichen  Gesellschaft  störend  eingriff,  wurde  er  fllr  polizeiwidrig  erklärt, 
seine  Anhänger  und  Ausüber  wurden  verfolgt  und  der  lernenden  Jugend  die 
Augen  für  ihn  verbunden  Nur  so  konnte  es  geschehen,  dass  die  modernen 
Naturwissenschaften,  deren  Entwicklung  in  die  Zeit  nach  MEi^MER  und  seiner 
Schule  fiel,  ein  Lehrgebäude  errichteten,  in  welchem  weder  die  Erfahrungen  des 
tbierischen  Magnetismus,  noch  die  Fakturen,  von  denen  sie  ausgehen,  eine  Stelle 
ftmden,  niid  dasa  alles  das,  was  sich  hiervon  beim  Volk  in  Anschauung  und  Ptax» 
von  Alters  her  als  unausrottbares  Besitsthum  erhielt  und  was  einzelne  weiter  und 
tiefer  blickende  Köpfe  der  Gebildeten  in  dieser  Richtung  immer  wieder  beob- 
achteten, von  den  berufenen  Vertretern  der  biologischen  Wissenschaft  als  Schwindel 
und  Aberglaube  bezeichnet  werden  konnte.  Hierbei  muss  allerdings  gesagt 
werden,  dass  dieser  Zustand  der  Blindheit  gegenüber  so  wichtigen  biologischen 
Vorgängen  seine  höchste  Blütbe  nur  bei  den  Kulturstaaten  des  alten  Kontinents 


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«50 


MMgMtiflrou«,  diierfselier. 


und  ganz  besonders  in  Dcut-^chland,  wo  dns  Kathcderdncrma  die  souverrir><;te 
Stellung   sich   errungen   hat,  erlangte,   wfihrend  in  den  \'crcinigtcn  Staaten  von 
Amerika,  wo  man  sich  auch  mit  manchem  Andern  in  der  alten  Welt  für  polizei- 
widrig Erklärtem  ins  Benehmen  zu  setzen  wusste,  die  von  Mesubr  und  seiner 
Schule  gegebene  Anregung  nicht  unterdrSckt  wurde,  und  der  thierisdie  Magne* 
tismus  namentlich  nach  seiner  praktischen  Seite  hin  nicht  bloss  seine  volle 
Beachtung,  sondern  auch  eine  feste  Position  unter  den  verschiedenartigen  mensch» 
liehen  Bestrebungen  errungen  hat.    Das  Haupiverdienst  in  die  rücksichtlich  des 
thierischen  Magnetismus  namentlich  in  Deutschland  herrschenden  Geistesnacht 
den  ersten  Lichtstrahl  gebracht  zu  haben,   gebührt  dem  Danen  Hansen.  Dt-r- 
i>elbe  kulti\irte  in  öffentlichen  Schaustellungen  von  den  Wirkungen  des  thierischen 
Magnetismus  den  Hypnotismus  (s.  Art.  Hypnotismus)  und  die  magnetischen  Er- 
scheinungen, welche  sich  an  Individuen  in  Folge  dieses  Zustandes  hervorbringen 
laraen,  und  erzwang  hiedurch,  dass  ^ch  auch  die  Schulgelehrsamkeit  dem  Studium 
dieser  Erscheinungen  widmete  und  deren  Thatsächlichkdt  anetlcennen  rousste. 
WcYA  ganz  soweit  ist  es  mit  der  praktisch  wichtigsten  Seite  des  thieiischen 
Magnetismus,  nämlich  dem  Heilmagnetismus.   In  Frankreich,  wo  man  Überhaupt 
nie  so  blind  für  den  thierischen  Magnetismus  geworden  ist,  wie  in  Deutschland, 
sind  die  1 1 ei Irmrrneti sehen  Erscheinungen  bereits  officiell  als  thatsärhhch  an- 
erkannt,   wahrend   sie  in  Deutschland  von   oben  herab  noch  immer  entweder 
ignorirt  oder  als  Schwindel  und  Aberglauben  bezeichnet  und  als  polizeiwidrig 
behandelt  werden,  ein  Zustand,  der  allerdings  nicht  lange  mehr  haltbar  sein 
wird,  da  der  Heilmagnetismus  auch  in  Deutschland  sich  immer  mehr  auf  prak- 
tischem Boden  ausbreitet  —  Nachdem  im  Bisherigen  nur  über  Weseui  Namen 
und  Geschichte  des  thierischen  Magnetismus  kurs  gehandelt  worden  ist,  erülMigt 
noch  eine  Auseinandersetzung  über  seine  Erscheinungen  und  Wirkungen.  Wenn 
man  von  Anwendung  des  thierischen  Magnetismus  auf  andere  Personen  und  Ge- 
schöpfe spricht,   so  denkt  man  dabei  nicht  an  die  unwillkürlich  und  unbeab- 
sichtigt stets   stattfindende  Beeinflussung  sowohl   geistiger  als   seelischer,   d.  h. 
durch  Riech&totTe  vermittelter  Natur,  sondern   es  handelt  sich  hierbei  um  die 
beabsichtigte  Beeinflussung   eines   Geschöpfes   durch   einen   sogen.  Magneti- 
seur.   Damit  die  Erscheinungen  eintreten,  ist  erforderlich  a)  von  Seite  des  m 
Magnetisirenden:   derselbe   hat  sich  geistig  mö^ichst  passiv  zu  verhalten 
oder,  wenn  es  sich  um  Erzeugung  des  Hypnotismus  oder  des  magnetischen 
Schlafes  handelt,  seine  Aufmerksamkeit  auf  einen  einzigen  Sinnesieis,  s.  B. 
den  Anblick  eines  glänzenden  f'i  ^rmstandes  zu  concentriren,  um  die  im  Art. 
Hypnotismus  geschilderte  Abziehung  des  Geistes  von  dem  motorischen  und  sen- 
sitiven Centren  des  Köri)ers  herbeizuführen.   Beides,  sowohl  der  hypnotische  Zu- 
stand, wie  die  völlige  geistige  Passivität  und  Willenlosigkeit  macht  den  Geist  des 
zu  Magnetisirenden  empfanglich  für  den  geistigen  Rapport.    Der  Grad  dieser 
Empfänglichkeit  ist  individuell  ebenso  verschieden,  wie  die  Leichtigkeit  mit  der 
ein  Individuum  sich  in  den  Zustand  der  EmpiUnglichkeit  versetzen  kann,  wobei 
zu  bemerken  ist,  dass  die  Uebung  hier  die  gleiche  Rolle  spielt,  wie  auf  aUen 
physiologischen  Gebieten,  und  hierin  liegt  eine  gewisse  Gefahr;  denn  Leute,  die 
sehr  oft  sich  in  magnetischen  Zustand  versetzen  lassen,  vwUeren  einen  Theil 
ihrer  geistigen  Energie  für  den  normalen  Zustand  und  erliegen  magnetischen  Ein- 
flüssen zu  leicht.    Bei  niederen  Graden  der  Magnetisirung  bleibt  das  magnetisirte 
Individuum  im  Rapport  mit  der  präsenten  Aussenvvelt  und  bleibt  auch  das  ge- 
wöhnliche Bewusstsein.   Im  hypnotischen  Zustand  ist  das  gewöhnliche  Bewusst- 


Magnetismus,  thierächer. 


sein  verschwinden  und  der  Rapport  mit  der  Aussenwelt  bedeutend  gemindert, 
so  dass  (las  Individuum  ein  willenloses  Werkzeusf  in  der  Hand  seines  Magneti- 
seurs  ist,  und  nach  Beseitigung  des  Znstandes  hat  dasselbe  in  der  Recrel  keine 
Erinnerung  mehr  an  das,    was  es  in   diesem  Zustand  «^ethan  und  erf;iliren  hat, 
ohne  dass  aber  diese  Eindrücke  völlig  ^Geschwunden  waren ;  denn  man  kann  einem 
hypnotisirten  Menschen  einen  Auftrag  erdieilen,  den  er  erst  nach  Erlangung  des 
gewöbnlidten  wachen  Zustandes  tn  einer  bestimmten  Zeit  auszuflthren  hat  und 
awar  mit  dem  Erfolg,  dass  er  denselben  wirklich  ausführt,  aber  ohne  im  min- 
desten das  Gefühl  oder  das  Bewusstsein  au  haben,  dass  er  in  Erfüllung  des 
Auftrages  handelt.    Der  höchste  Grad  des  magnetischen  Zustandes  ist  der  des 
Hellsehens  oder  der  Clairvoyance,  anch  Somnanilnilismus  genannt.    In  ihm  ist 
die  Empfänglichkeit  für  den  creistigcn  Ra|)pori  nicht  bloss  gegenüber  dem  Magne- 
tiseur,  sondern  überhaupt  aiit-;  Höchste  gesteigert  und  der  Geist  im  Zustand  der 
höchsten  Unabhängigkeit  vom  Körper  (näheres  s.  Art.  Somnambulismus),   b)  Der 
Magnetiseur  spielt  die  thätige  Rolle  und  es  gelingt  ihm  die  Magnetisirung  ent« 
weder  schon  allein  durch  den  magnetisirenden  Einfluss  oder  er  nimmt,  nament* 
lieh  weno  es  skh  um  Herbeiführung  des  hypnotischen  Zmtandes  handele  noch 
monotone  Sinnesreize,  z.  B.  einschläfernde  Musik  zu  Hilfe.    Was  er  persönlich 
ausübt,  muss  der  Hauptsache  nach  eine  kräftige  Wtllensthätigkeit  sein,  d.  h.  er 
miiss  den  kräftigen  Willen  haben,  die  Person  oder  das  Geschöpf  zu  beeinflussen. 
Bei  Personen,  die  entweder  von  Hause  aus   sehr  emptar.glich  oder  dies  durch 
Uebung  geworden  sind,  geniict  unter  Umstanden  schon  der  Wille  allem.  Femer 
genügt  derselbe  schon  zur  Gedankenübertragung  oder  dazu,  einen  Magnetisirten 
zur  Ausführung  einer  einfachen  Zeichnung  zu  bringen,  die  der  Magnetiseur  sich 
vorstellt   Sollen  dagegen  höhere  Grade  des  magnetischen  Zustandes  erzeugt 
weiden,  so  greift  der  Magnetiseur  noch  zu  den  sogen,  magnetischen  Strichen, 
die  im  Allgemeinen,  vom  Kopf  angefangen»  über  Leib  und  Extremititten  herunter* 
gehen,  ohne  dass  jedoch  dabei  eine  Berührung  stattfindet   Ausser  den  magne- 
tischen Strichen  erweist  sich  das  1-ixiren  mit  den  Augen  u.  zw.  be.sonders  dann 
wirksam,  wenn  man  das  Auge  der  zu  magnetisirenden  Person  scharf  fucirt  und 
sensible  Personen,  die  schon  öfter  majjnetisirt  wurden,  können  aus  ziemlicher 
Distanz  mittelst  blossen  scharfen  Fixirens  von  ihrem  Magnetiseur  überwältigt 
werden.  Es  besitzt  jeder  Mensch  ^e  Fähigkeit,  einen  anderen  zu  magnetisiren, 
aber  wie  die  EmpfUnglicbkeit  individuell  sehr  verschieden  ist,  so  ist  auch  die 
Krafk,  auf  einen  anderen  au  wirken,  ganz  erheblich  von  der  Individualität  ab- 
hängig und  ausserdem  von  der  Uebung.  Beide,  beim  Magnetiseur  die  Kraft  und 
beim  anderen  die  Empfänglichkeit,  können  so  gesteigert  werden,  dass  die  magne« 
tische  l^eeintlussun!;,  die  natürlich  in  diesem  Fall  rein  geistiger  Natur  ist,  auf 
grosse  räumliche  Entfernung  hin  ausgeübt  werden  kann;  s.  iiieriiber  Art.  Tele- 
pathici.    Es  bildet  das  dann  aber  ein  Abhanpigkeitsverhaltniss  des  passiven  Tlieils 
von  seinem  Magnetiseur,  das  selbst  dann,  wenn  es  den  socialen  Beziehungen  beider 
Ih^viduen  entspricht,  vom  Standpunkt  der  Menschenwürde  ans  nicht  ganz  unan- 
fechtbar ist  Andererseits  muss  aber  gesagt  werden,  dass  das^  was  die  sogen. 
»Macht  einer  Persönlichkeit«  in  der  Beherrschung  seiner  Nebenmenschen 
aosmacht  nicht  ganz  ausschliesslich,  aber  doch  zum  grossen  Theil  das  »t  was 
Mesmer  und  seine  Schule  einen  staricen  Magnetismus  nennen,  Referent  dagegen 
einfach  Macht  des  Geistes  heisst.  —  Wenn  durch  das  Magnetisircn  Schlafzustände 
entstanden  sind,  so  muss  eine  Entmagnetisirunc:  vorgenommen  w  erden.   Bei  em- 
pfänglichen Personen  genügt  hier  ot^  schon  der  blosse  Wille  des  Magnetiseurs 


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Mnenctiunas,  thierisdier. 


oder  (Ut  cinfaclic  Zuruf.     Tn  anderen  Fällen  sind  sogen,  magnetische  Gegen-  H 
striche  notiiwendig.   Während  die  Strif  he  zum  Einschläfern  centrilugal,  d.  h.  vom  jm 
Kopfe  zu  den  Füssen  oder  za  den  Fmi^crspiucn  und  langsam  gemacht  werden,  ■ 
muss  der  aufweckende  Strich  centriiietal,  d.  h.  von  den  Füssen  oder  Händen  || 
gegen  den  Kopf  und  etwas  rascber  gemacht  werden,  aber  mit  der  Einschränkung,  [ 
dass  zu  |dötzliches  Erwecken  aus  dem  magnetischen  Schlaf  ebenso  unzützflg|ich  i 
ist,  wie  dies  auch  vom  gewöhnlichen  Schlaf  gilt.    Weiter  wirkt  Anblasen  des  i 
Gesichtes  eben  falls  aufweckend.  —  Der  Mensch  kann  seinen  Magnetismus  nicht  I 
bloss  auf  andere  Menschen,  sondern  auch  auf  Tliiere  anwenden  ii.  zw.  bis  /um  Kin-  I 
tritt  niapntrisc  hen  Schlafes,  und  es  spielt  die  magnetische  Wirkung,  insbesondere  I 
die  mittelst  des  Auges  durch  Fixiren  ausgeübte,  bei  dem  Thierbändigen  eine  sehr  I 
wichtige  Rolle.  Uebrigcns  auch  /.wischen  Thier  und  Thier  finden  Eiwirkungen  statt,  I 
die  offenbar  neben  dem  Seelischen,  d.  h.  durch  den  Geruch  Erzeugten,  vom  geistigen  I 
Factor  ausgehen.   Dabin  gehdrt  zweifellos  die  fascinirende  Wirkung»  welche  der  m 
Blick  des  Raubthieres  auf  sein  Opfer  hat.  —  Einer  besonderen  Besprechung  be-  l| 
darf  noch  der  Heilmagnctismus.    Er  unterscheidet  sich  von  dem  oben  be*  H 
schriebenen  Magnetisiren  einmal  dadurch,  dass  Versetzung  in  Hypnose  oder  magne-  H 
tischen  Sr1i!af  durrhans  nicht  nothwendig  i.^^t.  ^tan  kann  rlcn  m  Heilenden  ruhig  H 
in  seinem  normalen  geistii^en  Zustand  belassen,  aber  es  kommt  oft  genug  vor,  I! 
dass  emptanglirhe  l'ersonen  schon  durch  die  einfachen  heilmagnetischen  Mani-  II 
pulationen  in  magnetischen  Schlaf  versetzt  werden.    Man  verlangt  von  dem  zu  1 
Behandelnden  blosse  Passivität.   Der  Heilmagnetiseur  braucht  ebenfalls  seinem  « 
Geist  nicht  besonders  viel  zuzumuthen.   Er  hat  nur  seine  Aufinerksamkeit  auf  : 
den  leidenden  Theil  zu  concentriren  und  den  Willen  des  Heilens  zu  haben.  C 
Die  heilmagnetischen  Verrichtungen  sind  entweder  Anhauchen  und  Anblasen  der  | 
leidenden  Theile,  oder  es  genügt  das  blosse  Handauflegen  oder  das  Gegenhalten  j 
der  Fingerspitzen  selbst  ohne  Bertihning,  oder  man  macht  die  magnetischen  Striche, 
die  im  All>;emeinen  centrifugal  zu  gehen  haben,   also  an  einer  leidenden  GHed- 
maassc  von  der  leidenden  Stelle  gegen   das  Ende  derselben,   nicht  umgekehrt. 
Dass  bei  dem  Heilmagnetismus  die  Dufistofle  eine  sehr  wesentliche  Rolle  mit- 
spielen, geht  aus  folgenden  Thatsachen  hervor:  i.  der  Heilerfolg  hängt  sehr  von 
den  Sympathiebeziehungen  ab,  d.  h.  er  tritt  -meist  nur  ein»  wenn  Sympathie  voi^ 
banden  ist»  während  er  bei  Antipathie  in  der  Regel  ausbleibt,  und  alle  Magne- 
tiseure,  die  darauf  achten,  wbsen,  dass  im  ersteren  Fall  die  Ausdünstung  des  zu 
Heilenden  nicht  unangenehm,  im  letzteren  Fall  entschieden  widerlich  ist,  und  be- 
riechen desshall)  neue  Patienten  von  rfirkwärts.  ohne  dass  diese  es  l)eTnerken. 
Dieser  Umstand  erklart  auch,  dass  beim  Heilmagnetismus  das  (ieschlecht  eine 
bedeutcntle  Rolle  spielt;    entsprechend  der    allgemeinen  Syni[)athiebeziehung 
zwischen  Personen  verschiedenen  Geschlechtes  eignen  sich  zur  Heilung  mann 
lieber  Patienten  weibliche  Magnetiseure  besser  ab  männliche  und  umgekehrt. 
2.  wird  die  Mitwirkung  der  Duftstoffe  bewiesen  durch  den  schon  Eingang  er-  { 
wähnten  Erfolg,  den  man  mit  magnetisirten  leblosen  Gegenständen  hat  3.  gehdrt 
hierher  die  Thatsache,  dass  sehr  häufig  der  Heilmagnetiseur  von  seinem  Kranken 
krankhaft  beeinflusst«  ja  sogar  wirklich  krank  gemacht  wird.  Dies  rührt  natürlich 
von  nichts  anderem  her,  als  davon,  dass  der  Magnctiscur  die  in  der  .Ausdthistung 
auftretenden  Krankheitsstoffe  seiner  Patienten  einathmet.    Dass  das  niclit  öfter 
vorkommt,  kommt  davon:  wenn  die  Krankheitstoffe  des  Patienten  für  den  Magne- 
tiseur  gefahrlich  sind,  so  äussert  sich  das  schon  vor  der  Manipulation  durch 
widrigen  Ausdünstungsgeruch  und  Antipathiegefühl,  wodurch  sich  erfahrene  Magne- 


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Hagncfismin,  thwrischer.' 


«53 


tiseiire  von  Vornahme  der  Operation  abhalten  lassen.  4.  Beim  Vornc'hmen  der 
heilmagnetischen  Manipulation  haben  die  Patienten  meiir  oder  weniger  deutlich 
das  Gefühl  vermehrter  Wärme  oder  von  Prickeln,  Ziehen  etc.,  und  mitanter  traten 
ähnliche  heilkritische  Erscheinungen  auf,  wie  bei  anderen  wirklich  kurativen  Be- 
handlungsmethoden: stärkere  Ausscheidungen  entweder  sichtbarer  oder  wenigstens 
riechbarer  Natur.  —  Es  wäre  jedoch  irrig,  wenn  man  die  Vorgänge  beim  magne- 
tischen Heilen  bloss  aui  Vorgänge  im  Gebiet  der  ponderablen  Materie  zurück- 
führen wollte,  was  daratis  crliollt,  dass  man  mit  magnetisirten  leblosen  CiCfjen- 
ständcn  nicht  alle  die  Wirkungen  hervorbringen  kann,  die  von  der  i'erson  des 
Magneti.seurs  ausgehen.  Zur  Erkläruni?  müssen  wir  annehmen,  dass  bei  den 
Manipulationen  des  Magnetiseurs  dessen  Cieist  Bewegungen  oder  Strömungen  des 
geistigen  Factors  im  Körper  des  Patienten  hervorruft,  die  auf  der  einen  Seite  die 
Sensationen  des  Kranken  verursachen,  auf  der  anderen  Seite  bewegend  und  zei^ 
theilend  oder  austreibend  auf  die  krankhaften  materiellen  Stoffe  wirken.  —  Unter 
den  Manipulationen,  mit  welchen  Mesmer  bei  Kranken  operirte,  figurirt  bereits 
das  sogen.  Massiren,  wobei  die  kranken  Theile  nicht  bloss  bestrichen»  sondern 
geknetet  werden.  Diese  Heilmanipulation  verbindet  natürlich  mit  der  magne- 
tischen Einwirkung  noch  die  grobmechnnischc,  indem  sie  diirrh  Beschleunigung 
der  I.ymitli-  und  Blutcirkulalion  ^ertheilend  auf  Ansammlungen  von  Krankheits- 
siibstan^cn  wirkt.  Aber  wenn  die  herrschende  einseitig  anatomisch  denkende 
Medicinschule  die  Heilerfolge  der  Massage  lediglich  diesen  grobmechanischen 
Einwirkungen  zuschreibt,  so  befindet  sie  sich  im  Irrthum,  wie  die  zahlreichen 
Heilerfolge  beweisen,  die  man  mittelst  magnetischer  Striche  ohne  Berührung  des 
Körpers  bei  Heilmagnetiseuren  regelmässig  beobachten  kann;  und  ein  anderer 
Beweis  dafür  ist,  dass  beim  Massiren  die  Sympathiebeziehnng,  insbes.  die  Differenz 
des  Geschlechts  die  ganz  gleiche  Rolle  spielt,  wie  beim  Magnetisiren  ohne  Be- 
rührung, denn  die  Hauptküentel  bcriilimter  Masseure  besteht  aus  weiblichen 
Personen,  wahrend  männliche  Kranke  zu  Knet-  oder  Striclitrauen  gehen.  —  Der 
Heiimaguetibmuti  wird  nicht  nur  von  eigenen  Personen  gewerbsmässig  betrieben, 
sondern  bewusst  oder  unbewusst  in  allen  Bevolkerungsschichten  gewissermaassen 
instinktiv  gehandhabt:  wenn  die  Mutter  ihrem  kranken  Kinde  oder  die  Frau  dem 
kranken  Gatten  die  Hand  auf  den  leidenden  Thdl  legt  oder  denselhen  anhaucht 
oder  mit  der  Hand  bestreiche  mit  dem  lebhaflen  Willen  zu  heilen  oder  Sdimerren 
Xü  lindern,  so  liegt  der  meist  nicht  zu  bestreitende  Erfolg  nicht  bloss  In  der  be- 
ruhigenden Einwirkung,  welche  alle  HandUmgen  des  Mitgefühls  auf  den  Geist 
eines  Kranken  ausüben,  soiulem  es  liegt  hier  eine  wirkliche  heilmagnetische 
Manipulation  vor.  und  die  hrfolge  wären  noch  viel  überraschender,  wenn  die, 
welche  diese  Magnetisiruug  ausüben,  das  Verstandniss  dafür  hätten  und  die  Mani- 
pulationen i>ystematihch  und  anhaltend  ausführen  wurden,  hndiich  muss  noch 
gesagt  werden,  dass  man  den  Heilmagnetismus  auch  an  sich  selbst  auszuttben 
vermag  und  instinktiv  auch  häufig  genug  ausübt,  wenn  man  z.  B.  einen  sdimerzen- 
den  Theil  anbläst  oder  die  Hand  darauf  hält;  die  thatsächliche  Linderung,  die 
man  dabei  empfindet,  ist  magnetischer  Natur.  —  Wer  das  Thatsächliche  beim 
Heilmagnctismus  versteht,  erhält  damit  den  Schlüssel  zu  einer  Menge  der  an« 
scheinend  baroksten  (Gebräuche  der  Volksmedicin,  die  man  abergläubisch  zu 
nennen  sich  gewohnt  hat;  wer  aber  umgekehrt  desshalb,  weil  sich  mit  dem  Magne- 
tismus abergläubischer  Hokuspokus  vergesellschafiet  hat,  alles  als  Schwinde!  ver- 
wirft, dem  bleibt  eines  der  merkwürdigsten  biologischen  Gebiete,  das  zugleich 
von  grösster  praktischer  Wichtigkeit  ist,  ein  verschlossenes  Buch.  J. 


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254  lifagoini  —  Ma^jiKn. 

llagomL  Einer  der  Hauptttämme  der  Kanuri  (s.  d.).    v.  H. 
Blaguari-Storch,  Cätmät  dkerurot  Rchw.,  C.  maig^uari,  Gu.,  sttdainerikanucbe 
Storchart  mit  eigenthttmlich  gestalteten  Obenchwansdecken,  welche  starre  Be> 

schaffenheit  haben  und  eine  Gabel  bilden,  daher  die  An  uich  zum  Vertreter 
einer  besonderen  Gattung  (Dissoura,  Cad.)  erhoben  wurde.  In  der  Färbung  ähn^ 
der  M.ifruari  unserem  Hausstorch.  Verwandte,  ebenfalls  durch  starre,  gabelförmige 
Oberschwanzdecken  auägezeichnete  Arten  sind  der  Afrikanische  und  der  In- 
dische VVollhals-Storch,  C.Pruyssttuiff  i,  v.lIia  r.L.,  u.  C.  episcopus,  Büüd.  Rchw. 

Magyaren  oder  Ungarn,  ein  Zweig  der  ugnsclicn  Völkerfamilie,  nahe  ver* 
wandt  mit  den  Ostjaken  und  Wogulen»  me  diese  ursprünglich  am  Und  aitteiHL 
Beim  Einfall  der  Avaren  sogen  sie  nach  Süden  aus,  wurden  von  den  Bulgaren 
unterworfen  und  gelangten  später  durch  die  Kriege  mit  den  Bulgaren  als  Bundes- 
genossen  der  Oströmer  in  die  untern  Donaulat\der  und  nach  Pannonten,  WO 
sie  sich  gegen  Ende  des  neunten  Jahrhundcris  dauernd  niederliessen ;  nicht  un^ 
wahrscheinlich  ist  es,  dass  sie  sich  um  das  Jahr  950  auch  schon  nach  Sieben- 
bürgen verbreitet  hatten.  Ks  ist  unbekannt,  in  welchem  Jahrhunderte  die  Nf. 
sich  von  ihren  fnmiscli-ugrischcu  Siaimnverwandten  getrennt  haben;  nachdem  wir 
die  ersteren  aber  bereits  in  den  Jahren  836 — 840  in  der  Nahe  des  Schwarzen 
Meeres  antreffen,  so  kann  man  die  Zeit  der  Trennung  lüglich  in  das  sieboite 
oder  achte  Jahrhundert  verlegen.  Die  Lebensweise  des  Volkes  bestand  damals» 
wie  sprachwissenschaftliche  Forschungen  eigeben,  hauptsächlich  in  der  Jagd  und 
Fischerei;  von  Rindvieh  fmdet  sich  in  dem  gemeinsamen  Sprachschatze  der 
finnisch-ugrischen  Völker  keine  Spur.  Der  ungarische  Ethnograph  Paul  Him- 
FALVV  nimmt  an,  dass  die  M.  in  der  genetischen  Periode  ihrer  Entwicklung  un- 
gefähr diesell)e  kulturelle  und  sociale  Stufe  errungen  hatten,  wie  die  Germanen 
zur  Zeit  des  Tacitus,  wobei  man  allerdings  die  Verschiedenheit  des  Klima's,  welches 
die  Lebensweise  und  die  gesellschaftliclien  Verhälüiisse  bestimmt,  in  Betracht 
ziehen  muss.  Fernere  sprachgeschichtUche  Untersuchungen  lehrten,  dass  die  ur> 
sprüngUche  Sprache  der  M.  erstlich  unter  türkischem,  dann  in  noch  grösserem 
Maasse  unter  slavischem  Einflüsse  gestanden  hat  In  der  That  ist  es  festgestellt 
dass  sich  den  M.  noch  vor  ihrer  Niederlassung  in  Ungarn  ein  fremder  Volksstamm 
angeschlossen  und  sich  mit  ihnen  verst^imolzen  hatte.  Es  war  dies  der  chaza- 
fische  Stamm  der  Kabaren  oder  Kavaren,  Türken  mit  tschuwaschischer  Sprache. 
Von  den  Völkern  türkischer  Zuni;e  erlernten  die  IM.  die  Viehzucht  und  wenigstens 
theilweise  den  Ackerbau,  deiui  von  ihnen  lernten  sie  die  Feldt'rüchte  und  das 
Obst  des  Sudens  kennen,  von  ihnen  entleimten  sie  auch  verschiedene  Hausge- 
räthe  mit  deren  Namen.  Das  Hauptsachlichste  jedoch,  was  die  M.  zur  Zeit  des 
türkischen  Einflusses  gewannen,  war  die  Vereinigung  der  Stämme  und  Geschlechter 
unter  eine  einheitliche  Obergewalt  Erst  in  solcher  Weise  zu  einer  kompakteren 
Nation  gefestigt  und  durch  den  Anschluss  des  Kabarenstammes  verstärkt,  g^ 
langten  die  M.  nach  Ungarn  und  Siebenbürgen,  welche  Länder  sie  mehr  in  Be- 
sitz nahmen  als  eroberten.  Die  hier  wohnenden  Slovenen  amalgamirten  sich  dann 
mit  ihnen  und  durch  diese  Vereinigung  wurde  eine  grosse  Menge  slovenischer 
Wörter  in  die  magyansclie  Sprache  autgenommen.  Nachdem  die  M.  das  Chhsten- 
thum  angenommen  hatten,  begegnet  man  bei  ihnen  auch  ismaelitischen  Kauf- 
leuten und  ismaelitischen  Ackerbauern:  jene  lebten  zerstreut,  wie  das  ihr  Berut 
erfordert  <li^  wohnten  kompakt  beisammen.  Zwar  lässt  nch  nicht  erkennen, 
welchem  Volksstamm  diese  Ismaeliten  oder  Muhammedaner  angehörten;  man 
kann  nur  vermuthen,  dass  es  Bulgaren,  Chasaren  (Baachkirai)  oder  Fetschen^en 

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Magyaren. 


gewesen  seien;  allein,  welchem  Stamme  sie  auch  angehört  haben,  sie  venchroolzen 
ebenfidls  mit  den  M.  Die  beutigen  M.,  deren  Kopfzahl  Hunpalvy  wohl  zu  hoch 
auf  sechs  Millionen  veranschlagt,  haben  «ch  also  aus  verschiedenen  Volks- 

elementen  gebildet,  und  dieser  Einverleibungs-  und  Umbildungsprocess  dauert 
auch  heute  noch  fort.  Schon  bei  der  ersten  Niederlassung  waren  sie  niclit  eines 
Stammes,  denn  es  hatten  sich  ihnen  ja  bereits  die  cha/.arischen  Kabaren  anj^c- 
schlossen.  Ihr  jetziges  Vaterland  nahmen  die  M.  aber  in  solrher  numerischer 
Starke  in  Besitz,  dass  die  trüber  daselbst  wohnenden,  an  Zahl  weit  geringeren 
Völkerschatten  das  magyarische  Volk  nicht  umgestalten  konnten;  vielmehr  ab- 
sorbirte  dieses  die  hier  vorgefundenen  Reste  der  Avaren,  femer  die  Slovenen 
dies-  und  jenseits  der  Donau  sowie  wenigstens  zum  Theil  auch  die  Slaven  an 
der  Theiss  und  in  Siebenbürgen.  Auch  die  späteren  Völkerankömmlinge,  die 
Petschenegen,  Palöczen,  Kumanen  und  Tataren  verschmolzen  gänzlich  mit  den 
M.  Danach  ist  es  von  vornherein  nicht  wahrscheinlicli,  bei  den  M.  einen  be- 
sonderen eigenthümlichen  Typus  zu  treffen.  Indessen  ergaben  die  an  i8o  leben- 
den Männern  vorgenommenen  Messungen,  dass  die  M.  zu  den  Hrachykephalen 
gehören.  In  den  beiden  Schläfegegenden  ist  der  Schädel  etwas  abgeflacht. 
Die  Stirn  ist  hoch  und  die  oberen  Augenhöblenränder  Uberragen  die  Augenhohlen 
selbst  ziemlich  aufiallend.  Daher  liegen  die  Augen  tief  und  ihr  Ausdrudc  erhält 
dadurch  etwas  Finsteres  und  Herrisches.  Die  Augenlidspalte  ist  bei  den  Be- 
wohnern der  Ebene  eng,  weil  sie,  dem  grellen  lichte  ausgesetzt,  jene  nur  wenig 
öffnen.  So  scheinen  die  glänzenden  feurigen  Augen  viel  kleiner  als  sie  wirklich 
sind.  Bei  den  niederen  Klassen  ist  die  Kinnlade  hervorragend,  breit  und  stark, 
die  Muskehl  der  Schläfegruben  treten  merklich  hervor,  dessgleichcn  die  Nase; 
man  sieht  in  der  Regel  gerade  starke,  indessen  auch  nicht  selten  Adlernasen. 
Die  Gesichtsfarbe  ist  nur  bei  den  Frauen  der  höheren  Stande  rein  weiss,  bei 
den  Männern  gewöhnlich  gebräunt,  meist  dunkel,  ebenso  die  Farbe  der  Haut, 
des  Halses  und  der  Brust.  Das  Roth  der  Wangen  tritt  mflhsam  und  dunkel 
hervor.  Mit  Bezug  auf  die  Haarfarbe  sind  die  M.  braun  und  blond,  doch  Über* 
wiegt  im  Allgemeinen  das  Braun;  man  trifit  femer  bei  ihnen  starken  und  schwachen 
Bartwuchs,  und  der  körperlichen  Grösse  nach  zählen  sie  zu  einem  Mittelschlage, 
der  jedoch  mehr  hochgewachsene  als  zwerghafte  Individuen  aufweist.  Im  Allge- 
meinen sind  die  Körperverhältnisse  regelmässig  und  haben  sich  durcli  den  Auf- 
enthalt in  einem  sciiönen  Klima  sowie  durch  die  Berührung  und  \  ermischung 
mit  den  gesitteten  \'olkern  tles  Westens  ansehnlich  gebessert,  so  dass  die  M. 
heute  ein  völlig  kaukasisches  Aussehen  haben,  in  Bezug  aul  das  natürliche 
Temperament  ist  der  M.  schwerfällig,  wird  er  aber  von  derLekienschaft  etfasst, 
heßig  und  aufbrausend.  Uebrigens  verwischt  der  grössere  sociale  Verkehr  all- 
mählich auch  jene  Eigenthttmltchkeiten,  welche  die  verschiedenen  Glaubensbe- 
kenntnisse  erzeugt  halten  und  denen  zufolge  neigen  dem  heiter  gesinnten  Katho« 
liken  der  Protestant  sich  durch  Ernst  und  Bedächtigkeit  unterschied;  bei  den 
Protestanten  aber  der  Reformirte  den  Lutheraner  an  ernster  Lebensanschauung 
und  LebensUilirung  noch  ubertral.  Ein  irrosser  Theil  des  Volkes  ist  auch 
jetzt  noch  seiner  alten  Üestimmung,  ileui  liutenleben.  treu,  womit  hie  und  da 
auch  das  Käuberhandwerk  verbunden  wird,  wenigstens  bis  vor  ein  paar  Jahrzehnt 
noch  vielfach  in  BlUthe  stand.  Namentlich  die  Schweinehirten  um  den  Platten- 
see die  sogen.  »Ganauenc,  waren  berüchtigte  Räuber.  Auch  jetzt  ist  die  eigen« 
thttmliche  Nomadennatur  des  M.  trotz  aller  Berührung  mit  der  europäischen 
Civilisation  und  aller  Bildung  zu  welcher  das  Volk  selbst  gelangt  ist,  noch  nicht 


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Magyaren. 


Völlig  verwischt  Gleich  ihren  Vätern  tragen  sie  noch  immer  denselben  Schnurr* 

bart,  dieselben  bespornten  Stiefeln;  der  friedsatne  Bauer  zeigt  noch  immer  das* 
selbe  kriccjerisch-nuitiriliche  Gesicht  \md  denselben  kriegerisch-trotzigen  Gang. 
Auf  dem  Boden,  den  er  erobert,  ist  der  M.  Soldat  geblieben,   wird  auch  gern 
Soldat,  denn  er  folgt  da  nur  seinem  kriegerischen  Naturtriebe;  unter  tlem  Feuer 
unerschrocken,  ist  er  geschickter  zum  Angriff  als  zur  Vertheidigung.   Am  liebsten 
kämpft  er  zu  Pferde,  wie  er  denn  mit  seinem  Pferde  noch  immer  lebt  wie  ein 
Reitersmann.  Schon  <He  allen  M.  waren  wie  andere  finnisch-ugrische  Völker  aiidt 
ein  Reitervolk,  und  heute  noch  sagt  ein  Sprichwort:  der  Ungar  wird  zu  Pferde  ge- 
boren  fUra  temi^amßgyarj;  in  der  That  bringt  er  den  grössten  Theil  seines  Lebens 
auf  dem  Pferde  zu;  man  I^ält  den  Mann  für  keinen  Mann,  der  kein  Reiter  ist 
Schon  der  erste  Anblick  eines  Dorfes  verräth  die  Herkimft  der  Bewohner;  man 
merkt,  dass  es  ein  kriegerisches  Nomadcnvolk  war,  welches  sich  da  festgesetzt  hat, 
—  eine  lanj^e  und  breite  Strasse,  durch  eine  Hauiicrrcilic  gebildet,  deren  Linie 
überall  von  gleicher  liuhc,  von  gleichen  Zwischenräumen  durchbrochen  ist,  giebt 
dem  Ganzen  das  Aussehen  eines  Lagers.    Die  Kirche  in  der  Mitte  des  Dorfes 
bezeichnet  die  Stelle,  wo  früher  das  Hauptzelt  des  Anführen  stand   Am  Ein- 
gange  des  Dorfes  liegt  der  Friedhof,  aber  ohne  Zaun  noch  Mauer.  Selbst  sebr 
viele  grössere  StAdte,  eigentlich  Häuseriiaufen  v<m  lo— aoooo  und  noch  mehr 
Einwohner  sind  trotz  ihrer  Grösse  doch  blosse  Dörfer  mit  breiten  sandigen 
Strassen,    in    denen   Hunderte    von   Pferden    mit  Bequemlichkeit  galoppirea 
können.    Dabei  herrscht  jedocl^  die  «jro-^te  Reinlichkeit,  das  Haus,  an  dem  nur 
selten   ein  kleines  Fenster  auf  die  Strasse  hinausgeht,  wird  mehrere  Male  im 
Jalue  gcweisst,  und  man  kann  es  der  fast  holländischen  ReinHchkeit  ansehen, 
dass  dies  oder  jenes  Dorf  ein  ungarisches  ist.    Der  M.  trägt  auch  mit  Vorliebe 
wdsse  Kleider,  an  welchen  er,  ^e  an  den  Wanden  seines  Hauses  und  seiner 
Zimmer,   keinen  Fleck  duldet    Die  Bauern  tragen  ein  Hemd  mit  weiten 
Aermeln,  das  nur  bis  auf  die  Hüfke  reicht,  und,  vom  Winde  aufgehoben,  den  ge- 
bräunten  Rücken  sehen  lässt.    Von  den  Hüften  an  beginnt  das  weile  Beinkleid 
aus  Leinwand  (»gatya«),  das  in  die  Stiefeln  geht.    Die  Gatya  wird  mittelst  eines 
Riemens  oder  Tuches  an  den  Leib  befestigt,  sodass  der  Bauch  zurück  und  die 
Brust  rund  gewölbt  hervortritt.    Ueber  die  Schultern  werfen  sie  die  iBunda,« 
einen  Pelz  von  Schaffellen.    Der  Kopf  ist  mit  einer  tschakoartigen  Miitzc  bedeckt 
oder  auch  von  einem  Hute  mit  breiten  Rändern.    Die  reichen  Bauern  und 
kleinen  Edelleute  tragen  als  in  unseren  Aitgen  recht  anbequeme  Nationaltracht 
Über  der  Gatya  noch  eine  enge  Hose  von  Tuch,  die  mit  Tressen  besetzt  ist  and 
gleichfalls  in  die  Stiefeln  geht,  dann  den  alten  ungarischen  verschnürten  Rock, 
llber  welchen  der  tDolman»,  der  Pelz  hängt.  Diese  Tracht  war  schon  völlig  bei 
Seite  gelegt,  ist  aber  seit  iS6i  wieder  die  durchaus  herrschende  geworden.  Die 
Frauen  auf  dem  Lande  tragen  wie  die  Männer  schwarze  oder  rothe  Stiefel  und  gehen 
in  einem  kurzen  Unterrocke,  einem  farbigen  Leibchen  und  des  Winters  in  einem 
Schafpelz;  ihre  Haare,  die  sie  in  einer  Flechte  auf  den  Rücken  fallen  lassen,  so- 
lange j>ic  Jungfrauen  sind,  knüpfen  sie  als  verheirathete  Frauen  auf  der  Sj)itze 
des  Kopfes  zusammen.    Der  magyarische  Bauer  übt  in  seinem  Hause  eine  unbe- 
strittene Gewalt  aus,  behandelt  aber  die,  welche  er  »seine  Leutec  nennt,  mit 
vieler  Güte;  er  ist  wie  alle  Starken  sanftmflthig.  Nie  misshandelt  er  seine  Frau, 
nie  zwingt  er  sie  zu  überschweren  Arbeiten.  Sie  weiss,  dass  sie  an  ihm  einen 
Freund,  eine  Stütze,  einen  Beschützer  hat,  empfangt  auch  von  ihm  die  zftit- 
Jichsten  Namen.   Auch  Ordnungsliebe  und  Genauigkeit  sind  die  charakteristischen 


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MngyaTCfl. 


«57 


Züge  des  M.,  der  ein  zwar  langsamer,  aber  ängstlich  sorgfaUiger  und  pünktlicher 
Arbeiter  ist.    Dabei  ist  der  M.  durchaus  Lebemann;  ungeheure  Heiterkeit  ist 
seines  Lebens  Kegel  und  gute  'lafel,  volles  Gelage  füllen  keinen  kleinen  Theil 
vom  Leben  und  Wirken  der  Vermöglichen  aus.   Der  M.  hat  das  beste  Herz  von 
der  Welt;  seine  Gutmütbigkeit  sieht  man  im  Umgänge  mit  den  Thicrcn  im 
höchsten  Glans  und  auch  an  seiner  Liebe  zu  den  Kindenii  wenn  er  es  auch  fUr 
unwürdig  hält^  sein  Haus  mit  »Schreihälsenc  su  fiUlen.  Wenn  rieh  der  M.  eine 
edle  Nation  nennt,  so  bat  er  nicht  Unrecht  An  Ritterlichkeit  im  äuuseren  Auf- 
treten steht  er  gewiss  keiner  anderen  nach.   Nobel  in  allen  seinen  Bewegungen 
und  Reden,  fast  nie  gegen  den  guten  Ton  verstossend,  könnte  er  fast  fiir  einen 
Lehrmeister  des  Anstandcs  und  geselligen  Benehmens  gelten,  wenn  man  ihn 
nicht  oft  eine   ^ji^luiriiiscbte  Sjjrache  sprechen  horte,  die  ihresgleichen  sucht. 
Ebensowenig  kann  man  dem  M.  den  inneren  Adel  bestreiten.    Das  stolze,  edle 
Selbstgefühl,  welches  einst  seine  Vorfahren  belebte,  ist  noch  vorhanden.  Alles, 
was  er  Uiut»  ist  »bestületc,  eines  Mannes  von  Ehre  wttrdig.  Sein  Edelrnnth,  sein 
Idealismus  und  seine  Opferwilligkeit  zeichnen  ihn  vor  den  meisten  europäischen 
Völkern  vortheilhaft  aus.   Die  Gastfreundschaft  ist  in  schönster  Weise  als  Erb» 
theil  der  Vorfahren  im  Brauche.    Beim  M.  hat  oft  nidkt  der  liefe  Verstand, 
sondern  das  Herz  die  Oberhand.   Er  ist  Poet,  aber  nicht  mehr  der  steifemste, 
patriarchalische  Nomade,  sondern  eher  der  unbesorgte,  immer  gemiitsruhige 
Wirthschafler.    Dcsshalb  sagt  ihm  auch  die  Landwirtlischaft  am  meisten  zu,  seit- 
dem  er  die  reine  Viehzucht  hat  aufgeben  müssen.    Der  Landwirth  sieht  seine 
Lrnte  mehr  als  Mittel  an  zu  leben;    bei  ihm  ist  das  Leben  nicht  das  Mittel, 
welches  den  Zweck  hat  zu  ernten.    Der  M.  liebt  wie  jedermann  den  Gewinn, 
aber  er  verachtet  den,  der  demselben  nachjagt  und  wire  mit  sich  selbst  un- 
zufiriedeo,  wenn  er  dem  »unedlenc  Gewinn  zu  Liebe  zum  Gewerbe  griffe.  Das 
Gewerbe  ziemt  sich  nicht  für  die  tedle«  Nation,  das  überlässt  man  den  Uebrigen. 
Der  M.  lebt  ganz  für  Ideale.   Hat  er  sich  ein  solches  gebildet  so  sudit  er  es 
um  jeden  Preis  durchzuführen.    Um  das  Wie  kQmmert  er  sich  nicht.    Er  steuert 
immer  auf  das  Ziel  los,  und  wenn  es  über  Felsen  und  Abgründe  geht.  Kbenso 
unbektimmert  ist  er  um  die  Nebenresultate  seines  verwirklichten  Tdcnls     Fs  giebt 
auch  kem  \  Uik  m  Europa,  weiches  mehr  Politik  treibt,  als  das  magyarische; 
leider  verlegt  es  skh  oft  nur  auf  die  »höherec  Politik;  für  eine  gesimde  Wirth* 
achaftspoUtik  f<^lt  ihm  der  Sinn.  Bei  politischen  Gesprächen  wird  der  M.  gleich 
an^ereg^  denn  die  Politik,  die  ihn  beschäftigt,  ist  seine  eigene  und  Herzensan<- 
gdegenhest^  nicht  eine  fremde.    Dabei  ist  er  geneigt,  scir.e  eigenen  Vorzäge  zu 
überschätzen,  auch  im  höchsten  Grade  schroff  und  einseitig,  so  exklusiv  natio- 
nalistisch, wie  es  ausserhalb  Ungarns  nur  selten  möglich  ist.    Kosmopoliten  findet 
man  in  Ungarn  wenige.     Das  Gefühl,  die  edelste  Nation  zu  sein,   hat  der  M. 
noch  nie  unterdrückt  und  dasselbe  äussert  sich  gegen  die  slavische  Bevölkerung 
in  einer  oft  nicht  zu  rechtfertigenden  Weise,  neuerdings  auch  gegen  die  Deutschen. 
Die  magyarische  Sprache  ist  mit  Metaphern  angefüllt,  sehr  bilderreich  imd  an- 
schaulich.  Sie  enüiält  eine  Menge  von  H0flichkeitsformeln,  die  man  an  seine 
Nachbarn  richtet,  aber  auch  nicht  wenige  Flüche  und  Verwflnsdiungen  so  derber 
und  unflätiger  Art,  dast  sie  sich  schlechterdings  nicht  zur  Uebersetzung  eignen. 
Gleichwohl  werden  dieselben  gedankenlos,  auch  von  Gebildeten,  selbst  von 
Damen  im  Munde  gefllhrt.     Die  magyarische  Sprache  hat  zwar  eine  reiche 
Litteratur,  aber  die  Bereicherung  und  Förderunp;,  welche  die  Wissenschaften  von 
ihr  erfahren  haben,  sind  doch  nur  gering.    Sie  ütrebt  nach  möglichster  Ver- 

Zool.,  Asthropol.  0.  KUuiologta.   Bd.  V.  ly 


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Mahafati  ~  MaltanittefL 


meidung  aller  Fremdwörter  und  die  Akademie  der  Wissenschaften  hnt  in  unseren 
Tapen  einige  Hundert,  vielleicht  auch  tausend  neue  Wörter  gemacht,  um  sie 
an  Stelle  abgedankter  fremdländischer  zu  setzen,  iiei  den  M.  herrscht  grosse  Sterb- 
lichkeit und  geringer  Nachwuchs  der  Geburten,  aber  nicht  in  dem  Maasse,  wje 
gemeiniglich  angenommen  wird.  Nach  Kei-eti  beträgt  die  jährliche  Vermehrung 
etwa  I  Procent,  die  K<4>fMhl  des  Volkes  ist  höchstens  auf  5— 5  ^  Millionen  su  ver- 
anschlagen. Die  M.  wohnen  hanptsftchlich  in  den  Ebenen  zwischen  Donao  imd 
Theiss,  dann  in  Siebenbürgen  als  Ssekler  und  ihrer  sooooo  leben  sowohl  kirchlich 
als  politisch  verlassen  in  der  Moldau ;  verstreute  magyarische  VOlkerinseln  findet 
man  auch  im  Banat  und  in  der  Bukowina.     v.  H. 

Mahafali.  Volksstamm  auf  Madagaskar,  südlich  von  den  Sakalaven  wohnend. 
Nach  AuRH.  Schulz  unfreundliche  Leute.     v.  H. 

Mahaliweber,  s,  Philagrus.  Rchw, 

Ma-han.   Eine  der  drei  im  Süden  von  Korea  ansässigen  Han-Stämme.    v.  H. 

Ifobafi  Stamm  Hindustans,  in  geringer  Anzahl  über  das  ganze  nördUche 
Konkan  zerstreut.  Die  M.  wohnen  in  der  Nähe  der  Hindudörfer  und  haben 
kein  anderes  Obdach  als  Hutten  aus  Laubwerk,  die  kaum  i— s  m  hoch  sind. 

Sie  scheinen  keine  Industrie  zu  besitzen  und  werden  von  den  Dörflern  zur  Ver- 
richtung der  für  unrein  geltenden  Arbeiten  verwandt,  namentlich  zur  Fortschaflung 
von  Aas  und  anderem  Unrath.  Kinige  M.  beschäftigen  sich  indess  mit  der  Ge- 
winnung des  Harzes  aus  der  Catec  Im-Aka/ie;  diese  kennt  man  unter  dem  Namen 
?>Katodi<.  Die  M.  sind  in  der  Regel  von  kleinem  Wuchs  und  erschrecklicher 
Magerkeit;  sie  nähren  sich  nur  von  den  ihnen  wie  Hunden  zugeworicnen  Ab- 
fällen. Ihre  schwarze  Hautfarbe  ist  um  mehrere  Grade  dunkler,  als  jene  der 
Bhil.  Die  Nase  ist  stark  abgeplattet,  das  Auge  klein  und  kaum  bemerkbar,  die 
Augenbrauenbogen  ziemlich  stark,  die  Backenknocken  eckig;  die  Haare  schwarz, 
mitunter  gelockt,  fast  kraus,  werden  in  Bälde  weiss.  Die  Weiber  sind  von  aus- 
bündiger Hässlichkeit  und  noch  magerer  als  die  Männer;  ihre  Brüste  hängen 
selbst  bei  wenig  vorgerücktem  .Alfer  als  wr^hrc  Beutel  auf  den  Bauch  herab. 
Nach  l  oi  is  RoussELET  stellen  die  M.  den  niedrigsten  Menschen^pus  an  der  in- 
disclicn  Westküste  dar.     v.  H. 

Maiiaratten.  Weitverbreiteter  arisclier,  aber  später  eingewanderter  Stamm 
im  nördlichen  Dekkan,  welcher  auch  körperlich  von  den  anderen  Hindu  sich 
auszeichnet.  Die  M.  waren  ursprflngtich  ein  kriegerisches  Hirtenvolk  aus  den 
Bergen  von  Berar,  das  mit  seinen  Reiterschaaren  die  Nachbarländer  ver* 
wfistet  und  endlich  ein  grosses  Reich  gegründet  hatte.  Sie  bewohnen  jetzt 
das  Land  unmittelbar  im  Osten  der  westlichen  Ghät  von  der  Tapti  im  Nor- 
den bis  zum  Oberlaufe  des  Kistna  im  Süden  und  erstrecken  sich  westlich  bis 
an  die  Grenzen  des  Ni/amstaates  von  Haiderabad.  Im  Alterthume  gab  man  den 
Namen  M.  allen  Huulukasten  dieses  Landes,  welches  damals  Maha-Raschta, 
d.  h.  Grosses  Königreich  hiess.  Heute  gilt  die  Bezeichnung  M.  nur  mehr  für 
die  »Kumbic  oder  Ackerbauer,  die  Sudra  des  Maharaschta,  welche  sich  im  acht- 
zehnten Jahrhundert  gegen  die  muhammedanische  Herrschaft  erhoben  und  Indien 
mit  Plttndererhorden  erfüllten.  Der  M.  ist  also  ein  Sudra,  von  zumeist  mittlerer 
^tur,  eher  klein  als  gross;  im  Gesichtsschnitt  mehr  dem  mongolischen  als  dem 
arischen  Typus  sich  nähernd.  Das  Antlitz  ist  meist  al)gei)lattet,  die  Backen- 
knochen springen  mächtig  vor,  die  Augen  sind  klein  und  dunkelt^elb,  die  Nase 
kurz  oft  aufgestülpt  mit  weit  geoUneien  Nasenlöchern.  Der  Hart  ist  lang  aber 
wemg  reichlich,  die  Hautfarbe  ist  bronzegelb  mit  sehr  vielen  Schattierungen. 


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Mahn»  —  Maiba. 


«59 


Die  Weiber  sind  sehr  klein,  sehr  zart  und  stets  viel  lichter  pigmcntirt  als  die 
Männer;  ihre  sehr  reichen  und  sehr  langen  Haare  sind  kohlschwarz.  Louis 
RoussELET  hält  die  M.  ilir  Angehörige  der  uralaitaischen  Vülkerfamilie,  deren 
»adlichsten  Ausläufer  sie  bildeten;  in  allen  Fällen  wurden  sie  aber  staik  modi- 
fiaart  durch  die  arischen  und  tamulischen  Invasionen,  die  wiederholt  Uber  ihr 
Land  hereinbrachen.  Frühzeitig  schon  zum  Brahmanismus  bekehr^  betrachten 
ne  sich  sdbst  als  Hindu,  sind  die  einzigen  Sanskrit  redenden  Indier  auf  dem 
Hochlande  von  Dekkan  und  haben  auch  keine  anderen  Ueberlieferungen  als  die 
fabelhaften  Legenden  der  Brahmanen.  Der  niedrige  Rang,  den  sie  in  der  Hierar- 
chie der  indischen  Kasten  einnehmen,  beweist,  dass  sie  zu  der  grossen  Zahl  be- 
siegter und  unterjochter  Völkerschaften  gehören.  Doch  kann  man  nicht  sagen, 
dass  sie  von  [den  Ariein  wirklich  besiegt  wurden.  Letztere  begnügten  sich  mit 
einer  nominellen  Herrschaft»  erhoben  Steuern,  hüteten  sich  aber,  an  der  wahr- 
schnnlich  uralten  Organisation  der  M.  zu  rühren.  Diese  Organisation  ist  der 
reinste  vollendetste  Republtkanismus.  Die  M.  bildeten  eine  Gruppe  von  Ge* 
meinden,  wekhe  durch  erwählte  Bürgermeister  »Patel«  und  ein  iPantschayet«» 
eine  Gemeindeversainmlung  regiert  wurden.  Letztere  bestand  aus  Abgeordneten 
jeder  Kaste  und  jeden  Stammes,  von  den  höchsten  bis  zu  den  niedrigsten,  alle 
mit  gleicher  Slimmberechtigung  Selbst  nachdem  der  Befreiungskrieg  die  M.- 
Monarchie geschaffen,  war  der  erste  Titel  stets  Patel  und  seine  Unterthancn  be- 
trachteten ihn  bloss  als  den  Generalissimus  des  Bundes.  Auch  heule  noch  haben 
die  M.  trotz  der  englischen  Herrschaft  ihre  alten  Einriditungcn,  das  Fantschayet 
und  die  kommunale  Unabhängigkeit  sich  bewahrt  Bei  ihnen  bestehen  keine 
Kasten.  Mit  den  Dschat  waren  es  die  M.,  welche  im  achtzehnten  Jahrhundert 
das  Joch  der  Eroberer  abgeschüttelt,  das  Reich  des  Grossmogul  gestürzt 
und  die  Macht  der  Radschputen  gebrochen  haben.  Sollte  Indien  jemals  zur 
Unabhängigkeit  gelangen,  so  dürften  diese  beiden  Sudravölker,  die  Dschat 
und  die  M.  dabei  wohl  die  erste  Rolle  spielen.  Man  zählt  etwa  an  12  Millio- 
nen M.     V.  H. 

Mahas,  s.  Mahhassi.     v.  H. 

Mahatos.  Eine  der  vier  grossen  Familien  der  Kharwar  (s.  d.).     v.  H. 

Ifahedeba.  Friedfertiger  Nomadenstarom  Tunesiens;  zählt  6600  Kdpfe; 
verdankt  seinen  Ursprung  einem  einzigen  Heiligen,  ist  demnach  von  Adel  und 
im  ganzen  Lande  so  hodi  angesehen,  dass  ihm  die  Regierung  des  Bcy  keine 
Steuern  abnahm,  sondern  nur  verlangte,  dass  er  die  aus  dem  Dattellande  Dscherid 
nach  Sfaxes  ziehenden  Karawanen  gut  aufnehme  und  unterstütze,  eine  Pflicht, 
welcher  die  M.  in  herzlichster  Weise  nachkommen.     v.  H. 

Mahhässi  oder  Mahas,  einer  der  Hauptdialekte  der  nubischen  Sprache, 
in  welciiem  man  die  bis  aut  tica  heutigen  Tag  noch  uncnuilicnc  Sprache  der 
altäthiopischen  Inschriften  vermuthet.    v.  H. 

MsphiaiL  Bantuvolk  zwischen  Nyassasee  und  der  Küste  Ost*Afrika'8  von 
Bleek  zur  MosambikgnQ»pe  gerechnet,  .v.  H. 

Ma-hloengo.  Mundart  der  Tekezasprache  (s.  d.).     v.  H. 

Mahlzähne,  s.  Verdauungsorganeentwicklung  und  Zähne.  Grbcr. 

Mahratten,  s.  Mriharatten.     v.  H. 

Mahsud-Wazirai,  s.  Wazirai.     v.  H. 

Majacea,  Dana  (lat.  Maja,  nom.  propr.),  —  Oxyrhynrha  (s.  d).  Ks. 
Maiba  (Schabrackeniapir),  Maipars  i^i  apir),  s.  Tapirus,  L.     v.  Ms. 


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Miu<deh  —  Maimbftiis. 


Mai-deh  oder  Mai-du.  Indianerstamni  Kahiorniens,  sudiicii  von  den  Pitin- 
dianem,  mit  den  Nischinam  so  naVte  sprachverwandt,  dass  sie  von  denselben 
nicht  tu  trennen  trind.     v.  H. 

Maidloris,  Coriphilus,  Wacl.,  Papageiengattung,  zur  Familie  der  Loris  (Tricks 
ghsstdac)  gehörig.  Kleine,  zierliche  Loiis,  welche  einige  Inseln  des  Polynestschen 
Archipels  bewohnen  und  von  ihren  Familienverwandten  an  den  veriäogetten 
schmalen  oder  serschlissenen  Federn  des  Oberkopfes  zu  unterscheiden  sind. 

Schwanz  wesentlich  kürzer  als  der  Flügel,  stark  gerundet  oder  schwach  stufig, 
im  Flügel  2.  und  3.  Schwinge  am  längsten,  4.  gleich  1.  oder  etwas  kürzer,  die 
?"nd»!ieile  der  äusserstcn  Schwingen  verschmälert.  Die  Gattung  umfasst  5  ver- 
schiedene Arten,  welche  üher  den  polynesischen  Archipel  verbreitet  sind,  aber 
je  nur  ein  beschränktes  Vorkommen  haben.  So  bewohnt  das  Blaukäppchen, 
C.  ausiralis,  Gm.,  die  Freundschafts-  und  SamoaJnseln,  der  Rubinlori,  C,  Kuhli, 
Vic,  die  Fanning-  und  Washington-Insel,  der  Einsiedler,  C  s^Uarku,  LAm, 
die  Fidschi-Inseln»  der  Saphirlori,  C,  üUfianus,  Gh.,  die  Gesellschafts-Inielny 
der  Smaragdlori,  C,  smäragdiuus,  Hombr.  et  Jacq.,  die Marquesas-Inseln.  Rcwr. 

Mnjerdiutt,  s.  Majorunas.    v.  H. 

ICalfiscb,  M^sa  (s.  d.)  tommunis,  jAmBix,  mit  einer  last  bis  hinter  die  Augen 
reichenden  Mundspalte,  halbmondförmigen  vorderen  und  hinteren  AugenUdem 
und  sehr  vielen  dichtstehenden,  langen,  dünnen  Lamellen  an  den  Kiemenbögen. 

Körper,  namentlicli  aber  Kopf  stark  seitlich  znsammengedrückt,  Kinn  zienilicli 
weit  vorragend.  Nur  in  der  Jugend  in  Ober- und  Zwischenkiefer  Zähne.  Scliwanz- 
flosse  lang  und  tief  gegabelt,  die  Strahlen  der  übrigen  Flossen  kurz.  Rücken- 
und  Afterflosse  können  in  einer  von  den  angrenzenden  Schuppen  gebildeten 
Rinne  theilweise  verborgen  werden,  db  Schwansflosse  trtfgt  weithin  Beschuppung. 
Uebrigens  sind  die  Schuppen  ungleich  gross  und  sehr  htnMig.  Färbung:  am 
Rucken  roetalltsch  olivengrttn,  die  Seiten  weisslich  metallgllnzend,  ein  olivengrQner 
Fleck  am  oberen  Winkel  der  Kiemenspalte,  die  Flossen  schwärzlich.  Grösse: 
60  Centim.  und  darüber.  Gewicht  a  Kilo  und  mehr.  Der  Maifisch  scheint  in 
allen  ciiroi)äischen  Meeren  vorzukommen,  von  wo  ati.«;  er  mit  Beginn  des  Mai 
flussaufwärts  wandert,  um  zu  laichen.  Doch  soll  er  in  der  Donau  nicht  leicht 
über  Pest  hinausgehen.  Während  der  Fisch  im  Moment  seines  Eintretens  in  die 
Flüsse  sehr  fett  und  wohlschmeckend  ist,  verliert  er  waluend  der  Wanderung 
seine  Vonflge  mehr  und  mehr  und  ist  nach  dem  Laichen  enfträftet  und  sehmack« 
los,  ja  viele  Individuen  gehen  dabei  zu  Grunde  und  treiben  oft  massenhaft  auf 
dem  Wasser.  Vielfach  wird  der  M.  mit  der  Susserlich  sehr  ähnlichen  Finte  (s.  d.) 
verwechselt.  Ks. 

Maifliege,  s.  Phiyganidae.    E.  To. 

Maifohre  =  Forelle  (s.  d.).  Ks. 
Maiforelle,  sterile  Seeforelle  (s.  Forelle).  Ks. 
Maikäfer,  s.  Meloionlha.     K.  Tg. 
Mailachs,  sterile  Seeforelle  (s.  Forelle).  Ks. 
Mailing  =  Aesche  (s.  d.).  Ks. 

Maimbarös,  oder  Mambarehis.  Indianer  iirasiliens,  thcilwcise  mit  den 
Cabixis  zusammen,  theilweise  weiter  nördlich  an  Taburuhina,  einem  Zuflüsse  des 
Jaruena,  wohn^d  und  von  denen  wahrscheinlich  nach  v.  Maetius  die  noch 
weiter  gegen  Norden  am  Tapajäs  angegebenen  Mambiiaifts  nicht  versdiiedcn 
«nd.    V.  H. 


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361 


Mainas.  Einer  der  zahlreichen  Stämine  der  Antisaner  oder  Ande^-Indianer 

in  Süd-Amerikn.     v.  H. 

Mainophis,  Macleay  1877.  Kleine,  papuanische  Calamanden-Gattung  neben 
Brachyorrhoi,  KuHL.  Pf. 

Mainoten,  Ein  waluscheinlich  aus  einem  Gemisch  von  Griechen  und  Slaven 
hervorgegangener  Volksstamm  in  der  Peloponnes,  um  den  sadfichen  Arm  dei 
Pentftdaktylos-Gebirge  (Taygeto»)  wohnhaft  Die  M.  selbet  halten  sich  für  die 
Abkömmlinge  der  alten  Spartiaten  und  blieben  noch  Heiden,  als  schon  iünf 
Jahrhunderte  lang  im  römischen  Reiche  das  Christenthum  eingefUhrt  war.  Die 
M.,  ausgezeichnete  Seeleute,  lebten  lange  Zeit  bloss  vom  Seeraube  und  Fisch- 
fange.  Die  ausgedehnteste  Blutrache  herrschte  von  jeher,  daher  die  Häuser 
wahre  Vesten  waren.  Jetzt  sind  dieselben  grösstentheils  gefallen  und  viele  M. 
dienen  im  griechischen  Heere.     v.  H. 

Majollo.  Der  an  der  südlichen  Guinea-Küste  übliche  Name  für  das  Volk 
der  Baatetsche  (a.  d.).  H. 

Kaperen  8B  EUeritse  (s.  d.).  Ks. 

Ifolpure.   Maypureschianna  oder  Tapirindianer,  im  Orinokogebiet  Nach 

Friedrich  Müller  ist  es  von  ihnen  zweifelhaft,  ob  sie  zu  den  Cariben  (s.  d.)  ge- 
hören. Ihre  Sprache  wird  von  zahlreichen  Stämmen  in  Guyana,  Venezuela,  am 
Rio  Negro  gesprocfen  und  ist  jener  der  Tamanaken  sehr  ähnlich.  Zweige  von 
ihnen  sind  die  Cabres,  Avanas,  Parenas,  Tschirapas  und  Guypenis.  Die  M.  sind 
äusserst  gefürchtet  und  benutzen  die  Schädel  ihrer  erschlagenen  Feinde  als 
Trinkgefässe.     v.  H. 

MairassL  Stamm  der  Papua  an  der  Sttdweat-Kftole  Neu-Guioea^  mit  dunkler 
Hautfarbe,    v.  H. 

BSairenke,  Alkmuit  (s.  d.)  nun^,  Vesoy,  mit  nach  oben  geticbteter  Mund- 
spalte und  sehr  stark  verdicktem,  vorragendem  Kiim;  die  Afterflosse  mit  14 — 16 
getheilten  Strahlen  beginnt  hinter  dem  Ende  der  Rückenflosse.  Kopf  und  Rücken 
dunkelgrün  bis  stahlblau,  Seiten  weiss  atlasglänzend,  Flossen  grauröthlich.  Grösse 
bis  30  Centim.  Laichzeit  Mai  und  Juni.  Die  M.  lebt  in  bayrischen  und  ober- 
österreichischen Seen,  ist  aber  auch  in  SUdrussland  gefunden.  Fleisch  mittel- 
mässig.  Ks. 

Maithfli  Dialekt  des  Ifindustanii  im  Norden  des  Ganges  in  der  Gegend 
von  Ftooiah.  H. 

Maiva.  Stamm  der  Papua  (s.  d.)  bei  Port  Moresby  im  Midien  Neu- 

Guinea,  welcher  eine  von  seinen  Nachbarn  verschiedene  Sprache  redet.     v.  H. 
Maivogel  =  Schwarae  Seeschwalbe,  HydroMidon ßaiptSp  L.,  8.  Ster- 

nidae.     R(  hw. 

Maiwurm,  s.  Meloe.     E.  To. 

Makalaka.  X  lks stimm  Süd-Afrika's,  südlich  von  den  grossen  Mosiwatunja- 
iallen  des  Sambesi  zum  Limpopo  hin  unter  den  Betschuanen  wohnhaft.  Sie  sind 
indess  sdbst  keine  eigendichen  Betschuanen,  sondern  von  Negerabkunfl^  werden 
aber  von  dem  sebr  gefttrchteten  Kafiemvolke  der  Matebele  (s.  d.)  beherrscht 
Die  M.  besitzen  kein  Rindvieh,  nur  Ziegen  und  wenige  Schafe,  doch  bebauen 
sie  emsig  und  erfolgreich  das  Land,  ernten  Ricinusöl,  Hirse,  Tabak  und  Hanü 
Die  M.  sind  listig,  ausserordentlich  geizig,  ebenso  feig  im  Krieg,  als  verwegen 
auf  der  Jsf^'^,  von  kriprhender  Unterwürfigkeit  gegen  ihre  Häupth'nge.  Sie  ver- 
fertigen Piken  und  Hauen  aus  Eisen,  dann  Ornamente  aus  dem  gleichen  Metall 
sowie  aus  Kupfer,  welches  sie  gut  auszuschmelzen  verstehen,     v.  H. 


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36a 


Mtkilolo  —  kfakilarabi. 


Makalolo  oder  Makololo.  Nach  Skrpa  Pinta  leitet  sich  der  in  ganz  Süd- 
Afrika  bekannte  Name  von  Kololo  ab,  womit  der  grosse  Kriegshäupümg  ischi- 
bitano  oder  Sebituaoe  «hm  am  sdir  venchiedenen  Etementeii  und  Abkömn»- 
Ungen  zahlreicher  Racea  und  Stämme  xusammengeseute  Armee  bemumte;  als 
deren  Grundstock  ist  indess  ein  Stamm  der  Basuto  (s.  d.)  zu  betrachten,  an 
dessen  Spitze  Tschtbitano  ein  grosses  Reich  am  oberen  Sambesi  aufrichtete. 
Sein  Sohn  Sekeletu  fehlte  aber  daihirch,  dass  er  die  den  M.  unterwoffenca 
Stämme  nicht  wie  sein  Vater  gleich  behandelte,  sondern  nur  M. -Frauen  nahm 
und  Aemter  nur  an  M.  vergab.  Dadurrl^  machte  er  sich  bei  den  Schwarzen 
grimdlich  verhasst.  Da  die  M.  verbältnissmä^sig  wenig  zahlreich  unter  den  unter- 
worfenen Stämmen  lebten,  so  stand  ihre  Herrschaft,  die  sich  1851  — 1854,  als 
LivmcsTONE  die  Landschaften  am  mittleren  Sambesi  durchzog,  über  dittes  Strom- 
thal und  ausgedehnte  Theile  des  Nachbargebietes  erstreckte,  immer  auf  schwachen 
Füssen,  und  Liyingstonb  prophezeite  auf  seiner  aweiten  Reise  an  den  Sambesi 
den  baldigen  Fall  des  M.-Reiches.  In  der  That,  als  Sekeletu  anfangs  1864  starb, 
brach  ein  Krieg  Uber  die  Nachfolge  aus,  in  welchem  das  Reich  der  M.  in  lauter 
kleinere  Stammesgenossen  zerfiel.  Die  M.  selbst  wurden  von  den  Barotse,  Ma- 
kalaka  und  Luina  überfallen,  alle  ausgcrüitct  und  ihr  Name  wird  von  der  Land- 
karte und  aus  der  Völkerkunde  bald  völlig  verschwinden.  Die  Frauen  vertheilten 
die  Sieger  unter  sich.  Merkwürdigerweise  blieb  aber  die  Sprache  des  ver- 
nichteten Stammes  das  Leauto  und  vererbte  sich  auf  die  Sieger.  Die  M.  trieben 
einen  ziemlich  ausgedehnten  Feldbau  und  lagen  eifrigst  der  Viehzucht  ob.  Die 
Ochsenhäute  verarbeiteten  sie  durch  einen  sehr  vollendeten  Gerbeprocess  an 
Mänteln  oder  zu  Schilden  von  grosser  Härte  und  Dauerhaftigkeit  Die  Weiber 
beschmierten  sich  den  Körper  mit  Butter  und  trugen  eine  Art  von  Rock  ans 
Rindshaut,  «owie  einon  ähnlichen  Mantel.  Arme  und  Beine  bedeckten  sie  mit 
Ringen  und  Bändern  aus  Kupfer  und  Elfenbein.  Die  M.  ventnnden  die  Eisen- 
erze auszuschmeißen.  Sie  bauten  feste  Hütten  aus  Holz  in  einer  drcifrirhen  kreis- 
förmigen Umzäunung  mit  ganz  niedrigen  Eingängen,  durch  die  man  kriechen 
musste.  Man  genoss  vtet  eine  Art  Bier  »Bojaloa«,  das  an  die  »Busac  erinnert. 
Gaatfreundscbafl  gegen  Fremde  ward  von  ihnen  llir  Pflicht  gehalten,  und  LivtNC- 
STONB  fand  bei  ihnen  die  beste  Aufnahme.  Auch  der  chiistlichen  Unterweisung 
zeigten  sie  sich  nicht  unzugänglich;  einige  jüngere  Männer  wagten  sich  selbst 
an  das  Lesenlernen,  doch  blieb  die  grosse  Menge  den  Missionslehren  fremd  und 
sagte:  das  verstehen  wir  nicht.  Nach  Gistav  Fritsch  sind  die  M.,  welche 
LiviNGSTüNE  als  stolz,  edel  und  muthig  rühmte,  dieses  Lobes  niemnh:  besonders 
würdig  gewesen,  denn  während  sie  gegen  den  Missionär  christliche  I.itl  e  und 
Friedfertigkeit  heuchelten,  machten  sie,  sobald  derselbe  den  Rücken  wandte, 
räuberische  Einftlle  in  die  Getnete  der  Nacbbarstämme.    v.  H. 

MakatambL  Bewohner  des  gleichnamigen  Ortes  im  Tbale  des  Lukqga  im 
äquatorialen  Ost^Afrika,  gemischt  aus  Warua  und  Waguha;  letztere  wiegen  vor» 
obwohl  der  Häuptling  ein  Mrua  ist.  In  Bezug  auf  Geschmack,  Verstand,  Rein* 
lichkeit,  Sittlichkeit  und  Ordnung  sind  die  M.  nach  Jos.  Thomson  allen  andern 
Stämmen  des  östlichen  Mittel-Afrika  unendlich  überlegen.  Doch  haben  sie  sich 
aus  Kifersucht  von  jeder  Verbindung  mit  den  Arabern  frei  gehalten.  In  der 
Regel  sind  sie  sehr  wohlgestaltet  und  die  vmverheiratheten  Mädchen  sind  oft  von 
musterhaftem  Wuchs.  Ihre  Haut  ist  sanfl  und  rein,  auch  die  verheiratheten 
Frauen  haben  selten  die  ungeheuer  langen  Brüste,  welche  den  Negerinnen  eigen» 
thttmlich  sind.  Die  Männer  haben  jedoch  häufig  einen  unangenehmen  Gesichts- 


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Bbkanf  —  Mikedo>WaIichen. 


S63 


tagt  welcher  nicht  wenig  List  und  Bösartigkeit  verräth.  Ihre  Schädel  sind  viel 
besser  gestaltet,  aber  auch  viel  breiter  als  jene  der  meisten  Neger.  Das  Haupt- 
haar ist  phantastisch  zugerichtet;  die  beliebteste  Frisur  besteht  aus  vier  Flechten, 
welche  aufwärts  gelegt,  auf  dem  Schädel  einander  kreuzen,    v.  H. 

Makana.  Stamm  der  Kissur  (s.  d.).    v.  H. 

Makarata,  s.  Nianmiam.     v.  H. 

Makari,  s.  Kfitoko.     v.  H. 

Makassaren,  s.  Mankassaren.     v.  H. 

Makateesen.  So  lautet  der  Hordenname  warzennasiger  Kafi'ern  am  Lim- 
popo  in  Transvaal,  welche  sonst  auch  unter  der  Bezeichnung  >Knobnuizenc  be- 
kannt sind  und  meistens  zu  den  Betschuanen  (s.  d.)  gehören.  Es  ist  ein  starker, 
gut  gebauter  Mensdienschlag,  doch  sind  ne  —  bei  KaflTem  eine  Ausnahme  — 
träge  und  fdg.  Ihre  Votliebe  für  Perlen,  Messingdraht,  blanke  Knöpfe  u.  dergl, 
womit  sie  sich  und  ihre  zahlreichen  Weiber  schmücken,  lockt  sie  aus  ihren 
Kraalen,  wo  sie  den  grössten  Theil  des  Jahres  in  Nichtsthun  hinbringen.  Sie 
vermielhen  sich  gewöhnlich  nur  flir  ein  oder  zwei  Monate  und  lassen  sich  selten 
tiberreden,  länger  als  die  angegebene  Zeit  zu  bleiben.  Junge  unverheirathete 
Männer  vermiethen  sich  wob!  auch  für  ein  Jahr,  wofür  sie  eine  Kuh  bekommen. 
Sie  haben  eine  grosse  Leidenschaft  für  Kleidungsstücke  aller  Art  und  besondere 
Vorliebe  zum  Plaudern  und  Schwatzen.  Ihre  Wafien  bestehen  meistentheils  aus 
selbstgeschmiedeten  Beilen  und  Assegaien.  Sie  tragen  grosse  Kupferringe  an  den 
Bdnen,  die  sie  selbst  in  den  zahlreichen  Kupferminen  des  Luides  anfertigen, 
und  eine  Art  Guitarre,  der  sie  monotone,  melancholische  Töne  zu  entlocken 
wissen,  begleitet  sie  auf  ihren  Wanderungen.  Von  Natur  sind  sie  gutmflthig, 
lernen  leicht  die  Landessprache  und  wissen  sidi  oft  unentbehrlich  zu  machen. 
Ihre  Kopfzahl  übersteigt  200000.     v.  H. 

Ma-kausana.    Bantustamm  östlich  von  den  Swasi.      v.  H, 

Ma-kautu  d.  h.  >Bogeninanner,<  so  werden  von  den  Betschuanen  die  Busch- 
männer (s.  d.)  genannt     v.  H. 

Makedooier.  Bewohner  der  Landschaft  Makedonien  nördlich  von  Hellas; 
sehr  wahrscheinlich  gehörten  sie  zu  den  alten  Thrakern  (s.  d.).  Keinesfalls 
waren  sie  Hellenen,  wenngleich  sie  frühzeitig  griechischen  Einflössen  erlagen  und 
später,  unter  dem  grossen  Alexander,  selbst  einen  so  tief  gehenden  Einfluss  auf 
die  hellenischen  Geschicke  nahmen.  Im  günstigsten  Falle  kann  man  von  den 
M.  sagen,  dass  sie  gemischten  Ursprungs,  tlicils  Irakische,  theils  illyrische  Stämme 
waren,  zu  denen  frülueitig  auch  Hellenen  einwanderten,  die  sich  namentlich  in 
den  südlicheren,  ebeneren  Strichen  nicderliessen  und  sich  hier  auch  wohl  mit 
den  M.  vermischten,  während  sich  letztere  in  den  nördlichen  und  nordwestlichen 
Gebirgsgegenden  rein  und  unvttrmkcht  erhielten,  so  dass  <Ue  M.  von  den  Hellenen 
mit  Recht  nie  als  echte  Stammesgenossen,  sondern  immer  als  Halbbarbaren 
angesehen  wurden,    v.  H. 

Mafcedo-romanisch.  Die  südlich  von  der  Donau  gelegene  Hälfte  des 
rumänischen  Sprachgebiets  im  Gegensatz  zum  Dakoromanischen.     v.  H. 

Makedo-Walachen,  auch  Kutzo-Wlachen  oder  Zinzaren,  welche  einen  ru- 
mänischen Dialekt  sprechen,  dessen  Gebiet  auf  der  Halkan-Halbinsel  stark  zer- 
rissen und  zerstreut  ist.  Dem  nördlichst  vorgeschobenen  Posten  dieses  merk- 
würdigen südrumänischen  Volkszweiges  begegnet  man  in  Wien,  wo  man  dessen 
vermzelte  Abkömmlmge  jedoch  für  Griechen  hielt.  Sonst  ist  der  ftusserste  Vor. 
posten  der  M.  in  Istrien  zu  suchen,  wo  sie  zwischen  dem  Monte  maggiore  und 


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Mdcedo-Walachcn. 


dem  Tschepitschsee  unter  dem  Namen  ■  Walachen«  einige  Dürfer  ausschliesslich 
bewohnen.  Der  nördlichste  der  hierher  gehörenden  grösseren  Stamme  ist  aber 
jener  der  sogenannten  Daisarelcn  oder  Massareten  in  dem  Gebirge,  welches 
Makedonien  von  Albanien  scheidet,  eingekeilt  zwischen  den  albanesischen  Stämmen 
Thessaliens  am  See  von  Jantna,  nördlicher  dann  in  der  Nähe  von  Castoria  und 
am  See  von  Ochrida;  auch  unweit  von  der  adriatischen  Küste  Mittel-Albaniens^ 
Die  A'orstadt  von  Durazzo  ist  grösstentheils  von  M.  bewohnt;  im  Thale  von 
Kawaja  gicbt  es  zehn  M.-Dörfer.  In  Thrakien  giebt  es  nur  eine  M.-Oase  bei 
Basardschik  an  der  Maritza  mit  dem  Haiiplorle  Peristera.  Weiter  südlich  treften 
wir  im  Findus-Gebirge,  südöstlich  von  Janina,  die  sogen.  Gross -Wlachen, 
etwa  500000  Köpfe  stark.  Am  südlichsten  wolmen  die  sogen.  Bovier  in 
der  Nähe  von  Zeitun  an  den  Quellen  des  Fidaris  und  am  Kcphissos  in  einer 
Anzahl  von  etwa  1x000  Köpfen.  Ihre  Gesammtzahl  wird  innerhalb  und  ausser- 
halb dm  osmanischen  Reiches,  in  Oesterreich  und  Griechenland  zu  680000  Köpfen 
angenommen,  ^  der  gesammten  rumänischen  Nation.  Sie  vermindert  nch  jedoch 
unverkennbar,  während  die  Dakowlachen  an  Ausbreitimg  gewinnen.  Die  M. 
nennen  sich  am  liebsten  > Rumuni«,  denn  wie  die  Bewohner  Rumäniens  leiten 
sie  ihre  Abkunft  in  direkter  Linie  von  den  Römern  ab,  während  es  so  ziemlich 
erwiesen  ist,  dass  ihre  Voreltern  meistens  romanisirte  Autochthonen  waren,  welche 
die  Sprache  der  Eroberer  annahmen.  Die  Griechen,  wclclic  von  ihnen  ^■Grekuluc 
genannt  und  nicht  sehr  geachtet  werden,  heissen  sie  ihrerbeits  spöttisch  >Kutzo- 
Wlachenc,  d.  h.  hinkende  Watachen,  ein  Name,  dessen  Begründung  nicht  ge- 
nügend nachgewiesen  is^  die  Slaven  aber  »Zinzarenc,  weÜ  das  Dakorumänische 
»tschintschc  (d.  h.  filnf)  weicher,  wie  »Zinzi  attsq>rechen.  Einige  wollen  unter 
den  M.  zwei  Abthetlungen  unterscheiden:  die  Karaguni,  d.  h.  die  Leute  mit 
schwarzer  Bekleidung,  auch  Arbanitowlachen,  deren  Heimath  eigentlich  Epirus 
und  das  Grenzgebiet  von  Albanien  ist,  und  eine  südlichere  im  Königreiche 
Griechenland,  namentlich  in  Phthiotis,  Böotien  und  Attika  und  auf  diese  bezöge 
sich  besonders  die  Benennung  Kutzowlachen.  Die  Karaguni  sind  weniger  ge- 
mischt als  diese  ieutercn;  sie  alle  sprechen  neben  dem  Rumänischen  auch 
Griechisch,  jenes  ziemlich  ohne  fremde  Zuthaten,  auch  heirathen  sie  nur  im 
eigenen  Volke.  Bei  den  Kutzowlachen  hat  vielfach  Vermischung  mit  Griechen 
stat^efnnden,  und  in  ihrer  Sprache  sind  viele  Fremdwörter;  alles  was  auf  höhere 
Gesittung  Bezug  hat,  wird  mit  griechischen  Ausdrucken  bezeichnet  Das  Rumä- 
nische aller  M.  ist  dialektisch  von  jenem  der  Dakoqimänien  versch:eden.  Zwar 
sind  Formen  und  grammatikalische  Regeln  so  ziemlich  dieselben ,  aber  die 
Wörter  werden  so  verschieden  ausgesprochen,  dass  die  beiden  Gruppen  des  ru- 
mänischen Volkes  einander  vielfach  nur  mit  Mühe  verstehen.  Die  Mundarten 
der  griechischen  M.  stehen  dem  Lateinischen  näher  als  jene  der  Dakorumänen; 
sie  -haben  den  Ton  der  Vokale  besser  erhalten  und  weniger  Beugungen  ange- 
nommen. Die  M.  wenden  auch  die  Diminutivformen  weniger  häufig  an  als  jene 
und  haben  Rlr  manche  Begriffe  den  lateinischen  Ausdruck  bewahrt,  den  jene 
durch  ein  slavisches  Wort  ersetzen.  Dagegen  gebrauchen  die  Karaguni  mdirfach 
griechische  Ausdrücke  fUr  Sachen,  welche  an  der  Donau  latonische  Bezeichnungen 
haben.  Der  T}'pns  der  M.  ist  ungeachtet  ihrer  Mengung  mit  den  sie  allerorts 
einschliessenden  tremdcn  Rassen  ein  liöch.st  charakteristisciier.  Gewöhnlich  ist 
die  enge  Verwandtschalt  mit  den  Dakorumänen  unverkennbar.  Der  wohlgeformte 
Kopf,  der  bräunliche  Teint,  die  scbarfgeschnittenen  Züge,  die  stechend  schwarzen 
Augen,  deren  Intelligenz  und  Energie  venathender  Ausdruck,  die  dunkle  Haar* 


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Makedo*Wa1aclien. 


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färbe  und  Schönheit  der  Frau  ist  beiden  Zweigen  gemeinsam.  Auch  in  der 
Fremde  behält  der  M.  seine  der  albanesischen  älinliche  Tr.irht,  das  bis  an  die 
Knie  reichende  faltige  Hemd,  einen  lichtgclben  Tuchrock  mit  engen  Aermeln 
und  schwarzi  m  Schniirwcrk,  tiber  diesen  oft  noch  eine  schwarze  Jacke  mit  Hall)- 
ärmcin  und  langem  Umschlagkragen,  einen  rothcn  Gürtel,  gleichfarbigen  Fes  und 
an  den  FQssen  sandalenartige  »Opintscbenc  (tOpankenc).  Kaufleute  tragen  ein 
gemengt  türkisch-europätsches  Kostam.  In  der  Gescbichre  treten  die  M.  viel 
frOber  auf  alt  die  Dakoniinftnen,  nämlich  bereits  im  sechsten  Jahrhundert;  während 
diese  erst  11  sieben  Jahrhunderte  später  von  »ch  reden  machten.  Erwiesen 
ut  auch,  dass  die  M.  vor  Zeiten  viel  zahlreicher  waren  als  jetzt  und  dass  sie 
xiemlich  weitlänfK'o  ("Tcbiete  einnahmen.  Ja  eine  7!eit  lang  gehörte  fast  ganz 
Thessalien  ihnen,  und  dieser  Name  verschwindet  in  der  (ieschichte ;  es  führte 
die  Benennung  ^Gross-Wlachien*  2um  Unterschiede  von  Akarnanien  und  Aetolien, 
welche  Provinzen  man  »Klein-Wlachien«  nannte.  Die  M.  aber  hiessen  im  Mitlei- 
alter  »Maurowlachenc  d.  h.  schwarze  Wlachen  und  waren  ein  rauf-  und  raub- 
lustiges  Volk,  voll  Muth  und  anderer  kriegerischer  Tugenden  und  gewissermassen 
der  Schrecken  ihrer  Nachbarn.  Hauptsächlich  waren  sie  Beigbewohner,  welche 
die  Ebenen  nur  in  sofern  unter  ihre  Botmässigkeit  brachten,  als  sie  in  denselben 
durch  Gewaltthätigkeitcn  die  Bevölkerung  in  Angst  und  Nachgiebigkeit  erhielten. 
Fin  Theil  dieses  nomadiscfi  lebenden  VolVes  v/nr  zu  Anfang  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  noch  nicht  zum  Christcnthuni  bekehrt  worden  und  wetteiferte  an 
Grausamkeit  mit  den  Skythen  und  Bulgaren;  sie  waren,  wenn  es  sich  um  Raub- 
züge handelte,  sehr  oft  Verbündete  der  letzteren.  Seit  jener  Zeit  sind  die  in 
Griechenland  lebenden  M.  sich  atemlich  gleich  geblieben,  ziemliche  Barbaren, 
jeder  Civilisation  abhold  und  nicht  selten  dem  Räuberhandwerk  ergeben.  Lesen 
und  Schreiben  sind  ihnen  fremd.  Schulen  haben  sie  sowenig  wie  Kirchen.  Doch 
schleppen  ne  Heiligenbilder  mit  sich,  die  in  den  Zelten  und  Zweighutten  auf- 
gestellt werden.  Den  Priester  sucht  man  nur  heim,  wenn  es  sich  uro  eine  Taufe 
oder  eine  Trauung  handelt.  Die  >T  ireliören  jetzt  der  orthodox-gnechischen 
Kirche  an,  doch  wird  die  TJthurgie  in  rumänischer  Sprache  gelesen.  Die  grie- 
chischen, wilden  M.  halten  ein  gecebenes  Wort,  sind  aber  grausam,  tuibulant, 
raubsüchtig,  und  die  Begriffe  von  Mein  und  Dein  werden  unablässig  von  ihnen 
verwechselt*  In  Hellas  kaqn  man  sie  als  wahre  WaldverwUster  betrachten;  jene 
in  Phthtotis  und  Akarnanien  sind  leidlich  wohlhabend  und  haben  zahlreiche 
Herden;  jene  in  Btfotien  und  Atttka  sind  arm,  und  manche  verdingen  sich  als 
Hirten  auch  bei  griechischen  Landleuten.  Alle  aber  hängen  unter  sich  zusammen 
und  suchen  von  der  Behörde  n^öglichst  unabhängig  zu  bleiben.  Die  einzelnen 
Sippen  oder  Clans  dieser  M.  bestehen  aus  50 — 100  Familien,  aber  nicht  mehr. 
Solch  eine  Gruppe  hält  sich  gesondert  von  den  übrigen  und  bildet  mit  iluer 
Herde  eine  »Stanic.  Während  der  VVanderziige  schlagt  sie  Zelte  aus  grobge- 
webtem schwarzen  Ziegenhaar  auf,  da,  wo  sie  überwintern,  hausen  sie  in  Hüllen 
aus  Baumzweigen.  Ihre  Habe  bergen  sie  in  grossen  Wollsäcken,  welche  als  Er- 
satz  flir  Kofler  und  Schrank  dienen  und  jeden  Augenblick  auf  ein  Lastthier  ge- 
laden werden  können.  Jede  Stani  hat  einen  Häupding  und  wird  nach  demselben 
benannt.  Seine  Würde  ist  erblich,  er  steht  als  eine  Art  von  Hirtenkönig  da, 
und  seine  durch  die  Zeit  geheiligte  Gewalt  ist  nicht  unbedeutendi  Er  ist  alle- 
mal der  reichste  Mann  und  besitzt  manchinal  die  Hälfte  des  gesammten  Vieli- 
standes,  welches  zur  Stani  gehört.  Sein  Amt  verwaltet  er  fricdlicl!,  aber  rühmt 
sich,  dass  seine  kriegerischen  Vorfahren  dasselbe  mit  dem  Schwert  erworben 


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hätten.  Die  M.  bezeichnen  ihn  als  Tschelingast,  die  Griechen  als  »Skuteris«. 
Er  schlichtet  etwaige  Zwistigkeitcn  in  der  Sippe,  vertritt  dieselbe  gegenüber  den 
Behörden  und  bekommt  als  Entschädigung  (Ur  seine  MtUiefrakung  von  jedem 
Mann  jährlich  ein  paar  Drachmen.  Ueber  gemeinschaftliche  Ausg^iben  verhandelt 
er  mit  den  Adtesten,  welchen  er  auch  Recfanwig  ablegt;  gemeinschaftlich  mit 
ihnen  besorgt  er  die  Umlage  der  Steuern,  und  zahlt  selber  einen  Betrag,  welcher 
der  Zahl  seines  Viehes  angemessen  ist.  Ein  ganz,  andere'^  und  erfreulicheres 
Bild  gewähren  die  M.  im  Pindusgebiele.  Dort  bat  der  M.  sich  wesentlich  ge- 
ändert, denn  er  ist  ein  fleissiges,  friedliches,  geistig  mit  vorzdglichen  Anlagen 
ausgestattetes  Individuum  geworden,  dem  es  weder  an  Anstelligkeit  noch  an 
persönlichem  Muthe  gebricht.  Allerdings  unterscheidet  man  auch  hier  sesshafte 
und  vfetttnchttretbende,  welche  letstere  in  SUd-  und  Mittel-^Albanien  ein  nomadi- 
sirendes  Leben  führen,  weshalb  der  M.  von  den  Albanesen  >Tsdiol}anc  d.  h. 
Hirt  genannt  wird.  Die  schönen,  fieckenfthnlichen  Dörfer  der  M.  sind  im  Sommer 
gans  veröde^  und  es  bleibt  oft  nicht  eine  Seele  zur  Bewachung  der  unrer" 
schlossenen  Häuser  zurück.  Erst  im  Winter  steigen  die  Nomaden  mit  ihren 
Herden  von  den  Höhen  herab,  um  die  wärmeren  Kfistenebenen  aufzusuchen. 
Sie  hausen  dabei  gleirhfalls  unter  schwarzen  Zelten  oder  in  Hütten  aus  Baum- 
zweigen; sie  haben  Weib  und  Kinder  bei  sich,  das  Pferd  tragt  Gepäck,  Haus- 
rath und  Zelt.  Mit  Anbrucli  des  Winters  kehren  auch  die  Familienväter  zurück, 
die  als  Whthe  an  den  Heerrtrassen,  als  wandernde  Waifen-  und  Goldschmiede, 
als  Maurer,  Schneider,  Kürschner  und  dergl.  in  weiter  Feme  den  Sommer  an- 
brachten. Die  m.  Steinmetzen  aus  der  Gegend  von  Castoria  sind  sogar  in  der 
ehemaligen  österreichischen  Militärgienzc  als  Strassenbauer  anzutreffen.  Als 
Schlächter  und  1:  l;^:^ieder  findet  man  die  M.  nicht  nur  überall  in  der  Türkei, 
sondern  auch  in  Serbien  und  im  Temeser  Bannte  Xeben  der  Viehzucht  wird 
von  den  M.  der  Ackerbau  nur  unbedeutend  betrieben,  l'm  so  grössere  Betrieb- 
samkeit entwickelt  das  Volkchen  auf  industriellem  und  kommerziellem  Gebiete. 
So  verfertigen  die  Findus-M.  prächtige  mit  Gold  und  Silber  eingelegte  Waffen; 
sie  erzeugen  femer  Bedier  und  Gefilsse  aus  Edelmetall  und  sind  als  Gold- 
schmiede von  Kusdiewo  weit  bekannt:  sie  sind  vorzügliche  Schmiede  und  noch 
viel  tüchtigere  Baumeister,  als  welche  sie  weit  und  bieit  anf  der  Halbinsel  ge- 
sucht sind.  Ausser  Konstantinopel,  Athen  und  Belgrad  sind  sie  die  einzigen 
Architekten  der  Balkanländer,  welche  auch  in  den  genannten  Städten  das  niedere 
Bnuhandwerk  monopoH'^ti^rh  betreiben,  aber  auch  die  schwierigsten  A\?fgabcn, 
die  Erbauung  vielbogiger  Stcmbriicken,  von  Kuppeln  und  Gewölbeanlagen  leicht 
mit  Hülle  ihres  angeborenen  Scharfsinnes  /.u  lösen  wissen.  Nicht  minder  rührig 
zeigen  sich  die  M.  als  KauAcute,  und  zwar  weisen  sie  nicht  nur  unbedeutende 
Krämer  aui;  welche  über  die  ganze  Levante  aerstieut  angetroflen  werden,  sondern 
sie  bilden  die  Elite  des  Kaufmannsstandes  in  Bulgarien,  Makedonien,  Thrakien 
und  Albanien.  Durch  die  angeborene  Wanderlust  und  sein  Anpassungsvermögen 
hat  der  M.  freilich  den  Nachtheil,  dass  mit  der  Zeit  seine  nationalen  Eigen- 
thümlichkeiten  verwischt  werden  und  er  das  Wesen  jenes  Volkes  annimmt,  mit 
welchem  er  hauptsächlich  verkc' rt,  wie  er  denn  auch  in  der  Heimath  sich  leicht 
die  Sprachen  jener  Völker  aneignet,  unter  denen  er  wohnt.     V.  H. 

Makkanka  oder  MakraV-.T,  s  Niamniam,     v.  H. 

Mäklak.    So  viel  wie  KiaumUi  (s.  d.).     v.  H. 

Maknawi.  Bewohner  der  arabischen  Landschaft  MaktM,  kömien  nidit  im 
entferntesten  filr  Nachkommen  der  Midianiter  oder  Nabatäer  gelten;  sie  sind 


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Ma-kolokue  —  Makrele.  »67 

Dschttheini»  nach  deren  Unterstämmen  sie  sich  Fawaidah,  Zubaidah  und  Rhama- 
zani  nennen.  Bei  ihren  Nachbarn  gelten  sie  als  iKhadamin«  d.  h.  Sklaventribus, 
wie  die  verachteten  Huteim  (s.  d,).  Sie  zahlen  den  »Achwäc  (Fieundschafts- 
tribut)  an  die  Imran  Huweitnt  und  die  Maazeh;  die  Tageitat-Hiiweitat  fordern  als 
Kopftaxe  von  ihnen  eine  feine  BinsenuiaLte.  Die  M.,  bis  1866  über  100  Zelte 
Stark,  lagern  jetzt  meistens  bei  Aynunah,  wenige  su  Makna  unter  dem  Sdiutse 
der  Ukbahp  doch  stellt  ihnen  F.  R.  Burton  noch  eine  gttnatige  Zukunft  in  Aus^ 
siebt    V.  H. 

Mapkolokae.  Stamm  der  Betschuanen  (s.  d.).    v.  H. 
Makololo,  s.  Makalolo.    v.  H. 

Makombe.  Afrikanischer  Stamm  im  Sarobesibecken.    v.  H. 
Makookobi«  9.  Matebele.    v,  H. 

MakoUu  Idiom  Sttd-Afrika'Sp  welches  den  Uebergang  von  den  Lunda-  zu  den 
M.'Bunda9prachen  bildet    v.  H. 

IVbknto  oder  Makkarika,  s.  Niamniam.    v.  H. 

Makrele  SS  Scomber,  Akt.,  L.  Gattung  der  Stachelflosserfisch&milie  S^m- 

bridae  (Makrelen):  Körper  meist  verlängert,  nackt  oder  mit  kleinen  Schuppen. 
Rückenflosse  mit  wenig  entwickeltem,  zuweilen  fehlendem  Stacheltheil,  der  weiche 
Theil  der  Rückenflosse  oft  in  falsche  Flossen  (Flösschen)  aufgelöst.  Schwanz- 
flosse meist  gabelförmig.  29  Gattungen  mit  ca.  110  Arten,  alle  im  Meer. 
Gattung  Scomber,  Art.,  Makrele,  Körper  gestreckt,  wenig  zusammengedrückt,  fast 
spindelförmig,  mit  kieinea  überall  gleichen  Schuppen.  5—6  kleine  Flösschen 
hinter  der  zweiten  Rflcken-  und  der  Afterflosse.  Brustflossen  kurz,  z  Hautleisten 
an  den  Seiten  des  Schwanzes,  iz  Arten  in  den  gemässigten  und  in  den  tropi< 
sehen  Heeren.  St.  s^mbir^  L.,  gemeine  Makrele.  Rücken  dunkelstablgrau,  mit 
ca.  30  schwaizblauen  Wellenstreifen*  Seiten  und  Bauch  silberglänzend.  30  bis 
60  Centim.  ca.  200  Pförtneranhänge  am  Magen.  Trotz  ausgezeichneten  Schwimm- 
vermögens hat  die  Art  keine  Schwimmblase,  während  andere  Arten  wie  Sc. 
pueumatophorus,  Del.^vr.,  eine  solche  besitzen.  Die  eigentliche  Heimath  sind  die 
Küstenländer  Spaniens,  Frankreichs  und  F.nglands.  Vom  Mittelmccr  dringt  die 
Makrele  bis  in  s  schwarze  Meer,  von  England  bis  Norwegen  und  selbst  in  die 
Ostsee.  Auch  an  der  Ost'KQste  Noxd-Ameiika's  findet  sie  sich.  In  der  LebenS' 
weise  gleicht  die  Makrele  in  mancher  Beziehung  dem  Häring.  Auch  sie  ist  ein 
Strichfisch»  welcher  in  der  Regel  zweimal  im  Jahre  sich  der  Kttste  nähert,  sonst 
aber  auf  hohem  Meere  seiner  Nahrung  nachgeht.  Im  Frühjahr  (bis  Juni)  kommen 
sie  in  Schaaren  gegen  die  Küste,  um  zu  laichen,  und  zwar  schwimmen  nach 
Sa?^s  die  Eier  frei  an  der  Oberfläche.  Meist  an  der  Oberfläche  des  Wassers  da- 
hineilend glänzen  diese  Fische,  besonders  in  dunkler  Nacht,  weithin  sichtbar. 
Die  Herbstschaaren  ziehen  den  Häringen  nach,  von  diesen  sich  nährend.  Das 
Fleisch  ist  sehr  geschätzt,  verdirbt  aber  leicht.  Die  Römer  bereiteten  aus  dem 
faulen,  mit  Blut  und  Eingeweiden  vermischten  Fleisch  eine  abscheulich  riechende, 
aber  pikante,  theuer  bezahlte  Brtthe,  das  garum.  Der  Fang  der  Makrelen  ge> 
schiebt  mit  Treib-  und  Zugnetzen,  sowie  mit  Angeln  in  grossartiger  Weise.  Im 
Norden  Europa's  werden  sie  meist  frisch  gegessen,  im  Mittelmeer  auch  einge- 
salzen oder  marinirt.  Bei  Nizza  wurden  1852  mit  einem  einzigen  Zuge  3000  Kilo- 
gramm eingebracht.  Die  ersten  Ladungen  erzielen  selir  hohe,  die  späteren  ver- 
hältnissmässig  niedere  Preise,  da  wo  die  Fische  eben  nur  frisch  gegessen  werden. 
Im  Jahre  182 1  wurden  bei  Lowestafle  an  i  Tage  für  5200  Pfd.  St.  gefangen. 


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Mikrelcnhecbt  —  Ms-Imb. 


Andere  europäische  Arten  von  geringerem  Belang  sind  St,  eaiku,  L.,  und  Sc, 
piuuwiaiafhorus,  Delarochb.  Klz. 

Mnkrelenhecht,  s.  Scomberesox.  Kl7. 

Makremi  oder  Makkrami.  Heidnisr^  i  Stamm  Arabiens,  nordwärts  von 
Sana.  Ihr  Scheich  soll  ihrer  Ansicht  nach  die  Pforten  des  Paradieses  nach  Ge- 
fallen üftnen  Vfinnon,  wcsslialb  er  reichlich  beschenkt  wird.      v.  H. 

Makrokephalen.  Unter  diesen  Grossköpfen  verstand  Hippokrates  durch 
künstliche  Deformation  besonders  lang  geuiachie  menschliche  Schädel.  Nach 
PuNius  kommen  solche  »Grossköpfe«  besonders  an  den  Kftsten  des  schwarten 
Meeres  vor.  K.  £.  von  Baer  fand  solche  kttnsUich  verlängerte  Schädel  in  den  Kur- 
ganen  und  Grabstätten  der  Halbinsel  Krimbei  KertscheaPonticapaeon.  Seither  fiutden 
sich  solche  Grossschädcl  auch  in  alten  Grabstätten  l^ngarns,  Süd-Deutschlands  und 
des  Rheinufers.  Zahlreich  finden  sich  solche  Schädel  auch  in  Süd-Amerika,  be- 
sonders in  Peru  und  Mt-xiko.  Nach  Toroufmada  stand  das  Recht  künstlicher 
Kopfbildung  in  Peru  nur  dem  hociisten  Adelsrange  zu.  Vcrgl.  J,  Ranke:  »Der 
Menschf,  i.  Bd.,  pag.  174—176.     C.  M. 

Makrokephalie  (Qrossköpfigkeit).  Dieses  Wort  hat  G.  Jagek  m  seinen 
Schriften  angewendet  zur  Bezeichnung  des,  höher  entwickelte  Organismen  von 
niederen  unterscheidenden  Charakters»  der  darin  besteht^  dass  der  Kopf  dem 
ttbrigen  Körper  gegenüber  relativ  grösser  ist  als  bei  weniger  hoch  entv^elten, 
welche  letzteren  desshalb  alsMikrocepalen  (Ober  die  patiiologische  Bedeutung 
dieses  Wortes  s.  Art  Mikrocephalie)  bezeichnet  werden.  Bei  diesem  Gegen« 
sritr  von  mnkrocephal  und  mikroceplial  inuss  jedoch  zweierlei  auseinanderccl  altcn 
werden,  nämlich  ob  die  Grossköpfigkeit  von  einer  höheren  Masseneni  vicklung 
des  Gehirns  und  seiner  Kapsel  oder  von  einer  grösseren  Ent'^ u  klimg  des  Ge- 
sichtsschädels herrührt.  Ist  ersteres  der  Fall,  so  ist  dies  ein  Kennzeichen  und 
Charakter  für  höhere  Entwicklung  auf  geistigem  und  nervösem  Grebiet  und 
G.  Jäger  hat  für  diesen  Fall  die  Bezeichnung  »MakrencephaUesgrosshtmig 
(enkiphahst  das  Gehirn)  gebraucht.  Die  fortschreitende  Entwicklung  von  der 
Mikrencei)halie  zur  Makrencephalie  zeigt  sich  am  deutlichsten  in  der  auistdgen- 
den  Reihe  der  Säugethiercntwicklung.  Den  zweiten  Fall,  bei  dem  der  Ge- 
sichtsschädel eine  relativ  grosse  Entwicklung  erlangt  hat,  nennt  G.  Jäger  Mak r  o- 
prosopie,  und  ftlr  sie  gelten  folgende  Regeln;  a)  grossgesichtig  ist  das  er- 
wachsene Thier  gegenüber  dem  junpcn;  bl  grosse  Thierarten  gegenüber  kleinen 
Thieiarten  der  glciclien  Gailung  und  beim  Menscnen  Riesen  gegenüber  von 
Zwergen;  c)  tritt  die  Makroprosopie  als  Gebrauchswirkung  auf,  d.  h.:  Gesdiöpfe, 
welche  mit  ihrem  Gesichtsschädel  relativ  grössere  mechanische  Arbeit  zu  ver- 
richten haben,  s.  B.  durch  Kauen,  Wühlen,  Kämpfen  etc.,  haben  einen  relativ 
grösseren  Gesichtsschädel  als  solche,  die  mit  diesem  Körpertheil  geringere  mecha- 
nische  Arbeiten  zu  lösen  haben.  Dieser  auf  den  Gebrauch  zurückzuführende 
Unterschied  tritt  nicht  bloss  bei  verschiedenen  Thierarten  auf,  sondern  kann  sich 
auch  innerhalb  einer  Species  entwi  keln.  Z.  B,  haben  alle  Hausschweine,  welche 
Stallfütterung  mit  weichen  und  flüssigen  Stoffen  pcnicssen  und  nicht  wühlen 
können,  einen  relativ  kleineren  Geäicbtsschädei  als  die  zahmen  Waideschweine 
und  vollends  als  das  Wildschwein.  Derselbe  Gegensata  kommt  auch  beim 
Menschen  vor.  Starke  Esser  haben  en^n  relativ  stärkeren  Gesichtsschädel  und 
ebenso  Leute,  die  namentlich  im  wachsenden  Alter  von  harter  Nahrung  sich  zu 
ernähren  hatten*  J. 

Mopkoa«    Zahbeiches  Bantuvolk,  nördlich  vmi  den  Kafiero  an  der  Küste 


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Ma-kaa. 


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von  Mosambik,  welches  sich  vergifteter  Pfeile  bedient,  die  Zähne  spitz  feilt  und 
der  Anthroi)ophagie  beschuldigt  wird.  Körperlich  eine  der  wohlgebildetsten  afri- 
kaniichen  Rassen,  ausgezeichnet  durch  besondere  Vorliebe  für  Taltowirung. 
Die  M.  zerfallen  in  vier  grosse  Abtheilungeo:  die  unteren  M.,  die  Lomwe  oder 
oberen  M.;  die  Mana  und  die  Medo.  Von  den  beiden  letzteren  ist  noch  nicbts 
Genaueres  bekannt  doeh  mögen  sie  sich  in  keinem  wesentlichen  Punkte  von 
den  beiden  ersteren  unterscheiden,  höchstens  nur  durch  einige  dialektische  Ab- 
weichungen, sowie  durch  andere  Stammesmarken  und  Charakteristiken.  Letztere 
sind  bei  den  unteren  M.  und  den  Lomwe  unter  den  verschiedenen  Untcrab- 
theÜungen  sehr  wechselnd;  die  Abzeichen  der  Weiber  sind  leichter  gehalten  und 
weniger  zahlreich  als  jene  der  Mätiner.  Je  weiter  nach  Westen,  desto  spärlicher 
und  leichter  auch  die  ruLtowirungcn,  ja  bei  den  Lomwe  fehlen  sie  untunter  ganz. 
Der  M.-Stutzer  sammelt  und  bindet  sein  Haar  mit  feinen  Bändern  aus  Mlamba- 
wurzein  sauber  in  6  Ikfillim.  starke  Strähne,  welche  steif  wie  kurze  Ruthen  vom 
Kopfe  abstehen  und  nur  an  der  Wurzel  beweglich  sind.  Auf  die  Enden  der- 
sdben  werden  dann  Bündel  grosser  rotl^er  Perlen  gesteckt.  Die  'V'orderzähne 
werden  gewöhnlich  spitz  gefeilt;  die  Weiber  tragen  in  der  Oberlippe  eine 
Art  >Pelele,«  eine  Scheibe  oder  einen  Cylinder,  der  mitunter  bis  an  die  Nase 
reicht.  Die  sehr  beschränkte  Tracht  ist  überall  die  gleiche.  Wo  Zcu?:  zu  haben, 
tragen  die  Männer  einen  bandartigen  Streifen  um  die  Hüfte,  an  wclcitem  hinten 
und  vorne  Lappen  von  25 — 30  Centim.  hängen;  die  am  vollständigsten  be- 
kleideten Wdber  winden  sich  ein  Stttck  um  den  Leib,  das  bis  zu  den  Knieen 
reicht.  Wetter  im  Westen  treten  Thierfelle  an  die  Stelle  des  Zeuges.  Messing- 
ringe um  Arme  und  Beine  ^nd  der  unterscheidende  Sdimuck  eines  Häuptlings 
und  seiner  Frauen.  Weiber  aus  dem  Volke  tragen  oft  einen  Perlcnkranz  um 
die  Stirn,  jUngere  einen  Perlenwulst,  roth  und  schwarz,  um  den  Hals.  Zum 
Grussc  biegt  sich  der  M.  nach  vorn,  streckt  beide  Arme  in  einem  spit/cn  Winkel 
vom  Körper  ans  und  schlägt  zweimal  oder  öfter,  je  nach  der  zu  erweisenden 
Ehrerbietung  die  Hände  zusammen.  Der  Häuptling  lebt  allein  unter  seinen 
Weibern;  seine  »Baraza«  für  officielle  Audienzen  liegt  stets  ausserhalb  der  Um- 
friedigung seiner  Wohnung.  Die  Weiber  kochen,  brauen  aus  Mais  den  »Pombec 
und  warten  ihm  beständig  auf.  Besucht  er  einen  Fremden,  so  begleiten  ihn  oft 
einige  derselben,  mitunter  sogar  als  Schwertträgerinnen.  Der  Weiber  hat  er  bis 
zu  100— soo,  und  um  einen  Begriff  von  der  Wichtigkeit  eines  Häuptlings  zu 
geben,  sagt  man:  er  weiss  nicht,  in  welcher  Hütte  er  schläft.  Die  WeiberbQtten 
sind  in  Vierecke  gcthcilt,  in  deren  jedem  30 — 40  Frauen  wohnen,  4 — 5  in  icdcr 
Hütte;  in  periodischen  Zwischenräumen  begiebt  sich  der  (itl.icicr  von  der  einen 
zu  der  andern,  was  durch  ein  grosses  Schlagen  der  Trommeln  gefeiert  wird. 
Der  M.  ist  ein  leidenschaftlicher  Freund  vom  öffentlichen  Sprechen;  sonderbar 
ist,  dass  den  Redner  stets  ein  Zweiter  begleitet^  welcher  zu  gleicher  Zeit  sich 
erhebt^  znvördest  in  hohem  Falsett  um  Aufmerksamkeit  bittet  und  bei  jeder 
Pause  des  Sprechers,  unter  Variationen  damit  fortfährt  Die  Tänze  der  M.  sind 
weder  graziös  noch  in  ihrem  Charakter  zart;  manche  Bewegungen  sind  absieht* 
lieh  verftthrerisch.  Der  M.  scheint  einen  schattenhaften  Glauben  an  eine  all- 
mächtige r.ottheit,  »Mlugu«  zu  haben,  erweist  aber  weder  ihr  noch  ilirem  Ab- 
bilde irgend  welche  Anbetung  Dngetren  glaubt  er  an  böse  Geisler,  die  unter 
den  Lebenden  herumstreichen  und  denen  er  alles  Böse,  auch  den  Tod  zuschreibt. 
Sein  Helfer  in  der  Noth  ist  der  Zaubeidoctor.  Von  einer  unsterblichen  Seele 
im  menscblichen  Körper  weiss  aber  der  M.  nichts;  den  Tod  hält  er  filr  ehien 


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Makuii  —  Mnlaca*. 


ewigen  Schlaf.  Die  Häuptlinge  werden  in  sitzender,  die  andwo  m  fiegente 
Stellung  bestattet.  E$  giebt  eine  Menge  kleiner  Despoten,  deren  Wort  in  ihrem 
Machtbereiche  als  Gesetz  gilt.  Den  mächtigsten  stehen  einige  Unterhäupttii^, 
zur  Seite,  welche  geringere  Zwistigkeiien  schlichten,  doch  können  die  Partien 
stets  an  den  Oberhäuptling  berufen.  Absichtliche  Crausamkeit  kommt  nicht  vor; 
um  Schuld  oder  Unschuld  des  Angeklagten  festzustellen,  wird  in  zweifelhnften 
Fallen  der  giftige  Absud  einer  H.iuiiirinde  zu  trinken  gegel)en,  und  zwar,  wenn 
es  sich  um  keine  Person  handelt,  einem  Hunde.  Beschneidung  wird  oft,  aber 
nicht  regelmässig  geübt  und  scheint  im  Belieben  des  Ein^elnen  zu  stehen,    v.  H. 

Makos.  Indianerstamm  SQd-Amerika's  am  Japura.  Die  M.  schweifen  nnab* 
lässig  umher,  plttndem,  wo  sie  können,  sind  immer  in  Hunger  und  Dürftigkeit, 
klettern  katzengteich  auf  die  höchsten  Bäume,  um  die  Eier  aus  den  Vogelnestern 
zu  holen  oder  die  Jungen  zu  verzehren;  der  Nachen  ist  ihre  Lieblingswohnung 
und  bei  Nacht  bestehlen  sie  gerne  die  Pflanzungen  der  andern  Indianer.  Sie 
essen  vorzugsweise  reite  Wurzeln  ttnd  grfJnc  liaurnfrttchte.      v.  H. 

Makuschi  oder  Maciisi,  die  zalilreichsle  und  am  weitesten  verbreitete  In- 
dianervölkerschaft im  oberen  Ciebieto  des  Rio  Branco  in  Süd-Amerika,  haben 
ihr  Revier  grüsstentheils  in  dem  /wischen  Brasilien  und  Britisch  Guyana  gelegenen 
Savannenlande,  zwischen  dem  Tokutu  und  dem  Essequibo.  Sie  gehören  zu  den 
schönsten  Indianern  Guyanas  und  sind  ausgezeichnet  durch  tiiedfertige,  milde 
GemQthsart,  Betriebsamkeit,  Reinlidikett  und  Ordnungsliebe  und  eine  an  Vokalen 
reiche  wohlklingende  Sprache,  die  sich  jener  der  Guck  (s.  d.)  nähert.  Sie  Inlden 
obgleich  nur  zu  Banden  von  wenigen  l  amilien  vereinigt,  doch  mehrere,  grössere 
Gemeinihchaften  und  sind  in  ihrer  Lebensweise  Halbnomaden,  indem  sie  zwar 
Ackerbau  treilicn  und  Mandioka,  Yams,  Bananen,  sowie  den  l^rucustrauch  an- 
bauen zur  Gewinnung  der  rothen  Farbe,  womit  sie  sich  den  Köri)er  zum  Schutze 
gegen  die  Moskiten  beschmieren,  aber  sobald  das  Revier  an  Wild  und  Fischen 
ärmer  erscheint,  ihre  leicht  zu  errichtenden  HQtten  aufheben  und  sich  an  eimma 
anderen,  oft  weit  entfernten  Orte  niederlassen.  Die  M.  sind  berUhmt  wegen  des 
von  ihnen  aus  Strychnosarten  bereiteten  Urari-Pfeilgittes,  welches  einen  gesuchten 
Handelsartikel  abgiebt.  Die  M.  haben  eine  lichtere  Hautfarbe  als  die  Kafiem« 
Stämme.  Von  Figur  schlank  und  cbenmässig,  haben  ihre  Züge  viel  Angenehmes 
und  sogar  Schönes,  wozu  die  edle  Bildung  der  Nase  von  meist  römischer  Form 
viel  beiträgt.     v.  H. 

Mal,  s.  Paharia.     v.  H. 

Malabaren  oder  Malayala.  Dravidavolk  der  Malabarküste  in  \  ordcnndicn 
an  der  Westsdte  der  Ghats  von  Mangalor  bis  gegen  Trivandram;  sie  sprechen 
eine  der  Tuluva  nahe  stehende  Sprache,  die  aber  mit  der  tamuliscben  die  meiste 
Verwandtschaft  hat.  Die  M.,  etwa  4  Iffiffionei  stark,  bekennen  sich  zum  Bmh- 

nrtaismus,  besitzen  aber  doch  manches  Kigcnthttmliche  in  ihren  gesellscbafUichen 
und  kirchlichen  Verhältnissen.  Die  Brahmanen  sind  im  allgemeinen  sehr  ange* 
sehen,  das  meiste  Ansehen  unter  denselben  gcniescn  jedoch  die  Namburi,  welche 
für  die  ursprünglichen  Figenthiimer  des  Bodens  gellen,  in  dem  »TamburkaU  ein 
erbliches  Oberhaupt  besitzen  und  ihre  übrigens  nicht  sehr  zahlreiche  Kaste  stets 
rein  zu  erhalten  suchen.  Eine  andere  zahlreichere  Brahmanenkaste  sind  die 
Pultar.  Den  mitchtigsten  Theil  der  Bevölkerung  biUen  die  Nair  (s.  d.).    v.  H. 

Malabasi  Unklasnfizirter  Xndianerstamm  Neugianada's,  in  Esmeralda.   v.  H. 

Malacas.  Nach  Capbllo  und  Ivsns,  Neger  des  südöstlichen  Ctntral- 
afrika.    v.  H. 


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Maltehim  —  Malaoodennat«. 


«71 


Malachius,  Fap.  (gr.  weich),  Warzenkäfer,  eine  zu  den  Tchphoridae  Ma- 
gehörende  Gattung  kleiner  grüner  und  meist  loth  gezeichneier  Weich- 
käferchen,  die  an  der  Klauenwurzel  mit  Hautläppchen  versehen  sind  und  aus 
den  Körperseiten  rothe  Bläschen  hervortreiben  können.  Sie  leben  auf  blähenden 
Pflanzen,  und  von  den  über  hundert  Arten,  unter  denen  33  europäisch  dnd,  ver« 
aehrt  eine»  der  M<  aeneus,  Fab.,  die  Larven  des  Rapsglanzkäfersy  JiiiUgetkes  ae- 
mus.     E.  Tg. 

Malaoobdellidae  (griech.^ weiche  Blutegel).  Bisher  zu  den  Blutegeln,  Dh' 
cophpra ,  gerechnet.  Rüssel  ol-ne  Stachelnpparat;  Körjiermuskulatur  niis  zwei 
Schichten  bestehend,  einer  äusseren  Ring-  und  einer  inneren  Längs-Muskcllage. 
Darmkanal  einfach.  Zwei  seitliche  Nervenstämme  im  Kürj)er})arenchym  verlaufend, 
hinten  durch  eine  Analkommissur  über  dem  Anus  vereinigt.  Am  hinteren  Kürper- 
ende ein  breiter  Saugnapf.  —  Halbparasiten,  in  der  Mantelböhle  verschiedener 
Seemuscheln  lebend.  Neuerdings  besonders  von  Van  Benbdsn,  Semper  und 
V.  Kemnbl  untersuche.  Semper  erklärt  sie  für  Nemerttden.  Kbnnel  untersuchte 
1877  im  Kieler  Hafen  die  in  der  Muschel  Cyprina  Isiatußca  lebende  Msda^- 
dtüa  grossa,  O.  F.  Müller.  Der  Wurm  fand  sich  in  70^  jener  Zweischaler.  Die 
Eier  werden  innerhalb  der  Muschel  abgelegt;  die  mit  zwei  Aiip;enflecken  versehenen 
Larven  leben  frei  und  wandern  in  die  Muschel  ein,  deren  jede  nur  einen  solchen 
Schmarotzer  zwischen  Mantel  und  Kiemenblalt  beherberj^t  und  zwar  nur  als 
Kommensalen,  der  mitisst,  was  zufallig  der  Wasserslrom  hereinbringt,  Infusorien, 
Diatomeen,  einzellige  Algen  u.  dergl.  Mit  der  Saugscheibe  hält  sich  der  Wurm 
in  der  Muschel  fest;  sein  Mund  ist  eine  querstehende  Spalte  am  Vorderende. 
Zwei  Gehimganglien  scheinen  als  weisse  Fleckchen  durch.  Der  Rassel  lässt  sich 
bis  zum  letzten  Dritttbeil  des  Körpers  verfolgen.  Blamchard  hielt  ihn  fUr  ein 
RUckengefass.  Die  Männchen  erkennt  man  an  den  Testes,  undurchsichtigen 
Punkten  zu  beiden  Seiten  des  Darmes.  —  Diese  werden  bis  Millim.  lang  und 
8  Millim.  breit.  Die  Weibchen  eben  so  lang,  bis  13  millim.  breit,  sind  schwach 
orangefarben,  wo  die  Männchen  weiss.  Die  üvarialsäcke  rechts  und  links  vom 
Darm  sind  graugrün  und  drängen,  wenn  voll  entwickelt,  den  Darm  beiseite.  In 
der  Nordsee  werden  aber  diese  Parasiten  noch  grösser  als  in  Kiel;  daher  beschrieb 
O.  F.  MÖLLER  dieselben  aus  Cyprina  Iskmdko  unter  dem  obigen  Namen:  Hiruth 
grosso,  BLAnmLLB  fluid  dieselbe  Art  (nach  Kbmmel)  in  der  gemeinen  Mya  inm- 
fotm,  erklärte  sie  aber,  sowie  Blanchard  fUr  verschieden.  Hoffmann  fand  sie  in 
JPholas,  Hesse  in  QtrJaim  asuieaätm,  Vbrril  in  Amerika  beschreibt  noch  zwei 
neue  Arten  nns  AfvfT  ar^nnrif!  und  Venus  mercenaria.  Wn. 

Malacodermata,  Kuw.  1851  (gr,  weich  und  Haut).  Weichkäfer,  eine  i)en- 
tamere  Käferfamilie,  die  sich  durch  die  Weichheit  des  Korpers,  namentlich  auch 
der  Flügeidecken  auszeichnet  Die  10 — 11  gliedrigen  Fühler  sind  faden-  oder 
borstenförmig,  gesägt  oder  gekämmt,  die  Kiefertaster  4-.,  die  Lippentaster  3gliedrig 
der  Unterkiefer  aus  s  gewimperten  Laden  gebildet,  die  vorderen  Httften  treten 
walaenförmig  hervor,  die  hintersten  erweitem  sich  nach  der  Schenketwurzel  hin, 
welche  letsteren  dem  Seitenrande  der  Schenkelringe  eingelenkt  sindp  die  Schienen 
sind  mdit  ohne  Enddomen  und  alle  Füsse  aus  5  Gliedern  zusammengesetzt,  der 
Bauch  aus  6 — 7  beweglichen  Ringen.  Die  Familie  zerföllt  in  5  grosse  Unter- 
familien: Lycidae,  bei  denen  die  Fühler  auf  der  Stirn  oder  an  der  Wur/el  der 
schnabelartig  verlängerten  Mundtheile  eingefügt  sind  und  die  Mittelhüftcn  weit 
von  einander  abstehen,  die  Lampyriäcu^  wo  bei  gleicher  Fühleranheftung,  aber 
grosser  Nähe  unter  sich,  die  Mittelhaften  einander  selir  nahe  gerttckt  sind;  bei 


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Malacodermata  —  Malaicnbär. 


den  TeUphoridae  stehen  die  Fühler  weit  auseinander;  bei  den  beiden  (Ibrigeo 
sind  die  Fühler  seiilicb,  den  Augen  entgegen  eingelenkt,  bei  den  Drilidae  ist 
dns  Ko[»rächi!d  mit  dem  Gesicht  verschmolzen,  bei  den  Aüiyridae  deutlich  ab« 

gesetzt.     E.  Tg.  ^ 
Malacodermata  =  Aciiniaria  (s.  d  >.     Kf  z. 

Malacolepidota,  Weinland  (grieclt.  =  luit  weicher  Schale).  Unter  diesem 
Namen  fasst  W.  alle  Taenien  zusammen,  welche  weiche  Eischalen  haben.  Die- 
selben gehören  vorsugsweise  den  Insekten  fressenden  Vdgeln  und  Säugethieren 
an.   Die  StUrolipidota  dagegen,  d.  h.  Taenien,  mit  harten  Eischalen,  kommen 

hauptsächlich  in  Menschen  und  in  den  Fleischfressern  vor.  OtTenbar  hängt  der 
verschiedene  Bau  der  Schalen  aufs  Engste  mit  der  Kntwickelung  der  betretenden 
Bandwurmarten  zusammen,  denn  die  F^iscbalen  müssen  in  dem  Magen  der 
Zwischenwirthe  aufgelöst  werden,  damit  der  Embryo  ausschlüpfen  kann.  Wd. 

Malaconotus,  Sws.  (gr.  malakos  weich,  notos  Rücken),  Buschwürger,  Gattm.g 
der  Vogelfamilie  Laniidae  und  typische  Form  der  Unterfamilie  Malatonotina^, 
welche  sich  von  den  eigentlichen  Wui^em  durch  rundere  Flügel  unterscheiden 
(s.  Laniidae).  Bezeichnend  sind  für  diese  Gattung  die  sehr  kurzen  Fifigel,  welche 
angelegt  wenig  die  Schwanzbasis  ttberragen,  und  die  dichte,  wollige  Bflnelbe- 
befiederung.  Der  Schwanz  ist  so  lang  als  die  Flügel  oder  länger,  schwach  ge- 
rundet bis  stufig.  Nach  der  Färbung,  der  Schnabel-  und  Schwanzform  werden 
mehrere  Untergattungen  unterschieden.  Die  typischen  Biischwürger  zeichnen  sich 
durch  vorherrsc  heiul  grünliche,  gelbliche  oder  rothe  Befiederung  aus.  Die  Arten 
der  Untergattung  Dryosiopus,  BtuE,  hal)en  scliwarzes  oder  sclnwirz  und  weisses 
Gefieder.  Die  Form  Poiiuitorhyiuhus,  Büik,  hat  stufigen  Schwanz,  schlankeren 
Schnabel,  bräunliches  Gefieder  mit  rothbraunen  Flügeln  und  meistens  schwarzer 
Kopfplatte.  Nkator,  Hartl.,  ist  kenntlich  an  dem  gestreckten  Schnabel  und  der 
gelben  Fleckenzeichnung  auf  den  Flügeln,  Vangf»  Vmix.,  an  dem  Ulngeren  und 
stärkeren,  dabei  geraden  Schnabel,  Neolestes,  Cab.,  i  n  geringerer  Köipergr6sse  und 
verhältnissmässig  schwachem  Schnabel.  Wir  kennen  etwa  60  Arten  in  Afrika  und 
Madagaskar.  Erwähnt  sei:  M.  olivaccus,  Vieili .,  und  M.  ( PomatorhyiuMm)  trf' 
ihropterus,  Shaw.,  der  i  schagra,  beide  afrikaniscli.  Rchw: 

Malacopterygii,  s.  Malacopteri  Weichtlosser,  nach  Aktedi  undCi  vitK  eine 
grosse  Ordnung  der  Knochcnft^che  mit  nur  gegliederten,  ästig  getheilten  und 
biegsamen  Flossenstrahlen  (s.  Flossen).  Joh.  Müller  bat  diese  Gruppe  geschieden 
in  die  Anaomthini  und  Physostomi  (s.  Geschichte  der  Fische).  Klz. 

Mdlacosporae,  Gray.  Die  eine  Hauptabdieilung  der  Kteselschwimme,  mit 
Eiern,  die  in  einem  weichen  nicht  durch  Kiesehiadeln  bewehrten  »Ovisac«  ent- 
halten sind,  oder  durch  Gemmulae,  welche  in  der  Schwammsubstanz  zerstreut 
sind.  Den  Gegensatz  dazu  l»ildendie  Chlamydosporae  mit  bewehrtem  »Ovisacc.  Pr. 

Malacostraca,  I,atri:[i,i.k  (gr.  malakos  weich,  ostracon  Schale),  ein  noch 
heute  vielfach  gebrauchter  Name,  der  die  höheren  Krebse  umfasste;  ursprünglich 
nur  die  Decapoden,  Schizopoden,  Siumatopoden,  Amphipoden  und  Uaemodipodcn, 
dajin  aber  mit  fortschreitender  Erkenntniss  der  verwandtschafihchen  \  criiaUnisse 
allmilhlich  ausgedehnt  Uber  die  gesammten  Schalenkrebse  (s.  Thoiacostraca)  imd 
Ringelkrebse  (s.  Arthro:traca).  Ks. 

Malacotfarix,  Wagn.  (Otot^St  Smith),  mit  den  Arten  M,  Meaudafa,  Wagn., 
und  M»  iypkus,  Sutth,  südafrikanische  Nagethierformen  der  Farn.  Murina.  Gerv. 
Bairi  .  T-ichst  verwandt  den  Arten  von  Merhnn,  Ilug.  (s.  a.  d.)     v.  Ms. 

Malaienbär  s.  Ursus.     v.  Ms. 


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«73 


Malagassi,  s.  Malgaschen.     v.  H. 
Malakozoa,  s.  Mollusken.     E.  v.  M. 

Malaneg.  Tagalcnstamm  der  Philippinen  mit  besonderer  Sprache  nur  in 
der  l'rovini  Cagayan  auf  der  Insel  Luzon.     v.  H. 

Maianfca.  Einer  der  Stämtne  der  Maba  (s.  d.)    v.  H. 

Malapteniras,  hACtttütt,  Zitterwels  (gr.  maiacas?  weich»  f/tron,  Flosse,  «ro, 
Schwanz),  Gattung  der  Welsfische  (s.  Siluriden),  die  einzige,  bei  welcher  sich 
Vorhandensein  einer  Fettflosse  mit  Fehlen  der  eigentlichen  Rückenflosse  ver- 
bindet; durch  Verwachsen  der  Kiemenhaut  mit  dem  Isthmus  ist  die  Kiemen- 
spalte auf  einen  kurzen  Schlitz  rcducirt.  Afterflosse  kurz;  Schwanzflosse  abge- 
rundet; BauchHossen  sechsstrahlig;  Brustflossen  ohne  Stachel;  6  Barteln;  keine 
Panzerung.  Ein  electrischcs  Organ  durchzieht  unter  der  Haut  den  ganzen 
Körper.  Die  SdUäge,  die  der  Fisch  damit  nach  Willkür  austheilen  kann,  sind 
idcht  besonders  kräftig,  sie  können  wohl  nur  kleine  Thiere  geiährden.  —  Es  sind 
drei  Arten  der  Gattung  aus  afrikanischen  Flüssen  bekannt  Ks. 

llalamuit»  s.  Peristedion»  Ku. 

Malaysia*  s.  Malabaren.     v.  H. 

Malayen.  Name  der  lichtgef^rbten,  schlichthaarigen  Bevölkerung  der  Inseln 
des  ostindisrhen  Archipels  und  der  SUdsee  von  Sumatra  mit  den  umliegenden 
kleinen  Eilanden  im  Westen  bis  zur  Ostcrinse!  im  Osten  und  von  Forniosa  und 
den  Sandu ichsinseln  im  Norden  bis  Neu-Sccland  im  Süden.  Auch  die  Bewohner 
der  Halbinsel  Malakka  sowie  die  herrschende  Bevölkerung  von  Madagaskar,  die 
Howa,  «nd  M.  Nirgends  haben  aber  Sprache  und  Sitten  in  ungetrübterer 
Reinheit  sich  erhallen  als  auf  Malakka,  wo  die  M.  mehrere  selbständige  Staaten  ge- 
gründet und  durch  indisdie  und  muhammedanische  Einflttsse  eine  eigenthUmliche 
Kultur  und  IJteratur  erzeugt  haben.  Zu  den  M.  sind  auch  jene  Stämme  zu 
rechnen,  welche  in  den  inneren  Theilen  der  Halbinsel  wohnen  und  Orarg  Benua 
(s.  d.)  d.  h.  5>Mcnscben  des  Eandes«  genannt  werden.  Der  Typus  der  Fest- 
lands-M.  ist  nach  Frikdru  fi  Mi  li.ku:  Körpergrosäc  autVallcnd  klein,  1,37—1,52  m., 
die  Männer  irnmer  etwas  grösser  und  schlanker  als  die  Frauen.  Schädel  gleich 
lang  und  breit,  Hinterhaupt  kurz  und  im  Viereck  verflacht,  Gesicht  rautenartig 
und  in  gewissem  Sinne  flach,  Backenknochen  hoch  und  hervorragend,  Unter- 
kiefer breit  und  gleichfalls  hervorragend,  Nase  kunt  und  (nach  Bickmore  nicht) 
platt»  Nasenflttgd  sehr  breit,  Naseotöcher  gross.  Die  Augenlider  sind  nicht  so 
weit  gespalten  wie  bei  der  mittelländischen,  aber  auch  nicht  so  eng  geschlitzt 
wie  bei  der  mongolischen  Racc.  Das  Auge  ist  schwarz  und  von  mattem  Glanz; 
Mund  gross  und  breit,  mit  dicken,  aber  nicht  wulstigen  Lippen.  Haut  glatt, 
kupferbräunlich,  mit  einem  Stich  ins  Gelbliche,  etwa  wie  schwach  gerosteter 
Kaßee.  Bart  fehlt  fast  ganz,  Hei^aarung  der  bedeckten  Korpertlieilc  schwach 
entwickelt.  Haare  schlicht  und  grob,  schwarz  m\t  cinom  Stich  ins  Bräunhche, 
Schenkel  und  Waden  schwach  und  mager.  Bei  den  Frauen  sind  die  Brilste  klein, 
q>its  und  kugelig,  der  Busen  wenig  entwickelt,,  oft  ganz  glatt.  Der  Grundzug 
des  malayischen  Charakteis  ist  Verschlossenheit  und  Härte,  die  sich  äusserlich 
durch  ein  schweigsames,  berechnetes  Benehmen,  ein  gemessenes  Betragen  und 
einen  tiefen  Ernst  oflenbaren.  Der  M.  ist  äusserst  leicht  verletzlich  in  Bezug 
auf  Anstandsrücksichten  und  liebt  es  nicht,  dass  man  ihm  zu  nahe  trete,  aber 
er  beobachtet  auch  ängstlich  die  Schranken,  welche  die  Idee  der  freien  Indivi- 
dualität und  des  Standes  ihm  diktirt,  wie  denn  durch  Höflichkeit  und  rücksichts- 
volles Benehmen  der  M.  selbst  einen  gut  erzogenen  Europäer  zu  beschämen  ver- 

Zool.,  Anthropol.  u.  Ethnologie.   Bd.  V.  lg 


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«74 


Halftycn. 


möchte.  Daher  seine  ceremomelleo  Gewohnheiten,  und  in  weiterer  Folge  edae 
Wildheit,  Unhändigiceit,  sein  unmenschlicher  Blutdarst,  der  uch  unC«r  andern  in 
der  Sitte  des  > Amok-Rennens«  kundgiebt    Der  Beweggrund  zu  diesem  Akt  des 
Wahnsinns  liegt  fast  stets  in  der  Schmach,  welche  die  Familie  eines  Mannes  be- 
troffen hat.    Er  ergreift  dann  seinen  »Kris«,  stürzt  in  die  Strassen  hinaus  und 
ersticht  jeden,  dem  er  begegnet,  bis  er  selbst  erschlagen  ist.    ?^Meng  amoki  be- 
deutet; wuthend  angreifen.    Auch  die  blutgierigen  Kopfjäger  auf  Sumatra  und 
Borneo  sind  M.    Durchwegs  ein  guter,   unerschrockener  Seemann,  vertraut  sich 
der  M.  unbedenklich  den  schwankendsten  Booten  an,  um  darin  weite  Reisen  za 
unternehmen.  Mit  Recht  hat  man  die  M.  die  Normannen  Asiens  genannt;  gerne 
eigreifen  diese  Kosmopoliten  Sttd>Astens  jede  Gelegenheit;  fremde  LSnder  und  Völ- 
ker zu  sehen.   Dies  gilt  wenigstens  von  den  See-M.,  dem  jüngeren  Zweig  des 
Volkes,  welcher  aber  dadurch,  dass  er  an  die  See  niederstieg  und  ein  Seeraub, 
Seehandel  und  Schiffahrt  treibendes,  kdhnes  Volk  wurde,  ein  solches  Uebergewicht 
über  deji  alleren  linidcrstamm  der  Berg-M.  erlangle,  dass  er  denselben  auf  Ma- 
lakka, Sumatra,  Celebes,  Java  überall  verdrängte,  wo  nicht  vernichtete,  mit  Aus- 
nahme der  Dayak  (s.d.)  auf  Borneo.    Fast  ihr  ganzes  Leben  bringen  diese  See- 
M.  auf  dem  Wasser  zu,  oft  in  jämmeriich  kleinen  Kühnen,  in  denen  sie  sich 
kaum  zur  Ruhe  ausstrecken  können,  und  doch  findet  man  in  diesen  »Sampan« 
oft  Mann,  Frau  und  ein  paar  Kinder,  deren  Erhaltung  lediglich  von  dem  gMck- 
liehen  Erfolg  ihrer  Fischerei  ahhfti^   Sie  haben  ganz  die  Sorglosigkeit  ittr  die 
Zukunft,  wie  sie  dem  rohen,  unkultivierten  Leben  eigen  ist;  sie  sind  durchaus 
wilde  Fischer,  denen  alle  Milde,  Freudigkeit  und  Behaglichkeit  des  Lebens  fremd 
ist.   In  der  Lenkung  der  Boote  sind  die  Weiber  eben  so  geschickt  als  die  Männer 
und,  wo  CS  eine  kühne  Unternehmung  gilt,  nicht  die  letzten.  Der  M.  besitzt  grosse 
Beobachtungägabc,  ist  fremden  Ideen  in  der  Regel  leicht  zugänglich  und  nimmt 
rasch  fremde  Sitten  und  Gewohnheiten  an.    Wenig  entwickelt  sind  dabei  jene 
Gefühle  und  Tugenden,  welche  auf  das  Familienleben  sich  beziehen.  Seinen 
Kindern  zeigt  der  M.  zwar  nur  Gttte  und  Sanftmuth,  aber  die  Famtlienbande 
sind  ziemlich  locker.  Prostitution,  als  Folge  des  stark  ausgeprägten  WoUusttriebes, 
ist  häufig  und  oft  sogar  von  den  Eltern  des  Gewinnes  halber  befördert.  Hoff- 
nung auf  Gewinn  ist  eine  Hauptleidenschaft  des  M.,  welcher  zu  Liebe  er  die 
grösstcn  Verbrecl-icn,  Mord,  Diebstahl,  Lüge  u.  dergl.  begeht.    Hoffnung  auf  Beute 
verleitet  ilin  zum  Kriege,  und  Seeräuberei  gilt  ihm  als  ein  ehrenvolles,  ritterliches 
Handwerk.    Andererseits  bemerkt  A.  R.  Wai.i.ai^  k,  dass  der  M.  bei  seiner  phleg- 
matischen und  verschlossenen  Sinnesart  selten  Uber  (ieldeswerth  einen  Streit  er- 
hebe, weit  eher  vermeide  er  es,  seinen  Sdinldner  an  Bezahlung  zu  mahnen,  ja 
lieber  verzichte  er  auf  gerechte  Forderungen,  als  dass  er  Händel  deswegen  be- 
ginne. Als  Krieger  ist  der  M.  tapfer  und  tritt  mit  ktthner  Todesverachtung  dem 
Feinde  entgegen,  scheut  sich  andererseits  auch  ni^ht,  seine  Waffen  zu  vergiften 
und  spitze  Bambupfähle  im  hohen  Grase  in  die  Krde  einzurammen.    Sic  sind 
stets  bewaffnet,    fortwährend  im  Krieg  unter  sich  oder  damit  beschäftigt,  ihre 
Nachh.irn  zu  plündern.  Weder  die  Freuden,  noch  liie  l'ebel  des  Lebens  emiifin- 
dcn  sie  mit  dem  ruhigen  Sinn  und  der  Mässi^unp  anderer  Menschen.  Nachlässig, 
träge  und  sorglos,  in  den  Augenblicken  der  Ruiie  fast  thierisch  dahinbrütend,  ist 
der  M.  dabei  grausam,  rachsüchtig,  knechtisch  gegen  Obere,  hart  gegen  Niedere, 
aber  von  tief  religiösem  Gefühl  durchdrungen  und  mit  bedeutenden  geistigen 
Anlagen  ausgesuttet.   Bei  der  weiten  Verbreitung  der  Rasse,  der  Menge  ihrer 
Stamme,  die  in  Sprache,  Lebensweise  und  anderen  Umständen  vötßg  von  ein- 


ander  abweichen,  kann  übrigens,  was  von  dem  einen  Theil  der  Rasse  wahr  ist, 
von  dem  i?idern  falsch  sein.  So  werden  die  M.  von  Borneo  als  von  sehr 
schlechtem  CJharakter  jjeschildert.  Sie  Iti^en,  stehlen,  betrügen,  haben  wenig 
Liebe  zu  Weib  und  Kind  und  bc^iuen  eine  unbeschreibliche  Trägheit,  i  hcilnahms- 
losigkeit  und  eine  Unreinlichkeit  sondergleichen.  Die  Bugi  der  Meerenge  von 
MakasHur  and  dagegen  thätig,  gewerbsam,  untetnehmend  und  voll  Energie.  Am 
Festlands  "M.  treffen  wir  im  Unterschiede  zu  den  Inselbewohnern  vonsugsweise 
jene  Eigenschaften,  die  mit  einem  kühnen,  der  sozialen  Stellung  sich  bewussten 
Charakter  verknüpft  sind;  ungemessene  Leiden sclmftlichkeit.  beinahe  krankhaftes 
Ehrgefühl,  bis  zur  Tollkühnheit  gesteigerte  Todesverachtung,  die  manchmal  in 
Raserei  ausartet,  dabei  aber  auch  eine  gewisse  Ehrlichkeit  und  Autrichtigkeit,  die 
sonst  innerhalb  der  malayischen  Rasse  selten  sind.  Die  Küstenbewohner  schildern 
manche  Beobachter  als  sanft,  zuverlässlich,  gastlich,  ruhig,  trag,  als  Moslemin  nicht 
fanatisch,  aber  leidenschafilichc  Spieler.  Selbst  die  Sprachen,  in  denen  die  M. 
ihre  Gedanken  ausdrücken,  zeigen  diese  Eigenthttmlichkeiten  —  die  der  M.  ist 
die  weichste  und  musikalischste  der  Welt.  Der  Bugidiatekt  ist  dagegen  rauh, 
tieftönig,  breit,  abgebrochen  und  rasch,  wie  das  Volk,  welches  ihn  spricht.  Das 
Malayische  hat  sich  unter  indischem  Einflüsse  frühzeitig  zur  Schriftsprache  aus>' 
gebildet  und  seit  dem  Eindringen  des  Islam  viele  fremde  Bestandtheile  aufge- 
nommen. Die  Kleidung  der  Männer  besteht  aus  weiten  Beinlsleidern,  welche  bis 
ans  Knie  reichen,  einem  :  Sarong«  (einem  kurzen,  engen  W'eiberrock,  eigentlich 
ein  um  die  Lenden  geschlungenes  Tuch)  und  einem  otTenen  Kamiso),  Um  die 
Mitte  wird  eine  Schärpe  gescldungen,  an  den  Füssen  tragt  man  Sandalen.  Den 
Kopf  bedeckt  entweder  ein  turbanartig  gewundenes  Tudi  oder  ein  grusser  Hut 
aus  Stroh  oder  Rotang.  Reiche  und  Vornehme  bevorzugen  die.  gelbe  Farbe,  be- 
sonders in  Seide,  das  Volk  blauen  Kattun.  Ilbiber  tragen  den  Sarong,  manch- 
mal  auch  eine  von  Knöpfen  zusammengehaltene  Jacke,  als  Schmuck  Ohrgehänge, 
Finger-  und  Armringe.  Mit  eingetretener  Pubertät  werden  beiden  Geschlechtern 
die  Zähne  abgefeilt  und  sclnvarz  gefärbt,  oft  auch  mit  kleinen  Goldplättchen  aus- 
gelegt. Die  Häuser  stehen  auf  VHihlen  und  sind  durchwegs  aus  Holz,  in  der 
Regel  ein  Viereck  von  30  Meter  Länge,  6—9  Meter  Breite  und  2,50  -  3,5  Meter 
Höhe.  Der  freie  Raum  unterhalb  der  Hütte  dient  als  Stall  für  das  Kleinvieh 
und  zugleich  als  Miststätte,  indem  man  die  Abfälle  durch  den  aus  Bambuslattcn 
gefertigten  Fussboden  fallen  lässt  Die  hauiitsüchlichsten  Geiflthe  ausser  der 
Kücheneinrichtung  bestehen  aus  Matten  und  Mooskissen  zum  Ausruhen  und 
Schlafen;  Fackeln  aus  Damaraharz,  in  Pisangblätter  gewickelt,  dienen  zum  Er* 
leuchten  während  der  Xacht.  Mehrere  zusammenstehende  Häuser  bilden  ein 
Dort*  (»Kampong«)  mit  einer  Erdmauer  oder  l'alissadierung  umgeben,  in  der 
Mitte  mit  einem  freien,  meist  gepflasterten  I'Iatz  für  die  Volk«:versammlungen. 
Die  hauptsächlich  vegetabilische  Nahrung  beschränkt  sich  auf  Reis  und,  nur  wenn 
es  an  diesem  fehlt,  auf  Sago,  den  sie  in  unerme>,slichen  Mengen  ausführen,  da- 
neben Fische.  Fleisch  wird  nur  bei  festlichen  Gelegenheiten  genossen,  und  Salz 
ist  nicht  aberall  bekannt.  Als  Moslemin  sind  die  M.  in  der  Regel  dem  Trünke 
nicht  eigeben,  doch  nimmt  man  dort,  wo  europäische  Sitten  Eingang  fanden,  Liebe 
zur  Flasche  unter  dem  Absdiaum  der  Bevölkerung  wahr.  Die  heidnischen  M. 
bereiten  verschiedene  geistige  Getränke:  Falmwein  (»  i'oddyc)  und  Arak,  und 
halten  es  für  zulässig,  während  gewisser  grosserFeste  sie  im  UcbermaasscÄU  trinken. 
Als  Reizmittel  sind  Areka  tmd  Betel  (hier  ;  IMnang-^  und  Sirih  t  genannt)  allge- 
mein verbreitet   Der  Genuss  den  Tabaks  kommt  nur  hie  und  da  vor.    Man  hält 

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M alajriscbe»  Hidm. 


zwei  Mahlzeilen,  eine  um  zehn  Uhr  Morgens,  die  andere  um  sieben  Uhr  Abends 
und  langt  die  Speisen  mit  den  dtei  eisten  Fingern  der  rechten  Hand  aus  den 
Bambugefässen  heraas.  Die  M.  treiben  vornehmlich  Fischerei  und  Handel,  Landbau 
in  grösserem  Maasstabe  auf  Malakka.   Ihre  ziemlich  bedeutende  Industrie  om- 

fasst  Weberei  und  Färberei,  Ledererzeugung,  Tischlerei  und  Drechslerei,  Waffen- 
fabrikation und  Goldarbeiterkunst.  Mit  der  Gewinnung  und  Bearbeitung  des 
Eisens  sind  die  M.  längst  vertraut  und  sei  einen  auch  selbstständtg  auf  die  Be- 
reitung des  Stahles  gekommen  zu  sein.  Ihre  Faluzeuge,  »Prahu«,  sind  Meister- 
stucke ihrer  Art;  auch  zu  andern  technischen  Leistungen  sind  sie  geschickt  und 
anstellig.  Zum  Zimmern  eines  Bootes  bedürlen  sie  bloss  eines  Hammeis,  einer 
Handvoll  Nägel  und  einer  malayischen  Axt,  ein  Werkzeug,  mit  dem  sie  Wunder- 
dinge verrichten.  Die  Grundlagen  der  altmalayischen  Verfassung  bildeten  die 
Familien  (»Sukuc)  mit  ihren  nicht  erblichen,  sondern  wählbaren  Oberhäuptern 
(»Panghulu«),  in  deren  Händen  die  eigentliche  Regierungsgewalt  liegt  Sie  sind  die 
Richter  ihrer  Familien,  haben  dieselben  nach  aussen  zu  repräsentiren  und  treten  bei 
drohenden  Gefahren  zur  Beratung  zusammen,  worauf  sie  die  gemeinsam  gefasstcn 
Beschlüsse  den  Familien  mitheilen.  Von  diesen  empfangen  sie  gewisse  Naturalab- 
gaben und  Ciesclienke.  Jede  Suku  hat  ein  Stück  Land  als  Eigenlhum  zugewiesen, 
welches,  unveräusserlich,  den  einzelnen  Wirtiiscliaften  pachtweise  Uberlassen  wird. 
Betrefls  der  Erbfolge  ist  die  Abstammung  von  der  Mutter  maassgebend.  Bei  vielen 
M.  herrscht  noch  das  reine  Matriarchat,  wobei  der  Mann  nicht  der  Grttnder  des 
häuslichen  Heerdes,  sondern  nur  Erzeuger  der  Nachkommenschaft  ist  Das  Ver^ 
mögen  der  Frau  ist  flir  ihn  unantastbar  und  Eigenthum  der  von  der  Mutter  ge- 
borenen Kinder.  Sein  eigenes  Vermögen  erben  nicht  seine  Kinder,  sondern  jene 
seiner  Schwestern  und  in  zweiter  Linie  seine  Brüder.  Bei  der  Heirath  wirbt  die 
Mutter  der  Braut  um  den  Bräutiga^  für  dieselbe.  Ist  die  Familie  der  Braut  reich, 
und  braucht  der  Bräutigam  nichts  für  die  Braut  zu  bezahlen,  so  hat  er  auch  kein 
Recht  auf  die  Kinder.  Giebt  er  jedoch  ein  Geschenk  für  die  Frau  hin,  und  be- 
streitet diese  ihrerseits  die  Kosten  der  Heiratli,  so  haben  sie  gleiche  Rechte  auf  die 
Kinder  und  das  erworbene  Vermögen.  Hat  aber  der  Mann  Frau  sich  ge- 
kauft, so  gehören  die  Kinder  und  das  Vermögen  ihm  und  lallen  nach  seinem 
Tode  seiner  Familie  zu.  Polygamie  ist  vielfoch  üblich,  besonders  im  Bereiche 
des  Islam,  welcher  die  matriarchalische  Familienverfassung  übrigens  schon  viel- 
fach in  die  patriarchalische  umgewandelt  hat.  Die  F'rauen  sind  treu  in  der  Ehe, 
rührig  in  der  Besorgung  des  Hauswesens.  National wafTen  der  M.  sind  das  Schwert 
(:'Klewang 0,  der  ■«Krise,  von  dem  es  mehrere  Formen  giebt,  ein  wellenförmig 
gcwuridener  Dolch  mit  einwärts  gebogenem  Hanc'grifF.  Lanze,  Schleuder  und 
Blaserohr  mit  kleinen,  gewöhnlich  vergtdcten  Pfeilen  sind  jetzt  schon  zumeist 
durch  das  Feuer^wehr  verdrängt.  Die  M.  sind  seit  d«n  drdsehnten  Jahrhundert 
mit  wenigen  Ausnahmen  durchwegs  Muhammedaner;  schon  vorher  hatten  aber 
Brahmanismus  und  Buddhismus  die  alten  religiösen  Vorstellungen  überwuchert 
so  dass  jetzt  im  Alltagsleben  und  in  der  Dichtung  diese  drei  Elemente  unver* 
standen  durcheinander  laufen.  Namentlich  das  Kapitel  der  Zauberei  weist  öit 
ergotzliclisten  Mischungen  der  verschiedensten  VorsteUungskreise  auf.  Gespenster- 
furcht  hängt  damit  /usainmen.      v.  H. 

Malayisches  Huhn,  Haushühnerrace,  von  schlanker  Körperform,  sehr  steil 
sich  tragend,  Kopf  lang  und  breit  mit  raubvogelartig  vorstehenden  Augenbrauen- 
theilcn  und  stark  gekrümmtem  Schnabel.  Gesicht  und  Kehle  fast  ganz  nackt 
Kamm  niedrig,  compakt,  in  der  Mitte  der  Länge  nach  meistens  eingekerbt 


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MMbyo*Polyiicsier  —  Matemiut 


«77 


Schenkel  und  I^äufe  lang.  Scbnltcrn  stark  hervortretend.  Hals  sehr  Inn?  mit 
kurzen  harten  Nackcnfcdem ;  aucli  das  Körperfrefieder  kurz  und  hart.  Die  Färbung 
ist  schwarz,  rothsclieckig  und  weiss  (Napolconshühncr).  Wurde  in  früherer  Zeit 
häufig  aus  Asien  nach  Europa  eingeftihrt,  ist  in  neuerer  Zeit  jedoch  durch  die 
Cochms  und  Brahmas  verdiüngt  worden.  Die  Henne  ist  ein  guter  Leger.  Die 
Eier  sind  auffallend  hartschalig.  Störend  ffir  den  Htthnerhof  ist  ihre  Streitsucht, 
welche  auch  die  Hennen  bethfttigen.  Rchw. 

Ifalayo-Polynesier.  Seit  Wilhelm  von  Humboldt's  bahnbrechenden  Unter- 
suchungen über  den  Bau  der  Kawisprache  und  Prof.  Buschmann's  Forschungen 
nimmt  man  ziemlich  allgemein  eine  nahe  ethnische  Verwandtschaft  der  Mnlaycn 
mit  den  hellhäutigen  Menschen  in»  äussersten  Osten  des  Stillen  Occans  an  und 
spricht  deshalb,  um  dieses  \'erhältniss  mm  Ausdruck  zu  bringen,  von  M.-F.,  eine 
von  Prichard  eingeführte  Benennung.  Ch.  Pickkking  betrachtet  es  als  ausge- 
macht, dass  die  Polyncsier  deiche  Malajren  sind,  und  als  solche  fassen  sie  auch 
Friedrich  Müller  und  Pbschbl  auf;  ersterer  gliedert  die  M.-P.  in  Polsmesier, 
Melanesier  und  eigentliche  Malayen,  letzterer  ab'er  unterscheidet  asiatische  und 
polynesische  Nfalayen.  Jllngst  haben  endlich  Dr.  Rud.  Krausk's  Messungen  auch 
die  kraniologische  Verwandtschaft  der  Polynesier  mit  den  asiatischen  Malayen 
jedem  Zweifel  cntrilrkt.  Dagegen  erhebt  sich  der  englische  K'duKilogc  A  K.  Keane, 
welcher  die  l'olynesier  als  eine  besondere  Kace  auffasst  und  den  Namen  M.-P. 
als  höchst  unglücklich  gewählt  verwirft.      v.  H. 

Malbala,  Zweig  der  Guaycuru  am  Rio  Bermejo  in  Paraguay.     v.  H. 

Malbruck,  Munga,  HutafTe,  s.  Inutts,  Gcofpr.    v.  Ms. 

Maldittbii,  Völkerschaft  im  alten  Maiiritanien.     v.  H. 

Malooae,  kleine,  von  Pumus  erwähnte  Völkerschaft  im  Innern  TJbyens.   v.  H. 

Maldaoidae,  Sav.,  gleich  Cfymenidae,  Quatrefages.  Farn,  der  kiemenlosen 
BorstenwOrmer,  CMaei^da  abranchiata.  Leib  rund,  lang  gestreckt,  Segmente 
deutlich  aligcsctzt,  von  verschiedener  T.änge.  Anus  von  Papillen  umgeben, 
in  einem  'IVichter  liegend.  Kopilappen  nach  vorne  geneigt,  Mundseginent  mit 
Borstenbundeln ;  der  Mund  selbst  unbewaffnet.  Seitliche  Segmentfortsätze  in  zwei 
Zeilen  angeordnet.  —  Sie  bauen  sich  Röhren  aus  Sand  und  kleinen  Mdschelchen, 
Hierher  die  Gattungen:  Maldane,  Sav.,  M.  gUbi/ex,  Grube.  Lebt  bei  Tricst  m 
kugelförmigen  Thonhluschen.  —  Clymene,  Sav.,  pflanzt  sich  nach  Ehlers'  Beob> 
achtungen  auch  ungeschlechtlich  fort  —  Amumhares,  Grube,  bei  denen  der 
Kopflappenl  in  Veristelui^ien  ausläuft.  Afyrheheki  Schmarda,  von  der  Chal- 
lenger-Expedition  aus  einer  Meerestiefe  von  3900  Faden  zwischen  Teneriffa  und 
St  Thomas  gefischt.  —  Wo. 

Malemiut  oder Maleigmiut,  Malainnit,  falsclilich  Malemuten  genatnit.  Ininiit  am 
Nortonsund  in  Aljaska;  ihr  östlich.ster  Sitz  ist  Attenniint,  ihr  wesdit  hster  jenes  l'liiss- 
chen,  welches  sich  nördlich  in  die  Spafarawicwbai  ergie.sst.  Die  M.  vermischen  sich 
häufig  mit  den  Ka\iagmiut,  weshalb  Whvmper  sie  als  ein  und  dasselbe  Volk  be- 
zeichnet Die  Oberkleidung  der  M.  besteht  aus  einem  »Parkt,  einem  Pelz,  der 
hemdartig  geschnitten,  mit  langen  Aermeln  und  einer  Kapuze  versehen  ist.  Hosen, 
Stiefeln  und  Socken  «nd  gleichfalls  aus  Pelz  verfertigt  und  die  Kleidung  bis* 
weilen  mit  Pelz  von  Wolverine  (Guh  Lmfus)  verbrämt.  Die  M.  hausen  in  unter* 
irdischen  Gruben,  in  die  man  durch  einen  kleinen  Tunnel  auf  den  Knien  hincin- 
rufschen  muss.  Nur  das  Dach  erhebt  sich  tiber  dem  Boden  und  !iat  in  der  Mitte 
eine  Oeffnung  zum  Abzüge  des  Rauches.  Neben  jeder  Hütte  stehen  Slangen- 
gertiste,  oben  mit  einem  kleinen  Hause  oder  Käfig,  zu  dem  man  auf  einem  ein- 


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Malentozoaria  —  MalgaS'Chen. 


gekerbten  Baumstamm  anstatt  einer  Leiter  hinaufsteigt  und  wo  man  alle  VoRtdie 

in  Sicherhett  bringt.   Ausser  den  Familienwohnungen  erbauen  die  M.  gtüaten 

Räume,  die  zu  Versammlungen  sowie  zu  Tanzvergnttgungen  dienen.  T-etztere 
finden  nur  im  Winter  statt  und  bestehen  aus  pantomimischen  Darstellungen, 
durch  welche  die  I!cNvect!ngen  und  (re!)erden  von  Vögeln  und  von  vierfüssigen 
Thieren  nachgeahmt  werden.  Beleuchtet  werden  diese  sliallisalcii  mit  trüben 
Thranlampen.  Vor  Beginn  der  Lustbarkeit  machen  die  jungen  Herren  Toilette, 
indem  sie  sich  den  Oberkörper  mit  einer  Flüssigkeit  waschen«  die  man  in  an- 
ständiger Gesellschaft  nicht  zu  nennen  pflegt  Dann  bringen  die  Frauen  Lebens^ 
mittel  herbei;  denn  jede  Familie  besteuert  sich  ta  dem  Fiknik  nach  Krifteo. 
Eröffnet  wird  das  Fest  mit  einem  Schmause;  darnach  beginnen  die  Tänze.  Am 
1.  Januar  wird  an  der  Küste  des  Nortonsundes  das  Fest  des  »Versenkens  der 
Blasen  ins  NTcer?  bcpran^fen.  An  der  Vorderseite  des  Kascliim  d.  h.  des  Winter- 
hauses werden  auf  Kiemen  von  Waiross-  ncler  Seehundshaut  bis  zu  loo  Blasen 
aufgehängt,  aber  nur  vini  solchen  Thieren,  welche  mit  dem  Pfeil  erlegt  wurden. 
Diese  Blasen  sind  mit  allerlei  phantastischen  Figuren  bemalt;  vor  ihnen  hängt 
aof  der  einen  Seite  eine  Eule  mit  einem  Menschenkopf  und  eine  aus  Holz  ge- 
schnitzte Möve.  Auf  der  anderen  hängen  zwei  Schneehühner.  Die  Eule  schlägt 
mittelst  dniger  Fäden,  welche  Uber  dem  Querbalken  angebracht  sind,  mit  den 
Flügeln  und  dreht  den  Kopf;  die  Mövc  stösst  mit  ihrem  eisernen  Schnabel  ant 
den  Fussboden,  als  wollte  sie  Fische  fangen;  die  Hühner  aber  laufen  gegen  ein- 
ander, um  sich  zu  kiissen.  Auf  der  anderen  Seite  des  Kaschim  steht  vor  der 
driilie,  welche  den  (Jfen  vcrlriit,  ein  2  Meter  langer  mit  trockenem  Gras  um- 
wnndeiKr  Pfahl.  Den  ganzen  Tag  über  wird  getanzt.  Die  Männer  tragen  eine 
Art  leichter  sTorbasscns  d.  h.  StaaUsbchuiic,  die  Frauen  Rentierhosen  und  be- 
musterte Parken  mit  Glasperlen  und  Ringen  verziert.  Nach  beendetem  Tanze 
zupft  der  Mann  etwas  Gras  von  dem  Pfahle  ab,  zündet  dasselbe  an,  beräuchert 
damit  die  Blasen  und  die  Vögel  und  stellt  dann  den  Pfahl  zur  Seite.  Die  M. 
veranstalten  dieses  Fest  zu  Ehren  des  Meergeistes,  ihres  »Jugjakc.  Ueber  die 
Bedeutung  der  einzelnen  Gebrauche  wissen  sie  keine  Auskunft  zu  geben;  sie 
sagen  nur:  d.ns  sei  nun  einmal  so  hergebracht  v.  H. 
Maientozoaria,  s.  Chiton.      K.  v.  ^^. 

Malcpa,  Reste  eines  unter  den  K;iffern  lebenden  \\>lkerstammes,  der  von 
Norden  dahin  gelUichici  ist.  Die  M.  sind  geschickte  Kupferschmiede ,  dabei 
Muhammedaner.  Sie  essen  kein  Wild  oder  lliiere,  denen  nidit  die  Halsadern 
durchschnitten  sind;  sie  haben  Waschungen  und  beten,  nachdem  sie  sich  ge- 
waschen, in  weisse  Decken  gehüllt,  haben  auch  in  den  Bergen  besondere  Gebets- 
orte. Da  die  M.  seit  Jahrhunderten  mit  Arabern  nicht  mehr  in  Bertthmng  ge* 
kommen  sind,  ist  ihr  Islam  allerdings  schon  etwas  verblasst.     v.  H. 

Maler,  s.  l'aharia.      v.  H. 

Malesuri,  s.  Maljsoren.      v.  H. 

Malgaschen  oder  Madegassen.  Benennung  für  die  Gesammtbevölkcnmg 
der  grossen  ostatrikanischeu  Insel  Madagaskar.  Sie  ist  etwa  3^ — 4  Millionen 
Köpfe  stark,  und  die  grosse  Verschiedenheit  in  der  körperlichen  Erscheinung  der 
Leute  lässt  auf  verschiedene  Abstammung  der  Bevölkerung,  auf  eine  Zusammen- 
setzung derselben  aus  heterogenen  Elementen  schliessen.  Man  unterscheidet 
kraushaarige  schwarze  imd  schlichthaarige  olivenfarbige  Menschen,  von  welchen 
die  ersten  wohl  afrikanischen  Ursprungs  sind  und  auch  die  Urbevölkerung  der 
Insel  bilden  dürften.   Ueber  diese  nur  in  spärlicher  Anzahl  mehr  vorhandenen 


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BUieuM»  —  MalleiN. 


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Negerbevölkerung  hinweg  ergoss  sich  dann  später  eine  ^ur  Herrüchaft  gelangte 
malayiscbe  Einwanderungi  und  zwischen  beiden  Theilen  fooden  dann  zahlreiche 
Mischungen  statt  So  stehen  die  M.  sprachlich  genotninen  heute  als  Einheit  da, 
Jos.  Mullens  geht  aber  sicherlich  zu  weil^  wenn  er  die  M.  auch  ethnisch  ein 

einheitliches  Volk  niolayischen  Ursprungs  sein  lässt  und  jede  Mischung  mit  afrika> 
nischem  Blute  läugnet.  Die  M.  lassen  rieh  im  Allgemeinen  in  drei  grosse  Gruppen 
bringen:  die  östliche,  mittlere  und  westliche.  Von  diesen  sind  die  Howa  (s.  d.) 
oder  nordlichen  Centraistämme  und  die  Betsiroisaraka  (s.  d.)  oder  östlichen 
Küstenstämmc  die  hellsten;  es  folpcn  in  der  Farbenskala  die  Hetsileo  (s.  d.) 
oder  südlichen  Central-  und  die  i  anaia  (s.  d.)  oder  östlichen  Waldstämme,  wälirend 
die  Sakalava  (s.  d.)  an  der  Westseite  als  die  dunkelsten  den  Beschluss  machen. 
Die  Statur  aller  ist  etwas  unter  dem  europäischen  Mittelroaass,  die  Glieder  sind 
wohlgestaltet,  die  Bewegungen  leicht  und  anmuthig.  Obenan  unter  allen  M. 
stehen  in  Gesittung  und  Intelligenz  wie  auch  in  politischer  Bedeutung  die  Howa. 
Südlich  von  ihnen  wohnen  die  Betsileo  und  weiterhin  die  ßara,  von  welchen  wir 
erst  seit  1873  einige  Kenntnisse  ])esit/.en.  Oestlith  diesen  beiden  Stämmen 
hausen  die  Tanala,  ein  Waldvolk,  und  die  Tankay  (s,  d.),  nördlich  \un  ihnen 
die  Sih-inaka  (s.  d.).  Das  eigentliche  Volk  der  Ostküste  sind  die  Hetsimisaraka, 
wälirend  man  die  sämmtlichen  Stamme  der  Westküste  als  Öakaiava  bezeich- 
net*    V.  H. 

Maliemes,  dorische  Bewohner  des  ganzen  vom  Spercheus  durchflossenen 
Kttstenstriches  um  die  Thermopylen,  Trachis,  Heraklea  u.  s.  w.    v.  H. 
Malmlre,  s.  Mandingo.     v.  H. 

Maljsoren  orler  Malesuri.  Unter  diesem  Namen  versteht  man  die  albane- 
Stschen  Bergbewohner  nördlich  des  Drin.  Ein  eigener  Stamm,  Namens  M.,  existiert 
nicht.  M.  heisst  aber  :  Bergbewohner<.  Die  M.  bilden  keine  geordneten  Staaten, 
sondern  zertallen  in  zehn  Stämme  ('Fis«),  deren  jeder  imabhangij?  und  selbständig 
ist.  Der  Umfang  des  von  den  M.  bewohnten  Gebiets  mag  ungeiähr  2670  Quadrat- 
kilom.  mit  einer  Bevölkerung  von  51500  Köpfen  betragen.     v.  H. 

llaliyirt  s.  Mulchers.    v.  H. 

MaUeotos  (Ehrinberg),  Hämmerchen.  Ein  in  der  Geschichte  der  Zoologie 
altbekanntes  und  vielbeschriebenes  Wesen;  abrigens  keine  Infusoriengattung, 
sondern  zur  Entwickelung  eines  Saugwurmes,  Trematoden  gehörig,  —  durch 
einen  gegabelten  Schwanz  ausgezeichnet,  dessen  beide  Theile  wie  ein  Zirkel  zu- 
sammen und  auseinander  klappen ;  daher  der  alte  Mikroskopiker  KicrmoKN  ihn 
das  >Zirkelthier«  nannte.  Schon  Nitzsch  beschrieb  ihn  richtig  als  eine  Co'caria 
unter  dem  Namen  C.  furcata.  —  Lavalette  St.  Georges  fand  ihn  sehr  gemein 
in  Berlin  im  Sommer.  Ihr  hauptsächlicher  Wirth  scheint  Aladina  vhipara. 
Lavalette  besdireibt  übrigens  noch  eme  andere  Art  vtm  Certarh  mit  Gabel- 
schwanz und  bildet  beide  in  seinen  Symbolae  ab.  Wd. 

Malteolni»  %,  Skeletentwickluog.  Grbch. 

MoUeus  (Hammer  des  Gehöroiganes),  s.  Höroigane-  und  Schädelent- 
wicklung. Grbch. 

Malleus  (lat.  Hammer),  I,a.marck  1700,  die  Hammermuschcl,  der  pol- 
nische Hammer,  Meermuschel  von  eigenihümlicher  Gestalt  aus  der  l-'amilie 
der  Aviculiden,  rechtwinklig  auf  den  Sclilossrand  langgezogen  und  schmal,  olt 
etwas  hin  und  hergebogen,  zu  beiden  Seiten  des  Schlossrandes  geradlinige  schmale 
Verlängerungen,  an  die  sogen.  Ohren  von  Pecten  erinnernd,  eine  klafiende  Stelle 
flir  den  Austritt  des  Byasus  nicht  unter  dem  vorderen  Ohr,  sondern  im  Schlosa- 


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ato  MaUi  —  Mallopbaga. 

rande,  unmittelbar  vor  den  Wirbeln  und  der  einiachen  Ligamentgrobe;  diese 
Stellung  zeigt,  dass  das  sogen,  vordere  Ohr  nicht  demjenigen  von  Pecten  ent- 
spricht, sondern  in  seinem  ganzen  Umriss  nur  einen  Fortsatz  des  Vorderrandes 
bildet,  der  Rflckentand  aber  cigentlicli  dicht  vor  den  Wirbeln  aufhört,  indem  der 
Byssusausschniti  moriilioluglbch  der  Vorder-  und  Unterseite  der  Muschel  ange- 
hört. Auffällig  ist  noch  die  geringe  Ausdehnung  der  Ferlmuttersckichte  an  der 
Innenfläche  der  Muschel,  meist  nur  auf  ^  der  Höhe  (schembaren  I.änge). 
vulgaris,  Lamarck,  schwarz,  und  M,  albus,  Lamarcki  weiss  sowohl  aussen  als 
innen  mit  Ausnahme  der  Perlmutterschichte,  beide  bis  so  Centim.,  im  indischen 
Ocean  und  der  Sttdsee,  Mher  hoch  geschätzt  und  theuer  bezahlt,  namentlich  der 
weisse.  Bei  einigen  anderen  Arten  sind  die  Verlängerungen  der  Schlosslinie  viel 
kürzer  oder  kanm  angedeutet,  diese  gleichen  dann  im  Umriss  manclien  Arten  von 
r^rna  oder  Vuisdia,  sind  aber  leicht  an  der  Lage  des  Byssusausscbnittes  zu  er< 
kennen.     K.  v.  M. 

Malli,  indische  Völkerschaft  des  Alterthums,  an  beiden  Ufern  des  Hjr- 
draotes.     v.  H. 

MaUücolIo,  s.  Neuhebriden.     v.  H. 

MaOomonadiniilae,  Kekt  1882.  Familie  der  Cilioflagellaten;  Geissei  ter- 
minal, m  der  Mitte  eines  kragenförmigen  Cilienschopfes  stehend.  Fr. 

Mallophaga,  Nrn^K  (gr.  Wolle  frest^cnd),  Pelzfresser,  Anoplura,  Leacb, 
Epizoa  orthoptera,  Nitzsch,  Thierläuse,  bilden  eine  Familie  von  Schmarotzern 
auf  Säugcthiercn  imd  Vöp^eln,  die  den  bUitsaugenden  Läusen  in  den  Körper- 
formen ähnlich  siiul,  ainr  bcissende  Mundiheile  besitzen  und  keine  saugenden 
wie  jene,  sich  aucli  nicht  vom  ühitc  ihrer  Winhc  cmalncn,  sondern  von  den 
Haaren,  Federn  und  den  Schüppchen  der  Epidermis,  daher  auch  Haarlingc 
und  Federlinge  genannt.  Obschon  sie  von  älteren  und  neueren  Forsdicm  den 
Peäiculhun  unter  der  Unterordnung  Apttra  bei  der  Ordnung  der  Schnabelkerfe 
untergebracht  worden  sind,  so  gehören  sie  doch  zu  der  Ordnung  der  Orthop- 
leren.  Der  sehr  verschieden  geformte,  vorgestreckte  Kopf  trägt  in  einer  seit- 
liehen  Ausbuchtung  3 — 5  glicdrigc  Fühler,  hinter  denselben  je  ein  einfaches  Auge, 
dns  auch  fehlen  kann,  und  am  Hintcrrmvle  unterseit'<  die  beissenden  Mundtheile, 
deren  Hauptlheil  aus  hakenförmigen  Kinnbacken  besteht.  Der  Mittelleib  lässt 
in  den  meisten  Fallen  nur  2  Ringe  unterscheiden,  indem  die  beiden  letzten  mit 
einander  verschmolzen  sind.  Der  8— logliedrige  Hinterleib  ist  häufig  nicht  deut- 
lich vom  Thorax  abgesetzt  und  zeigt  am  Ende  meist  geschlecbtticbe  Untervcbiede 
in  seiner  Form.  FlQgel  fehlen  immer,  und  die  mebt  zweizehigen  Füsse  laufen  in 
eine  oder  zwei  Klauen  aus.  Die  Fortpflanzung  unterscheidet  sich  nicht  von  der 
der  Pedic  ulinen.  Die  M.  gliedern  sich  in  2  Sippen:  1.  PMcptertd^ef  Nn'CSCH, 
mit  fadenförmigen  Fühlern  und  ohne  Kinnladentaster.  Die  über  500  bisher  bc« 
kannten  Arten  sind  auf  eine  Anzahl  von  Gattungen  vertheilt,  deren  wichtigste 
sind:  Trichodectes,  Nitzsch,  Haarlinge,  nur  auf  Saugethieren,  wie  T.  latus,  N., 
auf  dem  Hunde;  sie  haben  alle  dreigliedrige  Füliler  und  nur  eine  Kralle  an 
jedem  Fuss.  Docop/wnts,  Nnzscn,  Kneifer,  Balklingc,  Fühler  fünfgiiedng, 
Fttsse  zweiklauig,  Vorderkopf  nie  auaiieschnitten,  vor  der  FQhlergmbe  otut  be* 
weglichen  Stäbchen  tBälkchenc  (trabetuhtt)  Ftthler  ^  %  gleich  gebildet  Körper 
breit.  Die  Arien  leben  auf  Vögeln  aller  Ordnungen  mit  Ausnahme  der  Htthno*, 
Tauben  und  Laufvögel.  Nirmus,  NrrzsCH,  Schmallinge,  wie  vorher,  aber  mit 
schmalem  Körper  und  ohne  oder  nur  schwach  entwickelten  Bälkchen.  Die  sehr 
zahlreichen  Arten  kben  auf  den  verschiedensten  Vögeln.   G^iuodet,  NnrzsGH, 


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Malinignatle  —  Malpolon. 


2$! 


Eckköpfe,  5  glicdrigc  Fühler,  deren  Grundglied  nur  beim  c?  stark  entwickelt, 
öfter  mit  einem  Fortsat/e,  deren  drittes  immer  mit  einem  solchen  versehen 
ist;  Körper  gedrungen.  Die  neuerdings  wieder  auf  mehrere  (Jatlungen  verlheilien 
Arten  leben  vorhenschend  auf  Httbnern  und  Tauben.  Goniatüies,  Burmbister, 
alles  wie  vorher,  aber  das  verdickte  erste  Fttbleiglied  und  das  dritte  ohne  Fort- 
satB  und  die  Hinterleibsspitxe  Immer  abgerundet  beim  Auf  Tauben  und 
Htihnervögcln.  Lipeurus,  Nitzsch,  Zangenlaus  Fühler  5gliedrig,  FUsse  zwei- 
klauig,  Fühler,  deren  drittes  Glied  einen  Fortsatz  beim  <S'  hat,  stark  entwickelt, 
vor  den  Kinnbacken  eine  halbkreisförmige  Grube.  Körper  meist  langgestreckt. 
Die  ungemein  zahlreichen  Arten  leben  auf  allen  Vögeln,  besonders  Wasservögeln, 
und  sind  nur  ausnahmsweise  aut  Kletttr-  und  Singvögeln  bisher  gefunden  worden. 
Noch  8  ancnarme  Gattungen  gel  örcn  hierher.  2.  Lioth'.iäae,  Nitzsch,  besitzen 
keulenförmige  oder  geknöpfte  Fühler  und  Kinnladcntaster.  Sie  verlassen  ihren 
Wirth  nach  dem  Tode«  wahrend  die  vorigen  sitzen  bleiben  und  absterben. 
Wichtigste  Gattungen:  Gyrcftts,  Nitzsch,  Sprenkel fflsser,  nur  mit  einer  Fuss- 
klaue und  4gliedrigen  Ftiblem;  auf  Säugethieren.  Die  alte  GdXtxmg  ZMeum,  N., 
mit  keulenförmigen  Fahlem  und  a  Klauen  an  den  Fttssen  ist  von  ihm  später  in 
weitere  6  Gattungen  zerlegt  worden,  von  denen  nur  die  artenreicheren  hier  Be- 
rücksichtigung finden  mögen:  Laemobothrium,  Mittelbrustring  nicl.t  abgesetzt  gegen 
den  Prothorox,  Hinterbrust  ring  mit  dem  Hinterleibe  verschmolzen,  Kopf  gestreckt, 
Schläfenecken  nach  hinten  gerichtet,  F^Uhler  versteckt.  Die  riesigsten,  bis 
IX  MilUm.  langen  Federlingc,  welche  auf  vereinzelten  Vogclgattungen  (Geier, 
Falken)  vorkommen.  Trimium»  Kopf  dreiseitig,  Ftthler  versteck!^  Thorax  aus 
den  normalen  deutlich  von  einander  abgesetzten  Ringen  gebildet  deren  mittelster 
besonders  lang  ist;  auf  Wasservögeln.  Co^ctephalwn,  Millelbrustring  kurz,  nur 
angedeutet,  Fühler  meist  vorgestreckt  und  sichtbar.  Kleine  Arten,  welche  vor- 
herrschend auf  Raub-  und  Sumpfvögeln  schmarotzen.  Menopon,  Mondkopf, 
der  mehr  oder  weniger  mondförmige  Kopl  hat  keine  Einschnitte  an  den  Seiten 
und  verbirgt  uutcr  den  Rändern  die  viergliedrigen  KeulenÜihler.  Vorherrschend 
auf  Raub-,  Sing-,  Hühner-,  Sumpf-  imd  Schwimm  vögeln.  —  Giebei-,  Insecta  epizoa, 
Leipz.  1874.  —  E.  I'iACET,  L«5s  pücdiculines,  cssai  munographique.  Leide  1880.  — 
O.  Tascbsmberc,  Die  Mallo]^hagen  in  Nova  acta  Leop.  Carol.  Bd.  XLIV.  Nr.  i. 
Halle  188a.    E.  Tc. 

Malmignatte,  s.  Latrodectus.    £.  Tg. 

Malo.    Stimm  der  Dayak  (s.  d     1!  Borneo.     v.  H. 

Maloli.  Nach  v.  Martius  eine  Horde  der  Cren-Indianer  in  SUd^Amenka, 
am  Mucury.     v.  H 

Malo-Russen,  oder  Rkinrusseti,  s.  Ruthenen.      v.  H. 

Malpighische  Gcfässe.  (Vasa  Malpig/tii).  Bei  den  luftathmenden  Arthro- 
poden (Tracheaten)  allgemein  verbreitete  Excretionsorgane,  resp.  »Harncanäle«, 
die  als  Ausstülpungen  des  Darms  entstanden,  diesem  als  lange,  nicht  selten  ver- 
zweigte Canäle  aufliegen  und  nahe  seinem  Endabschnitte  (dem  Rectum)  aus- 
mfinden.  S.  auch  Nieren  (ausnahmsweise  bei  Krustem  (Amphipoda).  Harn- 
organe-Entwicklung und  Tracheaten-Entwicklung.     v.  Ms. 

Malpighische  Glomeruli  und  Pyramiden,  s.  Nieren,  Nieren>Entwicklung 
und  HamorgaTie-Fntvvicklung.      v.  Ms. 

Malpighische  Körperchen,  s.  Harnorgaoe-,  Haut-,  Lymphgei^s-  und  Re- 
spir  a  t ;  1 1 1 1  ^1  o  r  ga  ne-  En  t  \v  1  c  1^  1  u  ng.     G  r  bc  u . 

Malpolon,  EnziNCER,  =  Coehpelüs,  Waolilr,  Pr. 


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Malta.  Die  Insel  Malta  war  früher  reich  an  mcgalithiscbcn  Denkmalen. 
Das  merkwürdigste  ist  der  »Riesenthunn«  Torre  dei  Giganti  auf  Gouo.  Er  be- 
steht aus  rohen,  kyklopischen  Massen  von  Korallenkalkstein  und  bOdet  Kammem 
und  Gänge,  deren  Wände  innen  mit  behauenen,  roh  verzierten  Platten  belegt 

sind.  Die  Räume  waren  wie  in  Mykenae  mit  durch  Verkragung  erseugten  Ge- 
wölben bedeckt.  —  Die  Entstehung  dieser  vorhistorischen  Bauten  mag  den 
rhöni  icrn  zuzuschreiben  sein.     C.  M. 

Malteser.  Bewohner  der  Insel  Malta,  reden  eine  arabische  Mundart,  die 
stark  mit  italienischen  Elementen  gemischt  ist.  In  den  Städten  wird  italieiuscii, 
auch  englisch  gesprochen.  Die  M.  sind  ein  Gemisch  von  Italienern,  Arabern 
u.  a.,  haben  dunkle  Gesichtsfarbe  und  kräftigen  Körperbau,  sind  im  allgemeinen 
einfach«  fleissig  und  genügsami  haben  einen  scharfen  durchdringenden  Vmtand 
und  eine  ungemeine  leichte  Aufiassung^abe,  aber  wenig  geistige  Bildung  sind 
abergläubisch  und  fanatisch.   Sie  werden  als  voraügliche  Seeleute  gescbtttsc  v.  H. 

Malthe,  s.  Armflosser.  Klz. 

Maltitae.  Kleine,  von  PtolemAos  genannte  Völkerschaft  im  Innern  La- 
byens.    V.  H. 

Maltose,  eine  eigenartige,  in  feinen  Nadeln  krystallisirendc,  die  Kbene  des 
polarisirten  Lichtes  reclitsdrehende  Zuckerart,  welclie  bei  der  Kiavtukiin^  der 
Diastase  auf  Stärkemehl  in  keimenden  Getreidekörnern  (Mal/.),  wie  der  Schwefel- 
säure auf  Amylum  entsteht  und  die  alkoholische  Gährung  einzugehen  vermag. 
Auch  im  tbieiischen  Körper  soll  sie  sich  finden;  man  will  sie  in  Blu^  Muskeln 
und  der  i«ber  nachgewiesen  haben.  Jedenfalls  ist  die  M.  der  Ptyalose,  dem 
Produkt  der  Ptyalineinwirkung  auf  Stärkemehl,  sehr  nahe  verwandt,  nur  das  ge- 
ringere Rcductionsvermögen  gegen  alkalische  Kupferoxydlösung  soll  sie  von  dieser 
unterscheiden.  S. 

Malurus,  ViFtt.i..  {^r.  mnlos  /arf,  otira  srhwan//),  Staffelsclnvanr,  Gattung 
der  Vogelfamilie  Timeiiiiiiw.  Dieselbe  umfasst  15,  ausschliesslich  Australien  an- 
gehörende Arten,  sehr  zierliche  und  schön  gefärbte  Vögelchen  von  I^aubsänger- 
grösse  mit  langem,  stufigem  Schwanz.  Die  Anzahl  der  Schwanzfedern  beträgt 
bei  voller  Ausbildung  10;  meistens  findet  man  jedoch  weniger,  weil  die  Federn 
sehr  hinfällig  sind;  ebenso  vermtsst  man  die  Symmetrie  in  den  Längenverhält- 
nissen. Die  beiden  äussersten  Schwanzfedern  sind  sehr  kurs  und  schmal,  die 
ttbrigen  am  Ende  breit  mit  vollkommen  ausgebildeten  Fahnen,  nicht  serschli»en 
wie  bei  verwandten  Formen.  .Am  Gefieder  fällt  noch  auf,  dass  einzelne  Theile 
hart  und  glänzend,  wie  lackirt  erscheinen.    M.  cyaneiu,  Vieit.l.  Rchw. 

Maid  oder  Marne,  Mem,  Sprache  der  Indianer  an  der  Nordgrenze  von 
Chiapas.    v.  H. 

Mamarua.  Mischlinge  kraushaariger  Negrito  und  schlichthaariger  Malayen. 
an  der  üstkiiste  von  Mindanao,  doch  wird  der  malayischc  Typus  wohl  bald  tiber- 
wiegen, da  sie  bestandig  neue  eheliche  Verbindungen  mit  den  Malayen  eingehen, 
Sie  führen  ganz  das  Leben  der  Negrito.  Das  Wort  M.  bedeutet  »VValdmensch«. 
Ihre  Wohnsitze  sind  in  der  Nähe  Butuans,  von  dort  bis  an  die  Ostküste  Min- 
daoaos  zu  suchen.   Ihre  Anzahl  ist  gering,     v.  H. 

Mamayaxnazes.  Horde  der  nördlichen  Tupi  (s.  d.),  jetzt  fiut  verschwtm- 
den,    V.  H. 

MombcngA.  Mächtiger  Monbnttustaram,  der  jenseits  des  Uelle  ösü^  von 
den  AbArmbo  wohnt  und  mit  diesen  in  Frieden  lebt    v.  H. 


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MMubttichl  —  MammM. 


Mambarehi.  Horde  der  Farexi  (s.  U.),  theilweise  weiter  nürdlich  am  I  abu- 
ruhinat  einem  östlichen  Zuflüsse  des  Juraena,  wohnend.  Nach  v.  Martius  sind 
die  noch  weiter  gegen  Norden  am  Tapajos  angegebenen  Mambriaras  nicht  ver- 
schieden«    V.  H. 

Hambarea*  Name  womit  die  Bihenos  in  West-Afriica  jeden  Schwarzen  be- 
zeichnen, der  von  den  portugiesischen  Kolonien  kommt  M.  ist  wahrscheinlich 
verderbt  aus  Quimbares.   Eine  M.-Race,  von  der  Livingstone  spricht,  giebt  es 

nicht.     V.  H. 

Mambriaras,  s.  Mambarehi.     v.  H. 
Matnbukis,  s.  Ama-Ponda.     v.  H. 

Mambiiiidia.  Im  Marutse-Mambunda  -  Reiche  Sttd-Afrika's  der  schönste 
Menschenschlag.  Die  M.  umwohnen  das  I.and  der  Marutse  von  Nord'Osten  und 
Osten,  haben  jedoch  ihre  Wohnplätse  hauptsächlich  am  Ober-  und  Mittelläufe 
der  Nebenflüsse  des  Sambesi:  Njoko,  Lombe  und  Loi  aufgeschlagen.  Sie  be- 
sitzen eine  nicht  unbedeutende  Stufe  geistiger  Fähigkeiten,  einen  b<rfien  Grad 
von  Tfi.ilkraft  und  besonderer  Ik'gabunc;  für  Kunstfertigkeit.      v.  IT. 

Mambwe.  Volk  der  miUlereo  Bantugruppe,  sUdlich  von  Tanganyikasee  in 
lo'  s,  T'r       V.  H. 

Maiueiucha^  oder  Mainekicus,  in  Brasilien.  Abkömmlinge  von  Weissen 
und  Indianern,  urspuinglich  ein  Schimpfname,  welcher  von  den  Jesuiten  und  den 
Spaniern  in  Paraguay  den  Paulisten,  die  sich  od  mit  indianischen  Weibern  ver- 
bunden hatten,  gegeben  wurde,  um  ihre  Grausamkeit  zu  brandmarken,     v.  H. 

Mameluken  oder  Guss,  zum  Islam  bekehrte,  ehemalige  weisse  Sklaven, 
welche  sich  der  ZUgel  der  K^erung  im  Niltbale  bemächtigten.  Ein  Volksstamm 
sind  sie  nie  i:e\V('sen.      v.  H. 

Mamigonier.  l>in  den  Persern  und  Armeniern  verwandtes  arisches  Volk, 
welches  sich  im  (bitten  Jaluluuuiert  unserer  Zeitrechnung  in  Armenien  nieder- 
liess.  In  welclicm  Ciradc  sich  die  M.  in  ihrer  neuen  IIcimaL  vermehrt  haben, 
ist  nicht  genau  bekannt;  sie  tbaten  sich  durch  Treue,  Tapferkeit  und  andere 
Tugenden  hervor;  ihre  letzte  Erwähnung  geschieht  im  neunten  Jahrhundert,  und 
der  armenische  Geschichtsschreiber  Indschidschean  will  in  dem  Kurdenstamme 
der  Manckzier  die  leisten  Reste  der  M.  erblicken,     v.  H. 

Ma-mis,  s.  Esthen.     v.  H. 

Mamison.    Stamm  der  Osseten  (s.  d.)  im  Westen  des  Kasbek.     v.  H. 

Mamma.  Die  Entwicklung  der  Brüste  fällt  in  die  Zeit  der  Pubertät.  IhreGrösse, 
halbkugligc  i'onn  und  weiche  Consistenz,  hangt  weniger  von  der  Entwicklung  des 
eigentlichen  Drüsengewebes  (s.  Hautcntwickluug)  als  von  der  Prävalenz  des  fettbe- 
ladenen  Bindegewebes  ab.  Die  Brüste  liegen  auf  dem  grossen  Brustmuskel,  von 
der  dritten  bis  sechsten  Rippe.  Auf  Gestalt  Grösse  und  Consistenz  nod  Klima, 
Nationalität^  Alter  und  Tracht  nicht  ohne  Einfluss.  In  ihrer  hohen  Lag^  kommen 
sie  nur  dem  Menschen  und  Afien  zu,  bd  den  Übrigen  Säugethieren  (Mammaßa) 
finden  sich  diese  Oigane  unter  dem  Namen  Euter  ((^tra)  und  Zitzen  am  Unter- 
leibe. C.RIiCH. 

Mammae,  Milchdrüsen  (>Brustdr(lsen  ),  ausschliesslich  den  Säugethi«^ren  zu- 
kommende, mit  der  Geschlechtstunktion  in  nächste  Beziehung  trctLKtlc  Haut- 
drüsen, die  beim  männlichen  (ieschleclite  rudimentär  bleibend,  beim  weiblichen 
(nach  erfolgtem  Gcbätakte)  ihr  zur  i:.ruahrung  der  Jungen  dienendes  Sekret  (Milch) 
piodudren;  atoonner  Weise  traf  man  die  M.  auch  bei  mitnnitchen  Individuen 
funkttonirend.  Dermalen  gelten  ziemlich  allgemein  die  M.  fUr  modtficirte  Talg« 


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drüsen;  bei  den  Monotremen  sind  aber,  wie  neuerdings  C.  Gegenbauk  zeigte 
(vergl,  Art.  Milchdrüsen)  die  M.  respektive  »Mammardrüsen«  aus  tubulösen  Drüsen 
des  Integumentes  entstanden  und  wären  demnach  die  M.  diphyle tischen  Ur- 
sprunges. In  Bezug  auf  den  gröberen  anatomischen  Bau  der  M.  wäre  hier,  zu- 
nächst mit  Rücksichtnahme  auf  die  höl.ercn  Säuger,  zu  bemerken,  dass  sie  aos 
einem  Complexc  von  Lappen  bestehen,  deren  jeder  wieder  aus  kleineren  IJlppchen 
sich  romponirt.  dass  jedes  dieser  letzteren  aus  trauhcnförmicjcn  acinöscn  DrQsen, 
den  Glandtilat-  lactiferae  sich  t'orniirc  I>ic  sekretorischen  (iänc;e  der  Läppchen 
treten  dendritisch  zu  einem  sogenannten  Du,  fi/s  ^aiaclop/iorus  /usanimen  (je  einer 
für  einen  Brustdrüsenlappen).  Diese  I)ut:tus  erweitern  sich  unter  dem  »Drüsen- 
felde«, resp.  unter  dem  die  Brustwarze  umsäumenden  Warzenhofe,  za  den  *Säuu 
la€Ui*t  um,  sidi  dann  wieder  verengernd,  in  den  Warzenninzeln  mit  feinen 
Oeffnungen  zu  mttnden.  —  Ausfuhrlicheres  siehe,  wie  bereits  bemerk^  im  Art. 
fMilchdrttsen«.     v.  Info. 

Mammalia,  Likni^,  s.  Sangethiere  und  Säugethier-Kntwicklung.     v.  Ms. 

Mammarorgane  (GEOFNBAirKR),  s.  Art.  -Milchdn'lscn?'.     v.  ^f«;. 

Mammartasche.  Bei  der  Monotreniengaitung  Echidna  münden  die  hier 
isoHrt  bleibenden  MilclidrUsenschläiirhe  in  eine  Tasche  (Nfammartas(  he),  die  (ver- 
muthungsweise  nur  periodisch  ausgehildctr)  zur  Aufnahme  des  jungen,  noch  völlig 
nnausgebildeten  Thieres  dient.   S.  a.  Monotreinata  und  Milchdrflsen.     v.  Ms. 

Mammill«,  Zitze  oder  Brustwarze,  s.  MtlchdrOsen.     v.  Ms. 

Mammilla  (Brustwarze),  Huss  hat  gefunden,  dass  die  ebenfalls  in  nach» 
embryonale  Zeit  fallende  Entwicklung  der  Brustwarze  und  die  Zitze  der  Wieder- 
käuer sich  nicht  in  derselben  Weise  bilden.  —  Während  die  Brustwarze  dadurch 
entsteht,  dass  sich  die  Gegend  der  ersten  Drüscnanlagc  langsam  erhebt,  wobei 
sieh  die  umgebenden  Hautpartien  betheihgcn,  gehen  die  Zitzen  aus  den  wallartig 
sich  crhcl)endcn  Umgebungen  der  Drübenanlage  hervor,  die  zuletzt  einen 
cylindri.schcn  Korper  formircn,  der  im  Innern  einen  Kanal  enthält,  in  dessen 
Grunde  erst  die  Mündungen  der  Milchgänge  sich  finden.  Beim  Menschen  ist 
übrigens  diese  bei  den  Wiederkäuern  vorhandene  Einrichtung  als  Uebergangs- 
Stadium  noch  nachzuweisen,  indem  bei  Embryonen  zu  einer  gewissen  Zeit  die 
Drttsenanlage  im  Grunde  einer  Vertiefung  vor  »ch  geht,  welche  von  der  wallartig 
erhobenen  benachbarten  Haut  umgeben  wird.  (Zu  veigl.  Gegknbai  k:  Bemerkungen 
Uber  die  MilchdrüsenpapiUen  der  Säugethiere,  Jen.  Zeitschrik  Bd.  VII,  1&73, 
pag.  204V  Grbch. 

Mammilla,  s.  Natica.     E.  v.  M. 

Marninuth,  Maminout,  s.  Klephas,  L.     v.  Ms. 

Ma-molosi,  Banlusprache,  Mundart  des  Se-cl)ia-pi,      v.  H. 

Mampa  oder  Mampua.  Der  eigentliche  Name  der  Scherbro  (s.  d.).     v.  H. 

Mampalon,  s.  Cynogal^  Gray.    v.  Ms. 

Mampaari.    Von  PtolcmAus  genannte  Völkerschaft  in  den  südlichsten 
Strichen  der  Provinz  Africa  propria.    v.  H. 
Manaegren,  s.  Maniagren.     v.  H. 

Manakiko.  Indianer  Xordamcrika's  im  Stromgebiete  des  Rio  Colorado*  v.  H. 
Manania,  Clark  1863,  =  Ilalicyathus,  Ci.akk.  Pf. 

Manansa.  Bantuvolk  des  Sambesibeckens,  Bewohner  des  Hügelland  südlich 
von  und  um  die  Victoriafälle.  Die  M.  besassen  nocli  in  den  dreissiger  Jahren  ihr 
eigenes  Reich.  Die  Bamangwato  nennen  sie  Schlechtwegs  Masarwa,  doch  haben 
die  M.  nichts  mit  den  Letzteren  gemdn.    Die  M.  bebauen  kldne  versteckte 


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98$. 


Thalpartien  oder  leben  als  Jäger  hie  und  da,  ohne  bleibende  Wohnsitze  7t:  liaben. 
Werden  sie  von  der  Matebele  liart  bedrangt,  so  flüchten  sie  nach  Westen  auf 
das  Bamangwatogebiet  und,  wenn  von  den  Letzteren  bedrängt,  nach  Osten  auf 
jenes  der  Matebele;  nur  wenn  sie  nicht  mehr  entkommen  können,  ergeben  und 
erklären  sie  sich  als  gehorsame  Unterthaoen  ihrer  Verfolger.  Die  nunmehr  zer- 
splitterten M.  verehren  alle  ein  Oberhaupt,  das  östlich  von  Wanke's  Land  ein 
kleines  Gebiet  von  diesem  Fttrsten  eingeräumt  erhalten  und  hier  die  Reste  des 
Stammes  um  sich  gesammelt  hatte.  In  ihren  Gebräuchen  unterscheiden  sie  sich 
vielfach  von  den  übrigen  Süd-Afrikanern.  Das  weibliche  Geschlecht  wird  ge» 
achtet.  Der  Brautwerber  sendet  zur  Familie  der  Auserkorenen  eine  alte  Frau, 
welche  seine  Vorzüge  preist.  Im  Familienrath  erörtern  nebst  dem  Vater  auch 
Mutter  und  Tochter  den  Gegenstand.  Ist  der  Bewerber  genehm,  so  erhält  die 
alte  Frau  den  Besclieid:  er  möge  kommen,  was  schon  so  viel  bedeutet,  dass  er 
angenommen  ist  Nach  dem  ersten  Gntts  macht  er  der  Braut  vorerst  ein  Ge- 
schenk von  kleinen  blauen  Glasperlen.  Nun  spricht  ihn  das  Mädchen  an,  die 
von  nun  an  seine  Frau  ist  Es  finden  keine  weiteren  Festlichkdten  oder  Gelage 
statt.  Abends  entfernen  sich  die  Eltern  aus  der  Hütte,  um  eine  der  Nebenhütten 
im  Höfchen  zu  beziehen  und  thun  dies  x — 2  Wochen.  Täglich  am  Morgen  ver- 
lässt  der  Mann  seine  Frau  und  geht  seiner  Arbeit  nach,  worauf  erst  die  Eltern 
für  den  Tag  ihr  Besitzrecht  wieder  geltend  machen.  Für  jede  Gunstbezeugung 
seiner  Frau  muss  ihr  der  Gatte  stets  eine  Handvoll  Glasperlen  bezahlen.  Jeden 
Morgen  nehmen  Beide  eine  Waschung  mit  lauem  Wasser  vor,  welche  Gefiillig- 
keit  auch  wieder  mit  einem  Geschenk  beglichen  wird.  Nach  1  —  2  Wochen 
schenkt  der  Schwiegersohn  dem  Vater  vier  Ziegenböcke  und  vier  Mutterthiere 
oder  acht  Schnüre  Glasperlen.  Jetzt  helfen  die  Eltern  dem  jungen  Paare  Htttten 
bauen.  Eheliche  Treue  wird  sehr  gewahrt,  namentlidi  von  Seite  des  Mannes. 
Bei  der  bevorstehenden  Niederkund  der  Frau  kommen  alle  alten  Nachbarinnen 
und  entfernen  vor  allem  alle  Waffen  des  Mannes  aus  der  Hütte,  der  sich  eben- 
falls sofort  hinwegbegeben  nuiss  und  erst  acht  Tage  nach  der  Geburt  des  Kindes 
die  durch  und  durch  gereinigte  Hütte  wieder  betreten  darf.  Wcjhn^ n  darf  er 
aber  in  derselben  erst  3  — 4  Wochen  später.  Verstorbene  werden  ui  der  Abend- 
stille in  der  Nähe  des  Gehöftes  begraben;  ein  Erwachsener  erhält  einen  Assagai 
mit  ins  Grab  und  wird  in  einen  Kaross  gehüllt  Den  Hausvater  beerbt  sein 
ältester  Sohn;  ist  kein  Sohn  oder  kein  Angehöriger  vorhanden,  so  wird  von 
den  Versaromelten  ein  Mann  sum  Erben  eingesetzt;  der  dann  den  Namen  des 
Verstorbenen  anzunehmen  hat.  Die  M.  sind  meist  mittelgross  und  nicht  stark, 
dabei  sehr  vermischten  Blutes,  Hautfarbe  schwarzbraun,  freundliche  Augen, 
kleiner  Kopf,  grosse  Lippen.  Als  Verzierungen  tragen  Aermere  Arm-  und  Fuss- 
ringe aus  Gnu-  imd  Giraffenhaut,  auch  aus  Kisendraht;  höchst  einfache  Olirringc 
und  einen  meist  kaum  handbreiten  Lappen  aus  Kaliko  oder  wildwachsender 
liaumwolle,  zuweilen  ein  kleines  Fell  über  die  Hüften,  die  Frauen  kurze  Rockchen 
aus  gegerbten  Fellen.  Die  M.  sind  gute  Diener,  geschickt  im  Anschleichen  des 
Wildes,  sehr  vornchtig,  geftlli^  ehrlicher  und  treuer  als  Andere.  Von  den  um- 
wohnenden Stämmen  werden  sie  aber  verachtet  und  misshandelt  w^en  ihrer 
auffallenden  Gutmüthigkeit  und  Friedfertigkeit,  die  fast  in  Feigheit  übergeht  v.  H 
Manaos.  Brasilianischer  indianerstamm,  der  sich  selbst  >Ore  Mandos«  d.  h 
»wir,  die  Manaot  nennt  und  Aussicht  hat,  sich  länger  zu  erhalten  als  andere 
Stämme,  wegen  der  Fruchtbarkeit  seiner  Weiber,  denn  nicht  selten  sollen  25  jährige 
Frauen  als  Mutter  von  zehn  lebenden  Kindern  angetroffen  werden.    Die  Sage 


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Manapicr  —>  MandMcr. 


von  dem  goldenen  Herrn  (Fl  norado)  ist  mit  den  M.  insofern  ver!)undcn,  als 
der  GoUlsce  M.  ,i;cnaimt  wirtl.  Bei  ihnen  findet  sicli  lerner  die  Sage  von  einem 
Unhold  mit  rückwärts  gekehrten  Fussen  und  der  Zerstörung  der  Erde  durch 
einen  Brand.     v,  H. 

Manapier.  Völkerschaft  im  alten  Irland;  ihre  Wohnsitze  sind  nicht  genau 
bestimmt,    v.  H. 

Manatus,  Ctv.,  Lamantin,  herbivorc  Cclaceengattung  zur  Unterord.  der  Si- 
retiia,  Iluger  (s,  d.)  (rci,i>.  Farn.  HalUheridat  V.  G^rus),  gehörig,  mit  abgerundeter 
Schwanzflosse,  sehr  spärlicher,  borstiger  Behaarung,  mit  vier  Nagelrudimenten  an 
den  flossenähnlichen  Vordergliedmassen,  roit^  (nur  im  Milchgebisse  vorhandenen) 

Schneidez., nicht  wechselnden  Back«.;  obere  mit  2,  durch  eine  liefe  Quer- 
furche getrennten,  dreihockerigen  Querleisten,  untere  mit  dritter  (schwächerer) 
Querleiste.  Zwei  recente  Arten,  die  den  atlantischen  C)ccan  vom  19*^'  südlicher 
bis  zum  25°nördl.  Breite  bewohnen.  Die  (lattung  Manatus  findet  sich  auch 
schon  fossil  in  jungen  Abla^eruni^cn  Noril  Amerika'i.  Am  besten  l.iekannt  ist 
Manaius  amcriianus,  DhSM.  (uuiüii//s,  Tii.Es.  M.  latirostris^  Harlan);  der  Ochsen- 
fisch,  »Peixe  boi«,  wird  3  Meter  lang  und  bis  300  Kilo  schwer,  Farbe  bläulich- 
grau,  am  Rücken  und  seitlich  dunkler,  Borsten  gelblich.  Bewohnt  die  ameri- 
kanische Ostküste  vom  Amazonas  bis  Florida,  geht  (seiner  Vorliebe  Ittr  süsses 
Wasser  gemäss)  im  Orinoko  und  Amazonas  weit  aufwärts  und  wandert  bei  Ueber- 
schwcmmimgcn  in  Seen  und  SUmpfe  ein.  Wasser]. flanzen  diverser  Art  sind  seine 
ausschliessliche  Nahrung.  Man  jagt  ihn  des  schmackhaften  (angeblich  aber  un- 
gesunden) l  leisclics,  des  Fettes  und  der  Haut  wej^en.  Ist  zähmbar.  —  M.  sene- 
gaUnsis,  Desm.  (Vögeln,  Ow.,  nasuini,  \Vy.man),  der  afrikanische  Lamantin,  erreicht 
2,5  Meter  Länge  und  ist  schwarzgraü  gefärbt;  hält  sich  an  die  Westküste  des 
tropischen  Afrika,  mit  Vorliebe  an  den  FlussmUndungcu  auf,  wurde  neuerdings 
auch  im  oberen  Benuö  gefunden,    v.  Ms. 

Mtocus,  CoPK     Ckamaesaurus,  Schmeideil  Pf. 

Mandäer  oder  Johannesc^risten,  schwacher  Volksstamm  um  Wasit  und 
Basra,  in  welchem  Ueberreste  der  alten  Babyloner  zu  suchen  sein  dürften;  ein 
llieil  der  M.  hat  sich  auf  persisches  Gebiet  nach  Susiana  zurückgezogen.  Bei 
ihnen  hat  sich  das  Aramäische  noch  als  lebende  Sprache  erhalten,  doch  sei^ 
der  Dialekt  der  babylonisdien  Vulgärsprache,  in  welchem  die  schon  ziemlich 
alten  Schriften  dieser  wunderlichen  Heiligen  abgefasst  sind,  schon  starke  Ab- 
weichungen vom  Altaramäischen;  die  jetzige  Sprache  wird  demselben  noch 
weniger  gleiciicn.  Die  Religionslehren  der  M.  sind  sehr  verworren.  So  \iel  aus 
ihrer  heiligen  Schrift,  *der  Siddra  Rabba<,  zu  cntnchaieii  ist,  unterscheiden  sie 
von  einem  endlosen  WeltstofT  einen  belebenden  Urgeist,  welcher  in  einem  von 
der  Welt  ganz  abgezogenen  Dasein  lebt  und  über  alle  Verehrung  eihabeo  ist. 
Nach  dem  Tode  gelangen  die  frommen  M.,  nachdem  ihre  Thaten  auf  der  Wage 
des  auf  der  Licht-  und  Aetheigrenze  sitzenden  »Abatur«  abgewogen  worden,  in 
die  Aetherwelt  selbst  und  wird  ihnen  auf  kurze  Zeit  die  unmittelbare  Anschauung 
des  Urgeistes  zu  Thcil.  Um  Sündenvergebung  zu  erlangen,  ist  eine  mehrmalige 
Taufe  imbedingt  erforderlich.  Der  Sittenlehre  der  M.  liegen  die  zehn  Gebote 
zu  Grunde.  Fasten  haben  sie  keine.  Sic  dürfen  keinen  Zins  nehmen,  auch  nicht  um 
Geld  spielen.  Sie  leben  siill,  tleissig  und  ehrlich,  hauptsächlich  als  Gold-  und 
Waffenschmiede,  in  kleine  Gruppen  zersplilicri.  ihre  Gesamtzahl  soll  nur  etwa 
1500  Kopfe  betragen.  (Ausführlicheres  über  die  M.  s.  Audand  1876,  pag.  221—225, 


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Manddse  —  lbnd«n. 


«87 


Globns,  Bd.  XIV.,  pag.  269.   p£T£RMANM,  Reisen  im  Orient  Bd.  II.»  pag.  97 

und  V.  H. 

Mandalae.  Völkerschaft  des  alten  Indien,  welche  einen  nvispedehnten  Bezirk 
am  Ganges  mit  der  berühmten  Hauptstadt  uud  Kciidcuz  i'aiimbothra  (dem 
heutigen  Patna)  inne  hatte,    v.  H. 

Ifandanolndianer.  Inrthflinlich  ward  behauptet,  die  M.  seien  1837  von  den 
Blattern  völlig  dahingerafft  woiden.  Das  Völkchen»  welches  wohl  nie  1500  Köpfe 
überschritten  hat,  lebt  jedoch  noch  heute  bei  Fort  Bertbold  in  Dakota,  wenn- 
gleich nur  mehr  in  geringerer  Stärke.  Ob  sie  in  langsamer  Zunahme  begriffen 
sind,  muss  aber  dahin  gestellt  bleiben.  Der  einheimische  Name  der  M.  »Numa- 
kali<  bedeutet  yMensrheni.  Die  M  sind  von  lichterer  Hnuffrtrbe  als  die  übrigen 
Indianer,  einige  hellfarbig  wie  Japaner,  und  silbergraucs  liaar  soll  bei  ihnen, 
selbst  in  der  Kindheit,  nicht  selten  sein.  Die  M.  besitzen  einen  ziemlich  guten 
Körperbau  und  flechten  ihr  langes  Hmt  in  zollbreite  Strähnen,  welche  auf  die 
Schultern  herabhängen;  der  Raum  swtscben  jeder  Strifhne  wird  mit  Leim  und 
rothem  oder  gelben  Ocker  au^efiült  Ihre  Htttten  besteben  aus  Hols  und  sind 
rund,  mitunter  polygonal;  unter  dem  Mittelpunkte  befinden  »ch  die  Kellerräuroe. 
Das  Holxgeripp  wird  mit  Erde  bedeckt,  und  das  Dadi  bildet  einen  beliebten 
Versammlungsort.  Auch  viereckige  Blockhäuser  kommen  vor.  Die  M.  sind  an- 
ständig, selbst  kunstvoll  gekleidet,  und  beide  Geschlechter  unterscheiden  sich 
durch  eine  besondere  Tracht.  Alle  tragen  Mokassinen  und  BtinkUidcr,  verziert 
mit  Stachelschweinstacheln,  die  Männer  Hemd  und  Jacken,  die  Weiber  einen 
Sack  aus  Rothwildfell  und  so  geschnitten,  dass  er  die  Arme  bis  an  den  Eilbogen 
herab  und  den  Leib  vom  Halse  bis  zum  Knie  bedeckt  Sie  sind  ein  ruhiger, 
friedlicher  Stamm  und  tiben  manche  Künste,  die  ihre  Mitbrflder  nicht  kennen. 
Nebst  Pfeifen,  Pfeil  und  Bogen  verfertigen  sie  Binsenmatten,  Körbe  aus  Weiden^ 
rinde  geflochten  und  mit  verschiedenen,  komplizierten,  gefärbten  Mustern  versehen 
und  sehr  dauerhafte  schwarze  Thongefasse,  welche  grosse^  Hitze  aushalten  und 
bisweilen  14  Liter  fassen.  Ihre  Kanoes  werden  aus  Thierhäuten  hergestellt.  Die 
Leiclicn  wickeln  sie  gleichfalls  in  Thierh<äute  und  stellen  sie  dann  auf  Gerüste, 
wo  sie  so  lange  bleiben,  bis  diese  zusammenbrechen.  Dann  sammelt  man  die 
Schädel  und  stellt  sie  im  Kreise  auf.  Die  M.  kennen  einen  guten  und  einen 
bösen  Geist  sowie  die  Sage  einer  grossen  Flu^  aus  welcher  nur  ein  einziges 
Menschenpaar  sich  rettete;  sie  allein  aber  haben  die  etgenthttmliche  Ueberliefe- 
mng  von  einem  Kahn,  emer  Taube  und  emem  Weidenzweig,  welche  an  die  bib« 
lische  Tradition  erinnert,  von  der  sie  aber  selbstredend  ganz  unabhängig  ist. 
Zum  Andenken  an  diese  grosse  Fluth  feiern  die  M.  ein  grosses  Fest  >0'kih*pac 
mit  grauenhaftem  Zu!)ehür,  wobei  den  mannbar  gewordenen  jungen  Männern  ent- 
setzliche Martern  auferlegt  werden.  Bei  den  M.  finden  sich  Schwitzbäder  im 
Gebrauche,  welche  ganz  den  sogenannten  russischen  bei  uns  ähnlich  sind.    v.  H. 

Mandara  oder  VVandala.  Ncgervolk  Mittelainka  s,  Bornu  tributpflichtig; 
lebhaft  verständige  sehr  geschickt  in  Verfertigung  eiserner  Geräthc,  geht  aber 
ganz  nackt,  bis  auf  einen  Lendenstreifen  aus  blauer  Baumwolle.  Die  M.  sind 
meist  Muhammedaner,  aber  so  lau,  dass  sie  ohne  Scheu  das  Fleisch  gefiiUener 
Thiere  essen.  In  der  Körperbildung  stehen  die  M.  den  Haussa  näher  als  den 
Kanuri,  von  denen  sie  sich  durch  vollere  Formen  unterscheiden.  Die  Männer 
haben  hohen,  doch  flachen  Vorderkopf,  grobes  krauses  Haar,  feurige  Augen  und 
weniger  glatte,  mehr  gebogene  Nasen  als  die  Bornuaner.  Die  Frauen,  meist  von 
kleiner  Statur,  sind  ausgezeichnet  mit  der  sonst  den  HoUentottinnen  eigenen  Fülle, 


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a88 


BfandMiiieiidialdct  —  Mtndnig«. 


haben  breite  Gesichter  nui  iiervoritchemien  Backenknochen,  ausdrucksvolle  Augen 
und  nicht  so  stark  gewulstete  Lippen  wie  die  Mämunr.  Die  M.  leben  in  Mono- 
gamie«  »nd  sehr  abergläubisch  und  haben  von  einem  lidchsten  Wesen  wie  von 
einer  Fortdauer  nach  dem  Tode  Äusserst  schwache  Vorstellungen.  Die  Regierung 
ist  rein  despotisch,  ihr  Sultan  aber  ein  völlig  abhängiger  Vasall  des  Mai  von 
Bornu.     V.  H. 

Mandarinendialekt.  Die  reinste  Muiulnrt  des  Chincsiscb  n ;  sie  wird  am 
besten  in  ?''tsrinvan  gesprochen,  wo  sie  die  \'olkssprache  ist.     V.  H. 

Mandarincri-Knte,  s.  1  .nmpronessa.  Ri.ii\v. 

Mandaya.  Malayenvolk  im  siidlichen  Mindanao,  von  sehr  heller  Hautfarbe, 
nach  Prof.  Semper  mit  Chinesen  gemischt  Die  M.  sind  von  starker  Gestalt  und 
kräftigem  GUederbau,  kriegerisch  und  stets  tum  Kampfe  bereit,  mit  den  Christen 
aber  anterhalten  sie  freundliche  Beziehungen.  Ihre  Waffen  sind  Lanse,  Kris, 
Pfeil,  Bogen  und  Bolomesser.  Während  die  M.  der  Provinz  Surigao  Freunde 
einer  umherschweifenden  Lebensweise  sind,  sind  die  M.  von  Davao  arbeitsame 
Leute     Ihre  Religion  besteht  in  eit  ern  Ahncn-Kiiltiis.      v.  H. 

Mande.  Völker-  und  Sprachengruppe,  welche  das  Hinterland  von  Sierra 
Leone,  besonders  die  Landschaften  im  Quellgebicte  des  Nigir  und  am  lo'  n.  Br. 
bis  beinahe  zum  Mittellaufe  dieses  Stromes,  ferner  einige  Be^irke  an  Gambia 
und  Kasamanza  innehat  und  in  vier  linguistisch  verwandte  Zweige  zerläUt  Diese 
Idiome  gestalten  das  Wort  nur  durch  Wurzelansätze,  u.  zw.  treten  ihre  Suf&ce 
zum  Theil  noch  selbstständig  auf,  so  dass  sich  aus  ihrem  Gebrauche  die  Bedeu> 
tung  ihrer  Sinnbegrenzung  erklären  lässt.  Dies  gilt  namentlich  vom  Susn  und 
Bambarra,  ferner  gehören  hierher  noch  die  Mandingo  und  die  Vei.     v,  H. 

Mandelkrähe  =  Blaurake,  s.  Coracias.      Rt  fiw. 

Mandeln  (ionsillen),  s.  Verdauungsorgane-  und  Nervensystem -Entwick- 
lung. Grrch. 

Mandiagos.  Zweig  der  grossen  Volkerschaft  der  Papel  in  Scnegambien, 
zwischen  den  Flüssen  Kasamanza,  Gcba,  Cassini.  Aus  ihrer  sumpfigen,  unge- 
sunden Heimath  kommen  sie  nach  dem  Kasamanzagebicte,  wo  ne  ^cb  als  Tage* 
löhner  verdingen,  ein  kleines  Kapital  erwerben,  mit  dem  sie  zurückkehren. 
ItAancbe  bebauen  den  Boden  und  leben  in  kleinen  Dörtem  am  Kasamanza  unter 
gewählten  Häuptlingen  ihres  Landes.  Sic  üben  Polygamie,  sind  aber  weniger 
verderbt  als  die  Eingeborenen,  wohl  aber  arge  Säufer  und  einem  krassen  Feti« 
schismus  ergeben.  Sie  feilen  sich  die  Zaiine,  beschneiden  die  Knal)en,  tättowiren 
den  Bauch  und  die  Brüste  der  Mädchen  mit  zahlreiclien  Narben  und  beerdigen 
ihre  Todten  in  gleidier  ^Veise  wie  ihre  Nachbarn.  Sie  bauen  Erdnüsse  und  lialten 
ungeheure  Kinderheerden^  handeln  mit  Hauten,  Wachs,  Reis  und  Kolanüssen. 
Ihre  gewölinlidw  Kleidtti^  beschränkt  ach  auf  die  »Gemba«,  eine  Art  Schwimm- 
hose, an  Feiertagen  aber  schmücken  sie  sich  mit  allen  erdenklichen  europäiscben 
Kleidungsstücken,    v.  H. 

Mandibula,  s.  Schädel-  und  Skelet  Entwicklung.     v.  Ms. 

Mandibulae  (lat.),  Oberkiefer  oder  Kinnbacken  der  beissenden  Mundtheile 
bei  den  Insekten.  Sie  bestehen  aus  2  gebogenen,  öfter  innen  ge/ähnten  und 
sich  wagercchl  gegen  cineinder  bewegenden,  harten  Häkchen,  welche  zum  Ab* 
beissen  der  Stoffe  dienen.     E.  Tg. 

Mandibularbögen  und   Spaitenstück,  s.  Skeletentwicklung.  Grbch. 

Mandinga  oder  Maiidutgesen  sind  die  Reste  der  Chucunaken  und  haben  sich 
an  der  Küste  Central-Amerika's  bis  zur  Kaledoniabai  festgesetzt    v.  H. 


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Mandtngo.  3S9 

ifandingo  oder  BCalinke.  Die  mKcbtigste  Kegeniatioii  Senegamlneiu»  von 
H.  Baxth  auf  6 — 8  Millionen  geschätzt,  hat  ihre  Sitze  am  oberen  Senegal,  an  der 
Gambia  mid  am  Nigir,  aus  welchen  sie  sich  in  die  umgebenden  Länder  des 

Westens  von  Mittelafrika  verbreitete.  Die  M.  sind  schwarz,  mit  einem  Zusatz  von 
gelb,  nach  Einigen  wohlgcbildet  und  gross,  nach  Andern  hässlich  mit  dicken  Lippen 
und  platter  Nase;  fleissige  Viehzüchter  und  Ackerbauer,  von  gutraUthigem,  gast- 
freundlichem Wesen,  heiter  und  wissbcgieng,  aber  auch  bchlaue  Kaufleute,  welche 
weite  Reisen  macben  und  den  ganzen  Handel  vom  ganzen  Westen  Mittelafirika's 
in  Händen  haben.  In  der  trockenen  Jahrweit  treiben  sie  anch  IPIsdieref;  die 
Industrie  der  M.  ist  einfach,  doch  bereiten  sie  sich  ihre  Bedürfnisse  selbst;  die 
Fmuen  spinnen  und  Ilirben  Baumwolle  die  Männer  «eben,  gerben,  schmelzen 
Eisen  und  verfertigen  Gerälhe  daraus,  verstehen  sich  auch  auf  kleine  Goldarbeiten. 
Die  meisten  können  schreiben;  sie  sind  die  strengsten  Moslemin  in  Afrika  und  ver- 
abscheuen den  Genuss  berauschender  Getränke.  Doch  giebt  es  noch  viele  Stämme 
des  Innern,  welche  Heiden  sind,  und  diese  trinken  Bier  und  Meth.  Die  üeien 
M.  frühstücken  mit  Tagesanbruch  gewohnlich  einen  Mehlbrei  mit  Tamarinden  ge- 
säuert;  um  a  Uhr  geniessen  sie  wieder  einen  Mehlbrei  von  Milch  und  Schibutter. 
Die  Hauptmablseit  ist  aber  kurs  vor  Mitternacht^  und  dann  giebt  es  Kuskns  mit 
etwas  Eldsdk  und  Schibutter.  Sie  rauchen  alle  stark  selbstgebauten  Tabak  und 
lieben  sehr  eine  Art  Brettspiel.  Beim  Gruss  schQtteln  sich  die  Männer  die  Hände, 
bei  Frauen  hält  man  ihre  Hand  an  die  Nase  und  beriecht  sie  zweimal;  den  zurück- 
kehrenden  Hausherrn  empfängt  die  Frau  auf  den  Knien  und  reicht  ihm  einen 
Trunk  Wasser.  Die  M.  haben  eine  Art  Leibeieene  oder  Haussklaven,  die  jedoch 
sehr  gut  gehalten  und  nie  verkauft  werden  In  Zeuen  der  Hungersnoth  bietet 
mancher  Freie  sich  oder  seine  Kinder  als  Sklaven  an,  um  nur  zu  essen  zu  haben. 
Desgleichen  bringen  Schulden  in  Sklaverei,  seltener  Verbrechen.  In  allen  grossen 
Stildten  giebt  es  Magistrate  und  Richter;  in  den  Senegaktaaten,  wo  sie  doch  in 
grosser  Mindeiheit  sind,  haben  sich  die  If .  der  Gewalt  bemächtigt  und  die 
Regierungsstellen  mit  ihren  Leuten  besetzt  Stamme  der  M.,  welchen  sugieich 
verschiedene  Dialekte  zukommen,  sind  die  Bambuki,  KuraiAe,  Bambana,  Dschalonke, 
Sokko  oder  Asokko,  Serrawalli  oder  Tilubunkoe.  B^enger-Fkraud  spricht  den 
M.  ziemlich  entwickelte  Geisteseigenschaften  zu,  stellt  sie  jedoch  intellektuell  unter 
die  Fulah.  Sie  sind  ungemein  gastfrei,  und  ihre  Behandlung  der  Armen  und 
Kranken  ist  eine  humane;  auch  sind  die  M.  grosse  Liebhaber  der  Musik 
und  besitzen  ein  sehr  harmonisches  Balophun,  eine  Art  dreisaitiger  Vioime,  mehrere 
Arten  Guttanen,  endlich  Tamtam  und  dsenw  Zymhäüit.  Beim  Taasen  klatschen 
sie  in  die  HXade.  Sie  haben  Slinger,  die  im  Lande  nmbersiehen  und  sehr  beliebt 
sind,  auch  die  Kriegsattge  begleiten  und  durdi  ihre  Liedw  aus  dem  Siegrtife  aur 
Tapferkeit  anfeuern.  Sie  bedienen  sich  der  Bogen  und  Pfeile  mit^  vielem  Geschick; 
letstere  sind  im  Kriege  vergiftet.  Die  Elephantenjäger  haben  Feueigewehre.  Im 
tlbrigen  aber  wechseln  die  Tugenden  der  M.  nach  den  verschiedenen  von  ihnen 
bewohnten  Gebieten :  in  Banibuk  sind  sie  kriegerisch,  am  Senegal  viel  friedfertiger, 
aber  betrügerisch  und  diebisch,  am  Kasamanza  und  Gambia  prahlerisch,  zänkisch 
und  laul.  Sie  brennen  dort  die  Niederlassungen  nieder  und  misshandeln  die 
Handelsleute,  ohne  sie  jedoch  zu  tödten,  aus  Furcht  vor  Repressalien.  Ihre 
eigenen  Dfltfer  und  von  sdur  verschiedener  Grosse,  stets  aber  von  einem  Palissaden- 
weik  (»Tata«)  umgeben.  Jede  Ortschaft  ngutt  sieb  gewissermaassen  nach  Be- 
lieben; es  giebt  Jetit  sechsehn  kleiner  oligarchischer  Staatswesen,  der  M.,  unter 
wddien  kein  engerer  Zusammenhang  slatt6ndet.  Ueberall  findet  man  die  Autorität 

2ofll^  ^**^'**r"*  Va  BhBohniti»  Bd>V* 

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190 


Mandori  —  MudriL 


in  den  Händen  zweier  Mäimer  liegen:  des  -«Almamyc,  eines  geistlichen,  und  des 
»Soltike«  oder  »Alkatvi  d.  i.  de«  weltliclien  Oberhaupts,  welche  liäufig  mit  ein- 
ander in  Hader  liegen.    Dem  weltlichen  Oberhaupt,  welc  hes  die  Krieger  befehligt 
und  die  Justiz  ausübt,  sind  zwei  Älteste  (>Fode<)  beigegeben.    Die  Strafen  sind 
Bastonnade  und  fUr  Mord  Hinrichtuiig.   Im  Kampfe  tödten  die  M.  selten  ihren 
Gegner,  ausser  in  dnem  fegelrechten  Kriege.  Ihre  Lieblingswafle  ist  ein  grosser 
Säbel,  mit  dem  sie  flache  Hiebe  auatheilen,  die  lange,  aber  wenig  tiefe  Wanden 
verursachen.   In  den  muhammedantschen  M.«St8aten  nehmen  die  Priester  Als 
Koranverständige  den  nächsten  Rang  nach  dem  Könige  ein,  die  Htupüinge  den 
zweiten,  die  verschiedenen  Klassen  der  Handwerker  den  dritten  Rang,  dann  folgen 
die  unabhängigen  Freien,  hinter  diesen  die  im  I,ande  geborenen  Haussklaven  und 
zuletzt  die  als  Kriegsgefangene  oder  wegen  veriibter  Verbrechen  versklavten  Leute. 
Die  muhantmedaniächcn  M.  beschneiden  die  Kinder  beiderlei  Gcüchlechts  zwischen 
dem  14 — 16  Jahre  und  veranstalten  dazu  eine  obszöne  Feier.  Die  Neubeschnittenen, 
welche  vierzig  Tage  lang  von  den  übrigen  getrennt  leben,  tragqi  während  dieser 
Frist  ein  blaues,  bis  auf  die  Fttsse  reichendes  Gewand  und  darttber  eine  Art  blan 
und  weiss  gestreiften  Schurz,  eine  weisse  Mtttze,  Ringe,  Amulette  jeder  Art  und 
eine  lange  I.anze.    Die  M.  erblicken  im  Weissen  einen  Menschen  höherer  Klasse^ 
ein  gottbegnadetes  Wesen,  das  alles  vermag.   Die  Familie  ist  nicht  sehr  stark  ent- 
wickelt.   Bei  Heiratlien  macht  man  keine  weiteren  Umstände,  und  die  Kinder 
gelten  alle  für  gleich.    Der  M.  kauft  sich  gewöhnlich  2  —  4  Krauen  im  Werthe  von 
durchschnittlich  50 — 60  Mark,  doch  ist  die  Frau  keine  Sklavin,  jede  hat  ihre  eigene 
Behausung  und  Vorrathsspeicher.    Die  Frauen  sind  weichherzig  und  zärtliche 
Mtttter;  bei  der  Erziehung  der  Kinder  sehen  sie  haup^chlich  auf  Wahrheit  und 
Treue.  Die  Männer  tragen  den  weissen  oder  blauen  »Bubu«,  eine  grosse  bis  auf 
die  Fiisse  feilende  Bluse  und  eine  gletchfarlnge  spits  anlaufende  Hätte,  manche 
aiicli  kurze  türkische  Hosen  und  Sandalen.    Nur  die  Marabutin  schmücken  sich 
mit  einer  rothen  Mütze.    Dem  Manne  darf  ein  kurzer  Säbel  in  lederner  Scheide 
nicht  fclilcn,  der  von  der  linken  Schulter  herabhängt,  ebensowenig  ein  kleiner 
Lederbcutel   mit   dem  Amulett  oder  Talisman.    Die  Weiber  legen  nur  einen 
schmalen  Streifen  Zeug  um  die  Lenden,  tragen  aber  sonst  eine  l'nmn^  c  von 
Schmucksachen.    Ehebruch  ist  häufig«  wird  jedoch  strenge  ^jcalmdet.    Der  Ver- 
fQhrer  erhält  die  Bastonnade  und  wird  mit  seiner  ganzen  Familie  als  Sklave  ver- 
kauft. Die  Frau  wird  aber  nicht  bestraft;  oft  werden  sogar  die  Weiber  von  ihren 
eigenen  Gatten  ausgesand^  fremde  Händler  zu  verfiihren,  um  diese  dann  aus- 
plündern  zu  dürfen.    Die  M.  werden  nicht  alt,  mit  40  Jahren  bekommen  sie  graue 
Haare  und  Runzeln;  sehr  wenige  erreichen  das  sechzigste  Jahr.    Sie  leiden  viel 
an  Fiebern  und  Flüssen,  welche  sie  durch  Dampfbäder  zu  vertreiben  suchen. 
Stirbt  ein  M.,  so  kommt  sogleich  der  Almamy,  um  Gebete  zu  verrichten.  Dann 
bekleidet  man  die  Leiche  aufs  Beste  und  verscharrt  sie  sofort  30—40  Centim.  tief 
und,  wenn  es  die  eines  Freien  gewesen,  in  baumwollene  Zeuge  oder  Matten  ein- 
gewickelt. Acht  Tage  darauf  hält  man  die  Leichenfeier,  aufweiche  Frauen  aber 
erst  nach  zurückgelegtem  40.  Lebensjahre  Anspruch  haben.  Die  Zeit  berechnen 
die  M.  nach  der  Regenzeit  und  dem  MondwechseL  Die  Jahre  benennen  sie  nadi 
B^benheitent  die  darin  besonders  von  Bedeutung  filr  sie  gewesen  sind.    v.  H. 

Mandori.    Völkerschaft  des  Alterthums,  im  Innern  Libyen^  vom  Gebirge 
Mandrus  bis  zu  den  Daradae  wohi^aft.    v.  H. 

Mandril,  s.  Cynocephalu^  Briss.    v.  Ms. 


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Mandnieni  —  Mangandscha. 


291 


MandruenL  Eine  ausser  dem  Namen  nach  völHg  unbekannte  Völkerschaft 

im  alten  Baktrien.     v.  H. 

Mandschis.    Eine  der  vier  grossen  Familien  der  Kharwar  (s.  d.).      v.  H. 

Mandschu,  Mantsclui  oder  Mandschuren,  Name  der  unter  chinesischer 
Hoheit  stehenden  Tungusen  (s.  d.);  etwa  4  Millionen  an  der  Zalil  in  einigen 
sechzig  Stammen.  Die  M.  bemächtigten  sich  1644  des  chinesischen  Thrones, 
welchen  sie  noch  behaupten.  Ihre  in  mehreren  Dialekten  gesprochene,  im 
Ganzen  sanfte  Sprache  ist  die  Hofsprache  in  Peking  und  hat  manche  Wurzeln 
mit  mongolischen  und  türkischen^  ja  selbst  mit  indogermanischen  Idiomen  ge- 
mein. Zu  den  M.  gehören  die  Lamuten  am  ochotzkischen  Meere  und  die  sogen. 
Schibä  im  Ilithale.  Die  M.  sind  heller  gefiürbt  und  schwerer  gebaut,  haben  mehr 
Bart  als  die  Chinesen  und  verrathen  mehr  geistige  Fähigkeit.  Sie  sind  aufge- 
weckt, kriegerisch  und  mit  grosser  Energie  begabt,  ehrlicli  und  often,  aber  auch 
rauh  und  schmutzig.  Früher  dem  Schamanismus  ergeben,  sind  sie  jetzt 
Buddhisten  und  fa.st  ganz  in  der  chinesischen  Kultur  aufgegangen.  In  ihrer 
Heimath  treiben  sie  nur  im  Süden  Acker-  und  Gartenbau,  meist  jedoch  sind  sie 
Hirten,  Jäger  uod  Fischer.  Trots  ihres  Aufgehens  in  der  chinesischen  Gesittung 
unterscheiden  sie  »ch  in  sozialer  Beziehung  scharf  von  den  Chinesen  ebenso  wie 
von  den  Übrigen  unteijochlen  Völkern.  Sie  sehen  mit  Verachtung  auf  alle 
fremden  Stämme  herab,  die  ihnen  nur  zu  gehorchen  haben,  und  jeder  M-Soldat 
dUnkt  sich  bei  weitem  höher  als  der  höchste  Beamte  der  Mongolen  oder  Ta- 
taren, der  sich  seinerseits  auch  wohl  in  Acht  nimmt,  einen  M.  m  beleidigen     \  H. 

Mandubii.  Völkerschaft  des  alten  Ciallien,  oslhch  von  den  Anduern, 
zwischen  ihnen  und  den  Lingoncn,  sowie  westlich  von  den  Sequanern  wohn- 
haft.    V.  H. 

Maneger,  s.  Maniagren.    v.  H. 

Mtuentibnuicliia,  John  Hogc  (1.  manere  bleiben,  gr.  brancMa  Kiemen), 
^  JPtram^amhiaia  (s.  d.).  Ks. 

Manetenerys  oder  Mantenerys.  Indianer  Brasiliens  am  Aracä  und  Hyuacu, 
bauen  Baumwolle,  spinnen,  weben  und  hüllen  sich  in  Gewänder  und  tauschen 
mit  den  Weissen  Tabak,  Raumwolle  und  Garn  gegen  Messer  und  Angelhaken. 
Ihr  Baumwollenzeug  ist  grob,  sonst  aber  recht  dauerhaft  und  für  Hängematten 
sehr  brauchbar;  sie  selbst  verfertigen  daraus  ihre  Poncho  für  die  Männer  und 
die  sackartigen  Röcke,  auch  Ueberwürfe  filr  die  Frauen.  Das  zarte  Geschlecht 
hat  sich  bereits  im  Hause  Autorität  verschafit,  denn  nicht- selten  htfrt  man  Weiber 
tapfer  ihre  Manner  schelten.  Loder  sind  die  M.  Diebe  und  Bettler.  Sie  gehören 
unter  die  Flussmdianer,  denn  bestandig  bewegen  «e  sich  im  Wasser  auf  und  ab 
in  ihren  langen  vortrefflich  gearbeiteten  und  dauerhaften  >UIms<  (Etnbau- 
men).     v.  H. 

Manga.  i.  Verwandte  der  Kanuri  (s.  d.),  bewohnen  einen  prnssen  Theil 
des  nordwestlichen  llurnu  und  haben  sich  als  besonderer  Stamm  erhalten. 
2.  Negerstanim  der  Nilregion,  verschieden  von  den  Kredsch.      v.  H. 

Mangal.  Jetzt  verschwundener  Afghanenstamm,  welcher  wahrscheinlich  zu 
dem  grossen  Stamme  der  Weziri  in  naher  Verwandtschaft  standen,    v.  H. 

Mangandsduu  Volk  des  Sambesibeckens,  westlidi  vom  Nyassasee.  Die 
M.  stehen»  wenn  sie  ihr  Gesicht  und  den  Körper  nicht  absichüich  verunstalten, 
im  Allgememen  etwas  höher  und  sind  bedeutend  umgänglicher  ab  die  Übrigen 
Afrikaner.  Ganz  mit  Unrecht  hält  sie  Livingstone  für  den  j urechten  Neger- 
typua.«  Ihnen  fehlt  vor  Allem  die  aufgestttlpte  Nase,  und  der  Sprache  nach 

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Ifingarf  —  Iftnguangat. 


sind  sie  sicherlich  den  Kaffem  zuzuzählen.    Am  besten  erscheinen  die  M.  des 
Tieflandes.    Ihr  Auftreten  ist  männlich,  ihre  Sinnesart  entschlossen.    Im  Allge- 
meinen sind  sie  f^ut  gewachsen,  ihre  Gliedniaassen  <  hon  und  ebenmässig  gebaut. 
Bei  crwach:>eiieu  iMännern  erscheint  die  Muskulatur  geradezu  riesenhafL  Die 
Stellung  der  hAsdich  venmrtilteleii  Frauen  itl  dne  weniger  gedrOckte  als  sonst 
in  Afrika,  denn  sie  können  sogar  zur  Wttrde  eines  Ittuptlings  gelangen.  Die  M. 
verfertigen  Thongefiisse»  kennen  aber  die  Töpfersdieil»  nicht;  auch  können  sie 
Nftpfe  machen,  und  Netze  werden  aus  Pflanzenfasern  bereitet.  Sie  bearbetten 
das  Eisen,  haben  Kohlenbrennereien  und  Schmieden,  weben  Baumwolle,  flechten 
Körbe  und  treiben  Ackerbau.    Ihre  Kleiderstoffe,  Geräthc  und  Waffen  sind  sehr 
gut  und  geschmackvoll  gearbeitet;  in  allen  häuslichen  Verrichtungen  sind  sie  sehr 
geschickt,  aber  an  Muth  und  Tapferkeit  stehen  sie  ihren  Nachbarn  nach.  Eine 
günstige  Vorstellung  erweckt  ihre  Rechtipllcge,  obwohl  der  Giftbecher  (sMuawei) 
im  Schwange  geht.   Sie  glauben  an  ein  höchstes  Wesen  (»Mpambei),  und  wie 
es  scheintj  auch  an  die  Unsterblichkeit  der  Seele.  Im  Übrigen  sind  sie  adur  un- 
reinlich,  arger  Völlerei  ergeben,  namentlich  leidenschaftliche  Biertrinker,  end* 
auch  unverbesserliche  Sklavenhändler.    Die  Dörfer  liegen  an  passend  auige- 
wählten  Stellen,  und  jedes  Dorf  hat  einen  »Boalo«,  eine  Art  Dorfwirthshaus,  wo> 
hin  die  Männer  auch  ihre  -  .Arbeitt  mitnehmen.   Der  Handel  besteht  im  Austausch 
von  Tabak,  Salz,  getrockneten  Fischen,  Häuten  und  Eisen.    Die  Männer  sind  in 
hohem  Grade  putzsüchtig  und  verwenden  viel  Zeit  auf  iinen  Haarschmuck;  da- 
bei behängen  sie  den  ganzen  Körper  mit  allerlei  Zierrath,  und  an  Fingern, 
Daumen,  Hand-  und  Fussgelenk,  Armen  und  licnden  dürfen  Ringe  von  Messing, 
Kupfer  oder  Eisen  nicht  fehlen.    Die  Frauen  >  schmücken  c  sich  mit  dem 
>Pelele,c  einem  Ring,  der  in  der  Oberlippe  befestigt  wird.  Keine  Frau  lisst  »ch 
ohne  Pelele  blicken,  ausser  wenn  sie  um  einen  Todten  trauert  Ausserdem 
haben  sie  den  Kopf  ganz  kahl  geschoren.    Mit  grosser  Schonung  behandeln  sie 
auch  die  ehrwürdigen  Sedimente,  die  sich  auf  ihrem  Körper  ablagern,« denn  jähre» 
lang  bertihrt  kein  Wasser  ihre  Haut.      v.  H 

Mangan,  Volk  Mittel-Afrika's,  südlicli  von  Wudai.     v.  H. 

Mangbälle,  Stamm  der  Monbuttu  (s.  d.).     v.  H. 

Mangbattu,  s.  Monbuttu.    v.  H. 

Mangetta  (nach  dem  italienischen  l^aturforscher  J.  Manoili,  der  1804  eine 
sootomische  Arbeit  über  Conchylien  veröffentlichte,  .daher  richtiger  MmgilutJ, 
Risse  1S36,  Pleurotomiden-Oattung  ohne  Deckel,  Ausschnitt  abgerundet  und 
dicht  an  der  Naht,  Kanal  kurz,  Skulptur  wesentlich  in  dicken  Vertikalrippen  be- 
stehend, oberste  Windungen  glatt.  Ausscnrand  der  Mündung  oft  verdickt. 
Mehrere  Arten,  durchschnittlich  6 — 10  Millim  lang,  in  Mittelmeer  und  Nordsee, 
in  massigen  Tiefen,  z.  R.  atknuala  uud  ;/  ////<?  in  letzterer,  Vauqur/ini,  Pavrau- 
DEAu,  und  tacnia/a,  Deshayes,  in  crsterem,  andere  m  den  tropischen 
Meeren.     E.  v.  M. 

Manghit,  Stamm  der  Oesbeken  (s.  d),  aus  welchem  die  Chane  von  BochAia 
entsprossen  sind,  bewohnt  in  grosser  Zahl  die  Umgebung  von  Karschi.     v.  H. 

Mangiliai  s.  Mangelia.    E.  v«  M. 

MangowitiS,  N^ervolk  Mittel-Afrika's,  heidnisch,  streitbar,  in  psychischer 
Beziehung  den  Bomuanern  ganz  gleich  und  ebenso  hässlirh  wie  diese.     v.  H. 

Mangries.    Kleines  Negervolk  der  Körnerküste.      v.  H. 
Manguangas.   Malayenvolk  in  der  c'nrdülera  Su^ut  auf  Mindanao,  erstrecken 
sich  bis  zu  dem  grossen  See  von  Üuayan  oder  Magmdanao.    Sie  zählen  nach 


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293 


einer  älteren  Schätzung  80000  Köpfe  und  sind  Heiden.  Sonst  sind  sie  noch  un- 
bekannt    V.  H. 

Maximianen.  Halbwilde  Malayenstämme  im  Innern  der  grossen  Insel  Min- 
doro  und  in  den  Gebirgswildnissen  der  Eilande  Romblon  und  Tablas.  Mit  den 
Tagalen  scheinen  rie  nichts  gemein  zu  haben,  eher  könnten  sie  vielleicht  als  ein 
besonderer  Zweig  der  Visayas  au^efasst  iveiden.  Die  M.  waren  seiner  Zeit  sehr 
genannt,  weil  sie  zo— 15  Centim.  lange  SchwAnze  haben  sollten.  Ihre  Zahl  wird 
in  der  jüngsten  Zeit  auf  30000  Köpfe  veranschlagt.  Im  Aensseren  sollen  sie  den 
eigentlichen  Malayen  ähnlicli  sein.  Die  M.  von  Mindoro  zerfallen  in  kleinere 
Stämme,  deren  einige  in  friedlichem  Verkehr  mit  den  Christen  stehen,  während 
andere  deren  Berührung  fliehen.  Die  M.  von  Romblon  sind  herumschweifende 
Müssigganger  und  rauben  den  Christen  Vieh.  Die  M.  von  Mindoro  bestatten 
noch  jcbEt  ihre  Todten  in  Höhlen,     v.  H. 

Mangun  oder  Oltscha.  Stamm  der  Tungusen  (s.  d.)  an  der  SüdkUste  des 
Odiotskischen  Meeres;  ne  sind  die  civilisirtesten  aller  Tungusen.  Im  Aensseren 
gleichen  rie  am  meisten  den  Golden  (s.  d.),  haben  wie  diese  vorstdiende 
Backenknochen,  schwane  Augen  und  Haare,  letztere  gewöhnlich  frei  herabhüngend 

oder  zu  einem  Bündd  auf  dem  Schöpfe  gebunden.  Schnurr-  und  Knebelbart 
sind  ärmlich,  oft  reisst  man  auch  diesen  Anflug  noch  aus.  Die  Frauen  scheiteln 
das  Haar  in  der  Mitte  und  lassen  die  Zöpfe  hinten  hinabhängen.  Beide  Ge- 
schlechter tättowiren  sich  das  Gesicht  mit  einigen  kreuzförmigen  Flecken  an  der 
Stirn.  Die  Kleidung  ist  nach  Mandschuschnitt  und  besteht  meist  aus  Fischhaut 
und  Thierfellen;  an  einem  Ledergürtel  baumeln  allerhand  Siebens:ichen.  Die 
Sditthe  rind  aus  Ifirschhaut  oder  Seehundsfell;  im  Sommer  geht  man  barfuss» 
Die  Hüte^  sehr  mannig&ltig  in  der  Form,  sind  aus  Fils,  Birkenrinde  oder  Stroh, 
im  Winter  aus  Pels,  der  dann  auch  die  leiditere  Sororoerkleidung  verdrängt. 
Die  Tracht  der  Frauen  Ist  Ahnfich,  nur  farbiger  und  verzierter  als  jene  der 
Männer.  Ohrringe  von  Messing,  Silber-  oder  Kupferdraht  sind  sehr  beliebt.  Die 
Wohnungen  richten  sich  nach  Jahreszeit  und  Beschäftip:ung.  Die  M.  sind  vor- 
wiegend Fischer  und  keine  eigentlichen  Nomaden,  führen  aber  trotzdem  kein 
sesshaftes  Leben.  Der  M.  ist  ein  vortreflTlicher  Flussschiffer.  Die  Fischerei  ge- 
schieht mittelst  Netzen  nnd  Harpunen,  welche  die  eingeborenen  Schmiede  sehr 
geschickt  herstellen.  Die  stabilen  Wohnhäuser  rind  geräumig,  halten  10  bis 
15  Meter  im  Geviert;  die  Wände  bestehen  aus  Holzbalken,  deren  Zwischenräume 
mit  Stroh  und  Lehm  gedichtet  sind,  das  Dach  aus  Birkenrinde,  der  Fussboden 
aus  gestampftem  Lehm.  Dicht  beim  Wohnhause  steht  ein  Stangengerüst  zum 
Fiscbtrocknen.  Die  Vorrathshäuser  stehen  auf  Pfählen  und  sind,  wie  die  Wohn- 
häuser, niemals  verschlossen.  Diebstahl  ist  ein  unerhörtes  Verbrechen.  Bären- 
feste  feiern  die  M.  wie  die  Giljaken,  welchen  sie  auch  sonst  in  religiöser  Be- 
ziehung fjlcichen.  Die  Schamanen  besitzen  grosse  Macht;  ganz  besondere 
Verehxung.  wird  den  Todten  gezollt  Der  Charakter  der  M.  ist  gut  und  brav, 
^e  ehren  das  Alter,  rind  liebevoll  gegen  ihre  Kinder,  die  Frauen  unterstützen 
die  Männer,  auf  welchen  der  Mhwerste  Tbeil  der  Arbeit  lastet  und  werden 
keinesw^  schledit  behandelt  Eine  besondere  Regieningsform  besteht  nidit, 
wohl  aber  gilt  die  väterliche  Autortät  sehr  viel.  Die  Kinder  stehen  bis  zu  einem 
gewissen  Alter  ganz  unter  der  Gewalt  des  Vaters,  der  dem  Sohne  die  Braut 
wähU,  wahrend  dieser  noch  im  Knabenalter  steht.  Sobald  der  Bursch  sein 
achtzehntes,  das  Madeben  das  fünfzehnte  Jahr  erreicht  hat,  findet  die  Hochzeit 


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Mangusta  —  Manis. 


Statt.  Polygamie  ist  erlaubt,  aber  nicht  allgemein  verbreitet,  das  Levirat 
Sitte.     V.  H. 

Mangusta,  Oi.iv.,  s,  Heqicstcs,  Ti.r.inFR.     v.  Ms. 

Mangwe  oder  Mangiie  sind  Cliorotegas  (s.  d.),  welche  zur  Zeit  der 
spanischen  Eroberung  an  drei  Stellen  Mittcl  Amerika's  lebten;  heute  existiren 
sie  nur  noch  in  zwölf  Dörfern  im  Umkreise  der  Seen  vun  Masaya  und  Apoyo 
und  führen  noch  den  alten  Namen,  welcher  vielleicht  auf  das  Wort  '>Mänkeme< 
d.  h.  Herr  zurückzuführen  ist.  Ihre  Sprache  ist  fast  ausgratorben  und  war 
zwdfellos  mit  jener  der  Chiapaneken  in  Mexiko  verwandt    v.  R. 

Maniagregu  Stamm  der  Tungusen  (s.  d.)  am  Hnken  Ufer  des  Amur.  Die 
Benennungen  M.,  Manegren,  Minoren,  Mangyren  und  Manyary  sind  alle  gleich- 
bedeutend und  vielleicht  russischer  Abstammung.  Die  M.  stimmen  fast  in  allen 
Stücken  mit  den  Orotschoncn  (s.  d  '  'iberein  und  unterscheiden  sich  von  diesen 
nur  darin,  dass  sie  zum  Reiten  stau  der  Kentliiere  i'ferde  gebrauchen.     v.  H. 

Maniaten.    So  nennen  sich  selbst  die  Mainoten  (s.  d.).     v.  H. 

Manjazer.   Zweig  der  bulgarischen  Slaven.     v.  H. 

Maniini  oder  Omanni,  Zweig  der  alten  Lygier  (s.  d.},  sttdÜch  von  den 
Burgundionen  sesshaft.    v.  H. 

Ifeniota  oder  Mayna,  Manoitos.  So  nannten  die  Missionäre  die  Konibo, 
Schipibo  und  Schetebo-Indianer  zusammen.     v.  H. 

Manipuri.  Volk  Bengalens,  den  Naga  (s.  d.)  sehr  ähnlich,  obwohl  ihre 
Züpe  feiner  geworden.  Ihre  Annalen  datiren  voni  30.  Jahre  der  christlichen 
Zeitrechnung  und  enthalten  die  Geschichte  von  47  Königen.  Die  M.-Frauen  leben 
gegen  Hindubrauch  völlig  frei.  Sie  stehen  dem  Haushalt  vor,  besorgen  die 
Aussenarbeit  und  den  Einkauf  der  Lebensmittel.  Junge  Frauen  und  Mädchen 
kommen  öfter  zu  einem  Spiel  (»Kangsanabac)  zusammen»  an  dem  auch  junge 
Burschen  Theil  nehmen  dürfen.  Die  Spielenden  werfen  mit  einon  elfenbeinernen 
Diskus  nach  dem  Samen  einer  Schlingpflanse,  weldie  in  den  Fuasboden  des 
Hauses  gesteckt  ist.  So  lange  die  M.'Frauen  jung  sind,  zeichnen  sie  sich  durch 
ihre  schönen  sanften  Züge  aus.  Hir  Hauptanzug  ist  ein  buntfarbiges  Gewand, 
welches  über  den  Busen  und  unter  den  Armen  zusammengefaltet  wird  und  bis 
auf  die  Knöchel  reicht.  Juno^e  Madchen  tragen  Mieder  und  kurzes  Hüttgewand. 
Die  M.  haben  kein  geschriebenes  Gesetz  aber  uralte  Gebräuche,  welche  als  Ge- 
setz gelten;  so  z.  B.  ist  Sklaverei  erlaubt,  verlässt  aber  ein  Sklave  seinen  Herrn 
für  einen  andern,  so  nimmt  man  an,  dass  er  schlecht  behandelt  worden  sei  und 
gestattet  seinem  ersten  Herrn  nicht,  ihn  wieder  einzufangen.  Ein  Mann  darf 
seine  Frau  ventossen;  tirat  er  es  aber  ohne  Grund,  so  hat  de  das  Rechte  ach 
all  sein  persönliches  Eigenthum,  mit  Ausnahme  eines  Bechers  und  seines  Lenden- 
kleides  anzueignen.  Die  grösste  Strafe  flir  eine  Frau  besteht  in  einer  öffentlichen 
Ausstellung  derselben  mit  geschorenem  Kopfe.  Brahmanen  werden  verbrannt 
wenn  sie  sich  gegen  die  ijcstehenden  Gebräuche  vergehen.  Der  herrschende 
Fürst  ist  Autokrat,  und  Verrath  gegen  ihn  das  schwerste  aller  Verbrechen.     v.  H. 

Manis,  L.  Schuppenthier,  altweltliche  Gattung  der  (entomophagen)  EJentaia. 
Zähne  fehlen,  MundÖffiiung  klein.  Aeussere  Ohren  sehr  klein,  bilden  eine  klappen- 
artige Hervorragung.  Zunge  wunnförmig,  sehr  weit  vorstreckbar,  mit  kleinen 
rückwärts  gerichteten  Spitzen  besetzt  Körper,  Gliedmaassen  und  Schwanz  mit 
grossen,  dachziegelig  über  einander  liegenden  Homschuppen  bedeckt;  auch  die 
Unterseite  des  langen  und  kräftigen  Schwanzes  ist  beschuppt.  Vorder-  und  Hinter- 
fUsse  fünfzehig,  mit  starken  langen  Nägeln  bewehrt  Das  Jochbein  fehlt  meistens, 


Digitizr: 


atets  das  Thrflnenbdti  und  d«r  knAclieme  Gehörgang.  Keine  SdiMsselbeine. 
Sitsbew  verbindet  sich  mit  den  Querfortsätzen  des  3.  Sacralwiriiels.  Dickdarm 
sehr  kurz,  vom  Dttnndann  nicht  abgesetzt   Leber  4lappig.  Der  pankreatische 

Gang  mündet  weit  hinter  dem  Gallengange.  Milz  sehr  gross.  Am  Mastdarm» 
ende  zu  jeder  Seite  ein  in  den  After  mündender  Drüsenbeutel.  Rechte  Lunge  5-, 
linke  2lapjMg  (Giebki  ).  Hoden  lagern  in  der  Inguinalgegend.  —  Zwei  pectorale 
Milchdrüsen.  —  Die  Schuppenthiere  sind  auf  Asien  und  Afrika  resp.  auf  die 
äthiopische  und  orientalische  Region  beschränkt,  durchwegs  sind  sie  langsame, 
harmlose,  vorwiegend  nächtliche,  von  Ameisen  und  iermiten  lebende  Formen; 
t&t  können  ndi  zu  ihrem  Schutze  kiqpdförmig  zusammenroUei^  bewohnen  selbst 
gegrabene  Erdhöhlen.  Ihr  Fleisch  ist  geniessbar,  werden  deaahalb  auch  gejagt. 
Fossilieste  «nd  nicht  bekannt  —  i.  Arten  mit  weit  Aber  körperlangem  ver- 
schmälertem Schwänze»  mit  borstig  behaarten  VorderHissen,  mit  kleiner  (hinter 
die  äusseren)  zarückgebogencr  Innenkrallc.  Äfanis,  Sund.  M.  iengumtdaUt,  Shaw., 
(M.  macroura,'E^y.}  ,  M.ajricana,  Dksm.).  Langschwän^i^e«;  Schnpi>entlMer.  Von 
der  I  bis  1*3  Meter  betragenden  Gesanimtlänge  entfallen  fast  ^  aut  den  Schwanz. 
Farbe  schwärzlichbraun;  Schuppen  schwärzlich  und  gelblich  gerändert,  die  des 
Körpers  smd  länglich  zugespitzt,  bilden  1 1  Reihen.  Die  mediane  Schuppenreihe 
ergiebt  für  den  Kopf  9,  den  Rumpf  14,  fUr  den  Schwanz  43—44  Schuppen. 
Hetmadi  Westküste  von  Ikßttel-Afrika  (Sierra  Leone«  Guinea,  am  Senegal  etc.).  — 
Etwas  kleiner  ist  M*  iricuspis,  Sumdbv.  (M,  mulüscutai»,  Grav)^  mit  19^8 1  Quer* 
reihen  der  hier  schmalen,  längsgestreiften,  zum  Theil  dreispitzigen  Schuppen ;  die 
mediane  Reihe  weist  18  —  20  Rumpf-  und  38  Schwanzscblippen  auf.  Heimath: 
Guinea.  2.  Schwanz  höchstens  körperlang,  Vorderbeine  aussen  beschupj)t.  Innen- 
kralle gleich  den  ät!p<5eren  (riiolidotus^  RRy?«^.,  Sund.),  a"»  Dorsalschuppen  17  (15) 
bis  19  reihig,  die  seitlichen  gekielt.  Schwan/  sehr  schmal.  —  M.  javanica,  Desm., 
Körper  ca.  60,  Schwanz  47  Centim.  lang.  Schuppen  dunkelbraun.  Am  Bauch 
und  Halse  stehen  kurze  gelbliche  Borstenhaare.  -Das  javanische  Schuppenthier 
lebt  auf  Java,  Sumatra,  Bomeo,  Celebes  und  der  malayischen  Halbinsel  in  be> 
waldeten  Geburgsgegenden:  erklettert  Btume,  frisst  auch  Kflfer  nnd  WQrmer.  — 
M.  Dttlmmmi,  Sund.  (China),  b)  Schuppen  ii<*i5 reihig,  breit,  niigends  gekielt. 
Sdiwanz  an  der  Wurzel  von  Körperbreite  (FhtOagts,  Sumd.),  M.' laHcttudata,  Illig. 
(M.  pattadactyla,  L.,  brachyura,  Euxr..,  crassicaudafa,  Geoffr.,  macroura,  De.<;m.). 
Breit  oder  kurzschwän/iges  Schuppenthicr,  :'.PangoHn<  :»Badjarkit<.  Gesammt- 
lange  127  Centim.;  hiervon  entfällt  etwa  die  Hälfte  auf  den  Schwanz.  Tn  der 
medianen  Reihe  finden  sich  am  Kopfe  11,  auf  dem  Rücken  und  Schwänze  je 
16  Schuppen.  Ostindien  (Madras,  Pondicheiy,  Bengalen,  Assam,  Malayische 
HallMnsel,  Ceylon)  —  M,  Tmmnküi  Smuts  (SnuttsiOt  Gray),  Steppenschuppenthier 
»Abu-Khirfii«,  Körper  Schwanz  (von  Körperdicke,  wenig  sich  verjüngend) 
30  Centim*  lang»  K<^f  kurz.  Körperschuppen  sehr  gross,  i4Teihig,  Schwanz* 
schuppen  5,  (am  Ende)  4reihig.  7n  der  Medianreihe  entfallen  auf  den  Kopf  9, 
den  Rücken  13,  den  Schwanz  6  Schuppen.  Farbe  der  Schuppen  blass  gelblich- 
braun mit  lichterer  Spitze.  Die  stark  gekrümmten  Vorderkrallen  sind  unten  aus- 
gehöhlt, die  ilinterkraJlen  sehr  kurz  und  platt.  Bewohnt  die  termitenreichen 
Steppen  des  tropischen  Afrika.  —  Ausser  den  Hand-  und  Lehrbüchern  der 
Zoologie  vergl.  besonders  W.  von  Rapp,  Anat  Unters,  über  »Die  Edentaten«, 
Tübingen  1S52.  GiBUKL,  »Die  Sängethieie  etc.c  I^ipzig  1S59  und  Bbbmms  Thier- 
leben.  IL  Anfl.  Band  s.  —    v.  Ms. 

Manitari  Wahncheinltcfa  eine  Unfteiabtiieüang  der  allen Minäer  (s.d.).  v.  H 


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»9« 


Manjuema  —  M«nobo. 


MaajttenMi  oder  Manyuem«.    Volk  Ihnerafrika's,  un  Lnalaba,  mit  aduBn  \ 
gefonDten  Köpfen,  aber  »edrigem  noFaliscben  Standpunkt  Die  Ffanen  haben 
eine  «ranne  hellbranne  Hautfarbe,  gerade  Nasen,  reizend,  icbwane  Augen, 

schöne  Köpfe,  kleine  Hinde  und  Füsse,  vollkommene  KOrperformen  und  wären 
noch  viel  hübscher,  wenn  sie  nicht  die  Zähne  spitz  feilten  und  den  Nasenflfif^el 
mit  einem  in  den  Nasenknorpel  gesteckten  Glasstückchen  ausbauchten,  üe^cn 
die  Reisenden  zeigen  sich  die  M.  sehr  neugierig,  aber  stets  gutmUthig,  ehrlich 
und  gefällig.  Im  schroffen  Gegensalz  dazu  steht  ihre  bis  auf  die  Spitze  getriebene 
politische  Zersplitterung,  ihre  ewigen  Fehden  unter  einander  und  die  grauenhafte- 
Leichtigkeit,  mit  welcher  die  cdiwenten  Morde  vezttbt  weiden.  Die  M.  aind  auch 
sicherlich  Kamubalen,  essen  aber  nur  im  Kriege  getötete  Feinde^  tcheiiien  bei 
ihren  kannibalischen  Orgien  von  Rache  aufgestadielt  zu  sein  und  lassen  nicfai 
gerne  Fremde  als  Zuschauer  zu.    Frauen  nehmen  daran  niemals  theiL     v.  H. 

Maniwn,  wenig  bekannte  Indianerhorde  Brasiliens,  aber  noch  immer  zahl- 
reich.    V,  H. 

Mankassaren  oder  Makassaren.  Wohl  zu  den  Malayen  gehörender  Volks- 
stamm im  Südwesten  der  grossen  Insel  Celebes.  Die  Frauen  der  M.  sind  an- 
genehm, nicht  vom  geselligen  Verkehre  ausgeschlossen  und  können  selbst  den 
Thron  besteigen,    v.  H. 

Mifll«^  so  nennen  sich  selbst  die  Nogaier  (s.  d.}. 

UanlBoS«  nach  Dr.  Holub  der  schfinste  Menschenschlag  im  Mamtae-Reiche 
(S(id-Afrika),  mit  bedeutend  längerem  Wollhaar,  welches  sie  hoch  aufkämmen, 
wodurch  der  Kopf  wesentlich  grösser  erscheint  Nächst  den  Mambunda  verfertigen 
die  M.  die  schönsten  Holz-  imd  Homschnitzereien.  Ihre  Wohnungen  sind  grosse, 
2  Meter  hohe  und  2  Meter  breite  T-änc:sh litten.     v.  H. 

Manna,  im  Süden  von  Bagirmi  wohnender  Heidenstamm,  welcher  die  Zahne 
spitz  feilt.     V.  H. 

?*^«**^*'H^*,  B.  Gicada«    £.  Tg. 

Mannnhok,  Zweig  der  Lenni-Lenape  (s.  d.).    v.  H. 

MaiwinrhildUn»,  Cmiu  matm^ms,  EioitG.,  eme  zu  den  Ctitidtt  (a.  d.) 
gehörende  Schildlaus,  deren  wachsgelbes,  mit  Büscheln  weisser  Flaumbaaie  be* 
decktes  Weibchen  in  den  Umgegenden  des  Berges  Sinai  auf  Tamarix  mann^tra 
lebt  und  durch  seinen  Stich  das  Ausfliessen  von  Manna  bewirkt.     E.  Tg. 

Manobo,  heidnischer  Mischstamm  auf  Mimlanao.  Die  M.  erinnern  in  ihrem 
äusseren  Habitus  an  Chinesen  und  leben  in  ganz  kleinen  Horden,  welche  ge- 
wöhnlich nur  aus  dem  Häuptling  (»Bagani«)  und  den  Brüdern  seiner  Frauen  be- 
stehen. Ihre  Htttten  stehen  auf  hohen  Ffithlen,  ebenso  die  Scheunen  und  Vor* 
tathshinser,  die  mitten  in  den  Feldern  stehen.  Die  M.  im  Norden  treiben  Acker-, 
besonders  Reisbau,  femer  Fiscbfimg  mittelst  Reusen  und  Netsen.  Die  M.  am 
Davaobusen  nähren  sich  nur  vom  Fischfange,  ja  im  Nothlalle  sdbst  von  ekel' 
hailen  Reptilien.  Die  ackerbauenden  M.  sind  aber  nicht  sesshafl,  sondern  gittn» 
den  sich,  sobald  der  nie  cfediingte  Ackerboden  erschöpft  ist,  anderwärts  ein  neues 
Heim.  Sie  leben  in  Polygamie,  doch  gilt  nur  eine  Frau  als  die  legitime,  der 
die  anderen  zu  gehorchen  haben.  Jede  Frau  hat  eine  Hütte  für  sich,  ihre  Kinder 
und  die  ihr  zugewiesenen  Sklaven.  Da  alle  Feldarbeit  auf  ihren  Schultern  ruht, 
so  besteht  in  der  grösseren  Zahl  derselben  auch  der  grössere  Reichthum  des 
Mannes.  Ihre  Waffen  sind  Lansen,  Schilde,  Dolche  und  Schwerter,  in  Daw 
wissen  sie  auch  meisterhaft  Bogen  und  Pfeil  su  gebrauchen.  Sie  leben  m  be- 
ständigen Kriegen  und  Fehden,  haben  einen  Ahnenkultns  wid  kennen  nodi  an- 


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llanoitos      Mantel  der  UdUmken. 


S97 


dere  Götter.  Der  Kaiman  >virdi  von  ihnen  heilig  gehalten.  »Diuatac  ist  dei 
Gott  der  Erntefeste;  ihm  werden  Schweine  geopfert  und  an  das  Opfer  dne  grosse 
Schmaoaerei  geknflpft  Hochverehrt  ist  auch  der  Kriegsgott  »Tagbusanc .  Kach 
beendigter  Einte  ziehen  die  M.,  wenn  die  eingdtolten  Auspisien  glflclcverheissend 
sind,  auf  den  Kriegspfad.  Alle  Erwachsenen  werden  niedergemetzelt,  die  Weiber 
und  Kinder  aber  in  die  Sklaverei  abgeführt.  Ihre  Bestialität  äussert  sich  sogar 
in  einer  Art  von  Kannibalismus.  Die  Schädel  der  erschlagenen  Feinde  werden 
nach  Hause  mitgenommen,  aber  nicht  aufbewahrt.  Einen  der  Gefangenen  pßegen 
sie  nach  glücklich  erfolgter  Heimkehr  gleichsam  als  Dankopfer  dem  Kriegsgotte 
auf  grausame  Weise  abenschlachten.  Jeder  Todesfall  wird  durch  den  Mord  eines 
aiglosen  Wandeieia,  dem  sie  im  Walde  auflauem,  wett  gemacht  Die  M.  von 
Sttrigao  sind  weniger  blutdttrM^.  Itfan  betrachtet  »e  als  Settenawei^  der  Igorroten, 
wohl  nur  mit  Bezog  auf  ihre  Kiiegslust  und  Fressgelage,  v.  H. 
Manoitos,  s.  Maniota.     v.  H. 

Manouria»  Gkay.  Testudiniden-(Chernden-)Gattang  mit  9  indoaastralischen 

Arten.  Pf. 

Manrali,  Völkerschaft  des  Alterthums  am  Südfusse  des  Kaukasus.  Ihr  Name 
hat  sich  noch  in  dem  heutigen  Mingrelien  erhalten.     v.  H. 

Mansos,  Leithammel  (s.  d.)  der  spanischen  Wanderschafheerdea  (s.  Merino- 
schafe). R. 

ManaaÜrAa,  Zweig  der  Bischftrin  (s.  d.)  am  Rothen  Meere,  um  Suakin.    v.  H. 

Mamtaeties,  Stamm  der  Betschuaaen  (s.  d.).    v*  H. 

Mantelgürtelthier,  Gürtelmaus,  Schildwurf,  s.  Chlamydophorus,  Haxl.  v.  Ms. 

Mantelpavian,  s.  Cynocephalus.     v.  Ms. 

Mantenerys -Indianer,  s.  Manetenervs.     v.  H. 

Mantel  der  Mollusken,  so  wird  seit  Cuvter  die  Rückenhant  der  Mollusken 
genannt,  insofern  sie  rechts  und  iinks,  vom  oder  hinten,  oft  in  all  diesen  Rich- 
tungen zugleich,  lappenbildend  über  die  anderen  Körpertheile  (Rumpfseiten, 
Kopf,  Fuss)  vorspringt  und  diese  mehr  oder  weniger  bedeckt  Dadurch  entsteht 
die  Eigenthflmltchkeit,  dass  der  Mantel  in  der  Mitte  des  Rückens  eine  einfische, 
warn  auch  mehr  oder  weniger  dicke  Haut  ist,  deren  Durchbohrung  direkt  in  das 
Innere  des  Thieres  filhrt,  an  den  Seiten  dagegen,  beziehungsweise  vom  und 
hinten,  doppelt  ist  und  eine  freie  Unterseite  hat,  die  Durchbohrung  daselbst  zu- 
nächst nur  in  die  taschenförmige  Vertiefung  führt,  welche  in  der  Regel  das 
Athmungsorgan,  den  After  und  die  Geschlcchtsoflnung  enthält  und  noch  durch 
eine,  wenn  auch  oft  recht  dünne  F(;rtsetzung  der  äusseren  Körperhaut  von  der 
inneren  Leibeshöhle  getrennt  ist.  In  der  Substanz  des  Mantels  bildet  sich  durch 
Kalkablagerung  die  Schale  (ausgenommen  diejenige  von  Argonatiia  und  die  Fuss- 
platte  von  B^pm^x)  und  zwar  entweder  in  seiner  ganzen  FUchenausdehnung 
und  so  dass  Ober  derselben  nur  one  dflnne  Cuticularschicbte  bleibe  —  voll- 
ständige, Süssere  Schale  —  oder  nur  in  einem  kleineren  Theile,  namentlich  dem, 
der  Herz  und  Athmungsorgane  bedeckt,  und  dann  in  der  Regel  auch  weniger 
oberflächlich,  so  dass  noch  eine  dicke,  am  lebendigen  Stoffwechsel  theilnehmende 
Schicht  organischer  Substanz  über  dieser  unvollständigen  inneren  Schale  bleibt. 
Im  ersteren  Falle  erscheint  der  Mantel  hauptsächlich  n  nr  als  innere  Auskleidung 
der  Schale,  die  eben  an  ihren  Rändern  durch  fortdauernde  Kaikabscheidung  aus 
demselben  wichst  und  daher  auch  Form  und  Farbstoffe,  sowie  Narbenstellen 
nach  stattgehabter  Verletzung  von  demselben  fkbemimmt;  im  zweiten  Fall  er- 
eiteheint  der  Mtutel  mehr  selbständig  und  bietet  durdi  die  derbere  Beschafienheit 


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Mantelthicr«  —  Maotras. 


selbst  den  anderen  Körpertheilen  Schutz.  Hochgradige  Attsbildaag  des  Mantels  mit 
Schale  findet  sich  bei  den  spiralgewiindenen  Schnecken,  die  sich  ganz  in  ihre 

Srlirile  zurikkziclicn  können.  Starke  Kniwicklung  des  Mantels  ohne  entsprechende 
der  Schale  bei  einigen  Opisil.obranrhiatcn,  wie  Doris  und  PUurobranchus,  unter 
den  Piilmonaten  bei  Onchidium  und  P'aginuius,  unter  den  l'rosobranchiaten  bei 
Lamdlaria.  Ganij  geringe  Ausbildung  des  Mantels  bei  Limax  und  Arion,  sowie 
unter  den  Meetsdinecken  bei  Tritonia  u.  dergl.     E.  v.  M. 

Mantelthlere,  s.  Tuoicaten  und  Asddia.  Rcmr. 

Mantelthiere»  s.  Urochorda  (Entwicklung).  Gmch. 

Mantidae,  s.  Mantodea«    E.  Ts. 

Mantis  (gr.  Seher)  reügiosa,  L.,  Gottesanbeterin,  s.  Montodea.     E.  Tg. 

Mantispa,  Ir,Li<; ,  Florschrecke,  s.  Hemerobidae.    E.  Tc. 

Mantodea,  Birmiisikr,  Fangschrecken  (Fangheuschrccken"^ ,  Familie 
der  schreitenden  Ortliopteren,  welche  sich  durch  ihren  langgestreckten  Korper, 
besonders  langen,  stabförmigen  Prothorax  und  die  zu  Fangarmen  umgewandelten 
Vorderbeine  ausseichnen.  Der  freie  Kopf  ist  nach  vom  verschmälert,  schief  nach 
unten  und  hinten  gestellt  und  trügt  siemlich  lange  BoxatenfÜhler  und  3  Funkt- 
augen. Die  Flttgel  sind  meist  entwickelt^  die  vorderen  ledeiaitig  und  durdi- 
sichtig»  vorherrschend  grfin  gefiirbt,  der  breitere  Hinterildgel  mehr  glashell, 
manchmal  mit  buntem  Augenfleck  gezeichnet;  die  hinteren  Beine  sind  laqg  und 
dünn,  der  gestreckte  Hinterleib,  auf  dem  Rücken  wenigstens  aus  10  Gliedern 
bestehend,  trägt  am  Ende  2  gegliederte  Anl^änesel,  sogen.  "Raife.  Die  Arten 
leben  votn  Rauhe,  vorherrschend  in  den  wärmeren  Erdstrichen.  Die  Familie 
ist  neuerdings  namentlich  von  de  SAi?ssimF.  in  zahlreiche  Tribus  oder  Sippen 
und  Gattungen  zerlegt  worden,  von  denen  in  Europa  nur  3  vertreten  sind:  Man- 
tidae,  Körper  und  Schenkel  ohne  blattartige  Erweiterungen,  obere  Afterklappe 
^  $  nicht  voigesogen.  Hierher  Mantis  nUgma  L.,  Gottesanbeterin,  grttn, 
wie  alle  andern,  mit  aufgerichteten  Fangannen  auf  Beute  lauernd  an  Boschweik, 
vereinzelt  bis  an  das  südlichste  Deutschland,  in  l'yrol  etc.  Hkspidae,  von  Form 
der  vorigen,  aber  die  obere  Aflerklappe  dreieckig  ausgezogen;  Empusidae  mit 
Empusa,  iLi.uifcR,  Füsse  und  Hinterleibssegmente  mit  blattartigen  Anhängen  ver- 
sehen.  —  H.  uk  Saussuke,  Mdlangcs  ortlioptdrologiques  in  den  M^m  d.  1.  Soc. 
d.  physique  et  d'histoire  nat.  de  i»en^ve  XXIT  (1872,  1873);  XX  (1870)  be- 
handelt die  Fortsetzung  der  ßiaiiiäae  und  die  I'hasmodta.     E.  Tg. 

Maotras.  Wilder  Menscbenstamm  auf  der  Halbinsel  Malakka,  der  au  den 
Oiang  ßenua  sMhlt  Die  M.  haben  krauses,  aber  nicht  eigenUidi  wolliges  Haar, 
dicke  Lippen,  fast  schwarze  Hautliurbe,  breite  Nasen,  sind  mittelgzoas,  hager  und 
mit  starker  HautausdUnstung  behaftet.  Ihre  Zahl  mag  2000  sein.  Die  Männer 
tragen  liCndengürtel  aus  Leinwand  oder  Bast,  die  Frauen  den  verhüllenden 
-Sarong«,  nur  die  Kinder  geben  nackt.  Bei  Festen  tragen  die  Männer  die 
malayischen  Beinkleider,  ein  Oberkleid  mit  langen  Aermeln  und  mitunter  ein 
farbiges  Tuch  um  den  Kopf,  die  Frauen  den  ;  Badyu-pandyang,«  ein  langes, 
vorne  ofienes  Kleid,  an  der  Brust  durch  eine  JSadei  zusammengehalten.  Das 
Haupthaar  wird  meist  kurs,  oft  gans  geschoren.  Die  Frauen  flechten  das  Haar 
auf  dem  Scheitel  in  Kransfonn  und  schmücken  dasselbe  mit  silbernen  Naddn. 
Ab  weitere  Zier  dienen  silberne  Ohrgehäng»,  Halaschnflre  aus  Schweins-  oder 
Tigentäbnen  u.  deigl.  Die  Behausungen  sind  elende  Httten,  oft  ohne  Thür 
und  Fenster.  Die  M.  verzehren  alles,  was  ihnen  in  den  Wurf  kommt.  Sie  sind 
vorwiegend  Jlger.  Ihre  Waffen  sind  die  Lanze,  der  Säbel  (»Facang«),  der  Dolch 


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Mtiitse  —  Mtmos. 


«99 


tnkd  d»  Blaierohr  (»Tumiang«)  mit  vo-gütetem  PfeUe;  dem  Qwnktar  nadi 
sind  die  M.  mild  und  bei  der  geringsten  Streitigkeit  suchen  sie  einen  andern 
Wohnort  auf.  Zweimal  im  Jahre  feiern  sie  Feste  mit  Spielen  und  Tänzen.  Das 
Lieblingsinstniment  der  Frauen  ist  eine  Art  Guitarre  (»Kranti«).  Die  M.  lieben 
starke  geistige  Getränke  und  rauchen  auch  Opium.  Dem  Spiel  sind  beide  Ge- 
schlechter leidensr1iaft]ich  ergeben.  Ehescheidung  ist  sehr  Iniiifig;  der  schuld- 
tragende Mann  muss  den  Eltern  der  Frau  eine  Geldbusse  zahlen.  Beim  Iloch- 
zeitsfeste  niuss  der  Mann  die  Braut  im  \\'ettlaufe  einholen,  eine  Erinnerung 
an  einst  üblichen  Frauenraub.  Verstorbene  werden  beerdigt,  und  das  Grab  ge- 
messt  eine  gewisse  Pflege.  Das  Hans  des  Todten  wird  aber  verlassen  und  ge- 
wöhnlich zieht  sogar  das  Dörfchen  ab.  Tempel,  Altäre,  Priester  und  Götsen* 
bilder  besicsen  sie  nicht,  glauben  aber  an  einen  höchsten  allmichtigen  Geb^ 
der  im  Himmel  thront  Daneben  aber  treiben  böse  Geister  ihr  Wesen,  welche 
Krankheiten  verursachen;  auch  an  Magie  wird  geglaubt,     v.  H. 

Mantse.    Urvolk  in  der  chinesischen  Provinz  Ss'tschwan.     v.  H. 

Manubrium,  s.  bkeletentwicklung,  Gruch. 

Manubrium  der  Medusen;  die  orale  Aus^iehung  des  Subumbrella,  welche 
den  oralen  Theil  des  Gastrairaumes  in  sich  schliesst.  Pf. 

Blanus,  Hand  (s.  str.)-  Die  allgemeinen  Verhältnisse  dieses  Extremitäten- 
absdiaittes  bei  den  emzelnen  Wirbelthierklassen,  die  Bedeutung  des  Ausdruckes 
fHand«  und  die  fragliche  Berechtigung,  denselben  auf  den  Endabscbnitt  der 
Hintereatremität  der  Affen  anzuwenden,  wurde  bereits  an  anderer  Stelle  (s.  Ex- 
tremitäten und  Hand)  erörtert  und  daselbst  auch  der  anatomischen  Eintheilung 
der  Hand  in  3  Abschnitte:  Handwurzel,  Mittelhand  und  Finger  gedacht.  Der 
als  Handwurzel  oder  Corpus  bezeichnete,  mit  der  Speiche  (Radius)  sich  gelenkig 
verbindende  Theil  der  Vorderextremität  setzt  sich  aus  8,  beziehungsw  eise  9  Knochen- 
stücken zusammen,  welche  sich  in  2  Reihen  ordnen.  Die  proximale  Reihe  weist 
auf:  ein  »Radiale  (Naviculare),  ein  In term edium  ^Z^/mr/u/nyl  und  ein  Ulnare 
(Triquetrum) ;  ausserhalb  ^ta  Corpus  gelagert,  ist  dem  Ulnare  das  Eibsenbeindien 
»Pisiforme«  angefflgt  Die  distale  Reihe  coroponirt  sich  aus  4  Knochen  (Gar* 
pale  1—4  resp.  Muäangulum  mapts  (radialwärts),  MutUmguhim  mimts,  CafHahm 
s.  Magnum,  Hamatum  s.  Uncinatum);  der  4.  (ulnarwärts  liegende)  als  Hamoiim 
gewöhnlich  bezeichnete  Knochen  artikulirt  mit  zwei  Mittelhandknochen  (die  3  an- 
deren mit  je  einem),  und  scheint  hiernach  durch  (ursprünglich)  2  discrete 
distale  Carpalia  (Carj)ale  4  und  5)  vertreten  gewesen  zu  sein;  >andeutungswcise< 
findet  sich  ein  solcher  Zerfall  des  4.  Carpale  in  zwei  auch  beim  Menschen  (Barde- 
leben), bei  Marsupialiern,  Rodenticren  u.  e.  a.  Die  ursprüngliche  Gestaltung  des 
Säugercarpus  weicht  übrigens  durch  die  grössere  Zahl  von  Carpalknochen  sehr 
«rbeblich  von  di($ßem  allgememen  Befunde  ab;  so  lagerten  awischen  beiden 
Querreihen  zwei  sogen.  Ceniraiwt  die  beim  Menschen  (im  a.  Foetalmonate),  femer 
bei  einigen  anderen  Säugern  nachgewiesen  wurden.  Ein  mit  sämmtlichen  Hand- 
wurzelknochen artikulirtes  Centrale  besitzt  die  Gattung  Chiromys,  beim  Menschen 
soll  es  sich  in  04"  erhalten;  normal  verschmilzt  dieser  Knochen  mit  dem  Ra- 
diale; das  2.  Centrale  (Trianguläre)  geht  im  os  capitatum,  dessen  iKopf«  bildend, 
auf.  etc.  —  Mit  der  dist^-ilen  Reihe  der  C'.irpalknochcn  verbinden  sich  die  5  Mittel- 
handknochen (s.  Metacarpus),  auf  deren  »Capitula«  die  ersten  Phalangen  »Grund- 
phalangen« der  Finger  gleiten;  der  s.  bis  5.  Finger  (Zeige-,  Mittel-,  Ring-  und 
kleiner  Finger)  besitzen  hier  »Ireie  Gelenke«,  der  1.  Finger  (Daumen)  ein  sogen. 
»Winkelgelenk«  (Beugung-Streckung;  etstere  gestatten  anch  Abduction  und  Addac* 


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300 


tton).  Mit  Ausnahme  des  2  phaiangigen  Daumen,  besitzen  die  Finger  eine  Grund-, 
IkGttd-  und  Endphalange.  In  Bezug  auf  die  Reducthra  der  Ftngenahl  (4,  3, 
t«  i)  und  die  sich  in  Folge  dessen  ergebenden  Aendeningen  im  Baue  des  Garpus 
und  Meteottpus  s.  ausser  den  einschligigen  anatomiwhen  Spedatattikeln  audi 
die  Artikel  ttber  die  einaelnen  Klassen  und  Ordnungen  der  Wirbeltiiiere.  — 
!  itcrat ur:  Carl  Gegenbaubr,  Untersuchungen  zur  vergleichenden  Anatomic  der 
Wirbelthiere  Heft  i.  Carpus  und  Tarsus.  Leipzig  1864.  —  Th.  H.  Huua 
Zeugnisse  für  die  Stellung  des  Menschen  in  der  Natur.  Braunschweig  1863.  — 
F.  M.  Balfoi  k,  ZumCarpus  und  Tarsus  der  Saurier.  Morph.  Jahrbuch  II.  Band  1876, 
sowie  desselben  Autors  >NachtTägec  ebenda  in  VI.  Bde.  1880.  —  C.  Gegenbauer, 
Kritische  Bemerkungen  Uber  PolydactyUe  des  Atavismus,  ebenda  VI.  Bd.  1880.  — > 
H.  l^taoocQ,  de  Tos  central  du  caipe  chex  les  mammifi&res.  Acad  Rojrale  JU^ 
gique.  3  Stfr.  Tom.  IV.  Mi.  —  R.  Wbdeisiibim,  Die  ältesten  Formen  des  Carpus 
und  Tarsus  der  heutigen  Amphibien.  Moiphd.  Jahib^  IL  Bd.  1876  etc.  etc. 
Von  allgemeiner  Lit.  s.  u.  a.  besonders  I.  Hemle,  Handb.  der  System.  Anat  des 
Menschen  (Leipz.  1880).  R.  WisDEasHBiu,  Lehrb.  d.  vcigl.  Anat  der  Wirbd* 
thiere.   Jena  i886,     v.  Ms. 

Manx.  Bewohner  der  englischen  Insel  Man.  Ursprtlnglich  reine  Kelten 
(s.  d.),  deren  Idiom  sich  dort  bis  vor  kurzem  erhalten  hat.  Die  M.  sind 
grossentheils  mit  den  Bergwerken  und  der  ausgedehnten  Häringsfischerei  be* 
schftftigt    V.  H. 

Manyir^Weber  (JPhtius  sitiaüis,  Blvth).  Rchw. 

Manzaneroa»  s.  Tschenna,    v.  H. 

Manzinillo  oder  San  Blas-Indtaner,  Zweig  der  Daritf.    v.  ä 

Manjr'sche  Drüsen,  s.  Sehorganeentwicklung.  Grbch. 

Maoggu.  Volk  ^^ittel-Afrika's,  südöstlich  und  südlich  von  den  Monbuttu. 
Die  Völkerstellung  der  noch  so  gut  wie  unbekannten  M.  ist  bis  jetzt  durchaus 
unbestimmt     v.  H. 

Maopitian  oder  Froschindianer,  von  Mao = Frosch  und  Pitian  =  Volk,  Stamm, 
werden  so  von  den  Wapischianna  genannt^  nennen  sich  selbst  aber  Mawakwa, 
wohnen  an  der  iiördlichen  Giense  der  Wqyawal,  sind  im  Ausatexben  be« 
gfiffim«    V*  H. 

Maori.  Eingeborene  der  Doppelinsel  Neu  seeland,  nach  einem  Worte  ihrer 
Sprache  geheissen,  das  »eingeboren«  bedeutet.  Sie  sind  unzweifelhaft  nach  Sprache 
und  Sitte  polynesischer  Abkunft  nnd  in  ihre  dermalipen  Wohnsitze  von  Norden 
her  eingewandert.  In  alten  Liedern  und  Ucbcrhelerungen  hat  sich  die  Er- 
innerung daran  noch  lebhaft  erhalten.  Manche  Umstände  sprechen  dafür,  dass 
ihrer  Einwanderung  andere  Urcmwoiiner  vorangegangen  waren,  die  vielleicht 
durch  sie  vernichtet  worden  sind.  WlOuend  A.  K.  Kkai«  die  M.  fllr  efawa 
reinen  Menschentypus  hXl^  machen  sie  nach  Edw.  SrortlaiiDi  Fbkd.  vom  Hocr- 
STSTTBR  und  A.  R.  Wallacb  den  Eindruck  einer  vielfach  gemischten  Race. 
Unter  100  Personen,  sagt  HocHSTErmt,  sind  etwa  87  braun  mit  scfawanem 
straffen  Haar;  diese  repräsentiren  am  meisten  den  polynesischen  Typus;  etwa 
TO  haben  eine  mehr  röthlirh  braune  Hautfarbe  und  entv.eder  kurzes  gekräuseltes 
oder  langes  straffes  Haar,  aber  mit  cmem  Stich  in  ein  schmutziges  rost-  oder 
rothbraun;  drei  Prozent  haben  endlich  eine  schwarzliche  Hautfarbe  mit  krausem, 
jedoch  nicht  wolligem  Haar.  Am  deutlichsten  erkennbar  ist  die  Mischung  mit 
der  malayischen  und  melanesischen  Race.  Die  Häuptlinge  gehören  gewdhnlidi 
xom  rem  polynesischen  Tjrpus.  Auffidlend  ist  auch  der  grosse  Unteradiied  in 


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Maori. 


der  Phjrsiognomie  and  der  jüdische  Gesichtityptts,  wie  man  ihn  unter  dem  Nga- 
tiwhakam-Stamme  antriffl.  Ueber  das  Aeussere  der  M.  stimmen  die  Urtheilc 
nicht  überein.  Dem  Schädel  nach  scheinen  sie  Mesokephalen  mit  einem  Längen- 
breitemndex  von  76 — 77  imd  einer  Schädelkapazitat  von  1440 — 1420  Centim.  zu 
sein.  Zweifelsohne  sind  sie  einer  der  korperiich  entwickeisten  swilden«  Stämme. 
In  Aukland  sind  sie  nur  etwa  4  MiUim.  kleiner  als  die  dortigen  britischen  Sol- 
daten.  Dos  Körpergewicht  ist  ziemlich  dasselbe,  die  mildere  Weite  der  Brust 
ebenso,  in  kdiperticher  Stilrke  stehen  sie  aber  den  EngUlndeni  nicht  uibedeuCend 
nach.  fSn  Vc^^eich  swischen  ML  und  den  Qbrigen  Polynesien!  fiUlt  nach  Darwim 
sehr  zu  Ungtmsten  der  ersteren  aus,  und  Hugo  ZÖLUnt  sah  zu  Aukland  bloss 
einige  Leute  gemischten  Blutes,  die  man  hätte  schön  nennen  können.  Die  Glied- 
maassen  der  M.  sind  viel  plumper  als  die  der  Polyncsier,  ihre  Gestalt  gross  und 
massig.  Recht  auffallend  sind  die  mit  besonderer  Künstlerschaft  gepflegten 
1  attowirungen  des  Antlitzes,  deren  kutnplicirte,  aber  symmetrische  Figuren  das 
ganze  Gesicht  bedecken,  während  die  tiefen  Einschnitte  dadurch,  dass  «e  das 
Spiel  der  oboflllchlicben  Muskeln  seratöien,  das  Ansehen  starrer  Unbeugaarokeit 
und  selbst  Wildheit  dem  Gesiebte  verleOu».  Einige  haben  etwas  Stolses  und 
Gebieterisches  in  ihrer  Hattnng  und  tragen  den  Stempel  einer  nrsptttngUch  edlen 
und  hochbegabtoi,  jetst  aber  verkommenden  Race.  Zur  Zeit  ihrer  Entdeckung 
durch  die  Europäer  waren  die  M.  in  der  That  rohe,  aber  hochbegabte  Wilde, 
die  bereits  die  ersten  Schritte  zu  gesitteteren  Zuständen  zurückgelegt  hatten. 
Aus  den  ganz  rohen  Gebilden  alter  Felsmalereien,  die  man  an  der  Weka  Pass- 
Range  bei  Waikari  gefunden,  aber  ableiten  wollen,  dass  die  M.  c'mal 
eine  weit  höhere  Kultur  besessen  haben,  als  sie  je  besessen,  heisst  freilich, 
die  Dinge  auf  den  Kopf  stellen.  Wahr  ist  aber:  Sie  lebten  in  bequemen,  mehr 
oder  minder  mit  Schnitswerk  versierten  Hiusem,  deren  Pfosten  und  Balken  mit 
lodi»  und  wdssfiurblgen  ScbnOrkdn  bemalt  waren.  Ihre  Dörfer  waren  mit  PalU- 
saden  und  befest^;t  ^  sogen.  »Pac  —  und  von  umCugrdcben,  mit  süssen  Kar- 
toffeln, Taro,  und  mit  Melonen  bepflanzten  Gärten  umgeben.  Ihre  Kenntnisse 
in  der  Gartenbauknnst  waren  nicht  unbeträchtlich,  denn  sie  wandten  selbst 
die  Methode  Utr  Bildung  eines  künstlichen  Bodens  an,  indem  sie  Sand  mit  dem 
natürlichen  Jioden  vermischten,  um  ihn  leicht  und  porös  und  so  zum  (rcdeihen 
der  süssen  Kartuhein  geeignetet  zu  machen,  und  die  Art  des  Anbaues  der  ge- 
wl^fidien  Kutoflel  aeigt  ihre  Anstelljgkeit  und  Betriebsamkeit.  Der  ^bei* 
mische  Flachs  (J'Afirmhm  itnax)  in  seinen  verschiedenen  Arten  wurde  angebaut, 
g^M»t  und  SU  Geweben  und  verschiedenen  Kleidungsstflcken  verarbeitet  Audi 
war  dne  Art  Tauschhandel  im  Schwange  und  sie  kannten  eine  Zeiteintheilung 
die  auf  astronomische  Kenntnisse  gegründet  war.  Sie  theilten  nämlich  das  Jahr 
in  Monden,  deren  erster  durch  den  Aufgang  der  Pleiaden  bestimmt  wurde.  Auch 
kannten  sie  schon  eine  j^esellschaftliche  Gliederung  und  ihre  oft  sehr  rohen  Ge- 
bräuche waren  an  besondere  Satzungen  gebunden.  Seither  sind  die  M.  so  viel- 
fach mit  der  europäischen  Gesittung  in  Berührung  gerathen,  dass  von  ihren 
früheren  Zuständen  fast  nichts  mehr  übrig  geblieben  ist,  wenngleich  sie  anderer- 
seüi  nach  Hocnsnm's  Urtbeii  dennoch  unikh^g  sind,  sich  sur  Höhe  euro- 
plischer  Bildung  und  Gesittung  emporzuschwingen.  Die  M.  der  Gegenwart  gehen 
an  dieser  Halbheit  zu  GruiMle.  Fbrousson  schildert  sie  als  eine  noble  Race  mit 
vortrefflichen  Anlagen.  Sie  sind  meist  sehr  geschickt,  so  z.  B.  können  sie  sehr 
schöne  Körbe  aus  Flachs  machen,  welche  die  Europäer  »M.-Basketsc  nennen. 
Sie  sind  sehr  geschickte  Fischer  und  xu>ch  bessere  Vogelsteller.    Die  meisten 


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3«» 


können  lesen  und  schreiben  und  entwickeln  oft  staunenswerthe  Kenntnisse  in 
Geographie  und  Geschichte  sowie  in  Botanik,  welche  in  staunenerregender  Weise 
bei  ihnen  herangebildet  ist  M.  sind  als  Mitglieder  des  Unteihatites  in*s  Kolo- 
nialparlament  geschickt  worden  und  zeigten  sich  als  bemerkenswerth  intdligente 
Leute;  ne  wissen  alle  2ur  Verhandlung  gelangenden  Ge^genstinde  vortrefSich  su 
würdigen,  nicht  bloss  jene,  welche  sich  auf  die  Verhältnisse  ihrer  Landsleute  be- 
zichen. Alle  ihre  Reden  zeichnen  sich  aus  durch  eine  merkwürdige  Klarheit  im 
Ausdriu  k,  durch  Unabhängip-keit  in  der  Auffns'^iinj^  und  offenbare  Sachkenntnis!?. 
Die  M.  sind  von  allen  Pcjlyncsiern  unljcstritten  die  l)ildun<^sfahigsten ;  in  den 
Schule  machen  die  M.-Kinder  dieselben  Fortschritte  wie  die  weissen.  Während 
Ackerbau  und  Viehzucht  die  Hauptbeschäftigung  bilden,  nehmen  sie  auch  Theil 
an  Handwerken  und  Gewerben,  und  namentlich  ist  ein  grosser  Theil  der  KOsten- 
schiflahrt  in  den  Händen  der  M.,  die  als  gewandte  und  unerschrockene  See- 
fahrer einen  wdt  verbreiteten  Ruf  geniessen.  Viele  erfreuen  nch  grosser  Wohl- 
habenheit, leben  vollkommen  europäisch,  und  Vielen  wird  von  den  Engländem 
sogar  ein  genllemanlikes  Wesen  zuerkannt.  Braune  Kavaliere  und  Damen  zu 
Pferde  sind  hSufige  Krschcintingcn.  Die  Männer  sitzen  stets  tadellos  im  Sattel 
und  sind  oft  prächtige,  mailialische  ( 'icstalten.  Den  Weibern  aber  fehlt  es  trotz 
der  zierlich  in  behandschuhter  Hand  gehaltenen  Reitgerte  die  leichte  Anmuth 
der  europäischen  Amazonen.  Ihre  Züge  sind  unweiblich  grob,  ihr  schwarzer 
Haarwuchs  meist  nicht  genug  gepflegt,  und  in  allen  Bewegungen  ist  soviel  Ur" 
wttchsiges,  Eckiges,  dass  ihr  Vomehmthun  höchstens  komisch,  wenn  nicht  gar 
abgeschmackt  wirkt.  Zwar  sieht  man  suweilen  schöne  wohlgebildete  Gestalten, 
aber  naturgemäss  giebt  sich  bei  den  Weibern  die  Verkommenheit  noch  viel  deut- 
licher kund  als  bei  den  Männern.  Struppig  hängen  ihnen  die  ungekämmten 
Haare  in  die  Stirn  herein,  ihr  meist  grellfarbiger  Anzug  ist  unordentlich  und  die 
europSischcn  Köcke  stehen  ihnen  ebenso  abscheulich  wie  allen  Wildinnen. 
Häufig  hocken  sie  betrunken  auf  der  Strasse  herLiin.  Die  Weiber  höherer  Ab- 
kunft sind  kenntlich  an  blauen  i  ättowirungen,  die  sie  auf  das  Kinn  und  die 
Lippen  beschränken.  Gtttig  und  gastfrei,  unter  gewöhnlichen  Umständen  nicht 
streitsüchtig,  können  die  M.  doch  in  die  grösste  und  grausamste  Barbarei  ver- 
lallen. Ihr  Jähzorn  ist  sprichwörtlich;  sie  sind  rachsüchtig,  streitbar  und  kriegs- 
lustig und  haben  mit  den  Weissen  wiederholt  blutige  Kriege  geftlhrt  Der  Um- 
stand, dass  diese  Kriege  stets  unter  der  angeblichen  Schirmvogtei  der  Schuts- 
geister und  festbestimmten  Gesetzen  gemSss  gefÜlirt  wurden,  da.ss  also  ein  ge- 
wisses (iefühl  religiöser  l'llicht  in  solchen  Zeiten  Einfluss  auf  sie  übte,  mindert 
einigermaassen  den  Abscheu  vor  der  ungeiicuercn  Barl)arei  vieler  ihrer  Handlungen. 
Aug'  um  Aug ,  Zahn  um  Zahn,  war  auch  das  anerkannte  Rcchlsprincip  der  M., 
welches  zur  Blutrache  führte,  die  in  einer  gewöhnlichen  Fonn  (>Utuc)  und  ehier 
besonderen»  giässlicheren  (»Uto«)  auftrat.  Das  Christenthum,  zu  dem  jetzt  fast 
die  Gesammtiieit  der  M.  bekehrt  ist;  hat  viel  zur  Milderung  der  Sitten  beige- 
tragen, wenngleich  von  dem  tieferen  sittlichen  und  geistigen  Wesen  desselben  in  die 
Neubekehrten  nur  wenig  eingedrungen  ist.  Im  Maorikriege  von  1858  sprach  der 
Häuptling  Na  Wire  niu  Tamihana  tc  Waharoa,  gewtjhnlich  William  Thomson, 
zum  damaligen  Gouverneur:  lihr  nehmt  uns  unser  Land  und  damit  unser  Brot, 
—  und  dafür  predigt  Ihr  uns  das  Christenthum,  davon  wir  aber  nicht  lel  en 
können. €  Noch  im  Jahre  1876  haben  sich  die  M.  der  Natewa-Bay  wieder  vom 
Christcnthume  losgesagt  und  sind  zum  Heidenthume  zurückgekehrt.  Sonst  sind  die 
M.  zwar  der  äusseren  Observanz  nach  die  strengten  und  besten  Christen,  welche 


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IfaofL 


303 


mitunter  eine  Staunenswerth e  Bibelkenntniss  verrathen  «nd  in  manchen  Stücken 
selbst  die  Engländer  übertreffen,  was  nicht  hindert,  dass  als  der  Stamm  Waira- 
rapa  im  Januar  1871  die  Summe  von  2000  Pfd  St.  für  verkaufte  Ländereien  er- 
hielt, sich  der  ganze  Stamm  berauschte  und  noch  am  Tage  der  Auszahlung  selbst 
drei  M.  sich  zu  Tode  tranken.  Viele  liessen  sich  indess  nar  taufen  um  materieller 
Voitheile  willen,  und  eigentlich  sind  doch  bloss  an  die  Stelle  der  alten  heidnischen 
Sitten  und  Ceremonien  christliche  getreten  und  werden  wohl  auch  mit  einander 
vermengt  So  hat  sich  eist  in  jflngster  Zdt  das  sogen.  >Pai  Marire«  herausge- 
bildet und  sollte  wohl  eine  Grenzlinie  des  Hasses  zwischen  M.  und  Entopäer 
ziehen.  Es  ist  eine  entsetzliche  Mischuno:  von  Christenthum,  Spiritualismus  und 
M.- Aberglauben.  Seine  Liturgie  ist  ein  Phrasenjargon  aus  dem  Gesant^-  und 
Messbuch  und  dem  Einmaleins.  Der  Gottesdienst  besteht  in  Zauberformeln, 
über  die  hinaus  sich  die  M.  noch  niemals  zum  wahren  Gebete  erhoben  haben. 
Die  Gebräuche  dieser  Religion  sind  nicht  minder  seltsam  als  ihre  Liturgie.  Sie 
schUessen  die  Polygamie,  das  »Tabu«  und  im  Kriege  mindestens  auch  den  Kanni- 
balismus ein.  Doch  scheint  letzterer  den  M.  physisch  abstossend  geworden  und 
selbst  bei  den  ianatischen  >Hau-hau«,  den  AnhlngNn  der  Pai  Marire,  im  Ver* 
löschen  b^jriffan  zu  sein.  Sonst  verzeichnet  die  Geschichte  schon  im  Jahre  1843 
den  letzten  wirklichen  Fall  von  Kannibalismus  auf  Neuseeland  und  im  April  1872 
starb  7X1  Olunemuro  Aer  letzte  Menschenfresser  Saraca.  Nirgends  mehr  findet 
man  Spuren  von  Polygamie  und  die  Familien  leben  auf  einfach  patriarchalischem 
Kusse,  Die  Einsetzung  der  Ehe  wird  sogar  durch  Strafgelder  im  Uebertrclungs- 
faile  geschützt,  aber  noch  im  Februar  1875  niusste  das  Gericht  zu  Wellington, 
wdi  ein  Mann  nach  allem  M.-Branche  ein  widerstrebendes  Mädchen  an  den 
Haaren  gezogen,  um  ae  zu  zwingen,  seine  Frau  zu  werden,  entsdieiden,  dass  kern 
Mann  ein  MÜdchen  gegen  dessen  Willen  zur  Ehe  zwingen  dttrfe,  und  diese  ver- 
werflidie  Neuerung  fand  bei  den  anwesenden  M.  durchaus  keinen  Beifall.  Im 
Allgemeinen  werden  aber  die  Frauen  von  den  Männern  gut  behandelt;  viele  be- 
nehmen sich  ihnen  gegenüber  nun  wie  die  Europäer  es  thun,  und  damit  sind 
die  braunen  Schönen  allerdinr"^  «^ehr  zufrieden.  Untreue  der  Frau  erregt  allge- 
meinen Unwillen  und  in  Fällen  des  Ehebruchs  waren  schon  früher  die  Ver- 
wandten der  schuldigen  Personen  und  manchmai  selbst  jene  des  beleidigten  Ehe- 
mannes der  Strafe  unterworfen.  Als  die  ehrenvollste  Sohne  bei  solchen  Ge- 
l^enheilen  gilt  der  Empüuig  von  Land.  »Lande,  sagen  sie,  »ist  der  einzige 
SchatiE,  welcher  dem  Werthe  eines  Weibes  gleichkommtc  Um  so  verbreiteter 
ist  heute  noch  das  >Tabu<,  die  Feiung  und  Weihung  von  Eigenthum.  An 
manchen  Orten  sind  die  Eingeborenen  sehr  stark  in  ihren  alten  Aberglauben 
zurückverfallen,  und  auch  sonst  mischen  sich  noch  manche  rohe  Sitten  in  die 
moderne  Civüisation.  Am  17.  Januar  1877  wurde  z.  B.  eine  grosse  Trauerver- 
sammlung (»Zangi«)  fiir  den  verstorbenen  Sir  D.  M'Lean,  ofticiellen  Beschützer 
der  Eingeborenen  in  Napier  abgehalten.  Die  M.  erschienen  mit  Ausnahme 
eines  Lendengttrtels  nackt  und  führten  zunttchst  einen  Kriegstanz  auf.  Trauer- 
gesänge in  jammernden  Tdnen  wurden  angestimml^  und  die  Frauen  Übernahmen 
dabei  das  sonderbare  Klagegeschrei,  welches  sie  in  Kadenzen  immer  wieder- 
holten. Den  Schluss  bildete  ein  abermaliger  grosser  Kriegstanz,  der  »Muru«, 
welcher  sonst  nur  noch  selten  und  bloss  im  Innersten  des  Landes  aufge» 
fiihrt  wird.  Merkwürdig  ist,  dass  die  M.,  wenn  sie  reisen,  immer  einer  hintier 
dem  anderen  her  (Gänsemarsch)  gehen  oder  reiien,  nie  neben  einander.  Wenn 
sie  sich  Lange  Zeit  nicht  gesehen,  so  setzen  sie  sich  zusammen,  weinen,  heulen 


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3<H 


Maoii 


und  reiben  sich  die  Nasen,  oder,  wie  man  in  Neuseeland  sagt,  »die  M.  schnäbeln 
siclu  zum  Zeichen  der  Liebe  und  Freundschaft.  Wenn  sie  sich  unterhalten,  so 
begleiten  sie  ihre  Reden  mit  einem  sehr  lebhaften  Mienen-  und  Geberdenspiel, 
wie  alle  leicht  erregbaren  Menschen.  Ein  Geheimniss  wird  adteii,  wenn  je,  gut 
bewahrt  Bei  der  Bestrafung  yon  Veigehen  haben  sie  mehr  die  Eriangung  einer 
Schadloshaltung  fQr  die  Unbill  als  die  Verhinderung  des  Verbrechens  durch  eine 
heilsame  Züchtigung  des  Schuldigen  im  Auge.  Diebstahl  wird  nicht  als  sdiind* 
lieh  betrachtet  und  ist  daher  ein  gewöhnliches  Laster.  Wird  jedoch  der  Dieb 
entdeckt,  so  kommt  er  niclit  ungestraft  davon.  Kleinere  Beleidigungen  und  Streitig- 
keiten zwischen  Kinzelnen  werden  von  den  Betreffenden  meist  durch  Thätlich- 
keiten.  Haar^errungen  u.  dergl.  geschlichtet.  Jedes  Dorl  besiizL  ein  Versammlungs- 
gebaude,  einen  langgestreckten  Hokbau,  dessen  Dach  beinahe  den  Boden  be- 
rührt.  Alles  innen  und  aussen  ist  mit  schönen  stilvollen  Holzschnitzereien  ver- 
siert, welche«  auch  an  den  Kanoen,  Gerttthen  und  Waffen  angebradit  werden. 
iMe  Hatten  sind  niedrig,  mit  Wänden  aus  Flechtwerk  und  Dftchem  ans  Stroh, 
sie  sehen  sehr  formlos  und  ruppig  aus.  Die  nie  fehlenden  Vonathshiuscfaen 
jedoch  ruhen  auf  drei  Pfosten  i  Meter  Uber  dem  Boden  und  erinnern  an  grosse 
Taubenschläge  im  Schweizerstil.  Die  innere  Einrichtung  der  Wohnhütten  ist  von 
der  grössten  Einfachheit  und  ebenso  rauh  als  unansehnlich,  wie  ihr  Aeusseres. 
In  den  Strohwänden  stecken  ein  paar  Zahnbürsten,  ein  Kamm,  ein  Spiegel,  eine 
Axt,  eine  Flinte  und  sonstige  Gegenstände  mannigfaltigster  Art,  meistens  in  halb- 
zerbrochenem, verlottertem  Zustande.  Unter  dem  Dach  hängen  etliche  Pagaien 
(kurse  lOffelartige  Ruder)  und  einige  Bretter,  worauf  russige  Töpfe  gestülpt  sind. 
Den  Estrich  bildet  die  nackte  Erde  und  unmittelbar  auf  dieser  liegen  ohne  Er- 
höhung in  den  Ecken  die  Betten,  umschlossen  von  einem  Holsrahmen  nnd  aus 
dicken  Polstern  elastischen  Farnkrauts  und  wolleneu  Decken  bestehend.  Bei 
Reicheren  findet  man  wohl  auch  Weisszeug,  Bettlaken  und  Federkissen.  Bei 
diesen  herrscht  ein  höherer  Grad  von  Reinlichkeit,  nur  die  wollenen  Decken 
zeichnen  sich  durch  grellere  Farben  und  buntere  Muster  aus.  In  der  Mitte  der 
Hütte  brennt  das  Feuer  zur  Erwärmung  wie  zum  Kochen.  Ihre  Kochkunst  ist 
aber  noch  sehr  primitiv.  Auch  die  M.  sind  im  Aussterben  bcgnticn.  Noch  1840 
sählten  ne  100000  Köpfe;  1880  waren  sie  auf  43295  zasammengeschmolsen.  Die 
Ursachen  ibrerAbnahmesindTrunksucht^  schlechte  Kleider  und  Nahrung,  ungesunde 
Wohnungen,  UmeinUchkeitund  allgemeine  Unsitdichkeit.  In  Neuseeland  vermischen 
sich  die  M  nicht  mit  Europäern  allein,  sondern  auch  mit  der  Halbkaste  unter  sieb 
selbst,  ebenso  die  Nachkommen  beider  mit  einander.  In  allen  Fällen  solcher  Ver- 
bindungen  sind  die  Ehen  fruchtbar,  indess  seltener  ist  dies  der  l  all  in  der  Verbindung 
der  M.  untereinander.  L>ie  Zahl  der  Männer  Uberragt  die  der  1  rauen  um  rund  4000. 
Die  moderne  Gesittung^  hat  das  Gcgentheil  einer  moralischen  und  physischen 
Kräftigung  der  M.  bewirkt,  i* ruber  arbeiteten  sie,  jetzt  lassen  sie  den  Pflug  gehen 
und  sitzen  unthätig  umher.  Die  ursprüngliche  Kleidung  bestand  aus  sehr  datier- 
haften,  gut  sdittlzenden  Mänteln  (bei  den  MÜnnem  »Kakasac,  »Kaitakac,  bei  den 
Frauen  »Koroaic  geheissen)  von  verschiedener  Form  und  Grösse,  aus  Flachs  ver- 
fertigt oder  aus  Hundefellen  susammengesetzt  Jetzt  nt  das  »Blanketc,  die 
wollene  Decke,  die  einzige  Mode.  Diese  unvollständige  schlechte  Kleidung  ver- 
ursacht ihnen  häufig  Brustkrankheiten  und  rheumatische  Uebel.  Nicht  weniger 
tragen  die  zur  alleinigen  Volksnahrung  gewordenen  Kartoffel  zur  j^liysischen 
Entartung  der  Rasse  bei.  Hand  in  Hand  geht  damit  eine  Verschlechterung  der 
Sitten  und  des  Charakters,  wovon  besonders  die  Klasse  der  »Stadt  M.c  die 


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Maoh-HUhner  —  Mira.  305 

traui^sten  Beweise  Uefein,  verkommene  Proletarier,  die  den  Europäern  eine  Last, 
ihren  eigenen  Landsleuten  ein  Gräuel  sind.  Die  M.  sehen  übrigens  der  Er- 
füllung ihres  Ccschickes  mit  philosophischer  Ergebenheit  entgegen  und  sagen: 
So  wie  der  Kicc  das  Farnkraut  tödtete  und  der  europäische  Hund  den  M.  Hund, 
wie  die  M.-Ratte  von  der  Pakeharatte  vernichtet  wurde,  ebenso  ^ird  nach  und 
nach  unser  Volk  von  den  Europäern  verdrängt  und  vernicUtetl     v.  H. 

llACni-Hfllmer,  Ocydromus,  Waol.,  Galtung  der  Rallenvögel  (s.  Rallidae). 
Gedrungen  gebaute  Vögel  vonHühner-Grdsse  mit  voUstibidig  befiederten  Schenkeln, 
dicken  Laufen,  welche  ungeflihr  der  Mittebehe  an  Länge  gleichkommen,  2er* 
schlissenen  Schwanzfedern,  wel<^e  länger  als  bei  anderen  Rallen  sind,  kurzem, 
geradem  Schnabel  und  kurzer,  hoch  angesetzter  Hinterzehe.  — ^  Die  MaorihUhneri 
von  welchen  man  jet/.t  6  Arten  kennt,  bewohnen  Meu -Seeland,  Neu  -  Caledonien, 
die  Howe-Insel  und  Chatam-Inseln.  Sie  leben  in  sumpfigen  Wäldern,  halten  sich 
des  Tag.s  über  in  Höhlungen,  unter  Gewurzel  und  in  morschen,  hohlen  Bäumen 
verborgen  und  beginnen  erst  mit  Anbruch  der  Dämmerung  ihr  Treiben.  Sie 
fliegen  selten,  laufen  hingegen  sehr  schnell  und  nähren  sich  von  Eidechsen, 
Mäusen,  jungen  Vögeln  und  Insektenlarven.  Ocydromm  aiuiraNs,  Spakbm., 
Weka-Ralle,  Neu-Seeland  Rchw. 

MapiUa,  s.  Mopiah.    v.  £L 

Mapodzo  oder  Akombwi,  kleines  Völkchen  am  Sambesi  in  Ost-Afrika,  weichet 
hauptsächlich  vom  Fleische  der  Flusspferde  lebt,  das  ihnen  als  grösster  Lecker- 
bissen gilt.  Die  M.  verkehren  gar  nicht  mit  den  übrigen  Bewohnern  des  Sambesi, 
heirathen  nur  unter  sich,  kennen  auch  keine  Tättowirungen  und  sind  weit  schwärzer 
als  alle  Nachbarn.     v.  H. 

Ma-ponda.   Stamm  der  Bantu  im  Innern  Süd-AMka's.     v.  H. 

Mapuler,  s,  Moplab.    v.  H. 

Ma^iNita.  Volkastamm  in  der  Umgebung  der  Delagoabai  (SttdaliikaX  angeb- 
lich Mischlinge  der  Kaffem  und  N^r,  aber  mit  der  Spradie  der  etsteten.    v.  H. 

Maputschen.   Zweig  der  Araukaner  (s.  d.).     V.  H. 

Maqanin.    Ansässige  Dorfbewohner  Kordofans.     v.  H. 

Maquache-Utes.    Tndianerhorde  in  Neumexiko.     v.  H. 

Maquas.  Euics  der  Indianervölker,  aus  welchen  der  Bund  der  Irokesen 
(s.  d.)  hervorging.     v.  H. 

Mar.  Unter  den  gebrochenen  Stämmen  Palamowo  und  Sirgudschas  imden 
ach  vereinselt  Familien,  welche  unter  dem  Gesammtnamen  M.  bekannt  nnd. 
Nach  ihrer  Angabe  kommen  sie  von  Malva.  Der  Name  M.  oder  Mala  ist  aber 
durch  ganz  Indien  verbreitet  und  wird  sowohl  von  Ariern  ata  von  gemischten 
Stämmen  gebraadit  Die  M.  in  Bengalen  behaupten  Kschatrya  zu  sein,  also  der 
Kriegerkaste  anzugehören.  Die  exklusiven  Gesetze  der  Kaste  behagten  ihnen 
aber  nicht,  sie  warfen  daher  die  heilige  Schnur  weg  und  griffen  ?um  Pfluge.  Sie 
haben  brahmanische  Priester  und  verehren  die  (}ötter  der  Hmdu  sowie  jene  ihrer 
weiblichen  Vorfahren,  welche  >Sati  geworden.  Ihre  Wohnungen  sind  sehr  be- 
quem eingerichtet.  Den  Ackerbau  verstehen  sie  in  hohem  Grade;  einst  sollen 
sie  sehr  reich  gewesen  sein.  Gesichtszüge  und  Hautfarbe  sind  sehr  verschieden. 
Schön  geformte  Zflge  mit  ziemlich  heller  Hautfarbe  sind  aber  so  oft  vertreten 
wie  platte  Gesichter  mit  gelblich  schwarzem  oder  braunem  Teint.  Im  Ganzen 
lässt  sich  aber  ihre  arisdie  Abkunft  nicht  verkennen,  wenn  auch  eine  bedeutende 
Menge  Ureinwohnerblut  in  ihren  Adern  fliesst    v.  H. 

liAra,  s.  Tscheremissen.    v.  H. 

Z00I4  Amhnpel.  «.  fiAnolqgi«L  Bd.  V.  SO 

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Ifaur»  —  IhftfL 


Mara,  Less.,  syn.  DoUchoiis,  Desm.,  s.  d.     v.  Ms. 
Marabu,  s.  I^ptoptilus.     Ri  nw, 

Marädi,  heidnischer  Negerstamm  des  Sudan,  zwischen  den  luank  mi  Nor- 
den und  den  Fulbe  im  Süden,    v*  H. 

Uaiiae^  Coregpnus  (s.  d.)  maratiut,  Bu)ch,  grotae  M.  und  Ccregonut  aßtiUt, 
LaotA,  kleine  M.,  nennt  man  zwei  nahe  verwandte  Felcbenaitai,  von  denen 
atleidings  die  entere  wohl  mit  dem  Wetssfelche,  C/rra,  idendfictit  wwden  kann, 
wenn  man  sie  nicht  gar  mit  Nilsson  als  stumpfschnauzige  Varietät  des  Sdmipel 
(s.  d.)  betrachten  will.  Jedenfalls  unterscheidet  sie  sich  von  letzterem  schon 
durcii  den  Aufenthalt,  da  sie  stationär  in  den  Seen  Pommerns  und  Mecklenburgs 
(bes.  im  Maduisec)  lebt.  Sie  hält  sich  in  grossen  Tiefen  auf  und  kommt  nur 
zum  Laichen,  Mitte  November,  in  seichteres  Wasser.  Sie  kann  eine  Grö^e  von 
Über  I  Meter  erreichen  und  ihr  Fleisch  ist  sehr  hoch  geschätzt  Die  kleine  M. 
ist  leicht  kmntHch  an  den  zahnlosen  ZwiBchenkiefem,  die  einen  Ausacfanüt  in  der 
oberen  Kinnlade  bilden,  in  welchen  die  vorstehende  Unterkinnlade  hineuingt 
Rttcken  bhuigrau,  Seiten  und  Bauch  silbem,  Rflcken^  und  Schwaniflosse  grau, 
die  übrigen  weiss.  Grösse  bis  gegen  35  Centim.  Die  kleine  M.  lebt  in  den 
nordostdeutschen  Landseen,  gewöhnlich  in  grosser  Tiefe.  Vor  Beginn  der  Laich» 
zeit,  im  September  oder  Oktober  wnndem  sie  oft  atis  einem  See  in  andere,  mit 
jenem  commitnicirende,  um  alsdann  im  November  oder  December  dort  im  freien 
Wasser  /u  laichen.    Ihr  Fleisch  ist  geschätzt.  Ks. 

Marahua,  Maiaguaü,  Marauä  oder  Marauhas,  uiiciviiiäirtc  Indianer  Sud- 
Amerika's  vom  Volknwe^  der  Omagua  (s.  d.)  am  Yutajr  wohidiaft;  haben  tidx 
einst  vom  Stamm  der  Mayoruna  getrennt,  mit  welchem  ae  flbtigens  in  gutem 
Einvernehmen  stehen.  Sie  sagten  ganz  ofien,  dass  sie  Qiristen  geworden  seien» 
um  sich  leichter  Beile  und  Messer  verschaffen  zu  können.  Man  findet  sie  nur 
selten  daheim,  da  sie  sich  fast  immer  in  den  Wäldern  aufhalten.  Die  M.  sind 
gross  imd  stattlich  und  unterscheiden  sich  von  den  Mayoruna  durch  Haartracht 
und  Schmuck;  sie  sclieeren  das  Kopfhaar  nicht  und  machen  sich  kerne  schwarzen 
Figuren,  verschmähen  auch  die  Silberplättchen  und  Arasfedern,  lassen  vielmehr 
das  Haar  lang  waclisen  und  stecken  durch  Locher,  mit  denen  sie  das  Fleisch 
der  Nasenflügel  durdibohrt  haben,  15  Centim.  lange  Domen  einer  Palme,  welche 
an  die  Schnurrhaare  der  Tiger  erinnern  sollea  Trotz  der  Taufe  vetschmfthen  sie 
jegliches  Gewand.  Sie  leben  zerstreut  in  einzehien  Familien  an  mebrerea  kleinen 
Ftttssen  im  Inneren  des  AmasonengebieteSi  sodann  am  Javeiy  und  nach  Osten 
hin  bis  zum  Jurua;  sie  sind  also  über  eine  sehr  ausgedehnte  Landstrecke  ver^ 
breitet,  zählen  aber  trotzdem  höchstens  300  Köpfe  und  besitien  kein  gemein* 
sames  Oberhaupt.     v.  H 

Maramrah,  Dorf  bewohnender  Stamm  im  östlichen  Sudan.      v.  H. 

Marans,  eine  den  Cagoten  ähnliche  Fariakaste  in  der  Auvergne.     v.  H. 

Maraphii,  adeliger  Stamm  der  alten  Perser,     v.  H. 

Marathii  arisches  Idiom  in  Indien,  herrscht  im  Sttden  des  Gudscheiati  und 
der  Windhyakette  bb  g^^  Tschota  Nagpur  im  Osten  und  die  Sprachgebiete 
des  Telttgu»  Kannadi  und  Tulu  im  Sttdosten  und  Sttden,  also  bis  g^^  Goa  an 
der  Koste.  Das  M.  hat  als  Seitendialekt  das  KonkanL    v.  H. 

Mariua,  s.  Marahua.     v.  H. 

Maravi,  ein  räuberisches  Bantuvolk  Süd-Afrikas,  Nachbarn  der  Makua  (s.  d,), 
wohnen  im  Westen  des  Schire  und  des  südlichen  Theiles  des  Nyassasees  und 
treiben  ziemlich  ausgedelwten  Ackerbau.    Mit  selbstgefertigten  kleinen  Hacken 


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Maravi. 


307 


wird  das  Unkraut  abgehauen,  ohne  die  Erde  weiter  aufzuwühlen.   Ist  das  Laub 
trocken,  so  "vvnrd  es  angezündet  und  die  erhaltene  Asche  Inldct  den  Dünger  des 
Bodens.    Dies  gescliieht  im  September  und  Oktober,  und  gleicli  darauf  wird  die 
Saat,  Hülsenfrüchte,  Durrah,  Kürbisse  und  Melonen,  in  kleine  Onibcn  gestreut. 
Oel  zur  Einsalbung  des  Körpers  gewinnen  die  M.  aus  der  Erdnuss  und  der 
Rhizinuspflanze ;  auch  bauen  sie  süsse  Kartoffeln  (Convolvulus  baialaj  von  unge- 
heuerer Grösse  und  verwenden  die  Fasern  der  Buasepflanze  su  Tilden,  auf  welche 
»e  die  Perlen  reihen.  Diese,  dann  Tttcher  von  rother  Farbe  und  Thierfelle 
werden  vorstIgUch  sur  Kleidung  geschfits^  die  nch  auf  einiges  um  die  Lenden 
gewickeltes  Zeug  beschränkt    Die  Weiber  tragen  das  »Pelelec  aus  Zinn  oder 
Elfenbein.    Gesicht,  Brust  und  Körper  tragen  zahlreiche  wulstige,  sternförmige 
Schnittnarben.    Nur  die  Vornehmsten  dürfen  sich  der  rothen  Farbe  öffentlich 
bedienen,  den  gemeinen  Leuten  ist  es  nur  gestattet,  sie  zu  tragen,  wenn  sie  unter 
sich  sind.    Jedoch  sind  ATnnch.e  unglaublich  eitel,  kaufen  sich  ein  rothes  Tuch, 
bewaiiren  es  um  iatjc  in  einem  l'opfe  auf  und  bekleiden  sich  deü  Nachts,  wenn 
sie  unbemeikt  sind,  damit.  Ueberhaupt  erzählt  man  sich  von  ihnen  Dinge,  welche 
auf  ihre  Intelligenz  gerade  kein  günstige  Licht  werfen.  Sie  sind  sehr  abeiglftubisch 
und  wllbnen,  dass  ihre  Götter«  d.  h*  die  Geister  der  Abgeschiedenen«  auch  die 
bestellten  Felder  hflten,  dass  sich  dieselben  aber  entfernen,  wenn  diese  durch 
das  Aufschlagen  eines  Lagers  verunrdnigt  werden.   Aber  diese  Götter  scheinen 
gegen  Diebe  nicht  zw  schützen,  gegen  welche  zur  Hütung  der  Krnte  noch  be- 
sondere Amulette  angewandt  werden,  gewohnlich  aus  Ziegen-  oder  Antiloj)en- 
hömern  bestehend.    Kein  M.  wagt  es,  Getreide  zu  stehlen,  wo  er  ein  solches 
Amulet  erblickt,  denn  es  würde  ihn  unfehlbar  Krankheit  treffen.    Eine  andere 
Art  Amulette  gebrauchen  die  Häuptlinge,  wenn  sie  in  den  Krieg  ziehen:  »Mechivas« 
oder  Njumbo-AntilopenschwXnze,  an  deren  oberen  Theil  kleine  Ziegenhömer« 
angefiillt  mit  Kohlen«  Knochen,  Schlangenwtrbeln«  Federn,  Vogdfcrallen  u.  s.  w. 
befestigt  sind,  Alles  wohl  eingeölt  und  roth  bemalt   Dadurch  wird  der  Häupt« 
ling  unverwundbar,  besonders  wenn  eine  Jungfrau  diesen  Kriegsschwanz  voran* 
trägt   Je  mächtiger  ein  Häuptling  ist,  desto  grösser  ist  die  Zahl  seiner  Mechivas, 
die  in  einem  eigenen  Hause  aufbewahrt  werden,  dem  sich  Niemand,  ausser  dem 
Hüter,  nähern  dart.    Letzterer  muss  bei  Neu-  und  Vollmond  die  Kriegsschwänze 
frisch  einölen  und  ihnen  Essen  bringen,  denn  Hühnerherzen  und  Mehl  schmecken 
ihnen  ganz  vortrefflich.  Der  Religionskultus,  in  welchem  nur  ziemlich  unbestimmte 
Vorstdlungen  von  einem  höchsten  unächdmren  Wesen  su  entdecken  sind«  be^ 
schränkt  sich  auf  die  Verehrung  der  »Musimos«,  der  Geister  der  Abgeschiedenen. 
Alle«  das  Allgememe  betreffende  Unglücksfälle  werden  der  Beleidigung  der  Mu- 
simos  zugeschrieben,  während  das  Unglück«  welches  den  Einzelnen  trifft,  von 
Hexen  herriihren  soll.    In  solchen  Fällen  wendet  man  sich  an  die  Zauberer, 
welche  sofort  den  Schuldigen  bezeichnen,  der  nun  den  Gottesurtheilen  unter- 
worfen wird.    Auch  Feuer-  und  Wasserproben  sind  in  Verdachtfällen  von  Dieb- 
stahl üblich.    Der  Angeklagte  muss  eine  glühende  Kohle  belecken  oder  mit  bei- 
den Je  ussen  darauf  treten.    Verbrennt  er  sich,  was  gewöhnhch,  so  ist  er  schuldig. 
Bti  der  Wasserprobe  muss  zum  Beweise  der  Unschuld  eine  Glasperle  aus  sieden^ 
dem  und  durch  Asche  getrübten  Wasser  herausgefischt  werden,  ohne  dass  der 
Verklagte  sich  verbrüht.  Auch  Hausgötter  halten  die  M.  in  ihren  Wohnungen, 
nämlich  kleine  Schlangen  (Futmmapkis  mpmUgtr),  welche  sie  in  Körben  sorgfältig 
aufbewahren  und  gut  futtern;  in  Kriegsfällen  suchen  ne  diese  zuerst  in  Sicherheit 
au  bringen  und  opfern  dabei  mitunter  iUr  diese  Thiere  ihr  L«ben.  Die  meist 

so* 

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grossen  Ortschaften  der  M.  Hegen  gewöhnlich  an  den  Bergabhängen  oder  Wald- 
rändern.   Ihre  »Njumba«  oder  Häuser  sind  rund,  etwa  von  der  Gestalt  kleiner 
Vi^liidmflblen.  Die  grössten  tiabeii  nur  9^  lifeter  Durdunesser.  Der  HfltteokniB 
wild  aus  Stangen  aufgebaut,  die  man  mit  Bamburolueii  ausMlt  Alle  Htttten 
haben  zwei  gegenüber  liegende»  aus  Rohr  geflochtene  Thülen  (»Orimbot).  Das 
kegelförmige  Dach  ist  mit  Stroh  gedeckt;  die  innere  Einrichtung  besteht  aus  einem 
Herdf  einigen  Matten,  einem  Holzmörser  und  ein  paar  Töpfen.    Obgleich  die  M. 
den  ganzen  Tag  über  essen,  haben  sie  beim  Eintritt  der  Nacht  eine  Hauptmahl- 
zeit, gewöhnlich  ein  fester  Mehlbrei.    In  der  Familie  übt  der  Vater  (»Dumpsec) 
die  grösste  Gewalt  auf  die  gesammte  Haii"i<:'enossenschaft ;  er  kann  jedes  Mitglied 
derselben  vcrkaulcn  oder  tudten,  und  ihm  allein  fallt  das  Kaufgeld  bei  Heirathen 
SU.  Letztere  sind  sehr  einfach.    Der  BrSutigsm  g^t  cum  Hause  des  Dumpse 
und  klatscht  in  die  Hände,  worauf  dieser  etscheint  und  den  Preb  filr  sdne  Tochter 
festsetsl^  gewöhnlich  4  Stück  Tuch  und  40  Meter  Baumwollstoff.  Wenn  diese 
Summe  besshlt  ist,  ist  auch  die  Heirath  geschlossen  und  der  junge  lybmi  Herr 
seiner  neuen  Frau,  die  er  nach  Gutdünken  weiter  verkaufen  kann.  Vidweibeiei 
gilt  filr  ehrenvoll  und  jedes  Weib  hat  seine  eigene  Hütte.    Bei  Sonnenuntergang 
trägt  jede  eine  Schü.ssel  Brei  zum  Hause  des  Mannes,   der  aus  Höflichkeit  von 
jeder  einen  Theil  nimmt.    So  lange  er  isst,  liegt  die  Frau  in  einiger  h.ntfcrnung 
auf  den  Knieen  und  wartet  auf  weitere  Befehle.   Stirbt  ein  Häuptling,  scj  werden 
die  entfernten  Verwandten  davon  in  Kcnntniss  gesetzt    Bis  zu  ihrer  Ankunft 
wird  die  Leiche  in  Tücher  gehüllt  und  die  durch  Verwesung  seisetzten  Stofle 
werden  in  untergestellten  Töpfen  aufgefangen.  Etst  wenn  alle  Verwandten  bei- 
sammen sind,  worüber  oft  Monate  vergdi«),  wird  die  Todeskunde  verOScotlicht 
Dann  beginnen  Tänze,  Gesänge,  Klagegeschrei,  wobei  bis  zur  Bestattung  be- 
ständig Flintenschüsse  knallen.  Die  Ueberreste  der  Leiche  werden  auf  eine  Bahre 
gesetzt  und  zur  Gruft  gebracht,  wül^rend  einige  Weiber  mit  den  erwähnten  Töpfen 
folgen.    Begegnet  man  auf  diesem  Zuge  irgend  einem  Passanten,  so  wird  der- 
selbe auf  der  Steile  getödtet.    Der  Zug  geht  sehr  schnell,  macht  aber  jeden 
Augenblick  Halt.    Am  Grabe  angelangt,  wird  dasselbe  unter  grossem  Geschrei 
und  Geheul  mit  Tüchern  ausgekleidet  darauf  werden  die  Übdriechenden  Töpfe, 
der  Leichnam  und  die  Waffen  des  Verstorbenen  gesetst  und  das  Grab  suge- 
schüttet    Flüher  wurden  auch  die  Weiber  lebendig  begraben.  Ein  Leichen- 
schmaus beendet  die  Zeremonie.    Noch  weit  barbarischer  sind  die  Hexenver- 
brennungen. Die  der  Hexerei  Ueberwiesenen  werden  ganz  nackt  mit  dem  Rücken 
auf  den  Boden  gelegt  und  an  vier  Pfähle  gebunden.    Darauf  wird  Brennholz 
7-  3  Meter  hoch  auf  sie  gehäuft  und  unter  lautem  Ccschrei  angezündet.  Die 
K ]t  itiLiiigs-Lucke  des  Opfers  werden  als  Falmen  an  nahestehende  Bäume  aufge- 
hängt und  jeder  Vorübergehende  wirft  auf  die  Brandstätte  einen  Stein,  so  dass 
mit  der  Zeit  ein  fönnlbher  Berg  entsteht.  Die  Hexen  und  Hexenmeister  werden 
stets  durch  das  »Muawec  Überführt,  Gift  vom  Efytkr&pklaeiim  ^rdgle.  Der  An- 
geklagte wird  nackt  eine  ganze  Nacht  in  eine  Htttte  gesperrt,  wobei  er  üMten 
muss.  Am  nächsten  Moigen  muss  er  das  Getränk,  eine  Abkochung  der  Baum- 
rinde, verschlucken.   Bricht  er  es  aus,  so  ist  er  unschuldig,  führt  er  es  ab^  da* 
gegen  schuldig.    Alle  M.  sind  sehr  betrügerisch  und  suchen  gern  Streit  zu  er* 
r^en,  um  bei  dieser  Gelegenheit  rauben  und  plündern  zu  können.     v.  H. 

Maraya,  ehemaliger  Indianerstamm  des  Amazonasgebietes,  nunmehr  in  Folge 
der  portugiesischen  Eroberung  verschwunden,     v.  H. 


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Hinter  —  MCiea. 


3«9 


Marder,  s.  »Mustelida«,  Wacn.,  >Martina«,  Wacn.,  »Melina«,  Wacn.  und 
»Meies«,  Stork,    v.  Ms. 

Marderbeutler>  Beutelmarder,  Raulibeutler,  s.  Dasyurus,  Geoffr.    v.  Ms. 

Mwderliai,  s.  Mustdus.  Kur. 

Manlerliuiid,  s.  Nyctereutes  im  Artikel  Canis.    v.  Ms. 

Marderkatze  (Vhferrki^s,  Gray),  s.  Fdis  vivenina,  Bbiin.»  im  Art  Feiu,  L., 
Aut.     V.  Ms. 

Mardi  oder  Amardi,  mächtiges,  kriegerisches  und  weit  verbreitetes  Volk  im 
alten  Medien  und  Hyrcanien,  welches  seine  Nachbarn  häufig  durch  Raubzüge 

beimnihipte.     v.  H. 

Mardoi,  nomadischer  Zweig  der  alten  Perser.     v.  H. 

Mardyeni,  Volk  im  alten  Sogdiana,  zwischen  dem  sogdischcn  Gebirge  und 
dem  Axus.    v.  H. 

lUrea.  Volk  Nordosi-Afrika's,  Nachbarn  der  Mensa  (s.  d.)  und  Bogos 
(s.  d.^  wohnen  auf  dem  etwa  1500  Meter  hohen  Ire*Plaleau.  Die  M.  sind  abes> 
sinischen  Ursprungs  und  zahlen  auch  Tribut  an  Abessbien;  ihre  aiMschUesdldie 
Sprache  bt  das  Tigrd,  welches  sie  so  schön  wie  die  Habab  (s.  d.)  sprechen.  Die 
M.  sollen  bis  auf  die  jüngsten  Zeiten  Christen  gewesen  sein,  sind  aber  jetzt  alle 
dem  Islam  gewonnen.  Man  untef^cheidet  der  Abstammung  nach  sogenannte 
rothe  und  schwarze  M.,  erstere  emcn  Stamm  bildend,  letztere  in  drei  Stämme 
zerfallend:  Tembelld,  Atobyrhan  und  Tschankera.  Der  Stammfürst  der  schwarzen 
M.,  die  auch  die  Mchrzalil  bilden,  (llhrt  den  Titel  tSbum.«  Die  Gesammtzahl 
des  Volkes  ist  auf  etwa  16 — 18000  Köpfe  anzuschlagen.  Die  xothen  M.  machten 
sich  nach  und  nadi  selbständig  und  wenn  sidi  auch  beide  Stämme  als  BrQder 
nihlen,  so  sind  sie  in  der  Wirklichkeit  zwei  sich  ganz  fremde  VlÜker.  In  beiden 
findet  sich  aber  das  monarchische  Princip  aufrecht  erhalten.  Der  Shum  bei  den 
schwarzen  und  so  auch  der  Häuptling  bei  den  rothen  M.  hat  die  Gerichtsbarkeit 
in  allen  Fällen,  die  nicht  von  der  Familie  entschieden  werden.  Da  das  Amt  des 
Shum  eine  patriarchalische  Heiligkeit  gcniesst,  so  wird  es  als  fluchwürdig  ange- 
sehen, seinem  Gcriclit  zu  trotzen.  Der  Siuun  hat  nun  ein  bestimmtes  Einkon^men 
von  dem  Stamme,  /.u  welchen  Abgaben  die  Adeligen  ebensogut  wie  die  >Tigr^< 
oder  »Hömeg«  (Geringe,  Gemeine)  beitragen,  wie  man  die  unterworfenen 
Nicht*M.  nennt  Die  Stellung  der  letzteren  ist  auffiülend  i^drQckt,  sozusagen 
rechtlos,  denn  sie  leben  in  doppdter  Abhängigkeit,  zuerst  von  ihrem  eigendichen 
Herrn  und  dann  von  jedem  Adeligen  des  ganzen  Stammes.  Ein  sogen*  »Weld- 
Shums  (Sohn  des  Shum),  so  nennt  sich  hier  der  Shmagilli,  so  arm,  schwach  und 
verächtlich  er  auch  werden  möge,  verliert  doch  nie  den  Namen  und  die  bedeuten- 
den Vorrechte,  die  damit  verbunden  sind.  So  herabgekommen  er  auch  sem  mag, 
er  wird  immer  als  ein  freier  unabhängiger  Mann  behandelt  und  sich  nie  zu  einer 
Handlung  bequemen,  die  ihn  zum  Tigr^  herabwürdigt.  Das  Strafgesetz  der  M. 
ist  auch  ein  ganz  anderes,  je  nachdem  es  einen  Vomdimen  betrifft  oder  aber 
einen  Gemdnen.  Der  Tigr^  hat  an  seinen  Herrn  eine  Menge  Abgaben  zu  ent- 
richten, und  die  Tochter  eines  Vornehmen  wird  nie  dnem  Tigr^  zur  Frau  ge> 
geben;  noch  weit  bedeutendere  Pflichten  hat  er  aber  gegenüber  dem  ganzen 
Stamm.  Stirbt  ein  Adeliger,  gleichviel  von  welcher  Linie,  so  sind  die  Tigrd  des 
ganzen  Stammes,  zu  dem  er  gehört,  veqjflichtct,  jeder  erwachsene  Mann  eine  Kuh 
der  Familie  des  Verstorbenen  als  Todtenofer  zu  brinircn  Dieses  Recht  des 
Todten  auf  den  Lebenden  hat  jeder  Weld-Shum,  so  arm  und  verlassen  er  auch 
sein  Leben  zugebracht  hat.  £s  kommt  oft  vor,  dass  ein  Vornehmer  in  Geldnoth 


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von  seinem  Tigr<  Geld  entlehnt  mit  der  Aussicht  auf  den  Tod  einet  Vemndteo. 
Alle  Gesetze  in  ihrer  Manntglaltigkat  bringen  den  Tigr^  in  die  beständige 
Gefahr,  leibeigen  zu  werden.  Die  Heiratiisbedingungen  sind  im  Ganzen  wie  bei 
den  Bogo^  nur  ist  der  »Segad«,  der  Nackenpreis,  womit  der  Heirathende  die 

Frau  erwirbt,  viel  bedeutender;  derselbe,  seit  unvordenküclien  Zeiten  üblich, 
deutet  auf  ein  ursprünglich  nomadisches,  Kanicclc  besitzendes  Volk  arabischer 
Herkunft.  Für  den  Nackcnprcis  erhält  der  Iiriuti^ain  ein  willkürliches  Geschenk 
iMetlot.  Der  Nackenpreis  einer  'l'igrait  ('rochter  eines  Tigre)  ist  eine  Kuh. 
Die  Frau  kann  nicht  zeugen,  nicht  bürgen  und  auch  nicht  erben;  bei  der 
Scheidung  nimmt  sie  nur  ihr  Hausgeräth,  ihren  Schmuck  und  ihr  nachweisbares 
Eigenthum  mit  Die  Erstgeburt  wird  durdiaus  bevoizugt,  doch  be^nnt  der 
Mun  eine  Bresche  in  diese  aristokratische  Verfisssung  sa  machen.  Den  Tigrtf 
beerben  natürlich  seine  Verwandten,  steht  er  allein,  sein  Heir.  Auch  im  Blut- 
prets  bekundet  sich  die  ungeheure  Bevorzugung  des  Adels  gegenüber  den  Ge* 
meinen.  Tödtet  ein  Adeliger  einen  Kbenbürtigen,  so  beträgt  der  Blutpreis  selten 
weniger  als  800  Kühe;  der  Bluti)reis  eines  TigrtJ  ist  bloss  i  t^o  Kühe,  F!!Tenthüm- 
lich  ist  die  Behandlung  der  Schwängerung  als  Biutverbrechen.  I'  c  Jungfrau, 
Wittwe  oder  ledige  Frau,  die  ausserehlich  empßlngt,  wird  von  ihrem  eigenen 
Vater  oder  Bruder  durch  den  Strang  getödtet,  ebenso  der  Schwängerer,  das  Kind 
aber  mid  erstickt  Eine  Ausnahme  wird  gemacht,  wenn  der  Schwftngerer  ein 
Addier,  die  Frau  aber  eine  Tigrnit  ist;  dann  werden  beide  b^nadigt;  der 
Bastard  aber  vmd  nie  geduldet  Ist  die  Schwangere  überdies  verlobt,  so  rttcht 
sich  ihr  Verlobter  an  ihrem  Vater.  Das  Recht  ist  um  so  unbarmherziger,  je  edler 
sich  die  befleckte  Familie  wähnt;  das  Motiv  ist  aber  nicht  Tugendstolz,  sondern 
Adelsübennuth.  Während  auch  sonst  der  Tigrd  beim  geringsten  Zufall  seine  Frei- 
heit verlieren  kann,  steht  der  Adelige  ganz  über  jeder  Strafe.  Sehr  auttallcnd  ist 
endlich  die  Leichtigkeit,  womit  der  freie  Mann  zum  >Dode<  und  Leibeigenen  um- 
gewandelt wird,  eine  Strafe,  die  niclu  nur  den  Schuldigen  trifit,  sondern  sein 
ganzes  »Fern»,  d.  h.  seine  Familie  auf  zwei  Grade  hinaus.  In  den  meisten  Bep 
Ziehungen  stimmen  die  M.  Übrigens  mit  den  Bogos  und  allen  anderen  Nachbarn 
ttberein;  die  gleiche  Arbeitsscheu,  Kleid,  Schmuck,  Haartracht,  Rauchbad,  Vor- 
hang u.  s.  w.  finden  sich  auch  hier.  Der  übertriebene  Unabhängigkeitssinn  zeigt 
sich  in  der  Zerstreutheit  der  Siedlungen.  Als  Wohnung  dient  das  »Abluc  oder 
Mattenzelt,  doch  solider  gebaut  als  bei  den  Bogos,  mit  viel  mehr  Stanc^cn  und 
einem  dünnen  Stützbalken  verschen,  vor  dem  Regen  mit  Kuhhäuten  dd  r  etwas 
Durrahschilf  geschützt;  so  werden  sie  halb  Zelt,  halb  Haus.  Es  exisiirt  aber 
nichts,  was  man  Dorf  nennen  könnte;  jeder  Vornehme  errichtet  sein  Mattenzelt 
neben  seinem  diesjährigen  Felde,  umgeben  von  seinen  nttchsten  Verwandten  und 
Sklaven.  Die  Frauen  derM.  sind  fruchtbar;  6 — 8  Kinder  häufig.  DieZeugungs> 
kraft  der  MJEnner  scheint  spät  aufkuhören.  Die  Mädchen  seichnet  m  sehr 
reicher,  dichter  und  langer  Haarwuchs  aus.  Vielweiberei  ist  nur  bei  V<miehmen 
häufig,  sonst  im  Ganzen  selten.     V.  H. 

Mareca,  Steph.,  Untergnippe  der  Gatttmg  der  Enten  (Anas),  von  den 
typischen  Formen  der  letzteren,  als  welche  11.  a.  die  Stockente,  A.  boschas,  zu 
betrachten  ist,  durch  einen  schmaleren  und  kürzeren,  zierlichen  Schnabel  unter- 
schieden. Vertreter  dieser  Untergattung  ist  die  Pfeilente,  M.  pcntiopc,  L.,  welche 
Europa,  Asien  und  Nord-Afrika  bewohnt,  kennüich  an  dem  rodibraunen  Kopf 
und  Scheitel,  Stirn  und  Scheitel  blass  gelbbraun.  Eine  verwandte  Ait^  sihUa- 
inx,  PoEPP.,  bewohnt  Chile.  Rchw. 


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Maicne  —  Muguitna. 


Marens     Maräne  (s.  d.).  Ks. 
Ifareori»  a.  Mqriori.    v.  H. 

Mareft.  Nachbarn  der  alten  Möqmöken  in  Pontus,  deren  Waffen  in  gefloch- 
tenen Helmen,  ledermm  Schilden  und  in  Wurff^iessen  bestanden,    t«  H. 
Mareschit,  s.  Passamaquoddi.     v.  H. 
Maretia,  s.  Spatangus.     E.  v.  M. 

Marfa,  Volksstnmm  in  Wadai,  verwandt  mit  den  Maha.      v.  IT. 

Margarita  (gr.  u.  lat.  l'erle),  I,eacii  1819,  nordische  Mecrsclmecke,  von 
Trochus  nur  durch  dünnere  Schale  und  rundliche  Mündung,  fast  oder  ganz  ohne 
Ecke  an  der  Basis,  unterschieden;  rerlmutterschichte  der  Schale  gut  ausgebildet, 
Oftei9  steUenweise  schon  beim  lebenden  Thier  durch  Abnützung  der  sie  be- 
deckenden glanzlosen  äusseren  Schichte  der  Schale  zu  Tage  tretend.  Nabel 
meist  vorbandeui  eng  oder  massig  weit  heMtma,  Fabr.,  ganz  glatt  und  ziem- 
lich kugdift  rOtfalich  oder  gelblich,  4—7  Millim.  im  Durchmesser/  dne  der 
kleinsten  und  die  am  meisten  verbreitete  Art,  von  Schottland  und  dem  mittleren 
Norwegen  bis  Spitzbergen,  Labrador  und  Neu-England,  auch  im  Reringsmeer,  an 
grösseren  Tangen  in  der  Laminarienregion.  Andere  /eichnen  sich  durch  mehr 
oder  weniger  starke  Spiralleisten  aus,  so  M.  groenlandUa,  Chemnitz  (undulatat 
Brown)  und  die  mehr  kreiseiförmige  M.  chura,  Couthony,  beide  8 — 11  Millim.  im 
Durchmesser,  erstere  bis  10,  letztere  bis  12  Millim.  hoch,  beide  im  nördlichen 
Norwegen  und  Grönland,  in  Neu-England  meist  im  Magen  von  Uschen  gefunden, 
die  ietstcre  auch  im  Beringsmeer.  Gegittert  durch  Auftreten  von  VertikaUeisten 
neben  den  Spiralen  ist  M.  beUa,  Vbhcrüzen,  auf  allen  Windungen,  M.  lUhiUh 
GouLD,  nur  auf  der  oberen,  während  M.  t>aruosa,  Michels,  nur  verticale,  keine 
Spiralen  hat;  diese  drei  weichen  auch  durch  auffallend  kurze  Reibplatte  und  die 
geringe  Zahl  der  Seitenzähne  in  jeder  Querreihe,  nur  5 — 7,  von  den  anderen 
Margarita  und  Trochus  überhaupt  ab,  und  werden  daher  jetzt  als  Machaeroplax 
(Friele  1877)  oder  Solariella  (Wood  1842)  bezeichnet.  —  Ein  antarktisches 
Gegenstück  zu  Margarita  ist  J'/totinuia,  Adams,  ungenabelt;  Fh.  violacea,  dunkel- 
violett  und  F*  fagmaUt,  mit  zahlrdchen  dunklen  SpiralbftDdem,  bei  den  Falkland- 
Inseln  und  in  der  Magdlanstrasse,  von  den  Feueriändem  zu  Halsbttndem  benutzt; 
Fk  es^tmsa  in  SUd^oigien  und  Keiguelen.    K  v.  M. 

Margaritana,  ScmniACHER  17 17,  Fluss-Perlenmuschel,  Mya  ntar^t^ariH- 
fera,  bei  Linn£,  Unio  margaritifer,  Rstz,  SUsswassermuschel  vom  allgemeinen 
Aussehen  der  gewöhnlichen  Flussmuscheln,  Unio,  aber  mit  minder  ausgebildetem 
Schloss,  indem  die  langen  ineinander  greifenden  Seitenzahne  ganz  fehlen  und 
unter  den  Wirbeln  rechts  nur  i,  links  2  verhältnismässig  kleine  stumpfe  Schloss- 
zahne vorhanden  sind.  Die  dunkle,  beinahe  schwarze  Schalenhaut  stark  ausge- 
bildet, an  den  feinen  Bändein  etwas  vorragend;  Untemmd  etwas  eingebogen: 
■  Innenseite  der  Scbale  matt  bläulich  weiss;  Lange  is  Centim.,  Höhe  3,  Breite  s,8. 
Lebt  in  klemen  nschfliessenden  BXchen,  mit  dem  Voideithdl  in  den  Grund  ein- 
gebohrt, in  den  nördlicheren  Gegenden  beider  Erdhälften,  in  Deutschland 
namentlich  im  bayrischen  Wald,  Fichtel-  und  Riesengebirge  (nicht  in  den  Alpen), 
aber  auch  in  Wales,  Cumberland,  Schottland  und  dem  nördlichen  Irland,  in 
Schweden.  Norwegen,  Lapplnnd  und  im  nördlicheren  Theile  von  Russland,  ferner 
im  Binnenland  des  nördlic Ijcren  Thcils  von  Nord-Amerika.  Entsprechend  ihrem 
AuienLhalt  in  kalkarmem,  kohlensäuictcichem  Wasser  ist  sie  das  beste  Beispiel  für 
chemisches  Ausgefressensein  der  Wirbel,  indem  diese  in  der  Regel  an  jedem  er- 
wachsenen Eiemplar  ausgedehnten  Substanamrlust  zeigen,  bis  auf  die  tiefen 


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I 


3» 


Ifaigclidie  —  Uhi^ 


Schichten,  mit  scharfen  unregelmässigen  Rändern,  an  denen  die  organische 
Schalenhaut  oft  noch  etwfts  ttber  die  ausgefressene  Kalkichicbte  überragt,  also 
nicht  Folge  äusserer  Abschleifun^  die  allerdings  sonst  bei  Anodonten  und  Unio- 
nen oft  vorkommt.  In  dieser  Muschel  werden  öiters  Perlen  gefunden,  allerdings 
kaum  in  dner  unter  loo  Stücken  und  diese  gläiuen  zwar  nicht  so  schön  wie  die 
orientalischen  aus  der  Meer-Perln^ischel,  s.  Meleagrina,  haben  aber  doch  Handels- 
wertb,  daher  ist  der  Fnnp  dieser  Muschel  in  den  meisten  europäischen  Ländern 
Regal  und  wird  verpachtet.  Bekannt  sind  die  Perlen  aus  der  Elster  im 
sächsischen  Voigtland,  aus  dem  Ruhanschen  rerlenhacli  im  oberen  Maingebiet, 
aus  der  Hz  in  Nieder- Baiern,  dem  Queiss  in  Schlesien  und  der  VVottawa  in 
Böhmen;  in  Deutschland  sollen  sie  zuerst  von  venetianischen  Kaufleuten  aufge- 
funden und  ausgebeutet  worden  sein,  die  englischen  waren  schon  den  Römern 
bdumnt,  FLonus,  Ub.  IX.,  cap.  35,  sect.  57  und  Sueton  Caes.  47.  —  In  Ober- 
Italien  lebt  eine  verwandte  Ar^  M,  Bfintim,  Fbk.,  kleiner,  mehr  zusammenge« 
drückt,  mit  noch  schwächeren  Schlosszahnen,  die  aber  keine  Perlen  liefert,  vergl. 
Alasmod<'nta,  T?d.  I,  pag.  68.      K.  v.  M. 

Margelidae,  IIa(  kki.  1S77.  Familie  der  Anthomedusen  »mit  4  oder  mehr 
einfachen  oder  verästelten  MundgritTchi,  mit  4  oder  8  getrennten  Gonaden  in 
der  Magenwand,  mit  4  engen  und  einfachen  Radial-Canälen,  und  mit  einfachen, 
unverästelten  Tentakeln,  welche  bald  gleichmässig  vcrtheiit,  bald  in  4  oder  8 
Bündeln  gruppirt  sind«.  —  Unterfamilien:  Cyiatmait  I^aauiae,  l%amMs§owunM^ 
H^poertnituu.  Die  Gattungen  Mctrgäis  und  Margeläum  gehören  zur  leteten 
Unterfiimilie.  Fr. 

Margeiis,  Strenstri  p  1847  (gr.  Perle).  Antbomedusen*Gattung  der  Familie 

Margelidae,  Subf.  Hippocreninae.  Pr. 

Margellium,  HxrKM  1S79  (gr.  kleine  Perle).  Anthomedusen -Gattung  der 
Fam.  Margelidae,  Snbt.  Hippocrenimu'.  Pk. 

Marghi.  Südliciie  Nachbarn  der  Bornuaner,  sciioner  regelmässig  gel)ildcter 
Negerstamm,  dessen  Frauen  Metallplatten  durch  die  Unterlippe  stecken.  Bei 
allen  M.  sind  die  Lippen  aufgeworfen,  doch  haben  manche  von  ihnen  kaum 
etwas  vom  Negertypus.  Die  Hautfarbe  ist  bei  einigen  ^tfnsend  schwais,  bd 
anderen  kupfer-  oder  rhabarberfarbig.  Mitldsdiatdrungen  sieht  man  nicht  Die 
M.  gehen  nackt  und  ziehen  bloss  einen  Lederstreifen  oder  eine  scilähnliche 
Binde  zwischen  den  Beinen  durch  und  befestigen  sie  um  die  Hüften.  In  ihrem 
weiten  Waldgebiete  liegen  die  Wohntingen  der  M.  hin  und  her  zerstreut.  Jeder 
M.  setzt  seine  Hütte  in  die  Mitte  seines  Besitzthums.  Die  nördlichsten  M.,  welche 
den  Bomuanem  unterworfen  sind,  sind  dem  Tslani  gewonnen,  die  anderen  aber 
Heiden.  Ihren  Golt  »Tumbi«  verehren  sie  in  einem  von  den  übrigen  Grund* 
sittckai  durch  einen  Graben  abge^nsten  heiligen  Hüne.  Bemericenwwtfli  ist 
ihr  Gottesgericht  Haben  zwei  Leute  Streit^  so  müssen  sie  sich,  jeder  mit  einem 
Kampfhahn  versehen,  auf  einen  fttr  heilig  gdiaitenen  Granitfelsen  begeben.  Hier 
werden  die  beiden  Hähne  aufeinander  gehetzt,  und  wessen  Thier  unterliegt,  der 
wird  als  der  Schuldige  angeschen.  Die  M.  haben  die  Sitte,  den  Tod  eines 
jungen  Mannes  zu  beweinen,  aber  den  eines  alten  mit  Jubel  und  Ausgelassenheit 
zu  feiern.  In  vieler  Beziehung  nimmt  der  Stamm  der  M.  eine  1  r  rvormgende 
Stellung  gegen  seine  Nachbarn  in  Anspruch;  sie  üben  selbst  die  Eintniptung,  die 
in  Bomu  nur  ausnahmsweise  geschieht,  in  grosser  Ausdehnung  aus.  Hedouch 
Basth  bezweifelt  nichts  dass  die  M.  mit  der  südafrikanischen  Vttlkei&mflie  in 
viel  niherem  Zusammenhange  stehen  als  mit  den  umwohnenden  Stimmen 


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Marginellft  —  Mkiiqniaitma. 


313 


Mitt^Sttdans;  auch  at  haben  die  eigenlhümlich«  reU^öse  Verehruog  der  V^^- 
lahren.     v.  H. 

Marginella  (von  lat.  margo,  Rand),  Lamarck  1799.  Meerschnecke  aus  der 
Abtheilung  der  Pectinibranchia  rhachiglossa,  Schale  länglich  eiförmig,  glatt  und 
glänzend,  Mündung  fast  die  ganze  T.änge  einnehmend,  indem  das  Gewinde  nur 
wenig  oder  gar  nicht  hervortritt,  Aussenwand  verdickt,  Innenwand  unten  mit 
fnehieren  (oft  4)  CohimelUirialten.  lifontel  des  lebende»  Thiers  h»  «wei  Lappen 
ausgebreitet,  die  sich  von  rechts  und  links  Uber  die  Schale  legen  und  diese  glatt 
erhalten  vie  bei  Cypraea\  Fnss  bieitp  an  den  beiden  vorderen  Sdtenecken  zuge- 
spitzt. Reibplatte  mit  nur  i  mehr  oder  weniger  breiten  mehrspitzigen  Zahn  in 
jeder  Querreihe.  Die  Schale  mancher  Arten  hUbsch  mit  farbigen  Flecken  oder 
Bändern  gezeichnet,  bei  manchen  anderen  flas^ecjen  einfarbig  weiss  oder  hlnss- 
gelb.  In  den  nordischen  Meeren  ist  diese  (iattung  gar  nicht  vertreten,  auch  im 
Mittelmcer  nur  durch  einige  kleine  Arten,  wie  die  blassgelbe  schlankere  Af. 
secaiinOf  Phillippi,  7  Millim.,  und  die  mehr  birnförmige  rein  weisse  M.  miiiaria, 
LiNMK  (w^iuea  Ijih.).  Recht  zahlreiche  Arten  dagegen  an  der  Westküste  von 
Aftika  auf  Felaengrund,  mehrere  wie  M.  fabOt  L.,  glahella,  L.  und  prunum^  Gkel., 
«•—4  Centim.  lang;  einige  andere  bunte  mit  gans  kurzem  Gewinde  in  West- 
Indien.  Die  grösste  Art  M,  bullata,  Born,  rein  blassgelb,  8—9  lang,  in  Brasilien. 
Eine  kleine  (i  Centim.)  ponellanweisse  Art  mit  sehr  schwacher  Verdickung  des 
Mundrands,  Af.  ttioni/c,  T-.,  von  der  Ostküste  Afrika's  wird  unter  den  Namen  wadat, 
wadu,  auch  rucham  vielfach  zur  Verzierung  von  Körben,  PferdegebisKen,  auch  zu 
Arm-  und  Halsbändern  bis  in  das  Innere  von  Afrika  hinein  verwandt  und  theil- 
weise  auch  als  Münze  benutzt,  ähnlich  wie  die  Kaurischnecke,  Cyprata  annuius. 
Fossile  Arten  im  TertiSr  und  auch  in  der  Kreide.  Monographie  der  lebenden 
von  KOMER  i884~4i  and  von  Rebvb  Bd.  XV,  1865,  159  Arten;  systematische 
Uebersicht  der  Arten  von  Jousseaums  in  Revue  et  Mag.  loologique  1875.  E.  v.  M. 

Marginolitia,  Okb.  Perforate  Polythalamie  ans  der  K^vx^  RkaMoimt  mit 
spiralig  eingerolllen  Anfangskammem  und  auf  der  convexen  Schalenseite  liegen* 
der  Mündung.  Pf. 

Marguay,  Mbaracaya,  s.  Felis.     v.  M.«;. 

Mariandyni.  Stamm  der  alten  Bithynier,  welcher  sich  in  dem  nordöstlichen 
Theile  des  Landes  an  der  Küste  jenseits  des  Sangarius  behauptete,    v.  H. 

Marianeninsnlaner.  Die  alte  zu  den  Pulynesiern  gehörende  Bevölkerung 
dieses  Archipels  ist  ausgestorben  oder  in  den  aus  Tagalen  und  Spauiem  be- 
siehenden neuen  Ansiedleni  spurlos  untergegangen.  Ueberdies  sind  nur  die  zwei 
südlichsten  Eilande  wirklich  bewohnt,    v.  H. 

Marici.    Altes  Volk  Ober-Italiens,  am  Tldnus,  ligurischen  Stammes,     v.  H. 

Maricolae,  d.  h.  Meerbewohner,  nannte  Oerstedt  in  seinem  Annulatorum 
danUorum  conspectm  (Hafniae  1843^  die  frei  im  Meer  lebenden  Borstenwürmer. 
Ihnen  gegenüber  standen  ihm  die  in  Rohren  lebenden  Tubicolac  und  die  in 
Sumpf  und  Erde  lebenden  7erricoIa(.  Wn. 

Maricones.  Höchst  verabscheuungbwurdige,  untergeordnete  Menschenklas^e 
in  Fem.    v.  H. 

Maiicopm,  s.  CocO'Maiioopa.    v.  H. 

Marienklfer,  Coccinellidae,  s.  d.    £.  To. 

Marikina  rooalla  =  Hapak  r.,  s.  Arctopitheci  und  Midas.     v.  Ms. 
Mariquiaitarcs.    Waldindianer  Brasiliens,  welche  etwas  Ackerbau  trei- 
ben,   v.  H. 


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314 


IttH*  —  If tlta  BMililUltDf  I 


Märis.  Ganz  wilde  Waldhewohner  im  eigentlichen  Nagpur  (Vorderindien), 
welche  selten  ein  Europäer  gesehen  hat.  Naclibarn  der  Gonds,  von  welchen 
mach  die  Besdchnung  M.  ttairnnt  v. 

Marltcnaars.  Die  Bewohner  der  Insel  Marken  in  der  Znidenee.  Es  baben 
sich  bei  ihn«i  höchst  altertiiümliche  Sitten  erhalten,    y.  H. 

Markesasinaidaner.  Zu  den  reinen  Polynesien!  gehörender,  aber  im  Aus- 
sterben begriffener,  sehr  schöner  mesokephaler  Menschenschlag  mit  der  Uber- 
raschenden Schädelkapa/.ität  von  1455  ccm.  Die  M.  haben  schlichtes  Haar, 
welches  sie  mit  einem  StofTbande  derart  binden,  dass  auf  jeder  Seite  des  Kopfes 
ein  Wulst  oder  ein  kleines  Horn  gebildet  wird.  Die  Stirn  ist  frei,  die  schwarzen 
Augen  sind  sehr  ausdrucksvoll.  Die  Männer  sind  regelmässiger  gebaut  wie  die 
Frauen,  ihre  ZUge  markirter.  Fast  alle  rasiren  den  Körper  und  einen  Thal  dflt 
Kopfes,  der  meist  ohne  jede  Bedeckung  bldbt.  TlUtowirung  sehr  geschmack- 
voll  und  gewöhnlich  tiefblau«  wird  in  grösster  Vollendung  geObC  Sonst  ist  die 
Kleidung  gering.  Auf  Hiwaoa  sah  £.  H.  Lamomt  im  Gefolge  des  nebst  dem 
Lendenschurze  eine  scharlachcnc  Wolldecke  um  die  Schultern  tragenden  Königs 
eine  Anzahl  fast  ganz  nackter  Hegleiterinnen  auf  sein  Schiff  kommen.  Dort  be- 
gannen die  zum  Theil  an  die  mediceische  Venns  erinnernden  Damen  sogleich 
Toilette  zu  machen,  d.  h.  sich  zu  salben,  und  nach  dieser  Verrichtung  konnten 
sie  als  unnahbar  für  Europäer  gelten,  denn  wenn  auch  die  Salbe  aus  gewUrzigen 
Blumen  und  anderen  wohlriechenden  Pflanzenstoffen  bereitet  wird,  so  wirkt  doch 
das  beigefügte  Kokosöl  Überwältigend  auf  christliche  Nerven.  DieFransosen  fiuiden 
die  M.  in  swei  Klassen  j^theilt,  wovon  man  die  erste  als  einen  Geburts-,  Gdd- 
und  ibitelligenzadel  bezeichnen  kann,  wenn  man  su  den  weltlichen  Ittoptlingea 
oder  »Akaikic  auch  die  Priester  (  Takuac)  hinzurechnet  Die  andere  Klasse^ 
die  »Kikinoc  urafasst  das  übrige  Volk.  Die  Macht  eines  Akaizi  reicht  aber  kaum 
weiter  als  seine  persönliche  Geltung  und  »^rbwankt  mit  dieser  an  Umfang;  er 
'  hat  Anspnu  h  auf  die  Zehnten  von  den  Ernten  der  riebcjcr,  und  seine  höchsten 
Befugnisse  bestehen  darin,  dass  er  Dinge  >Tabu«  oder  unberulirbar  machen  und 
Tabufrevler  bestrafen  darf.  Bei  wichtigen  gemeinsamen  Angelegenheiten  ver- 
sammeln sich  die  Gemeinden  auf  einem  grossen,  meist  banmumpflanafeen  Platse, 
dem  »Morai«.  Die  £hen  werden  nach  Emwilligung  der  Eltern  durch  die  Wahl 
der  Heiratslustigen  entschieden  und  höchstens  dtirch  das  Schlachten  emes 
Schweines  gefeiert  Willigen  die  Eltern  nicht  ein,  so  flüchtet  das  Liebespaar. 
Die  Ehe  dauert  so  lange,  als  das  gegenseitige  Behagen  und  hört  durch  gemein« 
sames  Einverständniss  auf.  Während  der  Dauer  der  Ehe  wird  von  den  Frauen 
Keuschheit  und  Eingezogenheit  gefordert  und  in  der  Regel  auch  beobachtet, 
Ehebruch  wird  strenge  geahndet,  zügellos  ist  dagegen  das  Treben  der  unvcr 
heirateten  Mädchen,  welchen  völlige  Schrankenlosigkeu  im  Umgange  mit  dem 
andern  Geschlecht  zugestanden  wird.  Die  »Atapeiusc  oder  weibUchen  Hiupt 
Hnge  aufNukuhiwa  leben  sogar  oft  in  Vielmännerei*  Ein  schwangres  Mlddicn 
findet  dort  sogleich,  wenn  sie  will,  zwansig  Minner  snr  Auswahl  und  namentlich 
Priester  und  Häuptlinge  sind  begierig,  sie  zu  besitzen,  da  Schwangerschaften  an- 
fangen selten  zu  werden,  die  M.  aber  unbedingt  Kinder  haben  wollen.  Bei  des 
M.  herrscht  Blutrache.  In  ihren  Hütten  befindet  sich  nur  sehr  geringes  Mobiliar. 
An  der  Dcrke  hängen  grosse  mit  »Tapa«  überzogene  Bündel,  die  Festkleider 
enthaltend,  Korbe  mit  den  aus  Hahnenfedern  gemachten  Diademen,  Lampen  aus 
den  Nüssen  der  Akurites  triloba  und  als  Docht  mit  den  Rippen  von  Kokos- 
blättem  versehen,  Fischereigeräthe,  Waffen,  Holzgefilsse  verschiedener  Grö^e, 


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Beile,  Flaschen  und  andere  europäische  Geräthe.  Die  M.  sind  oft  händelsüchtig, 
meist  aber  schweigsam,  und  wenn  sie  sprechen,  so  geschieht  dies  in  tiefem  liass 
und  indem  sie  die  einzelneii  Silben  schärf  betonen.  Auch  Frauen  und  Kinder 
liaben  verbältnissmässig  sehr  kräftige  Stimmen.  Die  Sprache  selbst  ist  eine  der 
unausgebitdetsten  Mundarten  Polynesiens  mit  vielen  k  und  zahlreichen  Nasal- 
tönen. Auf  der  südöstlichen  Inselgruppe  ist  sie  weniger  hart^  da  hier  an  Stelle 
des  K  das  N  tritt  und  das  scharf  aspirirte  H  durch  F  ersetzt  wird.  Selbst  unter 
den  Stimmen  ein  und  derselben  Insel  herrscht  Dialektverschiedenheit.  Die  M. 
feiern  bei  bestimmten  Gelegenheiten  grosse  Feste,  ^Koika«,  bei  welchen  viel 
iKawa  t  getrunken,  viel  gesungen  und  gestikulirt  wird,  und  bei  welchen  auf  den 
noch  uncivihsirten  Eilanden  auch  Menschenopfer  stattfinden  sollen.  Die  M.  sind 
zwar  gastirei  und  in  ihrer  Art  sanft,  aber  die  Herzens»  und  Seelenregungen  der 
gesitteten  Völker  sind  ihnen  fremd.  Der  Tod  des  Vaters  betrObt  den  Sohn 
durdiaus  nicht  und  die  Mutter  neht  ^eichgflltig  ihr  Kind  sterben»  welches  vom 
Augenblicke  der  Geburt  an  fremden  Händen  überlassen  bleibt;  denn  kaum  f&hlt 
sich  die  Frau  guter  Hoffnung,  so  beschäftigt  sie  sich  schon  mit  der  Frage,  wer 
ihr  Kind  adoptiren  wird.  Eine  Familie  nach  abendländischen  Begriffen  giebt  es 
aber  nicht.  Die  Geburt  eines  Kindes  ist  von  keiner  Ceremonie  begleitet.  Freund- 
schaft wird  dadurch  inniger,  dass  die  Freunde  ihre  Namen  austauschen.  Der 
gewohnliche  Freund  »Ehoa«  hat  nur  ein  Recht  auf  einfache  Zuvorkommenheiten; 
dem  >Ikoa«  kann  man  aber  nichts  abschlagen.  Die  M.  sind  alle  gleichgültig 
gegen  den  natürlichen  Tod  durch  Krankheit,  fUrchten  aber  den  gewaltsamen 
Tod«  s.  B.  im  Krieg.  Erkrankt  ein  M.,  so  fertigt  man  vor  seinen  Augen  seinen 
Saig  an»  der  bei  Genesung  bis  zu  einer  anderen  Gelegenheit  aufbewahrt  wird, 
jedenfalls  aber  für  die  Person  bestimmt  bleibt,  für  welche  er  gemacht  wurde,  v.  H. 
Mark  der  Knochen,  s.  Skelctentwicklung.  Crpch. 

Markfurche-,  -hüllen,  -kegel,  -platte,  -röhr,  -segel,  -scheidei  -wülste,  s. 
Nervensysfeüientwicklung  und  Rtickenmark.  Grbch. 

Markhöhle,  s.  Skelctentwicklung.  Grbch. 

Markhügel,  s.  Nervensystementwicklung  bei  Gehirn.  Grbch. 

Markomannen.  Grosser  Zweig  der  Germanen  (s.  d.)  nordwestlich  von  den 
Quaden  hausend,  su  den  Sueven  (s.  d.)  gehörig,  welcher,  nachdem  er  sein 
Gebiet  am  Rhein  und  Mun  verlassen,  sich  in  dem  rund  von  Bergen  um- 
schlossenen Lande  der  keltischen  Bojer  (Bojohemum)  niederließt  und  im  Süden 
bis  an  die  Donau  sich  ausbreitete.     v.  H. 

Markstränge  des  Eierstockes  s.    Ovariumentwicklung.  Grbch. 

Marmanema,  H  a(  kel  1S79  (gr.  marmairo  flimmere,  »^»>a  Faden).  Gattung 
der  Trachyneiniden,  Subf.  Marnuintminac.  Pf. 

Marmeikatze,  s.  Felis  marmorata,  Mart.,  im  Art.  Felis.     v.  Ms. 

Ifarmoset,  Uistiti,  s.  Hapale  jacdius  im  Art.  »Aiclopithecic  sowie 
Jacchus.    V.  Ms. 

Ifarmota,  s.  Arctomys.    v.  Ms. 

Marokkaner.  Die  Bewohner  des  Reiches  Marokko  in  Nordosfe>Afrika,  wo 
sich  das  berberische  Urvolk  von  den  Arabern  fern  und  unvermischt  erhalten  hat. 
Allerdings  kommen  wohl  in  den  Städten  und  grösseren  Ortschaften  Heirathen 
zwischen  beiden  Völkern  vor,  im  ganzen  stehen  sich  aber  heute  Araber  und 
Berber  in  Marokko  m)  fremd  pecrentiber  wie  zur  Zeit  der  ersten  Invasion.  Die 
iierber  sind  auch  niciit  nur  bedeutend  zahlreicher,  sondern  auch  über  einen  viel 
grösseren  Kaum  des  Liandes  verbreitet  Gans  rein  araUscb  sind  nur  di<»  Land* 


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Schäften  Rliarb  Und  ÖeHi  Hassan  südlich  davon,  endlich  Aridjcrra  und  der  KUstetl' 
öftHttl  von  Kap  Ksiiartcl  bis  Mogador.  Denn  selbst  die  Landschaften  Schauyä, 
Dakala  und  Abda  haben  theils  arabische,  thcils  berberische  Triben.  Mit  Aus- 
nahme der  grossen  Städte  und  Ortschaften/  in  denen  die  Araber  überall  das 
überu'iegende  Elehitiil  bilücii,  kommen  sie  sodann  nur  nuch  sporadisch  rur,  so 

an  Land  die  Berber  vier  Fünftel  besitzen,  gegen  ein  FUnflel,  welches  auf  die 
Araber  entftllt  Der  Kopfzahl  nach  dürften  xwei  Drittel  Berber,  ein  Drittel 
Araber  sein.  Letztere  nennen  sich  »Arbi«  und  zur  besonderen  Beseicbnung  ihres 
jetzigen  Heimatfaslandcs  >Rbarbic  oder  »Rhaibamc  d.  h.  der  vom  Westlande. 
Die  Berber  nennen  lich  »Masighf  oder  »Schellah«;  das  Wort  »Berber«  ist  ihnen 
nber  keineswegs  unbekannt,  namentlich  südlich  Vom  Atlas,  ab«r  fli«  hören  sich 
nicht  gerne  so  bezeichnen  tind  nennen  sich  selbst  höchstens  »Brebber.«  Die 
Volker,  Welche  eine  Zelt  lang  im  lieutigcn  Marokko  sesshaft  gewesen,  haben  un- 
läUgbare  Spuren  unter  den  heutigen  M.  zurückgelassen.  Nur  so  erklaren  sich 
zwischen  vorwiegend  schwar/.liaanger  und  schwarzäugiger  Bevölkeruug  die  hell- 
äugigen und  blonden  Individuen  —  wohl  Nachkömmlinge  der  germanischen  Vau- 
dalen.  Solche  Typen  sind  selten  bei  den  Arabern,  hauptsächlich  bd  den  Be^ 
bem  anzutreffen.  Die  von  den  letzteren  gesprodhene  Sprache  »Tamaschtrt« 
oder  »Schellah«  ist  die  nämliche,  welche  die  Tuarik  iTemahakc  im  Norden  und 
>Temascheq«  im  Süden  nennen.  Die  Berber  in  Marokko  haben  und  kennen  aber 
keine  Sr}uiftzeichcn  wie  ihre  Brüder,  die  Tuarik.     v.  M. 

Maroniten.  Christen  der  monotheletischcn  Sekte  in  Syrien,  in  welchen  ohne 
JSWeilel  ein  Thcil  altsyrischen  Volksthums  noch  erhalten  ist  Die  M.  bewohnen 
den  Libanon  von  Tripolis  im  Norden  bis  Tyrus  und  dem  See  Genezareth  im 
Süden,  namentlich  aber  den  Bezirk  Kesruan,  welcher  ihr  Hauptsitz  und  ihre 
eigentliche  Heimath  ist;  ausserdem  leben  sie  in  Halebf  Damaskus,  auf  Cypem, 
und  in  andern  Städten  und  Dörrera  Sjrriens  in  kleinerer  oder  grösserer  Anzahl 
mit  andern  Völkern  untermischt.  Dass  dieM.  ursprünglich  Syrier  gewesen;  welche 
schon  zu  der  Apostel  Zeiten  das  Christenthum  annahmen,  beweist  die  «jniscbe 
Sprache,  die  sie  beim  Gottesdienste  beibehalten  haben,  obgleich  die  wenigsten 
dieselbe  verstehen,  da  heute  das  Arabische  die  nllgemeine  T.andessprache  ist. 
Die  M.  waren  einst  sehr  zahlreich,  jetzt  soll  es  ihrer  mir  mehr  280000  Köpfe  in 
acht  Diözesen  geben.  Der  Klerus  besteht  aus  dem  l'airiarchcn,  den  Bischöfen 
und  den  Priestern,  für  welche  vcrsclüedene  Lehranstalten  bebtehen,  während  für 
den  mittleren  Laienunterricht  schlecht  gesorgt  ist;  dennoch  können  die  meisten 
lesen  und  schreiben.  Der  Mangel  an  Aulklärung  hat  indess  weder  Roheit,  noch 
sittliches  Verderben,  noch  Barbarei  im  Gefolge.  Innig  verkettet  mit  ihren  Prie- 
stern, die  M.  ein  santtmUthiges,  gefiUtiges,  edelsinniges,  der  Aufopferung  und 
Gefühle  fähiges  Volk,  dass  sich  ausschliesslich  dem  Landbau  widmet  und 
"Un  geselligen  Tugenden  allen  übrigen  Bewohnern  des  Landes  weit  überlegen  ist. 
Die  Weiber  weben  Stoffe  und  sind  ihren  Männern  treu,  die  Autorität  des  Familien- 
oberhauptes vertritt  die  Stelle  der  bewalTneten  Macht,  Vergehen  sind  nicht  häufig, 
Vcrl  reciien  fast  unerhört.  Manche  Reisende  urthcilen  freilich  weniger  günstig. 
Die  M.  sind  tapfer,  gastfrei,  geistig  aber  wenig  entwickelt,  zelotisch  und  fanatisch. 
Immerhin  sind  sie  von  allen  Elementen  der  syrischen  Bevölkerung  dasjenige, 
welches  durch  sdne  tüchtigen  Eigenschaften  und  sogar  durch  seine  Fehler  impo- 
niert Die  M  erinnern  an  griechisches  Wesen  durch  ihre  rege  Einbildungskraft 
ihre  Wunder-  und  Abenteuersucht,  ihre  Freude  an  theatralischen  Schaustellungen 
und  lämend^n  Ovationen,  ihre  En^barkd^  die  Lust  an  Streit  und  Waffenkampf, 


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317 


die  Unbotmässigkeit  gepfen  jedes  Joch  und  das  Trarliten  nach  Neuerem.  Ihre 
Stärke  und  Gefahr  liegt  darin,  dass  sie  wie  kein  anderer  Volksstamm  zur  Glau- 
bensakrion  sich  eignen,  aus  welcher  in  Syrien  alles  hervorgeht.  Die  meisten 
Durter  sind  an  den  Bcrgabtiangeu  gebaut  Das  Haus  besteht  aus  vier  Steinwänden, 

Barnnstämmen  Überdacht  Die  Zirischenittume  der  Dachb«11ceii  werden  mit 
Gestrüpp  ausgeflUit  und  darttber  festgestanpfter  Lehm  gebreitet  Das  Erdgeachois 
dient  fUr  das  Vteh.  Das  Haus  hat  je  dn  Fenster,  die  mit  Läden  geschlossen 
werden.  Das  Innere  zeigt  bloss  einige  Holzgerltste  für  die  Hausgcräthe  und  eine 
mit  farbigon  Stoflf  oder  einem  Polster  bedeckte  Holzwand.  Fast  jedes  Haus  wird 
von  einem  Nuss-  oder  Feigenbaum  beschattet  und  hat  ein  kleines  Hausgärtchen 
oder  Baunipflanzungen,  welche  durch  Gräben  oder  Rinnen  von  dem  durch  den 
Ort  sich  schlängelnden  Bach  bewässert  werden.  Die  Wohnungen  der  Reicheren 
umfassen  nur  mehr  Steinhäuser  und  sind  mit  schonen  Möbeln,  Spiegein  und 
Bildern  geziert  Die  alten,  tfaeilwdse  vei<all»ien  Burgen  der  Emire  sind  im  alten 
Sarasenenstile  mit  SiMtsbogen  und  Säulenhallen  erbaut  Die  M.  tagen  die  weite 
orientalische  Pluderhose,  weiss  oder  blau,  die  durdi  einen  breiten  wollenen  oder 
seidenen  bunten  Gürtel  um  den  Leib  festgehalten  wird.  Dazu  eine  enganschlies- 
sende  Jacke  oder  Weste,  darüber  ein  Mantel  oder  Ueberwurf  mit  kurzen  offenen 
Aermeln  und  mit  Schnüren  und  Litzen  reichlich  besetzt,  dann  der  mehr  nach 
rückwärts  getragene  »Tarbusch«  und  grosse  Schnabelschuhe.  Geisdiche  tragen 
schwarze  oder  blaue,  Laien  blaue  oder  grüne  Turbane  um  den  Tarbusch.  Das 
Kopfhaar  ist  kurz  geschoren,  der  Bart  auf  den  Schnurrbart  beschränkt;  nur  Geist- 
liche tragen  den  Vollbart.  Die  Mädchen  tragen  grüne,  gelbe,  rothe  oder  blaue, 
Frauen  dunkdblaue  oder  schwane  Schleier,  die  nadi  hinten  hinabhängen,  weite 
BeinUdder,  darüber  einen  kunen  Rock,  einen  Kop^ts  und  hölzerne,  klappernde 
hohe  Sandalen,  beide  GescMediter  tättowiren  sich,  besonders  die  Mittelhand» 
knochen,  aber  auch  die  Stirn  und  die  Gegend  um  den  Mund.  Femer  färben  die 
Frauen  die  Nägel  gelb  oder  roth,  die  Augenlider  schwarz,  die  Lippen  blau,  die 
Wangen  roth  und  weiss.  Mädchen  und  Frauen  lieben  das  Tr^bakrauchen,  wobei 
sie  viele  Stunden  verplaudern.  Die  Sitten  sind  von  grösster  Einfachheit  Tische 
sind  unbekannt.  Man  speist  auf  ebenem  Boden,  wo  Matten  und  Teppiche  aus- 
gebreitet sind;  eine  runde  hölzerne  oder  blecherne  Tafel,  auf  einen  Schemel  ge- 
stellt,  enthttlt  die  Speisen,  welche  mit  den  Fingern  herausgelangt  werden*  Grosse, 
dttnne  Brolfladen  dienen  als  Ijöffel  und  Servietten.  Hammelfieisch  mit  R«s, 
Gurken  mit  Rei^  Aepfel,  Rosinen,  Astasien  und  Brot  bilden  schon  eine  sehr 
reiche  Mahlzeit.  Mit  Liqueur  und  Wein  beginnt  man  das  Mahl,  mit  Kaffee  und 
Pfeife  beschult  man  es.    t*  H. 

Maropa.    Stamm  der  Moxo  (s.  d.).     v.  H, 

Marphysa,  Quatrekaües.,  Gattung  der  Borstenwürmer,  Ord.  Notohranchiata, 
Fam.  Euriiculai-,  Sav.  —  Hat  wie  Eunice  fünf  Fühler  (Antennen,  Schmakda)  aber 
die  Curen  daran  fehlen.  Kiemen  einfach  oder  mit  mehreren,  von  einem  kurzen 
Stamm  entspringenden  Fäden.  Oberkiefer  mit  Zahn  und  Zange,  ungleichseitig, 
die  linke  S^te  enthält  eine  Platte  mehr  als  die  rechte.  —  Hieher  M,  sangumeü, 
MoMTAOtJ,  Überall  verbreitet  an  den  Europäischen  Kttsten,  im  Kanal,  im  lifitbel> 
meer  und  in  Adriatischen  Meer*  Der  Amerikaner  Lsmv  fUhrt  rie  sogar  von 
Rhode  Island  und  Newjersey  an.  Die  Art  wurde  von  Audoudt  und  Milmr 
Edwards,  später  von  QuATREFACiiS  untersucht,  auch  von  Ehlers.  Quatrefages 
will  an  ihr  ein  hochentsvickeltes  Bauchnervensystem  nachfrcwiesen  halben,  dessen 
Existenz  aber  i<jii£RS  leugnet.   Ihre  For^flanzung  scheint  noch  nicht  au%eklärt. 


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3IS 


Koch  (Neue  Denkscluiften  der  allgemeinen  Schweizerischen  Gesellschaft,  Bd.  VIÜ, 
Neuenburg  1847)  will  lebendiges  Gebären  bei  ihr  beobachtet  habert.  Aus  dem 
verstünimeitcn  Lcibe^iende  einer  M.  sanguinea  nämlich  sei  ein  kleiner,  faden- 
föraiiger  Wurm  henroigepresst  worden,  der  die  Kopflbnn  von  lAtmMefiuereis  ge- 
zeigt habe;  bei  weiterer  Untemuchung  fand  Koch  auch  die  weiteren  Wurmglieder 
mit  jungen  Wflrmchen  gefiült,  in  eilen  Stadien  der  Entwicklung.  Daher  glanbt 
er,  das8  die  Gattung  LumbrkomrtK  nur  eine  Durchgangsform  sei  in  der  Eatwi^> 
lung  von  Marphysa*  Ehlers  dagegen  möchte  eher  Parasitism  iK  mnehmen,  indem 
eine  Lumbrlconereh  ihre  Eier  in  das  verstümmelte  Leibesende  des  Marphysa  ge- 
legt habe,  woselbst  sich  dann  die  jungen  Lumbriconercis  entwickelten.  Wd. 

Marputius,  Gray  (Thiosmus,  Lichtst.,  Lytuodon,  dO'rb.  etc.)  s.  Cotupatus, 
Gray  im  Art.  MephUis,  Cuv.     v.  Ms. 

Marrai,  Stamm  der  Afghanen  (s.  d.)  zur  Gruppe  der  Larpatschtun  ge- 
h5fig.    V.  H. 

Ibrri,  Bdutschen-Stamm  an  der  indischen  Grense  gegen  Dera  Ghaii  Khan» 
9500  Wafienfiihige»  weitaus  die  kriegerischesten  unter  allen  ihren  Nachbarn;  sie 

erkennen  zwar  an,  dass  sie  gegen  England  Verpflichtungen  haben,  ihre  Führer 
sind  aber  nicht  im  Stande,  ihre  unbändigen  Angehörigen  in  Schranken  zu  halten. 
Ueberdies  haben  sie  dem  Chan  von  Kelat  den  Vasalleneid  p:cleistet.     v.  H. 

Marren  oder  Buschneger.  Bezeichnung  für  die  entlaufenen  Negersklaven 
in  "West-Indien,  besonders  in  Hülländisch  Guyana.  Mit  diesen  Ausreissem,  welche 
früher,  namentlich  zu  Anfang  des  achtzehnten  Jahrhunderts,  die  Anbiediuugen  zu 
ttberfUlen  pflegten,  wurden  wiederholt  Friedensverträge  gescMoesen,  wonach  ^ 
als  firne  Leute  anerkannt  wurden.  Sie  zerfallen  in  drei  Stämme:  Aukas  oder 
Aucaners,  3300  Köpfe  an  der  oberen  Marowijne  und  am  Sarakreek,  in  16  Dörfern 
(»Looc);  die  Saramakka,  4300  Köpfe  am  oberen  Surinam  und  in  ai  Dörfer;  die 
Bekas,  Becus  oder  Mussinga,  auch  Cotticas  oder  Matuari  genannt  400  Köpfe 
gleichfalls  am  oberen  Surinam  und  in  6  Dörfer.  Sie  1)ilden  Duodezrepubliken, 
in  welchen  sie  ein  wesentlich  afrikanisches  Wesen  führen,  doch  so,  dass  sie  da- 
neben einige  europäische  Formen  nachahmen.  Von  irgend  welcher  Entwicklung 
ist  aber  in  den  etwa  40  üertern  dieser  M  -Kepubliken  nichtü  zu  verspüren;  nur 
bei  den  Saramakka  haben  die  Hermhuter  eiiuge  wetuge  Schulen.  In  jedem 
Dorfe  steht  ein  Obmann  oder  Häuptling  an  der  Spitse,  und  solche  Orts^afken, 
welche  sich  zu  einer  Art  Bund  oder  Stamm  vereinigt  haben,  wählen  einen  Ober- 
häuptUng^  der  als  >  Grand  Manc,  »Groote  Manne  bezeichnet  wird.  Der  Dorf- 
häupding  wird  »Capitainc  betitelt  und  übt  die  Strafpolizei;  er  kann  auspeitschen 
lassen.  Grössere  Verbrechen,  auf  welche  Todesstrafe  gesetzt  ist,  kommen  an 
den  Grand  Man,  der  ein  aus  Capitainen  bestehendes  Gericht  ftir  jeden  betreffen- 
den Fall  einberuft.  Jeder  Capitain  hat  einen  Rohrstock  mit  silbernem  Knopf 
mit  eingegrabenem  niederländischen  Wa])j)en  als  Zeichen  seines  Arotes  und  seiner 
Würde.  Die  Würde  des  Häuptlings  ist  erblich,  d.  h.  derselbe  bezeichnet  jenen 
unter  seinen  Söhnen  oder  Brüdern,  der  ihm  nachfolgen  solL  Bei  Zwisten  unter 
Angdiöfigen  xwder  verschiedenen  Stämme  wird  der  Rath  aus  beiden  entnommen. 
Alle  sitzen,  nur  wer  spricht,  steht  aufrecht  Ein  des  Mordes  Angeklagter  muss 
den  Giftbecher  trinken,  der  indess  ganz  unschädlich  sein  soU.  Mörder  werden 
lebendig  auf  dem  Rathsplatze  verbrannt.  Die  M.  tanzen  mit  wahrer  Wuth,  da* 
zu  wird  gesimgen,  auf  Tamtam  oder  alte  Kasserole  geschlagen  tmd  von  Zeit  zu 
Zeit  lassen  die  Weiber  einen  kurzen,  durchdringenden  Ton  hören.  Zum  Gruss 
und  Dank  senken  sie  durch  Beugen  der  Knie  den  Körper  ein  wenig,  ohne  den 


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Manudiü  —  BlanluJliikialaiier. 


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Oberleib  zu  neigen,  und  richten  sich  dann  plötzlich  wieder  auf.  Die  M.  haben 
meist  nur  eine  Frau,  nur  die  Häuptlinge  haben  deren  zwei  bis  drei.  Der  Grand 
Man  lasst  junge  Männer  erst  heirathen,  wenn  sie  ein  Feld  mit  Maniok  bepflaiut 
und  dne  Hfltle  errichtet  haben.  Ehen  ^irischen  Geschwister-Kindem  sind  häufig, 
zwischen  Bruder  und  Schwester  selten»  werden  auch  nicht  gebilligt  Die  M. 
haben  meist  drei  bis  vier  Kinder,  zuweilen  auch  acht  bis  sehn.  Zwillinge  sind 
nicht  selten;  auch  Drillinge  kommen  vor.  Die  M.  glauben  an  einen  guten  Gott 
>Gadtt<,  welcher  die  Menschen,  Brüllaffen,  den  Reis,  die  Pekari  und  den  Maniok 
geschafien  hat;  seine  Frau  heisst  —  Maria,  sein  Sohn  jest  Kisti.  Nach  dem  Tode 
gehen  die  guten  Menschen  7\\m  Gadu,  die  bösen  zum  >Didibo«  oder  'I'eufel. 
Daneben  verehren  die  M.  gewisse  i'hiere  u.  zw,  jede  Familie  ihr  eigenes,  auch 
sind  sie  sehr  abergläubisch.  Todte  lässt  man  acht  i  agc  hegen,  wäluend  weicher 
Zeit  Tnueitänse  nnd  •gesttnge  aosgeflihrt  werden.  Ent  in  einem  Zustande  vor- 
geschrittener FftttlnisB  weiden  die  I^chM  begraben.  Die  Sprache  der  M.  be- 
steht aus  mehr  oder  weniger  verluderten  hoUftudischen  und  englischen  Wörtern; 
einige  sind  dem  Französischen,  Spanischen  sowie  manchen  Indianersprachen  ent* 
lehnt.  Sonst  ist  es  dasselbe  KreoUscb,  wie  es  jetst  in  gans  HoUändisch-Guyana 
gebrochen  wird.     v.  H. 

Marrucint  oder  Mauruceoi,  Volk  Alt-Italiens»  die  nächsten  Stammverwandten 
der  Marser  (s.  d.).      v.  H. 

Marschschafc,  Sammelname  für  die  in  den  Marsciien  der  norddeutschen 
und  holländischen  Niederungen  gehaltenen  ungehömten,  kurzschwänzigen  Schafe. 
Diesdben  sind  auch  Uber  das  nördliche  Frankreich  verbrettet.  Die  bemerkens> 
weitfaesten.  Raoen  bilden  das  l^deistädter,  das  frisiscbe^  das  Vag^  und  das 
Roquefortschaf.  Manche  (May)  zählen  noch  das  didimarscher,  hoUändische^ 
Texel-  und  flandrische  Schaf  (s.  d.)  hierher.  Kreuzungen  mit  englischen  Fleisch- 
schafen verdrängen  neuerdings  die  Marschschafe  mehr  und  mehr,  R. 

Marschvieh,  das  der  bunten  Niederungsrace  zugehörige  Rind,  welches  in 
den  futterreichcn  Marschen  an  der  Ost-  und  Nordsee  gehalten  wird.  Dasselbe 
ist  gross,  schwer»  milchreich  und  sieht  desshalb  in  einem  gewissen  Gegensatze 
zum  Rind  der  futterarmen  Geest  (s.  Geestvieh).  R. 

Itoacola*  s.  Lameilaria.    E.  v.  M. 

llafser.  i.  Volk  Alt-Italiens  auf  der  von  den  Apenninen  umschlossenen  Hoch- 
ebene, in  welcher  sich  der  Lacus  Fucinus  bOdete;  ein  sabinischer  Stamm,  der 

die  Heilkräuter  seiner  Berge  zur  Verfertigung  von  Arzneimittel  benutzte,  sich  auch 
auf  die  Kunst  verstand,  Schlangen  zu  zähmen  und  [im  Besitz  anderer  Zauberkünste 
zu  sein  vorgab.  Die  IVf  waren  ein  sehr  tapferes  Volk,  kämpften  anfangs  mit  den 
Samnitem  gegen  die  Römer,  verbündeten  sich  aber  dann  mit  ihnen,  um  sich  ihnen 
im  Marsisclien  Kriege  wieder  entgegenzustellen.  2.  Altes  und  nicht  unberühmtes 
üüimaueuvoik,  usiiichc  Nachbarn  der  Usipeler  und  südliche  der  kleineren  Bruc- 
tmr,  hatten  ^mi  Tbdl  des  frUher  Ton  den  nadi  GalUen  verpflansten  Sugambien 
besessenen  Gelnetes  swischen  der  Ems  und  Lippe  in  Besits  genommen  und 
wohnten  in  der  Umgebung  von  Mttnster.  Auch  sie  gierten  zum  Gieraskeibunde 
und  nahmen  wesentlichen  Antheil  an  der  Hermannsschlacht.  Später  zogen  sie 
sich  weiter  ins  Innere  des  Landes  surttck  und  entschwindöi  so  unseren 
Blicken.     v.  H. 

Marshallinsulaner.  Zu  den  Polynesiern  (s.  d.)  gehörend;  sie  scheinen 
frUher  ein  grösserer,  stärkerer  .Menschenschlag  gc\vesen  zu  sein  und  sind  es  heute 
noch  auf  den  nordUchcrcn  Inseln,  weiclie  weiuger  von  Fremden  besucht  werden 


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3SO  llbnlgni  —  Itmipobnaehii. 

und  mehr  Nahrungsmittel  erzeugen.  Die  Häuptlinge  sind  auch  jetzt  noch  durch- 
wegs wohlgebaute  Gestalten  mit  intelligenten,  angenehmen  Ziipen,  hoher,  wenn 
auch  stark  zurückfiiehender,  an  den  Schläfen  eingedruckter  Stirn,  gut  geformter, 
nicht  sehr  platter  Nase,  proportionirtem,  hier  und  da  sogar  schön  gebildefiem 
Munde  und  ausgezeichneten  weissen  Zähnen.  Die  Mehnahl  der  M.  shid  jedoch 
klebe,  schwächliche,  sdiwache,  frtth  alternde  Menschen;  die  Weiber,  mit  mehr 
rundem  Gesicht,  noch  kleiner  und  verkümmerter,  mit  dünnen,  fleischlosen 
Händen  und  verwelkend,  ehe  sie  zur  vollen  BlUthe  kommen«  Die  Hautfarbe,  ein 
schmutziges  Braun,  schwankt  von  Gelb  bis  Schwarzbrnnn;  die  Haare  sind 
schwarz,  grob,  glatt  oder  nur  wenig  gekräuselt;  früher  trug  man  sie  allgemein  lang 
und  in  der  Weise,  dass  auf  dem  Wirbel  des  Kopfes  ein  Knoten  geschlungen 
wurde,  bis  die  Missionare  diese  unchristliche  Tracht  aus  ihrem  Bereiche  nach 
den  nördlichen  Inseln  verdrängten.  Der  Bartwuchs  ist  im  Allgemeinen  spärlich 
und  gedeiht  auf  den  Wangen  fast  gar  nidit.  Die  Wohnungen  bestehen  aus  arm* 
sdigen  Hütten,  w«in  man  ein  Dach  von  Pandanusblättem,  unter  das  man  kriedien 
musB,  so  nennen  darf.  Die  Häuptlinge  haben  swar  bessere  Bciumningen,  docJi 
gehören  sie  dem  nämlichen  Systeme  an;  um  den  Hauptbau  herum  liegen 
kleine  Hutten,  in  denen  sich  die  Frauen  aufhalten.  Man  unterscheidet  vier 
Stände:  i.  der  >Armidwon ;  oder  »Kajurs,  der  gemeine,  besitzlose  Mnnn  Ueber 
eine  Anzahl  dieser  stellt  2.  ein  »Leadagedag«,  dem  die  erste  Klasse  Naiirung  zu 
bringen  hat  und  überhaupt  gehorchen  muss.  Ihm  ist  eigener  Besitz  gest;\ttet. 
Der  nächste  Stand  ist  3.  der  der  >Budag«,  aus  den  Brüdern  und  Söhnen  des 
Königs  gebildet  Ueber  allen  steht  schfiesslich  der  »Irodc  oder  König,  von 
welchem  der  Leadagedag  seine  Befehle  empfibigt.  Doch  haben  die  vor  dem 
läntreffen  der  englisdten  Missionare  sehr  bedeutende  Madit  und  Ansdien  der 
Könige  und  HMuptUnge  wesentlich  abgenommen.  Früher  war  auch  ein  Krieg  bei 
den  M.  nichts  Ungewöhnliches;  wenn  solche  jetzt  noch  vorkommen,  verlaufen  sie 
ziemlich  unblutig.  Der  »Kajur«  darf  nur  eine  Frau  haben;  für  die  höheren  Stände 
fällt  diese  Beschränkung  weg  und  kommen  bei  ihncri  gewöhnlich  zwei  bis  drei 
Frauen  vor.  Auch  steht  dem  Irod  das  Recht  /u,  dem  Manne  aus  einem  niedern 
Stande  die  i-rau  einlach  wegzunehmen.  Andererseits  darf  der  Leadagedag  mit 
des  bods  Frau  weder  sprechen  noch  sie  besuchen.  Verreist  der  Irod  und  IMsst 
er  seine  Frau  aurttck,  so  müssen  auch  alle  Leadagedag  und  die  Bndag,  soweit  sie 
nicht  Sohne  des  Irod  sind,  die  Insel  verlassen.  Wird  eine  einem  höheren  Stande 
angdiörige  Fmu  von  ihrem  Manne  weggejagt,  so  darf  sie  von  keinem,  einem 
niedrigeren  Stande  Angehörigen  anr  Ehe  genommen  werden,  wohl  aber  kann  der 
niedrigere  Mann  die  Tochter  aus  einem  höheren  Stande  heirathen  und  erwirbt 
damit  ihren  Stand.  Nachfolger  des  Königs  ist  sein  jüngerer  Bruder,  welchem  zu- 
gleich die  Verpflichtung  obliegt,  sämmtliche  Frauen  des  Verstorbenen  zu  heirathen. 
Im  Uebrigen  haben  Knaben  und  Mädchen  Umgang  lange  vor  der  Pubertät.  Von 
den  Mädchen  wird  keineswegs  Keuschheit  verlangt  oder  erwartet,  ehe  sie  sich 
veihetratfaen,  und  unnatflrliche  Laster  stehen  in  hoher  Blttthe.  Junge  Fnuen 
bekommen  nie  oder  doch  sehr  selten  Kinder,  und  erst  wenn  sie  anfongen  alt  und 
hMsslich  XU  werden,  erfilUen  sie  ihre  natürliche  Bestimmung;  da  sie,  wenn  kinder- 
los» häufig  weggejagt  werden.    Ehebruch  bestraft  man  strenge.     v.  H. 

Maraigni.  Kleine,  wenig  bekannte,  germanische  Völkerschaft  am  nördlichen 
Abhanj^e  des  Möns  Ascibnrgius.     v.  H. 

Marsipobranchii,  Bonaparte  (gr.  marsipion  Beutel,  branchion  Ymxxm)^  Cy- 
€loitomi  (s.  d.).  Ks. 


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Manipofctii^ae  —  Marsapfalia. 


3*1 


Marsiporchidae»  Häckbl  iS66,  »  TrM/umedusae  pt.  (s.  HAckbl,  Syst  Med. 
pag.  656).  Pf. 

Marsupiales,  Lesson  1843.  Fine  unnatürliche  Grappe«  welche  nachHACKEL 

die  VLi  s(  hiedenartigsten  Medusen  enthält.  Pf. 

Marsupialia,  Ili..  (Didtlphia,  d.  Bl.,  Acolpoda,  }iRASS ),  Beutclthiere,  Ordnung 
der  Säugethiere  (s.  d.),  zu  den  sogen.  Aplacentalta  (s.  d.)  gehörig.     Unter  dem 
Namen  M.  vereinigt  man  Formen,  die  zwar  im  äusseren  Habitus,  in  der  Korper- 
grösse,  im  Zahnbaue  und  demgemäss  in  biologisclier  Hinsicht  oft  weit  von  ein- 
ander  abstehen,  gewissermaassen  andere  Säugerordnungen  wiederholen,  aber  durch 
den  Bau  ihrer  Genitalorgane»  durch  ihre  Embryonalentwicklung  und  mit  dieser 
im  Zusammenhange  stehenden  morphologischen  Eigenthilmlichkeiten  rieh  als 
wohl  abgeschlossene  Gruppe  präsentiren.    Das  Hauptmerkmal  der  Ordnung, 
welches  derselben  auch  den  Namen  verlieh,  ist  in  dem  Vorhandensein  einer 
Bniii.ische  (Marsupitim)  gegeben;  sie  wird  durch  eine  Hautfalte  der  Bauchwand 
gebildet  und  durch  zwei,  den  Schienbeinen  :xufsiuende  Beutel-  oder  Marsupial- 
knochen*) (seltener  nur  längUch  platte  Faserknorpel)  gestüLtL    Diese  Tasc  he 
umschliesst  die  langen  Zitzen  der  (in  ihrer  dorsalen  Wand  gelegenen)  Milclidrüsen 
und  nimmt  die  noch  sehr  unentwickelten,  vorzeitig  geworfenen  Jungen  bis  zu 
deren  völligen  Ausbildung  auf.   Durch  FasencUge  des  stark  entwickelten  Mus€U' 
hu  pmmcubts  camosus,  welche  sich  in  die  Hautfalte  hindn  erstreck«!,  wird  die 
ventrale  Taschenwand  nicht  nur  gestützt,  sondern  auch  deren  (nach  vorn  oder 
seltener**)  rückwärts  gericlitete)  Oeflnung  geschlossen;  bei  einigen  Arten  (M.  Di- 
delphis)   finden  sie  b  i!!)rigcns  nur  2  Ilatitfalten  (an  Stelle  der  Bruttasche)  vor. 
Die  winzigen  J  lü^^n,  welclie  nach  sehr  kurzer  Tragzeit  (39  T.age  bei  Macropus 
gigant(us)  zur  Welt  kommen,  werden  je  an  eine,  ihren  Mund  vollständig  aus- 
üiHende  Zitze  gehängt.    Durch  Contraction  des  über  die  Oberfläche  der  Milch- 
drüse ausgebreiteten  Musculus  eremas^r  wird  die  Milch  dem  Jungen  eingeflösst. 
Da  das  Ende  des  hier  (ähnlich  wie  den  Cetaceen)  verlängerten  conischen 
Schlundkopfes  vom  weichen  Gaumen  umfasst  wird,  ist  die  Respiration  aber  durch- 
aus unbehindert,  indem  die  Milch  seitlich  vom  Larynx  in  den  Oesophagus  strömt 
(Huxley).    Beim  männlichen  Beutelthicr  ist  das  Marsupium  nach  aussen  gestülpt 
und  enthält  die  vor  dem  Peitis  liegenden  Hoden,   Die  Ovarien  sind  häufig  noch 
traubig    (Phascolomys) ,    bobnentormig    (bei   Didelphys)   oder   nierenförniig  mit 
höckerig  geringelter  OberHächc  (Alacropus).    Mit  weiten  ürificiis  heginnen  die 
Oviducte  und  gehen  über  in  die  vollkommen  getrennten  Uteri^  diese  münden  ge* 
tremrt  in  einen  äusserlich  gemeinsamen,  innerlich  aber  durch  eine  (voUstlndige 
oder  unvollständige)  Schddewand  getrennten  Vagtnalabschnitt,  von  dem  die 
beiden  langen,  henkelartig  gegen  einander  gebogenen  Vaginaikanäle  ent- 
springen, um  im  Urogenitalkanal  sich  gesondert  zu  öffnen.   Eine  Art  Cloake 
findet  sich  bisweilen  ^ftl  (Didelphys  dorsigera),  doch  ist  meist  ein  Perinaeum 
nachweisbar.  ~  Der  J'enis  endet  in  der  Regel  mit  einer  gespaltenen  Eichel. 
Von  den  übrigen  anatomischen  Merkmalen  seien  hier  noch  folgende  besonders 
erwähnt.    Das  Grosshirn  ist  relativ  klein,  das  Ctrebfllum  (oft  auch  die  corpora 
^-gemina)  bleibt  unbedeckt  und  seine  Oberfläche  ist  mit  Ausnalune  der  Kän- 
gurus  nur  wenig  gewunden.    Der  Balken  ist  ganz  rudimentär.  —  Bei  der 
Gattung  Peramtks  ist  der  SteigbUgel  eine  einfache  Cölumella;  auch  sind  Hammer 

•)  VcrknOcherungtn  in  der  Sehne  de««  ««««swn  schiefen  BAUchmuskcls. 
•♦)  So  hei  einigen  I'erameliden  und  bei  Thyüuintu. 
ZiKil.,  Anihropol.  u.  Eihpologic.   Bd.  V.  31 


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312 


Utnupudia. 


und  Anibos  verwachsen.    Der  Magen  ist  bald  einfach,  rundlich,  so  bei  carni- 
voren,  insectivoren  und  irugivoren  Arten,  bald  verlängert  und  colonartig  sacculut 
(Kängurus).   Dtt  Coeeum  ist  entweder  kitns  und  dnfiach  oder  von  mehrfiKher 
Körperlänge;  den  Do^furidat  fehlt  es.    Ein  Wurrofortsatz  findet  sich  beim 
WombaL  Stets  ist  eine  Gallenblase  vorhanden.  In  der  Vorkammerscheidewand 
des  Herzens  fehlt  die  fossa  ovaiis,  die  rechte  Auiikel  ist  xweisipfelig.  Die  ArUria 
meseraica  inferior  fehlt  und  die  Art.  iiiaca  inferna  und  externa  entspringen  ge- 
trennt aus  der  Aorta.    Osteologisch  wäre  beachtenswerth  das  späte  Verwachsen 
der  Schädelknochen,  der  geschlossene  Joclibogen,  das  Vorkommen  zweier  (oder 
mehrerer)  Löcher  am  harten  Gaumen,  der  nach  innen  gebogene  Unterkiefer- 
winkel u.  s.  w.  —  Meist  finden  sich  7  Halswirbel,   19  Dorsolunibarwirbel  mit 
13  rippentragenden  Wirbda.  Am  Saenm  partidpiren  a — 7  Wirbel,  aber  nur  4 
verbinden  sich  mit  den  Darmbeinen.  Eine  Cläoieula  fehlt  bei  PtramUs  und 
Ch§€rapu$.  Die  Innentehe  ist  oft  daumenartig  opponirbar,  fSllt  aber  lüswdlen 
aus;  auch  verwachsen  an  den  (Übrigens  sehr  verschieden  gestalteten  Gliedmassen) 
bisweilen  die  beiden  Innenzehen  der  Hinterftisse  etc.  Sehr  variirend  ist,  wie  aalw- 
liegend,  die  Form  und  Zahl  der  Zähne,  s.  die  Art.  über  die  einzelnen  Gattungen. 
Alle  Zahnarten  werden  vorgefunden  und  sind  an  den  Molaren  (in  der  Regel  ^,  bis- 
weilen %  jederseits)  in  Lücken-  und  Höckerzähne  meistens  unterscheidbar.  Der 
Zahnwechsel  erfolgt  ähnlich  wie  bei  den  piacentalen  Säugern.  In  früheren  Perio- 
den waren'  die  jetzt  auf  Neuhollaad,  vielen  Sddseeinseln  und  Molukken,  p.  p. 
auf  Süd'Amerika  beschränkten  Beutdthi^  die  man  jawohl  als  die  ältesten  Ver- 
treter des  Säugethierstammes  ansehen  darf.  Aber  den  grAssten  Theil  der  Erde 
verbreitet   Schon  in  der  Trias  finden  sich  Formen,  die  verschiedenen  Beutler- 
gnippen  angehören.    Im  Jura  steigert  sich  die  Mannigfaltigkeit,  und  während 
später  in  den  übrigen  Erdthcilcn  die  placentnlen  Säugethicre  die  aplacentalen 
allmählich  verdrängen,  entfalten  die  Marsupialia  in  Neuliolland  grossen  Reich- 
thum, so  zwar,  dass,  wenn  man  die  daselbst  in  jimgen  Ablagerungen  auftretenden 
erloschenen  Formen  mit  berücksichtigt,  fast  alle  Gruppen  der  piacentalen  Säuger 
vicarürende  Vertretung  finden.    Die  Phtat^hmidae  (Glirina)  entsprechen  den 
JRodenÜa,  die  Jialmaioridae  (MatrcpadieUte)  den  leichteren,  Diprcikodon  und  Nöi»- 
therium  den  schwerer  gebauten  Fonnen  der  Ungulaten.   Die  ArameSdae  sind 
den  bisectivoren,  die  Dasyuridae  den  Camivoren  etc.  etc.  xu  veigldchen 
(R.  HöRNEs).    Die  biologischen  Eigenarten  der  M.  sind  in  den  speciellen  Art 
einzusehen.   Englische  Autoren  (Waterhousk)  theilcn  die  M.  in  sieben  Familien: 
Didelphidae,  Dasyuridae,  Myrmecobiidac,  PcrameUdae,  Macropodidac,  Pftalamjts/idae 
und  Fliascohmyidae\  die  ersten  vier  entsi)rechcn  der  Wa(;nek    In  n  Unterordnung 
Rapacia,  die  3  letzteren  der  OwEN'schen  Unterordnung  Focphaga,  Carpophaga 
und  Bhizophaga.  —  J.  A.  Wagner  (1855)  unterscheidet  zwei  Hauptabtheilungen 
M*  rafaeüh  S.  o.  (Raubbeutler)  und  M.  phytopha^a  (pflansenfressende  Beutler); 
erstere  mit  den  Familien  Dasyurnutt  SyndaetyUnOf  JPedimana,  EdetUukt,  letstete 
mit  den  Seanden/ia,  Mutropoia  und  Gürina*  J.  V.  Guius  gruppirt  die  Marsu- 
pialia  in  4  Unterordnungen:  RHiMephßga  mit  der  Familie  Phascolomyida,  Poiphaga 
mit  der  Familie  Macropodüda^  Carpophaga  mit  den  Familien  Phascoiartüdae  und 
Phalangistidae  und  Rapacia  mit  den  Familien  Udentula,  Sa/fniorin,  Srafis-oria  und 
Dasyuridac.    Bezüglich  der  den  Beutlcrn  im  Systeme  zugewiesenen  Stellung  vergl. 
»Säugerc,  sowie  »Geschichte  der  »Säugethierkunde«.  —  Literatur  (ausser  der  all- 
gemeinen) Owen,  Kicii.,  Artikel  »Maisupialia«  in  Todd's  Cyclopacdia.  of  Anatomy. 


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Iihnupiälidie  —  Marungu. 


3»3 


VoL  ni,  1842,  pag.  257—331.  Waterhouse,  G.  R.,  A.  nature  history  of  the 
mimunalia.    Vol.  I.  marsupiata  or  Pouched  Animals.    London  1846.     v.  NT- 

Marsupialidae,  Acassiz,  =  Lobophora,  Claus,  =  Culiomcdusae,  Hackei,, 
Medusen-Ordnunp.  sAcrnspcden  m'ii  4  perradialen  Sinneskolhen,  welche  ein  Hör- 
külbclien  mit  eutudermaleni  Otoiithen-back  und  ein  oder  mehrere  Augen  ent- 
halten. 4  iittetnuliale  Tentsdi^ln  oder  TenUkel-Bflndel.  Magen  mit  4  weiteii 
pemdialen»  viereckigen  Taschen,  welche  durch  4  lange  und  schmale  intenradiale 
Septap  oder  Verwachsungs-Leisten  getrennt  werden.  Gonaden  4  Paar  Uattförmige 
Wfdste,  welche  mit  einem  Rande  längs  der  4  interradialen  Septa  befestigt  sind, 
aus  dem  subuinbralen  Entoderm  der  Magentaschen  sich  entwickeln  und  frei  in 
deren  Hohlraum  hinein mo^cns  (H.)  —  Die  Ordnung  umfasst  zwei  Familien,  die 
Charybdeiden  und  Clm  uiiopidcn.  Pk. 

Marsupialknochen,  s.  Skelettentwicklunpf.  Gruch. 

Marsupites  (von  marsupium  lat.  Beutel),  Manteu.,  Crinoideengattung  aus 
der  weissen  Kreide,  letzter  Repräsentant  der  Tesseilaten,  ohne  SfHir  eines  Stiels, 
mit  nor  3  Kreisen  von  je  fttnf  unter  sich  abwechselnden  fttnf>  oder  sechseckigen 
Platten  zwischen  der  dnfiichen,  regulär  iOnfeckigen  Basalplatte  und  den  Armen; 
Rautenstreifen  auf  den  Platten,  ^nzelne  verhiltnissmäsmg  grosse  Platten  nidit 
seilen  bei  Blankenburg  am  Harz.     £.  v.  M. 

Marsupium,  Pni'tasche  der  Beutelthiere,  s.  Marsupialia.     v.  Ms. 

Marsypocephalus,  Wedl.  (gr.  =  Kopf  mit  15eutcln).  Kinc  Bandwurmgattung, 
die  mit  häutigen  Beutelchen  an  den  vier  Saugnäpfen  versehen  ist.  Lebt  im  Darm 
eiacü  ägyptischen  Welses  (Wedl).  Wd. 

Hartes,  Cuv.,  M.  Wagner,  s.  Mustela,  L.    v.  Ms. 

Martesia,  s.  Pholas.    £.  v.  M. 

Martin«,  Waon.,  Baird.  (MusUlina,  Gray),  »Landmarderc,  Unterfiimilie 

der  Musteiida,  Wagn.,  zur  GRAv'schen  Sedh  AcanUupada  (s.  d.)  gehörig. 

Die  Landmarder  sind  charakterisirt  durch  den  sehr  gestreckten  Leib,  den  mitt^l- 
langen  cylindrischcn  Schwanz  und  die  unfjleichc  Anzahl  der  Backzähne  im  Ober- 
und  Unterkiefer  (|,  haben  Putorius  und  Ciulictis,  l  Mustela  und  Gitio).  Stets  ist 
der  letzte  der  Überkiefermolaren  in  der  Quere  verlängert,  klein  und  kurz.  Die 
Zehen  sind  nur  wenig  verbunden.      v.  M.s. 

Martini.  Volk  des  Alterthums  im  äussersten  Norden  des  wüsten  Ara- 
biens.    V.  H. 

Martinavogel »  Eisvogel,  s.  AIcedo.  Rcbw. 

Marturi.  Stamm  der  Skipetaren  (s.  d.)  im  nördlichsten  Winkel  des  Drin, 
an  dessen  beiden  Ufern;  die  Zahl  der  Wehrfähigen  belauft  sich  auf  700  Mann.   v.  H. 

Maru.    Bardenkastc  der  Bhals  in  Indien.      v.  II. 

Marübo.    Indianer  am  Javari,  sehr  dunkel,  aber  mit  etwas  Bart.     v.  H. 

Marundae.  Völkerschaft  Altindiens,  welche  westlich  von  den  Tacaraei  in 
einem  langen  und  schmalen  Landstrich  fast  längs  des  ganzen  Ganges  hin 
wohnte,     v.  H. 

Mamsidacba.  Stamm  des  mittleren  Kongogebietes,    v.  H. 

Ifarongu«  Bantnvolk  SOd'Afrikas,  an  der  Westseite  des  Tanganyikasees,  in 
jeder  Hinsicht  von  ihren  südlichen  Nachbarn,  den  Waitawa  (a.  d.)  versd^eden, 
was  grossentheils  dem  wilden  Charakter  der  Natur  zuzuschreiben  ist.  Sie  sind 
schwarze  oder  doch  ticfdunkle  Wilde  von  muskulöser,  durchschnittlich  nicht 
kleiner  f  lcstnlt,  die  Gesichter  hässlich  mit  dicken  aufgeworfenen  Lippen,  plumpen, 
platten  Nasen  und  enormen  Kinnladen.    Dit  Weiber  sind  als  Mädchen  zum  Thcil 


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394 


ganz  hübsch;  sol)ald  sie  jedoch  einmal  geboren  liaben,  werden  sie  dick  und  häss- 
lich.  Auffallend  ist,  dass  die  Brüste  der  jungen  Madchen  gewölbt  und  voll  sind, 
sowie  dass  die  M.«  welche  in  den  höheren  Bergen  wohnen,  mit  einer  Anschwel- 
lung des  Kehlkopfes  behaftet  sind,  während  jene,  welche  sich  «m  See  Mifhalten^ 
davon  verschont  bleiben.  Man  sagt,  dass  jeder  Kropfige  in  kuner  Zeit  geheDt 
werde,  wenn  er  den  niedriger  gelegenen  Grund  in  der  Nlhe  des  Sees  tarn  Wohn- 
sitz wählt.  Einige  gehen  sogar  so  weit,  su  behaupten,  da»  der  Kranke  nur  nöthig 
habe,  in  den  Tanganjrika  su  blicken,  um  geheilt  su  werden.  Kleidungsstücke  sind 
fast  gar  nicht  sichtbar,  iind  was  von  Tracht  vorhanden  ist,  hesrhränVt  sich  auf 
einen  grossen  Schurz  vom  und  hinten  aus  »einheimischem  Baumrindenluch«,  das 
jedoch  viel  schlechter  als  bei  den  Wanyamuesi  zubereitet  ist.  Beide  Schurze 
werden  durch  einen  Bast*  oder  Ledergürtel  um  die  Hüften  gehalten.  Auch  sind 
Ziegenfelle  in  Gebrauch,  die  einfach  Uber  den  Rflcken  und  die  Schultern  gehängt 
werden.  Von  «ngelUhrten  europäischen  KtddungsstQcken  dagegen  bei  den 
M.  iMchts  SU  bemerken.  Die  Haare  sind  Uber  der  Stirn  zwei  Finger  breit.  Aber 
den  Ohren  und  aus  dem  Nacken  kreisrund  abrasirt  und  das  stehengebliebene 
Haar  in  daumnagelgrossen  Knollen  zusammengebunden  und  mit  Fett  und  rother 
Farbe  beschmiert.  Die  Frisur  sieht  aus  wie  ein  sogenannter  Pflasterkuchen.  Die 
Bewaffnung  ist  ausschliesslich  Bogen  und  Pfeil  ohne  Federn.  Die  Weiber  haben 
hinten  einen  kleinen  Schurz,  der  ebenfalls  mit  beiden  Enden  an  den  Hüften 
durchgesteckt,  den  oberen  Theil  des  Gesässcs  frei  lässt.  Vorn  tragen  sie  einen 
ganz  kleinen,  oll  kaum  handgrossen  Lappen.  Beide  werden  durch  Perlenschnüre 
gehalten.  Die  Frisur  ist  theilweise  wie  bei  den  Mflnnera,  theilwdse  Phantasie. 
Die  Kinder  werden  in  einem  Felle  auf  dem  Rttdcen  getragen,  dessen  dner  Rio* 
men  über  eine  Schalter  Iftuft.  Die  Hütten  haben  dieselbe  Gestalt  me  bei  den 
Wanyamuesi:  ein  Cylinder  mit  aufgestülptem  Kegel;  alle  sind  mit  grösster  Sorg« 
fatt  hergestellt;  die  Dörfer  sind  meist  ohne  »Boroac.  Diejenigen  M.,  welche  unten 
an  den  Ufern  des  Sees  wohnen,  treiben  einen  kleinen  Handel  mit  den  Wadschid- 
schi,  welche  gelegentlich  nach  der  Westseite  hin  streiten,  um  Sklaven  und  Klten- 
bein  zu  bekommen.  Die  M.  halien  beträc  htliche  Heerden  von  Schafen  und 
Ziegen,  melken  aber  die  lelziercn  nicht,  auch  hndct  sich  Gcilügel  im  üeberfluss 
und  der  gvte  Boden  erzeugt  vegetabilische  Nahrung  in  Menge.  Die  M.  sind  von 
ausserordentlicher  Reisbarkeit,  welche  sich  in  allen  Angelegenheiten  äussert.  Ihre 
Unterhaltung  ist  gewöhnlich  ein  fortgesetzter  Redestrom  in  der  höchsten  Stimm* 
läge,  und  keine  Angelegenheit  kann  erörtert  werden,  ohne  dass  sie  nicht  ein 
halbes  Doteend  Mal  mit  gellender  und  kreischender  Stimme  zu  gleicher  Zeit 
sprechen.     v.  H. 

Marutse.  Das  wichtigste  Volk  im  jetzigen  IJamtscreiche  zu  beiden  Seiten 
des  Sambesi  in  Süd-Afrika,  in  einer  Breite  von  320  —  390  Rilom.  wohnend  und  das 
Sarotse  sprechend.  Die  M.  erhoben  ihr  Reich  auf  den  Trümmern  jenes  der  Ma- 
kalolo,  deren  männliche  Bevölkerung  sie  vernichteten,  während  sie  die  Weiber 
unter  sich  vertheilten.  Dessbalb  findet  man  unter  den  Völkern  des  M.-Reiches 
Frauen  von  braunem  Teint,  auf  welche  sich  die  dunklen  Stimme  nicht  wenig 
einbilden,  da  sie  das  lichtere  Kolorit  als  eine  Veredlung  ihrer  Raoe  ansehen. 
Nördlich  von  den  M.  erstreckt  sich  das  Mambunda-Reich,  welches  aber  von 
Königen  aus  der  Herrscherfaniilie  der  M.  regiert  wurde  und  jetzt  thatsächlich 
mit  dem  letzteren  vereinigt  ist.  Die  M.  sind  nur  ein  kleiner  unter  den  unzähligen 
Stämmen,  welche  ihr  Reich  umfasst,  und  in  Gesittung  völlig  in  diesen  aufge« 
gangen,     v.  H. 


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32$ 


Marvingi.  Germanischer,  aber  sonst  f;an/,  unbekannter  Volksstamm  in  den 
westlichen  Theilen  des  heutigen  Thüringen.     v.  H. . 

ICarwarL  Das  «fische  Idknu  der  indisdien  Luubcbaft  Mafwar.    v.  H. 
Marwat»  Stamm  der  Afghanen  (s.  dO*    v.  H. 
Mann  s.  Badagar.    v.  R 

Maryna,  Gkuber  1870.  Ein  zu  den  Enchelyden  gehöriges,  holotrisches  In- 
fusor,  im  Schlamm  lebend,  Gehäuse  bildend.  Pf. 

Marynaei,  von  Ptolkmäos  erwähnte  Völkerschaft  des  alten  Ractriana.    v.  H. 

Marzobotto.    Zwischen  Bologna  vmd  Florenz  liegt  die  Station  M.    Unter  den 
Anlagen  eines  stattlichen  Schlosses  am  Ufer  des  Reno  entdeckte  Graf  üozzadini 
eine  Todtcnstadt  der  Vorzeit.    Bald  ruhen  die  Leichen  in  freier  Erde,  nur  mit 
Steinen  umrahmt  und  mit  Geröll  bedeckt,  bald  in  bntnnenartigen  Gruben.  Ferner 
findet  man  Steinkisten  aus  Tu&teinplatten,  bisweilen  mit  giebelförmigen  Seiten^ 
steinen,  bisweilen  mit  flachem  Dache.  Auf  den  Sandstetnstelen  und  manchmal 
Figuren  von  flacherhabener  Arbeit  angebracht.  —  Das  Grabfeld  hat  eine  Länge 
von  700  Meter,  die  Form  eines  Keiles  und  reicht  bis  an  den  Fluss.   An  ^ner 
Seite  des  Feldes  liegen  nach  Chierici  und  Helbic  Strassen  mit  Trottoirs,  sowie 
Unlerbnuten  von  Häusern.    Nnrli  den  thcilweise  reichen  Grabfunden  aus  etrus- 
kischer  Zeit  hatten  die  Einwohner  von  Misano  (so  heisst  das  Plateau)  Waffen 
und  Werkzeuge  von  Bronce  und  Eisen;  Gefässc  von  Hronce  und  Marmor;  Spiegel 
und  Statuetten  von  Bronce.    Unter  den  Schmucksachen  finden  sich  die  feinsten 
Filigranarbeiten  in  Gold  uud  Silber,  Armspangen,  Halsketten,  Ferlenschnflre  von 
Glasfluss  und  Bernstein,  Fibeln  verschiedener  Art^  Ringe,  geschnittene  Steine, 
Glasflttschchen,  ausseidem  etniskische  Schrifl^  gemalte  Vasen  und  swar  schwars- 
grondige  mit  rothen  Figuren  und  hellgrundlge  mit  dunklen  Figuren    Kleine  form> 
lose  Erzsttickchen  (acs  rudc)  vertraten  das  gemünzte  Geld.  Unter  den  Thierknochen 
sind  Bär,  Hirsch,  sowie  unsere  Hausthiere,  selbst  das  Huhn  vertreten.  Nach 
NicoLKEi  sind  die  Schädel  mittclgross  und  orthognath,  die  Stimhälfte  Uberwiegt 
bei  ihnen,  die  Stirn  ist  hoch,  Gesicht  klein;  Augenbrauenbogen  vorstehend; 
Augenhöhlen  quadratisch;  Gesichtsformen  eher  quadratisch  als  oblong;  Index  =  78,9. 
Nach  NtcouQBi  stimmen  diese  32  Schädd  mit  denen  derUmbrer  ttberein,  unter« 
scheiden  nch  aber  von  den  etniskisdien  aus  Veji,  Tarquinü,  Caere,  Chitisi,  Vol- 
terra  u.  s.  w.,  femer  von  den  ligurischen  und  römischen  wesentlich.  Nach  Karl 
Vogt  gehören  diese  Schädel  zum  ligurischen  Typus.  —  Dies  Grabfeld  von  M. 
besitzt  im  Vergleich  zu  den  Grabfeldem  von  Villanova  und  Golasecca  eine  be- 
deutend vorgeschrittene  Cultur,   welche  in  ihrem  Haupttheile  der  Mitte  des 
1 .  Jahrhunderts  vor  Christus  angehören  mag.    Vergl.  Go7.z.\DiM,  die  un'  antica 
necropoli  a  Marzobotto.    Bologna  1865  ^^^^  Nnrhtra!?  1870.      C.  M. 

Maaa  oder  Massa,  grosser  Volksstamm  Ccnirul-Afrikas,  dessen  einzelne 
Glieder  zam  Theil  durch  ansehnliche  Dialektverschtedenheit^  durch  abweichende 
Sitten  und  verschiedenartige  Civilisalion  von  einander  getrennt  sind.    v.  H. 

MMacanui,  unklassifizirter  Indianerstamm  im  Inifem  Brasiliens,    v.  H. 

MsMÜ,  s.  Massai.     v.  H. 

Maaani,  Völkerschaft  Alt-Arabiens,  an  der  von  Aegypten  nach  Babylon  führen- 
den Strasse.     v.  H. 

Masarwa.  Sklavenstamm  der  Bamangwato,  eigentlich  Barwa,  von  den  nörd- 
lichen Betschuanen  aber  M.  genannt,  nach  Dr.  HoLim  ein  Mischlingsvolk,  her- 
vorgegangen aus  einem  Zweige  der  Makalahari  und  Buschmannern.  Gestalt, 
Hautfarbe,  Gebrttucfae  und  Sprache  lassen  die  M.  als  ein  Bindeglied  «wischen 


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326 


MasKwa  —  Matichoiia. 


den  Buschmännern  und  B.intuvölkeni  erscheinen.  Die  M.  haben  hauptsächlich 
Jagddienstc  zu  versehen  und  bedienen  siel»  dazu  des  Bogens  und  des  Pfeils, 
verstehen  auch  die  Thiere  in  Fallen,  d.  h.  mit  vergiftfiten  Assagaien  zu  fangen. 
Als  Antreibef  sind  sie  sehr  verwendbar,  dabei  aber  verschmitzt,  untrett  und 
diebisch.  Sie  bewohnen  in  wildretchen  Gegenden  kleine  Dörfchen,  d.  h.  HttUenp 
deren  heuschobertthnliches  Gerippe  aus  einigen,  in  die  Erde  schief  angetriebenen, 
etwa  1,6  Meter  Uber  dem  Boden  mit  einander  verbundenen  Pfählen  besteht  und 
mit  einer  Lage  von  dürren  Zweigen  und  Gras  überdeckt  wird.  Sonst  keine  Um- 
zäunung; bloss  eintpe  glatte  Steine,  woraut  '^amcn  c^erieben,  Knochen  zerschlagen 
oder  peschliften  werden,  liegen  umher,  lliic  Jaf^'dbeute  müssen  sie  ihren  Herrn 
abliefern  und  nach  zwei  bis  fünf  Monaten  dazu  sich  in  der  Hauptstadt  einfinden. 
Doch  ist  es  ihnen  nicht  gestattet«  die  Stadt  bei  Tage  zu  betreten;  sie  müssen 
ausserhalb  der  Stadt  die  Nacht  abwarten,  biS  ein  Bote  sie  vsi  die  sKot1a<  flihrt. 
Die  M.  sind  mittelgross,  rötlichbraun  und  von  abstossenden  Gesichtssügen,  dem 
Charakter  nach  äusserst  misstrauisch,  dabei  sehr  listig*  Sie  hassen  A^erbau 
und  Viehzucht,  arbeiten  dagegen  lange  Ketten  aus  runden  Strausscneicrscheib- 
c"^en  und  anderen  Verzierungen  aus  diesem  Material.  Aberglaube  steht  in  voll- 
ster Bllithe.  Den  tDolo«  (einfachen  Holz-  und  Knochenamuletten)  wird  der 
hdchstc  Werth  beigemessen.  Ihren  Frauen  geijenüber  .<ci^en  die  M.  nirlir  An- 
hänglichkeit als  die  Betschuanen.  ebenso  den  Hunden.  Von  ihren  Gebrauchen 
sind  nur  wenige  bekannt  Im  Stadium  der  Pubertät  durchbohren  sie  die  Nasen- 
scheidewand mit  einem  Knochen  und  schieben  ein  Holtpllöckchen  ein,  um  eine 
kreisrunde  OefAiung  zu  erzeugen;  ist  dieser  Zweck  erreicht,  so  wird  es  wieder 
entfernt  Die  vorderen  Schienbeinflichen,  oft  auch  die  Vorderanne  und  der 
Rücken,  sowie  die  Fussriicken  und  Schenkel  tragen  narbenfthnllche  Merkmal^ 
welche  von  der  Gewohnheit,  möglichst  nahe  am  Feuer  zu  stehen,  herrtlhren. 
Der  M.,  welcher  nur  ein  kurzes  Fellstück  über  die  Schulft^rn  wirft,  ist  gegen 
Kälte  sehr  empfmdlich;  er  rückt  d.-iher  dem  Feuer  so  nahe  als  moj^lich  und  schläft 
hockend  mit  auf  die  Knie  gesunkenem,  zwischen  die  Arme  gepresstem  Kopfe 
ein.     V.  H. 

Masaw«.   Stamm  der  Massai  (s.  d.).     v.  H. 

Maaaya.  Indianerstamm  in  Nicaragua,    v.  H. 

Mascas.  Ehemaliger  Stamm  der  Campos-Indianer  (s.  d.).     v.  H. 

Maschinschi.  Allseits  gefürd  U  ter,  räuberischer  Volksstamm  Südwest-Afrika's 
Nachbarn  der  Kioko,  Bewohner  der  Landschaft  Schinschi,  faul,  ohne  den  ge- 
ringsten Gedanken  an  eine  Arbeit;  nur  wenn  eine  Handelskarawane  ihr  Gebiet 
durchzieht,  eilen  sie,  tliesclbe  zu  plündern.  Hinter  den  deckenden  Campinen 
verborgen,  lauem  sie  hart  am  Wege  den  Waarenträgern  auf,  erschrecken  sie  durch 
einige  Flintenschüsse  und  bemächtigen  sich  der  im  Stiche  gelassenen  VVaaren. 
Nach  Angola  kommen  die  M.  nie,  und  ihre  kleinen  Handelsgeschäfte  erledigen 
sie  im  Cassandschethal  durch  die  Bangela.    v.  H. 

ACaBchoiia.  Das  industriellste  Volk  im  südafrikanischen  Marutae^Mambunda- 
reiche,  welches  aber  nach  Dr.  Holub  in  gewissen  Zweigen  von  anderen 
Stämmen  des  Reiches  überlroffen  wird.  Die  M,  nähern  sich  im  Gesichtsansdruck 
sehr  (lern  jüdischen  Ty[)us  und  sind  entstellt  durch  übermässigen  Schnupftabaks- 
gebrauch, sowie  durch  häufige  Blatternarben;  auch  treten  ihre  Kiefer  so  stark 
liervor,  dass  sie  den  Finger  nicht  auf  Nase  und  Mund  zugleich  legen  können. 
Sie  sind  schwächlich  und  entnervt.  Ihre  Kleidung  besteht  aus  dnem  lose  herab- 
hängenden Thierfelle;  sobald  sie  jedoch  »Machole«,  d.  h.  Sklaven  geworden. 


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3«7 


haben    sie  dieses  gegen  ein  Lendenstück  von  m  Streifen  geschnittenen  Wild- 
katzcnfellen  zu  vertavisclien.  Zerstreut  unter  ihren  Herren,  den  Matebele,  wohnend, 
sind  sie  allen  Misshan diungcn  der  Let/.teren  ausgesetzt,    Uie  M.  treiben  Acker- 
bau und  verstehen  sich  gut  auf  Metallarbeiten;  einen  grossen  Theil  ihf es  Tributes 
an  die  Matebele  haben  sie  in  Eisenwaaren  za  entrichten»  welche  sie  sogar  mit 
Vevzierungen,  eingeschnittenen  Figuren,  allerdings  höchst  unvollkommener  Art, 
Tersehen.   Dabei  legen  sie  einen  merkwürdigen  Sinn  (Ür  die  regelmässige  Kreis- 
form an  den  Tag.    Fremde  haben  manches  von  ihrer  Zudringlichkeit  zu  leiden; 
Alt  und  Jung  rennt  her]>ei,  ^Ntusa^  (Geschenke)  erbittend,  aber  keine  liringend. 
Sic    1  >ieten  Milch,  Bier,   labak,  Korn  zum  Verkaufe  an,  können  aber  niemals 
mit  der  Bezahlung  zufriedengestellt  werden.    Jeder  Vorübergehende  griissi  mit 
>Saku  bonai  (ich  sehe  dich),  verlangt  aber  auf  seinen  Gruss  eine  besondere 
Entgegnung,  widrigenfalls  er  augenblicklich  durch  SchdtworCe  sich  Luft  macht 
Erwidert  man  aber  den  Gruss,  so  folgt  sicher  4£e  Bitte  um  ein  Geschenk,  v.  H. 

Masdmiii»  s.  Massuenka*    v.  H. 

Ifwcoutin,  s.  Jowa.    v.  H. 

Ifasdorani.  Völkerschaft  der  alten  Provinz  Ana,  südwestlich  von  den  Pa- 
mtae  am  östlichen  Abhänge  des  Masdoranus  und  längs  der  Grenae  von  Par- 
thien.     v  H. 

Masewe.    Stamm  der  Massai  (s.  d.).     v.  H. 

Masices.    Von  Ptolemaos  erwähntes  Volk  Mauritamens.     v.  H. 

Huirli  oder  Masigh;  Name,  den  sich  die  Berber  in  Marokko  und  der  west- 
lichen Sahara  beilegen,    v.  H. 

Maska.  Einer  der  Stämme  der  Oimps  oder  Kampo  (s.  d.).    v.  H. 

Ifaricareneo-Sittich,  FsUktcus  mascarinus,  Gm.,  eine  jetzt  ausgestorbene  Pa- 
pageienart, welche  die  Insel  Reunion  bewohnte  und  im  vorigen  Jahrhundert  noch 
öfter  lebend  nach  Europa  gebracht  wurde  Gegenwärdg  findet  man  ausgestopfte 
Exemplare  nur  m  den  Museen  von  Tans  und  Wien.  Die  Form  stellt  einen 
Uebergang  zwischen  den  Gattungen  Palacornis  und  Flatycereus  dar.  RCHW. 

Maske  der  i.ibelknlarven,  s.  Libellulidae.     £.  Tg. 

Maakegon  oder  Saulteux  de  marais,  kanadische  Indianer,    v.  H. 

Ifaahenblene,  s.  Piosopis.    E.  Tg« 

Maakenkatse,  eine  beliebte,  schöne  Varietät  unserer  Hauskatze.   Die  Haupir 

färbe  ist  glänzend  schwarz;  die  spitze  Schnippe  zwischen  den  Augen,  die  Lippen 
mit  den  Tasihaaren  (.  Schnurrbart«),  die  Kehle,  die  Unterbrust»  die  untere  Fläche 
des  Bauches,  die  Zehen  und  häufig  auch  die  Schwannpitie  smd  weiss.  Die  Iris 
ist  gelb.  R. 

Masken-Sittich,  Hatyccrcm  personatus,  Grav,  zur  Untergattung  Pyrrhuhpsis 
(s.  l'latycercidae;  gehörender  Plattschweifsittich  von  den  tulachi-Inseln,  welcher 
bisweilen  auch  in  soologischen  Gärten  zu  finden  ist:  smaragdgrün  mit  schwarzem 
Gesicht  Kropf  und  Brustmitte  gdb.  Rckw. 

MeHiona»  a  Maschona.    v.  H. 

Masowier.  Zweig  der  polnischen  Slaven,  Bewohner  des  Landes  Masowien 
zu  beiden  Seiten  der  mittleren  Weichsel.  Später  ward  statt  M.  die  Beseichnung 
Masuren  (s.  d.)  üblich,     v  H 

Maspii.   Adeliger  Stamm  der  alten  Perser,     v.  H. 

Massa,  s.  Mussgti.     v.  H. 

Massaci.  Nach  Ptolemaos  ein  Volk  in  den  nördlichen  Strichen  Sky- 
thiena    v.  H. 


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Massaesyli.    Volk  des  alten  Numidien,  westlich  vom  Ampsagaflusse  in 
dem  später  zu  Mauritanien  geschlagenen  I  heiic  des  Landes.     v.  H. 
Massage,  s.  Aft  Magnetisnitts.  J. 

Mansageten.  Volk  des  AUerdiums  an  der  nordöstlicbeo  Kttste  des  Kas* 
pischen  Meeres  und  jenseits  des  Araxes,  also  im  Norden  des  heutigen  Chiwa, 

auf  dem  Isthmus  zwischen  dem  Kasptscben  Meere  und  dem  Aralsee  und  in  den 
Steppen  der  Kirgisen,  ein  rohes»  aber  mächtiges  und  kriegerisclies  Volk,  durch 
welche'-:  ("VRUS  seinen  Untcrtjang  gefunden  liabcn  soll.  Ucber  die  ethnolnpische 
Stellung  der  M.,  die  von  spateren  Aiiioicn  mit  den  Alanes  in  Verbindung  ge- 
setzt werden,  ist  schwer  eine  Entscheidung       treffen.     v.  H. 

Massai  oder  MasaL  Grosses  Volk  des  äcjuatorialen  West-Afrika,  welches 
Friediuch  Müllbr  rar  Nubaraoe  au  sählen  geneigt  ist,  während  es  mdi 
H.  H..JoioiSTON  für  jetzt  noch  als  eine  selbständige  Gruppe  in  der  afrikanischen 
Anthropologie  angesehen  werden  muss.  Die  halb  nomadischenp  Vieh  besitzen- 
den M.  haben  die  ungastliclie  Wildniss  der  Ebenen  smschen  dem  Ukerewesee 
und  der  Ktlste  inne  und  zerfallen  in  viele  Klassen,  Stämme  und  selbst  unabhängige 
Völkerschaften.  Finige  sind  angesessene  Ackerbauer,  welche  von  den  Leuten  an 
der  Kilstc  Wakunfi  genannt  werden;  die  VVakuad  sind  also  nicht  bloss,  wie  man 
annahm,  ein  mit  den  M.  verwandtes  und  dialektisch  vers(  liiedenes  Volk,  sondern 
geradezu  M.  selbst  und  können  von  ihnen  garnicht  getrennt  werden.  Der  Unter* 
schied  besteht  bloss  in  der  Lebensweise;  im  Aeusseren  unterscheiden  sich  die 
Wakuafi  von  den  M.  bloss  dort,  wo  sie  aus  den  benachbarten  Bantustimmen 
Weiber  zu  ihren  Konkubinen  gemacht  haben;  doch  thun  die  M.  der  benachbarten 
Gegenden  dasselbe  und  mit  dem  nämlichen  Erfolgei  dass  die  Kautforbe  schwarz 
wird  und  der  Körperbau  alle  Feinheit  der  Formen  verliert.  Andere  M.-Stämme 
sind  noch  stolze  Halbnomaden,  welche  ihre  Raubzü^^e  weit  und  breit  ausdehnen, 
aber  doch  zu  einem  bestimmten  IJezirk,  als  dem  mehr  oder  weniger  beständigen 
Aufenthaltsc)rf  ilires  Stammes  iirnner  zuriickkclircn.  Dazu  gehören  die  Wakuafi 
von  Endschcmst  und  der  Umgegend  des  Baringosees,  von  Leikipia,  Kosova  und 
liUmbua  in  der  Nähe  von  Kavirondo,  die  Wakuafi  von  Aruscha  und  Meru  in  der 
Nachbarschaft  des  Kilima*Ndscharo  sowie  des  Flusses  Rum  und  von  Nguru  im 
Süden.  Die  wichtigsten  M.-Stämme  sind  die  von  ^girarit  Kisongo»  Sogonoi, 
Ngiri  imd  Leitokitok  in  der  Nähe  des  Kilima-Ndscharo  und  von  Matumbato, 
Kaptei,  Kinangop,  DogiUnt,  Knguaso,  Engischu,  deren  Bezirke  sich  nördlich  und 
westlich  von  dem  grossen  Sclinueberge  erstrecken.  Jos.  Thomson  nimmt  an, 
dass  die  M.  des  KiHrna-Ndscharo  das  reinste  Rlui  und  von  fremder  Beimischung 
sich  am  meisten  frei  gelialtcn  haben.  Im  äussersten  Norden  scheinen  ihm  zufolge 
die  Nandi,  Suk  und  Kamasia- Stamme  in  Sprache  und  Race  mit  den  M.  verwandt 
und  die  Lücke  zwischen  den  südlichen  Mitgliedern  dieser  Familie  und  ihren  ent- 
fernten Verwandten,  den  Latuka  (s.  d.)  und  Bari  (s.  d.)  im  Thale  des  weissen 
Nil,  ausfUUen  zu  helfen.  Johnstom  hJUt  es  nämlich  fttr  sehr  wahrscheinlich,  dass 
wenigstens  der  Sprache  nach  die  Schillukrace  entfernt  mit  den  M.  verwandt  ist. 
Die  Sprache  der  Bari,  eines  der  nördlichsten  Glieder  der  M.-Gruppe,  verräth  in 
ihrem  Wörterbuch  eine  Aehnlichkeit  mit  gewissen  Dialekten  der  Schilhikfamilie, 
welche  sclnverlich  zufällig  ist  oder  nach  der  Theorie  der  Lehnwörter  erklärt 
werden  darf.  Die  äussere  Erscheinung  des  unverfälschten  M.  ist  prächtig,  wenn 
er  auch  nicht  mit  einem  Apoll  verglichen  werden  darf.  Der  reine  M.  erreicht 
mit  siebzehn  Jahren  meist  180  Centim.  Höhe,  ist  aber  dabei  öfters  spindeldürr, 
unbeholfen  und  schlotterig.   Mit  so  Jahren  aber  ist  er  ein  sehniger,  muskulöser 


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IlMSd. 


329 


Mann  von  bewunderungswürdigen  Verhältnissen,  mit  breiter  Brust,  schmalem  Kopf, 
anmuthigem  Hals  und  eisenharter  Muskulatur;  am  ganzen  Korper  keine  Spur  von 
Fett.  Hflnde  und  Fttsie  sind  aber  mcht  immer  wohlgestaltet  Ist  auch  der  Bist 
hoch»  so  gebt  doch  der  Fuss  nach  den  Zehen  viereckig  io  die  Brette  and  sind 
die  kleinen  Zehen  fast  ebenso  lang  als  die  grosse.   Die  Gesicbtsbiklung  charak- 
terisiren  schmale,  schiefe  Augen,  vorstehende  Backenknochen  und  spifcses  Kinn. 
Andererseits  ist  die  Nase  oft  wundervoll  geformt,  mit  hohem  Rücken  und  zart- 
gemeisselten  Ndstern     Das  Haar  hl  länger  und  weniger  kraus  als   bei  den 
richfic:en  Negern,  immerhm  aber  Negerwolle.    Ohren  von  Natur  gross  unrl  durch 
künslliche  Eingriffe  noch  vergrössert.     Noch  im  /nrlen   Alter  werden  die  Ohr- 
läppchen durchbohrt  und  durch  eingetriebene  Gegenstände  allmählich  erweitert, 
bis  sie  au  einer  dünnen,  auf  die  Sdiulter  berabhilagenden  Rundschnur  von  Haut 
verwandelt  sind.   Darein  urird  ein  Ring  yon  feinen  eisernen  Ketten  oder  ein 
kreisrunder  Ring  von  Hols  oder  Elfenbein  gesteckt  welcher  bei  der  Verbeirathung 
gegen  Scheiben  von  Kupferdraht,  der  in  Windungen  aufgewickelt  is^  vertauscht 
wird.   Augen,  wie  gesagt,  lang  und  schief;  Hornhaut  durchsichtiger  und  weisser 
als  beim  echten  Neger,  meist  stark  blutunterlaufen,  was  den  wilden  Blick  steigert. 
Augenbrauen  hervorragend,  aber  haarlos,  wohl  abrasirt,  wie  das  Gesicht.  liart- 
wuchs  übrigens  spärlich.    Mund  immer  gross,  Lippen  aber  oft  schmal  und  die 
überlijjpe  eher  eingebogen  als  aufgeworfen.  Zähne  gewöhnlich  sehr  iiasslicli,  oft 
cariös,  stets  sdiH^winklq;  im  purpurrothen  Zahnfleische  stehend  und  künstlich  ge- 
feilt  Kein  Prognathismus.  Vorderarm  lang;  die  Spitse  des  Mittelfingers  erreicht 
naheau  das  Knie,  wenn  der  Arm  an  der  Seite  herabhängt.  Vorderarm  gewöhn- 
lich dünn,  fast  gleichmässig  dick»  die  Muskeln  aber  eisenhart.  Hautfarbe  gewöhn* 
lieh  matt  chokoladenbraun,  dunkler  bei  Negermischlingen.  Körperbehaarang 
reichlich,   wird  aber  sorgfältig  ausgerissen.    Beschneidung  wird  allgemein  im 
14.  Jahre   vorgenommen,  das  ausscrordentlicli  grosse  männliche  Glied  stolz  zur 
Schau  getragen     lici  .Madclien  findet  vor  der  Verheiratung  die  cxt/ssio  clitoridis 
statt,  um  die  taipiangniss  zu  erleichtern.    Nach  der  Geburt  wird  das  Kind  in 
enser  LederroUe  getragen,  welche  von  der  Schulter  der  Muttor  herabhängt. 
Mädchen  werden  als  eine  Enttäuschung  angesehen.  Je  mehr  Knaben  eine  Frau 
gebiert,  desto  geachteter  ist  sie.  Bis  cum  dritten  Jahre  heissen  beide  Geschlechter 
ȣn-gera<,  Kinder;  darauf  werden  die  Knaben  unterschieden  als  tEn-aiokc  und 
später  als  iEl«aIok,c  vrährend  die  Mädchen  noch,  immer  En-gera  genannt  werden, 
bis  sie  mannbar  sind  und  dann    -En-dojc  heissen.    Nach  der  Beschncidung 
verlassen  die  jungen  Leute  das  Kltcrnhaus  und  gesellen  sich  zu  den  Kriegern; 
mit  dem  17.  Jahre  werden  sie  dann  Krieger  und  treten  in  die  bevvallnete  Macht 
ein,  welche  tiiatsächlich  die  ganze  Mannschaft  der  Nation  zwischen  17— 24jaiiren 
nmfasst    Die  jungen  Leute  heissen  nun  s£l-moran.f    Gew<Muilich  gehen  sie 
q>littemackt,  höchstens  hängen  sie  einen  Ledermantel  um,   binden  einen 
schmalen  Ledergürtel  um  die  Hüfte,  in  welchen  sie  ein  Messer  oder  eine 
hölzerne  Keule  stecken  und  legen  lederne  Sandalen  an.  Im  Kriege  aber  tritt  an 
Stelle  des  Mantels  ein  lange??  Stück  Tuch  mit  einem  farbigen  Streifen  in  der 
Mitte,  eine  dicke  Haube  von  Habichtfedern  oder  ein  Mantel  aus  den  Fellen  des 
Colobus-Affen.   Eine  Mtitze  aus  solchem  Fell  kann  auch  auf  dem  Kopfe  getragen 
werden  oder  ein  prächtiger  Aufputz  von  Strausscnfedem.    Der  Ledermantel  wird 
jetzt  um  die  Hüfte  geschlungen,  wie  ein  Gürtel,  und  in  seinen  Falten  der  Streit- 
kolben und  das  Schwert  befestigt.   Zuweilen  wird  noch  ein  Ring  von  Ziegenfell, 
mit  den  Haaren  nach  aussen  oder  ein  Streifen  Colobusfell  um  die  Knöchel  ge- 


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330 


Massiii. 


tragen;  ein  lan^hhattger  Speer  und  ein  iioCcntim.  hoher  Schild  vervollständigen 
die  Ausrüstung.  l>ic  Mnnner  kamincn  das  Haar  in  lange  Strähnen,  welche  sie 
durch  Baststreifen  verlängern  und  durch  Lehm  und  Fett  steif  machen.  Die 
Weiber  scheercn  gewöhnlich  die  Köpfe  ganz  oder  theilwdse,  hüllen  sich  aber 
vom  Kopf  bb  zum  Fuss  in  weite  GewAnder  von  gegerbtem  I^eder.  Kacken, 
Hand-  und  Fuiisgelenk  werden  mit  massiven  Windungen  von  Eisen»  oder  Kupfer- 
draht  bedeckt,  und  von  Perlen  wird  verschwenderischer  Gebraudi  gemacht  tum 
Schmuck  der  Nähte  ihrer  Kleidung.  Die  Männer  heirathen  selten  vor  25,  die 
Weiber  vnr  20  Tnhrcn.  Aber  beide  Gesclderhter  führen  bis  dn]iin  ein  lockeres 
Ixbcn,  da  die  jungen  Krieger  und  unverheiratheten  Mädchen  in  freier  Liebe  zu- 
sammen leben.  Der  verlicirathete  \f.  ist  ein  verändertes  Wesen.  Aus  einem 
wollüstigen,  blutdursiigcn  Feinde  wird  ein  gesetzter,  höflicher  und  vernünftiger 
Mann,  ebenso  begierig,  Blutvergtessen  vorzubeugen,  als  früher  einen  Streit  zu 
nähren  und  an  einem  Btutbade  theilznnehmen.  Als  unverheiratheter  Mann  imd 
Krieger  beschränkte  er  sich  ausschliesslich  auf  Milch-  and  Fleischnahrung,  welche 
er  überdies  nicht  durcheinander  mischen  durfte;  zwischen  beiden  musste  er  ehi 
starkes  Abführmittel  nehmen.  Jetzt  ist  ihm  auch  Pflanzenkost  gestattet  Heiratiien 
ist  wenig  melir  als  eine  Frage  des  Handels,  und  die  Menge  der  zu  erlegenden 
Kühe  wechselt  nach  dem  Rciclithum  des  Bräutigams.  Solcher  entscheidet 
auch  über  die  Zahl  der  Frauen,  deren  aber  selten  weniger  als  zwei  genommen 
werden.  Kleine  Kinder  werden  oft  innerhalb  der  Umzäunung  des  Dorfes  be- 
graben, erwachsene  Personen  gewöhnlich  unter  einem  Baum  in  sitzender  Stellung 
beigeseut  unter  leicht  darüber  aufgeworfenen  Steinen,  aus  welchen  ^  Hjinen 
die  Leichen  wieder  un^stöit  ausscharren.  Nach  dem  Tode  wird  der  Name  des 
Verstorbenen  nie  wieder  ausgesprochen,  damit  der  Geist  nicht  etwa  dem  Rufe 
gehorche  und  zurückkehre.  Trotzdem  kennt  der  M.  keine  Dämonenfurcht.  Er 
verelirt  ein  tmbestimmtes  höchstes  Wesen  (>Engai'-),  welctics  hauptsächlich  über 
Regen  und  Gras  betlclilt  und  durch  lautes  Singen  und  Tanzen  gnädig  gestimmt 
wird.  Auch  Aflen  werden  ihm  dargebracht.  Daneben  giebt  es  eine  schwächere, 
weibliche  Gottheit,  wie  es  sclicinl,  eine  Art  Erdgeist.  Die  politische  Verfassung 
der  M.-Stämme  ist  wesentlich  patriarchalisch,  die  Herrschalt  aber  öfters  dna* 
listisch  getheilt  swischen  einem  weltlichen  und  einem  geistlichen  Häuptling,  deren 
Amt  niemals  erblich  ist  Die  Wakuafistaaten  sind  meist  kleine  R^ubliken  anter 
der  Oligarchie  aller  reicheren  und  mächtigeren  Aeltesten.  Im  Umgang  mit 
älteren  Personen  sind  die  M.  sehr  achtungsvoll,  verrathen  aber  geringen  Kummer 
beim  Tode  ihrer  Kameraden,  auch  kennen  sie  keine  Gewissensbisse  und  tödten 
ihre  Freunde  und  Nachbarn  ungescheut  in  ehrlichem  Kampfe;  geheimer  Mord 
und  tödtliclie  Uebcrrumplung  werden  jedoch  schwer  gestraft,  weil  das  öffentliche 
Wohl  beeinträchtigend,  nicht  weil  es  für  goulos  gehalten  wird,  wie  denn  die  M. 
kaum  einen  Begriff  von  gut  und  schlecht  in  unserem  Sinne  haben.  Die  Acker« 
bau  treibenden  Wakuafi  bauen  ihre  Häuser  meist  nach  Art  der  Bant»,  die  halb 
nomadinrenden  M*  aber  wohnen  in  rasch  angebauten  Städten  oder  Dörfern, 
deren  Baukünstler  gewöhnlich  die  Weiber  sind  und  die  aus  einem  Kreise  niedriger 
Lehmhütten  bestehen.  Die  hauptsächlichsten  Geräthe  der  M.  sind  Kalebassen 
aus  Kürbissen  imd  den  gro?5sen  Früchten  des  Affenbrotbaumes,  T.ederbeutel,  Töpfe 
und  Löffel  aus  weissem  Holz  oder  zum  Kochen  aus  Thon,  Schnupftabaksdosen 
und  Pfeifenköpfe  aus  den  harten  Schalen  verschiedener  Früchte  oder  aus  Elfen- 
bein oder  Rhinozeroshorn.  Hausthiere  sind  Rinder,  Ziegen,  Schafe,  Esel  und 
Hunde.   Geflügel  wird  verachtet  und  nicht  gehalten.  Das  Vieh  nimmt  all  ihr 


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MnssMii  —  Massenforroen. 


331 


Sinnen  und  Trachten  in  Anspruch;  um  seinen  l^esltz  und  dessen  Behauptung 
werden  Kriege  gewagt.  Fast  alle  ilue  Gebräuche  und  ihr  ganzer  Aberglaube 
steht  in  Verbindung  mit  dem  Vieh.  Milch  gilt  ihnen  für  eine  geheiligte  Flüssig- 
keit und  saure  Milch  nebst  Meth,  den  sie  ans  mit  Wasser  gemischtem  Honig  be- 
reiten, sind  ihre  hauptsächlichsten  Getränke,  während  frisches  Ochsenblut  das 
beliebteste  und  vornehmste  Nahrungsmittel  des  jungen  M.-Kriegefs  ist.  In  den 
letzten  Jahrzehnten  ist  eine  wahrnehmbare  Aenderung  in  den  I.ebensgewohn- 
heiten  der  ^^.  hervorgetreten.  Die  zum  angesessenen  Leben  übergegangenen 
Wakiiafi  haben  einen  bitteren  Biirc;erkriej|[  mit  ihren  noch  nomadischen  Vettern 
geführt;  aber  die  Ansicdhincjen  der  Wakuafi  fahren  fort  zu  gedeihen  und  sich  zu 
vergrössern,  während  Viehseuchen  die  Nomaden  ihter  Nahrung  beraubten  und 
schon  viele  vor  die  Alternative  stellen,  den  Boden  zu  bebauen  oder  zu  vcr« 
hungern.  Bald  wird  es  kein  Vieh  mehr  geben,  welches  geraubt  werden  könnte^ 
und  bis  dahin  werden  die  gesitteteren  Wakuafi  auch  an  der  Zahl  die  Stärkeren  und 
den  stoUen  nomadischen  M.  überlegen  sein.     v.  H. 

Massani,  Volk  AltJndiens»  am  unteren  Indus,    v.  H. 
Masunsa,  Volk  Central-Afrika's  im  Südsüdwosten  der  Mabode  und  von 
zweifelhafter  ethnologischer  Stellung,    v.  H. 

Massareten,  s.  Dassareten.    v.  H. 

Massania.  Nach  Sbrpa  Pinto  Name  der  Buschmänner  (s.  d.)  in  der  Kala- 
bari-WUste.     v.  H. 

Massassi.  Bambarra-Kroberer,  die  im  vorigen  Jahrhundert  aus  Segu  nach 
Kaarta  in  Seneprambien  kamen.  Die  M.  verdanken  ihre  physischen  Vorziige 
wahrscheinlich  den  zahlreichen  Kreuzungen  mit  den  Fulhe;  sie  überraschen  auch 
durch  ihr  anständiges  lionehmen.  Sie  bereiten  einen  feinen  Stoff,  den  sie  mit 
dem  dunkelsten  Indigo  färben  und  woraus  sie  Kleider  (»Bubu-Loma«)  machen. 
Um  den  Kopf  wird  ein  Turban  (»Tamba«)  gewickelt,    v.  H. 

Ifoasawomek,  s.  Maquas.     v.  H. 

Massenformen  oder  Massivformen  entstehen  bei  der  Kolonienbildung 
der  Antfi020<£n  oft  durch  Theilung,  indem  alle  Theilungssprösslinge  ver> 
schmelzen,  und  zwar  ist  zu  unterscheiden:  die  nicht  reihenständige  Massen» 
form:  indem  die  Einzeltypen  sich  nicht  in  Reihen  ordnen  oder  nur  unvoll- 
kommen. Die  gebildeten  Kelche  umschreiben  sich  sofort,  scs dass  die  Kelch- 
centren immer  erkennbar  sind.  Die  Verschmelzung  geschieht  durch  flie  Mauern 
oder  durrb  die  Rippen.  Die  so  verschmolzenen  Kelclie  sind  meist  rtmdlicb  oder 
gyrös,  seltener  polygonal.  Beispiele:  /'tivia  (s.d.),  Gonias/rara.  Bei  der  re  i  b  e  n - 
Ständigen  oder  mäandrischen  Maüsenform  verschmelzen  die  fcinzelpolypen 
zu  Reihen,  und  die  verschiedenen  Kelchreihen  verschmelzen  mit  ihren  Flächen 
oder  Mauern:  aggregirte  Formen  (Dana).  So  entstehen  Thäler  (die  ineinander 
laufenden  Kelche)  und  HQgel  (die  verwachsenen  Mauern)  oder  Hügelreihen. 
Die  Kelchcentren  können  deutlich  oder  undeutlich  umschrieben  sein.  Thal  und 
Hügel  kann  man  mit  Dana  auch  als  »gyrusc  zusammenfassen.  Beispiel:  die 
iNräanderkorallen  (s.  d.).  Es  können  Massenformen  aber  auch  entstehen  durcli 
Knospung,  indem  die  Knospen  verwncbscn.  Dann  ragen  die  einzelnen  Kelche, 
d.  h.  der  oberste  von  oben  sichtbare  Theil  der  einzelnen  Polyparien,  bald  ziem- 
lich stark  (bei  Gaiaxea),  bald  wenig  oder  nicht  (Porites,  Frionastraea),  vor  und 
erscheinen  so  mehr  oder  weniger  selbständig.  Die  Verwachsung  geschieht  durch 
die  Mauern  oder  durch  die  Rippen  oder  eine  zelligblasige  Ferithek  od«r  ein 


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33* 


Hassentimahiiic  des  Keimes  — >  Masqpli. 


Conenchym  (Alcyonaricn).  Eine  besondere  Art  dieser  Massenformung  durch 
Knospung  ist  die  l?au  inform:  einige  Knobpen  haben  eine  starke  Längenent- 
wicklung, bilden  SUainie  und  Aeste,  wäluend  andere  kurz  oder  selbst  knospen- 
los bleiben.  Die  Knospen  werden  dann,  zumal  die  am  unloKn  Theil  der 
Kolonie,  durch  eine  sehr  reichliche  Entwicklung  von  Peridiek  (Gönenchym)  mehr 
oder  weniger  vollständig  eingehüllt,  so  dass  sie  sus  dieser  nicht  oder  nur  wenig 
mehr  hervorragen.  Das  Längenwachstlunn  erfolgt  in  diesen  Fällen  bald  haupt* 
sächlich  durch  eine  Spitsenknospe,  2.  B.  Madrrpora  (>patrio-ramose<  Form  Dana's), 
bald  durcli  eine  Gruppe  von  Knospen  sugleich,  so  bei  I^ciUopora  (»cumulato- 
raniose  Form  Dana's).  Klz. 

Massenzunahme  des  Keimes.  Nach  dem  /eiligen  Zerfall  im  Ei  folgt  bei 
der  Entwicklung  aller  Organismen  eine  Masseiuunahmc  des  Keimes,  welcher  sich 
aus  den  Elementartheilen  aufhaut.  Dieselbe  fällt  hei  «len  verschiedenen  Orga- 
nismen aber  in  sehr  verschiedene  Zeilen,  sudass  sich  auch  die  ersten  Entwick- 
langseischeinungen  in  der  mannigfachsten  Wdse  abspielen.  In  dem  grossen  Ei 
der  Batrachier  entsteht  in  Folge  der  totalen  Furchuog  ein  reichliches  Bildung»» 
materiali  welches  nach  Göttb  bei  S&mbmttl»r  während  des  ganzen  AufimUialtes 
des  Embryo  in  den  Eihüllen  ohne  Zunahme  ausreicht.  Diese  Verhältnisse  sind 
aber  nach  Köluker  nicht  so  ohne  Weiteres  auf  andere  Thiergruppen  zu  über« 
tragen.  Bei  den  Vögeln  nimmt  schon  vor  den  ersten  Stunden  der  Bebrütung 
die  Masse  des  Hlasii)deinis  zu  und  die  Krn;ihrung  seiner  Zellen  beginnt  noch  vor 
dem  .Auftreten  des  rrimitivstreitcns.  Bei  den  Säugethieren  ist  es  nicht  anders, 
denn  bei  ihnen  genügt  das  ursi)riingliche  Material  nur  zur  Bildung  der  ein- 
schtchiigcn  Keimblase,  und  es  beginnt  in  der  frühesten  Zeit  sch<m  dne  Manen- 
sunahme  durch  reichliche  Stoffaufnahme  aus  dem  mfltterlichen  Organismus. 
Göttb,  der  gegen  solche  Massenzunahmen  sich  ausspricht,  lässt  die  ersten  Form- 
veränderungen der  Embiyonen  auf  Massenverscfaiebungen  beruhen.  Gkbch. 

Mossets,  einer  der  deben  Stämme  und  zwar  der  grösste  der  Haidahindianer 
(s.  d.)i  hat  das  nördliche  Ende  der  Grahaminsel  inne.     v.  H. 
Massi,  Stamm  der  Mowiza  (s.  d.)    v.  H. 

Musiani*  Völkerschaft  All-Indiens,  swischen  Cophen  und  Indus,    v.  H. 

Massolid,  Volksstamm  in  Wadal,  verwandt  mit  den  Maba.    v.  H. 

Massongo,  Bantuvolk  Sttdwest'Afrikas,  verwandt  mit  den  Kioko  (s.  d.)  und 
Minungo  (s.  d.),  unterscheiden  sich  von  diesen  bloss  in  der  Wahl  des  Ortes,  wo 
sie  ihre  Todten  b^iraben.  Die  M.  haben  ihre  »Kimbiric  (Gräber)  immer  längs 
der  Wege,  ja  manchmal  mitten  darin,  sodass  man  um  die  EMUiügel  henimgehen 
muss.     V.  H. 

Massttenka  oder  Maschuin.  Neger  Senegambiens  zwischen  dem  Brassu«  und 

dem  Kascheoflusse  im  Süden  des  Kasamanza.  Fetischanbeter,  glauben  an 
Zauberer  und  die  Gotlesgerichtsprobe  des  M:in<;onec.  Sie  feilen  sich  die  Zähne 
und  beschneiden  sich.  I>ie  Weiber  liaben  grosse  Narben  am  Leibe.  Es  herrschen 
Polygamie  und  Aiissc  hweifung.  Die  M.  haben  grosse  Herden,  bauen  etwas  Reis 
und  bringen  hauptsächlich  Wachs,  Häute,  Elfenbein  und  Kolanüsse  zu  Markte. 
Mehrere  tausend  ^L  haben  sich  in  der  Umgegend  von  Sedhiu  angesiedelt,  utn 
dort  Arachiden  zu  bauen,    v.  H. 

Massuren,  Stamm  der  Nogaier  (s.  d.).     v.  H. 

Massyli,  einer  der  mächtigsten  Nomadenstämme  des  alten  Numidien.     v.  H. 


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Mutdum  —  liuupit. 


333 


Mastdanxit  Enddarm,  s.  Rectum,  Verdauungsorgane  u.  Verdauungsorgane- 
Entwieklnng.    ▼.  Jfy, 

Mfotioopbis,  Bairo  et  GdusDi  Colubrinen-Gattung.  Pp. 
MiMil^  s.  Doggen.  R. 

Mastigamoeba,  F.  K.  Schulze  1875»    Sfisswasser'Amoebe  aus  der  Fain. 

UMzomastigina.    Europa  und  Ost-Indien.  Pf. 

Mastigias,  L.  Agassi?  1862.  Discomedusen-Gattung  aus  der  Fam.  Crom- 
bessidaf  nach  Häc  kki,;  nach  (  j.ams  (1883)  Fam.  Catostylidae.  Pf. 

Mastigonereis,  Schmarda.  (griech.  =  Nereis  mit  Geissei).  Gattung  der 
Borstenwürmer,  Urdn.  Nutobranchtata,  Fam.  Nereidae,  Audouin  und  Edwards. 
Eine  der  vielen  Gattungen,  in  weldie  das  aitenreiehe  Genus  Nireis,  Cuv.,  zer* 
legt  wurde.  Kinberc  hat  die  Gattung  auf  jene  Arten  bescbrSnH  bei  welchen 
der  RUckencimis  auf  den  verlängerten  Zfingelchen  der  hinteren  Ruder  terminal 
steht.  Wd. 

Mastigophora  =  Flagellata,  (s.  d.)  Pp. 

Mastigura,  Flemming  =  Uromasfix,  Merre.m.  Pf. 

Mastitae.  Völkerschaft  Altäthiopiens,  zwischen  den  Seen  des  Nils  und  dem 
See  Coloc,  nnrdwcbtlich  \ou  den  Rliapsiern,  am  Gebirge  Masto  wnlmhaft.    v.  H. 

Mastodon,  Ci;v.,  fossile  Gattung  der  Ordn.  I'roöosciäta,  Ii.i.u.i  k  (s.  d.),  bez. 
deren  einziger  Fam.  EUpho^na,  von  dem  Genus  Eiepkas  (s.  d.)  vornehmlich 
durdi  den  Gebissbau  unterschieden.  Es  finden  sich  hier  auch  2  untere  Schneide- 
silhne  vor,  von  denen  dch  meistens  der  rechte  als  gerader  Stosszahn  entwickelt. 
An  den  Backzähnen  treten,  meist -ohne  zwischengelagertes  Cement,  3—6  Quer- 
reihen zitxenförmiger  Höcker  auf.  —  Bei  den  geologisch  älteren  Formen  besteht 
das  Gebiss  ans  \  Sclineidezälinen,  %  Back/.ähnen,  |  Prämolaren  und  \  Molaren. 
Beim  er\v;ichsenen  Tlnerc  fallen  die  l'rätnolaren  jedoch  fort.  N:ir!r  dem  Bau 
der  Backzähne,  deren  Quer/.alm  bei  geoh)giHch  jüngeren  in  grosserer  Zahl  als 
bei  geologisch  älteren  Arten  auftreten,  unterschied  Falconer:  trilophodonte, 
tetralophodonte  und  pentalophodonte  Mastodonten.  —  Vacek  unterscheidet  bunolo- 
phodonte  und  zygolophodonte  Mastodonformen.  Bei  ersteren  sind  die  Backzähne 
rundhOckerij^  bei  letzteren  zeigen  dieselben  nur  wenig  gekerbte,  gerade  Quer« 
Zähne.  —  AT.  angy^au,  Cuv.,  mittelmkicen  mit  starken  unteren  Stosszähnen; 
M,  l^n^astris,  Kauf,  obermiocen  mit  sehr  grossen  oberen,  aber  beträchtlich 
kleineren  unteren  Stosszähnen.  Mittel-  und  Süd-Europa.  —  M.  giganteum,  Cuv., 
Ohiothier,  Diluvium  Nord-Amerika's.  —  M,  sivaitttsis,  Falc.  Tertiärschicht  der 
Sivalikhügel  am  Himalaya  etc.     v.  Ms. 

Mastodonsauria ,  Hlxley,  Zitzcnzahnsaurier  (gr.  mastos  Zitze,  odus  Zahn, 
sauros  Eidechse),  Unterabtheilung  der  Wickelzähnler  (s.  Labyrinthodontia),  mit 
knöchemen  Wirbeln  und  ICnterhauptsgelenkköpfen,  ohne  Kiemenbögen.  Die 
Zähne  zeigen  stark  gewundene,  einspringende  Falten.  In  Steinkohle,  Perm,  Trias, 
viellMcht  sogar  noch  im  Jura  vertreten.  Ks. 

Mastonotos,  Wesm.  s.  Myopotamus,  Geoffr.     v.  Ms. 

Masupia.  Einer  der  Stämme  im  südafrikanischen  Reiche  der  Marutse-Mam« 
bunda.  Die  M.  wohnen  in  aus  Schilfrohr  erbauten  Hütten  und  Gehöften,  meist 
nach  dem  System  der  Doppeibauten.  Einige  ITiirtcn  /eigen  auch  Backofen- 
formen, l)e«?tehen  aus  einer  Veranda  und  zwei  Kanunern  und  sind  aus  Schilfrohr 
und  Gras  aulgeluhrt.  Die  AI.  machen  ihre  Gräber  2—2,10  Meter  tief  und 
60  Centim.  brdt.  Der  Verstorbene  wiid  mit  seimm  Kaross  und  seinen  Waflfen, 
setner  Haue  begraben  und  ihm  auch  etwas  Korn  ins  Grab  gelegt.  Seine  Freunde 


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334 


BfasuTcn  —  Ma^nran. 


verbleiben  den  Tag  Uber  am  Grabe,  und  ist  der  Mann  wohlbabend,  so  ^rd 
nebst  Bier  auch  viel  Fleisch  von  seinen  geschlachteten  Hausthteren  veizehit 
Schiesseni  Schreien  und  Umherlaufen  soU  das  Eindringen  der  bösen  Geister  in 

das  frisch  nufgeworfene  Grab  verh(Uen.  Den  M.  ist  auch  ein  besonderer  prophe- 
tischer Trtnz  eigen,  den  Dr.  Holuh  schildert.     v.  H. 

Masuren.  Nachkommen  der  den  Polen  stammverwandten  Masovier  im 
heutigen  Ostprcusseii.  Ihre  Sivrache  ist  eine  verdorbene  Mundart  der  hochpol- 
nisclien  und  wird  von  gebildeten  l'ulcii  sehr  verachtet.  Das  deutsche  Element 
ist  bereits  überall  sehr  mächtig  und  die  M.  haben  auch  kein  Gefühl  einer  eigenen 
Nationalitttt  Sie  wollen  als  Preussen  oder  als  Deutsche  betrachtet  «erden. 
G^en  die  stammverwandten  Polen  seigen  sie  grosse  Verachtung,  achten  dagegen 
die  Deutschen  sehr  hoch.  Die  M.  werden  allenthalben  als  flinke  gewandte,  an- 
stellige Arbeiter  anerkannt;  su  anhaltender,  an.strengender  Arbeit  sind  sie  aber 
nur  schwer  zu  bewegen.  Sie  haben  besondere  Vorliebe  für  Geselligkeit  Bei 
Hi'cli/eiten,  Kindtnufcn  und  iilmlichen  Festen  sitzen  Nfänner  und  Frauen  in 
kleuieni  Räume  stundenlang,'  unter  bcsländtgem  Lachen  und  Plaudern  eingepfercht, 
wahrend  sie  oft  i-wie  IJären  scliwitzeni.  Je  geräuschvoller  die  Gesellschaft,  je 
beschränkter  der  Raum,  desto  behaglicher  wird  ihnen  ?u  Muth.  In  den  langen 
Winterabenden  versammein  sich  die  Dorfbewohner  abwechselnd  in  einseinen 
Wohnungen.  Hier  ist  die  Stube  dann  so  dicht  besetz^  dass  ein  Fremder  nicht 
weiss,  wo  er  Platz  nehmen  soll.  Die  Männer  stricken  Netse  namentlich  in 
Fischerdörfern  —  oder  schnitzen  und  bessern  Wirthschaftsgeräthe  aus»  die  Frauen 
spinnen.  Alle  sind  so  !cir!it  wie  möglich  gekleidet,  die  Weiber  tragen  über  dem 
Hemd  nur  einen  Ruck,  die  Männer  nur  ein  Paar  Beinkleider.  Die  Kinder 
sitzen  im  Hemde  auf  der  Krde  und  lauschen  den  Scherzen  und  Erzählungen  der 
Alten.  Märchen,  Sagen  und  fabcliiafte  Erzählungen  vun  Jagden  und  Fischfang, 
den  Lieblingserzählungen  der  M.  spielen  dabei  eine  Hauptrolle.  In  den  Woh- 
nungen wimmelt  es  von  Schaben,  Flöhen  und  Wansen,  sonst  herrscht  Sauberkeit 
und  Reinlichkdt  Jeden  Sonnabend  wird  das  Haus  sorgfältig  gescheuert  und 
der  Lindentisch  mit  weissem  Tischtuche  bedeckt  Sonntags  hSlt  der  Familien- 
vater Hausgottesdienst,  auch  selbst  in  Kirchdörfern.  Die  M.  sind  grosse  Freunde 
des  Gesanges  und  haben  viele  hübsche  Volkslieder  mit  anmuthigen  Melodien. 
Die  Gebräuche  he\  Hochzeiten,  Kindtaitfen,  Begräbnissen  und  beim  Erntefest 
sind  im  allgemeinen  dieselben,  wie  in  den  deutschen  (iegenden  Ostpreussens, 
haben  aber  äusscrlich  einen  religiösen  Anstrich.  Bei  Hoch/ceiten  sjjielt  der  »Platz- 
meister«, der  »Kellewese«  oder  Brautführer  der  alten  Preussen,  eine  Hauptrolle. 
Mit  bunten  Bändern  und  Strilussen  geschmückt  reitet  er  auf  seinem  gleidifaUs 
geschmttckten  Pferde  von  Haus  su  Haus  —  womöglich  in  die  Stube  —  und 
bittet  in  einem  gereimten  SprQchlein  die  Geladenen,  sich  zeitig  zum  Feste  ein- 
zufinden.  Aberglaube  herrscht  noch  in  hohem  Grade.  Der  Geistliche  steht 
Überall  in  grossem  Ansehen.  Alle  Bauern  küssen  ihm,  echt  slavisch,  zum  Grusse 
den  Rockärmel  und  horchen  auf  seine  Worte  wie  auf  ein  Evangelium.  Eine  Im* 
sondere  Nationaltracht  giebt  es  nicht  mehr.  Besondere  Vorliebe  hegt  der  Bauer 
für  einen  langen  Rock  aus  blauem,  selbstgcwobenem  Tuch,  mit  blanken  Metall- 
knüpfen  besetzt.  Die  Alten  tragen  Filzhüte,  die  Jungen  gern  eine  Soldatcnmütze. 
Die  Häuser  rind  nach  Art  der  BlocUiäuser  aus  Balken  susammengeseut.  Die 
Fugen  veistopft  man  mit  Moos.    v.  H. 

Ma-swasL  Zweig  der  Kaffem;  sie  hiessen  bis  1844  Ba-rapusa,  wurden 
wenigstens  von  den  Ba-suto  so  genannt^  nach  dem  damaligen  Häuptling  Rapusa, 


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Matabas  —  Maten. 


33$ 


Ebenso  heiasen  ae  jetxt  Ma-Swasi,  die  Leute  des  HäuptUngs  Uni'Swasi,  der  auch 
in  einigen  Ortsnanen  lebt.  So  standen  die  Dinge  wenigstens  im  Jahre  1860^ 
und  aehher  ist  Neueres  nicht  bekannt  worden,     v.  H. 

Matabas.   Neger  des  südwestlichen  Ccntral-Afrika.     v.  H. 

Matabele  oder  Ama-Tebele  s.  Matebele.     v.  H. 

Matacos.     Indianer  Süd  •  Amerika's.     Man  unterscheidet  die  Indios  M. 
zwischen  dem  Rio  Bermejo  und  Pilconiayo,  dann  die  wilden  M.,  im  Süd-Ost- 
theile  der  Ebenen  zwischen  denselben  Flüssen  bis  zu  ihrer  Mundung.    Sie  leben 
in  Dörfern  ruhig  zusammen  von  der  Jagd  und  dem  Fischfang  und  sind  kaum 
mehr  uncivilisir^  als  ihre  nackten  Stammesbrüder  der  Missionen,  welche  man  ge- 
lehrt hat,  das  Zeichen  des  Kreuzes  zu  machen.    Die  M.  sind  im  Allgemeinen 
von  kidner  Statur  und  erreichen  im  Durchschnitt  nicht  1,5  Meter.  Ihr  Kfiiper 
Ist  dick  und  untersetzt,  sehr  '  rci  Nchultrig»  die  Hrust  platt  gedrückt,  die  Glieder 
rund  und  fleischig.    Hautfarbe  dunkelbraun.    Gesichtszüge,  nicht  gerade  hart  und 
wild,  aber  einigcrmaasscn  ernst  und  finster.    Stirn  klein  und  wenig  vorspringend, 
Augen  schwarz,  tielliegend,  in  die  Länge  gedelint,  aber  weder  so  schräg,  noch 
so  klein  wie  bei  den  Mongolen.    Wangen  werden  roLh  und  gelb  gefärbt.  Hand 
klein,  Fuss  gross.    Gesichtsbildung  bei  allen  gleichförmig;   das  Alter  zwischen 
ao — 50  Jahren  verräth  nch  weder  durch  Hautrunzeln  noch  durch  graues  Haar 
oder  Körperschwflche.  Die  Weiber  «nd  nicht  httbsch;  doch  haben  die  Mildchen 
etwas  Sanftes  und  Melancholisches  im  BUck.    Die  Haare  tragen  sie  aufgelöst, 
die  Haut  färben  sie»  als  Zierath  dienen  Hals-  und  Armbänder  aus  Muscheln, 
Vogelknochen  und  Beeren  zusammengesetict.    Missgestalten  giebt  es  fast  gar  nicht. 
Die  Lebensweise  der  M.  ist  höchst  einförmig.    Sie  gehen  regelmässig  mit  Sonnen- 
untergang schlafen,  ruhen  auf  rhierfellen,  und  bei  jeder  Lagersielle  brennt  ein 
Feuer,  denn  sie  sind  sehr  frostig,  besonders  die  Weiber.    Ihre  Hütten  sind  sehr 
unremlich.    Die  kleinsten  Kinder  laufen  öfters  von  ihren  Eltern  weg,  streichen 
vier  1»8  fünf  Tage  in  den  Wäldern  umher  und  nähren  nch  von  Frttchten,  Palm- 
kohl und  Wurzeln.  Das  Leben,  der  Frauen  ist  ein  Zustand  von  £ntl>ehningen, 
^e  härtesten  Arbeiten  sind  ihr  Loos.  Das  Spanische  erlernen  rie  sehr  schwer 
und  sehr  ungern,  sie  sind  Oberhaupt  nicht  begabt  imd  können  selten  über  5  oder 
6  zählen.     v.  H. 

Matagoayos  oder  Mataquayos.  Pampas-Indianer  Süd-Amerika's  am  Rio 
Bermejo  am  östlichen  l  usse  der  Anden;  sie  zerfallen  in  Taglelcys  und  Aneleys. 
In  Salto  nennt  man  sie  auch  Matacos,  doch  ist  nicht  ersichtlicii,  ob  sie  mit 
diesem  Volke  irgendwie  zusammenhängen.    Ihre  Zahl  betragt  etwa  xoooo.    v.  II. 

Mirtmlaif    Ausgerotteter  Stamm  kalifornischer  Lidtaner.     v.  H. 

Mataquayos,  s.  Mataguayos.    v.  H. 

Ifalebeie»  Matabele,  Ama-Tebele  oder  lufokonkobi.  Sehr  gefürchtetes 
Kaßernvolk  Sttd-Afrikas,  welches  auf  dem  Hochlande  im  Norden  der  Transvaal» 
Republik,  zwischen  den  Strömen  Limpopo  und  Sambesi,  unter  seinem  Häupt- 
linge Mosilikalze  ein  grosses  Reich  gegründet  hatte,  das  sich  vom  Schaschiflusse 
bis  zum  Sambesi,  vom  Suga  im  \Vesten  ostwärts  bis  über  die  Maschonaberge 
erstreckte  und  dessen  Bewohner  aus  vielen  verschiedenen  Stämmen  bestanden. 
Die  M.  Waren  ursprungiicii  Zulu,  deren  Typus  aber  gegenwärtig  durch  Basuio- 
und  Betscbuanenblttt  sehr  verwischt  ist.  Seit  dem  Tode  MosUikaCses  ist  der  ge- 
Alrchtete  M.-Staat  von  inneren  Zwisten  und  BQigerkriegen  zerrissen  und  das  Volk 
hat  adne  vormaUge  Bedeutung  verloren,    v.  H. 

Iloten  oder  Matia.  Stamm  der  Skipetaren  (s.  d*).    v.  H. 


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336 


Itateni  —  liUuer. 


Matern.    Völkcrscliaft  des  Alterthums  im  asiati±>chen  Sarmatien.     v.  H. 
MstL   Fast  ausgestorbener  Stamm  der  Samojeden  (s.  d.)*   v.  H. 
Matiani.  Völkeischaft  des  alten  Medien,    v.  H. 
ICatioora,  Gray  »  Dieminia,  Gray.  Fr. 

Matlatzinca.  Indianervolk  in  Meadko,  sadwettlich  von  Otomi  bu  nach  Tari- 
maron  reichend.    Man  halt  die  M.  fltr  älter  als  die  eint^ewanderten  Tolteken.    v.  H. 

Matoll.  Afrikani.s(  her  Volksstamm  in  der  Umgegend  der  Delagoabai, 
angeblich  Mischlinge  der  Kaffern  und  Neger,  aber  mit  der  Sprache  der 
ersteren.     v.  H. 

Matomatos.    Indianerhorde  des  Orinokogebietes.     v.  H. 

Ma-tonga.   Mundart  der  Bantusprache  Se-chlapi.     v.  H. 

Matoren.  Stamm  der  Samojeden  (s.  d.)  am  Flosse  Tuba,  östlich  vom  Jenissei 
und  nördlich  von  den  sajanischen  Bergen,     v.  H. 

Matschacari.  Indianerhorde  Brasiliens,  welche  mit  den  Camacac«  und  Cau- 
;)eses  auf  den  Campos  von  Camapuany  in  Hohlen  leben  und  sich  die  Unter* 
leibsl   I  t   w  ie  eine  Schürze  herunterziehen  sollen  (?).     v.  H. 

Matschen.    Zweig  der  ('«altsrha  (s.  d.)  südlich  von  Warziminar.     v.  H. 

Matschili.    UnterabtheiUinp  der  iiulisehen  Bhat.    Sie  sind  Kaufleule.    v,  H. 

Mattiaci.  (iemianisches  Volk,  ein  Zweig  der  östlichen  Chatten,  der  erst  seit 
den  Zeiten  des  Kaisers  Claudius  unter  diesem  besonderen  Namen  \'orkoinau  und 
sich  ganz  den  Römern  unterworfen  hatte,    v.  H. 

Matuarineger  oder  Mussinga,  Abtheilung  der  Marronen  (s.  d.).    v.  H. 

Matuka.  Kleiner  Bantustamm  zwischen  Limjtopö  und  Sambesi  in  SQd- 
Afrika,     v.  H. 

Matumbato.  Abtheilung  der  Massai  (s.  d.);  sie  sehen  unter  allen  Stämmen 
dieses  Volkes,  nach  TnoMSfiN-,  am  schwächsten  aus;  auch  schielen  sie  fast  alle, 
was  ihren  Gesichtern  oft  den  spitzbübischesten  Ausdruck  giebt.     v.  H. 

Maua.    Ahdicihmg  der  Makua  (s.  d.).     v.  H. 

Mauchamp  Schafe,  Merinoschafe  mit  langer,  seidenartiger  Wolle,  welche 
zuerst  auf  dem  Pachthofe  Mauchamp  bei  Berry'att*Bac  im  Departement  Aisne 
gezüchtet  wurden.  Im  Jahre  1828  wurde  daselbst  in  einer  Merinoschaf heerde 
ein  Bocklamni  geboren,  welches  sich  durch  eine  lange,  leicht  gewellte,  seiden- 
artige Wolle  auszeichnete.  Durch  Paarung  dieses  Bockes  mit  Merinomilttem 
und  durch  konsequente  Weiterzttchtung  mit  den  mit  seidenartiger  Wolle  ausge- 
statteten  Thieren,  kam  nach  mancherlei  Hinderni.ssen  eine  neue  Race,  die  >  Mau- 
champ-Racet  zu  Stande.  Durcli  Kreuzuni^  von  Mauchamp-Böcken  mit  Ram- 
bouillet-Merinos entstand  die  ^Gevro lies- Race«  und  durch  Kreuzung  von 
CjevroÜes-Böckcn  mit  Müllern  der  Leicesler-Race,  die  » Mauchamp-Leicesier- 
Merino*Race<.  Auch  Kreuzungen  mit  Uncoln-  und  Southdownschafen  wurden 
vorgenommen  und  dadurch  neue  Typen  und  Wollformen  geschaflen.  R. 

Maudia»  G^Kt  ^  Heentrus,  DuMtian.  et  BfflROM.  Pf. 

Mauer,  Mauerblatt  oder  Innenplatte,  thua,  eines  der  Hauptbestandtbeile 
des  Polypars  der  Steinkorallen.  Nach  Lacaze  Dl  htt  i  s  entsteht  sie  zuerst  als 
anfangs  dünner,  biegsamer,  homogener  King  am  Umschlag  der  äusseren  Körper- 
wand  des  weichen  Polypenleibs  zum  Fuss,  und  zwar  unabhängig  von  den  früher 
schon  selbständig  gebildeten  Kalkscheidewänden  (Septa  s.  d.  oder  Stem- 
leisten  oder  Radialplatten),  denen  sie  entgegenwäclist.  Nach  G.  v.  Koch  erhebt 
sie  sich  von  der  Basalplalte,  d.  h.  einer  Kalkablagerung  am  Fuss  des  Polypen- 
leibs zwischen  diesem  und  einer  dem  Skelett  zur  Anhaftung  dienenden  Unter* 


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Mraeniwl  —  MaunlL 


33f 


läge.  Die  Mauer  bildet  sich  hier  zuerst  als  ringförmige  Leiste  oder  Platte,  um- 
hüllt von  einer  in  den  Innenraum  vordringenden  Faire  der  Leibeswand,  und, 
sie  ist  nach  Koch,  wie  alle  Skeletttheile,  eine  Ausscheidung  von  Ectoderm/ellen. 
Dazu  kommt  noch,  nach  G.  v,  Koch,  als  wesentlicher  Skelettheil  die  Aussen- 
platte  oder  Epithek  (s.  d.),  welche  Lacaze  Duthiers  mehr  als  eine  zufällige 
Bildung  ansah.  Nach  Koch  ist  diese  aber  eine  mehr  oder  weniger  deudich  von 
der  Bfksalplatte  abgesetzte  Fortsetzung  der  letzteren,  welche  der  Leibesmmd  von 
aussen  aufliegt,  indessen  die  Anheftungsfliche  nicht  mehr  berührend.  Meist  hat 
sie  die  Gestalt  eines  Kegelmantds.  Das  Kalkgerüst  würde  also  eine  Art  Doppel- 
becher darstellen  mit  einer  inneren  und  äusseren  Wand.  Die  Leibeswand  des 
weichen  l'olypenleibs  lieet  somit  zwisclien  Innen-  uud  \ii  .'^enivlatte  (also  zwischen 
Mauer  und  Kpiihek),  die  Kpithek  ist  nur  auf  ihrer  innentläche,  die  Mauer  aussen 
und  innen  bei  der  Bildung  mit  W  eicntheilen  überkleidet.  Klz. 
Mauerassel  =  Oniscus  (s.  d.).  Ks. 

Mauerbiene  wird  ein  und  die  andere  Art  der  vielen  Bienen  genannt,  welche 
ihre  Nester  in  Lehmwttnden  oder  Mauern  anlegen,  wie  die  Anikoph^ra  pMietma 
Fab.,  ChaiUüdoma  m/raria,  die  Gattung  Osmia  (s.  d.)  etc.    £.  To. 

Maueresel  =  Oniscus  (s.  d  ).  Ks. 

Mauerläufer,  Mauerspecht,  Mauerklette,  Tichodroma  muraria,  L.,  einziger 
Vertreter  der  Gatiuntr  Tichodroma,  III.,  zu  der  Familie  der  Baumläufer,  Certhiidae, 
gehörig,  von  seinem  nächsten  Ve^\^'andten,  dem  Baumläufer  (Certhia)  durch 
lungeren  Schnabel,  nicht  zugespitzte,  sondern  am  Ende  breite  Schwanzfedern 
und  gestreckte  Kralle  der  Hinterzehe  unterschieden.  Das  Gefieder  ist  grau, 
Vorderhals  beim  Männchen  schwarz,  Flügeldecken  und  Basaltheile  der  Schwingen 
roaenrotb.  Der  Mauerläufer  bewohnt  die  Hochgebirge  Sfld«£uropas,  Centrai- 
Asiens  und  Abetsiniens,  hat  sich  aber  wiederholt  schon  bis  in  das  Saalthal  und 
zum  Königstein  in  Sachsen  verflogen.  RCHW. 

Mauersegler,  s.  Cypselus.  Rchw. 

Mauerwespe,  s.  Odynerus.     E.  Tg. 

Mauhö.  Indianer  am  westlichen  Ufer  des  Tapajoz,  ackerbauend,  put  ge- 
baut uud  friedlich.  Ein  Theii  lebt  in  dem  grossen  Dorfe  Jtaitüba  und  südwest- 
lich gegen  den  Mataura,  einen  östlichen  Zufluss  der  Madeira,  die  mehr  civili- 
sirteren  aber  auf  der  grossen  Insel  '1  upinambarana,  wo  sie  aber  sehr  mit  Nord- 
Tupi  (s.  d.)  gemischt  sind.  Andere  wohnen  vermischt  mit  den  Mundrucu  (s.  d.) 
in  Ortochaften  an  den  dsdichen  Mttndungsarmen  des  Madeira.  Die  M.  sperren 
ihre  jungen  Mädchen  bei  den  ersten  Anzeichen  der  Mannbarkeit  in  rauchige, 
schmutzige  Hütten,  wo  sie  einen  vollen  Monat  bei  sehr  magerer  Kost  ausharren 
mitssen.  Bates  hält  die  M.  ftir  einen  Zweig  der  Mundrucu,  welcher  sich  von 
diesen  schon  vor  sehr  langer  Zeit  getrennt  und  dadurch  andere  Sitten  und  Sprache 
erwürben  hat.      v.  H. 

Mau-lao,  d.  h.  Waldratten,  Halbwilde  Bergbewohner,  des  südlichen  China, 
wahrscheinlich  Tibeter.    v.  H. 

MMitbeerkelsii»  (MmtUs),  s.  Furchnng  des  Eies.  Grbch. 

MaidbeefVpiiiner,  Bmfyx  mors,  s.  Seidenraupen.    E.  To. 

Maulesel  und  Maulthier,  s.  Equus,  L.     v.  Ms. 

Maulfusser  =  Stomatopoda  (s.  d.).  Ks. 

Maulwurf,  s.  >  Talpa"  und  »Talpina«.     v.  Ms. 

Maulwurfsgrille,  s.  Gryllotalpa.     E.  Tg. 

Mauraii.    Nach  Ftolemau.s  kleinere  Völkerschaft  im  Innern  Libyens-    v.  H. 

Zool^  Amhropol.  u.  Ethnologie.   Bd.  V.  22 


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338 


Mauren.  N'ame  der  licrrschenden  Volksklasse  in  den  Seestädten  Marokkos 
und  Nordwest  Afrika's  überhaupt.  Man  hält  die  M.  ftlr  Abkömmlinge  der  schon 
von  den  Römern  hier  vorgefundenen  plioniküichen  oder  jüdischen  Kolonisten, 
welche  schon  von  denselben  Mauri  genannt  wurden,  der  Vondalen  und  der  mit 
Beiisar  httttbergekommenen  Griechen,  endlich  der  ans  Spaiüen  vertiiebeaai 
Araber,  die  aber  der  Mehnahl  nach  keine  Araber,  sondern  Berber  waren,  tcurs 
sie  sind  ein  Gemisch  von  allen  Völkerschaften,  die  Mit  den  ältesten  Zeiten  bis 
auf  die  französische  Invasion  an  die  Gestade  Nord-Afrika's  geworfen  wurden. 
Der  Name  M.  —  Moros  oder  Moriscos,  vom  alten  Mauritanien  abgeleitet  —  ist 
ihnen  selbst  allerdings  unbekannt,  man  nennt  ^ie  arabisch  Hadarc  d.  i  ^Haus- 
bewohner«, und  sie  »elbst  heissen  sich  euifach  Araber.  Sie  aber  völlig 
mit  diesen  tu  identificiren ,  ist  ethnologisch  nicht  statthaft,  wenn  auch  nach 
G.  Kuiii-is  die  äuäüerlichen  körperlichen  Untersch.iede  zwischen  den  M.  und 
Arabern  nicht  grösser  als  zwischen  einem  europftischen  Städter  und  LaiMfanamie 
sein  sollen.  Der  M.  ist  im  allgemeinen  hoch  gewachsen  und  hat  nm:  leicht  ge- 
biäunte,  eher  gelbe  Haudarbe,  die  nur  dann  ins  Gelbschwance  ttbeigdit^  wenn 
die  Mutter  eine  Negerin  war.  Er  hat  femer  eine  schöne  römische  Nas^  vollen 
Mund,  grosse  feurige,  schwarze  Augen  und  volles  Haupt-  und  Barthaar  von 
gleicher  Farbe.  Doch  lässt  sich  kein  allgemein  giltiger  Typus  aufstellen.  Der 
M.  m  Algerien  z.  B.  hat  nicht  die  ausgeprägten,  männliclien  Züge  des  Kabylen 
oder  Arabers.  Ihm  mangeln  die  feurigen  .^ugen,  die  .Adlernase,  die  eigenthüm- 
liciien  ausdrucksvollen  Lippen,  zugleich  der  Stolz  und  die  Wurde  des  Charakters. 
Ihre  Gesicht^ikxbe  ialt  bl^h,  das  Antlits  oval  und  oft  fett,  das  Aussehen  weibisch. 
Alte  pflegen  sie  mit  dem  Alter  sehr  dickleibig  su  werden.  In  Marokko  seichnen 
sie  sich  dagegen  durch  weisse  Hautfarbe  und  vornehme  GesichtssOge  aus.  Jm 
Norden  vom  Senegal  treten  die  M.  —  dort  ein  arabisch-berberisches  Halbblut 
—  in  ganzen  Stämmen  auf,  die  jedoch  keine  Stidtebewohner,  sondern  echte 
Nomaden  sind.  Auch  sie  sind  von  weisser  Race,  aber  so  von  der  Sonne  ge- 
brävint,  dass  man  sie  für  Mulatten  halten  würde,  hätten  sie  nicht  kaukasische 
Züge  und  schöne,  seidenartige,  obwohl  gelockte  Haare.  Die  wichtigsten  Gnip|)en 
dieser  M.  sind  die  'l'rarza,  die  Brukna,  die  Duaisch  und  die  Uled  Embarck. 
Jede  Gruppe  theilt  sich  in  eine  grosse  Ani^t  von  Stämmen ;  alle  besitzen  grosse 
Heerden,  verkaufen  Gummi  und  unternahmen  Irtther  Raubsflge  in  die  Länder 
der  Schwarsen.  Jede  der  vier  Völkerschaften  bildet  einen  Bund  von  Stämmen, 
die  ihre  UnterabÜieilungen  nach  Klassen  haben.  Unter  den  Weibern  sieht  man 
mitunter  ganz  hübsche  Erscheinungen,  sie  alle  sind  aber  unverschämt  und  bettel- 
haft, nothdürftig  in  .schlechte,  blaue  Baumwollenzeuge  gekleidet.  Die  Tracht 
der  städtischen  M.  ist  je  nach  den  Oertlichkeiten  etwas,  doch  nicht  sehr  wesent- 
lich verschieden.  In  Tunis  z.  B.  sieht  man  sie  mit  weissen  oder  gelbgeblümtem 
Turban,  kurzer,  gestickter  Jacke  und  weiten,  faltenreichen  Kniehosen,  die  um 
den  Leib  durch  eine  bunte  Schärpe  zusammengehalten  werden.  Die  Weiber  der 
M.  in  Algier  tragen  auf  blossem  Leibe  ein  weites,  feinlemenes  Hemd,  darOber 
einen  umftingreichett  Kaftan  von  golddurchwirictem  Sammt  oder  Tuch.  Der 
Kopf  wild  mit  einer  seidenen  oder  brokatenen  Hülle  umwunden.  Ueber  den 
Charakter  des  M.  lauten  die  Urtheile  sehr  widersprechend.  Der  Engländer 
Urquhart  nennt  sie  Muster  von  Mässigkeit,  Fleiss  und  Redlichkeit.  Niemand 
fllrchte  der  M.  Rache  oder  Wildheit;  doch  giebt  er  zu,  dass  der  M.  fanatisch 
sei  und  allen  Verkehr  mit  Fremden  verabscheue.  Oskak  Lenz  stellt  den  M.  in 
Marokko  ein  günstiges  Zeugniss  aus.   Sie  sind  sehr  gebildete  Handwerker,  ruhig 


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MaaicnsU  —  kfauset.  ))9 

und  wQrdevol)  in  ihrem  Benehmen  und  hilden  den  friedliebenden,  steueizahlen* 
den  Bürger.  Sie  haben  fast  alle  einen  gewissen  Grad  von  Halbkultur,  können 
lesen  und  schreiben,  wissen  eine  Anzahl  Koransprttche  auswendig,  verehren  einen 
Scherif,  i^auben  an  Alchemie  und  Astrologie  und  suchen  sich  auf  jede  Weise 

Vermögen  zu  schaffen,  sei  es  im  Wege  des  Handels,  sei  es  als  Beamte  des 
Sultans.  Anderen  Bcurtlieilcrn  zu  Folge  sind  die  M.  im  allgemeinen  weichlich, 
treulos,  lügnerisch,  ehrgeizig',  rarhsüchtig ,  habgierig  und  sinnlich,  die  Weiber 
überaus  gefallsüchtig,  kokett  und  intrigant.  Die  Mädchen  werden  in  der  gröbsten 
Unwissenheit  erlogen.     v.  H. 

Maurensii.  Nach  Ptoleuäos  eine  Völkerschaft  Mauritaniens,  südlich  von 
den  Herpedetani.     v.  H. 

llaiirenwanse,  s.  Tetyra.    £.  To. 

ISauritanier.   Die  alten  Ureinwohner  des  heutigen  Marokko,  die  Vorfahren 

der  jetzt  Scheluk  oder  Schlu  genannten  Berber.     v.  H. 

Maurolicus,  Cocco,  Gattung  der  T.aclisfisclic  (s.  Sahnoniden),  specieller 
der  Sternoptychiden.  Schuppenlos,  mit  laischen  Kiemen;  eine  einfache  Rücken- 
flosse, nebst  rudimentärer  Feltflosse.  Unterkiefer  etwas  vorspringend.  Von  den 
4  Arten  leben  3  im  Mittclmecre,  1  im  nördlichen  Theile  des  atlantisciien  Oceans 
(skandinavische  KOsten).     Ks.  ' 

Mauro-Wlachen.  Mittelalterliche  Benennung  der  Zinzaren  oder  Makedo- 
wtachen  (s.  d.)    v.  H. 

Ilaiiniaü,  s.  Mauren,    v.  H. 

Mauser,  der  in  bestimmten  Perioden,  in  der  Regel  alljährlich  sich  wieder- 
holende Wechsel  des  Gefieders  der  Vögel,  darin  bestehend,  dass  die  alte  Feder 
ausiallt  und  an  derselben  Stelle  eine  neue  hervorspriesst.  Dieselbe  tritt  meistens 
nach  beendeter  Brut,  in  unseren  Breiten  also  im  Herbst  ein.  Sie  erslreclct  sich 
entweder  auf  das  ganze  Gefieder  (totale  Mauser)  und  geht  dann  bisweilen  so 
plötzlich  vor  sich,  Uass  der  betreffende  Vogel  wegen  des  gleichzeitigen  Verlustes 
sämmtticher  Schwungfedern  flugunfähig  wird  (z.  B.  männliche  Stodcente),  oder 
sie  beschränkt  sich  auf  bestimmte  Theile  (partielle  Matiser).  In  diesem  Fall 
wird  nur  das  Kleingefieder  alljährlich  gewechselt,  von  den  Schwung-  und  Steuer- 
fedem  aber  werden  nur  einzelne  ersetzt.  Stets  ist  die  Mauser  jedoch  eine 
symmetrische,  das  heisst:  auf  beiden  Körperhälften  werden  dieselben  Theile, 
bez.  die  entsprechenden  Federn  gleichzeitig  gemausert.  Viele  unserer  Singvögel 
wechseln  das  Kleingcfieder  /.weinial  im  Jahre;  ausser  der  Herbstmauser  haben 
diese  noch  eine  schwächere  Fnlhjahrsniauser.  Ausserhalb  dieser  periodischen 
»Mauserzeit«  oder  ^kauiic  j  enolgt  ein  Nachwachsen  von  Federn  nur  dann,  wenn 
solche  durch  Verletzungen  verdorben  oder  gewaltsam  ausgerissen  wurden.  — 
Die  Mauser  betrifil  nicht  allein  das  Federkleid,  sondern  auch  andere  Homge* 
bilde  der  Hau^  insonderheit  die  Homscheide  des  Schnabels  (Rhan^kotheea)  und 
die  Krallen  der  Zehen  (»Schnabel-  und  Krallen-Mauser«).  Beide  Homgebilde 
wachsen  ebenso  wie  die  Nägel  an  den  Fingern  des  Menschen  u.  a.  von  der 
Wurzel  aus  nacli,  während  die  Spitzen  und  Ränder  in  j^leichcm  Grade  durch 
Benutzung  sich  abscheuern,  so  dass  Form  xmd  Länge  der  Mornscheide  bei  nor- 
malem Zustande  des  Individuums  stets  dieselben  bleiben.  Ausartungen  treten 
bei  freilebenden  Vögeln  nur  durch  Mibsbildung  oder  äussere  Verletzung  des  be- 
treffenden Theiles  ein.  Dagegen  sieht  man  bei  gefangenen  Vögeln  sehr  häufig 
unförmige  Verlängerung  der  Schnabelspitse,  welche  durch  ungenügende  Ab> 
nutzung  bedingt  wird  und  häufig  eine  solche  Ausbildung  erreicht,  dass  sie  den 


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340 


Mausfresser  —  MaxiUarfuss. 


Vogel  am  Fressen  hindert  und  durch  kUnstUches  Beschneiden  beseitigt  werden 
muss.  Die  beständige  Neubildung  und  Abnutzung  der  Schnabelscheide  und  der 
Krallen  ist  als  i  kontinuirliche  Mauser*  zu  be/eichnen.  Es  kommt  aber  auch 
bei  den  genannten  'l'lieilen  wie  bei  den  l  edern  eme  ijjeriodische  totale  Mauser^^ 
vor.  Dieselbe  wurde  bisher  bei  den  Wald-  und  Schneehühnern  beobachtet. 
Der  Process  geht  in  der  Weise  vor  sich,  dass  die  alte  Schnabel-  oder  Krallen- 
sdidde»  von  der  darunter  rieh  bildenden  neuen  gehoben«  zunädtst  an  der  Wursd 
rieh  ablöst  und  entsprechend  dem  fortschreitenden  Wachsthum  der  letzteren 
auf  welcher  «e  aufiiits^  immer  mehr  nach  vom  geschoben  wird,  bis  rie  abflOlt. 
Bisweilen  löst  sich  auch  die  alte  Scheide  in  einzelnen  Stacken  ab.  Wahrscheinli^ 
handelt  es  sich  auch  in  solchen  Fällen  um  eine  totale  Mauserung  der  Rhampho- 
theka,  wo  der  Schnabel  zu  verschiedenen  Jahreszeiten  verschiedene  Färbung 
zeigt.  So  hat  der  Kembeisser  im  Sommer  einen  blauen,  im  Winter  einen  rosa 
gefärbten  Schnabel.  Diese  \*er:inderuni,'  wird  durch  eine  Neubildung  der  Rhani- 
photheka  verursacht,  indem  die  alte  Schnabclschcidc  in  Blättchen  sich  ab- 
löst RCHW. 

MausfresBcr  »  Döbel  (s.  d.)*  Ks. 

MauafrOvdie  »  Myobatrachiden  (s.  d.).  Ks. 

BlansolL  Nach  Ptolkmaos  Bewohner  des  inneren  Libyens,     v.  H. 

Mausspecht  =  Baumläufer,  s.  Certhia.  Rchw. 

Mausvögel,  s.  Colius.  Rchw. 
Mauszahnrüsslcr  —  Baridius  (s.  d.)     K.  i  ü. 
Mauvais-monde,  s.  Etischa-ottineh.      v.  H, 

Ma-Viti.  Kaubinordensciier,  den  Kallern  verwandter  btanuu  am  Nyai>äa- 
sec  in  Sttd-Afrika,  treibt  Sklavenjagden,  verkauft  aber  seine  Beule  nach  dem 
Innern  und  pflegt  alles,  was  den  Transport  nicht  ausbält,  ohne  Rückricht  auf 
Alter  und  Geschledit  erbarmung^s  niederzumachen,    v.  H. 

Mawikwa,  s.  Maopitian.    v.  H. 

Mawumbu.  Bewohner  der  Loangoküste  in  Makaja  und  Umgebung,  von 
ihren  Nachbarn  beträchtlich  abweichend.  Wegen  des  charaktcristisclien  Zuges 
ihrer  Physiognomie  werden  sie  von  den  Turtugiesen  judcos  prutos  (schwarze 
Juden)  genannt,  vmd  auch  ihr  Ruf  als  gewandte  und  schlaue  Händler,  die  es 
meist  zu  Wohlhabenheit  und  Rcichthum  bringen,  stimmt  damit  Uberein.  Der  M. 
macht  im  Ganzen  einen  respektablen  Eindruck:  er  ist  ernst  und  gesetzt,  sein 
Auge  venriiüi  Intelligenz  und  in  der  That  beweist  er  in  Töpferei  und  Schmiede- 
kunst bemerkenswerthe  AnstelUgkeit.  Die  Hautfarbe,  sehr  schwankend,  ist  bei 
der  Mehrzahl  schwarzbraun  und  dunkler  als  bei  den  Übrigen  Loangostlromen 
bei  manchen  Individuen  aber  fast  so  hell  wie  bei  den  Indianern  Nordamerikas. 
Die  Frauen  pflegen  die  beiden  mittleren  oberen  Schneidezähne  kurz*  und  die 
zunächststehenden  an  der  Ecke  stumpf  zu  feilen.     v.  H. 

Maxilla  u.  Maxillare,  maxiila  supetiffr  et  inferior,  s.  Schädel-  und  Skelett- 
entwicklung.    V.  Ms, 

Maxiüae,  Unterkiefer,  Kinnladen  der  beissenden  Mundtheile  bei  den  In* 
sekten,  welche  jederseits  aus  ein  bis  zwei,  mehrhäutigen,  vielCsch  geformten  und 
bekleideten  Lappen  oder  Laden  besteben,  und  aus  einem  höchstens  sgliedrigen 
ftthlerMbnlichen  Taster  (paipus  maxälaris}  am  Grunde  der  äussern  Lade.  Beide 
Seiten  rind  in  wagerechter  Richtung  gegen  einander  beweglich  und  bereiten  die 
von  den  Kinnbacken  abgebissene  Nahrung  ztun  Verschlucken  vor.     E.  To. 

MaxiUarftm  =  Kieierfuss  (s.  d.}.  Ks. 


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MNxin*!»  Manteken. 


34» 


Maxillata,  Milnf.  F-pward";  (Crustac^s  maxilUs,  v.  maxilla ,  Kiefer),  Unter- 
klasse der  Krebsthiere,  wclcl^e  von  denselben  nur  die  Spallfliäslcr  mit  saugenden 
Mundtheilen  (als  trustatis  suaurs)  ausschliesst.  Die  Abtheilung  ist  veraltet,  da 
die  nahe  Verwandtschaft  der  a  suceurt  mit  den  beissenden  Sj^tfllitsleni  erkannt 
ist  und  überdies  auch  unter  den  Asselkrebsen  Familien  mit  saugenden  Mund* 
thdlen  vorkommen.  Ks. 

llaxonina,  s.  Mayoruna.     v.  H. 

Maxyes.  \  ölkerschaft  in  der  Provinz  Africn  propria,  welche  sich  nach 
Hekodoi'  Hns  Haar  bloss  auf  der  rechten  Seite  des  Kopfes  wachsen  Uessen  und 
ihren  Körper  mit  Mennig  färbten.     v.  H. 

Maya.  Indianer  auf  dem  Nordtheile  der  Halbinsel  Yucaian,  nach  C.  B. 
Heller  sowie  nach  Don  CR£SCENao  Carrillo  wahre  Abkömmlinge  der  Tolteken 
(s.  d.)  Sie  selbst  nennen  inch  Maceguales,  d.  i.  Eii^bome  des  lifaya-Landes 
und  sind  gegenwärtig  dem  katholischen  Glauben  und  friedlichen  Ackerbau  er* 
geben.  Zahlreiche  ausgedehnte  RuinenstSdte  mit  Tempeln»  PalSaten  und  Statuen, 
wie  sie  nirgends  in  Amerika  in  grösserer  Pracht  angetroffen  werden,  legen  be« 
redtes  Zeugnis  von  der  hohen  Gesittungsstufe  ab,  welche  die  M.  in  vorkolumbischer 
Zeit  erklommen  hatten.     v.  H. 

Mayes.    Indianerstamm  in  Guyana.     v.  H. 

Maynas,  s.  Maniota.     v.  H. 

Mayoninas,  Maxorunas,  Majcronas  oder  Barbudo.  AndesJndianer,  feind* 
lieh  gesinnte,  stolze,  lichtpigmentterte  Kannibalen,  am  mitderen  Ucayali;  nd>st 
den  Campo  und  Koschibo  die  gefttrchtetsten  Indianer;  sie  bewohnen  die  Wälder 
zwischen  dem  Tapiche  und  Marafion,  ihre  Heimat  ist  aber  die  Gegend  des  Rio 
Mayo,  eines  Nebenflusses  des  Rio  Huallaga,  wie  schon  ihr  Name  besagt,  denn 
>runat  heisst  in  Quitschua:  Mann.  Sie  tragen  langes  Haar  und  kleine  Holz- 
stilckchen  oder  Federn  in  der  durchbohrten  Unterlippe.  Als  Waffe  filhren  sie 
lenzen  und  vergiftete  Tfeilc.  Die  Fischer  des;  Ucayali  fürchten  sie  sehr.  Von 
allen  übrigen  Indianern  ihrer  Gegend  unterscheiden  sich  die  M.  dadurch,  dass 
sie  einigen  Bartwuchs  aufzuweisen  haben.     v.  H. 

Mayos.   In<Uaner  Sonoras.     v.  H. 

Mayoyaos.  Westliche  Nachbarn  der  Igorroten  (s.  d.)  auf  Luzon;  zu  ihnen 
zählen  die  Pungtanen,  Quiaoganen  und  Siltpanen,  alle  in  der  Provinz  Nueva 
Viscaya  sessbaft.  Ihre  Kleidung  besteht  nur  aus  einem  T>endenschurz  und  einigen 
Arm-  und  Halsbändern  nebst  Ohrgehängen.   Ihre  Zahl  muss  eine  recht  sUtt> 

liehe  sein      v.  H. 

Maypureschianna  s.  Maipure.     v.  H. 
Mayumba,  s.  Gamma.     v.  H. 
Mazahua,  s.  Mazateken.     v.  H. 

Miaama»  Raf*,  s.  Haplocerus  H.  Sh.,  Mnama,  H.  Sil,  taJieAlitatui,  A.  Wagn.» 
8.  Cervus,  L.    v.  Ms. 

Ifasanea  Indianer  Sfldameiikas  zwischen  dem  Putumayo  und  Pastaza,  ver* 

wandt  mit  den  Gariben.     v.  H. 

Mazapilen.  Indianer  im  Ostsüdost  von  Guadalajara  in  Mexiko»  wahrscheinlich 

zum  Aztekcnstamme  zn  rcrbncn.      v  H. 

Mazari.  Belutschen-SLamm  an  der  indischen  Grenze  gegen  Dera  Ghazi  Khan« 
aooo  Waffenfähige      v.  H. 

Mazateken,  oder  Mazahua.  Zweig  der  Otomi  (s.  d.)  in  Mexiko.  Sie  können 
sehr  schwere  Lastra  auf  dem  Rücken  tragen.  H. 


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342 


Macatlan  —  Mbeog*. 


Mazatlan.    Angebliches  Urvolk  Mexikos.     v.  H. 

Ma/ices.    Volk  im  alten  Mauritanien  am  Gebirge  Zalacus  und  um  den 

Chinalaph  her.     v.  H. 

Mazigh,  s.  Imoscharh.     v.  H. 

Mazimba  oder  Gimbas.  Bantuvolk  an  der  ostafrikanischen  Kttste  bei  Senna 
wird  der  Anthropophagie  beschuldigt,     v.  H. 

Mfliitsi.  Bantuvolk  westlich  vom  Nyassabecken  in  Südafrika.  Sic  gehören 
sum  Stamme  der  Sulu  (s.  d.),  kamen  ursprünglich  aus  dem  Süden  und  sind  iden- 
tisch mit  den  I.andins,  die  alljährHrh  von  den  Portugiesen  am  Sambesi  Tribut 
fordern.    Die  M.  sind  wilde  Sklavenjäger.     v.  H. 

Mbäddima,  Volk  Central  Afrika's  mit  besonderer  Sprache,  nordwestlich  von 
den  Niamniam  (s.  d.)  ansässig.     v.  H. 

Mbafii.  Nur  dem  Namen  nnch  bekannter  Negerstamm  östlich  vom  Flusse 
Altkalabar  in  Ober-Guinea.     v.  H. 

M-Baliit)du,  Bantuvolk  der  südlichen  GuineakOste,  besser  geartet,  weil  noch 
am  wenigsten  mit  den  Weissen  in  Berührung  gerathen.  Die  M.-Sklaven  weiden 
allen  anderen  vorgezogen,  denn  de  sind  treu  und  fleissig.  Beliebt  ist  bei  ihnen 
der  unzüchtige  ä>Batuk<-Tanz.  Die  M.  kennen  ausser  der  gewöhnlichen  »Marimba 
und  der  »N-dungo »«Trommel  auch  ein  geigenartiges  Instrument,  einen  eckigen 
Resotunnzkn  ^'cn,  mit  drei  aus  Pflanzenfasern  «ü^cdrchtcn  S.iiten  bespannt,  die  auch 
mit  einem  i  iedclbogen  aus  Pflanzenfasern  gestrichen  werden.  Hermann  Sovaux 
hat  Proben  ihrer  Gesänge  mitgetheilt.     v.  H. 

Mbamba,  Negervolk  West- Afrikas,  welches  in  den  ausgedehnten  Wäldern 
der  Gabelung  zwischen  dem  Ogowe  und  dem  Ivindoflusse  haust;  die  ersten  Dörfer 
der  M.  beginnen  gleich  in  der  Nähe  der  Osaka  und  von  da  erstrecken  sie  sich 
weit  flussaufw&rts  noch  über  die  Aduma  hinaus.  Aber  sie  besteh«!  doch  nur 
aus  einigen  hundert  Köpfen;  die  kleinen  Dörfer  liegen  völlig  vereinzelt  mitten 
im  Urwald,  oft  viele  Tage  von  einander  entfernt.  Die  M.  sind  ein  echtes  Jäger- 
volk, ihr  Ackerbau  beschränkt  sich  auf  die  AnpflanzunfT  einiger  Bananenbäume; 
von  llausthieren  fand  O.  Lenz  bei  ihnen  nur  wenige  Huhner,  selten  eine  Ziege, 
und  Hunde.     v.  H. 

Mbangwe,  Theil  des  gro.ssen  Akelle-Voikcs  im  äquatorialen  West-Afrika. 
M.  ist  der  gabnnesuche  Name  des  Mbele-Fan.    v.  H. 

libaya,  der  schönste  Indianerstamm  in  Paraguay,  zwischen  dem  unteren 
Pilcomayo  und  dem  Rio  Bermejo.  Die  Grösse  der  Männer  beträgt  durchgehends 
1,77—1,80  Meter,  dabei  ist  der  Körper  mit  Ausnahme  des  Kopfes  r^lmässig 
und  herkuliscli  ^[eb.iut.  Der  Kopf  ist  dagegen  im  Verhältniss  zum  Rumpfe  etwas 
7A\  klein,  und  die  Ciesielitszüge  sind  jenen  der  (luarani  (s.  ähnlirli,  nur  dass 
das  Antlitz  weniger  flach  erscheint  und  eine  mehr  ovale  Gestalt  bat.  Die  M. 
sind  kühne  Reiter,  welche  ihren  Pferden  prosse  Aufmerksamkeit  erweisen  und 
Jagd  und  Kaub  der  Viehzucht  und  dem  Ackerbau  vorziehen.  Mit  den  weiter 
südlich  wohnenden,  mehr  gesitteten  Guarani  haben  die  M.  von  alten  Zeiten  her 
in  Krieg  gelebt  und  ihnen  wegen  ihrer  Ueberlegenheit  solchen  Schrecken  einge- 
flösst,  dass  sie  von  diesen  deshalb  den  Namen  Mbaeaybä  d.  i.  schreckliche 
Sache,  die  Uebelthat,  erhielten,  woraus  durch  Zusammenstellung  M.  entstanden 
ist,  ein  Name,  der  nach  Niederlassung  der  Spanier  in  Paraguay  auch  den  über 
den  Pnrnf^uy  licrflbergckommenen  Chaco-Indianern  beigelegt  worden  ist.     v.  H. 

Mbenga  oder  Penga.  Bantuvolk  des  westlichen  SUd*Afnka,  an  der  Corisco- 
bai  südlich  vom  Congo.     v.  H. 


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Mbcfri      MecUcnboigisdieB  Scbaf. 


343 


Mberri.  Nach  Stanley's  Erkundigungen  ein  unterhalb  Rubunga  am  Kongo 
wohnendes  Volk  Central-Afrika's,     v.  H. 

Mbokobi,  Indianer  Süd-Amerika  s,  westlich  von  den  Guaykuru  (s.  d.),  jenseits 
des  PDconuayo  hausend,    v.  H. 

ICbonca  Nach  Combir  eine  Völkerschaft  Ceotral-Aftika's  am  Äquatorialen 
Congo.    V.  H. 

Mbu.  Von  Dr.  Nachtical  erkundetes  Negervolk  Central-Afrika's,  welches  in 
der  Nähe  der  südlich  von  Wada'i  lebenden  Araber  wohnen  soll.     V.  H* 

Mbum.    Keperstamm  in  Adnm.iüa.      v.  H. 

M'-Bunda.  Bezeichnung  lUr  eine  südwestnfnk.mische  Si)rachengruppe,  welche 
aus  den  Ginga-  oder  N'Gola-,  der  Hollo-,  Bondo-  und  Bandala-,  der  Songo-  und 
Minungosprache  zusammengesetzt  wird,  obgleich  keine  der  Naüoncn  ihre  Sprache 
so  nennt,    v.  H. 

Mdewakantonwan  oder  Mmowa  Kantong»  die  Gens  du  lac  der  Kanadier; 
eine  der  sieben  Hauptbanden  der  Dakotaindianer  oder  Sioux;  sie  rechten  frtther 
von  Prairie  du  chien  des  Frangais  bis  zum  Fetersriver,  sind  jetzt  weiter  nach 
Westen  gezogen,  gelten  für  die  allertapfersten  unter  den  Sioux  und  haben  seit 
Menschengedenken  Todfehde  mit  den  Polles  Avoines  oder  Mcnomonics,  den 
Tapfersten  unter  den  Od!>chibwä.    1850  zählten  die  M.  2000  Kopfe.     v.  H. 

Meantia,  RAFlNESgiE  —  I^hancrobranchia  (s.  d.).  Ks. 

Meatus  auditorius  (Gehörgang),  s.  HororganeentwickUmg  und  bkeiellent- 
wicklung.  Grbch. 

Medituliiien,  Stamm  der  I^^sghier  (s.  d.)  am  Akuscha^Gebiige.    v.  H. 

Mecwtops,  Gray  s  Crocodihu,  Cuvkr.  Pr. 

Meckel  =  Güster  (s.  d.).  Ks. 

Meckelia,  F.  S.  Lkuckart  (Eigenname).  Gattung  der  SchnurwUrmer,  Ne- 
mertina,  von  der  Unterordnung  Anopla,  deren  Rtlsse!  keine  Bewaffnung  hes?t7f. 
jederseits  am  Kopf  eine  tiefe  Spalte.  M.  somatotomu'^,  LfiUCK.,  ein  langer,  an  der 
Küste  des  Mittelmeeres  ziemlich  häufiger  Wurm.  Wo. 

Meckel  scher  Knorpel  (Cartiiago  Meckelii)  d.  i.  die  knorpelige  Anlage  des 
Unterkiefisis  (s.  d.),  vergl.  auch  Skelettentwicklung,    v.  Ms. 

MeddenburgiBche  Pferde.  Mecklenburg  treibt  schon  seit  den  iUtesten 
Zeiten  Pferdezucht.  Die  Typen  haben  im  Laufe  der  Jahrhunderte  manche 
Wandelung  erlitten.  Schon  im  15.  Jahrhundert  bestand  ein  Gestüt  in  Baredow. 
Durch  den  30jährigen  Krieg  wurde  auch  hier  der  Pferdestand  bedeutend  deciroirt 
Nach  Beendigung  desselben  nahm  die  Pferdezucht  einen  neuen  Aufschwung, 
Man  verwendete  Thiere  aus  dem  Neapolitanischen,  aus  Dänemark,  Oldenburg, 
der  Türkei  und  Berberei,  um  schliesslich  durch  starke  englische  Hengste  einen 
gleichartigen  Pferdeschlag  zu  erzielen,  der  als  Wagen-  und  Campagnepferd  sehr 
gesucht  war.  Das  mecklenburgische  Pferd  dieser  Periode  zeichnete  sich  durch 
stattliche  Höhe  (165—168  Centim.),  geraden»  breiten  KopC  missig  langen,  gut 
aufgesetzten  Hals,  kurzen  Rttcken,  kiüllqse  Kruppe,  tiefe  Bnisl^  schiefe  Lage  der 
Schultern  und  gutgebildete,  kräftige  Beine  aus.  Sein  Gang  war  ausgiebig,  die  Aktion 
ziemlich  hoch,  der  Gesammtausdmck  ein  edler.  GegenwSftig  geht  das  Bestreben 
der  Züchter  dahin,  kräftige  Wagen-  und  Reitpferde  von  edlem  Halbblut  zu  er^ 
zielen.    Der  einlieitlicla-  Typus  ist  verloren  gegangen.  R. 

Mecklenburgisches  Schaf  fS[iici;cl  oder  Bergschaf),  soll  nach  FlTZlNOER 
und  May  zu  den  schiichtwuliigen  I.andschalen  zahlen  und  eme  Kreuzung  des 
schlichtwoUigen  deutschen  und  des  hannöverschen  Schafes  sein.  Dasselbe  besitse 


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344 


McGodonta  Mcdcr. 


mittlere  Statur,  nackten  Kopf  und  nackte  Beine.  Der  Name  »Spiegelschaf«  soll 
von  den  braunen  Kingcn  (»SpiegeU)  abgeleitet  sein,  welche  die  Augen  umgeben. 
Nach  Böhm  gehört  dieses  Schaf  indess  za  den  gemischtwolltgen  der  sogen, 
pommenchen  oder  polnischen  Race  und  wird  hauptsächlich  von  kleinbluerlichen 
Bentzem,  hertschaftlichen  Knechten  und  Schäfern  als  sogen.  »Hüllungsschaf« 
gehalten.  HüUungsschafe  sind  solche,  welche  den  Dienstleuten  grösserer  Gutsbe- 
sitzer gcliörcii,  aber  kontraktlich  mit  der  gutslicrrlirlicn  Heerde  gehen  dürfen  und 
gefilttert  werden,    (j.  Böhm.    Die  Schafzucht.    Berlin  1878).  R. 

Mecodonta,  Strauch,  Längszähnler,  rnternbthciUing  der  Molche  (s.  Sala- 
miindrinaX  rharnktcrisirt  durch  die  Anordnung  der  Ciaunicn/ahnc  in  zwei  nnrh 
hinten  divcrgirenden  Längsreihen.  6  Gattunucn  mit  24  Arien,  alle  der  gemässigten 
Zone  der  alten  Welt  angehörig,  mit  Ausnahme  von  7  nordamerikanischen  Arten 
der  Gattung  Triton.  3  Gattungen,  nämlich  S^Uamanära ,  Salamandrim  und 
BradybaHs  sind  ausschliesslich  europäisch.  Ks. 

Mecolepis,  A.  DuhAril  ss         Gkay.  Pf. 

Meconium.  Im  dritten  bis  fünften  Schwangerschaftsmonat  findet  sich  dne 
gallenähniiche  Materie  im  DUnndarm  des  Fötus,  in  der  zweiten  Hälfte  der 
Schwangerschaft  trifft  man  dieselbe  im  Dickdarm  und  xuletzt  auch  im  Mastdarm. 
Nach  oder  bei  der  Geburt  wird  dieser  Darminhalt  entleert.  Das  Meconium  oder 
Kindspech  ist  dunlcelbraungrün,  pechartig  und  trocknet  an  der  Luft  geruchlos 
zu  einer  fast  schwarzen  Masse  ein.  Wenn  man  es  mit  Wasser  anrührt,  so  wird 
es  bald  tibelrircl>end  und  geht  in  Faulniss  über.  Es  besteht  aus  Schleim,  abge- 
lösten Ki)ithehen,  eingedickter  Galle,  verschlucktem  Kruchlw ah^er  und  Wollhaaren. 
Gallenbeiitandthcile  fmden  sich  im  Darme  des  Fötus  nach  Zweifel  schon  vom 
dritten  bis  fUnften  Monat  an.  In  dem  im  Wasser  verthcilten  Meconium  erkennt 
das  Mikroskop  neben  Geweberesten  Cholestearin-  und  JKIIrubinkiystalle.  Zwbipei. 
fand  in  100  Thln.  Meconium:  Wasser  79,8,  feste  StoÜe  19,5,  darin  Asche  0,9^ 
Cholestearin  0,8,  Fett  0,76.  Ausserdem  enthalt  das  Kindspech:  Taurodiolsäure, 
Bilirubin,  Bilivcrdin  und  geringe  Mengen  Propion-  und  Buttersäure,  dagegen  sind 
Hydrobilirubin,  Lecithin,  Glykogen,  'I  raubenzucker,  Milchsäure,  Leucin,  Tyrosin 
und  Eiweissstoffe,  Phenole  und  Indol  nicht  nachweisbar.  Charakteristisch  dir  das  Me- 
conium ist  iler  reiche  Gclialt  an  tmverändertem  Gallenfarbstoff.  Hoffe-Seylek  fand 
im  Kalb.smecuniiim  nahe  i  l'rocent  reines  Bilirubin  ausserdem  Cholesterin,  Isochole- 
sterin  und  einen  Farbstoff,  der  sich  in  Aether  mit  purpurrolher  Farbe  löst  imd 
im  Spectrum  einen  schmalen  Absorptionsstreifen  vor  der  Linie  D  und  einen 
zweiten«  breiteren  und  dunklen  swischen  D  und  letzterer  am  nächsteUp  zeigt. 
ZwBiTKt  lässt  die  Achse  des  Meconiums  hauptsächlich  aus  schwefelsauren  Akalien» 
Calciumsttlfat,  geringen  Mengen  von  Phosphaten  und  Chloriden  bestehen.  Gkbch. 

Mecos»  s.  Meko.    v.  H. 

Meder.    Volk  des  AlterChums  in  Vorderasien,  zur  eräntschen  Familie 

gehörig,  bei  welchen  sich  die  Gesittung  zum  Thei!  aus  einheimischen, 
zum  Theil  aus  ostarischen  Elementen  entwickelte.  Ihre  früheste  Religion 
war  ein  T.icht-  und  Feuerdienst,  wobei  das  TJcht  als  das  Belebende  und  Wohl- 
thätipe  der  Verderben  bringenden  Finsterniss  entgegengesetzt  wurUc  Ihre, 
auch  zu  den  Persern  übergegangene  Priesterkaste  fUhrte  den  Namen  *  Magier*. 
Die  M.,  welche  nach  Herodot  früher  Arii  hiessen,  werden  in  den  älteren  Zeiten 
als  tapfere  Krieger,  besonders  als  gettbte  Bogenschützen  gesdiildert,  arteten  aber 
fspäter,  als  Kunst  und  Gewerbfleiss  bei  ihnen  Eingang  gefunden,  aus  und  gaben 


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H«de«wAi  —  McHschertia-Snmtl. 


34$ 


sich  grosser  Weichlichkeit  und  Ueppigkeit  in  Lebensweise,  Kleidung  u.  s.  w.  hin. 
die  von  ihnen  auch  auf  die  Perser  überging.     v.  H. 
Medeswüi,  s.  Medowejewzen.     v.  H. 

Me^astinalader  nennt  Schinbr  den  oben»  Ast  der  ersten  Längsader  im 
Dipterenflflgel;  dieselbe  kann  auch  fehlen  und  dann  bezeichnete  er  frflher  (in  den 
analytischen  Tabellen  seiner  Fauna  mtsiriaeo)  die  erste  Längsader  als  »einOachc, 

während  er  sie  beim  Vorhandensein  jener  »doppelte  nennt     £.  Tg. 
Medjertin,  s.  Medschertin-Somäl.     v.  H. 
Medinawurm,  s.  Dracunculus.  Wd. 

Mediomatrici.  Gallische,  d.  h.  keltische  Völkerschaft,  welche  östlich  von 
den  T.euci  und  längones,  nördlich  von  den  Setjuani  un<l  siitllit  h  von  den  Tril)occ), 
dann  östlich  bis  zum  Rhein  wohnten  und  das  heutige  Metz  zur  Hauplt>ladt 
hatten,    v.  H. 

Meditoria,  Gray  =  Typhhps,  Schneider.  Pf. 

Medo.  Eine  der  vier  grossen  AbtheiUmgen  der  Makua  (s.  d.).  Es  ist  bis 
JetiT  nichts  Genaueres  über  sie  bekannt     v.  H. 
Medora,  s.  Clausilia.     E.  v.  M. 

Mcdorinae,  Häckfi  1870.  Cyaneiden-Unferfamilie  mit  H  (4  perradialen  und 
4  interrndinlen''  Sinncskolben.    Gattung:  Mcifnra,  C(wvunv\  1)^62.  Vf. 

Medowejewzen  oder  Medcswiii,  die  Kaukasusstamnic  der  I)s(higefcn, 
Fhsci)u,  Achtschi-Psschu  und  Aibgi,  welche  zwischen  Abcha^ie  und  Mdsymta 
wohnten,  nunmehr  aber  ausgewandert  sind.     v.  H. 

Medsdiar.  Nomadenstamm  Tunesiens,    v.  H. 

Meds^ertin-Somäl  oder  Midschertejn-Somäl,  die  nach  F.  Müller  zur 
grossen  Grup)>e  der  Adschi  gehören,  bei  weitem  der  tahlreichste  und  uncivilisirtste 

Stamm  derselben,  welcher  in  Ost- Afrika  das  Land  von  Ziadeh  bb  sum  Kap 
Giiardafiii  imd  südwärts  bis  7^  nördl.  Br.  inne  Imt.  Die  M-  haben  ein  angenehmes 
Aeussere,  nur  '»ind  sie  vielleicht  etwas  zti  dünn,  imd  haben  zierliche  Hände  und 
Füsse,  wohlgcfornitc  Kopfe,  ovale  (iesichter,  schmale  Lippen  und  weite  Nasen- 
löcher. Ihr  Auge  ist  hell  und  verständig,  die  Haut  schwarz  mit  rothlichem 
Schimmer,  das  Haar  wollig.  Mit  dieser  Ausnahme  stehen  sie  dem  Negertypus  so 
fem  als  die  betten  Vertreter  der  weissen  Race.  Jtmgc  I^ute  tragen  ihr  Haar 
lang  und  schmieren  eine  Mischung  von  Kalk  und  Ixihm  hinein,  wodurch  dasselbe 
sein  wolliges  Ansehen  verliert  und  zu  langen  locken  gedreht  werden  kann:  ältere 
Leute  rasiren  sich  dagegen  den  Kopf.  Die  Weiber  tragen  lange  Röcke  aus 
weichem  Leder  oder  buntem  Kaliko  sowie  ein  Stück  von  letzterem  qttcr  über  die 
Schultern  Fin  blaues  Tuch  auf  dem  Koff  das  Abzeichen  einer  \ erheirathetcn 
Frau,  wäliK  tkI  die  Mädchen  ihr  Haar  in  kleinen,  von  Butter  glänzenden  Löckchen 
tragen  und  es  mit  Schnüren  weisser  und  rother  Perlen  schmucken.  Die  Männer 
pflegen  um  den  Hals  einen  Lederstreif  zu  tragen,  woran  zwei  Stücke  Bernstein, 
htthnereigross»  befestigt  sind.  Sie  gehen  nie  ohne  Waffen:  Wurfspeer,  Lanse,  mit- 
unter ein  sweischnetdiges  Schwert,  gewöhnlich  aber  einen  schweren  Knttttel.  Die 
mit  Widerhaken  versehene  Lanze  werfen  ne  mit  ausserordentlicher  Kraft  und 
Geschicklichkeit  an  25  Meter  weit.  An  Stelle  der  Lanze  treten  oft  Bogen  und 
verc^tüete  Pfeile.  Fast  die  einzige  Beschäftigung  der  M.  ist  die  Pflege  ihrer  Herden; 
nur  wenige  sammeln  Weihrauch  und  andere  Gummisorten  ein;  in  den  I>firfern 
giebt  es  ausserdem  einige  Kaufleute  und  Hai  fischfänger.  Ackerbau  ist  völlig  unbe- 
kannt. Die  Manner  sehen  Handarbeit  als  eine  Schande  an.  Die  Weiber  indessen 
schaflfen  schwer;  ihnen  liegt  alle  Arbeit  ob.  Die  einzigen  Industriezweige  sind  da^ 


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346 


Mc<bc1icrtiik-SoniiA]< 


Weben  von  Matten  und  die  Anfertigung  von  Lanzenspitzen,  womit  sich  eine  kleine 
Anzalil  Manner  in  jedem  Stamme  befassen.  Gegenwärtig  zerfallen  die  M.  in  etwa 
30  Unterstärome,  deren  jeder  seinen  besonderen  Häuptling  und  wiBen  Kadi  hat; 
alle  aber  erkennen  die  Oberhoheit  des  Osnum  Mohammed  Jossuf  an,  der  den 
Titel  »Bogher«  oder  Suiten  fUhrt.  Der  politische  Zustand  des  lindes  gleicht 
durchaus  unsererem  einstigen  Feudalsystem  imd  bietet  sogar  AnkUU^  an  die 
französischen  Gesetze  vom  Vend^miaire  des  Jahres  IV,  welche  die  Gemeinden  für 
indivifhiellc  Vergehen  haftbar  machen.  Dem  Sultan  steht  ein  Rath  rm  Seite, 
dessen  samintliche  Mitglieder  seiner  Familie  angehören.  Seine  Untcrthanen  ge- 
horchen seinem  Worte,  aber  er  zwingt  ihnen  seinen  Willen  nicht  auf,  sondern  der- 
selbe wird  in  allgemeinen  Versammlungen  erklärt,  wo  jeder  das  Recht  hat,  seine 
Ansicht  auszusprechen.  Die  Bevölkerung  zerfiUIt  in  Reiche  oder  Dörfler,  und  in 
ArroCj  nämlich  Halbnomaden  und  Nomaden.  Erstere  leben  in  etwa  ao  Dörfern 
an  der  Kttste  und  umfassen  die  Kaufleutet  Gummisammler  und  Haifischfihiger. 
Die  Armen»  gewöhnlich  Beduinen  genannt,  sind  gewissermassen  die  Sklaven  der 
Reichen;  sie  sammeln  den  Gummi  und  die  sonstigen  Erzeugnisse  der  I^ndereien, 
welche  jenen  gehören.  Ks  exislirt  nämlic  Ii  ein  Grundbesitz  der  für  jeden  scharf 
bcgrcn/t  tind  mit  Stenern  Hlr  den  Sultan  belastet  ist.  Die  Halbnomaden  wohnen 
gleichfalls  in  Dörfern  und  in  deren  Umgebung;  da  sie  aber  Kameele,  Schafe  und 
Ziegen  bcsit/.cn,  müssen  sie  den  Weideplätzen  nachziehen,  sie  halten  sich  an  der 
Küste  zwischen  September  und  März  auf  und  ziehen  mit  dem  Nahen  des  Süd- 
westmonsun aus  in  die  Berge.  Die  echten  Nomaden  besuchen  die  Kllste  selten 
und  bleiben  dann  nur  wenige  Tage  dort,  uro  Einkäufe  tu  machen.  Im  Innern 
giebt  es  weder  Städte  noch  Dörfer.  Sonst  gleichen  sich  aUe  Städte  der  M.,  und 
sind  Ansammlungen  von  Stroh-  oder  Fellhütten,  welche  eine  sehr  unsolide  Be^ 
festigung  ganz  im  Style  unserer  alten  Burgen  umgeben;  sie  sind  mit  allen  jenen 
VcrtheiHiL-nngsmitteln  ausgestattet,  wie  ^ie  auch  unsere  Burgen  vor  Kinftihrnng  der 
Feuerwafleii  bcsasscn.  Die  Kustendörfcr  enthalten  etwa  38000  Einwohner,  ein- 
schliesslich der  Halbnomaden,  deren  Zahl  6 — 8  mal  starker  ist  als  diejenige  der 
eigentlichen  Dörfler,  Die  Nomaden  auf  dem  Plateau  im  Norden  sollen  etwa 
ebenso  zahlreich  sein.  Gegen  Sttden  und  Südwesten  leben  elf  Stämme,  die  nie 
an  die  Kttste  kommen  und  mit  den  übrigen  M.  sehr  wenig  Verkehr  unterhalten. 
Mit  ihnen  zusammen  beläuft  sich  die  ganze  Bevölkerung  aaf  etwa  mths  als 
105  000  Köpfe.  In  Bezug  auf  Sittlichkeit  sind  die  M.  sehr  streng ;  beide  Geschlechter 
behandeln  sich  gegenseitig  mit  viel  Ehrerbietung  und  Achtung.  Die  Lage  der 
Weiber  ist  viel  bcs^ipr  als  diejenige  der  arahi«<~hen  Frauen;  sie  sind  !^errinnen 
im  Hause,  denn  wenn  auch  der  M.  in  Vielweiberei  lebt,  so  hat  er  stets  doch  nur 
eine  Frau  bei  sich  unter  demselben  Dache.  Auch  können  sie  in  voller  Freiheit 
gehen  und  kommen,  ohne  von  ihren  Männern  oder  Eltern  nur  im  Geringsten  belästigt 
zu  werden.  Sobald  der  Knabe  entwöhnt  ist,  kümmert  sich  seine  Matter  nicht  watkx 
viel  uro  ihn.  Sobald  das  Kind  laufen  und  seine  Hände  gebrauchen  kann,  ent- 
faltet es  alle  Instinkte  seiner  Race.  Zum  Jüngling  geworden,  grdft  er  tu  ernst» 
liehen  Waffen,  steigt  ohne  Sattel  und  Bügel  zu  Pferde  und  bildet  sich  auf  jegliche 
Weise  zu  einem  wahrhaften  Krieger  heran.  In  diesem  Alter  ist  der  Tanz  sein 
HauptverrrnMp'en.  Die  Mädchen  leben  stets  in  enger  (;emeinsch.aft  mit  ihrer  Mutter, 
nehmen  an  keiner  Festlichkeit  theii  und  gehen  immju:  aus.  Der  M.  ist  auf  seine 
Frau  eifersüchtig,  weniger  aus  Liebe  als  aus  Stolz;  mit  dem  Tode  bestraft  er  ihre 
Untreue.    Er  ist,  wie  alle  Som^i,  ein  fanatischer  Moslim  und  hat  vor  den  Todtcn 


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Medati  —  Medolk  oblongata. 


347 


die  höchste  Achtung.  Die  Friedhöfe  liegen  meist  neben  den  Moscheen,  und 
niemand  betritt  sie  oline  fTrtind.     v.  H. 

Meduli.  Gallische  Völkerschaft,  Nördliche  Nachbarn  der  Bituriger,  an  der 
Garonne.     v.  H. 

Mednlla  capitis  (Encephalon)  «=  Gehim  (s.  d.).  v.  Ms, 
MeduUa  oblongata,  »verlängertes  Mark«,  tNackenmaik«,  auch  Nachhim 
genannt  —  Wie  im  Artikel  »Gehirn«  erwähnt  wurde,  vermittelt  die  M.  o.  (im 
grossen  Hinterhanptdoche)  den  Uebergang  der  MeduUa  spmaUs  oder  des  Rttcken- 
markes  in  das  Gehim,  dem  sie  ja  auch  ihrer  F^ntwicklung  gemäss,  als  fünfter 
Hauptbestandtheil  zugerechnet  werden  muss.  Die  M.  o.  lagert  mit  ihrer  unteren 
(ventralen)  Fläche  dem  Boden  der  hinteren  Schädelgrube  (dem  Ohms)  auf,  grenzt 
vorn  an  die  Varolsbrücke  (s.  Kleinhirn)  und  wird  dorsal  tiberlagert  \(n\  der 
Masse  des  kleinen  Gehirns,  zwischen  dessen  beide  liemi.sphärcn  es  sich  (bei  der 
Ansicht  von  unten)  gewissermassen  einbettet.  Die  M.  o.  bewahrt  noch,  nament- 
lich tn  ihrem  unteren  Thetle  die  Struigform  des  Rackenmarkes,  birgt  hier  auch 
noch  einen  geschlossenen  Centralkanal  und  besitzt  den  fUr  das  Rttckenmark 
charakteristischen  weissen  Mantel;  in  ihrem  oberen  breiten  Abschnitte  wird 
indcss  die  hintere  graue  Fläche  bereits  von  der  Vorderwand  des  geöffneten 
Centralkanals  gebildet.  Durch  seichte  Längsfurchen  von  einander  geschieden, 
lassen  sich  an  der  vorderen  (unteren)  Fläche  folgende  strangartige  Bildungen  am 
verlängerten  Marke  erkennen.  Seitlich  vom  Sukus  hns^itudimi/is  anterior  (d.  i. 
der  jvonlercn  Mcdianspalle«)  i.  die  Pyramiden,  nach  aussen  von  diesen  2.  die 
Oliven  und  neben  diesen  3.  die  Klcinliimsticle  (Pcdunculi  cer(M/iJ  oder  sirsing- 
förmigen  Köiper  (Corpora  resH/armia),  die  sich  (wie  im  Artikel  Kleinhirn  bereits 
bemerkt  wurde)  in  die  Hemisphären  des  Cerebellums  einsenken.  Die  Fasern  der 
^ramtden  treten  zum  Theil  von  der  einen  nach  der  anderen  Seite  hinüber  und 
formiren  dadurch  die  sogen.  Deamaiio  pyramidum;  die  Oliven  umschtiessen  den 
NucUus  dentatust  ein  gezacktes  graues  Band  mit  weissem  Markkerne  und  die 
Klelnhirnsticle  bergen  in  ihrem  oberen  Ende  den  grauen  Kern  (Tuberculum  ritte- 
reumj.  An  der  hinteren  (oberen)  Fläche  der  M.  o.  bemerkt  man  jederseits  neben 
der  (hinteren)  Medianspalte  (Su/cits  longit.  posterior)  den  sogen,  »zarten  Strang« 
(Fumculus  graiUis)  mit  seiner  Anschwellung,  der  »Keule«  (Clava),  seitlicl»  davon 
den  Keilstrang  (Funkuhu  (uneatus)  und  den  Seitenstrang;  indem  diese  Gebilde 
in  die  Kleinhimstiele  Übergehen,  umschtiessen  sie,  seitlich  auseinanderweichend, 
einen  nach  vorn  zu  offenen  Winkel,  die  sogen.  »Schreibfeder«  (Calawms  scrip- 
torius),  der  gemeinsam  mit  dem  Winkel  der  Bindearroe  des  Kleinhirns  (s.  d.) 
die,  den  Boden  des  4.  Himventrikels  darstellende,  Rautengrube  (Fovea  rhomboi' 
da/is)  begrenzt  —  Die  Rautengruljc  besitzt  als  die  verbreiterte  Vorderwand  des 
Centralcanales  überall  einen  »grauen  ITeberzug«  (Lamina  ctttcrca);  die  von  der 
>Schreibfeder«  nach  vorn  zu  sich  fortsetze nde,  von  den  runden  Strängen*) 
(Funicuii  lereles)  begrenzte  Medianfurche  führt  zur  SvLvi'schen  Wasserleitung 
(s.  Gehim)  resp.  zur  3.  Himkammer;  in  ihren  Seitenwinkeln  (unter  den  BrOcken« 
armen)  li^  je  ein  Grfibchen,  »Nest«  (Reeessus  laUraiis);  an  seinem  Ende  befindet 
sich  die  Flocke  (s.  Kleinhirn)^  —  Als  Riemchen  (Taenia)  bezeidmet  man  feine, 
längs  den  Keulen  zu  den  strangförmigen  Körpern  ziehende  Markstreifen,  die 
sich  am  Caiamus  scriptorius  durch  den  Riegel  (Obex)  miteinander  verbinden; 
"kChordai  aautUati.  nennt  man  einige  querziehende,  in  die  Acusticuswurzeln 

*)  Im  Odmm  scriptorius  sind  deren  oateie  Enden  von  den  aiungeoihnlichen*  grauen 
Blittcben,  der  wgcn.  Akt  emenae  bedeckt 


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348 


MedttH«  cpidftlift  —  Mediine. 


übergehende  Fasern.  Der  Verschluss  der  (zwischen  dem  Unterwurm«  und  der 
Rautengrube  gelegenen)  4.  Himkamtner  wird,  abgesehen  von  den  in  Betracht 
kommenden  Theilen  des  KldnhimSf  nach  hinten  su  durch  die  maier,  als 
Tela  thorhidtm  m/erhr  bewerkstelligt  (s.  Ventriculus  quartus).  — '  Was  die  M.  o. 
der  Übrigen  Wirbelthiere  betrififc,  so  sei  an  dieser  Stelle  nur  noch  ihre  auflUknde 
Länge  bei  den  Rundmäulern,  ihre  langgestreckt  cylindrische  Form  bei  den  Hai- 
fischen,  ilirc  fast  dreieckige  bei  den  Rochen  erwähnt;  auf  der  Z4MI.  ^«M/va  lagem 
bei  Torjjedo  die  grossen  L^bi  eUctrici.     v.  M$> 

Medulla  spinalis,  s.  Rückenmark  u.  Nervensystementwicklung.     v.  Ms. 

Medullarfurche  (Mark furche,   «platte»  -rinne,   -röhr,  •wUlste,  8. 

Nervensystementwicklung.  Grbch. 

Medusae.  »Nesselthiere  (Acalfphae  oder  Cnidariae)  mit  gelatinöser,  radial 
gebauter,  concav-convexer  Umbrella,  deren  vertikale  Achse  die  Hauptachse  der 
solitaren  Person  ist;  mit  Schwimm-Muskcln  auf  der  concavcn  Oralseite  der  Um- 
brella, Nerven-Centren  und  Sinnesorganen  am  petiplierischen  Schirnuande,  mit 
radialen  Fortsätaen  (Canftlen  oder  Taschen)  der  centralen  Magenhdhle  und  einer 
einfachen  (selten  vieltheiligen)  M undöffhung  am  Oral-Pole  der  Hauptachse,  sowie 
mit  Gonaden  in  der  Subumbral-Wand  des  Gastrokanalssrstems  (HAcic£l).c  —  Auf 
die  vertikale  Hauptachse  stossen  i  oder  2  rechtwinklig  darauf  stehende  Kreuz- 
achsen. Die  Bewegung  ist  meist  eine  rl  vimmende.  einige  kriechen,  wenige 
sind  festgcwaclisen  (Lncernanen).  Sie  leben  im  Meere,  ganz  wenige  im  Si<ss- 
wasser.  Nerven-Centren  und  Sinnesorgane,  meist  auch  Tentakeln,  liegen  am 
Schirmrande.  Das  Gastraisystem  bestellt  aus  dem  tcntralen  Hauptdarm  und  dem 
peripherischen  Kran/Uarm.  Die  Fortpflan/ungs-Ürgane  entwickeln  sich  als  ein- 
fache Geschlechtsdrüsen  (Gonaden)  in  der  subiimbralen  Wand  des  Gastrokanal- 
Systems.  Sie  sind  meist  getrenntschlechtig.  —  Die  M.  scheiden  sich  in  2  grosse, 
durchaus  nicht  mit  einander  zusammenhangende  Abtheilungeo,  die  seit  langen 
Zeiten  erkannt  und  auseinander  gehalten  sind.  Es  sind  das  1.  die  Craspedoten 
oder  Hydromedusen ;  2.  die  Acraspeden  oder  Scyphomedusen.  Die  eisteieii  sind 
sehr  viel  einfacheren  Haiies,  von  Hydro] xjlypen  ab/ideitcn  oder  geradezu  als 
( leschlerhsthier  derselben  mit  ihnen  zusannnenliäugend;  die  anderen  sind  viel 
höher  entwickelt,  von  Scyph()i»olypc;n  (Sporigiola,  Sitp/tario.uyphus  etc.)  abzuleiten. 
Abgesehen  von  der  bei  beiden  Abtheilungen  vorkommenden  (cenogeneti sehen) 
Entwicklung  direkt  aus  dem  £t  findet  ein  (Generationswechsel  statt,  indem  die 
Meduse  lateral  aus  dem  Hydroidpolypen  (Craspedoten)  oder  tenninal  aus  der 
Stfpkis§oma-V<jimk  hervorsprosst.  Die  gegenseitigen  Verschiedenheiten  der  Craspe- 
doten imd  Acraspeden  sind  als  Princip  fUr  ihre  Benennung  benutzt;  soweit  dies 
noch  nicht  geschehen  war,  hat  HAckel  die  betrefftmden  Namen  ergänzt  und 
darauf  hin  folgende  Tabelle  der  Unterschiede  zusammenstellt: 

I.  Craspedütae  od.  Hydromeäutae*    II.  Acrasptdat  od.  Sefpkpmedusüi, 

A.  Magenraum  ohne  Gastral-Filamente  A.  Magenraum  mit  Gastral-Filamenten 
oder  Phacellen  (Aphacellae) .  oder  Phacellen  (Phacell^u)» 

B.  Gonaden  fxodertTial  fCrypiocarpae).  B.  Gonaden  entoderm.  (Phanerocarpaf) . 

C.  Schirmrand  mit  echtem  Velum,  ohne  C.  Schirmrand  ohne  echtes  Velum,  mit 
wahre  Randlappen  (Craspedotae),  wahren  Randiappen  (Acraspedae). 

D.  Sinnesorgane  meist  einfach,  olme  D.  Sinnesorgane  meist  zusammengesetzt, 
besondere  Deckplatte  (Gymnophthat-  mit  besonderer  Deckplatte  (Stegan»' 
mat).  phthalmae). 


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MednwnM  —  Meerpricke.  349 

£.  Marginaler  Nervenring  doppelt»  een-    £.  Marginaler  Nervenring  einfach,  meist 

tralisirt  (Cyeloneurae).  nirht  centralisirt  (Toponniran. 

¥.  Abstammung  von  Hydroidpolypen  F.  Abstammung  von  Scyphopüly|)en  od. 
oder  Polypen  ohne  gastrale  Tae-  Polypen  mit  gastralen  Taenioien 
niolen  (Hydromeäusae).  (Scyplwmedusac) . 

Der  weitefen  Eintheilung  der  Medusen  und  der  Einzelheiten  ihres  Baues  ist 
an  den  betreffenden  Stellen  dieses  Werkes  Erwähnung  gethan;  für  das  genauere 
Studium  aller  dieser  Verhältnisse  s.  das  grosse  Werk  von  Hackbl;  Monographie 
der  Medusen,  Jena  1879 — —      ^yxz\i  Hohlthierentwicklung.  PP. 
Medusariae,  Less.     Medusae,  L.  Pf. 

Medusites,  Kmbk,  Gattung  versteinerter  Medusen  (s.  HAckel,  Syst.  Medus. 
pag.  647).  Pk. 

Medusoide.  Nicht  ganz  zur  Entwicklung  einer  Meduse  gelangende  Formen 
sehr  verschiedenen  SUidiums,  jedoch  immer  ohne  Kandtentakel  und  Magenstiel. 
Sie  knospen  sowohl  an  Medusen  wie  an  Polypenstöcken.  Pr. 

Memal,  Ctuger  (s.  d.)  mUgaris,  Cuvier,  eine  ttberans  verbreitete,  bei  uns 
die  einrige  Art  der  Gattung  (atlantischer  Ocean«  sowohl  an  den  sttdamerikanisdien, 
als  auch  an  den  afrikanischen  und  europäischen  KOsten,  indischer  Ocean), 
Rückenflosse  über  dem  Ende  der  Brustflossen.  Ober-  und  Unterkiefer  gleich 
lang.  Einfarbig  scliwarz  oder  sclnvärzlichgrau,  höchstens  ein  dunklerer  Rand  an 
den  Hanchflossen  erkennbar.  Länge  bis  3  Meter,  Gewicht  bis  50  Kilo.  Sehr 
räubenscli,  lebt  vorz(iglicli  an  felsigen  Küsten,  wo  er  sich  geschickt  verbirgt  und 
gern  Hülilungen  aufbuclit.  Laicii^eit  lle^ember  und  Januar.  Fleisch  wenig  ge- 
schätzt; dennoch  wird  der  M.  als  billiges  Nahrungsmittel  von  Aermeren  gesucht 
und  vonsugsweise  mit  Angeln  viel  gefangen.  Ks. 

Meeriache«  s.  Mugil.  Klz. 

Meefbarbe,  s.  MuUus.  Klz. 

lfccrbi«Me,  s.  Spams.  Klz. 

Meereber,  s.  Scorpaena.  Klz. 

Meerengel,  s.  Kngelhai.  Kr.z. 

Meerfischläuse  —  bei  Lktnis  Fischlauskrebse  (s.  Caligidcn).  KlZ» 
Meerfloh  =  Cytmthoa  (vergl.  Cyniothoiden).  Ks. 
Meerforelle,  s.  Forelle.  Ks. 

Memgänse,  BrttUhmt^  Lund.,  Untergattung  von  Anser,  Briss.,  von  den  ty« 
pischen  Gänsen,  Feldgänsen,  dadurch  abweichend,  daas  nur  der  Unterkiefer  des 
Schnabels  die  Lamellen  auf  dem  Rande  träg^  während  diese  am  Oberkiefer  auf 
der  Innenseite  sitsen.  Bei  den  Feldgänsen  sitien  die  Hornzähne  in  beiden 
Kiefern  auf  dem  Rande.  Audi  zeichnen  sich  die  Meergänse  durcli  zierlicheren, 
kürzeren  und  höheren  Schnabel  aus.  Wie  der  Name  andeutet,  bc\v(  f  nen  sie 
nicht  das  Binnenland,  sondern  die  Meerc-ku-^te,  namentlich  die  arklisciicn  utid 
antarktischen  Breiten.  Ringelgans  (ß.  iorqualus,  Frisch),  an  den  Nordkusien 
Europa's  und  Asien's,  B.  antarcticust  Gm.,  auf  den  Falklandinseln.  RcHW. 

Meergrundd  —  Schlammpeitzker  (s.  d.  u«  Gobius).  Ks. 

Mcerhetht  oder  Pfeilhecht,  s.  Sphyräna.  Klz. 

Meerjuoker  «  Coris  yiäts^  L.,  s.  Coris.  Klz. 

Meerkatzen»  s.  Cercopithecus  und  Cercocebus.    v.  Ms. 

Meerkuh,  s.  Rhytina.     v.  Ms. 

Meemase  =  '/ärthc  :s.  d.).  Ks. 

MecriMricke,  I'ttromyion  tnarinus,  L.  (s.  Neunauge).  Ks. 


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35« 


M«mettigttlndcr  ^  Megademata, 


Meerrettig^ünsler,  s.  Kohlinscktcn.     E.  Tg. 

Meersau,  s.  Scorpacna,  i».  Galeus.  Klz, 

Meerschnepfe,  s.  Centriscus.  Kul. 

MeenAweinchen,  s.  Cavia.    v.  Ms. 

Meerteoiel    Lopfuus  piscaiorius,  L.«  s.  Armflosser.  Kue. 

Mecr-TunguBen»  s.  I^muten.  Ks. 

Meerwolf,  s.  Anarrhichas.  Ki.z. 

Meerzei8is==  Leinfinkp  Atghtkus  linaria,  L.,  s.  PyrrhuUiue.  Rchw. 

Mefoorescn,  s.  Maforesen.     v.  H. 

Megabardi  oder  ^^egaba^.  Aethiopisc  lie  Völkerschaft  des  Altenhutns;  die 
M.  !>cheinen  in  detu  Stamme  der  Mekaberab  in  der  Nähe  von  Schendy  am 
oberen  Nil  lorUuleben.     v.  H. 

Megablabea,  Gthk.,  C.oronelHnen-Gattiuig  fUr  eine  Art  von  Celebes.  Pr. 

Megacephalon,  s.  Megapodiidae.  Rchw. 

Megocephalus»  FrrziNCBR  «  D^tas^  Bo».  Pr. 

MegaceroB,  Owen»  »Riesenhirsch«,  ausgestorbene  Ciattung  der  Cerviiut,  GkaVi 
mit  der  Species  Af.  hibemUus,  s.  euryceros.  Der  Köri>erbaa  dieser  interessanten 
Form,  deren  schaufelfürmige  Geweihe  an  jene  des  F.k  nthieres  gemahnen,  stimmt 
im  Wesentlichen  nn'!  dem  unseres  Kothhirsches  überein,  dem  sie  freilich  an  Grösse 
und  Stärke  bei  Weitem  überlegen  war  —  keine  recenlä  Hirschart  überhaupt 
weist  ähnliche  Diuiensiunen  auf.  Ein  im  Wiener  naturhistorisch ca  Holmuseum 
aufbewahrtes  Skelet  misst  vom  »Sternum  bis  zum  letzten  DorsalwirbeU  5'  2",  vom 
Boden  bis  zur  Spitze  des  Domfortsatzes  des  4.  Dorsal  Wirbels  5'  9".  Die  Aus- 
ladung des  16  endigen  Geweihes  beträgt  (direct  gemessen)  8'  6"i  nach  derKrUmmung 
12'  (fast  4  Meterl).  Der  Riesenhirsch  findet  sich  in  allen  Diluvialbildungen  von 
Europa  und  Nordasien  vor;  höchstwahrsc  heinlich  lebte  er  (wie  auch  sein  Vor- 
kommen in  iris(  hen  Torfmooren  bestätigt)  noch  in  historischer  Zeit  sowohl  auf 
den  britischen  Inseln  wie  in  Ccntraleuropa  und  entspricht  dem  »grinimen. Scheich« 
des  Niebelnngenliedes.     v.  Ms. 

Megachile,  Latr.  (gr.  gross  und  I-ippc),  s.  Bhittst  imeider.     E.  Tg. 

Megaderma,  Geoffr.,  Ziemase,  I  leüermausgattung  der  Ahgaäcrmata  (s.  d.), 
mit  enorm  grossen,  oberhalb  der  Stirn  durch  ein  Band  mit  dnander  verwach- 
senen Ohren,  sehr  ansehnlichen,  aus  3  Stücken  (einem  horizontalen,  einem  senk- 
rechten und  einem  hufeisenförmigen  Bialte)  bestehendem  Nasenbesatie.  Inter* 
femoralpatagium  sehr  gross  in  ihm,  kein  Schwanz.  \  Schnddez.,  \  Eckz.,  |(f)  Backs. 
Obere  Ecks,  innen  mit  2  Nebenzacken.  M.  fyra,  Geoffr.,  »Leiemase«,  so  ge- 
nannt wegen  der  leierförmigen  Gestalt  des  senkrechten  Nasenblattes.  Tragus 

2  lappig.  Olien  j;rauröthlich,  unten  graulicliweiss,  Körper  8  cm.  lang.    Ohren  fast 

3  cm.  Flugweile  48  cm.  Heimath:  Indien.  Ueberfallt  andere  kleine  Fledermäuse, 
soll  auch  den  l'  röschea  nachblellcn.  Af.  ti  ijuitum,  Geof^k.,  das  »Kleebiattc,  uut 
^  lappigem  Tragus,  Pek  lang,  weich,  mausgrau.  Java,  Sumatra,  Maltyische 
HalbinseL  M,  phiüppimnstt  Waterh.  Tragus  an  der  Basis  mit  einem  kleinen,  fast 
3  eckigem  Lappen.  Oben  graubraun,  unten  grau.  Flugweite  34  cm.  Phili(qpinen. 
M.  froHSt  GsoEnt.  (Genus  Lhia,  Grav),  Afrikan.  Ziemase.  Das  bufeisenaitige 
Nasenblatt  springt  zungenartig  über  die  Oberlippe  vor;  Tragus  endigt  in  einer 
langen  Spitze,  hat  innen  am  Grunde  ein  lanzettförmiges  Anhängsel.  Teh  lang, 
weich.  Farbe  oben  Hrht  srhiefcrgrau ,  unten  graugeiblich.  Flugweite  39  cm. 
JCör|)er  6,5  cm.  —  Heimalh:  Webtafrika.      v.  Ms. 

Megadermata,  Wagnfr  (Ny citri Jac,  Dubson,  Haftschwirrer,  Familie  der  in- 


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M«g»deMM  —  Megalaemida«. 


35» 


sectivoren  Fledermäuse  (Chiropttra  imectivora,  Wacn.).  Die  bierhergehörigen, 
durchwegs  altweltlichen  Arten  besitzen  grosse,  verbundene  Ohren  mit  Tragus  und 
einen  ein-  bis  zweigliedrigen  Mittelfinger.  \\'ic  bei  den  Blattnasen  bilden  die 
Sciunelzlaiten  der  Backzähne  eine  VV  förmige  Zeichnung.  —  Nach  Ausschluss  der 
von  WAmiBR  hieriier  gerechneten  Gatt  MterpiuSf  Gray,  zerOiUt  die  Familie  in 
4  allgemein  beibehaltene  Genera:  Megaiirmat  GEOFfit.  (mit  Zwm,  Gray),  Rhin^ 
pomot  Geoffr.,  Nycterüt  Gsoftr.  (mitiUtaiSM»,  Gray)  und  Nycl^fhümt  Leach»  v.  Ms. 

Megadesma,  (gr.  grosses  Band)  Bewdich,  1823  oder  Galatea  BRUCUifcRE, 
(mythologischer  Name«  aber  früher  schon  bei  den  Krebsoi  vergeben),  grössere 
westafrikanische  Süsswassermuschel,  zunächst  mit  Donax  verwandt,  sehr  dick- 
schalig, abgerundet  dreieckig,  mit  stark  \orragendem  Schlossband,  starken  nach 
oben  convergirenden Schlosszähnen  und  breiter,  abgerundeter  Mantelbuchl,  aussen 
glatt,  dunkelbraun,  oder  gelbbraun,  öfters  mit  i,trahliger  Zeichnung,  innen  por- 
zdlanattig  weita  oder  rothlich,  nach  hinten  au  violett,  wie  Jkmtue.  Fuss  bdl- 
rörmig  jUinlich  wie  bei  Anadmta,  AthemrSbren  kurz,  ganz  getrennt  Nur  wenige 
etwa  16p  unter  sich  ähnlidie  Arten,  alle  aus  den  westafrikanischen  Flüssen  von 
Sierra  Leona  Ins  Angola,  i  sehr  zweifelhalt  aus  dem  Nilgebiet  Monographie 
von  Berkardi  und  Rekve  1860.    E.  v.  M. 

Megaera,  Wagi  er  =  Trimeresurus  (LACfepfeDE),  Günther.  Pf. 

Megaerophis,  Gray  =  Bi4tnuirit%,  Daudin.  Pf. 

Megaerops,  Pkt.  (Mcgacra,  i  km.  i.  Fledermausgattung  (Subgcnus  h.  Aut.) 
der  Kam.  J^t/opina,  Bon.  (Fiederhunde),  mit  sehr  kurzer  stumjifer  Sciinauzc,  rührig 
vorspringenden  Nasenlöchern,  kleinen  Ohren,  sehr  kurzen  Flügeln,  ohne  Schwanz. 
I  Schneides.,  \  Eckz.,  |  Backs.  —  M.  (Pteropus)  etaudaiust  Tem.  Der  fcurzflügelige 
Flederhundr  grau,  am  Rücken  braun.  KOrperlünge  9^5  cm.,  Flugweite  3s  cm.  — 
Heimatfi:  Sumatra,    v.  Ms. 

Megalaemidae,  gebräuchlicher  Capilonidae,  Earivögel,  Familie  der  Kletter- 
vögel, einen  Uebergang  zwischen  den  Pfefferfressern  (Rhamphastidae)  und  den 
Spechten  (Picidae)  darstellend  imd  irrthumlich  bisweilen  mit  den  Faul-Vogeln, 
auch  Karlkukuken  genannt  (s.  Hucconidae),  zusammengeworfen,  welche  let/terei\ 
vielmehr  den  Glanzvögeln  (Galbuiidac)  sich  anschliessen.  Während  die  l-'auh  ügel 
einen  12  fedrigen  Schwanz  haben,  besitzen  die  Bartvögel  nur  10  Steuerfcdem. 
Audi  die  Laufbekleidung  ist  sehr  verschieden:  bei  jenen  vordere  Gttrteltafeln  und 
hinten  2  bis  3  Reihen  sehr  kleiner  Schilder,  bei  diesen  ausser  vorderen  Gürtel« 
tafeln  nur  eine  Reihe  grösserer  Längssdiilder  aul  der  Sohle  des  Laufes,  welche 
sich  auf  der  Innenseite  ziemlich  eng  an  die  vorderen  Tafeln  anlegen,  während 
aussen  ein  Streif  des  Laufes  nackt  bleibt.  Die  Flügel  der  Bartvögel  sind  von 
mässiger  Länge  oder  kurz,  vierte  bis  sechste  oder  siebente  Schwinge  am  längsten. 
Der  Schnaljel  ist  kurz  und  konisch,  selten  schwach  gebogen.  Die  Nasenlöcher 
werden  meijjtens  von  vorwärts  gerichteten  Borsten  überdeckt.  Auch  aT)i  Kinn  und 
an  der  Basis  des  Unterkiefers  jedcrseits  befinden  sich  in  der  Regel  kurze  Borsten 
(Ausnahme  Calorhamphus).  Von  den  Zehen  ist  die  erste  und  vierte  nach  Mntta 
g^chtet.  Die  ganse  Körpeigestalt  ist  kurz  und  gedrungen.  In  der  Grösse 
wechseln  die  verschiedenen  Arten,  von  welchen  einige  80  bekannt  sind,  zwischen 
derjenigen  des  Zaunkönigs  und  der  des  Grünspechts.  Die  Bartvögel  verbreiten 
sich  über  die  Tropen  Amerikas,  Afrikas  und  Asiens  bis  zu  den  Sundainseln,  aus- 
geschlossen Celebes,  und  den  Philippinen;  sie  fehlen  aber  auf  Madagaskar.  Sie 
bewohnen  Waldränder,  Lichtungen  im  Urwaide  und  kleine  Stcppengcliölze.  Die 
grösseren  Arten  sind  sehr  träge  Vögel,  welche,  wenn  sie  sich  satt  gefressen 


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4 


35«  Mcsafidiische  Denltmlkr. 

haben,  lange  träumerisch  aul  demselben  Baumzweige  sitzen  und  dabei  beständig  ' 
ihren  lauten,  schrillen  Lockruf  wiederholen.  Ungern  hecjiiemen  sie  sich  zu 
kurzem,  schwirrendem  Fluge.  Die  kleineren  Arten  sind  lebhafter  und  klettern  ] 
geschickt  im  Gezweig  der  Bäume  umher.  Die  Nahrung  aller  besteht  in  der  j 
Hauptsache  aus  Beeren;  daneben  werden  auch  Insekten  und  Larven,  namenHidi 
solche,  welche  unter  der  Baumrinde  oder  in  faulem  Holze  leben,  auQ^ommen. 
Sie  nisten  in  Baumlochcm,  welche  einige  Arten  nach  Art  der  Spechte  selbst  ' 
ausmeisscln.  Auch  die  rein  weissen  Eier  gleichen  in  der  Struktur  der  Schale 
denjenigen  der  Spechte.  Wir  unterscheiden  folgende  8  O.ittungen:  n')  nmerikanisrh : 
I.  Capito,  YiF.n.i .  (Buntbärtlinge),  Schnabel  ohne  Zahn,  Firste  abgerundet,  Bart- 
borsten kurz,  Schwan/,  massig'  lang,  kürzer  als  der  Flügel.  Ein  Dutzend  Arten 
in  dem  nördlichen  Süd  Amerika  (C,  ntj^er,  Müix.,  in  Cayenne).  2.  Tetragonops^ 
Jard.  ^nackerbftnlinge),  jedersetts  am  Oberkiefer  ein  Zahn,  welcher  in  eine  ent> 
sprechende  Auskerbung  des  Unterkiefers  eingreift,  auch  die  Spitze  des  Oberkiefers 
greift  in  eine  Auskerbung  der  Unterkieferspitze,  Firste  mit  deutlichem  Kiel  an 
der  Basis,  die  Nasei^cher  öflhen  sich  in  eine  kurze  Rinne,  Bartborsten  kurz  und 
sparsam,  der  stark  gerundete  Schwanz  ist  kürzer  als  der  FUigel.  Nur  zwei  Arten 
in  Quito  und  Costa  Rica  7!  rham^hastitius,  Jari».)  —  b)  asiatisch:  3.  Psihpogon, 
MüLi-  (Ci  raubartvügel),  Sciiiialjcl  ohne  Zahn,  Firste  abgerundet,  Bartborsten 
kurz,  Schwan/,  sluhg  und  so  lang  als  die  Flüpel,  krause  Stirnbi>rslen  und  ohrartige 
Fedcrbüsehel  über  dem  Auge.  Nur  einen  Ort,  S.  pyrohphus,  TtM.,  auf  Sumatra. 
4.  Megalaemüt  Gray  (GrttnbärtUnge),  Schnabel  ohne  Zahn,  Firste  abgerundet, 
Bartborsten  lang,  fast  bis  zur  Schnabel^itze  oder  Uber  diese  hinausragend,  Schwanz 
gerade  abgestutzt  oder  gerundet,  kflrzer  als  der  Flügel,  Färbung  vorherrschend  4 
giOn.  Etwa -30  Arten  in  Indien  und  auf  den  Sundainseln  (M*  Mwiküt  Latr.,  In- 
dien). —  5.  Calorhamphus,  Li  (Glattschnäbel),  ohne  Bartborsten,  Schnabel- 
firste mit  scharfem  Kiel  an  der  Basis.  Nur  zwei  Arten  auf  den  Sunda  inseln 
und  Malakka  (C.  Lathavü,  Kakki,.).  —  c)  afrikanisch:  (t.  ßarbaiula,  Less.  (Bart- 
linge), in  der  (lestalt  den  Clriuiliärtlingen  ähnlich,  aber  durch  kürzere  Bart- 
borsten, welche  nur  wenig  die  Nasenlöcher  uberragen,  und  kantige,  nicht  ge- 
rundete, an  der  Basis  mit  scharfem  Kiel  versehene  Schnabelfirste  unterschieden, 
Schwanz  nur  wenig  länger  als  die  Hälfte  des  Flügels,  Färbung  vorherrschend 
schwarz.  Etwa  15  Arten  in  Afrika.  Untergattungen:  Ctadunut  Rchw.,  Gynrnoermim, 
Heimb  (B.  ImepHs,  Sund.).  —  7.  F^gonor/iynihtt,  v.  d.  Hoevem  (Zahnbartvögel)^ 
Schnabel  stark,  schwach  gebogen,  mit  einem  oder  zwei  Zähnen,  jederseits  am 
Oberkiefer,  bisweilen  Längsrinnen  .tn  den  Schnabelseiten,  Firste  abgerundet,  ßart- 
borsten  stark,  Schwanz  gerundet,  kürzer  als  der  Klugcl.  Ein  Dutzend  Arten. 
Untergattung:  Trtcholncma,\)L\<\<.  (P,  dubius^  von  Westafrika).  —  S.  7V<7<7/v- 

pfwnus ,  Ranz.  (Schni  uckburtvögel),  Schnabel  schwächer  und  -schianker,  ohne 
Zahn,  Firste  abgerundet,  kurze  Bartborsten,  Schwanz  gerundet,  so  lang  als  der 
Flügel.   10  Arten.  (Trachyphomis  €affer,  Vibill.,  von  Slldafrika).     Rchw.  . 

MegalHfaiadie  DeiüÖDUer.  Unter  diesen  versteht  man  Denksteine  und 
Grabbauten  aus  mächtigen,  unbehauen«!  SteinbUicken,  die  ab  Dolmen,  Menhir, 
Cromlech  bezeichnet  werden.  Ihre  Entstehung  ist  so  natürlich  da  s  es  uns  iiidtt 
wundern  darf,  dieselben  ebenso  im  ganzen  nördlichen  und  südwestlichen  Europa, 
in  Nord  Heutschland,  den  nordischen  Reichten,  Frankreich,  Italien,  der  jn're- 
näischen  Halbinsel,  wie  in  Vorder-Indien  und  in  Polynesien  vorzutiaden. 
Während  einige  Autoren  diese  Bauten  iu  die  graucstc  \  urzcit  zurückversetzen, 
sind  andere,  wie  James  FEKutssoN  geneigt,  für  ihre  Lntsichung  in  Britannien  die  Zeit 


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Megalochüus  —  Megalops. 


zwischen  der  römischen  und  gennanMcheii  Okkupation  anzunehmen.  Nach 
Christiak  Hartmann's  Untersuchungen  muss  man  annehmen,  dass  die  Thatsache 
einer  mindestens  bis  ins  4.  J^ihrhundert  nach  Christus  hinabreichenden  Errichtung 
solcher  Bauten  für  den  Norden  Europa's  bewiesen  ist.  In  Dänemark  wurden 
nach  historischen  Nachrichten  noch  iui  10.  Jahrhundert  nach  Christus  Fumedi 
aufgeschüttet  und  grosse  Steine  als  Denkmale  gesetzt.  In  rotton  bei  Cuniebus 
ist  ein  Steintisch,  der  nach  den  ner  sdilanken  Säulen,  auf  denen  er  niht^  dem 
12.  Jahrhundert  n.  Chr.  angehört  Ausserdem  ist  zu  beachten,  dass  die  Gnuli^ 
blöcke  dieser  Bauten  ohne  Metsllwerkzeuge  nicht  zu  bearbeiten  waren.  In  vielen 
dieser  me^aliihischen  Bauten  in  Europa  fluiden  sich  ausser  Steingerfitben  auch 
Bronce-  und  Goldsachen,  besonders  aber  Eisciitbcile.  Nach  Haeumann  gehörten 
die  Steingräber  Nord-Europa's  einem  indogermanischen  Volke,  also  unseren 
direkten  Vorfahren  an.  —  Vergl.  CiiR.  Hartmann,  ^Archiv  für  Anthropologie* 
Vlli.  Bd.,  pag.  281—314;  Friedr.  VON  Hellwald,  iDcr  vorgcschichüiche  Mensch«, 
2.  Aufl.,  s.  bes.  pag.  596 — 559,  ausserdem  vergl.  pag.  199—328.     C.  M. 

Megalochilus,  Eicism,^  J^ynaeephalus,  Kauf.  P^. 

Me^odon  {ff*  Gross-zahn)  Sowbrby,  1827,  fosnle  Muschel  aus  der  Ver^ 
waodtschaft  von  Astarte,  aber  stark  gewölbt,  mehr  oder  weniger  herzförmig  und 
die  Wrbel  nach  vom  umgebogen;  Schlosszähne  sehr  stark,  jederseits  zwei,  zu- 
weilen zweitheilig,  eine  ansehnliche  Fläche  (Schlossplatte)  einnehmend;  hinterer 
Tvfijskeleindruck  auf  einer  vorragenden  Leiste.  M.  cucullatus,  Goldfuss,  glatt,  im 
rheinischen  Devon,  M.  triqucter,  Wui  fkn  und  gryphoides,  GüMBEL,  fein  con- 
centnsch  gestreift,  5^CentinL,  und  zuweilen  noch  viel  grösser,  als  »Dachstein« 
Bivalven«  bekannt,  früher  als  versteinerte  Herzen  oder  Hirschtritte  bezeichnet, 
charakteristisch  fttr  den  DachsCeinkalk  der  oberen  alpinen  Trias  (Khät)  im  Salz* 
kammergut  (Watzmann,  Dachstein);  Aehnliche  auch  im  Hinuüaya.  M,  eiuuMe- 
formis»  Schlotheiii,  aussen  grob-blätterig,  in  den  Raibier  Schichten  bei  Laibach. 
GOiiBEL,  die  Dachstein<Bivalve  in  den  ^tzungsberichten  der  Wiener  Akademie 

1862,      F.  V.  M. 

Megalone  (Eigenname?)  Meerwiirmer  mit  enorm  langen  Borsten.  Früher 
als  selbständige  Gattung  beschrieben,  nachher  als  eine  Larvenform  aus  der  Fam. 
der  Neriniden  nachgewiesen.  Wl>. 

Megalonyx,  Jefferson  (Onychotherium,  Fischer),  fossile  Edentatengattung  zur 
Fam.  der  Megaikeridat  (Pict.)  gehörig,  mit  \  gedrängt  stehenden  Ba«A:z.»  diese 
mit  elliptischem  Querschnitte  und  concaver  KauflSche.  /g^fiersmi,  Cuv.,  in 
Höhlen  Nofd>Amefika*s  (Viiginiens).  Weitere  Arten  landen  sich  in  brasilianischen 
Höhlen.     v.  Ms. 

Megaloperdix,  Brandt  (gr.  tnegalos  c^ross,  ferdix  Rephuhn),  Felscnhuhn, 
Gattung;  der  Feldhühner  (s.  Perdicinae),  den  Uebergang  zwischen  diesen  und  den 
Fasanen  darstellend.  Starke  Vö^el  von  der  (irösse  des  BirkwÜdcs  und  darüber 
und  von  der  Gestalt  grosser  Rephühner.  Von  den  Birk-  und  AuerhUhnern  leicht 
an  den  unbefiederten  Läufen  zu  unterscheiden.  Stumpfe  Spomhöcker  an  den 
Läufen.  Der  gerundete  Schwanz  hat  etwa  zwei  Drittel  der  FlOgellänge.  Die 
Hintenehe  ist  kurz  und  stösst  nur  mit  der  Krallenspitze  auf.  Die  Felsenhflhner 
bewohnen  in  fttnf  verschiedenen  Arten  die  Hochgebirge  Asiens»  Kaukasus,  Altai* 
Htmalaya.  Ular,  M,  kbnalayensis,  Gray.  Rchw. 

Mcgalops,  Leach,  auch  Mcgalopa  genannt,  eine  irrlhUmlich  früher  als  be- 
sondere Gattung  angesehene  Larvenform  der  Krabben  (s.  lirachyura),  durch  eine 
Häutung  aus  der  Zoea  hervorgehend,  von  dem  erwachsenen  Thier  wesentlich 

2ool.,  Anthfopoi.  u.  Ethoologie.  Ud.  V.  <l\ 


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3S4 


nur  durch  die  sehr  grossen  Augen  und  das  noch  ziemlich  kräftige  Pleon  mit 
Schwimmfllssen  und  einer  Schwanzflosse  unterschieden.  Die  letztere  besteht 
frcUich  nur  ans  3  Stücken,  da  die  letzten  l'leopoden  einaktig  sind.  Ks, 

Megaloptera  (gr.  gross  und  Flügel)  s.  Neuroptcra.     E.  Tg. 

Megalotis.  Kl.  (Fennecus,  Desm.),  s.  Canis.  Oans  mtgMis,  Cuv. »  Oi^^fon 
(s.  d.)f  O,  cqfer.,  LiCHTST.     V.  Ms. 

ICegapodüdae,  Wall  nister,  Familie  der  Schairvögel  (s.  Rasores).  Die 
langen,  gestreckten  Krallen  an  den  Zehen  unterscheiden  sie  leicht  von  ihren 
Ordnungsgenossen.  Ausserdem  ist  das  Fussgelenk  meistens  unbefiedcrt.  Die 
Hefthäute  zwischen  den  Vorderzchen  verkümmern  in  der  Kegel,  so  dass  nur 
zwischen  der  zweiten  und  dritten  Zehe  eine  kurze  liindehaiit  bemerkbar  bleibt. 
Die  Hinterzehe  ist  tief  angesetzt  und  wenigstens  so  lang  als  die  zweite  Zehe  ohne 
Kralle.  Der  Lauf  hat  ungefähr  die  Lange  der  Miltelzehe;  die  Hornbekleidung 
weicht  mannigfach  von  der  typischen  Tarsalbedeckung  der  Oidnuiig  (b.  Rasores) 
ab.  Der  Kopf  ist  meistens  unbefiedert.  Die  Grossfusshtthner  verbreiten  sich 
über  Australien,  Neu-Guinea,  die  Salomonen  und  Neu<Hebiiden,  Mducken,  Nord- 
OBt>CeIebes,  Nord-Bomeo,  die  Philippinen  und  Palau-Inseln»  je  eine  Art  kommt 
isolirt  auf  den  Nikobaren  und  der  Insel  Niuafu  (Tonga-Gruppe)  vor.  Hinsichtlich 
der  Lebensweise  fallt  die  Eigenthünilichkcit  dieser  Vögel  besonders  auf,  dass  sie 
nicht  ihre  Hier  selbst  bebrüten,  sondern  aus  trockenem  Laub  und  anderen 
Pflanzenstoffen  Hauten  vun  oft  Meter  Holie  zusammenscharren,  in  diese  hinein 
ihre  Eier  legen  und  die  Zeitigung  lel/lerer  der  Warme  Uberlassen,  welche  durch 
die  Zersetzung  der  aufgehäuften  Fflansenstoffe  erzeugt  wird.  Die  Eier  haben 
eine  rauhe,  weisse  bis  zimmtbraune  Schale  und  Walzenform;  sie  werden  in  einem 
Kreise  in  der  Mitte  des  Bruthaufens  vertheilt  und  aufrecht  gestellt  Der  männ- 
ticbq  Vogel  betbeiligt  sich  hauptsächlich  an  der  Herstellung  des  Bruthügels  und 
beaufsichtigt  auch  die  Entwicklung  der  Jungen,  ist  den  ausschlüpfenden  behülf- 
lieh,  sich  aus  I,aiib  imd  Erde  herauszuarbeiten,  imd  vergräbt  dieselben  auch 
wieder  während  der  Nacht  in  den  ersten  Tagen.  Die  Jungen  schlüpfen  mit  voll- 
ständig entwickelten  Federn,  welche  beim  Auskriechen  in  einer  bald  platzenden 
Hülle  blecken,  aus  dem  Li  und  sind  bereits  nach  einigen  i  agca  dugßihig.  Wir 
kennen  28  Arten,  welche  in  drei  Gattungen  su  sondern  sind.  i.  Le^w  (s.  d.) 
mit  eine  Art  s.  Megapodms,  Qu.  et  Gaim.,  Grossfusshnhn,  mit  dflnnem 
Schnabel,  welcher  in  seiner  ganzen  LXnge  ungeflOir  ebenso  boch  als  brdt  ist 
Alle  drei  Vorderzehen  ziemlich  gleich  lang.  Nur  zwischen  der  zweiten  und  dritten 
2Sehe  eine  schwache  Bindehaut  Schwanz  kurz,  kaum  halb  so  lang  als  der  Flügel, 
gerade  oder  schwach  fjerundet.  Hierher  19  Arten,  alle  von  schwärzlicher  Ge- 
ticderfärbung.  M.  Freycineti,  Qu.  et  Gaim.,  von  den  Molucken.  3.  Cafhrfunts, 
Sws.,  Dick schnabelhuhn.  Durch  einen  hohen,  seitlich  zusammengedrückten 
Schnabel,  welcher  an  der  Basis  bedeutend  hoher  als  breit  ist,  ausgezeichnet. 
Schwans  mittelmässig  oder  lang,  länger  afai  die  halbe  oder  sogar  ganze  LSage 
des  FlUgets.  Mittelzehe  wesentlich  Iftnger  als  die  beiden  anderen,  ziemlich  gldcb 
langen  Vorderzehen.  Kurze  Bindehäute  in  der  Regel  nur  zwischen  der  swdten 
und  dritten  Zehe  bemerkbar.  8  Arten  (Untergattung  Megacephalon,  Ti m  ).  Hier- 
her gehört  das  in  zoologischen  Gärten  häufig  zu  findende  Talegallahubn, 
C.  Lath'imi,  Gray.  Rchw. 

Megaptera,  Gray,  Gattung  der  Bartenwalc  zur  Familie  Bahuvoptcrida 
(Furchenwale),  Subfam.  Cypliohaloctiti.  Erchu.,  gehurig,  mit  niedriger,  breiter,  auf 
dem  letzten  RUckenvicrtcl  htciiender  RückeaÜobse,  sehr  langen  (nahezu  \  der 


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Megspierina  —  Mcgictani. 


355 


Körperl'inge  crrciclicndcn)  BrusUlossen.  Der  zweite  der  (oft  mit  einander  ver- 
wachsenen) Halswirbel  mit  2  kurzen  Scitcnfortsätzen ;  14  j;!ciche  Rijipen,  54  bis 
55  Wirbel.  Hierher  M.  lougimana,  Gkav  (Balofna  /on^i^imana,  Rld.),  lUickclwal. 
Ürusttlosäen  am  Vorder-  und  Hinterrande  ^buchtig  gekerbt«.  Oben  schwarz, 
Unterseite  wetssHcb.  ffisao  Meter  lang.  Atlantischer,  stiller  Oceuii  Nordsee.  v.Ms. 

Megapterina,  Gray,  s.  Cyphobalaena,  Eschr.    v.  Ms. 

M^arenses.  Bewohner  der  althellenischen  Landschaft  Megaris;  sie  gehörten 
eigentlich  zum  jonischen  Stamme,  waren  aber  spater  völlig  dorisirt  worden*   V.  H. 

Megar-ha.  Arabischer  Stamm  in  Fezzan,  besonders  in  den  Dllnen  von 
t:deyen,  in  Wadi  el  Schatti,  niif  der  Hammada  von  Mursuk  und  im  südlichen  Theil 
der  Hammada  el  Homrah  nomadisircnd.     v.  H. 

Megascolcx,  Temple  (jrr.  =  grosser  W  urm).  Gattung  der  Borstenwiirnier, 
Ordn.  Al>ram/iiala,  Fam.  Lumbricidae,  Sav.  ]-)ie  bei  ollen  Übrigen  Regcnwürniern 
in  Reihen  längs  der  beiden  Seiten  stehenden  Borsten  fehlen,  dagegen  ist  der 
Rücken  mit  einer  Menge  borstentragender  Papillen  besetst  Wd. 

Mt^aatoma,  Gkassi  i88t.  Flagellaten>Gattung  aus  der  Familie  Fafyma^ 
gina.  Bilateral,  mit  hii^tercm  Schwanzanhang,  der  sich  in  2  Geissein  verlängert. 
Auf  der  hinteren  Hälfte  der  Bauchseite  ein  zarter  Kiel,  in  der  Mittclrcgion  des 
Körpers  jederseits  mehrere  Geisscln  (AI.  enttrkum).  Parasitisch  im  Dünndarm 
von  Mausen,  der  Katze  und  dem  Menschen,  früher  von  Macgi  als  Dimorphus 
muris  beschrieben.  Pf. 

Megatheridae,  Pict.  (Gravigradat  Owen),  Familie  der  Edentata  (s.  a.  d.). 
Die  M.  oder  Riesenfaulthiere  umfassen  durchwegs  ausgestorbene  (den  Dtluvial- 
schichten  Amerika's  angehörige)  Arten  von  bedeutender  KörpeigrOase  und 
überaus  massigem,  plumpem  Skelettbaue.  Der  Kopf  ist  kurs,  mdir  oder  weniger 
gerundet;  der  geschlossene  Jochbogen  mit  starkem,  absteigendem  Fortsatze.  Die 
plumpen  FUsse  vom  4— 5zehig,  hinten  3-47:ebig,  die  mittleren  Zehen  mit 
kräftigen  Grabkrallen.  Clavicula  vollständig.  Schwanz  breit  und  stark.  Zwischen- 
kiefer zahnlos;  ^  schmelzlose,  am  unteren  Knde  offene  Zahne.  Die  M.  sind  als 
Bindeglieder  der  rccentcn  Entomopliagen  und  Bradypodcn  anzusehen.  Hierher 
Megaiheriumf  Des.m.,  Mylodon,  Owen,  Megalonyx,  Harl.  (JtttERS.),  Sceiidotherium, 
OwgN,  OaMerium,  Sphnwdfin,  Coehd^Ht  I«ump.,  Ereptodout  Leid7.    v.  "iSs. 

Ifegaftfaerium,  Cuv.,  Desh.,  fossile  Edentatengattung  zur  Farn.  MegtOkeridat 
(s.  d.)  gehörig.  Sehr  plump  gebaut,  Kopf  klein,  \  Zähne  (einfache,  4seitige 
Dentinpfeiler,  die  durch  Abntttsung  zwei  Querhttgel  bekommen).  Vorn  4,  hinten 
3  Zehen,  namentlicli  die  inneren  mit  sehr  i»rossen  Krallen.  Clavicula  sehr  stark. 
Tibia  und  Inbula  unten  und  oben  verwachsen.  M.  Cuvieri,  Des.m.,  aus  dem 
Parapasschlamni,  erreichte  4,5  Meter  I-änge  l)ei  2,5  Meter  Höhe.      v.  Ms. 

Megerlia  ^nach  J.  C.  M£C£RLe  von  Mühlfeld,  Conchyiiolog  in  Wien,  seit 
181 1  thätig,  gest.  1840),  Kino  1850,  lebende  Brachiopoden-Gattung,  mit  weiter 
Oefihung  ohne  vorspringenden  Schnabel;  Schleife  dreifach  angeheftet,  einmal  an 
an  der  Schlossplatle  uud  sweimal  an  der  medianen  Scheidewand.  M,  trtmeata, 
L.,  eine  der  häufigsten  und  frühest  bekannten  Terebratuliden  des  Mittelme^es, 
mit  quer  abgeschnittenem  Schlossrand,  schwach  radial  gestreift,  braun;  bis 
2  Centini.  lireit  und  1  —  1  \  hoch,  meist  an  Korallen  (Edelkoralle  und  Dendrct- 
phylliii)  angeheftet,  zuweilen  missbildet.  Andere  Arten  niil  starken  Radialrippcn 
schon  im  weissen  Jura,  so  M.  pcctunculus  und  loiiaUa,  S(  iii.o  i  hkim.      E.  v.  M. 

Mcgistani.    Nach    Taciius  kleine  Völkerschaft  am  Eupluat,  östlich  von 
Melitene.     V.  H. 

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3$6 


McMkXfer  —  Meikn. 


Mehlkifer,  s.  Tenebrio.     E.  To. 
Mehlmilbe,  s.  Acarus.     E.  Tg. 

Mehlschwalbe,  Cheltdon  urbica,  L.,  auch  Fensterschwalbe  genannt,  Ober- 
seite glänzend  blauschwarz,  Blirzel  und  Unterseite  weiss.  Die  Schwalbenart, 
welche  bei  uns  an  den  Gebäuden,  an  Fenstern  und  Dacbgiebeln  die  halbkugel- 
fönnigen  Nester  baut  lieber  die  Gattung  ChiUttttn  s.  Htrundinidae.  Rchw. 

Mehltiuoi»  ein  mehlartiger,  das  Wacbsthum  der  Pflansen  beeistiäditigender 
Ueberzug,  namentlich  auf  den  Blättern  derselben.  Er  zeigt  sich  besonders  im 
Juli  und  wird  durch  feuchtwarmc  Witterung  begünstigt,  weil  dann  die  Blattläuse 
sich  vorherrschend  vermehren,  welche  die  wesentlichen  l^rhebcr  desselben  sind. 
Durch  ihre  reichlichen  Kxcrciiicnle,  wclclie  sie  weit  Ibrtspritzen,  entsteht  ein 
firnissartigcr  Ucbcr^ug  an  den  gctrutTcncn  Stellen,  die  unter  Umstanden  durch 
Regen  noch  eine  weitere  Ausbreitung  finden,  der  sogen.  »Honigthau.c  Hier 
bleiben  bei  den  wiederholten  Häutungen  der  Blattläuse  die  Häute  hängen  und 
wenn  jene,  wie  bei  vielen  Arten,  mit  weisswoUigen  oder  mehligen  Ausschwitzungen 
ttbersogen  sind,  so  zeigt  sich  der  »Mehlthau.«  Der  klebrige,  glänzende  Ueber- 
sug,  dfler  auch  ohne  Zuthun  von  Blattläusen  durch  starken  Tcmperaturwedisel 
oder  sonstige  Verhältnis«?e  (infolge  des  Zerreissens  von  Saftgefässen)  aus  der 
Pflanze  heraustretend,  ebenso  wie  der  von  Ulattläuscn  stammende  bildet  einen 
günstigen  Herd  für  l'ilzbildungen.  Ks  siedeln  sicli  l'ilzspojen  aus  der  Luft  hier 
an  und  Uberziehen  schimmelartig  die  1  lache,  sodass  der  »Mchlthau«  sehr  ver« 
schiedenen  Ursprungs  sein  kann  und  die  Bezeichnung  einen  nicht  hinreichend 
geklärten  Begriff  darstellt    E.  Tc. 

Mehlwunn*  s.  Tenebrto.    E.  Tg. 

Mehlaflnsler,  Asopia  fännaliSf  L.,  ein  in  der  Grundfarbe  weisser,  auf  den 

Vorderflügeln  reichlich  rothbraun,  auf  den  I^nterflügeln  schwärzlich  gezeichneter 
Zünsler,  der  mit  aufgebogenem  Hinterleibe  und  halb  klaffenden  Flügeln  an  Haus* 
wänden  sitzt  und  dessen  Raupe  von  trockenen  Vegetabilien,  nicht  ausschliesslich 
von  Mehl  lebt.     E.  Tg. 

Mehtar,  d.  h.  >Kehrer,«  indische  Auswurfskaste,  welche  von  den  Uscliat 
(s.  d.)  aufgenommen  worden  ist    v.  H> 

lldito,  Stamm  der  Kolh  (s.  d.)  in  Belaspur  in  Ibndien.     v.  H. 

Meibom'adte  Drfisen»  s.  Sehoiganeentwicklung.  Guch. 

Meidu,  Indianer  in  Kalifornien,  verhältnissmässig  zahlreich,  vom  Sacnmenlo 
bis  an  die  Schneelinie  der  Sierra  Nevada  und  vom  Big  Chico  Creek  bis  zum 
Bear  River  wohnhaft.  Einen  gemeinschaftlichen  Namen  haben  sie  weiter  nicht, 
als  dass  alle  zum  Volke  gehörigen  Leute  sich  als  M.-Volk  bezeichnen;  sie  zer- 
fallen in  eine  grosse  Anzahl  von  Sijipen  oder  Dorfschaften.  Die  M.  ^angen  auf 
sinnreiche  Weise  Wabservogel  in  Netzen  und  führen  eine  beträchtliche  Anzahl 
verschiedener  Tänze  auf,  die  man  als  Jahrestänze  bezeichnen  kann,  wie  den 
Eichelntanz,  den  Kleetanz,  den  Manzanitanz.     v.  H. 

Meilen.  Im  Winter  1853/54  ^ng  der  Wasserstand  des  Zarichersees  weit 
zurttck.  Bei  Dammarbdten,  die  man  bei  dieser  Gelegenheit  am  Ufer  bei  Meilen 
machte,  fand  sich  der  erste  Pfahlbau.  Lehrer  Abppu  sandte  die  gefundenen 
Gegenstände  nach  Züiich.  Dr.  Fi:ri"nanii  Keller  nahm  sich  der  Sache  mit 
grusbtem  Eifer  an,  und  ihm  haben  wir  die  erste  Veröflenllichung  über  diesen 
Pfahlbau  zu  danken.  —  In  der  zweiten  Schicht  von  oben  her  liegen  die  Köpfe 
der  Pfahle.  In  dem  i  undc  in  Meilen  brachte  man  zalilreiche  undurchbohrte 
Steinbeile  aus  Hornülendcgestein,  Syenit,  an  den  Tag,  femer  Geräthe  aus  Feuer« 


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MeOowaek  Mciieii. 


357 


stein,  Pfeilspitzen,  Messer,  dann  Kemqiietscher  und  Mahlsteine,  sowie  Feuerherd- 
platten.  Ausserdem  fanden  sich  Gerälhe  und  Schmucksachen  aus  Knochen, 
Hirschhorn,  Zähnen,  Bernstein,  Holz.  Üas  rohe  Thongeräth  ähnelt  dem  aus 
Grabbttgeln.  Vergl.  »Mittheilungen  der  antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürichc, 
Bd.  IX.  3.  Abäil.  3.  Heft.  »Die  keltischen  PfaUbauten  in  den  Schwdzerseenc, 
p.  68—85     Tafel  I— m.    C  M. 

Meilowack  oder  Mettowack.  Zum  Stamme  der  Lenni-Lenape  gehörende 
Indianer,  welche  auf  Long  Island  ansässig  waren;  jetzt  erloschen,     v.  H. 

Meinate,  s.  At7.el.  Rctiw, 

Meisen,  Paridae,  l'amilie  der  Ordnung:  Singvögel  (O seines).  Kleine  Vögel- 
chen mit  kurzen,  am  Grunde  stark  verwachsenen  Zehen,  welche  kürzer  als  die 
l^ufe  sind,  mit  kurzem,  konischem  Schnabel  ohne  Haken  und  Zahnauskerbung. 
Nasenlöcher  von  vorwärts  gerichteten  Boisten  ttbeideckt  Gefieder  weich  mid 
serschUssen;  besonders  lang  und  weich  auf  dem  Bflrzel.  In  den  kurzen  oder 
mässig  langen  FlOgelo  sind  4.  bis  6.  oder  3.  bis  5.  Schwinge  am  längsten,  z.  bei 
den  typischen  Formen  kürzer  als  die  Hälfte  der  2.  Wir  kennen  tlber  leo  Arten, 
welche  alle  Erdtheile  der  östlichen  Halbkugel  bewohnen,  deren  Schöpfungs- 
centrum aber  in  Afrika  zu  liepjen  scheint.  Nord-Amerika  bcherberc^»^  nur  wenige 
Arten  und  in  Süd-Amerika  ist  die  Famile  allein  durch  die  abweichende,  von 
anderen  Systematikem  zu  den  Grasmücken  gestellte  Gattung  Culicivora  vertreten. 
In  der  Mehrzahl  bewohnen  die  Meisen  zusammenhängende  Waldungen.  Ausser- 
ordentlich lebhaft  in  ihren  Bewegungen,  sind  ine  in  beständiger  Thätigkeit,  durch» 
suchen  unruhig  Baumkronen  und  Büsche,  hängen  bald  an  den  dünnsten  Zweigen, 
um  Knospen  oder  ^menkapseln  zu  untersuchen,  bald  klettern  sie  an  der  Rinde 
der  Baumstämme,  um  deren  Spalten  nach  Insekten  und  Larven  zu  durchstöbern. 
Samenkörner  öffnen  sie  durch  Schnabelhiebe,  indem  sie  dieselben  dabei  zwischen 
den  Zehen  eingeklemmt  halten.  Der  Flug  ist,  den  kurzen  Flügeln  entsprechend, 
weder  schnell,  noch  ausdauerd,  meistens  hüpfend.  Sie  nisten  meistens  in  Baum- 
löchem.  Die  Schwanzmeisen  (Orites)  hauen  sehr  zierliche,  vollständig  ge- 
schlossene Nester  aus  Moos,  welche  in  Astgabeln  angelegt  und  auf  ihrer  Aussen- 
seite  mit  Flechten,  Birkenrinde  u.  dergl.  sehr  sauber  bekleidet  werden.  Eine 
abweichende  Lebensweise  ftlhren  die  Beutd-  und  Schilfmeisen.  Sie  wählen  in 
ausgedehnten  Rohrbeständen,  in  Seen  und  in  Sttmpfen  ihr  Standquartier,  nähren 
sich  von  Schilf-  und  Grassamen  und  den  am  Rohr  lebenden  Insectcn.  Erstere 
bauen  aus  Filz  feste,  sehr  künstliche  Beutelnester  mit  seitlicher  SchUipfröhre, 
welche  an  Rohrster.::e1n  oder  Zweigspitzen  aufgehängt  werden.  Alle  Meisen 
legen  eine  grosse  Anzalil,  oft  ein  Dutücnd  Eier,  welche  gewöhnlich  auf  weissem 
Grunde  röthlich  gelleckt,  seltener  rein  weiss  sind.  Die  m  gemässigten  Breiten 
lebenden  Meisen  streifen  nach  beendeter  Brut  in  Gesellschaft  mit  ihres  Gleichen 
oder  mit  anderen  Strichvögeln  umher.  Zur  Schlalstätte  wählen  sie  stets  Baum- 
höhlen oder  ähnlich  geschützte  Orte,  ttbemachten  nicht  in  freiem  Gezweig. 
Wir  unterscheiden  8  Gattungen:  i.  Wal  dm  eisen,  Bants,  L.,  Firste  des  Schnabels 
deutlich  gebogen,  erste  Schwinge  kürzer  als  die  Hälfte  der  zweiten,  aber  länger 
als  die  Handdecken,  Schwanz  gerade,  gerundet  oder  ausgerundet,  kürzer  als  der 
Flügel.  Etwa  50  Arten,  wovon  die  Hälfte  in  den  gemässigten  Breiten  Europa' s, 
Asiens  und  Nnrd-Amcrika's,  die  anderen  in  Indien  und  Afrika.  Nach  der  Färbung 
unterscheidet  ruan  die  ünicrguttungen  Lophophatus,  Kaüp,  Cyanisies,  Raup,  I'oeciU 
Kauf,  M^amtkhr«,  Lbss.  a.  a.  In  Deutsdiland  sind  heimisch:  Kohlmeise 
Ü  majwTt  L.,  Tannenmeise,  Piarus  aitr,  L.,  Sumpfmeise,     paitsins,  L., 


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35S 


Mcistvisünger  —  Mel»iieU«<iii. 


Blaumeise,  P.  cturukus,  \..,  Haubenmeise,  P.  crisUUus,  L,  —  2.  Busch- 
meisen,  (s.  Parisoma).  —  3.  Schwanzmeisen,  (s.  Orites).  —  4.  Schlüpf- 
m eisen,  (Aegiihaiiscus,  Cuv.),  kleinere  Meisen  von  kaum  Laubsängergrösse  mit 
dünnem  Schnabel»  dessen  Firste  aber  deuütch  gebogen  is^  Schwans  schmal- 
fedrig,  gerundet  oder  schwach  stufig,  so  lang  als  der  Flügel  oder  wenig  länger. 
6  Arten  in  Indien  und  China  (Untergattung  Leptopoecile,  Sev.),  2  Arten  in  Kali» 
fornien  tinrl  Mexiko  (Untergattung  Psa/trites,  Cau).  —  5.  Reutelmeisen  (Aegi- 
ihaius,  BorK),  Schnabel  sehr  dünn  und  spitz,  Firste  in  gerader  Linie  verlaufend, 
nicht  gebogen,  erste  Schwinge  kur?--,  bei  den  typischen  Arten  nur  als  ganz  kurzes 
lanzettförmiges  Kcderchen  vorhanden,  Schwanz  gerade,  wesentlich  kürzer  als  der 
Flügel.  8  Arten  in  Europa,  Afrika  (Untergattung  ^/7M^^^<7///^,  Gab.  und  NoTd^Ameiika 
(Unterg.  Chamaea,  Gamb.).  Hierher  die  in  West*Asien  und  Sfld-Europa  heimische 
Beutelmeise,  Atg,petukM«uSf\u*—t,  Schilfmeisen,  (s.  Panunis).  —  7.  Mücken* 
fänger  (Culiehora,  Sw.),  abweichende  Gattung,  grasmUckenartig,  Schnabel  dünn 
und  schlank,  erste  Schwinge  fast  so  lang  als  die  Hälfte  der  zweiten.  Schwans 
schmalfedrig,  etwa  so  hm^  als  der  Flügel.  Vögelchen  von  Laubsängergrössc 
und  graue  Gefiedcrfarbung.  Fin  Dutzend  Arten  im  tropischen  Amerika.  C. 
cafruUa,  L.,  in  Guiana  und  Neu-Granada,  —  8.  Papageimeisea  (s.  Para- 
doxornis>.  Rchw. 

Meistersänger,  s.  Sylviidae.  Rchw. 

Meizodon,  Fischer,  1856.    Untergattung  von  Coronella  für  die  Arten  mit 
vorn  grösseren  Zähnen.  Pf. 
Mekari,  s.  Kotoko.    v.  H. 

Mekkasdiaf,  (l  ettsteissiges  Stummelschwanzschaf)»  Ovis  jpae^erca  ncw- 
vicmtda,  eine  besondere  Form  des  Stummelschwanzschafes  (s.  d.)  und  nach 
FiTZiNGER  aus  der  Kreuzung  des  letzteren  mit  dem  syrischen,  langschwänsigen 
Schaf  entstanden.  Das  wesentlichste  Merkmal  desselben  ist  die  Form  seines 
Schwanzes.  T.etzterer,  aus  mindestttUi  13  Wirbelknochen  gebildet,  trägt  ein  breites 
Fett]M)lster,  das  sich  auf  d.-is  Kreuz  und  nacli  alnvärts  fast  bis  zum  Bauche  fortsetzt 
und  einen  Umfang  von  40  bis  50  Centim.  erreichen  soll.  Die  obere  Fläche  des 
Schwanzes  ist  mit  Haaren  bedeckt,  die  untere  kahl.  Etwa  in  halber  Länge 
schlägt  sich  der  Fettschwanz  nach  oben  um,  wodurch  dessen  kahle  Fläche  nach 
aussen  gerichtet  wird  und  endigt  mit  einer  dünnen,  fettfreien,  nach  rückwärts 
gestellten,  etwas  länger  behaarten  Spitze.  R« 

Meklak.  Stamm  der  Betschuanen  (s.  d.).    v.  EL 

Mekmek.  Indianerhorde  Brasiliens,  im  Stromgebiete  der  Mucuiy.  v.  H. 
Meko.  Volk  Mexikos  aus  der  Familie  der  Chichimeken  (s.  d.)^  im  Norden 

der  Otomi.     v.  H. 

Mekurus,  s.  Maroon-Neger.     v.  H. 

Melampus  (mythologischer  Name),  Montfort  18 ig,  an  den  K&ten  aller 
Tropenländer  vorkommende  Auriculiden-Gattung,  verkehrt  konisch,  wie  Conus, 
zahlreiche  Falten  am  Aussenrande,  einige  stärkere  am  Cohimellarrande.  Die 
eiti/elnen  Arten  oft  weit  verbreitet,  aber  immer  nur  an  den  Küsten,  in  oder  dicht 
am  Salzwasser,  an  Flussmundungen  und  iu  Mangle-Dickiclucn,  aber  auch  auf 
Felsenboden  am  oflfenen  Meer.  M.  coffea  (Grösse  und  Farbe  dner  Kaffeebohne), 
LiNNfi,  auf  den  westindischen  Inseln,  in  Brasilien  und  an  der  Westküste  von 
Alrika  (Prof.  Greefp),  M.  faseiaüts  und  andere  in  Ost-Indien.    E.  v.  M. 

MeUuichlaenU    Name  zweier  Völkerschaften  des  Alterthunts,  deren  eine 

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MeluMsier  —  Melania. 


359 


ein  Stamm  der  Kolduer  war,  die  «odeie  aber  nach  dem  asiatischen  Sarmaden 
verlegt  wird.     v.  H. 

II elanesier.  Unter  diesem  Namen  hat  man  für  den  westlichen  Theil  des 
Stillen  Oceans,  nämlich  Air  die  ganze  Insclrcihe  von  Neu-Kaledonien  und  Kunain 
bis  einschliesslich  Neu-Guinea  Salwatty,  Babuita,  Gebe  und  den  kleineren  Inseln 
um  Neu-Guinea,  sowie  rlie  Vitiinscln  eine  eigene  ungemischte  Race  in  Anspruch 
nehmen  wollen;  aliein  i'Rir.imuH  Müi.lf.r  hat  Uberzeugend  nachgewiesen,  dass 
die  dunkelfarbigen  M.  anthropolc^gisch  zu  den  Papua  (s.  d.),  ethnologisch  aher 
zu  den  Polynesiern  (s.  d.)  gehören,  und  die  neueren  Beobachtungen  haben  diese 
Ansicht  bestätigt.  Es  ward  in  Melanesien  der  echte  Typus  der  Papua  sowohl 
in  Körperbeschaflfenheit  als  in  Charakter  und  zwar»  dem  Fortschreiten  nach  Süden 
eDtq»rechend|  in  wachsender  Ausprägung  erkannt  Ja,  mtm  darf  (buiach  sicher» 
lieh  viele  M.  auch  ethnologisch  den  Papua  beixählen.  Jene  Abweichungen,  die 
sie  ander\värts  aufweisen,  müssen  eben  auf  die  mehr  oder  weniger  ausgiebigen 
Mischungen  mit  den  Polynesiern  zurückgeführt  werden.  Die  M.  sind  also  Papua, 
theilweise  mit  malayischem  Volksthume,  stehen  sprachlich  zwischen  den  Poly- 
nesiern und  Malayen  in  der  Mitte  und  umfassen  nebst  den  Bewohnern  der  Neu- 
Hebriden  und  Salomonsinseln  auch  die  »Mikronesier«,  welche  ebenfalls  Misch« 
linge  von  Polynesien!  und  Papua,  jedoch  mit  vorhenschendem  polynesiscfaem 
Typus,  sind.  H. 

Melania  (von  gr.  fruias,  schwarz),  Lamarck  1799,  SUsswasserschnecke,  au 
den  BecHnibranchia  taenioglossa  gehörig,  gewissemaisen  in  der  Mitte  zwischen 
Paludina  und  Cerith'tum;  Schale  länglich  bis  langgezogen  thurmfürmig,  meist  mit 
Skulptur  (Spiralleisten,  Höckerreihen,  auch  wellenförmig  gebogene  Vertikalrippen) 
bei  einigen  wirklich  schwarz,  bei  anderen  bräunlich  mit  feiner  dvmkelrother  oder 
sonst  dunkler  Punkt-  und  Striemenzeichnung,  öfters  wie  bei  andern  Süsswasser- 
schnecken  von  einem  üemden  dunklen  Ueberzug  bededct;  Mttndung  eiförmig,  unten 
der  Rand  ein  wenig  nach  rOckwttrts  ausgeschweift  (ausgegossen,  aptrtura  eßusa). 
Deckel  hornig,  mit  wenig  Windungen  wie  bei  LUtorhut  und  CeH^um,  mit  denen 
Melania  auch  in  den  Weichtheilen  im  Wesentlichen  tibereinstimmt  Zahlreiche 
Arten,  die  hauptsächlich  in  den  tropischen  Flüssen  und  Bächen  zu  Hause  sind, 
die  meisten  und  grössten  in  Indien,  sowohl  auf  dem  Festland,  als  auf  den 
grösseren  Inseln  des  malayischcn  Archi|)cls,  andere  auf  den  Inseln  der  Südsee, 
in  Neu-Holland  und  im  nördlicheren  wasserreichen  Theil  von  Süd-Amerika. 
Kine  indische  Art,  Aleiania  tubercuiata,  MiiLLER,  langgezogen,  in  Ausprägung  der 
gitterförmi^i  Skulptur  und  in  der  Grösse  sehr  variabel,  ist  metkwflrdig  durch 
ihre  weite  Verbreitung,  ostwtfrts  bis  Timor,  nordwestwärts  über  Vorder*Asiea 
bis  Nord-Afrika  und  selbrt  in  Malta,  also  ungeltthr  soweit  der  muharomedanische 
Handelsverkehr  reicht  und  vielleicht  durch  den  Reisbau  ver!)reitet,  da  sie  oft  in 
den  Bewässerungsgräben  der  Reisfelder  lebt.  Die  eine  speciell  eurüi)äische  Art, 
3/.  Holandri,  nach  dem,  der  sie  zuerst  in  die  fran/ösichen  Sammlungen  brachte, 
benannt,  und  in  den  südlichen  Zuflüssen  der  unteren  Donau  von  Krain  an  häufig, 
zeichnet  sich  durch  kurze  dick  eiförniigc  Gestalt  und  grosse  Variabilität  in  der 
Ausbildung  von  Spiralen  Höckerreihen  aus;  die  an  verschiedenen  Fundarten  vor« 
herrschenden  Formen  erscheinen  darnach  oft  sehr  vecschieden,  werden  aber  durch 
Zwischenglieder,  wie  es  ja  bei  vielen  SOsswassermolluaken  der  Fall  ist,  verbunden. 
In  den  Seen  und  Flüssen  Nord-Amerikas,  bis  Canada  hinauf,  lebt  eine  grosse 
Anzahl  ähnlicher  Schnecken,  welche  früher  allgemein  auch  zu  den  Melanien  ge- 
rechnet wurden,  aber  meist  schon  an  der  Schale  sich  durch  stärkeres  schnabel- 


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36o 


Melanogactuli  —  Mddeneulc. 


artiges  Herrortreteii  des  unteren  Mandangsmndes  unterscheiden  und  m  den 

Weichtheilen  eine  geringere  geschlechtliche  Differenzining  zeigen,  namentlich  kein 
besonders  männliches  Copulationsorgan  haben  (nach  Stimpson);  dieselben  werden 
jetzt  als  eigene  Untcrfnmiüe,  SfrcptyrruittJcn  abgetrennt  (s.  d.V  —  Monographie 
der  Melanien  v.  A.  Brot  in  der  neuen  Ausgabe  von  Chemnitz,  18S4,  347 
Arten.     F.  v.  M. 

Melanogaetuli.  Völkerschaft  des  alten  Libyen,  enktanden  aus  einer  Mischung 
der  Gaetuler  (s.  d.)  mit  ihren  südlichen  Nachbarn,  den  Nigritiem.     v.  H. 

Mdanona.  Stamm  der  Dayak  (s.  d.)    v.  H. 

UeUmophidiuiii,  Günther.   Uropeltiden-^attimg.  Fr. 

Melanopsis  (vom  Aussehen  einer  Melama),  FkitvssAC  1807,  SOssmsser- 
schrecke,  ganz  ähnlich  Melania,  aber  mit  dcuttichem  Einschnitt  am  Unterrandc 
der  -Nfündung,  in  Flüssen  und  Bachen  lebend  und  hnuptsächlich  in  den  Ländern 
um  das  Mittclmecr  /u  Hause.  M.  pracrosa,  T-,  schwarz,  glatt,  mit  weisser  Wulst 
in  der  oberen  Ecke  der  Mündung,  \\ — 2  Centim.  lang,  gegen  i  Centim.  breit, 
etwas  variabel  in  der  Form,  im  silülithen  Spanien,  Algerien,  Palästina,  Kleinasien 
und  Griechenland;  M.  Dufourii,  Fer.,  ebenso  gross  mit  wulstigem  Gürtel  unter 
der  Naht;  meist  hellbraun,  aus  dem  südlichen  Spamen  und  Marokko,  i/.  ^ariMO» 
L.,  mit  siemlich  zahlreichen  Vertikalrippen,  ebenfalls  im  sOdlichen  Spanien  und 
Nord^Afrika.  Eine  ähnliche,  M»  c^stata,  Ouvkr,  häufig  in  Palästina  uad  Meso- 
potamien,  namentlich  auch  im  See  von  Tiberias;  todte  Schalen  am  Ufer  des 
todten  Meeres,  wahrscheinlich  vom  Jordan  hereingeschwemmt.  Zwei  schlankere 
und  etwas  kleinere,  glatte  Arten  im  unteren  Donau-Gebiet,  M.  acuularis,  Fer., 
(Auikberti,  PrSvost),  einfarbig  sclnvarz  oder  braun,  mit  schwächer  ausgebildetem 
Ausschnitt,  stromaufwärts  bis  Baden  hei  Wien,  und  M.  Esperi,  Per.,  die  einzige 
mit  zahlreichen,  kleinen,  dunkel  rothbraunen  Flecken  gezeichnete,  Ausschnitt  ganz 
unbedeutend,  in  Knün,  sowie  in  Galizien  und  Südrussland.  In  Italien  auffidlender 
Weise  nur  an  wenigen  Punkten  Toscana's  kleine  Formen  von  M.  Jh^^uriL 
Einige  Arten,  die  auch  zu  Meiatiopsis  zu  geh<}ren  scheinen,  deren  Weidithdie 
aber  noch  nicht  näher  verglichen  sind,  in  Neu-Caledonien  und  Neuseeland.  Unter 
den  fossilen  er^vähnenswerth  die  sehr  variable  M.  Martiniana,  Fer.,  dick,  mit  einer 
Kante  unter  der  Naht,  aus  dem  Miocan  Oesterreichs.  Nächstverwandt,  aber  mit 
einem  zweiten  Finschnitt  an  der  obcrn  Ecke  der  Mündung  und  im  Brackwasser 
an  Flussmundungen  lebend,  im  Gebiet  des  indischen  Oceans,  ist  die  Gattung 
Pirmay  Lam.,  einen  Uebergang  zu  Ccrithium  bildend;  auch  hier  eine  gaiu  glatte 
schwarze  Art,  atra,  L.,  (tenbralU,  Lam.),  im  malaiischen  Archipel,  und  eine 
mit  Hdckem  versehene,  braune,  R  ftuminta,  Gmelw  (spinaso,  Iml),  in  Idadagaskar. 
Monographie  von  Fkrussac  in  den  Mtfmoires  de  la  sod^  d'hist  nat  de  Paris. 
L  1824.  Siehe  auch  Rüssmässi.er,  Iconographie.  Band  II,  Heft  10,  und  Band  III, 
Heft  T  2;  r-ir  cüc  Weichtheile  Bourguicnat,  Malacologie  de  l'Algerie.      £.  v.  M. 

Melanosuchus,  Gr.^v  =  Alligator,  Cuvier.  Pf. 

Melanolhrips,  Hai. id.,  s.  Physapoda.      E.  Tg. 

Melasomata,  richtiger  Melanosomata  (gr.  schwarz  und  Körper),  s.  Tenebrio- 
nidae.     E.  Tg. 

Metehiten.  Syrer  christlichen  Glaubens,  die  jedoch  ihren  Gottesdienst  in 
arabischer  Sprache  halten,    v*  H. 

Melchoras.  Kleiner  Indianerstamm  im  Innern  von  Moskida,  welchen  einige 

für  Cariben  halten.     v.  H. 

Meldeneale,  Ifadena  oder  F^üa  oder  TraeAea  airi^kis,  L«,  eine  ziemUcb 


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Meldi  —  Meies.  361 

bunte  Noctaine  von  etwa  48  Milliin,  FlUgelsiMumung,  deren  Raupe  vom  Juli  bis 
Oktober  an  Melden,  Amarant,  Sauerampfer,  Knöterich  u.  a.  frisst  und  öfter 
schädlich  auftritt  Sie  i'^t  wibitr,  iGHlssig  und  tixif  veränderlidier  Grundfarbe  durch 
je  ein  gelbes  Sencnpünktchen  auf  dem  vorletzten  Lcibesgltede  kenntlich.      E.  Tg. 

Meldi.  Gallische  Völkerschaft  an  der  Grenze  von  Belgien  und  wahrscheinlich 
an  der  schon  scliiftbarcn  Sequana  (Seine). 

Meleagrina,  (von  gr.  und  lat  nuiea^ris,  Perlhuhn),  Lauarck  181 9,  Meer« 
muschel,  von  Autitda  nur  durch  Verkflnsung  der  Flügel,  daher  halb  quadtaiiach, 
halb  kreisföroiigen  Umriss  der  Schale,  und  durch  last  gibutitches  Veischvinden 
der  Schlosssähne  verschieden.  M.  fnargariti/era  (Mytilus  margariti/er,  bei  Ijmiob) 
die  ächte  oderorientalischc  Perlenmuschel,  12  bis  30  Centim.  gross,  aussen 
grünlich  mit  weisslichcn  radial  gestellten  Flecken  (daher  obiger  wenig  passender 
Name)  und  etwas  schuppig,  namentlich  an  den  Rändern,  innen  schön  pcrlmutter- 
glänzend,  vom  rothcn  Meer  bis  in  die  Sildsee  verbreitet,  gesellig  in  geringer  Tiefe, 
3 — 15  Faden  (18  —  90  Fuss),  mittelst  des  Byssus  angeheftet.  Sic  liclcitder  mensch* 
liehen  Industrie  nidit  nur  die  meiste  Perlmutter  (neben  Haitis),  sondern  auch 
die  meisten  und  sdiönsten  Ferien,  wird  aber  doch  nur  an  wenigen  Stdlen  regel- 
mitasig  durch  Tauchen  aufgefischt,  z*  B.  bei  den  Dahlak'Inseln  im  rothen  Meer, 
dann  im  persischen  Meerbusen,  an  der  Küste  von  Koromandel  und  bei  Ceylon, 
an  den  Suluinseln  zwischen  Borneo  und  den  Philippinen,  endlich  stellenweise  im 
nördlicheren  Australien.  Der  Rand  der  Innenseite  ist  schwärzlich  bei  den 
australischen,  gelblich  bei  denen  aus  dem  rothcn  und  persischen  Meer,  die  Uber 
Bombay  in  den  Handel  kommen,  reiner  weiss  bei  denen  von  den  Suluinseln,  die 
über  Manila  kumincn.  Auch  in  Central-Amenka,  sowohl  an  der  allaiuischen  als 
padfisdien  Seile  giebt  es  mdirere  venrandte,  doch  klaneie  Arten,  wdcbe  die 
>ocddentaliscben<  Perlen  liefern.    E.  v.  M. 

Meleagris,  L.  nom.  propr.),  Truthuhn,  Gattung  der  Gruppe  /btmuMM 
(s.  d.).  Starke  Vögel  mit  verbältnissmfissig  hohen  Läufen,  Kopfnai^^  mit  dehn- 
baren Hautlappen  und  Karunkeln  besetzt,  Schwans  stark  gerundet,  etwas  kürzer 
als  der  Flügel,  Gefieder  schwarr,  met.allisch  glänzend-  Die  drei  bekannten  Arten 
bewohnen  Nord-  und  Mittelamerika  und  halten  sich  in  dichtem  Walde  auf.  Das 
wilde  Truthuhn,  M.  gallopavo,  L.,  die  Stammform  unserer  zahmen  Truthühner, 
welche  bald  nach  der  Entdeckung  Amerikas  nach  Europa  gebracht  und  hier 
domestiart  wurde,  bewohnt  das  dcdkbe  Nord-Amerika.  Im  westlichen  Theile  des 
ContinenlB  (Teaas,  Neu-Mexico,  Arizona),  wird  es  durch  M.  mexkam  a,  GouLD,  ver- 
treten, welche  Art  durch  weisse  Schwanxspitse  und  dem  aus  kurzen,  stanen  Borsten 
bestehenden  HalsbUschel  abweicht.  In  Guatemala  und  Yukatsn  lebt  das  piüchtige 
Pfauen-Truthuhn,  M.  oceliaia,  Tem.  Rchw. 

Meies,  Sturr  (Taxus,  Clv.),  Dachs.  Camivorengattung  der  marderartigen 
Raubthiere  (Mustelida,  Wagn.)  zur  ünterfam.  Meüna,  Wagn.  (s.  d.),  gehörig.  Körper 
breit,  gedrungen,  fast  plump,  Beine  sehr  kurz,  5 zehig,  plantigrad,  Kopf  hinten 
breit  und  gerundet,  Schnauze  zugespitzt,  Ohren  und  Schwanz  kurz,  unter  diesem 
eine  3  Centim.  tiefe  Aftertasche  (»Stinklochc  oder  »Schmalzröhre«  der  Jäger).  — 
Schädel  im  Profil  ansehnlich  gebogen,  ttber  der  Scheitehnitte  ein  (selbst  bei  alten 
Thieren  aber  nidit  immer  entwickelter,  in  der  Grösse  sehr  wechsdnder)  Kamm. 
Die  Knochennähte  verstreichen  frühzeitig.  38  Zähne  (f,  \,  Der  erste  der 
4  LUckzähne  oben  ist  sehr  klein,  fällt  meistens  aus;  oberer  Reisszabn  klein, 
höckerig,  mit  innerem  Ansätze,  unterer  Reisszahn  im  Querschnitt  sehr  lang.  Oberer 
Höckerzahn  sehr  kräftig,  breit  und  lang,  unterer  klein,  öfter  ausfallend.  Einzige 


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Mdibe. 


recentc  Art:  M.  taxus,  PAfiJis  (Ursus  mf!ts,  Schrf.b.,  MtUs  vulgaris,  Desm.). 
Der  gemeine  Dachs  (Gräwing,  Cirimbari)  errci(  ht  eine  Totallänge  von  87  bis 
93  Centim.,  wovun  17 — 18  Centim.  der  Srluvanz  (^.Rtir^.el«)  in  Anspruch  nimmt, 
bei  einer  Widerrijithohe  von  28 — 30  Centim.  Gewicht  20—22  Kilögrm.  Die  Be- 
haarung, mit  Ausnahme  jener  des  Vorderkopfes,  ist  lang  und  fast  borstig.  Die 
Rttdrenfarbe  ist  ein  helleres  oder  dunkleres  Gemisch  von  Weissgrau  und  Schwars- 
braun.  Die  einzelnen  Haare  sind  nämlich  auf  weissgelblichem  Grande  biann  bis 
schwarz  geringelt  oder  gesprenkelt.  Die  Lftufe  sind  dunkel,  ebenso  ein  Streifen 
am  Bauche,  der  von  den  hellen  Seiten  mehr  oder  weniger  sich  absetzt.  Die 
Schamgegend  (bez.  die  untere  Rauchgegend)  l)is  unter  den  hellen  Schwanz  ist 
rostweissli«  h  Der  Kopt  hat  auf  weisslichem  Grunde  zwei  dunkelbraune  oder 
schwär/.lii  1  (  Binden,  die  oberhalb  der  Lippen  beginnend,  über  die  Avitien  und 
die  Ohren  hinweg  nach  hinten  ziehen  und  sich  in  der  mehrten  Kuckeuiarbe  ver» 
lieren.  Kehle  und  Votderbmst^  sovie  der  Unterkiefifir  sdiwarzbiaun.  —  Die 
Verbreitung  des  Dachses  erstreckt  sich  über  alle  Länder  Europa's,  ausgenommen 
Sardinien  und  Nord-Scandinavien,  sowie  ttber  dnen  grossen  Theil  Asiens.  (»Von 
Syrien  an  durch  Georgien  und  Persien  bis  nach  Japan,  sowie  Sibirien  bis  zur 
Lenac).  Er  findet  sich  in  Nadel»  und  Laub-Wäldern  der  Ebene,  wie  im  Gebirgig 
je  nach  den  Terrainverhältnissen,  aucli  lieut/utage  stellenweise  noch  in  grosser 
Anzahl  vnr.  Sein  Bau,  den  er  selbst  anlegt,  bez.  adoptirt,  wenn  er  einen  alten, 
verlassenen  (sonst  ihm  zusagenden)  vorfand,  besteht  aus  dem  eigentlichen  Wohn- 
gemache, dem  mit  trockenem  L<aubwerke  ausgepolsterten  » Kessele  und  mehreren 
Zugangsröhren ;  letztere  finden  sich  oft  in  grösserer  Zahl,  nur  ein  bis  zwei  jedo^ 
weiden  regelmässig  »befahrene,  die  übrigen,  oft  halb  verfiülenen,  sind  theils  Lust- 
•  rOhren,  theils  Nothausgänge.  Falls  Terrainschwierigkeiten  (wie  in  SUd-Ungam) 
fUr  ihn  nicht  existiren,  legt  er  sich  Baue  von  3,5,  5  und  mehr  Meter  Durchmesser 
und  von  3,5 — 3  und  darüber  Meter  Tiefe  an;  auch  Etagenbaue,  in  denen  sich 
die  Röhren  in  schräg  vertikaler  Richtung  krcttzen,  sind  öfter  zu  beobachten. 
Neben  solchen  Ilauptwohnungen  werden  a\ich  nicht  selten  provisorische  Somnier- 
baue  von  geringer  (^  Meter)  Tiete  mit  Vorliebe  in  Maisfeldem  angelegt.  —  Zur 
Nachtzeit  geht  der  Dachs  auf  Aesung  aus,  die  in  Obstwerk,  Eicheln,  Trüffeln, 
Mais,  Bucheckern,  Kerfen,  Regenwflrmern,  Fröschen,  Schlangen  (auch  giftigen, 
deren  Biss  ihm  gleichgültig),  Mäusen,  gelegenüich  wohl  auch  in  edlerem  Wilde 
(junge  Hasen  und  dergL)  besteht.  Ende  des  Späüierbstes,  voll  angemästet^  be- 
reitet er  sidi  für  seinen  mehrmalige  Unterbrechung  erfiaihrenden  Winterschlaf  vor« 
nachdem  suvor  (meistens  October)  die  Begattung  vollzogen  wurde.  Ende  Februar, 
anfangs  März  wirft  die  Dächsin  3— 5  blinde  Junge,  mit  denen  sie  einen  separaten 
Bau  bewohnt.  Im  Mai  fitKlot  man  of^  schon  halbwüclisige  Junge;  jedoch  trennen 
sich  diese  erst  im  Herbste  von  der  Mutter,  im  2.  Jahre  sind  sie  fortpflanzungs- 
fähig. —  Der  Dachs  wird  auf  die  verschiedenste,  bisweilen  abscheulich  grausame, 
Art  erbeutet;  er  ist  leicht  zähmbar  und  gewährt  dann  oft  viel  Vergnügen;  sein 
Pelz  (»Schwartec)^  sein  Wildpret  und  Fett  linden  allerorts  Verwertfanng.  —  Be- 
zltglich  des  nordamerikanischen  Verwandten  unseres  Dachses  (MtUs  iunerkaims, 
Bo0D^  M»  hbradarms,  MeyerX  Gattung  Taxidea,  Watbrh.  Fossilresle  des 
gemeinen  Dachses  finden  sich  in  diluvialen  Kr  <  1  nl.öhlen  Europa's.     v.  Ms. 

Melibe  (mythologischer  Name,  richtiger  Meliboea),  Rang  1829,  schalenlose 
Meerschnecke  mit  keulenförmigen  Kiemen  auf  dem  Rücken,  nhnlirh  Dato, 
schmalem  Fuss,  grossem,  trichterförmigem  Stimsegel  und  ohne  Reibpiatte,  mit 
Tetliys  zusammen  die  Familie  det  Meübatiäac  bildend;  M,  rosea  auf  schwimmen- 


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» 


MelicerttDae  —  Meliphagidae. 


363 


dem  Tang  bei  SUd  Afrika.  Jf.  vexiüi/era  in  Japan.  B.  Bbrqh,  Vetbandl.  d.  zool. 
bot.  Gesellsch.  in  Wien.    Bd.  30.    1880.     E.  v.  M. 

Melicertinae,  L.  Aoassi?  1862  (gr.  mcllktron  Honip  oder  Wachs).  Unter- 
lamilic  der  Leptomcdusen-Familie  Thaumantidae,  mit  8  Radial  Canalcn.  (>attungen: 
Mciiit  rfiila,  Hackel  1879,  Melicertissat  Hackül  1879,  Meiuertum,  A.  Agassu  186a, 
iMeluertidium,  HACKEX  1879.  Pk. 

M«Ucete,  Indianentamm  Neu-Braunschweigs.     v.  H. 

Melictis,  Schinz,  CjfnaHais,  Gray,  s.  Icticyon,  Lund.    v.  Ms. 

Melidorai  LEa&,  Haken  Ii  est,  Gattung  der  Vogelfaniilie  Akfimidae,  zur 
Unterfamilie  der  Lieste  (Halcyoninae),  gehörig.  Von  den  typischen  Halkyonen 
durch  auffallend  breiten  Schnabel,  welcher  in  der  Gegend  der  Nasenlöcher 
wesentlich  breiter  als  hoch  ist,  abwcicliend;  aitsscrdcni  Sclinabelsi)it/e  hakij^  ge- 
bogen, I'irste  abgeflacht,  Unterkiefer  mit  der  Spit/e  aufwärts  gel)C);?en,  Lauf  sehr 
kur^,  etwa  so  lang  als  die  zweite  Zehe  ohne  Kralle  Nur  eine  Art,  M>  mcura- 
rhina,  Less.,  auf  Neu-Guinea.  Rchw. 

MelieOBea.  Nach  Diodor  Bewohner  der  althellenischen  Landschaft  um 
Echinus  und  Lamia.    v.  H. 

Melierax,  Gray  (gr.  meh$  Gesang,  hkrax  Habicht),  Singhabicht,  Gattung 
der  Raubvogelgruppe  Asturinae  (s.  Habichte),  von  den  typischen  Habiditen  (Asi$ur) 
durch  längere  Läufe,  kurze,  dicke  Zehen  und  stufigen  Schwanz  unterschieden. 
6  Arten  in  Afrika.  Die  Singhabichte  liaben  die  für  Raubvögel  liöchst  auffallende 
Eigejischaft,  dass  sie  eine  Art  kurzen  Gesanges  huren  lassen.  Ihr  Gefieder  ist 
in  der  Hauptsache  grau  gefärbt,  die  Lhiterscitc  tiuergcbändert.  Die  Nahrune  be- 
steht vorzugsweise  in  Reptilien,  aber  auch  in  kleinen  Saugethieren  und  Kepulien. 
Zum  Vogelfang  sind  sie  zu  ungeschickt,  Typus:  Melkrax  polyionus^  Rüpp., 
Heuschrecke  nhabicht  Rchw. 

Meligeihe«»  Kuuiy  (gr.  honigsttsB),  eine  Gattung  kleiner,  &st  viereckiger  Kifer 
aus  der  Familie  der  NiHdidariat  (s.  d.^  deren  Vorderschienen  aussen  gezflhnelt 
sind  und  deren  Vord^brustbein  ttber  die  Mittelbrust  vorragt  Von  den  ca. 
T20  Arten  ist  der  M.  aeneus,  Fah.,  Rapsg! an;i;käfer,  durch  den  Frass  seiner 
öbcinigen  Larve  den  Oelsaaten  häufig  sehr  verderblich.     £.  Tc. 

Melina,  s.  Per  na.     E.  v.  M. 

Melina,  Wagn.,  Dachse,  Unterfam.  der  marderartigen  Raubthiere  (MuUdida) 
zur  GRAY'schen  Sectia  JPtatypoda  (s.  d.)  gehörig.  Die  M.  sind  plumpe,  gedrungene 
Formen  mit  breitem,  vome  zugespitztem  Kopfe,  kleinen,  tiefliegenden  Augen,  mit 
kurzen,  hftufig  nacktsohligen,  5  sehigen  Beinen,  von  denen  die  vorderen  mit  langen, 
comprimirten,  zum  Graben  geeigneten  Krallen  bewehrt  sind.  Die  Zahl  der 
Molaren  in  beiden  Kiefern  verschieden.  Der  hintere  obere  Höckerzahn  ist 
quadratisch  oder  dreieckig,  sehr  gross.  Gegen  27  Arten,  die  sich  auf  die  Haupt- 
gattungen  HelicHs,  Gray,  Mephitis,  Cuv.,  Mydaus,  F.  Ci  v ,  ^feles,  Stork  und 
Taxiäea,  Waikkh.,  verihcilen.  —  Melitta^  Retz.,  Acephalengattung  aus  der  Fam. 
der  AvicuUdac,  Swains.     v.  Ms. 

Meliphagidae,  Honigfresser,  Familie  der  Singvögel.  Ihr  Charakter  be- 
steht in  der  von  anderen  Vögeln  abweichenden,  Ar  das  Au&augen  von  BlOthen' 
honig  und  AuTnahme  kleiner  Insekten  von  dem  Boden  der  BlUthen  geeigneten 
Beschaffenheit  der  Zunge:  die  Zungenspitze  ist  gethdlt  und  mehr  oder  weniger 
zerfasert  oder  bewimpert.  Bei  den  kurzschnäbeligen  Arten  ist  die  Zunge  breit 
und  flach,  ihre  Spitze  spaltet  sich  in  zwei  Theile,  von  welclien  jeder  am  Aussen- 
saum  sowie  an  der  Spitze  des  Innensaumes  zerlasert  ist,  während  die  sich  ai) 


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I 

i 


3^  Mdipomi  —  McSttophagus. 

einander  !cpendcn  Innenränder  ghiü  bleiben,  oder  al>er  die  Spitze  tlieüt  '^irh  in  ' 
vier,  an  ihrem  Aus-  ensavim  l)e\viiTii)crte  fadcnfurmii^e  Theile,  die  eine  Art  l'insei  j 
bilden.    Bei  dünn-  und  hngsclinabcligea  Arten  ist  die  Zunge  entsprechend  länger  j 
und  schmal  —  jedoch  niemals  so  lang  vorstreckbar  als  bei  den  Nectarinien  —  ' 
und  ihre  Spitze  theilt  sich  in  zwei  an  der  Aussenseite  bewimperte,  fadenartige 
Theile.    Die  Flügel  der  Honigfresser  sind  wohl  entwickelt  und  mässig  spits.  ^ 
Der  Schnfthel,  bald  kUner,  bald  länger»  aber  immer  gebogen,  hat  einfache 
Spitze  ohne  Haken  oder  Zahnauskerbung.   Die  Läufe  sind  etwas  länger  als 
die  Mittelzehe.   Die  Honigsanger  sind  Charaktervögel  der  australischen  Region 
tind  auf  dieselbe  beschränkt.    Sie  nähren  sich  von  Blüthenhonig,  Insekten  und  ■ 
weichen  Früchten,    in  dem  Benehmen  gleichen  einige  unseren  Meisen,  andere 
mehr  den  Grasmücken.    Sie  bauen  offene,  napfförmige  Nester  im  Baumgezweig. 
Es  giebt  gegen  150  Arten,  welche  6  Gattungen  angehören,    i.  Honigsauger, 
Meäphaga,  Lewin,  mit  spitzem,  schwach  gebogenem  Schnabel  von  Kopflänge, 
Schwanz  gerade,  seltener  gerundet  oder  ausgerandet;  etwas  kurzer  als  der  Flügel. 
Etwa  60  Arten  auf  dem  Festland  Australien,  Neu-Guinea  und  den  austromalayischea 
Inseln,  einige  auch  auf  polyne»schen  Inseln.  Eine  Anzahl  von  Arten,  welche 
sich  durch  einen  Büschel  seidiger  gelber  oder  weisser  Federn  auf  der  Ohrge- 
gend oder  jederseits  der  Kehle  auszeichnet,  wird  in  der  Untergattung  Ptilotis,  Sw., 
gesondert,    .ändere  Untergattungen  welche  auf  Schnabel) an gc,  Schwanzform  oder 
Gefiedcrfärbung  sich  gründen,  sind:  Gfycyfhila,  Sw.,  Pogotwrn  'ts,  Gray,  mit  Horsten 
an  der  Schnabelbasis,  Anthornis,  Gray,  mit  ausgerandetem  Schwanz,  Manorhina, 
ViEiLL.  —   2.  Klunkervögel  (s.  d.).  —  3.  Kragcnhalsvogcl  (s.  Prosthe- 
madera).   4.  Höckerschnäbel  (s.  Tropidorhynchus).  —  5.  Kra^uschwänze  ^ 
(s.  d.).  —  6.  Honigschmecker  (s.  Myzomela).  Rchw. 

Helipoiui,  Latr.  (gr.  Honig  und  Arbeit),  Honig  eintragende  Biene  hdsser 
Erdstriche,  welche  wesentlich  kleiner  als  unsere  Honigbiene  sind,  mit  ihr  den 
Mangel  des  Kndsi)oms  an  den  Hinterschienen  gemein  haben,  aber  keinen  Stachel 
besitzen,  sondern  beissen,  wenn  sie  sich  wehren  wollen.  Sie  leben  in  der  Wild- 
niss'  und  bauen  keine  künstlichen  Zeilen.  Ueber  die  zahlreichen  Arten,  welche 
nach  der  Form  des  Hinterleibes  auf  noch  einige  weitere  Gattungen  (Trigonat 
Tetragona)  vertheüt  sind,  fehlen  zur  Zeit  ausreichende  Kenntnisse.     E.  Tg. 

Helitaca,  Fab.  (gr.  von  der  Insel  Melita),  Scheckenfalter,  eine  Gattung 
der  Tagfelter  aus  der  Familie  der  Nympha&iae,  Sippe  JffymphaiinM,  deren  zahl- 
reiche, variable  Arten  auf  braungelbem  Untergründe  ihrer  4  Flttgel  reichlich 
schwarz  gezeichnet  sind.  Sie  haben  zu  sogen.  Putzpfoten  verkümmerte  Vorder- 
beine. Ihre  versteckt  lebenden  Raupen  sind  mit  behaarten  Erhöhungen  ver- 
sehen nr  i  d  e  Puppen  am  Schwänzende  aufgehängt  Man  kennt  ungefähr 
37  Arten.      K.  Tg. 

Melitäischer  Hund,  (Mditaeus  catelhn,  Aristotei.e    i",nd  Str.\bo,  Catulus 
mtütaeus,  Pllsius),  der  Bologneserhund  der  alten  Griechen  und  Kumer.     R.  | 

Melitonyx,  Gloger,  s.  Mellivora,  Storr.    v.  Ms. 

MeUtlopliagi»,  Bob  (jp,  Bxtnt ,  pluigo  essen),  Feldspint,  Gattung 
der  Bienenfresser  (MercpUße),  von  den  typischen  Formen  der  Familie  (Merops) 
durch  kürzere  und  mehr  gerundete  Flflgd  unterschieden.  Die  erste  Schwinge  ist 
wohl  entwickelt,  wenngleich  am  kürzesten,  höchstens  so  lang  als  die  kürzeste 
Armsrhwinge,  dritte  oder  dritte  und  vierte  Schwinge  am  längsten,  Schwanz 
gerade  abgestutzt,  ausgerandet  oder  gabelförmig,  m  der  Regel  kürzer,  selten 
wenig  länger  als  der  Flügel,  mittelste  Steuerfedern  nicht  verlängert  Weniger  fiug> 


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365 


gewandt  als  die  Schwalbenspinte,  jagen  die  Feldspinte  selten  im  Fluge,  sondern 
Stessen  nach  Art  der  Fliegenfänger  von  den  Spitzen  niedriger  Büsche  aus  auf 
vorüberfliegendc  Insekten.  Auch  schaaren  sie  sich  niemals  in  so  grosse  Gesell- 
schaften zusammen  als  die  Schwalbenspinte.  Es  giebt  etwa  10  Arten.  Gelb- 
kehl spint,  M.  pusUlus,  Müll.  Rcüw. 

Mdli,  so  viel  wie  Malinke  (s.  d.).    v.  H. 

MeUJuld,  s.  Malinke.    v.  H. 

Menita  (Ist*  Honigkuchen  wegen  der  Fonn%  Agassb  1841,  nach  Klein  1778,  ^ 

halbregelmässiger,  petalosticher  See*Ige1,  Familie  Scutellidcn,  ganz  flach,  abge- 
randet,  fünfeckig,  mit  5 — 6  Löcheni,  iiffq>ittngUch  £inschniiten,  je  eines  am  Ende 
eines  Ambulakralblattes,  nur  das  iinpaare  vorckre  nicht  bei  allen  Arten  vorhanden, 
dagegen  immer  ein  interambulakrales  hinteres,  alinlirh  wie  bei  Encopc,  aber  nur 
4  (ienitalporen,  die  fünfte  hintere  fehlend.  Länge  und  Breite  ungefülir  gleich, 
6—8  Centim.,  Hohe  nur  9  Millim.  Geographische  Verbreitung  wie  bei  Encope 
an  der  Ost-  und  Westküste  AmerikaSi  aber  nicht  in  der  alten  Welt  M.  petOa- 
pora  und  htxapora  in  West*Lidien  und  Brasilien,  M.  lonsifissa  in  Califomien. 
Auch  pleistocän  in  Nord-  und  Mittel-Amerika.    E.  v.  M. 

Mellitioiiidae,  Zirm«  Familie  der  B^r^tra  wm^aiuu^M,  Ordn«  J^folöspvni- 
giae.  Pf. 

Mellivora,  Stork,  (syn.  Ratelus,  Sparm.,  Ursiiaxus,  Hoogs.,  Melitanyx, 
Gi.ocF.R,  IJpofus,  Sund.),  Honigdachsc,  Gattung  der  mnrderartigen  Raubthiere, 
Repräsentant  der  gleichnamigen  WACNEk  schcn  Subfamilie,  plantigrade  dachsartige 
(aber  noch  plumpere)  Formen  mit  breitem  flachem  Rücken  und  langem  rauhem 
Pelze  umfassend;  die  Ohrmuschel  fehlt;  die  kurzen  und  kräftigen  Beine  tragen 
vom  lange  Scharrkrallen.  Zunge  rauh,  mit  scharfen»  nach  hinten  gerichteten 
StachelpapiUen.  Afterdrüsen  »nd  vorhanden.  Das  Gebiss  zeichnet  sich  durch 
den  Mangel  eines  unteren  Höckersahnes  aus,  der  obere  ist  quer  bandförmig. 
3  Alien,  darunter  als  bekannteste  M.  capensis,  F.  Cuv.  (Guh  capemis,  Desm.), 
der  capische  Honigdachs  oder  Ratel  mit  70  Centim.  Gesammtlänge,  Schwanz 
25  Centim.  oben  aschgrau,  unten  schwarzgrau  oder  schwarzbraun.  Von  der  Stirn 
zieht  sich  ein  am  Rücken  schabrackenähnlich  erweiterter,  hellgrauer  Streif  bis 
zur  Schwanzwurzel.  Heimalh  Südost-Afrika.  —  Nächdiche  Thiere,  die  mit  ausser- 
ordentlicher Schnelligkeit  sich  in  die  Erde  eingraben,  bezw.  ihre  Schlupfhöhlen 
ausscharren  und  kleiiien  Säugern,  Vögeln,  Schildkröten,  Schnecken  etc.,  tmt  be- 
sonderer Vorliebe  aber  dem  Honig  der  Erdbienen  nachstellen,    v.  Ms. 

Melo*  s.  Cymbiom.    £.  v.  M. 

Ifeloe,  Fab.,  Bilaiwurm,  Oelkäfer,  eine  zur  Familie  der  Cantharidae  (s.  d.) 
gehörende  Kilfergattung,  die  sich  durch  den  Mangel  der  Flügel  und  von  fast 
allen  anderen  Käfern  abweichende  Bikhmg  der  FliifTeldorkon  ntiszeirhnet.  Diese 
Stessen  nämlich  nicht  in  einer  geraden  sNahtt  zusammen,  sondcnv  die  eine  deckt 
die  andere  an  der  \Vurzel  und  weiterhin  klaffen  beide  auseinander.  Die  schnur- 
förmigen  Fühler  sind  kurz,  bei  einigen  hinter  der  Mitte  wie  geknickt.  Die  Käfer 
erscheine  früh  im  Jahre,  freraen  Fflanwn  und  enthalten  scharfe  SAft^  die  als 
Ölige  gelbbraune  Tropfen  aus  den  Körperseiten  hervordringen  können.  Bei  der 
Verwandlung  durchleben  ae  s  Larven  und  s  Puppenformen.  Man  kennt  einige 
70  Arten.     E.  Tg. 

Melogale,  Is.  Geoffr.,  s.  Helictis,  Gray.     v.  Ms. 

Melolontha,  Fab.  (melolonihf,  Name  eines  in  Griechenland  in  den  Ol^stfrärten 
lebenden  Küfers),  die  der  Sippe  der  Mehtotühidae  namcngcbende  Gattung  aus 


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366 


MelolontbidM  —  Membtanae  scrone. 


der  Familie  Laiiulücotnia  (s.  d.).  Der  Maikäfer,  M.  vuigaris^  L.,  ist  der  be- 
kannte Typus  der  19  bekannten  Arten  und  darch  seine,  ime  s«ner  Larve,  des 
EngerliDgs,  Schädlichkeit  hinreichend  bekannt    E.  Tg. 

Mdöloiitliidae,  s.  Laniellicomia.    E.  Tc. 

Melongena,  a.  Pirula.    E.  v.  M. 

Melonites  (von  lat.  melo,  Melone),  Norwood  1846,  altfofisUer  Sce-Igcl  aus  der 
Abtheilung  der  PerissechiniJae,  jede  Intciaiiibulakral/.one  aus  7  Reihen  6-  und 
5-eckiger  Platten  gebildet,  jede  Ambulakralzone  aus  8  Reihen;  beide  Zonen 
rippenartig  und  vorspringend,  aber  die  ambulakralen  schmäler,  sodass  der  ganze 
See-Igel  10  vorspringende  von»  Scheitel  zur  Basis  verlaufende  Rippen  hat,  daher 
der  Name.  M.  mulüpora,  Norwood,  9  Centim.  hoch,  8^  im  Durchmesser,  im 
KoMenkalk  Nord-Amerika's,  namentlich  bei  St  Louis,  auch  in  Rvmland,  England 
und  Frankreich  wieder  gefunden.  Ferd.  Römer  im  Archiv  f.  Naturgeschichte 
1S55.     E.  V.  M. 

Melophagus,  Latr.  (gr.  Schaf  und  fressen),  s.  Lausfliegen.     F.  Tg. 

Melopsittacus,  Gould  (gr.  melos  Gesang,  psittake  Papagei),  Wellensittich, 
Gattvmg  der  Fajia^eienfamilie  Platycercidae,  sehr  kleine  Sittiche,  von  der  Grösse 
des  Kanarienvogels,  mit  stark  wulstig  aufgetriebener  Wachshaut,  Schwanz  stufig, 
alle  Steuerfedein  am  Ende  verschmälert.  Nur  eine  Art  in  Australien,  der  allbe- 
kannte Wellensittich,  undulatus,  Siiaw,  der  einzige  Papagei,  dessen  voll- 
stUndige  Eingewöhnung  in  Gefangenschaft  wie  die  des  Kanarienvpgels  gelungen 
ist.  In  neuerer  Zeit  zttchtet  man  auch  eine  rdn  gelbe  Spielart.  Rchw. 

Melursus»  Gray  s  I^^hUus,  Ilug.,  s.  Ursus,  L.  v.  Ms. 

Melusina»  HAckel  1879,  Gattung  der  Discomedusen-Familic  Cyanidae.  Fr. 

Membracina,  Burm.  (gr.  membrax,  eine  Cikadenart),  s.  Buckelzirpen.    E.  Tc. 

Membrana  adamantinaer  eboris  und  praeformativa,  s.  Verdauungs- 
organeentwicklung unter  Zähne.  (lunni. 

Membrana  basilaris,  Cortii,  Keissneri  reticularis,  tectoria  und  tym- 
pani,  s.  Hörorganeentwicklung.  Grbcu. 

MenifanttUi  odttOi  s.  deciduareflexau.  intermedia,  su  vergl.  Embryo« 
httllen  und  Placenta.  Grbch. 

Membrana  capsido-pnpiUaris  as  chorio  capillaria,  fenestrata  retinae, 
hyaloidea,limitans, nictitans u.  pupillaris,8. Sehofganeentwicklung.  Grbch. 

Membrana  chalazifera*  s.  Hühnerei.  Grbch. 

Membrana  chorii,  s.  Placenta.  ÜRncft. 

Membrana  folliculi,  granulosa  des  Eierstockes,  s.  weibliche  Geschlechts- 
organeenLwicklung.     f  Jrf.cit. 

Membrana  obturatona  ventriculi  IV,  s.  Xervensystementwicklung.  Grbch. 

Membrana  pituitaria,  s.  Riechorgane-Entwicklung.  Grbch. 

Membrana  propria.  Um  grössere  oder  kleinere  Zellengruppen  kqmmen 
homogene  UmhiUlungsscbichten  vor,  welche  namentlich  an  drttdgen  Gebilden  die 
sogen.  Aien^rma  fr^pria  herstellen.  Sie  ist  durchstcbtig,  hell  und  bestimmt  die 
Form  des  Unumschlossenen.  Bald  bildet  sie  einen  blind  endigenden  schmalen 
und  langen,  bald  einen  weit  aufgetriebenen  Schlauch.  Auch  embryonale  Zell- 
haufen, beispielsweise  die  erste  Anlage  des  Haares,  sind  mit  solcher  glashellen 
Umhüllung  versehen.  Die  Entstehung  solcher  Membranac  propriae  schreibt  man 
dem  Erstarren  eines  Zellsekretes  zu.  Grbch. 

Membranae  serosae  (synoviales)  sind  Bindegcwebsschichten,  welche  in  den 
meisten  Fällen  doppelte,  in  sich  eingestülpte  Flächen  bilden  und  als  solche  aus 


Memini  —  Menitiuies. 


3*7 


zwei  Blättern,  einem  parietalen  und  visceralen  bestehen;  deren  fieie  Fläche  mit 
einfach  gelagerten  Plattcnzellcn  übcrkleidet  sind.  Sie  stammen  vom  mittleren 
Keimblatt  und  bilden  das  Pcricardium,  die  Phura,  das  Perifonetim,  die  Tunica 
vaginalis  proprio  des  Hodens  und  die  des  parietalen  Blattes  cntbeiuende  Arachnoidea 
(s.  d.).  Auch  die  Synovialkapseln  der  Gelenke  (Mcmhratiac  synoviales) ,  die 
Schleinibeutel  und  Schncnsclieiden  gehören  als  unechte  seruse  Säcke«  noch 
hierher.  Neuerdings  weiss  man,  dass  das  Lymphgefässsyslen  dnrch  «^en.  Stc* 
mtUa  auf  der  freien  Fliehe  der  serösen  Käute  ausmflndet  Gmch. 

MemiiiL  Grössere  Völkerschaft  im  alten  Gallien,  in  der  Gegend  des  heutigen 
Sistcron.     v.  H. 

Meminna,  Gray,  s.  Tragulus,  Briss.     v.  N^. 

Memnonenses.    Völkerschaft  des  Alterthums  im  Innern  Aethiopiens.   v.  H. 

Mena.   Familie  der  iJanlu  (s.  d.)  in  Sdd-Afrika.      v.  H. 

Menapii.  Belgisches,  niclit  unljcdeutendes  \(ijk  in  grossen  Wäldern  und 
Sümpfen  in  der  Niilic  der  Kncmmündungen  und  westlich  von  der  Mosa 
(Maas).    V.  H. 

Mendesantilope»  s.  Addax  und  Hippotragus.    v.  Ms. 

Mendisa-Berge  in  England  entiialten  viele  Höhlen  mit  sahllosen  Knochen 
von  Höhlenhyäne,  Höhlentieger,  Bär,  Wolf,  Fuchs»  Rhinoceros,  Mammuth,  Pferd, 
Ur,  Kiesenhirschp  Rennthier,  Lemming.  In  manchen  finden  sich  noch  Spuren 
des  Menschen  sowie  Steingeräthe,  welche  schliessen  lassen,  dass  der  Mensch  mit 
der  Höhlenhyäne  gleichzeitig  lebte.  Kine  der  Hohlen  wurde  in  der  Vorzeit  als 
Beerdigungsplatz  benfitzt,  wie  mehrere  mit  Stalagmiten  über/ogcne  Gerii)[)e  be- 
weisen: Vergl.  Dawkjns,  »Die  Kühlen  u.  die  Ureinwohner  Europas«,  pag.  232 
bis  234.     C.  M. 

Menearos.  Ehemaliger  Stamm  der  Campas-Indianer  (s.  d.).    v.  H. 
ISenetia»  Gray.  Gjmnophtiialmiden  Gattung  mit  x  westindischen  Art.  P». 
Meogwe»  s.  Irokesen,    v.  H. 

Menhlf.  Unter  diesen,  nach  Peulum  in  Skandinavien  Bautasteine  genannt, 
versteht  man  rohe,  aufgerichtete  Steinblöcke.  Entweder  stehen  sie  einzeln  oder 
in  Reihen.  In  Dcitt^chland  heisst  man  sie  auch  Gelgcnsteine  oder  Galgensteine; 
wahrscheinlich  ist  dies  Wort  von  ^Gagel«  abzuleiten  und  bezieht  sich  der  Name 
auf  die  kegelartige  Gestalt  dieser  Monolithe.  —  Menhir  stammt  aus  dem  keltischen 
und  bedeutet  »langer  Stein«.  C.  M. 
•  MenicoBtomiiin»  Kint  x88s.   Ciliaten-Gafttung  neben  I^armHMeimm,  Ff. 

Hentageiiy  Himhftute(s.  d.),  s.  >  Araclmoideac,  iDura  materc,  »Pia  materc.  v.  Ms. 

Meninx  serosa,  vssculoss,  s.  HimhSuteentwicklung.  Grbch. 

Menisci  (Cartilagines  interarticulares),  »ZuiscbenknorpeU,  »Bandsdieiben«, 
sind  bindegewebige  Gelenkshöhlenscheidewände  von  meistens  biconcaver  Form, 
mit  verdickten,  der  Innenfläche  der  Cclenkskapscl  oder  einer  der  Gelenkfläehen 
angewachsenen  Randern.  Sie  lagern  stets  mehr  oder  weniger  parallel  zu  den  von 
ihnen  geschiedenen  (ielenktlachen.  Nicht  selten  erscheinen  sie  ringartig  durch- 
brociien,  so  dass  dann  an  Steile  einer  doppelten  üeicnkshöhle  eine  2  kammerige 
tritt    V.  Mis. 

Henitsriss.  Minnetarees,  Hidatsa,  Ehatsar  oder  Grosventre,  die  grössten 
und  bestgebauten  Indianer  der  Missourigegenden,  von  dunklerer  Hautfivbe,  aber 
häufig,  wie  die  ihnen  nahe  verwandten  Mondänen  (s.  d.)  mit  relativ  lichten 
Augen  und  Haar.  Auch  ihre  Sprache  ist  mit  jener  der  Mandan  verwandt,  immer* 
hin  aber  versdüeden.   Die  Weiber  reden  etwas  anders  als  die  Mttnner.  Poly- 


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3« 


gamie  ist  ebenso  iiblicli,  ebenso  die  Sitte  der  Leviratsehe.  Entweirhungen  fallen 
mitunter  vor,  Scheidungen,  obwohl  sehr  leicht,  sind  dagegen  sclLeu.  £s  ist  un- 
schicksam,  mit  der  Schwiegermutter  direkt  xn  sprecheo,  doch  gerlUh  diese  Sitte 
allmähtich  in  Verfall.  Die  M.  sind  sehr  abergUabisch  und  haben  eine  wichtige 
religiöse  Cferemonie  »Daphikec  oder  »Wahpikec,  bei  welchen  »e  ach  genau  den 
Blmlichen  Bestimmungen  unterwerfen,  wie  die  Mandan.  Moralisch  zählen  die 
M.  tu  den  besten  unter  den  Indianern;  sie  sind  friedfertig,  ehrlich  und  fleisstg; 
unter  anderem  verstehen  sie  von  Alters  lier  ans  zermalmten  Glas,  das  sie  sich 
von  Europäern  verschaft'cn,  gefärbte  Kugeln  und  Ohrgehänge  herzustellen.  Alte 
Männer  tättowiren  sich  in  parallelen  Streifen  avit  den  Wangen.     v.  H. 

Menna.    Zweig  der  Bcnilimer  (s.  d.)  am  Chor  cl  Gash.     v.  H. 

Mennigvögel,  I^rUrocotus,  Boie  (gr.  ptii  ringsum,  krok^s  safiranfarben). 
Gattung  der  Farn«  Campophagidae  (s.  Stachelbürzel).  Schnabel  fliegenfangerartig, 
flachgedrückt^  Schwans  stufig,  länger  als  der  Flügel,  Gefieder  schwars  und  rotfa, 
oder  schwarz  und  gelb,  bei  den  weiblichen  Vögeln  grau  und  weiss  oder  grau 
und  gelb  gefitrbt  19  Arten  in  Indien,  auf  den  Sundainseln  und  Philippinen* 
F,  fiammeus,  Forst.,  in  Indien,  RcHW. 

Menobranchus ,  Harlan  =  AVr///rf/^,  RAHNiiSQUE,  nennt  man  eitien  nord- 
amerikani.schen  Schwanzlurcli ,  welcher  durch  Persistenz  von  4  K;cmenspalten 
jederseiLs,  auch  im  gcsclUechtsreifcn  Zustande,  sich  als  Fischmolch  (s.  Crypto- 
branchia)  charakterisirt,  wahrscheinlich  aber  zu  Bairachoieps,  Bonaparte,  einer 
von  SpeUrpes  (s.  d.)  nur  durch  die  4  verkümmerten  Zehen  der  Hinterbeine  unter* 
schiedenen  Gattung  der  Quersähnler  (s.  Lechriodonta),  in  demselben  Verhältnisse 
steht  wie  der  Axototl  (s.  d.)  zum  Aw^fysima,  d.  h.  eine  geschlechtsreif  werdende 
Larve  jener  Gattung  ist.  Ks. 

Menoidtna,  Bütschli  1884.  Monaden-Familie.  Von  den  Euglenen  durch 
O^lorophyllmangel  unterschieden,  saprophjrtisch,  ohne  Stigma.  Köiper  meta- 
bolisch oder  starr.  Pf. 

Menoidium,  Pertv  1852.  Nicht  metabolische  Monade  aus  der  Familie 
Menotäina,  Butschu.    1  Art,  Süsswasser,  Europa.  Pf. 

Menola,  s.  Maena.  Klz. 

IfeiuMnODis  oder  Menomonaes.  Indianer  in  V^sconsin.  Vor  vierzig  Jahren 
waren  sie  noch  ein  ziemlich  zahlreicher  Stamm.  Sdt  der  letztere  sich  auflöste^ 
riss  Trunksucht  und  Zttgellostgkeit  in  den  einzelnen  Familien  ein.  Sie  ver- 
kauften ihre  Pferde,  geriethen  immer  tiefer  m  Armntii  und  Klend,  und  waren 

schon  1870  bis  auf  den  letzten  Mann  ausgestorben.     v.  H. 

Menopomiden,  ^^enopomatiden,  Hogg.  (Hoikmann),  Familie  der  Fisch- 
molche, die  2  Gattungen  Menopoma  und  Cryptobranchus,  Jede  mit  3  Arten,  um- 
fassend. Ks. 

Menopon,  Nitzsch,  Mondkopf,  s.  Mallophaga.     £.  Tc. 

Mensa.  Halbnomaden,  etwa  xoooo  Köpfe  stark,  in  den  Gebiigen  des  Ire- 
phitenu  im  nördlichen  Abessinien,  jedoch  Untertitanen  Aegyptens,  dem  sie  einen 
jährlichen  Tribut  entriditen.  Die  M.  sind  sdbr  wohlgebaut^  die  Männer  gross, 

schlank  und  kräftig,  mit  angenehmen,  den  Europäern  ähnlichen  Gesichtszügen. 
Hautfarbe  dunkelbraun,  Haar  grob  und  straff,  Bart  meistens  schwach.  Die  Haare 
werden  gewöhnlich  in  viele  dünne  Löckchen  geflocliten,  die  auf  die  Schultern 
fallen  und  mit  Butter  gesalbt  werden.  Andere  rasiren  den  Kopf  ganz  und  lassen 
bloss  einen  Schojjf  stehen,  noch  andere  lassen  das  Haar  wachsen,  wie  es  ihnen 
gerade  beliebt.    Die  Frauen  üchen  weniger  gut  aus;  in  der  Jugend  sind  sie  wühl 


^ujui^uo  i.y  Google 


Mensch. 


voll  und  rund,  allein  wegen  der  frühen  Heirathen  und  der  harten  Arbeit  welken 
sie  bald  und  sclirumpfen  zu  wahren  Gerippen  :^ii<?ammen,  ehe  sie  dreissig  Jahre 
erreichen.  Als  Kleidung  dient  beiden  GescliIcclUcrn  das  in  Abcssinicn  til  lithe 
L  inschlagetuch,  wozu  sich  die  Männer  zuweilen  noch  den  Luxus  abessmischcr 
kurzer  Hosen  gönnen.  Die  M.,  in  kleineren  oder  grösseren  Trupps  im  Lande 
mit  ihren  Heerden  umhetziehendr  leben  während  der  abessinischen  Regenzeit  im 
Hochland,  während  der  Regenzeit  der  Sahara  im  Tieflande.  Ebenso  wird  auch 
zweimal  der  Ackerbau,  frdlich  durchaus  ungenügend,  betrieben:  Gerste,  Durmh 
und  guter  Tabak,  welcher  aus  der  nirgends  fehlenden  Wasserpfeife  geraucht  wird. 
Sonst  leben  die  M.  von  ihren  Heerden,  die  von  der  gewonnenen  Butter  zurück* 
bleibende  Buttermilch  bildet  die  Hauptnahrung.  Neben  den  beweglichen 
Nomadendörfern  aus  biencnkorbähnlichen  Mattcnzelten  haben  die  M.  auch  zwei 
feste  Dörfer.  Die  Hültcn  sind  aber  jämmerliche  Bauwerke,  einfache  aus  Stäben 
gebildete  Holzgerüste  mit  Stroh  nothdUrftig  gedeckt,  sodass  der  Regen  eindringt. 
Mehr  Sorgfalt  verwendet  man  auf  die  Gräber:  kreisrunde,  trocken  ausgeführte 
Steinmauern,  deren  Kamm  mit  weissen  Quarzstttcken  habsch  belegt  ist;  zuweilen 
sind  es  auch  niedere  weisse  Pyramiden,  auf  hohen  Punkten  gelten.  Die  M. 
sind  koptische  Christen,  wenn  man  Qiristenthum  ein  Gemisch  abergläubischer 
Gebräuche  und  unverstandener,  sinnloser  Ceremonien  nennen  darf.  Uebtfgens 
verschwinden  selbst  die  geringen  Spuren  der  koptischen  Religion  immer  mehr 
und  fast  die  Hälfte  der  M.  ist  schon  zum  Islam  übergetreten.  Der  Charakter 
der  M.  wird  dadurch  aber  nicht  geändert;  sie  sind  wie  alle  Tigre  sprechenden 
Nomaden  des  Küstenlandes;  als  beste  Eigenschaft  steht  die  Gastfreundschaft  in 
BlUthe.  Grenzenlose  Habsucht  und  grosse  Verschlagenheit  und  Tücke,  sowie 
starke  Indolenz  und  Faulheit  sind  die  schlimmsten  Züge  der  M.,  denen  es  sonst 
nicht  an  natOrlicher  Begabung  und  sdiarfem  Verstände  fehlt  Sie  lieben  Musik 
und  Tanz.  H. 

Menadi  (allgemeine  Entwicklung),  (s.  auch  Embryonen,  jflngste  mensch* 

liehe).  Wir  wissen  von  der  ersten  Entwickltmg  des  menschlichen  Embryos  nur  sehr 
wenig.  Aus  der  ersten  Woche  der  Schwangerschaft,  während  welcher  Zeit  das 
Ei  den  Eileiter  passirt  und  sclir  wahrscheinlich  einen  totalen  Furchunt^sprores'; 
durchmacht,  sind  keine  weiteren  Beobachtungen  bekannt.  Angaben  über  eni 
menschliches  Ei,  dessen  Alter  zwölf  bis  vierzehn  Tage  betragen  dtirfte,  liegen 
von  Reichert  vor.  Derselbe  fand  es  im  Uterus  einer  Selbstmörderin  und  be- 
schrieb es  als  blasenartiges,  linsenfiirmiges  Körperchen.  Es  war  schon  von  einer 
Decidua  reßexa  umhiUlt^  war  5,5  Millim.  lang  und  3,5  Mtllim.  breit  Am  Rande 
trug  es  einfache  und  geUieilte  Zotten,  in  der  Mitte  der  beiden  abgeplatteten 
Flächen  befand  sich,  der  Zotten  entbehrend,  eine  kreisförmige  Fläche  von 
2,5  Millim.  Durchmesser,  in  welcher  sich  ein  dunkler  Fleck  ttigte,  den  Rkichert 
für  den  Frucht'n  f  erklärte.  Spuren  embryonaler  Anlagen  wurden  nicht  gefunden. 
Das  Ki  bestand  nur  aus  einer  zarten  Membran  vcm  epithelialer  Beschaffenheit, 
aus  der  Membran  gingen  die  kleinen  Zotten  hervor.  Die  fleckartige,  dunklere 
Stelle  führte  an  der  der  Uteruswand  zugekehrten  iiaciic  eine  dünne  fein- 
kömiger,  kernhaltiger,  polyedrischer  Zellen,  das  Innere  war  mit  faserig-häuligem 
Gerinsel  angefüllt  Spätere  Untersuchungen  von  Bbicbl  und  Löwe,  Ahlfsld  und 
KoLLMAMM  an  menschlichen  Eiern,  welche  ungeflthr  dasselbe  Alter  besessen,  als 
das  von  Reichert  beobachtete;  ergeben  nun  einen  complidrteren  Bau,  als 
Reichert  ihn  vermuthete.  Nach  Kollmann  findet  sich  an  einem  derartigen  Ei 
aus  der  Baseler  anatomischen  Sammlung  eine  äussere  Eptthelschicht  und  eine 

ZooL,  AMhn^  a.  Bümologicii  Bd.  V.  34 


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370 


Menach. 


innere  Schicht  von  Bindesubstanz,  welche  sicli  in  die  Zotten  hineinerstreckt.  Das 
jiingste  Fi  mit  deutlich  vorhandener  Embryunalanlage  wurde  von  His  be- 
schrieben. Sein  Aussehen  war  ebenfalls  das  einer  ovalen,  überall  mit  Zotten  be- 
deckten, 8,5  MilUm.  langen  und  5,5  Millim.  breiten,  auf  der  einen  S«te  abge- 
platteten Blase.  Die  Innenfliche  der  abgeplatteten  Blasenwand  trug  vermittelst 
eines  Stieles  einen  Embryo  mit  Dottersack,  welcher  aber  nur  einen  sehr  geringen 
Theil  des  ganzen  Blasentnnenraumes  ausfüllte.  Die  MeduUarplatte  war  eben 
siebtbar,  das  Mesoblast  unsegmentirt,  die  Kopfplatte  bereits  angedeutet.  Das 
.Amnion  erschien  vollständig^  ausgebildet  und  Duttergcfasse  waren  vorhanden.  Von 
Allen  Thomson  hegen  Beobachtungen  über  zwei  men<5chliclic  Hier  vor.  Das 
erste  von  6,6  Millim.  Grosse,  dessen  AUer  er  auf  12 — 13  Tage  schat/t,  bcsass  ein 
mit  dünnen  Zotten  besetztes  Chorion.  Dasselbe  umschloss  den  Duttersack, 
welcher  einen,  am  vorderen  und  hinteren  Ende  von  ihm  bereits  etwas  abge- 
schnürten, a,s  Millim.  langen  Embryo  trug.  Darm,  AHantois  und  Nabelstrang 
sah  Thomson  nicht,  doch  war,  wie  BiscKOvr  hervorhebt,  ein  Amnion  vielleicht 
schon  vorhanden.  Das  zweite,  von  THOi»c»r  untersuchte  £i  hatte  eine  Grösse 
von  13,2  MiUim*  und  sein  Alter  wurde  auf  15  Tage  geschätzt.  Das  Chorion  trug 
ebenfalls  Zotten  und  umschloss  einen  mit  Flüssigkeit  erfüllten  Raum  und  an  einer 
Stelle  ein  Bläschen  mit  der  Anlage  des  2,2  Millim.  grossen  Fmhryo.  An  diesem 
zeigte  sich  eine  dcutlirlie,  in  der  Mitte  z.  'i'h.  schon  geschlossene  Rückenfurche 
mit  stark  hervoi tretenden  RucKcnwulsten.  An  der  ventralen  Seite  des  Embryo  war 
die  Anlage  des  Hei/ens  bemerkbar  und  das  Kopfende  trug  ein  Stück  des  Am- 
nion in  Form  eines  hautaitigen  Lappens.  Ein  AUantoissliei  wurde  nidit  deut- 
lich erkannt  Frttchte  von  annilhemd  demselben  Alter  sind  von  Costb,  Pockels, 
Merkel  und  von  Babr  früher  beobachtet  worden,  aber  so  unvollständig  be- 
schrieben, dass  sichere  Resultate  sich  nicht  ziehen  lassen  ;  ähnlich  verillUt  es  sich 
mit  einem  8  Millim.  langen  Kmbr)'o  aus  der  vierten  Woche,  welcher  von'  KRAUSE 
beschrieben,  von  vielen  Forschern  .Anfechtungen  erlitten  hat  Sehr  genau  aber 
wurde  ein  13,2  Millim.  grosses  Fi  aus  der  dritten  Schwangerschaftswoche  von 
Cosii  bi  obachtet.  Die  Chnrion/otten  erscliiencn  vielfach  verästelt.  Im  Innen- 
raum lag  aji  einer  Stelle  der  4,4  .Miiiim.  lange  Embryo  mit  Amnion  und  Dotter- 
sack, durch  kunm  Nab^tiang  an  das  Chorion  befestigt  Der  Embryo  war 
iMch  dem  RUcken  au  leicht  gekrümmt  am  vorderen  und  hinteren  Ende  abge- 
schnürt, in  der  Halsgegend  war  das  S-förmig  gekrümmteb  von  der  Halshöhle  um» 
gebene  Hees  ta  sehen;  während  der  BtUbus  wrtae  sich  deutlich  abhob,  war  aber 
eine  Trennung  der  Kammern  und  Vorkammern  noch  nicht  eingetreten.  Der 
Kopf  zeigte  die  Kiemenbogen  und  Spalten,  letztere  jedoch  noch  verschlossen, 
femer  waren  daran  der  Stirn-Nasenfortsatz  und  die  Anlage  der  Mundhöhle  nls 
grubenartige  Vertiefunj^  zu  sehen.  -Aus  dem  weit  geöffneten  Bauche  sciiauie  der 
2,75  Millim.  grosse  Doitcrsack,  welcher  in  offener  Verbindung  mit  dem  Darm 
sich  befand,  heraus.  Das  hintere  Leibesende  zeigte  die  strangförmige  Allantois, 
weldie  durch  einen  breiten  Stid,  dem  späteren  Uraehmtf  mit  dem  Enddarm  und 
der  vorderen  Beckenwand  zusammenhing.  Am  Dottersack  fimden  sich  zwei 
Arienae  üw^hah-miaaiterkat  und  zwei  Yenat  rnnphak-mtmUriwe,  ebenso  fanden 
sich  an  der  Allantois  GefUsse,  welche  in  die  hautartige  Ausbreitung  derselben  am 
Choricm  übergingen.  Von  einer  Anlage  der  Extremitäten,  sowie  von  der  der 
Augen  und  des  Gehörorganes  war  nichts  zu  finden.  Das  Chorion  des  Eies  Hess 
zwei  Schichten  erkennen.  Die  innere  zottenlose  Lamelle,  welche  Costk.  als  Aus- 
breitung der  Allantois  auäasste,  zeigt  sich  gelässbaltig,  die  ä4issere  Lamelle  war 


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Mensch. 


37« 


mit  hohlen«  manchmal  verästelten  Zotten  besetzt,  von  denen  jede  mit  runder 
Oeffnung  auf  ihrer  der  AUantois  zugekehrten  Fläche  frei  mündete.  Kölliker, 
welcher  das  Clionon  desselben  Eies  mikroskopisch  untersuchte,  fand  die  Zotten 
und  die  sie  tragende  Lamelle  aus  epithelartigen  Zellen  zusammengesety.t.  Jüh, 
Mui.i.EK  beschreibt  im  zweiten  Bande  seiner  Physiologie  des  Menschen  ein  Ei 
von  15,2  —  17,6  Millim.  Grösse.    Die  Länge  des  Embryo  betrug  5,6  Millim.,  der 
NabelMnmg  war  1,3  Millim.  dick,  der  Dottersack  oder  das  Nabdbläschen  {Fisi- 
euia  uH^ätalis)  maasa  3*3  Millim,  zeigte  keinen  Dottergang,  war  aber  in  weiter 
Verbindung  mit  dem  DarmkanaL    Das  Amnion,  welclies  von  den  RSndem  der 
weiten  Bauchhöhle  ausging,  lag  als  Hülle  dem  Embryo  dicht  an,  bildete  aber 
eine  Scheide  iür  den  Stiel  der  Allantois  oder  den  Nabelstrang.  Kiemen-Bögen 
und  Si>alten  waren  drei  Paar  vorhanden  und  hinter  denselben  war  der  hervor- 
ragende Herzschlauch  sichtbar.    Extremitäten  wurden  nicht  beschrieben.  Nach 
KöLUKEK  s  Ansicht  dürfte  dieses  Ei  drei  Wochen  alt  gewesen  sein  und  dem  von 
CosTE  beschriebenen  sehr  nahe  stehen.  —  R.  Wagner  hat  in  seinen  Icones 
physiologicae  ein  Ei  aus  der  dritten  Schwangerschaftswoche  abgebildet   Es  maass 
13  liifilUm.,  derEmbiyo  war  4,5  Millim.,  der  Dottersack  s,3  Millim.  lang.  Letzterer 
ersciuen  oval  nnd  war  durch  «nen  kuncen,  weiten  Stiel,  dem  Dottergang  mit 
dem  schon  fast  geschlossenen  Darme  verbunden.   Das  Chorion  war  mit  kleinen 
einfachen  Zotten  besetzt  und  umschloss  eine  mit  eiweissartiger  Flüssigkeit  ge- 
füllte Höhle,  in  welcher  sich  der  Embryo  mit  lose  umhüllendem  Amnion  und 
Dottersack,  durch  kurzen  Nabelstrang  befestigt,  befand.    Die  .Mlantois  schimmerte 
als  kleine  Blase  durch  den  Nabelstrang  hindurch.     Der  Embryo  erscheint  ge- 
krümmt, besass  drei  Kiemens}ialten,  WoLKKsche  Körper,  keine  Extremitätcnan- 
lagen,  drei  Hirnblasen  und  die  Gehörbläschen,  aber  keine  Spur  des  Auges.  — * 
Auf  der  Grenze  der  dritten  und  vierten  Schwangersdiaftswoche  steht  ein  Ei, 
welches  ebenfalls  von  Costb  beschrieben  wurde,  es  maass  schon  2,7  Centim.  im 
Durchmesser.   Der  Embiyo  war  deraitig  gekrflmmt,  dass  Kopf*  und  Schwanz* 
ende  nahe  bei  einander  lagen.  Am  Kopfe  fanden  sich  die  Anlagen  der  Nasen- 
gruben,  des  Auges  und  des  Ohres,  femer  vier  Kiemenbögen,  von  denen  der  erste 
gabelig  gespalten  erschien.   Vom  Rumpfe  hob  sich  die  vordere  Extremität  als  deut- 
liche wulstige  Erhebung  ab;  hinter  den  Kiemenbögen  fand  sich  das  Herz  in  stark 
vorsprii\^ender  Halshöhle.    Die  Ventrikel  waren  bereits  doppelt  und  die  Atrien 
untersclieidbar.   Leber  und  WoLPr'sche  Körper  waren  ebenfalls  angelegt.  Aus 
dem  weitoffenen  Bauche  blickte  der  gefässreiche  Dottersack.   Am  hinteren  Embryo- 
ende heftete  sich  der  mit  zwei  Arterien  und  zwei  Venen  versehene  Nabelstrang 
an  das  Chorion  an,  welches  sehr  gefilssrdch  erschien  und  dendritisdh  verzweigte 
^  Zotten  trug.  Das  Amnion  lag  dem  Embiyo  ohne  Einschob  von  Amnionwasser 
fest  an.    In  den  Anfang  der  vierten  Woche  fKllt  ein  wiederum  von  Thcncson  ge- 
fundenes Ei.    Seine  Verhältnisse  sind  denen  des  eben  beschriebenen  sehr  ähn- 
lich, die  Einzelheiten  aber  treten  noch  deutlicher  hervor.    Von  der  vierten  Woche 
ab  liegen  viele  Beschreibungen  menschlicher  Embryonen  vor  und  es  soll  hier  nur 
(Jas  Resum^  derselben  gegeben  werden.    In  der  vierten  Woche  nimmt  der 
Kopf  stark   an  Grösse  zu.     Die  Gegend  des  Mittelhims  tritt  stark  hervor 
und  die  Grosshimblasen  werden  deutlich.  Die  Mundftfihung  tritt  mit  den  Nasen- 
gruben in  Verbindung,  die  seidich  Aber  derselben  gelegen  nnd,  vom  vom  Stirn- 
fortsatse,  sdtlich  von  den  Obeikieferfortsfttzen  des  ersten  Riemenbogens  und 
hinten  von  den  vereinigten  Unterkieferfortsätzen  desselben  Kiemenbogens  begrenzt 
werden.  Auge  und  Ohr  treten  deutlicher  hervor.  Das  Hers  gewinnt  immer  mehr 


37* 


die  Gestalt,  welche  es  sjtaler  zeigt.  An  dem  vom  Pericard  umschlossenen 
Herfen,  welches  die  ganze  Seite  der  Brust  einnimmt,  werden  der  Bulbus  aoriac 
und  die  Auricula  sichtbar.  Hinter  ihm  erkennt  man  die  Lungen  und  die  zwei- 
lappige  Leber,  in  ihrem  Einschnitte  den  Stamm  der  beiden  Umbilicalvenen,  die 
Wourp'Bchen  Körper,  lang  und  schmal,  erstrecken  sich  im  hinleren  Abschnitte 
der  Leibeshöhle  von  der  Leber  bis  in  die  Beckenbucht^  ihr  an  der  Aussenseite 
gerader  Aufführungsgang  mündet  in  das  Ende  des  Darmes,  auf  ihrer  Innenseite 
findet  sich  ein  Blastemstreifen,  aus  welchem  sich  die  Geschlechtsdrüsen  entwickeln. 
Der  Darmkanal  ist  ein  einfacher  gerader  Schlauch,  welcher  nur  gegen  den 
Nabelstrang  zu  eine  leit  hie  Schleife  macht.  Auch  ein  Theil  des  Mesenteriums  ist 
vorhanden.  Der  Dutterganü;  (Ductus  omphalo  -  mcsentfricus)  besitzt  an  seinem 
Anlange  eme  Erweiterung  und  ist  ieicht  gewunden.  Aul  ihm  verlauit  die  rechte 
Atteria  ^phah^mesetUerka,  während  die  linke  obliterirt,  vom  Dottenacke  zurttck 
kommt  nur  noch  eine  Vene,  die  linke  Vena  mi^kah^esnUerua,  Mit  diesen 
Gefitesen  im  Zusammenhange  steht  ein  ansehnliches  Gefilssnetz,  welches  sidi  auf 
dem  Dottersack  ausbreitet  Am  hinteren  Embryoende  sitzt  die  gestreckte  Allan- 
Uns«  Auf  jeder  Seite  derselben  finden  sicli  symmetrisch  die  zwei  Vitnae  umbükaJes, 
von  denen  die  rechte,  welche  später  zu  Grunde  geht,  schon  schwächer  ersclieint, 
nach  hinten  von  ihr  verlaufen  die  Arteriat  umbtiicaies.  Eine  bindegewebige 
Hülle  bedeckt  sie,  dieselbe  wird  nach  und  nach  mächtiger  und  umhüllt  später 
als  WHARTüN  sche  Sülze  im  Nabelstrang  die  Geßisse.  iUJe  Extremitäten  treten 
als  kurze  Stummel  hervor  und  das  hintere  Körperende  läuft  in  einen  fitzen 
Schwanz  aus.  Die  gemeinscbaftliGhe  Oeffnung  des  Dann-,  Ham^  und  Ge* 
schlechtsapparates  wird  von  zwei  niedrigen  Genitalwfllsten,  am  denen  später  die 
äusseren  Geschlechtsorgane  hervorgehen,  umgeben.  Zwischen  Amnion  und  Emlnyo 
tritt  das  Amnionwasser  auf,  zwischen  Amnion  und  Chorion  findet  sich  ein  mit 
Flüssigkeit  gefüllter  Raum,  in  welchem  der  Dottersack  liegt.  Die  Innenfläche  des 
Chorion  ist  nicht  nur  an  der  Plarentarstelle,  sondern  in  ihrer  ganzen  Aus- 
dehnung reich  an  Gefässen,  welche  den  Nabelgefassen  entstammen.  Die  Aussen- 
tläche  i'.-t  mit  verästelten  Zöllen  bcset/t,  welche  nicht  mehr  die  Kpitlielschicht 
allcine  führen,  sondern  auch  reichhch  gefässführcndcs  Bindegewebe  entiiaiten. 
Die  beistehende  Flg.  i  verdnniichc  den  beschrfebenen  JCmbiyo.  b  der  fllnft«i 
Woche  geht  der  bisher  stark  gekrflmmte  Embijo  in  dne  etwas  gestrecktere  Form 
Uber.  Die  Kiemenspalten  kommen  mit  Ausnahme  der  ersten,  wdche  zur  äusseren 
OhröfTnung  wird,  zum  Schlttss.  Der  Kopf  wächtA  stark  und  die  Extren^ten 
zeigen  beginnende  Gliederung.  Die  VetM  mw^icalis  dexfra  obliterirt  allmählich. 
Der  Darmkanal  zeigt  mehrfache  Windungen,  am  Dickdarm  legt  sich  das  Coecum 
an.  Die  Arier ia  omphalo-mcscnterica  entsendet  Aesle  an  die  Darmschlingen; 
aus  denen  sich  später  die  Aricria  mcsenterka  supcrior  bildet.  Der  Nabelstrang 
zeigt  noch  in  seiner  ganzen  Länge  den  hohlen  Urachus,  weicher  in  der  Nahe  der 
Insertionsstelle  des  Nabelstranges  am  Chorion  blind  geschlossen  ist,  auf  der 
anderen  Seite  aber  vermittels  einer  Erweiterung,  welche  die  Anlage  der  Harn- 
blase repräsentirt^  mit  dem  Mastdärme  in  offener  Verbindung  steht  Das  Amnion 
ist  dne  geräumige,  mit  Flüssigkeit  erfüllte  Blase,  welche  den  Raum  des  stark 
bezotleten  Chorions  beinahe  ganz  ausfüllt.  Das  Gesicht  des  Embryos  bildet  sich 
mehr  und  mehr  aus.  Durch  Wacbsthum  des  Himfortsatzes  und  durch  seine 
mehr  und  mehr  eintretende  Vereinigung  mit  dem  Oberkieferfortsatzc  des  ersten 
Kiemenbogens  erscheint  die  Nasenöffnung  von  der  Mundotbumg  mehr  geschieden. 
In  der  Mundliuhle  fmdet  sich  die  Zunge.    Die  Kiemenspalten  sind  mit  Ausnahme 


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Mensch. 


373 


der  ersten  (Ohröffnung)  geschwunden  und  von  den  Kiemenbögen  sind  der  zweite 
und  dritte  als  Querwdlste  angedeutet.  Die  stärker  hervortretenden  Augen  er- 
scheinen bereits  mit  Pigment  versehen.  —  An  den  vorderen  Glicdmaassen  sind 


FC  fr. 


(Z.  TO.) 

Menachlictaer  Embryo  von  25  bis 

28  Tagen,  gestreckt  und  von  vorne 
gesehen  nach  Entfernung  der  vorde- 
ren Brust-  und  Bauchwand  und  eines 
Theilcs  des  Darmes,  nach  Costk. 
(AusKölluckr's  Entwicklungsgcsch. 
1879.  p.  3I4)<  o  Nascnöffnung ; 
o,  Auge ;  m  Oberkieferfortsatz ;  m,  ver- 
einigte UntcrkieferfortsMtie  des  ersten 
Kiemenbogens  oder  primitiver  Unter- 
kiefer; Kb  zweiter,  Kb,  dritter  Kie- 
menbögen; ba  Bulbus  aortae;  ac  m. 
a/,  Herrohren;  vd  rechter,  vs  linker 
Herzventrikel;  h  Leber;  v\x.vu  Vena 
umbilicalis  unter  der  Leber;  t  Darm; 
aom  Arteria  omphalomcsfntcrica; 
vom  Vena  ompluüomeseMteriea ;  pn 
WoUF'scher  Körper;  Blastem 
der  Geschlechtsdrüse;  ms  Mesen- 
terium; r  Enddarm;  au  Arteria  um- 
bilitalis;  oc  Oeffnung  der  Cloake; 
(  Schwanz;  ea  vordere  Extremität; 
ep  hintere  Extremität 


au 


(Z.M) 

Menschlicher  Embryo  von  35  Tagen  von  Vorne 
gesehen  nach  COSTE  (aus  KöLLlICER,  pag.  317). 
Leber  ist  entfernt,  pn,  linker  äusserer  Nasen- 
fortsatz;  m  Oberkieferfortsatz  des  ersten  Kiemen- 
bogens; m,  primitiver  Unterkiefer;  /Zunge;  ba  Bul- 
bus aortae;  b,  erster  bleibender  Aortenbogen ,  welcher 
zur  Aorta  asctndens  wird;  b,,  zweiter  Aortenbogen, 
welcher  den  Arcus  aortae  gicbt ;  dritter  Aorten- 
bogen oder  Ductus  Botalli;  ap  Lungenarterien;  c  ge- 
meinsamer Venensinus  des  Herzens;  c,  Stamm  der 
Gbw  superior  und  Atygos  dextra;  c„  Stamm  der 
Cai'a  in/,  und  Axygos  sinistra;  ac  linkes  Herzohr; 
i'i/ linker,  r/ rechter  Ventrikel;  ^Lungen;  j/ Magen; 
voms  Vena  omphalo  mesenlerica  sinistra;  vp  Fort- 
setzung derselben  hinter  dem  Pylorus,  später  zur 
Vena  portae  werdend;  r  Dottergang;  aomd  Arteria 
omphalomesenterica  dextra;  pn  WoiJT'scher  Körper; 
r  Enddarm;  au  Arteria  umbilicalis;  vu  Vena  umbili- 
calis; c„„  Schwanz;  ca  vordere,  ep  hintere  Extremi- 
tät; o,  Auge;  0  Nasenöffnung. 


374 


Mensch. 


Hand  und  Finger  angedeutet,  die  Anlagen  der  äusseren  Genitalien  werden  deai> 
ticher.  Leber  und  Herz  sind  mehr  ausgebildet  Die  Wounr'sclien  Körper  er- 
scheinen veikleinert,  die  Gescblecbtsdrflsenanlage  tritt  mehr  herror.  SpeiserGbre» 

Magen  und  Zwölffingerdarm  beginnen  sich  su  sondern,  zu  beiden  Seiten  der 
Speiseröhre  li^en  die  etwas  grösser  gewordenen  T-ungen.  Der  Schwanz  ist  kaum 
kleiner  geworden.  Die  beistehende  Fig.  2  vcrsinnlicht  die  einzelnen  Verhältnisse. 
Bei  Embryonen  der  scclisten  Srhwangerschaflswoche  zeigen  sich  mehrere  Fort- 
schritte in  der  Kntwicklung.  Der  K()ri)cr  ist  noch  pestrecktep  und  der  Kopf 
noch  grösser.  übcrkieferfortüaU  des  Kiemenbogcns  imd  Stirufortsatz  sind  ver- 
scbmohen  und  die  Nase  ist  von  der  Mtmdöffiiuttg  völlig  getrennt.  Die  Nase  be- 
ginnt schon  etwas  Aber  dem  sonst  platten  Gesicht  hervorzutreten.  ~  Die  Rinder 
der  Ohröfihung  wulsten  «cb.  Brust  und  Bauch  sind  staik  gewölbt,  an  letzterem 
rückt  der  Nabel  der  Mitte  zu.  —  An  den  Extremitäten  sind  oberer,  mittlerer 
und  unterer  Abschnitt  deutlich  vorbanden,  an  der  Hand  sind  die  Finger  noch 
nicht  getrennt.  Die  Zehen  .'iind  nnr  angcdoutet.  Der  Schwanz  verkümmert  Die 
VVoi.i  F  schen  Körper  nehmen  nur  udcIi  einen  kleinen  Abschnitt  der  hinteren 
Bauchhöhle  ein,  die  Geschlechtsdrüsen  treten  deuthcher  hervor.  Nieren  und 
Nebennieren  erscheinen  auch.  Die  Leber  ist  gross  und  blutreich,  auch  die 
Lungen  sind  vergrössert.  In  der  siebenten  und  achten  Woche,  also  am  Ende 
d«B  zweiten  Monats  schUesst  sich  die  Bauchhöhle;  im  Unterkiefer,  in  der  Clavi- 
cula,  in  den  Rippen  und  Wirbelkörpem  beginnt  die  Ossifieation.  Ueber  die 
Entwicklungsverhfiltnisse  des  Menschen  in  späterer  Zeit  bis  zur  Geburt  sei  noch 
kurz  folgendes  bemerkt:  —  Im  dritten  Monat  ist  das  Ovum  so  gross  wie  ein 
Gänseei.  Die  Placenta  ist  deutlich.  Der  Embryo  ist  7 — 9  Centim.  lang  und 
20  Gnn.  schwer,  und  heis.st  von  jetzt  ab  Foetiis.  Die  Ohrmuschel  i^t  ati  -rre- 
bildet,  der  Nabelstrang  ist  ebcnsolang  als  der  Foetus.  Das  Geschlecht  be- 
ginnt sich  zu  differenziren.  Im  vierten  Monat  wird  der  Foetus  bis  17  Centim. 
lang  und  sein  Gewicht  erreicht  120  Grm.  Das  Geschlecht  ist  deutlich,  Haare 
und  Nägel  beginnen  sich  anzulegen.  Die  Placenta  wiegt  80  Grm.,  die  Nabel- 
schnur wird  19  Centim.  lang.  Der  Nabel  liegt  Ober  dem  unteren  Drittel  der 
Ziiua  Die  Extremitäten  können  zuckende  Bewegungen  ausfithren.  Im 

Darme  des  Foetus  befindet  sich  Meconium,  in  der  Haut  erkennt  man  Geisse, 
die  Augenlider  sind  geschlossen.  —  Im  fünften  Monat  beträgt  die  Grösse  des 
Foetus  18—25  Centim.  und  sein  Gewicht  steigt  auf  2^4  Grm.  Das  Kopfhaar 
ist  deutlich,  (Iber  den  ganzen  übrigen  Körper  ist  die  hellrothe,  dünne,  aber 
weniger  durchsichtige  Haut  mit  Laenugo  und  Vernix  caseosa  bedeckt.  Die  Placenta 
wiegt  178  Grm.  die  Nabelschnur  erreicht  die  Lange  von  31  Centim.  Im  sechsten 
Momt  steigt  die  Grösse  des  Foetus  auf  34  Centim.  und  das  Gewicht  auf  634  Grm. 
Im  Gesicht  bildet  sich  der  Pattmicuhu  rasch  aus,  sodass  es  weniger  alt  aussieht 
Lamgo  und  Vernix  werden  immer  reidilicher.  Die  Hoden  liegen  im  Abdomen. 
Am  Auge  finden  sich  Pupillarmembran  und  Wimpern,  das  Meconium  reicht  bis 
in  den  Dickdarm.  Während  des  siebenten  Monats  erreicht  der  Foetus  die  Grösse 
von  13 18  Grm.  Es  beginnt  der  Descensus  trsticulorum.  Die  Augen  öffnen  sich, 
die  Pupillarmeniliran  schwindet  oft  central  m  der  28.  Woche.  Im  Fersenbein 
findet  sich  im  .\nfange  des  Monat.s  ein  Kern.  Foeten  aus  diesem  Monate  sind 
lebensfähig.  Im  achten  Monate  erreicht  der  Foetus  die  Grösse  von  42  Centim. 
und  wird  bis  zwei  Kilo  schwer.  Das  Kopfhaar  ist  dicht  und  über  i  Centim. 
lang.  Der  Nabel  steht  unter  der  Mitte  der  XMim  ulbti,  ein  Hoden  befindet  ridi 
bereits  im  Scrotum.  Während  des  neunten  Monate  reift  die  Frucht  Der  Körper 


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MoMchciiBflbi  —  Menstruatioo. 


37$ 


erreicht  die  drösse  von  51  Centim.  und  das  Gewicht  von  3^  Kilo.  Lanugo  findet 
sich  nur  noch  auf  den  Schultern.  Die  Haut  ist  weiss,  die  Nasen-  und  Ohrknorpel 
fühlen  sich  hart  an.  Die  platten  Nägel  überragen  mit  ihren  Schauieirandern 
die  FingersptCse.    Der  Nabel  steht  etwas  unterhalb  der  MHte  der  Zmrtf  «0». 

Als  charakteristisches  Merkmal  einer  ausgetragenen  Fracht  ist  das  Vorhanden- 
sein eines  Knochenkeines  in  der  unteren  Epiphyse  des  Oberschenkels  von 
4—8  Millim.  querem  Durchmesser  zu  nennen.  Grbch. 

Menschenaffen.  Die  Phylogenie  der  Affen  kommt  nach  HAcrel  zu  dem 
wichtigen  Schluss,  dass  sich  von  der  uralten  gemeinsamen  Stammform  der  Affen- 
Ordnung  schon  frühzeitig  zwei  divergirende  Linien  abgespalten  haben,  nämlich 
die  Platyrhinen  und  die  Katarhinen,  er&terc  haben  sich  über  die  neue,  letztere 
haben  sich  über  die  alte  Welt  verbreitet!  >Der  Mensch  ist  in  seiner  ganzen 
Organisation  und  nach  seinem  Ursprünge  ein  echter  Katarhinen-Afife  und  ist 
innerhalb  der  alten  Welt  aus  einer  unbekannten  ausgestorbmen  Katarhinenform 
entstanden.«  Nach  den  Untersuchungen  Huxley's  Ober  die  vergleichende  Anatomie 
der  Menschen  und  verschiedener  Katarhinen  ergiebt  sich,  dass  swiscben  Menschen 
und  den  höchsten  dieser  anthropoiden  AfTen,  (Gorilla,  Schimpanse,  Orang)  in 
jeder  Beziehung  ein  geringerer  Unterschied  besteht  als  zwischen  höchsten  und 
und  niedrigsten  Kntarhinen  (Meerkatze,  Makako,  Pavian). —  Keiner  von  den  jetzt 
noch  lebenden  Menschenaffen  kann  als  der  absolut  menschenähnlichste  Affe  an- 
gesehen werden.  Mit  dem  Gorilla  stimmt  der  Mensch  am  meisten  in  Hand- 
und  Fussbildung  Uberein,  in  der  Schädelbildung  ist  er  dem  Schimpanse,  in  der 
GebirnenMricklung  dem  Orang,  und  in  der  Bildung  des  Thorax  dem  Gibbon  am 
ähnlichsten.  —  Es  versteht  sich  entwicklungsgeschichüich  von  sdbst^  dass  kein 
einsiger  von  den  jetst  noch  lebenden  AnÜiropoiden  so  den  direkten  Vorfahren 
des  Menschengeschlechtes  gehört.  Nur  verständnisslose  Gegner  der  Entwicklungs- 
lehre haben  solche  Ansicht  ausgesprochen  und  dadurch  ein  unverseihlicbes  Un- 
heil angerichtet.    S.  auch  Anthropomorpha.  Grbch. 

Menschenfischlein,  Name,  welchen  die  Kraioer  dem  Olm    d.)  geben.  Ks. 

Menschenhai,  s,  Carcharias.  Klz. 

Menschenmoich,  s.  Andrias.  Ks. 

MenatruatiOB.  Dieses  Wort  wird  onr  auf  das  menscblicbe  Weib  sur  Be- 
wichnung  der  periodischen,  mit  der  Losldsung  der  rdfen  Eier  verbundenen  Vor> 
ginge  angewendet  trotsdem  dass  derProcess  bei  allen  weiblichen  Säugethieren  im 

Wesentlichen  der  gleiche  ist  und  bei  manchen  Säugethierarten  auch  die  begleiten- 
den Nebenumstände  nicht  erheblich  von  dem  Vorgang  beim  Menschen  abweichen. 
Was  flir  den  Menschen  am  meisten  charakteristisch  ist,  ist  die  f-ir  ein  Geschöpf 
von  so  bedeutender  Körpergrösse  sehr  rasche  Wiederholung  der  Menstruation, 
die  allerdings  beim  Menschen  eben  nur  desshalb  so  zu  Tage  tritt  —  gegenüber 
dem  weiblichen  Thiere  — ,  weil  bei  dem  ersteren  m  der  Regel  jahrelang  die 
regelniässige  Loslösung  der  Eier  stattfindet,  ehe  der  Process  durch  Conception 
und  Schwangemchafk  unterbrodien  wird.  Bei  dem  Thiere  ist  das  natttriich  nicht 
der  Fall,  da  hier  sofort  nach  Eintritt  der  Geschlechtsreife  der  Geschlechtsver- 
kehr fa^;innt  und  damit  die  Conception,  und  audi  zwischen  den  verschiedenen 
Trächtigkeitspcrioden  beim  Thier  knne  längeren  Pausen  fUr  die  Abwicklung 
wiederholter  Menstruationsvorgänge  liegen.  Die  Menstruation  ist  das  Signal  der 
Geschlechtsreife  und  der  wescnflichbte  Vorgang  ist,  wie  schon  bemerkt,  die  Los- 
lösung L  III  L  S  r  eiten  Kies  m  i^  olge  Platzens  eines  Kierstockfollikels  und  Eintretens 
desselben  in  Liietter  und  i^'ruchthälter.    Dem  Platzen  des  Follikels  geht  stets  ein 


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376 


MeostniAtion. 


Congestiomxustand  der  inneren  Geschlechtswerkzeugc  voraus,  und  schon  dieser  t&t 
begleitet  von  einer  Veränderung  des  AusdQmtungsgeruchs  und  einer  gewissen 
geschlechtlichen  Aufregung,  die  aber  nicht  verbunden  ist  mit  grösserer  Begattungs- 
willigkeit.  Ist  das  Ei  frei  und  in  die  Eileiter  gelangt»  so  steigt  die  Congestion 
zu  Frucbthälter  und  Scheide  und  im  ersteren  Oigan  derart  dass  nicht  bloss  eine 
erhöhte  Absonderung  der  UterinaldrUsen  eintritt  sondern  kapillare  Blutungen  statt- 
finden.   Sehen  tritt  diese  Blutung  schon  vor  Platzen  des  Eierstockfollikels  ein 
und  in  der  Regel  halt  sie  3-4  Tn.o;c  an,  wobei  der  Bluterguss  so  reichlich  ist, 
dass  ein  Blutabgang  durch  die  Schamspalte  stattfindet.    Dieses  Symptom  ist  nun 
beim  Menschen  ebenfalls  viel  stärker  entwickelt  als  bei  den  Thieren.  Bei  letzteren 
geht  meistens  nur  Uterinalschleim  ab,  aber  bei  manchen  Thieren,  namentlich  den 
den  Menschen  zunächst  stehenden  Affen  kommt  auch  Blatabgang  vor  odsr 
wenij^ns  leicht  blutige  Färbung  des  Schleims.  Aber  auch  bei  diesen  erreidit 
der  Blutabgang  nie  den  Umfimg  wie  beim  menschlichen  Weibe.   Das  Menstmal- 
blut  unterscheidet  sich  vom  Blut  aus  Wunden  einmal  durch  die  Beimischung 
von  Schleim  und  dann  dadurrli,  dass  es  meistens  nicht  gerinnt.    Die  Scham- 
theile  sind  während  der  Menstruation  ebenfalls  kongcstionirt  und  gesrlmollen. 
Das  ist  auch  bei  allen  weiblichen  Säugern  der  Fall  und  bei  einigen  grösseren 
Affenarten,  besonders  den  Pavianen,  erreicht  diese  Anschwellung'  der  Scham  einen 
so  enormen  Lmiang,  dass  sie  eine  bis  zu  halb  kopfgrosse  wassersüchtige  Ge- 
schwulst darstellt  dk»  wie  ein  pathologisches  Gelnlde  ausneht    Während  dieser 
Zeit  ist  der  Ausdttnstungsgenich  qualitativ  und  quantitativ  gans  bedeutend  ver* 
ändert.   Bei  den  Thieren  lässt  sich  leichter  als  beim  Menschen  beobachten,  dass 
schon  jetzt  diese  Aenderung  des  Ausdttnstong^gerochs  eine  in  weite  Femen 
wirkende  Anziehung  auf  das  andere  Geschlecht  ausübt,  aber  begattungsreif  ist 
das  (ieschöpf  in  diesem  Zustand  noch  nicht  und  liier  zeigt  sich  wieder  ein  Unter- 
schied zwischen  Mensch   und  Tliier.     Wohl  in  Folge  des   starken  Rlutabgangs 
ist  der  Ausdünslungsgcruch  des  Weibes  in  dieser  Zeit  ein  entschieden  widriger, 
fäulnissartiger,  was  den  Mann  von  geschlechtlicher  Annäheruiig  abhält;  und  auch 
das  Weib  befindet  sich  in  dieser  Phase  einmal  im  Allgemeinen  körperlich  ver- 
stimmt und  hat  gleichfalls  einen  entschiedenen  Widerwillen  gegen  gescbleditliche 
Vereinigung.   Bei  den  Thieren  dagegen  ruft  der  Genitalabgang  beim  Männchen 
von  Anbng  an  Begattnngslust  hervor  und  das  Auflecken  dieses  Abgangs  beweist, 
da  - :  derselbe  nichts  Widriges  ftlr  das  Männchen  hat    Dagegen  hat  das  weib- 
liche Thier  mit  dem  menschlichen  Weibe  das  gemein,  dass  es  durchaus  nicht 
begattungswillig  ist,  sondern  sich  durch  Flucht  \ind  nothigenfal)'^  Bcissen  und 
Schlagen  Versuchen  des  Männchens  entzieht,  offenbar,  weil  die  Ik^.iinmgsorgane 
schmerzempfindlich   sind.    P'rst  nachdem   der  Genitalabgang,  namentlich  heim 
menscliiichcn  Weibe  der  Blutabgang,  gänzlich  aufgehört  hat,  tritt  dieses  in  den 
Zustand  der  Begattungswilligkeit.   Besttglich  des  menschlichen  Menstraalblntes 
und  Menstrualgemches  muss  hier  noch  konstatirt  werden,  dass  es  nichts  weniger 
als  Aberglauben  is^  wenn  das  Volk  annimmt^  dass  von  demselben  verfaängniss- 
volle  Wirkungen  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  an^hen,  und  dieselben 
sind  so  wichtig,  dass  ich  «e  hier  etwas  ausführlicher  besprechen  will:  a)  auf  die 
Personen,  welche  mit  einer  menstrnircnden  weiblichen  Person  znsammenwohnen, 
wirkt  der  Duft  verstimmend   bis  zu  wirklicher  Gereiztheit  und  Streitsucht,  eine 
Wirkung,  die  otüenbar  vom  Blutantlieii  ausgeht,  wenn  man  sich  an  die  Thatsache 
erinnert,  dass  der  Blutgeruch  bei  unseren  Hausthieren,  besonders  beim  Weide- 
vieh, dieselbe  Erscheinung  hervorruft  Diese  Verstimmung  ist  jedoch  nicht  bloss 


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MemIruaHeo. 


377 


g^tithlirb,  sondern  auch  körperlich  und  kann  sich  in  der  verschiedensten  Weise 
ünssem,  am  häufigsten  als  Störung  des  Appetits  und  der  Verdauung.    Auf  kleine 
Kinder  knnn  der  Menstruationsduft,   entweder  wenn  er  von  einer  ungesunden 
Person  slamnit,  oder  wenn  in  Folge  falscher  Bekleidung  und  Bedeckung  das 
Mttiutrualblut  nicht  rasch  genug  trocknet,  somit  ein  Fäulnissprocess  in  ihm  be- 
ginnt; geradesn  krankmachend  wirken«  s.  B.  Brechruhr  erseugen.   Deishalb  vfixd 
von  den  Naturvölkern  das  menstruirende  Wdb  als  »unrein«  behandelt  und  bei 
manchen  derselben  während  der  Dauer  der  Menstruation  von  der  Wohngemein- 
schaft der  Familie  ausgeschlossen.   Bei  den  Culturvölkem  ist  das  Verständniss 
hieHir  in  ji^rosscr  Ausdclinung  verloren  <»ep;anj^en,  thcils  in  Folge  der  hier  herr- 
schenden Stumpfsinnigkeit,  tlieils  weil  der  modernen  Medicin  für  die  Beeinflussung 
d?r  T  chewesen  durch  Selbstgifte  und  durch  derartige  flüchtige  Stoffe  das  Ver- 
ständniss mangelt.    G.  Jäger  nennt  das  bei  der  Menstruation  auftretende  Selbst- 
gift »Frauengift»,   b)  Nicht  bloss  beim  Volk  in  grösster  Ausdehnung,  sondern 
auch  bei  den  betreffenden  praktischen  Sachverständigen  besteht  die  feste  Ueber* 
zeugui^  dass  der  Menstniationsduft  bei  solchen  Nahrongs-  und  Genassmttteln, 
welche  der  Bakteriengähmng  (Fäulniss-  und  Schleimgährung)  zugänglich  sind,  den 
Eintritt  dieser  Gähmng  begünstige.    Namentlich  werden  als  solche  bezeichnet 
Wein-  und  Obstmost  und  eingemachte  Früchte,  namentlich  Essig-  und  Zucker- 
konserven,  .mch  Fleisch  in  Salzlacke.    Weist  srhnn  die  allgemeine  Verbreitung 
dieser  Ansicht  darauf  hin,  dass  sie  that.sächiiclien  iieobachtungen  entspricht,  so 
ist  die  Sache  auch  wibücnschaftlich  durchaus  verständlich:  Bakteriengährung  hängt 
in  wässerigen  Flüssigkeiten  hauptsächlich  von  2  Momenten  ab,  einmal  vom  Con- 
centrationsgrad»  wenn  derselbe  nicht  hoch  genug  ist,  zwdtens  von  dem  Gehalt 
derselben  an  organischen  Stinkstoffen  —  G.  JAoer  nennt  die  Bakterien  »fbtoro- 
phile  Parasiten«.  —  Auf  der  anderen  Seite  hat  das  Wasser,  mithin  jede  wässerige 
Flüssigkeit  eine  besondere  Anziehungskraft  für  üble  Gerüche,  insbesondere  die 
Selbstgifte  der  Oiganismen  und  so  liegt  der  verderbliche  Einfluss  des  fattor  tnen- 
strualh  riiif  die  genannten  Gegenstände  klar  zu  Tage,        Wen!o:er  vervtändlirh 
ist  die  nicht  bloss  beim  Landvolk,  sondern  auch  bei  Gärtnern  und  lUnnienzuchtern 
IChLsiehende  Ueberzeugung,  dass  das  Frauengift  auch  auf  lebende,  insbesondere 
junge  Pflanzen  verderbend  cuiwirke,  wesshalb  weibliche  Personen  während  dieser 
Zeit  kdne  Gartengeschäfte  vornehmen,  insbesondere  sich  nicht  mit  dem  Versetzen 
von  Pflansen  beschäftigen  sollen.   Bei  manchen  Personen  ist  der  ^fluss  so 
stark,  dass  Blumen,  welche  ne  bertthren,  verwelken.    Davon,  dass  hier  keines- 
wegs Aberglauben  vorliegt,  hat  Referent  wiedetliolt  sich  Uebeneugung  verschafft. 
Was  in  solchen  Fällen  der  allseitigen  Anerkennung  der  Thatsache  entgegensteht, 
ist  der  Umstand,  dass  dieser  Einfluss  nicht  bei  allen  Individuen  die  gleiche  Stärke 
besitzt;  denn  ihm  wirkt  ein  anderer  Umstand  entgegen,  der  hier  nicht  unerwähnt 
bleiben  kann.    Bei  allen  Praktikern  auf  dem  (lebiet  der  Gärtnerei  ist  es  bekannt, 
dass  es  Personen  giebt,  die  eine  sogen,  »glückliche  Hand«  haben,  denen  beim 
Stecken,  Versetzen,  Oculiren  etc.  auch  bei  rücksichtslosester  Behandlung  alles  ge- 
lingt und  gedeiht,  während  es  andererseits  Unglücksnatnrm  giebt,  denen  bei  grösster 
Sorgfalt  fast  alles  missräth.   Nach  G.  JAger's  Ansicht  gebt  diese  Wirkung  von 
dem  menschHcheo  Individualstoff,  den  erAntiiropin  nennt,  und  der  insbesondere 
im  Fettschweiss  der  Haut  entiialten  ist  und  den  Selbstgiften  des  ^fcn sehen  als 
GesundheitsstofT  gegenüberstdit,  aus,  und  es  ist  klar,  dass  dieser  Einfluss  den 
des  Frauengiftes  durchkreuzt.    Andererseits  liegt  aber  auch  in  dem  machtvollen 
Einfluss,  den  das  Anthropin  auf  die  Pflansen  hat,  wieder  eine  gewisse  Erkläruiig 


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BienlODC« 


für  den  Eintluss  des  Frauengifteü!  —  Die  Menstruation  beginnt,  wie  schon  be- 
merkt, mit  Eintiitt  der  Pubertät,  die  in  wannen  Kliroaten  ins  lo.,  in  unseren 
Breiten  ins  15.  bis  15.  (bd  der  Stadtbevölkerung,  um  i^a  Jahre  später  bei 
der  Landbevölkerung)  im  Norden  in  das  15.  bis  x8.  Lebensjahr  fiUlt.  Sofern 
ne  nicht  gestört  wird  (siehe  nachher),  wtedetholt  rie  sich  in  mehr  oder  weniger 
r^elmässigen  Zwischenräumen  (daher  auch  der  Name  »Ri^el«,  Periodec),  in 
Zwischenräumen,  die  unter  normalen  Verhältnissen  21 — 31  Tage,  meist  27  bis 
2Q  Tage  berr.Trrcn.   Bei  dem  einzelnen  Individuum  betragen  Jedoch  die  Differenzen 
der  verschiedenen  Perioden  nur  ausnahmsweise  mehr  als  i — 2  Tage,  und  wohl 
bei  den  meisten  entspricht  die  l'eriode  einem  Mondsraonat,  daher  der  Name 
*menses*  oder  die  »monatliche  Reinigung« .    Während  Schwangerschaft,  Wochen- 
bett und  bei  Mttttem,  die  ihre  Kinder  sttllen,  auch  während  dieser  Zeit  setTt 
die  Menstruation  aus.   Ebenso  bringen  krankhafte  Störungen  u.  zw.  nicht  bloss 
solche  der  Geschlechtswerkzeuge,  sondern  auch  die  in  anderen  Organen  leicht 
Störungen  sowohl  im  Verlauf  der  Menstruadon  als  namentlich  auch  in  den  In- 
tervallen hervor.    Die  Beendigung  des  regelmässigen  Eintretens  der  ^^enstruation 
bildet  beim  menschlichen  Wcil)c  die  sogen.  Klimax.    Selten  hört  die  Menstrua- 
tion prompt  auf,  meist  ist  sie  eine  bis  zwei  Jahre,  die  man  dann  die  klimakterischen 
Jahre  nennt,  iinregelmassig,  häufig  sogar  krankhaft  unregelmässig.   Im  Allgemeinen 
verstreichen  von  Beginn  der  Menstruation  bis  zum  Aufhören  derselben  in  unsem 
Breiten  etwa  30  Jahre,  so  dass  die  Kitmax  zwiscdien  das  43.-48.  Ijebemjabi 
fällt    Bd  Frauen,  ^e  mehrfach  koncipirt  haben,  tritt  sie  später  ein,  und  am 
frühesten  bei  Personen,  die  keinen  Geschlechtsverkehr  unterhalten  haben  (s.  a. 
Art  Ovulation).  J. 

Mentone.  Meggridcf  schildert  die  Ergebnisse  seiner  Au^rabungen  in  den 
Höhlen  von  M.  also:  Die  Höhle  von  Canillen  bei  Mentone  wurde  1872  von 
Knit  nK  untersucht.  Der  Boden  besteht  aus  einer  dunklen,  mit  Kohlen  und 
Kncu  henstücken  und  von  der  Decke  gefallenen  Steinblöcken  imtermengten  Erde. 
Darunter  sliess  man  in  einer  l  iefe  von  sechs  und  einem  halben  Meter  auf  ein 
menschliches  Skelet  sowie  auf  Feuerspäne,  rohe  Knochenwerkzeuge  und  eine 
Anzahl  durchbohrter  Muschelichaleo.  Der  Schlldel  war  mit  einer  Kopfbekleidnng 
aus  Aber  700  durchbohrter  Schneckenschalen  bedeckt  —  Das  Skelet  lag  in 
mhender  Stellung  mit  gekrümmten  Beinen  und  Armen,  wie  man  aus  der  vor* 
trefflichen  Photolithographie  ersehen  kann,  die  RiviIire  in  dem  Berichte  über  den 
tinternationalen  Congress  fUr  prähistorische  Archäologie«  zu  Brüssel,  Taf.  6., 
niitcrefbeilt  hat.  In  dem  Erdboden  kommen  sowohl  darüber  wie  darunter  Zilhne 
und  Knochen  von  Hyänen,  Löwen,  wollhaarigem  Nashorn,  Mammut  und  anderen 
pleistocänen  Thieren  vor,  und  aus  diesem  (} runde  glauben  der  Entdecker  und 
Sir  Charles  Lyell,  das  Grab  stamme  aus  einer  Zeit,  wo  jene  Thiere  noch  ge- 
lebt haben.  Der  Schädel  wird  von  Rivi£rb  als  lang,  die  Oberschenkelbeine  als 
gekielt  und  die  Sduenbeme  als  platycemlsch  geschildert  VerbKltmase,  die  sich 
ebenso  bei  den  Skeletten  aus  Cro-Magnon,  Gibraltar,  Sclaigneaux  und  Noxdwales 
finden.  —  Dawkins  erklärt  im  Cregensatz  zu  Dbsoin,  Lybll,  Putcellv  das  Grab 
nicht  fflr  palaeolithisch,  sondern  hält  die  Fundsdiicht  fttr  gestört  und  das  Skelet 
für  jünger  als  d  ie  es  umgebenden  Thierreste.  Wir  halten  den  Grabfund  Air 
neolithisch,  der  in  gleiche  Periode  fällt,  wie  der  Skeletfund  von  Kirthhcim  a.  d. 
Eck  u.  die  Grabfunde  von  Halle  a.  d.  Saale.  —  Vergl.  Dawkins,  >die  Höhlen 
und  die  Urciiwohner  Europas«,  pag,  205 — 807.  Das  Skelet  befindet  sich  im 
Jardm  des  i:^iantcs  i\i  Paris.     C.  M. 


.  Kj       by  Googl 


Menun  —  Mqjhitis. 


379 


Menura,  Davies  (gr.  mene  Mondsichel,  oura  Schwanz),  Leierschwanz,  Vogel- 
gattiinp  der  Familie  Eriodoridac  (s.  d.\  Vögel  von  Fasangrösse.  Die  drei  Vordcr- 
zchcn  sind  ziemlich  gleich  lang,  alle  Krallen  lang  und  gestreckt.  In  dem  langen, 
sechszchnfedrigem  Schwänze  sind  die  beiden  äussersten  Federn  breitfahni^j  'iiid 
leierförniig  gebogen,  die  folgenden  zerschlissen  mit  weitlUckig  stehenden  Straiilen; 
die  betden  mittelsten  haben  eine  geschlossene,  aber  nur  einseitige  und  schmale 
Fahne.  Untenchwanzdecken  von  wolliger  Beschaffenheit.  Wir  keimen  drei 
Alten  von  Leierschwänzen,  M.  st^ba^  Dav.,  die  hitufigste,  M.  VktQHatt  Gould 
und  M*  Aihrti,  Gould.  Sie  bewohnen  die  Waldgebiete  Australiens,  bauen  ein 
überdecktes  Nest,  welches  nahe  über  dem  Erdboden  odor  auf  diesem  selbst  aus 
Reisern  tind  Wurzeln  errichtet  und  innen  mit  Federn  ausgekleidet  wird,  und 
sollen  je  nur  ein  Ei  legen.  Letzteres  ist  auf  grauem  oder  graubräunlichem  Grunde 
dunkler  gefleckt.    Die  Nahrung  besteht  in  Insekten  und  Beeren.  Rchw. 

Meo,  Volksstauun  in  den  Gebirgen  von  Na-ham  in  Hinter-Indien.  Die  M. 
fasiren  sich  den  Schädel  und  lassen  bloss  einen  Zopf  stehen,  wie  die  Chinesen, 
tragen  rieh  auch  wie  diese,  heirathen  nur  untereinander  und  huldigen  dem  Ahnen- 
kult Sie  unterscheiden  sich  von  allen  Umwohnern  durch  ihre  Sitten  und  leben 
in  vollster  Unabhftngig^^  sind  aber  auch  noch  weiter  im  wesüichen  Tonkin 
verbreitet.  Sie  sind  sehr  kräftig,  sehr  intelligent  und  verfertigen  sich  selbst  die 
nothwendigen  Werkzeuge,  bauen  Reis,  ALiis,  Hirse,  Lein,  Bohnen,  Gurken, 
Melonen  und  auch  Opium,  das  sie  theuer  verkaufen,  aber  nur  in  sehr  bescheidenem 
NIaasse  selbst  rauchen.  Dagegen  verstehen  sie  Maiswein  zu  bereiten,  Rohrzucker 
herzustellen  und  Papier  aus  Bambufasern  zu  fabriciren.  Die  M.  sind  geriebene 
Handelsleute,  wissen  ihre  Erzeugnisse  sehr  gut  an  den  Mann  zu  bringen,  ver> 
binden  aber  damit  eine  meikwttrdige  Veischwenduni^acht  Ihrer  Spiadie  nach 
au  urtheilen,  hängen  sie  mit  den  Miao-tse  (s.  d.)  des  fiatlichen  China  «i- 
sammen*    v.  H. 

MephitiA,  Cuv.,  Stink(hiere,  Mardeigattung  zur  Subf.  Meiina,  VfACin,,  gehörig, 
mit  gestrecktem,  niedrig  gestelltem  Körper,  langem,  dicht  behaartem  Schwänze, 
kleinem  zugesiiifztem  Kr>pfe,  nackter,  dirVer,  grosser  und  aufgetriebener  Nase,  kurzen 
abgerundeten  Ohren,  5  verbundenen  Zehen  und  langen,  schwach  gekrümmten 
Krallen.  32 — 34  Zähne  Backz.  finden  sich  bei  Mephitis,  s.  str.  Zorilla  (Rhab- 
dogaie)  und  Spilogalc;  \  Backzähne  bei  Cotupalus).  Der  Höckerzahn  im  Ober- 
kiefer ist  auffiUIend  gross  und  4  höckerig.  Besoiulen  duutakterisllsdi  rind  die 
grossen,  in  das  Rectum  mOndenden  Anal*  (oder  Stink»)  Drüsen,  deren  entsetdicfa 
penetrant  stinkendes  gelbes,  ölartiges  Sekret  (als  beste  Verfbeidigungswafie) 
mehrere  Meter  weit  gespritzt  werden  kann.  Die  afrikanische  Form  der  M.-Arten 
sind  die  (von  Giebel  u.  A.  zu  den  typischen  Mardern  gestellten)  Band  Iltisse 
(Zorilla,  Gray,  Tctonyx,  Sund.,  Rhahdogale,  Wacx.).  Habitus  marderartig,  Reiss- 
zahn  länglich  mit  nach  vorne  gerichtetem  inneren  Höckeransatzc  (2  Arten).  M. 
Zorilla.  van  d.  Hoev.,  ^Maushundv,  >Zorilla  ,  35Centim.  lanp,  Schwanz  25  Centim. 
Grundfarbe  des  langen  und  dichten  Pelzes  glänzend  sciiwarz  mit  (vanirenden) 
weissen  Flecken  und  Streifen.  Heimath:  A&ika  und  Klein- Asien.  Nächtliche 
Tbiere,  die  tagsUber  im  selbstgegrabenen  Baue  oder  in  Höhlen,  Spalten  etc 
sich  aufhaken  und  von  kleinen  Wirbelihierent  Vogeleiem,  Kerfen  etc.  leben. 
Die  amerikanischen  Stinkthiere  (von  E.  CouBS,  dem  Vorgange  Gkay's  folgend 
als  besondere  Subfam.  *M^hi(iMae€  betrachtet*)  vertbetlen  sich  auf  die  Unter- 

*)  efr.  *A  Mooogrsph  of  Norfli  American  Mutelidae«.  8*.  Washington  1877,  pag.  187 
bb  a6o. 


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gattungen  Conepatus,  Gray  (Thiosmus,  Marputius,  F.yncodon,  OzcVtchts),  AfrpFrt/is 
s.  Str.  C'.KAY  und  Spifo^aU,  Gray.    Für  Noni-Amerika  /,ähit  Couks  (s.  u.)  4  Arfen 
und  mehrere  Varietäten  auf,  darunter  als  l)ckanntcste  M.  mephitica  (incl.  der 
Varietät  M,  mt$omelas,  Licht.  M.  varians,  Gray)  »The  common  Skunk«,  nor^ 
«DwikiuiiachM  Stinkthier,  »Chingac,  4oCentiin.  lang;  Schwans  nnbedentend  kOner, 
Pel2  schwarz  mit  a  weissen  Rflckenstreifen,  die  (am  Un^ninge)  Aber  der  Nase, 
am  Widerriste  und  in  der  Kreusgegend  atisammenflieBsen.    Kinne»  wdase 
Flecken  finden  sich  am  Halse,  an  den  Schultern,  an  der  Aussenseite  der  Beine  eCc 
Schwanz  bald  mit  2  breiten  weissen  iJlngsstreifen,  bald  mischfarbig  schwarz  und 
weiss.    Heimath:  das  gemässigte  Nord-Amerika  (von  der  Hudsons  Biv  nnd  dem 
grossen  Sklavensee  bis  Mexiko).  —  Af,  macrura,  I^Kur.,  »1  ,onp-taiied  mexikan 
Skunk«  in  Mextku.  —  M.  (Spilosyal,')  puforius  (1.)  Couks  (syn.  Af.  intcrrupta,  Raf.) 
*The  Little  Striped  Skunkc,  Hmtersohle  mit  4  Schwielen  ;;^vorige  Art  mit  3)  Farbe 
schwarz  oder  schwärzlich  mit  zahlreichen  Streifen  und  Fledcen.  Schwanz  weiss 
getfipfelt;  Körper  (bis  33  Centim.)  länger  als  der  Schwans  (umgefcdsrt  wie  bei 
mofrura)»   Heimath:  sUdttche  Unionsstaaten.  ^  Conepahu  mapurU»,  CouES  (Ml 
tumOa,  Bemn.  etc.)  iThc  White-backed  Skunkc,  der  >Surilho<  verbreitet  sich 
von  der  Südwestgrenze  der  Vereinigten  Staaten  Nofd-Amerika's  südwärts  liber 
Mexiko,  Central-  um]  Stid-Amcrika.  —  Abgesehen  vom  Gebisse  zeichnet  sich 
diese  Art  vor  den  übrigen  durch  die  stark  verlängerte,  herabgedrlickte  Schnauze, 
unicrstrindige  Nasenlöcher  und  (für  diese  Gruppe)  kurzen,   wenig  buschigen 
Schwanz  aus.    Sohlen  sehr  breit,  ganz  nackt.    Körper  40,  Schwanz  28  Centim. 
lang.   Farbe  schwarz  oder  schwärzlich,  mit  einem  weissen  RUckenstreifen»  der 
manchmal  getheilt  ist  durch  einen  schwarzen  Streifen  (Uber  der  V^rbelsttale)  und 
nur  selten  in  einzelne  Flecken  zerfiiUt.  Schwanz  weiss  oder  schwarz  und  weiss.  — 
Fossil  und  zwar  postpliocen  ist  die  in  pensylvanischen  Knochenhöhlen  gefundene 
M.  /ron/aißt  CoUES;  auch  in  brasilianischen  Höhlen  traf  LuND  eine  gleich- 
altrige  Form.  —  Pataeomtphitis  Steinheimensis,  Jäger,  gehört  zu  Viverra.    v.  Ms. 

Mequens.   Kleine  Indianerhorde  Brasiliens  am  gleichnamigen  Nebenflusse 
des  Guapor^.     v.  H. 

Mera  oder  Mhair,  \  ilksstamm  in  Vorder-Indien,  wohnt  in  den  AravuUi- 
bergen  zwischen  Komulmer  und  Adschmir,  wo  er  Ackerbau  treibt.  l>ie  M.  gelten 
als  iSm  Zweig  der  Mina  (s.  d.),  sind  den  Bhil  sdir  ähnlich,  ebenso  wild  und 
räuberisch,  dabei  ausgezeichnet  tapfer,     v.  H. 

MerAbeHn,  sie  sind  identisch  mit  den  Stämmen  der  Anisslimen,  «ner  Ab- 
theilung der  Kelowi  (s.  d.),  und  weihen  sich  ganz  dem  heiligen  Leben  und  dem 
Studium.     V.  H. 

Merasig,  Beduinenstamm  Nord-Airika's,  im  Süden  des  Schott  cl  Dscherid, 

im  Dattellande.     v.  H. 

Mcrcenaria,  s.  Vcnvis.     V\.  v.  M. 

Mercurago.  Im  Lago  Maggiore  unweit  Arona  entdeckte  Moro  in  einem  aus- 
getrockneten Moore  ein  interessantes  Pfahlwerk.  Das  Moor  dehnt  sich  der 
Länge  nach  ans  und  am  nördlichen  Ende,  wo  die  Tiefe  des  Sees  ehemals  a  bis 
3  Meter  betragen  zu  haben  scheint^  stand  ca.  40  Meter  vom  Ufer  eine  Reihe 
1,60— a  Meter  langer  und  15-- 37  Centim.  dicker  Pfähle,  senkrecht  in  den  unter 
dem  Torf  lagernden  Schlamm  getrieben  und  durch  Querhölzer  mit  einander  ver- 
bunden. Auf  einer  Fläche  von  9  Meter  Seitenlänge  standen  deren  zweiund- 
zwanzig, nie  konkaven  Schnittflächen  an  dem  abgespitzten  Ende  verrathen  ein 
Instrumcut  mit  geschweifter  Schneide.   Auf  der  Scheide  zwischen  dem  Torf  und 


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Mm  — '  Merinoschafe. 


381 


dem  Schlamm  lagen  auf  einem  Bette  von  Farrn  unzählige  Gcfässscheiben,  einige 
ganze  Gefässe,  Pfeilspitzen  von  Flintstein,  Wietel  oder  Knöpfe  und  Lanzenspitzen 
von  Bronce,  Haselnüsse,  Komelkirschcn  u.  s.  w.  Die  Pfeilspitzen  waren  zier- 
lich behauen  und  gedengelt,  die  irdenen  Clefässe  kunstlos  und  von  unge- 
schläniniteni  Thon.  Ein  interessantes  Fundstück  war  ein  Kanoe,  ein  1,20  Meter 
langer  und  i  Meter  dicker  Baumstamm,  etwa  30  Centim.  tief  ausgehöhlt,  also  ein 
Einbamn.  Denelbe  hat  leider  nicht  erhalten  werden  können;  doch  sahen  Pn>> 
fessor  Gbstbldi  und  einige  andere  italienische  Gelehrte  nodi  deutlich  die  Sparen 
des  Wericxengea,  wdches  zum  Aushöhlen  des  Stammes  gedient  hatte.  Die  Scheibe 
ist  von  Birkenholz,  die  Verstärkungen  liegen  bogenförmig  zu  beiden  Seiten  der 
hochaufstebenden  Nabe  und  sind  von  einer  anderen  Holzart.  Bei  diesem 
mecklenburger  Rade  sieht  man  deuilich  den  Handwerker  sicli  nicht  nur  der 
Axt,  sondern  auch  des  Feuers  bei  der  Anfertigung  bedienen:  die  rauhe  Fläche 
scheint  eher  abgebrannt  als  behauen.  Der  Cliarakter  der  Fundstätte  und  der 
Fundgegenstande  berechtigt  zu  dem  Ausspruch,  dass  in  dem  kleinen  See,  der 
sich  später  in  Moor  verwandelt,  sich  einstmals  Menschen  angebaut  hatten,  die 
im  Besitze  von  Stein-  und  Broncegerätben  waren.  —  Veigl.  Fsibdr.  voh  Hell- 
wald, »Der  vorgeschicfatliche  Menscht,  a.  Aufl.,  pag.  314—315  mit  Abbildungen 
der  Situation,  ferner  mehrerer  roher  Broncefunde.    C.  M. 

Mere,  Stamm  der  Kredsch  (s.  d.).    v.  H. 

Meretrix,  s.  Venus.     E.  v.  H. 

Mergidae,  Säger,  Familie  der  Schwi  rm  ogel  aus  der  Ordnung  der  Za/n/'///- 
rostres  (s.  d.).  Den  Enten  ähnliche  Vögel,  von  diesen  aber  durch  den  zier- 
lichen, schmalen  und  schlanken  Schnabd  mit  hakenförmig  gebogener  Spitze 
unterschieden.  Auch  ist  die  ganae  Gestalt  schlanker,  derjenigen  d»  Kormorane 
ähnlich,  au  wddien  letateren  die  Säger  den  Uebergang  bilden.  Die  vierte  Zdie 
hat  die  Länge  der  dritten,  der  Lauf  ist  höchstens  so  lang,  als  die  zweite  Zehe, 
die  Hinterzehe  trägt  einen  breiten  Hautsaum.  Die  Lau  fbek  leidung  gleicht  der- 
jenigen der  Enten,  Die  Säger  laufen  ihrer  kurzen  und  weit  nnrh  hinten  einge-, 
setzten  Füsse  wegen  schlecht,  der  Flug  ist  entenartig.  Sie  halten  sich  vorzugs- 
weise an  flicssenden  Gewäs.sern  auf,  legen  ihre  Nester  am  Ufer  unter  Gestrii])p, 
aul  üäumen  (in  alten  Raubvogelhoisten)  oder  auch  in  Baumlöchern  an  und 
nähren  sich  von  Fischen  und  kleinen  Wasseitl^ercn,  welche  sie  doich  Tauchen 
erjagen.  Bei  den  typischen  Formen  der  Familie,  Gattung  Mergtu,  L.,  ist  der 
Unterkiefer  ebenso  breit  als  der  Oberkiefer  und  beide  »nd  in  ihrer  gansen  Länge 
mit  einer  Reihe  konischer  Homzähne  besetzt^  welche  aof  dem  Schnabelrande 
sit/.en,  während  die  Lamellen  bei  den  Enten  seitlich  am  Kiefer  angebracht  sind. 
Die  Flügel  überragen  die  Basis  des  Schwanzes,  welcher  meistens  kürzer,  selten 
länger  als  die  Hälfte  des  Flügels  ist.  Die  6  bekannten  Arten  bewohnen  die  nörd- 
lichen Tireiten  beider  Erdhälften.  Die  im  nördlichen  Deutschland  häutigste  Art 
ist  der  Gunsesägcr  (M.  nurganser,  L.),  Männchen  mit  schwarzem,  Weibchen 
mit  braunem  Kopf.  —  Als  zweite  Gattung  gehören  zur  Familie  die  Borsten- 
Säger  (s.  Rhaphipterus).  RcHW. 

Meija  oder  Merjänen.  Finnische  Völkerschaft  im  alten  Ruasland,  um  Rostow 
und  an  der  Kletschtschina  wohnend;  sie  «nirde  von  den  Warägern  unter- 
worfen.   V.  H» 

Iferino-Sdiafe»  feinwollige,  spanische  Schafe,  die  nach  der  Ansicht  einiger 
Autoren  durch  die  Mauren  nach  Spanien  gebracht  wurden,  nach  Anderen  da- 


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383 


BicrinoKlwfe. 


gegen  die  iberische  Halbinsel  schon  von  Alters  her  bewohnt  haben  sollen. 
Einige  geschichtliche  Daten  scheinen  der  let;^teren  Ansicht  eine  gewisse  Wahr- 
scheinlielikeit  zu  verleihen,  l'eber  cien  Ursprung  des  Wortes  ^Mcrinot  bestehen 
gleichfalls  diftercnte  Anschauungen.  Manche  vindiciren  diesem  Namen  die  Be- 
deutung von  »krause  und  nehmen  bei  der  Ableitung  desselben  Bezug  auf  die 
starke  Kiftusdung  der  M«riiiO''WoUe.  Andere  sind  der  Metnan^  daas  die 
Schafe  urq>rttnglich  »marinas«)  d.  i.  Uber  das  Meer  gekommen»  geheisscn  haben. 
Einige  leiten  die  BexMchnimg  von  »moedinosc,  welches  Nomaden  bedeate»  ab. 
Am  ongeswungensten  dürfte  dem  Namen  indess  die  Bedeutung  von  »flüchtige, 
»unstätt,  umherziehende,  »wandernd«  u.  dergl.  untergelegt  worden,  da  die  Be- 
zeichnung ursprtingürh  nur  auf  die  edlen  Wandcrscluile  Anwendung  fand.  Das 
Vorrecht  des  Haltens  von  Wanderscliafcn  besassen  nur  der  König  und  die 
Klöster,  sowie  ein  Theil  der  Aristokratie.  Diese  bilden  unter  sich  eine  Ver- 
einigung, die  »Mebia«.  Alle  übrigen,  niclit  zur  Mesta  zählenden  Heerdenbe- 
sitzer  durden  ihre  Schafe  nur  innerhalb  ihres  eigenen  Besitzthums  weiden.  Die 
Schaf  heerden  wurden  dadurch  unterschieden  in  Wanderschafe,  »Transhumantes« 
und  in  Standschafe,  ^Estanles«.  Letzlere  sollen  nach  Stumpf  Abkömmlinge  der 
ersteren  sein,  deren  Wolle  durch  die  schledite  Sommeitrift  an  Werth  verlor. 
BOBM  (Die  Schafzucht.  Berlin  1878)  ist  indess  geneigt  anzunehmen,  dass  die  Be> 
sitzer  der  Transhumantes  ihre  mit  gröberer  Wolle  bewachsenen  Schafe  verkauften, 
lim  eine  grössere  Ausgeglichenheit  in  der  Herde  zu  erzielen  und  neben  diesen 
vielleicht  auch  noch  solche  abgaben,  wclcfu  1  schwerfallig  in  den  Körperformen 
und  zu  schwerwollig  im  V'liesse  waren  umi  desshalb  die  den  Transhumantes 
durchaus  nöthige  Marächfahigkeit  niclu  hinreichend  besassen.  Ausserdem  hebt 
Bamt  hervor,  dass  gerade  miler  solchen  Verhältmssen  sehr  häufig  Kreuzungen 
von  Böcken  aus  TranshumanteS'Heerden  mit  anderen  Racen  vorgekommen  sein 
dflrften,  um  werthvollere  Wollen  au  enielen.  Die  Merinoschafe  werden  in 
Spanien,  gleichviel  ob  Wander-  oder  Standschafe,  nach  der  Fdnheit  ihrer  Wolle 
unterschieden  in  i.  die  leonischen,  auch  leonesischen,  welche  die  feinste 
und  werthvollste  Wolle  tragen  tmd  durchweg  Transhumantes  sind;  2.  die  sego- 
vischen,  welche  mittelfeine  Wolle  haben  und  gleichfalls  Wanderheerden 
bilden  und  3.  die  sorianer,  welche  eine  relativ  grobe  Wolle  besitzen  und  häufig 
Standschafe  sind.  Merinoschafe  wurden  zur  Veredlung  anderer  Racen,  sowie 
zur  Producdon  feiner  Wolle  in  reinblütigcn  Heerden  schon  frOhzeitig  in  Eng- 
land und  Schweden,  später  in  Deutschland,  Oesterreich,  Frankreich  u.  s.  w.  ein- 
geführt.  Ausserhalb  Spaniens,  insbesondere  in  Deutschland,  Oesterreich-Ungam 
und  Frankreich  werden  die  reinen  Merinos  je  nach  den  Heerden,  von  welchen 
ne  abstammten  und  nach  der  eingeschlagenen  Zucbtrichtung  in  sanft  wollige 
»Elektoral-«  (auch  »Eskurial-«)  und  in  kraftwollige  >Negretti-«  (auch 
»Infantado-)  Schafes  (s.  d.)  unterschieden  Tn  Frankreich  erreichte  die  Zucht 
der  letztereti  L-ine  hohe  Vollkommenheil  im  Kambouilletschaf  (s.  d.),  dem 
kräftigsten  und  woUieichsten  aller  Merinos.  Die  Merkmale,  wehl  e  für  das 
Klektoralscli&f  bei  dem  deutschen  Wollconvente  i.  J.  182J  zu  Leipzig  angenommen 
wurden,  sind:  Ideine  Figur;  feiner  Knochenbau;  langer,  schwacher  Kopf;  ferner 
Kala;  hoher,  scharfer  Stock  mit  schmalem  Rücken;  schmales,  abgeächUlienes 
Krens;  seichte,  enge  Brust  und  engen  Bauch;  hohe  Bdne  mit  mageren  Schultern 
und  Schenkeln;  ■  feines  Fell  ohne  Falten  mit  schwachem  Köder;  feine  Wolle 
mit  kleiner  Kräuselung;  Kopf  mit  den  Ohien,  Bauch  und  Beine  bis  aum  Knie 


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Meftiio*Sdivnciii6  —  McHmi» 


383 


und  Sprunggelenk  herauf  nackt;  VUess  nicht  gescMossen;  Fettacbweiss  butter- 
artig.    (Das  Uebripe  s.  a.  a.  O.).  R, 

Merino-Schweine»  die  mit  den  wandernden  Scliafheerdcn  in  Spanien  ziehen- 
den Schweine.  R. 

Meriones,  Illiger.  Nagergattung  der  Reiutmäuse  (s.  Merionides)  der  GaU. 
GerbUhu  (s.  a.  d.),  mit  der  Bie  auch  von  A.  Wagmsr»  Giebel  etc.  vereinigt  wurde, 
nichstverwandt;  sie  unterscheidet  sich  indess  von  dieser  durch  einige  oeteo- 
logische  Merkmale,  so  durch  den  hinten  abgefttutst  erschdnenden  Schttdel,  durch 
den  Verlauf  des  Jochbogens,  indem  dieser  Uber  der  Obetldefer-Backzahnreihe 
bleibt,  anstatt  sich  bis  zu  dieser  herabzuziehen  w.  s.  w.  —  Hierher  gehören 
Af.  tamaricinus,  Kühl,  oben  gelbh'chgrati,  nacli  hinten  liräunlich,  unten,  sowie 
über  den  Augen  und  liinter  den  Ohren  und  an  der  Oberseite  der  Pfoten  weiss, 
Sthwan/.ijinsel  braun.  Körj)er  17,  Schwanz  14.1;  Ccntim.  lani?.  —  Am  Caspi-See. 
—  AI.  mer itiianus,  LiCHisr.,  rüthlichgraugelb,  unten  wci^^,  Kehle  und  Ürust  gelb- 
lich, mit  braunrolhem  Längsstreif,  der  Schwanz  rothgelb,  die  Sohlen  weiss  be* 
haart«  Körper  10,5  Centim.  —  etwas  länger  als  der  Schwant.  —  Ka^sdie 
Steppen.  M.  lacematus,  Rüpp.,  in  abessinischen  Erdhöhlen  etc.  —  s.  auch  Jaculus> 
Jaculina  und  Dipus.     v.  Ms. 

Merionides,  Wagn.,  »Rennmäuse«.  Untcrfam.  der  Murhta.  Die  hierherge- 
zählten, der  östlichen  nemis|>härc  (Afrika,  Süd-Asien,  Südost-Kuropa)  angehörigen 
Arten  zeichnen  sicli  durch  /.iemh'ch  untersetzten  Körjjer,  kurzen  und  dicken  Hals, 
zugespitzte  Schnauze,  nahezu  körperlangen,  dichtbehaarten,  bisweilen  »gepinselten« 
Schwanz  und  verlängerte  Hintcrextreniitütcn  aus.  5  Zehen,  aber  Vordcrdaunicn 
etwas  verkümmert.  Ohren  frei,  wenig  behaart,  gross.  Oberlippe  seicht  einge- 
schnitten. Pds  dicht,  weich,  oben  rostigbraun  oder  fidil,  unten  heller  bis  weiss. 
Schädel  miUiseartig,  mit  grossen  ßuUae  tympankee,  BadtxMhne  mit  queren 
(elliptisdien  oder  rhombischen  oder  in  der  Mitte  gebrochenen)  Lamellen.  V.  Cakus 
führt  als  Hauplgatt  auf;  Mystromys,  Wagn.,  GtrbiUus.,  Desm.,  Merionts,  Iluo., 
Psammomys,  RüPP.  und  Euryotis,  Brants.  (s.  Otomys,  F.  Cuv.)     v.  Ms. 

Merista  (gr.  getheilt).  Süss,  jjaläozoische  Brachiopode  aus  der  Familie  Spiri- 
feriden,  mit  einer  eigenthiimlichen,  stark  gewölbten  Platte  im  Innern,  welche  von 
den  hohen  Zahnplatten  der  gro  ^crcn  oder  durchbohrten  Schale  umfasst  wird 
und  mit  ihren  divergirenden  Sciienrandern  im  Grunde  dieser  Schale  befestigt  ist, 
wühr^  die  Innenseite  der  kleineren  Schale  eine  hohe  mittlere  Scheidewand 
hat  Mehrere  Arten  im  Silur  und  Devon  von  Europa  und  Nord-Amerika.  Nahe 
verwandt  ist  Ikrisitßa,  die  aber  jener  Platte  entbehrt;  MtrisUüa  h/mida  hjtulig 
im  Silur  der  Insel  Godand.  Beide  gehören  su  den  grösseren  Formen  dieser 
Familie.     E.  v.  M. 

Merizigue,  eine  geschätzte  Pferderace  des  westlichen  Theiles  der  alpirischen 
Sahara.  Die  Thiere  sind  von  grauer  Farbe,  sehr  dauerhaft,  gut  gewachsen  und 
sehr  »massig«,  aber  weniger  gross  und  weniger  wertli  als  die  HSymours  und 
Bou  Gharebs  (s.  d.)  Sie  werden  hauptsächlich  von  den  gewöhnlichen  Reitern, 
welche  lange  Wege  zu  machen  und  grosse  Anstrengungen  zu  ertragen  haben, 
gesucht  Dauiias,  die  Pferde  der  Sahara,  deutsch  von  C.  Ghabfb.  Berlin  1853).  fL 

Merlan  «  Wittlimg,  Gadw  merUmgus,  Lv  ^  Mtrtmifits  rnJlgarts,  Cuv.,  s.  a. 
Gadus.  Bartfäden  sehr  klein  und  dann  oder  fehlend.  Erste  Rückenflosse  niedrig, 
oben  stumpf  abgerundet.  Schnauze  etwas  vorstehend,  spits.  Dieser  Charaktere, 
hauptsächlich  des  wenig  entwickelten  Bartfadens  wegen  hat  man  den  Fisch  mit  dem 
Köblerdorsch  (s.  d.)  und  anderen  zusammen  in  einer  besonderen  Gattung  Merhmgus* 


384 


Meikogai  —  Menudten. 


2uin  Unlerächied  von  Gaäus,  gestellt  Kr  ist  heiler  gefärbt  als  der  Dorsch,  am 
Bftuche  weiss,  mit  einem  schwanen  Fleck  in  der  Achscli  40^60  Centim  lang. 
An  den  Kttslen  des  n(Srdlichea  Europa,  stellenweise  sehr  häufig,  kommt  linscb, 
zuweilen  auch  gesalzen  und  getrocknet  in  den  Handel.  Fleisch  weniger  ge- 
schätzt Klz. 

Merlangm,  s.  Merlan.  Ki^. 

Merle  —  Schwarzdrossel,  s.  Turdinae.  Rchw. 

Merlinfalk,  Steintalk,  /•'.  rcgulus,  Pall.  (aesaJon,  Gm.),  s.  Falconidae.  RcHW. 

Merluccius,  Ci  v,  Hechtdorsch,  nattting  der  Anacanlhuien-Fischfamtlie 
Gadidae.  Körper  gestreckt,  mit  sehr  kleinen  Schiii)|)i  n.  2  Rückenflossen,  i  Alter- 
flosse. Schwanzflosse  selbständig,  Ikirteln  fehlen.  Kräftige  Zähne  an  den  Kiefern 
und  am  Vomer  in  2 — 3  Reihen,  Bauciitlussen  7  strahlig.  3  Arten.  M.  vulgär is, 
Flkm.  (Gadus  merhtceius»  L.).  2^hne  stark  und  lang.  Unterkiefer  vorragend. 
Rttcken  und  Schwanzflosse  stark  gerundet,  Mtmdhöhle  schwarx.  Wird  bis 
1,25  Meter  lang.  ROcken  braungrau,  mit  schwarzen  Punkten.  Im  Mittdmeer» 
geht  nördlich  bis  zum  62  ^  auch  in  Nord-  und  Ost-See  und  Nord- Amerika.  Er 
ist  ein  gefrässiger  Räuber,  der  oft  in  grosser  Menge  den  Schaaren  der  Anchovis 
und  Pilcharde  folgt.  Fleisch  schlechter,  als  das  des  Kabeljaus  und  meist  gedörrt 
zu  >Stockr)'=rlu  verarbeitet.    Eine  Art  bei  Chile.  Ki-Z. 

Mermithidae,  Cijvus  (gr.  =  Fadenähnliche).  Fam.  der  Fadenwürmer, 
Nemafoda,  Rud.  Lange,  dtinne  Würmer  mit  Nahrungsschlauch,  aber  im  entwickelten 
Zustand  ohne  offenen  Mund  und  Anus  (Schneider).  Die  Mundstelle  ist  mit 
6  Papillen  ausgestattet  Das  Mas  hat  zwei  Spicula  und  drei  Reihen  von  Papillen' 
am  Schwanzende.  Das  von  Meissner  (B«ttäge  zur  Anatomie  und  Physiologie 
der  Gordiaceen)  beschriebene,  compltcirte  Nervensystem  wurde  von  späteren 
Forschem  nicht  als  solches  anerkannt.  Die  Eischalen  tragen  büschlige  Anhänge, 
die  Embryonen  am  Kopf  ein  Stilet  zum  Einbohren.  Die  Mennithiden  verbringen 
ihr  I,ar\'cnstadium  in  der  Bauchhöhle  verschiedener  Insekten,  in  Schmetterlings- 
raupen, auch  Käferlarven,  bilden  sich  da  zu  ihrer  späteren  Gestalt  aus,  verlassen 
aber  dann  die  Insekten,  um  in  feuchter  Erde  erst  geschlechtsreif  zu  werden,  aber 
ohne  hier  weitere  Nahrung  auf/unehaicn.  Oft  treten  sie  in  solchen  Massen  auf, 
dass  man  von  Wurmregen  gesprochen  bat.  Die  früheren  Forscher  kannten  nur 
die  parasidschen,  in  Insekten  lebend«i  Larven  und  rechnete  sie  zur  Gattung 
FUmi.  E^t  DujARDiK  fand  die  geschlechtsrrifen  'Hilere,  eikannte  den  wahren 
Zusammenhang  und  beschrieb  eine  Art  genau.  Hierher  die  Gattung  Mermis, 
DujAKDiN,  bis  jetzt  mit  zwei  Arten,  ilf.  nigrescens,  Duj.,  schwärzlich,  bis 
ISO  Millim.  lang.  Soll  nach  D.  als  I.ar\'e  in  Engerlingen  leben.  Ihre  Entwick- 
lungsgeschichte scheint  noch  complicirter,  wenigstens  behauptet  LEUi-K\RT 
(Menschliche  Parasiten  11,  pag.  97,  Anmerk.),  dass  die  Embryonen  dieser  Mi-t  nüs 
zunächst  in  weisse  Planarien  einwandern,  um  hier  in  der  Muskelsubstanz  des 
Kussels  ihre  erste  Metamorphose  zu  bestehen.  Eine  zweite  Art,  M.  albicans, 
V.  SiEBOLü,  findet  man  in  Deutschland  stellenweise  sehr  häuflg,  zumal  im  Herbst 
in  feuchter  Ackererde  und  unter  Rasen.  Bei  dieser  Art  beobachtete  Siebold  das 
Einwandern  der  Embryonen  in  die  kleinen  Raupen  von  Tl$i€a  twm/mtUa,  Die 
räthselhafte  Gattung,  Leon  Dufouk.,  mit  Sph*  dmndi,  Leon,  die  in  Hummel- 
weibdien  schmarotzt,  wird  am  besten,  nicht  wie  manche  Autoren  thun,  hier  bei 
den  M.,  sondern  bei  den  Anguilluliden  untergebracht.   S.  Sphaerularia.  Wd. 

Memakcn.    Bezeichnung  flir  die  Abkömmlinge  von  Chinesen  und  Java* 
nen.    v.  H. 


.  Kj  -  Cl  by  Googl 


Merodon  —  Mcropidae. 


385 


Merodon,  Meic.  (gr.  Schenkel  und  Zahn),  Schenkelfliege.  Eine  FUegen- 
gattung  aus  der  Familie  der  Syrphidae  (s.  d.),  welche  sich  durcli  dicke,  vor  der 
Spitze  unten  einzälinige  Hintersclienkel  und  ein  clliptisclics  Kndp;licd  mit  nackter 
Borste  der  3gliedrigen  Fühler  auszeichnet.  Von  den  etwa  27  mehr  im  Süden 
Europa's  lebenden  Arten  zerstört  die  Larve  des  M.  narcissif  Fab.,  bisweilen  die 
Narcibbenzwiebelu.     E.  Tü. 

Meromyaria,  Scuneidsr  (gr.  »  mit  getbeilten  Muskeln).  Schneider  theilt 
in  seiner  Monographie  der  Fadenwttrmer,  NenuUoda  (s.  d.),  diese  in  drei  Unter- 
Ordnungen,  deren  eine  er  Mermiyarm  nannte  sofern  die  Muskeln  bei  ilmen  in 
acht  Streifen  getbeilt  sind.  Hierher  gehören  besondm  Os^ftuis  und  StroniJh 
hu.  Wd. 

Meropidae,  Bienen  fr  esser,  Vogelfamilie  aus  der  Ordnung  der  SitzfUssler 
(s.  Insessores),  zunächst  mit  den  Königsfischern  (Eisvögeln)  verwandt,  unter- 
schieden durch  schlankere  Gestalt,  säbeltormigen  Schnabel  und  spitzere  flilgel. 
Der  Schwanz  zählt  stets  12  Federn,  ist  bald  gerade  abgestutzt,  bald  ausgerandet 
oder  gabelförmig;  häuüg  sind  die  beiden  mittelsten  Federn  stark  verlängert.  Wie 
die  Köoigtfischer  sind  die  Bienenfiesser  Cbaraktervögel  der  Tropen.  Die  Mehr- 
sahl  der  bekannten  40  Arten  bewohnt  Afrika,  wenige  Ladien,  die  Sundainseln  und 
Madagaskar,  eine  noch  Neu-Guinea  und  Australien.  Auch  das  Mittelmeeigebiet, 
Nord-Afrika,  Südwest-Asien  und  Sud-Europa  wird  von  mehreren  Arten  bewohnt, 
vrelche  hier  indessen  nicht  mehr  Stand-,  sondern  nur  Sommervögel  sind.  Aus 
der  Verbreitung  ergtebt  sich  klar,  dass  das  Schöpfungscentrum  der  Familie  in 
Afrika    liegt.     Mit  Ausnahme  der  Waldspinte   (Gattung  Nyctiornis)  sind  die 
Bienenfresscr  sehr  gesellige  Vögel.    An  steilen  Ufern  oder  Hügelabfallen  nisten 
sie  kulumenweise  nach  Art  unserer  Uferschwalben,  indem  bie  tiefe  Hölllungen 
wagerecht  in  den  Boden  graben.    In  dem  hinteren,  etwas  erweiterten  Theile 
dieser  oft  metertiefen  Gänge  werden  die  glünzend  wdssen  Eier  ohne  j^Uche 
Unterlage  auf  den  blossen  Sand  gelegt    Nach  Beendigung  des  Brutgeschäikes 
begiebt  sidi  die  ganze  Colonie  auf  die  Wanderung  und  streicht  Nahrung  suchend 
umher.    Findet  eine  solche  wandernde  Schaar  ein  Gelände  welches  reichliche 
Beute  bietet,  so  verweilt  sie  hier  wochenlang,  um  sodann  neue  Jagdgründe  auf- 
zusuchen.  Den  dichten  Urwald  meiden  sie;  Steppengegend,  freie,  mit  zerstreuten 
Bü&chen  und  Bäumen  durchsetzte  Grasflächen  bieten  ihnen  zusagende  Aufentluüis- 
orte.    Auch  dem  Laufe  der  Flüsse  folgen  sie,  die  BUsche  und  Bäume  des  Ufers 
als  Rastpunkte  benutzend  und  über  den  Wellen  Insektenjagd  betreibend.  Kerb- 
tiiiere  bilden  ihre  ausschliessliche  Nahrung,  und  aufbllend  ist  es,  dass  sie  auch 
den  mit  einem  Giftstachel  versehenen  Wapen  nachstellen  und  diese  Kerfe,  ohne 
den  Stachdl  vorher  zu  entfernen,  unbeschadet  verschlucken.  Die  Bienenfiresser 
vermögen  eine  Landschaft  in  höchst  anziehender  Weise  zu  beleben  und  sind  nebst 
den  Webervögeln  die  auffallendsten  Vogelgestalten  Afrika's.   Ist  von  einer  wan^ 
dcrnden  Schaar  ein  Gebiet  zu  längerem  Aufenthalt  erwählt,  so  sitzen  die  zier- 
lichen Vögel  alientlialben  auf  hervorragenden  Spitzen  der  Büsche  und  Bäume 
mit  glatt  anliegendem  Gefieder,  den  Schnabel  in  die  Höhe  gerichtet,  das  Gelände 
beobachtend.    Bald  stossen  sie  nach  Art  der  Fliegenfänger  von  ihren  Warten 
aus  auf  vorüberfliegeude  Insekten,  um  nach  dem  Fange  auf  ihren  Beobacbtungs- 
posten  aurttckzttkehren,  bald  erhebt  sich  die  ganze  Schaar  in  die  hohe  Luft;,  um 
nadi  Scfawalbeaart  im  Fluge  auf  Beute  zu  stossen  oder  einander  spidend  zu  ver* 
folgen.  Gleich  Pfeilen  schiessen  die^fluggewandten  Vögel  dann  durch  die  Lufl^ 
wobei  ue  beständig  ihre  schrillen  Locktöne  hören  lassen.  —  Auf  Grund  der 

Zool.,  AmMvoL  «•  Bthnotaffioi.  Bd.  V.  95 


MerostomaU  —  Mesaya. 


FlUgelbildung  sind  drei  Gathingen  zu  sondern,  welche   steh   auch   in  der 
Lebensweise  unterscheiden.    Bei  den  tyjjischen  Formen,  den  Schwalbenspinten 
(MeropSy  L.)  ist   die  erste  Schwinge  verkümmert,  sehr  kurz  nnd  lanzettförmig, 
kaum  länger  als  die  Handdecken;  zweite,  seltener  /weite  und  dritte  Schwinge 
sind  am  längsten,  im  Schwänze  in  der  Regel  die  beiden  mittelsten  Federn  ver- 
längert und  in  eine  Spitze  auslaufend.    Diese  Arten  fangen  nach  der  Weise  der 
Schwalben  ihre  Beute  im  Fluge  und  bewegen  sich  oft  stundenlang  im  Spiele 
fliegend  in  der  Luf^  wob«  sie  sich  gern  in  bedeutender  Höhe  hallen.  Ab  Rast- 
punkte  wflhien  sie  meistens  höhere  Bäume.  Zu  den  Schwalbenspinten  gehOrt  der 
in  Sdd-Enropa  vorkommende  Bienenfresser  Mrrops  apiastcr,  L.  —  Die  beiden 
anderen  Gattungen  sind  die  Feld-  und  Waidspinte  (s.  Melittophagos  mtd 
Nyctiornis).  RcHW. 

Merostomata,  Dana  (gr.  meros  Sciienkci,  Stoma  Mund)  =  A'/Z/z^i/zr«:  (s.d.).  Ks. 

Merotrypasta ,  Haf.(  kkf.  iS8i.  Im  Gegensat?:  7\\  den  Holotrypasta  die 
2. Unterklasse  der  Radiolaiien,  mit  nur  theilw  eise  durchbohrter  Kapselmembran.    V\  . 

Merrais.  Fider  Araberstamm  aa  der  Nordgrenie  dar  Kleinstaaten  Süd- 
Arabiens.     T.  H. 

Hertensidae.  Familie  der  Rippenquallen  in  der  Ordnung  der  Satcßtae  oder 
C^fi^^idm  im  weiteren  Sinne.   9Rdrper  compriroirt,  Magenachse  kttrzer  als  die 

Trichtcrachse.  Subtentarularc  Rippen  länger  als  die  subvcntralcn,  höher  und 
weiter  vom  Sinncsi)ol  ab  entspringend,  als  diese.  Flügelarttge  Anhänge  fehlen 

am  Sinnespolc  (Chun).  Pf, 

Merula,  s.  Turdidae.  RcHw. 

Merulinaceae,  M.  Edw.  u.  H.,  eine  Uebergangsgruppe  zwischen  Fungiaceen 
und  Asträaceen,  den  ersteren  nahe  stehend  durch  ihre  zusammenllicsscnden 
Septa  und  die  poröse  untere  Fläche,  während  ihnen  Inteiseptalbälkchen  (synap- 
Ücuhe)  fehlen,  und  dagegen  die  filr  die  Asträaceen  charakteristischen  Inter- 
septalquerplättehen  (dissepimeiUa  interseptaiia)  vorhanden  sind.  Man  hat  sie  da- 
her auch  Psmdiffim^dae  genannt.  Nur  i  Gattung  Msrußua  von  dem  indischen 
und  stillen  Ocean.  Klz. 

Mcrycotherium,  Boj.,  fossile  Säuger-Gattung  der  Vpm.  Tylopoda,  begründet 
auf  angebhch  in  Siliirien  vorgefundene  obere  Backzälinc,  welche  auf  eine  nahe 
Verwandtscliaft  dieser  Gattung  mit  jener  der  Kamele  hinweisen  (?).     v.  Ms. 

Merzen  =  Bracken  (s.  d.).  R. 

Mes'aid.   Beduinenstamm  des  Jordanthaies,     v.  H. 

Meaalia,  s.  Tumtella.    E,  v.  M. 

Meuspia»  Copb  «  GerrhonHus,  Wkgmamm.  Pp. 

MeMQra.  Zwdg  der  Omagua  (s.  d.)  zwischen  dem  Japura  und  dem  oberen 
Apopari  in  Brasilien,  Nachbarn  der  Miranha,  Kannibalen  aus  Rachsucht.  Sprache 
und  Sitten  haben  bei  ihnen  im  Laufe  der  Zeit  manchen  Wechsel  erfahren.  Das 
sackartige  Gewand  der  Omagua  hat  bei  ihnen  einer  Art  Iliirtcnsrhurz  Platz  ge- 
macht. Diesen  verfertigen  sie  aus  seilartigen  Strängen,  welclie  sie  aus  den  Haaren 
des  schwarzen  Coataaffen  zusammendrehen.  An  diesem  Schurze  befestigen  sie  ein 
Stück  braun  gelarbLen  BaumwoUenzeuges,  welches  unten  mit  allerlei  bunten  Federn 
gezielt  wird.  Männer  und  Fhiuen  sdimttcken  das  Gesicht  mit  langen  Bfimoseii' 
dornen,  wdche  sie  durch  Löcher  in  der  Oberlippe  stecken.  Als  Waffen  dienen 
Bogen  und  Pfeile,  eme  Keule  und  ein  am  obem  Ende  gespaltener  Stab,  der  als 
Schleuder  benutzt  wird.  Aus  dem  milchichen  Safte  der  Herva  bereiten  sie  aller- 
lei Trinkgeschirre,  Röhren,  Köcher,  Sandalen  und  birnenförmige  Klystieispritzen. 


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Mescaleros  —  Mesiates. 


387 


Die  M.  kennen  dem  sehr  unzuverlässigen  Palx  Marcoy  zufolge  ein  höchstes 
Wesen,  von  welcliem  nlles  gcschalTen  worden  ist  und  das  ITiniiiicl  und  Krdc  in 
Bewegung  hält.  Sie  wagen  niclit,  demselben  einen  Namen  zu  geben.  Sein  sicht- 
barer Vertreter  ist  der  Vogel  »Bucque .  (Tro\;on  (urucui).  Ks  giel>l  /.wei 
Sphären;  die  obere  ist  durchsichtig,  die  untere  dunkel.  In  der  erslerca  wohnt 
die  Gottheit,  welche  mächtig,  verständig  und  gütig  ist;  in  der  zweiten  leben  und 
sterben  die  Menschen,  welch»  nach  ihiem  Tode  belohnt  oder  bestraft  werden. 
Die  beiden  Gestirne  Sonne  (»Vei«)  und  Mond  (»Yac^«)  spenden  abwechselnd 
der  oberen  Sphäre  das  Lidit  Die  Sterne  sind  vorhanden,  um  den  Mensdien 
auf  der  unteren  Sphäre  Licht  zu  geben.  Auch  von  einer  grossen  Flut 
wird  erzählt.  Alles  dies  klingt  zienilicli  unwahrscheinlich  im  Zusammenhange 
mit  der  Meldung,  dass  die  M.  nur  bis  drei  zählen  können,  dariil)er  hinaus  nur 
vermöge  der  Verdopplung.  Im  Giftbereiten  sind  sie  sehr  erfahren.  Sie  haben 
>Payesfc,  Zauberer  oder  Hexenmeister,  die  zugleich  Aerzte  .sind.  \'iel\veiberei 
ist  erlaubt.  Leichen  werden  zerschnilien,  das  Fleii>ch  verbrannt,  die  Rnochen 
aber  aufbewahrt    v.  H. 

MescaleroB*  Stamm  der  Apatschen  (s.  d.)  am  Rio  Fecoa^  welcher  aus  der 
Aloepflanze  das  Mescalgetittnke  destilliert     v.  H. 

Mesdhalclia-Stfiiiime.  Araber  SOd'Arabiens  zwischen  Hadramaut  und  Süd- 
Jemen.     V.  H. 

Mcscha-Stele.  Eine  Säule  des  Moabiterkönigs  Mescha,  weklic  dieser  auch 
in  der  Bibel  genannte  Fürst  als  Siegesdenkmal  zwischen  855  und  880  n.  Chr. 
aufstellen  lics.s.  Zugleich  ist  dieser  Stein  von  Dhilan  das  älteste  bis  jetst  be- 
kannte Denkmal  in  alphabetischer  Schrift.     C.  M. 

Meschtscherjaken.  Volk  auf  dem  europäischen  Abhänge  des  Ural,  wahr- 
scheinlich der  Abstammung  nach  zur  ugrischen  Familie,  sprachlich  aber  zu  den 
Türken  zu  rechnen  und  auch  dem  Islam  ergeben.  Kopfzahl  125000,  welche 
flbeiall  zwischen  den  Baschkiren  und  Teptjären  wohnen;  sie  leben  zum  Thdl 
nomadisch  und  werden  fast  alle  Soldaten,  sind  xortreffliche  Reiter  und  ausge- 
machte Pferdediebe,  lieben  den  Branntwein  (  Wodka«)  daneben  Kumyss,  Alran, 
Kwass  und  >Rufa«  (Bier).  Sie  gleichen  den  Tataren,  nach  Herrn  K.  v.  Uifatw 
aber  den  Wogulen  (s.  d.),  tragen  ein  V)laues  Hemd  und  prunken  gern  mit  ihren 
Kleidern;  die  Männer  /iehcn  .sich  bisweilen  fünfmal  des  Tages  um  und  haben 
stets  ein  ritterliches  An^enen.      v.  H. 

Meaeni.  Bewohner  des  babylonischen  Mittellandes  im  Alterthum.  v.  H. 

Mesenoqihalon,  s.  Nervenqrstementwicl^lung  bei  Gehirn.  Gsbch. 

Mesen'sdie  Pferde,  kleine  ponyfthnliche  Thiere  mit  kräftigen  Gliedmaassen 
und  guten  Gingen ;  dabei  besitzen  sie  grosse  Genügsamkeit  und  Ausdauer.  Die 
Heimath  derselben  ist  das  Flussgebiet  des  Mesen  und  der  gleichnamige  Kreis  im 
russischen  Gouvernement  Archangelsk.  Die  Kaiserin  Katharina  11.  hatte  daselbst 
dänische  und  andere  Hengste  zur  Verbesseruog  des  Landschlags  aufstellen 
lassen.  R. 

Mesenterialfalten  und  -faden,  s.  Gekrösfalten.  Klz. 

Mesenterium,  d.  i.  die  den  Darm  umfassende  und  an  der  liinterea  Bauch- 
wand sttspendaxte  Duplicatur  des  BauchfeUes,  s.  Peritonaeum,  Gekrdaplatten-  und 
Veidauuiigsoigane>£ntwicklung.    v.  Ms. 

Mesenteroii,  s.  Verdauungsorganeentwicklung.  Grbch. 

Mesiates.  Völkerschaft  der  alten  Provmz  Rhätien,  am  Lacus  Verbanusi  sUd> 
östlich  von  den  Rhonequellen  wohnend,     v.  H. 

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388 


Mesit  —  Mesogastrium. 


Mesit.   Rldnei  Usbekenstamm  im  Zarafschanthale.     v.  H. 

Mesites,  Geoffr.  (gr.  Vermittler),  Stcl  zenralle,  eigenthümliche,  auf  Mada- 
gaskar heimi'-rhe  VogelgattunfT ,  hinsichtlich  der  allgemeinen  Köqjerform  den 
Piltas  ähnelnd  und  früher  auch  dieser  Familie  ^nge^ählt,  in  neuerer  Zeit  aber  auf 
Grund  der  anatomischen  Verhältnisse  imtcr  die  Rallen  gestellt  und  zwar  den  süd- 
amerikanischen Soonenrailcn  (Eurypy^a)  angereiht.  Von  den  typischen  Rallen 
weicht  die  Fona  durch  den  Ungen  Schwanz  und  das  Bindehäutchen  zwischen 
den  beiden  äiutseren  Zehen  ab.  Ueber  die  Lebensweise  ist  nichts  bdcannt  vmtU' 
gtia,  Geoffr.,  rothbrann,  von  der  Gr^Jsse  einer  Drossel.  Neuerdings  wird  noch  eine 
sweite»  jedoch  nur  sehr  wenig  abweichende  Ar^  M.  unk^oTt  Dasii.,  unter* 
schieden.  Rchw. 

MesmerismoSf  s.  Magnetismus.  J. 

Mesoarium,  s.  weibliche  Geschlechtsorgane-Entwickelung.  Grbch. 
Mesobema,  Hor>r,s.  =  Urva,  Hodcs-,  B.  Herpestes,  III.     V.  Ms* 
Mesoblast,  s.  kemiblätter.  Gkuch. 
Mesoblastische  Eier,  s.  Furchung  des  Kies.  Gkbch. 
Mesocena,  Ehbc.i  wahrscheinlich  Synonym  zur  Radiolarien-Gattung  Lithocircus, 
JOH.  Müller.  Pf. 

Mesoderm  =  Mesoblast,  s.  Keimblätter.  Gkuch. 

Meaodciina  (gr.  Band  in  der  Mitte),  Deshaybs  1830,  oder  Ihphiü  (mytho- 
logischer Beiname  der  Venus,  von  Lamarck  1799  vorgeschlagen,  aber  in  seinem 
Hauptwerk  wieder  aufgegeben  und  seitdem  bei  den  Schmetterlingen  vergeben) 

Muschelgattung^  in  den  meisten  Charakteren  mit  Donax  Übereinstimmend,  aber 
durch  die  l^age  des  Schlossbandes  innen  zwischen  den  Schlosszähnen  abweichend. 

Rand  glatt;  Färbunc^  vorherrschend  einfach  hell  gelb  oder  weisslich.  M.  corneum, 
PoLi,  oder  dotuictlla,  Lamarck,  abgerundet  keilförmig  mit  kürzerer  Hinterseite, 
kaum  2  Centim.  lang,  im  Mittelmeer.  Grössere  Arten,  bis  12  Centim.,  in  den 
Meeren  der  südlichen  Erdhälfte,  besonders  Chile  und  Neuseeland.  Monographie  von 
Reevf.  1854,  31  Arten,  auch  tertiär-fossil.     E.  v.  M. 

Mesodinium,  Stein.  Gattung  peritricher  Infusorien  aus  der  Familie  Tru}u>- 
^nUat*  Für  die  genaue  Beschreibung  s.  Entz,  Zettschr.  f.  wiss.  Zool.  1883, 
pag*  167  ff.  Bbrgh  hält  die  Gattung  für  die  niedrigste  der  Ciliaten,  durch  welche 
der  Uebeigang  nach  den  Gliaflageltaten  vermittelt  werden  soll.  (Aih^.  Phys.  XXH, 
1880,  pag.  505  £)  Ff. 

Mesodiodon»  Duv.-^Mesoplodon,  Gkrv.,  s.  Ziphius,  Gray.    v.  Ms. 

Ifeaodon  (gr.  Mittel-Zahn),  Rafinbsque  183  i,  Unterabtheilnng  von  Heßx, 
charakteristisch  ftir  Nord-Amerika;  Schale  gedrttckt  kugelige  vertikal  dicht  ge- 
streift, einfarbig  gelb,  mit  breit  umgcschln^enem  Mundsaum  und  in  der  Regel 
einem  etwas  schiefen  Zahn  auf  der  Mitte  der  Mündungswand;  Nabel  geschlossen. 
Kiefer  stark  gerippt.  Helix  (M.)  oUbolabris,  Say,  3  Centim.  im  Durchmesser,  ohne 
Zahn,  eine  der  verbreitetsten  Arten  in  Nord-Amerika,  von  Canada  bis  Arkansas  und 
von  Georgia  bis  Minnesota,  auch  postpliocän  im  Mississippithal  (Biney).  Diese 
Abtheilung  geht  durch  stufenweise  Ausbildung  von  weiteren  Zähnen  an  den 
MOndungnSndem  gaiu  allmählich  in  Triodtfsis,  Kafinesque  (gr.  Drei-Zabn<Gesicht), 
fiber,  die  auch  in  Nord-Amerika  sahireiche  Arten  zählt,  aber  auch  eine,  JSeMx  . 
ßersmute,  in  Deutschland.    £.  v.  M. 

MesogaBtrium  heisst  der  sum  Magen  tretende  Abschnitt  des  Mesenteriums, 
s.  Peritonaeum  und  Verdauungsorgane-Entwickelung.     v.  Ms« 


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Mesogulnda  —  M  Motroc^ 


389 


Mesogastrula  ist  eine  Gastrula  mit  Nahrungsdotter,  welche  bei  unvollstän- 
diger Furchung  meroblastischer  Eier  vorkommt.  (iRHCü. 

Mesokephalen  sind  Mittcllangschädel,  deren  Längenbreitenindcx  nach  der 
internationalen  Vereinigung  von  75,  i  bis  79,9  reicht  J.  Ranke,  »Der  Mensch«, 
I.  Bd.  pag.  380—381.     C.  M. 

Mesolitfaisdies  Zeitalter  oder  die  Secundärseit  der  orgamschen  Efdge- 
schichte  ist  das  Zeitalter  der  Reptilien  und  Nadelwjüder  und  umfiust  die  geo- 
logischen Perioden:  Trias,  Jura  und  Kreide.  Grbch. 

Mesom/S,  Wacn.,  südamerikanische  Nagergattung  der  Familie  Echimyina, 
im  Zahnbaue  und  durch  die  Stachelbekleidung  des  Körpers  sich  der  Gatt.  Fchimys 
W.^TERH.,  anschliessend,  aber  gedrungener  gebaut,  mit  breitem,  dickem  Kopfe, 
scharfen  Grabkrallen  und  kur/cm,  dicl.t  behaartem  Schwänze.  M.  spitiosus,  Burm., 
26  Centim.  lang,  oben  dunkelrüthbraun,  seitlich  heller,  röthlich,  unten  heiiruth- 
gelbbraun. —Lebt  sttbterran,  in  gewundenen  Gängen,  bei  Tage  ventedct     v.  }S», 

Mesonema,  Eschscholtz  1829  (gr.  mit  Fäden  in  der  Mitte),  Leptomedusen« 
Gattung  aus  der  Familie  Aequ&rtidaet  Snbf.  Bffyionmmae.  »Zahlreidie  emfache, 
getrennt  aus  der  Magenperipherie  entspringende  Radial-Canäle.  Magen  weit 
und  flach  ohne  Schlundrohr.  Seitliche  Magenwand  rudimentär,  sehr  niedrig. 
Mundöffnung  weit  klaffend,  ^^und^and  mit  zahlreichen  gekräuselten  Fransen  oder 
Mundlappen«.  Untergattungen:  Mesonemanna,  McsotKtnella  und  Mesonem'tda, 
H.ÄCKRL.  —  Nach  Claus  (1883)  ist  die  ganze  Gattung  Mcsonema  nur  ein  Stadium 
von  Acquorea  ForskaUa.  —  M.  pensiü,  Eschsch.,  im  Mittelmeer.  Pf. 

Mesonephros,  s.  Hamorganeentwickelung  und  Nierenentwickelung.  Grbch. 

Mesopachys,  Oerstbdt  (griecb.  dick  in  der  Mitte)  Galtung  der  Borsten- 
wfirroer,  Ord.  MraiuAiata,  Farn.  JBfifAyiraeidae,  Die  Borstenbtlndel  stehen  zwei- 
seilig, die  Borsten  selbst  lang;;  haarförmig*  Lebt  nicht  im  sQssen  Wasser  wie 
ihre  Verwandten,  sondern  im  Meere.  Wd. 

Mesopeltis,  Cope.    Kleine  Dipsadiden-Gattung  aus  Mittel-Amerika.  Pr 

Mcsophaiyngidae ,  Schmarp.\  (gncch:=mit  Schlundkopf  in  Her  Mitte). 
Kam.  der  Strtidehviirmer,  Turbcllaria,  Ehrknrkro  (s.  d.),  und  zwar  drr  Rhabdo- 
cptla.  Hal)en  einen  centralen  Mund  und  einen  cyUndrischen  Schlundkopf.  Leben 
im  süssen  Wasser.  Wd. 

Moopithecus  pentelicua,  Wagk.,  fosnle  Affenart,  swischen  den  Aiährih 
pffmotfka  L.,  und  den  Qnopiüecm,  Is.  Gaomt.  vermittelnd,  aus  den  ober- 
miocenen  Schichten  von  Pikermi.    v.  Ms. 

Mesopterygiiini,  s.  GHedmaassenentwickelung.  Grbch. 

Mesordlianif  s.  männliche  Geschlechtsorgane-Entwickelung.  GaecH. 

Mesorectum,  s.  Verdauungsorp^aneentwickelung.  Grbch. 

Mesostomidae,  Dir-fcs,  Farn,  der  Rhabdocoelen  Strudelwürmer,  Turbellaria 
(s.d.),  Mimd  m  der  Mitte  des  Körpers,  Schlund  ringförmig.  Zwei  Augen.  Leben  im 
süssen  Wasser.    Hierher  die  Gattung  Aksostomum,  Ducte.  Wd, 

Mesotes,  Jan.   Coronellinen-Gattung.  Pf. 

Mesolborax,  s.  Brust    E.  Tg. 

Meaotricfaa  (gr.  mitten  behaart),  Merbschkowskv  1S79.  Flagetlaten-Gattung 
ans  dem  Onega-8ee.  Nach  BOischu  Qahresber.  ZooL  Stat.  1879,  P^'  i^9)  vo^^ 
gleich  Rkaphidomonas^  Stbk.  Pf. 

Mesotrocha  (griech.  =  mit  einem  Rad  in  der  Mitte).  So  nennt  Schmaroa 
diejenigen  Borstenwtirmerlarvcn,  deren  Körpermitte  mehrere  Wimperreihen  trügt; 
80  z.  B.  die  Gattung  SpiochoitopUrm,  Wd. 


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390 


McMKO«  «•  MeMer. 


Mcsozoa  nennt  vw  Bknedkn  die  sogen.  DicycmiJnt'  (s.  d.)  parasitär  rtickge- 
biUlctc,  in  tlen  Nieren  der  Cephalopoden  lebende,  wurmiörmige  Thtere,  mit  einer 
centralen Kniodermzelle, die  von  mehreren  tlinimerndenEctodernuellen  umschlossen 
wird.  In  ihrer  Entwickelung  tritt  eine  Art  Gastrtda  auf,  deren  Entodenn  eben  auch 
durch  eine  einzige  centrale  Zelle  repräseotirt  wird.  S.  E.  van  Bbmedin,  Recherches 
8ur  les  Dicyemkles,  Bull.  Acad.  Belg.  XLI  u.  XLU  1876.  —  Die  M.  wfirden  hier* 
nach  zwischen  IVotozoa  und  Meianoa  (s.  d.)  vermitteln,     v.  Ms. 

Mesozoische  Perioden  nennt  man  die  drn  Perioden  des  mesoUtblBcheii 
Zeitalters:  Tri.is,  Jura,  Kreide.  Grbch. 

Mespilia  (von  lat  Mespilus,  Mispel).  Df^or  1846,  ziemlich  kugelförmiger 
See-Igel,  mit  etwns  vorspHnpcnden  Amlnilakralzonen,  d.iher  im  Umfang  stumpf 
5  eckig,  gehört  zu  den  regeimassigcn  desnu)hiitlien  Kchiniden  und  ist  unter  diesen 
durch  das  Vorkommen  von  kleinen  Löchern  in  der  Mittelnaht  sowohl  der  Am- 
bttlakral-  als  der  Interambulakralzone  zunächst  mit  Salmaeis  verwandt.  Die  Poren- 
paare stehen  inMer  Ambulakratzone  jederseits  in  2  Reihen  und  awar  in  der 
inneren  Reihe  doppelt  so  viele  als  in  der  Musseren.  M.  ghbubts,  5  Centim  hoch, 
4^  im  Durchmesser,  im  stillen  Ocean  von  den  Philippinen  und  Japan  bis  au  den 
Tcngra-Inscln.      F.  v.  M. 

Messabatae.  Mach  Ptouemaos  Volk  im  alten  Persis,  sttdlich  von  den 
Paraetacen  wohnhaft.     v.  H. 

Messalina,  Gkav  =  Eremias,  Fitzinger.  Pf. 

Messapier.  Volksstamm  Untcr-ltaliens  im  AlLerthunie,  zur  lilyrischen  Familie 
gehörig,    v.  Hr 

MesseniL  Name  der  Einwohner  in  der  althellenischen  Landschaft  Messenien. 
Die  ältesten  Einwohner  iraren  Leleger,  zu  denen  aber  schon  frQhaettig  Aigiver 
kamen»  bis  endlich  die  eingewanderten  Dorier  das  herrschende  Volk  daselbst 
wurden»  unter  denen  jedoch  auch  ein  Theil  der  alten  Einwohner  zurfickbUeb* 

Diese  eemischte  Bevöllccrnn?  erhielt  nun  den  allgemeinen  Namen  M.     v.  H. 

Messer.  Das  M.,  d.  h.  eine  auf  einem  Holz-  oder  Knochenhefte  ansitzende 
Klinge,  konnte  sich  erst  entwickeln,  als  man  den  Feuerstein  ku nstgemässer 
zuzuhauen  gelernt  hatte.  Die  Funde  von  ;U)l)eville  an  der  Somme  weisen  be- 
reits messerartige  Werkzeuge  von  2— 3  Zoll  Länge  u.  ^—1  Zoll  Breite  auf, 
welche  an  den  Längenkanten  scharf  zugeschlagen  sind,  wodurch  sie  oben  wie 
facettirt  erscheinen.  —  Spätere  Messer  aus  Silex  zeigen  einen  bedeutenden 
Fortschritt  in  der  Herstellung  der  Schneide,  der  Spitze  und  der  Angel  des  Heft- 
ansatzes. —  Die  Messer  der  Bronzezeit  sind  vielfach  mit  gebogener  Schneide  ge- 
bildet. Auch  das  Heft,  welches  zumeist  unten  einen  Ring  zum  Anhängen  des 
Geräthes  besit/t,  besteht  aus  Metall.  Die  Klingenlän^e  wechselt  von  3 — 6  Zoll. 
Die  Messer  der  ersten  Fi^en/cit  in  Europa,  die  der  Haiistatter  l'criode,  haben  gleich- 
falls wie  die  Bron/emesser  das  gcsclnveifte  Blatt.  Eipcnthtimhch  ist  dieser  Periode 
und  charakteribtisch  besonders  für  süddeutsche  Erdhugeifunde  ein  eisernes  Hack« 
messer  mit  einem  breiten,  etwas  gebogenen,  dnschneidigem  Blatt  und  charak- 
teristtschem,  meist  eisernem  Griffe.  Sie  sind  von  ansehnlidier  Grösse  und  nahe 
verwandt  in  Form  und  Gebrauch  dem  fränkischen  Sciamasax  oder  Kuntsdiwert. 
Die  Messer  der  la  Töne-Zeit  bestehen  durchgängig  aus  Eisen.  Die  Klinge  ist 
solid,  stark;  der  Rücken  gerade,  ohne  Verzierung.  Nur  einige  erinnern  in  ihrer 
Biegung  an  die  elegante  Form  der  Bronzezeit.  Die  Holz-  oder  Homgrifie  sind 
mit  Näj^cln  auf  der  GriftV.unge  befestigt.  —  Die  Messer  der  fränkischen  Periode 
bestehen  wie  die  der  römischen  nur  aus  Eisen.    Der  starke  Rücken  derselbeu 


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Messerbrack  —  Mestixen. 


biegt  sich  wie  bei  unsem  DesMftmessem  nach  vorwärts  und  verläuft  so  ük  die 
Schneide.  Die  kleinen  Messer  von  9—16  Centim.  L.  und  1^ —  2  Centim.  fir.  aus 
Frauengräbem  sind  als  Geräthe  xu  betrachten.  Dia  starken,  Uber  aoCentim. 
langen»  an  der  Spitze  zweischneidigen  Messer  sind  als  Männer w äffen  zu  be- 
trachten, ihr  allgemeiner  Name  heisst  >sax«:.  Man  unterscheidet  nach  Grösse  und 
Gewicht  drei  Arten:  i.  den  kleinen  Sax  von  20 — 30  Centim.  Länge.  2.  Den 
l  angsax  von  40 — 60  Centim.  Länge  u.  3^ — 4  Centim.  Br.  3.  den  Scramasax  = 
Kurzscluvcri  l)is  76  Centim,  L.  u.  7  Centim.  Br.  Held  Walthari  ist  von  2  Schwertern 
umgürtet,  der  Spatlia,  dem  zweischneidigen  Langschwert  und  dem  einschneidigen 
Sciamanx.  Otto  der  Grosse  dieilte  in  der  Honuenschlacht  sdne  Hiebe  ak 
diesem  Halbschwert  atis.  So  entstand  aus  dem  Messer  einerseits  Dolch  und 
Lance,  andrerseits  das  Schwert  Klinge  und  Heft  sind  die  Grunderfordemisse 
dieser  Wafien  und  Geräthe.     C.  M. 

Messerbrack,  s.  Bracken.  R. 

Messerfisch  =  SicliUncr  u.  Catriscus  (s.  d.).  Ks. 

Messerfuss,  Felobatcs  (s.  d.)  cuUripes,  Cuv,,  in  Färbung  und  Lebensweise 
sehr  übereinstimmend  mit  der  Knoblauchskröte  (s.  d.),  doch  ohne  Auftreibung 
des  Hinterkopfes,  mit  warzig  rauher  Kopt  haut  und  tief  schwarzer,  sehr  hoher  und 
schneidend  scharfer  Messerschwtele  an  der  Ferse.  Das  Thier  vertritt  unsere 
Knoblauchskröte  in  einigen  Ländern,  wo  diese  nicht  vorkommt,  nämlich  in  SQd- 
Frankreich  und  in  der  Pyrenäenhallnnsel,  wo  sie  jedoch  im  sQdlldisten  Theile 
auch  2u  fehlen  scheint  Ks. 

HcBSerkarpfen  =  Sichling  (s.  d.).  Ks. 

Messkircher-Vieh,  ein  bunter,  dem  Simmenthaler- Vieh  sehr  nahe  stehender, 
geschätzter  Kinderschlajr,  welcher  seit  mehreren  Decennicn  im  badischen  Bezirk 
Messkirch  und  dessen  Nachbarschaft  gezüchtet  und  i.wx  Veredlung  bunter  I.,and- 
schliige  verwendet  wird.  Ursprünglich  war  im  Zuchtbc  .  n  k  dieses  Viehes  ein  kleines, 
feinknochiges,  milchergiebiges  Landvieh  von  rother  oder  gelber  Farbe  heimisch. 
Seit  2843  wurden  unter  sachkundiger  Leitung  Simmenthaler  Bullen  in  nachhaltiger 
Weise  eingeführt  deren  Produkte  sich  unter  den  gttnstigen  wirthschaiUichen  und 
örtlichen  Bedingungen  vorztiglich  entwickelten.  Dieser  Viehschlag  vereinigt  in 
sich  in  relativ  hohem  Maase  die  Hauptnutzungseigenschaften  des  Rindviehes:  gute 
Miichergiebigkeit,  Mästbarkeit  und  Arbeitstüchtigkeit  und  qualifizirt  sich  dadurch 
ganz  besonders  für  den  kleinbäuerlichen  Wirlhscliaftsbctricb.  Die  Körperformen 
stimmen  im  Allgemeinen  mit  denen  der  Simmenthaler  Race  überein,  nur  ist  der 
Schwanz,  wie  bei  der  älteren  Simmenthalcrrace,  zuweilen  noch  etwas  hoch  ange* 
setzt,  üas  Körpergewicht  ist  meist  niedriger  als  das  der  Simmenthaler.  Au^c- 
wachscne  Ktthe  wiegen  550  bis  700  und  ausgewachsene  Farrcn  900  bis  1200  Kilo. 
Die  Farbe  ist  meist  gelb-  oder  rotbscheckig,  demnächst  einfarbig  gelb  oder  roth» 
seltener  schwarz  oder  schwarzscheckig.  (Litteratur:  Der  Messkircher  Viehschlag 
von  Bezirksthierarst  Heizmamm  in  Messkirch.  Karlsruhe.  FtUBDX.  Gutsch).  R. 

Mesta,  Mestaschafe,  s.  Merinoschafe.  R. 

Mestizen.  So  nennt  man  in  Amerika  die  Mischlinge  aus  der  Verbindung 
eines  Weissen  mit  einer  Indianerin  oder  umgekehrt.  Der  Satz,  diss  die  Misch- 
linge stets  nur  die  Fehler,  nicht  aber  die  Tugenden  ihrer  Kltern  in  sich  vereinigen, 
ist  auf  die  M.  nicht  unbedingt  anwendbar.  In  Kalifornien  ist  allerdings  eine  ganz 
unselige  Misciua^be  aus  der  Verbindung  der  Spanier  mit  den  Indianern  hervor- 
gegangen, und  audi  sonst  in  den  VereUglen  Staaten  taugt  das  Halbblut  von 
Angelsachsen  und  Rothhäuten  nicht  viel.  Es  scheint  vieUeicht  an  der  rohen 


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393 


Metaboik  —  Metteaipni. 


Wildheit  der  dortic:en  Indianerstämme  zu  liepen.  Anders  jedoch  in  den  Gebieten 
der  sessbaflen,  zu  gewisser  Gesittung  aufgestiegenen,  sanfteren  Indianer.  Fried- 
rich Ratzel  nimmt  sich  der  mexikanischen  M.  lebhaft  an.  Er  itumt  blow  ein, 
dass  sie  eine  grosse  und  sehr  allgemeine  Neigung  haben,  vefschlechterte  Wetese 
tu  weiden.  Es  fehlt  ihnen  das  heilsame  Gefühl  der  Inferiorität  des  Durchachxütl»- 
negers  und  Indianers;  er  hat  selten  die  Gaben  des  Weissen,  fast  immer 
aber  dessen  Rassenstolz  in  erhöhtem  Grade,  den  Wunsch,  ihm  gleichzustehen 
und  es  ihm  gleichznthun.  besonders  fehlt  es  ihm  nicht  so  sehr  am  Verstände 
als  am'Ch.irakter.  Die  beste  Ki;?ensrhaft,  welche  der  Bn:rhteil  europäischen 
Blutes  dem  M.  verleiht,  scheint  in  einer  etwas  grösseren  Regsamkeit  und  Beweg- 
lichkeit zu  beruhen,  welclic  er  vor  dem  Indianer  voraus  hat.  Er  ist  daher  als 
Arbeiter  in  den  Bergwerken,  auf  den  Haciendas,  als  Soldat^  als  Maulthiertreiber 
zu  finden,  aber  die  Ldperos,  femer  die  Räuber  und  Diebe  rekrutieren  sich  gldcfa- 
falls  aus  den  M.  Am  ehrbarsten  stellt  sich  wohl  der  M.  noch  im  UeineD  Hand- 
werkerstand der  Stidte  dar,  wo  er  aber  auch  weniger  durch  Fleiss  und  Sparsam- 
kei^  als  durch  rasche  Auffassung  und  Geschicklichkeit  sich  ausgezeichnet. 
Thomas  Belt  sagt  von  den  M.  in  Nicaragua,  dass  sie  fleissig  so  lange  sie  arm 
seien;  sowie  sie  aber  etwas  zusammengebracht  haben,  geben  sie  sich  der  Träg- 
heit und  der  Verschwendung  hin,  bis  Alles  wieder  vergeudet  ist.  In  Peru  haben 
die  M.  nach  dem  Zeugnisse  Tsrm  ni's  viele  gute  Eigenschaften  sowohl  von  den 
Weissen  als  auch  von  den  Indianern  Sie  sind  sanft,  mitleidig,  leicht  erregbar, 
gute  Freunde  in  der  Noth,  aber  dabei  wankelmttthig  und  nicht  tapfer.  Die  Farbe 
der  M.  ist  hellbrauni  suweflen  ins  Sdiwärzliche  übergehend;  die  Haare  sind  lang, 
schlicht  und  sehr  stark,  die  MItnner  haben  sehr  spärlichen  Barlv  aber  markierte 
Gesichtssüge  und  einen  starken  Körperbau.  So  charakterisiert  «e  Tschudi  in 
Peru,  und  Friedr.  Ratsl  bericlitet  aus  Mexiko:  die  Mischung  europäisclier  und 
indianischer  Zflgc  erzeuge  in  ihrem  Gesiclite  meist  eine  grössere  Hässlichkeit,  als 
sie  im  rein  indianischen  zu  bcobacl'.tcn  ist.  Uebrigcns  hat  sich  in  Mexiko  seit 
Anfang  dieses  Jahrhunderts  die  Zahl  der  M.  ve^^^erfacht,  so  dass  voraussichtlich 
in  wenigen  Jahrzehnten  das  ganze  Land  einen  hervorragenden  M.-Charakter  haben 
wird.  In  Botivia»  welches  ihnen  allein  seine  politische  Unabhängigkeit  zu  vcp 
danken  hat,  nnd  die  M.  im  allgemeinen  ihrem  Vater  identisch,  suweilen  aber 
doch  etwas  bräunlich  gefärbt  und  zeigen  einige  echt  charakteristische  Züge  ihrer 
Mutter.    V,  H. 

Metabola  (gr.  veränderlich),  werden  die  Insekten  mit  vollkommener  Ver- 
Wandlung  genannt,  bei  denen  also  aus  dem  Hi  eine  Larve  entsteht,  die  dem  ge- 
schlechtsreifen  Thiere  ganz  unähnlich  ist,  und  diese  erst  zu  einer  ruhenden  Puppe 

wird.     E.  Tg. 

Metacarpus,  Mittelhand.  Die  den  Metacaqjus  bildenden  Knochen  lassen, 
wie  die  grösseren  Röhrenknochen,  ein  Mittelstück  (Diaphyse)  und  zwei  selbst- 
ständig osdiidrende  Endstücke  (Epiphysen)  ericennen.  Das  als  »Badsc  be« 
zeichnete  Ende  jedes  Metacarpalknochens  fUgt  sich  der  Handwurzel  an,  das  freie 
Ende  »Capitulum«  trägt  die  betreffende  erste  Fingerphalange.  Entsprechend  der 
»normalen«  FQnfzahl  der  Finger  eigiebt  sich  die  gleiche  Anzahl  von  Mittelhand- 
Icnochen;  neuere  Untersuchungen  gestatten  indes  die  Annahme,  dass  die  Urform 
der  Säugcrhand  sieben  Finger  aufweise.  Mit  der  Reduction  der  Fingcr-'nhl  ver- 
kümmern auch  die  Metacarpalia;  zunächst  tritt  der  I.  (der  daumentragende)  zu- 
rück, hierauf  der  II.  und  V.  Der  III.  und  IV.  können  verschmelzen  fOs  du 
canon),  schliesslich  erhält  sich  nur  der  III.  (dem  Mittelfinger  entsprechende)  func- 


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Mctagaster  —  Metapterygoid. 


393 


tionirtnd  Vcrgl.  auch  die  Artikel  »Extremittteo«  »Manusf  etc.,  s.  auch  Skelet- 

Entwicklung.     v.  Ms. 

Metagaster  nennt  E.  Hackfi.,  im  Gegensatze  zu  dem  ursprünglichen  pri- 
mären Urdarnie  (oder  Protogaster)  der  Schädellosen,  den  gesonderten  secun- 
dären  Darm,  -  Nachdarm«  der  Schädelthiere.  (Anthropogenie,  pag.  623,  a.  a.  O.). 
S.  auch  Verdauungsorgane-Entwicklung.     v.  Ms. 

Metagastnda.  Bei  einer  grossen  Anzahl  dnerischer  Organitmen  hat  der 
anprflngltcbe  Vorgang  der  Keimung  Im  Laufe  der  Zeit  durch  Anpassung  an 
neue  Entwicklungsbedingungen  Veränderungen  er&bren,  so  dass  in  Folge  dessen 
die  Gastrulation  die  mannigfachste  Verschiedenheit  aufweist,  obgleich  sie  sich 
stets  auf  die  ufq>rilngliche  Form  zurück  ftlhren  lässt.  Dieser  primären  palingene» 
tischen  Keimunrrsform  gegenüber  nennt  Hackft  nlle  davon  abweichenden  secun- 
dären  Formen  gefälschte  oder  cenogenetische  und  die  mehr  oder  weniger  ab- 
weichende Gastrula,  welche  daraus  hervorgebt,  bezeichnete  er  als  Meta- 
gaätrula.  Grbch. 

Metagonitae.  Nach  PtoleuAos  kleine  Völkerschaft  im  alten  Maurita* 
nien.     v.  H. 

Metallselt,  vergf .  Bronse,  Eisen,  Kupfer.  ^  Nach  dem  Vorgange  Autx  von 
Eckiiis  theitt  man  die  Vorgeschichte  am  besten  in  die  Stnnseit  und  in  die 
Metallseit  ein.    Die  Kenntniss  der  Metalle  in  ihrer  Zurkthtung  zu  Waffen 

und  Werkzeugen  bildet  einen  so  wichtigen  Abschnitt  in  der  menschlichen  Kultur- 
entwicklung, dass  man  mit  ihrem  Auftreten  eine  neue  Kulturperiode  anheben 
lassen  kann.  Zwischen  der  Zeit  des  geschliftenen  Steines  und  der  Verwendung 
von  Bronze  und  Eisen  liegt  eine  Mittelperiode,  in  welcher  man  das  Rohkupfer 
kalt  schmiedete  und  in  Europa  und  West-Asien  nach  M.  Much  s  Forschungen 
dasselbe  aus  dem  Rohmaterial  auf  warmem  Wege  herzustellen  ver^nd.  In 
Europa,  besonders  im  Donau-  und  Rheingebiete,  femer  in  Sidlien  und  Klein- 
Asien  verstand  es  der  Mensch  am  Ende  der  neottthischen  Zeit  bereits,  aus  Roth- 
kupfererz Geräthe,  Waffen,  Schmuck  darzustellen.  Nach  Much  ward  erst  nach 
dem  Kupfer  das  Gold  bekannt,  während  die  Bronzemischung  gleichfalls  noch 
vordem  völligen  Aufgeben  der  Steingeräthe  zu  Tage  trat.  Diese,  aus  den  archäolo- 
gischen Funden  gewonnene  Ansicht  Mucn's  bestätigen  die  Ergebnisse  der  sprach- 
vergleichenden Forschungen  Schradf.r's.  Für  Europa,  Nord-,  West-Asien  und 
Nord-Amenka  ist  somit  des  Ilcreinragen  der  ersten  Metall2eit  in  die  neolithische 
Periode  erwiesen,  wShrend  für  andere  Gegenden,  Skandinavien,  die  Nilland- 
Schäften,  Australien,  Polynesien,  Japan  ein  reines  Steinseitalter  wabrschein- 
Uch  ist    C  M. 

Metamer.  Aus  jedem  Paar  der  Urwirbelsej^ente  bildet  sich  em  indivi- 
dueller Abschnitt  des  Rumpfes,  ein  Metamer«  Grbch. 

Metameren-Bildung.  Man  versteht  darunter  den  Zerfall  der  Urwirbelstränge 
in  die  Doppelkette  der  einzelnen  Urwirbelscgmente.  Die  Metameren-Bildung  ist 
deswegen  bedeutungsvoll,  weil  durch  sie  der  Wirbellhierkörper  aus  dem  ur- 
sprünglich ungegliederten  in  den  bleibenden  gegliederten  Zustand  übergeht.  Grbch. 

Metamonera,  Maggi  188  r.  Name  für  »Monera«,  im  Gegensatz  zu  den  Pro- 
tomonera,  Magoi  (Bekterien).  Pr. 

Metamorphose,  s.  Larven  und  Metabohu  Gmch. 

MeCanepbroB,  s.  Hamo^ganeentwicklung  und  Ifierenentwicklung.  Grbch. 

Metapterygimn,  s.  Gliedmaassen-  und  Skeletentwicklung.  Gbbch. 

Metapterygoid»  s.  Schädel  und  Skelet-EntwicUungp    v.  Ms. 


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394 


Metatarsus,  der  Miitelfuss,  besteht  wie  der  Metacarpus  normal  aus  fünf, 
eine  quere  Reihe  darstellender  Knochen,  deren  proxinnale  Enden  (Bases)  dem 
Tarsus  sich  anfügen  und  deren  freie  Enden  (Capitula)  die  entsprechenden  ersten 
Zehenphalangen  ttageiL  Vermnfachangen  durch  Kückbüdttng  und  Vefschmekmig 
einzelner  Metatarsaien  erfolgen  am  MitteUinse  ibnlicb  wie  am  Metacarpus 
(Vögel,  Hufttiiere  etc.).  Sparen  einer  sechsten  Zehe  (lesp.  eines  sechsten  Afetap 
tarsale)  finden  sich  deutlich  bei  Amphibien  und  angedeutet  bei  Reptilien,  die 
mehrfache  Beziehungen  spedell  im  Bau  des  Tarsus  (s.  d.)  zu  den  Vdgeln  er- 
kennen lassen.   S.  a.  >  Extremitäten  c,  tFussc  und  Skeletentwicklung.     v.  Ms. 

Metathorax,  s.  Brust.  E.  Tg. 
Metawile,  ?  Metualis.     v.  H. 

Mctaxythenum,  Christol,  s.  Halitheriniri,  Kaup.     v.  Ms. 

Metazoen*  Man  kann  das  ganze  Thierrcicii  aus  entwicklungsgcschichtlichen 
Gründen  in  zwei  Hauptablheilungcu  zctkgcn,  in  die  Protozoen  und  in  die  Meta- 
£oen.  Die  Protosoen  oder  Uitfiiere  besitzen  weder  Urdarm,  noch  Keimblitter, 
noch  Eifiirchnngp  wahrend  diese  drei  den  Metazoen  oder  Darmthieren  za- 
kommen.  Nach  Habckbl  sind  simmdiche  Metazoen  Zweige  emes  monophyle~ 
tischen  Stammbaumes,  welcher  sich  aus  der  uralten  Gastrula,  die  ihrerseits  aus 
den  Urthieren  hervorging,  entwickelte.  —  ifeute  herrscht  bei  vielen  Forschem 
Ungewisshcit  darüber,  ob  es  nur  einen  oder  ^^elleicht  zwei  oder  mehrere  Meta- 
zocnstrimme  c^ebt.  Für  Ualfüur  sind  folgende  triftige  (iründe  dafür  vorhanden, 
dass  die  Schwämme  als  ein  selbständig  aus  den  Protozoen  hervorgegangenes 
Metazoenphylum  zu  betrachten  bind :  i.  die  autfallenden  EigcnthUmlichkeiten  der 
Schwammlarven,  s.  die  frühzeitige  Entwicklung  des  Mesoblasts  bei  den 
Schwammen,  die  in  scharfem  Gegensatz  zu  dem  Fehlen  derselben  bei  den  Em- 
bryonen der  meisten  Coelentecaten  steht,  3.  der  merkwürdige  Charakter  des 
Systems  der  Terdauenden  Kanäle.  Gkbch. 

IffeleolU,  s.  Metualis.    t.  H. 

Meter  oder  Meteir.   Stamm  der  Araber  in  den  frucbtreichen  Weiden  von 

Nedschd,  stellen  1200  Pferde  und  6— >8ooo  PMinten.     v.  H. 

Methaemoglobin  nennt  HorrE-SEVLER  eine  O- Verbindung  des  Haemoglobins, 
welche  die  gleiche  Menpe  O  wie  Oxyhaemoglobin,  dasselbe  iber  in  anderer  An- 
lagenmg  enthalten  soll.  Ks  entstellt  z.  B.  heim  Umkrystallisiren  des  Oxyhaemo- 
globins,  so  s  uj  !»ei  Einwirkung  von  rothem  Biutlaugensaiz  auf  dieses;  auch  in 
blutigem  Harn  ttc.  hndct  es  sich.  S. 

Methaiytum-el-Dschem,  Nomadenstamm  Tunesiens.     v.  H. 
Metopocerus»  Wagler,  Iguanidcn-Gattung,  von  Iguana  abgetrennt  wegen 
der  schwachen  Entwicklung  der  Rebltasche  und  Kdilfolte.  i  Art  von  Haiti.  Pp. 

Ifetoporhinus,  kleine  Lycodontiden-Gattung  von  West-Afrika.  Vr* 
MetoVQtn.   Man  versteht  darunter  das  fertige  Vogelei,  welches  vielmals 
grosser  als  das  kleine  Urei  ist  Dieses  nämlich  nimmt  schon  sehr  frühzeitig  eine 
Masse  von  Nahrungsstoff  durch  die  Dotterhaut  hindurch  in  sich  auf)  welcher  zu 
dem  sogenannten  Dottergelb  verarbeitet  wird,  s.  Htthnerei.  GttBCH* 

Metsch.  Volksstamm  in  Bhutan  Duar  und  von  da  westlich  bis  ins  Terai 
von  Nepal,  bis  zum  Flusse  Konki  wohnhaft  imd  eines  Stammes  mit  den  Katschari. 
Sie  selbst  nennen  sich  Radschbansi.  Man  findet  «elten  permanente  Niederlassungen 
unter  ihnen,  da  sie  ein  nomadenartiges  Leben  lieben  und  sich  besonders  gern 
in  den  dichtesten  Wäldern  aufhalten.    Sie  lieben  berauschende  Genussmiuel  und 


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Mettiali«  —  Mbar. 


39$ 


sollen  im  Aeusscrn  Achnlirhkeit  mit  den  Völkern  Nord-Birma's  haben.  Fieberluft 
scheint  ihr  I>cbenselement,  denn  mit  Vorliebe  haken  sie  sich  in  den  sumpfigen 
Niederungen  des  Terai  auf,  und  es  ist  'l'hatsache,  dass  sie  hinsiechen  und  sterben, 
wenn  man  sie  in  die  reinere  Luft  der  Ebenen  bringt.     v.  H. 

Metualis.  Syrer  schüttscben  GbuilK»!^  welche  von  Chrwten  und  Modemm 
als  sehr  zweifelhafte  Nachbarn  angesehen  werden.  Ihr  Name  bedeutet  »ErkUberc, 
wegen  ihrer  mystischen  und  allegorischen  Auslegung  des  Korans^  von  welchem 
sie  kein  wörtliches  Verständnis»  annehmen,  sondern  einen  inneren  Sinn.  Sie 
sind  wegen  ihres  Fanatismus  verschrieen,  wie  es  scheint,  jedoch  kaum  mit  Recht. 
Ein  versprengter  Bruthteil  fristet  ein  unglaublich  schmutziges  Dasein  in  der  Thal 
strecke  von  Horns  bis  zur  Küstenebene.     v.  H. 

Mexikaner.  Unter  diesem  Namen  verstehen  wir  hier  nicht  die  alte  ge- 
schichtliche Indianerbevölkerung  der  jetzigen  Republik  Mexiko,  nämlich  die 
Tolteken  und  Azteken  mit  den  ihnen  unterworfenen  Stämmen,  sondern  die 
heutigen  Bewohner  des  Freistaates,  welche  eine  besondere  Nation  zu  sein  den 
Anq>ruch  erheben.  Sie  setzen  sich  zusammen  aus  veischiedoicn  mehr  oder 
weniger  zahlreichen,  und  je  weiter  nach  Sttden  deito  mehrderSesshaftigkeiteigebenen 
Indianerstämmen,  aus  Weissen,  Kreolen  spanischer  Abkunft,  welche  aber  nur  mehr 
in  geringer  Zahl  vorhanden  sind  und  immer  mehr  dahinschwinden;  endlich  aus 
den  Mischlingen,  Mestizen  (s.  d.),  welche  die  Mittelklassen  bilden  vmd  denen 
wohl  auch  die  Zukunft  des  Landes  gehört.  In  den  aufgeklärten  Kreisen  der  mexi- 
kanischen Frauenwelt  hat  man  schon  lange  den  Widerwillen  gegen  Indianer  und 
selbst  gegen  Mulatten  abgelegt,  und  F.  Ratzel  liat  mehrere  Eben  kennen  gelernt, 
in  denen  weisse  Frauen  mit  indianischen  Männern  und  selbst  mit  Mulatten 
friedlich  zusammenlebten,    v.  H. 

Meydel-Fi8Cfa«sSchnäpel  (s.  d.).  Ks. 

MezeTnL  Araber  der  Sinaihalbinsel,  am  Golf  von  Akabah*    v.  H. 

M'fan,  s.  Mpongwe.      v.  H. 

M-fiotc.    Singular  von  Bafiote  (s.  d.).     v.  H. 

M'gandi,    Singular  von  Waganda  (s.  d.)     v.  H. 

Mgharba.  Halbarabischer  Nomadenstamm  in  der  mittclafrikanischen  Land- 
schaft K.ancm,  welcher  aus  Borku  dahin  einwanderte  und  unter  den  arabischen 
Uelad  Sliman  lebt.  Die  M.  Hessen  ihre  Weiber  zu  Hause  und  vermischten  sich 
vielfach  mit  den  benachbarten  Tubu,  wie  selbst  mit  den  N^m.    v.  H. 

Mhar.  Mhair  oder  Mheir.  Bewohner  der  nördlichen  Aravullikette  in  Vorder- 
indien, welche  sehr  viel  Aehnlichkeit  mit  den  türkischen  Dschat  (s*  d.)  besitzen 
und  ein  Zweig  der  Bhil  (s.  d.)  zu  sein  scheinen.  Sie  sind  aber  grösser  und  besser 
gebaut,  haben  auch  hübschere  Züge  als  diese.  Die  Nase  ist  weniger  nbfjeplattet, 
das  Gesicht  weniger  trapezoid,  die  Haare  sind  lang,  seidenartig,  mitunter  elegant 
gelockt;  der  Bart  reichlich.  Die  Hautfarbe  ist  die  nämliche,  manchmal  aber 
lichter  als  jene  der  Bhil.  Diesen  nähern  sie  sich  in  ihren  Sitten,  durch  die  Vor- 
liebe Air  Käuberci,  Kampflust,  den  Baum-  und  Steinkultus  und  den  Mangel  des 
Kastenwesens;  den  Dschat  dagegen  durch  ihre  grössere  Achtung  der  vischnui- 
tischen  Legenden  und  ihre  ziemlich  fortgeschrittenen  Kenntnisse  im  Ackerbau. 
Dire  gesellscbalUiche  Qiganisation  ist  die  nämliche  wie  jene  der  Bhil;  sie  leben 
in  festen  Dörfern,  >Pälc  genaim^  mit  Stein-  oder  Luftziegelhäusern.  Die  M. 
haben  in  den  letzten  Jahren  grosse  Fortschritte  gemacht  Als  britische  Unter- 
thanen  gaben  sie  das  Räuberhandwerk  fust  ganz  auf,  beschäftigen  sich  mit  Acker- 
bau luid  versprechen  eitles  der  ruhigsten  Völker  Indiens  zu  werden.  Man 


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$9^  Miami  ia«o-ts& 

schätzt  ihre  Kopfzahl  auf  4—600000,  welche  aber  als  Pariah  betrachtet  werden. 
Sie  feiern  das  »Dusserahfestc,  wobei  ein  Bflffel  gejagt  und  erlegt  wird«  am  die 
Gespenster  und  bOsen  Geister  su  begQligen  und  gttnstig  su  stsmmen.     v.  HT- 

^""V  Algonkinindianer  mit  dem  ehemaligen  Sitze  an  dem  gldchnamigen 
Flu<;se  und  «esdich  davon  bis  zum  Wabasb,  jetst,  ausser  97  Köpfe  im  Indianer- 
territorium,  noch  etwn  t,^o  in  Indiana  zerstreut.  Die  M.  waren  kri^jeriscb,  mit 
einer  iireigenthümlichcn  (icsiltung  ausgestattet  und  soUea  1670  noch  an  WUCht' 
tausend  Krieger  haben  ins  Feld  stellen  können.      v.  H. 

Mianma,  einer  der  eingeborenen  Namen  der  Birmanen  (s.  d.).      v.  Vk. 

Miao-tse,  d.  h.  »Katzensöhne«,  nach  anderen  »Söhne  der  Erde«,  leben  in 
den  Gebirgen  verschiedener  südlicher  Provinzen  Chinas  zerstreut,  so  in  Sz'tschweao, 
Kwea'-tschau«,  Hunan,  Huh-peh,  Vürnnan,  Kwangnri  und  an  den  Gttnsm  von 
Kwan^tung,  und  gehören  su  den  Xlteiten  Bewohnern  des  Landes,  von  welchen 
die  Kiang  abstammen  sdlen.  Sie  sind  vielldcht  identisch  mit  den  baibsmchen 
StKmmen  der  Man  und  Y  der  chinesischen  SchriflsteUer.   Es  herrscht  tlbrigens 
noch  ziemlich  viel  Unsicherheit  Uber  diese  Urstämme  und  ob  sie  alle  ein 
Volk    sind.     Die  M.    werden    bald    mit   rlcn    Lolo   identifiziert,   bald  davorr 
abgesontiert.     Wir   steilen   hier  alles   zusammen,    was   über   diese  einzelnen 
verschiedene  Namen   führenden  Stämme  bekannt  geworden,   deren  nicht  unbe- 
trächtliche Zahl    wohl    auch   Jene    auf   der    Insel    Hainan,    vielleicht  sogar 
jene  von  Foimosa  unfosst  Die  Namen  d«:  versdiicdenen  Stimme  besieihea  irich 
auf  deren  Aeusseres  oder  auf  Sitten  und  Gebrilucbe.  Gegenwflitig  erkennen  alle 
M.  die  Oberhoheit  des  Kaisers  von  China  an  und  dieser  ernennt  —  allerdin^ 
aus  ihrer  eigenen  Mitte  — ,  die  ihre  Angelegenheiten  leitenden  Obetbeamlen. 
Die  Chinesen  betrachten  die  Ureinwohner  als  Wilde  und  Barbaren,  welche  sie 
nach  Thunlichkcit  unterdrücken,  um  ihnen  ihre  Uebcrlegenheit  zu  zeigen.  Einer 
dieser  Stamme  wird  von  einem  Weibe  beherrscht,  dns  rien  Titel  >Noi-Takt  führt, 
welcher  ihre  l'nterthanen  die  grüüste  Ehrerljictung  entgegenbringen.    Sie  sind  als 
das  von  einer  Frau  regierte  Volk<  (»Nue-kun»)  bekannt.    Die  Thronfolge  ist 
auf  die  weiblichen  Mitglieder  einer  bestimmten  Dynastie  beschränkt.   Die  Chinesen 
verachten  diesen  Stamm  besonders.   Die  noch  immer  zahlrdche  Urbevölkerung 
der  Prifektur  Linschan  in  Kwan^tung  hatte  frttber  eine  Art  xeimblikanischer  Re- 
gierungsform. Je  hundert  Mann  bildeten  eine  Centurie  unter  dem  Oberbefehl 
eines  Centurionen,  und  alle  diese  unterstehen  dem  Stammeshäuptling,  dem  sie 
Ehrerbietung  und  Gehorsam  schulden.    Einer  der  Stämme  von  Linschan,  die 
K  wohl  OS,  wird  von  neun  vom  Vf>H:e  gewählten  Aelte'^fen  regiert.     Jede  der 
fünf  Niederlassungen  der  M.  im  Osten  von  Linschan  wird  von  einem  Präsidenten 
einem  Vizepräsidenten  und  acht  Beiräten,  jede  der  drei  Ansiedlungen  im  Westen 
von  einem  I  räsidenten  und  vier  BeiräChen  verwaltet.     Auch  die  die  Praiektur 
Wei'tschan  in  Kwan-tung  bewohnenden  M.  sind  vom  Präsidenten  mit  je  vier 
Bdräthen  beherrscht  Die  M.  von  Kwei-tschau  wollen  dagegen  nichts  von 
irgend  dner  Art  Untertbttnigkeit  gegenüber  dem  Kaiser  von  China  irissen» 
missachten  gSnslich  die  Autorität  der  MatMlarfaien  und  veikehren  gerade  nur 
so   viel   mit  ihren  gesitteten  Nachbarn  der  Ebene  als  zu  ihren  Zwecken 
passt.    Gegen  Reisende  sind  sie  keineswegs  wohl  gesinnt,  und  Heirathen  zwischen 
ihnen  und  den  Chinesen  kommen  nicht  vor.    Znhlreiche  Militärstationcn  im  Süden 
halten  sie  im  Zaum.    Die  ganz  vom  Chinesischen  abweichende  bi  rai  he  dieser 
Stämme  zerfällt  In  Dialekte;    sie  tragen  Waffen;    das  Haar  binden  beide  Ge- 
schlechter auf  dem  Kopfe  zu  einem  Büschel.   Unter  einander  führen  sie  viele 


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Miao-Ue. 


397 


Streitigkeiten.  Diese  M.  von  Kwci -tscbau  sollten  eigentlich  in  drei  Gruppen  ein» 

getheilt  werden:  in  die  Laoten,  Tschung-tse  uodMiao-tse,  welch  letztere  wiederum 
in  38  Clans  zerfallen.     Die  Laoten   f^ehörcn,  wie  ihr  Name  andeutet,    zu  der 
Rasse,  welche  jetzt  das  nördlich  von  Si.i.m  uud  westlich  von  Birma  liegende  Land 
bcwt  liiit.    Unter  den  eigentlichen  M.  linden  sich  nun  sowohl  die  wildesten,  als 
die  kultivirtesten  Clans;  in  Kieidung,  Gewohnheiten  und  Kegierungsweibc  weichen 
flie  sehr  von  einender  ab.  Die  Pan-fan-miao  2.  B.  kläiien  akii  urie  die  Chineaen, 
fuhren  ein  mhiges»  bctrielxames  Leben  und  wenden  Ackerbaunuucbinen  an,  im 
nächsten  Bezirke  wohnen  gewalttliflli|^  und  gesetzlose  Wilde,  welche  die  ftosserste 
Rache  an  ihren  Feinden  üben  und  sogar  des  Kannibalramiis  verdächtigt  werden. 
Ihre  Vnttwen  warten  mit  dem  Begräbniss  ihrer  theuren  Abgeschiedenen  stets,  bis 
sie  ein  neues  Hochzeitsfest  gefeiert  haben.    Bei  Ilwang-ping-tscheu  sitzen  die 
Stämme  der  >Schwarzen  Miao«',  so  e^enfinnt  nnch  der  Farbe  ihrer  Kleidung  und 
der  Katan,  welche  alljährlich  ein  religiöses  Fest  leiern,  dessen  Hauptbestandtheile 
Musik  und  Tanz  sind.    Ihre  Instrumente  (»Kic)  sind  lange  Bamburöhren,  meist 
sechs,  aber  auch  zwei  an  der  Zahl,  die  an  einem  hölzernen  Mundstück  befestigt 
sind,  jibuicbe  sind  bis  6  Meter  lang  und  bringen  eben  brausenden,  wdAin  ver- 
nebmbaren  Ton  hervor.  Die  Musikanten  bewegen  ^ch  beun  Blasen  langsam  um 
den  Plittz,  das  Gesiebt  nach  dem  Mittelpunkt  gewendet;  und  draussen  tarnen  die 
jungen  Frauen  nach  derselben  Richtung.   Die  Sitten  einiger  M.-Cian8  von  Kwai- 
tschau  sind  sehr  ilhnlich  denen  der  BeigstUmme  von  Tscbittsgong,  besonders  was 
die  Brautwerbung  anbetrifft,  welche  in  ganz  ungezwungener  Weise  vor  sich  geht. 
Im  Frühling  entwickeln  die  jungen  Leute  des  Tsch ai-tschai-Stammes  einen 
entsrhiedenen  Geschmack,  für  Pikniks  im  Mondenschein,  wobei  die  Mädchen  zur 
Guitarre  ihrer  Liebhaber  singen.     Die  JüngUnge  wählen  zur  Gattin  diejenige, 
welche  ihre  Ohren  am  besten  reizt   Der  Frühling  scheint  meist  dem  Freien  und 
Verehelichen  gewidmet  Der  Qan  der  »hnndsohrigen  DraGhen<  errichtet  einen 
Maibaum,  um  den  die  Jttn^nge  tansen,  während  die  geschmückten  Mädchen  mit 
Füssen  und  Stimmen  den  Takt  dazu  gdien.  Bei  den  schwarzen  lufiao  gilt  det 
Akt  des  Zusammentrinkens  aus  einem  und  demselben  Horn  als  Aequivalent  für  das 
Heirathsband.  Jünglinge  undMädchen  des  Kj  a-ju- tsch  ung- Stammes  verfertigen  im 
Frühling  gefärbte  Bälle  mit  daran  geknüpften  Schnüren  und  werfen  sie  denen  zu, 
deren  Neigung  sie  zu  gewinnen  wünschen.    Das  Zusammenbinden  der  Bälle  wird 
als  eine  förmliche  Heirathsverj)flichtung  betrachtet.    Xnr  beim  Ta-ja-kuh-laü- 
Stanun  /eigen  sich  Spurcu  desi  Frauenraube^;    die  iuuueu  vollziehen  die  Ver- 
ehelichungsceremonien  not  flattnnden  Haaren  und  barfuss.  Den  Bduien  werden 
die  Vordersähne  ausgezogen.    Beim  TsC'tse-miaO'Stamm  herrscht  die  Sitte 
des  männlichen  Wochenbettes.    Bei  den  M.  von  Kwei-tschau  findet  man  nur 
Spuren  von  Buddhismus,  wohl  aber  den  chinesischen  Ahnenkult  Man  veranstaltet 
Stierkämpfe,  an  deren  Ausgang  man  Vorbedeutungen  knüpft;  der  Stier  zahlt 
seinen  Triumph  mit  dem  Leben,  sein  Fleisch  wird  unter  Freunde  und  Bekannte 
vertheilt.    Wenn  der  älteste  Sohn  der  Familie  sein  siebentes  Jahr  erreicht,  wird 
bei  einem  Lao-Stamme  der  Teufel  ausgetrieben.     Das  Einsammeln  der  Krnte 
geht  bei  den  Se-miao  mit  grossen  Freudenbezeugungen  vor  sich.    In  jedem 
Bezirk  wird  ein  Ochse  geopfert,  und  Männer  und  Frauen  Unzen  in  Festtags- 
kleidein  um  ibn  hemm  zum  Tone  des  »Sange.  Abends  folgt  ein  Festmahl,  wo- 
rauf die  Schmauser  die  Geister  anrufenc,  indem  sie  einander  zujodeln.  Der  Ein* 
ftusB  der  Frauen  steht  im  umgekehrten  Verhftltniss  zur  Wildheit  der  Stimme. 
Bei  einigen  gemessen  sie  Achtung  und  BerOckacht^gungi  erhält  die  Wittwe  so- 


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99« 


MiaO'tse. 


gar  die  Leitung  der  Familienangelegenheiten  mit  Ausschluss  des  ältesten  Sohnei^ 
und,  obwolil  Polypamic  erlaubt,  werden  doch  nur  die  Kinder  der  »Nai-lehr,  der 
Hauptfrau  als  legitim  betrachtet.    Bei  anderen  Stummen  sind  die  Frauen  ebenso 
uncivilisirt  als  unsittlicli  in  ihrem  An/uge.    Eine  kurze,  vorn  oftenc  Jacke  ist  alles 
was  sie  am  Leibe  haben  und  noch  kürzere  Röcke  vervollständigen  ihre  TrachL 
Sie  lieben  leidenschafüich  das  Trinken  und  sind  häufig  berauscht    Die  Tschung- 
tie  sind  Wegelagerer,  welche  bandenweise  vereinzelten  Reisenden  auflaueni,  am 
sie  xtt  beiaoben  und  xn  misshandeln.  Die  »schwanen  Tscfaung-tse«  sind  in  den 
Kttnsten  des  Handelsveifcehrs  am  weitesten  voTgerttckt;  sie  haadebi  sogar  in 
grossem  Maasssta!)  mit  den  Chinesen  des  Flachlandes  und  ihre  EhrlicMceit  ist 
sprichwörtlich.    Der  einzige  Stamm  der  Miao  lebt  in  künstlich  gegrabenen  Höhlen, 
welche  durch  Bambuleitem  erreichbar  sind.     Dem  Aeussem  nach  weichen  die 
verschiedenen  Gebirgsclane  Kwei-tschaus  sehr  wenig  von  einander  ab,  desto 
mehr  von  den  Chinesen.    Sie  sind  kleiner,  dunkler  und  besitzen  schärfere  Gesichts- 
züge, die  Jugend  beider  Geschlechter  zeigt  siel)  heiter  und  auigew  ecKt.   Die  ^lanner 
tragen  mebt  blaue  oder  fotbe  Turban^  und  das  >Taoc  od«r  Messer,  wie  in 
Tschhtagong  die  Frauen  eine  Art  Haube.  Die  M.  in  Yünnan,  hftufig  als  Lolo  be- 
sdchnei^  sind  ein  bedeutend  stärkerer  Menschenschlag  als  die  Chinesen  und 
dürften  selbst  die  meisten  Europäer  durchschnittlich  übertreffen.  Sie  sind  schlanki 
aber  kräftig  und  muskulös,  ohne  jegliche  Uebereinstimroung  mit  dem  mongo- 
lischen  Typus.     Ibre  Gesichter  sind  gebräunt,   oval,   mit  wajErerecht  stehenden 
Augen,   etwas  hervorstehenden  liackenknc  rhrn .  breiter  und  gebogener  Nase, 
S{Mt?igem  Kinn,  aus  welchem  wie  aus  der  Cberliiiije  die  Barthaarc  ausgerissen 
werden.     Ihre  Haartracht  lässt  die  Stime  schmal  und  niedrig  erschemen;  sie 
tragen  keinen  Zopf,  drehen  aber  die  Haare  statt  dessen  zu  einem  bis  25  Centim. 
langen,  mit  Zeug^toff  umwickelten  Home  auf  der  Stime  zusammen.  Die  Kleidung 
besteht  ausser  baumwollenen  Beinkleidern  aus  einem  bis  zu  den  Fassen  reichen- 
den  Filsmanlel,  der  im  Sommer  durch  Baumwollstofiie  ersetzt  wird.  Die  Kopf- 
bedeckung ist  ein  spitzer  Hut  aus  Bambugeflecht  mit  Filz  Überzogen.    Die  Weiber 
Siechen  vortheilhaft  von  den  klumpfüssigen  Chinesinnen  ab.     Sie  sind  schlank, 
gross,  mit  anmuthigen  Gesichtszügen  und  viel  weisser  als  die  Männer,    Sie  tragen 
reinliche  Jacken  und  Rcicke,  darüber  bis  /um  liodcn  herabhängende  Schürzen; 
die  Haare  haben  sie  in  zwei  Flechten  um  den  Kopf  gelegt.    Das  weibliclie  (ie- 
schlecht  geniesät  bei  diesen  M.  eine  bevorzugte  Stellung,  ja  die  Geburt  eines 
Mädchens  erfreut  mehr  als  die  eines  Knaben.  Selbst  zur  Thronfolge  werden  bei 
einzelnen  Stämmen  die  Frauen  zugelassen.  Dafür  betheiligen  ae  sich  fhitlich  an 
den  Kämpfen  der  Männer.   Der  durch  einen  weiblichen  Führer  eingeführte 
Fremde  gÜt  lUr  geheiligt    Die  Hochzeiten  finden  unter  bestimmten  Ceremonien 
statt    Der  Bräutigam  muss  der  Fiunilie  der  Braut  dreimal  einen  Festschmaus  be- 
reiten, dann  scheidet,  nachdem  noch  gegenseitige  Geschenke  ausgetauscht  worden, 
die  Braut  von  ihren  Angehörigen;  in  Wechseigesiingen  wird  die  Trauer  über  den 
Abschied  besungen.    Die  Häuptlinge  dürfen  drei  Frauen  nehmen,  die  Unterhaupt- 
linge  zwei,  die  Uebngen  nur  exnc.    Diese  Schilderung  nach  dem  englischen 
Keimenden  Barbbr.    Etwas  venchieden  sind  die  Lolo  um  Schi-ngo,  wie  sie 
J.  Dunns  beschreibt,  und  FkANas  Gauoer  unteiscbeidet  unter  den  Lolo  im  nörd- 
lichen Yünnan  zwei  Typen:  die  Pe-Lolo,  oder  weisse  Lolo,  auch  Y'hia  genannt^ 
welche  wie  die  Chinesen  den  Zopf  tragen  und  auch  deren  Sitten  angenommen 
haben,  und  die  He-Lolo  oder  schwarzen  Lolo,  welche  das  Haar  wachsen  lassen. 
£s  leben  in  Yttnnan  ausserdem  noch  die  Stämme  der  Man*tse,  Lillui,  Lissu, 

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Mias  —  Microcebufi. 


Z99 


Lu-tseu,  Moso  und  Ja-tseti.  Garnier  will  unter  diesen  die  Man*tse  nicht  mit  den 
M.  des  Kwei-tscbati  verwechselt  wissen.  Ob  alle  diese  unter  so  verschiedenem 
Namen  auftretenden  Stamme  einer  Rasse  angehören,  ob  man  den  Namen  M. 
auf  sie  anwenden  dürfe,  ist  mehr  als  fraglich.  Anthropologisch  wie  ethnologisch 
herrschen  grosse  Verschiedenheiten  unter  ihnen  und  unsere  Kenntnisse  über  sie 
sind  noch  zu  dürftig,  um  sich  ein  Unheil  zu  bilden.  Was  von  den  Lolo  im  Süd- 
Osten  von  Sz4achwan  berichtet  wird  —  dnem  dnrchaw  onabhlngigen  rttttberischen 
rohen  Stammei  der  an  Zauberer  und  Amuletten  glaubt^  weder  lesen  noch  schreiben 
kann»  stimmt  wenig  ttberein  mit  den  Bemetkungen  Humr  <^y*s,  wonach  die 
meisten  Urstämme  den  Ruf  guter  Ackerbauern  und  tttchliger  Viehzüchter  ge> 
niessen.  Allerdings  verzeichnet  auch  dieser  Beobachttingen  sehr  verschiedener 
Sitten  der  einzelnen  Stämme,  darunter  sogar  Menschenopfer  bei  den  wohlhabend 
den  Schiirii-kia-Miao.     v.  H. 

Mias.  Indianerstamm  Nord-Amerika's,  im  Indiaoergebiete  der  Vereinigten 
Staaten.     v.  H. 

Michaehiche  Swantwi  oder  Ziochi,  Unterthanen  des  Swanetenförsten 
Michael,  im  Westen  der  freien  Swaneten  im  Kaakasus  ehi  kleines  Gebiet  be- 
wohnend, s.  Swaneten.    v.  H. 

Ificos,  s.  Wulwa.    V,  H. 

Ifticrablephanm  (Bocourt)  Böttoir  1855.  Tejiden-Gattung  lltr  M,  (Gym- 
m^AfAaimusJ  guwHUneaiiu,  WotD.,  von  Sttd-Amcrika.  Pr. 

XHcrdap»«  BOttoer  1879.  Calamariiden-GattuQg  neben  Sk^amrpkus,  mit 
I  Art  von  Palästina.  Fr. 

Ificrtaylidmit  Gt)irrBBR  (gr.  miirM  klein,  A/ia  Laubfrosch),  Lurchfiunilie  der 

Plattfingerfroschlurche,  ohne  Unterkieferzähne,  Gchörapparat  unvollständig,  keine 
Ohrdiflam.  Beine  lang,  Haftscheiben  mftssig»  Zehen  mit  Schwimmhttulen.  Eine 
Gattung  mit  einer  Art  in  Java.  Ks. 

Iffiarobdellidae  gleich  BraiuhiobdeUidiUt  Grube  (s.  d.).  Wd. 

Microcebus,  Geoffr.  (Myictbus,  GUsccbus,  I^ess.),  Zwergmaki,  Madagascar  be- 
wohnende Halbaffengattung,  zur  Familie  der  Lemurida  (s.  d.)  genauer  zur  Sub- 
familie  t  Lemuriria,  Miv.«,  gehörig.  Die  Zwergmaki 's  bilden  mit  r!en  Ohrenmaki's 
(cf.  Galago)  und  dem  Koboldäffchen  (Tarsws  spectrum  Gi  fi  i  .),  die  Gruppe 
der  Frosimn  tnacrotarsi  im  Sinne  J.  A.  Wagnkr's,  welchen  Giebel  noch  die 
Gattung  PerodUHcus  mit  poä»,  L.  Gm.,  anreihte.  Die  Gattung  nm&sst  liem- 
lieh  gedrungene  Formen  mit  grossen  Augen,  mittelgrossen,  nur  an  der  Aussenseite 
fein  behaarten  Ohren  und  aartem,  weichem  Felle.  Anatomisdi  und  ajrstemaiisch 
wichtig  sind:  die  ansehnliche  Entwickelung  der  Intermaxillaren,  ^  VeiUngening 
des  Gaumens  nach  hinten,  das  Vorhandensein  grosser  hinterer  Gaumenlöcher, 
der  verlängerte  Tarsus  bei  normalem  Astragalus  und  ein  Drittel  der  Tibialänge  er- 
reichendem Calcaneus.  Im  Gebi-^s  ist  auffallend  die  ansehnliche  Grösse  der  nach 
vom  gerichteten  mncren  Seimeidezähne,  weiter  ist  der  erste  Molar  grosser  als 
der  letzte  I.Uckenzahn.  —  Hierher  unter  anderen:  M.  myaxinus,  Pet.,  Bilchmaki, 
Körper  14 — 15,  Schwanz  16 — 17  Centim.  lang,  oben  rothgelblichgrau  mit  goldigem 
Schimmer^  nnten  wdss  gettibt  —  M  pusU&u,  Miv.  (Lemur  fmsilluSt  ^om.). 
M.  nmnmtSt  Mart.  —  OtüUtnm  madtgmariemis,  voh  dbr  Hosvih).  Oben  rost- 
gelb, unten  gelblichweiss;  von  15  Centim.  Körper-  und  17—18  Centim.  Schwans- 
länge.  Die  biologischen  Verhältnisse  der  J/.-Arten  sind  noch  wenig  bekannt  die 
Thiere  sollen  tagsQber  eingerollt  schlafen,  des  Abends  in  munteren  Satxen 


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40O 


Mierooepludepliu  —  MieropchtaddM. 


springend  auf  Aesung  ausgehen,  die  vorwiegend  aus  Kerfen  und  Früchten  be- 
steht    V.  Ms. 

Microccphalephis  (^(  jray),  Lesson  =  JJyJt&phis,  Daudin,  s.  str.  Pr. 

Microcometes,  Cienkowsiu  1876.    Globigerine  aus  dem  SUsswasser  und 
Salstdch  bei  Klausenburg.  Pp. 

lücrocotyle.  (GiMch.  s  kleiner  SaugnapO»  van  BEMCDni.  Gattung  der 
Saugwttnner  TremtO^ia,  Farn.  OOuotyUdat,  vam  Ben.  Der  hintere  Theil  des 
Körpers  ist  etwas  abgeschnOrt,  breiler;  an  demselben  stehen  kleine  SaugnXpfe 
in  grosser  Anzahl,  die  mit  Haken  ausgorüstet  sind.  Die  Kier  haben  an  beiden 
Enden  fadenfürmige  Fortsätze,  Wn. 

Microdactylus  (Tscmüdi),  Gray  =  Cophias,  Fitzinger.  Pr. 

Microdactylus,  Fitzinger,  =  Hcmuliiciylus,  Cuvier.  Pf. 

Microdromus,  Gunther  1872.    Contruianicnkanische  Calamaruden-üauung 
aus  der  Verwandtsduft  von  Etap^m^rphm  und  UmHatatfWUMm,  Pp. 

MicrofBBter,  Latr.  (gr.  klein  und  Baucb^  s.  Braconidae.  E.'T6 

Mlcraglcnn,  Ehbg.  1S31.  Europäische  Monaden^Gattung  mit  i  Art  aus  der 
Familie:  C9dom9nadma*  Fr. 

Microglossus,  Geoffr.  (gr.  muros  klein,  glossa  Zunge),  eine  höchst  auf* 
fallende,  nur  durch  eine  Art  vertretene  Gattung  der  Kakadus,  welche  einen 
Uebergang  von  letzteren  zu  dem  amerikanisc  hen  Aras  (SUtace)  darstellt.  Der 
Schnäbel  tät  sehr  btark,  seitlich  /.usauunengedruckt,  Firste  scharf.  Zahnaus- 
schnitt und  Feilkerben  an  der  Spit£e.  Die  Wachsliaut  ist  befiedert,  Wangen 
nackt,  Schwanz  etwa  halb  so  lang  als  der  FlUgel  und  gerundet.  Der  Ära- 
kakadu,  Jlßtr^hs^  tOerrmms,  Gm.,  hat  eine  Haube  langer,  schmaler  Federn  auf 
dem  Kopfe.  Das  Gefieder  ist  schieferschwars;  die  nackten  Wangen  und  fleisch- 
fiurben.  Er  bewohnt  Neu-Guinea,  die  nah^  gelegenen  klmneren  Inseln  und  Nord- 
Australien.  RCHW. 

Microgonidie.  Das  kleine  durch  schnell  hintereinander  wiederholte  Theilunga- 
akte  entstandene,  zur  Copulation  fertige  Infusor.  Pf. 

Microgromia,  R.  IIlriw.  US74.    SUsswasser^Gromiide  (s.  auch  Arcukr, 
Ann.  Nat.  Hist.  (5)  VIII,  pag.  231).  Pf. 

Microlcpidoptera,  Fisch.,  v.  Rös.  (gr.  klein  und  Schuppenflügel),  Klein- 
schmetterUngc,  s.  Scimietterlinge.    £.  Tg. 

IffiiCrotepis,  Gray,  B  i7f>%iSMMtf .  Fr. 

lücrolfisteei  Fliemingbi(,  zur  Farn,  der  tffjip$iptjmmdct*  (s.  Hypstpiymnua) 
gehörige  fossile  Beutelthiergattung,  begründet  auf  twetwuizelige  und  mehrspitsige 
Zähnchen  aus  dem  Keuper.   Man  fand  sie  in  Deutschland  und  in  rhttischen 

Schichten  Englands.     v.  Ms. 

Microlophus,  DuMeRiE  et  Bibkon  =  Tropidurus,  Wied.  Pf. 

Micromeryx,  Laktet,  fossile  Hirschgattung,  miocen  bis  Alluvium.     v.  Ms. 

Micromys  agilis,  Dehne  =  Zwergmaus,  Mus  minutus,  Pall.,  s.  Mus,  L.    v.  Ms. 

Micronereis,  Clapak^de  (gricch.  =  Kleine  NereUJ,  Gattung  der  Bor:>ten- 
wOrmer,  Ordn.  MMnmtAüUä.  Von  CtAPAitftot  zur  Familie  der  Nirtidtn  ge- 
fühlt, von  Ehubs  nach  Kopf  und  Ruder  eher  su  den  Afkr9äitm,  Wd. 

Microiiycteris,  GRAv'scbe  nedermausgattung  der  %Va»^!fruM%,  Gnv.,  ge- 
hört als  Sttbgenus  zu  Vamfyrust  Gioifit.    v.  Ms. 

IGcrofiiiraiBtiMii  GOkther  =  SUnourcus,  Dum£ril  et  Bdrom,  Fp. 

Microps,  Hallowell,  =  Tropidoclomum,  Cope.  Pf. 

Microputtacidae,  Zwergpapageien,  die  kleinsten  Mitglieder  der  Papageien 

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Microptcra  —  Microrhyncbus. 


401 


umfiosende  Familie.  Sie  haben  gedrungene  Gestallt  kufzen  Schwanz,  verhältniss- 
mättig  starken  Schnabel,  welcher  höher  als  lang  ist,  in  der  Regel  einen  deut» 
liehen  Zahnaussdinitt  und  Feilkerben  besitzt,  durcSi  welche  Eigenschaften  die 

Zwergpapageien  sowohl  von  den  kleinen  Fledcrmauspapageien,  welche  einen 
dünnen,  gestreckten,  /r^hnlosen  Schnabel  halben,  als  auch  von  den  kleinsten  Keil- 
schwanzsittichen, den  Sperlingsj^apagcicn,  sich  unterscheiden.  Die  grössten  Arten 
erreichen  etwa  die  Stärke  von  Kernbeis^iern,  die  kleinsten  übertreffen  kaum  den 
Zaunkönig.  Die  Heimath  der  Zwergpapageien  bcündet  aich  auf  Neu-Guinea  und 
den  nahe  gelegenen  kleberen  Inseln;  Ausläufer  der  Gruppe  finden  wir  auf  den 
Philifqpinen  und  in  Australien.  Die  Familie  umfasst  28  Arten,  welche  in  3  Gattungen 
gesondert  werden,  x.  fiindensittiche  (PsUlaieüa^  ScHL.).  Dieselben  bilden 
den  Uebergang  7m  den  Flattschweifsittichen,  mit  welchen  sie  namentlich  hinsieht* 
lieh  der  Form  des  Schnabels  übereinstimmen  im  Gegensatz  zu  den  typischen 
Arten  der  Familie.  Die  Wachshaut  ist  etwas  wulstig  aufgetrieben,  umgiebt  kreis- 
förmig die  Nasenlöcher  und  bildet  zwischen  den  letj:tercn  einen  Sattel  über  der 
F'irstenbasis.  Der  Scliwanz  ist  stufig,  aber  bedeutend  kürzer  als  die  Flügel.  Es 
giebt  3  Arten  auf  Neu-Guinea.  Typus:  ihittaceUa  Brehmi,  v.  RostNB.  —  2.  Zwerg- 
papageien (Cyclopsiäacus,  Jacq.  et  Puch.).  Diese  Formen  erscheinen  wegen  der 
gedrungenen  Gestalt  der  dicken  Köpfe  und  des  kurzen  Schwanzes  recht  eigent* 
lieh  awerg^aft.  Der  Schnabel  ist  seitlich  aufgetrieben,  die  Firste  etwas  abge» 
flacht,  an  der  Spitze  ein  starker  Zahnausschnitt  vorhanden.  Die  Wachshaut  hat 
die  bei  der  vorgenannten  Gattung  beschriebene  Form  oder  zieht  sich  als  ein 
schmales  Band  um  die  ganze  Basis  des  Oberkiefers.  Der  kurze  Schwanz  ist 
keilförmig,  seltener  schwach  gerundet.  Von  den  13  hekannten  Arten  bewohnen 
zwei  Australien,  eine  Luzon,  die  übrigen  Neu-Guinea  und  die  zugehörigen  Inseln. 
CyclopsiiiMus  Desmaresti,  Garn.,  C.  suavissimus,  Scl.  —  3.  Spechtpapageien 
(NasiUrna,  Wacl.).  Die  kleinsten  aller  Papageien,  von  Zaunköniggrösse.  Ihren 
Namen  haben  ue  daher  erhalten,  weil  die  Federn  des  kurzen,  gnaden  Schwanzes, 
gleich  demjenigen  der  Spechte^  stachelartig  Uber  das  Ende  der  Federfahne  her- 
vorragende Schaftspitsen  besitzen.  Die  verliftltnissmlssig  langen  FlOgel  haben 
doppelte  Länge  des  Schwanzes  und  reichen  angelegt  fast  bis  zur  Spitze  dessdben. 
Der  Schnabel  ist  an  der  Basis  breit,  an  der  Firste  zusammengedrückt  und  hat 
einen  starken  Zahnausschnitt  vor  der  Spitze.  Die  Wachshaut  bildet  ein  breites 
Band,  welches  über  der  Firste  verschmälert  und  um  die  Nasenlöcher  herum  auf- 
getrieben ist.  Die  Zehen  sind  auffallend  lang  und  dünn.  Die  10  bekannten 
Arten  bewohnen  Neu-Guinea  und  dazu  gehörende  Inseln.  Die  Vögelchen  sollen 
nach  Art  der  Spechte  an  den  Stämmen  und  Zweigen  d«  Bttume  umherkiettem. 
Nasäima  fygmatßt  Qu.  et  Gabi.  Rchw. 

Ilicropten  {ff.  klein,  Flflgd)  «  Jlir«r^j9^^  s.  Staphylinidae.    E»  Tg. 

Micropteron,  Eschr.,  Cetaceengattung  zur  Familie  ^Sjfperaodontma*,  Gray, 
gehörig,  s.  Ziphius,  Gray.     v.  Ms. 

Microrhynchus,  Jourd.  Mada^ascar  bewohnende  Halbaffengattunir  der 
Familie  F,cmurida ,  I?.  Geoffr.  Die  hierher  gehörige  Form  Af.  hrniger ,  Gray 
(Lemur  ianiger,  Ltchanotus  avahi^  etc.),  welche  sich  durch  egale  Beschaffenheit 
der  oberen  Schneidezähne,  einen  verbreiterten  und  verlängerten  Unterk.ietcrwn;kel 
durch  einen  starken  Processus  paroccipiiaüs,  sowie  durch  eine  sdkwirzliche,  bis 
zum  ersten  Phalangealgelenke  reichende  Bindehaut  an  den  Fingern  ^hen)  der 
Hintereatremität  ausnichnet^  erreicht  ca.  58  Centim.  Gesammdttnge  (Körper  ca. 
30  Centim.)^  ist  auf  der  Oberseite  mit  einem  schwach  rötblich  fiihlgelbem,  krausem 


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IfiaMaiiii«  —  Midai. 


Pelze  bedeckt,  Nnse  mit  schwareem  Flecke,  unten  licht  manigiatt  giefiürbt  Be* 
wohnt  die  \Va1(!cr  der  OstktJste  Madagascars.     v.  Ms. 

Microsauria,  Dawson  (gr.  mtkros  klein,  sauros  Eidechse),  Unterabtheilung 
der  Wickcl/ahnler  (s.  Labyrinlhoduntia)  mit  knöchernen  Hinterhauptgelenkköpfen 
und  Wirbelkörpem,  ohne  Kiemenbögen.  Die  Faltung  der  Zähne  iat  sehr  gering- 
fügig. AuNchUesilich  in  der  Steinkohle.  Ks. 

Blicroecalabotca,  Boulsngkr  18S3.  GeckotidenOattung  aus  der  Verwaadt' 
flchaft  von  Lygodactytm;  von  diesem  unterschieden  dnich  die  nicht  gdcfOniinteB 
Singer-Endglieder  und  die  starke  Daumenkralle,  t  Sp.  von  Madagascar.  Fr. 

Microsporidien.  Eine  der  Hauptabtheilungen  der  Sporozoen,  umfassend 
die  Psfirospcrmien  der  (ilicderthiere.    Eai.biani,  Les  S]iorozoaircs,  1882.  Pf. 

Microstoma,  Cuvier  (gr.  mtcros  klein,  sfonui  Mund),  Gattung  der  Lachs- 
fische (s.  Salmoniden),  sehr  nahe  verwandt  mit  Argaähia  (s.  d.),  doch  mit  einer 
hinter  den  Bauchflossen  stehenden  Rückenflosse  und  vorzüglich  charakterisirt 
durch  hAufiges,  aber  keineswegs  regelmässiges  Fehlen  der  Fettflosse.  Eine  Art 
kommt  bei  Grünland,  eine  andere  im  Mittelmeere  vor;  beide  sind  marin.  Ks. 

Ilicrostomidae,  Scmma]U>a.  (griech.  -=  KleinmlUiler),  Fam.  der  Stnidel* 
Würmer,  TUrAeUaHa,  Ehrenberg,  Ordn.  Rka^^cotla.  Unteredieidet  sich  von 
allen  anderen  dieser  Ordnung  durch  getrennte  Geschlechter,  wesshalb  sie  Max 
ScHtn^E  lieber  zu  den  Nemertiden  stellen  wollte.  Der  kleine,  sehr  dehnbare 
Mund  Hegt  vomen,  seitlich  Flimmergruben.  Sie  vermeliren  sich  häufig  durch 
Quertheilung.  Hierher  Alicrostomum,  OKKs  rEur.  —  M.  lineare,  Oerst.  =  J'Luiaf  la 
linearis,  Müller.  Zwei  Augen.  Der  Darm  setzt  bich  blindsackarug  über  den 
Mund  nach  vom  fcMrt.  In  den  nördlichen  Meeren.  Wb. 

Microtyllis,  CLAPiOiimB  (griech.  ^  Kleine  Syllis),  Gattung  der  BoistenwOrmerr 
Qrdn.  NMraiukiaia,  Fam.  SyUidae,  Grubb.  Zwei  Stiznf&hler,  die  Palpen  am 
Kopflappen  verschmobsen.  Das  erste  Segment  trügt  jederseits  dnen  Ftthler* 
drren.  Wo. 

Microtherium,  H.  v.  M.  fossile  (tertiäre)  artiodar'yle  Säugergattung  zur 
Familie  der  Anoplotlurina,  Gkav,  gehörig.  Die  (Gattung  ist  wohl  auf  eine  der 
noch  schwankenden  Hoplotherienspecies  begründet  worden.     v.  Ms. 

Microtus,  ÜLAs.,  s.  Arvicola  K.  et  Bl.     v.  Ms. 

Micrura,  Schmarda.  (gr.  s  Mit  kleinem  Schwann.)  Gattung  der  NcmertUun^ 
Fam.  M^mrkagea  (s.  d.).  Wb. 

HDcmniS,  WAGLBRas.fi&^J-,  DUMtUL  et  BiBRON.  Fr. 

Mknli«,  Gray.  Kleine  Gymnophthalnuden^Gattung  mit  i  westaostralischcn 

Art  Pf. 

Midas,  Geoffr.,  Untergattung  der  KrallenafTen,  »Uistitis«  (Hapak^  Iixic.) 
mitmeisselförmigen,  verkürzten,  in  gerader  Linie  stehenden  unteren  Schneidezähnen. 
I.  Formen  ohne  Mähne  (Lioccphali,  J.  A.  Wagnkr).  a)  Lippen  und  Nase  weiss- 
behaart:  M.  labiatus,  GnoFFR.,  schmalbatligci  Seidenaffe.  Oben  und  unten 
schwarz,  Rückenhaarc  goidgelblich  geringelt,  junge  Thiere  sind  seitlich  und  an 
den  Schenkeln  dunkelrostroth.  Körper  21,5  Cendm.,  Schwans  36  Centim*  lang. 
Heimath:  Btssilien,  Peru.  —  M.  pUaUus,  Giomt.,  rotbrnAtciger  SeidcDafie.  Am 
oberen  Amazonas  (Nozdpeni).  b)  Lippen  wetsa»  Nase  idiwars:  J>e9iäa, 
Gbopfs.,  schwarsköpfiger  Seidenaffe.  Oberseite  des  Kopfes,  Wangen,  Hände» 
Schwaiu  schwarz,  Oberseite  in  den  vorderen  Partien  schwarz  mit  rothen  Haar- 
spitzen, hinten  srhwarz  und  weiss  melirt  Hin^crextremitäten  und  Schwanzwurzel 
(OStroth.    Körper  ca.  16,  Schwanz  19  Centim.  lang.  ~  Peru.  M.  IVedäeü,  Os* 


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Midhi  —  MicstMcher  Vieh. 


403 


mu,  mit  weisser  Stirn  und  wdssem  Augenstreifen.  Bolivia  ete.  c)  Lippen  und 
Nase  schwarz:  M.  n^manust  Geoffr.  (Hapale  mtäas,  Wagner),  Tamarin. 
Glänzend  schwarz»  Rflcken  und  Schenkel  fahlgelblich  gewässert.  HSnde  oben 
TOStroth,  Handflächen,  Gesicht,  sowie  die  grossen  nackten  Ohren  violettbrann. 
Körper  30,  Schwanz  40  Centim.  lang.  —  Guiana,  Peru.  —  Jl£  ursuhts,  Geoffr. 
(Hapale  urmla,  Worryx.)  Der  Negcr-Sahui,  ähnlich  dem  vorigen,  «chwnrz,  am 
Rücken  röthlichgelb  gewellt,  Hände  schwarz.  Guiana."  II.  Formen  mit  mähnen- 
artig behaartem  Kopfe  (Leonioceöi,  Leontopiiheci) ,  a)  Stimmitte  und  Scheitel 
mit  aufgerichteten  Haaren:  Midas  oedipus,  Geoffr.,  Pinche,  weissmähniges  Löwen« 
äiTchen.  Oben  braun,  unten,  sowie  der  Kopf  und  die  Vorderarme  weiss,  Ge- 
sicht sdiwaiz,  Körper  38,  Schwanz  4a  Centim.  lang.  Guiana  und  Columbien. 
—  M  Gwffrcyi,  Poch,  rotfanackiger  ^idenaffi».  Panama,  b)  Der  ganze  Kopf 
mit  langen  Haaren:  JK  r^$aäm,  Gboifr.  (Marikma,  Bebakt  SMa  rpsaUa) 
rothes  LöwenSfichen.  Röthlidi^Ib,  mit  töwenaitiger,  aufrichtbarer  Mähne.  Ge- 
sicht braun  umsäumt,  Kopf  mit  schwarzbraunem  Scheitelstreifen.  Körper  25, 
Schwanz  ca.  40  Centim.  lang.  In  den  Küstenwäldem  Brasiliens  vom  22 — 23.  Breiten- 
grade. —  M.  leoninus,  Geoffr.,  dunkelbraunes  Löwenälfchen,  kleiner  als  voriger. 
(Körper  und  Schwanz  je  ca.  21  Centim.)  Oestliclie  Abhänge  der  Cordüleren 
2wischen  o*^  15'  und  1  25'  nordlicher  Breite.  M.  chrysopygus  (Ii.  chrysopyga,  Natt.), 
GoIdstdsslOwenSfidien.  Bradlien.  Prov.  St.  Paulo.  M.  cAryiMulas,  Wied, 
Goldmähnenlöwenäffchen.  Ostkttste  Brasiliens,  zwischen  14  und  15  i°  sttdl. 
Breite.        v.  Ms. 

Midhi,  s.  Tschalikota-Mischmi.     v.  H. 

Midianiter.  Bei  den  Gnechea  Madianiter,  ein  weit  verbreitetes,  nomadisches 
Volk  im  südlichsten  Thcilc  des  steinigen  Arabien,  dessen  früheste  bekannte  Wohn- 
sitze, westlich  vom  Sinai,  zwischen  dem  Gebirge  Seir  und  dem  Arabischen  Meer- 
busen zu  suchen  sind,  das  sich  aber  dann  auch  auf  dessen  Ostseite  und  bis  zu 
den  Grenzen  der  Moabiter  hin  verbreitete,  den  Israeliten  anfangs  viel  7.u  schaffen 
machte,  bis  es  endlich  von  Gtoeon  gedemüthigt  wurde  und  einen  lebhaften 
Handel  zwischen  Arabien  und  Acg)|;ten  trieb.  Ihr  Name  verschwindet  nach  dem 
Exil  aus  der  Geschichte.  Die  M.  müssen  nach  Sprache  und  Kultur  den  Is- 
maeliten  und  Edomitem  nahe  gestanden  haben  und  die  ahnenlustigen  Araber  führten 
sie  auf  den  mythischen  Stammvater  Abraham  zurtlck,  mittelst  einer  Stamromutter 
Ketura,  welche  dessen  Kebsfrau  gewesen  sein  soll.     v.  H. 

Miditadi,  s.  Menitarics.     v.  H. 

Midschegisen.  Volk  im  Kaukasusgebiet,  bräunlich  gefärbt,  muhammcdanisch, 
wurde  vor  mehr  denn  200  Jahren,  als  sie  aus  dem  Gebirge  in  die  Ebene  hinab- 
zogen, von  den  Kumüken  Midschikisch  geiianni,  weil  sie  am  Flusse  Aiitsciuk  zu- 
erst mit  ihnen  zusammenstiessen.  Zu  ihnen  gehören  eine  sehr  grosse  Anzahl 
Stämme,  worunter  die  Tschetschenzen  (s.  d.)  die  bekanntesten  sind,    v*  H. 

Mjednowzen.  Volksstamm  in  Aljaska,  ob  zu  den  Eskimo  gehörig,  ist  frag- 
lich.   V.  H. 

Miener  =  Döbel  (s.  d.)  Ks. 

Miesbacher  Vieh.  D-'s  in  den  oberbayerischen  Bezirken  Miesbach  und 
Tegernsee  ursprünglich  vorhandene  braunbunte  Vorgebirgsvieh  wurde  in  der 
ersten  Pialfte  dieses  Jahrhunderts  mit  Vieh  aus  dem  Pinzgau  und  Pongau 
gemischt  und  allmählich  von  diesem  verdrängt.  Später  folgten  Kreuzungen 
des  verbesserten  Stammes  mit  kräftigen  BemerbuUen  und  endlich  mit  hell- 
faibigen  Simtnenäialenii  wdche  der  gegenwärtigen  Raoe  ihren  Stempel  aufdruckten 

a6« 


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404 


IftetnniMliel  —  Mjct. 


und  eine  nahe  Verwandtschaft  dieser  Racen  herbeiführten.    Fortwährend  finden 
nocli  BlutaufTriscIiiingen  mit  Slmmenthaler  Original  -  Thieren  ';tnn     Der  Zucht- 
rayon   dieses    Viehes    bat    sich    allmählich    über   die    benachbarten  Bezirke 
Rosenhein,  Traunstein  und  Tölz  ausgedehnt  und  bildet  den  Stammzuchtlje2irk 
für  das  Buntvieh  in  Bayern.    Der  Export  von  Zuchtma.tcrtal  ist  ein  sehr  beträcht- 
licher.  Die  Thiere  sind  der  Mehrzahl  nach  weiu.  mit  gelben,  hdlbminen  oder 
rothen  Flecken.  Skelett  und  Haut  sind  noflssig  fein;  Kopf  kun,  brdt^  schOoc«- 
schnitten;  Hömerfein,  wachsgelb;  Hals  kräftig,  niit$taikem  Triel;  Stodc»  ROcken 
und  Krens  breit  und  eben;  Schweif  fein,  mitssig  hoch  angetettt    Rampf  lie^ 
weit,  schön  gerundet.     Beine  mittelhoch,  (leischig,  gerade  gestellt.     Die  Kfibe 
wiegen  durchschnittlich  600  Kilo,  die  Oclisen  bedeutend  mehr.    Die  Milchpro- 
ductim  ist  gut  tmd  die  Qualität  der  Milch  vorzüglich.    Infolge  der  vcrhältniss- 
mässig  niedrigen  AnfjprUche,  weh  he  das  Vieh  an  die  Menge  und  Bcschurteniieit 
des  Futters  stellt,  ist  es  Qir  den  kleinbäuerlichen  Wirthschaftsbetrieb  von  be- 
sonderer Bedeutung.  R. 

Miesmuschel,  s.  Mytilus.     K.  v.  M. 

Migration.    Dieses  Wort,  das  eigentlich  allgemein  nur  Wanderung  bedeutet, 
erhielt  cme   besondere  Bedeutung  durch  den  Zoologen  .Moritz  Wa(;ner.  Der- 
selbe stellte  der  DARWiN'schen  1-elire  von  der  Entstehung  der  Arten  durch  natür- 
liche Auswahl  seine  sogen.  1  Migrationslehre c,  d.  h.  die  Lehre  gegenüber,  dass 
die  Entstehung  neuer  Thieraiten  bloss  durch  den  Process  der  Wanderang,  d.  Ii. 
dadurch  su  Stande  komme,  dass  bei  Uebersiedlung  eines  llieiles  derSpeciesmh- 
glieder  in  ein  neues  Territorium  diese  einer  Abünderung  unterworfen  weiden, 
und  xwar  so  weit,  dass  sie  den  zurückgebliebenen  Individuen  gegenüber  eine 
neue  Art  darstellen.    Richtig  an  dieser  Lehre  ist,  dass  die  Spaltung  einer  Speeles 
in  zwei   räumlich  getrennte  Individuengruppen  Ans'o^s,  j^i  Vorbedingung  zur 
Diffcrenzirung  in  zwei  gesonderte  Arten  bilden  kann  utid  sicher  oft  genug  ge- 
bildet hat,  allein  i.  kann  eine  DitTerenzirung  auch  durch  das  eingeleitet  werden, 
was  U.  Jagek  (»in  Sachen  Darwin  s«,  pag.  52)  biologische  Migration  genannt 
hat  Wenn  nämlich  in  Folge  einer  Instinktvariation  oder  zeitweiligen  Zwanges  eine 
Individuengruppe,  z.  B.  eine  pflanseniressende  Inseklenart^  auf  eine  andere  Nihr- 
pflanze  übersiedelt,  so  kann  selbst;  wenn  keine  geographische  Trennung  eintritt; 
dies  doch  binnen  einiger  Generationen  zu  einer  solchen  biologischen  Diveigens 
führen,  dass  schliesslich  eine  neue  Art  entsteht.  —  2.  Die  Migration,  und  zwar 
sowohl  die  geographische,  als  die  biologische,  ist  Air  sich  allein  nur  die  Ursache 
einer  neuen  Artbildung.    Sie  kann  höchstens,  aber  auch  nicht  allgemein,  eine 
unerlässlichc  Vorl)edingung  hieriilr  sein,  denn  das,  was  auf  dem  neuen  Terri- 
torium die  Abänderung  hcrbeilührt,  sind  abgesehen  von  der  Disj»osiuon  der  frag- 
lichen Individuen  eben  die  auf  diesem  herrschenden  andersartigen  biologischen 
Bedingungen,  welche  theils  direkt,  tiieits  indirekt  durdi  den  Vorgang  der  natOr- 
liehen  Auswahl  abändernd  wirken.  Die  Migration  ist  also  nicbl,  wie  M*  WacuiR 
wollte,  etwas  dem  DARwni^schen  Auswahlprindp  Entgegenstehendes,  (fieses 
Ausschliessendes,  sondern  einer  der  mancherlei  Faktoren,  welche  neben  der 
Auswahl  durch  den  Kampf  ums  Dasein  die  Bildung  neuer  Arten  herbeifilhren 
helfen.  J. 

Mijeitlkeyn,  s.  Metschertin-Somal.    v.  H. 

lUjes  oder  Mixes.  Mewkanisches  Urvolk,  linguistisch  nahe  verwandt  mit 
4en  Zoque  (s.  d.).    Ihre  Sprachen  bilden  vorläufig  eine  isoUrte  Familie.  •  Die 


Dlgitizecj  Ly  ^^oogl 


Mikawkc  —  MIfcrolieplialcn. 


405 


M.  sind  ein  Bergvolk,  welches  vorzugsweise  die  höheren  Theile  des  Centralge- 
birges  in  Oaxaca  bewohnt.  Die  M.  hnbcn  eine  schöne  Statur,  sind  stark,  ktihn 
lind  thätig;  sie  traj^en  Bart,  haben  aber  abstossende  Gesichtszüge.  Kinst  das 
nnächtigste  Volk  in  Siidmexiko,  stechen  sie  noch  heute  durch  Muth,  Fleiss  und 
Wohlstand  hervor;  sie  sind  berühmt  als  Maulthier-,  Rinder-  und  Pferdezüchter. 
Jedes  Jahr  weiht  sich  in  einem  Gebiigsdorfe  der  M.  ein  junger  t/Lum  der  Jung- 
frau Maria,  worauf  er  bei  der  Prozession  ihr  Bild  ni  tragen  hat,  bei  feierlichen 
Messdiensten  assistirt  und  von  den  döiflichen  Frohnden  befreit  ist  Aber  er 
darf  dieses  ganze  Jahr  Icein  Weib  berühren;  wird  er  dem  Gelübde  untreu,  so 
wird  er  in  Bälde  sterben.     v.  H. 

Mikasuke.    Kiner  der  beiden  Dialekte  der  Seminolen  (s.  d  )      v.  H. 

Mikir.  Lobitavolk  in  den  Gebirgen  des  Bezirkes  Naugong  in  Central-Assam 
neben  den  Kuki  am  Kopiliflusse  wohnend;  sie  sind  sehr  friedlich.  Ihr  Anzug 
besteht  aus  /.wei  rothgestreiften  Zeugstücken,  welche  in  Sackform  zusammenge- 
näht und  wie  ein  Hemd  über  den  Oberkörper  gezogen  werden.  Sie  leben  in 
Schaaren  vereinigt  in  geräumigen,  über  dem  Erdboden  errichteten  Häusern,  ai 
denen  efai  mit  Einschnitten  versehener  Balken  oder  Stamm  als  Treppe 
führt  In  einem  Hause,  dessen  Inneres  nicht  abgetheih  ist^  leben  oft  an  dreissig 
verheirathete  Paare  mit  ihren  Kindern.  Sie  essen  alles,  ausser  Kuhfleisch  und 
Milch.  Polygamie  ist  nicht  erlaubt  und  Wittwen  dürfen  wieder  heirathen.  Sie 
verehren  ein  höch<;tes  Wesen,  »Hempatimf  genannt  Der  Stamm  zählt  gegen 
2500c  K<i;)fc.      V.  H. 

Mikmak  oder  Micmac.  Algonkin-IndianerNcu-Schottlands,  einst  ein  mächtiges, 
sonnenanbetendes  Volk,  im  Besitze  einer  Hieroglyphenschrift,  der  reichsten,  welche 
man  bd  nordameiftanisdien  Indianern  vorfand  und  die,  verbessert  und  ai^ie- 
bilde^  noch  heute  in  Uebung  ist  Heute  sind  die  M.  dem  Namen  nach  Katho- 
liken, doch  hat  man  sie  nie  dahin  gebracht^  Ackerbau,  Viehsucht  oder  ein  Hand- 
werk zu  trdben;  sie  bleiben  Fischer  und  Jäg^r.  Obwohl  christiantsirt,  leben 
manche  immer  jnoch  im  herkömmlichen  Wigwam  und  fangen  nur  langsam  an, 
ihr  nomadisches  Leben  aufzugeben;  jene  in  Neu-Braunschweig  sind  alle  arm, 
faul,  verschmähen  jede  Arbeitsgelegenheit,  leben  aber  friedlich,  wenn  ihnen  der 
Branntwein  fem  gehalten  wird.  Die  ihnen  zugetheiltcn  Reserven  bleiben  beinahe 
unbenutzt.  Nur  eine  kaum  500  Köpfe  zählende  Abtheilung  am  Restigoiiclieflusse 
in  Unterkanada  soll  befriedigende  Kukurfortschritte  gemacht  liaben.  Die  älteren 
frsnzdnschen  Sdiiiftsteller  nannten  sie  Souriqucus  und  die  Missionäre  Gespdsiens. 
Sie  sind  dermalen  ausser  NeU'Schottland  auch  über  das  nördliche  Neu^Braun* 
schweig,  Kap  Breton,  Neufundland,  Prinz  Edwardinsel  und  Gaspe  zerstreut  und 
sihlen  zusammen  etwa  5600  Köpfe,     v.  H. 

Miko  oder  gehörnter  Rollaffe  (Cebus  fatuellus)  s.  Cebidae.     v.  Ms. 

Mikrokephalen.  Die  moderne  Forschung  hat  sich  vielfach  mit  den  sogen. 
Mikrokephalen  beschäftigt,  kletnköpfigen  Idioten,  bei  denen  '  ald  mehr,  bald 
weniger  die  menschlichen  Verstandeskräfte  mangeln.  I?ei  diesen  Geschöpfen  ist  der 
Mangel  der  Intelligenz  mit  einer  mangelhaften  Ausbildung  namentlich  der  Grosshirn- 
hemisphäte  verbunden,  die  durch  verschiedene  krankhafte Processe,  die  meist  schon 
währendderEntwicklungsperiode  vordeiOeburt  verliefen,  beträchüich  in  ihrerGrössen* 
tuaUldung  zurückgeblieben  sind.  Das  Volk  hie  und  da  diese  Unglücklichen  mit 
Alien  zu  vergleichen.  Aber  diese  Armen  mit  ihren  kmnkhaft  verbildetenGehimen,  die 
Mikrokephalen,  stehen  tief  unter  dem  relativ  so  begabten  Thiere,  dem  Affen,  ja 
tief  unter  jedem  Thiere.   Die  Thiere  sind  im  Stande,  vollkommen  lUr  ihre  Lebens* 


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406 


Ifiktpnefkr  —  Milanom. 


bcdiirfnisse  zu  sorgen,  die  Mikrokephalen  höheren  Grades  sind  in  jeder  Beziehung  ' 
aui  unbcr  hellendem  Mitleid  angewiesen,  da  bei  höherer  Ausbildung  dieses  Ge-  \ 
hiralddens  nur  die  niedrii^teii  Functioneii  des  anmialen  Lebou  «häten  bleiben.  I 
Namentlich  fehlt  bei  Mikrokephalie  höheren  Grades  auch  die  Fähigkeit  snr  Foit>  ^ 
erhaltung  der  Speeles»  wodurch  eine  Fortpflanzung  dieser  Race  au^eschloaseo 
ist  Wicluig  erscheint  ts,  dass  es  auch  »partielle«  Mikrokephalien  giebt,  bei  denen 
nur  ein  oder  der  andere  Theil  der  Grosshiinobcrfläche  in  seiner  Entwickelung 
gestört  ersclieint.  —  Vergl.  J.  Ranki',   »Der  Mensch«,    i.  Bd.  pag.  c;:^  —  ^?9» 
dessen  Auslührungen   allcrtlini;s  im   strenp;sten  Gegensatze  stehen  zum  Darwi- 
nistischen Standpunkte.    Ininicrliin  Hctert  die  Kxisleni  ganzer  mikrokephaler 
Familien,  z.  B.  der  1  amilie  Becker  aus  Ütlcnbach,  den  Beweis,  dass  grösseren  Com- 
plexen  des  ^enus  homo  die  Qualität  und  Quantität  der  Gehinisubstanz  so  vermindert 
werden  kann,  dass  die  Verstandesvorgänge  ach  auf  ein  Minimum  beschfinkca. 
Von  besonderem  Werthe  ist  die  Beobachtung  bei  einer  Tochter  des  genannten 
Becker,  dass  dieselbe  in  ihren  Bewegungen,  ihrem  Blicke^  ihrem  gansen  Habitus 
ein  Wesen  zeigte,  welches  jeden  Unbefangenen  an  die  Art  eines  Affen  oder 
eines  Vogels  erinnerte.    Wenn  nun  die  absteigende  Linie  de  facto  bewiesen  ist^ 
warum  sollte  nicht  die  aufsteigende  wenigstens  den  Werth  einer  einleuchten- 
den wissenschaftlichen  Hj^^othese  haben?     C.  M. 

Mikronesier.  Die  Bewohner  Mikronesiens,  d.  h.  des  aus  lauter  kleinen  Ei- 
landen bestelieiuicn  nordwestlichsten  Theils  der  Südsce.  Der  Name  ^I.  hat  aber 
keine  ethnologische  Bedeutung;  nach  den  neuesten  Forschungen  sind  die  M. 
eine  aus  Polynesiem  und  Papua  gemischte  Bevölkerung,  in  welcher  jedoch  das 
polynesische  Blut  die  Oberhand  besitzt    v.  H. 

ISikropyle.  Alle  Häute,  von  denen  ein  Ei  umgeben  wird,  können  mit  einer 
besonderen  Oeühung  versehen  sein,  welche  Mikropyle  genannt  wird.  Man  findet 
dieselbe  darcliaus  nicht  bei  allen  Eihäuten,  und  zwischen  den  vorkommenden 
Mikropylen  besteht  keine  Homologie.  Die  Mikropylen  dienen  entweder  der 
Ernährung  des  Kies  während  seiner  Entwickelung,  oder  aber  dem  Eintreten 
der  befruchtenden  Samenfäden;  beide  Functionen  können  nebeneinander  be- 
stehen. GRBCil. 

Milan«»  s.  MQvmae.  Rcsw. 

Milanows  oder  Milanau,  ein  sooeo  Köpfe  zählendes  Volk  auf  Bomeo^ 
welches  den  äussersten  Nordosten  des  Rei^s  von  Saräwak  bewohnt.  Die  M., 
deren  Niederlassungen  insgesammt  nur  wenige  Metten  von  der  See  entfernt 

liegen,  sind  desselben  Ursprungs  wie  die  rohen  Stämme  des  Innern,  haben  aber 
schon  l'riihzeilig  mal.iyische  Kleidung  und  zum  Theil  den  Islam  angenommen. 
Sie  wohnen  in  guten  Häusern;  ihre  Frauen  kleiden  sich  m  Seide  und  tragen  Gold- 
schmuck von  bedeutendem  Werth;  in  ihren  Wohnungen  findet  man  englische 
Gläser,  Töpfe  und  Waüen.  P!)s  herrscht  unter  ihnen  grosse  dialektische  Zer- 
splitterung. Aeusserlich  gleichen  die  M.  den  übrigen  Stämmen  von  Saräwak,  nur 
ist  ihr  Gesicht  viereckig;  die  Frauen  sind  seltsamerweise  in  den  Ruf  der  Schön- 
heit gekommen,  obwohl  sie  an  Gestalt  und  Regelmässigkeit  der  Zttge  weit  hinter 
den  Malayen  stehen.  Sie  sind  sehr  weiss,  haben  breite  Fflsse  und  stämmige 
untersetzte  Figuren.  Ihre  Köpfe  werden  in  der  Kindheit  abgeflacht,  aber  nicht 
so  viel,  um  sie  dadurch  zu  entstellen.  Die  Männer  sind  mittelgross,  tättowiren 
sich  nicht  und  Irapen  keinerlei  Schmuck.  Sie  sind  milde,  friedlich,  ruhig  und 
artig,  unterwürfig,  und  Verbrechen  sind  selten.  Sie  sind  keine  Kopfjäger,  wenn 
sie  auch  in  ihren  Häusern  noch  einige  Schädel  aui  bewaliren.    Manche  haben 


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Müben  —  Milch. 


4«7 


grosse  Gelehrigkeit  gezeigt  und  selbst  die  englischen  Buchstaben  schreiben  ge- 
gelemt.  Sie  üben  nur  sehen  Polygamie,  und  alle  Arbeit  ist  unter  den  Familien- 
mitgliedern gleicliniässig  vertheilt.  Sie  sind  sehr  abergläubisch,  glauben  an  Träume 
und  Voneichen  und  richten  ihre  Reisen  nach  dem  Fluge  der  Vögel.  Sie  glauben, 
dacs  das  Jenseits  der  irdischen  Welt  gleicht  und  dass  es  einen  obenten  Gott 
»Epoo«  giebt,  weldier  Macht  hat  Uber  alle  Geister.  Es  giebt  deren  versdiiedene 
böse^  aber  nur  dnen  guten,  »Balu  Abad«,  der  als  ein  schönes  Weib  beschrieben 
wild.  Stirbt  ein  Wohllebender,  so  werden  Sagopalmen  geßlllt  in  dem  Glauben, 
dass  sie  der  Eigenthümer  im  Jenseits  zu  seinem  Gebrauche  wiederfindet.  Aus 
dem  nämlichen  Grunde  v.erden  der  I. eiche  alle  möglichen  Dinge  bci"e<:cben. 
Die  T, eiche  eines  Häuptlings  lasst  man  verwesen,  thut  die  Ueberreste  in  einen 
Krug  1111(1  er /t  denselben  in  einen  dazu  ausgehöhlten  grossen  Baum  oder  Pfosten, 
wozu  man  stets  Eichenholz  wählt.  Diese  ürabmaier  sind  oft  sehr  grosi  und 
sorgfältig  g^hnitzt  v.  H. 
llilben,  s.  Acaiina.    E.  Tg. 

Milcb  und  Colostrum  (s.  Kollostnim-Köiperchen),  beides  Sdcrete  der 
Milchdrüsen,  deren  letzteres  kurze  Zeit  nach  dem  Gebären,  deren  ersteres  während 
der  Übrigen  weit  längeren  Zeit  der  Laktationspeiiode  abgesondert  wird,  sind, 

wenn  auch  in  ihrer  quantitativen  Zusammensetzung  etwas  differente,  ihren  Be« 
standtheilen  und  Bedeutung  nach  indcss  gleichwerthige  Produkte  der  Milchdrüsen. 
Die  Milch,  eine  gelbliche  bis  bläulichwcissc  Flüssigkeit  von  gewisser,  mit  abnehmen- 
der Temperatur  steigender  Viscosität  (Zähflüssigkeit),  von  süsslich-angenehmem  Ge- 
schmacke  imd  schwachem,  je  nach  der  Thierart  verschiedenem  Gerüche,  hat  ein 
bei  verschiedenen  Säugon  versclüedenes  specifisches  Gewicht,  das  fllr  die  genauer 
untersuchten  Milchsorten  swischen  1025^1045  schwankt  Mikroskopisch  untersucht^ 
besteht  sie  aus  einem  flüssigen  Antheil,  dem  Milchplasma,  einer  feinkörnig  ge* 
trttbten  Flüssigkeit,  und  den  darm  suspendiiten  Milchkllgelchen  als  glänzenden, 
stark  lichtbrechenden  kleinsten  oder  grösseren  Fetttröpfchen;  Anwendung  von 
Reagentien  lehrt,  dass  diese  letzteren  aus  einem  Tropfen  flüssigen  Fettes  be- 
stehen, welcher  von  einer  du  i  n  Schicht  staubartig-molecularer  Eiweiss- (Casein-) 
kömchen  oberflächlich  bedeckt  ist.  Diese  Hülle  verhütet  das  Zusammenfliessen  der 
Fetttröpfchen  in  dem  wassrigen  Plasma  und  macht  so  die  Milch  zu  einer  wahren 
Emulsion,  die  sich  nicht  mehr  als  solche  zu  erhalten  vermag,  sobald  die  Casemhülle 
durch  Schlagen  (Buttern)  »zertrümmerte  worden  ist;  denn  danach  fliesst  thatsächlich 
die  Summe  der  Felttröpfchen  zu  dem  sogen.  Butterfett  zusammen,  während  das 
üffilchplasma  als  klare  opallsirende,  von  corpusculärenBestanddieilen  befreite  Flüssig- 
keit hinterbleibt.  Die  grössere  Leichtigkeit  des  Fettes  gegenüber  dem  Milchplasma 
bedingt  bei  ruhigem  Stehen  der  Milch  ein  Aufsteigen  der  Milchkügelchen  in  die 
oberste  Schicht  (Rahm,  Sahne,  Nidl,  Ober^,  Kern)  und  damit  eine  Ansammlung 
derselben  oberhalb  des  Plasmas;  mannigfache  Einflüsse  wirken  auf  diesen  Vorgang 
der  »Aufrahmung beschleunigend,  andere  verlangsamend  ein;  ersteres  tliun 
Wärme,  geringere  Viscosität,  Grösse  der  und  Reichthum  an  Feltkügelchen,  Ver- 
nadong  von  Erschütterung,  Trockenheit  und  geringerer  Druck  der  Luft  u.  s.  w.; 
die  umgekehrten  Bedingungen  versögein  sie;  eintretende  Säuerung  und  damit 
Gerinnung  verhindert  sie.  Air  das  lässt  auch  die  Aufrahmung  der  Milch  anfing' 
lieh  schneller  vor  sich  gehen  als  später;  es  scheint,  dass  die  zuerst  die  Oberfläche 
erreichenden  grossen  Milcbkt^elchen  wegen  relativ  grösserer  specifischer  Leichtig- 
keit in  ihrem  Aufsteigen  weniger  Widerstände  finden  als  die  kleineren;  niemals 
erhält  man  aber  im  Rahm  die  Gesammtmenge  des  in  der  Milch  enthaltenen 


^ujui^uo  i.y  Google 


4o8  Milch. 

Fettet.  Venuche  dieser  Art  mit  Kuhmilch  Hessen  bei  to|  C  nach  64  Stunden, 
bei  15^  C.  nach  40  Stunden  ca.  73^  des  Milchfettes  in  den  Rahm  ttbeigeben;  von 
dem  Reste  hatten  sh  h  bei  erstgenannter  Temperatur  binnen  weiterer  3  Tage 
erst  9^  an  der  Oberfläche  angesammelt   In  ausserordentlich  viel  kürzerer  Zeit 

und  weit  vollkommnerem  Crnde  vermacr  die  Aufrahmiing  der  Milch  die  Centrifuge 
zu  bc\verk>ielligen;  der  he  Lavai/scIic  Separator  z.  15.  entnimmt  bei  6000  Um- 
drehungen in  der  Minute  und  einer  Temperatur  von  27  in  der  Stunde  ca. 
315  Kiiügrra.  mit  etwa  3,5^  Fettgehalt  liber  91^  des  Gesammtie ttes.  Das  Princip 
aller  der  verschiedenen  diesem  Zwecke  dienenden  Milchcentrifugen  beruht  auf 
der  Erfahrung,  dass  in  Gemischen  spedfisch  verschieden  schwerer  Substanzen  die 
schwereren  Gemengthdle  (in  der  Milch  das  Plasma)  weiter  von  dem  Centrum 
fortgeschleudert  werden,  als  die  leichteren  (das  Fett).  Der  so  erhaltene  Rahna 
hat  dann  ein  spec.  Gew.  von  1,010  und  einen  zwischen  15  und  30  g  schwanken- 
den Fettgehalt  (Kirchner),  während  die  abgerahmte  Milch,  »Magermilchc,  spe- 
cifisch  sich  i.  d.  R.  auf  1,032  — 1,037  beläuTt.  —  Die  Reaction  der  Milch  ist  eine 
ami>hoterc,  d.  h.  in  Folge  der  gleichzeui^en  Anwesenheit  alkaiischer  und  saurer 
Sa'/.e  alkalische  und  saure  zusammen,  für  den  Fleischfresser  immer  eine  saure;  die 
saure  Reaction  wird  filr  die  Irische  Milch  durch  den  Geliak  an  freier  Kohlen- 
sixire  erhöht;  gekochte  odet  eihttste  Milch  reagitt  stflrker  alkalisch  als  unge- 
kochte, da  durch  das  Kochen  freie  und  gebundene  Kohlensäure  ausgetrieben  und 
Phosphate  aersetat  werden.  Bei  längerem  Stehen  der  dem  Eutor  entnommenen 
Milch  tritt  stärkere  Säuerung  ein  und  durch  diese  bedingt  ein  Vorgang»  der  zur 
Umwandlung  in  eine  Gallerte  und  nachfolgendem  Zerfalle  dieser  in  klumpige 
Massen  unter  Flüssigkeitsauspressung  zur  Milchpjerinnung  flihrt;  der  dazu  hin- 
reichende Säuerungsgrad  wird  im  Sommer  etwa  in  24  Stunden,  im  Winter  erst 
binnen  einigen  (3—5)  Tagen  erreicht.  —  In  den  angedeuteten  Eigenschaften 
verhalten  sich  die  verschiedenen  Milchsorten  übereinstimmend,  sie  sind  es 
auch  mit  Rticksicht  auf  die  qualitative  Zusammensetzung;  im  Hinblick  auf  ihre 
quantitativen  Verhältnisse  treten  gewisse  Dilierenaen  auf,  die  es  erklädtch  er- 
scheinen lassen  werden,  wenn  hier  zunäclist  die  Kuhmilch  als  die  im  praktischen 
Leben  hauptsächlich  verwendete  und  desdialb  am  besten  studirte  Milch  einer 
kurzen  Besprechung  unterzogen  wird.  Mit  einem  spec.  Gew.  von  im  Mittel 
I0S9<— 1034  ausgestattet,  ist  sie  eine  Lösung  von  Kiweisskörpem,  Zucker  und  Sahen, 
in  welcher  die  Butterfette  in  Kmulsionsform  aufgenommen  sind.  Die  mittlere 
Zusammensetzung  ergiebt  darin  neben  87,7511  Wasser  12,25}}  feste  Bestandtheile, 
unter  leutcrcn  3,7  F^iweisskör|ier,  4,5  Zucker,  3,3  Fett  und  0,75  Asche  Die 
Schwankungen  in  dem  Gehaii  an  den  einzelnen  Bestandtheilen  sind  nicht  un- 
erheblich, sie  hängen  von  der  Art  der  FOtterung,  der  Kace  und  dem  Alter  der 
Thiere,  dem  Stadium  der  Laktationsperiode  ab.  Kirchnkr  giebt  ne  für  den 
Wassergehalt  auf  85^90^,  fUr  den  an  festen  Bestandtheilen  demnach  auf  10 
bis  i$%  an,  darunter  fttr  Kweiss  auf  s,s8— 5,65!»  für  Zucker  3,0—6,0,  Fett  s/» 
bis  6,0  und  Asche  0,6— 0,9g.  Die  Hauptmenge  der  eiweissartigen  Milchbe* 
standtheile  v,  ird  von  dem  CascYn  gebildet.  Dasselbe,  nach  den  Untersuchungen 
neuerer  Autoren  (Hopi  i  -Skylek,  Hammarsten  etc.)  ein  mit  den  Eigensrhnf'en 
einer  Säure  ausgestattetes  phosphorhaltiges  Nucleo  albumin  (nicht  also  KaÜ- 
albuniinat),  das  von  saurer  Pepsinlösung  nur  theihveise  gelöst  wird  (das  NucleTn 
widersteht  der  Magenverdauung  vollkommen),  findet  sich  in  der  Milch  niciit  m 
gdöstem,  sondern  nur  gequollenem  Zustande  vor;  es  diffiindirt  und  fihrirt  deshalb 
ebensowenig  wie  die  FettkUgelchen  durch  die  thierische  Membran  oder  die  poröse 


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Milch. 


Thoiuelle  (Hoppe-Sevlbr,  I^bbmamn  etc.).  Nach  Duclaux  ist  das  CaseSn  indess  nicht 

bloss  im  gequollenen,  sondern  auch  daneben  noch  in  rein  gelöstem  und  feinver- 
tbciltem  Zustande  in  der  Milch  enthalten.  Casein,  in  verdünnten  Säuren  und  Al- 
kalien, nicht  aber  Wasser  löslich,  wird  aus  seinen  T.ösungen  schon  durch  geringen 
Säureüberschuss  gefällt;  es  beruht  darauf  die  spontane  Milchgerinnung  in  Folge 
der  durch  fermentative  Zersetzung  des  Milchxuckers  in  Milchsäure  bedingten 
Säuerung  der  stehenden  I^lilch.  Auch  »Lab«,  das  das  sogen.  Lablerment  ent- 
haltende Extrakt  der  Magen  (Fttndtis)-Schleimhaut,  ruft  Caseingerinnung  hervor; 
es  kommt  dahei  zu  einer  Spaltung,  des  Caseln  unter  Abscheidung  des  von  Ham* 
MARSTEN  ab  Käse  beseichneten  £iweissk<)rpeT8,  der  sich  von  dem  geronnenen 
Casein  durch  geringeres  LösungsvennÖgen  in  Caldumphosphat*Lösung  und  durch 
die  Eigenschaft,  mit  Lab  nicht  mehr  zu  gerinnen,  unterscheidet.  In  der  Flüssig- 
keit bleibt  dann  ein  gelöster  peptonähnlicher  Körper  zurück.  Die  durch  die 
Labwirkung  ihres  Cascins  und  des  gleichzeitig  bei  der  Gerinnung  mit  niederge- 
rissenen Fettes  beraubte  Milch  nennt  man  ^s<isse  Molken«,  gegenüber  dem  Ilüssigen 
Rückstand  der  spontan  (d.  i.  durcli  Säuerung)  geronnenen  Milch,  der  sogen,  sauren 
Molken.  Die  Caseingerinnung  durch  Lab  wird  seitens  der  Kalksalze  wesentlich 
unterstQta^  sie  kommt  am  sichersten  bei  0,1—0,5}  Chlorcalciumgehalt  au  Stande, 
stärkere  Verdünnung  der  Milch  verhindert  sie.  Der  Caseingehalt  der  Milch,  der 
im  Mittel  3,s}  betrügt;  soll  sich  während  des  Stehens  der  Milch  namentlich  bei 
einer  Temperatur  von  40^  au  Gunsten  eines  peptonartigen  Körpers  vermindern 
(Schmidt-Mülheim).  —  Neben  dem  Caseln  trifft  man  in  der  Milch  noch  auf  einige 
andere  Eiweisskörper;  das  Albumin  zu  etwa  0,6%  als  dem  Serum  älbumin 
ähnb'clie,  aber  nicht  bloss  durch  Erhitzen  auf  70 — 75°  C,  sondern  nach  vor- 
gängiger Säuerung  schon  durch  Erwärmen  über  0°  ausfäUbare  Substanz,  die  aus 
den  Molken  durch  Kochen  gewonnen  wird.  In  den  durch  Zusatz  von  Essigsäure 
erhaltenen  Molken,  die  auch  ihres  Albumingehaltcs  durch  Kochen  beraubt  sind, 
bleibt  noch  ein  Eiweisskörper  gelöst  enthalten,  den  Millom  und  Comaillb  als 
Laktoprotein,  Bouckakdat  und  QuAyennb  als  Albuminose,  Mosin  als  Galaktin 
und  Sblmi  als  Gelaktine  durch  verschiedene  Zusätze  wie  Qnecksilbemitrat,  Gerb> 
säure,  Alkohol  etc.  ausfällten;  nach  Kirchner  ist  er  nichts  als  ein  Pepton,  das 
in  der  frischen  Milch  zu  0,13^  enthalten  ist.  Der  durch  Erwärmen  und  Säuerung 
der  süssen  Molken  endlich  erhaltene  »Zigerc  ist  wahrscheinlich  ein  Gemisch  des 
bei  der  Labgerinnung  zurückgebliebenen  Caseins  und  des  durch  Erhitzen  erst 
coagulablen  Albumins.  —  Von  diesen  Eiweisskörpern  gehören  .\lbumin  und 
Pepton  auch  schon  dem  Blute  an,  sie  dürften  somit  aus  diesem  einfach  in  die 
Milch  übertreten;  Casefn  ist  ihr  spedfisch  und  damit  als  ein  Produkt  der  Milch« 
drttsenthätigkeit  anxusehen,  Aber  dessen  fintstehungsweise  wir  jedoch  noch  nicht 
näher  orientirt  nnd.  Thkrfelobr  vermuthet,  dass  es  durch  einen  Fermentations- 
prozess  aus  Seruroalbumin  entstehe;  er  konnte  es  so  bei  Digestion  der  Milch- 
drüse bei  Körpertemperatur  erhalten.  Von  den  N-fr  Bestandtheilen  der  Milch 
ist  zunächst  der  Milchzucker,  THJ-NARrVs  Laktine,  C^.JU^.,0^^,  als  ein  dem 
Thierorganismus  und  cl  cn  der  Milch  eigenartiges  Kohlehydrat  zu  erwähnen. 
Ein  in  rhombischen  Prismen  krystallisirender,  in  5  — öTheilen  kalten,  3  Theilen 
heissen  Wassers  löslicher  Körper  besitzt  er  Milchsaiire-Gährungsfahigkeit  und  zer- 
fallt auf  die  Einwirkung  des  Bacierium  Uicticum  (Cohn)  oder  Bacillus  acidi  iatÜti 
(Hmm)  hin  10  4  Moleküle  MSchsäure,  ein  Vorgang,  der  wie  oben  angedeutet, 
die  spontane  Milchgerbnung  dadurch  bedingt,  dass  die  gebildete  Milchsäure  dem 
phosphorsauren  Alkali  einen  Theil  seiner  Basis  entzieht  und  dasselbe  in  saures 


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MHch. 


Salz  übergehen  lässt;  dieses  vermag  aber  (bs  Casein  nicht  mehr  im  gequollenen 
resp.  gelösten  /.usLinde  zu  erhalten.  In  die  Alkohol-Gahrung  kann  der  Nfilrh- 
zucker  nicht  direkt  ilbergeftibrt  werden,  er  bedarf  dazn  der  vorherigen  Behandlung 
mit  verdünnten  Sauren;  dadurtli  wird  er  zunäclist  in  einen  nicht-gälirungsfahtgen 
Zucker,  die  Laklose,  und  eine  gährungsfäliige  Zuekerart  (wuhi  1  raubenzucker, 
Th£nard)  gespalten.  Da  diese  Spaltung  auch  durch  die  in  der  Milch  »spontan« 
entstehende  Milchsäure  veranlasst  und  somit  bei  gleichseitiger  Mitwiikung  des 
Hefepilzes  die  Alkoholgährung  ermöglicht  wird,  so  erklärt  sich  dadurch  der  Ueber* 
gang  zuckerr^cher  Ikfilchsorten,  wie  Pferdemilch ,  in  berauschende  GetHnke 
(Kuroys,  s.  d.).  Alle  jene  Agentten,  welche  die  Milchsäuregährung  verhindern  oder 
wenigstens  verzögern,  verlangsamen  damit  auch  den  Kintritt  der  Milchgerinnung; 
das  thun  u.  a.  Sauerstoffmangel  faho  l.uftabschhiss),  dann  die  Dcsinficienten, 
wie  Salicylsaure  (7Uo,o2;'  -,  ätherische  Oele  wie  Senfeil,  Aufkochen  der  Milch  etc 
Der  Milrli/ticker  ist  eine  der  Milch  eigenthünilichc  Zuckerart,  der  seinen  Ur- 
sprung in  der  Milchdrüse  selbst  liat.  Uebcr  die  Bildungsweise  desselben  fehlt 
uns  noch  genauere  Kenntnist.  H.  Thibrpbldkr,  welcher  frische  Mildidiflseii  di- 
gerirte,  fand,  dass  wohl  in  Folge  emes  Fermentatioiisprozeises  wlhrend  der 
Digestion  ein  redudrender  Körper,  wahrscheinlich  Milchzucker  entstand.  Die 
Muttersubstanz  desselben  (Saccharogen)  konnte  mit  Wasser  extrahirt  werden, 
während  die  verschiedenen  Extrakte  das  Ferment  dieser  Metamorphose  nicht  ent- 
hielten, weshalb  er  dassell>e  als  an  die  Dril'icnzelle  gebunden  erachtet.  —  Für 
die  Praxis  tler  Milchnutzung  "crnn/  besonders  bedeutungsvoll  ist  die  Milch  durch 
ihren  Fettgelialt,  dtis  Milch-  oder  T. utterfett.  Dasselbe,  ein  Gemisch  ver- 
schiedener Fette,  liat  ein  specifisches  Gewicht  von  0,93  und  einen  Schmelzpunkt 
von  39—41°,  bei  unter  15°  liegenden  Temperaturen  ist  es  von  krümeliger 
Consistenz;  die  wichtigsten  der  darin  nachweisbaren  Fettkörper  und  Falmitin, 
Stearin,  Olein,  daneben  noch  Butin,  Captylin,  Caprintn,  Capionin  und  BttUyrioe 
(Heintz);  auch  Laurinin  und  Lecithin  sind  darin  gefunden.  Die  Menge  der  einzelnen 
Fettsorten  schwankt  hauptsächlich  abhängig  von  der  Fütterung.  GrÜnfutter  soll  mehr 
flüssige,  Trockenfutter  mehr  feste  Fette  bilden  lassen.  Das  Butterfett  findet  sich 
als  ein  in  Wasser  unlöslicher  Körper  in  der  Milch,  wie  oben  erv^'Shnt  in  feinst 
suspendirter  Form,  in  der  Form  der  sogen.  Milchktigelchcn  vor;  es  bchndet  sich 
darin  in  flüssip^em  Aggre^at/ustande  und  behalt  denselben  auch  bei  l  emperaturcn 
bei,  welche  unter  die  Erslarrungstemperatur  herabgehen;  es  bleibt  also  flüssig, 
ähnlich  wie  ein  unter  seine  Gefrierungstemperatur  abgekühltes,  durchaus  ruhendes, 
in  Tropfen  vertheiltes  Wasser.  Aber  wie  dieses  durch  die  leiseste  Efschlltteniiig 
zu  sofortigem  Erstarren  gebracht  wird,  so  veranlasst  auch  in  der  Milch  die 
mechanische  Erschütterung,  »Schlagen«,  den  Uebergang  der  in  kapilliier 
Sp an  nungs Verhältnisse  unterkühlten  Milchfette  in  den  festen  Aggregatzustand 
und  damit  das  Zusammenklumpen  der  Tröpfchen  zu  den  beim  Buttern  ent- 
stehenden Butterklumpen  (Soxhi.kt).  F.s  ist  also  nicht  die  durch  Schlagen  etwa 
erzielte  Spren.;;ung  einer  jirasunitiven  Caseinhülle,  sondern  die  ähnlich  wie  durch 
Gefrienmg  herbeigeführte  Krsiarrunj;  des  Miichfeties  die  Ursache  des  bei  der 
mechanischen  Erschütterung  der  Milch  herbeigeführten  Zusammenballens  des 
Milchfettes.  Die  dadurch  hergestellte  Butter  enthält  nun  nicht  bloss  die  Sonme 
der  in  der  Milch  enthaltenen  Fette,  sondern  sie  fahrt  auch  noch  Wasser  und  einen 
Theil  der  übrigen  Milchbestandtheile;  je  nach  dem  mehr  oder  weniger  vollstto- 
digen  Grade  der  Butterung  enthält  sie  80—84^  Fett,  14—16,5^  Wasser,  2^3,$% 
Casein  und  Milchzucker  und  0,1— o,a^  Salze.   Die  hinterbleibende  Buttermilch 


MUch. 


411 


(lote  bt^atum),  deren  spec.  Gew.  etwa  1032— 1035,  hat  deshalb  ausser  dem 

grössten  Theile  ihres  Fettes  auch  noch  einen  Tbeil  ihrer  Eiweis.skörjjer  und  ihres 
Zockers  eingebüsst;  ihre  mittlere  Zusammensetzung  be!  inft  sich  nach  Kirchner 
auf  90,51^  Wrisser,  3,75^  Fiweiss,  4,15  !^  7urker,  0,85]!  Fett  und  0,7«;^  Snhe. 
Manche  Autoren  (Bi  oNorAr,  Kknimerich)  vcrniuthen  übrigens,  das.s  in  der  stehen- 
den Milch  eine  \'ermehrung  des  Fettes  au t  Kosten  der  Eiweisskörper  stiUihade; 
wenn  dem  60  ist,  dann  dürrtc  man  aut  gewisse  lermentative  Prozesse  schliessen, 
wdche  die  Eiweisszersetzung  bedingen.  Die  Butterfette  sind  qualitativ  die  gleichen, 
wie  die  sonst  im  Thierkörper  und  so  auch  im  Blute  etc.  auftretenden.  Wenn 
somit  mit  Rücksicht  auf  ihre  Beschaffenheit  ihre  Abstammung  aus  dem  Blute 
nicht  undenkbar  wilre,  so  ist  doch  wegen  ihrer  grossen  Quantität,  m  «elcher  sie 
in  der  Milch  auftreten,  auf  einen  Fettbildungsvorgang  in  der  Milchdrüse  selbst 
zu  schliessen  und  ihre  Entstehung  desshalb  in  diese  zu  verlegen  (s.  u.).  —  Da- 
gegen treten  als  Blutbestandtheile,  theilweis  vielleicht  auch  durch  die  Stoffwechsel- 
vorgänge in  der  Milchdrtise  gebildet,  in  die  Milch  über:  Harnstoff,  Kroatin,  Sarkin 
und  die  Salze.  Diese  letzteren  werden  insbesondere  von  Kaliinn,  Natrium, 
Calcium,  Magnesium  und  Eisen  als  Basen,  von  Thosphorsaure,  Sciiwetelsäure, 
Kohlensiure  als  Stturen  und  CtAot  ak  Halogen  componiit.  FLUscmiANN  faml 
als  Mittel  sämtlicher  Milch-Aschenanalysen  27)^  Kalk,  17^  Kali,  xof  Natron  etc. 
neben  a8f  Phosphorsäuie  und  16^  Chlor  etc.  —  Die  Gase,  in  derMildi  haupt- 
sächlich in  absorbirter  Form  enthalten,  sind  die  gewöhnlichen  Gewebigase 
(7»7#CO^  0,1^0  und  0,7  [Pflüoer]).  —  Bezflglich  der  übrigen  Milch 
Sorten  <ei  erwähnt,  dass  der  Kuhmilcli  am  nächsten  steht  die  Ziegenmilch, 
die  von   1033   s|)ec.   Gew.  unter  ihren  festen  T^estandtheilen  mehr  Fett 

(4,5 dafür  aber  etwas  weniger  Kiweiss  (3,3}^)  vuid  Zucker  (4,2^)  enthält,  und 
einen  eigenartigen  Geschmack  und  Geruch  besitzt.  Die  Schafmilch  deutet  schon 
diurch  ihr  sehr  hohes  spec.  Gew.  von  1037  reichen  Gehalt  an  festen  Be- 
standtheilen  (17,5^),  der  sich  als  ein  Plus  auf  alle  jene  eigenartigen  Milchbe- 
standtheile  vertheilt  (Eiwdss  6,6^  Fett  5,3^  und  Zucker  4,8{).  Ihr  schliesst  sich 
in  dieser  Hinncht  die  Schweinemilch  mit  1041  spec.  Gew.  und  festen 
Bestandth eilen  nnd  die  Milch  der  Hündin  mit  17,4^  festen  Bestandthcilen 
(10,2^  Eiweiss  wovon  5^  Albumin,  3.9^  Fett,  a,8^  Zucker  und  0,6^  Asche)  an, 
während  die  Stutenmilch  dünn,  bläulich,  von  aromatisch-süssem,  gleichzeitig 
aber  etwas  herbem  Tfeschniack.  ist.  Ihr  spec.  Gew.  beträgt  1035,  (»t^halt  an 
festen  Bestandtbc  lf  11  9,5  |i,  wovon  nur  m  |i  Fett  1,9^  Kiweiss,  dafllr  aber  6,1^ 
Zucker.  Ihr  reilit  sich  die  Milch  der  Frau  mit  etwa  11,1  j-  festen  Bestandthcilen 
(3,0^  Eiweiss,  3,5^  Fett  und  4,6  §  Zucker)  an.  —  Auf  die  Zusammensetzung  der 
Milch  haben,  wie  oben  erwähnt^  sahlieidie  Umstände  einen  modiftdrenden  Ein- 
fluss.  Mit  am  augenlälligsten  ist  jedenfalls  der  Einfluss  der  Laktationsperiode, 
wenigstens  im  Anfiuige,  d.  b.  unmittelbar  ¥or  und  während  der  ersten  Tage  nach 
dem  Gebären.  Das  in  dieser  Zeit  gebildete  Kolostrum  der  Kuh  ist  eine  zähere, 
mehr  gelbliche  Flüssigkeit,  die  mikroskopisch  neben  den  sparsamen  Milc  hkügelchen 
noch  grössere  mit  Fetttröpfchen  gefüllte  kernhaltige  Zellen  ovoidcr  Gestalt,  die 
der  amöboiden  Bewegung  fähip,  sogen.  K u  1  os t r u ni k ö r j) c r chen  und  dazu  nach 
Räuber  bei  der  i^Iündin,  runde,  helle,  matt  granulirtc,  einen  cxccntrischen  Kern 
ruhrende  Zellen  enthält  Audi  die  chemische  Zusammensetzung  des  Kolostrum 
differirt  gegentib«'  jener  der  Milch«  Immer  enthält  es  weit  mehr  Eiweiss  und 
Asche,  dagegen  weniger  Zucker  und  Fett  als  die  gewöhnliche  Milch,  und  dabei 
ist  jedenfalls  der  Gesamtgebalt  an  festen  Bestandtbeilen  ein  anfilnglich  oft  doppelt 


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41» 


Milcb. 


so  grosser;  das  spec.  Gew.  übertrifft  dessh.ilb  das  der  Milch  auch  um  ein  cr- 
heblirlics.     Als  Mittel  einer  prösseren  An/.ihl  von  Untersuchungen  des  zuerst 
nnrh  dem  Kalben  erhaltenen  Kolostriini  ::u-h*  F.i'oi  fNr.  für  das  Montavuner  Rind 
i)ei  einem  spec.  Gew.  von    io6S  die   Troc  kensubsLanz  auf  28,3 f  und  darin  das 
Kivveiss  auf  20,16^^  (4,83  ^Kasein  und  1 5.85    Albumin),  daä  Fett  auf  3,37  ^,  den 
Zucker  auf  2,48^  und  die  Asche  auf  1,78^  an.   Wie  scbneU  sich  indetten  die 
Beschafienheit  dieser  erst'abgesonderten  Milch  abindert,  geht  damu  henror, 
dass  schon  48  Stunden  nach  dem  Kalben  der  Gehalt  an  festen  Bestandtfieilco 
auf  t4|i9g  mit  5»56{^Eiweiss  (5,25^  Casetn»  2,31}  Albumin),  4,31^  Fett,  3,46f 
Zucker  und  0,96  ^  Asche  gesunken  war.  7a  Stunden  aber  nach  dem  Kalben  hatte 
dieselbe  tincfcfahr  die  cli^i«  he  Beschaffenheit  wie  die  dauernd  abgeson  !erte  eigent- 
liche Milch  angenommen.    Ks  geht  daraus  licrvor,  dass  in  der  Anfangs]>eriodc 
wohl  «:eitcns  des  likites  eine  sehr  bedeutende  Menge  von  Serumalbumin  in  die 
Milch  abgegeben  wird,  während  die  eigentlich  sekretorische  Thätigkeit  der  Drüse 
noch  mehr  darniederlicgt.   Im  übrigen  ist  der  Einfluss  der  Laktationsperiode 
auf  die  Zusammensetzung  der  Milch  nur  ungenügend  erforscht^  wihrend  Kühn 
und  KmcHNER  mit  fortschreitender  Laktation  eine  Abnahme  an  Feit  bei  glekii- 
zeitiger  Abnahme  des  Milchsucker  und  Zunahme  des  Caseingehaltes  (Kümf)  itsp» 
Zunahme  des  Milchsuckefgehaltes  und  gleichbleibender  Protefin-  nnd  Aschen- 
menge  (Kirchner)  constaliren  konnten,  will  SchRODT  eine  in  den  ersten  Monaten 
der  T.aktation  erfolgende  allm.'ihliclic  Abnahme  und  gegen  deren  Ende  bin  wieder 
eintretende  Zunahme  der  Milchfettmenge   gesehen  haben.    Weiterhin  machten 
auch  Race  und  Individunlität  einen  nicht    unerheblichen  Einfluss  geltend:  ganz 
allgemein  daii  angenommen  werden,  dass  das  Höhenvieh,  das  englische  und 
schottische  Vieh,  eine  an  festen  Stoffen  und  Fett  (3,8-4,6^)  reichere  Müch,  das 
norddeutsche  bezw.  holländische  Vieh  dagegen  eine  dünnere,  auch  an  Fett  imieie 
Milch  (3  —1,4%)  producirt  (Kwchmer).  Vielfach  vird  indessen  dieses  Minus  der 
letzteren  Milchproducenten  durch  die  grössere  Milchquantitil;  die  dieselben  Itefeiii, 
wieder  ausgeglichen.  Daneben  soll  auch  das  zunehmende  Alter  die  MHchqualitit 
mindern,   wie  erwiesenermaassen  bei  zu  niedriger,  unter  10— i2**C.  gelegener 
Temperatur  ein  Theil  der  ronsumirten  Nahrungsstoffe  an  Stelle  der  Milch-  der 
U  armcbildung  zugute  kommt.    Auch  die  Häufigkeit  des  Abmelkens  ist  flir  die 
Milchqualität  niclit  belanglos;  nachdem  zuerst  von  Boussignault,  dann  von 
HüFMANN  imd  ScHMiDi -Mülheim  nachgewiesen  war,  dass  die  während  einer 
Melkung  anfänglich  entleerte  Milch  an  Fett  event  betrKchtlich  ärmer  ist,  als  die 
xuletzt  entleerte  Milch,  hat  namentlich  Hm»MHAnr  darauf  aufmerksam  gemacht, 
dass  der  mechanische  Reia  des  Melkens  oder  Säugen»  die  zur  MUchkttgelcheii* 
luldung  führenden  Prozesse  in  der  Milchdrüse  steigert;  es  darf  deshalb  angenommen 
werden,  dass  neben  dem  Aufsteigen  der  specifisch  leichteren  Milchkügelchen  m 
die  oberen,  beim  ^tclkcn  zuletzt  entleerten  Schiebten  des  in  den  DHtsengängcn 
stehenden  Sekretes  insbesondere  der  Reiz  des  Melkens  eine  intensivere  Fett- 
produktion in  der  Drüse  veranlasst  und  desiiall)  die  zuletzt  abgenommene  Milch 
fettreicher  erscheinen  lasst.    Gerade  das  ist  denn  auch  der  Grund,  warum  im 
I^ttfe  von  24  Stunden  die  Milch  um  so  mehr  feste  Stoffe  enthält,  je  häufiger  ge- 
molken wird.  Wenn  daher  audi  bei  längeren  Melkpaasen  das  wasaemkbere 
Produkt  quantitativ  grösser  ist,  als  bei  kOrseren  Melkpausen  das  gehaltreichere, 
so  erhält  man  bei  häufigerem  Abmelken  doch  schliesslich  mehr  Trodcensubslaiic 
als  bei  seltenerem.    Nach  Schmöger  ergab  ein  3  maliges  Abmelken  im  Mittel 
X3,7^  Milch  mit  is,6j^  festen  Stoffen  und  dabei  13,3  f  Fett  mehr  als  ein  s  maliges 


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MUch. 


Abmelkeo.  Kirchner  berechnet  daraus  und  aus  anderen  Erfahrungen,  dass  ein 
3  maliges  Abmelken  mit  je  8  stündiger  Pause  im  Mittel  etwa  12  KÜogrm.  Kuhmilch 
mit  1,50  Kilogrm.  Trockensubstanz  ind  0,42  Kilogrm.  Fett,  ein  2  maliges  Ab- 
melken mit  i2sttindiger  Pause  10  Kilogrm.  Milch  mit  1,20  Kilogrm.  Trocken- 
substanz und  0,34  Kilogrm.  Fett  entstehen  lässt.  Es  ist  endlich  leicht  verständ- 
lich, dass  vor  allem  auch  die  Nahrung  auf  die  Qualität  der  Milch  inHuiren  maus. 
Zahlreiche  Untenuchungen  bezeugen,  daas  die  Quantität  de«  die  MOch  so  besondcfs 
werthvoll  machenden  BestanddieileSp  des  Fettes»  wesentlich  mit  von  dem  Eiweiss' 
gehalle,  weniger  von  dem  Fettgehalt  der  Nahrung  abhibigig  ist*  Schon  bei  der 
Besprechung  der  Bedeutung  der  ^wetssköiper  fllr  den  thierischen  Organismus 
ist  der  FUtterungsversuche  von  Si  lino  rix,  Vorr  und  Kemiibricu  gedacht,  wonach 
insbesondere  der  Fettgehalt  der  Milch  als  im  wesentlichen  von  der  Quantität  des 
Eiweisses  der  Nahrung  beeintlusst  dargestellt  wurde,  indem  Hündinnen  bei 
Fütterung  mit  magerstem  Fleische  weit  mehr  Milch  und  zwar  mit  grösserem  Fett- 
gehalte gaben,  als  bei  Fütterung  mit  einem  entsprechenden  Aequivalent  Fett 
neben  Eiweiss;  auch  bei  Ziegen  ist  dn  ähnliches  Resultat  erzielt  worden,  reich- 
lidiere  Btweissnahrung  liess  bd  ihnen  den  Fettgehalt  der  Milch  von  3,7]^  auf 
also  um  \  steigen,  und  das  neben  quantitativer  Milchzunahme  um  40^ 
(Weisice).  Von  dem  Eiweissgehalt  der  Nahrung  hängt  ausserdem  jedenfalls  auch 
der  Eiweissgehalt  der  Milch  ab,  da  ja  keiner  der  übrigen  Nährstoffe  denselben 
direkt  zu  decken  vermag;  das  bestätigt  z.  B.  der  Versuch  Subbotin's,  wonach 
eine  Htindin  bei  Kartoffeinitterunf^  in  den  17  g  fester  Bestandtheile  nur  4,3  J| 
Casein,  bei  FleischftJttetung  da^c^cn  5,2}}  Cascin  producirte.  Indessen  darf  dabei 
auch  die  Bedeutung  der  N-fr  Nälirstofife  nicht  unterschätzt  werden.  Hieselbcn  sind 
bekanntlich  Eiweisssparcr  im  Stofiumsatz  und  werden  desiiaib  neuen  reKliiichen 
Eiweissmengen  einen  grösseren  Theil  dieses  Nährstoffes  der  Milchbildung  zur 
Verfligung  stellen.  Ob  das  Nahningsfett  bei  sonst  hinlänglicher  Ernährung  direkt 
in  Mildifett  fibent^ehen  vermag,  darttber  fehlen  genttgende  Erlahrungen,  es  ist 
aber  nicht  unwahrscheinlidi.  Der  Zudcergehalt  der  Milch  dagegen  scheint  durdi 
den  Gebalt  der  Nahrung  an  Kohlehydraten  direkter  beherrscht  zu  werden,  indem 
der  Zucker  bei  KartofTelfütterung  um  fast  i  g  reicher  in  der  Hundemilch  erschien 
als  bei  Fleischfüttenmg  (3,4  ije<7enüber  2,5  g).  Die  Qualität  der  Milch  soll  aber 
bei  gleichem  Nälirstoffgehalt  auch  noch  von  der  BeschaflTenheit  des  Futters  in- 
sofern beeintlusst  werden,  als  das  bei  Weidegang  aufgenommene  Giünfutter  die 
MUch  gelber,  an  Aroma  reicher  erscheinen  lässt,  als  bei  Trockenflltterung ;  es 
ist  möglich,  dass  die  bd  Wddegang  alldn  zweckentsprechende  Lebensweise,  ins* 
besondere  die  mässige,  nidit  anstrengende  Bew^^ung  hierbd  besonders  förder* 
lidh  mitwirkt.  Endlich  schreibt  man  auch  den  verschiedenen  Tagessdten  eine 
gewisse  Influenz  auf  die  Zusammensetzung  der  Milch  zu,  soll  nach  SCHEVEN  die 
Morgenmilch  etwas  wässeriger,  die  Mittasgmilch  am  konzentrirtesten  sein.  Wie 
theihveis  oben  schon  mit  anj^cdeutet,  ist  nicht  minder  als  die  Qualität  die  Quan- 
tität der  je  in  der  1  akt;uionsperiode  producirten  Milch  von  den  verschiedensten 
äusseren  und  tmiercn  Einflüssen  abhängig.  Man  veranschlagt  nach  lanejährigen 
Erialirungen  bei  guten  Milchkühen,  z.  B.  die  gesammte  während  der  etwa  300  i  agc 
danemden  Laktadonqteriode  secemirte  Mildiroengc,  auf  3000  Liter  ob  10  Liter 
per  Tag,  bd  geringeren  MQchklihen  dagegen,  bd  denen  die  Milchperiode  nur 
etwa  180— »40  Tage  anhält^  auf  700— xooo  Liter.  Wie  gross  indessen  die  quan- 
titaliven  Schwankungen  sind,  lehrt  die  Erfahrung  der  >schwarzen  Jettec,  die  jähr* 
lach  mehr  als  8000  Liter  gab.  Diese  Fluctuationen  bekunden  sich  schon  bd 


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4t4  MUdi. 

dem  glei«  hcn  I  hiere  innerhalb  einer  und  (Jersclbcn  Laktationsperiode ;  immer  ist 
die  Mcnu'c  der  Milch  am  grösstcn  zur  Zeit  des  sjrössten  Bedürfnisses,  d   h.  zur 
Zeit,  wo  das  junge  der  Milch  als  ausschliesslichen  Nahrungsmittels  bedarf,  also 
im  I .  und  2.  Monat  nach  der  Geburt;  schon  innerhalb  der  folgenden  a — 3  Monate 
und  bei  schlechten  MilchkOhen  schon  im  t.  Monat  nach  der  Geburt  sinkt  der 
Milchertrag,  um  in  der  s.  Periode  um  etwa        und  in  der  3.  Periode  um  die 
Hälfte  bis  zwei  Drittel  geitnger  zu  sein.  Auch  die  Emihrungaweise  und  die 
Beschaffenheit  und  QuantitÜt  der  Nahrung  bewirkt  ein  Mehr  oder  Minder  in  der 
Milf:!ij)roduktion.   Entgegen  der  bisher  fast  allgemeinen  Annahme,  dass  Bewegung 
die  Milchmenge  mindere,  zeigt  die  Erfahrung  der  Landwirthe,  dass  der  Weide- 
gang  allerdings  wohl  wesentlich  durch  die  dabei  überhaupt  mehr  naturgemässe 
Lebensweise  die  Milchsekretion  erheblich  fördert,  und  dass  Kühe,  welche  bei 
StaUhaltung  bereits  in  die  2.  Milchpcriodc   einzutreten  beginnen,  bei  autge- 
nommenem  Weidegang  wieder  erheblich  (28  g)  mehr  Milch  produdren;  daram  be- 
müht man  sich  zur  Zeit  auch  thierzttchteriscli  die  Kalbezeit  bei  Kflhen  auf  die 
Wintermonate  zu  verlegen,  um  mit  Beginn  der  geringeren  MUcheigiebigkeit  diese 
durch  Auftrieb  zur  Weide  wieder  zu  mehren.   H.  Münk  zeigte  weiter,  dass  eine 
kurzdauernde  Bewegung  allein  schon  einen  günstigen  Einfluss  übt    Wenn  es 
dabei  auch  selbstverständlich  ist,  dass  ein  knappes  Futter  eine  geringere  Pro- 
duktion dabei  auch  dimnerer  Milch  veranlassf,  so  kann  man  doch  durch  Nahrungs- 
zulage die  Milchnicnge  nicht   behebig  isteigern.    Diese  ist  vielmehr  in  ihrem 
Maximum  an  die  Grosse  der  secemirenden  Überlläche,  also  an  den  Umlang  der 
Milchdrüse  gebimden;  man  berechnet  die  grösste  tägliche  Milchmenge  nach  ihren 
festen  Bestandtheilen  auf  das  anfache  der  Trockensubstanz  der  Bfilchdrttsef  dfie 
sich  auf  24^  von  deren  absolutem  Gewicht  (»  ca.  5  Kilo  bei  guten  Mikfaktthen) 
belftuft.  Auch  das  Alter  der  Thiere  ist  filr  die  Milchptoduktiott  nicht  belanglos, 
dieselbe  soll  bei  Ktthen  bis  zum  5.-6.  Kalben  allmählich  zunehmen,  von  da  ab 
mit  Rückgang  der  gesamten  Stoffwcrhsclenergie  dagegen  wieder  zurückgehen; 
ja  man  will  selbst  einen  schädigenden  Kinrtuss  ungünstiger  Witterung  (schneller 
Wiftenmgswechseh  anhallende  Kalte  etc.)  constatirt  haben.    Endlich  wird  atich 
seitens  einzelner  Thierzüchter  die  fordernde  Wirkung  gewisser  aromatischer  Sub- 
stanzen (wie  Fenchel)  hervorgehoben.   Auch  bei  Schafen  und  Ziegen  schwankt 
die  prpducirte  Milchmenge  nach  der  Raoe  etc.;  friesische  Milchscbafe  sollen  füz 
I  Kgrm.  Körpergewicht  im  Jahre  bis  4  Kgrm.,  also  im  Ganzen  ca.  500  Kgrm. 
Milch  geben;  andere  Racen  produdren  weit  weniger;  Ziegen  liefern  das  10 
bis  isüurhe  ihres  Eigengewichtes  Milch  im  Jahre.  —  Wie  schon  beiden  einzelnen 
speciüschen  Milchbestandtheilen  angedeutet,  ist  nun  die  Milchdrüse  nicht  bloss 
die  Stätte  der  ^tilchabsonderung  als  eines  Transsudates  des  Blutes,  sondern 
sie  ist  das  Organ  der  Mi Ic hbiidung,  in  dem  die  wichtigsten  Bestandtheile  des 
Sekretes,  Casein,  Milchzucker  und  Fett  pruducirt,  die  anderen  wohl  auch  unter 
Mitwirkung  der  ZcUthatigkeit  aus  dem  Blute  tiltrirt  werden.   Die  bis  vor  wenigen 
Jahren  fast  allgemein  giltige  Anschauung  RKQfHASDT's  stellt  sich  die  Entstehung 
des  Fettes  als  die  Folge  einer  fettigen  D^eneration  und  nachfolgenden  Zeifillea 
der  Milchdrflsenepitbelien  vor;  danach  würden  die  Dittsenzellen  kurdeMge  Ge* 
bilde  sein,  die  immer  und  immer  wieder  durch  jungen  Nachwuchs  enetst  wurden 
und  in  Folge  dessen  einer  Fettmetamorphose  entgegengingen,  welche  sich  ihr 
Protoplasma  zunächst  körnig  trüben,  dann  fettig  entarten  Hesse.  Dadurch  komme 
es  zur  Entstehung  zunächst  der  Colostrunikörperchen,  durch  deren  Zerfall  die 
Fetttröpfchen  frei  und  so  zu  Milchkügelchen  würden.    Heidknuain  sieht  auf 


Mach. 


4»5 


Grund  neuerer  Untersuchungen  der  thätigen  Milchdrüse  in  ihrer  histologischen 
Struktur  die  Bildung  der  Milchkügclchen  nicht  in  einer  fortgehenden  Desqua- 
mation und  consecutiven  Degeneration  der  Drüscncpithelicn,  sondern  in  einer  secre- 
torischen  Thäligkcit  derselben.  Er  findet  nämlich  in  den  die  seitlichen  und 
endständigen  Ausbuchtungen  der  Milchgänge  darstellenden  Acinis  der  Milchdrüse 
der  Hün^  die  Zeilen  theils  als  hohe,  mit  mehreren  kugeligen  Kernen  und  Fett- 
tropfen im  Inneren  und  am  peripheren  Ende  versehene,  bald  mit  breitem,  bald 
mit  schmalem  Fnsse  der  Wand  aufsitzende  Cyiinder,  und  endlich  zwischen  bei* 
den  Formen  zahlreiche  Uebergänge.  Er  glaubt  desshalb,  dass  behufs  Sekretion 
der  Milch  die  Drüseneptthelien  in  der  Ruhe  zunächst  anwachsen  (und  das  um  so 
bedeutender,  je  intensiver  die  Secretion  in  Folge  reichlicher  Ernährung  und 
kräftigen  Säugens  vor  sich  geht),  dass  sie  ferner  in  ihrem  Innern  zahlreiche 
Fetttröpfchen  entstehen  lassen",  um  während  der  Secretion  den  gegen  das 
Lumen  der  Acini  gewendcien  ineü  ubzustossen  und  damit  in  das  deui  Blute 
cnlsiammende  Transsudat  übertreten  au  lassen.  Nach  dem  Absaugen  der  ll£lch 
werden  desshalb  audi  die  Epilhelien  wieder  6ach  und  niedrig  erscheinen  müssen, 
um  von  neuem  anwachsend  ihr  eigenes  Protoplasma  in  Milchbestanddieüe  ttber> 
aulÜhren  und  dann  abzugeben.  Eine  wesentlich  andere  Stellung 'schreibt  Heiden- 
hain insbescmdere  auch  den  Colostrumkörperchen  zu,  er  erachtet  sie  für  völlig 
bedeutungslos  in  der  ^lorjihologie  der  Milchbildung,  indem  er  die  Anschauung 
vertritt,  dass,  weil  ihnen  ähnhclie  Zellformen  in  dem  Alveolarepithel  der  Milch- 
drüse gänzlich  fehlen,  die  Colostrumkörperchen  nicht  durch  Fettdegeneration, 
sondern  durch  Intussusception  vorher  vorhandenen  Fettes  in  die  zwischen  dem 
gewöhnlichen  Drüsenepithel  befindlichen  runden,  bell*  oder  mattgranulirten  Zellen 
entstünden.  Noch  anders  erklllrt  neuesten«  Kaubir,  dem  sich  aahlreiche  Autoren 
«nschliessen,  die  Bildung  der  morphotischen  Mikhbestandüieile.  Nach  ihm  sind 
diese  die  Produkte  einer  fettigen  Degeneratioo  und  Zerfalles  nicht  der  Drüsen« 
qpithelien,  sondern  der  aus  dem  interstitiellen  Gewebe  und  den  periacinären 
Lymphräumen  in  die  AUeolen  eingewanderten,  deren  Auskleidungszellen  durch- 
setzenden T.\tnphzellen.  Wenn  die  angedeuteten  Anschauungen  nur  eigentlich 
die  Entstehung  der  korpusculären  Milchbestandtheile  und  damit  des  Fettes  /.u 
erklären  suchen,  so  gewähren  sie  in  die  Bildung  des  Caseins  und  Milchzuckers 
noch  durchaus  keinen  gleich  befriedigenden  Einblick.  Nach  Thierfelder  ver- 
maßet man,  dass  ein  lermeotativer  Process  das  Caseln  als  Abkömmling  des 
Seramalbumin  sich  bilden  lasse  und  dass  der  Milchzucker  auch  einer  fermen- 
tativen  Umwandlung  einer  Muttersuhstsaz  (nicht  Glfcogen)  seinen  Ursprung  ver- 
danke. Der  Kalium-  und  Phosphorreichthum  der  Milch  ist  nicht  allein  auf  eine 
einfache  Transsudation  aus  dem  Blute  zurückfUhrbar,  sondern  dürfte  nur  durch 
den  Zcllenzcrfall  gedeckt  werden,  der  wegen  des  reichlichen  Gehaltes  der  Zellen 
an  den  bezüghchen  mineralischen  Bestandtlicilen  zu  einem  aussergewöhnlichen 
Uebertritt  derselben  in  das  Secret  führt.  —  Ueber  den  Gang  der  Secretion  und 
die  Beeinfi ussung  durch  das  Nervensystem  hat  insbesondere  Rohrig  durch 
systematische  UntHSudMn^en  }m  Ziegen  Aufklärung  geschafft.  Damadi  scheint 
die  Müchsecretion  continuirUch  vor  sich  zu  gehen,  und  das  unter  dem  Einfluss 
des  an  das  Euter  mit  a  Aesten  (Harn,  med,  u.  m/^  tretenden,  mit  a  Wunedn 
aus  dem  Lendenmarke  entstehenden  ^erv.  spermaäc,  txiern.  Von  den  Zweigen  des 
Rwm»  med.  dieses  Nerven  ist  der  an  die  Papille  gehende  Ramus  papiüarU  be« 
deutungsvoll  für  die  Innervation  von  deren  organischer  Muskulatur,  die  er  in 
einem  Zustand  tonischer  Contraction  erhält   wie  er  auch  andererseits  mittelst 


4i6 


Mtlchbebilter  —  mOxOmn, 


centripet.il  leitender  F"asem  durch  die  die  Papille  treffenden  Reize  (Saugen)  die 
Milclihecretioii  reflectorisch  an/uregen  vermag.  (Durchschneidung  des  Nerven 
erseugt  daher  PaiHllenerschlaffung  und  Reizung  des  centralen  Stumpfes  Vennehrung 
der  Mtlchsecretion.)  Der  sich  entlang  den  Milchgängen,  der  Qrsteme  tmd  dem 
Zitzenkanal  verbreitende  Jiam.  giandularis  scheint  der  Beschleunigungsnerv  IBr 
die  Milchsecretion,  indem  seine  Durchschneidung  Verlangsantung  in  der  Bfilch- 
auBscheidung  zur  Folge  hat,  während  seine  Reizung  wohl  durch  Anregung  der 
contractilen  Elemcnlo  der  Milchi^änge,  nicht  aber  der  secretorischen  Thätigkeit 
der  Drii'^cn/cllcn  eine  den  Reiz  kurze  Zeit  überdauernde  Vermehrung  der 

Milchbccretion  bewerkstelligt.    Dem  gcgemilier  ist  der  sich  mit  und  an  den  Ver- 
zweigungen der  wichtigsten  Gefasse  der  Milchdrüse,  Art.  und  Ven.  pudcnäa  exi. 
verbreitende  Ramus  inferior  als  vasomotorischer  Nerv,  also  als  Beherrscher  des 
Gefitsskalibers  von  Wichtigkeit  fOr  die  Grösse  und  Geschwindigkeit  des  die  Difise 
durchfliessenden  Blutstromes  [seine  Durchschneidung  vermehrt  die  Secretion  oft 
ganz  erheblich  (bis  um  das  sofoche),  seine  periphere  Reizung  sistiit  ne}.  Dess* 
halb  werden  auch  so  heflige  Reizmittel  fUr  das  Vasomotorencentrum  wie  StiTcbliiiw 
Coffein,  Digitalin,  Pilocarpin  etc.,  welche  den  Blutdruck  erheblich  zu  vermehren 
im  Stande  sind,  die  Milchsecretion  bedeutend  zu  steigern  vcrmöp'en,  und  das  den 
Blutdruck  herabdrückendc  Chloralbydrat  den  gegentheiliirrn  l.ttect  üben.  Wenn, 
wie  oben  gesagt,  der  Kam.  pcipillar.  des  Nerv,  sptrmattt.  (  xkrn.  vor  Allem  die 
tonische  Cunlraciion  der  ra]iillenmuakulatui  auirecht  zu  erhalten  hat,  so  wird  er 
dadurch  besonders  bedeutungsvoll  fUr  die  Retention  der  Milch  in  der  Milchqrsteme, 
insofern  als  er  indirekt  durch  dauernde  Muskelerregung  den  VerKhloss  des 
CanaUs  papW^earis  aufrecht  erhält.  Bei  starker  Milchansammlung  in  dieser  untei^ 
stützen  ihn  darin  noch  die  Venennetze  der  Papillenbasis,  welche,  durch  den 
Druck  der  stagnirenden  Milch  compriouit,  die  an  der  Peripherie  (Spitze)  der 
Papille  vorhandenen  Gefässe  sich  um  so  mehr  füllen  und  dadurch  den  ScfaluiS 
des  Kanäle-  festigen  lassen.  S. 

Milchbehälter  oder  Sacculi  lacti/ni  nennt  man  die  4—6  Millirn.  weiten  Di- 
vertikel der  Milcligänge  am  Grunde  der  Warze.  Sie  entstehen  als  Theil  der 
Gänge,  mit  diesen.   Zu  veigl.  Hautentwicklung.  Grbch. 

MDcbbrttStgang/77»«tef /^<i^Arw{/,  s.  LymphgefKsssyslementwicklung.  Gkbch. 

Milcihdrfisciit  -gfiiige»  s.  Hautentwicklung  und  Nachtrag  zu  »Mc.  Grbch. 

Mikhfiett  (Butterfett)^  Müchaftitrdieniient,  IfOclisecretioii,  Milcfasudier. 
8.  Milch.  S. 

Milchgewinnungf,  s.  Milchviehracen.  R. 

Milchkügclchen,  s.  Küllostrumköri:)erchen.  Grbch. 

Milchner,  die  Männchen  der  Fische,  zumal  zur  Laichzeit,  wo  die  milchartig 
aussehende  Samenflüssigkeit  das  Innere  des  Fisches  grossentheils  erftillt  (Samen- 
fische). Durch  langsamen  streichenden  Druck  auf  den  Leib  vieler  Fische,  be- 
sonders der  Salmoniden,  kann  man  den  Samen,  ebenso  wie  bei  den  WeibdieB 
Rogenern)  den  Rogen  oder  die  Eier,  enüeeren  und  so  durch  Zusammenbringen 
der  beiderlei  Elemente  eine  kQnsdiche  Befruchtung  erzielen.  S.  Flschsndi^ 
Fische.  Klz. 

Müchainfe,  CjHgOj,  eine  der  Milch-  oder  Glykolsäuren,  welche  in  mehr- 
fachen Isomeren  im  Thierkörper  in  weiter  Verbreitung  auftritt.  Man  unterscheidet 
die  Gührungs-  oder  Aethyliden  uml  die  Fara-  oder  Fleischmilchsäure. 
Beides  sind  in  ihren  Eigenschaften  wenig  differente  färb-  und  geruchlose  syruji- 
artige  Substanzen,  welche  auch  bei  grosser  Kälte  nicht  erstarren,  m  allen  Lösungs- 


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Milchsäuren  —  MUchviebiacen. 


4*7 


mittelii  leicht  löslich  sind  und  den  Charakter  krttftiger  Säuren  besitzen,  die  flüchtige 
Säuren  aus  ihren  Salzen  auszutreiben  vermögen.  Dagegen  sind  beide  Säuren  in 
ihrem  Verhalten  zu  Oxydationsmitteln,  sowe  den  Löslichkeits- und  Kr}'stnl!isations- 
verhältnissen  ihrer  Salze  differcnt,  während  sie  ihre  nahe  Verwandtschaft  durch 
die  Möglichkeit  des  Ueberganges  der  Fleisch-  in  die  Gährungsmilchsäure  docu- 
mcntiren  (Erhitzen  beider  Milchsäuren  lässt  sie  in  Laktid,  CjH^Oj,  sich  um- 
wandeln, welches  mit  Alkali  gekocht  stets  Gährungsmilchsäare  entstehen  lässt).  — 
Die  Gährungamilchsäure  ist  das  Produkt  der  im  Körper  oder  sdnen  Seereten 
auftretenden  MÜchsäuregihrung  und  findet  nch  als  solche  im  Mageninhalte  von 
Pflanzen*  und  Fleischfressern,  ganz  besonders  reichlich  während  des  i.  Stadiums 
der  Magenverdauung  (s.  d.),  speciell  die  Kohlehydrate  liefern  hier  das  Matorial 
dieses  Gährungsvorganges.  Auch  die  Milchgerinnung  (s.  Milch)  hat  ihre  Ur- 
sache in  dem  gleichen  Processe,  dem  hier  der  Milchzucker  unterworfen  wird. 
Ausserdem  findet  sie  sich  im  Harn  tmd  in  zahlreichen  Organen  des  Thierkörpers, 
sowie  in  gegohrenen  sauren  Substanzen  (Sauerkraut  etc.)  vor.  —  Die  Fleisch- 
milchsäure ist  vorzugsweise  Bcstandthcil  ermüdeter  und  abgestorbener  Muskeln 
(0,45  g  denen  des  Pferdes,  0,9— 1,5  g  in  denen  der  Taube  etc.)  und  wicd  hier 
auf  gewisse  Fermentationsprocesse  surOckgefUhrt,  denen  das  Glykogen  und  der 
Traubenzocker  unterliegen;  auch  an  der  Entstehung  der  Todtenstarre  soll  sie 
nicht  mibetheiligt  sein.  S. 

MilchaÄuren,  Glykolsäuren,  nennt  man  eme  Gruppe  von  Fettsäuren,  welche 
nach  der  Formel  CnHjnOj  constituirt  sind  und  mit  den  Säuren  der  Oxalsäure- 
reihe wie  auch  den  fetten  Säuren  nahe  Beziehungen  unterhalten  Sie  können 
desshalb  auch  unschwer  aus  den  letzteren  dargestellt  werden,  indem  man  i  Atom 
H  dieser  durch  HO  ersetzt.  Sic  bilden  Sake,  Ester,  Chloride  und  Amidc,  von 
welchen  Veibindungen  insbesondere  die  letzteren  als  weiter  verbreitete  Bestand- 
theile  (GlykokoU  etc.)  des  Körpers  Interesse  erlangen.  Unter  die  Gruppe  ge- 
hören als  wichtigste  Repräsentanten  die  Glycolsänre,  Milchsäure  und  Leudnsäure 
(s.  d.).  S. 

Müd^aftgefässe  =  Chylusgefösse  (s.  d.).     v.  Ms. 
Milchspiegel,  s.  Milchzeichen.  R, 

Müchviehracen.  Es  giebt  Rinch  iehracen,  deren  Kühe  sich  mehr  als  andere 
dazu  eignen,  die  aufgenommenen  Nährmaterialien  und  Flüssigkeiten  durcti  Pro- 
duktion von  Milch  zu  verwerthen  Grosse  Mengen  von  Milch  lass<jn  '^ich  aller- 
dings nur  aut  K-usten  der  Gute  derselben  gewinnen,  indess  stellt  man  an  eine 
tüchtige  B£ldtkuh  das  Verlangen,  dan  sie  nidit  nur  viel,  sondern  auch  eine  ver* 
hältniaaniissig  gute,  d.  h.  fette  MÜdi  liefoe.  Sdbstredend  können  gute 
Milcherinnen  diese  Eigenschaft  nur  entfalten,  wenn  sie  entsprechend  gefttttert  und 
gepflegt  werden.  Diese  emseitige  Futterverwerthungsfthigkeit  ist  oft  s^  au^- 
^rodien  und  die  Ursache,  weshalb  gute  NHlchkuhe  selbst  bei  reichlichem  Futter 
mager  bleiben.  In  morphologischer  Hinsicht  sind  Feinheit  des  Körperbaues,  zarte 
Gcwebsfaser  und  ein  gut  entwickelter  Milchapparat  die  Hannterfordemisse  (s. 
Art.  Milchzeichen).  Zu  den  lukaimtesten  Müchviehracen  gehört  das  bunte 
Niederun|T<?vieh  in  Holland  und  Deutschland,  das  Anglervieh,  dns  Fjell-  oder 
Jemtlands\ ich  m  Schweden,  das  Ayresliirvieh  in  England,  die  kleineren  Racen 
des  einfärhigen  Gebirgsviehes,  insbesondere  die  Aigäuenrace  u.  s.  w.  (s.  d.).  Von 
diesen  können  Kflhe  durchschnittlich  im  Jahr  s,  3  und  4  tausend  Liter  und  unter 
besonders  günstigen  Verhältnissen  selbst  mehr  Milch  liefern.  Das  Tageaquantum 
kann  bei  Kflhen,  die  sich  im  mittleren  Lebensalter  (6.-9.  Jalire)  befinden,  in  Folge 

fooL»  aadmpoL  «.  Unelnfie.  BA  V.  27 

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4t« 


IfUdoiliiie  —  IfiUola. 


kurz  vorheri^egangenen  Kalbens  neumclkend  sind  und  ausge?eirVinetes  Milchfutter, 
insbesondere  Griiofuuerin  reichlichen  Mengen  vorgesetzt  bekommen,  ao — 35  Lker 
betragen.  R. 

Müchzflhne,  s.  Zahne  und  Verdauungsorgauc-hntwicklung.     v.  Ms. 
Milchzeichen.  Als  äussere  Merkmale  einer  reletiv  hciira  MOchergiebigkeit 
werden  bei  den  Kflhen  gemdnhin  folgende  angetdien:  dn  u^e^iodieD  weib- 
licher Typus,  femer,  saxter  KdrpeitMui  bei  weicher,  laxer  Gewebsfaaer,  der  seh 
auch  am  Skelet  und  an  der  Haut  mit  ihren  Adnexen  (Haare,  Hfimcr,  Klanao) 
bemerkbar  macht,  helle  Farbentöne  der  Haut  und  Haare,  mässig  entwickelter 
Vordertheil  im  Vergleich  zu  einem  stark  entwickelten  Hintertheil  (Nachhand). 
l  etztere  Fipenschaft  documentirt  sich  durch  ein  nach  Länge,  ITöhe  und  Breite 
scl  r  i;erauTTiiges  Becken,  einen  weiten  ]5auch  und  ein  stark  entwickeltes  Euter 
mit  grüs.^L'u  Zitzen.    Gewöhnlich  sind  sudann  noch  die  äusseren  Brustvenen  mit 
iliren  Wurzeln  stark  entwickelt  und  als  geschlängelte  derbe  Stränge  zu  beiden 
Seiten  des  Bauches  und  der  Brust  sichtbar  (»MUchademc).   Besonderer  Werth 
wird  femer  auf  einen  grossen  »MilchspiegeU  und  auf  gewisse  Fonneii  des 
letzteren  bei  der  Beurtheilung  der  Leistungsfähigkeit  der  KOhe  als  Müchemmen 
gelegt   Der  Milchspiegel  wird  von  deijenigen  Fläche  gebildet,  welche  zwischen 
Euter  und  Scham  und  den  beiden  Hinterschenkeln  liegl^  und  auf  welcher  der 
Strich  der  Deckhaare  nach  oben  verläufl.    Die  Grenzen  des  Milch  spiegeis  sind 
in  der  Regel  deutlich  markirt  und  werden  dargestellt  durcli  diejenige  Linie,  an 
welcher  die  nach  aufwärts  gestrichenen  Deckhaare  mit  den  nach  ab-  und  rück- 
wärts gerichteten  der  Kruppe  und  äusseren  Schenkelflächen  zusammentreffen. 
Als  fMilchzeichenc  hat  der  Milchspiegel  insofern  eine  Berechtigung,  als  derselbe 
in  der  Regel  nur  bei  gut  entwickelter  Nachhand,  ind)esoodere  bei  Intitem  Becken 
eme  grossere  Fläche  darbietet.  Diese  Voraussetsungen  begründen  aber  an  sicfa 
schon  eine  Veranlagung  tu  guter  Milchproduktion.   Das  Muskelsfstem  ist  hei 
hervorragenden  Milchthieren  häuhg  nur  mSssig  entwickelt  und  die  Brauchbarkeit 
der  Thiere  zum  Zugdienste  daher  eine  untergeordnete.  Gute  MilchxeiGhen  kfinaen 
individuelle,  Fnmilien-  und  Racen  ei  genschaften  sein.  R. 

Müde  der  Wolle,  Sanftheit  der  Wolle,  eine  geschätzte  Eigenschaft,  die 
sich  nur  durch  das  Geftlhl  und  am  gewaschenen  Vliesse  feststellen  lässt  Sie 
ist  in  der  ^(Icschmeidigkettc  oder  »Ela^iticitat«  der  Aufrichtung  (s.  d.)  des  ein- 
zelnen Wollhaares  begründet  und  dadurch  gekennsdchnet,  dass  die  Wolle  dem 
Idchtesten  Druck  beim  Erfassen  mit  der  Hand  nachgiebig  dabei  sich  aiigenefam 
weich  anftthlt  und  nach  Aufhebung  des  Drucks  sofort  wieder  auflichtet  und  das 
fiflhere  Volumen  und  Aussehen  annimmt  R. 

Milenzer,  s.  Miltschaner.     v.  H. 

Miling     Schnäpel  (s.  d.).  Ks. 

Miliola  (l-^t  kleines  Hirsekorn),  Lam.  1804.  Die  Hauptgattung  der  Familie 
Miliolidae.  Struktur  glänzend  porcellanig,  aber  auch  vikariirend  chitinös  und  sandig; 
jede  Kammer  von  halber  Schalenhöhe,  sich  gegen  einander  legend,  sodass  die 
Mündung  abwechselnd  an  dem  einen  oder  anderen  Pol  dci  Schale  liegt.  Man 
unterscheidet  nach  Zahl,  Anordnung  und  Skulptur  mehrere  Unteigattungen,  so 
Spir^ioculitMf  Orb.,  QumfuebaiSna,  TrO^tuima  und  Süffotlma,  Osb.  Auch 
scheinen  gewisse  Tiilocnlinen  nur  Wachsthumsstadien  von  Quingnelocnlina  an 
sein  (s.  auch  Miliolina).  Sie  sind  überall  verbreitet  und  finden  sich  in  den 
mdslen  Grundpioben  in  grösserer  Menge;  fossil  können  sie  mass^  Gesteine 
bilden,  wie  s.  B.  den  M iliolidenkalk  des  Pariser  Beckens.  Pp. 


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MfliolidM  llilvinae. 


419 


Miliolidae.  Eine  Hauptabtheilung  der  impcrforaten  Polythalamien,  von 
kalkiger  Struktur  und  gewöhnlich  porcellanartig  glänzender  Oberfläche;  auch 
kommen  sandige  Formen  (vicarüread?)  vor;  die  Kammern  smd  gross  im  Ver- 
häitntss  zur  grossen  Schale.  Brady  theilt  sie  (x88i)  in  3  Unleifamilien:  MHa- 
Unae,  Orbitolh$ae  and  ^)  DaetylopotiHiu.  Pp. 

Miliolina,  Williamsok.  Bezeichnung  fllr  die  vereinigten  ORBtcmr'schen 
Genera  Trilocolina  und  Quinqueloculina.  Pf. 

Milki.    Einer  der  Hauptstämme  der  Kurden  (s.  d.).     v.  H. 

Mille-ficurs  oder  Porcellan-Zwerghtihner,  ein  larbenschlag  der  tederfüssigen, 
sogen,  englischen  Zwerghühner,  namentlich  in  Frankreich,  neuerdines  auch  in 
Deutschland  als  Zierhtihner  lür  Hof,  Park  und  Voliere  belicbL  Ausgezeichnet 
durch  dreifarbiges  Gefieder,  d.  h.  die  Federn  zeigen,  bei  gelber  Grundfarbe,  an 
der  Spitxe  ein  bogenförmig  abgegrenztes  weisses  Feld,  welchem  sich  nach  unten 
hin  ein  gU[nzend>schwarzer  Fleck  anscbliesst  Kamm  (einfach)  und  Kinnlappen 
sind  glänzend  hochroth,  die  Ohrlappen  weiss.  Dür. 

MillepCHridae.  Familie  der  Hydrocorallinen  (Ordnung  der  Hydromedusen). 
Die  massigen  kalkigen  Pülyi)arien  bergen  zahlreiche  kelchRirmigc  Röhren,  die 
in  Poren  in  der  ObcrHaclic  ausmünden  und  in  ihrem  Grunde  durch  Querwände 
c:ethcilt  sind  (daher  früher  Madrcporae  tabulaiac  genannt).  Das  Conenchym  ent- 
iia,lL  netzförmig  verzweigte,  anastomosirende  Canäle,  die  von  der  erweiterten 
Basis  der  Zooide  ausgehen.  Die  Nährthierc  (Gastrozooiden)  mit  4—6  geknöpften 
Fangarmen.  Die  mit  zahlreichen  Tentakeln  versehenen  Dactylozooiden  gruppiren 
sich  zu  $—30  um  die  Gastrozooiden.  —  Einzige  Gattung  Wtltp9ra,  L.,  mit 
vielen  Arten,  ungefiihr  in  gleicher  Verbreitung  wie  die  Biffkorallen,  sich  in  gleicher 
Weise  wie  diese  an  der  Riffbildung  betheiligend.  Pr. 

Milli.  Stamm  der  Kurden  (s.  d.),  zu  dem  die  Mosessan,  die  Kiki  und  Sadsdi 
zählen.     v.  H. 

Milling  =  Elleritze  (s.  d.).  Ks. 

Miltschaner  oder  Milzer,  Stamm  der  polabischen  Slaven,  welcher  das  Land 
zwischen  der  Niederlausitz,  dem  Queiss,  dem  buhmischen  Grenzgebirge  und 
Meissen,  etwa  bis  zur  schwarzen  Elster  hin,  oder  die  ganze  heutige  Oberlausitz 
einnahm.  Völker  gleichen  Namens  gab  es  aber  auch  in  Dakien,  wo  «e  auch 
als  MiloBcher,  Milenzer  vorkommen  und  welche  vom  byzantinischen  Feldherm 
TtfEOKLisTES  Überwunden  wurden,  dann  im  Peloponnes,  wo  sie  die  hartnäckigsten 
Feinde  der  Griechen  waren;  diese  beiden  scheinen  mit  einander  verwandt  ge* 
*  Wesen  zu  sein,  und  Sciiafarik  vcrmuthet,  dass  man  es  hier  mit  drei  verschiedenen 
Abzweigungen  eines  Urstammcs  zu  thun  habe,  dessen  ilcimath  auf  der  Scheide 
Litauens  und  l'olens  zu  suchen  sei.  Die  lausitzer  waren  tapfer  und  freiheit« 
liebend.     v.  H. 

Miltu.  Negervolk  Central-Afrika's  am  Schari,  welches  unter  einem  Häuptling 
steht  nnd  zwischen  Ba  Bnsso*  Ndamm  und  Sara  wohnt    v.  H. 

Milvago,  Spix  ^  J^äonu,  VmsLL.,  s.  Polyborinae.  Rcbw. 

Milvinaiei  Weihen,  Unterfamilie  der  Falken,  Fakmidae  (s.  d).  Im  Gegen- 
satze zu  den  Habichten  (s.  d.)  AccipUrinaet  sind  die  Weihen  durch  verhältniss- 
mässig  kurze  Läufe  ausgezeichnet,  welche  meistens  kürzer  als  die  Mittelzehe  oder 
doch  nur  wenig  länger  als  letztere  sind.  Der  Schwanz  hat  im  Allgemeinen  ge- 
ringere i^änge,  ist  in  einigen  Fällen  sogar  sehr  kurz.  Zwar  kommen  Ausnahmen 
vor;  doch  schliesst  in  solchen  Fällen  in  der  Regel  die  ausserordentliche  Kürze 
der  Tarsen  eine  Verwechselung  mit  den  AccipUrinae  au.s.    Die  Flügel  sind  ver- 

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Mflvinae. 


hältnissmässig  länger  als  bei  den  Habichten.   Von  den  Falken  unterscheiden  sie 
lieh  leicht  tn  der  Pom  des  Sdtnabels  (s.  Falken).  Die  Weihen  sind  träge  Raab> 
vttgeli  weniger  geschickt  im  Fangen  der  Beute  als  Habichte  und  Falken.  Die 
enteren  flbertreffen  sie  zwar  an  Schönheit  des  Fluges  nicht  abw  an  Gewandd»eit. 
Dementsprechend  gilt  ihre  Jagd  mehr  dem  laufenden  als  dem  fliegenden  Wllde^ 
Eine  grosse  Anzahl  nähft  nch  von  Fischen,  liegt  der  Mäusejagd  ob  oder  be* 
qiiemt  sich  bei  Nahrungsmangel  sogar,  Aas  anzugehen  und,  wenn  die  Noth  sie 
zwingt,  selbst  mit  vegetabilischen  Abfällen  des  menschlichen  Haushaltes  vorlieb 
zu  nehmen.    Die  Beute  suchen  sie  schwebend,  seltener  rüttelnd,  und  ergreifen 
die  erspähte  durch  plötzliches  Herabschwenken  oder  N  lederstossen.    Die  Horste 
werden  mit  Vorliebe  an  Waldrändern,  welche  Wiesen  und  Felder,  FlQsse,  Seen 
oder  Meeresgestade  begrenzen,  und  gern  auf  den  Wipfeln  höherer  Bftome  ange- 
legt Die  Eier  sind  auf  weissem  Grunde  rothbraun  gefleckt  selten  rein  weiss. 
Die  Unterfimitie  zerfitUt  in  zwei  Sectionen.  i.  Weihen  (MUuinae)'.  Vordenehen 
unverbunden,  bisweilen  nnr  eine  schwache  Bindehaut  zwischen  den  beiden  äusseren 
Zehen  bemerkbar.   Kopf  verhältnissmässig  klein,  Gestalt  im  Allgemeinen  ge- 
streckt, Läufe  unH  Zelten  kurz,  Schwanz  häufig  länger  als  bei  den  Bussarden, 
welche  die   folgende  Section  bilden.    Die  Mehrzahl   der  Mitglieder  bevorzugt 
Fischnahrung;  einige  leben  liaui)tsachli(.h  von  Insekten.    Wir  unterscheiden  13 
wichtigere  Gaiiungcn.    Als  typische  Formen  sind  die  Milane  (AIüvus,  Sav.)  zu 
betrachten.  Der  Lauf  hat  die  Länge  der  Mittelzehe;  der  lange  Schwanz  ist  mehr 
oder  weniger  tief  spitzwinklig  ausgeschnitten  und  drei  Viertel  so  lang  als  der 
Flttgel.  Die  8  bekannten  Arten  haben  sttmmtlich  die  ungetthre  Grösse  unseres 
Gabelweihs  und  bewohnen  die  ganze  östliche  Erdhfllfte.  In  Deutschland  kommen 
zwei  Arten  vor,  der  Gabel  weih»  ü/SAnKr  uHnm,  Sav.,  mit  tief  gegabeltem  Schwanz, 
rostbräunlichein  Körpcrgeficder,    weissgrauem,  dunkel  gestricheltem  Kopf  und 
Hals  und  gelbem  Schnabel  und  der  Schwarze  Milan,  Afihus  migrans,  Bodo., 
etwa.s  kleiner  als  der  vorgenannte,  mit  weniger  tief  ausgeschnittenem  Schwanz, 
dunkelbraunem  Gefieder,  auch  dunkkr  grauem  Kopf  und  Hals  und  schwarzem 
Schnabel.    Sehr    ähnlich  ist  dem    letztgenannten    der  in   Afrika  heimische 
Schmarotzerroilan,  MUous  acgypUm,  Gm.,  aber  durch  gelben  Scfanabd  untere 
schieden.     Eine  andere  Gattung»  die  der  Falken  weihen  (Aoicida,  Sws.)  zeichnet 
sich  durch  zwei  an  den  Schnabelrftndem  deutlich  maikirte  Zähne  aus.  Die  Ge- 
sult  im  Allgemeinen  ist  gedrungen,  derjenigen  der  Falken  ähnlich.  Die  Nasen- 
löcher bestehen  in  schrägen  Schlitzen,  welche  von  einer  Membran  Uberdeckt  ^ 
werden.    T,auf  kurzer  als  die  Mittelzehe,  der  gerade  abgesfiif?:te  Schwanz  von 
zwei  Drittel  der  Fliigellange.    AVir  kennen  10  .-^rten  in  Indien,  Australien  und 
Afrika.    Ai>iridiy  hphofes,  Tkm,,  in  Indien.  —  Andere  Gattungen  sind:  NiU/derus, 
htinia,  Gampivuyx,  J-.ianus,  Kosthramus,  I^emis,  Haliastur,  Ic/Uhyoborus,  Fandtorif 
Gypohkrax,  IfalüOius  (s.  d.).  ~  Die  3.  Sektion  umfasst  die  Bussarde  (Bwt»- 
nmaej.  Die  beiden  äusseren  Zehen  und  bei  diesen  Raubvögeln  durch  eine  deut> 
Sehe  Hefthaut  verbunden.  Die  Gestalt  ist  gedrungener  als  die  der  Weihen,  der 
Kopf  dicker,  Läufe  und  Zehen  verhältnissmäsng  länger,  der  Schwanz  kUrser. 
Als  Nahrung  wählt  die  Mehraahl  der  Bussarde  kleinere  oder  grössere  Säuge- 
thiere;  andere  nehmen  Reptilien  und  Amphibien;  manche  gehen  auch  Aas  an. 
Die  typischen  Formen  sind  in  der  Gattung  Buteo  vereinigt  (s.  d.).    Auch  die 
Gattung  der  Adler  (Aquila,  Bwss.)  gehört  zu  dieser  Gruppe.    Sie  älineln  den 
Rauhfussbussarden  (s.  Archibuteo)  in  den  vollständig  befiederten  Läufen,  unter- 
scheiden sich  von  denselben  aber  durch  rundliche  oder,  wenn  ovale,  dann 


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MUvulus  —  Mijniaac. 


431 


schräg,  fast  senkrecht  gestellte  NasenUkher,  während  diese  bei  den  Rauhfuss- 
bussarden  ovale  Form  haben  und  horizontal  in  der  Wachshaut  lirc^on  Es  giebt 
15  Arten,  welche  mit  Ausnahme  Süd-Amerika's  alle  Erdtheile  bewohnen.  Er- 
wähnt seien:  Goldadier  (Aquila  chrysa'etus,  J..J  in  Europa  (auch  in  Deutschland), 
Asien  und  Nord-Amerika,  Kaiseradler //a />/;/mW«,  Bchst.),  durch  weisse 
Schulterfedern  ausgezeichnet,  in  Südüst-Europa,  Nord-Indien  und  China,  Spa- 
nischer Kaiseradler  (Aguila  Adalbcrti,  Brehm),  Vertreter  des  vorgenaimten 
in  Spanien  und  N<H-dwest>Afrika,  Schreiadler  (AguUa  mupia,  Gu.X  wenig 
stärker  als  ein  Bussard,  von  dankelbFatinem  Gefieder,  häufig  in  Deutschland,  in 
Ost-EttrofNi  und  Asien  durch  den  Schelladler  (Afuila  tUuigü,  Fall.)  vertreten, 
Keilschwanzadler  (Aquila  auäax,  Lath.)  Australien.  Andere  Gattungen  der 
Bussarde  sind:  Htlotarsus^  Ciraüius,  Machaerhamphus  (s.  d.).  RCHw. 

Milvulus,  Sw.  (Dimin.  von  Milvus),  Gabeltyrann,  Gattung  der  Vogel- 
familie  TyranniJae,  durch  einen  langen,  gabelförmigen  Schwanz  ausgezeichnet, 
vordere  Handschwingen  an  der  Spitze  verschmälert.  Mehrere  Arten  im  südlichen 
Nord-Amerika,  Mittel-  und  Süd-Amerika.    Typus:  M.  tyrannus,  L.  Rchw. 

Milz,  Milzbalken  (trabekel),  Milzpulpa,  Milzkörperchen  (MALPicm'sche), 
s.  Art.  Müs  im  Nachtrag  zu  Lit.  M  und  Lymphgefässsystementwicklung.  Grbch. 

Milser,  s.  Mütscbaner.    v.  H. 

Mimaces.  Nach  Ptolbhaos  eine  kleinere  Völkerschaft  im  nördlichen  Tbeile 
der  Provinz  Africa  propria.     v.  H. 

Mimbres  oder  Mimbrenos.   Stamm  der  Apachen  (s.  d.)  in  der  Sierra  de 

los  Mimbres  streifend.     v.  H. 

Mimeta,  Vic.  (gr.  mimtos  nachahmend),  Unteigattung  von  Oriolust  L.  (s. 
Oriolidae).  RcHw. 

Mimicry,  von  andern  auchMimerie,  wird  folgende,  erst  von  der  Darwin'-  . 
sehen  Schule  beachtele  Ersdieinung  genannt.   Neben  der  Thalsache,  dass  es 
zahlreiche  Thierarten  giebt,  welche  in  Form  oder  Färbung  oder  in  beiden  leblosen 
Gegenständen,  wie  dOrren  Blättern,  Flechtenflecken,  Yogelkotliflecken,  Blattstielen, 

dürren  Stengeln  u.  s.  f.,  gleichen,  was  diesen  Thieren  einen  Schutz  geqen  ihre 
Feinde  giebt,  weil  sie  so  leicht  übersehen  werden,  steht  die  andere  Thatsache, 
dass  es  zahlreiche  Thierarten  giebt,  welche  in  Form,  namentlich  aber  in  der 
Farbe,  anderen  Thierarten  und  zwar  solchen  /nm  ^"cr^vechseln  ähneln,  welche 
nicht  etwa  sehr  nnauffällig,  sondern  im  Gegent  le  l  reclit  aufßillig  und  heraus- 
fordernd aussehen  und  thatsächlich  giftig  oder  wenigstens  ekelhaft  sind,  so  z.  B. 
giebt  es  eine  Menge  von  hannlosen  Fliegen-,  Käfer-,  Blatt-  und  Schlupfwespen» 
arten,  welche  den  stechenden  Wespen,  Bienen,  Hornissen  täuschend  ähnlich 
sehen.  Der  biologische  Werth  besteht  eben  hier  darin,  dass  diese  nachtäuscbenden 
Thierarten  sich  desselben  Respektes  erfreuen  wie  ihre  Vortnlder.  Warum  letztere 
im  Gegensatz  zu  anderen,  nicht  giftigen  oder  ekelhaften  Thieren  heraus- 
fordernde, markantere  Farben  tragen,  dariiber  s.  den  Artikel  Trugfarbe.  Man 
versteht  nun  unter  dem  Worte  M.  entweder  von  obigen  zwei  Thatsachen  nur 
die  let^tc,  nämlich  die  Nachtäuschung  gift;iger  oder  ekelhafter  Thiere  oder  es 
werden  beide  Thatsachen,  also  auch  die  Nachtäusclume;  lebloser  Gegenstände, 
um  sich  unauffällig  zu  machen,  als  Mimicry  oder  Muiiene  bezeichnet.  J. 

Mixninae,  Scheindrosseln,  Unterfannlie  der  Timalien  (Thm^daeJ,  Vögel 
von  der  Grösse,  allgemeinen  KOrpergestalt  und  Schnabelform  der  Drosseln,  aber 
mit  längerer  erster  Schwinge  und  mit  getheilter,  aus  einer  Anzahl  Quertafeln  be- 
stehender Hombedeckung  an  der  Vorderseite  der  Läufe,  während  die  Drosseln 


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4«« 


MteiOD  —  BßiMs. 


ungetheilte  Laufschienen  haben.  Von  den  typischen  Timaüen  unterscheiden  sie 
sich  besonders  durch  die  spitzeren  Fhigel,  in  wel«  i  die  Armschwingen  deut- 
lich, oft  wesentUch,  kürzer  als  die  längsten  Handsciiwingen  sind.  Auch  hat  die 
Bürzelbefiederung  niclit  die  wollige  Beschaffenheit  wie  bei  den  echten  Timalien , 
das  ganze  Gefieder  ist  härter.  Der  gerundete  Schwanz»  dessen  Äussere  Federn 
stttfig  an  Länge  abnehmen,  hat  die  Länge  des  Flügels  oder  darüber.  Sie  sind 
theils  in  Amerika,  theils  in  Australien  hämisch.  Wir  unterschaden  zwei 
Gattungen,  i.  Spottdrosseln,  Aftmus,  Roie.  Erste  Schwinge  wesentlich  ktlner 
als  die  Armschwingen.  i6  Arten  in  den  Vereinigten  Staaten,  in  Mittel-  und  Süd» 
Amerika,  südwärts  bis  Cliile  unrl  I'atagonien,  auch  auf  den  westindischen  und 
Galaiiagos-lnseh).  Hicrlicr  die  nordamerikanische  Spottdrossel,  Mimus 
pclyghttuSt  L.,  gleich  unserer  Nachtigal  in  den  Vereinip'tcn  Staaten  ihres  schönen 
Gesanges  wegen  geschätzt  und  auch  bei  uns  liauiig  mi  Käfig  gehalten.  — 
2.  Laufdrosseln,  Cmdosoma,  Vic.  et  Horsf.  Erste  Schwinge  etwa  ao  famg  als 
die  Aimschwingen;  Schnabel  schwächer.   4  Arten  in  Australien.  RcHW. 

Mimen,  GRAv'sche  Fledermausgaiiung,  begründet  (1847)  auf  <fie  von  dem- 
selben Autor  (1842)  beschriebene  brasilianische  Vampyrinenform,  ^^UatUtma 
mgtMs,  —  S.  a.  P/^lhstoma,    v.  Ms. 

Idamopliis,  Günther  1868.  Kleine  madagaskaiische  Psamroopbideii* 
Gattung.  Fp. 

Mitiaeer.  Eines  der  grössten  und  wichtigsten  Völker  im  alten  Arabien,  in 

der  Gegend  des  heutigen  Mekka,  das  sich  aber  auch  tief  ins  Land  hinein  er* 
streckte  und  mit  den  Haupterzeugnissen  seines  Gebietes,  Weihrauch  und  Myrrhen, 

ausgebreiteten  Handel  trieb.  Ein  einheitliches  XOlk  waren  aber  die  M.  nicht, 
sondern  ein  liund  verschiedener  Stamme  unter  der  Führung  der  in  frühester  Zeit 
aus  dem  Hadramaut  nach  dem  Ncdschd  eingewanderten  Kinditen,  eines  mili- 
tärisch ürganibirten  Stammes,  dessen  Herrscher  den  Titel  »Könige  führten,     v.  H. 

Minahasa,  Volk  der  gleichnamigen  T,andschafi  auf  Celebes,  auf  sehr  tiefer 
Culturstufe,  in  zahlreiche  Dialekte  zersplittert,  denen  malayische  und  papuanische 
Elemente  zu  Grunde  liegen;  oft  versteht  man  sich  kaum  von  Dorf  zu  Dort 
Einige  dieser  halbwilden  Stämme  haben  halbpapuanische  Züge  und  Haare, 
in  einigen  Ortschaften  herrscht  aber  die  eigene  Celebes-  oder  Bugi-Phy- 
siognomie  vor.  Auf  dem  Plateau  von  Tondano  wobnen  Leute  fast  so  weiss 
wie  die  Chinesen  und  halbeiiroi)älschen,  ansprechenden  Gesichtszügen.  Wali^ce 
C^bt^  dass  der  papuanische  Typus  den  Rest  der  Urbevölkerung  kennzttchne^ 
der  malayische  die  nördliche  Verbreitung  der  überlegenen  Bugi.    v.  H. 

Minas.  1.  Volk  Vorder-Indiens,  ein  Zweig  der  Bhil,  und  verwandt  mit  den 
Dschat  (s.  d.),  mit  denen  sie  die  physischen  Merkmale  gemein  haben.  Nur  die 
Nase  ist  noch  Hachgcdriirkt,  die  Nasenlöcher  gross.  Die  Augen  sind  grösser, 
die  Backenknochen  weniger  hervortretend  als  bei  den  Bhil.  Die  Hautfarbe  ist 
sehr  dunkel,  das  Haar  lang  und  seidenweich,  ihre  Gesichtszüge  sind  feiner  als 
jene  der  Bhil.  Sie  haben  aber  einige  der  Bhil-Uebetüeferongen  bewahrt,  ge- 
brauchen die  nSmlichen  Waffen,  bauen  die  nämlichen  Dörfer  und  ftihren  in  ihrer 
Mundart  die  nämlichen  Wörter  wie  die  Bhil  und  die  Völker  der  Ebene.  Die 
M.  bewohnen  das  Land  nördlich  der  Bunas  im  Königreich  Dschcipor  und  er- 
strecken sich  bis  in  die  Höhe  von  Delhi  längs  der  Kette  der  Kali-Khos.  Ihre 
Kopfzahl  wird  auf  2 — 300000  geschätzt.  Der  Herrscher  von  Dscheipor  erhält 
sein  »Tikac  von  einem  M.,  d.  h.  die  Anerkennung  seiner  Henchaft  durch  ein 


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Iffineopw» 


4»3 


Stirnzcichen  mit  dem  Hlutc  aus  dem  Zeh  oder  Daumen  eines  M.  Die  M.  sind 
Jäger,  rauben  wu  es  angeht,  sind  stets  mit  Bogen  und  Pfeil  bewaffnet  und  tragen 
»Lattisc^  lange,  mit  Enen  bctdilagene  Bambnstangen.  Die  Mischlinge  dieser 
M.  und  der  bnduniniscben  Dschat  bilden  die  ackerbautreibende  Klasse  im 
Kdnigieiche  Dsdieipor.  IMe  M.  waren  in  fOnf  grosse  Stimme  giedieü^  be> 
haupteten  ihre  Unabhängigkeit  Jünger  als  die  Bbil  und  sind  erst  im  dreizehnten 
Jahrhundert  von  den  Radschputen  völlig  bezwungen  worden.  Sie  waren  damals 
leidlich  civilisirt,  aber  seitdem  sie  sich  als  Flürh»Jinge  in  die  Gebirge  zurück- 
ziehen musstcn,  ist  ihnen  die  frühere  Gesittting  abhanden  gekommen.  —  2.  Minas 
Neger.  So  nennt  man  in  Hrasilien  die  von  Klmineh  an  der  oberen  Guineaküste 
ins  Land  gekommenen  Sklaven;  sie  gelten  für  die  schönsten  Schwarzen 
Brasiliens,    v.  H. 

MQncopie*  Name  lUr  die  Bewohner  da  Andamanen^Inseln,  entschieden 
mit  den  N^iritos  (s.  d.)  verwandt  und  in  sechs  Stimme  serfallend»  deren  jeder 
seinoi  eigenen  Dialekt  spricht  Die  M*  sind  Zwerge,  insofern  ihr  Wuchs  nach 

DE  QuATRKPACEs  durchschnittlich  bloss  i4361ifiUim.  beträgt;  doch  Stehen  alle  ihre 
Glieder  unter  sich  und  zum  Rumpfe  in  gutem  Verhältniss.  Ihre  Haut  ist  tief 
schwarz  und  glänzt,  als  ob  sie  polirt  wäre.  Der  Vorderkopf  ist  eut  geformt,  nicht 
abgeflacht,  die  Lippen  sind  weder  geschwollen  noch  aufgeworfen,  die  Nasenlöcher 
nicht  gross,  die  Ohren  klein  und  gut  geformt;  die  Habichtsnasen  sollen  oft  vor- 
kommen; das  in  Büscheln  stehende  Haar  wird  in  der  Regel  kurz  abgeschoren. 
Die  M.  besitzen  grosse  Muskelstärke.  Beide  Geschlechter  gehen  splitternackt 
Die  nicht  bloss  swergbaften,  sondern  auch  eckig  und  anmuüislos  geformten 
Weiber  scheeien  sich  gleichlalls  das  Haupthaar  glatt  ab,  bestreuen  dafür  aber 
den  Schädel  mit  einem  Puder  aus  rothem  Ocker.  Von  Bartwuchs  ist  bei  den 
M.  keine  Spur.  Selten  sieht  man  sie  anders  als  mit  einer  Katze  oder  einem 
Hunde  r'.uf  dem  Arm  Auch  auf  die  Kinder  europäischer  Besucher  erstreckt 
sich  ihre  Zärtlichkeit,  nur  suchen  sie  vor  allem  sich  über  das  Geschlecht  genaue 
Auskunft  zu  verschaffen.  Die  Frauen  müssen  öffentlich  gebären.  Das  Kind 
bleibt  nackt  wie  ein  Regenwurm,  nur  bei  nassem  Welter  schützt  man  es  durch 
einen  BUUtermantel.  Uebrigens  herrscht  zwischen  Kindern  und  Eltern  die  grösste 
ZttrtBchkeit,  wie  auch  sonst  die  M.  unter  sich  «ntrttchtig  «nd.  In  Banden  von 
jeder  ZahlengriJsse  zwischen  10  und  300  fUbren  sie  ein  bestindiges  Wanderleben. 
Ihre  Hütten  sind  kunstlos:  vier  Ff&hle,  swei  grössere  und  zwei  kleinere,  gleich- 
viel ob  gerade  oder  krumm,  werden  in  den  Boden  gesenkt  und  tragen  das  Blätter- 
dach. Mit  ihren  armseligen  Werkzeugen  leisten  sie  Erstaunliches,  fällen  Bäume 
und  höhlen  sie  meisterhaft  und  sauber  zu  Kähnen  aus;  auch  Netze  verfertigen 
sie  sehr  sauber  und  genau  aus  feinen  Schnüren,  ihre  Bogen  sind  von  starkem, 
zähen  Holze  und  2  Meter  lang;  es  gehört  eine  grosse  Kraft  dazu,  sie  zu  spannen, 
und  die  M.  verfehlen  damit  selten  ihr  Ziel.  Die  Leichen  binden  sie  in  kauern- 
der Stellung  zusammen  und  beerdigen  sie  dann  aufirecht,  ohne  weiteres  Weh' 
klagen.  Ist  die  Verwesung  der  lockeren  Theile  vorbei,  so  graben  sie  die  Ge- 
beine aus  und  vertheilen  sie  unter  angemessenem  Traueigeheul  in  der  Familie. 
Befindet  sich  unter  den  Leidtragenden  die  Wittwe  des  Verstorbenen,  so  erhält 
sie  seinen  Schädel,  den  sie  fortan  an  einer  Schnur  um  den  Hals  trägt.  Alles 
Metallene  reizt  die  Begierde  der  M.,  und  als  man  den  Sträflingen  in  Port  Blair  Hnnd- 
schellen  anlegte,  wünschten  sie  diesen  Schmuck  auch,  frcirrcla-^-ert,  7^1  Ijchalten 
Sie  erfreuen  sich  zu  u  dcr  Stunde  eines  beneidenswerthen  Apjjctiis  der  immer  so 
gross  ist,  als  die  voriiandenen  Vorräthe.   Nicht  weniger  als  9  Küo  PlaDtanen, 


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4U 


Minctaries  Mininpimie. 


ungerechnet  das  Fleisch,  sah  man  sie  bei  einer  einzigen  Mahlzeit  verzehren. 
Am  meisten  lieben  sie  Schweinefleisch,  Fische,  unreife  Plantanen,  die  sie  rösten, 
Yams,  Reis  und  Schifiszwieback.  Ausserordentlich  gern  rauchen  sie  Tabak. 
Nach  QuATREPAGBS  beiäsien  die  M.  religiöse  Vorstellungen  nud  den  Glenben 
an  eine  Foitdauer  nach  dem  Tode.  v.  H. 
lUnetaries»  s.  Menitaries.    v.  H. 

Ming.  Stamm  der  Usbeken  (s.  d.)  in  den  Beigen  von  Altaba,  bei  Kan- 
Tepe,  Ufgut  und  Chokand,  desam  Fürsten  von  ihnen  entsprossen  waren,   v.  H. 

Ifingoea.  So  viel  wie  Irokesen  (s.  d.).    v.  H. 

iUngrelier.  Volk  im  Kaukasusgebtet,  welches  awischen  dem  Flusse  Tscheni»- 
Tachali,  dem  Rion,  dem  Ingor  und  dem  Schwanen  Meere  in  einer  Kopfzahl 
von  197338  Menschen  wohnt  und  den  klangvollsten  aller  georgischen  Dialekte 

spricht.  Die  M.  ?5ind  wenijjer  wild  als  die  Swaneten,  im  Uebrigen  stimmen  sie 
mit  den  Grusiern  (s.  d.)  überein.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  benachbarten 
Imeretiern  durch  eine  bei  weitem  grössere  Schönheit  der  Züge;  der  reinste  grie- 
chische Gesichtsschuitt,  dabei  eine  gewisse  Vornehmheit  der  Erscheinung  und 
des  Auftretens  charakterisirt  die  Mehrzahl  des  Volkes,  von  den  Familien  der 
»Mhtawarc  und  tAznaur«,  der  Fürsten  und  Adeligen  bis  hinab  au  dem  Ärmsten 
Bauer,  der  in  der  elenden  Umgebung  seiner  Htttte  und  in  Lumpen  gehüllt^  doch 
aristokratisch  aussieht  Freilich  findet  man  unter  diesen  regelmässigen  Gesichteni 
gar  viele,  besonders  unter  den  Frauen,  die  mit  den  grossen,  schöngeformten,  oft 
etwas  starren  Augen  den  Eindruck  einer  gewissen  Geistlosigkeit  und  Apathie 
machen  nie  M.  fchören  711  der  Gruppe  der  Völker  kartalinischen  ?>tammes, 
dem  ältesten  CultiirL leniunte  im  Kaiikasiislande,  sind  griechische  Christen  und 
sprechen  eine  nur  ciialektiscli  von  den  Georgiern  verschiedene  Sprache,  besitzen 
auch  einen  reichen  Schatz  von  Sagen,  die  vielfach  an  die  Heidenthaten  ihrer 
eigenen  Fürsten  und  Adelsgeschlechter  sich  knüpfen,     v.  H. 

Miniopterus,  Fledermausgattung  der  Familie  Vesper tiUonidcu,  Wacn.,  ehedem 
Untergattung  von  VtspertUh,  J.  A.  Wagn.,  mit  \  (|)  Molaren,  mit  hohem  SchAdel, 
kurzer  längsconcaver  Schnauze,  halbmondförmigen,  seitlichen  Naaentöchem,  mit 
kleinen  rondfichen  Ohren,  abgerundetem,  gleich  breitem  Tragus»  mit  schlanken 

langen  Flügeln;  Sporenlappen  fehlen,  Flughäute  inseriren  sich  am  Ende  des 
Schienbeines,  am  2.  und  3.  Finger  ist  das  erste  Glied  sehr  kurz.  —  Hierher  die 
altweltlicbe  Art,  M.  Schreibcrsii,  K.  et  Bi  ,  die  langflügelige  Fledermaus,  mit 
(oben)  braungrauem,  unten  weisslich  aschgrauem  Pelze  und  lichtgraubraunen 
Flughäuten.  Fhipweite  29  Centim.  Totallänge  10,6  Centim.  Heimath:  Wärmere 
K-iimate  der  alten  Welt.  In  Kuropa  erreicJit  sie  nach  Blasius  ihre  Nordgrenze 
am  SOdabhange  der  Alpen,  neuerdings  wurde  sfe  jedodi  auch  nOrdUcher,  in 
Nieder-Oesterreich,  Siebenbürgen,  Bukowina  etc.  nachgewiesen.  Die  biologischen 
Verbältnisse  «nd  leider  noch  wenig  bekannt,  auffallend  ist  ihr  überaus  rascher 
gewandter  Flug,  vom  Ausschwärmen  liebt  sie  freieres  Terrain,  erschdnt  bald 
nach  Sonnenuntergang;  ihre  Schlupfwinkel  sind  Höhlen  (so  z.  B.  die  Agteleker« 
und  Abaligcterl^öhle  in  Ungarn)  altes  Gemäuer  etc.  meist  abseits  menschlicher 
Niederlassungen.     v.  Ms. 

Minirmotten,  -raupen,  s.  Blattminen.     £.  To. 

Minirspinne,  Ctenica  caementarla,  Ftr.,  eine  im  südlichen  Europa  lebende 
Würgspinne  (s.  Mygalidac)  von  17  Millim.  Länge,  welche  ihre  senkrechte  Efd* 
röhre  mit  einer  FalUhür  verschliesst.     £.  Tg. 


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Münk  Bfimuigo« 


4^5 


Mink  =  Nörz,  Nerz,  Ottermink,  Sumpfnttcr  etc.  (Musteh  lutrtola,  T  .,  Lutra 
btireoln,  Shaw.)  Foetorius  lutreola,  Keys,  et  Blas.),  s.  Sumpfottern.     v.  Ms. 

Mm-kia.  Volksstamm  in  der  südchinesischen  Provinz  Vünnan  am  Ostufer 
des  grossen  Sees  von  Ta-li.  Die  M.  stammen  nach  (i.vknier  von  chinesischen 
Ansiedlern,  welche  nach  Eroberung  des  westlichen  Yünnan  durch  die  Generale 
des  Mongolenbüsen  Koblai*Chaii  1255  aus  der  Umgebung  von  Nanking  hierher 
verpflanzt  worden  nnd.  Nach  Dr.  Tii<«bl  wären  es  dagegen  Produkte  einer 
Kreusui^  awischen  I^ten  und  sdiwarzen  L0I0.  Ihre  Civilisation,  sagt  er,  ist 
von  der  der  Chinesen  völlig  verschieden  und  bietet  grosse  Analogien  mit  der 
der  Laoten.  Der  Eindruck,  den  man  von  ihrem  Anblicke  empfängt,  ist  der  einer 
grossen  Aehnlichkeit  mit  den  Laoten  nnd  gewissen  kaukasischen  Typen,  und  der 
einer  geringen  .Analogie  mit  den  Chinesen.  Eine  starke  T^:*imi.schiing  von  lao- 
tischen und  Ureinwohnerblut  in  den  heutigen  M.  gieln  iil)ngens  auch  Garnier 
zu.  Die  M.  wurden  von  den  reinen  echten  Chinesen  mit  Ver.ichtung  behandelt, 
was  grosse  Feindschaft  zwischen  beiden  hervorrief.     v.  H. 

Minneconjoux.  Indianerstamm  in  Dakota,  an  aooo  Köpfe  stark,    v.  H. 

Minorka.  Den  schwaraen  und  den  weissen  Schlag  des  rothwangigen  spanischen 
oder  des  andalusischen  Huhns  (GaUiu  domestuus  andatusianm)  bezeichnet  man 
als  Minorkas.  Sie  charakterisiren  sicli  durch  hochgereckten,  dabei  kräftigen,  ja 
massigen  Körper,  aufrechte  Haltung,  breite,  vorgetragene  Brust,  sehr  grossen 
einfachen,  beim  Hahn  aufrecht  stehenden,  hei  der  Henne  umliegenden  (schlottern- 
den) Kamm,  grosses,  lebhafte??  Auge,  grosses,  glattes,  tief  karmoisinrothes  Ge- 
sicht, länglichrunde,  reinweisse,  laltenlose  Ohrscheibcn,  lang  herahhängende,  dünne 
rothe  Kinnlappen,  langen,  mit  schönem  Behang  versehenen  Hals,  federreichen 
Sattelbehang,  hoch  getragenen,  vollen  Schwanz/  kräftige  Schenkel  und  hohe, 
kräftige  Läufe  mit  vier  Zehen.  Das  Gefieder  ist  entweder  tief  und  glänzend 
schwarz  oder  rdn  weise»  Schnabd  und  Fttsse  sind  bei  den  schwarzen  dunkel- 
bldfiubis^  bei  den  weissen  beUfieiachfarben.  Das  Gewicht  des  Hahnes  betragt 
6—9,  der  Henne  5—7  Plund.  Die  M.  gehören  zu  den  empfehlenswerthesten 
VVirthschaflshühnem,  denn  sie  sind  kräftig  und  keineswegs  empfindlich,  liefern 
viele  und  grosse,  60—85  Grm.  wiegende  weisse  Eier,  fangen  zeitig  an  zu  legen, 
liefern  bei  ihrem  kräftigen  Körperbau  auch  einen  guten  Braten,  lassen  sich  ohne 
Schwierigkeit  aufziehen,  und  gedeihen  auch  bei  beschranktem  Raum.  Ausserdem 
bieten  sie  ein  schönes  Material  zur  Kreuzung  mit  unserem  Landhuhn.  DüR. 

lÜDOwa  Kfllltong,  s.  Melewakantonwan.    v.  H. 

Minmno>  Horde  der  Sfldtupi  an  der  Laguna  Mirim  und  der  Lagoa  dos 
PaU»  in  Brasilien,    v.  H. 

Mimias»  Unbedeutender  Indianerstamm  Laplatas  im  siebzehnten  Jahr* 
hundert     v.  H. 

Minungo.  Bewohner  der  glciclinamigen,  armen  Landschaft  in  Inncr-Afrika. 
Die  M.  haben  zwei  Fellchen,  etwas  Glasperlen  und  ein  kleines  Rohr  durch  die 
Nasenwand  als  gan^e  Bekleidung.  Ihre  Haartracht  besteht  aus  stärkeren  und 
ferneren  i  iechtchen,  je  nach  dem  Fleiss  und  der  Liebe,  welche  die  Freundin 
lär  den  theueren  Auserwählten  hat;  diese  Flechtchen  hängen  nach  ägyptischer 
Art  um  den  ganzen  Hinterkopf  und  sind  oben  und  untm,  jede  einzeln,  mit  roüiem 
Oker  beschmiert^  während  unten  noch  ausserdem  ein  verhärteter  Tropfen  hängt; 
Aber  der  Sto  befinden  sich  ebenfalls  eine  dichte  Reihe  dieser  Zöpfchen  mit 
rothen  Tropfen  verziert.  Zum  erhöhten  Schmucke  stecken  sie  sich  die  Borsten 
des  Stachelschweines  ins  Haar,  hinters  Ohr  und  durch  daa  Septum.  Gestalt  und 


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4*6 


MiBjrme  »  Mifuihaa. 


Physiognomie  der    M.   sind  j^ewöhnlich  und  charakterlos,  die  Nasen  meist  cm 
wenig  jüdisch  gebogen,  die  Flügel  der  Nase,  wahrscheinlich  durch  das  Tragen 
der  Holzstäbchcn,  breit  und  aufgeklappt.    Die  M.  sind  gross  und  kräftig,  a.t>er 
grosse  Diebe  und  Räuber,  auch  sehr  streitlustig,  dabei  roh,  hinterlistig  und  firech 
bis  2um  Uebermaass.  Reisenden  i^genUber  benehmen  sich  ihre  FUnten,  »Sobot« 
häufig  in  ihrem  Begebren  sehr  unverschämt   Die  M.  venehren  Fische»  madU 
faule,  Maniok  und  Palmöl.    Aus  Maniok  werden  in  der  Hand  kleine  Kttgeia 
geformt,  diese  sodann  in  Palmöl  getaucht  und  aus  einer  Entfernung  von  einem 
halben  Meter  in  den  weit  geöffneten  Mund  geschleudert.    Die  Leute  haben  darin 
eine  so  grosse  Uebung,  dass  sie  selten  ihr  Ziel  verfehlen.    Die  Häuser  der  M. 
sind  kreisförmig,  mit  feinem  Capim  sehr  dicht  bedeckt,   also  wasserdicht  und 
sehr  sauber  von  Aussen,  desto  schmutziger  von  Innen  und  gar  nicht  ventiiirbar. 
Die  M.  glauben  an  die  Heilkraft  des  vPemba«  und  tLundo«,  der  weissen  und 
rothen  Thonerde,  die  zu  ihrem  Kopfputze  dient.  Bei  jeder  RiaiAhot  nehmen 
sie  das  Medikament,  indem  sie  das  Trinkgefilss  an  der  einen  Seite  mit  Odt,  an 
der  anderen  mit  Thonerde  beschmieren;  steigen  dann  die  Bläschen  auf  der 
Seite  der  Pemba  auf,  so  nimmt  die  Krankheit  einen  guten  Verlauf  anderenfiüls 
wird  sie  hartnäckig.    Das  aus  heimischen  Kräutern  gebraute  Getränk  trinken 
sie  auch  stets  von  der  Pembaseite.    Aus  Pemba  geformte  Kugeln  bringen  Gbirk 
im  Handel,  bei  beabsichtigten  Diebstählen  und  Räubereien,  solche  aus  Luncio 
schüi/.en  gegen  das  Hose,  desshalb  tragen  sie  \  on  lieiden  bei  sich.   Die  M.  beten 
zu  Fetischen,  »Zambic  und  »Hamba«,  die  sie  selbst  aus  Holz  schnitzen;  ersterer 
hat  Kreuzform  und  ist  bisweilen  aus  Kupfer  gegossen  oder  ein  von  Portugiesen 
gekauftes  Kruzifix,  der  andere  ein  roh  geschnitzter  Adler  oder  ein  Ochse  mit 
seinem  Reiter,  oft  auch  nur  ein  alter  Pembatopf.  Gehen  ihre  Gebete  in  Erfüllung, 
so  ist  dies  bloss  dem  Zambi  oder  Hamba  zu  verdanken»    »Kizao«  neimen  sie 
femer  einen  Topf  mit  Wasser  und  sonstigen  Ingredienzen,  und  wenn  sich  jemand 
darin  wäsdit,   freut  sich  der  Hamba;    rKisukulo«  betiteln  sie  einen  Top(  mit 
verschiedenen  Heilmitteln,  die  sie,  wenn  sie  einem  Kranken  geholfen,  fort- 
werfen.    V.  H. 

Minyac,  Völkerschaft  in  der  althellenischcn  Landschaft  Elis.     v.  H. 

MKocSnperiode.  Als  viertältester  Hauptabschnitt  der  organischen  Erd* 
geschichte  ist  das  tertiäre,  cänosoische  oder  cänolithische  Zeitalter  bekannt 
Zu  ihm  gehören  die  eocäne,  roiodine  und  pliocäne  Periode.  In  diese  Perioden 
fiUlt  die  mannigialtigste  Entwicklung  der  höheren  Thiere  und  Pflansen,  nament- 
lich die  Säugethiere  machen  sich  breit,  sodass  man  die  tertiäre  Hanptpeiiode 
gerade"!  nis  das  Zeitalter  der  Säugethiere  bezeichnet  Grbch. 

Miopithecus,  Ts.  Of.offr.  Untergattung  des  Genus  Cercopithecus,  Erxl., 
Meerkatzen,  charakterisirt  durch  den  nur  3  höckerigen  letzten  unteren  Backzahn. 
Hierher  M.  taiapoin,  Is.  Geoffr.,  s.  a.  Cercot)ithecus.  —     v.  Ms. 

Mirafra,  Horsf.,  Untergattung  von  Aiucmon,  Keys,  und  Blas.,  s.  Sand- 
lerchen. RCRW. 

Miranhu.  Zahlreicher  Indianerstamm  Brasiliens,  in  der  Nähe  des  Maddra, 
am  rechten  Ufer  des  Japura.  Die  Iii,  d.  h.  die  Umherschweifenden,  die  Strolche, 

sind  sehr  geftlrchtct,  selbst  unter  den  Indianern,  weil  sie  nichts  als  Krieg,  Raub, 
Mord  und  Menschenjagden  zu  kennen  scheinen.    Nach  Paul  Marcov  hätten 

umgekehrt  die  Portugiesen  friilier  Men'-rhenrnM!^  vfirzugsweise  bei  die^^em  Volke 
getrieben,  weil  dasselbe  eher  zu  bändigen  gewesen  als  die  übrigen  Indianer  und 
desshalb  zur  Sklaverei  besser  geeignet  schien.  Dem  Ackerbau  sind  die  M.  indess 


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Mifditcn. 


4*7 


platterdings  abgeneigt;  sie  machen  Jagd  auf  Vögel,  Schlangen  und  Insekten,  ver- 
sperren mit  Netxen  den  Ausgang  ngend  eines  kleinen  Teiches  und  verschaffen 
sich  dadurch  Fische.   Man  sagt,  dass  die  stets  hungernden  M.  selbst  Baumrinde 

nicht  verschmähen;  auch  sind  sie  bei  allen  anderen  Stämmen  ungemein  verhasst 
und  gelten  mit  Recht  oder  Unrecht  für  unverbesserliche  Menschenfresser.  Ein 
M.  verkauft  willig  und  gern  sein  Kind,  wenn  man  ihm  zwei  oder  drei  Beile 
dafür  giebt,  die  Mutter  giebt  eine  Tochter  für  ein  paar  KUen  Kattun,  ein  Hals- 
band von  Glasperlen  und  etwas  Messingtaud  lort.  Die  M.  sind  ein  kräftiger, 
wohlgebauter,  dunkelfhibiger  Menschenschlag;  sie  gttrten  sich  nur  um  die  Lenden 
mit  einem  Bande,  das  swischen  den  Schenkeln  durchgezogen  wird,  tragen  Holz- 
stäbe in  den  durchbohrten  NasenAttgeln,  spitzen  sich  die  Eckzähne  zu  und 
werden  von  Marhus  unter  den  Amazonashorden  auf  die  niedrigste  Stufe  ver« 
wiesen;  doch  stehen  sie  in  der  allgemeinen  Cultur  ihren  friedlicheren  Nachbarn 
keineswegs  nach,  und  das  weibliche  (ieschlechl  zeichnet  sich  sogar  durch  Fleiss, 
heitere  Gutmiithigkeit  und  treue  Krfiilhing  desiiotisch  auferlegter  Pflichten  aus. 
Auch  üben  sie  ein  verfeinertes  Gewerbe,  dessen  Krzeugnisse,  die  Hängematten, 
in  Brasilien  und  selbst  in  West-Indien  Absatz  finden.  Die  M.  zerfallen  in  mehrere 
Unterabtheilungen;  so  heisst  ein  Stamm  z.  B.  M.  Eretes,  d.  h.  die  wahren  M., 
ein  anderer  M*  Seges,  nach  einem  Zuflüsse  des  Japura.    v.  H. 

Mirditeii  oder  Mirediten,  Stamm  der  Gegen  (s.  d.)  in  den  Tbälem  des 
Petschelei«  und  Kmbagebirges.  Unter  den  albanesischen  Stämmen  und  die  M. 
der  vornehmste  und  an  Zahl  der  mächtigste.  Die  M.  stehen  seit  Beginn  des 
achtzehnten  Jahrhunderts  unter  eigenen  er!)lichen  Fürsten,  eigentlich  bloss 
»Capitäns«  genannt  und  bilden  mit  den  Dukadschincn  nn  l  Mnten  einen  Stämme- 
bund unter  einem  Fürsten  (>Prcnk«),  Dieser  hat  seinen  Sitz  in  Oroscb  und  übt 
im  Verein  mit  der  höheren  GeistMchkeit  und  den  cinflussreichsten  Aeltesten  des 
Landes,  die  Rechte  eines  Souveräns  aus  und  iumdhabt  als  solcher  die  Regierung. 
Unter  ihm  stehen  die  mit  patriarchalischen  Machtvollkommenheiten  auqiestatleten 
Häuptlioge  der  Stämme  Der  Capitän  ist  Kriegsflihrer,  Richter  und  Kirchenoberer 
in  einer  Person  und  geniesst  kindlichen  Gehorsam.  Seine  Wttrde  ist  erblich. 
Desgleichen  diejenige  der  unter  ihm  an  der  Spitze  jedes  »Baijak«  stehenden 
»Baijaktarc  (wörtlich  Fahnenträger),  welcher  eine  Anzahl  »Wojewoden«  zur  Seite 
hat,  von  denen  je  drei  als  erbliche  Gemcindcräthe  an  der  Spit/e  der  ein/einen 
Gemeinden  stehen.  Die  gleichfalls  erblichen  »Wojewoden«  bilden  den  Rath  der 
s Aeltesten«  (»Plecenia  ),  können  jedoch  nicht  über  Sachen  von  allgemeiner 
Wichtigkeit  entscheiden,  dazu  muss  eine  Volksversammlung  einberufen  werden. 
Das  eigentliche  Miredita,  ans  fllnf  iBarjak«  oder  Bezirken  bestehend,  ist  aus- 
scbliesdich  von  KadioBken  bewohnt,  indem  bisher  keine  Ren^aten  dort  ge- 
duldet wurden.  In  den  drei  neuen  Barjak  wohnen  hingegen  Muhammedaner 
und  Katholiken  friedfich  neben  einander.  Als  Nationaltracht  tiägl  der  Mann 
eine  weisse  SchaffellmUtze  vom  Schnitt  des  Fes  oder  bulgarischen  Kaipaks;  seme 
FUsse  sind  mit  Topanken  bekleidet;  weisse  leinene  Unterhosen  und  ein  langer, 
weisser  Tuch-  oder  Flanellrock,  nach  Ar^  des  montenegrinischen  »Gunj ^  ge- 
schnitten, aber  nicht  so  faltenreich,  bilden  seine  weitere  Bekleidunt^.  Auf  der 
Brust  offen  und  mit  schwarzen  Schnüren  aufgeputzt,  reicht  der  Rock  bis  unter 
die  Knie  und  wird  um  die  Mitte  durch  einen  rothen  oder  bunten  Gürtel  zu- 
sammengehalten, in  dem  sich  das  Leder  befindet^  das  die  Pistolen,  Pfttfe  und 
sonstige  Geiäthe  enthält.  Im  Winter  tragen  die  M.  unter  diesem  Rock  noch 
einen  »Dscfaaroadan«  von  grauem,  selten  rothem  Tuch  und  mit  schwaixer  £in> 


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4»« 


MtrcHtcn. 


fas'^iing.    Die  \\'afTen  Ncstehcn  allgemein  in  der  langen  albanesischen  Flinte  und 
ribtolen,  mitunter  prächtig  geschmückt.   Hieb-  und  Stichwaffen  sind  selten.  Das 
Kostüm  der  Frauen  setzt  sich  aus  einem  weisslichen  Unterrock  zusammen,  der 
die  leinenen  Unterhosen  bedeckt^  statt  deren  die  Reicheren  auch  seidene,  tflildsc^ 
Pumphosen  tragen.   Darflber  kommt  ein  Hemd  oder  ein  langer  Aermelrock,  der 
bn  Uber  die  Knie  reicht  und  auf  der  Brust  geschlossen  ist  Eine  bunte  Schftrpe 
hält  ihn  um  die  Taille  zusammen.    Dann  kommt  eine  Jacke,  vorne  offen  und 
am  Rande  wie  an  den  Aermeln  schwarz  gestickt,  bis  an  die  Knie  herabgehend 
und  unten  breiter,  daher  einige  Falten  machend.   Bisweilen  wird  von  den  Frauen 
auch  der  Husen  dnrcli  ein    viereckiges  Tabakschnupferäacktuch   verhüllt.  Die 
Haare  werden   otTcn  und   lanp  getragen.     Der  Kopf  ist  mit  einem  schwarzen 
Tuche  bedeckt,  die  Füsse  stecken  in   Topankcn  oder  Babuschen.    Als  Richt- 
schnur im  socialen  Leben  gelten  die  über  400  Jahre  alten  »Kannni  Lek  Duk«' 
dzini«,  und  jede  Verletzung  dies^  Gesetze  wird  durch  Viehbeschlagnahme  be> 
straft.   Auch  zur  Vergütung  von  benutzten  Grundstücken  und  Gegenständen  «iid 
Vieh  gegeben,  dessen  Besitzstand  die  M.  durch  fleissiges  Stehlen  zu  vergrössem 
suchen.    Diebstahl  ausserhalb  des  eigenen  Gebietes  ist  straflos,  sonst  zieht  er 
ausser  der  Rtickgabe  des  Gestohlenen  noch  eine  Strafe  nach  sich;  dessgleichen 
Verläumdiinf;.    Bei  todeswdrdigen  Verbrec  hen  wird  der  M.  von  den  Wojewnden 
abgeurthcilt  nnil  das  l'rthcil  von  seinen^  Harjak  vollstreckt.    Das  Vermögen  des 
Hingerichteten  wird  kontiscirt  und  zur  Hallte  zwischen  dem  Capitän,  den  Bar- 
jaktars  und  den  Wojcwodcn  getheilt    Mord  gehört  jedoch  nicht  zu  diesen  Ver- 
brechen, sondern  llUlt  der  Blutrache  anheim.    Gewöhnliche  Processe  kommen 
vor  an  Schiedsgericht  zur  Entscheidung,  dessen  Ausspruch  bindend  ist  Die 
Wojewoden  haben  keine  richterliche  Gewalt.  Streitigkeiten  innerhalb  einer  Familie 
finden  durch  den  Familicnrath  gewöhnlich  ihre  Lösung.    Die  M.  kennen  keinen 
Wucher,  ja  nicht  einmal  Darlehens-  oder  Pfandgeschäfte.  Jeder  M.  besitzt  sein  eigenes 
Grundstück.   I>Ie  M.  leben  durchgehends  von  der  Viehzucht  und  der  Bodenrulfur. 
Fleisch  wird  trotzdem  wenig  genossen,  meist  Reis,  Käse,  Milch  und  Brot.  Sonder- 
barcrwei.se  isst  man  im  Sommer  dreimal,  im  Winter  bloss  zweimal  des  Tages,  u.  zw. 
um  10  Uhr  Vormittags  und  um  5  oder  6  Uhr  Abende,  letztere  Maizeit  stets  warm. 
Mit  Arbeit  geben  sich  die  M.  wenig  ab,  da  sie  es  vordehen,  das  Mangelnde  an 
stehlen.  Diener  beanspruchen  völlige  Gleichstellung  mit  den  Kindern  des  Hausen 
speisen  auch  mit  den  männlichen  Familienmitglialem  an  einem  TSscb,  wKhiend 
die  Frauen  aufwarten  und  erst  dann  zusammenspeisen.    Die  Familien,  deren 
einzelne  sehr  stark,  bis  zu  200  Köpfen  stark  sind,  leben  unter  sich  ziHidich  ab* 
geschlossen.    Alle  Mitglieder  erkennen  stets  den  Aeltesten  als  ihr  gemeinsames 
Oberhaupt  an;   er  behalt   das  ganze  Vcrmnpen   und  alle  seine  Gewalt  bis  zu 
seinem  Tcjde.     Selten  trennen  sich  die  Bruder  nach  dem  Tode  des  Vaters. 
Bloss  wenn  ein  Sohn  Geistlicher  wird,  tritt  er  aus  dem  Familienverbande.  Die 
Häuser  sind  aus  Holz  oder  Stein  gebaut,  bloss  die  Aerrosten  wohnen  in  Stroh- 
htttten.    Die  Häuser  enthalten  meistens  nur  eine  oder  zwei  Stäben  ohne 
Mobiliar.   Als  Betten  dienen  Matten,  Kissen  und  StrohsSdce,  als  Tbcb  ein  Stein 
oder  eine  Truhe,  als  Herd  ebenfalls  ein  Stein.  Der  Rauch  zidit  hinaus,  wo  er 
kann.    Die  Ehen  werden  auf  Befehl  des  Vaters  geschlossen,  wenn  der  Soiba 
das  18.  Lebensjahr  erreicht  hat.    Hat  der  Vater  ihm  eine  passende  Biaut  ge- 
funden, so  setr,t  er  sich  mit  deren  Vater  über  die  Kaufstimme  ins  Einvernehmen. 
Kein  Nichtmirdit  dar:  cmc  Mirditin  hcirathen.   Ferner  gilt  Stammesgemeinschaft, 
dann  Verwandtschaft  als  Ebehindemiss.   Die  Begriffe  der  Verwandtschalt  gehen 

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Miriki  —  Miris. 


439 


aber  so  wdt^'dass  ganze  Bar)ak  nicht  unter  sich  heinthen  dürfen,  sondern  die 
Weiber  aus  den  anderen  Barjak  beziehen  müssen.  Eine  cigenthümliclic  Sitte 
verlangte  bis  in  die  neueste  Zeit,  dass  die  Häuptlinge  ihre  P'rauen  aus  vor- 
nehmen türkischen  Famihen  raubten  und  gewaltsam  tauften.  Die  lieiiathen 
finden  stets  am  Tage  des  Schutzpatrons  des  betreffenden  Barjak  statt.  Obschon 
die  M.'Weiber  keinen  Schleier  tragen,  finden  es  doch  die  beiderseitigen  Eltern 
aelten  der  Mtthe  weitfa,  die  Verlobten  einander  schon  frilher  zu  zeigen.  Sie  sehen 
sich  gewöhnlich  erst  bei  der  Trauung.  Ehedem  wurden  die  Ehen  häu6g  erst 
nach  der  Geburt  des  ersten  Kindes  kirddidi  eingesegnet»  doch  hat  die  Kirche 
tUese  Sitte  zum  Verschwinden  gebracht  Untreue  kommt  selten  vor;  wenn  ja, 
dann  ist  es  dem  Manne  gestattet,  Frau  und  Verführer  zu  tödten,  ohne  dass  des- 
halb Blutrache  eintreten  darf.  Das  Verfuhren  eines  Mädchens  mrä  aber  als 
das  grösste  Verbrcclien  betrachtet  und  verfällt  unnachsichtlich  der  Blutrache. 
Auch  das  Mädchen  wird  vom  Vater  oder  den  Brüdern  umgebracht.  Die  Em- 
pfindlichkeit der  M.  geht  so  weit,  dass  sie  ein  Mädchen  schon  als  entehrt  be- 
trachten, wem  es  nut  ehiem  fremden,  jungen  lAanne  aa^  bloss  iK>ch  so  harm- 
los plaudern  sollte.  So  wenig  wie  ein  solches  Mädchen  findet  auch  eine  Wittwe 
einen  Mann.  Dagegen  haben  die  Mädchen  ein  Bfittelj  wenn  sie  der  Ehe  mit 
einem  Verhassten  entgehen  wollen,  ohne  Blutrache  gegen  ihre  Familie  heraufzu- 
beschwören. Sie  werden  dann  »Männer«.  In  diesem  Falle  bringt  der  Pfarrer 
nach  der  Messe  zur  öffentlichen  Kenntniss,  dass  Jungfrau  N.  N.  den  männlichen 
Namen  X.  X.  annehmen  und  daher  künftig  als  »Mann«  zu  betrachten  sei,  Sie 
kleidet  sich  dann  in  männliche  Gewänder,  nimmt  die  Wafien  ihrer  V'erwandten 
und  streift  als  »Mann«  umher.  Nur  muss  sich  dieser  neue  Mann  in  Acht  nehmen, 
bei  seinen  Herunistreifereien  nicht  —  schwanger  zu  werden,  denn  dies  hätte 
seinen  Tod  zur  Folge.  Die  M.  kommen  an  Tapferkeit  und  Kühnheit  den  Mal- 
jsoren  ^eich,  flbertiete  sie  aber  an  Diebssinn.  Sie  sind  der  kaüiolischen  Re- 
ligion sehr  ergeben,  aber  nur  äusserBch.  Von  der  Mond  deiselben  haben  sie 
keine  Idee,  dagegen  beobachten  sie  streng  die  leeren  Aeusserlichkeiten.  Auf- 
fallmderweise  besitzen  sie  manche  Ceremonien  der  griechischen  Kirche;  kommu- 
nizieren mit  Brot  und  Wein,  haben  in  mehreren  Kirchen  das  Doppclkreuz  und 
sogar  byzantiniscVic  r>il(1er  Die  Erbfolge  geht  nach  dem  Verwandtschaftsgrade; 
Frauen  sind  dabei  ausge^clilussen  und  haV>en  bloss  auf  Unterhalt  Anspruch.     v.  H. 

Miriki,  brasilianische  Affenart  zur  Gattung  der  Klammeraffen  (Aieies,  Geoffr., 
s.  d.)  bezw«  zum  Subgenus  &ri$As  gehörig.  Letzteres  umfasst  Formen  mit 
sdimalem  Nasenseptum,  weichem  Pelze,  glcichgrossen  Schneidesähnen,  ohne 
Haaricamm  am  Kopfe,  mit  relativ  kleiner  behaarter  OUtrU,  Der  M.  (Aide*  hyp^' 
aumtkitt,  Kühl)  erreicht  dne  Totallänge  von  140  Centiro.,  80  Centim.  entfollen 
auf  den  Schwanz.  Der  Pelz  ist  weich,  kurz,  wollig,  graulichgelb,  das  Gesicht  in 
der  Mitte  fleischfarbig,  am  Umfang  grau.  Die  Vorderhände  tragen  einen  bis- 
weilen mit  Nagel  versehenen  Daumen.  —  Die  Art  findet  sich  von  Bahia  süd- 
wärts vor.     V.  Ms. 

Minkina,  NycHpithecus  trivirgatus,  Grav,  südamenkanische  Aflfenart  der 
Fam.  Maiyrrhini,  Geoffr.,  bez.  der  WACNiü<' sehen  Unterfaniilie  Aneturae. 
Näheres  s.  Nyctipidiecus.    v.  Ms. 

Iliris.  räde  Völkerschaft  in  Assam,  leben  sowohl  in  den  Ebenen  als  in  den 
Bergen;  letztere  Abtheilung  bezeichnet  man  als  Beig-M.  Die  M.  in  den  Ebenen 
sind  Abkömmlinge  der  Abor,  führen  ein  Nomadenleben  und  wohnen  in  Häusern, 
die  auf  Pfählen  meistens  in  gerader  Reihe  am  un^heren  Ufer  des  Brahmaputra, 


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430 


ITirii. 


ohne  Garten  und  Umzäunung  errichtet  sind.    Sie  bebauen  die  vom  Flusse  über- 
schwemmten AUuvialstreckcn  mii.  Reistcldern,  die  mehr  landeinwarli  liegen,  clicii- 
so  ihre  gänzlich  unbewachten  Vorrathshäuser.    Sie  kamen  aus  dem  Diiiuugthal 
uiul  tienen  tich  in  dem  jetzt  von  den  Aber  betetsten  Lande  nieder.  Die*  leuteien 
vertiieben  sie  daraus  und  drängten  sie  nach  Süden  in  die  Ebenen.  Einige  ihicr 
Stämme  kleiden  sieb  nach  der  Weise  der  Abor,  andere  haben  die  assamcsische 
Tracht  angenommen.   Ihre  Farbe  ist  das  Gelb  der  Mongolen,  sie  sind  robust 
gebaut,  aber  schleppend  in  ihren  Bewegungen.    Nach  Woodthorps  wären  sie 
von  mittlerer  Grösse,  zarter  Gesiclitsfarbe,  die  bei  jüngeren  Männern  und  Frauen 
oft  mit  rosigen  Wangen  verbunden  ist,  ohne  dass  man  sie  schön  nennen  könnte, 
denn  ihre  (iesicliter  haben  das  mongolische  (iepräge,  sind  glatt,  mit  hervorstelien- 
den  Jiackenknociien,  schielen   und   weit  von  einander  stehenden  Augen.  Die 
Männer  sind  mit  einem  langen  geraden  >Dao«,  der  bisweilen  mehr  denn  1  Meter 
lang  ist,  einem  schmalen  Messer,  einem  Bogen  und  Pfeilen  aus  einer  giftigen 
Bambuart,  die  nördUch  vom  Kamla-Flusse  hausenden  mit  langoi  Speeren  be* 
wafiheL   Die  Kleidung  der  Männer  besieht  aus  einem  groben  Tuch,  kreuaweiae 
über  die  Schultern  gebunden  und  bis  unter  die  Hüfte  herabhängend;  ein  anderes 
schmales  Tuch  ist  um  den  Leib  und  zwischen  die  Schenkel  geschlungen.  Eine 
Kaputze  von  den  schwarzen,  haarigen  Fasern  eines  Palmbaumes  dient  als  Mantel 
und  Fouratjesarkdetke.     Die  MMnner  binden  das  Haar  auf  der  Stirn  in  einen 
Knoten  zusammen  und  legen  ein  Band  von  Kupfer  oder  Messingplatten  um  den 
Kopf.  Häuptlinge  tragen  weingiasförmige  Silberohrgehänge  und  eine  iiambukappe, 
mit  einem  Stttck  T^eifell  derart  bededtt,  dass  der  Schwans  hinten  honbhäz^ 
Die  Frauen  verwenden  auf  ihre  Kleidung  besondere  Sorgfalt.  Sie  tragen  einen 
engen  kursen  Unterrock  mit  ledernem  Gttrtd  an  den  Lenden  und  mit  Metall- 
knöpfen verziert,  und  bisweilen  ein  Tuch  diagonal  ttber  die  Brust  geschlungen. 
Bei  der  Feldarbeit  wird  der  Rock  manchmal  abgelegt  und  dann  begnügen  sie 
sich  mit  einer  langen  Grasfranse   um  drc  Taille.    Sonst  schnürt  ein  Band  von 
getlochtcnem  Rohr  den  Oberkörper  zusammen  und  ein  davon  herabhängendes 
Stück  Zeug  bedeckt  die  Brüste.    Bei  festlichen  Anlässen  werfen  sie  ein  grosses 
Tuch  von  assamesischer  Seide  um  die  Schultern.    Ihre  Hals-  und  Armspangen 
sind  aus  Silber  oder  Kupfer,  die  Fussknöchel  mit  einfachem  Rohr-  oder  Bambu- 
geflecht  geschmückt  Eine  Menge  Sdtnüre  von  Porcellan,  Achat,  Onyx,  Glasperlen 
und  complidrte  Ohxgdb&ige  vollenden  den  Schmuck  der  Damen.  Jenseits  des 
Sen-FlusseB  sind  aber  die  Männer  vollständig  nackt  und  die  Weiber  haben  sdten 
etwas  mehr  an  als  Rohrringe  um  den  Leib.  Diese  nackten  Leute  werden  zwar  von 
denn  M.  Abor  genannt^  sind  aber  nichts  anderes  als  ein  Stamm  der  M.  selbst  Die 
Dörfer  der  M.  sind  klein,  und  zählen  höchstens  iS — 19,  meist  aber  nur  8 — 9  Häuser. 
Die  M.  zeigen  ihren  Reichthum  so  wenig  als  möglich.  Die  Vorrathshäuser  sind 
an  entlegenen  Stellen  errichtet,  und  ihre  Kostbarkeiten,  grosse  Metallschüsseln 
und  Töpfe  sowie  ubctanische  Glocken,  vergraben  sie.    Die  M.  treiben  Handel  mit 
den  Thalvtflkem  und  jagen.  Tigerfleisch  gilt  ihnen  als  besonders  gute  Speise  für 
die  Männer,  nicht  aber  filr  die  Frauen,  welche  es  xu  muthig  und  adlMtbewusst 
machen  wttrde.  Polygamie  ist  allgemehie  Sitte.   Nach  dem  Tode  des  Vaters 
gehen  die  Frauen  auf  den  Erben  ttber  mit  Ausnahme  von  dessen  Mutter.  Bei 
der  Wahl  der  Frauen  sidit  man  mdir  auf  die  Stellung  der  Familie  als  auf  äussere 
Schönheit,  obwohl  man  auch  diese  zu  schätzen  weiss.    In  den  ärmeren  Klassen 
kommen  FSlIe  von  Polyandrie  vor.    Die  Frauen  sind  trei:  und  fleissif^,  besorgen 
allein  die  Feldarbeit  und  tragen  auf  den  Handelsausflügen  die  wuchtigen  Waaren> 


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43t 


lasten.  Die  M.  ver«;tehen  kein  Handwerk  ausser  der  Rohrflechterei.  Müssen  sie 
Flüsse  passiren,  so  binden  sie  ein  Bambufloss  zusammen,  setzen  über,  lassen  das 
Floss  schwimmen  und  machen  am  nächsten  Flusse  ein  neues.  Ilue  religiösen 
Gebräuche  beschränken  sich  auf  das  Tödten  der  Thiere  zu  Ehren  der  Waldgeister 
und  auf  das  Weissagen  aus  Vogeleingeweiden  nach  Anrufung  dieser  Götter.  Sic 
glauben  an  ein  Leben  nach  dem  Tode  und  kennen  einen  Got^  der  über  die 
Seelen  der  Abg eccbiedenen  hemcht  Darum  rüsten  sie  ihre  Todten  beim  Be- 
gräbnisse so  aus»  als  wenn  sie  eine  lange  Reise  vorhütten.  Sie  haben  allgemein 
die  hinduisirten  Ideen  der  Assamesen  angenommen,  halten  aber  fest  an  ihrer 
Lebensweise,  d.  h.  sie  essen  Schweine,  Hühner,  Rindfleisch,  trinken  Branntwein 
und  Bier  und  wissen  nichts  von  Kastenobservan/  bei  Bercitnnor  der  Nahrung. 
Die  assamesischen  Feste  werden  auch  von  ihnen  gehaiien;  sie  selbst  haben  auch 
ein  Fest,  das  aber  wenig  bekannt  ist.  Zu  einer  bestimmten  Zeit  des  Jahres  ver« 
sammeln  sich  die  unverheiraUictcn  Jünglinge  und  Mädciien  auf  einige  l  äge  in 
einem  besonderen  Hause,  und  die  sich  während  dieser  Zeit  gegenseitig  gefallen, 
verheiraten  nch.  Mit  Assamesen  findra  auch  fortwährend  Mischheiradien  statt* 
dem  %amme  ist  viel  fremdes  Blut  beigemischt  und  auch  in  seine  Sprache  sind 
viel  assamesische  Wörter  übergegangen.  Unter  sich  nennt  dch  jeder  Stamm  mit 
anderen  Namen;  bekannter  sind  die  Bezeichnungen  Anka,  Tenae,  Sarak,  Ghi- 
ghasi,  Panibotia,  Tarbatia.  Die  Berg*M.  leben  in  kleinen  Dorftchaften  unter  erb- 
lichen ITniiptÜnRcn      v.  H, 

Miru.  Staiuni  der  Katschin  (s.  d.)  im  Fatkoigebirge  und  in  den  Bergen 
östlich  zwischen  Hukung  und  Irawaddy.  Sie  tragen  chinesische  Ornamente  und 
bringen  chinesische  Waaren  zum  Verkaufe  nach  Hukung;  sie  benutzen  irdene  Ge- 
fitase,  kupferne  Kocbgescbirre^  schmiedeeiserne  Pflugschaaien,  gusseiseme  Pfannen, 
alles  unsweiftlliaft  chinesisches  Fabrikat  Als  Zahlungsmittel  dienen  bei  grösseren 
Geschüften  Silbezklumpen  im  Gewicht  von  etwa  250  Grm.»  die  nöthigenfalls  ent- 
sprediend  verkleinert  werden.     v.  H. 

Mischmi  oder  Mischimi,  eines  der  wilden  Beigvölker  in  Assam,  im  oberen 
Thelle  des  Rrahmaputrathales,  Östlich  vom  Digaru,  nordlich  bis  Tibet,  Östlich  bis 
Yunnan,  und  südlich  hinab  bis  zum  Irawaddy  hausend.  Die  M.  sind  äusserst 
eifersüchtig  auf  ihre  Selbständigkeit  und  gestatten  nicht  einmal  ihren  Nachbarn 
das  Reisen  durch  ihr  Gebiet.  Die  Handelschafl  bildet  Air  die  ganze  Nation  den 
Haupterwerb.  Ihr  Reichtfaum  besteht  weniger  in  Bodenprodukten  als  in  Vieh- 
heerden,  besonders  des  piflchtigen  Bergochsen  (Bos  frfitUÖHs),  der  auch  als  Kauf- 
pcms  Ar  die  Frauen  betahlt  wird.  Femer  handeln  »e  mit  der  giftigen  Wunel 
des  MmUim  ftnx^  veSx  der  Co^  um  und  mit  Moschus.  Endlich  bringen  de 
Geschirr  und  Wollsachen  zum  Verkauf.  Uebrigens  ist  Alles»  was  ein  M.  um  und 
an  sich  hat,  verkäuflich.  Die  Dörfer  der  M.  haben  nur  wenige,  aber  selir  ge- 
räumige Häuser.  Manche  sind  bis  42  Meter  Inng,  von  Bambu  hor]i  über  dem 
Fussboden  erbaut  und  oft  in  zwanzig  und  mehr  Räume  getheilt,  welche  durch  eine 
•Passage  getrennt  sind,  auf  deren  einer  Seite  die  Schädel  der  auf  der  Jagd  erlegten 
Thiere  angebracht  sind,  auf  der  andern  Seite  hängen  die  Hausgeräthe.  Wahr- 
seichen  aller  M.-Fratten  ist  ein  breites  Stirnband  aus  Metall,  an  den  Enden- schmal, 
in  der  Ifitfee  brdt  Um  die  Lenden  trlg(  die  M.  mindestens  dnen  bis  sum  halben 
Schenkel  reichenden  Schurs  aus  Rinde  oder  Basigewebe,  mebt  ist  auch  die  Brust 
bedeckt,  der  gut  entwickelte  Unterschenkel  aber  immer  nackt.  Anzug  der  Männer 
ist:  ein  Zeugstreilen  um  die  Hüften *und  zwischen  die  Schenkel  gelegt,  ein  Rock 
ohne  Aermel,  bis  zum  Knie  reichend,  zwei  Beutel  mit  Pels  verbrämt  an  einem 


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43« 


MiS£Uiiiut  Mitm. 


ledernen  Schultergurt  befestigt  und  mit  MessingpUtten  veraert,  ein  Fouragesack 
auf  dem  Rücken  mit  einem  Kiihschwanz  behängen,  ein  langes  H!>eli«;rbes  Schwert, 
mehrere  Messer,  Dolche  und  ein  handlicher  kleiner  Speer.  Eine  Pelzkappe  oder 
ein  getiochtencr  Helm  bedecken  den  Kopf.  Bogen  und  Pfeil  fangen  sie  an  durch 
Schiessgewehre  zu  ersetzen.  Alles  raucht  und  schon  in  IruhesLer  Jugend  haben 
sie  ihre  Piesfen.  In  ihren  religiösen  Vorstellungen  haben  tie  votn  tibettschoi 
Buddhismus  Götter  angenommen,  und  den  dbetiscben  Lama  x^en  de  nch  unter' 
wttrfig  als  geistliche  wie  weldiche  Obere.  Im  übrigen  beschiinkt  sich  ihre  Religion 
auf  Dämonendienst  Sie  verehren  »Mujidagrahc  als  den  Gott  der  Zerstömng, 
»Damipaonc  als  den  Gott  der  Jagd  und  der  Weisheit,  »Tablac  als  den  Gott  des 
Reichthums  und  der  Krankheit.  Wenn  sie  von  letzterer  oder  einem  andern  Un- 
glück betroffen  werden,  so  stecken  sie  einen  Zweig  vor  die  Hausthür,  um  anzu>  ' 
/.eigen,  dass  das  Haus  zur  Zeit  »Tabu«  ist.  Sie  iiabcii  nur  wenige  Priester.  Die 
M.  sind  eine  kraftige,  untersetzte  Race  von  ziemlich  heller  Hautfarbe,  bei  der  der 
mongolische  lypus  etwas  zurticktritt  und  oft  regelmässige,  beinahe  arische  Züge 
mit  höher  gebauter  Nase  und  längeren  Nasenlöchern  als  sonst  bei  den  LsdodiiaeseB 
d^r  Fall  erscheinen  Iflsst  Die  M.  thetlen  sich  in  mehrere  Sippen;  die  bekanntesten 
davon  sind:  die  Tain  und  die  Maro  im  Süden  des  Brahmaputra,  östlicher  davon 
die  Misha,  welche  wahrscheinlich  mit  den  Miao>tse  (s.  d.)  in  Yttnnan  verwandt 
sind.  Die  Engländer  haben  Volksschulen  unter  den  M.  gegründet  was  recht  nöthig 
erscheint,  um  ihnen  bessere  AroraIl)egriflre  beizubringen;  denn  ein  M.  ist  z.  B.  nicht 
davon  zu  ilticrzcugen,  dass  er  etwas  Unrechtes  gethan,  wenn  er  sich  eines  fiir  ihn 
unnützen  Menschen  durch  TodscWag  endedigt.     v.  H. 

Misgurnus,  Lac  i  i  feDE,  Untergattung  von  Cobitis  (s.  d.).  Ks. 

Misimianer.  Eine  in  der  Nähe  des  Kaukasus  wohnende  Völkerschaft,  welche 
von  den  Byzantinern  bekriegt  wurde,     v.  H. 

MQsldtos»  s.  Mosquito.     v.  H. 

nßsainslg.  Algonkinindianer  am  Nordostende  des  Ontariosees,  verwandt  mit 
den  Odschibwä  (s.  d.)-    v.  H. 

BAissiasaguaa*  Kanadische  Indianer  in  Ontario;  die  M.,  im  Ganzen  noch 
etwas  über  500  Personen,  .sind  am  Rice-  und  Mud-See  wohlhabend  und  ziemlich 
civilisirt,  diejenigen  von  Alewick  etwas  zurückgeblieben  und  die  wenigen  bei 
Scugog  in  elendem  Zustande.     v.  H. 

Missouri.  Indianerstauim  in  Nebraska,  verwandt  mit  den  Dakota  (s.  d.), 
selu  vei  ringe rt,  taugen  aber  an  sich  dem  Ackerbau  zu  widmen.     v.  H. 

Missouris!.  Zweig  der  Missouri,  von  welchen  sie  abfielen»  um  sich  mit  den 
Diu  zu  verbünden,    v.  H. 

Misteken,  s.  Mixteken.    v.  H. 

Mistddrossel,  Turdus  viscivorus,      s.  Turdidae.  Rchw. 
Mistkäfer,  s.  Coprophaga.     E.  To. 

Mitandues  oder  iMituandue,  d.  i.  Kinder,  Indianerhorde  Brasiliens,  welche 

sich  sprachlich  als  Tupi  (s.  d.)  zu  erkennen  giebt     v.  H.  •  * 

Mitcn.    Stamm  der  Usbeken  (s.  d.).     v.  H. 

Mitra  (iin  spätem  I^tein  BischofsuiüLzc),  Lamarck  1799»  Meerschnecke  aus 
der  Abtheiiung  der  Fectinibranchia  rkachiglossa^  Schale  KhnUch  derjenigen  von 
Valuta,  aber  länglich  bis  gethürm^  die  Colnmellarfalten  von  oben  nach  unten  an 
Städte  abnehmend,  in  der  R^el  4,  zuweilen  mehr;  Mündung  Ittnglich,  unten 
deutlich  ausgeschnitten,  Aussenrand  nicht  verdickt  Kein  Deckel.  Ein  lang  yvt- 
stulpbarer  Rüssel,  bei  einigen  Arten  fast  so  lang  wie  die  Schale,  womit  sie  empfind« 

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HhnrUi  —  MHtdlKiiditdie  Race. 


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lieh  verletzen  können;  Reibpiatte  mit  3  mehrspitzigen  Zähnen  in  jeder  Querreihe, 
der  mittlere  kurz,  die  seitlichen  in  die  Quere  sehr  verlängert.  Zahlreiche  Arten 
in  den  wärmeren  Meeren,  die  grössten  und  schonbtcn  im  indischen  Ocean,  so  die 
beiden  typischen:  M.  episcopalis,  L.,  die  Bischofsmütze,  glatt,  langgezogen,  weiss 
mit  rothen  Flocken,  10  Centim.  lang,  und  die  ähnliche  M.  papalis,  L.,  P  a p  s  tk r o n * 
oberer  Rand  jeder  Windung  gezsck^  daher  wie  raebrere  Kronen  Uber  einander  aus- 
sehend. Im  Iiifittdmeer  lebt  auch  eine  grosse  Art,  M,  MMota,  6  Centim.  hmg,  glatl^ 
dunkelbraun,  nach  unten  schwärzlich,  äusserst  selten  an  der  sUdfranzösischen  Küste» 
häufig  sind  die  kleineren  (12 — 20  Millim.)  braunen  oder  schwarzen  M.  ebenus,  Lam., 
(plicaiula,  Brocchi),  alle  oder  wenigstens  die  oberen  Windungen  längsgefaltet,  meist 
mit  einem  weissen  Band,  und  M.  cornictäum,  Gmf?  in,  (lutescens,  Lam.),  ganz  glatt, 
auf  Felsengrund  und  an  Algen.  In  der  Nordsee  fehlt  M.  gänzlich,  aber  in 
Grönland  ändet  sich  noch  eine  der  letztgenannten  ähnliche  kleine  Art  Neben 
«fiesen  ilditen  M.  stehen  mehrere  Gruppen,  die  in  der  Schale  weienlliGh  Uber- 
einstimmen,  aber  in  der  Reibplatte  sehr  versdueden  sind,  so  TkrrkiUß,  Klsik, 
Schale  meist  veitical  ge&ltet  oder  gegittert^  mit  Spiralen  Leisten  im  lianem  der 
Mündung  hinter  dem  Ausbcnr  uid,  hieiher  z.  B.  die  fucbsrothe  oder  gdblidie 
valpetula,  L.,  und  Strigatella,  SwAiNSEN,  glatt  mit  etwas  verdicktem  Aussenran^ 
(paupercula,  L.),  Itcidc  im  indischen  Ocean  und  beide  mit  breitem  vielspitzigem 
Mittelzahn  und  je  einem  einfachen,  schwach  hakenförmig  gebogenen  Seitcnzalm. 
Monographie  der  lebenden  M-Arten,  ein:>i  1  ilicssUch  der  eben  genannten  bei 
Rtt-VE  conchoiü^ui  icomca,  Band  iL  1045,  334  Arten.  Fossil  kommt  M.  ziemlich 
faäu^  in  den  TeitÜibildnngen  und  der  oberen  Kreide  vcv;  die  iltesien  aus  der 
mittleren  und  oberen  Kitide  gehören  su  TitrrUnUt  und  S/riguUB».    R  v.  Iii 

Mllraria,  Joh.  Müli.br  (Ut  Mtttienthier).  Ein  noch  rSthsdhaftes,  von 
Johannes  Mülle»  aus  der  Nordsee  (Helgoland)  beschriebmes  Wesen,  wahrschein* 
lieh  sur  Entwicklung  eines  Wurms  g^hdrig.  Ehlirs  denkt  an  die  Gattung 
Chrysopetahim^  eine  Nereide.  \Vd. 

Mitrocoma,  Hackel  1884.    Gattung  der  Lepiomedusae,  Fnmilie  Etuopidoi, 
Subf.  Phialintu.    Ebendahin  MitroromelU,  Hackel  und  MUroconUum^  H.  Pr., 

Mitschi.    Negerstamm  des  Nigirdcltas.     v.  H. 

Ifitkelamerikaner.  Beseichnung  lediglich  geographischer  Natur,  aber  ohne 
allen  edmologischen  Inhalt.  Die  modernen  Bewohner  Mittel'Amerika's  verhalten 
sich  nicht  wesentlich  anders  als  ihre  Nachbarn  im  Norden  und  Sttden,  die  ein- 
geborenen Indianer  aber  zerfallen  in  zahlreiche  Stimme,  die  awar  aum  Theü  unter 
sich  einzelne  Gruppen  bilden  (wenigstens  liqgustischX  tonst  aber  ab  Ganses  durch- 
aus keine  Einheit  darstellen.     v,  H. 

Mittelblatt  =  Mesoderm,  Mesoblast,  s.  Kcim!)lätter.  Grbch. 

Mitteldarm  =  Dünndarm  (s.  d.  und  Verdauungsorgane-Entwicklung),   v.  Ms. 

Mittelfleisch,  Dammregion  =  Ptrinacum,  s.  Damm.     v.  Ms. 

MittelfusB,  -hand,  s.  Mdatarus^  Mttacttrpm  und  Skeletentwicklung.  Grbch. 

IBlIeiblnit  s.  Gehurn  und  Nervensjwtem-Entwicklung.    v.  Ms. 

i«*4^«<*ii^n— So  nennt  man  jene  Periode  der  hochdeutschen  Sprache, 
welche  den  Zeitraum  vom  zwölften  Jahrhundert  bis  sur  Reföimalion  umfassfr.   v*  H. 

Mittelkrebse  =  Anamura,  (s.  d.).  Ks. 

Mittelländische  Race.  Darunter  begreift  man  jene  Menschenvarietäl,  welche 
Bi-UMENBACH  als  die  »kaukasische«  bezeichnete.  Der  jetzige  Name  ward  von 
Friedrich  Müller  vorgeschlagen  und  von  Hackel,  Peschel  und  anderen  Forschern 
desshalb  angenommen,  weil  die  hervorragendsten  Völker  dieser  Gruppe  um  das 

ZooL.  AaUiropol,  u.  Ethnologie.  Bd.  V. 


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434 


MiltdnicderJliiidiMh  —  Kfarteke». 


Mittelmeer  herum  ihre  Aiisbiklime  und  Blütlic  erlangt  haben.  Ethnologisch  gUedert 
sich  die  M.-Race,  deren  Urhciuutui  auf  das  armenische  Hochland  verlegt  wird,  in 
vier  Stamme:  i.  den  baskischen,  2.  den  kaukasischen,  3.  den  hamitosemicischen, 
4.  den  indogermanischen  oder  arischen.  Natttriich  wifd  aber  auch  diese  Ei»- 
%  tiieilung,  wie  jedes  ethnologische  Systenip  von  manchen  Seiten  angefochten.    ▼«  H. 

llitfc^iedcrlindiatdi.  So  nennt  man  jene  Stufe  des  NiederdeutMhen,  ans 
welcher  das  Holländische  und  Vlämische  abstammen.     v.  H. 

Mittelsäulchen  =  Columella  (s.  d.).  Klz. 

Mittelschnepfe»  auch  Doppelschnepfe .  Gaäinaigff  major ^  Gm.,  8.  Galli- 

nago.  RcHW. 

Mittelspecht,  Dendrocopus  mtdius,  \..,  s.  ricidae.  Rchw. 
Mittleres  Keimblatt,  s.  Keimblätter.  Grbch. 

Mittu.  Neger volk  im  Gebiete  des  GaseUenflosses,  sprachlich  anscheinend 
mit  den  Bongo  verwandt,  auch  in  Gebräuchen,  Tracht  und  Einiichtungcn  diesen 
sich  unlAugbar  nähernd.  Vielleicht  bilden  sie  einen  in  der  Geschichte  ihrer  Ent> 

wickluncf  begrtindeten  Uebergang  von  den  Bongo  zu  den  Niamniam.    Im  Norden 
ihres  (Icbietcs  versteht  man  unter  M.  auch  die  Stämme  der  xMadi  (s  d.),  Abaka 
und  Luba.    Alle  zusammen  haben  den  Typus  der  centralafrikanischen  Neger,  sind 
schwächlich  und  befassen  sieh  mit  Ackerbau.   Hunde  werden  gemästet  und  ver- 
speist.  ScHWEiKFURTH  rühmt  die  musikalischen  Leistungen  der  M.    Ihre  Musik 
soll  melodisch  und  weicA  sein  und  vom  gewöhnlichen  Schlage  der  Negermusik 
abweichen.   Sie  singen  sehr  gut  im  Chor  und  besitzen  bessere  Bhuk  und  Saiten- 
instrumente als  ihre  Nachbarn.  Das  Volk  lebt  unter  klmnen  unabhflQgigen  Häi^- 
lingen,  von  denen  ein  Theil  schon  ganz  in  der  Gewalt  aiabisdier  Sklavenhindler 
sich  bcflndet.    Das  Merkwürdigste  sind  die  aufgetriebenen  und  durchlöcherten 
Uppen  der  Frauen,  welche  durch  eingeOigtc  Stocke  von  Quarz,  Elfenbein  oder 
Hom  srhnabelartig  verunstaltet  werden.    Heide  Geschlechter  tragen  da?  Hnar  am 
liebsten  kurz  geschoren,  die  IVauen  raufen  sich  aber  Wimpern  und  Brauen  aus. 
Die  Männer  tragen  Kopfbedeckungen  nach  Art  der  Niammamhüte.    Beide  Ge- 
schlechter verhüllen  ihre  Scham,  die  Weiber  vermittelst  eines  Bündels  grünen 
Laubes,  die  Mftnner  mit  einem  FellstUck.  Vornehme  haben  da  Dutsend  Weiber 
oder  mehr,  von  denen  sie  oft  gewöhnliche  Sklavenarbeit  veriaqgen.    v.  iL 

Iffittt*  Our«»  iu^^sa,  Spix»  besondere  Form  der  Hockohühner,  siehe 
Ourax.     Ret  TW. 

Mitylia,  Gray,  =  Rhinophis,  Hemprich.  Pf. 

Mitylus,  s,  Mytilus.     H  v.  M. 

Mi-wok.    Die  östliche  Gruppe  der  Mu-t-sun,  (s.  d.)  in  Kalifornien.     v.  H* 
Mixe,  s.  Mije.     v.  H. 

Mixteken.  Mixtuat)  oder  Mistdcen,  Mitteken.  ImUaner  Mexiko*»  in  der  I^nd- 
schaft  Mixteka,  welche  Tbeile  der  Staaten  Puebla,  Oaxaca  und  Guetiero  begreift. 
Die  M.  sind  von  allen  mexikanischen  Indianern  am  meisten  hispanisirt  Männer 
und  Weiber  ^rechen  geläufig  spanisch,  jedoch  mit  sehr  eigenthflmlicber  Betonung 
des  Rf  90  dass  man  sie  daran  sofort  erkennt.  Ihre  eigene  Sprache,  von  welcher 
das  Tepuzkulanische  der  wichtigste  Dialekt  ist,  hat  im  Westen  Mischungen  mit 
dem  Aztekischen,  gegen  Osten  hin  mit  dem  Zapotekischen  erfahren  und  diese 
Mischungen  sind  wohl  nicht  auf  die  Sprache  allein  beschränkt  geblielan  Im 
Aeusseren  charaktcusiren  sich  die  M.  durch  platte  l'ellergesichter  und  grosse  Kopfe. 
Um  ihren  Mund  a^t  rieh  ein  eigenthttmlicher  ladender  Zug.  Alle  haben  kleine 
FUsse  und  Hind^  doch  ist  der  linke  F^  stets  nach  einwilrts  gediebt.  Die  Hwil> 


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Micdschcghen  —  Mocoa. 


435 


färbe  ist  im  Osten  lichtbraiin,  im  Westen  dunkler  und  bei  Tehuantepec  beinahe 
schwarzblau.  Von  ihrem  Charakter  verlautet  nicht  dn^  ( niiistigste;  zwar  sind  sie 
die  fleissigsten  Ackerbauer  in  jenen  Ländern  und  besleiicn  ihre  Felder  mit  dem 
Pduge,  sonst  aber  sind  sie  boshaft  und  siüUkopiig.  Ihre  Kinder  hucken  den  gani^eu 
Tag  in  einem  Winkel  des  eUerlichen  Hauses  und  werden  von  der  Mutter  su  dsMn 
Vergnügen  durchgeprügelt     v.  H. 

Migdnchgghen,  s.  Kisten,    v.  H. 

Mizha.   Stamm  der  Mischmi  (s.  d.).     v.  H. 

Misodoo,  Fisches,  s.  Meisodon.  Ff. 

Mizraimiten,  s.  Kopten.     v  H. 

Mlima-Araber  (Arabu  wa  mlima),  d.  h.  Küsten-Araber;  so  bezeichnet  man 
in  Üst-Airika  das  aus  Arabern  und  Negern  entstandene  Mischlings volk  zum  Unter- 
schiede von  den  VVa-Swahili,  welche  Abkömmlinge  beirciter  Sklaven  sind.  Die 
Ififchllage  weiden  von  den  Ambem  ndnen  Blutes  geringschätzig  angesehen,   v.  H. 

Mlomoi«  Bantttstmmm  im  östlichen  Sttd-Afrika.  H. 

Bfaftmiiidn^.  Familie  der  Cknoph^^  ZtfAote.  »Lappen  relativ  sdir  gross. 
Ursprung  der  Aurikel  und  Lappen  liegt  üut  in  gleicher  lÜhe  mit  dem  Trichter. 
Aurikel  lang  und  bandförmig«.  (Chun.)  —  Gattungen:  Jümmm^  Eschsch.,  Aintue, 
Rang  und  Mnemiopsis,  A.  Agassiz.  Pf. 

Mniotiita,  Vikim  ,  Untergattung  \Qn  S^ivkola^  Sws.,  auf  Motaciüa  varia, 
begründet,  s.  SylvKolidae.  Rchw. 

Mnischempan  i.    Bantustamm  im  östlichen  6ud-Atrika.     v.  H. 

Moabiler.  Die  Bewohner  der  Landschaft  Moab  im  Sadosten  des  Todten 
Meeres,  welche,  nachdem  sie  im  Zeitalter  der  Richter  selbst  achuehn  Jahre  lang 
das  südliche  und  transjordanische  Palästina  behemdit  hatten,  von  David  tribut- 
pflichtig gemacht  wurden.  Bei  der  Theilung  des  Reiches  kamen  sie  an  Israel, 
machten  sich  aber  nach  Ahabs  Tode  wieder  unabhängig  und  behaupteten  nun 
ihre  Freiheit,  obgleich  sie  si)äter  in  ein  abhängiges  Verhältniss  zn  den  Chaldäem 
geriethen.  Nach  der  Zerstörung  Jerusalems  durch  Nebukadnezar  i.  J.  588  ist 
von  den  M.  wenig  mehr  die  Rede;  sie  verschwmdcn  endlich  ganz  in  dem  all- 
gememcn  Namen  Araber.     v.  H. 

MM»  oder  Mobba,  s.  Maba.    v.  H. 

Mobber.  Kleiner  Volkastamm  in  Botnu.  Die  M.  veibalten  sidi  in  ihrer 
Lebensweise  wie  die  Kanembu  (s.  d.),  sflchten  wie  diese  vortreffliche  Rinder  und 

Scdafe  und  kultiviren  Baumwolle.  In  ihrem  physischen  Aeussem  stehen  sie  abw 
hinter  den  Kanembu  zurück,  sind  meist  dunkelfarbiger,  von  unansehnlicherem 
Wuchs  und  unregelmässige rer  Gesichtsbildung  als  diese.     v.  H. 

Mobima.    Stamm  der  Moxos  (s.  d.).      v.  H. 

Mocco.    Negerstamm  des  Nigirdeitas.     v.  H. 

Mocetenas.    Stamm  der  Andes-lndiancr.     v.  H. 

Mocblua»  GOhthbr.  Kleine  Scinciden-Gattiing.  Pp. 

MochOB,  s.  Moxoa.    v.  H. 

Mochoadi.  Zum  Stamm  der  Adighe  gehörendes  Kaukasusvolk  im  Gebiete 

der  Bäche  Tschechuradsh,  Belogiak  und  Schede.     v.  H. 

Mochuana  oder  Motschuana,  Sing,  von  Betschuanen  (s.  d.).     v.  H. 

Mocoa.  Indianer  Cundinamarcas,  wohl  identisch  mit  den  Mesaya  (s.d.).    v.  H. 

Mocoa,  Gray  (Lygosoma,  DuMtRii.  u.  Bibkon),  bedeutende  Scinciden-Gattung; 
Kopi  annähernd  viereckig.  Rostrale  aufrecht,  dreieckig,  convex.  Nasale  seitlich, 
fast  zusammenstossend,  Supranasale  fehlend,  Frontoparietalia  2  oder  verschmolzen. 

28  • 

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Gaumen  zahnlos.  OV>rl<'>rher  vom  gezflhnelt,  unteres  Autrenlid  mit  durchsichtiger 
Scheibe.  Kinn  mit  emigcn  Paaren  grösserer  Schilder.  Leib  spindelförmig. 
Schuppen  glatt,  mit  3  oder  4  deutlichen  Streifen.  4  starke  Fiisse  mit  je  5  zu- 
iiammeii  gedruckten,  ungleichen  Zehen.  Schwanz  schlank,  rund,  unbewehxt. 
Mtdiane  Pnimnaltchuppcn  gfOncr  «Is  die  ttbrigen.  —  In  vitten  Attea  Uber 
Austnlien  und  die  Sfldiee  Teibreitet;  emtfe  Alten  find  jedoch  auch  vom  tiopiiclien 
Afrika  tind  Amerilui  T>esGhrieben.  F^. 

MoGOvis.  Indianentunni  in  der  tfldtmerikuiMlien  WÜdniH  des  Gnm 
Chaco.    V.  H. 

Modeeria  (nach  Mopffr  lienannt),  Fordes  1846.  AndlOBiedttMnoGattUBg 
aus  der  l  amitie  Tiaridac ,  Si.bf.  Prottaridar.  Pf. 

Modeneser  Taube,  C>lumha  dome^tica  ^allinaria  Tnuistumis,  eine  seit  vielen 
Jahrhunderten  in  Modena  und  seit  etwa  20  Jalircn  auch  bei  uns  gezüchtete  Haus- 
taitben>IUee,  aar  Grappe  der  Habirtauben  gehörig,  etwa  hanibuibei^oss,  doch 
etwas  höher  gesteill^  kuix  s^ebaut,  mit  abgerundetem  Körper,  kiinem«  geiwbenem 
Schwant,  flaumlederigem  Stein,  gestreckten  Beinen,  eb  wenig  nach  hinlni  ge* 
tragenem  Hals  und  Kopf,  veiMtttnissmftssIg  kiirsem  Sdmabel,  von  stolzer,  aicr> 
licher  Haltung,  munta«m  Wwcn.  Der  Färbung  nach  unterscheidet  man  rwd 
Abtheilunrren-  Schietti  (Ein-  oder  "S'ollforbige)  und  Gazzi  (Elstern).  Zu  den 
eriteren  zahlen  die  wirklich  Pantarbigen  und  die  mit  gespritzten,  £Te''ch tippten, 
marmorirten  und  srcflerkten  I  lügeln.  zu  den  letzteren  die  Weisset^  init  larbipem 
Kopf,  Flügel  und  Schwanz;  im  Ganzen  kennt  man  an  150  Spit^larU  n.  Sind  m 
Deutschland  als  Flugtauben  ohne  Bedeutung,  dagegen  als  Schlaglauben  wegen 
ihres  hflbschen  Aeusseren  und  ihrer  Fruchtbarkeit  rasch  beliebt  geworden*  DOn. 

Uoderiten  oder  Maaditen,  s.  Ismaeliten.    v.  H. 

ModcfUenken,  Letuasfius  (s.  d.)  delineaim,  HAocel,  mit  endstindiger,  sieil 

aufwärtsgerichteter  Mundspalte;  Seitenlinie  ganz  kurz;  Afterflosse  mit  11  — 13  ge- 
theilten  Strahlen  beginnt  unter  dem  Kndc  der  Rückenflosse.  Rücken  grilnlichgelb 
oder  grtinlichbraun,  Selten  und  Bauch  silbern,  an  den  Seiten  ein  stahlblauer 
Längsstreifen.  Länge  bis  8  Centim.   In  den  Flüssen  Slid-  und  Mittel-Europa  s.  Ks. 

Modiola  (lat.  verkleinert  von  niudius,  Maass,  Scheffel),  Lamarck  1801,  Meer- 
muschel, nächstveiwandt  mit  Mytüus,  nur  dass  die  Wirbel  nicht  gans  am  vorderen 
Ende  stdien,  sondern  eiiMrenig  rOdcwirts  davon,  so  dass  demolMfa  ein  kleiner 
torderer  Obertsnd  vorhMKn  ist  und  der  Umtiss  swischen  der  noimaten  Mmchel- 
gestallt  s.  B.  von  Unio,  und  der  eigenthümlichen  von  ^^füba  vermittelt^  flbiigens 
in  verschiedenen  Abstufungen,  in  einigen  Arten  gans  nahe  an  Mytibis  heran« 
tretend.  Uebrigens  finden  sich  in  beiden  Gattungen  entsprechend  sowohl  glatte 
als  radial  gestreifte  Arten.  Zu  den  ersteren  gehört  M.  vulgaris,  Y\.v\\\yn.  (Myf  'tlus 
modiölus,  T.iNNe),  horse-mussei  der  Engländer,  tors/u-skiäi  (Dorschmuschel)  oder 
ös-skäi,  der  Norweger,  grösser  und  bauchiger  als  die  gewöhnliche  Miesmuschel, 
bis  15  Centim.  lang,  aussen  dunkelrotfabraun,  innen  weisslich  mit  purpurnem 
Band,  dioimpolar  in  aflen  nordischen  Meeren»  Auch  in  unserer  Nordsee,  von 
der  Ebbegicnae  bis  60  Faden  tief,  in  Norw^en  nicht  und  England  nur  adten 
als  Speise,  wohl  aber  als  Köder  ftir  Fische  benfttst;  IMhh  im^Mkh  L.»  mk 
struppig-haariger  Schalenhaut  in  der  hinteren  HKUIe,  5  Cenän.  lang,  häufig  im 
Mittelmeer  an  Steinen  und  Felsen,  von  der  Wassergrenze  bis  30  Faden,  durch 
gegenseitige  Anheftnng  mittelst  des  Bysstis  in  Gruppen  vereinigt,  nur  von  den 
niederen  Volksklassen  gegessen;  M.  aggiutinans,  Cantraine,  oder  vestita,  Philippi, 
ebenfalls  im  Mittelmeer,  umgiebt  sich  mittelst  ihrer  B/ssusfäden  mit  einer  zu- 


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Modlohfca  —  IMAm. 


43» 


Pftmmenhängenden  Hülle  von  Steinchen  und  Muschel-Fragmenten  (wie  auch  zu- 
weilen Af,  vulgaris)]  M.  AirkUka^  I^am.,  im  Mittelmeer  und  M.  tulipa,  Lam.,  in 
Wc^t  lndicn,  beide  gelblich  bis  roth  mit  breiten  rothen  oder  violetten  Strahlen, 
die  bei  verbleichten üxeroplaren  noch  Stärker  hervortreten.  Al.brasUkmis,  Chemnitz, 
langgezogen  und  stäilBer  EumnmoigalrQckt,  gelblich,  in  der  oberen  binteieii 
mifte  lebhaft  gifln,  an  der  Kttate  Braaliens  von  Guyana  bis  Santa  Catarina, 
Zu  den  fadial'geetieiften  (Brae^fdßiUttt  Swamsom)  gehört  M.  pScatUa,  Lau,  von 
ittinlicher  Gestalt,  unten  etwas  eingebogen,  gelb,  kastanienbraun  oder  dtinkel* 
grün,  hJUifig  an  der  Ostktlste  Nord-Amerika's,  besonders  Neu-Englands,  in  FIuss- 
mtindiincren  und  Snl:^s(jmi)fen,  bei  Ebbezeit  oft  etwas  tibcr  Wasser.  Nahe  ver- 
wandt und  früher  auch  zu  Modiola  gestellt  sind  LähodomuSt  Modiokurw  und 
Modiolarca.      K.  v.  M. 

Modiolarca  ^zusammengesetzt  aus  Modiola  und  Area),  Gray  1840,  oder 
fkaualkama,  VAUMcmfUES  18^,  eigendiflniHclie  Muschel  ans  den  kMUeven  sttd- 
lichen  Meeien,  Schalenform  ganz  thnlich  der  von  Mfihla,  aber  die  beiderseitigen 
Mantelrflader  sdiliesaen  sidi  unten  und  hinten  susammen,  so  dass  Yom  nur  eine 
ziemlich  kleine  Oeflhung  für  den  Fun»  der  tlteigens  auch  l^ssusÜden  spinnt^ 
bleibt^  hinten  unter  der  Afteröffnung  noch  eine  besondere  Kiemenöflfhung  entsteh^ 
wie  lici  Drtissena,  Cardium  und  Venus;  jederseits  zwei  kleine  Zähne  im  Schloss. 
Jf  irapezina,  I^amarck  (als  Modiola)  bobnengross,  zusammengedrtlckt,  im  Profil 
annähernd  quadratisch,  braungelb  mit  rothlichen  Wirbeln,  an  grossen  Tangen, 
najnentlich  Macrocystis,  durch  den  Byssus  befestigt,  an  der  SUdspitze  von  Amerika 
und  bei  SUd-Georgien  wo  auch  noch  3  andere  Arten,  die  nahe  verwandte  M* 
ixiSt,  E*  SmTH,  bei  der  Kerguelen-Insel.    E.  v.  M. 

Modiolaria,  s.  Crenella.  Bd.  U,  pag.  951.    E.  v.  M. 

M odke  »  Moderliesken  (s.  d).  Ks. 

Modoc  oder  Ok-kowisch.  Der  wildeste,  zügelloseste  und  diebischeste  aber 
zugleich  zahlreichste  Indianerstamm  in  Oregon,  treulos,  verschlagen  und  grausam. 
Die  M.,  welche  1873  den  Amenkanern  dnrrb  einen  blutigen  Krieg  viel  zu 
schaffen  machten,  waren  beritten,  geschickte  Schützen,  thätig  und  nicht  ohne 
Muth,  auch  gut  mit  Feuerwaffen  ausgerüstet.  Der  Rest  der  besiegten  M.,  im 
Ganzen  39  Männer,  53  Weiber  und  60  Kinder,  wurden  nach  dem  Indianerterritorium 
in  die  Nttie  der  Mbnourigrense  bei  den  Quapaw  versetit  Klimatische  Einllttsse 
sollen  dort  durch  ttfdtUche  Krankheiten  schon  1S77  ihre  Zahl  auf  $9  betabge^ 
mindert  haben,    v.  H. 

Modocae,  Zweig  der  alten  Sarmaten,  an  den  Quellen  des  Rha.     v.  H. 

Modogalingae,  Zweig  der  indischen  Calingae,  am  oberen  Ganges»  auf  einer 
grossen  Insel  dieses  Stromes  wohnend.     v.  H. 

Modschabra.  Einer  der  drei  Hauptstämme  der  Bewohnerschaft  der  Audschila- 
Oasen.  Die  M.  wohnen  besonders  in  der  Oase  Dschalo  mit  ihrem  Hauptorte  l'Areg. 
Ob  dieselben  berberischen  Ursprungs  sind,  ist  zweifelhaft,  sie  reden  arabisch,  wollen 
aber  keine  Araber  sein.  Die  M.  firOhnen  dem  täglichen,  rekihUcben  Genüsse  des 
»Lakbi«  (Palrawein),  haben  aber,  als  vorsOglicfae  und  unternehmende  Handelsleute 
in  der  gansen  Wflste  bekannt  flberall  Kredit  sowohl  in  Aegypten,  Benghast  und 
Tripolis  als  auch  in  Wadai,  Borna  und  Haussa.     v.  H. 

Modschaweli,  Zweig  der  Georgier;  sie  sprechen  wie  die  Mingrelier  dnen 
roheren  Dialekt  als  die  eigentlichen  Georgier.     v.  H. 

Modubae.  Von  Piint;  s  erwähnte,  sonst  vöU^  unbekannte  Völkerschaft 
Indiens  jenseits  des  Ganges.     v.  H. 


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43» 


Modolw  —  MovcIkii. 


Modulus  (!at.  gleich  kleines  Maass),  Grav  1S40,  Meerschnerke  aus 

der  Verwandtschaft  von  I.itorina,  mit  starkem  Zalinvi>rsjn  11  he:  an  der  Columellar- 
seite  der  Mündung;  Schale  gekielt,  mit  kurzem  kuni!>cheni  Gewinde,  weisslich  mit 
dunklen  Flecken.  Mehrere  Arten  von  ungefähr  Haselnussgrösse  in  Ost-  und  West* 
fodicn.    £.  V.  M. 

Mdlirenfliefe,  /Vx/tf  r^tai^  Fab.»  eine  kleine,  glämctid  schwane,  an  Kopf  und 
Beinen  gelbe  Flieget  deren  Made  bisweilen  masienbaft  an  den  Möhren  nagl^  die- 
selben >eisennadig<  macht  und  verdirbt.     E.  Tg. 

Möllitz,  Vnnie  der  jungen  Meerforelle,  s.  p-nrelle.  Ks. 

Möllthaler  Rind,  ein  dem  Pinzgauer  Vieh  (s.  d.)  verwandter,  diesem  ahnlicher 
aber  etwas  kleinerer  Schlag,  der  hauptsächlit  h  im  .Möll-,  Drau-,  Gail-  und  I  ie^^erthalc 
in  Karnihen  gezüchtet  und  seiner  voriiiglichen  Milchergiebigkeit  und  grossen  Ge- 
nügsamkeit w^en  sehr  gesucht  ist  Die  Haarfarbe  ist  dunkelroth  am  Rücken, 
Schweif  und  Baach  weiss.  Ktthe  eireichen  ein  Lebendgewicht  von  500 
bis  400  Kilo.  R. 

iUacligrasmflcke,  Sykna  atrkopUht,  L.»  s.  Sylviidae.  Rofw. 

Mönchmeise     Sumpfmeise,  Parus  pübuiris,  L.,  s.  Meisen.  Rchw. 

Möncbsgeier  =  Kuttengeier,  Vulfur  nwnachus,  L»  (s.  Kuttengeier).  RCHir. 

Mönch  Sittich,  s.  Keil.schwanzsiitiche.  Rchw. 

Mönchtauben  oder  Mönche,  Coi.  dorn,  af^restis  albieeps.  Haustauben,  rur 
Gruppe  der  Feldtaubcn  gehörig,  mit  weissem  Kopf  —  und  zwar  soll  das  Weiss 
unten  von  der  Grundfarbe  (Blau,  Schwarz,  Roth,  Gelb)  durch  eine  Linie  abge* 
sdtnitlen  sein,  welche  man  sich  vom  Kinn  unter  dm  Wangen  hinweg  nach  dem 
Hinterkopf  gesogen  denkt  — ,  weissem  Schwans  (einseht  der  oberen  nndunteicii 
Decken)  und  weissen  Schwingen.  Die  Zahl  der  letzteren  soll  10  betragen,  doch 
begnOgt  man  sich  auch  mit  8  oder  q.  Ausserdem  sOchtet  man  auch  M.  mit 
weissen  FHlgelbinden,  blaue  und  schwarze,  ausserdem  mit  weissgeschupptcn 
Fhigeln.  Nacktfüssige  M.  werden  jetzt  neniir  beachtet,  man  wünscht  volle  lange, 
wcisse  Fussbefiederung  (Hosen  und  Latschen).  Der  Schnabel  muhs  hellfleisch- 
faibcn,  das  Auge  schwarzbraun  sein;  meist  sind  sie  muschelhaubig,  selten  glatt- 
köpfig  oder  aber  doppelkuppig.  Neuerdings  wurden  die  M.,  ein  alter  detttscher 
Feldtaubenschlag,  in  England  viel  begehrt  und  deshalb  dahin  exportirt  Sie 
sttchten  constant  nach,  brttten  und  füttern  gut.  DOa. 

Moenitari,  so  viel  wie  Menitaries.    v.  H. 

Moera,  s.  Schizaster.     £.  v.  M. 

Mös  =K=  Schmerle  (s.  d.).  Ks. 

Moesier  oder  Mysi.  Die  Bewohner  der  römischen  Provinz  Moesien,  des 
heutigen  Donaubulearien ;  sie  zerfielen  in  mehrere,  zum  tbrakischen  Stamme  ge- 
hörige Völkerschaiten.     v.  H. 

Mfivdieii,  Möven-,  Krausen-  oder  Kreuztauben,  dm.  äirükt  (Engl: 
Turbits,  Owls;  Franz.:  Pigeons  cravat^s).  Die  M.  stellen  eine  weit  verbwtete 
und  weitverzweigte  Haustauben-Gruppe  mit  5  verschiedenen  Racen  dar,  welche 
alle  sich  durch  geringe  Grösse,  kurz,  doch  edel  gebauten  Körper,  kurzen,  dicken 
und  in  einem  schönen  Bogen  nach  abwärts  gerichteten  Schnabel,  verhAltnissmässig 
breiten,  eckigen  Kopf,  glattes  Gefieder  und  insbesondere  durch  den  sogen.  Jnhot 
(Busenstreif)  auszeichnen.  Der  letztere  wird  gebildet  aus  weichen,  gebogenen 
oder  aufgeworfenen,  nach  verschiedenen  Richttmgen  gewendeten  Vorderhals-  und 
Oberbrustfedem,  die  zu  beiden  Seiten  einer  geraden,  von  der  Kehle  an  die  Mitte 
des  Vorderhalses  bis  auf  die  Brust  herablaufenden  Linie  stehen;  er  steht  im  Zu- 


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sammenhnnpe  mit  einer  dünnen,  aber  detitUch  sich  .^blM*brnden  Haiitfaltc,  der 
sogen.  Kchlwamme  (Kehlsnck),  welclic  sich  vom  Kinn  an  bis  zur  Brustmitte 
hinabzieht,  aber  nur  im  oberen  Theil  deutlich  wahrnehmbar  ist,  während  sie 
weiterhin  durch  die  auf  ihrer  Mitte  sich  behndHchcn  Krausenfedern  verdeckt 
wird.  —  Der  Name  »Mj^vchent  wurde,  wie  man  gewöhnlich  aimimmt,  diesen 
Haustauben  desshalb  beigelegt,  weil  die  Zeichnung  der  einen  Varietit^  des  Schild« 
niövchens,  an  die  der  Möven  (iMtus)  erinnert;  weisses  Gefieder  mit  fitrhigen 
Flügeldecken.  —  Hinsichtlich  der  Färbung  und  Zeichnung  giebt  es  einfarbige, 
geschildete,  färben-  und  weissschwänzige.  Der  Kopf  ist  entweder  glatt  oder 
hinten  mit  Spitz-  oder  mit  Breithaube  versehen,  der  Fuss  entweder  glatt  oder  be- 
fiedert, je  nach  den  Racen.  Von  den  5  Racen  sind  vier:  i.  das  deutsche  und 
englische,  2.  das  egypdsche,  3.  das  chinesische,  4.  das  italienische  M.,  glattfUssig, 
und  eine,  das  orientalische  M.,  federfUssig.  i.  Das  deutsche  M.  soll  klein,  ge- 
drungen gebaut  (ca  j2  Centim.  lang)  und  glatt  befiedert  sein,  einen  kunen  dicken 
Schnabel  mit  etwas  aufgetriebener  Nasenhaut  und  einen  hochscheiteUgen,  breiten, 
eckigen  Kopf,  siemlich  kurzen,  «iiQckgebogenen  Hals  und  breite  volle  Brust 
haben.  Das  Auge  ist  bei  den  einfarbig  Blauei^  Schwarzen,  Rothen,  Gelben  und 
den  VVeissschwänzen  gelb  oder  perlfarben,  bei  den  übrigen  dunkel.  Ausser  den 
genannten  Einfarbigen  und  den  bei  blauer,  schwarzer,  rother  oder  gelber  Grund- 
farbe weissgeschwänzten  M.  züchtet  man  Weisse  mit  blauem,  schwarzem,  rothem 
oder  gelbem  Schwanz  (Farbenschwänze)  und  Schildmövchen,  d.  h.  solche,  bei 
denen  der  Flügel  mit  Ausnahme  der  grossen  Schwingen  (S— 10),  also  die  Decken 
und  der  EckflUgel,  eine  der  genannten  Farben  oder  eine  Abstufung  derselben 
seig^  wihrend  das  Übrige  Gefieder  weiss  ist  Seit  etwa  ij  Jahren  züchtet  man 
Vereinselt  sogen.  Schnippen-Mövchen,  welche  ausser  iiubigem  Schwanz  Uber  der 
Schnabelwurzel  einen  gleichfarbigen  erbsen-  oder  bohnengrossen  Fleck  (Schnippe) 
besitzen.  Die  Einfarbigen  sind  in  der  Regel  glattköpfig,  ebenso  meist  die  Schild- 
mövchen, die  Weiss-  und  P'arbenschwänze  meist  mit  breiter  Federhaube.  Das 
Aachener  Lackschildmövchen  zeichnet  sich  durch  äusserst  satte,  gianzrcichc 
Farben,  Gelb^  Roth,  Schwarz  aus.  Prächtige  M.,  speciell  einfarbige  (Owls),  hat 
England.  —  3.  Das  egyptische  M.,  Anfang  der  60  er  Jahre  aus  Nord- Afrika  zu  uns 
gebradit;  kann  als  ein  in  allen  Punkten  edleres  deutsches  M.  bezeichnet  werden. 
Feine  Thiere  sollen  s6  bis  hödistens  30  Centim.  lang  sein  und  einen  10  oder 
allenfalls  11  Millim.  langen  Schnabel  (von  der  Spitze  bis  zum  Mundwinkel  ge«- 
messen)  haben.  Es  ist  die  kleinste  aller  Haustauben.  Ursprünglich  kannte  man 
nur  Weisse,  Schwarze,  schwarzschwänzige  oder  blaiiscliwänzige  Weisse,  Blaue  und 
Schecken;  rothe  und  gelbe  hat  man  bei  uns  herausgezüchtet.  —  3.  Das  chine- 
sische Mövchen  kam  zuerst  im  Winter  1865/66  nach  Deutscliland  bezw.  Dresden 
und  zwar  von  Paris  aus.  Ob  es  aus  China  stammt?  Gegenüber  allen  anderen  M. 
zeichnet  es  sich  durch  besondere  Federzieide  an  Hals  und  Brust  aus,  die  in  drei 
Theile  zerfiült:  Die  Kmvatte,  wdche  sich,  aus  mehreren  Reiben  aufwärts  ge- 
richteter Federn  bestehend,  wie  ein  Stehkragen  von  der  Kehlwamme  aus  nach 
lechCs  und  links  bis  an  die  Ohzge^nd  hinsieht,  die  Brustkrause,  welche  aus 
sämmtitchen  Federn  des  Vorderhalses  und  der  Oberbrust  gebildet  wird,  indem 
dieselben  schräg  aufwärts  nach  den  Seiten  des  Halses  gerichtet  sind,  und  endlich 
die  Rosette  (der  unterste  Theil  der  ganzen  Federstruktur),  welche  durch  eine  quer 
über  die  Brust  laufende  Linie  entsteht,  von  der  aus  sich  die  Federn  sclir.-ig  nach 
oben  und  seitwärts  wenden.  Ursprünglich  kannte  man  das  chinesische  M.  nur  in 
Blau  und  Silbergrau,  später  kamen  gelbe  und  rothe;  jetzt  hat  man  auch  weisse 


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MVvcD  —  Mobawe. 


lind  schwar/e,  Schildigc  und  Farbenschwänze  erzielt  —  4.  Da«  italienische  M., 
aus  Obcr-ltalien  stammend,  gelangte  1S80  zuerst  nach  Deutschland,  ist  30  bis 
32  Centim,  lang  und  vor  allen  Müvchcn  durch  kurz  gehauten,  aber  hochgestellten 
Körper  und  auirechte  Haltung,  bei  vorstehender  gewölbter  Brust,  hoch  (tiber 
wagerecht)  getragenen  Schwanz  und  anfliegende  Flflgel  ausgezeichnet  Am  Kbönstok 
sind  die  sogen.  Silberpuder-  oder  mtlchblauen  M.,  mit  dem  idssteB  SflberveiM 
des  Gefieders;  ausserdem  blaue,  gelbe»  gering  sind  rothe,  schwarze,  weisse.  Daa 
italienische  M.  ist,  wie  das  egyptische  und  das  chinesische,  immer  glattköpfig,  da- 
gegen 5.  das  orientalische  oder  türkische  M.  auch  spits-  oder  aber  breithaubi^. 
T.auf  und  Zehen  desselben  sind  kurz  befiedert,  -bcstrdmpftt.  Die  meisten  tilrVi'^rhen 
M,  besitzen  einen  Spiegelschwanz,  welcher  durch  die  farbigen,  vor  der  Spitze  mit 
einem  grossen,  runtlliclien,  weissen,  fein  dunkel  presäuniten  Fleck  (Spiegel)  e:e- 
zeichneten  Steuerledern  gebildet  wird.  Ohne  Spiegelschwanz  smd  nur  die  Tur- 
bitins,  d.  s.  Weisse  mit  farbigen  FlUgelschilden,  Wangen  und  fart>iger  Sdmippe. 
Einfarbige  mit  Spiegelschwanz  und  Spiegelschwingen  nennt  man  Bloodinetten, 
Weisse  mit  Spiegelschwanz  und  farbigem  Schild  Sadnetten.  ersten  tOikiicheii 
M.  kamen  Anfang  der  60  er  Jahre  aus  der  Gegend  von  Smyma  nach  England.  ^ 
Die  Mövchcn  L  ehören  infolge  ihrer  Zierlichkeit,  ihrer  eierten  Haltung  und  ihres 
anmuthitren  Wesens  von  jeher  zu  den  Lieblingen  der  Taubenzücbter.  (Veigl. 
DÜRir.FN,  Die  Geflügelzucht,  Berlin  1886,  pag.  566—577.)  DüiU 
Möven,  s.  Laridae.  nw. 

Mövenhühner  =  Gesprenkelte  Hamburger,  s.  Hamburger  Huhner.  Dür. 
Mogor^b»  Einer  der  zwei  Stamme  der  Barea  (s.  d.).    v.  H. 
Mogolen.  So  nennen  in  Osttuikestan  die  Stidter  die  ehahcimiache  Laadbe^ 
W>lkerung.     v.  R 

Mohair-WoUe,  das  feine  Flaumhaar  der  Ai^oraziege  (s.  Kämmelgam)»  '  R. 
Mohawe  oder  Moyave.  Indtanerstamm  unterhalb  der  Biegung  des  Rio  Colo* 

rado  nach  Süden  in  der  sogen,  Coloradowtiste.  Die  herkulischen  Gestalten  der 
Männer  prangen  von  den  langen  Haaren  herab  bis  zu  den  stumpfen  Zehen  in 
weisser,  gelber,  blauer  oder  rother  Farbe,  je  nachdem  sie  sich  mit  Kalk  oder  mit 
farbiger  l'liuncrde  beschmieren.  Sie  haben  diamantklare,  feurige,  bliuende  Augen, 
auf  dem  Sdidtel  tragen  de  Geier-,  Spedit*  oder  Schwanenfedem;  emige  haben 
als  einzige  Bekleidung  einen  Pelzmantel  aus  Streifen  too  Hasen*  und  RattenieUen 
geflochten.  Die  Weiber  haben  einen  eigenthttmlichen  Rock,  dessen  vordere 
Hälfte  bei  den  Wohlhabenderen  aus  Wollschnttren  statt  der  Baststreifen  besteht 
Sie  besitzen  thöneme  Gefilssc,  aus  Bast  geflochtene  Säcke  und  wasserdichte  Körbe. 
Mollhausen  hat  ein  eigenthümliches  Spiel  bei  den  M.  beobachtet.  Zwei  Sj^ieler 
stellen  sich,  5  Meter  lange  Stangen  festhaltend,  nebeneinander  hin;  in  der  Hand 
des  einen  befindet  sich  ein  etwa  10  Centim.  im  Durclunosser  haltender  Ring  aus 
Baststricken.  Die  Stangen  senkend,  stürzen  beide  zugleich  nach  vorn  und  lautend 
iSsst  der  den  Ring  tragende  diesen  seiner  Hand  enl^dten,  aodaü  er  wat  beide 
hinroUt^  worauf  sie  sugldch  die  Stangen  schleudern  und  zwar  so»  dass  eine  liiiksi 
die  andere  rechts  von  dem  rollenden  lUng  niederffiUt^  und  dieser  dadurch  in 
seinem  Laufe  gehemmt  wird.  Dieses  Verfahren  wiederholen  sie,  bis  sie  ermüdet 
sind.  Die  Hauptnahrung  der  M.  besteht  in  gerösteten  Kuchen  VOB  Mais-  tmd 
Weizenmehl,  das  sie  durch  Zerreiben  der  Früchte  zwischen  Steinen  gewinnen. 
Ihre  Flutten  liegen  in  kleinen  Zwischenräumen  zerstreut  umher,  grösstcntheils  an 
den  Abliängen  von  Hügeln,  welciie  iheilweise  ausgehöhlt,  die  eigentliche  Wolimmg 
bilden.    Vor  der  ThUröfihung  befindet  sich  in  gleicher  Hohe  mit  dem  Hugei  ein 


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Mohawlc  —  Mobrenköpfe.  441 

breites  Dach  auf  starken  Pfeilern  ruhend»  wodtuch  eine  Art  von  Korridor  herge- 
stellt wird.  In  der  Nälie  der  Wohnungen  erheben  sich  kleine  Vorrathsbauten.  Die 
M.  haben  eine  schmutzig  liclitbraune  Hautfarbe,  ihre  Schneidezähne,  durch  das 
Zerbeissen  getrockneter  Maiskumer  abgenutzt,  sind  bloss  halb  so  lang  als  uic  die 
der  Europäer.  Die  Männer  haben  starken  Bartwuchs,  den  sie  aber  sorgfältig  ent- 
fernen. JeUt  haben  beide  Geschledner  schon  viel&ch  europaische  Kleidung»- 
«tOcke.  Beide  tragen  das  Haar  in  Flechten' und  beide  rauchen.  Polygamie  ist 
gestattetp  aber  selten  geObt,  auch  herrscht  «ne  gewisse  MoraHtKt  im  Familienleben. 
Die  M.  sind  sehr  aberj^ubisch  und  verehren  einen  guten  und  einen  bösen  Geist. 
Bei  einenj  Todesfall  unterziehen  sie  sich  anhaltender  Waschungen  während  vierzig 
Tage  und  schlachten  ein  Ross,  damit  die  Seele  des  Verstorbenen  in  den  Himmel 
(»Okiiimborä*)  kommt.  Sie  kennen  auch  eine  Hölle  xArikrom^«,  alle  Bekehrungs- 
versuche sind  aber  bei  ihnen  fehlgeschlagen.  Sie  verbrennen  die  I,eichen  und 
haben  Medizinmänner,  die  sie  indess  erwürgen,  wenn  sie  in  ilixen  Weissagungen 
dreimal  irren,   v.  H. 

Mohawk.  Ü.me  der  »fünf  Nationent  der  Irokesen  (s.  d.).  Sie  haboi  W«k- 
zeuge,  HausgerKtbe  undSchmuckgegenstlnde  hinterlassen,  welcheeinenintereiaanteii 
Beitrag  sur  Geschichte  des  Steinzeitalters  liefern.  H. 

Mohegana.  Erloschener  Indianerstamm  der  Leni-I.enape,  die  sogen.  fMoht* 
fcaner«,  dgentlich  Muhhelcanew.  Sie  lebten  namentlich  in  Connecticut  und  bis 
zum  Hudson  im  Staate  Newyorfc.    v.  H. 

Mohiau  oder  Wahiau.  Noch  sehr  wenig  bekannte  Völkerschaft  des  Sambesi- 
bedcens  in  Alrika.    v.  H. 

Mohikaner,  s.  Mohegan.     v.  H. 
Mohmand,  s.  Momund.    v.  H. 

Moho,  I.Ess.,  ^yn.  AcrulocercuSt  Cab.,  8.  Krausschwänze.  Rchw. 
Mohrenaffe,  Meerkatzen  Art,     Cercocebus»  Is.  GSOFFR.     v.  Ms. 

Mohrenhühner,  s.  Negerhuhn.  Din?. 

Mohrenköpfe.  Mit  dieser  Bezeichnung  belegt  man  drei  im  übrigen  ganz 
verschiedene  Haustauben:  eine  Feldtaube,  einen  Tümmler  und  eine  Mähnen- 
taube. Die  erstere,  CoL  dorn,  agrestts  atriajfs,  zeigt  den  Typus  der  Feldtauben: 
Kopf,  Kinn,  Kehle  und  Schwanz  woA  bei  wdssem  Gefieder  schwarz,  die  Füsse 
meist  unbefiedert^  die  Augen  sollen  dunkd  sein,  der  Hinterkopf  trttgt  eine  breite 
Federiiaube  (Moschelhauhe).  Man  sflchtet  auch  blau^  höchst  selten  aber  gdbe 
und  rodie  Farbenköpfe.  Sie  sind  in  Mittel-Deutschland  zu  Hause.  —  Der  Mohren- 
kopf, besw.  Farbenkopf>Tttmmler  stimmt  in  Färbung  und  Zeichnung  mit  voriger 
tlherein,  nur  milssen  bei  diesem  die  innerem  (vorderen)  Federn  der  Haiibe  farbig 
und  nur  die  hmteren  weiss  sem,  während  bei  der  M. -Feldtaube  die  Haube  durch- 
weg rein  weiss  bleiben  muss.  Das  Auge  ist  perlfarbig,  der  Fuss  kurz  oder  lang 
befiedert  oder  auch  glatt  Er  züchtet  und  füttert  fleissig,  fliegt  gut  und  burzclt 
htufigsehr  schön.  Der  Schmalkaldener  M.  oder  die  MAhnentaube  ist  krftitiger 
und  llqger  als  die  Feldtanbe,  ca.  58  Centim.  lang  und  durch  eine  aus  4—5  Centim. 
langen,  wcidicn,  lockeren,  in  der  oberen  Hilfte  zendilissenen  Federn  gebildete 
flppige,  vom  Genick  aus  sich  entfaltende  Mähne  oder  PerrUcke  ausgezdchnet  Die 
meisten  dieser  Federn  fallen  nach  vom  und  unten  bis  auf  die  Schultern,  und  die 
der  rechten  und  linken  Halsseite  schliessen  imten  an  der  Brust  fast  zusammen, 
Der  Fuss  muss  stets  \ind  reich  befiedert  sein,  gute  Vögel  haben  7  — 10  (  cntmi. 
lange  Federlat&chen.   Kopf,  Vorderhals  und  Schwanz  sind  schwarz,  das  übrige 


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44» 


Mehrettlcopf-Papagei  —  Mol. 


Gefieder  weiss,  das  Schwarz  darf  nicht  im  Geringsten  die  Mähne  ergreifen.  Dm 
Auge  ist  srhon  rfnnVolbraun.    Die  Z(iclitiing  bietet  manche  Schwierigkeit.  Dür. 

Mohrenkopf-Papagei,  Ppfocrf^hclus  senri^alw;,  L.,  häulig  in  Gefangenschaft 
gehaltene  Tapageicnart  von  West-Afrika  (s.  l'ococephalns).  Rlhw. 

Mohrenlerche,  Aiauäa yeÜonUnsis,  Forst,  (iatarua,  Pall.),  s.  Aiauda.  Rchw. 

Mohfenmakii  iMmt^  mteato^  %.  I..einur,  Gboftr*  Ufo. 

MohreiqMiviaii,  oderSchopfpavian  (C^ocepkahis  «(pwTtDBSM.),  s.Qmocq>halti% 
Briss.    V.  Iis. 

Mohrensalatnandef»  a.  Salamander.  Ks. 

Mohrente  =  Bergente,  Fuligula  marila,  L.|  S.  Fuligula.  RchW« 
Mohrhahn  oder  Moorhahn  =  Birkhahn,  Tetrao  tftrix,  \..  Rcirw. 
Mohumbe.  So  werden  im  westhchen  Süd-Afrika  die  Abkömmhnge  der  Humbe- 
Race  genannt,  die  ausser  in  Bihf'  auch  an  manchen  anderen  Orten  angetroffen 
werden  und  namentlich  der  Küste  gegenüber  zwischen  Mo&sämedes  und  Benguella, 
Vemllcht  mit  den  Mundombe,  den  ursprünglichen  Bewohnern  des  Landes. 
Heute  wird  die  echte  Mobumbe-Race  durch  den  »Adele  und  die  Wohlhabenden 
reprjlaentiit»  doch  rind  diese  durch  Vermischung  mit  vielen  anderen  Racen  ctuk 
entartet    v.  H. 

Mol.  Dieser  Name  bezeichnet  im  Annamitischen  Uberhaupt  unabhängige 
Bergbewohner,  ist  also  gleichbedeutend  mit  Kha  (s.  d.)  und  umfasst  eine  Reihe 
noch  wenig  bekannter  Völkerschalten,  deren  ethnische  und  linguistische  Ver- 
wandtschaft hoch  durchaus  unsicher  ist,  wie  beim  Artikel  Khn  =:rhün  bemerkt 
Worden  Ist.  Dort  wurden  auch  einzelne  dieser  Stämme  namliau  gemacht  Im 
folgenden  stellen  wir  zusammen,  was  Uber  die  speciell  M.  genannten  Stimme 
bekannt  geworden  ist.  Dr.  Harmand  besuchte  die  M.  der  Frovins  Bien>hoa, 
welche  «wischen  dem  Dona!  und  dessen  Nebenflüsse  Song*be  wohnen  und  staifcen 
annamitischen  Einfluss  seigen.  In  ihrer  Race  sind  Spuren  von  annamiti»:hem, 
kambodschischem,  Penong^  und  selbst  chinesischem  Blute  vorhanden.  Sie  glauben 
an  böse  Geister,  denen  sie  bei  jeder  wichtigen  Handlung  eine  Art  Sflhnopfer 
bringen  Irtre  i lullen  stehen  auf  2  Meter  hohen  Pfählen  über  dem  Boden;  die 
Wände  derselben  sind  nicht  senkrecht,  sondern  wie  bei  den  Stieng  (s.  d.)  von 
aussen  nach  innen  geneigt.  Der  so  gebildete  dreieckige  Kaurti  ist  mit  Wand- 
brettcfn  aus  Bambu  ausgestattet.  Von  Charakter  sind  diese  M.  hundertmal 
besser  als  die  Annamiten.  An  Walfen  ftthnm  sie  eine  Armbiost  mit  gewdtanKdien 
oder  veigjfteten  Pfeilen  und  einen  Hirschfilnger,  die  Dorfhttuptlinge  ausserdem 
eine  breite,  scharfe  und  sehr  lange  Eisenklinge,  die  in  einer  Sdieide  steckt  und 
deren  Griff  in  eine  lange  konische  Eisenspitze  ausläuft,  so  dass  sie  gleichzeitig 
als  Handwaffe  und  zum  Werfen  dient.  Mit  ihr  greifen  sie  die  Elephanten  an. 
Im  Gebiete  des  Donai  fand  Am^d^e  Gautikr  M.,  die  sich  selbst  Moka  (s.  d.) 
nennen.  Am  Dare-glonne  wohnen  die  Benons,  am  Direman,  und  zwar  aus- 
schliesslich auf  dem  südlichen  Ufer  die  Belo.  Die  des  Anuamatischen  mächtigen 
M.  in  der  fransösisdien  Kolonie  Cochinchtna  unlersdimden  sich  von  ihren  im« 
abhängigen  Brttdem  ebenso  sehr,  wie  diese  von  den  Annamiten;  erstere  haben 
viele  ihrer  ur^rtlnglichen  EigensdMifteo  verloren  und  dalQr  die  Laster  dar  Anaa^ 
miten  angenommen.  Die  unabbingigen  Stämme  der  M.  sind  dagegen  höchst 
anstindig,  arbeitsam  und  weniger  abergläubisch,  voll  Liebe  zur  Familie,  hoher 
Achtung  vor  dem  Rechte  Anderer  und  unbe;^rthmbarer  Freihcitsliehe  Die 
Wohnungen  dieser  M.  sind  sich  alle  gleich"  Pf.itühütten,  welche  15 — 30  und  noch 
mehr  Menschen  beherbergen,  30 — 40  Meter  lang  tmd  15  Meter  breit,  innen 


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Mokao  —  Mokoa.  443 

und  sw«r  in  der  Mitte  der  Hütte  finden  sich  in  r^lmämigen  Zwischenrttumen 
5 — 6  Fetierstellen,  jede  die  Stätte  einer  Familie  bezeichnend.  Bei  den  M.  am 
Donai  sind  dieselben  nicht  von  einander  getrennt,  bei  denen  jenseits  des  flrenz- 
gebirges  jedoch  ist  jede  Haushaltung  von  der  nächsten  durch  eine  mannsliohe 
Wand  abgesondert.  Die  Dörfer  sind  von  einer  doppelten,  oft  dreifachen  Bambu- 
hecke  umgeben.  In  der  Nähe  aber  im  dichtesten  Walde  haben  sie  andere  kleine 
Hatten,  in  denen  «e  ihre  Kostbarkeiten  aufbewahien.  In  der  Familie  hat  der 
Mann  seine  Beschäftigungen  und  die  Fiau  die  ihrigen;  die  Frau  geniesst  Achtung 
und  Ansdien  und  verdient  dieselben.  Ehebruch  ist  unbekannt.  Der  wahre 
Herr  im  Hause  ist  das  von  Liebe  und  Sorge  gehütete  Kinr!  Vielweiberei  ist 
sehr  selten;  auch  von  der  angeblich  vorkommenden  Polyandrie  sah  GAt'TirR 
kein  Beispiel.  In  hohem  Ansehen  steht  die  Höflichkeit.  Gastfreundschaft  wird, 
wenn  einmal  das  Eis  gebrochen,  aufrichtig  und  von  Herzen  gewährt.  Bei  ihren 
Festlichkeiten  herrscht  ruhige  Heiterkeit;  unter  dem  Einflüsse  des  Reisbrannt- 
weins wird  die  Unterhaltung  wohl  lebhaft,  aber  zu  Streitigkeiten  kommt  es  nie. 
Die  Sidaverei  ist  sehr  müde.  Die  Sklaven  werden  wie  Familienmitglieder  be- 
handelt»  können  sich  verheirathen,  selbst  mit  der  Tochter  ihres  Herrn,  hören 
aber  damit  nicht  auf,  Sklaven  xu  sein.  Doch  hat  die  Sklaverei  nichts  Erniedrigen- 
des. Die  öflendiche  Meinung  wahrt  in  gleicher  Weise  die  Rechte  des  Herrn 
wie  des  Sklaven  und  zieht  beiden  die  Grenzen  ihrer  Rechte  und  Pflichten.  Die 
Ehe  kann  man  wie  eine  Art  gemilderter  Sklaverei  ansehen.  Eine  Tochter,  welche 
sich  verheirathet,  verlässt  da.s  Elternhaus  nicht,  sondern  der  Gatte  muss  in  das 
Haus  seiner  Frau  ziehen,  wenn  er  nicht  dem  Schwiegervater  als  Ersatz  für  die 
Tochter  einen  Sklaven  su  geben  vermag.  Es  henscht  eine  Art  Vendetta,  tComan«. 
Wird  den  länwohnem  eines  Dorfes  erkUbt,  sie  seien  »coman««  so  heisst  das» 
man  fordert  von  ihnen  bei  Strafe  der  Vernichtung  das  Gutmacben  eines  Un- 
rechtes, einer  Ungerechtigkeit  oder  eines  Diebstahles,  dessen  sie  sieh  schuldig 
gemacht  haben.  Die  Kleidung  der  Männer  besteht  aus  einem  SMtek  Zeug» 
welches  um  den  Leib  geschlungen,  zwischen  den  Beinen  durchgezogen  und  vorne 
befestigt  wird.  Die  Frauen  tragen  dasselbe  Stück  Zeug  etwas  breiter  nach  Art 
eines  kleinen  Unterrockes;  meist  aber  pehen  sie  ganz  nackt,  abgesehen  von 
einem  hinten  hängenden  läppen,  der  jijieichäam  ihre  Arbeit&tracht  voiätcliL. 
Beide  Geschlechter  wickeln  die  Haare  nach  annamitischer  Weise  «nsunmen;  nur 
die  Männer  stecken  mitunter  mne  lange  Nadel  vcm  Hola  oder  Kupfer  hinein, 
die  mit  Federn  oder  bunten  Quasten  veniert  ist  v.  H. 
Mokao,  s.  Mokoa.     v.  H. 

Mokasse.   Stamm  der  SamcjcMlen  (s.  d.)  am  Tai^  im  Westen  vom  Jenis- 

sei.     V  H. 

Mokhtar  oder  Ulad  el  Mokhtar,  einflussreicber  Stamm  der  Araber  in  der 
Saharaoase  Tuat.      v.  H. 

Mokinfores.  Ganz  kleine  Völkerschaft  Senegambiens  in  der  Nahe  von  Qui- 
hole.  DieM.  ans  Futa^D^aHon  sind  eoüiommene  Gefangene;  sie  leben  vereinadt 
in  Mitte  ihrer  Sflmpfe  ohne  sich  in  Dörfer  au  vereinigen.  Sie  bauen  den  «i 
ihrer  Nahrung  nothwendigen  Reis  und  etwas  Arachiden,  wdche  sie  gegen  Walfen 
und  andere  Bedarfsgegenstände  vertauschen.  .Zwischen  ihnen  und  den  Fulbe 
herrscht  Todfeindschaft.     v.  H. 

Mokkua,  s.  Ma-kua.     v  II. 

Mokoa  oder  Mokao.  Stamm  der  Moi  (s.  d.)  am  Donai;  die  M  stehen 
moralisch  tiefer  in  vielen  Funken,  als  die  M.  am  Dare-glonne  und  Direman.  Da* 


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444 


Moksch»-llord«incn  —  MoDenkOpfe. 


bei  sind  sie  über  alle  Maasscn  abergläubisch  und  anscheinend  viel  weniger  bc> 
herzt  im  Kampfe  mit  den  Waldthieren.     v.  H. 

Mokscha-Mordwinen.  Einer  der  zwei  dialektisch  geschiedenen  Stamme 
der  Monhrinen  (s.  d.)  an  der  Sara  und  Mokscha.     v.  H. 

MoUDas,  8.  Molele.    v.  H. 

MoUuaghL  Mit  diesem  Namen  bexeidinet  man  die  Bewolmer  der  Saader' 

bands  in  OsMndien.   Sie  haben  im  Allgemeinen  eine  sehr  actainuie  Hautfarbe,  t 
kleinen  Wuchs  imd  ansehnlichen  Körperbau;  ihre  Beschiftigimg  besteht  im  Fisdi- 
fimg  und  der  Herstclhmj;  von  Seesa!?       v.  H. 

Molarzähne,  s.  Zahne  und  Verdauungsorganeentwicklung.  Grbch. 

Molathemin,  d.  h.  »die  Verschleierten* ,  Beinamen,  welchen  die  Araber  den 
i  uank  wegen  des  Gesichtsschleiers,  des  »Lithamc,  geben.     v.  H. 

¥bikik»gt^Salamimdrim  (s.  d.);  specieller  entspricht  der  Name  der  Gattoi^ 
Trihn  (s.  d.),  snmal  in  vielen  Ziisammensetaungen,  als  Wasseraiolch»  Tckhaioldi 
Fenermolch  n.  s.  w.  In  manchen  anderen  ZnsammentecnmgeQ  dagegoi  be- 
«dehnet  er  auch  Arten  anderer  Gattungen,  a.  B.  Mensdienmolch  (Amärißi), 
Rippenmolch  (Fieurodeles)  etc.  Ks. 

Molcheentwicklung,  s.  T.urcheentwckliing.  Grbch. 

Moldauer  Schwein,  eine  dem  Wildschwein  sehr  ähnliche  und  nah  verw  andte 
Race.  Der  ganze  Körper  derselben  ist  mit  gekrausten  Borsten  Ijeset/r.  Die 
Ferkel  kommen  gestreift  zur  Welt  und  erhalten  erst  später  die  der  Race  eigene 
dmikle  Farbe.  Die  Thiere  wachsen  zwar  aaemlich  schnell,  doch  erreichen  »e 
meist  nur  ejn  Körpergewicht  von  100—130  Kilo.  Das  irilde,  onnihiee  Teoop 
perament  eignet  diese  Schweine  nicht  flir  die  Stallhaltung;  sie  sind  daher  vor- 
zugsweise Weidethieie.  Kopf  rdativ  klein  und  schmal;  Ohren  aufiech^  atuh 
behaart;  Hals  kurz;  Rücken  gekrümmt;  Rumpf  flachrippig  und  kurz;  Hinter- 
theil  schmal;  Bauch  aufgeschdrzt;  Hals  und  Rücken  mit  langen  Borsten  mähnen- 
artig bewachsen;  Beine  hoch  und  kräftigj  Schwanz  geringelt;  Farbe  schwais 
und  dunkelbraun.  R. 

Moldauisches  Zackelachaf «  ungarisches  Z.  (s.  d.).  R. 

Molele.   WaiUaptuindianer  Oregons,  1841  fast  ausgestorben,     v.  H. 

Molgula  (Beutelchen,  lat.  Verkleinerung  des  gr.  mdgos),  Fokbis  1853,  kugel- 
förmige etoAche  Ascidie,  nicht  angeheftet,  sondern  ftei  im  Sand  oder  sandigem 
Schlick,  oft  mit  emer  anklebenden  Sandschichte  überdeckt,  beide  Oeflfoongen  zu 
kurzen,  rttdczidibaren  Röhren  verlängert,  die  Kiemenöfihung  sechslappig,  die  Aftsr- 
öflfnung  vierlappig.  Entwicklung  abgekürzt,  indem  das  Stadium  einer  schwimmen- 
den, langgeschwämten  Larve  ganz  wegfällt,  bei  M.  macrosiphonia,  oder  auf  eine 
kurze  Zeit  und  Aufenthalt  zwischen  Kiemensack  und  Hautmuskelschlauch  be- 
schränkt ist,  ohne  auszuschwärmen,  bei  M.  nana.  Mehrere  Arten  in  der  Nord- 
see, 1—2  Centim.  im  Durchmesser,  die  beiden  vorgenannten  Arten  auch  in  der 
Ostsee,  M.  otulaia  mit  a  dunklen  Fledcen,  wie  Augen,  an  den  englisdien  Kdsten. 
KuPTKR  in  den  Jahresberichten  der  Commission  s.  vissenach.  Unteisuehung  d. 
deutschen  Meere,  Jahrgang^  I.  pag.  135—137  und  II,  m,  1875,  pag.  SS3  bis 
««7-     E.  v.  M. 

Molibae.  Nach  Ptolemägs  eine  Völkerschaft  im  alten  Aethiopien.  v.  H. 
Molindae.   Von  Plinius  angeführte  Völkerschaft  Indiens,  vielleicfat  identisch 

mit  den  Mmundae.      V.  H. 

Molinia,  Cray  =  Crocoäüus,  Cuvier.  Pf. 
MoUenköpfe  =  Kaulquappen  (s.  d.).  Ks. 


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MoUnumi  —  IfoUudMU. 


44S 


Mollmaus  =  Wasserratte,  Schermaus  etc.,  s.  Arvicola.     v.  Ms. 

Mollusken  oder  Weichthicre,  eine  Hauptabtheilung  des  Thterrcicbs  (Kreis 
oder  Unterreich),  von  den  höheren  Wirbeithiercn  durch  den  Mangel  Lines  inneren 
Körperskeletts  und  die  relative  Lage  der  inneren  Organe  —  Herz  {B)  an  der  Rücken- 
seite i  Hauptnervenstäinme(^  an  der  Bauchseite — verschieden  und  in  diesen  beiden 
Hinaichten  mit  den  GKederthieien  flbereinstiininend,  von  denen  die  Mollusken  aber 
durch  dasFehlen  einer  regdmltsngeB  Wiederholung  Hhnlicher  Kdipertbeile  von  vom 
nach  hinten  (Gliederung  Segmentirong)  sich  wesenüich  untertdiMden;  gegen  die 
niedrigeren Thierfornien,  wie  Strahlthiere  und  Proto;roen,  gienien  sich  die  Mollusken 
dadurch  ab,  dass  ilir  Körperbau  bei  allen  der  Grundlage  nach,  bei  vielen  auch 
im  Einzelnen,  bilateral  ist,  d.  h.  nach  vorn  und  hinten  ebenso  wie  nach  oben  und 
unten  verschieden,  nur  rechts  und  links  gleich,  wie  bei  allen  höheren  Thieren, 
und  dass  die  Vermehrung  nur  durch  geschlechtliche  Foripilanzung,  Befruchtung 
von  Eiern,  erfolgt,  nie  durch  Knospung  oder  Tbeilung.  Nur  gegen  die  Würmer, 
die  ja  Überhaupt  eine  vielgesta Inge  Ucbergangsrdhe  swtschen  höheren  und  niederen 
Tlueren  bilden,  ist  keine  scharfe  Grense  mit  wenigen  Worten  ansugdien;  das  Ent- 
scheidende is^  dasi^  wo  bei  den  WQnnem  eine  höhere  Diflferensirung  des  Köiper> 
baus  im  Aeussem  oder  Innern  vorkommt,  diese  als  Gliederung  von  vom  nach 
hinten  (vergl.  oben)  eintritt,  bei  den  Mollusken  aber  in  drei  gegenseitig  in  ein- 
ander übergehende  Körpcrtheile,  einen  vorderen,  oberen  und  unteren  äusserlich 
als  I  Kopf,  n  Mantel  und  III  Fuss  hervortretend.  Diese  Dreitheilung  des  Körpers, 
das  am  meisten  positive  Kennzeichen  der  MuHusken,  zeigt  sich  auch  in  den  Central- 
theilen  des  Nervensystems,  wie  die  Längsglicdcrung  bei  Glieder*  und  Wirbel- 
thieren,  indem  5  Paare  von  Nervenknoten  (Ganglien)  besonders  hervortreten,  die 
beiden  Kiq»Q^g]jen  Aber  dem  Schlünde  auch  als  Gehirn,  Central^uiglien 
bezeichne^  die  Seitenganglien  (Pfeursl-Gani^en)  rechts  und  links  davon,  von  denen 
die  Nerven  Air  Mantel  und  Eingeweide  ausgehen  {N^),  zum  Theil  mit  neuen  unter- 
geordneten Knoten  und  drittens  die  Fussganglien  an  der  Unterseite  des  Körpers  (iV|). 
Die  äussere  Körperbedeckung  (Haut)  ist  der  Grundlage  nach  eine  gleichmässig 
weiche  und  feuchte,  an  jeder  Stelle  nach  verschiedenen  Richtungen  beweglich, 
passiv  und  durch  unterliegende  Muskeln  activ,  wie  bei  vielen  Wirbellhieren  und 
im  Gegensatz  zu  den  höheren  Gliederthieren,  daher  der  Name  Weichthiere; 
aber  eben  desshalb  auch  schutslos  gegen  Einwirkung  von  aussen  und  daher 
bildet  sich  die  Haut  der  Rflckenseite  bei  der  grossen  Mehrzahl  dieser  Thiere 
SU  einer  Scbutadecke  au^  die  fllr  die  ganse  inasere  Erscheinung  ansschlaggebend 
wird,  indem  sie  einerseits  nach  rechts  und  links,  vom  und  hinten  kappenartig 
über  den  Übrigen  Körper  vorspringt  (Mantel  .^1/?),  andrerseits  durch  Einlagerung 
von  festeren  Stoffen,  namentlich  kohlensaurem  Kalk,  selbst  widerstandsfähig,  leder- 
artig bis  steinhart  wird  (Schale)  und  zwar  beides  bei  verschiedenen  in  sehr  ver- 
schiedenem Grade:  so  ist  bei  unscm  Land-Nacktschnecken  nur  ein  Theil  der 
Rückenhaut  durch  eine  Furche  umgrenzt  und  durch  eingelagerte  Kalkkömchen 
fester,  so  dast  sieb  nur  der  Kopf  daninler  verbergen  kann,  bei  mehieien  Nackt- 
aebnedt«)  des  Meeres  (Doris)  abw  die  ganse  Rttckenbaut  durch  eingelagerte 
Kalknadeln  veiatflikt  nnid  ringsum  ttbemgend,  bei  einigen  Tintenfischen  eine 
dünne,  schmale,  biegsame  Homplatte  in  der  ROckenhaut  eingelagert,  bei  andern 
(Sepia)  eine  breite  dicke  Kalkplatte.  Bei  den  mdileii  Schnecken  und  fast  allen 
Muscheln  erfllllt  die  eingelagerte  zusammenhftngende  KnlkTn.-^sse  die  Rfickcnhaut 
nahezu  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung,  so  dass  untcrliu  b  nur  eine  dünne  organische, 
dem  Stoffwechsel  zugängliche  Schichte  bleibt,  oberhalb  eine  noch  dünnere  Cuti- 


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446 


Mollusken. 


(Z.  81— 8S.)  Typischer  Bau  der  Mollusken. 


Cephalopod  (Sepia).    Längsdurchschnitt  Schnecke  (Pahtdina),  durchscheinend. 


Muschel  (Cnio).  Längsdurchschnitt. 


Symmetr.  Schnecke  (Chiton).    Querdurchschnitt  Muschel  Querdurchschnitt. 


I  Kopftheil,  II  Mantel-  und  Eingewcidetheil ,  III  Fusstheil.  A  After,  D  Darm,  F  Fühler, 
Fs  Fuss,  //  Hcn,  A'  Kiemen,  iMd  Mund,  Mg  Magen,  Mt  Mantel  mit  Schale,  iV,  Nervenknoten 
für  den  Kopftheil,  iV,  fUr  den  Eingeweidetheil,  N,  für  den  Fusstheil,  Sckl^  vorderer,  Schl^  hinterer 

Schliessmuskel,  V  Venen. 


1  y  GoOgl 


MoUusken. 


447 


cularschicht;  dem  Stoflfwccbsel  entzogen,  beide  an  den  freieren  Rändern  der 

Peripherie  zusammenhängend:  das  ist,  was  man  eine  äussere  Schale  nennt, 
und  diese  selbst  kann  sich  wieder  über  den  gani^en  Rücken  erstrecken  und  so 
das  ganze  Thier  von  oben  schüt/cn,  vollständige  Schale,  oder  nur  einen 
Theil  der  Rückenfläcbe,  unvollständige  Schale;  wo  letzteres  der  Fall  ist, 
bedeckt  sie  wenigstens  die  Stelle  der  wichtigsten  Eingeweide,  wie  Herz,  Leber, 
Geachlechtadrflaen,  so  bei  der  Gattang  fSArüM.  Bei  der  vollstliidigen  Sebale 
geht  der  lifontel  mehr  oder  weniger  in  derselben  auf  oder  setst  sich  nur  in  ein- 
zelnen weicfaen  happm  fJFfysa,  Amphiptfika,  Cypraea)  ttber  deren  Rinder  fort. 
Innerhalb  der  festen  Kalkschale  selbst  ist  der  Stoffwechsel  so  gut  wie  erstorben 
und  dieselbe  kann  daher  nicht  durch  Ausdehnung  von  innen  herauswachsen, 
würde  daher  bei  fortschreitendem  Wachsthum  des  ganzen  Thieres  bald  zu  klein 
werden,  wenn  nicht  an  ihrem  Umfang  immer  wiederneue  Kalkmassen  vom  leben- 
den Mantel  aus  angesetzt  würden,  und  zwar  in  doppelter  Art,  von  den  freien 
Mantelrändem  aus  Länge  und  Breite  der  Schale  vergrössemd  und  zweitens  von 


der  untoliegaiden  lebenden  Hantschichte  ans  die  Schale  verdickend,  daher  sehen 
wir  an  der  Schale  ungleichzeitige  Bildungen  neben  emaader,  oft  d«r6h  Linien 
deutlich  abgegrenzt  und  awnr  so^  dass  oben  {e,m)  das  fiHher  Gebildete  nsvecladert 

oder  nur  von  aussen  mechanisch  abgenützt,  im  Umfang  und  an  der  Unter<k  bs* 
ziehungsweise  Innenseite  {b)  die  letzte  Bildung  sichtbar  ist,  und  so  kann  man  noch 
an  der  erwachsenen  Schale  durch  Berücksichtigung  der  Anwachslinien  die  oft 
abweichende  Gestalt  der  jugendlichen  Schale  in  ihren  verschiedenen  Stufen  er- 
kennen. Die  Berührungspunkte  der  zur  Schale  erstarrten  Kuckcnliaut  mit  ein- 
zeln unterliegenden  Organen  erleiden  daher  auch  während  deä  Wachsthumä  eine 
fortachidiende  Venehlebung  nach  aussen,  wdl  die  dnaelacn  Punkte  der  Schale 
nicht  wie  die  des  wichsenden  Weidikdipers^useinanderrOcken;  dieses  seigt  sich 
deutlich  s.  B.  an  den  Muskeleindrttcken  der  Muschehi  und  an  dem  Scblitzband 
der  JHeurotomen  und  PUurotomarien.  Dieses  eigenthtlmlidie  Verhalten  findet 
sich  bei  allen  echten  Molluskenschalen,  ihre  Gestalt  mag  noch  so  verschieden 
sein.  —  Das  hauptsächlichste  Bewegungsorgan  der  Molhjsken  ist  der  sogen. 
Fuss  {^Fs)t  ein  in  verschiedener  Weise  speciaiisirt  ausgebildeter,  immer  nxuskelreicher 


(2.«-SVJ 


C 


\ 


^ujui^uo  i.y  Google 


448 


Theil  der  unteren  Körperliaut  von  der  NTitfelUnie  aus  sich  mehr  oder  weniger 
weit  nach  rechts  und  links  erstreckend,  nur  selten  (bei  den  Ptempoden)  in  einen 
getrennten  rechten  und  Unken  Lappen  zerfallend.    Die  Art  der  Bewegung  ist  sehr 
verschieden,  die  Ausgiebigkeit  und  Schnelligkeit  derselben  meist  mas&ig  oder 
gering,  zuweilen  ut  beim  eiwachsenen  Thier  die  Ortabewegung  ganz  au%ehoben. 
Von  Sinneaoiganen  finden  vir  bei  den  meisten  MoUtttken,  die  einen  aimge^ 
bildeten  Kopf  teigen,  mn  demselben  ein  Paar  Augen,  die  im  Ben  deaen  der 
Wtrbeltfalere  ihniiGli  sind»  ausser  dass  die  Stäbchenschidite  in  der  Netsbant  eine 
andere  Lage  hat  (vergl.  (Iber  das  Einzelne  Bd.  I,  pag.  396);  nur  bei  den  Muscheln, 
bei  denen  der  dem  Kopf  entsprechende  Körpertheil  bleibend  von  Mantel  und 
Schale  verhüllt  sind,  finden  sich  hier  keine  Augen  \ind  dnOir  öfters  zahlreichere 
von  einLK  hcrcm  Bau  an  ganz  andern  vorragenden  Kurperstellen,  den  Mantelrändem 
und  Athenirohrcn.     Gchururgane  finden  sich  bei  den  meisten  Mollusken  und 
zwar  als  kleine  Bläschen  (Otocysten),  welche  ein  oder  mehrere  Kalkstückchen 
(Otolith,  Otoconien)  enthalten  und  im  Torderen  KAipeithdl  unter  der  Haut  un- 
mittelbar auf  einem  Nervenknoten  aufliegen  (Bd.  m,  pag.  344).  Tastoigane  rind 
als  ein  oder  mehrere  Paare  weicher  beweglicher  Foitsätte  der  KOiperhant  {F)  von 
verschiedener  Form  zu  den  Seiten  des  Mundes  bei  den  meisten  Mollusken  vov- 
banden,  als  Arme  bei  den  Cephalopoden,  Ftihler  bei  den  Schnecken,  Taster  oder 
Palpen  bei  den  Muscheln  bezeichnet.   Der  Mund  (Afif)  befindet  sich  stets  am  Kopf- 
eniie  des  Körpers  und  ist  namentlich  bei  tlcn  (Jcphalopoden  und  den  meisten 
Schnecken  mit  hornigen  Kiefern  von  vcrsciuedcncr  Zahl  und  Gestalt  und  mit 
einer   vor-  und  rückschiebbarcn,   zahlreiche  rückwärts  gerichtete  Zahnspitzen 
tragenden  Reibplatten  (Radula,  auch  Zunge  genannt)  zur  mechanischen  Zer- 
kleinerung der  Nahrung  versehen,  sowie  mit  Speidieldiüsen  sur  chemischen  Ein- 
wirkung auf  dieselbe;  diese  TheQe  fehlen  aber  den  Muschehi,  die  nur  von  den 
mit  dem  Wasser  eingezogenen  organischen  Substanzen  leben.  Der  Dannkanal  (/>) 
hat  immer  eigene  Wände,  erweitert  sich  meist  zu  einem  Magen  dessen  Nähe 

die  Ausfiihrungsgänge  der  umfangreichen  Leber  (ITepato-pancrtas,  da  ihr  Sekret 
zugleich  auch  die  Wirkung  des  Pankreassaites  bei  den  Wirbelthieren  ausübt) 
einmündet  und  endet  immer  mit  eigener  Oeffnung  {A),  bei  den  Muscheln  und  einigen 
Schnecken  in  der  Mittellinie  des  hintern  Körpertheils,  dagegen  sich  umbiegend 
nach  unten  and  vorn  bd  den  Cephalopoden,  unsjonmetiisclf  seitüch  bd  den 
meisten  Sdmecken.  Die  Athmungsorgane  sind  sdir  veischieden,  auf  den  nieder-> 
sten  Stufen  dient  die  iusseie  Kaut  Oberhaupt  als  solchesi  meist  aber  sfaid  es 
bestimmt  geformte  gefilssreiche  Fortsäfese  der  äusseren  Haut,  die  vom  Waaier 
umspttlt  werden  (Kiemen  K\  und  deren  geometrischer  Ort  so  su  sagen  die  Körper- 
Seite  zwischen  Mantel  und  Fuss  ist,  mehr  oder  weniger  vom  Mantel  überragt  und 
beschützt,  beiderseitig  oder  nur  an  einer  Seite,  und  oft  durch  tiefere  F.inbuchtung 
der  betrcflenden  Organe  den  Schein  innerer  Organe  annehmend.  Dieses  ist  bei 
aller  sonstigen  Verschiedenheit  der  Kiemen  den  Mücheln,  Cephalopoden  und 
den  meisten  Wasserschnecken  gemeinsam;  die  grösste  Mannigfalt^keit  bierin 
findet  sich  in  der  Klasse  der  Sehnedcen  und  auch  nur  unter  ihnen  giebt  es  Lnik- 
alfamer  unter  den  Mollusken  (s.  Lungenschnecken).  Zum  Kveidauf  des  meist 
farblosen  Blutes  —  ausnahmsweise  roth  bei  Jian»rbk  —  dient  immer  ein  rnnsknlttise 
Hers  {H)  und  besondere  zuführende  und  abführende  Blu^efässe  ( V),  die  theils  durdt 
wirkliche  feinste  vermittelnde  Capillargefasse,  theils  auch  nur  durch  Hohlräume 
zwischen  andern  Körperorganen  ohne  eigene  Wand  verbunden  werden:  auch  wo 
ein  gut  ausgebildetes  speciell  lokalisirtes  Athmungsorgan  vorhanden  ist,  bleibt 


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MoUtwkcn. 


449 


der  Kreislauf  eiii  einfiftcher,  vom  Heiz  direkt  zu  den  Körperorganen  und  auf 
dem  Rückweg  die  Athmungsorgane  passirend,  nicht  auf  dem  Hinweg  wie  bei 
den  Fischen.  Die  Kxistenz  eines  daneben  bestehenden  gesonderten  Systems  von 
andern  Gefassen  im  Innern  des  Körpers,  um  Wasser  von  aussen  aulzunehmen 
und  wieder  dahin  zu  entleeren,  ist  in  letzter  Zeit  sehr  zweifelhaft  geworden;  was 
man  iruher  als  Beweis  daiur  anlührte,  scheint  sich  tliatsächlich  darauf  zu  be« 
schränken,  dass  die  Kdrperbaut  bei  Laodschnecken  durch  Imbibition  vedtältniBS- 
mässig  grosse  Waaiennanen  aufiBehmeii  kann  und  da»  ttberiianpt  maadteilei 
Dittsenitume  exisdren^  die  sieb  nach  aussen  Oflhen.  Ein  besonderes  Absonderung»- 
oigan,  der  Niore  der  Wirbelthiere  veigleicbbar,  kommt  bei  allen  MoUusken  vor 
und  hat  seine  Stelle  stets  in  der  nächsten  Nachbarschaft  des  Herzens «  steht 
sogar  meist  mit  dem  Pericardialraum  in  direkter  Verbindung  (vergl.  BojANus'sche 
Organe  Bd.  I,  pag.  452).  Männliche  und  \veibliche  Geschlechtsdrüsen  sind  stets 
vorhanden,  aber  mit  sehr  verschiedenen  Abstut\in|t;en  in  der  Ausbildung  derAus- 
ftihrungsgänge  und  in  der  geschlechtlichen  Trennuag  der  Individuen;  der  ein- 
fachste l^alJ,  dass  in  demselben  Individuum  gleichzeitig  Spermatozoidien  und  Eier 
gebildet  weiden  und  sich  befruchten»  also  ein  Individinun  aur  Foitpflansung  ge- 
nügt^ scheut  aber  doch  nicht  ol^  vidkidit  nur  ausnahmsweise  vorsukonunen; 
häufig  ist  örtUche  oder  aeidiche  Trennung  bnder  Functionen  in  demsdben  Li- 
dividuum,  so  dass  bald  die  Eier  zu  einer  andern  Zeit  befruchtungsreif  werden, 
als  die  Spermatosoidien  desselben  Individuums,  z.  B.  bei  den  Austern,  bald  die 
in  derselben  Drüse  desselben  Individuums  gleichzeitig  gebildeten  Eier  und  Sper- 
matozoidien  sich  in  den  Ausfülirutigiswegen  trennen,  ehe  sie  befruchtungsreit 
werden,  so  bei  imsem  Landschuccl:en;  in  beiden  Fällen  ist  ein  zweites  Indivi- 
duum zur  i:  ortpäanzung  nuLiug,  ubwuiii  jedes  von  beiden  sowohl  als  Männchen 
wie  ala  Weibciien  wirken  kann.  Dann  giebt  es  aber  auch  Falle,  wo  ^esdbe 
Drttse  eines  Individunnis  grOsstendieik  Eier  und  nur  sum  kleineren  Theil  Sper- 
matosoidien bildet  oder  umgekehrt  so  bei  mandien  Arten  von  /foft»  und  von 
da  ist  nur  noch  ein  Schritt  zum  völligen  Ausfallen  der  einen  Bildung  und  damit 
Sur  Trennung  der  Geschlechter;  diese  letztere  findet  sich  durchgehends  bei 
den  höheren  Gastropoden  und  bei  den  Cephalopoden.  Betreffs  der  Ent- 
wicklung im  Ei  wird  bei  allen  M.  zunächst  nur  ein  Theil  des  Dotters  zum 
Aufbau  der  Körjjergestalt  verwandt  und  der  übrige  zur  künftigen  Ernährung 
reservirt;  aber  bei  den  Cephalopoden  liegen  diese  beiden  Theile  so  neben- 
einander, dass  der  Embryo  vom  Nahrungsdotter  sich  äusserlich  abgrenzt  und 
so  ein  Musseter  Dottersack  entsteh^  Ihnfich  wie  bei  den  Wirbdthieren,  wXhrend 
bei  den  Schnecken  und  Musdiehi  der  Nahmngsdotter  rings  vom  Bildungsdotler 
umfiust  wird  und  so  in  das  Innere  des  Embryo  zu  liegen  Icommt  Die  typische 
Dreidieilung  des  Körpers  tritt  auch  in  der  Embryonalentwickluog  firttbzdtiig  hervor. 
Eine  wesentliche  Umwandlung  der  Gestalt  nach  dem  Austritt  aus  dem  Ei  (Meta- 
morphose) kommt  bei  den  M.  des  Landes  und  Süsswassers  gar  nicht  vor,  bei 
denen  des  Meeres  nur  in  massigem  Grade,  hauptsächlich  als  Schwimmfähigkeit 
im  Jugend^ustand  durch  Vorhandensein  eines  flunmemden  Lappens  (Segels)  am 
vorderen  Körperende,  das  später  schwindet,  und  immer  so,  dass  die  Zusammen- 
gehOf^^t  des  Jungen  und  des  Erwachsenen  su  dersdben  Thierklasse  (Schnecken, 
Musdieln)  nicbt  leidit  verkannt  weiden  kann.  —  Die  grosse  Mebiaafal  der  M.  lebt  im 
Wasser»  die  Mdiisahl  der  Gattungen  und  Familien  im  Meere;  im  SQiswasser  finden 
sich  mehrere  sehr  artenreiche  Familien  und  emige  mehr  vereinsdteVertreter(Gattttngen 
oder  einzelne  Arten),  sowohl  unter  den  Muscheln  als  unter  den  Schnecken;  an 

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der  Luft  nur  Schnecken,  sehr  zahlreiche  Arten,  aber  zu  wenigen  Familien  pebörig. 
Die  höchsten  M.,  Cephalopoden,  ieben  ausschliesslich  im  Meer.  —  I)ie  tiaupt- 
klassen  der  M.  sind,  i.  die  Ccphalopodcn  (Tintenfische)  mit  vorwiegend  aus- 
gebildetem Kopf  und  stark  reducirtem  Fuss,  2.  die  Schnecken  oder  Gastro- 
poden, mit  mehr  ginchmttssig  ausgebildeten  Körpertheilen^  am  wrichsten  mn  Zahl 
und  mannigfacher  Ausbildiingf  die  tieftten  davon  nahe  an  die  Wttnner  sich  na- 
ichliessend,  tmd  3.  die  Muscheln  oder  Bivalven,  mit  escessiT  aasgebÜdeCe« 
Iklantel  und  ganz  verkümmertem  Kopf,  in  sich  gleif^mässiger  gebaut  als  die  beiden 
anderen  Klassen.    Dazwischen  schalten  sich  noch  drei  andere  artenarme  Ab» 
theilungen  ein,  die  sich  mehr  oder  weniger  an  die  genannten  ansch!ie';«5en,  die 
Hctcropodcn  an  die  höheren  Gastropoden,  die  1'  t  c  r o ]i  o H  c n  nn  die  niwirigeren 
und  Mich  in  einzelnen  Charakteren  zu  Cephalopodcii  und  Musi  heln  hinneig-end, 
und  die  Denlalicn  ^Solenoconchen,  Prosopoccphaicn),  Schnecken  und  Muscheln 
verbindend.  — >  Das  rdchhaltigste  Handlmdi  Aber  ^  If  .  in  der  vendiiedaiistam 
Besiehung  ist  immer  noch  die  Beaibeitung  derselben  durch  Bromn  und  KBFnsraoi 
in  des  Enteren  iKlassen  und  Ordnungen  desThierrdchsc,  dritter  Band  >Malaco8on», 
1862— 1866,  1500  S.  mit  136  Tafeln,  8.   Das  neuest^  sehr  empfehlenswertli, 
Paul  Fisghir's  manuel  de  conchyliologie,  Paris  1881—1887.  1369  S.  mit  19  Taf. 
und  vielen  eingedruckten  Hol/.schnittcn,  vorzti!T<;weise  die  Schalen  henlcksichtigend, 
nach  dem  Muster  des  älteren  vielbehebten  manual  of  conchnlnpy  \on  Woopward 
1851,  mit  Zusätzen  von  1056.    Eine  ganz  kurze  Uebersicht  d(;s  Wesentlichsten 
gicbt  auch  v.  Martens,  die  Weich-  und  Schalthiere  gemeinfassitch  dargestellt, 
Leipzig  und  Prag  1883,  327  S.  kl.  8.   All  diese  können  selbstverstilndlich  nicht 
auf  die  Aufzlhlung»  Unterscheidung  und  Abbildung  der  einseinen  Arten  dagriien; 
hierfür  hat  man  eigene  bttndereicher  aber  damit  auch  tiieure  Weike  filr  den 
Specialisten,  in  Deutschland  die  neue  gans  umgearbeitete  Anq^be  des  »Coo- 
chylien  - Cabinetsc  von  MARTmi  und  Chemnitz  (1780— 1795)  durch  Küster, 
KoiiELT,  Weinkauff  u.  A.,  noch  nicht  vollendet,  aus  England  Reeve's  conchologia 
iconica,  20  Quarlbde.  1843 — 1S78  und  SowK.kBv  «?  thcsaurus  conchyliorum,  noch 
fortf^ehcnd,  in  gr.  8.,  aus  Frankreich  Kif.nf.r's  species  et  icono^aphie  des  coquiiles 
Vivantes,  1834 — i6$2,  gr.  8,  jetzt  wieder  zur  Fortsetzung  aufgenommen  von?,  Fischer, 
endlich  aus  Nord-Amerika Tryon's  manual  of  conchology,  seit  1879— 1887  12  Bände. 
8.,  das  einzige  mit  nicht  kolorirten  Abbüdcingen,  auch  nodi  ferne  von  der 
Vollendung.  £inen  Ueberblick  der  vrichtigefen  Arten  in  sehr  sahlreichen  golea 
eingedruckten  Abbildungen  gewihrt  Chbhu's  manuel  de  conchfliologie  1859 — 6s. 
2  Bde.  gr.  8,  das  im  Uebrigcn  mehr  den  vorhergenannten  lUndbOdiem  sich  an- 
sdüiesst.  B'Ur  die  europäischen  Meeres-Conchylien  hat  Korelt  ein  specielles  Werk, 
ticonographie  der  schalentragenden  europäischen  Meeresconchylien«  !>eponnen,  bis 
jetzt  I  Band,  Cassel  4.;  für  die  Meeresmollusken  der  Nordsee  sind  die  englischen 
Werke  von  Korbes  und  Hant^ey  natural  history  of  British  Mollusca,  1853,  4  Octav- 
bändc  und  von  jEiFRtvs  British  Conchology,  1862 — 1869,  5  Bande,  kl.  8,  maass« 
gebend,  für  die  bochnordischen  G.  O.  Saits  »moUusca  regionis  aroticae  Norvegiaet 
1878,  I  Bd.,  f&r  die  wenig  sahlreichen  der  Ostsee  H.  A.  Meyer  und  K.  MOnob 
»Fauna  der  Kieler  Buchte,  s  Foliobände,  1865  und  187s.  Betieft  der  Land*  und 
$Qssirasser*Mollusken,  s.  Band  V,  pag.  3.  Als  wissenschaftliche  Zeitschriften,  welche 
nur  diesem  Theil  dnr  Thierkunde  gewidmet  sind  und  vorwiegend  auch  Artbe- 
schreibungen von  Conchylien  imd  fnimistisc  lie  Verzeichnisse  enthalten ,  bc<;ir7t 
Deutschland  die  sMalakozoologischen  Blätter  von  L.  Pfeiffer,  von  1856  an  jähr- 
lich ein  dünner  Octavband,  seit  1878  weitergeführt  von  Clessim,  FortseUung  der 


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»Zeitschrift  Pir  Malakozoologiec  von  ME>rKK  1844— 1853,  und  die  jetzt  abge* 
brochenen  ijahrbücher  der  deutschen  malakozoologischen  Gesellschaft«  1874 — 1887, 
nebst  deren  »Nachrichtsblatt«,  kürzere  Mittheilungen  enthaltend,  Frankreich  das 
gediegene  Journal  de  conchyliologie,  von  1850  bis  zur  Gegenwart,  erst  von  Petit, 
dann  von  Crosse  und  P.  Fischer  herausgegeben,  Italien  das  BuUetino  della  Societii 
ouUoeologicft  Italian«,  PisR  186S  bis  »ir  Gegenwart^  Belgien  die  andi  mimt 
niedere  TUere  einbegreifende  Anneies  de  la  Soci^td  inalecologk|ue  Belgiquei  Eng- 
land neben  den  an  aidi  aUgemeberen,  aber  audi  vid  speddl  Concfayltol€»g|Bches 
bringenden  Proceedings  of  the  zoological  Society  noch  das  specieUe»  hauptsächlich 
die  englischen  Vorkommnisse  betreflfende  Journal  of  conchology,  von  Taylor, 
Leeds  nnd  London,  seit  1875;  endlich  Nord-Amerika  Trvon's  leider  wieder  einge- 
gangenes American  Journal  of  concholocry,  Philadelphia  1865 — 1872.  —  Was  schliess« 
lieh  die  verschiedenen  Namen  betriiü,  weiche  für  diesen  Theil  des  Thierreichs  ge- 
bräuchlich sind,  so  ist  Mollusca  ursprünglich  Ueberseuung  des  gnechisclien  Afa/akia, 
womit  Aristotbuzs  eine  bestimmle  Thierabtheiliiogr  die  Tintenfische  (Cephalo* 
poden)  betetcfanel^  «haltch  wie  diese  noch  heute  auf  den  Fiscfanlikten  als  fnä 
awflSr,  weiche  Fische»  sasammenge&sst  worden;  spStere  minder  sschkimdige  Schrift* 
steller  von  PLimus  bis  Linni£  haben  dann  die  verschiedensten  äosserlich  weichen 
Meerthiere  unter  demselben  Namen  angeschlossen,  so  Nacktschnecken«  Wttrmer, 
Quallen,  Actinien  u.  s.  w.  Die  eine  äussere  Schale  tragenden  unter  unseren 
jeuigen  M.  wurden  dagegen  von  Aristoteles  bis  LiNNfi  als  eine  eigene  ganz 
davon  verschiedene  Thierabtheilung  betrachtet  und  Schal thiere,  Ostracoderma 
oder  'lestacea  genannt,  die  Schalen  an  sich  wurden  und  werden  als  Conchylien 
beseichnet  Ab  nun  Cuvuer  1798  und  1817  die  wesentliche  Ueberebstimmung 
im  Olganischen  Bau  der  Tintenfische  und  Nacktschnecken  mit  dem  der  Schaltfaiere 
und  das  Voriiandensein  sahlreicber  Zwischenstufen  in  der  Ausbildung  der  Schale 
nachwies  und  demgemäss  beide  zu  Einem  Thiericreis  vereinigte,  wühlte  er  für 
denselben  den  Namen  M.  und  in  sofern  mit  Recht,  als  alle  hierher  gehörigen 
Thiere  auch  wesentlich  weiche  Körpeitheile,  aber  nicht  alle  eine  Schale 
haben.     £.  v.  M. 

Molluskoiden,  d,  h.  Mollusken-ähnliche  (Thiere),  unter  diesem  Gesammt- 
namen  fasst  man  zuweilen  nacli  dem  Vorgang  von  H.  Milne-Edwakds  1844 
mehiete  Thietfclassen  susammen,  welche  wirbellos,  bilateral  und  ungegliedert  wie 
die  Mollusken  «nd»  aber  doch  in  Kdipeibau  und  Entwicklung  einselne  so  tief- 
greifende Unteischiede  zeigen,  dass  sie  nicht  mit  ihnen  vereinigt  w^en  kOnnea, 
ohne  den  Begriff  Molluske  zu  einem  gans  vagen  zu  machen.  Da  sie  der  *^<!J*rTflhl 
nach  tiefer  als  die  Mollusken  stehen,  so  könnte  nnd  hat  man  sie  als  eigenen  Thiers 
kreis  betrachtet,  der  von  den  noch  niedrigeren  Thieren  ebenso  zu  den  Mollusken 
hinaufleite,  wie  die  Würmer  m  den  Gliederf!ts5lem.  Aber  es  lasst  sich  noch 
weniger  ein  positiver  gemeinschaftlicher  Charakter  llir  all  diese  Molluskoiden  -el  cn, 
als  lür  die  Würmer  und  gegenwärtig  werden  sie  meist  im  System  an  verst  hicdcncn 
Stellen  untergebracht  Hteiher  gehören  i.  dieBrachiopoden  (Terebratein  u.  a.), 
<Ue  swar  durch  ihre  swdklappige  Schale  aufiällig  den  Musdidn  Ümdiir  aber  diese 
Schale  ist  mikroakopisch  andim  gebaut  und  morphologisch  anders  gestellt  (Rfldken- 
und  Bauchschale,  nicht  rechte-  und  link8Beitige)i  das  Thier  hat  kein  Hers»  der 
Kreislauf  wird  nur  durch  ^Vimpem  unterhalten  und  die  Embrj  onalentwiddung  er» 
innert  sehr  an  die  Anneliden,  vergl.  Bd.  I,  pag.  480 — z),  die  Tunikaten  oder 
Mantel  thiere  (Ascidien  und  Salpen),  deren  Aobnlichkcit  mit  den  Muscheln  früher 
sehr  überschätzt  wurde;  neben  tiefgreifenden  Untersclüeden  im  Kürperbau  deutet 

a9* 


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Uolooh  HfflfmiWfli 


das  häufige  Vorkommen  von  Krujspung  bei  denselben  auf  eine  niedngere  Stelle 
im  Thierrcich,  während  die  \'erbindung  des  Athcmapparates  mit  dem  vorderen 
Ende  des  Darmkanalä  und  die  embiyonaie  Chorda  dorsalis  sie  als  stark  reducirte 
Vorllufer  der  Witlidtfaieie  eiacbanen  lässt,  vergL  Asddiat  Bd.  I,  pag.  2  56.  — 
3.  Die  Polysoifii  oder  Bryosoön,  Moosthierchen,  bei  denen  die  Kiioq>txng 
eine  noch  grOaere  Rolle  spielt  und  der  gansen  iinaeien  Encheinting  «ilbllende 
Aehnlichkeit  mit  den  Pflanzentfaieren,  namentlich  den  Hydraiden,  giebt,  von  wdchea 
sie  der  bilaterale  Körperbau  und  das  Vorhandensein  einer  eigenen  Darmwandm^ 
und  hinteren  Darmöffnung  scharf  trennt;  dieselben  können  natürlicher  Weise  weder 
mit  den  Würmern,  noch  mit  den  Mollusken  verbunden  werden  4  Auch  die 
Räderthiere  oder  Rotifercn  werden  zuweilen  hier  angeschlossen,  indem  -.le 
allerdings  wescnüiciie  Acimhchkeit  mit  den  Bryozoen  zeigen;  sie  verlialten  sich 
ungeQihr  zu  den  iolusoiien,  wie  die  BiTotoen  su  den  Hydroiden»  in  der  äuaaeten 
EvsGhdnung  und  Lebensireise  noch  MbnUdi,  im  morphologiichen  Bau  enticbieden 
höher  ausgebildet    B.  v.  Iii 

Moloch,  Gray.  Agamiden-Gattung  mit  horisontal  eingesetzten,  einwixte  ge- 
richteten Seitensähnen  des  Oberkiefers,  Trommelfell  deutlich.  Leib  depress^ 
Schwanz  kurz,  rund.  Köri;)erbcdeckung  kleine  Schuppen  und  Tuberkeln,  unter- 
mischt mit  cirösseren  Stachelhockern;  Nacken  mit  grossem  rundem  Höcker,  Wed^ 
Schenkel-  noch  Praeanal-Poren.    M.  horridus,  Gray,  Australien.  Pf, 

Mologeni.  Nach  Ptou%maos  eine  Völkerschaft  in  den  nördlichen  Strichen 
Skythiens.    v.  H. 

Uolofcliiit»  Fab.  (mytholog.  Name),  zur  Sippe  der  Ctrmligfemi  (s.  Cenunbj* 
cidee)  gehörige  Klfeiguttnng»  die  sich  durch  die  sehr  Icunen,  den  Hinterleib  fint 
gu»  unbedeckt  lassenden  Flfigeldecken  aussetcfanet  Von  den  lobekaniHen  Alten 
gehört  der  heimische  M*  ma^or  zm  den  grössten.     E.  Tg. 

Moloeser.  Einer  der  vier  Hauptstftmme  der  Landschaft  Epiius  im  Alter» 
thume.    V.  H. 

Molossi,  Pet.  =  Macrur a,  \\  a  .ner,  Familie  der  insectentressenden  I  Icder- 
mäuse  (Unterord.  Chiroptera  insect'tvora,  Wagn.),  ausgezeichnet  durch  kralligen 
plumpen  Körper,  mit  dickem,  den  Rand  derZwischeoschenkelflughaut  überragendem 
Schwänze,  durch  kurze  dicke  Hintergliedmaasien,  votlstKndige,  stark  entwickelte 
Wadenbefaie.  Hieriier  die  Gattungen  Jyysppes»  luiont  (s.  d.),  und  Ckh^ekt, 
Hcw.,  Handgrlbnler,  letstere  ausgeseichnet  durch  fast  völlig  nackten  Körper» 
seitlich  jgestelltei  von  einander  getrennte  Ohren,  und  durch  eine  den  tlbrigen 
Zehen  qpponirbare,  mit  Plattnagel  versehene  Hinterzehe;  Gebiss  mit  {  Schnetdez., 
"1^  Eckz.  und  \  Back?  Die  2  hicrlicrgehöngen  Arten  beschränken  sich  auf  die 
Sundainsein  und  Hmter-lndien;  Chtromeles  caudatus,  Temm.  Oben  schwarz,  unten 
bräunlich;  am  Vorderhalsc  mit  einer  »Grube«,  die  ein  penetrant  stinkendes  Secret 
liefert  Korjjer  12,  Schwanz  5,5  Centim.  lang.  Java,  Sumatra,  Bomeo.  —  Ch. 
torquatus,  HoRSF.,  kleiner  wie  voriger,  mit  kOrserem  SchwansCf  ohne  Halsgrube»  mit 
brauner  Halskrause.  —  Siam.    t.  Iiis. 

MolOMopt»  FfeT.,  Unteigattung  des  ChiropterengenuB  JJjjßfopts,  lujon 
(s.  d.).    V.  Ms. 

M0I088U8,  GiOffiLy  Unteigattung  des  Chiropterengenus  iLUOm 

(s.  d.).     V.  Ms. 

Molothrus,  Sws.,  s.  Hordenvögel.  Rchw. 

Molpadia  Q  vom  gr.  molpatis,  Sängerin),  Holoihuriengattung  mit  bäum* 
förmigem  imierem  Respirationsorgan,  aber  ohne  FUsschen,  also  zwischen  den  nor» 


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IfohiB,—  Monactinellidae. 


453 


malen  Holothurien  und  den  Sjnapten  in  der  NTitte  stehend,  glatthäutig,  mit  12  btt 
15  /iemlich  einfachen,  am  freien  Ende  ausgefranztoi  FUhlem,  im  Ganzen  grau 
oder  ^-iolett  gefärbt;  Hinterende  zugespitzt.  Af.  muscutus,  Risso,  4  Centim  l^ng, 
im  Mittelmeer,  Af.  borealis,  Sars,  an  der  Nordküstc  Norwegens,  andere  Arten  an 
denKüsten  von  Nordwest-Amerika,  Chile,  Australien  und  derKergueleninsel  Ilapio- 
dactyla,  Grube,  unterscheidet  sich  nur  durch  ganz  einfache  Fühler  in  der  Zahl  von 
16;  auch  hiervon  eine  Art  im  Mittelmeer.     £.  v.  M. 

Molna  oder  Muemba.  So  nennen  ach  in  der  Umgebung  der  Reaideiu  des 
Muatft  Jamwo  die  Kaluoda  (s,  d.)*  H. 

Mcdnches*  Name,  welchen  uch  die  arankanisdien  Indianer  sdbst  bei- 
legen.    V.  H. 

Molukkenkrebse  «=  Xiphosura  (s.  d.).  Ks. 

Molva,  Nn.ss.,  Gattung  der  Anacanthincn-Fischfamilie  Gadidaf,  unterscheidet 
sich  von  Lc(a  durch  einige  grosse,  spitze  Zahne  zwischen  dun  kleineren  im  Unter- 
kiefer und  Pflugscharbein.  3  Arten  an  den  nördlichen  Küsten  von  Europa.  M. 
vulgaris,  Flem.,  der  Leng,  etwas  schlanker  als  die  Aalquappe.  Bartfäden  lang. 
Bauch  «eisdich.  Rflcken-,  After-  tuid  Sdiwansflosse  dunkel,  mit  weissem  Rande. 
Wird  I— a  Meter  lang.  Im  Norden  des  atlantischen  Ocea»!^  besonders  im  hohen 
Norden.  GrOaste  Art  der  Familie.  Lebt  einsam,  besonders  an  feingen  Ktteten,  in 
beträchtlicher  Tiefe  (bis  800  Meter).  Das  Fleisch  wird  höher  geschätzt  als  das  des 
Kabeljau  und  wird  wie  dieses  bereitet.  Nächst  dem  Kabeljau  und  Schellfisch  ist 
er  der  ökonomisch  \vicbtip;ste  seine«;  Geschlechtes.  Gedörrt  kommt  er  als  »Beider« 
fisch«  besonders  von  Bergen  aus  in  den  Handel.    Fang  mit  Grundangeln.  Klz. 

Molytes,  SchÖnh.  i'pr.  träge),  auch  f  iparus,  Ot.iv.,  flügellose  Rüsselkäfer  mit 
dickenii  ziemhch  langen  und  wai/.igen  Riibscl,  der  an  der  Spitze  die  gebrochenen 
Ftthler  trMgt  und  eine  schrRg  nadi  dem  unteren  Augenrande  gdhende  Ftthlerfurche 
hat  Die  Vorderschienen  laufen  in  eine  Hakenapitse  ans.  7  Europäer  von  schwaner 
Farb^  mit  aus  gelben  Haaren  gebildeten  Fled^cfaen.    B.  Ta 

Ifomotus,  s.  Prionites.  Rchw. 

Momund  oder  Mohmund,  Mommand.  Afghanisches,  räuberisches  Bergvolk  in 

den  südlichen  Ausläufern  der  Berge  der  Othmanlchel  und  in  den  Ebenen  bis  an 
die  Ufer  des  Swatkabulflusses.  Hauptfort:  Lalpura.  Gegen  16000  WafTeniähigc. 
Die  M.  wanderten  erst  vor  acht  Jahrhunderten  in  das  untere  Kabul-Thal  ein  und 
vernichteten  den  grössten  Theil  der  dort  wohnenden  Ualai:ak.  Die  M.  gehören  zu 
den  Berdurani  oder  östlichen  Afghanen;  gegen  die  Engländer  hegen  sie  Hass  seit 
1841.     V.  H. 

Bfomvu  oder  Monwu.  In  einem  Halbkreise  umgeben  im  Sflden  das  Land  der 
Monbuttn  in  Central-AfHka  eine  Anzahl  Vdlker  von  tjpisdier  Negerrace^  welche 

die  Monbuttu  mit  dem  Gesammtnamen  M.  bezeichnen,  einen  verächtlichen,  die 
tiefe  Kulturstufe  dieser  letzteren  andeutenden  Ausdruck  ihrer  Sprache.  Bei  den 
M.  soll  sich  die  Sprache  der  Babuckr  wiederfinden,    v.  H. 

Mon,  s.  Talaing.     v.  H. 

Moriacaner.  Die  südlichen  Irokesen  (ä.  d.)  in  den  jetzigen  Staaten  Virgmia 
und  Nord-Karolina,  wo  sie  in  fünfzeim  Städten  wohnten.  Zu  ihnen  gehörten  ausser 
den  TUscaron  und  TiMdves  die  Tschowan  und  die  Nottowfter.    v.  H. 

Monadnis,  FLm.  (sjm.  Fclßgiust  F.  Cuv.,  HeU^j^hfiea,  Grav)^  Untergattung  des 
Pinmpedteigenus  Stmorhynckus^  F.  Cuv.  (s.  d.).    t.  Bifs. 

Monacrum,  Avmaiüd,  s.  Palaeotherium,  Cuv.    v.  Ms. 

II omctineUidMi  t.  Spongiae.  Pr. 


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4S4 


Monadidae,  Familie  der  Flaeellaten.  Kent  (Manual  of  thc  Tnfusoria)  stellt 
sie  zur  Ordnung  der  J-uij^eiutta  J'anlosiomaia,  Untcrabtheilung  Monomastigaf  und 
diarakterisirt  sie  als  nackt,  stets  (?)  freischwimmend,  mit  terminaler  Geissei,  ohne 
bestimmte  bleibende  Mundöffiimig,  mit  Nucleus  und  meist  mit  x — %  oontractilen 
Vacuolen.  Fr. 

Monadimii  BOtschu  1884*  Die  niedrigBte  Unteroidiumg  der  FlageUaten. 

»Kleine,  bis  kleinste  Formen  von  einfachem  Bau;  nackt  und  sehr  häufig  mehr 
oder  weniger  amöboid,  jedoch  z.  Th.  mit  Gehäusen.  Meist  farblos,  selten  mit  Cliro- 
matophoren.  Mit  i  vorderen  ansrlmlichen  Geissei  und  daneben  noch  t  —  ?  kleinen 
Nebengeisseln.  Besondere  Muncistelle  thcils  fehlend,  theils  an  der  Geisselbasis 
vorhanden  und  nie  in  einen  wohl  entwickelten  Schlund  fortgesetzt.«  Pf. 

Monadopsis,  Klljn,  Monadcn-üaitung  aus  der  Gruppe  Hydr&n^xacea^ 
KUUN.  Pp. 

MoiuKiui,  Vio.  und  Horsp.  (gr.  monareh^St  henschend),  Gattung  der  Ftiegen- 
iiinger  mit  ziemlich  schmalem,  an  der  Spitse  seitUdi  ausammengedifl^tem  SdmAbel 
und  schwach  entwickelten  Schnabelborsten,  nur  im  australischen  Gebiet,  auf  dem 
Festland  Australien,  Neu-Guinea,  den  Molukken  und  polynesischen  Inseln  heimisch, 

wo  man  einige  30  Arten  unterscheidet.  Einige  durch  auffallend  dünnen  Schnabel 
ausgezeichnete  Arten  werden  in  der  Untergattung  ünarJ^fmkuSt  Gould,  ge- 
sondert. RUHW. 

Monas,  Ehkenberg.  Früher  in  weitestem  Umfange  gebraucht,  jüngst  von 
Stejn  (1878)  auf  eine  bestimmte  Gattung  der  Monomonaden  angewandt.  Frd- 
sdiwimmend  oder  seitweise  durch  einen  Pseudopodieii*artigen  Faden  befestigt. 
Körper  suweUen  etwas  amölXNd.  Vorderende  neben  der  Haup^eissd  mit  i  bis 
s  Nebengeisseln  und  häufig  einer  sogen.  Mundleiste,  sowie  zuweUen  einem  Augenh 
fleck.  Kern  in  der  vorderen  Körperfalifte;  1—2  contractile  Vacuolen  an  einer 
Seitenwand.  —  2  europäische  Süsswasseranen  (s.  BOtschu,  Protozoa,  pag.  816).  Pf. 

Monasittich,  Contmts  Gundlachi,  Cab.,  ein  auf  der  kleinen  Insel  Mona  bei 
Portoriko  vorkommender  Keilschwanzsittich  (s.  Keilschwanzsittiche).  Rchw, 

Monastes,  Nitzsch  (gr.  einsam  lebend),  Manasa,  Sws.,  Gattung  der  Faulvögel 
(s.  Bucconidae).  Schnabel  schwach,  ohne  Haken  und  Zahnauskerbung.  Der  ge- 
rundete Schwanz  hat  ungefähr  Flügellänge.  Die  20  bekannten  Arten  werden  nach 
der  Färbung  des  Gefieders  und  Abwmcbung  in  der  Schnabdibnn  in  UnteigattimgeB 
getrennt  (Mafaepfiäa,  Gray,  NmtmUa,  Sgl.),  M*  pers^natß,  Vmax^  der  Trapptat, 
in  Brasilien.  RcHw. 

Monaxile  Spicula,  s.  Spicula.  Pf. 

Monbuttu  oder  Mangbättu,  wie  Dr.  W.  Junker  dem  Gehöre  nach  den  Namen 
schreibt.  Grosses  Volk  Ontral-Afrika's,  welches  nicht  zur  Negerrace  gehört, 
dessen  etiinolugische  Stellung  aber  noch  nicht  bestimmt  ist.  Ihre  An^l  schätzt 
ScHWEiNFi  RTH  auf  eine  Million.  Die  Hautfarbe  der  M.  ist  merklich  lichter  als  die 
ihrer  Nachbarn  im  Norden,  der  Niamniam,  etwa  die  von  gemahlenem  Kattee. 
Schweinfurth  beobachtete  auch  zahheidie  Individuen  mit  hellen  Haaren,  welche 
auch  ausserdem  ziemlich  deutliehe  Anzeichen  des  Albimsmus  an  sich  trugen.  Auch 
errdcht  das  Haar  im  Allgemeinen  eine  beträchtliche  Länge  und  ist  gdcrKusdt  Im. 
ihrer  Fbysiogiiomie  zeigen  die  M.  manche  Annäherung  an  den  semitischen  l^po^ 
namentlich  die  lange  und  gebogene  Nase.  Aeusserlich  unterscheiden  sich  die  M. 
von  den  Niamniam  hauptsächlich  durch  ihre  Rindenkleidung  und  ihren  Haarputz, 
welcher  aus  vielen  Wülsten  Übereinanderpehäuft,  den  Hinterkopf  frleirbsam  in  einen 
starken  Cylinder  verlängert   Die  M.  gehorchen  zweien  Königen,  welche  sich  in 


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MbodUte  —  Ubndliabe. 


4SS 


das  von  zahlreichen  Unterkonigen  verwaltete] /and  iheilemmd  einen eigenthümlichen 
Scepfersäbel  ftiluen.  Den  Häuptlingen  und  Königen  wird,  ausser  ihrem  Monopol 
des  Eiienbcinä  und  Kupfers  noch  ciuc  besondere  Abgabe  von  dem  Ertrage  des 
Feldbaues  geleistet.  Die  M.  sind  bd  weitem  intdligenter  als  alle  ihre  Nadibam 
und  befassen  sich  mit  der  Ffl^e  von  Baumfrttchten  und  ErdknoUen,  veischmähen 
aber  den  Anbau  von  Cerealien.  Als  Hausdiiere  haben  sie  nur  Hühner  und  kleine 
Hunde.  Gewebte  Stoffe  sind  ihnen  unbekannt  und  die  Kleidung  liefert  ihnen  der 
Rindenbast  eines  Feigenbaumes.  Die  Beschttftigung  der  Männer  ist  die  Jagd  und 
der  Krieg.  Die  Arbeit  des  Hauses  und  des  Feldes*  kommt  den  Frauen  zu,  die 
eine  grosse  (Geschicklichkeit  und  Kunst  in  der  Zubereitung  der  Speisen  besitzen, 
dazu  aber  gewohnJich  Menschenfett  verwenden,  denn  Anthropophagie  ist  bei  den 
M.  im  höchsten  Schwünge.  Sie  sind  vielleicht  die  ärgsten  Kannibalen  ganz  Afrika's. 
Sie  machen  förmliche  Treibjagden  auf  die  noch  wilderen  Negerstämme  im  Süden, 
wobei  die  erlegten  Opfer  gleidi  an  Ort  und  Stelle  verzehrt,  resp.  das  Fldsdi  auf 
laugen  Gestellen  gedörrt  und  das  Feti  auag^sotten  wird.  Die  Gefangenen  werden 
weiter  getrieben,  um  beliebig  abgeschlachtet  zu  werden.  Nur  vor  dem  Fleische 
Blutsverwandter  hegen  sie  Scheu;  doch  wird  die  Leiche  von  den  Angehörigen  an 
Femerstehende  verschachert  Das  Lynchen  und  der  Kannibalenschmaus  wird  stets 
abseits  der  Hütte  vollzogen,  Als  Zukost  bringen  die  Weiber  das  Lugmagericht, 
eine  Art  dicken  Breies  aus  Durrahmehl,  für  die  Männer  an  den  Ort  des  Festmahles. 
Die  Bewaftnung  der  Krieger  besteht  aus  Schilden,  Lanzen,  Bogen,  Pfeilen  und 
habelartig  gekrümmten  Messern,  welche  genau  die  Form  der  altagyptischen  haben. 
In  Schmiedearbeiten  stehen  die  M.  allen  Afrikanern  voran,  und  ihre  zarten  Eisen- 
ketten, die  ab  Scbmudt  getragen  werden,  köimen  an  Fdnheit  und  Formvollendung 
mit  den  schönsten  europaischen  StahUcetten  wetteifern.  Ausserdem  verfertigen  sie 
auch  Kupferarbeiten,  kennen  aber  sonst  keine  Metalle.  Interessant  sind  ihre  aus 
Einbäumen  gezimmerten,  zweckmässig  ausgestatteten,  lo  Meter  langen  Kähne. 
Sie  verfertigen  auch  Schnitzwerk  und  übertreffen,  obwohl  ihnen  die  Drehscheibe 
unbekannt  ist,  in  der  Töpferei  alle  Nachbarn.  Die  Könige  bewohnen  geräumige, 
einem  kleinen  Baiinhof  vergleichbare  Paläste,  die  mit  Aulwand  vieler  Kunst  ge- 
baut und  aus  den  Schäften  der  Wcinpalmen  zusammengesetzt  sind.  Die  Wohn- 
häuser der  ubngen  M.  gleichen  denen  der  Westküste  Afrika's,  nicht  jenen  der  Nil- 
neger. Polygamie  heiischt  unter  ihnen  ohne  jede  EinschrSnktmg^  dabei  nehmen 
jedoch  die  Weiber  eine  sehr  selbstSndige  Stellung  ein,  und  auch  gegen  Fremde 
beweisen  dieselben  sich  ketnesw^  so  zurOckhaltend  wie  die  gesitteten  Frauen  der 
Niamniam.  Ihre  religiösen  Vorstellungen  sind  nur  wemg  bdtann^  doch  sollen 
sie  einen  im  Himmel  weilenden  Gott  verehren,     v.  H. 

Mondfalte,  s.  Clausilia.     E.  v.  M. 

Mondfisch  =  Kopffi.sch,  s.  Orthagorisrus.  Klz. 

Mondschu,  Bantustamm  im  östlichen  Süd-Afrika,     v.  H. 

Mondsee.  In  diesem  See  Ober-Oesterreichs  entdeckte  Dr.  M.  Much  1872 
ein  an  Artefacten  ergiebiges  Pachwerk  von  3000  □  Meter.  Neben  zahlreichen 
Knochen*  und  Steingcräthen,  vidm  GefÜssen  theils  mi^  thetls  ohne  eingelegten, 
aua  weissem  Fast  bestehenden  Ornamenten  fanden  sich  29  Gegenstände  aus 
Kup  f  e  r.  Zahlreiche  Gussschalen  au  .Thon  beweisen»  dass  diese  Kupfetgegenstttnde 
an  Ort  und  Stelle  eneugt  wuiden.  Vergl.  Much:  »Die  Kupierzeit  in  Europa«, 
pag.  9— 10.    C.  M. 

Mondtaube,  Halbmond-  oder  Schweizertaube,  Col.  dorn,  agrestis  lunata,  eine 
Feldtaube  mit  unbehaubtem  Kopf,  gewöhnlich  stark  behederten  Füssen,  dunklem 


456 


Auge  und  rahrniarbenem  (gelblichweissem)  Gefieder,  das  als  Zeiclmungen  einen 
mit  den  Spitzen  nach  oben  gerichteten,  6  Centim.  langen,  in  der  Mitte  ca.  2  Centim. 
biciteii,  goldgelben  oder  röthlichbiavoen  Helbmoiid  auf  der  Brntt,  ein  g^eidilkrbiges 
Querband  en  der  Scbwanzspitse  und  zwei  gleichfinbige  Binden  Ober  die  FUlgel 
ftufwetst.  Hauptsidilicb  in  Mttteldeutachlend  zu  Btnse,  wird  se  docb  immer 
seltener.  Die  Zucbk  ist  nicht  so  leicht  wie  die  vieler  anderen  FeidtMiben.  DOk. 

Monedulfti  Brehm  (lat.  Eigenname)  (Cohuus,  Kaup),  Gattung  der  Raben- 
vögel, durch  einen  kurzen,  nur  «sehr  schwach  rrelmgenen  Schnabel  von  den  eigent- 
lichen Raben  (Corvus)  unterschieden.  Die  geringere  Schnabellänge  läilt  besonders 
daran  auf,  dass  die  Nasenborsten,  von  ihrer  Basis  an  tjemessen,  länger  «?Jnd  als  der 
vordere,  unbedeckte  Theil  des  Schnabels,  wäiirend  bei  den  Raben  das  umgekehrte 
VerhlÜtDiss  statthat  Die  Dohlen  nisten  gern  gesellig  in  Löchern  und  Nieschen 
von  Thtinnen  und  alten  Gemäuern  oder  in  Baumhöhlen,  bauen  indessen  anch  fiekr 
Nester  auf  Bäumen,  bisweilen  susammen  mit  den  Saadcrähen,  deren  Lebenswdne 
ne  im  Allgemeinen  dieilen*  Ihre  Stimme  ähnelt  deijenigen  der  EUtera.  T^pos: 
Corvus  morudula,  L.,  Dohle.  Die  Gattung  umfasst  5  Arten,  welche  Aber  EniOfM» 
Nord-Afrika  und  das  nördliche  Asien  verbreitet  sind.  Rchw. 

Monera,  Häckel.  Nach  Häckel's  System  der  Protisten  die  niederste  Clas^e 
dersell)en,  wegen  des  Kemmangels  nur  vom  Werthe  einer  Cytode;  von  unbe- 
stunmter  Form,  durch  Ijappen-  oder  Wurzel füsschen  oder  durch  Cilien  sich  be- 
wegend, mit  ungeschlechtlicher  Fortpflanzung.  Er  theilt  sie  in  1.  Lobomoncra  (Pro- 
tanweba),  2.  Rhwmotura  (PtoUtmyxa^  Vamfyreüa,  Bat^bim),  3.  T^ißd^mmtrm 
(Schizomyzeten  oder  Batterien).  —  Von  diesen  Formen  betraditet  man  nonmehr 
Vmfyrdh  meist  als  HeUoM^e  oder  (Kuoi  i88a)  als  Mitglied  der  AbÖieilQqg  Bj^ir*' 
mjßxsmt,  denen  dann  audi  A-aimyxa,  vielldcht  noch  JlfysMsinm  suansihlen  wSre; 
B^hybius  wird  kaum  noch  als  organisirtes  Wesen  angesehen«  —  Femer  wird  von 
bester  Seite  (Claus,  Bütschli)  der  Mangel  des  Kernes  nicht  als  berechtigter 
Gnmd  ftlr  die  ^n'^r^mmenfassung  so  verschiedener  Organismen  anerkannt  Dagegen 
ist  die  Abtheilung  bei  R.  Hertwig  (System  der  Radiolarien  1879)  Schneider, 
Monobia  confluens,  I.f.idv  (Freshwater  Rhizopods  of  North  America  r88o)  und 
Magci  (Intomo  ai  Protisti  1881),  wenn  auch  in  nicht  ganz  gleichem  Sinne,  auf- 
recht erhalten.  Pf. 

MonesL  Kleine  Völkerschaft  des  ahen  Galfien,  am  Fasse  der  Ffrenäen 
lebend»  nach  d'Awiub  in  der  Gegend  nrischen  Pau  und  Nawrons.    v.  H. 

Mongden.  Unter  dieser  Bezeichnung  fasst  man  jene  Volkeigiuppe  d«r  Altaier 
zusammen,  welche  in  dem  nach  ihnen  Mongolei  benannten  weiten  asiatischen 
Binnenlande  und  dessen  unmittelbaren  Nachbargebieten  ansässig  ist.  Man  unter- 
scheidet darunter  drei  Familien:  die  Burjaten  (s.  d.),  die  Westmongolcn  oder  Knl 
müken  (s.  d.),  endlich  die  Ostmongolen  oder  M.  schlechtweg,  in  der  eigenthchen 
Mongolei.  Diese  ist  auch  das  Stammland  der  M.,  von  wo  die  zwei  anderen  Zweige 
ausgezogen  sind.  Die  M.  zerfallen  wieder  in  zwei  Abtheilungen:  die  Kalka-  oder 
Chalcha>M.  im  Norden  der  WOste  Gobi  und  die  Scfaara-  oder  Scharaigol-Bi  in 
Süden  bis  gegen  Übet  Erster^  in  83  Banner  geüieil^  wovon  ein  Thdl  unter 
russischer  Henschaft  steht,  und  etwa  4  BfilUonen  Köpfe  staik,  ist  jedenfalls  dter 
sahlreicbste  aller  M.-Stämme  und  an  Berflhmtheit  und  Wohlstand  allen  anderen 
voran.  Der  M.  ist  nach  Friedrich  Müuuer  von  mittelmässiger,  kräftig  gebauter 
Statur.  Sein  eckiger  Schädel  sitzt  proportionirt  auf  den  breiten  Srhultem,  doch  ?:ein 
breites,  fliiches  Gesicht,  mit  den  kleinen,  schmal  geschlitzten  dunklen  Augen,  den 
hervorragenden  Backenknochen,  der  kurzen,  platten  Nase,  dem  verhältnissmässig 


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Mongolen. 


4S7 


grossen  Munde,  auf  dessen  Oberiippe  das  Barthaar  nur  spärlich  gedeiht,  und  den 

abstehenden,  p*ossen  Ohren,  kann  auf  Schönheit  keinen  Anspruch  machen.  Die 
Haut  ist  brSiinlich,  da-^  dirkc  spröde  Kopfhaar  schwär:-'  Oic  Frauen  sind  zarte, 
schwkc  hli(  Ii  gcljaute  Wesen,  deren  Gesichtsbildung  von  jener  der  Männer  nur  inso- 
fern alnvciclit,  als  Hilten  keinBart  wächst  und  ihre  Hautfarbe  weniger  sonn  ein  erl>rannt 
ist.  Diese  Schilderung  bezieht  sich  hauptsächlich  auf  die  Chalcha,  welche  ein  unver- 
nisebter  Summ  sind.  In  anderen  Theilen  der  WOste  Gobi  haben  die  M.  nicht  ihie 
Reinheit  bewehr^  und  besonders  in  Sflden  ähneln  sie  sehr  stark  den  Chinesen. 
Das  fohe^  flacheGcsicht  hat  sich  in  Folge  der  häufigen  Verbindungen  mit  Chinesinnen 
in  die  r^dmässigere  Phyrionogmie  des  Chinesen  umgewandelt,  und  auch  in  seiner 
Kleidung  und  häuslichen  Einrichtung  ahmt  der  Nomade  dem  chinesischen  Tone 
nach,  ja  selbst  sein  Charakter  hat  sich  da  stark  verändert  Zwar  sind  die  M.  unter 
allen  Völkern  Hoch-Asiens  unstreitig  das  mächtic'ste  und  tüchtigste,  aber  obwohl 
kriegensrh  und  brutal,  doch  im  Ganzen  träge,  phlegmatische  Nomaden.  Da  sie 
überdies  eitnge  Anhänger  des  Frieden  und  Versöhnung  predigenden  Buddhismus 
sind,  so  erscheint  dieses  einst  furchtbare  Eroberervolk  gegenwärtig  seinen  Nachbarn 
wenig  gefilbriich.  Unter  seinen  Eigenschaften  leuditeC  die  Gefrässigkeit,  dann  die 
labelhafte  Unreinlichkeit  hervor,  xu  welchen  sich  noch  Feigheit  gesellt,  die  aus  an« 
geborener  Trägheit  entspringt  Im  Kampfe  hält  der  M.  die  geschieht  durchgeführte 
Flucht  fUr  den  schönsten  Si^.  Seine  Gemttdisstimmung  ist  vorwiegend  eine  sanfte, 
friedliche.  Er  ist  vorwiegend  Viehzüchter  und  Landbauer,  selten  Jäger  oder  Fischer. 
Der  ^^.  wird  nur  dann  zum  tapferen  Krieger,  wenn  ihm  andere  mit  Beispiel  voran- 
gehen, wenn  man  ihn  zu  fanatisiren  versteht.  T'>ic  lange  Herrschaft  Chinas  hat 
den  kriegerischen  Cieist  der  Nomaden  systematisch  getddtet.  Kriegerische  Untcr- 
thänigkeit  und  Despotismus  mit  einander  gepaart,  sind  im  höchsten  Grade  entwickelt, 
und  gehen  Hand  in  Hand  mit  Käuflichkeit  und  Bestechlichkeit  Die  Verfassung 
äOer  M.  ist  patriarchalisdi  im  höchsten  Sinne  des  Wortes.  Das  Oberhaupt  der 
Gemeinschaft  oder  des  Staates  steht  zu  den  einxelnen  liGlgUedem  in  demselben 
Verhältniss,  wie  der  Vater  xu  den  Gliedern  der  Familie«  Im  Gänsen  nnd  die  M. 
über  diesen  Zustand  nicht  hinani^kommen ;  eine  freie  Bewegung  innerhalb  der 
Gesellschaft  ist  dem  M.  vollkommen  fremd;  überall  mnss  ihm  der  Weg  förmlich 
vorpezeichnet  werden,  daher  ^ein  Fnrmenwee;en,  sein  anerzogener  «^klavi^rher  f^inn, 
seine  ungemeine  Verclining  aller  üeberhelerungen  T  ef/tere  zu  kennen  und  dar- 
nach zu  leben,  ist  der  Inbegriff  aller  Weisheit.  Kinerbeils  deswegen  in  seiner  Crc- 
sittung  nur  langsam  fortschreitend,  verfällt  er  einer  gewissen  Vertiefung  in  da^ 
Einhdmische.  Dem  M.  ist  eine  gewisse  Schärfe  des  Geistes  nicht  absnsprechen, 
die  sich  jedoch  durch  einen  hohen  Grad  von  Ueberlegung,  verbunden  mit  List, 
Falschheit  und  Betrug  kundgiebt  Damit  geht  vereint  das  Vorwiegen  des  kalten, 
berechnenden  Verstände«,  und  der  Mangel  an  aller  erwärmenden  schöpferischen 
Phantasie.  Die  Poesie  der  M.  ist  unbedeutend  und  klebt  gleich  ihrer  Philosophie 
und  Religion  an  der  Erdscholle.  —  Die  Tracht  der  Männer  besteht  aus  einem  talar- 
ähnlichen,  bis  'u  den  Knien  reichenden,  faltigen  Baumwollen irewande,  im  Winter 
aus  Schafpelz,  festgehalten  um  die  Hittten  von  einem  Lcdergürtel  mit  daran  herab- 
hängender Pfeife  und  Tabaksbeutel,  aus  chinesischen  Seidenschuhen  und  plumpen 
Lederstiefeln  mit  dicken  Sohlen,  endlich  aus  emem  dunklen  Filzhute  mit  aufge- 
bogener Krempe  oder  einer  im  Winter  pelxverbrämten  Tochmtttse.  Im  Regen 
weiden  Tttcbmäntel  umgelegt,  roth  bei  den  Vornehmen,  schwars  bei  den  Gemeinen. 
Beinkleider  werden  von  beiden  Geschlechiein  getragen.  Die  Kleidung  der  Frauen 
weicht  von  der  lAbmertracht  nur  unbedeutend  im  Schnitte  ab  und  das  Kldd  irird 


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45« 


ohne  GUrtcl  pctrriL'en.  Dafür  liaben  sie  aber  einen  kurzen  Ueberwurf  ohne  Aeitnel. 
Uebrigens  sind  Kleidung  und  ilaarfrisur  der  Weiber  in  den  verschiedenen  Theilen 
der  Mongolei  verschieden.  Gewöhnlich  wird  das  Haar  nach  beiden  Seiten  getheilt, 
in  xwd  Zopfe  geflochten  und  mit  Perlen  oder  Koiallea  veniat  Bfan  liait  die- 
aelbe  nach  v<mi  xu  beiden  Seiten  herabhängen.  Bei  den  littnnern  wallt  bei  ^ntt> 
vasirtem  Vorderhaupte  der  echte  oder  falsche  Zopf  nach  rilckivtrts  bis  ann  Boden. 
Baden  ist  unbekannt  "Wasser  als  Reinigungsmittel  scheut  der  M.  mehr  denn  als 
Getränk.    Die  Wohnungen  der  iVI.  bestehen  in  runden  Filzjurten  >Gyr<  genannt; 
von  der  lickannten,  .allen  Nomaden  Hoch-Asiens  gemeinsamen  Bauart  und  Ein- 
richtung.   Uie  Jurten  werden  nie  jzesäubert;  auch  wimmelt  es  dann  von  Ungeziefer 
aller  Art    Die  Nahrung  ist  meist  der  Viehzuclit  entnommen.  Hauptgericht  ist  der 
in  ekelhaftester  W'ei:^  zubereitete  Ziegelthee,  welchen  man  mit  Hirüeninehl  kocht 
und  mit  Salz,  Butter  und  Mikh  anflehtet  Letztere  bildet  in  verschiedener  Form 
die  weitere  Nahrung.  Aus  Stuten-  oder  Scfaaftnilch  wud  der  gegohiene  Knnqn» 
mongolisch  »Tarasunnc  bereitet;  der  im  Sommer  das  Hauptbcviitbnngsmittel  ist; 
doch  ist  Trunksucht  keih  Hauptlaster.  Das  Fleisch,  welches  von  allen  Hanatfaierai» 
ausgenommen  vom  Schwein,  genossen  wird,  kochen  sie  im  Wasser  ohne  aUe  WQne, 
selbst  ohne  Salz.  Jedoch  werden  die  Hausthiere  so  selten  als  möglich  geschlachtet- 
Hammelfleisch  gilt  als  Hauptleckcrbissen.    Die  Hausthiere,  mit  deren  Zucht  die 
M.  sich  befassen,  sind  das  Kameel,  das  l't'erd,  das  Rind,  das  Schaf  und  die  Ziege. 
Zu  den  Beschäftigungen  der  Männer  gehört  vor  allem  die  Wartung  und  Pflege  des 
Viehes,  was  zwar  nicht  im  Suumier,  wolii  aber  im  Winter  sehr  anstrengend  ist. 
Bei  dem  Mangel  einer  zünftigen  Industrie  werden  auch  die  meisten  Geiftliie  sa 
Hause  veriertigt  Man  gerbt  Leder,  macht  Filzdecken,  Zlnme,  Sittel  und  Bogen» 
seltener  aber  Messer  und  Feuerstahl.  Alle  anderen  GegenstKnde  kauft  der  M.  von 
den  Chinesen,  z.  Th.  von  den  Russen.    Den  Frauen  liegen  die  häuslichen  Ge- 
schäfte und  die  Pflege  der  Kinder  ob.   Die  Familie  bildet  den  Grundstein  der 
Gesellschaft.   Die  M.  haben  gesetzlicli  nur  eine  Ehefrau,  dürfen  aber  Nebenfrauen, 
eigentlich  verkäufliche  Sklavinnen  halten,  die  mit  jener  gemeinschaftlich  leben  und 
bei  deren  Hcimflihnmg  keine  Ceremonien  statlfmden.  Die  Hauptfrau,  gewöhnlich 
dem  Geburtsrange  nach  auch  hoher,  schaltet  in  der  Jurte.   Die  von  ihr  gezeugten 
Kinder  haben  allein  alle  Rechte  des  Vaters,  die  anderen  werden  als  aussereheUch 
betrachte^  können  aber  adoptirt  werden.  Die  Stellung  der  Frau  gegenttber  dem 
Manne  ist  nicht  beneidenswerth.  Völlig  von  diesem  abhingig,  der  sie  für  einen 
»Kalymc  (Kaufpreis)  erwMben  hat,  verbringt  sie  ihr  ganzes  Leben  in  der  Joite. 
Die  M.  ist  eine  gute  Mutter  und  gute  Wärterin,  ihre  eheliche  Treue  ist  aber  mdlt 
ohne  Makel.    Unzucht  ist  übrigens  allgemein,  nicht  bloss  bei  Frauen,  sondern 
auch  bei  Mädchen.    Im  häuslichen  Leben  hat  die  Frau  des  M.  gleiche  Rechte  mit 
ihm,  nicht  aber  in  äusseren  Angelcgenlieiten.    Der  M.  ist  ein  guter  Fnmilienvater, 
der  seine  Kinder  innig  liebt.    Die  Erziehung  ist  aber  die  einfachste,  die  es  geben 
kann.    Sobald  das  Kind  laufen  kann,  wird  es  sich  völlig  selbst  überlassen.  Die 
Alteren  FamiliemnitgUeder  geniessen  grosse  Hochachtung.   Stirbt  ein  M.,  so  wird 
der  Leichnam  in  der  Regel  in  Fihte  gewickelt  und  mit  einigen  Steinen  oder  Baum- 
zweigen bedeckt,  worauf  er  in  kurzer  Zeit  von  den  Baubdtieien  und  Hunden  vei^ 
tilgt  wird.  Die  Gesellschaft  serfiQlt  bei  den  M.  in  die  drei  Klassen  des  Adelig  der 
Geistlichkeit  (Zama)  und  der  Krieger.    Säromtliche  Verwandte  des  Herrschers 
bilden  den  Adel,  die  Patricierkaste ;  ihr  gehört  aller  Grund  und  Boden.  Die  Edel- 
leute,  »Taitzi,«  tragen  einen  blauen  Knopf  auf  ihrer  Mütze.    Aus  ihnen  wählt  der 
Herrscher  seine  Minister,  gewöhnlich  drei  an  der  ZahL  Die  Herrscher  sind  China 


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Mong61i  —  Honebodirit. 


459 


tributpflichtig  und  persönlich  absetzbar,  nicht  aber  können  ihre  Familien  beseitigt 
werden.  Das  eemeine  Volk  befindet  sich  dem  Adel  und  der  Geistlichkeit  gegen- 
über in  einer  sehr  tiefen  Stellung.  Die  Religion  der  M.  ist  der  seit  Alters  her 
eingeführte  Buddhismus,  speciell  der  tibetische  T.amaismus  mit  ausgebildeter 
Hierarchie  uud  emem  als  heilig  verehrten  Oberhaupte,  üalai  Lama,  an  der 
Spitee.  Ihm  gleich  an  Heüigket^  wenn  auch  nicht  an  poütiicher  Bedeatung  ist 
der  »Ban'Tsinerdent«  und  diesem  folgt  der  »Gutson  Tamba«  oder  »Chntuchtu« 
in  Uiga,  welchem  dann  die  Kutuchten  oder  tHigenen«  in  den  verschiedenen 
Tempdn  der  Mongolei  folgen,    y.  H. 

MoogölL  Unletabtheilung  des  kondogirischen  Tungosenatammes  KA- 
plin.     V  H 

Mongolicza-Schwein  (türkisches,  ungarisches  Schwein,  ungarisches  Vollblut- 
schwein),  kommt  neben  dem  Bakonyer  (s.  d.)  weitverbreitet  in  Ungarn  vor,  und 
ist  auch  in  Oesterreich  und  Deutschland  zu  finden.  Dasselbe  wurde  wahrschein- 
lich durch  die  Magyaren  importirt  und  mit  dem  einheimischen  Bakonyer  derart 
vennischti  dass  kaum  noch  Untersdiiede  zu  finden  sind.  Letzteies  dflrite  indess 
dem  Wildschwein  näher  stehen  als  dieses.  Kopf  klein«  schmal,  spits  snhuifend; 
Ohren  mittelgfoss,  aufrecht»  etwas  nadi  vom  flberhflngend;  Rttcken  aemlich  ge- 
rade, seitlich  abgerundet;  Rumpf  lang  und  tief;  Beine  kurz,  stämmig;  Schwans 
niedrig  angesetzt  etwas  geringelt  Das  meist  schmutzig-gelbe  Borstenkleid  ist 
dicht,  lang  und  im  Winter  gekraust,  fast  wollig.  Das  Temperament  ist  ruhig, 
die  Mastfähigkeit  gut,  die  Fruchtbarkeit  bcfricdigi  nd.  Die  Ferkel  sind  gestreift. 
Die  ausgewachsenen  Thiere  erreichen  gemattet  eui  Lebendgewicht  von  150  bis 
200  Kilo.  Unter  der  Haut  sitzt  eine  dicke  Speckschwarte.  Der  Speck  gilt  als 
weid),  das  Fleisch  dagegen  als  fein  und  wohlschmeckend.  Die  Thiere  werden 
gewöhnlich  In  den  Wäldern  (mit  Eicheln,  Gras  etc.)  vor-  und  sodann  im  Stalle 
mit  Mais  ausgemüstet  und  als  Speckschweine  auf  westeuropXische  Märkte  ge- 
ttficht  R. 

Mongolisches  Pettsteissschaf,  eine  besondere  Race  des  Fettsteissschafes,  die 
etwas  grösser  ist  als  die  burätische  (s.  d.),  dagegen  einen  kleineren  Fettsteiss  be- 
sitzt als  jene  und  in  ihrem  Habitus  dem  tatarischen  F.  am  nächsten  zu  stehen 
scheint.    Gezüchtet  wird  dieses  Schaf  hauptsMcbUch  von  den  Khalkha-Mongolen 

am  Selenga.  R. 

Monitor.  Gattungsname,  der  iiüher  sowohl  für  die  altweltlich-austra- 

lischen Vaianiden,  wie  iUr  die  amerikanischen  Tejiden  gebraucht  wurde.  Die  alt- 
wdtlichcn  nennt  man  jetst  gans  allgemein  l^uwuit,  die  neuweltlichen  am  besten 
7*^.  Der  von  Bouiuuigbr  im  ReptlUen-Katalog  des  British  Museums  gd>rauchte 
Name  T^^maaiHs,  DAimm,  ist  durchaus  nicht  besser  als  Monitor»  da  auch  er 
ursprttiiglich  ftir  beide  Gruppen  von  Eidechsen  angewandt  war.  Pf. 

Monobia,  AiMfi  Schneider  (Arch.  Zool.  cxp.  VII).  Kernloser  Organismus 
(Monere)  mit  feinen  Pseudopodien.  Fortpflanzung  durch  Thcil  inc;  die  2  Spröss- 
linge  Itleil  en  durch  einen  temen  Plasmafaden  verbunden,  sodas.s  bei  weiterer 
Theilung  kleine  Colonieen  entstehen.    Af.  conßuens,  Süsswasser.  Pf. 

Monobothria  (griech.  =  mit  nur  einer  Grube).  Unter  diesem  Gnippennamen 
fittst  Dbsino  jene  Bandwtirffier  (CuMa)  zusammen,  die  nur  eine  einzige  Grube 
am  Kopf  sum  Festbalten  besitsen.  Hierher  Caryop^lkuus,  Gmeldi,  s.  unter 
Caryopbjrllidae.  —  Feiner  MoiwMkriMm,  Dbs.,  mit  M,  hiba,  v.  Skbold.  Femer 
Dipms,  Dns.»  mit  D,  MsigtuUm,  einem  sonderbaren  Wurm  aus  dem 
Dorsch.  Wd. 


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46o 


Menoeadtts  —  Monodon^ 


Monocaulus,  An  man.    Hydrozoe  aus  fler  Familie  Tabularitdae,  von  Cory- 
morpha  durch  die  sessilen  ('>cschlechtsgemmen  unterscliieden.  Pr. 

Monocelis,  Hemprich  und  Ehrenbrrg  (griech.  u.  lat.  =  mit  einem  Augej. 
Sind  $e«pUnarien  mit  einem  einzigen  Auge  und  ventral  gelegener  Mundöffiiung. 
Hierher  Fkutaria  ruHüms,  Müller,  aus  der  Ostsee;  P,  un^tauMtt,  Fkbucsos, 
Dänemark,  und  andere.  Wd. 

Monooereomofiaa,  Grassi  1879.  FlafeOaten-Gattiing  ans  der  FamiHe 
Teiramitina,  Bi  rsc  hli.  Aehnlich  TUramÜus,  doch  ohne  Pcristom  am  einfach  lu- 
gerundeten  Vorderende.  Schwanz  zugespitzt  Parasitisch  im  Darm  von  Menschen» 
Reptilien  und  Insecten.  Vy. 

Monoceros  (gr.  Einhorn),  Lamarck  1809,  Meerschnecke,  nächstverwandt  mit 
Purpura,  aber  durch  einen  stachelförmigen  Fortsatz  unten  am  Aussenrand  der 
Mündung  ausgezeichnet,  m  Schalenform,  Deckel  und  Radula  mit  Purpura  über- 
einstiminend.  Nur  an  der  Westküste  Ameräa's»  aber  Uer  von  CalifoinieB  Ins 
Cap  Horn  und  in  die  Magellanstrasse  verbreitet,  etwa  16  Arten,  fheils  glatt,  the&s 
mit  ausgeprägter  Spiralskulptur,  wie  M.  imineahm,  Lam.,  7—8  Centim.  lang, 
häufig  in  der  Magellanstrasse.  Tertiär-fossil  in  Chile,  aber  auch  in  Europa,  s.  B. 
montuanthas,  Brocchi,  im  Pliocän  Italiens.  Eine  ähnliche  Spitze  kommt  audi 
noch  bei  der  südafrikanischen  Pseudoliva  plumbea  und  der  westindischen  AndBet- 
ria  TankerviUü,  vor,  die  aber  beide  in  den  sonstigen  Eigenschaften  wesentlich 
verschieden  sind.     E.  v.  M. 

Monocondylea,  s.  Alasmodonta.     E.  v.  M. 

Monocyrtinae,  Hackel  1862.  Unterfamilie  der  Cyrtidae^  mit  einfacher, 
ungegliederter  Gitterschale^  ohne  Strictuien.  Fr. 

Monocystidfle,  Familie  der  GttgariMidiü  ifyimftSiea,  Tribus  Mün^p&rea, 
Bewohnen  im  erwachsenen,  nicht  encystirten  Zustande  frei  die  KOipeihohliinme 
ihrer  Wirthe.  —  Die  Gattung  Mf^MysHs  lebt  in  LeibeshöMe,  Darm  und  nament- 
lich Hoden  des  Regenwurms.  Pf. 

Monocystidca.  Die  niedrigste  Ordnung  der  Grcgarinen,  ohne  Eintheilung 
des  Körpers  in  zwei  oder  mehr  durch  Wände  geschiedene  Abschnitte.  Pf. 

Monocyttaria,  Hackel  =  Mamtoa,  Joh  Müller.  Pr, 

Monodacna,  s.  Adacna.     E.  v.  M. 

Monodactylus,  Merrem  =  Chamaesaurus,  Schneider,  emend.  Pr. 

Moiiodelpliia,  ds  Bl.,  syn.  Mmocplpoda,  Br.,  s.  Placentslia,  Oweh.  v.  Ms. 

Monodemniae,  HAckbl  1879.  Eine  Section  der  Khizostomen,  mit  den  »vier 
Subgenitalhohlen  zu  dnem  Saal  oder  Porticus  veremigt;  4  Mundpfeüer  firei.« 
Familien:  Venttridae  und  CramUssube,  Pr. 

Monodiastema,  Bibron  =  TaphrMid^pm,  Brandt  (Psammophide).  Pr. 

Monodon,  L.,  s.  Monodontia,  Cuv.     v,  Ms. 

Monodonta,  s.  Trochus.     E.  v.  M. 

Monodontia,  Duv.  (Monodontidae),  Familie  der  Zahnwale  (Dentuete,  Gray, 
s.  d.)  mit  der  einzigen  Gattung  Monodon^  L.,  und  cier  Specics  M.  mcnocerost  L., 
Narwal,  Seeeinhorn.  Die  M.  besitzen  einen  asymmetrischen  Schädel,  nur  zwei 
horizontal  nach  vom  gestellte  Stosszähne  im  Oberkiefer,  deren  linker  ^n  der 
R^I)  sehr  lang  und  von  rechts  nach  links  spiraltg  gefurcht  ist  und  deren 
rechter  gewöhnlich  ganz  ruiKmentär  ist.  Die  Übrigen  Kieferzähne  verkttmmem 
Irfihzeitig.  Das  Weibchen  ist  meist  zahnlos,  d.  h.  die  Zähne  bleiben  im  Kiefer 
verboigen.  Körper  plump,  Maul  klein,  Spntzloch  halbmondförmig.  Ihre  Rücken« 
flösse  erscheint  als  niedrige  Hautleiste  auf  der  Mitte  des  Rttckens.  Schwanzflosse 

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46< 


gross  und  breit,  tief  eingeschnitten,  Brustflossen  kurz,  spitz,  schwach  gebogen, 
Farbe  gelblichweiss  oder  weiss,  mit  vielen  (beim  $  dichter  gestellten,  kleineren) 
braunen  Flecken;  junge  Thiere  sind  schwärzlich  grau,  unten  weisslich.  Korper- 
länge  bis  5,  angeblich  6  Meter,  Stosszahn  bis  2  Meter.  Zwischen  70—80°  nördl.  Br. 
ist  der  Narwal  am  hsnfigsiefk,  lel»t  in  kleinoi  GeiellMliafteii»  nShn  sich  von 
nackten  Weicbdueren,  Se^uiken  und  Fiidien.  —  Wiid  eifrig  gejagt;  Fleisdi, 
Thian»  vor  allem  die  Zfthne  weiden  geschätzt    v.  Ms. 

Monogenea,  Unterordnung  der  SaugwUrtner  TrmiU^da*  Ectoparasitisch  an 
den  Kiemen  und  auf  der  Haut  von  Fischen»  Krebsen,  attdi  Amphibien.  Sie 
haben  hartschalipe  Kier,  oft  mit  Anhängen  oder  gestielt  und  festsitzend,  und 
machen  keinen  (Generationswechsel  durch,  van  Bkneden  zaiili  hierher  folgende 
Familien:  i.  FristomidaCf  2.  Uäimcäidae,  ^.  FoiystQmtäa^^  4.  OcUxotyiidaCt  5.  Gyro- 
dactyitdae  (s.  d.).  Wd. 

Monomastiga,  Kent  1883.  Unterabtheilung  der  FlagelUUa  Rmtoitomata.  Pf. 

Moomnita,  Grassi  i83a.  Monadiden^attung,  gegründet  auf  (Ctrtmtmm) 
Mmstae  domeUkat,  Sri».  Fr. 

MonomoesL  s.  Mo-nyanwed.    v.  H. 

Ifonomonades,  BiJtschli  1884,  Unterfamilie  der  Flagellaten-Familie  HeUro- 
münadinae,  bilden  kleine  Colonieen,  ohne  Penstomfortsatz,  die  Nebengeisseln  hiufig 
auf  zwei  vermehrt.  —  Einzige  Gattung:  Monas.  TV. 

Monomyaria  (gr.  einmusklige),  Lamarck  1807,  Muscheln  mit  nur  einem 
Schlicssnniskel,  der  dem  hinteren  der  zweimuskligen  entspricht;  sie  bilden  eine 
kleinere,  aber  aucii  mehr  naturlicliie  in  sich  geschlossene  Unterabtheilung  als  die 
zweimuskligen  und  werden  als  solche  auch  in  den  neueren  Systemen,  z.  B.  von 
NEUiiAva,  beibehalten.  Alle  haben  gans  lireie  Mantelillnder,  <fie  meisten  sind  un> 
gleichklappig  und  höher  als  lang,  viele  im  erwachsenen  Zustand  angeheftet 
Hierher  die  Familie  der  Osireidm  (Austern)^  Jtumädm  und  JMüudem,  E.  v.  M. 

Monopeltis,  Smith  Am[)hisbaeniden-Gattung.  Nasloch  in  einem  kleinen 
Nasale  an  der  Unterilüche  der  Schnauze.  Kopf  depress,  mit  scharfer  Kante. 
Starice  Kchlfalte.  Brustsegmente  vergrössert.  Praeanalporen  an- oder  abwesend. 
Schwanz  cyhndrisrh,  stumpf,    ii  Arten  aus  Süd-Amerika.  Pf. 

Monophtalma,  I  .a  i  RLii  i  E  (gr.  monas  einzig,  ophthalmos  Auge),  veraltete  Unter- 
abtheilung der  Krcbsthiere,  etwa  die  heutigen  Cladoceren  und  Ostracoden  (s.  d.) 
umfiusend.  Ks. 

Mociophyidae.  Familie  der  ^hmitphofM  Cafyccpharidat  mit  nur  riner 
Schwimmglode^  in  welche  der  Stamm  sammt  Anbiingen  starttckgezogen  werden 
kann.  (s.  auch  Cmm,  Sitzungsb.  Akad.  Berlin  i88s,  und  Claus»  Arb.  Zool.  Inst. 
Wien  V.  1883.)  Pf. 

Monophyletische  DescendenahypoÜiese  und  monophyletischer  Ursprung  s. 
Atetammungslehre.  Grbch. 

Monophyllata ,  Koch,  Gruppe  der  blattnasigen  Fledermäuse  (Isthphora, 
Spix),  welche  Koch  eintheilt  in  M,  mit  einfachem  Nasenblatte,  Diphyllata  mit 
doppeltem  Nasenblatte,  Tr^hylkUa  mit  3 fächern  und  P$(ud4^hylkUa  mit  ver- 
kümmeitem  NasenUatfee.    v.  Mb. 

MonoiiliyUiit»  Lmcb,  Fledermausg^dtung  der  Fam.  Big^simäia,  Waon. 
(&  d.),  sur  Sttbfam.  Gimpphaghim,  Gniv.,  gebOrig,  mit  f  undeutUcben,  Wfltomjge 
Leisten  seigenden  Backzähnen,  mit  kurzem  Schwänze,  dessen  untere  Hälfte  frei 
vorragt,  während  seine  obere  dem  Interiemoralpatagium  aiigeschlossen  ist.  M. 
ħämMMä,  LiacH»  aas  Jamaika.  M,  LtatJUi,  Gray,  Rio  Janeiro^  Realejo  etc.  v.  Ms* 


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Monopleurobranchia  (Kinseiten  KiemerX  Blainvfi.i.e  i8i6,  eine  Unterordnung 
der  mcdngcrcn  hermaphroditischen  Meerschnecken,  durch  Vorhandensein  einer 
grossen  Kieme  nur  an  e  in  er  Rtf  tperseite  cbnakterisirt,  denTecdfatwidden,  OawatCt 
entsprechend  und  die  Bullen,  Apl)rsien,  jPkurttraiukiis  und  S^fJhiurim  im* 
fassend.    £.  v.  M. 

Monoplocua,  Güimmt  Fn^fliche  T^en^Gattung.  Pp. 

Monopneumona,  Ci.ai  ?;  (gr.  nwm/s  einzig,  pnfuimm  Lunge),  diejenige  Unter- 
ablli^ilunn:  der  Dipti^^i  (s.  d.),  welche  nlicin  die  Gattung  Cerätodus  umfasst.  Ks. 

Monopneumona,  Hag«;,  eine  LurchabthciUin!?,  in  welcher  der  genannte 
Autor  den  Diphpneumona,  welche  unseren  Terennibranchiaten  (s.  d.)  entsprechen, 
alle  tibrigen  Ampliibien  gegenüberstellt.  Ks. 

Monopylaria,  Wkcy^vx.^  Monophyleae,  R.  Her  i  wiu.  Pf. 

Monopyleae,  R.  Hertwig  (System  der  Radiolarien,  Kadiolarien- 
Ordnung.  Moiwtoe  einkernige  Radiolarien,  Kapselmembran  einseitig  geöffiiet  voat 
einen  Porenfeld,  Sketet  kieselig.  Vamilten:  AeatUAfidati^d»,  JPU^kmmikidae 
und  Cyrtfdae*  —  Häckbl  mromt  (i8Br>  diese  Gruppe  an  anter  dem  Namen 
Münofu^ana,  Pf. 

Monopyxis,  Ehrbnbbrg     Obeliat  P£ron  und  LESimtm.  Pf. 

Monorhagea,  Schmarda.  («jr.  Mit  einer  einzigen  Spalte).  Fam.  der 
Schnnrwtlrmer,  Nemeriina,  OERs  ren  r  (s.  d.).  Kopf  mit  Transversa alte  Hier- 
her die  Gattungen  Tubu/atius,  ohne  Augen.  —  Mtcrura,  mit  zwei  Reüien  Stim- 
augen.  —  HemicycUa,  mit  mehreren,  im  Halbkreis  stehenden  Augen.  Wd. 

Monorhina,  Hackei.  (gr,  mmos  einzig,  rhis  Nase)  ^  Cyc/üs/ami.  Ks. 

Monorygnia,  Di£.s.  (gr.  »  Mit  einer  Grabe).  Eine  Bandwumigattung,  die 
in  Hayfischen  lebt,  neben  TOrab&tkrmm  (s.  d.)  •  Wd. 

Mononiga»  Remt  1880.  Choanoflagellaten-Gattung  aus  der  Familie  Craspt' 
dmadmOf  Subf.  CfdMffsigimu,  Einzeln  lebend,  am  Ifinterende  mit  oder  ohne 
Stiel  festgeheftet.   Salz-  und  Silsswasser  Europa's.  Pr. 

Monosphaeria,  Häckbl.  Unter&milie  der  Sphaerida  (RaMaria)  •Sm^äeüi, 
Usta  ghbosa  claihrafn  unica.t  Pf. 

Monosporea.  Abtheilunrr  (\^r  Gregor inoidae  MonocysHdeOf  bei  denen  der  ge> 
sammtc  Inhalt  der  Cyste  .  i  emer  Spore  umbildet.  Pf. 

Monosporogonie  oder  K  eimzellenbil  dung  ist  cliejenige  Form  der  unge- 
schlechtlichen Fortpflanzung,  bei  welcher  sich  eine  eirzehie  Zelle  im  Inneren  des 
sich  tortptlanzeiiden  Organismus  aus  dem  Verband  mit  benachbarten  Zellen  ab- 
löst. Sobald  diese  KeiäcKelle  (Monospore,  Spore)  nach  Aussen  gelangt  ist,  ver- 
mehrt »e  sich  durch  Theilung  mid  bOdet  so  «nen  vielzelligen  Organismus  der 
allmählich  aUe  Eigenschaften  des  elterlichen  erhalt  Grbch. 

Mboostega»  OanGiiy  (»  MmwtkakumOt  Schulze),  Abtfaeilung  flür  die  ein* 
hammetigoi  Foraminifieren.  Sowohl  das  Eindidlungsptiniip  wie  der  Name  werden 
jetzt  nicht  mehr  angewandt  (s*  auch  Monothalanja).  Pp. 

Mbnoatephida,  HAcksl.  Unter&milie  der  SUpIdda  (RaO^hru^  (Vmatmuhria, 
skeUto  unum  ammhm  simpUccm  formante.%.  Pf. 

Monostomeae.  Unter  diesem  Ausdruck  stellt  Ct.ai's  ((TnmdzUge)  s&mmtfiche 
ttbrigen  Discophoren  (Acraspeden)  den  Rhizostonuae  gegenüber.  Pf. 

Monostomidae ,  Schmarda  (er.  -=  Mit  einem  einzigen  Mund).  Fam.  der 
Saugwürmer,  Trematoda,  Rud.  Ihr  Leib  ist  mehr  cylmdrisch,  weniger  abge])lattet 
als  bei  den  anderen  Trematoden.   Sie  haben  statt  zwei  Saugnäpfen  (DistomtäatJ 


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4*3 


nur  einen  vome  am  Leib.  Die  Mundöflfhung  liegt  in  der  Mitte  des  Saup^napfs  und 
führt  meist,  aber  nach  Wagener  nicht  immer  (GyrocotyU,  Dies,  und  Aridmostoiimm, 
Grimm)  zu  einem  Darm.  Ihre  Entwicklung  gelit  durch  einen  ziemiich  complicirten 
GeneraUonswcchsei  und  ist  erst  von  wenigen  Arten  klar  gelegL  Die  Embryonen 
sind  ttets  mü  FUmineilcldd  Air  da  Wuseikben,  tlieilvete  sogar  mk  enm  Ait 
Dannkanal  anagesUiMet  {Jion^tmum  ct^iMiahmh  Hierher  Mmostmuim^  Zbdul 
Die  SexiudöffioMuigen  li^en  in  der  vorderen  Körperhftlfte.  Leben,  wenn  reif, 
meist  in  Vdgeln,  ihre  Larven  oft  in  WASserschnecken.  M,  flamm,  Mbhus,  im 
Oesophagus  auch  in  den  Bronchen  und  Nasenhöhlen  von  Mergus  albiUus  und 
Anas  /ultginosa.  Ihre  Larve  ist  die  langst  bekannte  Cercaria  rpliemera  unserer 
Planarbis.  —  M.  mttiabüe,  7i  dkr.  In  der  Geschichte  der  Zoologie  wichtig  ge- 
worden, sofern  an  ihm  v.  Sieuold  1835  zuerst  die  Entwicklung  eines  Monostomum 
erforschte.  Lebt  in  der  Nasenhöhle  der  Hausgans,  ziemlich  geniein  in  Nord- 
Deutschland,  aber  nur  in  jungen,  bis  ein  Jahr  alten  Gänsen,  oft  12  Stück  in  einem 
Thier,  ausserdem  auch  in  ütUha  aquoHats  und  in  FuHca.  In  der  Gans  werden 
sie  bis  24  MtUÜm.  lang.  Der  Wurm  ist  fleischfarbige  auch  gelblich.  Der  Mund 
führt  SU  einem  gebogenen  Oisophagus^  dieser  in  einen  xweitheiligen  Darm, 
welcher  peristaltische  Bewegungen  macht.  Die  TtUts  sind  zwei  runde,  weissliche 
Körper,  0,7  Millim.  lang,  oft  von  den  Falten  des  Uterus  gans  bedeckt.  Der 
Utenis  ist  voll  mit  Eiern  'ind  f?i11t  die  vorderen  Körperparthien  aus.  Die  Eier 
sind  0,17  Millim.  lang  und  o,oS  Millim.  breit  und  öffnen  sich  mittelst  einc^ 
Deckelchens.  Sobald  die  Eischale  braun  geworden,  ist  der  Embryo  darin  fertig, 
schlüpft  aus  und  schwimmt  dann  frei  im  Uterus  zwischen  den  leeren  Schalen  und 
den  übrigen  Eiern.  Vomen  trägt  der  Embryo  ein  retraktiles  Zäpfchen  zum 
Tasten,  femer  zwei  ^gmentfleckchen,  die  man  ab  Augen  ansehen  muss,  da  sie 
sogar  eine  Art  Linse  haben.  Lmerhalb  dieses  so  au^;estatreten  Embiyo  nun 
aber  beobachtet  man  einen  Unglichen,  etwaa  aufgerollten  Schlauch,  der  eigene 
Bewegung  hat  und  als  ein  Thier  ftlr  sich  anzusehen  ist.  Er  hat  einen  Mund 
und  einen  Schlundkopf  mit  einem  blinden  Darm.  Seine  Haut  ist  nackt.  Dieser 
im  Embryo  eingeschlossene  Wurm  ist  aber  nicht  etwa  nachträglich  in  dem  Km- 
Im'o  entsprossen,  sondern  zugleicii  mit  ihm  aus  der  ursprünglichen  Kmbryonal- 
luasse  aufgebaut,  von  der  der  eine  Theil  7.w  jenem  flimmernden  Embryo,  der 
andere  zu  jenem  Wurm  sich  umbildet  Kommt  der  diesen  \S'urm  enthaltende 
Embiyo  ins  Wasser,  so  schlttpft  der  Wurm  aus  dem  Flimmerwesen  heraus  und 
das  tietstere  geht  bald  an  Grunde»  der  Wurm  aber  entwickelt  in  sich  die  Cercarien, 
ans  denen  dann  wieder  die  Monottomen  werden.  —  Eine  andere,  sehr  merk- 
wflrdige  Art  von  Mmoxlmum  ist  Jf.  /oto,  Bremser.  Bis  jetzt  immer  nur  ge* 
funden  in  erbsengrossen  Sftckchen  unter  der  Schenkel-  oder  Rückenhaut  von 
Kohlmeisen,  Bachstelzen,  Sylvien  und  einigen  Fringillen,  so  auch  dem  gemeinen 
Sperling.  Fast  ausnahmslos  liegen  zwei  beisammen,  Ventralfläche  gegen  Ventral- 
fläche  in  Copula  fest  an  einander  gepresst.  Das  Säckchen  aber  das  sie  enthält, 
hat  in  der  Mitte  eine  Oeffnung  nach  Aussen  und  dort  mündet  auch  das  Hinter- 
ende der  beiden  Würmer  mit  einem  Poms  excretorius.  Die  Länge  dcb  Wunnes 
beträgt  I,  die  Breite  1^4  BÜllhn.  Die  Ovarien  sind  traubenfbrmig.  Der  Uterus 
gross,  mit  schwtnUchen  Eiern  geRUIt^  roflndet  uiHeihalb  des  Mundes.  Die  Testes 
sind  wetsigdblicb,  kugelig,  flihren  ihr  Produkt  nach  einer  Samenblase,  von  der 
ein  Gang  ausgeht,  der  neben  der  Vulva  mündet.  Die  ^uise  übrige  Naturge* 
schiebte  dieses  rädiseHiaften  Hdminäien  ist  noch  unbelcannt  ^  M.  verrucosum, 
Zn>BR,  im  Blinddarm  und  JUcHm  verschiedener  Enten,  auch  von  fMlko,  GüUi' 


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4«4 


mUa  und  Cygnus.  Weisslich  oder  röthlich,  bk  6  MUlim.  lang.  Au^ezeichiiet 
durch  drei  Reihen  Papillen  «m  Bauch,  die  aber  an  täkX  tdur  viriiien»  sogar 
ganz  fehlen  können  (Dujardoi).  Dusing  hat  der  Pi^iUen  halber  die  Gattung 
N&tfe&fybu  darauf  gegründet,  indem  er  die  Bauchfliche  0tr  die  ROckenfiftche 
nahm.  —  Ausser  diesen  und  anderen  M.  der  \'ögcl  sind  auch  solche  von  Rep- 
tilien, so  one  im  Darm  einer  Riesenschildkröte  (Ch<Umia  Afydas)^  femer  ans 
Piscinen,  meist  Seefischen,  aber  auch  aus  Cjrprinoiden,  alle  aber  noch  s^  «en% 
bekannt.  Wd. 

Monothalamia,  Schulze  =  Monostega,  OKBic.m.  In  anderem  Sinne  wendet 
R.  IIeriwig  (Der  Organismus  der  Radiolarien,  187g)  den  Ausdruck  an.  Er  ver- 
steht darunter  nämlich  nur  die  mit  unverkaikter,  einkamroeriger  Schale  ver- 
sehenen Tiialamophoren,  die  er  dann  weiter  in  die  Amphistomata  (welche  an 
beiden  Polen  geöffnet  sind)  und  die  Monostomata  (welche  nur  an  einem  Pole 
geOffhet  sind)  eintheilt  Pp. 

Monotis  (gr.  einohrig)  Brunn  1S30,  fossile  Aviculiden-Gattung,  gleichkiappig, 
schief  oval,  radial  gerippt,  mit  geradem  zahnlosen  Schlossrand,  das  hintere  Ohr 
deuttich  ausgebildet,  das  vordere  kaum  angedeutet.  Kur  in  der  Ttna  aus  den 
Alpen,  dem  Himalaya,  Neu-Seeland  und  Kalifoniien  bekannt:  M,  saBmarißt  Scblot- 
mni  mit  xahhreichen  Rippen,  s<~4  Gentim.  lang,  häufig  im  rolhoi  Alpenkalk  dea 
Sakkammergutes.  Aehnliche  aber  stark  ungldchklapp^  Formen  aus  dem  Jnrat 
die  früher  auch  zu  dieser  Gattung  gestellt  wurden,  inaequrvalvis,  Sowerby,  und 
substriafa,  Coldfuss,  im  Lias,  ec/iinata,  Sow.,  im  braunen  Jura,  werden  jetzt  als 
PseudomoHotis,  Bevkich,  davon  unterschieden.  Nahe  verwandt  ist  auch  HcU»öia^ 
s.  Bd.  IV,  pag.  3.     E.  V.  M. 

Monotremata,  Geoffr.,  Kloakenthiere,  ürdnuii<^  und  zugleich  Familie  der 
Säugethiere,  mclii  allein  äusserlich  durch  die  zahnlose,  von  nackter  horniger  Haut 
überzogene,  eniem  Vogelschnabcl  ähnliciic  Schnauze  von  allen  anderen  Säuge* 
thieren  abweichend,  sondern  ganz  besonders  in  ihrer  Entwicklung,  indem  sie 
gleich  den  Vögeln  und  Reptilien  Eier  legen,  wie  dies  neuerdings  fes^gestdlt  ist. 
Am  Skelett  ftlltdasCoracoidau^  welchessacbmit  dem  Sceinumvertnndetund  das  Vor- 
kommen von  Beutdknochen.  DieUnterkieferwinkelstndnichtetngebogeo.  DasfiHher 
gSnslich  bestrittene  Vorkommen  einer  Mammartasche  wurde  neuerdings  festgestellt; 
doch  bleibt  die  Frage  offen,  ob  dieselbe  nur  eine  periodische  Bildung  darstellt 
oder,  nach  der  ersten  Eiablage  auftretend,  dauernd  bleibt.  Die  unteren,  zu 
Uteri  erweiterten  Enden  der  Eileiter  münden  getrennt  in  den  Urogenital kanal, 
welcher  mit  dem  Ende  des  Darms  zu  einer  Kloake  vereinigt  ist.  Der  rechte 
Eierstock  ist  verkümmert.  Der  Penis  liegt  in  der  Kloake.  Samenbiasen  und 
Prostata  sind  nicht  vorhanden.  Die  Mächdrttsen  der  Weibchen  li^(en  in  der 
Abdominalhaut  Zitten  fehlen.  Oer  in  alter  Zeit  veibreiteie  Glaube,  dass  die 
Kloakenthiere  Eier  leiten  wie  Vögel  und  Reptilien  und  nidit  lebende  Junge  sur 
Welt  brächten  wie  andere  SSugetbiere,  hat  in  neuester  Zeit  voUste  Bestliigung 
erfahren.  W.  Haacke  fand  in  dem  mit  zwei  seitlichen  Ausbuchtangen  vendienen 
Beutel  einer  Echidna  hystrix  ein  >veritables  Eif.  »Dasselbe  war«  —  wie  der 
Genannte  angiebt  —  »im  Durchmesser  etwa  anderthalb  bis  zwei  Ccntimeter  gross 
und  besass,  wie  viele  Reptilieneier,  eme  pergamentartige  Schale«  (Zoolog.  Anz.  7, 
pag.  648).  Somit  scheint  es,  dass  die  Eier  in  der  Mammartasche  erbrütet 
werden.  —  Die  Kloakenthiere  bewohnen  Australien,  Vandimensland  und  auch 
NeU'Gttinea.   Fossil  ist  bis  jeut  eist  eine  Form,  EchÜM  Owmi,  Kbbfft,  ge* 


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Ifonotioclui  —  Ifontahk. 


4«5 


funden  worden.  Man  trennt  die  wenigen  jetzt  lebenden  Arten  in  zwei  Oattungcn, 
Schna bei  thi e r e  (s.  Ürnitliorhynclnis)  und  Anieiscnigcl  (s.  d.).      Rc  nw. 

Monotrocha  (gr.  =  Nur  mit  einem  Rad).  So  nennt  Schmarda  diejenigen 
BorstenwUrmerlarven,  bei  denen  nur  ein  witnpemder  Streifen  am  Vordcrrande 
sich  findet»  2.  B.  Pofynoe,  Wd. 

ISonotropbis,  Qtjct MmifipüHs,  Sioth.  Pf. 

Mofiosott,  Job.  Mülur.  Unterordnung  der  Radiolaiien;  entweder  mit  einer 
einzigen  Central -Kapsel  oder  isoUft  lebende  Einzelthierc.  Pp. 

Monqui.  Kines  der  drei  Hauptidiome  auf  der  Halbinsel  Alt-Kalifomien.   v.  H. 
Monroy'sches  Loch,  s.  Nervens3rstementwicklung*  Grbch. 
Monsoni,  Zweig  der  Crees  (s.  d.).     v.  H. 

Montacuta,  Turton  i8iq  (latinisirt  nach  G.  Montagu,  dem  gründlichsten 
der  ükeren  englischen  Conchyliologen,  Verfasser  der  »Testacea  britannica«  1803), 
MuschelgaUung  der  europäischen  Meere,  aus  der  Familie  der  Lucinidcn,  Schale 
dünn,  längsoval,  vom  UUiger  als  hinteni  Schlonruid  in  der'lifitte  ausgeschnitten 
mit  einem  inneren  Knoipelband  and  je  zwei  Zähnen  in  jeder  Klappe;  Rand  des 
Uttels  ttber  den  der  Sdiale  vorstehend,  Fuss  leng^  sungenfttnnig,  byssus^innend. 
M,  didemM8t  Montagu  (als  MyaJ,  weissUch,  3| — 6  MUfim.  lang,  vorzugsweise  in 
leeren  Austemschalen;  M.  substriafa,  Mont.,  noch  kleiner  und  radial  gestreift,  an 
den  Stacheln  von  lebenden  See-Igeln,  Spa/angus  purpureus,  befestigt,  in  Tiefen 
von  5 — 90  Faden;  ^f.  ferruginosa,  Mon  t.,  dunkelbraun  gefleckt,  länger  gestreckt, 
alle  drei  in  der  Nordsee,  in  Tiefen  von  10  —  40  Faden,  die  erstgenannte  auch  in 
der  Ostsee  auf  weichem  Schlammboden.    Fossil  seit  dem  Miocän.      E.  v.  M. 

Montafoner  Rind,  ein  mittelschwerer  Schlag  des  einfarbigen  Gebirgsviehs 
im  Montafonor  Thale.  In  der  Grösse  htit  dasselbe  die  Mitte  swischen  dem 
Schwyzer*  und  dem  Algttuer'AHeb.  Die  Farbe  ist  braun  bis  grau  in  verschiedenen 
Tönen,  indess  im  Allgemeinen  dunkler  als  bei  den  Algäueni.  Hellere  Scha,ttirungen 
finden  sich  um  den  Nasenspiegel  (»Rehmaulc)  an  den  Atigenlidem,  der  RUcken« 
linie  und  den  Innenflächen  der  Schenkel.  Auch  ist  die  Haarkrause  zwischen 
den  Hörnern  und  das  büschelartig  stehende  Haar  in  den  Ohrmuscheln  gewöhn» 
lieh  heller  gefärbt.  Kopf  kurz,  breit,  mit  schwarzem  Nasen.spicgc! ;  Homer  fein, 
hell,  mit  schwarzen  Snitrcn;  Hals  mittelstark,  mit  gut  entwickelter  Wamme;  Wider- 
rist etwas  hoch;  Ri  cken  mitunter  leicht  gesenkt,  ziemlich  lang;  Schwanz  hoch- 
angesetzt;  Brust  und  Bauch  tief  und  weit;  Beine  niedrig;  Euter  gut  entwickelt. 
Die  Milchproduktion  der  Rflhe  ist  eine  vorzügliche.  Die  Milch  ist  gut  und  schmack- 
haft Zur  Mästung  »nd  die  Thiere  im  Allgemeinen  weniger  geeignet^  dagegen 
aber  sehr  verwendbar  im  Zugdienste.  Verwandt  mit  diesem  Vieh  ist  das  Bregenzer- 
walder,  Kloster-  und  Walserthaler  Rind  (s.  d.).  R. 

Montagnais.  1.  Eine  der  vier  grossen  Gruppen,  in  welche  nach  P.  Petitot 
aus  linguistischen  Gründen  die  Athapasken  (s.  d.)  eintheilt.  Sic  umfasst  die 
Chippeweyan,  die  eigentlichen  Athapasken,  die  Karibuesser  und  die  Gelbmesser 
oder  Ycllowknife.  2.  Bergindianer,  Mountaineers,  Algonkin  vom  Cree-Volke  in 
Labrador  und  am  Laurentiusgolf,  nicht  zu  verwechseln  mit  den  Vorigen.     v.  H. 

Montagnards.  Andere  der  vier  grossen  Gruppen,  in  welche  V.  rEii  iOi  aus 
linguistischen  Gründen  die  Athapasken  (s.  d.)  eintheilt.  Sie  umfasst:  die  Biber- 
indianer, die  Saisifl»  die  Sekaneh,  die  Na'auneh,  die  Mauvaismonde,  und  die 
Esbata'Ottineh.    v.  H. 

Ifontabk.  Indianer  von  der  Familie  der  östlichen  Lenape;  sie  waren  der 
vornehmste  Stamm  auf  Long-Island.    v.  H. 

Zool,  AMlicapol,     BdiBolfltW.  Bd.  V.  30 

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466 


Montaubta-TMibc  —  Mo«qr«Hi««M> 


Montauban  Taube,  Col.  dorn,  ^i^anicu  ^uuntunsis,  nach  der  französischen Stault 
Montauban  in  der  Guienne,  wo  sie  veibreitet  it^  beoannt,  kam  suent  1865  iiadi 
Deutschland.  lA  eine  Riesen-Haustaube,  55  Centini.  lang  oder  auch  noch  liager, 
mit  einer  Flügebpannung  von  1  Meter  und  darüber  und  einem  Gewicht  von  e  PfiL 
und  mdir  (kropfleer).  In  Geatalt  und  Körperbau  ähnelt  sie  grossen  Feldtauben, 
die  Stim  ist  ziemlich  hoch,  der  Hinterkopf  stets  mit  einer  breiten  Federhaube 
versehen,  die  Schnabelwarze  stark,  doch  nicht  wulstig,  der  Fleischrand  um  die 
Augen  bei  älteren  Vögeln  breit,  warzig,  fleisch fnrben  oder  roth,  der  Schnnbel  soll 
hell  sein,  das  Auge  mattgelb  bis  perlfarben,  der  Fuss  nackt,  nur  zuvveilen  treten 
an  den  Laufen  Federstoppeln  auf.  Färbung  schwarz,  rothbraun,  weiss,  seltener 
gelljfai)!  oder  dunkelbraun.  Die  Bewegungen  bind  schwerfällig,  für  den  freien 
Flug  eignet  sich  daher  die  M.  kaum;  die  Zucht  ist  nicht  lohnend,  die  Taube  so- 
mit keine  Wirthschaftstaube.  DOa. 

Montefik.  Mächtiger  Araberstamm  im  Gebiete  des  unteren  Eophmt  und 
Tigris  und  des  Schatt'Cl-Arab,  der  sich  auch  über  IrAk  verbreitet,    v.  iL 

Montenegriner,  s.  Zmagorzen.     v.  VL 

Monteneur,  eine  seit  Jahrzehnten  schon  ausgestorbene  Haustaube,  welche  an 
Grösse  noch  die  Montaubans  ubertraf,  wenngleich  sie  kürzere  Flügel  und  Schwanz 
hatte  und  dadurch  mehr  an  das  Huhn  als  an  die  Taube  erinnerte.  Wurde  haupt- 
sächlich, speciell  in  Berlin,  als  Fleischtaiibe  gehalten.  DüR. 

Montezana,  uncivilisirter  Indianerstamm  in  Honduras.     v.  H. 

Monticola,  Boie  (lat.  Bergbewohner)»  Gattung  der  Drosseln,  TkräOae,  von 
den  echten  Drosseln  (Tmrdus)  dadurch  unterschieden»  dass  die  Schnabelfirste  vor 
den  Nasenlöchern  eine  Einbiegung  seigt.  Bezeichnend  ist  femer  das  graublaue^ 
unterseits  meistens  rothbraune  Gefieder.  Wir  kennen  10  Arten  in  Süd-  und 
Mittel-Europa,  dem  südlichen  gemässigten  und  subtropischen  Asien  und  in  Afrika. 
£inige  kleinere  asiatische  Arten  werden  in  der  Untergattung /V/'r<'/^^/y^7,  Sws.,  ge? 
sondert.  Auch  die  afiikanische  Form  Myrmecocichht,  Cab.,  ist  der  Gatt  m-:  Mon- 
Ikola  anzuschliessen.  Dieselbe  begreift  Arten  von  schwarzer  Gefiederförbung  und 
meistens  mit  weisser  Schulterzeichnung.  Wie  der  Name  besagt,  bewohnen  die 
Moiuuüla-i\\\.^\\  Gebirge  und  zwar  besonders  freie  Hänge  oder  nur  mit  niedrigem 
Baumwuchs  bestandene  Flächen.  Sie  hallen  sich  vorxugsweise  auf  dem  Erdboden 
auf  und  treiben  sich  auf  Felsbtöcken  oder  zwischen  dem  Steingeröll  umher. 
Das  Nest  wird  in  Felsritzen  versteckt  angelegt  Die  Eier  sind  einfiubif  blau. 
Die  Steindrossel,  Monticola  saxatiiis,  L.,  bewohnt  einige  Gebiqie  Mittel-  und 
Süd  Europas,  z.  B.  den  Gipfel  des  Brockens,  findet  sich  aber  auch  in  Persicn, 
Turkestan,  Süd -Sibirien  und  China,  Im  Winter  zieht  sie  nach  Afrika  und 
Indien.  Kopf  und  Hals  sind  blaugrau,  Oberrücken  und  Biir/el  schwärzlich, 
Mittelrücken  weiss,  Unterkörper  und  Schwanz  rostfarben.  Das  Weibchen  ist 
oberseits  graubraun,  auf  dem  Unterkörper  blass  rostgeib,  dunkel  gewellt.  Von 
der  Grösse  der  Singdrossel.  In  den  Mittelmeerländem  lebt  die  Blaudrossel 
oder  Blaumerle,  MmtUolß  cyim^  L»  Sie  ist  graublau,  FlOgel  und  Schwant 
schwärzlich.  Weibchen  oberseits  graubraun,  unterseits  dunkelbraun  und  fahlbraun 
gemischt.  Rchw. 

Mooticulus,  8.  Nervensystementwicklung.  Grbch. 

Montifringilla,  Bremm,  Untergruppe  der  Finkengattung  JPHmgiUat  L.,  auf 

P,  montifringilla,  I..,  begründet  (s.  FringiUidae>  RcHW. 

Monwu,  s   M  niwu.      v.  H. 

Monyamwesi.  Singular  von  Wanyamwesi,  Bewohner  von  ünyanwesi.    v.  H. 


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MooTcnte  Mops. 


467 


Moorente  «Weissaugeiiente,^a«/i($wAi  »yroca,  L.,  iette^AiMmf,  Bchst.«  s,  Fu& 
gula.  Rcinr. 

MoofsnuMlel »  Schlammpeitzker  (s.  d.).  Ks. 

Moorschneehuhn,  Lagopus  albus,  Gm.,  s.  Lagopus.  Rchw. 

Moorschnepfc,  GaUinapo  t:nllinu!a,  L.,  s.  Gallinago.  Rchw. 

Moosschnepfe    wird  in  eij  iLen  Gegenden  Deutschlands  die  Bekassine, 
Gaüinago  scohpacina,  Bp.,  genannt,  s.  Gallinago.  Rchw. 

Moosthier,  »Moosdeerc,  Akes  amruanus,  Richards.,  s.  Alces.     v.  Ms. 

MopoiL  Christliche,  hftlbdvitisitte,  von  ihrer  einstigen  Grösse  tief  herabge^ 
sunkene  Indianer  Mittel-Amerika's,  sttdösüich  vom  Petensee  wohnend,    v.  H. 

MopithA  oder  Mopagha.  Kleiner  Stamm  der  Karen  (s.  d.).    v.  H. 

Mcqilah  oder  Mapilla.  Mischlinge  von  Arabern  und  Hindu  in  Malabar,  sind 
fanatische,  sunnitische  Muhammedaner.  Ma  heisst  Mutter,  Pilla  Sohn.  Sie  sind 
hellfarbig,  haben  hohen  Wuchs  und  kräftige  (Glieder;  Hände  und  Füsse  sind  fein 
gebildet;  der  Bart  ist  buschig;  den  geschorenen  Kopf  bedecken  sie  mit  einer 
Kappe.  Brust  und  Schultern  bleiben  bloss,  ein  Leinentuch  wickeln  sie  um  die 
Hüften;  bei  den  Frauen  fällt  das  Gewand  bis  auf  die  Fubse;  die  Frauen  tragen 
gewaltig  grosse  Ohrringe,  welche  das  Ohrläppchen  zu  der  Grösse  eines  Kronen- 
thalers  ausdehnen.  Die  Männer  sind  wild  und  greifen  bald  nach  dem  Messer. 
Von  Jugend  auf  spredben  sie  aralusch.  Der  »Tangal«  oder  Obetpriester  residirt 
in  Kalikut  und  hat  grossen  Einfluss  auf  sie.  Obwohl  er  in  jeder  Besiehung  fttr 
einen  Araber  gilt,  ist  er  doch  dem  Herkommen  der  eingeborenen  Nair  insoweit 
unterworfen,  als  nur  die  Erbfolge  durch  die  weibliche  Linie  üblich  ist;  sein 
SHnvestersohn  folgt  ihm  nach  seinem  Tode  im  Priesteramte.  Die  M.  haben 
wenig  (jelehrsamkeit  und  kümmern  sich  noch  weniger  darum.  An  der  Küste 
zeichnen  sie  sich  als  Kaufleute  und  Rheder  aus,  zeigen  ausserordentlichen  Unter- 
nehmungsgeist und  besitzen  viele  grosse  Schiffe,  nnt  denen  sie  namentlich  nach 
Arabien  handeln.  Ihre  »Bibi«  oder  Königin  von  Cananor  schickt  alle  3— 4  Jahre 
mit  ihren  Untertanen  beladene  Schiffe  nach  Mekka  und  macht  dadurch  einen 
bedeutenden  Gewinn.  !Me  M.  im  Innern  sind  viel  wilder  und  fimatischer  als  die 
an  derKlIste;  ein  starker  Geist  von  CUnschaft  hemeht  unter  ihnen  und  sie  befinden 
sich  in  steter  Fehde  mit  den  Hindu-Zemindaren  und  Steueq)ächtetn,  gegen  die 
sie  grosse  Verachtung  zeigen.  Der  M.  ist  ein  höchst  trotziger  Bursche.  Jeder  M. 
trägt  an  seiner  Seite  einen  Dolch,  daher  das  häufige  Blutvergiessen.  Sie  bereiten 
sich  zum  Kampf  immittelbar  durch  eine  machtige  Dosis  Hanf  oder  Opium  vor 
und  fechten  mit  wütender  Hartnäckigkeit  bis  aufs  Aeusserste  trotz,  der  schreck- 
lichsten Wunden,  ihre  Wohnsitze  im  Innern  sind  zwischen  steilen  Gebirgen  und 
in  Dschungeln,  wo  dk  töddkhstm  Fteber  herrschen,    v.  H. 

Moplay.  Die  Bewohner  der  Lakkadiven,  etwa  7000  an  der  Zahl,  dn  feind« 
seliger  Stamm  aralMschen  Ursprungs,  der  sich  auch  tu  einer  Art  von  Muhamme- 
danismus  bekennt   Die  M.  bewohnen  mit  Schilf  gededcte  SteinhMuser.     v.  H. 

Mops,  CaniSt  iifolossus,  fricator^  ein  kleiner,  gedrungener  Hund  mit  grossem, 
runden  Kopf,  hervorstehenden  Augen  und  niedrigen  Beinen.  Ueber  die  Ab- 
stammung desselben  ist  nichts  bekannt,  doch  neigen  die  meisten  Forscher  zu  der 
Annahme,  er  sei  eine  Abänderung  der  linlldogge.  Thatsächlich  haben  die  beiden 
Racen  viele  Merkmale  gemein.  Der  Mops,  der  namentlich  früher  ein  Lieblings- 
hund der  Damen  war,  schien  mehrere  Decennien  fast  vollständig  aus  Deutschland 
venchwufiden,  ja  fast  aosgestorben  su  sem.  Gegenwärtig  wird  derselbe  wieder 
sehr  häufig  angetroflin).  Er  ist  nicht  besonders  intelligent^  besitzt  im  Allgemeinen 

30» 


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468 


ein  plilcgmatisches  Temperament  und  wird  im  Alter  nicht  selten  etwas  mürrisch. 
Eine  besondere  Neigung  zeigt  derselbe  zum  Fettansatz.  Dadurch  wird  er  un- 
förmig und  schwexftlüg  in  den  Bewegungen.  Ak  chankteiistiKlie  Meikinak 
gelten  Air  ihn  folgende:  Kopf  gross,  massig;  Scfananze  staik  abgestumpft;  Aogen 
gross,  rund,  hervoistehend;  Ohren  klein  und  dünn,  dicht  am  Kopfe  herabhängend 
(»Knopfohren t);  Hals  kurz,  fleischig,  ohne  Wamme;  Körper  kurz  und  untersetzt 
mit  breiter  Brust  und  runden  Rippen;  Schwanz  über  den  Rücken  geringelt  und 
nach  der  Seite  gebogen;  Beine  massig  l\och,  gerade,  mit  runden  Pfoten  und  gut 
gespaltenen  Zehen,  Behaarung  dünn  und  kurz.  Hie  Farbe  und  die  Zeichnung 
sind  sehr  ciiarakicristisch  für  diese  Kace.  Krstere  ist  rehbraun,  aprikosen färben 
bis  hellgraugelb  und  sandgrau.  Letztere  besteht  in  schwarzer  Schnauze  (»Maskec), 
sowie  in  schwarzen  Ohren,  Gesichtsfalten  und  Backenwarzen.  Als  besonders 
schön  gilt  ein  schwarzer  Fleck  auf  der  Stirn  und  ein  dunkler  Streifen  vom  Nadcen 
bis  zur  Schwanzwurzd  (»Aalstrich«).  Weisse  Abzeichen  deuten  auf  eine  VenntBchung 
mit  Bulldoggoiblttt  hin.  Das  Gewicht  betrügt  7—8  Kilo.  Früher  unterschied  man 
3  Varietäten,  welche  indess  gegenwärtig  in  Folge  wiederholter  Vermischutig  nur 
noch  selten  rein  angetroffen  werden  dürften.  Das  Hauptunterscheidungsmeikniid 
zwischen  beiden  ist  die  Verschiedenheit  der  Farbe:  der  •  Morrison-Mops  «  hat 
eine  lebhafte  Farbe  und  eine  nicht  sehr  dunkle  Maske,  der  »Willoughby' 
Mops«  ist  sandgrau  und  hat  einen  dimklen  Rücken  R. 

Mops,  trivialer  Name  für  das  kurz-  und  brcitkupüge  Rind  der  MUrzthaler 
Race  (s.  d.).  R. 

Mops,  F.  Cuv.  (Dysopes  mops)t  indische  Fledennausfonn  aus  der  FasDÜie 
AMfssif  FBT.P  als  Unteigattung  su  Dysopes^  Ilug.,  gehörig,  mit  kleinen,  getrennt 
stehenden,  oberen  Schneidezähnen.  Zsdinformel:  \  Schneidesähne^  \  Ecksähne, 
f  Backzähne,     v.  Ms. 

Mopsfledermaus,  Synotus  barkasteUutt  Keys,  und  Blas.,  s.  Synotus.     v.  Ms. 

Moqui.  Eine  der  acht  Gruppen  der  sogen,  Pueblo-Indianer  (s.  d.),  wohnen 
nördlich  vom  Colorado  Chiquito  in  Arizona.  Man  weiss  nur  sejir  wenig  von 
ihnen.  Seitdem  die  Spanier  sie  iui  sechzehnten  Jahrlnindert  entdeckten,  wurden 
sie  nur  selten  von  Weissen  besucht.  Ihre  Zahl  wird  auf  2500  geschätzt.  Sie 
wohnen  in  sechs  Dörfern  vertheilt,  ii  — 13  KiJom.  von  einander  entfernt  Die 
Dörfer  sind  auf  schroffen  Sandstetnplateaux  (»Mesasc)  erbaut  und  die  Hänser 
stehen  hart  am  Abgrunde,  an  dessen  Rande  die  Eltern  ihre  Kinder  unbekümmeit 
spielen  lassen.  Die  Häuser  smd  in  Reihen  gebaut^  meist  zweistöckig,  einige  anch 
vierstöckig.  Die  Bauart  ist  eine  ternusenartige,  die  oberen  Stockwerke  weiden 
mittelst  Leitern  erstiegen.  Das  Material  sind  Steine,  durch  ein  Gemenge  von 
Thon  und  Sand  sehr  fest  verbunden.  Jedes  Stockwerk  ist  etwas  über  2  Meter  hoch 
und  in  mehrere  Zimmer  abgetheilt,  die  mit  Kaminen  versehen  sind.  Die  Fenster 
sind  durch  kleine  Fenster  in  der  flauer  vertreten,  die  zur  Winterszeit  verkittet 
werden.  Bei  grosser  Winterkälte  wolinen  sie  in  einer  Art  Keller,  Höhluntjcn  im 
Felsen.  Der  Gesichtsausdruck  der  M.  hat  mehr  uut  dem  europäischen  als  dem 
Mongolischen  Aehnlichkeit,  ihre  Zähne  sind  blendend  weiss,  alle  sind  bekleidet 
Nur  wenige  bemalen  sich.  Die  Frauen  tragen  Rock  und  Mantille.  Ihre  Haus> 
thiere  sind  der  Hund,  das  Huhn,  Schaf,  Sege  und  Esd.  Rind  und  Schwein 
sind  ihnen  unbekannt  Als  Feuerungsmaterial  dient  getfodmeter  Schaftnist  Die 
M.  haben  weder  Kirche  noch  Priester,  doch  halten  sie  öfters  religiöse  Zusammen- 
künfte in  Felsenhöhlen,  lieber  ihre  religiösen  Vorstellungen  weiss  man  aber  gar 
nichts.  Die  Sprache  der  M.  zeigt  sehr  grosse  Verwandtschaft  mit  den  achoscho- 


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Mor  —  Morini. 


469 


nischen  Dialekten  der  Utah,  Komantschen  u.  a.  und  ist  wohl  als  eine  Mundart 
den  Schr>s(  lionensprachen  einzureihen,  so  daas  linguistisch  die  M.  der  mexika* 

niachen  \'olkerfamilie  angehören.     v.  H. 

Mor  oder  Kehol.  Muhammedanischer  Volksstamm  des  rcnflsrli'ib,  am 
unteren  Satiledsch,  bilden  den  Ucbcrgang  z\t  den  Zigeimern.  Die  M.  bekennen 
sich  zu  der  Lehre  von  Schafai,  eines  hochangesehenen  sunnitischen  Heihgcn,  welcher 
die  Speisevorschriften  dahin  erweiterte,  dass  alle  Thiere  rein  sind,  die  im  Wasser 
leben.  Die  M.  verlegen  sich  auf  den  Fang  von  Alligatoren  und  sollen  ihr  Fleisch 
Khmadchaft  zuzubereiten  verstehen.  Dabei  sind  sie  aber  so  unreinlich,  dass  die 
Hindu  behaupten,  das  Krokodil  rieche  von  weitem  seinen  Feind,    v.  H. 

Moratscheiit  d.  h.  idie  Leute  des  Westens«,  Unterabtheilung  der  Aiau- 
kaner  (s.  d.).     v.  H. 

Mordella,  Fab.  (lat.  mordere,  beissen),  Stachelkäfcr,  kleine,  keilförmige,  mit 
spitzem  Hintcrleibe  aiislntifende  Käfer,  die  mit  der  Clattiing  Anaspis  die  Sippe 
MordeUidae  bilden  und  auf  Blumen  leben.  Man  kennt  1 18  Arten,  deren  grösstc 
in  warmen  Erdstrichen  leben.     E.  Tg. 

Mordfliege,  s.  Laphria.     E.  Tg. 

Mordidi  Nach  PtolemAos  eine  Völkerschaft  auf  Tabrobane,  dem  heutigen 
Oylon.    V.  H. 

Mordwinen.  Uralischea  Volk  der  bulgarischen  oder  Wolgafamilie,  wohnen 
in  einer  Gesammtcahl  von  etwa  700000  Köpfen  als  Ackerbauer  und  Bienen« 
Züchter  z\vischen  den  Flüssen  Oka  und  Wolga  in  den  russischen  Gouvernements 

N'ischnji-Nowporod,  Tambow,  Pensa,  Simbirsk,  Saratow  und  Samara  bis  nach 
Orenburg  und  Astrachan.  Sie  zerfallen  in  zwei  dialektisch  von  eiririndcr  ge- 
schiedene Stämme:  die  Mokscha  an  der  Sura  und  Mokscha,  und  die  Ersa  an 
der  Oka.  Mordwa  kommt  von  Murd,  Mann  unii  Wa,  Wasser.  Die  M.  sind 
stark  und  kräftig,  von  sanfter  Gemüthsart,  aber  schniuuig  und  unwissend.  Sie 
sind  die  sQdlichsten  Finnen,  aber  meist  ganz  russtficirt;  sie  kleiden  sich  wie  die 
Russen  und  bekennen  sich  zur  griechischen  Kirche.  Die  Ersa  haben  den 
finnischen  Typus  bewahrt  und  rothblondes  Haar;  die  Mokscha  and  dunkel 
und  ihr  schwacher  Bart  erinnert  an  die  Tataren.  Sie  sind  fleissig  und  gastfrei, 
aber  schweigsam  und  reizbar.  Die  M.  treiben  auch  Viehzucht  und  sind  neben- 
bei  tüchtige  Fuhrleute  und  Jäger.     v.  H. 

Morelia,  CiKAv,  Pythonidm  Gattung.  Naslöchcr  seitlich,  jedes  in  einer  Platte. 
Augen  seitlich  mit  radital-clliptischcr  Pupille.  Kopfsdiilder  nur  am  Schnauzen- 
endc.  Gruben  auf  beiden  Lippen.  S(  huppen  platt,  Unterschwanzschiider  doppelt. 
—  M.  Argus,  L.,  bekannte  neuholländische  Schlange.  Pr. 

MoretUa,  Grav.  Gymnophtalmiden-  (Saurier)  Gattung  mit  i  westfaidtediea 
Art  Pp. 

Morgagni'sdier  Ventrikel  des  Kehlkopfs,  s.  Respirationsor^ne-Ent- 
Wicklung.  Grbch. 

Moigagni'sche  Hydatiden,  s.  Testikelentwicklung.  Grbch. 

Mor^enfink,  Zonotrichia  piUata,  Bodd.,  in  Süd-Amerika,  s.  Zonotrichin.  Rchw, 

Morgetes.  Volksstamm  Alf-Pnliens ,  ursprünglich  in  der  Gegend  von 
Rhegium,  wanderten  aber,  von  den  OenDtriern  verdrängt,  nach  Sicilien  aus.    v.  H. 

Morini.  Die  äusscrste  der  gallischen  Völkerschaften  gegen  Norden,  an  der 
Stelle,  wo  die  kürzeste  Ueberfahrt  nach  Britannien  ist.  Sie  waren  ein  ziemlich 
bedeutendes  Volk,  in  Kantone  getheilt,  sehr  kriegerisch  gesinnt  und  trieben  be* 
sonders  starke  Gilnsezucht    v.  H. 


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470 


Morioris  '  MmIiImii« 


Morioris.  Dies  ist  die  Maori  Benennung  der  Chatam-Insulaner,  welche  jetit 
fast  als  ausgestorben  zu  betrachten  sind.  Als  die  Inseln  vor  etwa  lao  Jahren 
von  Gilbert  entdeckt  wurden,  waren  sie  von  beiläufig  1200  Menschen  bewohnt, 
einem  hamloMn,  heiteren,  trtfgen  Völkchen,  das  den  Krieg  kaum  ktnnt^  keine 
eigentlichen  Hutten,  sondern  nur  bebrabte  SchutsdMcher,  sehr  primitive  Kihne 
und  wenige  Steingeräthe  be&aas  und  im  allgemeinen  von  dem  lebte,  was  das 
Meer  auswarf.  Acherbau  war  völlig  unbekannt  und  sie  genossen  von  vegeta- 
bilischen Speisen  nur  einige  Baumfrüchte  und  die  Wurzeln  der  Pteris  escuUfUa, 
eines  Farrnkrautes;  auch  verstehen  sie  heute  noch  die  in  frischem  Znstande 
schädlichen  Früchte  des  Karakabaumes  zu  bereiten.  Im  Jahre  1835  landete  in- 
dess  ein  kannibalischer  Menschenstamm  auf  der  Inselgruppe,  welcher  die  M. 
buchstäblich  nach  und  nach  auflrass,  so  dass  1867  ihrer  nur  noch  40  übrig  ge- 
blieben waren.  Im  Aeusseren  sind  sie  von  den  Maori  nicht  erheblich  ver- 
schieden, im  Ganzen  etwas  kleiner  und  dankler,  tragen  aber  in  dem  stnffni 
schwarsen  Haar,  der  Adlernase,  dem  judischen  Gesichtsausdrock  die  Merkmale 
ihrer  Stammesverwandtschaft  Ihre  Sprache  ist  bereits  gttndkh  venchwiinden; 
heute  herrscht  auf  den  Chathaminseln  unter  den  Eingeborenen  allgemein  das 
Maori.  (Ausführliches  über  die  M.  siehe  in  der  Revue  d'anthropologie.  1874. 
pag.  05—07).     V.  H. 

Moriscos,  s.  Mauren.     v.  H. 

Morlaken.  Nach  Friedrich  Mt)LLER  sind  die  M.  —  die  serbischen  Be- 
wohner des  südwestlichen  Istrien,  des  nordöstlichen  Dalmatien  und  der  quame- 
rischen  Inseln  —  nichts  anderes  als  slavisiite  Rumänen;  er  nennt  sie  daher 
auch  Mauro-Wlachen,  wie  dies  von  den  Makedo^Wlachen  (s.  d.)  gesdiidit  Die 
Stavisirung  muss  indess  eine  sehr  vollkommene  sein,  denn  in  KOiptf bescha0iea* 
heit,  Charakter  xxA  Lebensweise  gelten  heute  die  M.  —  wenigstens  in  Dalmadeo, 
wo  sie  das  ganse  Innere  des  Landes  vom  Gebiete  der  Zara  an  bis  zur  Mündung 
der  Narenta  inne  haben  —  als  ein  Urtypus  des  serbischen  Stammes.  Doch 
nennen  sie  sich  selbst  noch  immer  Vlah,  Vlasi  oder  Wlachen.  Sie  haben  eine 
hohe,  kräftijje  Gestalt,  starken  und  gewandten  Körper,  scIk  ne,  männliche  Züge, 
graue  oder  blaue  ausdrucksvolle  Augen,  breite,  hohe  Stirn,  blonde,  rötbliche  oder 
ganz  schwarze  Haare,  glänzend  weisse  Zähne  und  sonnengebräunte  Haut  Seh- 
kraft und  GehGr  sind  ausserordentlich  scharf,  die  Stimme  ist  scharf  und  klang- 
voll, die  Körperstärke  ganz  ungewöhnlich.  Ihr  Schritt  ist  lang,  aber  gemessen 
und  gleichmässig,  die  Haltung  gerade.  Obwohl  sie  meist  wenig  Kleider,  Decken 
und  fast  gar  keine  Betten  besitzen,  haben  ihre  Häuser  doch  weder  Oefen  noch 
Kamine,  noch  Fensterscheiben.  Den  Winter  ausgenommen  schlafen  die  M. 
auf  der  Tenne  oder  unter  einem  Baume.  Die  Häuser  bestehen  aus  Steinmanem 
mit  oder  ohne  Kalk  oder  aus  vier  Pfählen  mit  Wänden  aus  geflochtenen  Ruthen, 
mit  Kuhmist  übertüncht.  Die  Dächer  sind  von  Steinplatten,  Schilf  oder  Stroh, 
der  Estrich  ist  die  Erde,  die  Thür  zugleich  Fenster  und  Schornstein.  Wohnen 
mehrere  Familien  in  einem  Hause,  so  theüt  eine  Ruthenwand  deniimeren  Raom. 
Die  VL  sind  von  frühester  Kindheit  an  jedem  Wind  und  Wetter,  den  härtesten 
Strapasen  und  Entbehrungen  ausgesetzt  Im  allgemeinen  von  eiserner  Gesund' 
beit,  wenden  rie  sidi  in  KrankheitsfiUlen  lieber  an  die  landesüblichen  Hefl- 
kundigen  als  an  wirkliche  Aerzte.  Ii-  manchen  Familien  vererbt  die  Ausübung  der 
Heilkunde  von  Vater  auf  Sohn.  Hauptarzeneimittel  sind  Wein  und  Branntwein 
mit  PfeflTer  und  Sclüesspulvcr.  Die  Nahrung  ist  einfach  imd  ärmlich.  Bei  Uebcr- 
fluss  schwelgen  sie  unmässig,  in  der  Noth  ertragen  sie  den  äussersten  Mangel, 


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Monnon  —  Moiiyiiileii, 


471 


Brot  meist  aus  Gerste  mit  allerlei  Beimischungen  backen  sie  täglich.  Haupt- 
nahrunp^smittel  ist  aber  die  Milch  von  Schafen  und  Ziegen  in  der  Gestalt  von 
Rahm,  Butter  und  Kri<^e.  Als  Suppe  kochen  sie  harten  Maisbrei  mit  Milch  oder 
Wasser  und  Mehl  )n  \\  asser.  Auf  Braten  sind  sie  besonders  lüstern.  Sie  lieben 
reinen,  alten  Wein  und  Branntwein.  Wein  mit  Wasser  zu  mischen,  halten  sie  für 
schimpflich.  Dagegen  trinken  sie  Wein  mit  Milch,  Essig  mit  Wasaer  and  Molken, 
auch  blocset  Wasser.  Bei  den  Mahlseiten  sitsen  die  M.  auf  dreibeinigen  Schemeln 
rings  um  einen  niedrigen,  ungedeckten  Tisch,  auf  wddiem  ein  hölsemer  Napf  für 
Alle  gemdnsam  Schttssdn  und  Teller  ersetst  und  ein  einziger  hölxener  Becher 
zum  ^^  echselseitigen  Gebrauche  steht  Die  Frauen  dürfen  nie  mit  den  Männern 
an  einem  Tisch  sitzen;  sie  sind  die  Dienerinnen,  die  Sklaven  und  werden  als 
untergeordnete  Wesen  betrachtet.  Die  Frau  ist  die  Arbeiterin  des  Hauses. 
Geistig  begabt,  edelmütiiig  und  tapfer,  sind  die  M.  zugleich  arbeitsscheu,  racli- 
süchtig  und  Feinde  alles  Zwanges,  ungemein  gastfrei,  fanatische  Anhänger  der 
hergebrachten  Sitte.  Diebstahl  ist  an  einigen  Orten  unbekannt,  Mord  aber  häuhg, 
doch  nur  im  Zoroe^  in  der  Trunkenheit  oder  aus  Rache,  denn  es  herrMht  bei 
ihnen  die  Blutrache.  In  Bezug  auf  weibliche  Sittsamkeit  and  sie  ungemein 
streng.  Die  M.  kennen  auch  die  Steigerung  der  Freundschaft  zu  Halbbrfldem 
oder  Halbschwestern.  Alle  Vorschriften  der  Kirche  werden  strenge  beobachtet 
und  während  des  Gottesdienstes  selbst  die  Waffen  abgelegt,  die  sonst  den  M. 
nie  verlassen.    Die  Tracht  ist  fast  die  nämliche,  wie  bei  Zmagorzen.     V.  H. 

Mormon,  Wagner,  s.  Cynocephalus,  Briss.     v.  Ms. 

Mormon,  s.  Fratcrcula.  Rchw. 

Mormopes,  Pkters,  Fledermausfamilie  (Subfamilic)  der  Chiroptera  insectivora, 
Wagner,  zur  Unterordnung  (bezw.  Tribus)  der  Blattflederer,  s.  Istiophora,  gehörig, 
charakterisiit  durch  rudimentären  Nasenbesatz,  durch  Hautfalten  an  Nase  und 
Kinn,  grosses  Interfemorslpatai^um  und  durch  W<ttnnige  Schmdzleisten  der 
Backenzähne.  Hierher  die  vorwiegend  westindischen  Gattungen  Mormoptt  Lcach, 
Chilonycttrkt  GsAY,  femer  PttronPius  und  Phyllodia,  Gbay.    v.  lAs. 

Mormops,  Leach,  »Trutzer«;  westindische  Fledermaus-Gattung  der  Familie 
Mormopes,  Pet.,  mit  der  einzigen,  noch  ungenügend  bekannten  Form  M.  Blaith 
rHUei,  Leach,  aus  Jamaika  und  Cuba.  Das  Gebiss  weist  \  Schneidez.,  -1^  Eckz., 
I  Backz.,  auf,  die  Nase  ist  oben  abgenindet,  mit  3  Warzen  jederseits,  »unten 
schief  abgestutzt«  mit  mittlerer  Längs-  und  gezahnter  Querrippe.  Der  vordere 
Rand  der  Ohren  ist  durch  eine  Querldste  ▼eremigt,  die  letzten  Schwan^lieder 
ragen  aus  der  Rflckenfläche  des  Interfemoralpatagiums  hervor,    v.  liib. 

Ifonnopteras,  Fbt.,  Untergattung  von  Dyi^pts^  Illeg.,  mit  \  Backzähne  be> 
grOndet  auf  die  madagaskarische  Speeles  X>,  JngiUariSt  Pet.    v.  Bis. 

Mormyriden,  Joh.  Müluir,  Nilhechte  (gr.  mormyrus,  Name  eine^  vermuth- 
lieh  nicht  mit  diesem  identischen  Fisches),  Familie  der  Bauchflosser  (s.  Abdomi- 
nnles),  mit  kleiner  srhlitzförmiger  Kiemenöffnung,  Pseudobranchien,  ohne  Barteln, 
Kopf  nackt,  zu  beiden  Seiten  des  Scheit eibeines  zwei  von  einem  dünnnen  Haut- 
knochen überdeckte  Oeffnungen  der  Schädelhohle.  Mund  klein,  der  obere  Rand 
in  der  Mitte  von  dem  unpaarigen  Zwischenkiefer,  zu  beiden  Seiten  vom  Ober- 
kiefer gebildet;  falsche  Kiemen  fehlen;  der  Körper  ist  beschuppt.  —  Der  lange 
Darm  hat  xwei  Pförtneranhänge;  die  Ovarien  haben  Eileiter.  Die  einfache 
Schwimmblase  wird  durdi  den  3.  und  4.  Kiemenbogen  des  Aiteriensystems  mit 
Blut  versorgt  welches  unter  normalen  Verhältnissen,  da  es  aus  den  entsprechen» 
den  Kiemen  komm^  sauerstofifreich  ist,  an  der  Innenfläche  der  Schwimmblase 


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47«  Moradlrcgcnpfeifcr  —  Motphnit». 

den  Sauerstoff  abgiebt  und  von  dort  aus,  wie  aus  den  übrigen  Organen  sauer- 
stofTarm  zum  Herzen  zurückgelangt;  vernuithlich  ändert  sich  das  aber  >>eim  Auf- 
enthalt de«;  Thieres  in  der  Athmosphäre.  indem  alsdann  das  Blut  aus  den  Kiemen 
noch  sniHM stotlarm  lui  Schwimmblase  gelangt  und  hier  athmosphärischen  Sauer- 
stoft  aulnimmt,  um  sich,  sauerstoffreich  geworden,  im  Herzen  dem  sauerstoüarmen 
Blute,  welches  m  den  Übrigen  Organen  zurUclckehzt,  beisviiiifclieiL  KndlirJ» 
ist  auch  noch  eines  dgenthttmlichen  gallertigen  Gewebes  auf  beiden  Setten  der 
Schwanzwirbelfläule  Erwühnung  zu  thun,  wdches  in  seiner  histoloi^scben  Be- 
schaffenheit grosse  Uebereinstimmttngen  mit  dem  eMrtrisehen  Ofgan  gewisMr 
Fische  zeigt,  ohne  dass  man  eine  entsprechende  Funktioa  hätte  nachweisen 
können.  Die  Körperform  der  M.  ist  meist  eine  weis-  oder  gar  aalähnliche;  die 
Rückenflosse  ist  lang,  Schwanz  und  Aftfrflo'^se  fehlen  bei  GymnarfhuK.  Mit 
Einschluss  dieser,  von  Kinigen  als  Vertreicr  einer  besonderen  l'amilie  betrachteten 
zählt  man  4  Ctattungcn  mit  26  Arten,  die  alle  im  Stisswasser  des  tropischen  Afnka 
leben  und  sich  von  vermodernden  Pflanzenstoffen  ernähren.  Die  Gattung  Mor- 
myrus  wutde  von  den  alten  Aeg>'ptero  heilig  gehalten.  Ks. 

Momellregenpfeifer.  Ckaradtms  mmmeUus,  L.  {siHnau,  Gm.),  s.  Chaia- 
drius.  RcHvr. 

Morona,  Einer  der  Stämme  der  Jtvaro  (s.  d.)  H. 

M(Mro-Neger.  Ein  \on  Pfthericr  besuchter  Volksstamm  im  Gebiete  des 
oberen  Nil.  Als  Waffen  führen  die  M.  leichte  Wurfspeere,  hauptsächlich  aber 
Pfeile  atis  Kohr  mit  FÜsenspitzen  und  Wideriiaken,  deren  Trag^veite  bis  im 
60  Schritte  reicht.  In  Ermangelung  von  Kleidern  tragen  die  Männer  Kupfer- 
ringe, bis  zu  einem  Dut/end,  am  rechten  Arm.  Um  die  Hüften  werden  Perlen- 
schnüre und  niedlich  geflochtene  Sirohbänder  geschlungen.  Wenn  die  Frauen 
heh^hen,  legen  sie  ein  schmales,  strohgeflochtenes  Band  um  die  Hüften  und 
liehen  es  zwischen  den  Beinen  hindurch.  Hinten  stecken  ne  in  diesen  Gttrtd 
einen  Busch  mit  grttnem  Krau^  der  an  Gestalt  dem  Schwans  eines  Stranssen 
gleicht  und  den  Schönen  einen  koketten  Anstrich  verleiht.  Ausserdem  werden 
auch  ein  paar  blank  polirte,  5 — 7  Centim.  im  Doichmesaer  haltende  Eisen- 
scheiben mit  leicht  gewölbter  Hohlfläche  nach  innen  auf  den  Kopf  gelegt  und 
durch  ein  Loch  in  der  Mitte  ein  Büschel  Haare  hindtirchgezogen  und  zum  Fest- 
hallen der  Scheibe  in  einen  Knoten  gcknüiift.  Ganz  ohne  Ahnimg  einer  über- 
sinnlichen Welt  sind  die  M.  niclit,  denn  sie  halten  es  für  möglich,  dass  Todte 
den  Ihrigen  nocii  irgend  eine  Botsciiaft  mittheilen  könnten.     v.  H. 

MoroB»  s.  Mauren*  H. 

Mcwphtnae,  Butl.,  Sippe  der  Nympkaädar  (s.  d.)  und  Dktrtta,  aus  etwa 
90  Arten  bestehende  Tagschmetterlinge  wärmerer  Erdstriche,  von  denen  35  Arten^ 
und  zwar  die  grOssten  aller  Tagschmetterlinge,  der  Gattung  M<9rpko  angehdren 

und  in  Süd-Amerika  leben.     E.  Tg. 

Morphnus,  Cuv.  (gr.  Beiwort  des  Adlers,  von  verschiedener  Bedeutung), 
Gattung  der  Sf/sa('ffn(7f,  Hnbichtadler  (s.  Habichte).  Starke  Vögel  mit  weicher,  der- 
jenigen der  lüilen  ahnlichen  Heliedcrung  und  verlängerten  Schoptücdem.  Diel  cdcrn 
des  Ciesichtcs  werden  m  der  Kegel  gesträubt  und  bilden  so  eine  Art  Schleier, 
wodurch  diese  Kaubvögel  ein  eulenartiges  Ansehen  erhalten.  Lauf  wesentlich 
länger  als  die  Mittelzehe.  Schwans  lang,  Uber  drei  Viertel  der  FlflgelUinge. 
Zwei  Arten,  von  welchen  eine  Süd-Amerika,  die  andere  Neu-Gumea  bewohnt 
Dfe  amerikanische  Art  ist  der  in  zoologischen  Gilten  Öfter  su  findende  WOrg« 
ad  1er,  Morphmit  gmanetttü,  Davd.  Rcbw. 


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Morrisia  —  Moscbidae. 


473 


Morrisia,  s.  Platidia.     E.  v.  M. 

Merros«  Mit  dem  Namen  M.,  gleichbedeutend  mit  Mauren,  bezeichnen  die 
Spanier  die  eingeborenen  Stämme  der  Philippinen,  und  zwar  nicht  bloss  die 
muhammedanischen,  sondern  auch  die  christlichen.  Solche  unabhängige  M. 
wohnen  in  den  Wäldern  von  Basihln,  Mindanao  ii.  s.  \v.  in  nörfcrn  vdu  l'fahl- 
hütten.  Sie  sehen  jeden  Weissen  als  Gegner  an.  Das  Innere  der  oft  sehr  ge- 
räumigen Hütten  ist  nicht  weiter  durch  Wände  geschieden,  doch  scbdnen  <Ue 
venchiedenen  PlMlse  ihie  besondere  Bestimmung  xu  haben.  Bekleidmig  ist  auf 
einen  Lendenschurs  beschrSnkt;  ihre  Waffen  sind  oft  von  höchst  kunstvoller 
Arbeit  Die  meisten  M.  rind  arme  Leute.  Uebrigens  ist  mit  der  Beseichnung 
M.  nicht  viel  anzu&ageni  denn  wahrscheinlich  sind  darunter  Stämme  sehr  ver- 
schiedener Art  begriffen.  Ein  Theil  der  M.  deckt  sich  wohl  mit  den  sogen. 
Alfuren  (s.  d.).     v  H. 

Mortlockinsulaner.  Bewohner  der  Morüockgruppe  oder  des  centralen 
Karulinenarchi[)els  in  der  SOdsee,  sind  wie  alle  Mikronesicr  ein  Misclilin£rs\  rlk 
Es  herrscht  bei  ihnen  in  ausgeprägter  Weise  die  Abstammung  in  weiblicher  Linie. 
Der  Stamm  wird  durch  die  Einheit  des  weiblichen  Blutes  bedingt  Die  M.  sind 
geschickte  Seefahrer  und  besitzen  eigene,  ihre  Fahrten  leitende  Stemkenner»  die 
ihre  Wissenschaft  im  Geheimen  von  Generation  su  Generktion  vererben  und  eifer- 
sttchtig  bewahren,    v.  H. 

Moni.  Negerstamm  des  östlichen  Sudan,  welclier  in  vielen  Aeusserlichkeiten 
den  Mittuvölkern  nahesteht.  Die  M.  sind  westliche  Nachbarn  der  Niambari.   v.  H. 

Morula,  s.  Furchung  de-^  Fies.  Grrch. 

Morunga  mit  Af.  fhphantma,  Gray  =  Cystophora  proboscidea,  NiLSS.  tScc- 

fclepliant«,  s,  Cystophora,  NiLSS.     v.  Ms. 

Moscas  oder  Muysca,  s.  Chibcha.     v.  H. 

MoschL  Völkerschaft  des  Alterthums,  in  den  südlichsten  Theilen  von 
Golchis  am  Sttdfusse  des  Kaukasus,    v.  H. 

MoBdüdae,  A.  M.  Edwards.  Die  Moschusthiere  sind  kleine,  hirschartige 
Wiederkäuer,  dte,  wiewohl  nur  durch  eine  einsige  Gattung  und  eine  Art  M^tAus 

moschiferus,  L.,  (e.  p.),  vertreten,  eine  eigene  und  ziemlich  gut  charaktcrisirte 
Familie  repräsentiren.  Abgesehen  von  dem  Mangel  der  Geweihe  und  Thränen- 
gruben  ist  das  (aus  f  Schneidezähne,  |  Eckzähnen,  |  Backzähnen  gebildete)  Ge- 
biss  bei  den  männlichen  Thieren  durch  die  hiuerartige  Entwickhing  der  oberen, 
nach  abwärts  gerichteten,  5—7  Ccntim.  langen  F.rkzähne  bcmerkenswerth.  Die 
Mittelhand*  und  Mittelfussknochen  der  ili.  und  IV.  Zehen  sind  verwachsen,  die 
Mittelhandknochen  der  n.  und  V.  Zehen  fehlen,  die  entsprechenden  Mittelfuss- 
knochen sind  verkflmmert  Während  die  ehedem  mit  den  Itl  vereinigt  gewesenen 
Traguüdoi  (s.  d)  nur  3  Magenabtheilungen  aufweisen,  finden  sich  hier  deren  4 
und  die  bei  Traguliden  difiuse  Flacenta  erscheint  in  Cotyledonen  geheilt.  Der 
Name  M.  rührt  vun  einer  nur  den  männlichen  Thieren  zukommenden  Drüse 
(Moschusdrüse,  Moschusbeutel)  her,  welche  zwischen  dem  Nabel  und  dem  Penis 
gelegen,  sich  knapp  vor  der  -^Praeputialmündung  nach  aussen  öffnet.  Die  drüsige 
Wand  des  rundlichen,  ca.  6  Centim.  langen,  3  Centini.  breiten,  4 — 5  Centim.  hohen 
Beutels  producirt  durchschnittHch  30  (in  max.  ca.  50)  Grm.  des  in  frisclicm  Zu- 
stande salbenartigen  Moschus.  Das  Moschusthier  hat  Rehgrösse,  gedrungenen 
Bau,  ist  hmten  höher  (als  am  Widerriste)  gestellt;  die  Färbung  des  dicht  anUegen* 
den  Haarkleides  variirt  sehr:  oben  duidcetbiaun,  rotfabraun,  gelbbraun,  unten 
schmutsigwdsftlid»  bis  weiss;  manche  Exemplare  zeigen  in  Längsrtthen  geordnete 


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474 


MotdieplMigi  —  Ifoib. 


Iielle  Rllckenflecken.  Die  Heimath  reicht  vom  Amur  an  bis  zum  Hmdukuscb, 
und  vom  60^  n.  Br.  bis  nach  Indien  und  China.  Am  häufigsten  hndet  es  sich 
auf  den  tibetanischen  Abhängen  des  Himalaya  in  der  Umgebung  des  Baikals«es 
und  in  den  Gebirgen  der  Mongolei.  Die  Kbrofien  Gdiänge  und  die  Waldungen 
jener  Gebirge  (in  einem  Höhengttrtel  «wischen  1000— eooo  Meter  fl.  Meere)  büden 
die  eigentlichen  Wohnsitze  des  Moschusthieres.  Ausser  dem  geecbitiann  Moachns 
(als  dessen  beste  Qualität  der  »tibetsnische«  gilt)  werden  Fell  und  das  für  Euro» 
püer  ungeniessbare  Wildpret  verwerthet  Die  biologiscben  Verhältnisse  des  M.  er- 
innern z.  Th.  an  jene  der  (  iemsen,  z.  Th.  an  jene  unserer  alpinen  Hiische.    v.  Ms. 

Moschophagi.    Völkerschaft  des  alten  Aetliiopien.      v  H 

Moschosch.  Kaukasusvolk  nördlich  vom  Kamme  des  Gebirges  im  Westen 
wohnend.  Sollten  die  M.  mit  den  Moschi  des  Alterthums  etwa  zusammenhängen 
und  deren  Name  in  dem  ihrigen  heute  noch  fortleben?     v,  H. 

Moadius,  L.,  Moschusthier  s.  Moschidae,  A.  M.  Edw.    y.  Ms. 

Moadius  aquaUcuB»  Oguby  ^ /fyaemMcAtu  ofuatims,  Grayi  WiedeikMucr- 
art  zur  Gattung  fffoimoschm*),  Gkay,  aus  der  Familie  der  TKvwfidsr«  A.  M.  Edw. 
(s.  d.),  gehörig. 

Moschusbiber  (Casicr  m^sehainst  L.)  « Ify^^ittk  mMikata,  Brandt,  Desmaii, 

8.  Myogale,  Crv      v.  Ms. 

Moschusbock,  s.  Aromia.     E.  Tc. 

MoschusbÖckchen,  Mosrhusantilope  (Antilope  rnoichata,  DÜB,  —  Nfsotragui 
moschtUus,  M.  v.  Düuen  etc.,  Calotragus  uwscJuilus,  Temm.),  s.  Nanotxagus, 
Wagn.    V.  Ms. 

Moeclius-Bnte.  Diese  Ente  «itd  in  ihrer  Heimath  Sfld-AmerUca  ancb  als 
Hausthier  wohl  geschätzt.  Nach  der  Entdeckung  Amerika's  wurde  sie  nach 
Europa  gebracht,  und  hier  züchtet  man  sie  rein  und  in  verschiedenen  Fftrbungen, 
zieht  aber  auch  Bastarde  zwischen  ihr  und  der  Hausente.    Hübsch  sehen  die 

weissen  M.  aus  mit  schnecweissem  Gefieder,  fleischrothem  Schnabel,  rothen 
Warzen  und  orangegelben  Fdssen.  Wenn  sie  gleich  bei  uns  fast  allenthalben  be- 
kannt und  verbreitet  ist,  so  betrachtet  man  sie  im  Allgemeinen  doch  mehr  als 
Luxus-,  denn  als  Wirthschafts-Geflügel;  sie  liefert  aber,  namentlich  vor  zurück- 
gelegtem ersten  Jahre,  einen  ausgiebigen  und  schmackhaften  Braten.  Züchtung 
und  Mästung  bieten  keinerlei  Schwierigkeiten.  Bastarde  von  MoschusenCen^Eipd 
und  gewöhnlicher  Hausente  werden  namentlich  gern  in  Frankreich,  wo  man  sie 
Canards  muiets  nennt,  gezflchtet,  da  sie  sich  durch  Grösse  und  Stärke  vor  Hai»> 
enten  auszeichnen  und  gute  Fleischthiere  abgeben  (s.  auch  Hyonetta).  DOit. 

Moschusochset  Ovibos  moschaim,  Blainv.,  s.  Bovine»  Gray,     v*  Ms. 

Moschusthier,  s.  Moschidae,  A,  M.  £dw.     v.  Ms. 

Moscos,  s.  Mosquito.     V.  II. 

Mosia,  Gkav  (Furiptcrus,  Bonap.),  südamerikanische  Fledermausgattung  aus 
der  Farn.  Vespcriiäomäae,  Wagn.,  mit  hohem  Schädel,  niedriger,  naliezu  scheiben- 
förmiger Schnauze,  median  vereinigten  Intermaxillen,  von  einander  getrennten 
Ohren,  mit  gestieltem  Tragus,  mit  dicht  von  warsigen  Linien  besetsten  Flug« 
häuten,  mit  anfitdlend  kurzem  Daumen  und  kuraer  erster  Mittdfingerphalanx. 
Gebiss  besteht  jederseits  aus  |  Schneides.,  \  Ecks.,  |  Backs.  Schneidesäfane  jeder 
Seite  stehen  dicht  beisammen,  sind  von  den  Eckzähnen  und  den  Sdmddesähnen 
der  entsprechenden  anderen  Kieferhälfte  durch  einen  Zwischenraum  getrennt 

*)  Der  in  Folge  ciiiM  VcndMBS  «mgshHchctte  AitÜMl  »^racaMMclHit«  wM  mtrr  »TViga* 
lidM«  bthamkit. 


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Mqm  —  MoRytioed. 


47S 


Hierher  M.  (Furia,  Furipterus)  horrens,  F.  Cuv.,  einfarbig  schwarzbraun,  Körper 
4  Centinv    Spannweite  ca.  i6  Centim.    M.  (F  )  racntfru-fns,  Tomes.     v.  Ms. 

Moso.  Offenbar  der  Rest  eines  einst  mächtigen  Stammes  in  Yünnan,  der  aber 
rasch  seine  Eigenschaften  verliert  und  mit  den  Ya-tseu  (• .  (\.)  verschmilzt,  dessen 
Häuptling  ihn  befehligt.  Die  M.  sind  in  ihren»  Aeubscreu  ganz  chinesisch;  die 
Miinner  tragen  die  gewöhnliche  blaue  BAumvoUenjacke  und  die  kuneo,  wetten 
Hosen  der  Chinesen,  einen  theilwetse  geschorenen  Kopf  und  einen  Zopf.  Die 
Frauentracht  ist  phantastisch  und  enmuthig:  eine  kleine  Mütze  aus  rothem  Tuch 
mit  hängender  Quaste,  keck  etwas  seitwärts  aufgesetzt,  ebe  kurze,  weite  Jacke 
mit  langen,  weiten  Aermeln  Ober  einem  enganliegenden  baumwollenen  Leib,  der 
die  Brust  bedeckt,  und  ein  baumwollener  Unterrock,  der  von  der  Hüfte  bis  zum 
Knie  reicht  und  in  Längsfalten  gclept  ist.  Die  schöngeformten  Beine  werden 
vom  Knöchel  bis  zum  Knie  in  weisses  oder  blaues  BaumwolUuch  gewickelt,  an 
den  Füssen  lederne  Schuhe  mit  scharf  aufwärts  gebogenen  Spitzen  getragen.  Die 
Frauen  sind  hübscii  und  gut  gewachsen,  aber  nicht  gaiu  so  hell  wie  die  Chinesinnen. 
Als  Schmuck  dienen  riesig  silberne  Ohrgehänge,  silberne  Ringe  und  Armreifen, 
Halsbänder  aus  Glasperlen.  Die  M.  bekennen  sich  zum  Buddhismus  wie  zum  chine- 
sischen Ahnenkult.  Sie  haben  ^ne  eigene  Sprache,  aber  keine  Schrift.  Chinesisch 
wird  viel  mehr  gebraucht  als  das  M.,  und  in  den  Schulen  wird  Sdireiben  und  Lesen 
nur  auf  chinesisch  gelehrt.  Die  Häuser,  meist  aus  Holz,  sind  ganz  chinesisch  von 
Ansehen.    Die  M.  bauen  Reis  auf  den  Bergterrassen.     v.  H. 

Mosok,  s.  Thusch.     v.  H. 

Mosquito-Indianer.  Danmter  versteht  man  die  Bewohner  der  Mosciuitoküste 
oder  von  Britisch-Honduras,  welche  aus  emem  Gemisch  zusammetigeschmolzener 
und  zttsammensdimelzender  Stämme  bestehen,  unter  wdchen  die  Wniwa,  Rama 
und  Smu  nebst  den  eigentlichen  M.  die  altangesessenen,  die  sogeoaimten  Cariben 
aber  später  eingewandert  sind.  Auch  an  einer  starken  Beimischung  von  Neger- 
blut fehlt  es  nkht  Die  meisten  M.  sind  träge  Wilde  und  treiben  Jagd  und  Fisch- 
fang. Nur  Wenige  bauen  etwas  Zuckerrohr  und  Baumwolle,  woraus  die  Weiber 
Decken  u.  dergl.  weben.  Einige  Federarbeiten  wissen  sie  sehr  hiü^srh  herzustellen. 
Alle  lieben  geistige  Getränke  leidenschaftlich,  scheinen  aber  im  Gaiuen  zutraulich 
zu  sein.   Grrn  ergötzen  sie  sich  am  Tanz.      v.  H. 

Mosquitos,  portugiesische  Bezeichnung  i\it¥\itgt(mus£u),  Mücke,  unter  welchem 
Namen  kein  bestimmtes  Insekt  verstanden  wird,  sondern  diejenigen  blutsaugen- 
den Mttcken,  welche  in  Deutschland  als  Stechmücken,  Kriebelmücken  (s.  d.)  be> 
zeichnet  werden  und  vorherrschend  den  Gattungen  QUex  (s.  d.)  und  Smuäa  an- 
gehören.    E.  Xc 

Mossambikzeisig,  Hartlaubzeisig,  Crithagra  Hartlaubi,  Bolle,  ein  bei  uns 
vielfach  im  Käfig  gehaltener  afrikanischer  Girlitz.  Körpergefieder  oberseits  grün, 
unten  gelb,  mit  (grauem  Kopf,  gelber  Stim  und  ebensolchem  Augenbrauenstrich 

(s.  auch  Pyrrhulinae).  "RcHw. 

Mosul,  Araberstarniij  m  Mittel-Mesopotamien.     V.  H. 
Mosuto.    Singular  von  Basuto  (s.  d.).     v.  H. 

Mosyli,  Völkerschaft  im  ahen  Aethiopien  am  Berge  Elephan  und  einem  nach 
ihnen  benannten  Vorgebiige.    v.  H. 

Mosynoeci,  Volk  in  der  alten  kleinasiatischen  Landschaft  Pontus,  welches 
diesen  Namen  von  seinen  diurm-  oder  zuckeihutflbnlichen  hölzernen  Häusern 
ÜDute;  das  lolieste  und  ungebildetste  unter  allen  Völkern  Klein-Asiens,  dabei 
aber  tapfer  und  kri^jslustig.  Sie  hatten  sehr  eigentbQmliche  Sitten.  So  wurden 


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47« 


MotedOidM  ~  MotdfaL 


z.  B.  ihre  cUirrh  Wahl  des  Volkes  auf  den  Thron  erhobenen  Könige  in  emem 
isoliert  stehenflen  und  etwas  höherem  rhurtne  als  die  Hauser  der  Unterthanen 
aufs  sorgfältigste  bewacht  und  auf  öffentliche  Kosten  ernährt,  sobald  sie  aber 
etwas  in  ihrem  Amte  versahen,  durch  Hunger  getödtct.  Essen  und  Trinken  galt 
ihnen  für  die  höchste  Glückseligkeit,  und  die  Kinder  der  Reichen  und  Voroehmen 
wurden,  besonders  mit  Kastaniai  und  eingepökeltem  Delphinenfldsch,  im  eigcnt- 
Uchen  Smne  gemästet,  dass  sie  hat  eben  so  dick  als  lang  waren.  Das  Tuto* 
wiren  war  allgemeine  Sitte.  Ihre  Waffen  bestanden  in  6*Ellen  langen,  scbwezen 
Spiessen,  eisernen  Hellebarden,  grossen,  mit  Ochsenhäuten  überzogenen  Sc!iil<Jen 
und  ledernen  Helmen.  Wie  die  Chalyber  schnitten  sie  den  erschlagenen  Feinden 
die  Kdpfe  ab  und  tmgen  dieselben  unter  Tanz  und  Gesang  hemm.     v.  H. 

Motacillidae,  Stelzen,  Familie  der  Singvögel,  von  einigen  Systematikein 
als  Untcrrnmilic  Motaci/Iittnc  mit  den  Ruderfinken  (Arremoninac)  und  Tangaren 
(Thraupinae)  zu  der  Familie  der  Waldsänger  (Sylvicolidae)  vereinigt.     Die  all- 
bekannte Bachstelze  ist  als  typische  l  orin  der  Örui)pe  zu  betrachten.    Es  sind 
zierliche,  schlanke  Vögel  mit  wohl  entwickelten,  sj^itzen  Fltigeln  und  dünnem 
pfriemcnförmigem  Schnabel.    Die  Kralle  der  Hinterzehe  ist  wenigstens  so  lang 
als  das  Basalglied  derselben,  meistens  IXnger  und  in  der  Regel  gestreckt  Von  den 
nahe  verwandten  Lerchen  unterscheiden  sie  sich  besonders  durch  die  ungethetlten 
Seitenschienen  an  den  Läufen  und  die  lange  drittletzte  ArmschwingCf  wdche  die 
übrigen  Armschwingen  wesentlich  Überragt  und  bei  angelegtem  Flügel  ganz  oder  doch 
beinahebiszum  Ende  der  längsten Handschwingenreicbt.  WiedielanggestreckteKralle 
derllinterzche  andeutet,  le!)cn  die  Stelzen  fast  nusscliliesslich  auf  dem  Erdboden.  Nur 
wenige  lassen  sich,  um  zu  ruhen,  auf  l^aurn\vij)feln  nieder.   Ihre  Aufenthaltsorte  '  nid 
indessen  sehr  verschiedenartige.    Die  meisten  bewohnen  Wiesenflächen,  aruieic 
halten  sich  auf  Feldern  auf,  wieder  andere  tummeln  sich  auf  den  Felsbloc  ken 
der  Gebirgswässer  umher  oder  beleben  das  Meeresgestade.    Die  Nester  werden 
frd  in  Erdvertiefungen  auf  Wiesen  und  Feldern,  oder  unter  Steingeröll,  von  an- 
deren in  Holzstössen  und  Strohdächern  erbaut.  Man  unterscheidet  vier  Gattungen: 
Pieper  (s.  Anthus),  Grossspornpieper  (s.  Macronyx),  Kuh  st  eisen  (s.  d.) 
und  die  typischen  Formen,  die  Bachstelzen,  MotacUtüt  L.   Die  Kralle  der 
Hinterzehe  ist  bei  denselben  mehr  oder  weniger  gekrümmt  und  nur  unbedeutend 
länger  als  das  Basalglied ;  der  gerade  aljgcstut/te  Schwanz,  ist  länger  als  der 
Klugel.    Es  gicbt  mehr  als  ein  Dutzend  Arten,  welche  über  Kuropa,  Asien  und 
Atrika  verbreitet  sind.    In  Deutschland  kommen  zwei  Arten  vor.    Die  Weisse 
Bachstelze,  auch  Wasserstelze,  Wippsterz,  Ackermännchen  genann^,  Motacilia 
aiba,  L.    Stirn,  Kopf-  und  Halsseiten  und  Unterkörper  weiss,  Kehle  und  Nacken 
schwarz,  Oberkörper  grau.    Die  aweite  Art  ist  die  in  Gebirgsgegenden  vor- 
kommende Graue  Bachstelze  oder  Gebiigsbachsteke,  M9(acilla  mekmope,  Fall. 
(suipk$rea,  Bchst.).  Kopf  und  Oberseite  sind  giau,  Augenbrauenstrich  und  ein 
Streif  jederseits  längs  der  Kehle  weiss»  K^le  schwarz,  Unterkörper  gelb.  Rchw. 

MoteUa,  Ctnr.,  Seequappe,  Gattung  der  Anacantbinen-Fischbmilie  Gadidae* 
Körper  gestreckt;  mit  äusserst  kleinen  Schuppen.  Erste  Rückenflosse  verkümmert, 
mit  verlängertem  erstem  Strahle,  i  Afterflosse.  Schwanzflosse  selbständig.  Kiefer 

und  Pflugsrharbein  mit  einer  Zahnbinde.  3--5  Bar'fäden  am  Kopfe.  8  Arten, 
meist  am  Grunde  einsam  lebend,  an  den  Küsten  von  Kuropa,  Island  und  Grön- 
land. Fleisch  wenig  geschätzt.  M.  iricirrhata,  Bl.  (vulgaris^  Rond.),  an  den 
Küsten  Europas,  andere  Arien  mit  4  oder  5  Bartladcn  Klz. 


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MotilMMS  MQ4l]il»-<}lligllOD. 


477 


Motilones.  Wilder  Indianersumm  in  den  östlichen  Theilen  Columbiens  in 
Süd-Amerika.     v.  H. 

Motmot,  PrioniUs  brasUietisis,  Lath.,  s,  Prionites.  Rcaw. 
Motte,  s.  Tineina.    £.  Tg. 

lIotiL  Volksstamm  auf  Neu-Guinea,  in  der  Umgebung  von  Poft  Moiesby« 
Die  M.  sind  nur  KUstenbewohner,  Scbifiiahrer  und  geschickte  Fischer,  und  ihre 
Frauen  verfertigen  Töpfmmraaren,  Schalen,  Urnen  u.  dei|^.,  welche  die  minder 
gochickten  Nachbarstämme  von  ihnen  erhandeln.  Die  Beschäftigung  derMMnner 
und  Frauen  ist  eine  getrennte.  Die  Weiber  sind  aber  die  Lasttl^iere.  Die 
Kleidung  beschränkt  sich  bei  den  Weibern  auf  den  sl.amit  oder  Palnirinden- 
gürtel,  den  schon  kleine  Mädchen,  sobald  sie  nur  gehen  können,  tragen;  beiden 
Männern  auf  ein  zwischen  den  Beinen  durchgezogenes  und  um  die  Hüften  ge- 
wundenes Bastslück.  AIü  Zierralh  dienen  Nasenstöcke,  Ohrringe,  Armbander, 
Halsbänder  und  Brustplatten  aus  Muschelschalen  oder  Schildpatt.  Das  Gesicht 
wird  bemalt  und  tttttowirt  bei  den  Mädchen,  die  Männer  haben  bloss  eine  kleine 
Tittowimng  auf  dem  SchlUsselbdn.  Wallaby,  Känguruh»  firisches  Yams»  Bananen, 
Kokosnüsse  und  Sago  bilden  die  Nahrung;  auch  Schweine  und  Hunde  werden 
verzehrt.  Im  Allgemeinen  sind  die  M.  gesund,  doch  leiden  sie  an  den  landesUb- 
liehen  Fiebern,  hier  und  da  an  Elephantiasis.  Plötzliche  Krankheiten  schreiben  sie 
dem  bösen  Geiste  zu,  der  im  Walde  lebt.  Nur  wenige  T.eute  geben  sich  mit 
einer  Art  ärztlicher  Praxis  ab.  Stirbt  ein  M.,  so  zeigen  die  Hmterblicbenen  auf- 
richtige Trauer;  dann  beginnt  auch  als  Trauerzeichen  drei  Tage  andauerndes 
Trommelschlagen.  Die  M.  glauben  an  die  UnsterbUchkeit  der  Seele,  nicht  aber 
an  ein  höchstes  Wesen;  sie  haben  weder  Ceremonien  noch  Opfer.  Die  Häuser 
sind  sehr  ein£icfae  Pfiihlbauten,  die  in  Dörfern  von  verschiedener  Grösse  bei- 
sammenstehen. Die  WaflR»  sind:  hölxeme  SpeeiCi  Bogen  und  Pfeile  flache 
Schilde  und  die  >Kota,€  ein  kurzer  Handspeer,  der  dem  fliehenden  Femde  in 
den  Nacken  gestossen  wird.  Die  M.  bestt^n  an  Musikinstrumenten  die  »Kaba« 
oder  die  Trommel  und  die  >Bibo,c  eine  Art  Maultrommel.  Betrug  und  Lüge 
scheinen  einen  Theil  ihrer  Existenz  auszumachen.  Diebstahl  und  Bettelei  sind 
an  der  Tnecsordnung.  Die  M.  sinfl  unpcmein  sc]-!mutzig  und  waschen  sich  nie- 
mals; ihi  Haar  wimmelt  von  Ungezieter,  d  es  sie  ablesen  und  verzehren.  Der 
Kuiper  stiömt  einen  ekelliaften  Geruch  aus,  Ilire  i^iieblingsstellung  ist  ein  Hocken. 
Heirathsceremonien  giebt  es  nicht;  der  Bräutigam  kauft  sein  Weib,  daü  zu  den 
Eltern  «itflckkehrt,  wenn  es  sich  nicht  gut  behandelt  glaubt  Die  M.  begnügen 
sidi  zumeist  mit  dner  Frau*  Die  Kinder  werden  gut  behandelt  und  sehr  lange 
gesäugt.  Kindermord  ist  unbekannt.  Der  Bfami  ist  unumschränkter  Herr,  die 
Frau  untergeordnete  Gehilfin,  woför  sie  sich  durch  eme  Fluth  von  Schimpifwöitem 
rächt.  Die  Sprache  der  M.  ist  malayisch-polynesisch  und  zerfällt  in  verschiedene 
Dialekte.  Auch  körperlich  unterscheiden  sie  sich  von  den  Papua  durch  ihre 
hellere,  kupferfarbige  Haut;  auch  hat  ihr  Gesichtsausdruck  mehr  Europäisches. 
Im  Alter  aber  werden  sie  hässüch  und  verfallen  schnell.  Das  Haar  ist  lockig, 
nicht  wollig  und  wird  von  beiden  Geschlechtem  lang  getragen.  Manche  Indivi- 
duen haben  völlig  schlichtes  Haar;  die  Farbe  desselben  i^t  immer  schwarzbraun, 
nie  kohlschwarz,  bei  Kindern  manchmal  sandfarben.  Als  Zeichen  der  Trauer 
wird  das  Haar  geschoren«  Die  Statur  der  M.  ist  mittel,  eher  schwichlich  als 
stark,  das  ZahlenveifaMitniss  der  Geschlechter  erscheint  gleich.  Kinder  giebt  es 
genüge  und  alle  scheinen  ein  hohes  Alter  zu  erreichen,    v.  H. 

Moulio^Quigiioo.  Im  DDuvium  bei  M.  fai  der  Nahe  von  Abbeville  fand  sich 


47« 


Moulbudft  —  Moondfailikr. 


1863  ein  menschlicher  Kinnbacken.  Nach  der  sofort  angestellten  Untersuchung 
von  BoucHER  DE  Pertuls  lag  einige  Centimeter  davon  entfernt  eine  Steinaxt, 
die  mit  derselben  schwarzen  Farbe  überzogen  war  wie  der  obige  Knochen.  Die 
PundateUe  lag  4^  Meter  unter  der  Oberfläche  ganz  nahe  den  Kreldesdiiditee. 
In  derselben  Schicht  entdeckte  Bouchbr  dx  Perthes  bald  llEmnutfalcnocheQ.  — 
Die  Kinnlade  aetgt  manche  andiropoidische  EigendiOmlichkeiten.  Der  aof> 
steigende  Ast  ist  sehr  breit  und  niedrig,  der  Gelenkknopf  ungewöhnlich  rund  mid 
der  hintere  Rand  nach  innen  eingebogen.  —  Ueber  die  Echtheit  dieser  Kinnlade 
entstand  zwischen  französischen  und  englischen  Forschern  ein  längerer  Streit,  der 
jedoch  zu  Gunsten  der  Eclithcit  des  Befundes  entschieden  ward.      C.  M. 

Moulinsia  (nach  C.  Dksmiujlins,  iVanzüüischem  Zoologen),  von  Agassix  1833 
als  eigene  Gattung  der  Hachen  See-Igel  (Scutelliden)  aufgestellt,  ist  nach  neueren 
Untersuchungen  der  Jugendzustand  von  Encope,  s.  d.;  sie  unterscheidet  sich  von 
dem  erwachsenen  Zustand  derselben  durch  viele  seichte  Einbuchtungen  im  Vm> 
xiss,  verhältnissm&ssig  viel  grössere  Körnchen  auf  den  Tafeb  und  das  Fehlen  dei 
Zwischenforchen,  welche  die  b«den  susammengehörigen  Poren  in  jeder  Ambnls* 
cralreihe  unter  sich  verbinden.    K  v.  M. 

Moundbilder.  Unter  Mounds  versteht  man  künstliche,  fast  stets  in  r^el- 
massigen  mathematischen  Formen  angel^^gte  Erdhllgel  in  Nord-Amerika.  Bald 
sind  sie  oval  kreisrund,  viereckig,  bald  ahmen  sie  in  bizarren  Formen  Menschen, 
Säupethiere,  Vugel,  Reptilien  nach.  Ihre  Höhe  steigt  bis  zu  30  Meter,  ihr  Diirch- 
uiesi>cr  bis  2U  300  Meter.  Bald  liegen  sie  aut  Hügeln,  bald  unregelmässig  in  der 
Ebene,  bald  sind  sie  symmetrisch  angelegt,  bald  in  unregelmässigen  Gruppen.  — 
Sie  finden  sich  am  oberen  Missisippi,  am  Missouri,  Ohio,  an  der  Westseite  der 
Alleghanies  llnga  des  Ontariosees  bis  aum  St  Lorenzostrom*  Der  Staat  Ohio  ist  eise 
ihrer  Centren.  Man  sählt  über  10000  Hügel  und  aa  1500  Ringwttlle.  Vos 
den  Forschem  Squier  und  Davies  wurden  die  M.  eingetheilt  in  i.  Verth eidiginig»> 
werke,  2.  Tempelringe,  3.  Tempel,  4.  OpferhUgel,  5.  Grabhttgel,  6.  Hügel,  welche 
die  (iestalt  eines  Thicres  nachahmen,  7.  Beobaclitungspostcn.  —  Das  Thongeschirr 
aus  den  M.  zeigt  einen  hohen  Grad  von  Vollenduncj.  Vielfach  imitiren  sie  Thier- 
figuren. Auch  Thierlciber  mit  Menscnenkopien  kojjiüiea  vor.  —  Tabakspieifen 
finden  sich  häufig.  Manche  derselben,  welche  Frauenköpfe  darstellen,  können 
mit  den  meadkanuchen  und  peruanischen  Skulpturen  verglichen  weiden.  —  Wsfts 
sind  sdten.  Es  finden  sich  aus  geschliffenem  Stein  Pfeilspitzen,  IjunsenspitieB, 
Dolche^  Aexte  aus  Obsidian,  Messer  und  Doldie.  Werksenge  sind  gleidifalls  ivs 
Stein  oder  aus  Muschelschalen  gearbeitet.  Auch  Waffen  und  Gerätfae  aus  Kupfer 
trifit  man  an,  ebenso  Schmucksachen.  Doch  ist  das  Kupfer  nur  kalt  geschmiedet; 
nie  gegossen  worden.  —  Von  der  Kultur  der  M. -Bewohner  =  Moundsbildcrs  sprechen 
zahlreiche  Garden-Beds  =  Hochäcker.  —  V^on  der  Race  der  M. -Bewohner  geben 
Gebeine  und  Schädel  Kenntniss.  Demnach  sind  als  Racenmerkmale  aufzustellen" 
Brachykephalie,  Depression  und  geringe  Capacitiit  des  SchauLl>,  Platyknemie  und 
Durchlöcherung  des  Oberarmes  zwischen  fossa  oUcrani  und  Jossa  anitrwr 
mofcr.  Dennoch  kann  man  auch  die  Race  der  M.  von  denen  der  heutigen  b- 
dividuen  sondern.  —  Das  Volk  der  M.  trSgt  einen  gemeinsamen  Tjrpus  und  be* 
wohnte  sicher  lange  Jahrhunderte  diese  Gegenden.  Wenn  nunmehr  Forscher  ia 
den  heutigen  Dtdividuen  die  degenerirten  Nachkommen  der  alten  Mw-Bewohacr 
sehen  wollen,  so  erhebt  dagegen  der  Vergleich  des  Körperbaues  bei  beiden  Raocn 
Protest.  FüSTBR  ist  geneigt,  die  M.  als  eine  eigene  Race  aufzufassen,  andere 
finden  bei  ihnen  mit  den  Mayas  von  Yukatan  Uebereinstimmung.  Veigl. 


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Mouatuneen  »  Mpongwe. 


419 


Nadaillac  (deutsch  Schlosser  und  Seler):  »Die  ersten  Menschen  und  die  prä* 
historischen  Zeiten«!  pag.  i74'-2o8,  3^^341»  »Kosmos«  1884.    i.  Bd^  a.  und 

3.  Heft.     C.  M. 

Mountaineers,  s.  Montaignais.      v.  H. 
Movimas,  Zweig  der  Moxos.     v.  H. 

Mowiza»  Abtheiluog  der  Betschuanen  (s.  d.);  sie  Bollen  dnig»  KitUur  haben, 
feilen  aber  ihre  Zähne  spits.    v.  H. 

M0108,  Indianerstamm  in  der  gleichnamigen  boHvianiachen  Provinz,  in  der 
Region  oberhalb  der  WasserfiUle  des  Madeira;  dieM.  wohnen  in  15  legelmtfssig 
angelten  Ortschaften  einstiger  Jesuitenmissionire.  Ihre  Kop&ahl  beträgt  etwa 
30000.  Sie  sind  echte,  unvermischte  Indianer,  meist  herrlich  gebaute,  VrffOige 
Gestalten,  werden  aber  von  der  Regierung  misshandelt  und  ausgebeutet,  und 
leben  jetzt  in  grauenhaft  verwahrlosten  Zuständen.  Sie  sind  elend  geworden, 
aber  der  religiöse  Fanatismus  ist  geblieben.  Im  Amazonasthale  werden  alle  aus 
den  bolivianischen  Missionen  stammenden  Indianer  M.  genannt,     v.  H. 

Moyavet  s.  Ifohave.  H. 

MosabiM  oder  Moaabiten,  s.  Itfoab.    v.  H. 

MoMraber«  d.  h.  Pseudo-Avaber;  so  nannte  man  sor  Maoienseit  in  Spanien 
jene  Nachkommen  der  Gothen,  welche  obswar  Christen,  allmählicb  Sitten,  Ge- 
bräuche und  Sprache  der  Araber  annahmen,  selbst  die  Muttersprache  ganz  ver* 

lernten      v,  H. 

M-pangwe.  So  nennt  man  an  der  Küste  des  äquatorialen  West-Afrika  das 
weitverbreitete  Volk  der  Fan  oder  Faon;  die  Franzosen  haben  Pahouins 
daraus  gemacht  und  im  Innern  nennt  man  sie  Oschcba.     v.  H. 

Mpongwe,  auch  kurzweg  Gabunesen  genannt,  weit  verbreitetes  Volk  dea 
westlichen  Aequatorial-Afiika,  am  Gabun,  vieUach  in  Bertthrung  mit  den  an'  der 
Küste  angesiedelten  Weissen.  Es  ISsst  sich  bei  den  M.  keine  Spur  einer  Ueber» 
lieferung  entdecken.  Man  hat  ihnen  awar  das  Christentbum  g^iwedigt,  doch 
haben  sie  davon  mit  Enthusiasmus  bloss  die  Sonntagsfeier  angenommen.  Die 
M.  platzen  vor  Eitelkeit,  die  sich  in  drolliger  Tracht  äussert.  Wer  ein  paar 
Groschen  besitzt,  trägt  einen  Bund  Schlüssel  um  den  Hals,  damit  man  glauben 
Sülle,  er  besitze  Koffer;  wird  er  reicher,  so  schafft  er  solche  wirklich  an  und 
stellt  sie  in  seiner  Behausung  recht  augenföUig  auf,  damit  man  meine  er  besitze 
enorm  viel  Waaren.  Das  Streben  des  M.  ist  viel  Weiber,  viel  Rum,  einen 
Cylinderhut  und  einen  Kredit  bei  einem  weissen  Kaufmann  au  erlangen.  Hat 
er  dieses  Ziel  erreidit,  so  ist  er  aber  sofort  dem  Neide  seiner  minder  glück- 
lichen Kameraden  ausgesetzt  und  muss  sich  vor  Veigiftung  in  Acht  nehmen.  Er 
geniesst  dann  nur,  was  seine  erste  Frau  bereitet  und  die  übcigai  Weiber  eine 
Zeit  auvor  gekostet  haben.  Der  Werth  eines  Mannes  bemisst  sich  nadi  der  An- 
zahl seiner  Frauen.  Wegen  der  Frühzeitigkeit  der  Heirath  und  ihren  Aus- 
Schweifungen  sind  die  M. -Weiber  nur  wenig  fruchtbar;  auch  kommen  viele  Ehen 
zwischen  ( leschwisterkinder  vor.  Eifersucht  kennen  die  Männer  nicht.  Sie  be- 
trachten (las  \\  Lib  als  einen  lukrativen  Besitz,  dessen  Reize  mehr  eintragen  sollen, 
als  die  Arbeit  des  Sklaven.  Daher  die  Ehemänner  ^ets  bereit  sind,  ihre  Gaiimnen 
dem  ersten  besten  au  Übeitossen,  d«m  der  Reiche  mims  dafür  bezahlen,  der 
Arme  wird  Sklave  des  Gemahls.  SprOdigkeit  gegen  einen  freigebigen  Liebhaber 
darf  sich  die  Frau  nicht  au  Schulden  kommen  lassen.  Geg«n  bestimmte  Ab- 
gaben an  den  Gemahl  kann  auch  Jedermann  dar  gesetzliche  Liebhaber  (tKon- 
guie«)  einer  verheirateten  Fran  werden.  Die  Weiber,  welche  sich  ttbrigena  mit 


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480  llpoOffWi 

I 

Vorliebe  betrinken,  werden  schlecht  behandelt,  schlechter  noch  die  Sklaven,  die 
straflos  getödtet  werden  können.  Jeder  Todes£Ul  wird,  so  gUttbt  mtn,  dtmfa 
Zauberei  verschuldet  Die  vermeintlichen  Urheber  müssen  sich  doicb  die  Brobe 
des  giftigen  >Mbundu«-Trankes  reinigen.   Das  Hauswesen  bildet  den  Mittd- 
punkt  des  Daseins.   Der  Familienvater  (»Ogaf )  flbt  die  oberste  Gewalt  Aber 
Frauen,  Kinder  und  »Oschoaka«,  d.  h.  Hörige,  die  mit  den  Sklaven  durchaus 
nicht  /AI  verwechseln  sind.    Doch  macht  er  nur  einen  beschränkten  Gebrauch 
davon.    Krutnlifat^  liegt  dem  M.  fern  und  von  den  Unfreien  fordert  er  nicht  mehr 
als  von  seinen  l  amiüenangchürigen.    Der  Unfreie  baut  sich  sein  eigenes  Haus 
und  hat  auch  sein   eigenes  Vermögen,   über  das  allerdings  der  1  ainüienvater 
rechtlich  verfUgen  kann,  was  er  aber  nur  höchst  ausnahmsweise  tnut.    Et»  giebt 
Oschoaka,  die  reicher  sind  als  ihre  Herren  und  die  sich  selbst  wieder  Oscbosk» 
schaffen,  lieber  als  dass  sie  sich  freikauften.  Am  hiufigsten  wird  das  Höri^cii»- 
Verhältnis  durch  Geburt  begründet;  denn  bei  den  M.  folgt  das  Kind  der  Mutter^ 
Handelsobjekt  ist  aber  der  Hörige  nicht;  ebensowenig  treiben  die  M.  Sklaveif 
bandet  unter  sich.   Die  Rechte  eines  M.  an  seine  Untergebenen  sind  bei  weitem 
geringer  als  seine  Pflichten  gegen  dieselben.   Für  seine  Frauen  giebt  der  M. 
zwnr  einen  Vermögenswerth  hin,  aber  ein  wirklicher  Kauf  i'^t  dies  nicht,  detin 
er  kann  das  Weib  nicht  wieder  andern  verkaufen.    I>ie  Familie  ist  natürlich 
polygamisch,   eine  KinrichtunL',   deren   eifrigste  Vertheidiger  die  Frauen  selbst 
sind,   je  weniger  I  rauen  m  cmcm  iiausc  sind,  desto  mehr  hat  jede  einzelne  zu 
thun.   Monogamie  ist  daher  in  ihren  Augen  gleichbedeutend  mit  Proletariat. 
Der  Unterschied  zwischen  Ehefrau  und  Dienerin  ist  juristisch  begritndcHt  in  der 
Freiheit  oder  Unfreiheit  des  Weibes.  Ebenbürtig  ist  den  M.  nur  die  freie  BL, 
die  Frauen  aller  andern  Stämme,  und  wären  sie  Fttrstentöchter,  erhalten  aunSchst 
nur  die  Stellung  einer  Dienerin,  steigen  aber  später  im  Rang.   Dass  ein  Fremder 
eine  freie  M.  heirathe,  ist  ganz  unzulässig,  dieselbe  würde  damit  völlig  aus 
dem  Stamm  austreten.    Für  die  verschiedenen  Rechte  eines  Erblassers  gelten 
verschiedene  Erbfolgen.    So  geht  sein  Vermögen  hau])tsächlich  auf  den  ältesten 
Sohn  über;   die  andern  werden  abgefunden.    Dagegen  folgt  die  väterliche  Ge- 
walt innerhalb  der  Generation  des  Erblassers  dem  Alter  und  geht  nacii  dem 
Aussterben  derselben  auf  die  nächstälteste  über.    Der  Gemeindeverband  des 
Stammes  ist  ein  patriarchalischer,  desgleichen  das  Königthum.  Der  König  wird 
durch  das  Volk  gewählt  Die  Rechtspflege  ist  sehr  primitiv.    Ein  eigentiidhes 
Riditeramt  in  privatrechtlichen  Streitigkeiten  giebt  es  nicht;  jeder  ist  mdv  oder 
minder  auf  SelbsthUlfe  angewiesen.  Die  höchste  richterliche  Instanz  ist  die  Volks- 
versammlung.  Für  wirthschaftliche  und  soziale  Fragen  haben  sie  als  Organe  die 
geheime  Verbindung  des  jNdac  unter  den  Männern  und  des  »Ndschembe«  unter 
den  Frauen.   Eigenthiimlich  ist  das  \'erhältnis  zwischen  den  M,  und  den  bei  ihnen 
angesiedelten  weissen  Kaufleuten.    Der  M.  als  Herr  des  Landes  ist  Majoitlomus 
des  Weissen  und  dieser  >sein  weisser  Mann«.    Der  M.  erhebt  durchaus  keine 
Ansprüche  an  die  Sachen  des  Weissen,  er  hat  lediglich  ein  Anrecht  auf  dessen 
Person,  nimfich  darauf,  dass  dieser  bestimmte  Mann  Überall  als  sein  weisaer 
Mann  angesehen  werde.  Wohin  dieser  geht»  Überall  trägt  er  unter  den  Schwasaen 
den  Namen  seines  Majoidomus  mit  sich.  Dieser  schättt  ihn  als  aem  tfaeueistes 
Gut   Sein  Interesse  an  ihm  ist  ungefähr  dasselbe  wie  bei  uns  das  des  Besitters 
eines  ausgezeichneten  Rennpferdes.  Unter  diesem  dinglichen  Recht  steht  nun  am 
Gabun  jedes,  auch  dass  grösste  Kaufmannshaus,  und  der  Bann,  welchen  dieses  Recht 
ausübtj  kann  unter  Umständen  für  das  Geschäft  des  Weissen  lästig  werden,   v.  H. 


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Mpandu  —  Mndn. 


4«! 


Mpundu.  Nach  Stanley's  Erkundigcingen  eine  Zweigrace  iigcndwo  im 
Westen  vnn  Mkinyaga  in  Centrai-Afrika.     v.  H. 

M'Rassen.    Zweig  der  Rabka  (s.  d.)  in  Tunesien.     v.  H. 

Mrkowitsch.    St.-» mm  der  Gegen  (s.  d.)  bei  Dulcigno.     v.  H. 

Mru.  Mroes  oder  Myn,  Lohitastamm  in  den  Bergen  zwischen  Arrakan  und 
Tschittagong  in  Hinterindien.     v.  H. 

lfm  KbyenB.  Abthdlting  der  Mm;  sie  leben  dieneits  des  Semni  und  be- 
schäftigen sich  besonders  mit  dem  Herabfldssen  von  Bambu,  den  sie  vericmifen. 
Sie  d^tfea  nicht  betteln  und  in  keinem  Dorfe  nnffenommen  werden,    v.  H. 

M'schalcha.  Araberstamm  im  Gh6r,  welcher  nördlich  bis  ungefähr  zum 
Tcjl  Wehadine  sich  ausbreitet.     v.  H. 

M'Selma.  Stamm  der  Krumir  (s.  d,),  hat  is  Sdieichs»  und  «400  Ge- 
wehre.     v.  H. 

Msirda.    Berberstamm  in  der  algerischen  Provinz  Oran.      v.  H. 
Mtschauva.    Bantustamm  im  osthchen  Süd-Afrika.     v.  H. 
Muasi,  s.  Korkho.    v.  H. 

Mucassequeres.  Merkwürdiges  Albinovolk  Sfld>Afnka's.  Die  M.  wohnen 
mit  den  Ambuella  zusammen  in  den  Waldparthten  zwischen  Kubango  und  Ruando. 
Sie  sind  ausserordenttich  hässHch.  Ihre  Augen  sind  klein,  stdien  nicht  in  gerader 
Linie,  die  Backenknochen  sind  weitauseinandcr  und  hervorragend»  die  Nase  liegt 
platt  im  Gesicht,  die  Nasenlöcher  sind  unverhältnissmässig  gross,  das  Haar  ist 
kraus  und  wollig  und  wächst  an  ein /•einen  Stellen  am  dichtesten  oben  auf  dem 
Kopfe.  Die  M.  sind  weiss  und  besitzen  den  Typus  der  Hottentotten.  Sie  be- 
bauen den  Boden  nicht;  ihre  einzigen  Waffen  sind  Pfeil  und  Bogen.  Sie  be- 
sitzen nicht  einmal  Höhlen  als  Obdach  und  nähren  sich  von  Wurzeln,  Honig  und 
erlegten  Thieren.  Sbkpa  Pinto,  ihr  Entdecker«  stellt  sie  zu  den  Hottenttotten, 
doch  lässt  sich  ihnen  vorläufig  ethnologisch  wohl  noch  kein  Platz  anweisen,  v.  H. 

Mucawaiigo*  Stamm  der  Betschnanoi  (s.  d.).    v.  H. 

Muchaanijja.  Beduinenstamm  in  Tunesien,  wie  die  Drid  (s.  d.).    v.  H. 

Mucin,  Schleimstoff,  einEiweissabkömmling,  dessen  chemische  Zusammensetzung 
geringeren  N-  und  höheren  0-Gehalt  zeigt  ah  Eiweiss.  Kr  stellt  eine  im  Wasser  zahl- 
reicher Secrete  (Schleim,  Speichel,  Synovia,  AmniosflUssigkeit  etc.)  der  höheren  Thier- 
t\'pen  gequollene,  zähflüssige,  fadenziehende  Substanz  dar,  welche  hiernns  durrli  Ksstg- 
siiure  und  Alkohol  als  flockig-faseriges  Gerinsel  geßÜlt  werden  kann.  Getrocknet 
den  getrockneten  Eiweissköipem  tthnlich,  quillt  M.  frisch  durch  Essigsäure  nieder- 
geschlagen in  Wasser  stark  auf,  ist  aber  nur  in  Kalk-  und  Baiytwasser  löslich, 
um  darin  selbst  durch  die  kräftigsten  Etweissfällungsmittel  nicht  coagulirt  werden 
zu  können.  Etwas  anders  dttrfte  rieh  das  Mudn  niederer  Tfaierklassen  (Weinberg» 
Schnecke,  Holothurien),  verhalten,  dessen  O-Gehalt  ein  weit  grosserer,  dessen 
übrige  Bestandtheilc  \  oran  der  N  in  viel  geringerer  Quantität  als  im  vorigen 
darin  enthalten  sind.  Hammarsten  hält  gerade  das  letztere,  soweit  es  dem  Mantel 
(nicht  dem  Fusse  daher  Mantel-  gegenüber  Fussmucin)  der  Weinbergschnecke 
entstammt,  flir  ein  Gemenge  von  Mucin  mit  verschiedenen  Eiweisskorijem  (Glyko- 
proteid  der  Eiweissdrüse  und  Nucleoalbumin  der  Leber)  und  dem  sogen.  Achroo- 
glycogen;  auch  soll  es  danach  in  dem  Mantelsecret  a  priori  in  seiner  Vorstufe 
als  ein  Mucinogen  enthalten  sein,  das  erst  durch  verdünnte  Alkalilösung  in 
typisches  Mucin  Übergeführt  werde.  Mucm  wird  durch  Pankreasverdäuung  und 
Fäulniss  nicht  angegriffen  und  es  dürfte  gerade  darin  die  Bedeutung  des  in  so 
reicher  Menge  hn  Darm  angesammelten,  nicht  nur  dessen  Contenta  schlüpfrig 

2o«l.,  Aatfttofol.  «.  Btlnokgfa.  Bd.T.  3I 

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4^3  Macmii  ^  ModtcM. 

machenden,  also  das  Gleiten  erleichternden,  sondern  auch  die  Darmoberfläche  vor 
der  Einwirkung  der  Fäulniss  srhlit/endcn  Schleinislaffes  liegen.  T-anbwehr  findet 
auf  Grund  des  Untersuchuiigüergebnihses,  wonach  Mucin  eine  chemische  \'er- 
tMndung  von  thierischem  Gummi  und  Globulinsubstai»,  also  entgegen  anderen 
Anschauungen  kein  chemisches  Individuum  ist,  in  demselben  auch  einen  F^kdeier 
der  Fettemulgirung  im  Darm;  er  folgert  nlmlich,  dass  die  Galle  durch  die  Gallen- 
Säure  das  Mucin  in  der  angedeuteten  Richtung  zersetze  und  dass  das  freiwefdende 
thierische  Gummi,  ein  gutes  Emulgens  für  Fett,  steh  dieses  bemichtigen  könne. 
Auch  an  der  Oberfläche  anderer,  ir.it  der  Aussenwelt  communirirendcr  Aj  parate 
ist  Schleim  als  vor  der  Kmwirkung  äusserer  Insulte  schützender  Uebcrzug  ange- 
bracht. Schleimstoflf,  ein  im  Blute  nicht  enthaltener  Körper,  ist  das  Produkt  der 
Oberflächen-  und  ürüsenzellen  der  damit  überdeckten  Häute.  Er  verdankt  seinen 
Ursprung  der  chemischen  Umwandlung  des  Protoplasmas  der  Drüsen-,  resp. 
Epithelzellen  (wohl  auch  der  Synovialendothelien  der  Gelenkkapaehn  und  Sdmen- 
scheiden)  in  Mucin»  einem  Vorgang,  der  nicht  die  ganxe  Zelle,  sondern  nur  deitSD 
peripheren  Theil  betriffi;  derselbe  quillt  infolge  dessen  durch  eine  schleinug  homo- 
gene Substanz  oft  in  hohem  Grade  au^  sodass  qrlindrische  Zellen  die  Form  einer 
Düte  oder  gar  bauchig  erweiterten  Flasche  annehmen,  während  kegelförmige  Ge- 
bilde sich  in  kugelige,  ovoide  Körper  umwandeln,  deren  körnig-trübes  Proto- 
plasma nur  als  schmaler  Hals  bezw.  als  ein  jicripher  gelagerter  Halbmond  restirt 
Die  gequollene  Masse,  das  durch  schleimige  Degeneration  des  Protoplasmas  ent- 
standene Mucin,  wird  durch  Contraction  des  Prutoplasmarestes  abgestossen  oder 
von  dem  an  die  Obeiflflche  filtrirenden  Wasser  ausgeschwemmt  Der  kernhaltige 
Zelirest  regenerirt  sich  bald  zur  vollen  Zelle,  um  event  die  Sdileimbildung  von 
neuem  einzugehen.  S. 

Ilucuni»  Nach  Pi'OlbmAos  eine  Völkerschaft  Manritaniens,  östlich  bis-  tum 
Ampsaga  reichend.     v.  H. 

Mudd  =  Elleritze       d  V  Ks. 

Mücken,  Langhörncr  (Ncmatoceraj,  heissen  die  langgestiecktcn,  langbeinigen 
Zweiflügler  (s.  d.),  welche  6-  24  Glieder  und  mehr  in  den  Fühlern  besitzen,  lang 
hervorragende  Taster  und  keine,  die  ächwinger  bedeckende  Schuppchen  haben; 
der  dUnne  Hinterleib  besteht  aus  7— S  Ringen.  Die  Larven,  theils  im  Wasser, 
theils  in  der  Erde  lebend,  mit  Ausnahme  der  in  verschiedenen  Pflansen  hausen- 
den Gallmflcken,  streifen  bei  der  Verhandlung  in  die  nackte  Puppe  ihre  Haut  ab. 
Früher  thdlte  man  die  Mttcken  in  die  beiden  Gruppen  i.  Tipularia,  MQcken 
ohne  Nebenaugen  und  mit  langen  vielgliedrigen  Fühlern,  die  wieder  in  die  Fami- 
lien der  Culicinae,  Stechmücken,  Gallkolae,  Gallmücken  und  Rosiratae,  Schnauzen- 
mücken, t^^x{^^Wf:x\.  2.  Crassicornia,  dickhörnige  Mücken  mit  2 — 3  Nebenaugen,  meist 
tlicken,  kur/iu  Fühlern,  wo/u  die  beiden  h'amilien  Fungicolae,  Pilzmücken, 
Scliwammnuicken  und  Musiac-Jorttus,  Fliegenmucken  geiioren.  Da  jedoch  einigen 
die  Nebenaugen  fehlen,  andere  auch  längere  Fühler  besitzen,  so  ist  diese  Ein- 
theilung  aufgegeben  und  das  ganze  Heer  der  Mücken  in  folgende  Familien  eiafe> 
thetlt  worden:  T^iätu,  Schnaken,  die  grössten  Arten,  welche  durch  eine  deutliche 
Quemaht  auf  dem  Rttcken  des  Thorsx  und  das  reichste  Fltlgelgeäder  vor  allen 
folgenden  ausgezeichnet  sind:  Ityphidae  mit  Punktaugen  und  Discoidalzelle  im 
Flügel,  Bibionidae,  Haarmücken,  mit  Punk  taugen  ohne  Discoidalzelle  und  mit 
kurzen,  dicken  Kuhlern,  Mycttophilidae,  l'ilzmücken,  wie  vorige,  aber  mit 
wesentlich  l^^i  ;:  ren  Ftihlern.  Allen  folgenden  fehlen  die  Punktaugen :  Simulidae, 
Griebelnuickcn,  Kandader  nur  bis  zur  Flügelspitze  reichend,  Fühler  kürzer  als 


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MttUkoppe  —  Mttfdttciui. 


4«3 


der  Mittelleib,  Chironomidae,  ZuckmückKn,  Randader  bis  zur  Spitze  reichend, 
Fühler  mindestens  von  der  Länge  des  Mittelleibes,  die  einzelnen  Glieder  bchuscht 
oder  bewimpert,  Cecidomyidai,  Gallmücken,  Randader  in  gleicher  Starke  um 
den  ganzen  Flügel  iauicnd  wie  bei  den  folgenden,  höchstens  6  Adern,  deren 
letzte  sehr  schwach  sind,  Psychodidac^  Schmetterlings mückeni  Flügel  mit  mehr 
als  6  ^eicbdiciLen  Längsadem,  in  der  Ruhelage  dachfiSrmig^  OtüeidM,  Stech- 
mttcken,  Flfigel  wagcrecbt  oder  kaum  geneigt  dem  Kdipcr  aufli^end.    E.  To. 

MQblkopp«    CMks         L.,  s.  Cotti».  Klz. 

Müllerchen,  Sylvia  curruca,  s.  Sylvüdae.  RcBV. 

Mülleria  (nach  Otto  Friedrich  Müller,  Staatsrath  in  Kopenhagen 
geb.  1730,  gestorben  1784,  einem  der  besten  Beobachter  und  Kenner  der 
niederen  Thiere  ans  liem  vorigen  Jahrhundert,  namentlich  durch  ticinc  Arbeiten 
über  Schnecken,  Wunncr  und  Inlusoricu  bekannt),  VV.  Fr.  Jäger  1S33,  Holo- 
thunen-Gattung  auä  der  Abtheilung  der  Aspidochi roten,  von  Holothuria  im  engem 
Sinn  nur  durch  die  Anwesenheit  von  5  Kalkplatten  am  After  verschieden;  wenige 
Arten,  die  meisten  gross  (bis  37  Centim.  lang),  mit  sehr  dicker  Haot^  alle  ausser^ 
europäisch,  die  meisten  im  indischen  und  stiUen  Ocean,  als  TVtpM^  eine  Stelle 
im  Handel  spielend.     E.  v.  M. 

Müller'scher  Gang,  s.  Harnorganeentwicklung.  Grbch. 

MüUing  =  Elleritze  (s.  d  )  Ks. 
*       Muemba,  s.  Molua.     v.  H. 

Mucr-Grundel  =  Schlammpeitzker  (s.  d.).  Ks. 

Mürzthalcr  Rind,  eme  mittelgrosse  Race,  welche  ursprünglich  im  Thale 
des  Flüsscheos  Mürz  in  Steiermark  gezüchtet  wurde,  gegenwärtig  aber  sich  weit 
Uber  die  steirische  Grenze  hinaus^  besonders  in  Salabuig^  Ober-  und  Unter-Inn- 
thal,  Ober-Oesterreich,  Croatien,  Ui^gam  etc.  verbreitet  hat  und  daselbst  ver- 
schiedene Schläge  bildet.  Die  Farbe  ist  meist  demUch  hdl»  weis»,  asch*  oder 
dachsgrau;  beliebt  sind  dunklere  Töne  der  Farbe  am  Kopf,  Hals  und  Schwanz, 
und  ebenso  das  »Rehmaul«  :  dunkler  Nasenspiegel  mit  hellem  Saum.  Die  Zunge 
ist  schwarz.  Die  weissgelb  gefärl)ten  l'hicre  werden  meist  als  ein  besonderer 
Schlag,  der  >Murboden  schlage  aufgeführt.  Kopf  breit,  kurz;  Hörner  fein, 
aufgebogen,  weiss,  an  der  Spitze  schwarz;  Hals  stark,  kurz,  mit  r^rosser  Wamme; 
Widerrist  und  Rflcken  weniger  scharf;  Kreuz  weniger  geneigt  und  Beine  minder 
hoch,  aber  fleisdiiger  al$  beim  verwandten  i^ngarisdien  Vieh.  Der  Gewmmt* 
lypus  stellt  den  Uebeigang  dar  vom  Steppen-  cum  Gebirgsvieb.  Thiere  mit 
kurzen,  breiten  Köpfen:  >M<>pse«  sind  besonders  beliebt  ]>ie  MHch.eigieh|gkeit 
ist  eine  »ehr  gute.  Die  Körperschwere  der  Thiere  ist  nach  der  Höl^fudage  der 
Standorte  verschieden;  mit  der  Höhe  der  letsteren  nimmt  das  Kdipeigewidit 
ab.  R 

Mützenrobben,  Cystaphora,  NiLSSON.     v.  Ms. 
MufTelkäfer  =  Bruchidae  (s.  d.).     E.  Tg. 
MufÜOD,  s.  Ovis  {Ovis  musimon).     v.  Ms. 

Mqgaleii.  So  werden  im  Sakatalyachen  Beddce,  wo  die  herrschende  Natio- 
nalität der  Dsharen  dem  avarischen  Vqlksstamme  angehört,  die  unter  diesen 
lebenden  Leute  tfirkischen  Stammes  genannt,  —  im  Grunde  völlig  dieselben 
aierbeidschanischen  Tataren,  wie  solche  den  benachbarten  Nucha'sdien,  Elisabeth- 
poler  Kreis  und  das  übrige  östliche  Trunskaukasien  bewohnen.     V.  H. 

Mugdascha.  Zweig  der  Somal  (s.  d.).  Sie  sind  schwarz  und  von  krausem 
Haar  aber  regelmässigem  Körperbau  und  Gesiebt  mit  geraden  Nasen,  ohne  dicke 


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4S4 


—  MubrtitBr 


Lippen.  Nach  Burton  ist  ihr  Kopf  mehr  lang  alb  rund,  die  Stirn  gross  und 
woblgebildet,  die  Augen  gross  und  üchün,  dagegen  die  Lippen  dick,  Kinn  und 
Backcoknocheii  und  Unleikiefiff  voistehend,  der  Bartwuchs  schlecht  Das  Haar 
ist  faart^  scfalichtf  geringelt  und  rnüssig  hmg;  es  wird  verschiedca  aufgeputit  und 
mit  Kidk  eist  gelblich,  dann  loth  gefiUbt  v.  H. 
Mughs,  s.  Arrakaner.     v.  H. 

MugU,  Art.,  Meeräsche  oder  Härder,  Gattung  der  Stachelflosserfischfiuiiilie  | 
Mugilidae:  mit  2  Rnckcnflossen,  deren  erste  aus  Stacheln  besteht.  Baiw:hflossen 
bauchständig.     Schui)i)en  cycloid.     Ikzahnung  schwach  oder    fehlend,  daher 
Schlammfresser.    Haben  manche  Aehnlichkeit  mit  den  Cyprinidcn,  ihre  g^rosse 
Schwmimblase  aber  is»t  gei>chlossen ,  ohne  Luftgang.    Meer-  und  Krackwasser- 
fische.  Manche  rechnen  auch  die  Atheriniden  (s.  d.)  zu  den  Mugiliden.  4  Gat- 
tungen mit  ca.  80  Arten.   Gattung  MugU:  Kopf  ganz  beschuppt.  Mund  olme 
cigendicbe  ZXhae,  niwdlen  mit  Böistchen  oder  Papillen.  Nur  S4  M5ibd.  Au^ 
die  KiemenbOgen  und  besonders  die  grossen  uiid  die  eigenthttmlioh  gestalteten 
oberen  und  unteren  Schlundknochen  tragen  zahlreiche,  elastische  Borsten,  und 
dienen  als  Suchapparat  für  den  Schlamm,  den  diese  Fische,  entenartig  wühlend, 
aufnehmen.    Auch  kratzen  sie  mit  ihrer  borstigen  Oberlippe  Algen  ab.  Der 
Magen  besteht,  ähnHch  wie  bei  den  Vögeln,  aus  einem  weichen,  faltigen  Drusen- 
und  einem  muskulösen  Kaumagen  mit  fast  horniger,  Innerei  Aü^kleidung,  worauf 
2  Pibrtncranhänge  folgen.     Sic  leben  hauplsächlicli  an   den  Küsten  der  ge-' 
mässigten  und  warmen  Meere,  besonders  an  ruhigen  Buchten  mit  reichlichem 
Scblammabsat^  oder  in  Lagunen,  meist  schaarenweise,  steigen  auch  oft  weit  in 
die  Flosse  hinauf,  s.  B.  im  Nil.  Das  Laichen  aber  scheint  im  Meere  vor  sich 
au  gehen.  So  kann  man  ae  auch  in  Brackwasaerteichen  halten.   Se  springen 
häufig  über  die  Wasserfläche  empor,  ebenso  sehr  geschickt  über  den  Netzrand, 
wenn  sie  sich  gefangen  fühlen.    An  die  Angel  gehen  sie  nicht  leicht    Ca.  66 
schwierig  zu  unterscheidende  Arten,    ^f.  ccphalus,  Cuv.,  im  Mittelmeer,  M.  caf>ifo, 
Cuv.,  an  allen  europäischen  Küsten  mit  Ausnahme  der  Ostsee  und  noch  ca. 
4  europäische  Arten.  Sie  werden  viel  gegesben,  auch  eingemacht,  z.B.  in  Aegypten 
wie  die  Häringe  eingepökelt  als  »Fesichc  Kl/. 

Iftifaamiiieds^  Stamm  der  Afghanen  (s.  d.).     v.  H. 

Muhhekanew,  s.  Mohegans.    v.  H. 

Mnhumbe,  Stamm  der  Bunda*Familie  in  der  Gegend  von  Bihtf  im  westlichen 
Sttd-Afrika.    v.  H. 

Muiza,  Bantuvolk  Süd'Aftika's,  früher  dem  Caxembe  tributär.     v.  H. 
Miikanumgo,  ein  von  Guillain  und  Krapf  genannter  Stamm  Ost-Afrika's, 

von  dem  bisher  nichts  weiter  verlautet  hat.     v.  IL 

Mukratel,  einer  der  Stämme  der  Lesghier  (s.  d.).     v.  H. 

Mulat.    Stamm  der  Araber  (s.  d.)  in  der  algerischen  Sahara.     v.  H. 

Mulatten.  Die  Mischlinge  von  Negern  und  Weissen,  hauptsächlicii  häutig 
in  Amerika,  besonders  in  den  stldlichen  Unionsstaaten  urul  sehr  zahlreidi  in 
Brasilien,  viel  weniger  in  Peru  und  den  Übrigen  Freistaaten.  Die  M.  sind  den 
Zambos  (s.  d.)  sehr  ähnlich,  etwas  schwächlich  gebaut,  aber  geistig  allen  Miaeh* 
Üngen  ttberl^;en.  Bei  sehr  grcMnem  Geschick  fttf  alle  mechamschen  Arbeiten 
besitsen  sie  eine  ausserordentliche  Atiffiusungsgabe  und  ein  merkwttrdiges  Nach- 
ahmungstalent. Sie  besitzen  ein  ausserordentliches  Gedächtniss,  eine  üppige 
T'haritnsic  und  eine  unbegrenzte  Unvcrsrhrirrthcit.  Sic  sind  für  jeden  äusseren 
Kindruck  empfänglich  und  alle  ihre  Gefühle  steigern  sich  gleich  zu  Leidenschaften. 


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Mulbe  —  Mulchen. 


485 


Immer  nach  Sirniengenü«  jagend»  kennen  ae,  unbesorgt  um  die  Zuliuoft,  nur  den 

flüchtigen  Augenblick  der  Gegenwart.  Unter  den  Mulattinnen  giebt  es  einzelne 
ausgezeichnet  schöne,  aber  immer  fehlt  ihnen  das  edle  Oval  des  Gesichts.  Dieses 
ist  vielmehr  ganz  rund,  etwas  dick,  mit  stark  ausgeprägten  Zügen  einer  leiden- 
schaftlichen Sinnlichkeit.  Sehr  schnell  entfliehen  ihre  Reize,  und  im  Alter  tritt 
immer  mehr  der  Negertypus  hervor.  Die  Gesichtsfarbe  schwankt  vom  reinen 
WeiäS  bis  zum  Schwarzbraun.  Das  Haar  ist  kaum  hngerlang,  pechschwarz  und 
kratiB.  In  der  Regel  sind  «e  dunkle  Brünetten  mit  grosaen«  achwaizen  Augen 
und  periwetssen  Zähnen.  In  Brasilien  hilt  man  die  M.  tttckisch  und  fach- 
sttchtig  und  misst  ihnen  äusserst  lockere  Sitten  bei.  ThatsJtehlich  sind  die 
Mulattinnen  ungemein  wollQstig  und  meiden  die  Ehe,  um  nach  Gefallen  ihre  lieb- 
haber  wechseln  zu  können.  Die  M.  sind  eitel  und  kleiden  sich,  wenn  möglich, 
immer  nach  der  neuesten  Mode;  die  Frauen  ziehen  die  grellsten  Farben  vor  und 
überladen  sich  mit  Geschmeide  und  Fdels»einen.  Tanz,  Guitarre,  Spiel  und  Ge- 
sang lieben  sie  leidenschaftlich;  ihre  btimme  ist  wohlklingeud,  aber  nicht  ausge- 
bildet. Sie  sind  im  Ganzen  e^enommen  thätig,  aber  launisch  und  falsch.  Dieses 
Gemälde  ^lit  von  den  M.  in  Amerika,  wo  sie  eben  in  grosserer  Menge  vorkommen, 
man  findet  aber  M.  auch  in  Afrika»  besonders  an  der  Westküste,  natttrlich  nicht 
in  grosser  Ansah!.  In  Angola  giebt  es  indess  eine  ganze  lil<Kolonie;  die  Leute 
besitzen  etwas  Vermögen,  können  aber  doch  unter  den  Wdssen  an  der  Kflste 
keine  Stellung  behaupten;  ihrerseits  zu  stolz,  um  bloss  mit  Schvrarzen  Gemein- 
schaft zu  pflegen,  siedelten  sie  sich  im  Innern  an,  wo  sie  ruhig  tmd  behaglich 
leben  sollen.  Die  Urtheile  über  die  westafrikanischen  M.  klingen  insgesammt  sehr 
ungünstig.  Hrn.  Sovaux  waren  sie  immer  ein  unheimlicher  Menschenschlag. 
Diese  gelbbraunen  Mischlinge,  die  sich  aber  »branco«  (Weisse)  nennen,  haben 
in  der  Regel  nur  alle  schlechten  Charakterzüge  von  ihren  verschiedenfarbigen 
Eltern  geerbt,  was  auch  Anton  Lux  bestätigt,  der  sie  den  Auswurf  der  Bevölkerung 
nennt.  Heimtücke,  Hinterlist  raiflnirte  Bosheit  Falschheit,  Feigheit,  dabei  ein 
freches,  unveiscfajbntes  Wesen  legt  ihnen  Sovavx  zur  Last,  und  Lux  beschuldigt 
de,  ihre  schwarzen  Verwandten  auf  das  Unbarmherzigste  und  Grausamste  zu  be- 
handeln. Züchtigungen  der  Sklaven  in  dem  höchsten  Ausmaasse  wird  nur  der 
mulattische  »Empregado«  (Vorsteher  einer  Faktorei)  anordnen  und  mit  schaden« 
frohem  LSchcln  stets  der  K.xekution  beiwohnen.  Ja,  nicht  selten  geht  er  über  das 
ihm  zustehende  Recht  hinaus  und  ersinnt  die  grässlichsten  Strafen.  Der  M.  hasst 
seine  Mutter,  weil  sie  schwarz  ist,  und  seinen  Vater,  weil  er  eine  Schwarze  zur 
Frau  genommen.  Der  M.  wird  daher  von  den  Schwarzen  eben  so  gehasst  als 
wegen  seiner  Verschmitztheit  gefürchtet.  Nichts  Widernatürlicheres  kann  man 
sich  denken  als  «fie  insolente  Dflnkdhafti^eit  und  An%eblasenheit  eines  gelben 
Beamten,    v.  H. 

Mnlbe  »  Schied  (s.  d.).  Ks. 

Mulchers.  So  viel  wie:  outca^,  vielleicht  korrumpiert  aus  dem  Sanskrit* 
Worte  ymUchhat,  was  einen  Barbaren  bedeutet    Name  fUr  die  Bewohner  der 

Waldgebirge  im  südindischen  Staate  Kotschin,  welche  an  verschiedenen  Orten  auch 
mit  verschiedenen  Namen  benannt  werden:  z.  B.  Kardar,  Maliyar,  Kannikaren, 
Maischarvar,  was  alles  »Waldbewohner«  lieisst.  Sie  haben  eine  weit  dunklere 
Hautfarbe  als  die  T.eute  in  der  Ebene,  sind  sehr  klein  von  Statur,  aber  dabei 
ebenmässig  gebaut  und  können  grosse  Entbehrungen  und  Beschwerden  ertragen. 
Dabei  sind  sie  wild  und  träge,  leben  von  dem,  was  der  Wald  ihnen  bietet;  von 
eüiem  göttlichen  Wesen  haben  sie  nur  eine  schwache  Vorstellung.  Gegen  Frauen 


486 


Mulgrave-In^^ulaner  —  Munda. 


und  Kinder  benehmen  sie  sich  sehr  sanflmüthig ;  Polygamie  ist  sehr  selten.  Et  ist 
Brauch,  dass  ältere  Wittwen  junge  Männer  heirathen.  Uebrigens  macht  man  bei 
den  Heirathen  nicht  viele  Umstände.    Wer  eine  Fr.iu  sucht,  wendet  sich  an  den 

HäuptHnsr  der  Sippe,  welcher  ihm  dann  sofort  ein  ihm  passend  erscheinendes 
Mätlchcn  verabfolgt.  Man  begrabt  die  Todten,  und  Kinderroord  kommt  nicht 
vor.     V.  H. 

Mulgrave-Inmilaiier.  Sic  ähneln  köipertich  den  Bewohneni  der  östliclicn 
Karolinen,  aber  ihre  Hautfarbe,  ein  dunkles  Kupferbraun,  ist  dunkler  als  bo 
diesen.  scheeren  den  Bart  nicht,  flben  aber  die  Kunst  des  TSttowierens  in 
einer  VoUkommenhdt,  dass  sie  sich  darin  mit  den  Maori  und  Markcsaaecn  meaaen 

können.   Sie  sind  grosse  Diebe.     v.  H. 

Mulinia,  ?  Nfactra.     E.  v.  M. 

MuHc,  .M,;' urle,  s.  Talpina.      v.  Ms. 

Mulle  =  .Salamander  (s.  d.).  Ks. 

MuUus,  L.j  Meerbarbe,  einzige  Gattung  der  Stachel flosserfischfamilie  MuUidiu: 
Körper  ziemlich  niedrig,  wenig  zusaromet^edrückt,  länglich.  Die  grossen,  dünnen 
Sdiuppen  ohne  oder  mit  feiner  Zfthnelung.  Am  Zungenbein  s  Baitfitden.  Zähne 
schwach,  Maul  klein.  Schwimmblase  bei  einigen  Arten  vorhanden,  bei  anderen 
fehlend.  %  von  einander  entfeinte  Rückenflossen,  die  erste  mit  schwachen 
Stacheln.  Mehrere  Untergattungen  nach  der  Bezahnung,  mit  ca.  40  Arten,  die 
Mehrzahl  in  den  Trojjen  lebend.  Alle  sind  gesellige  Meerfische,  doch  gehen 
einzelne  ins  Brackwasser.  Die  Nahrung  besteht  in  kleinen  Wasserthieren,  in 
Würmern  und  Krebsen.  Magen  eng,  mit  zahlrei<  hea  Pförtneranhangen.  Ihr 
Fleisch  ist  eine  geschätzte  Speise  und  galt  den  Körnern  als  Krone  aller  Speisen. 
Dieselben  ergötzten  sich  auch  an  dem  prachtvollen  Farbenspiel,  welches  die  See- 
barben vor  dem  Absterben  zeigen.  1  Barbe  wurde  mit  leoo  Mark  und  mehr 
bezahlt.  In  unseren  Meeren:  M*  harhtaust  Rothbart;,  und  mnmUUm,  die 
Streifenbarbe  S5— 30  Centun.  Klz. 

Multani.    Mundart  im  Pendsdlftb.     v.  H. 

Multnomah.    Cokimbiaindianer  Nord-Amerikas.     v.  H. 

Multungula,  Vielliufer,  Säugethierordnung  älterer  Systeme,  welche  die  Pro- 
boscidea,  (ElephantcH),  Genuina  (  Tapire,  Nashörner  und  Flusspfeide)  und  die 
Suina  (Schweine)  vereinigte.  RcHW. 

Mumbos*   Zahlreiches,  sehr  wildes  Bantuvolk  Süd-Afrikas  am  Sambesi,    v.  H. 

Mumen.  Araberstamm  der  westlichen  Sahara,    v.  H. 

Mun^^Uir»  Stamm  der  Tungusen  (s.  d.),  wdcher  angeblich  vor  $<>  ^ 
70  Jahren  ausgestorben  ist  und  nur  noch  in  der  Tradition  forüebt    v.  K. 

Mimd,  Mund  bucht,  «grübe,  -höhle,  s.  Verdattungsotgane-Entwick* 
luhg.  Grbch. 

Munda.  Eine  der  grossen  Abthelluns'en,  in  welche  man  die  dravidi^^rhen 
Völker  Indiens  zu  gliedern  pflej^t.  Zum  M.-Stammc  gehören  mehrere  unkulti- 
virte  Gebirgsstämme  des  Hochlandes  v  t\  Tschota-Nagpur,  südwestlich  von  Ka.1- 
kutta,  die  im  aligemeinen  mit  dem  Mamen  Kolh  (s.  d.)  bezeichnet  werden.  Sie 
zerfallen  in  mehrere  Gruppen,  deren  eine  ganz  besonders  als  M.>Kolh  oder 
Mundari-Kolh  bezeichnet  wird.  Letztere  zählen  etwa  400000  Köpfe.  Ihr  Name 
ist  Ihnen  von  den  Hindu  gegeben  und  bedeutet  solche,  die  eine  M.-Yeffassnng 
haben.  In  jedem  Dorfe  herrscht  nämlich  einer  der  ältesten  und  angesdienslen 
Männer  als  M.  d.  i.  Schulze,  Ortsrichter.  Sie  theilen  sich  in  grössere  Familien- 
stämme, deren  Glieder  nicht  unter  einander  heirathen  dOrfen,  nähern  sich  den 


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MundböMe  —  Mundo«. 


487 


T.arka  (s.  d.)  in  Kleidung,  Sitten  und  Sprache,  nehmen  aber  Thiemamen  an. 

Ihre  Gesidilsform  ist  wetiiger  edel,  die  oft  eingedrückte  Nase,  die  dicken  Lippen 
und  breiten  Backenknochen  unterscheiden  sie  scharf  vom  indogermanischen 
Typus.     V.  H. 

Mundhöhle.  Die  Munühölile  ist  ein  nach  aussen  allseitig  begrenzter  Raum 
am  vorderen  Ende  des  VerdamingskanAleft.  Sie  wird  von  oben  durch  den  harten 
Gaumen,  nach  hinten  durch  das  Gaumensegel  begrenzt  und  durch  beide  von  der 
Nasenhöhle  geschieden.   Von  den  Seiten  und  von  vom  umsdüiesst  sie  die  Haut, 

welche  die  untere  Parthie  der  Gestchtsknochen  überzieht,  nämlich  vorn  die 
Lippen  und  seitlich  die  Wangen.  Den  Boden  dieser  Höhle  bildet  die  Zunge. 
T>ie  Mundhöhle  zerfällt  in  einen  vorderen  (Vorhof)  und  einen  hinteren  'l'heil, 
welche  beide  durch  die  obere  und  untere  Zahnreihe  getrennt  werden.  Der 
hintere  Thcil  ul&ct  sich  nach  hinten  in  den  Schlund,  in  welchem  sich  Mund-  und 
Nasenhöhle  vereinigen.  D. 

Mundhöhlendrüsen.  Die  Mundhöhle  bildet  nicht  allein  die  Eingangsstelle 
des  Davmkanals,  sondern  ist  audi  selbst  schon  als  verdauender  Thdl  desselben 
thätig,  indem  hier  die  stKrkebaltigen  Nährstoffe  ihre  Umwandlung  erfahren.  Zu 
diesem  Zwecke  Mt  die  Mundhöhle  mit  einer  Anzahl  Drüsen  ausgestattet  Unter 
diesen  lassen  sich  mehrere  Schleimdrüsen  von  den  Speicheldrüsen  unterscheiden. 
Zu  jenen  geboren  kleine,  linsenförmige  Drüsen,  welche  nach  ihrer  Lage  Lippen- 
und  Wangendrüsen  (Glandulae  labiales  und  buccales)  genannt  werden,  die  Gaumen- 
drüsen (Gl.  patatinaa,  die  als  dünne  Schicht  den  harten  und  weichen  Gaumen 
bedecken  und  ferner  die  in  dem  weichen  Gaumen  neben  dem  Zapten  liegenden 
Mandeln  (Gl.  t0ttsillae,  s.  amygdalae).  Bei  den  Speicheldrüsen  lassen  sich  drei 
verschiedene  DrOseo  unterscheiden:  die  Ohrenspeicheldrase  (Gl,  parotis) t  die 
Unterkieferdrüse  (GL  sttimaxillarisj  und  die  Zungendrttse  (Gl  Ungualis  s.  sublin  - 
gualis).  Die  Ohrenspeicbeldrttse  ist  bei  weitem  die  grösste;  sie  li^gt  unmittelbar 
unter  der  Haut  vor  der  unteren  Hälfte  des  äusseren  Ohres  und  mündet  mit 
ihrem  Ausfülinrngsgang  gegenüber  dem  ersteren  hinteren  Backzahn  des  Ober- 
kiefers in  die  Mundhöhle.  Die  Unterkieferdrüse  liegt  an  der  inwendigen  Seite 
des  Unterkiefers  zwischen  diesem  und  dem  hinteren  Bauch  des  M.  digastrkus. 
Aus  ihrem  vorderen  Theile  geht  der  Ausführungsgang  hervor,  welcher  neben  der 
Wurzel  des  Zungenbändchens  ausmündet.  Die  Zungendrüüe  liegt  unter  dem 
vorderen  Tbdl  der  Zunge,  neben  dem  Zungenbändchen  und  dem  mylohyoi* 
deut*  Sie  öffiiet  sich  mit  etwa  7  Mflndungen  zu  beiden  Seiten  der  Zunge. 
Ausserdem  können  aber  auch  die  AusfUbrungsgänige  mit  denen  der  Unleifciefer- 
drOse  Vereinigungen  eingehen.  D. 

Mundo.  Nachbarn  der  Niambari  im  oberen  Nilgebiet,  stehen  in  vielen 
Acusserlichkeiten  den  Mittu  nahe,  sprechen  aber  ein  abweichendes  Idiom,    v.  H. 

Mundombe.    Die  ursprünglichen  Bewohner  des  Landes  Bih^  im  westhchen 
Süd-Afrika.     v.  H. 

Mundes.  Wilde  Bergvölker  auf  Cebu  (Philippinen),  glauben  an  den  Patianak 
der  Tagalen,  dem  ne  es  suschreibeBk  wenn  «e  sich  auf  einem  Pfade  verirren. 
Sie  halten  überhaupt  viel  auf  Zauberei,  weshalb  auch  viele  Zauberer  unter  ihnen 
wohnen,  dann  an  Behexung  »Gavayc  Die  Chiisten  haben  daher  eine  grosse 
Scheu  vor  diesen  Wilden,  welche  sie  nicht  in  ihren  Dörfern  dulden  wollen.  Die 
M.  leiden  sehr  an  Magenkrankheiten.  Ihre  Zahl  ist  beträchtlich.  Es  ist  fraglich, 
ob  sie  ein  selbständiger,  eigenartiger  Staoun  sind;  sie  scheinen  von  Remontados 
und  Negritos  abzustammen.     v.  H. 

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Mnndnicii  —  Munnoptiden. 


Mundrucu.  Indianerstamm  Süd- Amerikas,  am  Tapajoz,  wahrscheinlich  zu 
den  Tu])i  (s.  d.)  geluirig;  ausgezeichnet  durch  athletische  Gestalt,  helle  Haut- 
farbe, starke,  künüüiclic  Tättowirung,  seltsames  Oemisch  roher  Barbarei  und  vcr- 
hältnissmässig  hoher  gewerblicher  Betriebsamkeit.  Die  M.  sind  einer  der  zahl- 
reichsten imd  ttieitbanten  StiUmnc,  welche  von  ihren  Necbbarn  »Pajguiz^c,  d.  L 
Kopfiibschneider,  nach  ihrei  Liebliagssitte  genannt  werden.  Sie  sidlen  nndi 
Ortqn  ftöoo  Streiter,  veihalten  sich  aber  den  Weissen  gegenflber  friedlicb.  Ihre 
Hutten  sind  konisch  oder  rediteckig  und  bergen  meist  mehrere  Familien.  Ihre 
Dörfer  schützen  sie  mitteist  grosser,  festgebauter  l^ehmhQtten,  in  welchen  sie  nch 
vertheidigen.  Sic  pflegen  ihre  Feinde  in  sehr  schlau  ausgeführten  Ueberfallen  zu 
tiberrumi)eln,  schneiden  den  Erschlagenen  die  Köpfe  ab  und  bewahren  dieselben 
eigens  jiräjiarirt  und  geräuchert  als  Siegeszeichen.  Wer  die  meisten  Köpfe  be- 
sitzt, wird  Häuptling.  Doch  stehen  die  M.  mit  den  Weissen  in  lebhaften  Handels- 
beziehungen und  tauschen  von  ihnen  Salz,  Pfeffer  und  Eisenwaaren  gegen  ge- 
wisse Arzneipflanzen,  Baumwollsäcke  und  von  ihnen  kunstvoll  gefertigten  Federn* 
schmuck  ein.  Nach  Wallacb  sind  die  M.  die  am  voUständigsten  tättowirte  Nation 
Sttd-Arocfikas.  Es  bedarf  mindestens  zehn  Jahre  zu  einer  gansen  TIttowiruQg. 
Die  M.  gelten  als  verhältnissmässig  sehr  bildungsfitbig^  arbeitsam  und  gutartig. 
Obgleich  zum  Theil  chiistianisirt  und  die  Lingua  geral  sprechend,  werden  säe 
doch  nur  selten  von  einem  Priester  besucht.  Die  M.  sind  in  häuslicher  Kultxir 
fortgeschritten  zur  Hühner-  überhaupt  zur  Federviehzucht,  den  Nachbarn  aber 
tiberlegen  durch  ihre  kriegerische  Gliederung,  denn  der  Häuptling  besitzt  in 
Kriegszeiten  das  Recht  über  Leben  und  1  od  und  ertheilt  im  Gefecht  seine  Be- 
fehle durch  die  Signale  einer  Rohrtrompete,  wie  auch  der  Patrouillen-  und  Vor« 
postendienst  bei  ihnen  sehr  gut  ausgebildet  ist  Sie  reden  eine  Misdupradi^ 
deren  Wurzelschatz  jedoch  grösstentheils  dem  Tupi  angehört     v.  H. 

Mundstheib^  auch  Scheibe,  Decke,  Peristomraum,  Tentakelschdbe  fdiscmt) 
genannt,  ist  der  mehr  oder  weniger  scheibenförmige,  den  I.ieib  oben  bedeckende 
Theil  der  allgemeinen  Körperwand  der  Anthozoen  oder  Korallenpolypen  (bei  den 
Hydrozoen  oder  Polypomedusen  ist  sie  häufiger  kegelförmig  als  »MundkegeU). 
An  ihrem  Aussenrand  »Scheibenrand«  ist  sie  oft  zu  einer  »Randfalte«  (para- 
fet,  tichium)  erhoben.  Hier  trägt  sie  die  Fangarmc  (s.  d.)  (Füliler,  Tentakel,  Arme), 
in  ihrem  Centrum  hegt  der  Mund  mit  den  Lippen,  d.  h.  wulstförraigen  Auf- 
tieibungen  der  Scheibe  neben  dem  Munde.  Die  lippen  sind  bftufig^  wie  der  Mnnd, 
Mnglich  und  deuten  ebe  gewisse  bilaterale  Symmetrie  an,  wie  sich  eine  solche 
auch  bei  der  Entwicklung  des  Thieres  zeigt  m  der  anftngs  paarweisen  Ent- 
Wicklung  der  Fangarme  und  Gekrösfalten.  Die  so  gebildeten  beiden  Winkel 
heissen  Gonidia,  Gosse  (s.  d.).  An  den  Lippen  finden  sich  oft  jederseits  zwei 
knorpelartige  Wülste,  Lentigirus,  Goss.,  zwischen  welchen  eine  Grube  oder  ein 
Halbkanal  (canalis  gonidialis)  in  das  Magenrohr  fllhrt.  Klz. 

Mungos  (Ogilby),  Gray,  Untergattung  des  Viveiiengenus  J7ir>^^j,  Iluger 
(s.  d.).     V.  Ms, 

Munia,  Hüdcs.  =  JJermophrys,  Hoogs.,  Untergattung  von  Spermestes,  Sws., 
s.  Spermestinae.  RcHW. 

Mutiiiopsiden»  Sabs,  Blhidasseln  (s.  mtuma,  n.  pr.,  ops  Aussehen),  Krebs- 
familie der  Asseln  (s.  Enisopoda),  den  Schwanzschildasseln  (s.  Idotbeiden)  ähn- 
lich, aber  mit  einem  völlig  zu  einem  Stücke  verschmolzenen  I^eon.  Der  Kopf 
und  die  vier  folgenden  Segmente  durch  eine  Einschnflrung  von  den  hinteren 
Segmenten  abgesetzt.  Dem  entspricht  es,  dass  die  hinteren  3  Pereiopodenpaare 


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Munnos  —  Muracna. 


489 


S«hwimroftt8se>  die  voiliergeheiideii  SchreitfUsse,  lesp.  das  voidente  ein  Gfeif- 
oigan,  sind.  Gattung  Munnopust  Sars»  augenlos,  an  der  norwepschen  Kitste.  Ks. 

MuimoSi   Tupi-Indianer  am  oberen  Uruguay.     v.  H. 

Munsi.    Kleiner  Indianerstamm  Xord-Amerikas,  in  Ontnrio,  ihr  Fortschritt 
auf  dem  \Ve;Te  rm  Gesittung  ist  ein  langsamer  aber  sicherer.     v.  H. 
Muntjak,  s.  Cervulus,  Blainv.     v.  Ms. 

Munzingen.  Am  Hange  des  Lösszuges  Thuniberg  bei  M.  zwischen  Freiburg 
und  dem  Kaiserstuhl  und  zwar  in  der  Nähe  eines  Weihers  fand  Prof.  Alexander 
von  EcKiR  1879  ein  ganzes  Lager  von  Steingerttthen,  Knochen,  Zähnen  etc. 
Die  Knochen  gehören  durchweg  dem  Renthier  an.  Die  rohen  Artelakte  be> 
stehen  aus  Knochen,  Riesel,  Thon;  aas  Bohnert  eine  Perle.  Aus  der  Thatsache, 
dass  sogen.  I^össniSnnchen  n\it  Jaspismessem  zusammengebacken  waren,  zieht 
Ecker  den  Schluss,  daas  die  Ablagerung  der  rohen  FundstUcke  gleichzeitig  war 
der  Lö96bildung.  Das  Ganze  ist  nls  T  agerplatz  von  Renthierjägem  zu  betrachten; 
diese  Lagerplätze  befanden  sich  nach  anderer  Ansicht  in  lAisshöhlen,  die  später 
zusammenstürzten.  Welche  Ansicht  die  richtige  sei,  die  Ablagerungf?theorie  oder 
die  Höhlentheorie,  ist  nicht  zu  entscheiden.  Näheres  im  > Archiv  iür  Anthro- 
pulugici,  VIII.  Bd.,  pag.  S7 — loi  mit  Zeichnungen  der  Lagerungsverhältnisse  und 
der  Befunde.    C  M. 

MiMMis.  Sehr  lahlieiches  Beigvolk  Hinter-Indiens,  unter  dem  5 — 6000  Kadio* 
liken  und  eine  Art  Adel  vorhanden  sind,  nämlich  die  Reste  der  »Lang«,  der  an 
der  Spitze  der  verschiedenen  Stämme  steht  und  nach  Erbrecht  von  Vater  auf 
Sohn  die  Regiening  führt  Die  M.  wandern  auch  aus,  aber  nur  zur  Zeit  einer 
Hungersnoth  oder  eines  Krieges.  Ihre  Mundart  soll  dem  Annamitischen  sehr 
nahe  stehen,  obwohl  sie  von  den  Annamiten  nicht  verstanden  wird;  die  meisten 
M.  verstehen  und  sprechen  aber  zur  Noth  das  Annamitische.  Die  M.  trieben 
wandernde  i- eldwirthschaft.     v.  H. 

MuqiiiMO,  Bantuvolk  Sttd*Afrika*8,  in  der  Gegend  von  Bihi.    v.  H. 

Mnquor,  Schan-Volk  Hinter-Indiens,  von  den  Moso  (s.  d.)  weder  im  Aeusseren, 
noch  in  Sprache  oder  Sitte  unterschieden.  Sie  sind  mit  Luntenflinten  ausge- 
itistet.     V.  H. 

Muraal »  Murtoa  (s.  d.).  Ks. 

Muracaei.    Von  FuHios  genannte,  sonst  unbekannte  Völkerschaft  Bac« 

trianas.      v.  H. 

Muraena  i  Ak  ikdi,  Linn6),  Cuvier,  Muräne  (lat.  nom.  pr.),  Gattung  der  Aal- 
fische (s  Muraeniden),  specieller  zu  der  kleinen  Gruppe  der  Rngysckisti  gehörig, 
deren  Kiemen  mit  dem  Schlünde  durch  ganz  enge  OclTnungen  communiciren. 
Wie  der  Meeraal  (a.  Conger),  abweichend  von  dem  eigentlichen  Aal,  entbehrt 
die  M.  der  Schuppen.  Ausser  den  Bauchflossen  fehlen  auch  die  Brustflossen, 
wogegen  die  unpaarigen  Flossen  wohl  ausgebildet  sind.  2  Paar  Nasenlöcher, 
vra  denen  die  hinteren  rund  (nicht  spaltfbrmig  sind).  Die  Gattung  besteht  aus 
ca.  75  Arten,  welche  in  den  gemässigten  und  tropischen  Meeren  verbreitet  sind. 
M.  unicohr,  r»F  t  a  Rochf,  und  M.  heferta,  L.,  kommen  im  Mittclmcer  vor,  und 
sind  leicht  an  der  Färbung  zu  unterscheiden,  da  jene  fast  einfarbig  braun,  diese 
dagegen  bratm  mit  weissgelben  Sprenkeln  ist.  Letztere  Art  ist  diejenige,  wclclie 
bereits  von  den  alten  Römern  als  grösster  Leckerbissen  in  Seewasserteichen  ge- 
stichtet  und,  der  Sage  nach,  gelegentlich  sogar  mit  Menschenfleisch  gefUttert 
wurde.  Noch  heute  gehen  sie  fttr  sehr  wohlschmeckend.  Sie  erreichen  eine 
LMsge  von  mehr  als  t  Meter  und  ein  Gewicht  von  6  Kilo  und  mehr.  Ihre  Nahrung 


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490 


Muräne  —  Murchisonia. 


besteht  hauptsächlich  in  Krebsen  und  Tintenfischen;  sie  zeichnen  sich  dnich 
grosse  Gefriissigkeit  und  Bissigkeit  aus.  Ks. 

Mnrane,  Afurafna  helena,  I.iNNft  (s.  d.  N.  unter  Murän.i).  Ks. 

Muraeniden,  Müller,  Aalfische  (lat,  muraena,  nom.  pr.),  Kamihe  der  Bast- 
bauche (s.  Apodes)  mit  langgestrecktem,  cyHndrisrhen  oder  seitlich  compruiuirScru 
Körper,  ohne  oder  mit  kleinen  unter  der  Haut  verborgenen  Schuppen.  Der 
After  liegt  hinter  der  Mitte  des  Körpers,  Der  Oberkiefer  tdlgt  Zilme.  Pfttrtncr- 
«nhilnge  sowie  besondere  Ausfiihrungsgänge  illr  die  GeschtechtadrSsen  fefales. 
Kiemenspalten  getrennt  Etwa  s6  Gattungen  mit  S30  Arten,  wdlaus  die  meisten 
den  wärmeren  Gegenden  angehörig,  einige  Gattungen  mann.  Ein  kleiner  Tbeil 
der  M.,  namentlich  die  Gattung  Muraena  selber,  unterscheidet  sich  durch  die 
engeren  Spalten,  die  aus  dem  Srhlunde  zu  den  Kiemen  (lihren  (d.i'ier  enf^vcrkirf- 
von  der  übrigen  (den  platyschisti).  Von  einheimischen  Gattungen  sind  nur 
Anguilla  (Aale)  und  Conger  (Meeraale)  liervorznheben ;  den  Mittelmeerländern 
gehört  die  als  Leckerbissen  seit  alten  Zeiten  berühmte  Gattung  Muraena  an.  Ks. 

Moras,  Indianerstamm  Brasiliens,  am  Madeira,  wegen  seiner  ituberischen 
UeberfilUe  als  Wegelagerer  gefürchtet,  einst  mächtig  und  sablretdi,  jetst  durch 
die  Mundmku  (s.  d.)  fast  völlig  aufgerieben.  Nor  einige  Familien  btieben  «a 
den  Seen  und  Zufittssen  des  Amazonas,  am  Kudajaz*  und  Amanasee.  Die  M. 
schwärmen  seither  in  kleinen  Flotillen  «nher,  sind  so  recht  die  Zigeuner  unter 
den  Amaxonasindianern,  von  welchen  sie  verachtet  werden.  Weit  und  breit  ge- 
niessen  sie  den  schlechtesten  Ruf  als  diebiscli,  faul,  verrätherisch  und  grausam, 
im  höchsten  Gerade  widerwillig  gegen  jeghches  sesshafle  Leben.  Die  M.  sind 
dunkler  als  ihre  Nachbarn,  mit  sehr  breitem  Thorax,  muskulösen  Armen,  kurzen 
Beinen,  vorstehenden  Abdomen,  dUnnemBart,  kühnem,  unruhigem  Gesichtsausdruck; 
sie  durchbohren  die  Lippen  und  stecken  in  Kriegszeiten  Pekarisähnchen  hiaeio. 
Ihre  Kähne  bestehen  aus  Baumrinde,  doch  stehlen  sie  auch  Bote  den  Weissen; 
schwimmen  voitrefBich  und  sind  ausgeseidinete  Taucher.  Fische  werden  mit 
Pfeilen  geschossen,  dann  geröstet.  Auf  >kan  imc  d.  h.  Zuckerbraontwein  sind 
die  M.  sehr  erpicht,  ebenso  sind  sie  leidenschaftliche  Schnupfer.  Sie  spielen  auf 
einer  Flöte  mit  fünf  Löchern  und  schufen  sich  damit  eine  eigene  Sprache.  Die 
Töne  smd  stets  in  Moll,  die  Melodie  klingt  melancholisch.  Von  ihren  alten  Ge- 
bräuchen sind  schon  viele  verschwunden.  Die  M.  sind  Fischemomaden,  in  kleine 
Horden  zerklüftet,  leben  familienweise  und  wandern  am  Uier  der  Flüsse  und 
Seen  hin  und  her.  Sie  bauen  armselige  Htttteui  die  sie  je  nadi  dem  Wnseer- 
sfeande  am  Ufer  höher  hinauf  oder  tiefer  hinab  rttcken.  Sie  sind  die  einge- 
fleischtesten Feinde  der  Weissen,  mit  welchen  sie  auch  jede  Bertthrang  vermeiden. 
Die  M.  sterben  aus.    v.  H. 

Muratos.    Stamm  der  Jivaro  (s.  d.),  sehr  kriegeiisch.     v.  iL 

Murbodenschlag,  s.  Mürzthaler  Rind.  R. 

Murbogi,  Südliche  Nachbarn  der  allen  Cantabren  iaHispanien,  ohne  Zweifel 
dasselt)e  Volk,  das  Pi.iNius  Turbogi  nennt.     v.  H. 

Murchisonia  i^nach  dem  englischen  Palaeontologen  Sir  Rodr.  Murchison, 
durch  wichtige  Arbeiten  über  das  sUurische  System  in  England  1836— J9  und  in 
Russland  1845  bekannt),  Akchiac  1841»  altfossUe  Schneckengattung,  palaeosoiscb, 
von  der  Stlur>  bis  zur  pennischen  Formation  reichend ;  Schale  thurmförmig^  mit 
aahlieiclien  Windungen,  glatte  gerippt  oder  knotig;  Mttndung  eiförmig  mit  kuner 
Verläogenmg  nach  unten;  am  Aussenrand  ein  Einschnitt,  der  auch  in  allen 
froheren  Anwachslinien  auf  der  Schale  vorhanden  ist,  wodurch  ein  bestimmt  be- 


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Müremi  —  Murex. 


491 


glätustes  Spiralband  betrefft  der  Skulptur  auf  Jeder  Windung  entsteht,  wie  bei 
I^mr^ma  und  Pleuroiomarm,  An  dieae  letzteren  schliesst  sie  sich  auch  durch 
ihr  Vorkommen  und  durch  vermittelnde  Formen  in  dtt  alpinen  Trias  von  St 
Cassian  an,  welche  die  feinere  körnig-gegitterte  Skulptur  von  Pleur atomar ia  mit  der 
mehr  gestreckten  Form  von  Murchisonia  verbinden.  Bekannteste  Arten  M.  biH- 
neata,  fast  glatt,  und  coronata,  Golüfuss,  stärker  knotig,  T  eitmiisrheln  für  das 
rheinische  Devon,  liäutig  bei  Landsberg.  Einzelne  rerente  Turritellen  mit  stark 
ausgebuchtetem  Aussenrand  aus  südlichen  Meeren  sind  in  letzter  Zeit  von 
einigen  Conchyliologen  für  lebende  Reprisentanlen  dieaer  Gattung  gehalten 
worden,  wohl  nicht  mit  Recfa^  da  bei  den  lebenden  kein  umschriebener  Ein- 
schnitt und  Schlitzband  da  ist  und  auch  die  Mündungsform  nicht  stimmt     £.  v.  M. 

MüremL   Tibetischer  Stamm  im  Himülaya.     v.  H. 

Mures,  Mures  proprii,  s.  Muridae.     v.  Ms. 

Murex  (Name  der  stachligen  Piirpurschnecke  bei  den  r>Uen  Römern^,  I  inni^. 
1758,  Meerschnecke  aiT^  Her  Ordnung  der  Pectinihranchien  und  Typus  einer  eigenen 
Familie,  Miiriciden,  charakterisirt  durch  drei  Zahnplatten  in  jeder  Qiierreilic  der 
Reibplatie  oder  Zunge,  wovon  die  mittlere  mehrere  direkt  nach  hinten  gerichtete 
Spitzen,  die  beiden  seitKchoi  nur  eine  hakenförmige  haben,  femer  durch  den 
hornigen  Deckel,  dessen  Anfangspunkt  (Kern)  nahe  der  unteren  Spitze  ist,  und 
durch  einen  vorspringenden  mehr  oder  weniger  langen  geraden  oder  etwas  schief 
nach  riickwärts  gebogenen  Kanal  am  unteren  Ende  der  Mündung.  Besonders 
kennzeichnend  filr  Murex  ist,  dass  der  Aussenrand  der  Schale  nicht  nur  bei  der 
erwachsener  Schnecke,  sondern  auch  bei  früheren  Wachsthumsabsätzen  Ver- 
dickungen und  lappenartige  Vorsi)rünge  zeigt,  welche  demnach  sich  in  reeel- 
mässigen  Zwischenräumen  wiederholen,  die  sogen.  Varhfs,  und  zwar  be- 
tragen diese  Zwischenräume  nicht  mehr  als  \  eines  Umgangs  der  Spirale,  sind 
also  in  der  Zahl  von  drei  oder  mehr  auf  jeder  Windung  vorhanden,  im  Gegen- 
satz zu  TriiMumm  und  JUmäla,  Die  Ausaenseite  der  Schale  ist  Oberhaupt  meist 
rauh,  oft  stachlig  und  in  der  Regel  nicht  lebhaft  gefilrbt^  bei  einigen  mehr  oder 
weniger,  schwarz,  dagegen  das  binere  der  Mtlndung  oft  lebhaft  rosenroth  oder 
gelb,  was  wahrscheinlich  mit  der  Absonderung  von  Purpursaft  zusammenhangt^ 
die  bei  mehreren  Arten  nachgewiesen  ist  und  vielleicht  bei  allen  vorkommt. 
Zahlreiche  Arten  in  den  wärmeren  Meeren,  fleischfressend,  auf  Felsen-  und 
Korallengrund,  fossil  von  der  oberen  Kreide  an.  Absolute  Grösse  und  Gesammt- 
form  der  Schale  nach  den  Arten  sehr  verschieden.  Am  eigenthUmlichsten  sind 
diejenigen,  welche  einen  die  übrige  Schale  an  Länge  Ubertreffenden  ganz  geraden 
Kanal  haben,  die  sogen.  Schnepfen  köpfe  der  filteren  Conchylienliebhaber, 
darunter  einer  ohne  Stacheln,  mit  nur  wulstförmigen  Varicen,  Aautieäum, 
LiNKt  und  eimg^,  bei  denen  die  Varicen  heraUaufende  Stachelrdhen  bilden,  so 
M.  ienuhpina,  crasstspina  und  andere,  alle  aus  dem  indischen  Ocean  (einschliess- 
lich des  Rothen  Meeres)  oder  der  Südsee.  An  diese  schliesst  sich  M.  brandaris, 
riNKi?:,  aus  dem  Mittelmeer  an,  blassgelb,  innerhalb  der  Mündunir  lebhafter  gelb, 
die  einzelnen  Varicen  nur  von  je  2  (selten  3  oder  1)  dicken,  kurzen  Stacheln  oder 
nur  Knoten  gebildet,  Schale  oline  Kanal  3  —  5  Centim.,  der  Kanal  nicht  ganz  eben- 
solang; es  ist  diese  sicher  eine  der  Purpurschnecken  der  Alten.  Andere  Alurex- 
Arten  mit  kürzerem  rflckwärtsgebogenen  Kanal  zeichnen  sich  durch  zahlreichere, 
krausverzweigte  Varicen  aus,  so  einige  sehr  grosse  (ohne  Kanal  xo — 15  Centim. 
lan^  von  der  Westküste  Amerika's,  M.  rttdix^  Gmeldv,  Varicen  schwarz.  Zwischen- 
räume  mehr  oder  weniger  weiss,  von  Panama  bis  Acapulco,      regius^  Wood,  m\ 


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49» 


Murictden  —  Murida. 


dnnVelroseDrother  meist  tcbwangefleclLter  Mündoiig,  aneh  von  PaoMiia,  M.  bU^ht, 
Wal.,  blasft  mit  rosenfaxbigcr  Mündung,  von  Katifomien.  Ziemlich  regelmiflsig  unr 

drei  Varicen  auf  jeder  Windung,  aber  ähnlich  verzweigt,  haben  der  ebenso  grosse, 
blasser  geHirbte  Af.  fnffa/r/s,  T.amarck  oder  ramasus,  LrofS,  aus  dem  Rothen  und 
indischen  Meer  und  die  mittelgrossen  ^ohne  Kanal  6 — 8  Contim.)  M.  adustus,  L^vm., 
dunkelbraun,  wie  angebrannt,  mit  lebhaft  rother  oder  gelber  MUndung,  aus  Ost- 
Indien,  M,  palma  rosae,  Lam.,  mit  mehr  cylindrischen  am  feinen  Ende  vielspitzigen 
und  roteo&rbigen  Fortsätsen  in  den  Varicen  von  Ceylon,  und  M,  (täcUrapat  I<ail, 
meist  dunkelgebändert,  aus  West'Indien  und  Brasifien.  Etiras  sahlidchece  Varicen, 
gegen  7  auf  jeder  Windung,  je  einen  derben  stumpfen  Stachel  oder  auch  nur  einen 
Knoten  im  oberen  Drittel  bildend,  zeigt  M.  trumuluh  LnnnS,  aus  dem  Mittelnaeer, 
eine  sweite  Purpurschnecke  der  Alten,  stark  gewölbt,  der  Kanal  deutlich  au%e- 
bogen,  f^ccfcn  den  offen  bleibenden  Xabcl  zu  eine  breitere  Fläche  bildend,  Inneres 
der  Mündung  blass  violett  mi»^  zwei  dunkeln  Bändern,  im  Ganzen  6 — 9  Centim. 
lan?,  wovon  ungefähr  \  auf  den  Kanal  kommen.  Regelmässig  drei  Varicen  auf 
jeder  Windung,  je  eine  ebene  Blattiläche  bildend,  finden  sich  in  ausgezeichrteter 
Weise  bei  dem  weissen  M.  pinnatm,  Wood,  aus  dem  siidiichen  China  und  einigen 
verwandten  ostasiatischen  und  neuhollttndischen  Alten,  mehr  mds^rmig  bei  dem 
dunkelbraunen  M,  eaputiims,  Lam.,  und  helleren,  fieckigen  ingmOer,  Boior,  beide  ans 
Ost>Indien.  Bei  M.  ermacnuf  Linn«,  im  Mitldmeer  und  an  den  Küsten  des  wes^ 
liehen  Europa's  sind  auch  je  3  wulstförmige  Vaticen,  welche  übrigens  bei  manchen 
Exemplaren  deutlichere  Knoten  oder  gar  kurze,  stumpfe  Stacheln  tragen,  tmd  in 
den  Zwischenräumen  erwischen  clen  Varicen  bilden  sieb  nurb  \  —  2  Knoten  aus; 
durch  den  ganz  kurzen,  geraden  Kanal,  der  übrigens  oft  ringsum  geschlossen  ist, 
und  die  grossere  Entfernung  des  Kerns  von  der  Sjiitze  des  Deckels  nähert  sich  diese 
Art  der  Gattung  Purptira.  IJiese  Art,  vun  doppeltkonischer  Gestalt  und  3—4,  selten 
5  Centim.  lang,  wovon  nur  etwa  auf  den  Kanal  kommt,  trüb  gelbbrann 

oder  mehr  grau  mit  weisser  MQndung,  ist  den  Austerzttchtem  veihasst,  da  sie  mittelst 
der  Reibplatte  im  Rüssel  die  lebenden  Austern  anbohrt  und  durch  Aussangen  tödtet. 
Wo  die  Varicen  sehr  zahlreich  nnd,  weniger  vorstehen  und  namenüich  nicht  scbaif« 
randig  sind,  wie  z.  B.  bei  dem  kleineren  M.  cristatus,  Brocchi,  aus  dem  Mittelmeer, 
sind  die  Varicen  schliesslich  nicht  mehr  von  herablaufenden  Rippen  zu  unterscheiden, 
wie  solche  bei  vielen  anderen  Schneckcnschalen  vorkommen  und  ist  damit  die 
Gränze  einerseits  gegen  Fusus,  andererseits  gegen  Riiintda  imd  Purpura  nicht 
leicht  zu  ziehen,  wenn  Deckel  und  Reibi)latte  unbekannt  sind.  Monographiecn 
von  Murex  bei  Kiener  1842,  Reeve  1845 — 46  und  Kübelt  1888,  bei  letzterem 
132  lebende  Arten.  Nächstverwandte  Gattungen  Trophan  und  T^pkü*  E.  v.  Bl 
Muriciden,  Schneckcnfamilie,  s.  Murex.     E.  v.  M. 

Murida,  v.  d.  Hoeven  (Myomorp/ui,  Brandt  p.  p.).  Die  Nagethiere  (s.  Rodcntia) 
werden  von  einigen  Autoren  (so  V.  Carus)  in  sechs  Unterordnungen  getheilt, 
deren  eine  als  M.  die  Familie  der  Äfurma,  Gerv.,  Baikd,  der  ArvteoHnOf  Waiexh. 
und  die  ^Ac^^a^«,.  Brandt,  umfasst.  In  dieser  Umgrenzung  sind  die  M.  cfaaiakte» 
lisirt  durch  meist  gestreckten  Schüdd,  woran  etwas  verschmälerte  Stirnbeine,  oft 
mit  Supraorbitalleiste,  durch  den  Mangel  eines  Postorbitalfortsat/ es,  /weiwundügan 
Oberkieferjochfortsat^,  auffallendes  foramen  in/raorbUaU ,  scharf  ausgeprägten 
Kronen-  und  Eckfortsat/,  des  Unterkiefers,  entwickelte  Claviculae,  meist  4 zehige 
Vorderfiisse  mit  I )aumcnstummel,  5 zehige  !T!ntcr;usse,  unten  verwachsene  Tibiä 
und  Fibula.  Der  meist  schlank  gestreckte  Korper  m  der  Kegel  mit  weichem  Pehe. 


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Muridae  —  MunnU. 


493 


Ohxen  und  Schwtnx  sehr  wechselnd.  (V.  Carus,  Handb.  d.  Zoologie,  I.  Bd^ 

pag.  102.)     V.  Ms. 

Muridae  (Gerv.),  Antor,  »Mäusec  Nagethierfamilie  der  Untcrordnunr'  Simplici- 
dentcUa,  zui  Gnippe  der  Myomorpha  (s.  d.)  gehörig:.  Die  überaus  zahlreichen, 
auf  viele  Gattungen  und  Untergattungen  (von  oft  zweifelhafter  Begründung)  ver- 
theilten  Arten  dieser  über  die  ganze  Erde  verbreiteten  Familie  charakterisiren  sich 
durch  meistens  kleinen,  schlanken,  gestreckten,  in  der  Regel  kurz  und  weich  bc; 
haarten  Körper,  derlidie  Gliedmassen  mit  schmalen,  nacktsoligen,  5  zehigen  Pfoten 
(4  Voidersehen  und  Daumenstnmmel»  5  Hintenehen),  schlanken  Kopf,  spitzige,  vom 
nackte  Schnause,  meist  gehaltene  Oberlippe;  die  Augen  sind  gross,  lebhaft^ 
schwarz,  die  Ohren  dünn  behaart,  gross  und  breit,  der  Schwans  lang,  bald  behaart, 
bald  nackt.  Das  fUr  die  systematische  Anordnung  der  Gattungen  wichtige  Gebiss 
besteht  aus  \  in  Form  und  Farbe  verschiedenen  Nagezähnen  und  \,  \  oder  ^  mit 
Wurzeln  versehenen  Backzähnen,  die  nach  hinten  an  Grösse  abnehmen.  Von  den 
6  Unterfamilien  zeichnen  sich  die  Criccti  (Brandt)  oder  Hamstermäuse  sowie  die 
Mures,  Aut.,  oder  Mäuse  s.  str.  durch  |,  in  der  Jugend  höckerige,  später  verschieden 
schmekfaltige  Backzähne  aus.  Die  »üWmc  wurden  weiter  in  Baummluse  {pendro' 
myes,  Pet.),  rMures  propriU,  eigenüiche  Mäuse  (östliche  Hemisphibe)  und  SigmO' 
dffHies,  Waqn.  (amerikanisch),  getheilt  (V.  Carus).  Die  SpaioMmyes  (Petsrs)  oder 
Maulwurfoilnse,  die  Mtriomdes  (Wacn.)  oder  Rennmäuse  und  Hydrmyet  (Brandt) 
oder  Schwimmratten  besitsen  |  oder  f  Backsähne  mit  queren  Schmelzlamellen, 
und  die  auf  eine  einzige  Form  (Sminthus  va^us,  Keys.)  begründete  letzte  Unter- 
familie  der  Smififhi  (Bravst)  oder  Streifenmäu'^e  ?:cicbnet  sich  durch  Backzähne 
aus,  deren  Schmelzsaum  einfach,  buchttg  eingebogen  crsciieint.  —  Die  Muridae  be- 
wohnen meist  gesellig  die  Ebene  wie  die  Gebirge  (in  einzelnen  Arten)  bis  zur  oberen 
Vegetationsgrenze.  —  In  gewissem  Sinne  sind  sie  Allesfresser,  doch  bildet  pflanz- 
liche Nahrung  (Früchte,  Kömer,  Sämereien,  Wurzeln  etc.)  ihre  Hauptkost  Eäionn 
ist  ihre  Fruchtbarkeit  (6~sz  Junge  kommen  auf  einen  Wurf),  meist  wiedeiiiolt  sich 
^e  For^flansung  mehrmals  im  Jahre;  einige  Arten  bauen  äusserst  sieilidie  Nester. 
In  allen  Leibeskflnsten  »nd  sie  Meister,  sehr  scharf  sind  ihre  Sinne;  etlidie  halten 
Winterschlaf  und  tragen  Vorräthe  ein,  andere  treten  in  Massen  temporäre  Wan- 
derungen an.    Näheres  s.  bei  den  einzelnen  Gattungen.     v.  Ms.' 

Murina,  Gray,  südasiatische  Fledermausgattung  der  Fam.  Vespertüionidae,  ^ 
Wagn.,  begründet  auf  VcspertUio  suiiius,  Tem.  (die  ferkelnasige  Fledermaus);  steht 
der  Gattung  Kerivoula,  Gray,  nahe,  jedoch  sind  die  FUighäutc  »nur  in  der  Nähe 
des  Körpers  mit  warzigen  Linien  versehene.  M.  suUlus  lebt  auf  Java,  Suniatra  und 
in  Voider*Indien,  hat  4,6  Centim.  KCrper-  und  s  Centim.  Schwanxlängc,  ist  oben 
lebhaft  roth,  unten  isabellfiirb^;  oder  weissfich  geftrbt    ▼.  Ms. 

Miirindoes.  Indianer  im  sttdamerikanischen  Staate  Cauca,  reden  emen  Dialekt 
der  £mberbede-%>rache.     v.  H. 

Murma.  Bergvolk  Tschittagongs,  Abtheilung  der  Khyo  ungtha.  Die  M. 
sprechen  eine  Mundart  des  Arrakanesischen  und  sind  durch  den  Buddhismus 
etwas  gesittet;  dieser  hat  die  Moral  gehoben  und  die  Stellung  der  Krauen  ge- 
bessert. Jedes  Dorf  besitzt  einen  Tempel  aus  Bambu,  2  Meter  über  dem  Boden 
errichtet  und  von  Bäumen  beschattet,  \m  inneren  mit  dem  Hilde  Buddhas.  Der 
Platz  rings  um  den  Tempel  dient  abends  als  Versammlungsplatz  und  Spielort  der 
Kinder,    t.  H. 

Mimn^hliter«  s.  Arctomys.    v.  M^. 

Marmis,  Volksstamm  in  den  ndrdlichen  Thälem  Nepals»  swiscben  Gandaki 

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494 


Muraau^Wcnlaifelier  Rind  —  Mo«. 


und  Tista.  Die  M.  sind  Ackerhauer,  Schaf-  und  Ziegenhirten,  unkriegerisch  und 
werden  von  den  Ghorha  stark  unterdrückt.  Sie  scheinen  ein  Zweig  der  Bhutia 
zu  sein.  Ihr  Aussehen  ist  mongolisch;  ReHgion  der  Buddhismus,  ihre  S(>rache 
ein  Dialekt  des  Bhutia.  Sie  leben  in  steioeroea  GebSuden,  welche  auf  de» 
Bergen  in  einer  Höhe  von  iooo>*  2000  Meier  errichtet  sind.  Men  findet  die  BL 
in  guu  Nepäl,  in  kleinerer  Anzahl  auch  in  Sikkini.  Sie  verbrennen  ihre 
Todten.    v.  H. 

Mumau-Werdenfelser  Rind,  ein  kleiner,  einfarbiger  Gebirgsrinderschlag, 

der  in  den  nördlich  der  Zugspitz«  gelegenen  Distrikten  des  bayrischen  Hoch- 
landes gezüchtet  wird  und  sich  im  Typus  und  in  der  Grösse  und  Kinlarbigkeit 
dem  Vieh  des  heuachbarten  Algäus  anschliesst.  Die  Farbe  ist  meist  hell-  oder 
graugeib  mit  den  charakerisüschen  helleren  Abzeichen  des  Braunviehs:  helle 
Haarbüschel  in  den  Ohren,  helle  Haarfcrause  zwischen  den  Hörnern,  hellen 
Rttckenstreir»  dunkler  Nasenspiegel  mit  hellem  Saum,  dunkle  Zunge  und  Gaiunen, 
dunkle  Klauen  und  helle  Hömer  mit  dunklen  Spitzen.  Die  Ktthe  dieses  Schlages 
sind  bei  grosser  Genügsamkeit  vorzflgliche  Milcherinn«i.  R. 

Murray-Stamin  der  Australier,  üscht  bei  Nach^  bei  Fackelschein.  v.  IL 
Murut.  Volksstamm  im  nördlichen  Bomeo,  sehr  erfahren  in  der  Bereitung 
des  Upasgiftes,  nichtsnut/ip  diclMsrli,  betrügerisch,  träg,  trunksüchtig  und  äusserst 
schmutzig,  st  iiiLi  i  vun  liiigezieier.  iJie  M.  sind  dunkler  als  die  andern  Binnen- 
landbewühner  Nordborncos;  jene  oberhalb  von  Berg  Dschemma  leben  in  langen 
Häusern,  jene  unterhalb  in  kleinen  Hütten.  v.  H. 
Munitsi,   Stamm  der  B^schuanen  (s.  d.).     v.  H. 

Mua,  L.,  die  Mäuse  (im  engsten  Sinne)  reprSsentiren  die  artesreichsle 
Gattung  der  Nagerfamilie  Äfuridai  und  verbreiten  sich,  mit  Ausnahme  von 
Amerika,  woselbst  sie  durch  das  Genus  Ht^romys,  \\'a  pkrh.,  (ursprünglich)  ver- 
treten werden,  über  alle  übrigen  Faunengebiete.    Die  Gattung  Afitf,  dasKotol^ 

der  »mausähnlichenc  Nager,  charaklerisirt  sich  in  seinen  2  Hauptformen  »MSusec 
und  »Ratten -s  durch  schlanken,  bisweilen  gedrimgent-n  Körperbau,  glatte  Schneide- 
zähne, fres|!altene  Oberlip[)e  (die  durch  ein  nackici.  Häutclien  verbunden  wird), 
verlängerte  liinterbcine,  ca.  kurperlangcn,  schuppig  geringelten  (nackten  oder  wenig 
behaarten)  Schwanz  und  vierzehige  VorderiUsse  mit  Daumenwarze.  Die  Obres 
sind  deutlich,  die  Bartborsten  ordnen  sich  in  filnf  iJüiigsreiheQ,  die  oberen  der 
3  Backzähne  tragen  drei  Höcker  in  jeder  Querwulst  —  1.  Ratten.  Gaucoea- 
fiüten  in  der  Mitte  ungetheilt,  Schwanz  sio  bis  390  Schupfpe^rii^iel,  letzter 
Sohlenwulst  des  Hinterfusses  langgestreckt,  nach  innen  hohl.  FOsse  plump. 
M*  dicumamst  Fall.,  Wanderratte,  Körper  24,  Schwanz  19  Centim.  lang,  Ohr 
bildet  ein  Drittel  der  Kopflänge,  Gaumen  ohne  Längsfurche.  Schwanz  mit 
ca.  210  Kingel.  12  Zitzen.  Oben  bräunlichgrau,  unten  grauweiss.  Ist  angeblich 
im  Jahre  1727  ans  den  Caspiländern  in  das  östliche  Europa  eingewandert,  von 
dem  aus  sie,  die  endemische  Hausratte  grossentheils  vernichtend,  das  übrige 
Europa  allmählich  einnahm.  —  Bei  den  folgendem  zwei  Arten  erreicht  das  Ohr 
ca.  halbe'  Kopfeslänge,  der  Sdiwanz,  aus  s5o<— a6o  Ringetai  gebildet  ist  läQget 
als  der  Körper.  Zitzen  wie  vorhin.  M,  a&xMdni^u,  Gaom.,  Aegyptisehe  oder 
Dadiratte.  Totallänge  ca.  36  Centiia.  (Schwanz  20  Centim.).  Oben  röthlich* 
tnaungrau,  unten  gelblich -weiss.  Der  Gaumen  mit  tiefer  A^it^lfurche ,  die 
Gaumenfaltcn  gekörnelt.  Verbreitet  sich  allmählich  Über  Süd-Kiiropa  und  dringt 
nach  dem  mittleren  Europa  vor.  Af.  railus,  L.,  Hausratte,  etwas  kleiner  wie 
vorige  (14  Centim.),  oben  braunschwarz,  unten  grauschwarz,  Gaumeafallen  glatt 


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495 


und  mit  flachem  Gaumen.  Seit  dem  12.  Jahrhundert  in  Europa  bekannt,  wahr- 
srheinÜch  ist  sie  aus  Asien  eingewandert  Während  diese  Art  jetzt  in  Amerika 
häufiger  ist,  verschwindet  sie  successne  bei  uns;  ist  jedoch  in  den  südlichen 
Gebieten  Europas  von  il.rer  Hauptfeindin  der  Wanderratte  noch  lange  nicht 
ausgerottet,  in  manchen  l'heilen  sogar  relativ  häufig.  Mit  den  Schwänzen  ver- 
wachsene Exemplare  bilden  den  bereits  mehrmals  consiadrten  »Rattenkönig«; 
man  fend  bis  27  Individuen  derart  vo^bunden.  Wodurch  diese  paäiologiscbe  Er- 
scheinung veranlasst  wird,  ist  unklar.  —  Das  etliche  Sibirien  und  China  bewohnt 
M.  caraco,  Fall.,  mit  sehr  verlängertem  Kopfe,  grossen  Ohren,  sehr  dickem, 
nicht  Körperlänge  (15  Centim.)  erreichendem  Schwänze  (150  Ringel);  oben 
dunkelbraun  mit  Grau  gemischt,  unten  wcisshchgrau,  Schwanz  oben  dunkelbraun. 
M.  gigatiteus,  Hartw.,  Riesenratte,  mit  über  34  Centim.  Körperlänge  und  fast 
gleichhingeni  Srliwanze.  Coromandelkliste,  Hetxjalcn,  Vandimensland.  Der 
Wandenatte  aliniich,  doch  kraiugcr  ist  die  aul  Ja\a,  iSorneo,  Sumatra  lebende 
Borstenratte  M.  set^tTt  HosoF.  —  M.  (Isffmys,  Sund.)  varügatus,  Licht.,  ge- 
mein in  Aegypten,  Nubien,  Abyssinien,  Arabien  u.  a.  Orten.  IL  Mftuse. 
Gaumenfalten  von  der.a.  oder  j.  an  in  der  Mitte  getheil^  Schwans  mit  lao 
bis  180  Ringel,  Sohlenwulste  rundlich,  FUsse  schlank.  —  M.  mtueuAts,  L.,  Haus* 
maus.  Totallange  ca.  18  Centim.  Oben  gelblich -grauschwarz,  unten  heller. 
180  Schwanzringel.  10  Zitzen.  —  Albinotische  Exemplare  werden  häufig  in  der 
Gefangenschaft  gehalten.  — M.sylvattcus,  L.,  Waldmaus,  Totallänge  ca.  23  Cendm. 
Üben  braun-gelblich  grau,  unten  weiss.  150  Schwanzringel.  6  Zitzen.  —  Europa, 
Asien.  Frisst  ausser  Vegetvibiuen  auch  Kerfe  und  kleine  Vögel.  Bei  dieser 
und  der  vorigen  Art  hat  das  Ohr  halbe  Kopfeslänge,  bei  den  2  folgenden  nur  \. 
M.  agrarius,  Pall.,  Brandmaus.  Totallänge  ca.  i8-'i9  Centim.  Oben  biaun- 
roth  mit  schwarzem  Rttckenstreifen,  unten  weiss*  Ca.  120. Schwansringel.  8  Zitsen. 
Bis  Sibirien  verbratet,  scheint  im  Westen  Europas  su  fehlen.  —  M.  mauOits,  L. 
(Micromys  agUis,  Dbhne,  etc.),  Zwergmaus.  Totallänge  ca.  13  Centim.  Oben 
gelblich-braunroth,  unten  weiss.  Ca.  130  Schwanzringel,  8  Zitzen.  Bis  Sibirien, 
Baut  ein  äusserst  zierliches  Nest  ^wichen  Getreidehalmen,  Rohrstengeln  etc.  — 
oUraceus,  BtNN.,  Kohlmaus.  Heimath  Dcran.  Baut  in  Kohlsfmiflen  ein  Nest 
aus  ürasblattem.  Auch  indisch  M.  (LeggaJa,  Gkay.,  Acomys,  Gs  ovi  k.  j  platythrix, 
Benm.  M.  barbarus,  L.,  (Golunda,  Gray),  Berbermaus  in  Algerien.  M.  minimus, 
Pbt.,  Mossambique  u.  a.  m.  Australisch  sind:  M.  /usctp€s,  Waterh.,  M.  (JPstwiomys) 
ait^atä,  Gray.,  etc.  —  Fossilreste  von  M.-Arten  finden  sich  in  den  Knochen- 
breccien  des  Miltelmeeres  und  in  mittelmiocänen  Sttsswasserkalken  von  Steinhain.  — 
Hierher  wohl  auch  Myothtrium,  Avmard.     v.  Ms. 

Musabat.  Einen  der  drei  Hauptstämme  in  Kordofan.  Die  M.  sprechen  ara- 
bisch.    V  H 

Musahar,  d.  h.  »Rattenesserc  oder  Bhundschihar,  Volksstamm  an  der  Grenze 
Ramgars  in  Indien.     v.  H. 

Muaaia.  Berberstarom  Mord- Afrikas,  in  der  Provinz  Algier.     v.  H. 

Musalemab.  Nubisdier  Volksstamm  in  Meroe.  H. 

MusarinteL  Nach  FroLtMXos  eine  Völkerschaft  im  Innern  Gediosiens,  an  der 
nördlichen  Grenze  und  am  sfldüchen  Abhänge  des  Möns  Baetius.     v.  H. 

Musca,  L.  (lat  Gemeinfliege),  Gattung  der  Muumatt  Familie  Musddae  (s.  d.), 
der  Zweiflügler,  daran  zu  erkennen,  dass  die  vierte  I.^ngsader  imFlttgel  unter  einem 
Winkel  zu  der  dritten  aufsteigt,  eine  sogenannte  »Spitzenquerader«  bildend,  die 
FUhlerborste  gefiedert  ist  und  der  eiförmige  Hinterleib  keine  vor  der  übrigen  Be- 


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496 


Musealeros  —  Miuchelo. 


kleidung  ^irb  durch  Dicke  und  Länge  auszeichnenden  Bofstoi  trilgt  Die  Stabea> 
fliege,  M.  dorne stica,  L.,  gehört  hierher.     £.  Tg. 

Musealeros,  s.  Mescaleros.     v.  H. 

Muscardinus,  Wahn.,  Haselmaus,  Mäusebilch.  Nagergattung  tier  1. -Emilie 
Myo.xtna,  U'agner  (Schläfer),  beziehungsweise  Untergattung  von  Myoxus,  ZiM'itkMAVN 
(s.  a.  d.).  Hierher  die  mitteleuropäische  An  J/.  irociianartui,  Wagn.,  ein  zierliches 
Thierchen  von  c«.  14  Centini.  TotaUinge,  dnferbig  gelblidinith  mit  weisdidierfttat 
und  Kehle,  mit  hellröthlichen  Ohren  und  ebenso  gefärbter  Augengegend.  Der 
azeiKg  buschig  behaute,  7  Centim  lange  Schwanz  ist  g^lbrotb.  FOr  die  Auisidhiiig 
dieser  Sippe  war  das  (von  dem  der  Übrigen  Schlitfer  abweichende)  Gebiss  mi» 
gebend:  der  erste  obere  Backzahn  hat  nämlich  2,  der  zweite  5,  der  dritte  7,  der 
vierte  6  Querleisten.  Ausser  in  Mittel-£uropa  fand  man  diese  Art  in  England  und 
Skandtna\'ien;  sie  bewohnt  die  Ebene,  sowne  gebirgiges  Terrain,  überschreitet  j^ 
doch  kaum  die  Laubholzrcpon;  in  Tirol  fand  man  sie  bis  zu  einer  Scchöhevon 
1000  Meter  <1.  M.  vor.  Die  Nahrung  V)esfeht  in  Nüssen,  Eicheln,  Beeren  n.  dergl., 
baut  ein  kunstvoiles  Nest  aus  Grasbluitcm  mit  einem  seitlichen  ii.mgarig  im  Gebüsch 
4—1  Meter  Uber  der  Erde.  Ueberwintert  in  mit  Moos  and  laub  ausgepolsteiten 
Baumlöchern,  Erdhöhlen  etc.  Ms. 

MttSCfaigagliiiiit  oder  Keyataigmiuti  Stamm  der  westlichen  Eskimo  oder 
Inuit  (s.  d.)  an  «ter  Mttndung  des  Nuschagakflusses  und  der  KiMe  Aljaskas  eattang 
bis  Kap  Newenham.     v,  H. 

Muschel,  in  der  Volkssprache  der  Nordküsten  Deutschlands  spezielle  B^ 
Zeichnung  der  gemeinen,  als  Speise  dienenden  Miesmuschel,  AfytUus  edulis,  Lin>e. 
entsprechend  dem  liolländischen  mossd,  schwedischen  mossla,  dänischen  muss/ir.^, 
cnf'lisclien  müsse/  und  fran/.(3si(  hcn  mouh',  alle  wahrscheinlich  aus  dem  latcirisrhcr 
musiuiui  ab/-uleiten;  dagegen  in  den  Übrigen  Gegenden  Deutschlands  und  in  der 
Schriftsprache  verallgemeinert  als  Beseichnung  aller  aweischaligen  Conchyliea  • 
s.  den  folgenden  Artikel  ~  und  öfters  auch  ftlr  auslXndische  schönere  Schnecken* 
schalen  gebraucht    E.  v.  M. 

MuscfaelhQgel,  vergl.  Kjökkeomöddinger.  Aehnliche  MuschelhQgd  wie  in 
Dänemark,  an  den  Küsten  von  Nord-Amerika  und  Brasilien  fand  Prof.  Morsb 
an  Japan's  Küsten.  Ein  solcher  besitzt  3  Meter  Dicke  und  liegt  unter  «ncr 
I.ehmschicht  von  fast  2  Meter  Stärke,  o,R  Kilom.  von  der  Meeresküste.  Er  ent- 
hält ausser  den  MuschelschalenThierknochen.Geräthe  aus  Thon,  Stein,  Horn.  Letzter« 
ähneln  denen  der  alten  Wilden  von  Etiropa  in  merkwürdiger  Weise  Die  Omamenlc 
und  Knopfbildungen  der  Keramik  erinnern  an  die  Thonwaaren  der  östlichen 
Vereinigten  Staaten  und  Bninliens.  Nach  der  Uebereinstimroungder  Ornamentik  ss 
diesen  Töpfereien  mit  denen  in  den  Stickereien  der  heutigen  Aino  in  Japan 
schliesst  B^tAMJC  Cushing,  dass  die  Ältesten  Bewohner  Japans  mit  den  Voifthies 
der  Aino  identisch  sdn  mUssen.  Uebrigens  gebraucht  man  nach  A.  W.  Framk's: 
»les  Instruments  en  pierre  du  Japanc  im  Norden  Japans  noch  heutigen  Tags 
steinerne  Pfeilspitzen,  auf  Yesso  nach  von  Brandt  wenden  die  Aino  noch  jetxt 
Steinhämmer  und  Hacken  aus  Stein  an,  sodass  sich  letztere  noch  heutsutagc  i» 
neolit'^  lachen  Zeitalter  ihrer  Vorfahren  befinden.     CM.  ,  - 

Muschelkrebsc  =  Ostracodca.  Ks. 

Muscheln  oder  zwcischalige  Conchylicn,  griechisch  Dithyra  bei  Aristoteles, 
hLBiuaJvia  bei  Linne,  Acephalm  mit  Schale,  Cuvbr  1798,  Conchifera,  Lamakoc 
1818,  Lamdäbrmukia  (Blattkiemer),  BuuNVlLtt  x8i6,  FtUcypoda  (BeilfllsslerX 
Gou>rass  i8so,  dritte  Hauptklasse  der  Mollusken,  durch  iusserst  reduditen  KopC 


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Muscheln. 


497 


grosse  blattförmige,  paarige  Kiemen,  meist  völlig  umhüllenden  Mantel  und  in  zwei 
seitliche  Hälften  gegliederte  äussere  Schale  scharf  gekennzeichnet.  Ein  allge- 
meiner Zug  ist  flächenartige  Ausbildung  der  rechten  und  linken  Köri)erseite  und 
Zurücktreten  des  Gegensatzes  von  vom  und  hinten,  letzteres  im  Zusammenhang 
mit  dem  geringen  Grade  oder  völligen  Mangel  freier  Ortsbewegung.  Die  normale 
Gestalt  der  Muschel  ist  nicht  unpassend  mit  derjenigen  eines  Buchs  oder  Heftes 
verglichen  worden,  der  Rücken  des  Buchs  ist  der  des  Muschelthiers,  der  Ein- 
band ist  die  Schale  nebst  dem  ihrer  Innenseite  dicht  anliegenden  Mantel,  die 
beiden  ersten  und  beiden  letzten  Blätter  des  Buchs  sind  die  Kiemenblätter  und 
dazwischen  liegt,  von  den  Seiten  zusammengedrückt,  der  Rumpf  des  Muschel- 
thiers. Sein  theoretisches  Vorderende,  dem  Kopf  anderer  Thiere  entsprechend, 
liegt  von  den  seitlichen  Ausbreitungen  des  Rückentheils,  Mantel  und  Schale,  ganz 
verhüllt  thatsächlich  tief  im  Innern,  durch  keinen  Absatz  vom  übrigen  Rumpf  getrennt, 

(Z.88.} 


Längsschnitt  einer  Muschel  (Unw).  II  Eingcweidcthcil,  III  Fusstheil,  Mt  Mantel  und  Schale, 
^i,  ]f  a  Nervenknoten,  Sthl^,  ,  vorderer  und  hinterer  SchliessnUBkel ,  Fs  Fuss,  iMä  Mund, 

Mg  Magen,  A  After,  //  Herr,  K  Kiemen. 

und  enthält  die  Mundöffhung  {Md  in  Fig.  88)  in  Form  eines  Querschlitzes,  ohne  Kiefer, 
Zunge  oder  sonstige  Hartgebilde,  nur  an  beiden  Seiten  von  je  einem  Haut- 
lappen umgeben,  den  sogenannten  Palpen,  die  ihres  Nervenreichthums  wegen 
mit  den  Fühlern  der  Schnecken  verglichen  werden  können,  aber  in  ihrer  Gestalt 
der  allgemeinen  Flächenausbreitung  der  seitlichen  Theile  folgen.  Die  Nahrung 
kann  daher  nur  in  ganz  kleinen  festen  oder  in  aufgelösten  organischen  Bestand- 
theilen  bestehen,  die  mit  dem  umgebenden  Wasser  zwischen  die  Schalenhälflen 
und  bis  zur  Mundöffnung  gelangen;  eine  gewisse  Auswahl  der  Aufnahme  wird 
aber  durch  das  Vorhandensein  der  Palpen  wahrscheinlich.  Der  Darmkanal  macht 
hierauf  einige  Windungen  innerhalb  des  Rumpfs  und  endigt  mit  eigener  After- 
öifnung  hinten  und  oben  in  der  Mittelebene  desselben.  Oberhalb  des  Darmes 
liegt  das  Herz  (//)  und  zwar  so,  dass  ein  Stück  des  Darmes  noch  vom  Herzbeutel 
mitumschlossen  wird;  dasselbe  hat  eine  einfache  Kammer,  die  das  oxydirte  Blut 
aus  den  Kiemen  durch  eine  rechte  und  eine  linke  Vorkammer  erhält  und  durch  zwei 
Aortenstämme,  einen  oberen  und  einen  unteren,  in  die  verschiedenen  Körpertheile 
schickt;  seitlich  und  nach  unten  vom  Herzen  liegen  die  eigenthUmlichen  grösseren 
Exkretionsorgane,  die  unter  dem  Namen  der  BojANus'schen  Organe  bekannt 
sind,  s.  Bd.  I,  pag.  452.  Geschlechtsdrüsen  und  Leber  (genauer  Hepatopankreas) 
erfüllen  den  übrigen  Raum  des  Rumpfes  und  dieser  geht  nach  unten  ohne  äussere 
Abgrenzung  in  den  muskulösen  Fuss  (/^.f)  über;  während  bei  den  anderen  Klassen 

Zool.,  Anthropoi.  u.  Ethnologe.    VA.  V.  ^2 


498 


Muscheln. 


der  Mollusken  der  Fuss  eine  bestimmte  Form  hat  und  fÜrBenemiang  undUmgramung 

derselben  mn.iHsgebend  ist,  zeigt  er  bei  den  Muscheln  sehr  verschiedene  Gestalt 
und  ist  bei  manchen  festsitzenden  nur  spurvvcisc  vorhanden:  bei  unseren  grösseren 
SüsswassernuiM  heln  und  bei  v  ielen  Meernuisc  lieln  ifit  er  auch  seitlich  zusaninien- 
gcdni(  kt  mit  unterer  KaiUc,  sogen,  beiirormig,  zum  Icicliten  Kindringen  in  weichen 
Hoden,  dagegen  langgezogen  cylindrisch,  nach  allen  Seilen  beweglich,  finger- 
förmig mit  Byssusgrube  an  der  Unterseite  (s.  Byssus,  Bd.  I,  pag.  563)  bei  MyHlus^ 
knieförmig  gebogen  bei  Cardium,  mit  unterer  Kriechfläcbe,  wie  bei  den  Schnecken 
bei  NycttJä  und  ihren  Verwandten,  kurz  cylindrisch  mit  vorderer  AnheftungsflScbe 
bei  /^ff/as  u.  s.  w.    Der  ganze  Rumpf  ist  nun  beständig  und  der  Ftiss  zeitweiic^ 
so  lange  er  nicht  thatig  ist,  von  oben  an  ringsum  von  Mantel  und  Schale  locker 
unifasst,  sodass  ein  Hohlraum  dazwischen  bleibt,  die  Mantelhöhle  oder  Kiemen- 
hohle,  die   von   dem  zwischen  den  Srhalenrändem   eindringenden  Meer-  oder 
Süsswasser  erfüllt  wird  und  in  welcher  eben  die  Kiemenblätter,  meist  zwei  jederscits 
(Ä'Fie;y8),  \jc\  Luctna  nur  eines,  nach  cjbcn  an  den  Rum])f  angeheftet,  imd  die  oben 
genannten  Palpen  liegen.     Sowohl  für  Ernährung  und  Athmung,  als  zur  Ent- 
fernung der  ExkretionsstofTe  und  Geschlechtsprodukle  ist  nun  ein  zeitweiser 
Wechsel  dieses  Wassers  in  der  Mantelhöhle  nothwendig  und  dieser  geschieht 
durch  Verengerung  und  Erveiterung  derselben  mittelst  Bew^ng  der  Schale. 
Die  beiden  Schalenhälften,  Klappen,  eine  rechte  und  eine  linke,  sind  nämlidi 
an  der  Rtlckenseite  durch  ein  elastisches  Band  (Ligament)  beweglich  mit  einander 
verbunden  und  werden  meist  aucli  hier  noch  durch  zwischen  einander  eingreifende 
\'orspnjn,£:c  (/alpine)   und  \'ertiefungen  (Znhngruben)  an  Verschiebung  in  unc^e- 
cigneter  Kichlung  gehindert,  aber  vorn,   imtcn  und  hinten  stehen  die  beiden 
Schalenrändcr  normal  während  der  Lebcnsthatigkcit  des  Thiers  von  einander  nb, 
um  dem  Wasser  von  aussen  Zutritt  zu  gewähren  und  den  Fuss  sich  ausstrecken  zu 
lassen,  was  in  der  Regel  in  der  Richtung  nach  vom  geschieht  Aber  eb  oder  zwei 
starke  willkttrltche  Muskeln  (Schliessmuskeln,  Addue^ren  StA/,  Fig.  88)  gehen  von  der 
Innenseite  der  einen  Schalenhälfte  zu  derjenigen  der  andern  und  nühem  diesselbe 
durch  ihre  Zusammenziehung  soweit,  dass  die  Rfinder  ringsum  aneinanderschliessen, 
die  Muschel  also  nach   aussen  geschlossen  ist.    Hierdurch  wird  nun  das  oben 
erwähnte  Band,  je  nachdem   es  (llter  der  Ikrührungslinie  der  oberen  Schalen- 
rändcr (äusseres  Ligament)  oder  in  und  unter  deri^elben  zwischen  don  Zähnen 
(inneres  l.igaiuenl)  liegt,  entweder  etwas  auseinander  gezerrt  oder  zusammenge- 
drückt und  stellt  daher  durch  seine  EIai>iicität,  sobald  der  Muskelzug  nachlässt, 
die  vorige  Lage  wieder  her,  d.  h.  öffnet  die  Muschel.    Das  Schliessen  und  das 
Geschlossenbleiben  ist  also  eine  aktive  Anstrengung  des  Muschdthiers,  das  Offen- 
stehen ein  passiver  Ruhezustand,  daher  auch  lebensschwache  und  todte  Muschdo 
offen  stehen,  wenn  nicht  andere  Ursachen  eingreifen.   Durch  Eintrocknen  veritert 
das  Band  seine  Elasticität ;  wenn  man  daher  eine  leere,  sonst  unverletzte  Schale 
in  nassem  Zustand  mit  einem  Faden  fest  umwickelt,  so  bleibt  sie,  trocken  ge* 
worden,  auch  nach  Abnahme  des  Fadens  {geschlossen  und  kann  so  aufbewahrt 
Werden.    Den  Schalcnrändern   entsprechen  vorn,   unten  und   hinten  im  allgc- 
lucmea  die  Ränder  des  weichen  Mantels,  der  dicht  der  Innenseite  der  Schale 
anliegt  und  von  der  Riickcnseitc  des  Rumpfes  ausgeht,  aber  der  Mantelrand  ragt 
beim  lebenden  Thier  meist  etwas  über  den  Schalenrand  vor  und  ist  dann  nicht 
selten  mit  zahlreichen  FtthUliden  und  selbst  zuweilen  mit  augenfthnlichen  Gebilden 
(Bd.  I,  ])ng.  296)  besetzt   Bei  manchen  Muscheln  bleiben  die  Mantelrilnder  bet- 
nahe in  derselben  Ausdehnung  wie  die  Schalenrfinder  frei,  d.  h.  der  rechte  und 


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MiucImIii. 


499 


linke  von  einander  getrennt,  bei  der  Mehrzahl  der  Gattungen  aber  tritt  schon  in 
frtthem  Lebensalter  eine  Verwachsung  beider  Ränder  ein,  hauptsftchUch  hinten, 
weniger  httufig  nach  unten;  der  Oeffnung  des  Afters  in  die  Mantdhdhle  gegen» 
Aber  bleibt  dann  immer  eine  Lücke  in  der  Verwachsung  (Afterloch),  audi  m  der 

Regel  eine  zweite  etwas  darunter  zum  Eintritt  des  Athemwassers,  namentlich  bei 
Muscheln,  die  sich  eingraben  (Athemöffhung)  und  wenn  die  Verwachsung  sich 
noch  auf  eine  propere  Strecke  der  Unterseite  erstreckt,  kann  die  nach  vorn 
bleibende  grössere  Oeft'nung  als  solche  für  den  Fuss  bezeichnet  werden;  am 
weitesten  geht  diese  Verwachsung  der  beiderseitigen  Mantelränder  bei  Tridacna, 
namentlich  im  vorderen  Theil,  sodass  auch  für  den  Fuss  nur  eine  kurze  Oeffnung 
an  der  Unterseite  übrig  bleibt.  Bei  den  zahlreichen  Muscheln  nun,  die  sich  tiefer 
in  den  Boden  eingraben  oder  in  Steine  einbohren,  verlVngem  sich  die  beiden 
hintern  Oeffnungen  m  Röhren  (Athemröhren,  S^kötun,  ÄX,  Ftg.  90)  suweilen 
länger  als  die  übrige  Muschel,  wodurch  die  Muschd  den  Zutritt  reinen  Wassers 
sich  auch  in  ihrem  Verstecke  sichert;  bei  Gefahr  können  diese  Rtfhren,  wenn 
sie  nicht  allzudick  sind,  in  den  Raum  zwischen  den  Schalen  zurückgezogen  werden 
und  zwar  durc  h  eigene  starke  Muskeln,  die  von  der  Innenseite  des  hinteren  Theils 
der  Schale  entspringen.  —  An  der  Aussenseite  jeder  Schalenhälfte  fällt  zuerst  der 
Wirbel  (/F)  auf,  als  der  vorspringendste  und  älteste  Tlieil  (daher  öfter  etwas 

abgerieben),  um  welchen  alle  Anwachslinien  in  immer  weiteren  Bogen  von  vorn 

(Z.8S-MI) 

W 


Innenseite  einer  Muschel  (yimufj.       Kriechende  Muschel  (SavUat/artaJ  von  der  Seile. 

fV  WirbeL 

JSTA^  hinterer,  TJ/ vorderer  Muslceleindruck, 
A/B  Mantelbucht,  A/L  Mantcllinie. 


durch  unten  nach  hinten  sich  herumsiehen;  er  beseichnet  die  Rflckenseite. 
Meist  liegen  beide  Wirbel  ganz  oder  beinahe  aneinander;  selten  wächst  auch  die 
Schale  in  der  Richtung  zwischen  beiden,  sodass  sie  sich  mit  zunehmendem  Alter 
immer  weiter  von  einander  entfernen.  Das  äussere  Band  ist  an  der  trockenen 
Schale  oft  ganz  oder  theil  weise  erhalten,  wo  nicht,  seine  Lage  und  Ausdehnung 
durch  die  etwas  vorragende  Lage  und  mehr  glanzlos  kreideartige  Beschaffenheit 
des  Schalenrandes  an  der  betrefifenden  Stelle  (Ligamentträger,  Nymphe)z\i  erkennen. 
Die  Zähne,  welche  zunächst  unter  dem  Wirbel  liegen,  heissen  Schlosszähne, 
tklUts  (orüiudes  in  engerem  Sinne,  die  weiter  nach  vorn  oder  hinten  liegenden 
vordere  oder  hintere  Seitensähne,  der  ganse  Rflckenrand  der  Schale,  soweit 
Band  und  Zähne  reichen,  Schlossrand  oder  einfach  Schloss,  Mrtb.  An  der 
Innenseite  der  Schale  sieht  man  femer  die  Anheftungsslellen  der  Schfiessmoskeln 
{VM,  HAT)  als  stärker  glänsende  etwas  vertiefte  Stellen  und  kann  daraus  auf 
ihre  Zahl  und  Lage  schliessen;  wo  zwei  vorhanden,  ist  es  ein  vorderer 
und  ein  hintererer  und  der  hintere  in  der  Regel  grösser;  sehr  häufig  sieht 
man  dann  auch  eine  vertiefte,  ebenso  glänzende  Linie  von  dem  einen  zum 
andern  gehen,  es  ist  das  die  Mantellinie  {ML),  sie  bezeichnet  die  Stelle, 

3«* 


500 


Muscheln. 


WO  der  Mantel  duich  kiurze  Muslcelfasem  fester  an  die  Schale  angeheftet  ist 
und  jenseits  welcher  der  äussere  derbere  verlängerbare  und  verkürzbare  Rand- 
streifen des  Mantels  beginnt.    Wo  längere  Athemröhren  vorhanden  sind,  macht 
diese  Linie  einen  Umweg  nach  innen  (Mantelbucht  MB,  Fig.  89),  um  die  An- 
heftung des  Rückziehmnskcls  diesor  Kohren  zu   umgehen,   und   bekundet  damit 
deren  Existenz;  wo  die  Rohren  so  uuitangreich  sind,  dass  sie  niciiL  gaiu  zwischen 
beide  Sdialeidiälfteii  ziufldcgezogen  werden  können«  haben  audi  die  Schaleo- 
ründer  an  der  betreffenden  Stelle  eine  derartige  Wölbung,  dass  sie  sich  aic^t 
gegenseitig  berühren  können.   Wirbel,  Band  und  Schlosszflhne  bezeichnen  die 
Rückenseite  der  Muschel.  Vorder-  und  Hinterende  der  Muschelschale  sehen 
einander  oft  recht  ähnlich  und  wurden  sogar  von  Linne  und  Ijuiarck  trotz 
deren  grossen  Verdiensten  um  die  Kenntniss  der  Muscheln  geradezu  umgekehrt 
bezeichnet;  erst  seit  dem  Vorgang  von  Nilsson  1822  wurde  es  allmählich  all 
gemein,  die  Ausdrücke  auch  an  den  Schalen  in  Uebereinstimmung  mit  der  I>age 
des  Mundes  und  der  AfterÖffnuiii;  des  lebenden  'i'hicrs  anzuwenden.        i  einiger 
Uebung  läüät  sich  aucit  an  der  leeren  Schale  vorn  und  hinten  in  t'a&t  allen  Fallen 
sicher  unterscheiden,  durch  eines  der  folgenden  Kennseichen:   i.  wenn  ein 
äusseres  Band  vorhanden  ist,  liegt  dasselbe  an  der  Hinterseite  der  Wirbel, 
8.  wenn  eine  Mantelbucht  vorhanden  ist;  liegt  dieselbe  nahe  dem  hinteren  Ende 
der  Schale,  3.  wenn  das  eine  Ende  voll  abgerundet  ist,  das  andere  eckig,  mit 
einer  von  den  Wirbeln  herablaufenden  erhabenen  Kante  versehen,  mehr  oder 
weniger  schnabelförmig  zugespitzt  ist,  so  ist  fast  immer  das  abgerundete  Ende 
das  vordere,  das  andere  das  hintere  (Venus,  Cnniium,  Unie,  Donax,  Tcüina.  nur  h  bei 
manchen  Austern),  4.  die  Spitze  der  Wirbel  neigt  sich  meist  nach  vom,  sehr  clten 
nach  hinten  (Area  rnursa),  5.  tier  vor  den  Wirbeln  liegendeTheilder  Schale  (\\ir<jLT- 
theil)  ist  in  der  Regel  kurzer  als  der  hinter  denselben  liegende (Hintertheil);  autialhge 
Ausnahmen  hiervcm  bilden  aber  JVvorüs,  DonmXt  TeßmOf  Scr^eularia,  6.  wenn 
das  eine  Ende  der  Schale  auffillig  mehr  von  fremden  Körpern,  Schmuts  a.  deig^ 
besetzt  is^  ist  dieses  das  hintere,  indem  in  solchen  Fsllen  die  Musdiel  mit 
ihrem  Vordertheil  in  den  Boden  eingebohrt  is^  mit  dem  Hintertheil  frei  vorsteht, 
s.  B.  oft  bei  Unio  und  Anodcnta,  7.  wenn  zwei  Eindrücke  von  Schliessmuskdn 
vorhanden  sind,  ist  der  hintere  meist  grösser  und  steht  tiefer,  d.  h.  femer  von 
den  Wirl)eln.    8.  wenn  nur  ein  Muskeleindnick  vorhanden,  liegt  derselbe  meist 
etwas  naher  dem  Hinterrande  und  zeigt  sich  derselbe  oft  nach  vom  und  unten 
convcx  abgenuidet,  nach   liinicn   und  oben  eingebuchtet,   so  bei  Austern  und 
J'cclcn,    bleuen,  an  denen  die  Ränder  der  rechten  und  linken  Schalenhälfte  sich 
nicht  berühren  können  0^1  äffen),  kommen  sowohl  mehr  nach  vom  als  hinten 
vor;  vom  bezeichnen  sie  das  Hervortreten  eines  krilftigen  Fusses  oder  noch 
öfters  das  des  Byssus»  wobei  ae  ziemlich  klein  sein  können  und  mdur  in  der 
Richtung  von  vom  nach  hinten,  annähernd  parallel  dem  Schlossrand  liegen,  hier> 
her  gehört  auch  der  Ausschnitt  an  dem  einen  sogen.  Ohre  von  Pectcn,  der 
eben  die  Vorderseite  kennzeichnet;  hinten  sind  sie  durch  das  Vorhandensein  um- 
fangreicher Athemröhren  bedingt  und  die  Lücke   geht  mehr  von  oben  nach 
unten,  der  Höhe  der  .Mu.s(  liel  entsprechend.  Ueides  zusammen  findet  sich  z.  B.  bei 
liiolas.   tline  Musciiel,  bei  un^her  die  rechte  und  die  linke  Schalenhalfte  (Klai)ije) 
gleicii  gewölbt,  überhaupt  die  eine,  abgesehen  von  den  Schlossi^äluien,  ein  S|negcl- 
bild  der  andern  is^ nennt  man  gletchklappig  oder  gleichschalig  {atquivahis) 
eine  solche,  bei  welcher  Vorder-  und  Hinterende  recht  ähnlich,  namendich  gleich 
weit  vom  Wirbel  entfernt  sind,  gleichseitig  (atqutla^ra).  Das  erstere  lässt 


i^-^d  by  C'ooqIc 


Muscheln. 


sich  nur  beurtheilen,  wenn  man  beide  Klappen  vor  sich  hat,  das  zweite  ebenso- 
gut an  einer  einzehicn  K!af)i)e.  Gleichklappissf  und  utif^leichseitig  ist  meist  ver- 
bunden und  das  Normale  lur  die  Muscheln  als  bilaterale  Thiere,  das  Gewöhnliche 
bei  denen,  welche  sich  Freiheit  der  Qrtsbewegung  bewahren,  denn  es  ist  eben 
rechts  und  links  gleich,  vom  und  hinten  verschieden.  UngleichUappig  und  glcicJir 
seittg  ist  die  Folge  davon,  dass  die  Muschel  mit  einer  KArperaeite,  der  rechten 
oder  linken,  sich  auf  den  Boden  legt,  wie  ein  Flunder,  oder  noch  öfter  damit 
sich  ftr  die  ganze  T^ebenszeit  fest  an  andere  feste  Körper  anheftet,  wie  die 
Auster;  die  andre  Klappe  bleibt  dann  freier  beweglich,  wird  flacher  und  dünner 
(leichter)  und  als  dem  Lichte  zugewandt  oft  auch  intensiver  gefärbt  (manche 
Spondyhis  und  reden)  ;  mit  dem  Aufgeben  der  Vorwärtsbewegung  schwindet  auch 
der  Unterschied  in  der  Form  zwischen  vorn  imd  hinten,  es  ist  also  eine  durch  die 
Lebensweise  Ijedingte  Abweichung  der  Form  von  der  normalen,  und  m  der  That  sind 
auch  die  ganz  jungen  eben  aus  dem  Ei  gekommenen  MuMheln  nngldchklappiger 
Arten  gletchk  lappig,  wie  man  bei  Vergleichung  der  Wirbel  beider  KJappen  oft 
noch  sehen  kann.  Die  Substans  der  Muschelschalen  zeigt  ihrem  feineren  Bau 
entsprechend  ziemliche  Verschiedenheiten:  die  wichtigsten  sind  folgende:  a)  por- 
zellanartige  Schale,  lUr  das  blosse  Auge  gleicbmässig  kompakt,  glänzend  und 
fest,  bei  mikroskopischer  Untersudiung  aus  krystallinischen  nach  allen  Richtungen 
gleich  eng  aneinanderliependen  Stückchen,  meist  Kalkspath,  seltener  Aragonit, 
bestehend,  b)  Fasrige  oder  prismatische  Struktur,  aus  kleinen,  eckigen 
Säulen  bestehend,  die  einander  parallel  senkrecht  auf  der  Schalentläche  stehen, 
besonders  schön  und  auch  schon  mit;  blossem  Auge  zu  erkennen  bei  grossen 
Exemplaren  von  Pmtut.  c)  blättrige  oder  lamellöse  Schäle,  in  gröberen 
oder  feineren  der  Oberfläche  parallelen  Blättern,  meist  glanzlos  und  durch  die 
vorstehenden  Ränder  der  einzelnen  Schichten  rauh,  leicht  abblätternd,  z.  B.  bei 
der  Auster,  d)  Perlmutter,  aus  sehr  feinen  zur  Oberfläche  etwas  schiefen 
Blättchen  bestehend,  das  Licht  dringt  daher  an  verschiedenen  Stellen  verschieden 
tief  ein  und  erleidet  an  den  frei  ausgehenden  Rändern  Interferenz,  daher  der 
eigenthümliche  Glanz  und  das  Farbenspiel,  das  nach  dem  Einfallswinkel  ver- 
schieden ist,  daher  durch  Bcwei^'ung  des  Objekts  bei  feststehender  Lichtquelle 
besonders  hervortritt.  Perlmutter  findet  sicii  nur  an  der  Innenseite  der  Muscheln, 
soweit  diese  von  der  anliegenden  Mantelfläche  zusamnienliangend  abgesondert  wird, 
zeigt  daher  wicdteInnenfleiteSchichtung(Anwachslinien)nur  in  derTiefe,  nichtinder 
Flächemichtung,  ausgenommen  an  den  MuskeleindrUcken,  wo  eben  die  Grenze  des 
Muskelansatzes  beständig  vorgerOckt  wird  (vergl.MoUttsken,  pag.447).  Grobblättrige 
und  prismatische  Struktur  findet  sich  nuranderAussenseite  der  Muscheln  und  mid  nur 
vom  Mantelrande  gebildet.  PorceUan struktur  findet  sich  sowohl  attssen  als  innen. 
Alle  Muscheln  leben  im  Wasser,  sehr  viele  nur  im  Meer.  In  Seeen  und  Flüssen 
des  Birmenlandes  finden  sich  ausschliesslich  zwei  artenreiche  Familien,  die  l/niO' 
niden  und  Cyreniden,  wovon  in  Furopa  die  (jattuncen  UniOt  Margaritana  und 
Anodonta,  Cydns  oder  Sphturium  und  Hsidium  vurkuaanen;  femer  wenige 
einzelne  Gattungen  oder  Arten  aus  verschiedenen  anderen  Familien,  in  Europa 
hauptsächlich  noch  Driissena»  Die  Ortsbewegung  ist  meist  sehr  langsam,  einige 
springen  aber  doch  vom  Boden  auf,  z.  B.  Cart^itm  durch  plötzliches  Strecken  des 
kreisförmig  gebogenen  Pusses  oder  springen  (fliegen)  sogar  durch  das  Wa»er 
durch  wiederholtes  rasdies  Zuklappen  der  Schale,  so  manche  Rcten  und  lAma. 
Viele  sind  nur  in  der  Jugend  ganz  frei  und  setzen  sich  später  fest,  entweder 
durch  einen  Byssus  (s.  d.),  in  welchem  Fall  sie  sich  wiUkttrlich  wieder  ablösen 


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Muscbcln. 


können  (MytUus)  oder  durch  Ankitten  einer  SchalenhftlAe,  wodurch  sie  seidebefu 
fixirt  «nd  (Auster),  Andere  bohren  rieh  nicht  nur  in  iveichen  Boden,  soodeni 
auch  in  ganz  feste  Körper  ein,  in  solche  ganz  langsam,  während  des  Wn)cfasen% 

sodass  die  KingangsöfTnung  kleiner  bleibt  als  der  spätere  Durchmesser  der 
Muschel,  und  da  sie  nicht  rückwärts  !>nhren  können,  sind  sie  damit  für  immer 
gefangen,  aber  auch  sicherer  vor  leinden  (Bohrmuscheln,  wie  Pholas,  LithoJc- 
mus,  Gastrochacmi  u.  änderet    Das  }5olircn  geschieht  auf  mechanischem  Wege, 
wie  schon  daraus  erhellt,  dass  dieselbe  Art  in  ctieniisch  ganz  verschiedene  Sub- 
stanzen, Kalkstein  wie  Granit,  Holz,  Lehoi  nnd  Wadis  bohren  kann,  dass  es 
unter  Wasser  geschieht  und  dass  zwei  rieh  kreuxende  Bohrgänge  ganz  scharfe 
Kanten  zeigen.   Wasserströmung  und  Kteseltheilchen  im  Fuss  scbeinen  dabei  <fie 
mechanische  Wirkung  auszuüben.  —  Betreflb  der  Fortpflanzung  glaubte  man 
lange,  dass  bei  allen  Muscheln  beide  Geschlechter  in  demselben  Individuum  ver* 
einigt  seien,  da  keine  Begattung  stattfindet  und  äussere  Form  wie  innerer  Bau 
keine  fjC^chlechtsunterschiede  erkennen  liess;   Th.  v.  Sieboi  d  hob  dagegen  her- 
vor, dass  bei  vielen  Gattungen  die  Geschlechter  i^etrennt  seien,  indem  die  Gc- 
schlechtsdrüsen  des  einen  Individuunis  nur  Sperniato/oiden,  die  scheinljar  gleich 
aussehende  eines  anderen  nur  Kier  enthalte;  aber  es  tindet  sich  auch  sozusagen 
eine  unvollkommene  Trennung  der  Geschlediter  nach  der  Zeil,  nidem  daa  eine 
Individuum  zu  einer  Zeit  nur  Eier,  zu  einer  späteren  nur  Spennatozoiden  hervor- 
bringt, und  so  sich  nicht  selbst  befruchten  kann,  so  ist  es  s.  B.  bei  der  Aaster. 
Bei  einigen  Pectenarten  bringt  ein  StUck  der  Geschlechtsdrüse  nur  Eier,  ein 
anderes  nur  Spermatozoiden  hervor,  beide  Stücke  sind  an  der  Färbung  zu  unter* 
scheiden  und    bei  verschiedenen   Individuen   dieses  oder  jenes  das  grössere, 
sodass  also  das  eine  vorzugsweise  Männchen,  das  andere  vorzugsweise  Weibchen 
ist.    V.s  sind  das  gewisserniaassen  Vorstufen  der  Geschlechtstrennung.    Bei  den 
meisten  Muscheln  wird  die  Brut  schon  im  Eizustand  aus  dem  Leibe  der  Mutter 
ausgestossen  und  die  Befruchtung  findet  im  umgebenden  Wasser  statt,  andere 
aber  rind  lebendiggebarend  und  hier  muss  die  Befruchtung  durch  mit  dem 
einströmenden  Wasser  eindringende  Spermatozoiden  eines  anderen  Individuums 
stattfinden.  Bei  ümOt  Afudemtat  der  europäischen  Auster  und  anderen  verbleiben 
die  Embryonen,  nachdem  sie  aus  ihrer  Bildungsstätte  ausgestossen,  eine  Zeit  lang 
in  den  Kiemenblättern  der  Muscheln  und  entwickeln  sich  da  eist  zur  Fähigkeit 
selbständigen  Lebens,   ein  Hergang,  der  an  die  Beutelthiere  erinnert.  —  Die 
systematisclie  K int h eilung  der  Muscheln  hat  besondere  Schwierigkeiten,  da 
von  den  mehr  regelmässig  gebildeten  Formen  zweierlei  Abweichungen  in  ent- 
gegengesetzter Richtung  auslaufen:  das  Extrem  der  einen  sind  die  Austern,  die 
durch  ganz  getrennt  bleibende  Mantelränder  und  nur  einen  Scbliessmuskel  sieb 
als  die  ^fiwihenm,  dem  allgemeinen  Embryonalzustand  näher  geUiebenen  dar« 
stellen,  aber  durch  dauernde  Festsetzung  sehr  ungleichklappig  geworden  und 
von  vom  nach  hinten  verkUrs^  also  sehr  spedalisirt  rind;  das  andere  Extrem 
bilden  die  Bohrmuscheln  mit  umfangreicher  Verwachsung  der  Mantelränder,  Stade 
entwickelten  Athemröhren  tmd  mehr  oder  weniger  reducirter  Schale,  deren  Schutz 
sie  weniger  bedürfen        Diese  Gegensätze  erscheinen  in  allen  Eintheihingsver- 
suchen  wieder,   aber  in  ver'^cbicdener  Weise.    Lamarck   unterschied  in  erster 
Linie  nach  der  Zahl  der  Schliessmuskeln  ein-  und  zweimusklige,  Monomyaria  und 
Dimyana,  FLEMING  1828,  nach  dem  Fehlen  oder  Vorhandensein  von  besonderen 
Athemlöchem  oder  AthemrÖhren  Aiiphonida  und  SiphonidOf  Woodward  nsdi 
dem  Fehlen  oder  Vorhandensein  einer  Manttibucht,  die  auf  stark  ansgebildde 


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Muscheln. 


Aehcmröbren  hinweist,  Inkgr^palliata  und  Sm^aUittfa,  Orbigny  1844  dagegen 
Ortkotonthae  imd  JPkurceünthaet  je  nachdem  die  Muschel  gleichklappig  und  länger 
als  hoch  ist,  daher  in  natürlicher  l^age  aufrecht  ist,  den  Kücken  nach  oben,  oder 
ungleichklappig,  höher  als  lang  und  auf  der  Seite  liegt,  drei  Punkte«  die  bei  vielen, 

aller  nicht  allen  Formen  zusammentreffen.  All  diese  Kintheilungen,  grossentheils 
noch  heutzutage  befolgt,  haben  das  Gute,  dass  die  Kennzeichen  an  der  blossen 
Schale  zu  sehen  sind,  sie  daher  auch  auf  die  fossilen  unmittelbar  angewandt 
werden  können,  aber  sie  haben  auch  den  Uebelstand  der  meisten  Zweitheilungen, 
dass  sie  wohl  eine  natürliche  Gruppe  mit  einem  positiven  Kennzeichen  hervor- 
heben, aber  im  anderen  Glied  sehr  Verschiedenartiges  unter  einem  ne^tiven  xu- 
sammendrängen;  so  sind  in  allen  dreien  die  mehr  regelmässigen  Formen,  z.  B. 
Venust  Car^um,  ünw^  mit  einem  der  oben  besdcbneten  Extreme  in  eine  Hauptab» 
theilung  zusammengefasst,  CuviER  unterschied  schon  181 7  nach  dem  Grade  der  Ver- 
wachsung der  Mantclränder  i.  Oitreacea,  2.  MytUacea  (Lucinac(a  bei  Adams),  3.  Tri- 
dacnacea),  4.  Cardiaca  (Veneracea  Itei  Ai>.\Nts)  und  5.  Inclusa  oder  PhoIadacea\ 
diese  EinthcUung  wurde  später  von  (\v\\  1857  und  Stoliczka  1S71  niodificirt; 
sie  giebt  grossentheils  natürliche  Gruppen,  aber  ihre  Kennzeichen  sind  an  der 
leeren  Schale  nicht  ersichtlich,  und  manche  fossile  Pornien  können  daher  nicht 
sicher  eingereiht  werden.  In  neuester  Zeit  1883  hat  der  Paläontologe  Neumavr  eine 
neue  Eintheilung  vorgeschlagen,  die  hauptsächlich  auf  das  Schloss  gegründet  und 
daher  auf  fossile  unmittelbar  anzuwenden  ist^  doch  auch  anderes  berücksichtigt 
dalier  mehrere  natürliche  unter  sich  gleichwerthige  Hauptabtheilungen  ergiebt,  wie 
diejenigen  Cuvier's,  aber  ebeii  deshalb  sie  auch  nicht  so  kurz  und  scharf  charak- 
terisiren  kann;  diese  Eintheilimg,  die  in  den  ersten  Bänden  dieses  Werkes  noch 
nicht  berücksichtigt  werden  konnte,  ist  folgende,  als  aufsteigend  gedacht :  i.  Pa- 
lacocoTichac  oder  Cryptodonta,  dünnschalig,  ohne  oder  mit  nur  schwachen  Zähnen, 
zweimusklie,  o4ine  Mantelbucht.  Nur  palacozoisch.  —  IL  Desmodonta,  meist  mit 
iuncrcui  l^aiiU,  cia^  oft  von  besonderen  Furl^tzen  getragen  wird,  ohne  oder  mit 
unregelmässigen  Schlosszähnen,  zweimusklig,  mit  Mantelbucht  Bohrmuscheln  und 
Verwandte  einschliesslich  Mjfa  und  Moära*  IIL  TaxodaiUa,  mit  sehr  zahlreichen 
gleichartigen  Zähnen,  zweimusklig,  meist  mit  ganz  freien  Mantelrändem.  Artiden 
und  NueuUden.  IV.  Heterodonta  mit  wenigen  regelmäsng  zwischen  einander  greifen* 
den  Zähnen,  die  sich  deutlich  in  eigentliche  Schlosszähne  und  Seitenzähne  diffe- 
renziren,  zweimusklig,  Mantelränder  in  geringerem  Grad  \erwachsen,  mit  einem 
oder  zwei  Atliemlöchem  oder  nicht  sehr  starken  Athemröhren.  Hierher  die 
rcgehnassigen  I'ormen  von  Unio  an  iiber  Astarie,  Lucina  und  Cnrdium  bis  I'ffius 
und  TiUma.  Auch  die  mehr  unregelmässigen  Chama  und  J rtäactia  sind  einge- 
schlossen. V.  Anisomyaria  oder  Dysodonta^  vorderer  Schliessmuskel  sehr  klein 
oder  ganz  fehlend,  Schloss  oft  mit  innerem  Band,  aber  ohne  besonderen  Träger 
desselben,  oft  zahnlos»  selten  mit  gut  ausgebildeten  Zähnen,  keine  Mantelbucht^ 
Mantelrinder  wenig  oder  gar  nicht  verwachsen*  a)  HHirmyana.  Ein  kleiner 
vorderer  Muskeleindruck.  AotatUdent  Mytiliden  und  IHima.  b)  Monomyaria,  ein« 
musklig:  Pecten,  Spondylus,  Antmua  und  Ostrea.  Schon  hieraus  ergiebt  sich,  dass 
die  Muscheln  bereits  in  der  palaeozoischen  Periode  beginnen,  aber  mit  einfacheren, 
weniger  dilTerenzirten  Formen;  schon  aus  dem  Silur  kennt  man  636  Arten.  In 
der  mesozoischen  Zeit  herrschen  diejenigen  mit  wenig  oder  nicht  verwachsenen 
Mantehaiuieiii  und  ohne  Röhren  entschieden  vor,  so  sind  manche  (iattungen  der 
Osireiditt,  Aviiuiidettf  Arciden  und  Nuculiden,  sowie  J'rij^onia  charakteristisch  dir 
bestimmte  Formationen  und  manche  Arten  derselben  praktisch  wichtige  Lett* 


.  Kj       by  Google 


Ifntdcapidae. 


muscheln  fUr  dieselben.    Erst  in  der  Tertiärzeit  nehmen  die  mit   inehr  ge- 
Bchlowenem  Mantel  und  Mantelbacht  id  ähnlicher  Weise  «i,  wie  sie  m  der 
Gegenwart  vorhanden  sind.  —  Für  die  Literatur  rouas  auf  den  Artikd  »MoUtisken« 
im  Allgemeinen  verwieaen  werden,  doch  sei  noch  hinzugefügt,  daaa  die  Antoniie 
der  Muscheln  des  Mittelmceres  schon  von  Pou,  tcstaceorum  utriusque  Siciliae 
historia  1791  —  95  in  genauer  und  ftlr  längere  Zeit  nkbt  wieder    erreichter  | 
mustergiltiger  Weise  beschrieben  ist  (aus  späterer  Zeit  reiht  sich  Deshayes'  un-  f 
vollendete  Arbeit  in  der  l'Kxploration  de  l'Algcric  würdig  an\  das^-  fttr  Bau  und  I 
Lebensweise  unserer  einheimischen   Stisswassermuscbeln   C.  Pfkü-  j     s   Naturge-  I 
schichte  deutscher  Land-  und  Silsswasser-MoUusken,  zweiter  Theil   1825  von  ; 
Wichtigkeit  ist,  dass  Gray  im  5.  Theil  seiner  Figures  of  moUuscous  animala  1857 
aßt  damate  bekannten  AbUldungen  lebender  Thiere  snsaromeogestdlt  hat  ond 
dass  Stoltczka's  grosse  Arbeit  in  der  Palaeontologia  Indica,  Bd.  in,  Calcutta  197t 
fttr  Systematik  und  Palaeontologie  der  Muscheln  überhaupt  bis  auf  die  Gattungen 
herab  das  Bekannte  zusammenfasst  und  neue  Gesichtspunkte  eröffnet     Für  die 
Entwicklungsgeschichte  ist  Lov^n's  Arbeit  in  den  Abhandl.  der  Stockholmer 
Akademie  1^70  von  ebendemselben  in  deutscher  Sprache  herausgegeben, 

in  erster  Linie  von  Wichtigkeit.     E.  v.  M. 

Muscicapidae,  Fliegenfänger,  Familie  der  Vogel,  deren  Mitglieder  durch 
einen  flachen  und  breiten,  mit  einem  scliwachen  Haken  und  seichter  Zahnaus-  i 
kerbung  an  der  Spitze  versehenen  Schnabel  ausgezeichnet  sind.   Die  Scbnabd-  I 
borsten  sind  in  der  Regel  sehr  stark  entwickelt   Stets  sind  xo  Handschwingen  I 
vorhanden;  dritte  und  vierte  oder  vierte  und  fünfte  Schwinge  sind  in  der  Regd  l 
die  längsten«  erste  gewöhnlich  kflrzer  als  die  Hälfte  der  zweiten,  Armsdiwingen 
immer  deutlich  kdrzer  als  die  Handschwingen.    Die  Fliegenfänger  gehören  der 
Östlichen  £rdhlUfte  an  und  verbreiten  sich  hier  über  alle  Krdtheile,  sind  jedoch  ' 
in  den  Tropen  am  artenreichsten  vertreten.   In  Nord-  und  Mittel- Amerika  kommen 
nur  wenige  Arten  vor  {BombycU/inae,  Myiadtstcsl  welche  zum  Theil  von  dem  1^ 
typischen  Charncter  der  FnmiHe  abweichen  tmd  nur  bedingungsweise  mit  derselben  | 
vereinigt  werden.    In  Süd-Amenka  iclilen  die  Fliegenfänger  dagegen  vollständig.  I 
Die  Aufenthaltsorte  der  F.  sind  Waldungen,  in  unseren  Breiten  vorzugsweise  Laub*  | 
Wälder,  Baumpllanzungen  und  Gärten.  Hier  sitsen  sie  auf  hervorragenden  Zwe^  , 
spitsen  oder  in  lichterem  Gezweig  selbst»  welches  ihnen  Umschau  gestatieti  1 
stossen  auf  vorübeiffi^sende  Insekten,  welche  sie  im  Fluge  schnappen,  und  kehtea 
danach  auf  ihren  Beobachtnngsposien  zurück.  Im  Herbst  und  bei  nassem  Wetter,  \ 
wo  Ihsektennahrung  mangelt,  nehmen  sie  auch  Beeren.  Ihr  Gesang  ist  meistens  ', 
kurz,  aber  wohllautend.    Einige  nisten  in  Baumlöchem,  andere  bauen  offene,  freie  ■ 
Nester  auf  Aesten  und  im  Baunige^weig  aus  dünnen  Zweigen  und  Halmen  und 
jmlstern  die  Mulde  mit  Pflanzenwolle  und  Federn  avjs.    Die  in  den  gemässiErten 
Breiten  brütenden  Arten  wandern  zur  Winterzeil  \n  wärmere  KUmate.   Die  FaiiHlie  1 
umfasst  Ober  300  Arten.  Man  unterscheidet  3  Unterfiimilien.  i.  Fliegenfänger, 
Mustk^kuu,    yßi  vollständigen,  ungetheilten  Seitenschienen  an  den  Läuftfl* 
Schnabelborsten  schwach,  etwa  bis  zur  Mitte  des  Schnabels  reichend.  Im  FIflgd 
in  der  Regel  3.  und  4.  Schwinge  am  längsten.  Bei  den  typisdien  Formen  ist 
nur  die  Aussenzehe  mit  einem  Gliede  verwachsen,  die  Innensehe  getrennt  Als 
Hauptgattung  dieser  Gruppe  ist  Muscicapa,  Briss.,  zu  nennen,  mit  den  Unter- 
gattungen Butalis,  Borr,  und  Afirmrea,  Gori,D.    Zu  dieser  Gattung  gehören  die 
4  in  Deutschland  vorkommende))  1  lici^enfanfrer.     Es  sind  dies:    Der  eraue 
Fliegenfänger,  M.grisola,  L.,  oberseits  graubraun,  uoterseits  weiss,  Kehiseiten 


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Mittcidae  —  M  nskatvoeel. 


und  Kropf  graubraun  gefleckt  Baut  freistehende  Nester  und  legt  blaugrünliche, 
rostfarben  gefleckte  Eier.  Der  Trauerfliegenfänger,  M.  lUrkapiUa,  L.,  ober- 
sdlB  schwaiz,  nur  ein  Stimfleck,  Autsensaum  der  äusseren  Schwanzfedern  und 
Flttgetbinde  wie  die  ganze  Unterseite  weiss.  Bei  jüngeren  Männchen  und  Weibchen 
sind  die  vorbeieichneten  schwanen  Theile  gr  '.ubraun.  Baut  in  Baumhdhlen  und 
legt  hellblaue  Eier.  Der  Halsbandfliegenfänger,  M.  colhris,  Bcust.,  von 
dem  vorgenannten  durch  breiteren  weissen  Stimfleck  und  weisses  Nackenband 
unterschieden,  bewohnt  nur  das  südh'che  DeutscManfl.  Der  Zwer;;niegenfängcr, 
Af.  panm,  Bchst.,  obcrseits  braun,  Kopfseiten  grau,  Kehle  rothpelb,  l^nterkörper 
weiss  mit  bräunlichem  Anflug  auf  Brust  und  Weichen,  Basis  der  Schwanztcdorn 
weiss,  kleiner  als  die  vorgenannten.  Nistet  in  Baumlöchern  und  Spalten.  Die 
Eier  sind  auf  weissem  Grunde  mit  verwaschenen,  blassrötlilichen  Flecken  dicht 
bedeckt.  Zu  der  genannten  Unteifamilie  gehören  ferner  die  Gattungen  Htmuhe- 
lidon,  Hoogs.»  GtrygMe,  Gould  (malayisdi^australische  Formen),  Brcminia,  Hönes, 
und  Choiiürhk^  Hodgs.,  indisch,  Bradyoriüs,  SiniD.,  afrikanisch,  und  die  in  Nord* 
Amerika  vorkommende  Gattung  Myiadestts,  Sws.,  welche  von  neueren  Systematiken» 
unter  die  Drosseln  gestellt  wird.  —  Die  zweite  Unterfamilie  bilden  die  Fliegen- 
schnäpper, Afyta^ritrae.  Dieselben  haben  ungetheiltc  Scitensehiencn  an  den 
Läufen,  aber  sehr  starke,  lange,  in  der  Regel  die  Mitte  der  S(  hnalicUange  über- 
ragende, oft  bis  zur  Spitze  desselben  reichende  Schnabelborsten,  /eben  stärker 
verwachsen  als  bei  den  Muscicapinae,  Aussenzehe  mit  \\  bis  3  (ihedern,  Innen- 
zehe in  der  Regel  auch  mit  einem  Glied.  Hierzu  gehörende  Gattungen  sind: 
MlMäreha,  ViG.  et  HoRsr.  und  Fkzorhynchui^  GovLt>,  australisch,  Mytagra^  Vic. 
et  HORSF.,  australisch  und  malayisch,  Rhipiiurat  Vic.  et.  Horsp.,  australisch  und 
nialayisch,7!r/;^ff)>AMir«,CAB.,airikanisch  und  indisch,  TraeA0cercus,CAB»tJSiminia,  Bp., 
Bios,  I.Ess.,  Ftatystira,  Jard.  et  Sblbv  und  Sterwstira,  Cab.,  afrikanisch,  Htm^m, 
Hoogs.,  indisch.  —  Als  dritte  UnterfamUie  sind  die  B&mkycillinae  m  nennen, 

S.  Seidensrh\v:4nze.  RciTW. 

Muscidae,  Familie  aus  der  Gruppe  Brachycera  in  der  Orfinung  der  Zwei- 
fl(igler  (s.  d.);  die  Angehörigen  derselben  haben  dreigliedrige  Fuhier,  eine  Rflcken- 
borste  auf  deren  letztem  Gliede,  fast  immer  einen  fleischigen,  einziehbaren  Rüssel 
mit  deutlichen  Tastern,  und  eine  kurze  Anal-  und  hintere  Basalzelle  in  den  Flügeln. 
Die  kopflosen  Larven  werden  in  der  erhärtenden  Larvenhaut  zu  »Tonnenpüppchen«. 
Man  hat  die  ungemein  artenreiche  Familie  in  M.  cafypUrae,  wo  entwickelte  FlUgd- 
*8ch1lppchen  immer  vorhanden  nnd  und  in  M.  aeüfy^erae  eingethetlt^  wo  jene  ganz 
fehlen  oder  sehr  verkümmert  auftreten.  Zu  ersteren  gehören  Gattungen  wie 
Anthomyia^  Tachina,  Sar  ,  thnga,  Musca  u.  a.,  welche  alle  neuerdings  so  und  so 
viel?  Sippen  bilden.  Zu  den  acalypti-rac  zählen  noch  viel  mehr  Sippen,  wie  z.  B. 
Oriaänae,  Trypetinae,  Fsilinat,  Cfüoropina€t  J^roiophilinae  etc.     E.  Tg. 

Muscoghee,  s.  Creek.     v.  H. 

Musebyter  =  Döbel  (s.  d.),  Ks. 

Muselongos,  s.  Mussorongo.     v.  H. 

Museasan*  Eäner  der  Hauptstämme  der  Millikurden  (s.  d).     v.  H. 
Mnsgo,  s.  Musagu.    v.  H. 

Musin»  das  verwilderte  Pferd  in  Centrai-Asien  im  Gegensatz  zum  wilden, 

dem  »Tarpan«  (V.  Hehn).  R. 

Muskatvogel,  Spermestes  punctularia,  Gm.,  häufig  bei  uns  im  Käfig  gehaltener 
Wel  cfink  von  den  Sundainseln,  zimmtfarben,  Unterkörper  auf  weissem  Grunde 
schuppenartig  dunkelbraun  gebändert  Rcuw. 


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5«* 


Maslcegons  Muikdifiteiii. 


Muskegons.   Abtheilung  der  Crees  (s.  d.),  nicht  zu  verwechseln  mit  den 

Muscoghec  oder  Oeck.     v.  H. 

Muskelsystem.         die  Muskulatur  wegen  der  Contractilitat  ihrer  Flcmcnte 
der  Hc\vcf;iirii;  hestiniiiitcr  Organe  oder  ganzer  Körperabschnitte  dient,  so  schon 
wir,  wie  s»ie  in  labt  sämmüichcn    1  hieri,'rupj>en  niclit  allein  anwesend,  bondcm 
auch  den  Gesetzen  der  Bewegung  entsprechend  zu  bestiiniDten  Systemen  an- 
geordnet lat      Auf  der  untersten  Stufe  der  thierischen  Oiganismenf  bei  den  Pro- 
tozoen, müssen  wir  die  Muskelsubstanz  als  diflus  anaehmcn,  da  diese  Thiere  nor 
den  Werth  einer  Zelle  reprstsenttreo  und  mitbin  bei  ihnen  von  Muskelzdien 
nicht  die  Rede  sein  kann.    Doch  macht  sich  bereits  bei  den  Infusorien  eine  Diflfe- 
renzirung  der  contractilen  Substanz  insofern  bemerkbar,  als  hier  bei  manchen 
Arten  in  der  äusseren  Plasmaschicht  der  den  Organismus  darstellenden  Zelle 
Systeme   \oii  Streiten  auttretcn,  welche  als  Sitz  der  Contractilitat  den  Muskeln 
functioncU  ^leichucithig  sind.    Eine  andere  Andeutung  von  DitTercnzirung  der 
Muskelsubstanz  zeigen  gestielte  Infusorien,  bei  denen  in  der  Achse  des  Stieles 
ein  contractiler  Strang -verläuft,  durch  dessen  Wirkung  sich  der  Stid  zusammen- 
zuziehen vermag.  —  Die  Muskulatur  der  Cölenteraten  ist  nach  den  einzelnen 
Gruppen  mannigfachen  Verschiedenheiten  unterworfen.  Bei  zahlreichen  Cölente* 
raten  finden  sich  Zellenlager,  bei  denen  nur  ein  Theil  jeder  Zdle  zur  contrac- 
tilen Faser  umgestaltet  ist.   Es  sind  dieses  faserlÖnnige  Fortsätze  von  epitbelartig 
angeordneten  Zellen,  sogenannten  Myoblasten;  sie  ragen  in  tiefere  Schichten  hinab 
und  dienen  dem  Körper  als  contractile  KIcmcnte,  während  die  dazu  gehörigen 
Zellkorper  noch  andere  Funktionen  besitzen.    Reich  entwickelt  ist  die  Muskulatur 
in  der  Gruppe  der  Anthozoen,  wo  sie  l)ei  den  Actinien  in  der  Fusstlächc,  mit 
welcher  die  Thiere  icstsiuen,  eine  dicke  Suhle  bilden.    Der  schlauchförmige 
Körper  der  Anthozoen  besitzt  ringförmige  und  der  Lftoge  nach  verlautende  Muskel- 
faserschichten,  welche  sich  auch  auf  die  Tentakeln  fortsetzen.  Bei  den  Medusen 
stellen  die  Muskeln  eine  besondere,  Subumbrelta  genannte  Schiebt  auf  der  Untere 
Seite  des  Schirmes  dar.   Von  derselben  treten  zu  den  Radialgefilssen  radiär  ver- 
laufende Züge.    Diese  Verhältnisse  beziehen  sich  sowohl  auf  die  freilebenden  als 
auf  die  in  der  Siphonopliorenkolonie  befindlichen  Medusen.  —  Bei  den  Echino- 
dernien  richtet  sich  der  Grad  der  Ausbildung?  des  Muskelsystenis  nach  dei  Be- 
schailenheit  der  äusseren  Körperdecke.    Die  Seeigel,  welche  von  einer  festge- 
lügtcn  Schale  umhüllt  sind,  besitzen  im  Allgemeinen  nur  einzelne  Muskeln  zur 
Bewegung  der  Stacheln,  und  nur  bei  gewissen  besonderen  Organen  stellt  sich  für 
dieselben  eine  ausgebildete  Muskulatur  ein.   So  besitzt  eine  solche  der  Kau- 
apparat   Entwickelt  ist  das  Muskelsystem  aber  da,  wo  ein  mehr  g^liedertes 
Skelet  eine  freiere  Bewegung  der  einzelnen  Theile  des  Körpers  zulässt,  d.  h.  bei 
den  Asteroiden  und  Crinoiden.    Bei  den  Holothurien  aber,  bei  welchen  von  dem 
festen  Skelet  der  übrigen  Echinodermen  nur  der  Haut  eingelagerte  Kalkstücke 
übrig  geblieben  sind  und  der  wurmförmige  Körper  daher  ungehindert  seine  Ge- 
stalt verändern  kann,  ist  der  Ausbildung  der  Muskeln  weiterer  Spielraum  gelassen. 
Das  Muskelsystem  ist  hier  innig  mit  der  Hautdecke  verbunden.    Dieser  zunächst 
liegt  senkrecht  zur  Körperach.se  die  Ringmuskulatur,  auf  welche  nach  innen  luni 
breite,  der  ganzen  Körperlänge  nach  verlaufende  Muskelbänder  folgen.  —  Ein 
analoges  Muskelsystem  besitzen  die  Wflrmer,  bei  denen  sich  in  gleicher  Weise 
die  Körperhaut  mit  darunterliegenden  Längs-  und  Ringmuskeln  verbindet  und  so 
ein  Hautmuskelschlauch  zu  Stande  kommt,  welcher  als  das  hauptsächliche  Be- 
wegungsor^m  anzusehen  ist.    Am  complicirtesten  ist  der  Verlauf  und  die 


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Muskclsjrstcm. 


507 


Schichtung  der  Hautmuskel  bei  den  Plattwttrmem  und  den  Hirudineen.  — 
Während  sich  bei  den  Wttrmem  die  Muskeln  zu  Schichten,  Ring-  und  Längs- 
faserschichten  anordnen,  sind  dieselben  bei  d^  Arthropoden  entsprechend  der 
grösseren  Ausbildung  der  einzelnen  Körperabschnitte  in  Systeme  einzelner  von 
einander  getrennter  Bündel  gesondert.  Da  das  Skelet  der  Arthropoden  ein 
äusseres  ist,  so  haben  diese  MuskelbUndel  ihre  Ansatzstellen  an  diesen.  Die 
innige  Beziehung,  wek  hc  wie  überall  so  auch  hier  zwischen  Skelet  und  Mviskulatur 
besteht,  bedingt  naturgcniasicine  wechselnde  Anordnung  und  Ausbildung  dcrMuskel- 
üystenie,  je  nachdem  der  gesammte  Körper  und  damit  das  Chitinskelet  eine 
mannigfache  oder  eine  Unförmige  Gliederung  aufweist  und  ein  Gl^ches  wieder  für 
die  einzelnen  Körperabschnitte  gilt  So  wiederholen  sich  bei  den  Tausendfttssem 
und  Insectenlarven,  bei  denen  die  Segmentirung  eine  gleichartige  is^  die  Ver- 
hältnisse  hinsichtlich  der  Muskulatur  von  Glied  xn  Glied.  Durch  eine  ungleich- 
artige Ausbildung  der  Segmente,  mag  dieselbe  durch  eine  in  das  Einzelne  gehende 
Gliederung  oder  durch  Verschmelzung  von  Segmenten  zu  grössem  Complexen 
zu  Stande  kommen,  ist  dementsprechend  auch  die  Muskulatur  angeordnet.  Hier 
lassen  sich  auf  der  Kucken-  und  Bauchseite  von  Segment  zu  Segment  verlaufende 
Läng.s/üge  und  solche  Muskeln  unterscheiden,  die  seitlicli  gruppirt  sind  zur  Be- 
wegung der  Gliedmassen.  Die  Entwicklung  dieser  letztern  Muskulatur  steht 
im  Ve^ltniss  zu  den  Anforderungen,  welche  an  die  Gliedmassen  gestellt 
werden  und  ist  daher  vor  allem  bei  den  Insekten  ausgebildet  Die  äussere  Haut> 
sdiicht  der  Mollusken  ist  mit  den  darunter  liegenden  Muskeln  eng  verbunden, 
so  dass  hier  ähnlich  wie  bei  den  Würmern  eine  Art  Hautmuskelschlauch  ent- 
steht, welcher  die  äussern  Formen  des  Thieres  wiedergiebt.  Für  eine  weitere 
Entfaltung  der  Muskulatur  ist  die  Gegenwart  eines  ungegliederten  Skeletes 
(Schalen,  Gehäuse)  und  der  Mangel  innerer  fester  Teile  hinderlich.  Deshalb 
zeigen  sich  gesonderte  Muskelbildungen  nur  wenig.  Da,  wo  sich  bestimmte  Be- 
wegungsorganc  herausgebildet  haben,  tritt  an  diesen  Stellen  (Fuss  der  Gastero- 
poden)  des  Körpers  die  Muskulatur  mächtiger  auf  als  anderwärts.  Gesonderte 
Muskelgruppen  finden  sich  demnach  weniger  häuhg.  Wir  sehen  sie  z.  B.  als 
Schliessmuskeln  bei  den  Lamellibranchiaten  oder  als  Retractoten  bei  beschälten 
Wdchthieren  zum  Zurückziehen  des  Thieres.  Bei  den  Cephalopoden,  bei  welchen 
sich  im  Innern  des  Körpers  theilweise  feste  Bestandtheile  herausgebildet  haben, 
wie  die  Knorpelpartien  in  gewissen  Regionen  oder  die  festen  Kalktheile  bestimmter 
Gattungen,  sind  auch  flir  ein  entwickelteres  Mu^kelsystcm  bessere  Bedingungen 
geboten.  Das  Muskelsystem  der  Wirbelthiere  zeigt  bei  der  bedeutenden  Aus- 
bildung des  Skeletes  eine  hohe  Entwickcluncsstufe.  Die  Muskeln  bestehen  hier 
aus  geschiedenen,  zu  verschiedenartig  geformten  Partien  vereinigten  Fasern,  Die 
einsäen,  bei  einander  liegenden  Muskeln,  welche  derselben  Funktion  dienen, 
vereinigen  sich  zu  grössem  Complexen,  aus  denen  die  verschiedenen  Abschnitte 
des  Muskelsystems  hervorgehen.  Die  Muskulatur  zerfällt  in  solche,  welche  dem 
Skelet  angehört,  und  in  Hautmuskulatur.  Die  Muskeln  des  Skelettes  stehen  mit 
diesem  in  enger  Verbindung  und  sind  je  nach  der  Ausbildung  der  Skeletteile 
und  deren  Leistungen  entwickelt  oder  werden  beim  Fehlen  jener  vermisst  —  Bei 
einer  vergleichenden  Betrachtung  der  Muskelsysteme  der  verschiedenen  Thier- 
gnii)pen  crgicbt  sich  deutlich,  dass  die  Anordrumg  und  Ausbildung  der  Musku- 
latur in  einem  engen  Abhängigkeiisverhaltniss  steht  zu  der  Art  der  Bewegungs- 
organe des  Thieres  und  der  Anwesenheit  und  Gestallung  fester,  skeletartiger 
Bestandtheile.  Bei  jenen  Thieren,  deren  zarter  Körper  sich  im  Wasser  befindet 


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Muikcllrichiiic  —  MttMgn. 


und  von  diesem  durchdrungen  und  umgeben  ist,  bed.arf  es  nur  wenig  fester, 
schttteender  Körpeitheile  und  dementsprechend  tritt  auch  das  Muskels}rstem  wenig 
hervor.  Nimmt  dann  aber  der  Körper  grOssare  Ausdehnung  an,  fdhlen  ihm  aber 
noch  feste  Theile  (Holothurien,  Wflrmer),  dann  umhüllen  den  gansen  Körper 
muskulöse  Schichten,  so  dass  das  Thier  wie  tn  einem  contractilen  Schlauch  steckt 
(Hautmuskelschlauch).  Bei  den  Thicren  mit  Skcletbildung  ist  bei  Beurtheilung 
der  Anordnung  der  Musknhuur  die  Art  des  Skeletes  von  Wichtigkeit.  Dient  das 
Skelet  wesentlich  di-iii  Schui/.e  der  weirhen  Thcilc  und  der  Organe  (Mollusken, 
Echinodermen),  dann  erlicht  sirh  das  Muskelsystcm  wcnic;  id»cr  die  Stufe,  welche 
durch  die  Anwcscnltcit  eines  Hauljnuskelsc  l  laiK  hes  bezeichnet  wird.  Wenn  Je- 
doch d.is  Skelet  ausserdem  noch  eine  freie  I.ocomotiun  zulxssen  und  begünstigen 
soll  (Arthropoden,  Wirbelthtere),  dann  genügt  ein  Hautniuskelschlauch  nicht  mehr 
und  es  stellt  sich  ein  hoch  entwickeltes  System  von  Muskelbündeln  ein,  s.  auch 
MuskelsysCem-Entwicklung  im  Nachtrag  zu  Lit.  M.  D. 

Muskeltrichine»  s.  Trichina.  Wd. 

Musolöngo-Neger,  s.  Mussorongo.     v.  H. 

Musones  oder  Musonii,  Stamm  der  Mauri  oder  Maurusü,  in  den  dstlicheo 

Theilen  Manntnnifiis.      v.  H. 

Musophagidae,  Pisanefresser,  Familie  der  Klctter\ n^ol.    In  der  Körper- 
form im  AIlgcnicirK-n  nhnehi  diese  Vöt^el  den  Kuknkcn,  unterscheiden  sich  von 
diesen  wie  von  anderen  Klcttervögeln  alter  dadurch,  dass  die  vierte  Zehe  nicht 
unmittelbar  nach  hinten  gerichtet,  sondern  Wendezehe  ist,  welche,  sehr  bcweg- 
lichf  nach  Aussen  oder  auch  wenig  rückwärts  ebensowohl  oder  vorwärts  gedreht 
werden  kann.  Alle  drei  Vorderzehen  sind  durch  kurze  Bindehäute  an  der  Basb 
mit  einander  vereinigt,  was  mit  Ausnahme  der  Erdkukuke  (GtooK^gtt)  bei  kernen 
anderen  Klettervögeln  vorkommt    Der  Lauf  hat  die  ungefähre  Länge  der  Mittcl- 
zehe  oder  ist  etwas  kürzer.   Die  Vorderseite  desselben  wird  von  Gürteltafeln  um- 
schlossen, an  welche  sich  .m  der  Innenseite  eine  T ,;in<:sreihc  SeitL-nsrhilder  anlegt, 
wahrend  die  Aussenseite  und  Solde  von  selir  kleinen  Schildern  oder  Körnern  bc- 
<let  k[  wird.     Der  mehr  oder  \venii;er  seitlieh  /nsainincni;edr'irktc  Schnabel  ist  an 
<ler  Basis  sehr  iioch  und  seine  Schneiden  haben  sägeartige  Ausschnitte.   Der  zehn- 
fedrige  Schwanz  ist  länger  als  die  kurzen,  gerundeten  Flügel,  welche  angelegt  nur 
wenig  die  Schwanzbasts  überragen.   Die  Familie  ist  auf  das  tropische  Afrika  be- 
schränkt. Sie  umfasst  25  Arten,  welche  in  5  Gattungen  getrennt  werden.  Turako» 
C&rythaeolust  Heine,  Bananenfresser,  Mus^kt^a,  Is.,  Lärmvogel,  Sehkarkis» 
Wacl.,  Haubenvogel,  CiiZ^ürrjc,  Lbss.,  Helmvogel,  Corythaix,  III.   Die  Pisang* 
frcsser  bewohnen  vorzugsweise  den  Hochwald,  streifen  hier  in  kleinen  Trupps 
durch  die  Baumkronen,  wo  sie  Insekten  von  den  Zweigen  ablesen  oder  Beeren 
pHücken,    Mit  Ausnahme  der  mehr  im   niedrigen  GelMisch   sicli  aufhaltenden 
Turakos  kommen  sie  selten  auf  den  Hoden  herab.    Ueberhaupt  halten  sie  sich 
sehr  versteckt,  und  nur  der  laute,  klangvolle  Ruf  macht  ihre  Gegenwart  bemerkbar. 
Sie  nisten  in  Baumhöhlen  und  legen  rein  weisse  Eier. 

MusquaUduk,  Einheimische  Benennung  fUr  die&tkes  und  Foxes-Indianer  in 
Missouri  und  lUtnois.     v.  H. 

Mt»i^;n,  Negervolk  südlich  von  Bomu,  zum  grossen  Stamme  der  Massa  gt 
hörig.  Die  M.  bilden  eine  Menge  einander  feindlich  gegenüberstehender  Ge- 
meinden, deren  jede  von  einem  Häuptling  beherrscht  wird.  Die  M.  werden  von 
allen  ihren  Nachbarn  hart  bedrängt,  welche  bei  ihnen  Sklavenjngden  veranstalten 
und  jährlich  Tausende  wegschleppen.  Die  M.  sind  eine  stolze,  kräftige  Race,  aber 


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von  groben  Zügen  und  ihr  Aeusseres  ist  abschreckend,  ihre  Hautfarbe  schmutzig- 
schwarz,  ihr  ein^io^er  St  lirmick  eine  Art  Pelelc  in  den  schnauzenförmigen  Lippen, 
welche  beim  Sprechen  klappernd  auf  einander  sclilagen,  was  der  an  wunderlichen 
Zisch-,  Hauch  und  Kehllauten  t>lmeliin  schon  reichen  Sprache  einen  noch  selt- 
sameren KJung  verleiht.  Die  Manner  halten  an  dem  LederschurzteU  um  die 
Hüften  fest«  die  Weiber  an  einem  schmalen  Bande  um  die  Weichen  als  einzige 
Kleidung.  Hauptwaffe  ist  das  scharfe  Wurfeisen  (>Golio«)4  mit  dem  sie  Menschen 
und  Thieren  die  Beine  wegschneiden.  Als  Kriegsrüstung  fertigen  sie  Panzer  aus 
dem  mit  den  Haaren  nach  innen  gelcehrtKi  Fdl  des  Büffels  oder  aus  dickem 
Strohgeflecht,  und  eine  entsprechende  Kopfbedeckung  aus  demselben  Material. 
Die  M.  treiben  Bienenzucht,  bauen  Tabak  und  Baumwolle  und  suchen  die  Trag- 
fähifrkeil  ihrer  Ländereien  durch  DitngiinE^  zu  erhöhen,  was  sonst  bei  keinem  Volke 
Mittel-Afrika  s  wahrgenommen  wird.  Ihre  S|)rache  hat  nichts  Q)it  der  von  Bagirmi 
gemein,  nähert  sich  aber  der  von  Logon.      v.  H. 

Mussorongo,  Alusolongo,  Muselongo  oder  Muschirongu,  besser  Basikongo, 
Bantuvolk  am  unteren  Kongo.  Ihre  N-ganga  oder  Fetischpriester  verstehen  sich 
trefBich  auf  das  Zähmen  und  Abrichten  von  Schlangen.  Die  M.  sind  ein  enl* 
aiteter  Zweig  der  grossen  Bakongo>Race,  herunterkommen,  von  leicht  schwJb»> 
lieber  Hautfarbe  und  ärmlicher  Körperentwicktung.  Sie  wohnen  am  unteren  Kongo 
bis  Borna  hinauf,  besonders  aber  in  dem  marschigen  Lande  längs  seines  süd- 
lichen Ufers  bis  zum  Meere.     v.  H. 

Mustela,  L.  (Maries,  Cuv.),  Marder,  digidgrade  Camivorengattung  der 
Familie  Mus/c/iJa  (s.  d.),  zur  Subfamilie  Mariina  (s.  d.)  gehörig,  charakierisirt 
durch  38  Zahne  Molaren,  kleinen  Innenhuckcr  tratrcnden  unteren  Meischzahn), 
durch  vorne  verschmälerten  Kopi,  zuge^pitzle  Schnauze,  quergestelltc  kurze,  last 
dreiseitige,  oben  schwach  abgerundete  Ohren,  langgestreckten  schlanken  Körper, 
kurse  Beine  mit  5  zehigen,  spitz  bekrallten  Füssen,  deren  hintere  an  den  Sohlen 
dicht  behaart  sfaid.  Der  Schwanz  bis  von  halber  Körperlänge  ist  rund,  lang- 
behaart Alle  besitzen  eine  Analdrüse,  deren  scharf  riechendes  Secret  auch  den 
Faecalien  einen  penetranten  Bisamgeruch  verleiht  lütstcla  martes,  L.,  Baum> 
oder  Edelmarder,  Gold-,  Wald-,  Ikich-,  Tannenmarder,  erreicht  eine  Totallänge 
von  82  Centim.,  wovon  27  auf  die  Ruthe  (Schwanz)  entfallen.  Pelz  gelblich- 
braun,  vor  der  Brust  ein  sehr  charakteristischer  rothgelber  Fleck.  Verbrt  irrt 
Sil  ü  über  Europa  und  West-Asien,  lebt  in  Land-  und  Kiedwäldern,  geht  im  Ge- 
birge bis  1300  Meter  üb.  Meere.  Baum-  und  Felscnlücher,  alte  Raubvogelhorste, 
Eichhömchennester  sind  ihm  ^e  sympathische  Behausung;  der  kleinen  Vogel- 
wel^  allen  Thioren  der  niederen  Jagd  bis  zum  Rehkalbe  ist  er  in  hohem  Grade* 
gefiihrlich.  Er  reisst  nieder,  was  er  bewältigen  kann,  saugt  das  Blut  aus,  fHsst 
das  Gehirn  und  kostet  von  den  restiienden  Theilen.  Indes»  filngt  er  wohl  auch 
kleine  Kager  und  Jnsektenfresser  (Maulwttrfe,  Spitzmäuse)  Käfer  und  lässt  sich 
gelegentlich  manche  Obstsorten  schmecken.  —  Die  Ranzzeit  fiUlt  in  den  Januar, 
nach  q  Wochen  wir  t  das  $  3—4  blinde  Junge.  Af.  foina,  Erxi...  Stein-,  Haus- 
oder iJat  hnuirder,  kleiner  und  schlanker  als  voriger,  erreicht  eine  Kur[>eriänge 
von  46  Centiu».,  und  eine  Schwan/länge  von  24  Centim.  Sohle  und  Zehen  mit 
nackten  Schwielen,  1  elz  grauuraun,  vorder  Bru^t  ein  weisser  Fleck.  Geograplu.sche 
Verbreitung  ähnlich  jener  des  Edelmarders;  er  ist  neuerzeit  in  einigen  Gegenden 
sehr  selten  geworden  und  verschwindet  successive  aus  denselben,  ist  aber  in 
Deutschland  häufiger  als  der  Edelmarder.  Er  hält  sich  an  die  N&he  mensch* 
lieber  Niederlassungen,  deren  HOhnerhöfe  und  Taubenschlage  er  gern  plttodert, 


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Miutclida  —  Mustclus. 


im  Walde  führt  er  eine  ähnliche  Lebensweise  wie  der  Edelmarder,  ist  aber  weniger 
gefalirlich.  Ran//ei(  fällt  in  den  Februar,  März;  $  wirft  3—4  blinde  Junge.  Der 
Pelz  hat  niclu  den  Werth  wie  jener  des  Kdelmarders.  Af.  zibell'tna,  I..,  Zobel, 
ähnelt  der  M.  martes,  besitzt  aber  längeren  und  glänzenderen,  seidenweichen  Pelz, 
grussere  Uhren,  sehr  starke  Peine  und  kegellorniigen  K<»|)l,  erreicht  eine  K,üq>er- 
lange  von  44  und  eine  Sthwanzlänge  von  22  Centim.  Die  i"ari)ung  schwankt 
zwischen  gelb-  und  dunkelbraun  mit  hflufig  eingestreuten  weissen  Haaren.  Zumeist 
geschätzt  sind  oben  schtfriLrzlichei  seitlich  and  am  Halse  rödiltch  kastanienbiaone, 
unten  dottergelbe  Felle.  Der  Zobel  verbreitet  sich  Aber  Sibirien  und  Centrai- 
Asien,  dürfte  in  Kamtschatka  noch  am  hftufigsten  sein,  vermindert  sich  aber  in 
Folge  der  fortgesetzten  Naclistelhingen  der  l'el/jäger  von  Jahr  zu  Jahr.  —  Die 
biologischen  Verhältnisse  sind  noch  ungenau  bekannt,  er  nähert  sich  hierin  wohl 
dem  Edelmarder,  frisst  kleine  Nager,  Eichhörnchen,  Vögel,  Eier,  auch  Fische; 
nacl>  Raddk  soll  er  sehr  dem  Honige  nachstellen  und  Cedemntisse  lieben.  Ranz- 
zeit angeblich  Jan\iar,  nach  2  Monaten  wirft  9  3  —  5  Junge.  —  M.  americana, 
TuRTON,  Fichtenniarder,  amerikanischer  Zobel,  mit  gröberem,  ziemlich  gleichmässig 
braunem  Pelze,  gelbem  Brustfleck,  mit  45  Centim.  Körperlänge  und  15  Centim. 
Schwanzlänge.  Nord«Amerika  (Küstenländer  der  Hudsonsbai,  Labrador  etc.).  — 
Im  Amurlande  und  in  den  sttdasiattschen  Gebiigen  lebt  M.ßamgiUa,  Bodo.»  »Cbarsa« 
marderc;  in  Japan  M»  nulampus,  VfACH.  etc.  -r-  Bezüglich  foniler  M.*ArteD  a. 
Mustelida.  Ausser  Grav  »Revision  of  the  gencra  and  species  of  Mustdidae  etc.« 
in  Proceed.  Zool.  Society  1865  vergleiche  die  schöne  Arbeit  von  Eluot  Coues 
?Fnr  ]><  arin^  animals:  a  monograph  of  North  ainerican  Mustelidae«.  Washing- 
ton 1H77.     V.  Ms. 

Mustelida,  \V.\(,nkr  n.  a.,  Marder  und  marderartige  Raubthiere,  Familie  der 
Carnivora,  Cuv.  Die  M.  sind  plantigrade  oder  digitigrade,  meist  fünfzehige  Cami- 
voren  mit  gestrecktem,  walzigem,  niedrig  gestelltem  Körper,  mit  bald  fetimetilen, 
bald  unbeweglichen  Krallen,  mit  gestrecktem  Schädel  und  abgerundetem  Schnauzen- 
theile.  Gelenkgrube  für  den  querwalzigen  Qnufyha  des  Unteikiefers  mit  vorderer 
Knocbenleisle.  Der  Froeessut  paratcipikUis  ist  nicht  den  Bullae  lyn^Mucae  an« 
gelagert,  sondern  frei,  nicht  platt.  Blinddarm  fehlt.  Afterdrliscn  meist  vorhanden. 
Das  Gebiss  besteht  aus  |  Schneidez.,  j  Eckzidinen,  3  oder  |  (|)  Praemolaren 
I  •  {  Molaren,  der  Fleischzahn  ist  höckerig,  kleiner  als  der  Höckerzahn.  Die 
Musfclidaf  werden  nach  der  PeschatTenheit  der  Extremitäten  (nach  Gray'*  in 
zwei  Sectioncn  getheilt,  s  Acanihopoda  und  Tlatypoda.  Erstere  umfassen  die 
I^ndmarder,  Martina  (Mustdina),  Wagn.,  die  Ottern  Luirina,  Wacn.,  die  letzteren 
die  Honigdachse,  Meähwra,  und  Dachse,  MeUna,  Wagn.  —  Die  M.  haben  in  allen 
Faunengebieten  (Australien  ausgenommen)  Vertreter.  Fossil  finden  sich  Meies, 
Chth  in  diluvialen  Knochenhöhlen,  Mustela  und  I^ierAts  aubfossil  in  Höhlen; 
bereits  aus  tertittren  Ablagerungen  ist  Lu/ra  bekannt  etc.  Biologisch  zeigen  sie 
nur  Uebereinstimmung  in  ihren  meist  nächtlichen  Raubaflgen,  die  sich  auf  alle 
Warmblütler  erstreck^  welche  sie  eben  bewältigen  köiinen.  Viele  schätzen  Fische, 
selbst  Lurche,  Kerfe,  Mollusken;  einige  Helsen  auch  pflanzliche  Kost  oder  sind 
gar  Omnivoren.  Sinne  und  geistige  Befähigung  sind  bei  einigen  hervorragend, 
l.ist,  Gewandtheit,  Mordlu.st  sind  der  Mehrheit  eigen.  —  ?anige  exccUiren  im 
Klettern  und  Springen,  andere  sind  wahre  Schwimmkünstler,  wenige  nur  sind 
mehr  plump  und  träge.  Von  allen  wird  das  Pelzwerk  geschätzt,  mehrere  Arten 
bilden  dieses  wegen  einen  hervorragenden  Handelsartikel,    v.  Ms. 

IfustelUB,  Cuv.,  Gattung  dtt  H§ihwchikmt\le  CdreAariidae,  tesp.  der  GaUuüte, 


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Mu8u  —  Mu-tseu. 


5" 


Glatthai  (s.  Galeus),  mit  kleinen,  zahlreichen,  pflasterartigen  ZJUinen*  mit  mässtg 
grossen  ^titxlöchem  und  einer  Nickhaut,  ohne  Grube  an  der  Wansel  der 
Schwanzflosse,  welche  keinen  deutlichen  Unterlappen  hat.  5  Arten  an  den 
Küsten  der  warmen  und  gemässicrten  Meere,  sie  fressen  hauptsächlich  Weich- 
und  Krebsthiere.  M.  lävis,  Riss*),  (ilatthai,  schon  von  Aristoteles  be- 
schrieben, gemein  im  Mittehneer,  auch  bei  New-York  und  nm  Rothen  Meer  i»e- 
funden.  Ausgezeichnet  durch  seine  Dottersackplacenta,  indem  der  langge- 
stielte  Dottersack  eine  grosse  Menge  von  Zöttchen  bildet^  welche  von  der  zarten 
Eihaut  Überzogen,  nach  Art  der  Cotyledonen  bei  Wiederkftuem  in  entsprechende 
Vertiefungen  der  Uterusschleimhatit  eingreifen.  Die  Jungen  werden  lebendig  ge- 
boren. Letzeres  ist  auch  der  Fall  bei  M.  vulgaris,  M.  und  H.,  die  aber  jener 
Dottersackplacenta  entbehrt.  Sonst  sind  beide  Arten  nur  wenig  verschieden. 
Grösse  ca.  i  Meter.  Ki-z. 

Musu.  Dialekt  des  Nufi  (s.  d ),  welcher  in  dem  nördlichen  Angla  des 
Quorra-Benuc-Flusses  gesprochen  wird.     v.  H. 

Musul.imii.  s.  Musones.      v.  H. 

Mutabiua,  Mkrrem  =  Saiamandrina  (s.  d.).  Ks. 

Miiteacshini  d.  h*  die  Spälerlebenden,  in  der  arabischen  Sage  jene,  welche 
auf  die  Bajediten  oder  Untergegangenen,  nämlich  auf  die  ältesten  Bewohner 
Arabiens  folgten,    v.  H. 

Mutela,  s.  Iridina.     E.  v.  M. 

Mutilla,  Latr.  (lat.  verstümmelt),  Spinnenameise  (Bienenameise),  eine 
Gattung  der  heterogynen  Stechimmen,  Aculcata  (s.  d.).  Die  flügellosen  Weibchen 
haben  einen  ungcthciltcn  Brustrticken,  die  Männchen  im  Vorderflügel,  3  voll- 
ständige l^nterwandzelien  und  kein  Randnial.  Man  kennt  etwa  359  Arten,  die 
bei  anderen  Aderilüglem  schmarotzen  und  vorherrschend  Bewohner  wärmerer  Erd- 
striche sind.     E.  Tg. 

Mutillidae,  eine  Familie  der  Hymcnoptera  (s.  d.)  acnUiUa,  welche  die  Haupt- 
gattung  MmHUa  (s.  d.),  Metk»ea,  Ltk.  und  Myrmosa  enthält  und  deren  Arten  sich 
durch  die,  nur  den  Weibchen  zukommende  Flttgellosigkeit  auszeichnen.     E.  Tc. 

Mutschiva*   Zweig  der  Kaffem  (s.  d.).     v.  H. 

Muts^ojeones.    Zweig  der  Moxos  (s.  d.).     v.  H. 

Mutschuaseli.    Stamm  der  Betschuanen  (s.  d.).      v.  H. 

Mu-tseu.  Volksstamtn  Hinter-Indiens  nördlich  von  Muong  Lim  in  der  Nähe 
der  chinesischen  Grenze,  nach  Yulc  möglicherweise  mit  den  Miao-tse  (s.  d.)  ver- 
wandt, doch  ohne  mongolischen  Typus.  Die  M.  behangen  sich  mit  allerlei 
Flitterkram.  Der  originelle  Kopfputz  der  Frauen  besteht  aus  einer  Reihenfolge 
von  Bambustreifen  mit  geflochtenem  Stroh  umwickelt,  an  der  Stinuieite  mit 
silbernen  Kllgelchen  versiert  und  nach  oben  mit  zwei  Reihen  weisser  Glasperlen 
eingefasst;  links  hängt  eine  Quaste  aus  weissen  und  rothen  Baumwollfäden,  mit 
allerlei  bunten  Glasperlen  besetzt.  Die  Vorderärmel  der  Frauenjacken  und 
Röcke  sind  mit  weissen  Glaskorallen  bestickt,  vor  der  Brust  ist  eine  Platte  an« 
gebracht.  Zum  Tut/  gehören  ferner  hohe,  enganliegende  Gamaschen,  bis  zur 
Wade  gleichfalls  mit  Perlen  bestickt,  dann  Uhrgehänge  aus  getriebenen  Silber- 
kngeln  und  Perlen,  Armringe,  Gürtel,  Halsbänder,  allerlei  Brustgehänge  aus 
Muscheln  und  chinesischen  Münzen,  auf  einen  Faden  gereiht.  Die  Männer 
tragen  eine  turbanähnliche  Kopfbedeckung,  weites  Beinkleid,  Jacke  mit  Silber- 
knöpfen, bei  schlechtem  Wetter  einen  Mantel  aus  Blättern.  Eine  Frau,  die  eine 
Last  zu  tragen  hat,  legt  ein  rundes  Holzbrett  mit  Ausschnitt  fUr  den  Hals  auf 

• 

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5«« 


Matnm  —  Hym. 


die  SciiuUern,  woran  der  l'ragkorb  befestigt  wird.  Manche  M.  lassen  das  Haar 
WIK  lisen,  tlerhtcn  es  aber  nach  chinesischer  Sitte  in  Zopfe.  Die  Sprache  ist 
verschieden  von  jener  der  Lao  (s.  d.)  und  besitzt  iiarte  und  tischende  Laute,    v.  H. 

Mutsun.  Indianergruppe  Kaliforniens,  die  sich  nach  Powers  von  der  Sierra 
Nevada  bis  zur  Küste,  von  den  Nordostgegecden  der  San  I'ablobai  und  dem 
Consuronesp  River  bis  südwärts  über  die  Montereybucbt  und  den  Fresno  enrtreckt 
Die  zahlreichen  Stämme  dieser  Gruppe  kann  man  gliedern:  in  die  Mi*wok  im 
Osten,  die  eigentlichen  M.  im  Süd-Westen  von  S.  Joaqutn  bis  inr  Frandscobaip 
die  Olamentke  im  Nord-Westen  von  der  Frwriciscobai  bk  Rusnan  River«  endlidi 
die  Talatui  im  Nord-Osten.      v.  H. 

Muttahs.    Index  liinesischer  Volksstamm  in  Assam.     v.  H. 

Mutterbänder,  s.  rtertiscntwicklunp.  Grbch. 

Mutter  Carey's  Henne  nennen  die  .Seeleute  die  kleuieren  Sturmschwalben 
(T/iii/assiiiroma) ,  welche  besondere  bei  stürmischem  Wetter  bei  den  Schiffen  sich 
einfinden,  um  in  dem  ruhigeren  Kielwasser  nach  Nahrung  zu  suchen,  die 
deshalb  aucb  fUr  Vorboten  des  Sturmes  und  unglückverheitteiid  ai^esdieii 
werden.  Rchw. 

MiittergSnge»  nennt  man  die  von  den  brütenden  Weibchen  der  Borken- 
käfer (s.  Bostrichidae)  hinter  der  Rinde  von  Holzgewächsen  angelegten  Ginge» 
die  entweder  der  Hauptsache  nach  wagrecht  gegen  die  Achse  des  Baumstammes 

verlaufen,  Wagegänge,  oder  senkrecht  Lothgänge,  in  seltenen  Fällen  in 
3 — 5  Strahlen,  Sterngänge,  lieber  einem  mehr  oder  weniger  rechten  Winkel 
fressen  die  Larven  vom  Muttergange  weiter  ihre  geschlängelten  >Larvengänge*.  £.Tg. 

Muttcrhäring  =  Manisch  (s.  d.)-  Ks. 

Mutterkuchen,  s.  l'lacenta.  Grbch. 

ICutterlOBc  =  Elleritze  (s.  d.).  Ks. 

Mutterloseken  SS  Moderliesken  (s.  d.)^  Ks 

Muttertrompeten.  s.  Utenisentwicklung.  Gbbch. 

Mutungt  Crax  Mmneui^ä,  Tebl,  in  Sfld'Brasilien  heimische  Ait  der  Iiodu>> 

htthner  (s.  d.).  Rchw. 

Mutzia,  Vogt  (Eigenname?)  von  Carl  Vogt  auf  die  altbekannte  CJuufo gaUer 

vermiftii>iri(,  NTn j  er,  eine  Naide,  gegründete  Gattung.  Wd. 
Muvinäbore.    Suxmm  der  C^omanchcs  (s.  d.)     v.  H. 
Muyscas.  s.  ChiUcha.     v.  H. 

Mwana-Ntaba.    Wilder  Volksstamm  am  Kongo  oberhalb  der  Stanley- 
FäUe.    v.  H. 

Mya  (willkürlich  umgeformt  aus  gr.  Mys  im  Sinne  von  Miesmuschel), 
tsssA  X7s8,  Meermuschel  aus  der  Abtheihmg  der  DesmadaiUa  oder  Ineimm, 
Typus  einer  eigenen  Familie  Myadae,  Schale  vom  und  hinten  klaffend,  mit 
innerem  Band,  das  von  einem  verhältnissmässig  gtossen,  löifelförmigcn  Vorsprung 
des  Schlossrandes  der  linken  Klappe  getragen  wird,  während  derjenige  der 
rechten  Klappe  an  der  entsprechenden  Stelle  nur  eine  Hache  Vertiefung  zeigt; 
beide  Athemröhren  xu  einem  dicken,  mit  rauhem,  braunem  cuticularem  Uebcr- 
zug  versehenem  walzenförmigen  Fortsatz  vereinigt,  der  länger  als  die  Schale  ist, 
nicht  in  diese  zurückgezogen  werden  kann  und  im  Innern  zwei  getrennte  Röhren, 
am  Ende  zwei  gefranzte  Oeffnungen  enthalt;  Fuss  auch  sienüich  lang  und  et> 
was  zusammengedrückt.  Die  Schalen  sind  äusserlich  weiss  oder  bla»  bräunlich, 
mit  keiner  anderen  Skulptur  als  die  Anwachsstreifen,  die  linke  meist  etwas  stärker 
gewölbt  als  die  rechte.  Sie  graben  sich  beinahe  senkrecht  in  Sand  und  sandigem 


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Myacites  —  Mycetes. 


Schlick  so  tief  ein,  dass  sie  nur  mit  der  möglichst  lang  gestreckten  Röhre  das 
Wasser  emnchen,  i— Fuss  tief,  und  sind  chamktetistisdi  fllr  die  nördlicheren 
und  nordischen  Meere.  Afya  armaHot  L.,  Hinterende  verschmälert  und  schwach 
zugespitzt,  bis  9^  Centim.  lang»  und  M,  iruncaktt  L.,  Hinterende  am  Ursprung 

der  Röhre  senkrecht  abgeschnitten  und  6—7  Centim.  lang,  beide  bis  5  Centim. 
hoch  und  3  Querdurchmesser,  beide  in  unserer  Nordsee  häufig,  auch  in  der  Ost- 
see. M.  arenaria  hauptsächlich  dicht  am  Strand  und  im  Sand,  in  der  Ostsee  in 
kleinen  Formen  bis  zum  Eingang  des  finnischen  Meerbusens  verbreitet,  auch  an 
der  Ostküste  Nord-Amerikas,  wo  sie  als  Speise  hochgeschätzt  und  >clam<  ge- 
nannt wird,  und  in  Japan,  M.  trumaia  luelir  auf  Schlammboden  und  etwas 
tiefer,  häufig  in  den  hochnoidifichen  Meeren,  wo  sie  bei  Spitzbergen,  an  der 
Ostkttste  Grönlands  bis  81^  und  in  Smtth-sund  bis  78^  Nordbreite  gefunden 
wurde  und  wesentlich  dem  Walroas  zur  Nahrung  dient,  auch  im  Beringsmeer 
und  demnach,  wie  die  andere,  circnmpolar.  Im  Mittelmeer  kommt  keine  M. 
im  heutigen  Sinne  lebend  mehr  vor,  wohl  aber  M.  truncata  fossil  in  Diluvial- 
ablagerungen Siciliens,  wie  sie  auch  in  Skandinavien  charakteristisch  flir  alte  Ab- 
lagerunp'eti  ans  der  Eiszeit  ist,  z.  B.  bei  IMdevalla.  Ueberhaupt  gebt  die  Gattung 
nur  Iiis  in  d  is  jüngere  Tertiär  zurück.     K.  v.  M. 

Myacites  (von  Mya  abgeleitet),  Scht.othkin?  1S20,  älterer  zusammenfassender 
Name  für  verschiedene  fossile  Muscheln,  die  mit  melir  oder  weniger  Recht  mit 
der  lebenden  Mya  verglichen  wurden,  namentlich  solche  aus  der  Trias,  Jura  und 
Kreide,  welche  jetst  genauer  unterschieden  und  zu  den  Gattungen  Anoplophora, 
Sandbekobr  (nSchstverwandt  mit  Qtrdmia,  s.  Bd.  II,  pag.  36,  und  von  Einigen 
noch  jetzt  MfoeUes  genannt,  z.  B.  M,  eUttgahn,  Schloth.),  Üiurmjya,  Acassu, 
fJlf,  ßtrassi,  Brongniart)  und  Homomya,  Acjasstz  (M,  veiUrieotus,  ScntOTH.),  ge» 
stellt  werden,  die  beiden  letzteren  den  Pholadomyen  verwandt.     E.  v.  M. 

Myalina  (abgeleitet  von  Mya  im  Sinne  von  Mytuus)y  Konink  1842,  fossile 
Muschelgattung,  Mytilus-förmi!^,  aber  mit  mehreren,  dem  Schiossrand  parallelen 
Furchen  ftir  das  innere  Band  und  einer  kleinen  Scheidewand  unter  den  Wirbeln, 
wie  bei  Septißr  und  Drdsuna.  Häufig  im  Kohlenkalk  und  Zechstein,  seltener 
schon  im  Slur  und  Devon.    £.  M. 

Myamma,  (spr.  Byamma),  der  einheimische  Name  d«r  Birmanen  (s.  d).  v.  H. 

Myoeni.  Nach  PtolemAos  eine  Völkerschaft  Mauritaniens,    v.  H. 

Mycetes,  Illio.  (Alouata,  Lacep.,  Sientar,  Groei».),  Brttllaffen,  platyrrhine 
Primatengattung  zur  Subfamilie  der  Gymnurae,  Spix  (s.  d.),  gehörig,  mit  ge- 
drungenem, relativ  dickem  Körper,  hohem,  pyramidalem  Kopfe  mit  vorstehender 
Schnauze,  mit  dichter  Behaarung  und  mit  Kinnbart.  In  das  blasig  aufgetriebene, 
aussen  sichtbare  Zungenbein  treten  drei  Kehlsacke  ein.  Der  dünne  Daumen 
der  Vorderextremität  reicht  bis  zur  ersten  Phalanx  des  2.  Finpcrs.  —  Die  M.- 
arten  verbreiten  sich  fast  über  ganz  Südamerika,  leben  in  irupps,  besonders 
in  dichten,  feuchten  Hocbwflldera  in  der  Nfthe  von  FUlssen  oder  ausgedehnten 
SOmpfen;  in  den  Moigen-  und  Abendstunden  lassen  sie  ihr  weithin  vemehmbaies 
Geheul  ertönen;  Oberaus  vorsichtig  und  scheu,  entgeht  ihren  scharfen  Sinnen 
nur  selten  eine  drohende  Gefikbr.  Die  Aesung  besteht  vorwiegend  aus  Blättern, 
Knospen  u.  dergl.  Verwerthung  finden  Fleisch  und  Pelz  dieser  Thiere,  ersteres 
hauptsächlich  seitens  der  Indianer.  —  M.senkulus,  Kühl,  Rother  Brüllaffe  oder  Aluate, 
Totallänge  155  Ontim.,  davon  entfallen  70  Centim.  auf denkräftigen  Greifschwanz.  Die 
am  Rücken  dichte,  auf  der  Unterseite  späiliche  Behaarung  ist  in  Bezug  auf  die  Färbung 
ziemlich  grossem  Wechsel  unterworfen,  roth,  rothbraun  bis  schwärzlich,  letzlere 

/Cool.,  Anthropol.  u.  KibiKilogi«.    Bd.  V. 

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5»4 


Mycetopbila  —  Mydau». 


Farbe  seigen  tucli  die  nackten  Körpertheile.   Dass  SietUfir  ektysurus,  Gboftil, 

nur  eine  Varietät  sei,  erkannte  bereits  J.  A.  Wagnbr,  desgleichen  sind  aber  auch 

die  vom  Prinzen  Neuwied  bereits  vereinigt  gewesenen  »Arten«:  M.fuscus,  Geoffr., 
und  M.  ursinus,  (iEonR.,  als  locnl«'  Seniculiisvarietäten  zu  betrachten.  Heimnth 
Brasilien,  Guiana,  Columbien,  —  In  West-Brasilien  und  in  Paraguay  findet  sich  ein 
kleinerer  \'crwan(ker  vor,  der  schwar/c  Iküllaffe,  Caraya  oder  CIkuo  {M.  nigtr, 
Waun.,  Simia  Beelabkth,  L.,  etc.)  mit  längerem,  im  Alter  glänzend  !>chwatzern, 
in  der  Jugend  und  bei  weiblichen  Exemplaren  etwas  röthlichem  oder  graulich- 
gelbem  Pelze.  Die  nackten  Theüe  (Gesicht,  Ohren,  Sohlen  etc.)  sind  dunkel 
röthlichbratm.  —  Diesem  sehr  nahe  steht  M,  rufimanus.  Kühl.,  etc.  —    v.  Msi. 

Mycetoplüla»  Meig.,  Pilzmlicke  (gr.  Pilz  und  Freundin)  eine  aus  mehr  als 
loo  europäischen  Arten  gebildete  MUckengattung  aus  der  Famib'e  der  Myeei^ 
fhilidae  (s.  d.),  deren  HUften  sehr  lang,  3.  Längsader  ungegabelt  sind,  4.  Längs^ 
ader  nahe  der  Flügelwurzel  aus  der  5.  abzweigt.      E.  Tg. 

Mycctophilidae,  Pilzmücken,  Familie  der  Mücken  (s.  d.)  aus  der  Zweiflügler- 
ordnung, welche  sich  durch  verhältnissmässig  breite,  nackte  Flügel  und  durch 
meist  verlängerte  Hüften,  das  Vorhandensein  von  Puoktaugen,  Fehlen  einer 
Diskoidalzelle  und  durch  FUhler  auszeichnen,  deren  Länge  die  des  Mittelleibes 
ttbertriA^  indem  die  einzelnen  Glieder  derselben  ziemlich  lang  und  nicht  dicht 
zusammengedrängt  sind.  Sie  sind  zart,  meist  rostgelb  gefitrbt  und  finden  sich 
oft  in  grossen  Mengen  an  Pilzen,  in  welchen  die  Innren  leben.  Die  Familie 
umfasst  etwa  50  Gattungen.     E.  To. 

Mycetopus  (gr.  Pilzfuss)  Orrjgnv  1835,  südamerikanische  Süsswassermuschel, 
verwandt  mit  Anodonta,  aber  verschieden  durch  iangge^sogene,  fast  an  Sa/ets  er- 
innernde, vorn  unil  hinten  klaffende  Schale  und  durch  längeren  cylindrist  hen, 
am  vorderen  Ende  .scheibenlonuig  sich  ausbreitenden  Fuss,  mittelst  desscu  sie  sich 
in  den  Schlammboden  fast  senkrecht  eingräbt.  M.  soUni/ormis,  Orb.,  22  Centira. 
lang,  Wirbel  beinahe  in  der  Mitte  der  I.Jlnge,  und  der  kleinere  siü^tuuu,  Orb., 
Wirbel  in  f  der  Liinge,  hinten  höher,  in  den  südlichsten  Zuflüssen  des  Amazonen- 
slromes,  letzterer  auch  im  Parana.  OastCNv  voyage  dans  TAmerique  mtfridionale, 
Bd.  V,  1835—43.   pag.  600,  Taf.  66,  67.     E.  v.  M. 

Mycteria,  L.  (von  gr.  tnykier,  Schnabel),  Gattung  der  Familie  der  Störche 
{Ckoftiidat'),  die  grössten  Mitglieder  der  Gruppe  umfassend,  ausgezeichnet  durch 
einen  stark  seitlirli  /usammcngcdriickien,  mit  dem  S|)it/entheile  sanft  aufwärts  ce- 
bogenen  Schnabel.  Die  Firste  ist  nahe  der  Stirn  bisweilen  flach  gedrückt,  wodurch 
eine  Art  Sattel  gebildet  wird,  daher  der  Name  »Sattelstörche für  diese  Arten. 
Je  eine  Art  bewohnt  die  Tropen  Amerikas,  Afrikas,  Asiens  und  Australiens.  Der  Ja- 
biru,  M,  imteriemiM,  L.,  in  SQdamerika.  Rchw. 

Msrctodeni,  SrAMNit»  ^  SakuMmärina,  Ks. 

Mydaus,  F.,  Cuv.,  Sttnkdachs,  ^idasiatiscbe  Camivorengattung  der  Familie 

MusteUda,  W.agn.,  genauer  der  Unterfamilie  der  Dachse,  ^Mc/ina--  (bezvv.  der 
Subfamilie  Mephilr  n  -.  Crv.,  Stinkdachse)  im  Gebisse  im  Wesentlichen  ttberein* 
stimmend  mit  Mephitis,  Ci  v.,  cliarakterisirt  durch  die  rüsselförtnige  Verlängerung 
der  Schnauze,  die  im  Felze  versteckten  Ohren,  den  besonders  lauv.en  (Stummel) 
Schwanz,  die  auflallend  verlankH^rten  Vorderfüssc,  die  Verw  k  1 1  uvg  der  Zehen 
bis  zur  letzten  l'halanx  und  die  macluigen  Sciiai rkralicn.  Analdrüsen  wie  bei 
AUphitis.  Die  einzige  Art,  M.  meliceps,  F.,  Cuv.,  der  Teiagon  oder  Segung,  er- 
reicht eine  KörperUnge  von  3s  und  eiqe  SchwanzUnge  von  s  Ctentim.,  hat  gleich- 
mässig  dunkelbraunen,  langhaarigen  Pelz  mit  weissem,  bis  zur  Schwanzspitz 


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Myelin  —  MykenAC. 


reicbendcm  K,flckenstr«ifen.  — •  Lebt  in  den  Gebiigen  von  Java  und  Sumatra  in 
Höhen  von  2000  Meter  ii.  M.  und  gräbt  sich  nach  I>a€h8art  einen  Kessel  mit  Lauf- 
rdhren.  Larven  und  Regen wUrmer  liebt  er  neben  diversen  Getreidesorten« 
Kartofteln  etc.  ganz  besonders  <em  penetrant,  kn ob! an  chartig  stinkendes  Afier- 
drüsensccret  vermag  er  auf  eine  l-m kninnc^  von  ca.  60  Centim.  zu  S[irit/.en.  Der 
Stinkdachs  wird  als  langsam  in  seinen  Bewegungen,  sanft  und  mild  in  seinem  Wesen 
und  aU  leicht  zähmbar  geschildert.  —  Nach  rascher  EntTernung  der  Stinkdrüseii  soll 
das  Flebch  frisch  erlegter  Exemplare  wohlschmeckend  sein,     v.  Ms. 

Myelin  hat  Virchow  die  mit  dem  Nervenmaike  identische  Substanz  nicht 
nervöser  thietischer  Gewebe  und  Bestandtheile  genannt  Nach  asahlreichen  Unter« 
suchungen  ergiebt  sich,  dass  sie  kein  reines  chemisches  Individuum,  sondern  ein 
Gemisch  anderer  Körj^er  darstellt  S. 

Myeloidin  nach  Köhler  ein  in  warmem  Alkohol,  Aetlier,  selbst  auch 
Wasser  löslicher  Bestandtheil  des  Gehirns  von  weisser  visköser  Beschafienheit. 
Er  ist  N-  u.  P-baltig.  S. 

Myelomargarin,  Cj^HjgOj  ist  nach  Köhi.er  einer  der  in  Fremi's  Ccrebrin- 
säure  vorfmdlichen  Gemengtheilen,  das  in  der  Nervensubstanz  enthalten  sein 
soll*  Ein  weisses  in  heissem  Menstruis  löslidies  Pulver.  S. 

Mygalidaet  Wttrgspinnen,  Famtlte  der  %Hnnen,  welche  am  Grunde  des  Hinter* 
leibes  4  Luftlöcher  trsgen,  die  alte  4  tu  Lungen  ftlhren  oder  das  hintere  Paar 
zu  Luftröhren  (daher  auch  Vierlungler«  Ttir4^mmit<mes)\  überdies  besitzen  sie 
nur  4  Spinnwarzen  und  nach  unten  umgeschlagene  Kiefeinhaken.  Die  Arten 
stellen  die  grössten  aller  Spinnen  und  leben  nur  in  warmen  r,ändern.  Hierher 
die  Minirspinne  (s.  d.)  und  die  Gattung  Ltr.,  oder  Theraphosa,  Walk. 

mit  der  südamerikanischen  Vogelspinne,  7'/».  avicuiaria,  L.     K.  To. 

Mygdones.  Ein  aus  Thrakien  nach  Klein-Asien  eingewanderter  Volksstamm, 
welcher  in  den  westlichen  Thetlen  von  Bithynien  und  den  östlichsten  von  Mysien 
um  den  Berg  Olympus  her  seine  Wohnsitze  hatte,     v,  H. 

Mykeime.  Der  altberOhmte  Fttrstensitz  der  Atriden  zu  M.  ist  durch  die 
verdienstvollen  Ausgrabungen  Dr.  H.  Schuemamm^s  (1876)  der  Ausgangspunkt  lür 
die  Erkenntniss  einer  bisher  unbekannten  vorgriechischen  Kulcutatufe  geworden, 
die  man  jetzt  die  mykenische  zu  nennen  pflegt.  Einwanderer  von  Osten  hatten 
im  12.  oder  ii  Jahrhundert  v.  Chr  hier  im  Winkel  der  Ebene  von  Argos  die 
Burgen  von  'liryns  und  Mykcnac  mit  ihren  gewaltigen  Kyklopenmauern  erbaut, 
die  Pelo])i(ien  gestalteten  M.  später  zu  einer  starken  Offensivposition  um.  M. 
wurde  der  Sitz  des  Oberkönigs  der  Achacer,  eines  Reiches,  das  den  ganzen  Pelo- 
ponnes  umfiuste.  In  diese  Periode  WXt  die  Glanszeit  von  M.,  ihr  gehören  die 
Kupi)elgrabbauten  der  Unterstadt  an,  ihr  wahrscheinlich  die  mit  goldenen  Kostbar- 
keiten  überladenen  laichen,  welche  Schueitann  innerhalb  der  Akropolls  in 
5  eingedeft«!  Schach^gruben  auffand,  welche  von  einem  aas  senkrechten 
Muschelkalkplatten  bestehenden  Steinringe  umgeben  waren.  In  den  9—11  Meter 
tiefen  Höhlungen  lagen  in  der  Richtung  von  Osten  nach  Westen  17  bestattete 
Leichen.  Oberhalb  def^elbcn  lagen  in  verschiedener  Tiefe  mehrere  Orabstelen, 
bedeckt  mit  Jagd-  und  Knegsscencn  in  barbarisch li  .Arl  i  .'U  Bemerkenswerth  sind 
darauf  die  niederen  Kriegswagen,  die  Stosslanzen,  die  kur/.tn  Schwerter,  die  Rader 
mit  vier  Speichen.  In  den  Füllungen  der  Grabstelen  sind  mit  Vorliebe  als 
Ornamente  Spiralen  und  Mftandermotive  angebracht  IMe  S|>iTale  bildet  Über- 
haupt das  Kennzeichen  der  mykenischen,  barbarischen  Kunsttechnik.  Bei  den 
Leichen  lag  eine  Unmasse  goldener  Schmucksachen,  deren  Techiuk  in  einer 

33» 

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■I  III 


5l6  Mykenae. 

durch  Pressung  hervorgebraditen  Vettiefung  lioMrer  Ornamente  besteht.  Neben 
linearen  Kreis-  und  SpiralomaDienten  stossen  wir  auf  stilisirte  Blatt-  und  Thier- 
formen, unter  letzteren  auch  Schmetterling  und  Polyp.     Die  Knöpfe,  Schwert- 
knäufe, Griffe,  Agraffen  aus  Gold  sind  mit  solchen  (>rnnn-ionten  bedeckt.  Von 
Schmucksachen  sind  noch   geschnittene  Steine   zu  erwähnen  mit  Thierdnr- 
stellungen.     Diese  sowie  kunstvolle  goldene  Siegelringe  mit  Darstellung  von 
Männerkäropfen,  Jagdscenen,  Opfern,  sind  nach MiLCHiiöFtk  nach  orientalischen 
Vorbildern  hergestellt  und  haben  nach  diesen  mit  den  sogen.  »Inselstdnen«  ibre 
Heimat  auf  den  Inseln  des  griechischen  Archipels.  An  sonstigem  Schmudc 
fanden  sich  goldene  Todtenmasken,  Bemsteinkugeln,  Kupfetnaddn  mit  Doppd- 
knäufen  aus  Bergkrystall,  Glasqrlinder  und  viereckige  Glasfluasplättchen.  Die 
Waffen  bestehen  aus  Bronze;  es  fanden  sich  davon  nur  Schwerter  (226  Stflck), 
Dolche  und  Lanzen.    Die  Schwerter,  meist  spitzig  und  zweischneidig,  dienten  zum 
Stoss.    Grift"  und  Scheiden  bestanden  aus  Hol/,  besetzt  mit  goldjtlattirten  Nägeln.  | 
Acht  Schwerter  sind  mit  kunstvoll  eingelegten  Jagddarstellungen  und  Ornamenten 
auf  beiden  Seiten  geschmückt.    In  die  Bronzeplatten  sind  aufglänzend  schwarzem 
Schmelz  verschiedenfarbige  Goldplättchen  eingelegt.    Eine  gleiche  Klinge  ward  auf 
Hiera  gefunden.    Die  Technik  weist  nach  dem  Osten,  manche  der  Funde,  I 
Glas»  Fonellan  etc.  nach  Aegypten  hin.  Die  Goldbleche  hingegen  erfaidten  | 
ihre  Omamendk  nach  gefundenen  Formsteinen  an  Ort  und  Stelle.  Die  Gefüsse  I 
von  Mykenä  sind  wegen  der  Mannigfaltigkeit  der  Ornamentation  und  ihrer  | 
Farbe  schwer  zu  bestimmen.    Die  Haupttypen  ihrer  Form  bestehen  in  Bechern  ' 
in  der  Form  von  T^ordcauxweingläsem  und  einem  TTcnkel,  bemalten  und  oben  | 
offenen  Vasen,  doppeltgehenkclt  'md  ohne  Henkel,  Kannen  mit  Netzen  und  Quer-  I 
streifen  und  einem  bis  drei  Henkciu,  endlich  gewöhnlichen  Töpfen,  die  sich  ! 
nach  unten  allmählich  ausbauchen.    Unter  den  \'crzierungen  sind  am  häufigsten 
die  Spirallinien  und  die  Miander,  femer  die  Grftten  von  Fischen,  dann  Vögel. 
VierfUssler,  schablonenhafte  Krieger,  Netxe  etc.,  seltener  sind  Blumen,  Zweige  j 
und  Blatter,  welche  gerade  auf  den  Goldobjekten  sehr  hftufig  sind.  Bruchstücke 
der  sogen,  attischen  Vasen  mit  geometrischen  Zeichnungen  sind  in  Mykenä  häufig. 
Noch  heute  bilden  diese  lifuster  prähistorischer  Kimst  httbsche  Vorbikler  Air  die  ' 
Gegenwart,  was  allerdings  auch  von  manchen  Goldornamenten  gerühmt  werden 
muss.    Gerade  m  den  am  meisten  charakteristischen  und  massenhaft  gefundenen 
Vasen  bieten  die  Grabfunde  von  Jalyssos  auf  Rhodos  und  auf  der  Insel  Kypern 
die  auifallcndsten  Analogien.    Nach  C.  T.  Newton,  dem  Direktor  des  britischen 
Museums,  wurden  4j  Urnen  von  vollkommen  gleicher  Gestalt  wie  jene  mit  drei 
Henkeln  gefunden.  Eine  solche  Identität  bei  einer  solchen  Ansahl  kann  kein 
Zofall  sein.  Auch  sonst  aber  und  gerade  in  den  Goldsachen,  die  durch  Guss* 
formen  nachweisbar  in  Mykenä  an  Ort  und  Stelle  angefertigt  wurden,  also  ein- 
heimischer Fabrikation  ihren  Urqirung  dankten,  ist  eine  auf&ülende  Analogie 
vorhanden.    Diese  beiden  Hauptpunkte,  die  gleiche  Technik  in  der  Töpferwaare, 
die  Drehscheibe,  dieselbe  Ornamentation,  sowie  die  Aehnlichkeit  der  durch  Guss- 
formen hergestellten  Goldwaaren  mnss  den  Archäologen  bestimmen,  eine  gleiche 
arbeitende  Bevölkerimg  für  die  Kuste  von  Argolis,  Tiryns  und  Mykenä,  die  Ufer 
von  Attika,  Spata,  sowie  filr  die  Urbevölkerung  von  Rhodos  anzunehmen.  Krinneni 
wir  uns,  dass  schon  M.  Hauu  die  räthselhaften  trojanischen  Inschriften  als  kyprisch 
gedeutet  hatte,  so  wird  uns  im  Znsammenhange  mit  der  ausgiebigen  Verwendung 
des  Kupfers  in  der  griechischen  Urzeit  der  erneuerte  Hinweis  auf  die  merk- 
wttrdige  Kupferinsel  Kypern  kaum  Uberraschen.    »Damit  sind  vor  allem,!  sagt 

.  Kj       by  Google 


Mjtabrit  —  M jrocutor. 


5«7 


T  ..  riNDFNst  iiMi  i  i  ,  die  mykcnischen  Schätze  ihrer  scheinbaren  Isolirnng  ent- 
zogen und  einer  bestiminten  Reihe  von  Erscheinungen  angeschlossen.  Ihre  Er- 
kundung ist  damit  nach  dem  Gebiete  hingewiesen,  auf  welchem  die  ältesten 
Ueberlieferungen  vofxugsweise  von  dem  Walten  jener  seefahrenden,  handel- 
treibenden und  kunsterfahrenen  Stämme  zu  ersäblen  wissen»  die  von  Syrien  und 
Klein-Aaen  aus  die  Insekt  und  KUsten  Europas  mit  Kolonien  besetsten.  Dass 
wir  unter  den  zeitlich  und  örtlich  vorwaltenden  Namen  dieser  Stämme,  denen  der 
Karer,  Kuraten,  l.eleger  und  vor  allem  der  PeUuger,  die  Phönikier  Herodots  tu 
erkennen  hätten,  ist  eine  Ansicht,  welche  im  Kampfe  mit  der  splitterrichtenden 
Scluilgelehrsainkcit  schon  vor  Jahren  mit  Geist  und  Schrirfsinn  zu  begründen 
\ ersucht  wurde,  besonders  durch  LunwK.  Ross,  Raoul  Rochette  und  dem  wegen 
einiger  Wunderlichkeiten  seiner  genialen  und  dermatorischen  Anschauung  so  un- 
verdient verketzerten  Juuus  Braun.  Blieb  es  auch  bisher  bei  der  Unvollständig* 
keit  der  Zeugnisse  aus  den  Denkmalen  selbst  noch  unentschieden,  was  in  den 
Elementen  dieses  an  allen  Küsten  des  Mittelmeeres  wirksamen  Volkes  und  dem 
Charakter  seines  Kunststils  als  kleinasiatisch  oder  im  eigendichen  Sinn  als  phä* 
nikisch  zu  betrachten  sei,  so  bieten  doch  immer  die  Nachweise,  wie  sie  jene 
Forscher  in  so  anregender  und  Uberzeugender  Art  zusammengestellt  haben,  mmm 
lichtgebenden  Ausblick  in  jene  Fernzeit  der  Uel^ersiedelung  und  Verpflanzung 
ältester  Kulturen  in  die  nocli  halbbarbarischcn  Zustande  der  europäischen  Völker 
und  die  ersten  Ausschlage  dieser  Pflanze  aus  ihren  dort  neugebildeten  Wurzeln.« 
Vergl.  ausser  dem  Hauptwerke  von  Schliemann:  »Mykenae«  1878,  »Denkmäler 
des  klassischen  Alterthums,«  II.  Bd.,  pag.  983— looi,  Dr.  C.  Mehlis  im  »Aus- 
land« 1878,  N.  7  und  8,  Prof.  Limdsmschiiit  in  der  »Beilage  cur  AUgem.  Zeitnng« 
1878  vom  aa.  Januar  etc.    C.  Mm 

Mylabrin»  Fab.  (Insektenname  bei  den  Griechen)  Reiskäfer,  Kifeigattung 
aus  der  Familie  der  Cantharidae  (s.  d.).  Die  255  bekannten  Arten  bewohnen 
wtonere  Erdstriche,  sind  meist  gelb  (rothgelb)  und  schwarz  gefärbt,  haben  keulen- 
förmige Fühler,  ein  fast  kugeliges,  vom  verengtes  Halsschild  und  in  ungleiche 
Hälften  getheilte  Krallen  an  den  Füssen  Mehrere  Arten  waren  schon  bei  den 
Alten  wegen  i):rer  blasenziehenden  Eigenschaften  in  Gebrauch,  wie  bei  uns  die 
spanische  Fliege.     £.  Tg. 

MyUobatis,  s.  Adlerrochen.  Klz. 

Mylodon,  Ow.,  syn.  Orycter^therhm,  Harlan,  fossile  Edentatengattung^  sur 
Fam.  der  Mtgaikerüda  (s.  d.)  oder  OrrnngradOt  Owen,  gehörige  von  plumpem 
Körperbau  (aber  kleiner  als  Mfgtitkermm)  mit  5  Zehen  an  den  VorderftlsBen, 
deren  3  innere  mit  grossen  Krallen  versehen  sind,  und  4  Zehen  an  den  Hinter- 
füssen. Die  \  Molare  sind  von  dreieckigem  Querschnitt  und  getrennt  durch 
Zwischenräume,  ^f.  Danvinii,  Ow.,  aus  Süd-Amerika.  M.  Harlani,  Ow.,  in  jungen 
Ablagerungen  des  Oregongebietes.  M.  robustus,  Ow.  aus  dem  südamerikanischen 
Diluvium,    (Pampnsschlamm  von  La  Flata).     v.  Ms. 

Myobatrachiden,  Ginther,  Mausfrösche  (gr.  mys  die  Maus,  batrachos  der 
Frosch  eine  Familie  der  Froschlurche,  die  der  genannte  Autor  zu  den  Zungen- 
losen (ü.  Aglossa)  zählt,  aber  vegen  der  getrennten  MOndungen  der  innem  Ge- 
höiginge  als  Aghsta  d^ks^AMa  von  den  übrigen  (A,  kapiosiph^mi)  trennt. 
Andere,  indem  ne  eine  kleine  Zoqgc  au  erieennen  glauben,  aiblen  die  etnsige 
Art  der  einzigen  hier  in  Frage  kommenden  Gattung  Myobatrothm  p4tradcxus, 
Schlegel,  von  Australien,  zu  den  BUigystomatiden  (s.  d.).  K. 

MyocastOTf  Kbrr,  s.  Myopotamus»  GBOim.    v.  Ms. 


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518 


Myocbaun«  —  Myugak. 


Myochama,  (zusammengesetzt  aus  Afva  und  Chamo).  Stutchbury  1830, 
Meerrnuschel  mit  Anatina  und  J^mdora  verwandt,  diinsischrtlic',  innen  perlmuttcr- 
plänzend,  jung  von  regelmässiger  liesialr,  ahcr  mit  der  rechten  S<  halenhälftc  sicli 
auf  andere  Muscheln  wie  Trigonia,  CrassatciUi  u.  a.  ansetzend  und  dadiircii  nicht 
nur  deren  Oberfläche  in  der  Fläche  sich  genau  anschmiegend,  sondern  auch  bei 
dem  eigenen  geringen  Querdurchmeuer  decen  Skulptur,  z.  B.  Radialrippen  in 
beiden  Schalenhälften  nachbildend,  in  der  rechten  negativ,  in  der  linketi  positiT» 
ebenso  wie  es  bei  Anmma  vorkommt  (Bd.  I,  pag.  138).  Nur  in  Aiubalten;  4  bis 
5  Arten  !)ekannt,  meist  blassroth.    ReevE  conch.  icon.  Bd.  Xli.     E.  v.  M. 

Myodes,  Fall,  i«mroinge,  Nageigattung  der  Wuhlmänse  (Farn.  ArvUcUrntt 
Waterh.)  Die  T.emminge  sind  pednmgen  gebaute,  relativ  grossköpftge  Nager  mit 
sehr  breitem  Schädel,  hohem  Jochbeine,  mit  kurzen,  im  l^elze  verdeckten  Ohren, 
kleinen  Augen,  kurzem  Schwanz,  mit  5zelngen,  an  den  Sohlen  dicht  behaarten 
Füssen;  die  kräftigen  VorderfÜsse  haben  verlängerte  starke  Sichelkrallen;  der 
erste  untere  Molar  mit  5  Schmelzschlingen.  Pie  4  Arten  vertheilen  sich  auf  die 
nördlichen  Gebiete  der  palaearktiscben  und  nearkdschen  Region/  wandern  seit- 
weise  in  ungeheurer  Menge  in  sttdlichere  Gegenden.  M*  iemmus,  Fall,  ist  ein 
15  Centim.  langes  Tbierchen  mit  langem  dichtem,  oben  branngdbem  nnd  dunkel 
geflecktem  Pelce;  s  gelbe  Strafen  ziehen  von  den  Augen  zum  Hinterkopfe,  der 
ca.  3  Centim.  lang«  Schwanz,  die  Pfoten  und  die  Unterseite  des  Körpers  sind 
gelb.  Der  T.emming  bewohnt  Skanflinriviens  Gebirge  bis  ?ooo  Meter  ii.  M.  lebt 
gesellig  in  Erdhöhlen  und  baut  sich  20 — ^50  Centim.  ilber  dem  Boden  in  den 
Winterschnee  liinein  grosse  Nester  aus  zerbisöcntm  Grase.  Gräser,  Rennthier- 
flechten,  Zwergbirkenkätzchen,  diverse  Wurzeln  bilden  seine  Nahrung,  il/.  torqua- 
tus,  Keys,  et  Blas,  (grocnlanäuus,  Wacn.)  Halsbandlemming,  M,  ühensiSf  Brant. 
Nord'Amerika,  Nord-Asien  etc.  Fossilreste  von  M.  Immm  u.  M.  ifirfitaiiuündea 
sich  im  centroenropaischen  Diluvium,    v.  Ms. 

Ifyogale,  Cuv.,  syn,  J>esmami,  Goldenst.,  Ca^riost  Waol.,  Bisamrtlasler,  Rttssd* 
maus,  europtöscbe  Insektivorengattung  der  Spitzmäuse  (Soricidra,  Gekv.),  nach 
anderen  Autoren  (Peters)  der  Maulwürfe  (Talpina),  Vertreterin  einer  eigenen 
Snbfamilie  .^fy(*g(i^ifta,  Gfrv.  Besonders  charakteristisch  ist  die  grosse  Zahl  der 
Zahne  (44),  die  sich  bei  keiner  anderen  Spitzmaus  wiederfindet,  und  die  Form 
der  Schneidezähne;  der  vordere  der  3  oberen  ist  sehr  gross,  dreiseitig  und 
stellt  senkrecht,  die  2  unteren  stabförmigcn  und  abgestutzten  stehen  schief  nach 
vorne.  Der  gedrungene,  auffallend  kurzhalsige  Körper  steht  mifmedrigen,  hifrten 
verlängerten,  5  zehigen,  mit  Schwimmhäuten  versehenen  Beinen.  Der  compri* 
mirte  Schwans  erscheint  geringelt  und  geschuppt,  spärlich  behaart  Aeussere  Ohren 
ausgebildet,  aber  äusserlich  nicht  sichtbar.  Jochbein  ist  vorhanden.  AnfflÜlig 
ist  die  sehr  lange  und  bewegliche  Schnauze,  gebildet  durch  Verschmelzung  zweier 
dünner  Knorpelröhren;  sie  funktionirt  nach  Art  der  Maulwurfschnauze  als  exquisites 
Tastorgan.  An  der  Schwanzwurzel  münden  Mosch u^drüsen.  Die  2  J/! -Arten  er- 
innern in  biologischer  Hinsicht  an  die  Fischottern;  sie  sind  halb  acjuatische 
Thiere,  treffliche  Schwimmer  (auch  unter  dem  Eise),  bauen  sich  an  den  Bruch- 
ufern und  steilen  Böschungen  Gänge,  die  nur  unter  dem  Wasserspiegel  sich 
öffnen  etc.  Die  Aesung  besteht  aus  Wttrmem,  Wasserschnedcen,  Kerfen,  Larven 
etc.  —  M.  fyrtnakat  Gtomt.  (Gaki^,  Waol.).  Bisamqntsmaus,  14»$  Centim. 
lang,  der  nur  im  Eoddrittel  compiimirte  Schwanz  13,9  Centim.  Fl^ung  oben 
kastanienbraun,  seidich  braungiau»  Bauch  silbergrau.  Pyrenäen  (vielleicht  gant 
Kordspanien).  M*  mtuiata,  Brandt,  (Scnx  mosckaius,  Fall.)  Wttchnchol,  Des- 


.  Kj  ^  .d  by  Googl 


Myomorplia  —  Myopdtamus. 


man,  (»rosse  wie  voriger,  22  — 26,5  Centim.  lang;  der  nur  an  der  Basis  verdickte, 
sonst  stark  rom])nmirte  Schwanz  18,5  Centim.  Oben  rolhlichbraun  mit  weissem 
Uhrflecke,  unten  weisslich  aschgrau.  —  Südost-Russland,  im  Gebiete  der  Wolga 
und  des  Don.  Bucbarei.  Eine  der  pyrenäischen  Art  nabcstebende  Myo^aU 
land  Lartet  im  Miocen  der  Auvergne.  Falaeospalax  (F.  magnus),  Owen,  von 
Igelgrösse  aus  diluvialen  Torfmooren  von  Noifolk  nähert  »eh  dem  Des- 
UAN.     V.  Ms. 

Myomorpha.  (Brandt)  (Cöues  et  Allen)  etc.  iMfluseardge  Nagetbiere«  zur 
Unterordnung  der  Rodentia  simplicidentata  gehörig,  umfassen  die  Familien  der 
Spalacoidea,  Bha>'t>  r,  der  Arvicolida  (An^i<-(^!ifia,  Waterh.),  der  Muridae  (Murina, 
CIkrv.),  der  Dtpoduia  (JncitHna,  Dipodina  und  Pedeiina,  Brandt)  und  Sa€Co- 
myida  (inchisive  Geomyidae).  V'crgl.  übrigens  in  Bezug  auf  die  Begrenzung 
der  Kod.  myomorpha  die  Artikel  »Rodentia«  (Systematik)  und  Murida  v.  d. 
Hoeven.    v.  Mte. 

Myong.  Name  der  Moi  (s.  d.)  bei  den  Tonkineien.    v.  H. 

Myop«,  Fab.  (gr.  kursncfatig)  eine  der  Conops  (s.  d)  nahe  verwandte  Fliegen- 
gattung,  die  sich  durch  efaien  stark  aufgetriebenen  Kopf  mit  3  mal  geknicktem 
Rossel  ausseiebnet  Die  europäischen  Arten  emMbren  nch  von  Blumensäften  und 
schmarotzen  als  Larven  bei  Hymenopteren.     E.  Tg. 

Myophoria  (gr.  muscbeltragend),  Bronn  1837,  fossile  Muchelgattung,  nächst- 
verwandt mit  Trijs;oniay  mit  welcher  sie  die  zwei  divergirenden,  (hier  nur  schwach) 
gekerbten  Schh)sszahnc  in  der  rechten  Sclialciihalfte  und  die  allgemeine  F(jrni, 
schief  viereckig  mit  vorspringenden,  etwas  nacli  rückwärts  gebogenen  Wirbeln  und 
längerer  Hintcrseite  mit  von  den  Wirbeln  schief  herabbuifender  Kante  gemein 
hat,  aber  durch  die  äussere  Skulptur  verschieden,  indem  die  Sdiale  entweder 
gans  glatt  ist  oder  nur  einige  starke  RadiaUalten  zeigt.  Ausschliesslich  der  Trias 
eigen;  M.  vu^aris,  Schlotheim,  charakteristisch  fiir  den  Haupt-Muscbelkalk,  doch 
auch  im  bunten  Sandstein,  M.  orbicularis,  Bronn,  im  oberen  Wellenkalk, 
Kefersteini,  Hauer,  mit  2  Radialfalten,  häufig  in  den  Raiblerschlchtcn  der  alpinen 
Trias,  M.  Gold/ussi,  Ai.berti,  mit  schwachen  Rippen  in  der  Lettenkühle,  M. 
duussa/d.  Ml  NsiER,  noch  starker  geripiit,  bei  St.  Cassian,  alpine  Trias.    E.  v.  M. 

Myopodien  nennt  Engelmann  (1881)  die  Pseudopodien  der  Rhizopoden, 
wegen  ihrer  muskelähnlichen  Zuckungen.  Pf. 

Myopotmuis,  GEom.  (syn.  Ji^f&eastot,  PtOamySf  Ifydr^myst  GuiBmcng^s  etc.), 
Schweif-  oder  Sumpfbiber,  südamerikanische  Nageigattung  der  JScJUmyifia, 
Waterh,  (s.  d.)  mit  halbgewurselten  Backzähnen,  deren  hinterste  im  Ober-'  und 
Unterkiefer  am  grössten,  deren  obere  jederseits  durch  2  Scbmelzfalten  ausge- 
zeichnet sind.  Körper  untersetzt  mit  kurzem  dickem  Halse,  grossem  Kopfe 
(stum;'t>r  Schnauze,  plattem  Scheitel),  vorstehenden  Augen,  kleinen  Oliren,  kurzen, 
starken, liinfzehigen Extremitäten ;  Zeilen  dcrHintcrflisse(ausgenommendjeäusscrcn), 
durch  eine  bis  an  die  stark  gekrümmte,  langspiLnige  Kralle  reichende  Schwimmhaut 
verbunden.  Scliwanz  lang,  drehrund,  mit  Schuppenringen,  sparsam  behaart.  Der 
Fels  mit  dichtem,  >flaumartigem<  Wollhaar  und  längeren,  schwach  glänzenden 
Grannen.  Die  einzige  Art  M,  coypus,  Geoffr.,  der  Coypu  hat  ca.  Fischotter- 
grösse,  ist  oben  kastanienbraun,  unten  schwarzbraun,  seitlich  lebhaft  roth  geflirbt 
Lippen  und  Nasenspitze  weisslich.  Schwans  von  Kdrpeilänge  40  Centim.  Seine 
Verbreitung  erstreckt  sich  über  einen  grossen  Thcil  von  Süd-Amerika  an  der 
Ostseite  der  Anden  von  Peru  bis  zum  42°  südl.  Br.,  an  der  Westseite  vom  33. 
bis  4B.°  sttdl.  Br.  Wallacb.)  Die  Art  ist  auch  bekannt  aus  brasilianischen  Knochen 


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Mjroptiden  —  Mjroxlna. 


höhlen.  Lebt  paaiweise  «n  Seen  und  Flnsmfem  in  selbst  angelegten  Baucd,  lebt 
von  Wasserpflanzen.   Der  Pelz  ist  sehr  geschützt    v.  1^ 

Myopsidcn  (gr.  mit  geschlossenen  Augen),  Orbigny  1841),  Unterabtbeilung 

der  zehnarmigen  Cephalopoden,  dadurch  charakterisirt^  dass  die  Homtuuit  voll- 
ständig ausgebildet  und  damit  die  vordere  Augenkammer  vom  umgebenden  Meer* 
Wasser  abgesperrt  ist,  im  Gegensatz  zu  den  Oegopsiden.  Enthält  die  mehr  an 
den  Kiisien  als  aitf  hoher  See  lebenden  Gattungen  SepiOt  SepifUtuiMiSp  X^ii^o, 
iieptola  lind  Roisia.      E.  v.  M. 

Myopsis  (gr.  wie  Mya  aussehend),  Agassiz  1S40,  fusbile  Muschelgattung  aus 
dem  Jura,  Typus  M.  elongata^  Suilotheim  (als  Myacites)f  jetzt  mit  Fkuromya  ver- 
einigt und  in  die  Familie  der  FkoMmyen  gestellt    E.  v.  M. 

Myoptenia,  Geoffr.,  Fledermausuntergattung  zu  Dysopes,  Illic.  (s.  d.)  ge- 
hörig, mit  M.  JDaukiUomi  als  Art;,  charakterisirt  durch  \  Schneidez.,  4*  Edu., 
\  fiackz.,  obere  Schneidezähne  ebenso  gross  wie  die  ihnen  sehr  genäherten  Eck- 
zähne.   V.  Ms. 

Myosin,  ein  Etweisskörper,  von  den  nllgcmeinen  Kigenscliaflen  der  Globulir>e, 
wurde  von  Denis  als  ein  reicher  Bestandlheil  der  todtcn  Muskulatur  entdeckt.  Er 
kann  daraus  narl\  vorheriger  gründlicher  Auswaschung  derselben  mit  destillirtem 
Wasser  durch  ik'handlung  mit  10^  Kochsalzlösung  gewonnen  werden.    Die  sich 
dabei  bildende  klebrige  Flüssigkeit  enthalt  den  Körper  in  gequollener  Form, 
Wasserzusatz  schlägt  ihn  damis  als  weiss-flockige  Substanz  nieder,  Erwärmung 
auf  55~6e^  C  bringt  jene  zur  Coagulation.  Im  frischen,  ld»enden  Skeletmuskel- 
gewebe  scheint  das  Myosin  nicht  einfach  in  gelöster  Form,  sondern  in  Form 
sogen.  Generatoren  enthalten  zu  sein.   Kühne  hat  es  demselben  dadurch  zw  ent- 
ziehen  verstanden,  dass  er  den  vorher  durchspülten,  ganz  frischen  Froschmuskel 
einfrieren  lässt  und  ihn  dann  mit  dem  Vierfachen  seines  Gewichtes  an  Schriee, 
das  I  fr  Kochsalz  enthielt,  zerreibt.    Die  so  erhaltene  Mischung,  die  noch  unter 
0°  flüssig  bleibe  friebt  durch  Auspressen  ein  schwach  opalescuendes  Filtrat,  das 
Muskelplasma,  welches  bei  nachfolgender  Erwärmung  zu  einer  festen  Gallerte  ge- 
rinnt, die  sich  bald  in  einen  weichkömigen  oder  flockigen  Kuchen,  der  von  Myosin 
gebildet  wird,  und  das  Serum  scheidet  $. 

Myosorex,  Gray,  afrikanische  Untergattung  der  Spitzmäuse,  zu  Oo€iditra, 
Wagl.,  gehörig,  mit  der  am  Cap  lebenden  Form  M*  er«idurat  (M*)  varia,  Gkav,  be- 
sitzt im  Oberkiefer  3  Lttckenzähne.  S.  d.  Beschreibung  im  Art.  Crocidura,    v.  Ms. 

Myospalax,  Brdt.,  syn«  Siphmus,  Brts.,  Nageigattung  der  Farn.  Spalacoidea^ 
Brdt.,  mit  \  prismatisch  wurzellosen  Backzälinen,  mit  nngefurchten  Schneide- 
zähnen, mit  ])latteni,  wenig  abgesetztem  Kopfe,  nackter  Schnauze,  völlig  rudimen- 
tären Ohrmuscheln,  mit  langen  starken  Sichelkrailen  an  den  3  mittleren  Vorder- 
fingern (die  seitlichen  mit  kurzen  Nägeln),  mit  schwächeren  Hinterfüssen.  Die 
einzige  Art  M,  aspalax,  Brandt  (Lemmus  zokor^  Desm.),  der  Zockor,  bewohnt  die 
Gegenden  am  Altaigebiige.  Das  Thier  erreicht  eine  Uinge  von  zz  Centim. 
(Schwanz  5,5  Centim.),  ist  oben  gelbgraulich,  unten  weisi^u,  am  Scheitel  bis- 
weilen mit  einem  länglichweissen  Flecke.  Gräbt  sich  »roaulwurlartige«  Gänge, 
lebt  von  Wurzelwerk.     v.  Ms. 

Myotfaerium»  Avhard,  untermiocäne  Nagethieii^ttung  der  Familie  Murithtt 
Gbrv.,  zum  Genus  Mus  gehörig.     v.  Ms. 

Myotis,  Kaup.,  syn.  Vcspertilio  (I..),  Keys,  et  Blas.  (s.  d.).     v.  Ms. 

Myoxicebus,  \  r?,^  =  Chirogaleus,  Geoffr.  (s.  d.)-     v.  Ms. 

Myoxina«  Wagn.,  Schläfer,  Familie  der  Nagethiere,  zur  Gruppe  der  ^auro- 


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Ifyoxomjw  —  Myoxus. 


5»t 


morplia  (Siibordo  SduriJa,  Baikd.)  gehörig,  charaklcrisirt  durch  schmalen,  eng- 
stirnigen iinci  spit/srhnau/.igcn  Kopf,  ohne  Postorbitalfortsal/,  UingUches  Foramen 
infraurbilalc,  2ieinlich  grosse,  längliclie  l'uratnina  iticisiva,  sehr  grosse  Bullae 
tyropanicae.  Die  ^  Backz.  sind  deuüich  gewurzelt,  mit  queren  Schmelzleisten. 
Kein  Coecum.  Augen  ziemlich  gross,  der  Schwanz  ist  körperlang,  dicht;  mehr 
oder  weniger  s  zeilig  behaart^  Vorderfiisse  4zehig  mit  Daumenwaize,  Hinterfttsse 
5  zehig,  Ohren  fast  nackt;  sehr  deutlich,  Oberlippe  gespalten,  Batdwrsten  inflinf 
I^ngsreihen.  Die  nur  der  östlichen  Hemisphäre  zukommenden  Schläfer  ähneln 
biologisch  den  Eichhörnchen,  sind  aber  mehr  Dämmerungsthiere,  einige  halten 
Winterschlaf.  Auch  Fossilreste  sind  bekannt,  s.  Myoxus.  Die  Gattungen  Eliomys, 
A.  Wagn.,  Afyoxus,  Schreber  (GHs,  A.  Waon.)  und  Muscardinus,  A.  Wagner 
(s.  cL),  wurden  auch  als  Untergattungen  cineü  Hauptgenus  Myoxus,  Zinimermann 
(s.  ci.)  zusanimcngeiasst.  —  Als  4.  (2.)  Gattung  ist  Graphiurus,  F.  Cuv.  (Pinsel- 
bildie)  zu  betrachten,  letztere,  in  einem  frttheren  Ardkel  kurz  erwähnt,  zeichnen  sich 
durch  besonders  kleine  Backzähne  aus;  auch  fehlen  diesen  die  Querfalten  fast 
volbülndig.  Die  grossen  gerund^en  Ohren  sind  der  Länge  nach  einrollbar,  der 
sehr  dicke  Schwanz  ist  am  Ende  pinselardg  behaart  Hierher  Gr.  cafensis, 
F.  Cuv.,  oben  dunkel  braungrau,  unten  röthlich-weissgrau,  mit  dunkler,  von  den 
Augen  bis  unter  das  Ohr  ziehender  Binde.  Körperlänge  14.5  Centim.,  Schwanz 
kürzer.  Lebt  am  Cap  und  an  der  afrikanischen  Westküste  bis  zum  Senegal.* 
Cr.  muritnis,  GiEBFX,  Süd-Afrika.     v.  Ms. 

Myoxomys,  Tumk-s,  mittelamerikanische  Nagergattung  der  Mause  (Familie 
yAIurida€,i)  vom  Habitus  der  Siebenschläfer,  ausgezeichnet  durch  die  sehr  zahl- 
reichen Schmelzfalten  der  Backzähne,  kurze  Schnauze,  sehr  kurze  und  kurzbe- 
krallte  Fflsse,  an  den  Sohlen  mit  Waizenschwielen,  mit  Ungern  Schwänze  und  sicht- 
baren, variabelen  Ohren.  Nur  i  Art:       SalvHui,  Tomes,  Guatemala,    v.  Ms. 

Myoxus,  ZtMMERM.,  Nagergattung  der  Schläfer,  Farn.  Myoxina  (s.  d.),  die 
nach  der  Beschaifenheit  der  ^  Backzähne  jederseits,  in  drei  Subgenera  zerfällt: 
Eliomys,  Wahn.  Obere  Hackz.  mit  5  Querleisten.  GUs,  Wacn.,  erster  oberer 
und  unterer  Back/alin  mit  6,  die  folgenden  mit  7,  der  4.  mit  8  Querleisten.  Mus- 
cardinus, Wacn.  Krbter  oberer  Backzahn  mit  2,  zweiter  mit  5,  dritter  mit  7, 
vierter  mit  6  Qucrlei.sten.  M.  (Eiiomys)  quercinus,  L.  (nUela,  Wacn.),  gemeiner 
Gartenschläfer,  14  Centim.  lang,  Schwanz  9,5  Centim.,  oben  röthlichgraubraun, 
seitlich  heller,  unten  weiss,  mit  schwarzem  Augenringe,  der  sich  bis  zur  Halssette 
herabzieht^  vor  und  hinter  dem  Ohre  ein  weisser,  tiber  diesem  ein  schwarzer 
Fleck.  Der  Schwanz  ist  in  der  Endhälfte  buschig  9-zei%  oben  schwarz,  unten 
weiss.  M.  quertmus,  findet  sich  im  mitüeren,  westlichen  und  südlichen  Europa  p.  p., 
soll  im' Osten  fehlen;  bevorzugt  Gebirgsgegenden,  geht  in  der  Centralalpenkette 
bis  2000  Meter  (ib.  M. ;  T.aubholz  ist  ihm  besonders  erwünscht,  baut  freistehende 
runde  Nester  oder  bezieht  fremde  (Vögel  und  Eichhorn)  Nester.  Sämereien,  Früchte, 
Kerfe,  kleine  Vögel  u.  s.  w.  bilden  seine  Nahrung.  2.  I\f.  (E.)  Jryas,  S(  hreh., 
Baumschläfer.  Körper  9,5,  .Schwanz  8,8  Centim.  lang,  oben  röthlichbraun,  unten 
weiss,  mit  schwarzem  bis  zum  Oiir  sich  hinziehenden  Augenringe,  Schwanz  zwei- 
zeilig buschig  behaart,  oben  dunkelbraungrau,  unten  weisslidi  grau,  Spitze  rost* 
farbig.  Vertyreitet  sich  von  Süd'Russland  nach  Westen  bis  Oesterreich-Ungarn. 
Biologisch  ähnelt  er  dem  vorigen,  j.  M.  gUs,  Schrebbh,  Siebenschläfer,  Bilch. 
Körper  16,  Schwanz  13  Centim.  lang,  oben  aschgrau,  bisweilen  bräunlich  Aber* 
flogen,  unten  weiss,  mit  dunkelbraunem  Augenringe,  der  nach  der  ganzen  Länge 
buschig  zzetlig  behaarte  Schwanz  einüurbig  £ahl  bräunlichgrau.  Die  gemeinste 


S22 


Myrian«  —  Myriopoda. 


Art  seiner  Sippe  in  der  Fhene  und  im  rie1)ir<je  bis  1200  Meter  üb.  M.,  im 
mittleren  und  südlichen  Kuroiia  l)is  m  den  Kaukasuslandern.  Eichen-  und 
Buchenwälder  lieht  er  vor/ugswcist.  Iksunders  häutig  ist  das  Thier  in  Krain, 
woselbst  (wie  ja  auch  anderen  Ortes),  sein  Fleisch  hocl»  geschallt  und  sein  Feiz 
vielfach  vemerthet  wird.  Die  Römer  mästeten  den  Siebenschläfer  in  eigenen 
Glirarien.  Die  Nahrung  besteht  aus  allen  möglichen  Waldessioaereien,  aus  EieiD 
und  jungen  Vögeln.  Ueberwintert  in  hohlen  Bäumen  uiui  häufig  werden  beim 
Fällen  solcher,  gesellschaftlich  Winterschlaf  haltende  Bilche  erbeutet.  Paantng  im 
Frühjahr;  im  Juni  findet  man  3—7  Junge.  Sind  kaum  zähmbar  und  meist  in  der 
Gefangenschaft  j^egcn  üiresgleichen  sehr  imverträglich.  4.  M.  (Muscardmiu) 
avtllanarius,  L.,  Haselmaus,  siehe  Musrardinus.  —  ^f  i'Afuuardinus)  eUgam, 
V.  Sieb.,  in  Japan.  M.  (l'.liotnysj  mehtHurus,  Wagn.,  in  Erdhöhlen  am  Sinai.  M. 
(Eliomys)  orobinus,  W'm.n.,  im  Sennar.  Fossile  Myoxus-kxXQw  treten  im  Miocän 
auf  (Glts  s^eiatus,  Gl.  Cuvieri  etc.),  auch  die  Gattung  ßrachymys,  H.  v.  Mlv.,  ge- 
hört hierher,     v.  Ms. 

Myriana,  Savicny  (Eigenname?).  Gattung  der  BorvtenwUrmer,  Ordnung 
No^brat^hkUa,  Nach  Ehlers  wahrscheinlich  zur  Familie  HenoniäM  an  rechnen. 
Kopf  mit  vier  kleinen  Augen  und  vier  Fühlern,  die  Girren  der  Ruder  faden- 
förmig mit  verbreitertem  Ende.    Segmente  z.ihlreich.  Wd. 

Myrianida,  Mii.ne  Eewards  (der  Myriana  ähnlich).  Gattung  der  Borsten- 
würmer, Ord.  Notobranchiata,  Farn.  SyUiditf,  Grube.  Kopflappen  ohne  Prilpen, 
mit  drei  kcnlentcirmig  erweiterten  Stirnlühlern  und  Augen.  Segmente  mit  Ruder 
unil  keulenlormigem  Rückencirrus,  Baucheirren  fehlen  (£uL£Rs).  Wd. 

Myriapoda,  s.  Myriopoda.    E.  Tg. 

Myriopoda,  Leach.  18 14,  Myriapoda,  Latr.  1796  (gr.  tausend  und  Fuss^ 
TausendAtssler,  diejenige  Klasse  der  Arthropoden,  welche  sich  durch  eine  sehr 
grosse  An2ahl,  weit  über  10  gegliederte,  einklauige  Fasse  auszeichnen,  die  an 

einem  langgestreckten  Köri)er  sit2en,  dessen  Glieder  alle  gleichwerthig  sind,  sich 
weder  in  einen  Thorax  und  Hinterleib,  noch  in  einen  solchen  und  einen  Cephalo- 
thorax  cintheilen  lassen;  am  scharf  abgeschiedenen  Kopfe  sn?en  'wei  Fühlhörner, 
beissende  Mundtheile  und  jcderseits  eine  Gnipi)e  einfacher  Aupcn,  die  bei  gewissen 
Arien  aucli  fehlen  können.  Die  Thiere  haben  niemals  Flügel,  athmen  durch 
Luftlöcher,  wachsen  durch  unvoükomniene  Verwandlung  und  sind  nacimiche 
Thiere,  die  sich  von  vegetabilischer  oder  animalischer  Kost  ernähren,  welche  auch 
im  Absterben  begriüen  sein  kann.  Fossile  Ueberreste  finden  sich  vereinaelt  in 
den  Juraschichten  vor,  zahlreicher  im  Bernstein.  Die  Klasse  wurde  bisher  i» 
8  Ordnungen  zerlegt:  i.  ChUopoda^  Ltr.  1817,  Syngna^t  L^r.  i8os,  Lippen- 
fttssler,  EinpaarfUsslcr,  Bandasseln,  TausendfUssler  von  meist  fiachge* 
drllcktem  Körper  und  2.  Chilognatha,  Ltr.,  Diph^itrüf  Blainv.,  Julidae^  Leach, 
Zweipaarfiisslcr,  Schnurasseln,  Tausendflissler  yondrehrnnder  und  halbcvlindrischer 
Körperforni.  Die  erweiterten  Kenntnisse  dieser  lang  vernachlässigten  Arthropoden- 
kiasse  haben  eine  neue  Eintheilung  nothig gemacht  und  so  finden  wir  bei  Latzei 
(s.  u.)  5  Ordnungen:  i.  Chilopoäa  in  der  alten  Fassung  mit  16  Gattungen,  die  in 
die  Familien  Scatigtridatt  Lithobiidae,  Scolopenäridae,  GcophtHdae  gruppirt  sind 
und  in  erster  Linie  durch  <fie  namengebenden  Gattungen  veitf  eten  werden. 
StuHgerüt  Lam.,  Schildassel,  durch  Borstenftthler  und  Beine  ausgezeichnet,  welche 
an  Länge  alle  anderen  Gattungen  flbertreflen;  IMMtt,  Lbacb,  Steinkriecher,  mit 
borstenförmigen,  vielgliedrigen  Fflhlem  und  zahlreichen  Augen  jedeieeits,  Scol^ 
ptndra,  L.,  mit  schnurförnugen,  18 — aogltedrigen  Fflhlem  und  nur  4  einfachen 


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MyriotrochuB  —  Mynnecophnga. 


5*3 


Augen  jedcr«;eifs,  Crop/ii/us,  ],kach  (s.  d.).  2.  Ordn.  Symphyla,  Ryder  tS8o,  mit 
clei  einzigen  (iattung  Scolopendrdla^  Gervais  1839.  ^,Oi6x\.  Pauropoda,  I.ubokk 
1866,  mit  den  beiden  Familien  P.  ai^ilia,  Gntt.  Pauropus  und  P.  tardigrada  mit 
den  Ciattiingen  Brachypauropm^  Latzei-,  und  Eurypauropus,  Rvder.  4.  Ordn. 
Dtpiopoda,  Blainv.  1844,  in  der  allen  Fassung  mit  den  Unterordnungen  Psela- 
phognatha,  Latzbl  1884,  und  der  einzigen  Gattung  Polyxenus,  Ltr.,  CkilogKoiha, 
Ltr.  180»,  mit  den  Familien  GlomtrUae,  F<9fydesmidae,  Chorditmidaet  LyshfetUh 
iidae,  JmliiUte  und  mil  der  dritten  Unterordnung  (^hognaikat  Brandt  1834.  Die 
hier  in  Betracht  kommenden  Hauptgattungen  rind:  Glomeris  (s.  d.),  Ltr.,  Schalen- 
assel, Polydesmus,  I.tr.,  Randassel,  keine  Augen,  die  oben  warxigen  Körperringe 
beiderseits  in  eine  nnfpeboc'ene  Platte  ausgezogen,  erster  ohne,  zweiter  bis  vierter 
nur  mit  einem  Beinpaar.  Zahlreiche  Arten  in  den  Tropenländern,  neuerdings 
in  mehrere  Gattungen  gespalten.  Atraitospma ,  Fan7Aoo  1876,  Craspedosüma, 
Leach  1Ö14,  Lysiopetalum,  Brandt  1840  und  Juius,  Brandt  1833.  Letzte  Gattung 
in  der  engeren  Fassung  zeichnet  steh  aus  durch  drehrunden  Könier,  dessen  RUcken- 
Schilde  Ungsriefig  sind,  vom  sechsten  Ringe  an  eine  Doppelreihe  von  Saftlöchem 
tragen.  Der  Oberkiefer  hat  weniger  als  9  Kammblätter  und  das  i.  Beinpaar  ist 
beim  <^  in  ein  Hakenpaar  umgewandelt  5.  Ordn.  Mahe^poda,  Blaimv.  1840, 
Onyehfipk^a,  Grubb  1850,  mit  der  Familie  der  Peripalldae^  Gatt  PeriptUu$t 
Grff.niN'n,  ohne  europäische  Art.  —  Hauptsächlichste  Literatur:  J.  F.  Brandt, 
Recueil  des  memoires  relatives  ä  l'ordre  des  Insectes  Myriapodes.  St.  Petersbourg 
1841.  —  P.  Gervais,  Etudes  pour  servir  ä  l'bistoire  naturelle  des  Myriapodes  in 
Ann.  des  seine,  natur.  2.  Ser.  T.  VII,  1857.  —  H.  df,  Saussur,  Kssai  d  imc  faune 
des  Myriapodes  de  Mexico.  Gendve  1860.  —  ür.  Roh.  Latzkl,  die  Myriopoden 
der  Ö8ter.-ungar.  Monarchie.  Wien  t88o.  84.  Mit  96  litfa.  Tafeln  und  voll- 
ständiger Literatur  s*  auch  Tracheaten^Entwicklung.  —  E.  Tg. 

MyriotrochiiB  (gr.  mit  zehntausend  Rädern),  Eschricht  1851,  Holothurien- 
gattung,  Abfheilung  Sytiapllnen,  mit  radförmigen  Kalkkörperchen  in  der  Haut,  wie 
Chirodota,  aber  dieselben  in  3  Längsreihen  angeordnet  Ii,  Umäii,  Eschr.,  aus 
Grönland.     K,  v.  M. 

Myristinsäure,  Cj  4H,,  jO  OH,  eine  der  in  der  Milch,  im  Spermacet  und 
anderen  Fetten  sich  findenden  Fettsäuren,  die  in  weissen  Nadeln  krystallisirt.  S. 

Myrmarctos.  Gray" sehe  Bärengattung  mit  A/.  Evfrsmanni,  Gray  =  Ursus 
fürmU^uius,  £v£rsm.,  eine  constante  Varietät  von  Ursus  arctos,  L.,  s.  Ursus,  L.   v.  Ms. 

Mynaccobia«»  Waterh.,  Ameifenbeutler,  Spitzbeutler,  Beutelthiergattung 
der  Fam.  Dasymridae  (s.  d.)  mit  langgestrecktem  Körper,  sehr  spitzigem  KopG 
5  sehigen  Vorder- und  4  zehigen  Hinterfllssen,  Hinterbeine  verlängert,  Sohlen  behaart, 
Schwanz  lang,  zottig.  Weibchen  ohne  Bruttasche.  Ganz  besonders  charakteristisch 
ist  das  zahnreiche  Gebiss,  es  finden  sich  ^  von  einander  getrennt  stehende  Schneidez., 
I  Fckz.,  ^  Praemolare,  %  scharfspitzige  Molare  vor.  Zunge  diinn,  sehr  lang.  Nur 
eine  in  West-  und  Stid-Australien,  hauptsächlich  von  Insekten  lebende  Art:  M. 
Jasciatus,  Watf.rh.,  24  Centim.  lang,  Schwanz  18  Centim.  Färbung  des  Ko|)fes 
und  Vorderrückens  ockergelb,  weiss  gesprenkelt,  die  des  Hinterrückens  schwarz 
mit  7—9  weissen  Querbinden,  Unterseite  gelblich  weiss;  ein  schwarzer  Streif  zieht 
vom  Auge  zum  Ohr.    v.  Ms. 

Myrmecoleon,  Burm.,  verstümmelt  Myrmeleon  (gr.  Ameise  und  Löwe),  s. 
Ameisenlöwe.     £.  Tg. 

Myrmecophaga,  Shaw,  M.  atuleata,  ^hkw  =  E^hidna  hysirix,  Cuv.,  s« 
Ameisenigei,  Echidtia,  Monotrmata  und  OmUkodäphia,  —  Myrmuophag^  Lacbp. 

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5*4 


Myrmecoplwea. 


■=  Formtcanus ,   TUiiip.  (s.  d.^,  CatUing  der  Sclircivogel  iOrdo  Passrrririiu)  zur 
lamilic  Ucr  Jormuarttdiic ,  (Jkay,  gehörig.  —  Myrmtcophaga,  L.,  A nieiscnbaren, 
B'.dentatengattung  der  Faiwilic  Entamophaga ,  Wagn.,  bezw.  der  My^  /n^co^na^idae 
engl.  Aut.  Körper  gestreckt,  auf  der  Oberseite  dicht  und  struppig  behaart,  Mund 
zahnlos,  Schnauze  auffidlend  verlängert,  röhrenfönnig,  Mundapalte  klein,  Zcm^ 
fast  dfehmnd,  klebrig,  fein  bestachelt,  weit  (bis  auf  \  Meter)  vorstreckbar«  Obren 
deutlich,  abgerundet  Schwanz  lang,  VorderiUsoe  treten  mit  den  iussei«  Ftiss* 
rande  und  mit  dabei  nach  innen  gebogenen  Krallen  auf,  die  Hinterftisse  mit 
ganzer  Sohle.  15 — 18  Rippentra^ende  Dorsalwirbcl,  2 — örippenlose,  4 — 5  C^}  Sacral- 
wirbel  sind  vorhanden;  bei  M.  jubata  \itid  /^7M<7/2//i/a  verwächst  das  Sitzbein  m\i- 
dem  Krcu/heinrande,  daher  die  /ncisura  ischiadica  ein  Loch  vorsteHt.  Caudal- 
wirbel  hudcn  sich  ^^0  —  40.     Kiii[jen  sind  sehr  verbreitert,  bei  Af.  dhiaciyia  ver- 
schwinden in  Folge  dessen  die  Intcrcustalräume,  geringer  sind  sie  bei  J^f,  ju^aia. 
Das  Schlflsselbein  ist  bei  M.  d^aet^  sehr  stark,  bei  M.  jubaia  mdimentär,  bei 
M,  kmoMdua  soll  es  fehlen.  Ganz  besonders  ist  die  Ausbildung  der  Speicbel> 
drüsen,  so  erreicht  die  4lappige  GiamUUa  suhmaxUlaris  bei  M,  tamandwa  das 
Brustbein  etc.   Wundemetze  (s.  d.)  finden  sich  an  den  GUedmassen.  (Näheres 
s.  Rapp,  Anatom.  Unters,  über  die  Kdentaten.   Tübingen  1852).    Die  Ameisen- 
bären bewohnen  die  Waldgebiete  der  neotropischen  (südamerikanischen)  Region 
von  Guiana  bis  La  Data,  nähren  sich  von  Ameisen,  Termiten  und  Insekten-L.m  en, 
welche  sie  mit  ihrer  /uni  Fangen  solcher  1  hicrc  sehr  geschicktcti  Zunge  nu  fiesen. 
Die  wenigen  Arten  werden  auf  2  bis  3  (Gattungen  vertheilt,  welche  sicli  unge- 
zwungen auch  als  Subgcnera  einer  Hauptgattung  M.  betrachten  lassen  (Rapp,  V. 
Carus  etc.)  I.  M.  8.  Str.  (incl.  UroUptcs,  Wagl.,  und  Tama$ubta,  Lbss,  Gray).  Vomc 
4,  hinten  5  Krallen.  M»  jubata,  L.,  Grosser  Ameisenbär,  BfÜhnenameisenbär, 
Yunimi.   Totallänge  über  s  (S|S5)  Meter,  hiervon  entfiülen  70  Centim.  auf  den 
langen  Schwang  der  mit  bis  40  Centim.  langen  lanzettlichen  Haaren  buschig  be> 
setzt  ist  und  nicht  als  Greifschwanz  fungirt.  Die  dichtra,  steifen,  borstigen  Haare 
des  Körpers  verlängern  sich  am  Nacken  und  Rücken  zu  einer  Mähne.  Färbung 
schwarzgrait  (aschgrau  tnit  Schwarz)  bis  braun- rfnvar:':,  eine  besondere  Zeichnung 
erhält  der  Pelz  durch  einen  schiefen,  in  der  Kreuzgegend  si>it7.  endigenden, 
schwarzen  Schultcrstreif,  der  s<  iimal  blassgrau  gesäumt  ist  —  Heimath:  Brasilien, 
Guiana,  i'araguuy.    M.  tetradactyla,  L.  (M.  tamandua,  Desm.),  Tamandua.    1  bis 
1,30  Meter  lang,  hiorvon  entfallen  auf  den  nur  an  der  Basis  behaarten,  gegen  die 
Spitse  zu  mit  wirteligen  Hautschuppen  bekleideten  Greifschwanz  40 — 60  Centim. 
Körperhöhe  35  Centim.  Farbe  gelblichweiss  bis  gelb  mit  breitem  schwarzbruinai 
oder  schwarzen  Streifen,  welcher  sich  über  die  Schulter  nach  hinten  zieh^  seitlich 
sich  dann  sehr  ausbreitet  und  auf  dem  Hinterrttcken  mit  dem  der  anderen  Seite 
vereinigt.  Junge  Ijcemplare  sollen  auch  ganz  schwarz  oder  ganz  gelb  sein.  Heimath 
wie  die  des  vorigen,  wird  aber  auch  in  l'eru  gefunden.    Beide  Arten  werden 
von  den  Indianern  gefangen  und  verzehrt;  die  Haut  des  Tamandua  wird  zu  Leder  $ 
verarbeitet.  —  Gereizt  verbreitet  der  Tamandua  einen  tlurchdringenden  moschui» 
artigen  Gcrucii.    iL  Lyclothurus,  Gray  (Myrnudon^  Wacl.)  vorne  2  (äussere  sehr 
gross),  hinten  4  Krallen.  M,  äiäoffyla,  L.,  zweisehiger  oder  Zwergameisenbir,  hst 
Eicbhömchengrösse,  ca.  40  Ceotim.  TotallXnge  mit  18  Centim.  langem  Gfd^ 
schwänze.  Das  weiche,  seidenartig  gUnaende  Haar  ist  oben  gelhgraamtt  dunkel 
rothbrannem  Rttdtenlingsstreifen,  unten  grau  ~>  hält  sich  wie  die  vorigen  rid 
auf  Bäumen  auf,  lührt  eine  mehr  nächtliche  Lebensweise.   Heimatfa  Gnianii  ^ 

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Mymiedonia  —  Mjrsticcte. 


325 


Brasilien,  Peru.  —  Die  Gattung  Jifyrmeeüplutga  findet  sich  auch  fossil  in  sttd« 

amerilcanisdicii  Knochenhöhlen.     v.  Ms. 

Myrmedonia,  KRiciis.  {^r.  Amci'^ctihaufc),  eine  in  Ameisenhaufen  lebende 
Gattung:  der  Staphylinidae  (s.  d.),  deren  Fühler  aul  der  Stirn  eingelenkt,  iinbe- 
wehrler  Unterkiefer  überall  weichhaarig,  die  Unterlippe  mit  Nebenzungen  und 
3gliedrigen  l  ästern  versehen  it»t.  Der  Hinterleib  hat  aufgeworfene  Seitenränder 
und  die  VorderfQsse  sind  4»  die  HInterfUsae  5  zehig.  Man  kennt  80  Arten.  £.  Tg. 

Myrmekophilen  (gr.  Ameise  und  liebend),  s.  Aroetsengäste.    E.  Tc. 

Myrmien,  I«atr.  (gr.  wyrmext  Ameise)  Knotenameise,  diejenige  Gattung  der 
Amelsen  (s.  d.)  deren  Hinterleibsstiel  aus  2  Knotbn  zusammengesetzt,  Hinter- 
rücken mit  2  Domen  versehen  ist  und  deren  Weibchen  und  Arbeiter  einen  Gift- 
stachel tragen.  Die  Arten  sind  siemlich  zahlreich,  Aber  12  allein  leben  in  Deutsch* 
land.     E  Tr;. 

Myrmidon,  Waot,  ,  syn.  Cyc/othurus,  Gray,  Untergattung  der  Edentatengattung 
Myrmecophaga,  L.  (s.  d.).     v.  Ms. 
Myrtea,  s.  Lucina.    E.  v.  M. 
Myscebus,  Lbss.,  s.  Microcebus»  Gboppr.    v.  Ms. 
Mysia»  8.  Diplodonta.    E.  v.  M. 

Myaier.  i.  Die  Bewohner  der  kleinasiatischen  Landschaft  Mysien  und  ur- 
sprünglich auch  von  Bithynien,  aus  welchem  Lande  sie  durch  die  einwandernden 
Bithyner  verdrängt  wurden.  2.  Einer  der  Hauptstämme  der  alten  Moesier.     v.  H. 

Mysis,  Latr.,  Krebsgattunsr  <^cr  Fimilic  S,  hi%opoda,  zahlreiche  kleine  Arten 
umfassend,  welche  in  grossen  Scliaaren  auf  oftener  See  schwimmen.  Der  Härings* 
krebs,  .Tf.  ipinuloui,  Lkalh,  im  Atlantik.  Klhw. 

Mysomacedones.  Zweig  der  alten  Mysier,  wahrscheinlich  um  die  Quellen 
des  Flusses  Mysius  her  wohnend,     v.  H. 

Myspithecus,  F.  Cuv.  =  ChirügeUeus,  GEOFFa.     v.  Ms. 

Myatadna,  Giuv,  Fledermausgattung  der  Fam.  Braekjmra,  Wagner,  mit  drei- 
phalangigem  Mittelfinger,{-Schneidez.,|^  Eckz.,|Backz.(obere  Schneide«,  cckcahnartig, 
berühren  sich).  Schnauze  verlängert,  Nasenlöcher  mit  stark  vorspringenden  dicken 
Rändern,  Schwanz  sehr  kurz,  ragt  an  der  Rücken  flache  der  Zwischenschenkelhaut 
vor;  alle  Flughäute  sind  im  Grundtheile  verdickt,  lederartig  und  run/Jip.  Die 
einzige  neuseeländische  Art  ist  Äf.  tu  Iure  u/ata,  Gray  (EmbaUonut  a  tu/uriuhta, 
Forst.)  »neuseeländischer  Spitzschwirrer«.  Farbe  oben  braun,  Haarspitzen  weiss; 
Unterseite  heller.     v.  Ms. 

Mystax  (gr.  Schnurrbart)  Knebelbart  nennt  Mbicbn  den  Halbkreis  von  Borsten 
über  dem  Mtmdrande  vieler  Fliegen.    E.  To. 

Myaticete,  Gray,  83m.  Cae  edetiiata,  A.  Wagner  Bartenwale,  Gruppe  der  Fisch- 
säugethiere  (s.  Cetacea)^  zur  Unterordnung  der  camivoren  Wale  »Cete«  L.  Gray  ge- 
hörig. Die  M.,  die  grössten  Thiere  der  Jetztzeit  (sie  erreichen  angeblich  bis  30  Meter 
lünge  und  ein  Gewicht  bis  über  100000  Kilogrm.),  besitzen  zahnlose  Kiefer,  indem 
die  im  Fotnhustandc  vorhandenen  Zahnkeime  rxorh  Geokfrov  St.  Hilaire's  Beob- 
.ichtung  mit  der  weiteren  Entwicklung  der  Thicre  vollständig  sdiwinden.  ent- 
wickeln aber  am  Oberkiefer  und  G.iumen  rechts  und  links  zahlreiche  ^^250— 400) 
kauunformig  gestellte  biegsame  B.arten  (Elasmia  Fischbeine«);  diese  entstehen 
in  queren  Furchen  und  erweisen  sich  als  hornige  jseitige,  bisweilen  4seitige,  frei 
in  die  Mundhöhle  heiabhüngende  Platten,  deren  innerer  Rand  in  borstige  FSden 
aufgelöst  ist.  Die  Süsseren  am  Kiefer  befestigten  Barten  sind  die  längsten,  die 
der  Gaumenfläche  die  kürzesten.  —  Weiters  setebnen  sich  die  M.  durch  die 


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Mystromjr«  —  Mjrtifo». 


Grösse  und  Breite  des  Kopfes,  die  r,r(jsse  der  Felsenbeine,  den  Mangel  der 
Thränenbcine  aus;  die  longitndinalcn  bpriulocher  sind  getrennt,  der  Schlund  ist 
auffallend  L-ng,  —  Die  M.  zerüUen  in  2  Familien:  die  Balaenida,  C:  \v,  mil 
14  Arten  und  die  ßalaeno^eridae,  Gray,  mit  ca.  32  Arten.  —  Scliwcr  dia^nosti- 
cirbare  FossUrcste  von  M.  finden  sidi  im  Miocen  und  Pfiocen.     v.  Mi. 

Ifystromjrs,  Wacn.,  Ldfirdmäitse,  Nagergattung  der  Rennmäuse  -iMeriamidts*, 
Wagk.  (s,  d.)  mit  ungefurchten  Schneidesähnen  und  in  der  Mitte  tgebrochenenc 
Backzahnlamellen.  M*  a^^s,  Wagn.  13,2  Centim.  lang,  Schwans  4*3  Cenliin. 
dicht  und  kur»  behaart.  Ohren  gross,  breit,  »auf  dem  Rücken  unten  buschig  be- 
haart.i  Oberseite  licht  bräimlichgrau,  schw.irT:  melirt,  Unterseite  graulich  weiss» 
Pfoten  lichtgelblirh  (Iberflogen,  vordere  Schnurren  weiss,  hintere  schwarz.  — 
Heimath:  Süd-Afrika.     v.  Ms. 

Mythomys,  GkAv~CV«c»^tf/r,  uu  Chaili.u,  s.  Totamogale  du  Chiallu.     v.  Ms. 

Mytilacea  (von  Afytiius),  Cuviek  181 7,  Mytüus-artige  Muscheln  in  weiterem 
Sinn,  namentlich  solche,  welche  im  Zosammensehliessen  der  hinteren  Mantel- 
ränder SU  einer  fest  abgegrenzten  OefTnung  mit  Mytäus  Ubereinstimnen,  neben 
Cardiia  (und  Lutina)  auch  unsere  grösseren  Sttsswaasennuscheln,  Aiwl^tiia  und 
Unh  umfassend.     E.  v.  M. 

MytiUcardia  (zusammengesetzt  aus  Mytilus  und  Cardila),  Blainviujb,  Unter- 
gatttrng  von  Cardifa,  s.  Ud,  11,  pag.  36,  durch  die  weit  nach  vorn  gertickten 
Wirbel  und  die  langer  gestreckte  Gesanimilorm  an  MytHu$  erinnernd.  Hierher 
C.  calyiuiata  aus  dem  Mittelnieer.      K.  v.  M. 

Myttlidae  (vua  Myüius)  der  neueren  Systeme  oder  Myttiacea  bei  Lamaki  ic, 
Mytilus-artige  Muscheln  im  engem  Sinn,  s.  Mytilus.     E.  v.  M. 

MytUus  (gr.  Verkleinerung  von  My$  im  Sinne  von  Miesmuschel,  mehr  bei 
den  Römern  gebräuchlich),  Likn£  1758,  Muschelgattung  aus  der  Abthetlung  der 
Heteromyarien  (Bd.  IV,  pag.  128),  Typus  einer  eigenen  Familie  Jii^^ilaeem  oder 
Myiiliäae,  ausgezeichnet  dadurch,  dass  die  Wirbel  der  Schale  ganz  nach  vom  ge^ 
rückt  sind  und  unmittelbar  an  ihnen  der  Unterrand  beginnt,  sodass  gar  kein 
Vordeitheil  der  Schale,  kein  vorderer  Theil  des  Oberrande'',  wie  bei  anderen 
•Muscheln,  vt)rliaiulen  ist;  dasselbe  findet  nur  noch  bei  Drtissena,  Pmna  iiml 
GastrOihacna  statt;  dadurch  erhält  die  Muschel  eine  dreicckig-fachenoi nnge  Ge- 
stalt, die  Wirbel  bilden  die  vordere  Spitze,  von  der  Ober-  und  Unlerrand  diver- 
giren  und  endlich  durch  ein«!i  bogenförmigen  Hinterrand  verbunden  werden. 
Das  Schloss  der  Wirbel  hat  entweder  ^  keine  oder  nur  einzelne  schwache 
Zähne,  das  Schlossband  liegt  halb  innerlich  zwischen  den  Schalenrändem  und 
nimmt  nahezu  die  Hälfte  der  iJlnge  der  Muschel  ein:  an  seinem  hinteren  Ende 
bildet  der  Oberrand  eine  mehr  oder  weniger  deutliche  Ecke  und  verläuft  von 
da  an  mehr  gebogen  und  ohne  bestimmte  Ciren;;e  zum  Hinlerrand;  der  Unter- 
rand ist  annähernd  geradlinig,  bei  einzelnen  Arten  mehr  concav,  bei  niuleren 
mehr  convcx  luid  zeigt  stets  eine  kleine  klaffende  Stelle  zum  Hervorlreien  der 
ziemlich  groben  Hyssusiaden  an  der  Unterseite  des  üngerförmigeu  Fusses,  \vo- 
nui  da.-!  iliier  sich  nach  Belieben  an  fremde  Gegenstände  anheften  und  durch 
Abstossen  derselben  an  ihrer  Ursprungsstdie  sich  wieder  frei  machen  kann. 
Zwei  Muskeleindrücke,  der  vordere  innerhalb  der  Wirbel  sehr  klein,  der  hintere 
nahe  dem  Oberrande  gross  und  auffiUlig.  Mantelränder  nur  hinten  etwas  ver- 
wachsen, sodass  hier  eine  besondere  Oeffnung  (Analötlhung)  uch  von  der  allge- 
meinen Mantelspalte  abtrennt.  Die  Obernuche  der  Schale  ist  meist  nur  schwach 
gewölbt,  bei  der  Mehrzahl  der  Arten  glatt,  bei  anderen  radial  gestreift  oder  ge- 


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527 


(Z.91.) 


rippt  und  bei  diesen  auch  der  Rand  gekerbt.  Farbe  aussen  dunkel,  schwarz, 
schwarzblaii,  dunkelbraun,  grünlich  oder  braungclblich,  zuweilen  mit  dunkleren 
Strahlen;  Innenseite  schwach  porzellanartig,  ähnlich,  aber  heller  gefärbt,  bis 
weisslich  in  den  älteren  Thcilen.  I.cben  gesellig,  an  feste  vorstehende  Körper, 
wie  Steine,  Ttählc  u.  dergl.  angeheftet,  meist  in  der  Litoralzone,  in  den  meisten 
Meeren,  in  der  Kegel  bei  den  Menschen  als  Speife  beliebt  Mjftibu  eduüs, 
iJxtHtt  die  gewöhiiKche  Miesmuschel,  —  volksthflmliche  Kamen  s.  pag.  495 
unter  »MuscheU,  aussen  glatt,  fast  schwätz,  innen  bUulicb,  Junge  und  eine 
Varietät  bis  ins  Alter  blass  hombraun,  mit  mehr  öder  weniger  grünen  oder 
blauen  Strahlen  (M.  pellucidfs,  Pennant),  durchschnittlich  5  —  7  Ctntim.  lang, 
2^—31  hoch  und  2—3  im  Querdurchmesser,  sehr  häufig  in  der  Nord»  und  Ostsee, 
vom  Strand  bis  auf  einige  Faden 
Tiefe,  nördlich  bis  Finnmarken 
und  Süd-Grönland,  in  der  Ost- 
see mit  dünnerer  Schale,  in 
Zwergformen  bis  an  den  finni- 
schen Meerbusen,  in  England, 
Holland  und  Frankreich  allge- 
mein beliebte  Volksspeise, 
neuerlich  auch  in  Deutschland 
mehr  in  dieser  Beziehung  be- 
achtet, nicht  al)cr  in  Schweden 
und  Norwegen.  Zuweilen  kom- 
nien  allertlings  Vcrgirtimgszii- 
fallc  durch  diese  Miesnuischel 
vor,  wie  es  scheint,  durch  krank- 
hafte Beschaflfenheit  des  Thiers 
und  bei  der  enormen  Zahl  derer,  die  jährlich  genossen  werden  (s.  B.  400000  Stttck 
jüirlich  in  Edinburgh  und  I^th)  doch  veihältnissmäsng  sehr  selten.  Bei  dem 
letzten  in  Wilhelmshafen  vorgekommenen  Fall  konnte  eine  abnorme  Veränderung 
in  der  Lelu  i  dt  r  helthiere  bemerkt  werden  und  gehörten  die  betreffenden 
Stticke  alle  ilcr  hellbraun  gefärbten  mehr  oder  weniger  gestrahlten  Farbenabart 
an,  die  aber  sonst  auch  unschädlich  vorkommt  (vergl.  X'iRciiow  in  der  Berliner 
klinischen  Wochensc  hntt  i.SiS5  Nn.  48  inid  in  seinem  Arcliiv  für  jiatholog.  Anatomie 
104.  Hd.  1886,  pag.  lOi).  Die  Miesmuscheln  des  Mittelmceres  sind  durchschnitt- 
lich veihättnissmässig  höher  und  seitlich  weniger  gewölbt,  der  Ligamentrand  ver- 
hältnissmässig  etwas  länger  und  schärfer  vom  Rest  des  Oberrandes  abgesetzt,  da- 
her auch  von  Manchen  als  eigene  Art.  M,  galhproüuuiaüst  Lamarck  angesehen, 
aber  nicht  flberall  bestimmt  von  M.  edußs  der  Nordsee  zu  unterscheiden;  im 
Arsenal  von  Venedig  wird  er  besonders  gross,  bis  13^  Centtm.  lang.  Auch  die 
Miesmuschel  der  Ostküste  Nord-Amerika's  (M.  Iwrealis,  I.amarck),  ist  nicht  wohl 
von  M.  edulis  zu  unterscheiden  und  zeigt  namentlich  auch  dieselbe  Farben- 
V'arielät,  wird  dort  aber  nicht  gegessen.  Sehr  ähnlich  in  Färbung  un<l  Form  sind 
ferner  noch  die  Miesmuschel  Japans,  M.  Gntyanus,  Dunkkr,  diejenige  Süd- 
Afrika's,  Af.  meridtonaliSt  Kralss,  und  der  grosse  und  Hache  M.  ungulatuSf  Linng 
oder  €h»ru$t  Mouna.  von  Chile,  dieser  dort  auch  viel  von  den  Einwohnern  ge* 
gessen.  Im  Mittelmeer  linden  wir  noch  swei  gut  unterschiedene  Arten,  AL  mmi' 
ams,  Pou,  nur  i — 1^  Centim.  lang,  mit  bauchig  aufgetriebenen,  violettröthlichen 
Wirbeln,  ganz  obeiflächlich  an  Steinen,  und  M,  q/ier,  Lmmt  oder  perma.  Lau.,  so 


Miesmuschd,  Afyälut  niulis.   F  Fuss  mit  seinem  Bystus 

\V  Wirbel. 


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Myu  —  Myxospongiae. 


gross  als  edulis,  vom  StStlcer  ragespitzt,  glänzend  grasgrün  oder  bl.iss  gelbbraun, 
nur  an  der  Ktlste  von  Algler  und  Marokko,  aber  stellenweise  in  Süd- Frankreich 
acclimatisirt.    Kin  anderer  grüner  Mytilus  ist  der  indische,  in  Singapore  auf  den 
Fischmarkt  kon^mcnde  M.  viridis,  I  innf:,  oder  smaragdinus,  I.am  ,   meist  mehr 
briumlicli,  mit  breiter  schun  blaiilirhpriiner  Ranclzone,  jung  ganz  grün.  Unter 
den  Arien  mit  Kadialskulptur  und  gekerbtem  Rand  (Auiacomya  bei  Mürch)  ist 
die  ansehnlichste       Magelbmeus,  ChemnitZj  10^13  Centhn.  lang^  vom  grob 
gerippt,  sehr  zugespitstp  dunkelrothbraun  oder  schwarz,  innen  g^n  den  Rand  zu 
röthlich»  circunipolar  in  den  kälteren  sOdlicheren  Meeren,  da  er  ausser  der 
Magcllanstrasse  und  den  Falklandinseln  auch  am  Gap  der  guten  Hofihtuig  und 
bei  der  Kergueleninsel  vorkommt.   Feiner  gerippt  nnd  kleiner,  s — 3  Centim. 
lang,  sind  Af.  7'(if  iahilis,  Kratss,  etwas  gekörnt,  aussen  gelbbraun,  innen  violett- 
rotb,  etwas  perlmuttcrglanzcnd,  haut'ig  an  der  Oslküste  Afrika's  von  Natal  bis  ins 
Rothe  Meer  und  jetzt  aiicii  im  Sue^kanal,  und  Af.  exusius.  I.iNNt':,  mehr  glatt, 
häutiger  schwär/,  als  braun,  in  Wc^t-Indien  und  an  den  Küsten  Braniiiens  bis  Rio 
Janeiro.   Monographie  der  lebenden  Arten  bei  Reeve,  conchol.  icon.  Bd.  X.  1858, 
61  Arten.  Fossil  finden  sie  sich  schon  im  unteren  Silur  nnd  in  der  Permischen 
Formation,  wovon  aber  mandie  vielleicht  zu  den  AvicuUden  (M,  ffausmamm, 
GoLDF.)  gehören,  vergl.  auch  Ä^foßma,  dcherer  von  der  Trias  an,  so  Mi  eAdi- 
f^rmiSt  ScMLOTHKfM,  im  Muschelkalk,  M»Juremis,  Römf.r,  und  der  radialgestreifte 
pectinahis,  Sow.,  im  weissen  Jura.   Nächstverwandt  mit  Mytilus  und  zu  derselben 
Familie  gehörig  sind  die  (Gattungen  Si-ptifer,  Modiola.  Modioiaria,  Crcnella  und 
Lithodomus,  etwas  verschieden  durch  Verwac  lisen  der  Mantelränder  in  weiterem 
Umfang,  sonst  noch  reclu  ahnlich  Dnissena  und  Modiolarca.     E.  v.  M» 
Myu,  s.  Mroes.     v.  H. 

Myxamoeba,  Favod.  Der  amöboide  ausgewanderte  Cysten-Inhalt  von 
Myxomycctcn,  speciell  bei  (Amoeba)  Limax,  Duj.  angewandt  (s.  Bot.  Zeitung, 
41.  Jahrg.  p.  169  ff.).  Ff. 

Myxioola,  Schmarda,  Gattung  der  Borstenwtirroer,  Ord.  CepkabbrantMi^, 
Farn.  SitbeUiäae,  Schmarda.  Facherwürmer.  M.  parasita  hat  zwei  Kopf-  und 
vier  Schwanzaugen  und  ausserdem  je  ein  Auge  seitlich  .in  den  vierzig  Segmenten. 
Die  Kiemen  sind  durch  eine  Haut  verbunden;  ihr  Blut  ist  grün,  ^if  baut  sieh 
eine  durchsichtige  Röhre,  die  sie  aber,  sobald  sie  gestört  wird,  verlasst,  um  sich 
in  küratesier  Zeit  eine  neue  zu  bauen.  \Vd. 

Myxilla,  Schmidt  1862.  Schwammgatiung  der  Familie  Desmacidoiudae, 
Ordnung  Cornacuspongiae  VoSMABR.  Pf. 

MjnciBoIden,  Joh.  MOllbr,  einzige  Familie  der  Hyperph^,  JOK.  Müller  (s.  d.), 
mit  denselben  Charakteren.  Gattungen:  J^xme,  L.  und  Bi^h^oma,  Müll.  Ks. 

Myxocystodea,  s.  Noctiluca.  Rchw. 

Myau>diGQnini^.  Schlcimnetz),  Häck.  1 868.  Gattung  ätr  Amathfa  rtticulosa.  Pf. 

Myxospongiae,  (Gallerlschwämme),  skeletdose,  einer  Faserrinde  entbehrende 
Spongicn  von  krustenförmiger  oder  unregclmassig  verzweigter  Form.  Die  Ober- 
flache  ist  glatt,  sammetartig  oder  schUiptVig.  Farbe  verschieden:  blass  oder 
dunkler  gelb,  blau,  roth,  braun,  scluvär/.lich  oder  jnirpurn.  Sie  erreichen  eine 
Grosse  bis  zur  Handfläche  bei  einer  Hohe  bis  zu  6  Millim.  Das  K.analsysteni 
ist  bei  den  verschiedenen  Gattungen  verschieden.  Die  <^undstt1»tanz  dieser 
sehr  weichen  Schwämme  Ist  hyalin,  in  derselben  kommen  bei  einer  Art  elastische 
Fasern  vor,  bei  zwei  andern  finden  sich  DrUsenzellen  an  der  Oberflflche.  Bei 
OseareUa  loMaris  O.  ScHit.  sind  Brutknospen  beobachtet^  welche  sich  als  kugelige 


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Myxospongiae  —  Mxab. 


Blasen  ablösen,  frei  Bchinmmen  und  sich  später  festsetzen.  Die  Ordn.  Myx(h 
spongtM  dürfte  aufzulösen  sein,  da  sich  cüc  einzelnen  Glieder  derselben  in  die 
anderen  Schwammordnungen  einreihen  lasse  ti,  wie  denn  schon  die  früher  mit 
den  Gallertspongien  vereinigte  skelettlose  Gattung  Chondros ia  zusammen  mit 
Chondrtlla  in  die  Nähe  der  TctracthuUidtu  (s.  Tetraxonia^  gestellt  wurde.  Die 
GallcrLbchwämme  umfassen  die  3  Gattungen  Halisarca^  Oscarella  und  Bajaius, 
welche  alle  drei  in  geringen  Tiefen  leben,  die  beiden  ersten  im  Mittelmeer 
und  im  Atlantischen  Ocean;  eine  Art  MaÜsarta  StAukei,  Mbrejk.,  nur  aus  dem 
weissen  Meere  bekannt  Die  Gattung  Bajotus  bisher  nur  bei  Australien  ge^ 
iiinden.  Wsltner.  , 
Myxospongiae,  ^.  Poriferenentwicklung.  Grbch. 

Myzhelmintha,  Di£s.   Unter  diesem  Namen  fasste  Diesimg  die  Trematoden 

und  Hin  linecn  zusammen.  Wd. 

Myzomela,  Vic.  et  Horsf.  (gr.  myzo,  saugen,  null  Honig),  Gattung  der 
Familie  Honigfresser  (Meliphagidae) ,  kleine  Vögel  mit  dünnem,  spitzem,  säbel- 
förmig gebogenem  Schnabel,  von  den  in  der  Gestaii  annlichen  Nektarvögeln 
(Cinnyris)  dadurch  unterschieden,  dass  das  Gefieder  stets  der  Metallfarben  ent- 
behrt Etwa  30  Arten  in  Australien,  auf  den  papuasischen  und  polynesisehai 
Inseln.  Rcnw. 

MyiOBtoma,  F.  S.  Lsuckart.  (Griecb.  Mit  saugendem  Mund).  Merk- 
würdige Gattung  der  Saugwürmer,  Tretnatoda^  von  noch  zweifelhafter  Stellung. 
Ausgezeichnet  durch  einen  flachen,  scheibenförmigen,  mit  Flimmercilien  besetzten 
Körper  mit  vorstillpbarem  Rüssel  und  seitlichen  Saugnäpfen  an  der  Bauchfläche. 
Oer  Darm  ist  baumartig  verästelt.  Beide  Geschlechter  sind  vereinigt.  Aus  den 
Kiern  schlüpfen  wimperndc  Embryonen,  die  zu  Larven  mit  zwei,  später  ftinl 
Panr  Fussstummeln  auswachsen,  so  das.s  man  an  Tardigradcn  oder  gar  an 
Borstenwürmer  denken  könnte.  —  M.  glabrum,  I^euckart,  lebt  auf  Comatula 
tMdÜtrramea,  je  zwei  Individuen  in  einer  sackartigen  Anschwellung,  die  eine 
Oeflßiiung  nach  aussen  hat,  also  ähnlich  wie  bei  Mfnattomim  fiAa  und  M. 
vermeüsum.  Auch  auf  Mnertnus  und  PetitacrimtSt  die  der  Chailemger  aus 
grossen  Tiefen  gezogen  ha^  hat  WnxSMOES  Suhms  je  zwei  oder  auch  drei  solche 
M.  in  Cysten  (mit  Oeffnungen  nach  aussen)  gefunden,  hwi  Comatula  mediten  anea 
leben  noch  drei  Arten  von  Mytastoma,  nämlich  M.  tuhcriulosum ,  Semi'EK  (im 
October  bei  1  riest),  ferner  M.  Thompsoni,  Dikstng,  in  Schweden  und  Schottland 
und  M.  SchuUzeanum,  Diesing,  im  Sommer  l)is  August  in  Triest.  Wd. 

Mzab  oder  Beni  Mzab,  Bcni  Mezab,  auclt  Mzabitcn,  reiner  Berbersüimm  von 
50—60000  Köpfen  in  der  algerischen  Sahara,  wo  sie  unter  anderen  die  Oasen 
von  Ghardaja  «nd  GnerrAra  inmHiaben.  Die  M.  bilden  in  pcdkbcber  Hnidcht 
einen  Bund  von  sieben  Ortschafken  und  sind  aus  dem  sQdlichen  Ttois  w^en 
Religionsverfolgung  nach  ihren  heutigen  Wohnsitsen  eingewandert  Sie  haben 
sich  bis  jetzt  von  jeder  Vermengung  mit  fremdem  Volksthum  bewahrt.  Sie  sind 
swar  Moslemin,  gelten  aber  bei  den  wahren  Gläubigen  als  Ketzer.  Ihr  Glaube 
ruht  auf  dem  »kamfia'c  (fünfte)  Buchstaben  des  Korans;  sie  erkennen  keinen 
Kornntentar  an  und  lassen  den  religiösen  Adel  der  Marabutin  nicht  gelten;  sie 
glauben  auch  nicht,  dass  die  Tugend  durch  die  Verbindung  mit  einem  Namen 
gegeben  werden  kann.  In  der  Ausübung  ihrer  Religion  sind  sie  viel  strenger 
als  die  Araber,  haben  aber  mehrere  Gebräuche  anscheinend  chribtlichca  oder 
jüdischen  Ursprungs  beibehalten,  darunter  den  Gebrauch  des  Sonnenjahres;  auch 
geben  sie  den  Monaten  Namen,  die  den  unseren  nemlich  ähnlich  sind;  desislamitir 

2«al.,  Amfatofal.  11.  Blfcaukgte.  Bd.  V.  34 

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$3» 


Mnb. 


sehen  Kalenders  bedienen  sie  sich  nur  anlässlicli   der  religiösen  Feste.  Hat 
jemand  einen  ernsten  Fehler  begangen,  so  trifft  ihn  Verbannung,  eine  wahre 
Fxkutiirnunikaüon.    Er  gilt  als  völlig  Fremder,  seine  Güter  werden  zum  Besten 
der  Moschee  beschlagnahmt  oder  an  seine  Erben  vertheilt.   Der  Verbannte  gilt 
«Is  todt,  wnrd  ein  unreines  Ding,  kann  in  keiner  Stadt  des  i/bäb  mehr  leben; 
niemand  darf  bei  strenger  Strafe  mit  ihm  unter  einem  Daphe  wohnen,  ihm  Trank 
oder  Nahrung  geben,  ja  nnr  aus  Versehen  sein  Kleid  streifen.  Doch  kann  jeg* 
lieber  Fehler  gesühnt  werden.   Daxu  begiebt  sich  der  IL  Freitags  zur  Gebets- 
stunde  in  die  Moschee;  dort  um  sein  Begehren  vom  Priester  befragt,  1^  der 
Sünder  ein  ufTentli^hcs  Bekenntnis«  seiner  Vergehen  ab,  erhält  einen  Verweis 
und  das  Versprechen  der  Vergebung  nach  vollzogener  liusse,  die  darin  besteht, 
daüs  er  eine  gewisse  Zeit  des  Umganges  mit  seinen  Glaubensgenossen  beraubt 
ist,  trotzdem  er  unter  ihnen  wohnt.    Die  Autorität  der  Priester,  der  tTolba« 
i^Studenien)  ist  suhr  bedeutend  und  über  den  ganzen  Bund  ausgedehnt;  die  welt- 
liche lilacht  ist  auf  die  stttdtische  Verwaltung  beschidinkt.  Die  Moschee  behetxscht 
den  gansen  Bund.  An  der  Spitze  des  Klerus  sieht  em  eindges  Oberhaupt^  aus 
den  Oberhttuplem  der  Tolba  jeder  Stadt  von  diesen  auf  Lebensxeit  erwählt 
Die  Tolba  üben  alle  richterliche  Gewalt  nach  den  alten  Gesetzen  der  M.  Diese 
verbieten  bei  Strafe  der  Verbannung  eine  fremde  Frau  zu  heirathen.  Frauen 
und  Mädchen  dürfen  niemals  das  M/.ab  verlassen.    Ein  M.  darf  erst  dann  eine 
Reise  unternehmen,  wenn  er  verheirathet  ist  und  Kinder  hat  oder  schwört,  seine 
Frau  schwanger  zu  hinterlassen.    Neuerer  Zeit   ist  man  etwas  weniger  streng. 
Verbannung  und  Bastonnade  sind  die  üblichsten  Strafen.   Todes-  und  Gefängniss- 
stratc  ist  ganz  unbekannt.    GelUbussen  werden  durch  die  weltliche  Behurde  dir 
municipale  Vergehen  auferlegt  Die  Moscheen  besitsen  grosse  Gitter  und  jeder 
ist  SU  einem  Tribute  an  sie  verpflichtet   Die  Moscheen  führen  ocdentliche  Zivil» 
standsiegister  Uber  Geburten,  TodesflUle  und  Trauungen;  die  Tolba  schreiben 
ferner  noch  eine  Chronik  Uber  alle  Vorfälle  im  Mzab  und  bewahren  die  Berichte 
über  die  Verhandlungen  in  den  grossen  religiösen  und  politischen  Versammlungen, 
an  welchen  die  geistliche  und  die  weltliche  Macht  sich  betheiligen.    Jede  Stadt 
verwaltet  sich  besonders  mittel'^t  einer  Notablcnversammlung,  aus  den  Häuptern 
der  ältesten  Familien  bestehend.    Zum  Schutze  gegen  die  räuberischen  Tuarik 
ward  eine  gute  Miiitarorganisation  geschaffen,   in  jeder  Moschee  sind  die  Namen 
aller  Watientähigen  verzeichnet,  mit  dem  Vermerk,  ob  der  Mann  anwesend  oder 
verreist  sei,  ob  er  ein  Pferd  oder  Maulthier  besitse.  Jeder  M.  muss  eine  Flinte,  eine 
Pistole,  tAnetk  Säbel  und  eine  vorgeschriebene  Menge  Mumtion  besitsen.  Jede 
Stadt  ist  von  einer  starken  Mauer  umgeben,  in  deren  Thflrmen  Bewaffiiele  Wache 
halten.  Leider  zerretssen  mitunter  innere  Partbeifehden  den  Bund.  In  kdipor> 
lieber  Hinsicht  sind  die  M.  weniger  blondhaarig  als  andere  Berber,  kidner, 
stämmiger  bei  sehr  entwickelten  Händen  und  Füssen  als  die  Araber.  Ihre  kurze 
Gestalt  soll  von  der  schweren  Arbeit  herrühren,  welcher  schon  die  Kinder  unter- 
worfen werden.   Die  geistige  Erziehung  wird  auch  nicht  vernachlässigt;  die  Knaben 
ierncu  m  den  Schulen  der  Tolba  Religion,  die  Landesgesetze,  Lesen,  Schreiben 
und  Rechnen.    Dslü  Arabische  dient  zum  Unterricht;  Umgangssprache  ist  aber 
das  Berberische.   Die  junge  Generation  lernt  jetzt  auch  noch  allgemein  fran- 
zösisch. Die  Erziehung  ist  eine  rauhe.  Wie  alle  Berber  leben  die  M.  in  Mono- 
gamie, halten  aber  ihre  Frauen  strenge  eingeschlossen  und  am  Webstuhle.  Die 
Hetrath  ist  ein  ernstes  Ding  und  wird  ausserordemüch  früh  geschlossen.  Der 
M.  kauft  sein  Weib  nichts  vielmehr  bringt  sie  ihm  Mitgift  su.   In  der  Famüie 


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MzaXa      Biähnenschaf.  531 

übt  dasselbe  grossen  Einfluss  und  die  geringen  hlUislichen  Bedürfnisse  der  M. 
werden  oft  von  dem  Fleisse  der  Frau  allein  bestritten;  Ebescheidung  kommt 
selten,  bloss  in  gans ernsten  Fftllen  vor;  die  Mehrzahl  der  häuslichen  Verriebtangen 

föllt  den  jungen  Mädchen  zu.  Letztere  sind  beinahe  alle  hübsch,  ha!)en  ^osse 
Augen  und  rceelmässige  Ziif^e  Sie  tragen  ein  rothcs  oder  blaties  Wollkleid  aus 
zwei  Stücken  Zeug,  auf  den  Aciiseln  mit  Metallagrafien  und  durch  einen  Gürtel  fest- 
gehalten. Das  Haupt  hleil)t  unbedeckt;  die  Haare  ordnen  sie  in  befremdender 
Weise  hinten  aru  Kupic  zu  emer  Art  Krone,  zu  beiden  Seiten  der  Schlafe  aber 
musebelaitig.  Die  Nasnupitse  wird  mit  Thew  besuchen,  gegen  den  bösen  Blick. 
Die  Tracbt  der  MSnner  ist  die  arabische»  nnr  dass  sie  nicht  um  den  Kopf  die 
Übliche  Kamdsdinur  tragen.  Alle  Minner  beschäftigen  sich  mit  Handel.  Die 
M.  haben  ttbetall  im  algerischen  und  tunesischen'  Teil  ihre  Kontore  und  Nieder- 
Lissungen  und  stehen  in  lebhaftem  Karawanenverkehr  mit  Tuat  und  Tidikelt 
Die  Industrie  ist  sehr  entwickelt.  Sie  treiben  Pulvererzeugung  im  Grossen  und 
haben  5000  Webstühle,  auf  denen  die  Frauen  Stoffe  von  grobem  aber  festem,  sehr 
geschätztem  Gewebe  für  Burnus,  Haik,  'ieppiche  u.  dergi.  herstellen.  Gcwuhn- 
lich  beginnt  der  M.  damit,  im  Teil  seine  eigenen  Wollgewebe  zu  verkaufen  ,  tltn 
Erlös  verwendet  er  zur  Errichtung  einer  Fleischerei,  eines  Kramladens,  nebenbei 
einer  Mühle  in  irgend  einer  StadL  Nadi  mehreren  Jahren  kehrt  er  nach  dem 
Maab  auittck»  entsendet  aber  einen  Geschttftsfround,  der  wibrend  seiner  Abwesen- 
heit sein  Haus  besorgte,  um  die  Geschäfte  weiterzuführen.  Der  Zurfldcgekehrte 
eröffnet  nun  in  der  Heimath  einen  Kramladen,  wosu  er  die  Waaren  von  seinen 
Genossen  im  Teil  erhält.  So  bilden  rieh  Handelshäuser,  welche  zahlreiche  Filialen 
besitzen  und  in  ganz  Nord-Afrika  wegen  ihrer  strengen  Rechtlichkeit  hochange- 
sehen sind.  Ks  giebt  unter  den  M.  Millionäre,  die  vielfarh  als  kleine  Krämer 
angefangen  haben.  Das  Lügen,  bei  den  Arabern  Afrika  s  die  zweite  Natur,  wird 
von  den  M.  verabscheut;  auch  sind  sie  selir  reinlich,  denn  man  findet  bei  ihnen 
zahlreiche  öffentliche  Erleichterungsorte,  waiirend  in  den  arabisciien  Städten  die 
Gassen  oder  die  flachen  Didier  veranrefaügt  werden.     v.  H. 

IfsaXa*  Stamm  der  Berber  (s.  d.)  im  Teil  der  algerischen  Provins  Kon- 
stantine.   V.  H. 


Nachtrag. 

Macedonisches  Zackelschaf,  ilcm  cretischen  Schaf  (s.  d.)  ähnlich,  indess 
etwas  kleiner  und  mit  längerer  und  gröberer  Wolle  bekleidet.  Auch  sind  die 
Hormpiralen  nicht  nach  auf-  sondern  nach  seitwärts  gerichtet.  Der  Verbreitungs- 
besilk  dieser  Race  ist  das  nlftrdlicbe  Griechenland.  R. 

Maddcay.  Zahlieicher  Indianeiatamm  am  Filcomayo,  wahrscheinlich  ver- 
wandt mit  den  Lule.    v.  H. 

Biadngaaharfachea  Stummelacfawanz-Sehnf»  em  kleinesi  mit  kurzen,  glatt* 
anlegenden,  braunen  Haaren  bedecktes  Thier,  dessen  Schwans  kurz,  dünn  und 
stumpfspitzig  ist  und  durch  die  ungeheure  Fettmasse,  welche  zu  beiden  Seiten 
der  letzteren  gelagert  ist,  noch  viel  kürzer  erscheint.  Die  Fettmasse  sitxt  in  Form 
eines  Kissens  auf  der  Stcissgcgend  und  wiegt  10 — 12  Kilo.  R. 

Mahnenschaf,  Dinkasrhaf  (Ovis  a/ntana,  L),  wird  nach  Sciiweinwrth 
bei  den  Dinka,  Nucr  und  Öchilluk  m  Afrika  getroffen  und  zeichnet  sich  durch 
einen  mäbnenartigen  BesaU  von  .Hals,  Brust  und  Schulter  aus.  Dadurch  eibKlt 

34* 


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53« 


CS  nicht  selten  das  Aussehen  eines  kleinen  Büffels.  Der  übrige,  auf  kurzen  Beinen 
ruhende,  plumiic  Körper  ist  mit  schlichten  Deckhaaren  besetzt.  Die  Farbe  ist 
meist  rein  weiss,  seltener  braun-  oder  schwarz-gescheckt  oder  rothbraun.  Die 
Hömer  sind  an  ihrer  Basis  zunächst  stark  nach  hinten,  sodann  halbmondförmig 
nach  vorne  gerichtet  und  endigen  mit  stumpfen  Spitzen  unter  den  Augen.  Diese 
Race  ist  nicht  gleichbedeutend  mit  dem  wilden  Mähnenschaf  {O,  tra^elaphtis} , 
sondern  stdlt  eine  Fonn  des  schmal-sdiwinsigen  Schalies  dar.  R. 
lUnliog  «  HMsliog  (s.  d.)  Ks. 

Ibinber-Ziege  (Htran  MamkrUnt),  eine  im  Orient  xtemficii  verbreitete  Ar^ 
welche  sich  durch  ausserordentlich  lange,  flache  und  schlaff  herabhängende  Ohren 

von  allen  anderen  Arten  unterscheidet  Dieselbe  ist  ziemlich  gross  und  etwas 
hocli  gebaut.  Beide  f  icsf  hlechfer  sind  gehönit.  Die  Hörner  sind  klein  und  kiir7. 
Die  charakteristischen  Dhren  sind  doppelt  so  lang  als  der  Kopf,  relativ  schmal, 
.  stumpf  abgerundet,  in  der  Nähe  der  Spitze  etwas  nach  aussen  aufgerollt,  flach, 
schlaff*  und  so  tief  an  den  Seiten  des  Kopfes  hängend,  dass  sie  bis  über  die  Hälfte 
des  Halses  hinabreichen.  Die  Behaarung  ist  reichlich  und  dicht;  im  Gesicht, 
an  den  Ohren  und  Unterltissen  kurs,  an  den  Übrigen  Theilen  des  Körpers  sehr 
lang,  sotttg,  straff,  siemtich  fein  und  fast  seidenartig  glAnzend.  Auf  dem  Sdidtel 
und  der  Stirne  bildet  sie  eine  Art  Schopf  und  hinter  dem  Kinn  einen  schwachen 
Bart.  Die  Farbe  ist  meist  weiss  und  grau  gemisdit,  nicht  selten  dnfach  weiss» 
gelbbraun  oder  schwarz.  Als  ursprüngliche  Heimath  dieser  Ziege  gilt  Syrien. 
I«  den  Gegenden  von  Aleppo  und  Damaskus  wird  sie  in  grösseren  Hcerden  der 
Milchnutzung  wegen  gc-itichtet.  Auch  bei  den  kirgisischen  Tataren  wrd  dieselbe 
häufig  angetroffen.  .Als  ITnterracen  gelten  die  ;£Ottige,  die  natolische,  die 
schafartigc  und  die  kraushaarige  Maniber-Ziege  (Fitzinger).  R. 

Mancelle-Rind,  eine  durch  Kreuzung  von  Normänner-,  Bretonner-  und 
Partlicnaise-Vieh  entstandene  Mischlingsrace,  welche  hauptsächlich  im  Beiirke 
le  Mans  im  fransösischen  Departement  Sarthe,  und  in  den  Departements  Mdne 
und  Loire  gestlchtet  wird.  Die  Thiere  sind  von  mittlerer  Grösse  und  von  gelb 
oder  braunrother  Farbe  mit  weissen  Alueichen,  von  welchen  insbesondere  die 
>Blässe«  niit  /.ietnlichcr  Constanz  hervortritt.  Die  aniMnglich  unschönen  Formen 
wurden  durch  Beimischung  von  Durbam-BUit  etwas  verbessert.  Die  Nutaungs 
eigensrhnftcn  sind  nicht  sehr  hervorragend.  R. 

Manna.  Als  Manna  bezeiclinet  man  den  erhurteien  Satt  gewisser  Bäume, 
Welche  in  Folge  des  Stiches  von  Cicaden  (vergl.  diesen  Artikel)  oder  auch  von 
anderen  Hymenopteren  hervorquillt.  D. 

Mariahofer  Rind,  ein  dem  Mttrzthaler  Vieh  (s.  d.)  verwandter»  semmel 
farbener  Schlag  in  Steiermark  und  KAmten,  welcher  je  nach  den  Zuchtbesirken 
einige  Abweichungen  in  der  Form  und  Grösse,  sowie  in  der  Schattining  der 
Haarfarbe  zeigt.  In  letzterer  Hinsicht  finden  sich  alle  Uebergänge  vom  Hell* 
wcissgelben  bis  ins  Köthlichbraune.  Als  charakteristisch  gilt  eine  helle,  fleisdi- 
Tothe  Haut,  ein  ebensolcher  Nasenspiegel  (Flotzmaul),  helle  Schleimhäute,  gelbe, 
et^vas  nach  vorne  gerichtete,  f^lntte  Hörner,  gelbe  Klauen,  weissgelbe  oder  semmel- 
farbige, glänzende,  kurze  Haare  mit  dunkleren  Farbentönen  am  Kopf  und  Hals, 
sowie  helle  Säumung  der  Augenlider.  Milchergiebigkeit  und  Mastnutzung  sind 
gut.  R. 

Maroltaise-Rind,  eine  im  Norden  Frankrdchs  geaflchtete,  dem  landrischen 
Vieh  (s.  d.)  verwandte,  indess  kleinere  und  feinere  lUwe.  Nach  Lsrotnt  aoU 
diese  Race  durch  Vermischung  der  flämischen  mit  der  belgischen  Race  von 


Marschschwein  —  Maskentauben. 


533 


Hainaut  entstanden  sein.  Kopf  klein,  schmal;  Hals  dünn,  ohne  Triel;  Schultem 
etwas  flach;  Brust  schmal;  Beine  trocken;  Haut  fein;  Farbe  meist  braunroth. 
Die  Milcbproduktion  gilt  als  sehr  befriedigend,  die  Mastnutzung  ist  nur  massig.  R. 

Marschschwein,  das  grossohrige  Schwein  in  Deutschland,  das  hauptsächlich 
in  Schleswig-Holstein,  Mecklenburg,  Hannover,  Westfalen  und  deren  Nachbar- 
schaft und  sodann  in  Jütland  gehalten  wird  und  zu  den  grössten  Formen  der 
Speckschweine  gehört  Das  Wacbsthuni  geschieht  im  Vergleiche  nut  anderen, 
insbesondere  englischen  Racen,  langsam,  dagegen  aber  erreichen  die  bidividuen 
ausgewachsen  und  gemästet  ein  Lebensgewicht  von  300**400  Kilo.  Der  kernige, 
derbe  Speck,  der  in  dicken  Schwarten  gelagert  ist,  bildet  einen  gesuchten  Artikel. 
Die  Fruchtbarkeit  der  Sauen  ist  eine  befriedigende:  nicht  selten  werden  12  bis 
iS  Ferkel  auf  einmal  geworfen.  Kreuzungen  mit  anderen  Racen  haben  günstige 
Resultate  ergeben.  Das  Marschschwein  /«»ichnct  sich  durch  einen  grossen,  schweren 
Kojif  und  durch  grosse,  breite,  nach  vomt-  i  Verhängende  Ohren  aus.  Sem  Kumpf 
ist  ziemlich  lang  und  breit,  der  Rücken  nur  massig  gewölbt  und  das  Kreuz  ab- 
fallend. Die  Beine  sind  ziemlich  hoch  und  der  Schwanz  ist  geringelt.  Die  Thiere 
sind  mdist  schwarzfleckig  oder  grau,  selten  schwars  oder  bnnm,  häufiger  schmotsig- 
gelb  oder  weisslich.  Die  langen,  schlichten,  im  Allgemeinen  nicht  sehr  dicht 
stehenden  Borsten  vereinigen  sich  am  Hals  und  Rflcken  zu  einer  Art  Kamm. 
Als  besondere  Schläge  werden  das  jütländische,  das  holsteinische  und  das 
westfälische  Schwein  (s.  d.)  unterschieden.  R. 

Maskenschwein  (Sus  pUcueps,  Gray),  eine  besondere  Rae  c  des  indischen 
Schweines  (s.  d.),  das  sich  von  dem  rhinesisrhen  ('^.  d  )  insbesondere  durch  starke 
Faltenbildung  im  Gesicht  und  hängende  Üliren  unterscheidet.  Nach  H.  v.  Na- 
Tiiusius  unterscheidet  sich  der  Schädel  desselben  von  dem  des  chinesischen 
Schweines  nur  durch  einen  stärkeren  Kamm  Uber  den  Eckzähnen  des  Oberkiefers. 
Das  Maskenschwein  ist  von  schwarser  Farbe,  spärlich  mit  Borsten  besetit,  von 
mittlerer  Grösse  und  erreicht  im  ausgewachsenen  und  gemästeten  Zustand  ein 
Gewicht  von  100— ISS  Kilo.  Das  breite  Gesicht  ist  mit  starken,  deiben  IIau^ 
falten  bedeckt  und  verleiht  in  Gemdnschaft  mit  den  langen,  herabhängenden 
Ohren  den  Thieren  eine  hässliche  Physiognomie.  Der  ziemlich  lange  Rumpf 
ist  flachrippig,  die  kräftigen  Beine  erscheinen  relativ  hoch.  Das  Maskenschwein 
ist  in  Japan  heimisch.  Von  dort  wurde  es  nach  Europa  pcbrarhf  imr!  versuclis- 
weise  zu  Kreuzungen  mit  anderen  Racen  verwandt,  inde.-iS  rhi,e  ncnncnswerthen 
Erfolg.    Man  rühmt  demselben  Frühreife  und  hohe  Mastiahigkeit  nach.  R. 

Maskentauben  oder  Farbenschnippen,  CoL  dam.  agrestis  colortfrons,  ein  seit 
Jahrhunderten  —  schon  Willuohbv  erwiOint  sie  i.  J.  1676  in  seiner  »Omithology« 
—  gesttchteter  Farbenschlag  unserer  gewöhnlichen  Haustaube  (Feldflflchter). 
Charakterisirt  durch  farbige  »Schnippe«  und  farbigen  Schwanz  bei  im  Uebrigen 
rein  weissem  Gefieder.  Die  »Schnippe«  ist  ein  ovales,  etwa  10  Millim.  langes 
und  6  MilUro.  breites,  zuweilen  nur  erbsengrosse^,  farbiges  Stirnfleckcben,  welches 
der  Oberschnabelwurzel  direkt  aufsitzen  und  schon  abgegrenzt  und  farbenrein 
sein  mt)<=s.  Als  Zeirhnungsfarben  kommen  Schwarz,  Rot!i,  (  reib  und  Blau,  letzteres 
höchst  selten,  vor.  i>er  Schnabel  muss  bei  Roth-  und  Gelbschnippen  durchweg 
hell  sein;  bei  Blau-  und  Schwarzschmppen  darf  der  Oberschnabcl  auf  der  Spitze 
einen  farbigen  Fleck  liaben.  Im  mittleren  Dcuibchiand  imdet  man  meist  glatt- 
köpfige  und  glattflissige,  in  Sid«DeutBchland  mehr  breidiaubige,  stark  federfiissige 
M.  Sie  verdienen  ihres  httbschen  Aeusseren  und  ihrer  wirthschaftlichen  Eigen* 
Schäften  wegen  jede  Empfehlung*  DOit. 


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534 


Malt  Mawiii. 


Mast,  Mästung,  Mastvieh.    Der  Zustand  excessiver  Fleisch-  und  Fett- 
büdung  der  Thiere  bei  tiberreicher  Kmährung  und  andauernder  Ruhe.  Der 
Organismus  verbraucht  zu  seiner  l.ebenslhätigkeit  wenii^er  als  ihm  zugeführt  wird- 
nie  Krscheinungen  der  Mast  sind  versrhiedcn  nachdem  verwendeten  Nahrmaterial, 
der  Art  und  dein  Grade  der  Zubcixiiung  des  letzteren,  dem  Alter  und  der  Race 
der  Thiere  und  der  Dauer  der  Mflstung.  Werden  junge,  noch  nicht  auifewachaeiie 
Thiere  mit  protelnreicher  Nahrung  intensiv  ernähr^  so  entsteht  der  Zastand  der 
»Fleisch  mast«.  Aasgewachsene  Thiere,  bei  denen  das  Modiehfjrsieni  bevetts 
vollkommen  entwickelt  is^  lagern  das  tiberschttsnge  Bildungsmateiial  in  Fonn 
von  Fett  ab  —  »Fettmastt.    Bei  Verabreichung  concentrirter  Nährmaterialien , 
insbesondere  Körnerfrüchte  u.  dergl.  in  nicht  weiter  zubereiteter  Form  wird  das 
Fleisch  derb,  spccifisch  schwer,  eiweissreirh  und  quillt  beim  Kochen  auf  — 
»Kernmasti.    Durch  Verfdtterung  grosser  Mengen  wasserreicher,  relativ  nähr- 
stoflfarmer  Materialien  in  zubereiteter  Form,  leicht  verdaulich  gemacht  ;  cekucht, 
gedämpft,  gebruht,  als  Schlapp,  Suppe  u.  dergl.;  wird  das  Gewel>e  lax,  voluminös, 
wasserreich  und  das  Fteisch  sdimmi^  beim  Kochen  su  einer  gehaltlosen,  sdiver 
verdaulichen  Masse  ausammen  —  »Aufgeschwemmte  Mast«.    Das  Flmsch 
ist  bei  der  ersteren  Art  saitig  und  schmackhaftp  bei  der  letzteren  sihe  und  ge* 
schmacklos.    Durch  länger  fortgesetzte  Verfttttemng  von  KUdk,  Arsenik  oder 
Antimon  erhalten  die  Thiere  vollere,  abgerundetere  Kdrperforroen,  LaxitiU  der 
Gewebsfaser,  glattes,  glänzendes  Haar  und  einen  an  den  Mastzustand  erinnern- 
den Habitus.    Der  Nährstoflfgehalt  des  Fleisches  ist  hierbei  ein  geringer  und 
b  tztcTtjs  trockcti,  zahe,  geschmacklos  —  «Fal sch füttern«,  »Falsche  Mast«. 
Falsch  gemästet  werden  Thiere  in  betrügerischer  Absicht.  (S.  a.  Fettmast,  Fleisch- 
mast, Fleischvieh.)  R. 

llaitifi,  franstfsischer  Fleischerfaund  (s.  Fleisdieihunde).  R* 

MaalMel,  das  Produkt  der  Paarung  eines  Pferdehengstea  mit  einer  Esel- 
Stute  (Bastardsucht).  Derselbe  ist  kleiner  als  das  MaulAier  (s.  d.)  und  Ihndfc 
im  Habitus  mehr  dem  Esel.  Von  Manchen  wurde  bis  vor  wenigen  Decenniea 
die  Existenz  des  Maulesels  geleugnet  oder  doch  für  nicht  erwiesen  eraditet. 
Man  hielt  ihn  für  ein  Maulthier,  das  unter  ungünstigen  Zucht-  und  Nahrungs- 
verhältnissen entstanden  und  aufgewachsen  sein  sollte  F,r  ist  unscheinbarer  als 
das  Maulthier,  weniger  beliebt  und  daher  weitaus  seltener  als  letsteres.  Die 
Farbe  ist  roth-  bis  dunkelbraun,  /.uweilen  isabell.  R. 

Maulthier,  das  Produkt  der  Paarung  eines  Eselhengstes  mit  einer  Pferde- 
stute (Bastardsucht).  Dasselbe  gleicht  in  Hinsiebt  auf  Grttsse,  KjStpeffocmen 
und  Haarfiube  mehr  dem  Pferde,  dagegen  in  Kopf«  und  Ohienbikluiig,  Schwaaa- 
form  und  Stimme  mehr  dem  Esel.  Durch  die  Zucht  der  Maulthiere  beabsicbtigt 
man  gewisse  nfltsUcbe  Eigenschaften  des  Pferdes  mit  solchen  des  Esds  su  ver- 
binden. Insbesondere  will  man  die  Grösse,  Körpermasse,  Kraft  und  Gängigkeit 
des  Pferdes  mit  der  Zähigkeit,  Genügsamkeit,  dem  kräftigen  Rücken  und  sicheren 
Tritt  des  Esels  bis  zu  einem  gewissen  Grade  in  dem  Bastarde  vereinigen.  Maul- 
thiere werden  besonders  im  südlichen  Europa,  zum  Theil  in  besonderen  Ge- 
stüten gezüchtet  und  zum  Reiten,  Lasttragen  und  Ziehen  verwendet.  Als  be- 
sondere Farbenvarietäten  unterscheidet  man  die  schwarzen  Maulthiere  in  Spanien 
und  Sad^Frankreich,  die  braunen  in  Itilienr  die  weisse  Zodit  um  Bassora  und 
die  gemeinen  grauen  flgjrptischen  und  berberischen,  die  ab  die  gittssten  und 
stärksten  gdtea  R. 

MawisL  Bantuvolk  SOd-Afiikas,  nahe  verwandt  mit  den  Masitn  (s,  d.)  t.  iL 


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Mechclner  —  Mentdiennicen. 


535 


Mechelner  oder  Belgisches  Kukukshuhn  (Coucou  de  Malines),  ein  in 
Felpit-n  als  Tafelgenügcl  gescliätztes  und  gezüchtetes,  kräftig  gebautes  Haushuhn 
mit  cinfaclicm  Kaimn,  fleischfarbigen,  schwach  befiederten  Prassen  und  auf  hell 
blaugrauem  Grunde  dunkler  gewelltem  (gcsperliertem  oder  kukuk farbigem)  Ge- 
fieder,   iät  jeduch  nicht  durchgezUchtet,  alsu  kcui  Ra^äehuhn.  DüR. 

Mecklenburger  Burzier  oder  Rostocker  Tümmler.  Eine  Unterrasse  (Schlag), 
der  eine  ausseroidentüch  verzweigte  und  ichlagreiche  Gruppe  der  Haustauben 
bildenden  Tümmler.  Wurde  bereits  im  vorigen  Jahibundert  in  Rostock  etc.  ge« 
züchtet  Ist  eine  kräftig  gebaute  Taube  mit  ziemlich  hochstiniigem  Kopf,  mittel- 
langem,  hellem  Schnabel,  hellem,  von  einem  rothen  Hautrand  umgebenem  Perl- 
auge,  breiter  Muschelhaube  und  glatten  Fussen,  fiei  gelber,  rothbrauner, 
schwarzer  oder  blauer  Grundfarbe  müssen  Schwanz  und  mindestens  die  sieben 
ersten  Schwingen  weiss  sein.  Der  M.  B.  ist  als  gewandter  Flieger  und  eleganter 
Burzier  beliebt  und  zwar  muss  er  schnell  und  gewandt  in  der  Flucht  (im  Trupp) 
fliegen  und  dabei  leicht  und  elegant  ein-,  hüchslenü  zweimal  nach  üben  zu  über- 
schlagen (burzeln),  ohne  jedoch  dabei  aus  dem  Tmpp  su  kommen  oder  su 
fallen.  Düs. 

Medien.  Unter  der  Bezeichnung  »Medienc  (fianz*  mUkux}  veitteht  man 
die  Gesammtheit  aller  physikalischen,  moralischen  und  intellektuellen  Bedingungen 

und  Einflüsse,  welche  auf  organische  Wesen  wirken  können,  kun  alle  Ursachen, 
welche  im  Stande  sind,  direkt  oder  indirekt  eine  Veränderung  der  Oigane  leben- 
der Wesen  hervorzubringen.  N. 

Jdedische  Hühner.  Unter  dieser  Bezeichnung  wird  von  Schriftstellern  des 
15.  und  16.  Jahrhunderts,  Ali)F(:\  an[  ,  ITki'sslkin,  K.  Gfsnfr,  Hekmülaus  Bar- 
BARUS  u.  A.,  ein  grosses  Haubenhuhn  erwähnt,  das  AehniichkeiL  mit  den  heuiigea 
Paduaner-Hühnem  (s.  dort)  gehabt  haben  mag.  DOr. 

Mcgiseiiit  mcioaein,  mkroscm,  drei  von  Broca  geschaffene  Beseichnungen, 
um  anzudeuten,  ob  ttgend  ein  Index  gross,  mittdgiois  oder  klein  ist;,  wobei 
die  entsprechenden  Gnippengrensen  nach  den  Bedürfnissen  eines  jeden  Indes 
varüren.  N. 

Mekkataubc.    Eine  gut  charakteristrte  Haustauben-Rasse,  s.  Segler.  DOr. 

Menschenracen.  Vor  zwei  Jahrhunderten  machte  der  Franzose  V.  Bernier 
den  ersten  Versuch,  die  Menschen  zu  klassihciren.  Er  stellte  vier  Racen  auf:  die 
Weissen  in  Europa,  die  Gelben  in  Asien,  die  Schwarzen  in  Afrika  und  die  Lappen 
im  Norden.  —  Linn£  theilte  ein:  Homo  sajtüns,  h4>mo  /erus,  homo  manstrMsus. 
Htm»ftrm  ist  mit  Haaien  bedeckt,  geht  anfallen  Vieren  und  hat  kerne  Sprache. 
Zum  hm»  moHUnmtu  gehören  die  Hicrocephalen  und  Plagiocephalen.  Mm» 
M^itm  umfasst  vier  Varietäten:  den  Europäer  mit  weisser  Haa^  blauen  Augen, 
blonden  Haaren;  den  Asiaten  mit  gelber  Haut,  braunen  Augen  und  schwänlichen 
Haarm;  den  Afrikaner  mit  schwarzer  Haut,  schwarzem  knuuem  Haar,  platter 
Nase  und  dicken  Lippen,  und  den  Amerikaner  mit  schwarzbrauner  Haut,  langem, 
schwarzem  Haar  und  hartlosem  Kinn.  —  Der  Göttinger  Professor  Bi.UMFxnACH 
beschreibt  fünf  Menschenracen;  Kaukasier,  Mongolen,  Aethiopier,  Amerikaner 
und  Malayen.  Die  durch  Cljvier  vertretene  orthodoxe  Richtung  hielt  sich  an  die 
Bibel.  Nur  drei  Menschenpaare  sollten  der  grossen  Flutb  entronnen  sein;  man 
nahm  daher  drei  Hacen  an:  die  weisse  oder  kaukasisdie,  die  mongolische  und 
die  Negenace.  Entere  wurden  gespalten  in  den  indopelasgischen,  aramVischen 
(semitischen)  und  scjto-tatBnschen  Zweig.  Kalmttken,  Mandschus,  Chinesen, 
Jspaaer,  Korewer  und  Mikroactier  sollten  sur  mongolischen  Race  geboren. 


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53« 


Mevidiciiivoefl. 


Malayen,  Papaas,  Lappen,  Eskimos  und  Amerikaner,  die  in  das  Schema  nicfat 
hineinpassten,  wurden  einr;ich  weggelassen.  —  Virey  lehrte  1801,  dio  Gattung 
Mensch  bestehe  aus  zwei  Arten,  der  weissen  und  der  schwarzen,  welche  sich  in 
6  Raren   und  zahlreiche  Familien   thcilen.     Bory  de  Saint  Vincent  nimnii 
15  Arten  an,  Desmoui.ins  deren  16.    Isujüre  Geoffruv  Saint-Hilaire  stellt  zwei 
Classificationen  auf:  in  der  ersteren  unterscheidet  er  11  Racen  nach  Hautfarbe, 
Form  der  Augen,  Volumen  der  unteren  Extremititen,  eingedftldEter  oder  vor> 
springender  Nase  und  BesdialFenheit  der  Haare;  in  der  aweiten  beschreibe  er  vier 
Typen:  den  kaukasischen  (ovales  Gesicht,  senkrechtes  Kinn),  mongoUschen 
(breites  Gesicht,  vortretende  Backenknochen),  äthiopischen  (vortretende  Kieler} 
und  den  Hottentotten-Typus  (vortretende  Kiefer  und  weit  ansdnander  stehende 
Backenknochen).    Nach  de  Quatrefaoes  giebt  es  nur  einen  ein^ic^en  Wnr^el- 
stock,  aus  (lern  der  weisse,  gelbe  und  der  schwarze  Stamm  kommen.    Die  Stamme 
spalten  sich  in  Aeste  und  diese  wiederum  in  Zweige.    Andere  Eintheilungs- 
vorschläge,  auf  die  wir  hier  nicht  näher  eingehen  können,  rühren  her  von 
1. EIBNITZ,  Kant,  Morton,  Agassiz,  Huxley,  Fr.  Müller  und  Haeckel.  —  Die  an- 
geführten Proben  lehren  zur  Genüge,  dass  man  bei  der  Classficirung  der 
Menschen  auf  grosse  Schwierigkeiten  stösst.   Die  Autoren  kamen  zn  den  ver* 
schtedensten  Resultaten,  je  nachdem  sie  der  Geographie,  Geschichte,  Lingniadk 
oder  der  methodischen  Betrachtung  einer  gewissen  Zahl  physikalischer  Merkmale 
ein  mehr  oder  minder  gro?;ses  Gewicht  betlegten.    Geographie,  Geschichte  und 
Sprache  haben  fiir  die  Classificinmg  untergeordneten  Werth.    Der  den  Menschen 
inncwolmende  W'anriertrieb  veri)tlanztc  in  grauer  Vorzeit  die  Racen  des  einen 
W'elttheiis  in  den  andern.   Nahe  verwandte  Stämme  trennt  jetzt  ein  Zwischenraum 
von  mehreren  tausend  Meilen,  und  solche,  die  ursprünglich  nicht  die  geringste 
Gemeinschaft  hatten,  wohnen  bunt  durcheinander.   Was  die  Geschichte  anbelangt, 
so  ist  dieselbe  viel  zu  jungen  Datums,  um  fttr  Eintheiinngcn  branchbare  Anhalts* 
punkte  SU  liefern.  Wo  die  Historie  beginn^  ist  die  durch  lahUose  Wanderungen 
und  Mischungen  verursachte  Verwirrung  bereits  besiegelt   Ueber  die  biblisdie 
liegende  würden  wir  kein  Wort  verlieren,  wenn  nicht  ernsthafte  Männer  wie 
CiTviER  sich  durch  dieselbe  hätten  beeinflussen  lassen.    Und  nun  die  Sprache. 
Ereignete  es  sich  nicht  lausend  Mal,  dass  eine  besiegte  Kacc  die  Sprache  der 
Sieger  annahm?  Auch  das  Umgekehrte  wurde  beobachtet.   Bis  vor  Kurzem  classi- 
ficirte  man  die  afrikanischen  Volker  nach  ihren  Sprachen;   eine  Hauptgruppe 
bildeten  diejenigen,  welche  die  Bantu-Sprache  reden.    Nunmehr  stellt  sich  bei 
genaueren  Forschungen  heraus,  dass  mehreren  gänzlich  verschiedenen  Racen  jene 
Sprache  eigen  ist    Mit  Sitten  und  GebrAuchen  verhJLlt  es  sich  kaum  andets. 
Auf  Wanderungen  und  bei  durchgreifenden  klimatischen  VerKnderungen  wurden 
die  Völker  geswungen,  ihre  alten  Sitten  au&ugeben  und  sich  den  neuen,  ver* 
änderten  Verhältnissen  anzupassen.  —  Bei  Bestimmung  der  Menschenracen  sind 
demnach  nur  die  physikalischen  Merkmale  des  Individuums  von  entscheidender 
Bedeutung.     Die   Punkte,   auf  welche   es   hierbei  im   Wesentlichen  ankommt, 
mögen  kurz   angedeutet  worden.    Fundamentalen   Werth  hat  das  Skelett,  vor 
allem  der  Schädel.    Üb  letzterer  schmal  und  länglich  (dolichocephal)  oder  kuiz 
und  breit  (brachycephal)  ist,  spielt  in  der  Classification  eine  wichtigere  Rolle,  als 
die  so  variable  Färbung  der  Haut  Die  scheinbar  nahe  verwandten  Lappen  und 
Eskimos,  die  man  früher  als  hyperboreiadie  Race  snsammeiqiefinnt  hatte,  trennt 
in  Wahrheit  dne  .weile  Kluft.   Erstere  gehören  zu  den  am  mdstea  bmchf- 
cephalen,  letstere  su  den  am  meisten  doltchocephaten  VOlkem  der  Erde.  — 


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Menschenracen. 


557 


SchftdelgeiftuBiigkeit«  Abplattung  der  SeitenwKnde  (die  bei  einigen  Negern 

Oceaniens  ^ehr  attffiÜlt),  Zurücktreten  der  Stirn,  Vorspringen  der  Jochbogen, 
Stellung  der  Zahne  und  Verhältnisse  des  Augen-  und  Nasenskeletts  sind  Werth - 
volle  Unterscheidungsmerkmale  Fskimos  und  die  gelben  Racen  haben  den 
höchsten  Kopf;  Lappen,  'rrfiiKmiLr  und  Hottentotten  den  niedrigsten.  Eine  nicht 
minder  wichtige  Rolle  spielt  der  Unterkiefer:  Bei  Europäern  tritt  das  Kinn  t,  bis 
5  Millim.  nach  vorn  über  die  Senkrechte  hinaus,  bei  dem  so  räthsalhaftea  alten 
Kiefer  von  Iai  Naulette  bleibt  es  um  3  Millim.  hinter  derselben  zorttck;  Neger 
halten  die  Mitte.  —  Die  übrigen  Theile  des  Skeletts  wurden  bisher  weniger 
studirt  als  der  SchXdel;  gleichwohl  finden  sich  auch  an  ihnen  gewisse  Kacen- 
merkmale  ▼orzüglich  aasgeprägt  Hierher  gehOrt  die  in  irttheren  Perioden  häufige 
Durchlöcherung  des  Oberarmknochens,  die  Säbelklingen-Gestalt  des  Schienbeins, 
die  gebogene  Elle  und  das  säulenförmige  Oberschenkelbein.  —  Ein  sehr  in  die 
Augen  springendes,  wenn  auch  nicht  ganz  zuverlässige*;  Rnrenmerkmal  ist  der 
Wuchs;  wegen  der  ungeheueren  individuellen  Schwankungen  geben  aber  nur 
Durchschnittswerthe  /ahlreicher  Messungen  brauchbare  Resultate.  Patagonier  und 
Polynesier  gehören  zu  den  grösstcn,  Buschmänner  und  Eskimos  zu  den  kleinsten 
Racen.  —  Die  Hautfarbe  spielte  in  den  früheren  Eintheilungen  eine  HaaptraUe. 
Gleichwohl  besitst  sie  nur  bedingten  Werth,  einerseits  wegen  der  grossen  Diflerenzen 
in  derselben  Race,  andererseits  deshalb,  weil  die  verschiedensten  Racen  mitunter 
durchaus  gleich  gefitrbt  sind.  Ueberdies  schlichen  sich  die  grössten  IrrÜiflmer 
ein,  wie  beispielsweise  in  Betreff  der  sogenannten  amerikanischen  Rothhäute, 
welche  nur  roth  sind,  wenn  sie  sich  mit  rother  Farbe  bemalen.  —  Haare  und 
Augen  bieten  für  die  Cl?,s'=ification  gute  Anhaltspunkte.  Es  giebt  unendlich  viel 
weniger  helle  Auccn  ,inc  }[.^are  auf  der  Erde  als  dunkle.  Blaue  Augen  kommen 
nur  in  einer  bestirnniieii  Race  vor.  Die  grauen  und  grünlichen  sind  ein  Attribut 
der  Gelten  und  einiger  russischer  Stämme,  wo  sie  von  einer  alten,  heut  er- 
loschenen Race  herzurühren  scheinen.  —  Ungewöhnlich  starker  Behaarung  er- 
freuten sich  die  alten  Assyrer  und  eine  jetzt  verschwundme  Race,  von  der  sich 
unter  den  Braunen  des  südlichen  Eun^  deutlich  au^ieprügte  Spuren  finden. 
Am  ganzen  Kdrper  behaarte  Racen,  die  das  Bindeglied  zwischen  Mensch  und 
Affe  bilden  sollen,  giebt  es  nicht;  doch  lebten  zu  allen  Zeiten  in  den  ver- 
schiedensten Racen  Individuen,  bei  denen  die  jeden  Menschen  bedeckenden 
feinen  Härchen  zu  unp^ewölinlicher  Entwicklung  gelangten.  Von  Wichtigkeit  ist 
es,  ob  das  Haar  einen  runden,  eiförmigen,  elliptischen,  nieren-  oder  bohnen- 
förmigen  Querschnitt  hat.  Bei  Polynesiern  und  Amerikanern  ist  der  Haarschaft 
am  dicksten,  bei  Finnen  am  feinsten.  —  Beim  Weibe  zeigt  die  Form  der  Brüste 
in  den  verschiedenen  Racen  grosse  Verschiedenheiten.  Die  ungewöhnliche  Ver- 
Ijlngerung  der  kleinen  Schamlefzen  (Hottemottenschttree)  und  die  Entwickelung 
gemltiger  Fettmassen  am  Stetsse  der  Buschmann-Weiber  (Sieatopygie)  sind  Merk- 
male emer  Race,  die  vom  Golf  von  Aden  bis  zum  Cap  der  guten  Hoffnung  aer- 
streut  lebt.  —  Durch  systematische,  von  den  soeben  besprochenen  Gesichts- 
punkten aus  vollftihrte  Untersuchungen  gelangte  man  dazu,  eine  grössere  Anzahl 
Racen,  d.  h.  Gruppen  von  Individuen,  die  mehr  oder  weniger  zahlreiche,  ge- 
meinsame, vererbbare  Merkmale  aufweisen,  auszusondern.  Wir  werden  du  seilten 
im  Folgenden  k u r/,  skizziren.  —  Die  blonde  europäische  Race  nul  blauen 
Augen,  blondem  Haar  und  heller,  rosiger  Haut.  Das  Gesicht  hat  von  vom 
gesehen,  die  Form  eines  länglichen  Ovals;  die  Nase  ist  schmal,  nach  vom  heraus 
entwickelt   Grösste  SchidelgerKumigkeit;  geringster  Grad  des  Prognathismns, 


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53» 


Mcnschenraccn. 


Die  Kopflbnn  lä-sst  sich  in  Folge  7.ah11oser  Kreuzungen  schwer  bestunmen,  doch 
war  der  ursprüngliche  Tv  pus  wahrscheinlich  dolichocephai.  Der  natürliche  Mittel- 
punkt, von  wo  sich  die  Racc  strahlenförmig  ausbreitete,  scheint  der  Norden 
Kuropas  zu  sein.    In  Dänemark,  Schweden,  Norwegen  und  Island  hielt  sie  sich 
am  reinsten;  man  findet  sie  aber  auch  an  den  Ufern  des  Amur  unter  den 
Mandschu  Tataren,  ferner  unter  den  Miaotse  im  sudosUichen  China,  auf  Ceylon, 
an  den  Ganges-Qnetlen,  in  Kaffiristan,  wo  Himalaya  und  Hindu  Kasch  zusammen^ 
Stessen,  in  Damistan,  TurkesUn,  vereinzelt  in  Nord-Afrika,  wo  er  too  einem 
Volke  herrtthrt,  das,  von  Norden  kommend,  vor  mehr  als  ^ooo  Jahren  a&  der 
jigyptischen  Grenxe  erschien,  .und  endlich  in  Amerika  bei  den  Bororos  «a  der 
Ostseite  der  chilenis«  licn  Anden,  wo  er  auf  sehr  frühe  Einwanderung  ans  jßaropa 
herzuleiten  ist.  —  Unter  der  Bezeichnung  "braune  europäische  Racen  versteht 
man  eine   An/alil   von   Raren,  deren  gemeinsame   Merkmale   dunkle  Augen, 
schwarzes  Maar  und  helle,  in  der  Sonne  sich  leicht  bräunende  Hautfarbe  sind. 
Dieselben  leben  zerstreut  über  Europa,  Asien  und  Afrika.    Hierher  geboren  die 
Basken,  Albancbcn,  Ligurer,  Cirkassier,  Berber,  Semiten,  Zigeuner,  Iramer,  Hindus. 
Die  Hindu- Race  ist  in  Indien  nur  schwach  vertreten  durch  die  Radjpoots  und 
Brahmanen;  denn  zum  gr<H»ten  ThetI  besteht  die  Bevölkerung  der  indisdien 
HUbinsel  aus  Schwarzen  und  Mongolen;  doch  ist  das  belle,  arische  Element  dis 
geistig  am  höchsten  stehende.   Die  Hindus  haben  eine  hohe^  entwickeli«  Stinv 
ovales  Gesicht,  vollkommen  wagerecht  liegende  Augen,  hervoftretende,  gebogene, 
am  Ende  etwas  dicke  Nase  und  Üppigen  schwarzen  Haarwuchs.  —  Die  Zigeuner- 
Kace  hängt  mit  den  Hindus  eng  zusammen;  sie  soll  von  einer  der  zahlreichen 
nomadisirenden  Stämme  Indiens  abstammen.     T^as  Gesicht  ist  in  Höbe  der 
WantrenvorsprUnge  schmal,  die  Stirn  tritt  zurück.    Der  Rücken  der  massig  vor- 
gebauten Nase  ist  niemals  abgeplattet.    Die  Augen  trennt  ein  kiemer  Zwischen- 
raum. Sie  stehen  auf  der  Grenze  von  Mesocephalie  und  DolichoeephaUe.  Ihr 
Schädel  weist  ungemein  viel  Aehnlichkeiten  auf  mit  demjenigen  der  Hindus.  " 
Zu  den  Iraniern,  die  man  als  zurttckgebliebene  Reste  der  von  Ost  nach  West 
gewanderten  Arier  betrachtet,  gehören  die  Panen,  Armenier,  Kuiden,  Georgier, 
Osseten  und  die  braunen  Afghanen.    Mittelgrosser  Wuchs,  langes,  ovales  Ge- 
sicht, erhabene  Stirn,  regelmässige  Züge,  rosa-welsse  Hautfarbe  und  schwarzer, 
üppiger  Haarwuchs  sind  die  Merkmale  dieses  schönen  Menschenschlages.  Sic 
scheinen  dolichocephai  zu  sein.  —  Die  über  ganz  Nord-Afrika  vom  Golf  von 
Tripolis  bis  an  den  atlantischen  Ocean  und  von  der  Südgrenze  der  Sahara  bis 
ans  Mittelmeer  verbreitete  Berber-Race  umfasst  die  Tuareg,  Kabyien,  Mza- 
biten,  Shuiah  und  die  Guanchen  der  kanarischen  Insetai.  Wahrscheinlich  gehörte 
auch  die  älteste  Gnmdbevölkerung  der  iberischen  Halbinsel,  des  Garonne' 
Beckens  und  der  Inseln  des  mittelländischen  Meeres  dieser  Race  an.  IhrWudis 
ist  über  miltelgross,  wohl  proportionirt,  nicht  so  schlank  wie  daijenig^  der  Aiabcr, 
das  Nasenskelett  leptorrhin,  der  Schädel  dolichocephai.    Die  Stirn  hat  an  der 
Basis  eine  quer  verlaufende  Furche  ;  die  Augenbrauenbogen  treten  stark  hervor.  — 
Die  Mauren  sind  das  Resultat  verwickelter  Krev!7>inpen  zwischen  dem  Berber 
und  allen  mogliciicn  anderen  tlementen.  —  Zu  den  Semiten  wählen  die  alten 
Assyrer,  Syrer,  Phönicier,  Karthager  und  die  modernen  Araber  und  Jaden.  Der 
Teint  bleibt,  vor  der  Einwirkung  der  Luft  geschützt,  rein  weiss,  das  schmale 
Gesicht  bildet  ein  regelmässiges  OvaL  Die  Krümmung  der  Naae  und  das  zurück» 
tretende  Kinn  geben  dem  Profil  eine  mehr  runde  Gestalt   Die  Nasenwoisd 
seigt  nur  gelinge  Einsoikung,  sodass  Stirn  und  Nasenrücken  ftst  dne  gcmde 


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Menscbcoracen. 


539 


Linie  bilden.    Augenbrauenbogen  und  Glabdht  sind  wenig  entwickelt;  die 

Wangenvorsprfinge  treten  nicht  sehr  heraus.  Der  Mund  ist  klein,  die  weissen 
Zähne  stehen  senkrecht.  Allen  Semiten  sind  gewisse  Züge  eigen:  Rastlose 
Thätit^keir,  Hnn<1plsc:pist,  Gewinnsucht,  Nomadenleben  und  Anhänglichkeit  an  die 
angestammte  Reiigion.  —  Unter  den  aulgezahlten  Racen  wurde  weder  onc  ger- 
manische, noch  slavisclie,  noch  französische  erwähnt,  —  deshalb,  weil  es  solche 
nicht  giebt.  Die  DeuU>chen,  i'raiuusen  und  Slaven  (ein  Gleiches  gilt  vun  vielen 
anderen,  durch  polidtche  Bande  verknüpften  Gruppen)  nnd  keine  einheitlichen 
Racen,  sondern  aus  allen  möglichen  Elementen  «usammengesetste  Völker. 
Nur  das  Band  gemeinsamer  Sprache  oder  gemeinsamen  Oberhaupts  knttpft  sie 
zusammen.  Weder  die  vorgescbichüiche  Gnindbevölkerung  noch  die  qrittieren 
Vdlkerwogen  vermochten  einen  einheitlichen  Typus  hervorsubringen.  Die  ursprüng« 
liehen  Deutschen  waren  dolichocephal,  die  Baiern  und  Badenser  sind  brachy- 
ccphal.  —  Das  Bindecjlied  /wischen  Kuropäern  und  Asiaten  bilden  die  Finnen, 
die  vun  der  schwedischen  Circnze  und  der  Ostsee  bis  zum  Jenisei  und  vom 
weissen  Meere  bis  zum  mittleren  Traufe  der  Wolga  wohnen.  Zu  ihnen  gehören 
die  Ostjaken  des  Üb,  die  Tschuvaschen,  Tschercmissen,  Morduanen,  Votjaken, 
Pennancn,  Esthen  und  Ltviänder.  Ihre  Merkmale  idnd  fenerrodies,  fOdiliches 
oder  goldblondes  Haar,  belle,  mit  Sommersprossen  bedeckte  Haut,  gerade  Nase, 
stark  vortretende  Wa^genvoisprttnge,  lange  Arme,  dflnne  Beine,  platte  Fttsse, 
untermittelgrosser  Wuchs,  grünlichgraue  oder  braune  Augen.  Vidleicht  deuten  die 
in  England,  Frankreich  und  Deutschland  sich  fmdendcn  Fälle  von  feaenofSbem 
Hanr  nnd  liellcr,  mit  Sommersprossen  ^überdeckter  Haut  auf  Kreuzung  mit 
hnnischen  Elementen.  Zweiffeilos  wurden  durch  die  Völkerwanderung  finnische 
Horden  nach  West- Europa  verschlagen.  Den  Finnen  nahe  verwandt,  nur  ver- 
ändert durch  Mischung  mit  Türken  Rumänen  und  Bulgaren  sind  die  Ungarn. — 
Verschiedene,  einstmals  in  Centrai-  und  Nord-Asien  hausende  Racen  mit  grün- 
lichen Augen  und  rotbem  Haar:  die  Ou-Sioun,  die  Ting-Ling  am  Jenisei  und 
die  Kiekar  am  Ob  und  Ittisch,  waren  wahrscheinlich  mit  den  Os^en  and  Tscbu- 
vascben  verwandt  Gegenwärtig  leben  in  jenen  Gebieten  nur  Völker  mit  schwanen 
Augen  uud  Haaren.  Die  recht  isolirt  stehende  Race  der  Lappen  ist  beschränkt 
auf  die  nördlichsten  Theile  Schwedens,  Norwegens  und  Russlands.  Von  gelblich- 
bräunlicher Hautfarbe  sind  sie  ein  kleiner,  kümmerlicher  Menschenschlag,  das 
einzige  Nomadenvolk  in  Kuropa.  Sie  besitzen  dicken  Kopf,  breite  Brust,  Vurrc 
Beine,  feine  Extremitäten,  1  reite,  [)latte  Nase,  niedrige  Stirn,  hartes,  kurzes, 
schwarzes  Haar,  braune  Augen  und  die  stärkste  liraciiycephalic,  die  man  beob- 
achtete. Manches  spricht  für  Beziehungen  zu  den  Samujeden,  doch  ist  der  Bau 
ihrer  Augenhöhlen  ein  weseotlkh  anderer  wie  bei  letMeren.  —  Unter  dem  Namen 
Mongolen  fasst  man  eine  Reihe  von  Stämmen  zusammen,  deren  gemeinsames 
Mterkmal  eine  gelbliche,  mehr  oder  weniger  sonnenverbrannte,  nicht  mit  Rodi 
oder  Braun  vermischte  I^t,  und,  mit  Ausnahme  der  Eskimos,  Megasemie  des 
Augenhöhlen-Index  ist.  Der  Name  rührt  her  von  einem  kleinen  Volke  im 
Norden  der  Wüste  Gobi,  in  Nähe  des  Kara  Kara  Gebirges.  Da  in  Asien  die 
Völkcrschaffen  nu^  meisten  durcheinander  geschüttelt  wurden,  so  darf  es  nicht 
verwundern,  dass  unter  den  Mongolen  in  den  Einzelheilen  wenig  Gleichartigkeit 
besteht.  Als  hierher  gehörig  nennen  wir  die  Kalmüken,  Tungusen,  Mandschus, 
Kirghisen,  Usbeken,  verschiedene  Typen  in  Japan,  Kurcaner,  Kamtschadalen, 
Tbibetaner,  Samojeden,  Eskimos,  Chinesen,  Birmanen,  Annamiten.  Letstere  drei 
scheinen  den  Uebergang  zu  den  Malayen  xu  bilden.  —  Die  geraden,  starren, 


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54° 


McMchcnmocn* 


schwarzen  Haare  des  Mongolen  zeigen  einen  mehr  oder  minder  runden, 
grossen  Oiicrschnitt :  der  B.irt  bleibt  spärlich,  nn  der  Oberlippe  bildet  er  zwei 
dünne,  lange  Strähnen.  Die  Schadelgeräniniiikoit  steht  in  der  Mitte  zwscben 
derjenigen  des  Negers  und  F.ur()j);ier>.  Das  abgeflachte  Gesicht  macht  den  K\n- 
druck,  als  ob  es  in  allen  Theileii  gleichsam  eingedrückt  wäre,  die  Wangen- 
vonpfttnge  biegen  sich  mit  ihrem  äusseren  und  vorderen  Rande  nach  oben  und 
aussen.  Die  Achsen  der  Augenlider  verlaufen  ebenfalls  nadi  oben  and  aussen. 
Der  Kopf  der  KalmUken  vom  Altai  und  der  Mongolen  von  Gobi  aeigt  staike 
Brachycepbalie,  während  die  Eskimos  zu  den  am  meisten  dolichocephalen  Völkem 
der  Erde  zählen.  Die  zu  der  kleinsten  Race  gehörenden  Eskimos  lebten  in 
frühester  Zeit  wahrscheinlich  in  Asien.  Im  vierzehnten  Jahrhundert  drangen  sie 
nach  Grönland  vor.  —  Die  M'liven.  heutigen  Tages  die  Bewohner  der 
roalayischen  Inseln,  sollen  von  den  Gebirgen  Thibets,  nach  Anderen  von  Borneo 
herstammen.  Im  zwöhten  Jahrhundert  gründeten  sie  Singapore  auf  der  Halbinsel 
Malakka,  ihre  Haut  ist  hellbraun,  manchmal  kupferfarben,  das  Haar  pechschwarz, 
schlicht  oder  wellig;  die  kurze,  breite,  platte  Nase  ist  an  der  Spitse  dünn;  die 
Stirn  tritt  nach  vom  vor;  grosser  Mund,  dicke  Lippen,  starker  Prognatiiismus.  Die 
Battaks  auf  Sumatra,  die  Macassar  und  Bugi  auf  Cdebes  und  die  Dayak  auf 
Bomeo  «eigen  ein  Gemisch  von  kaukasischen  Zttgen.  ~  Die  polynesische 
Race  steht  in  Verwandtschaft  zur  malayischen.  Zu  ihr  gehören  die  Bewohner 
von  Neu-Seeland  (Maori),  Samoa,  Tonga,  Tahiti,  der  niedrigen  Inseln  bis  zur 
f^stcr-Insel  und  von  Hawaii;  dagegen  sind  die  Micrcncster  auf  den  Falau-, 
Karolinen-,  Marschall-  und  Gil!)ert-Inseln  von  ihnen  zu  trennen.  Die  Polynesier 
wanderten  von  der  Insel  Buni,  einer  der  Molukken,  nach  Osten  zuerst  zum  Tonga- 
und  Samoa-Archipel.  Anfang  des  fünften  Jahrhunderts  erschienen  sie  auf  den 
Marquesas-Inseln,  iioo  auf  Tahiti  und  1500  auf  Neu-Seeland.  Es  sind 
grosse,  kräftige  Gestalten  von  sonnenverbrann^gelblicher  bis  dunkdbrttunlicber 
Hautlarbe*  Das  Haar  tieftchwars,  schlicht  oder  wellig  bis  lockig.  Doch  finden 
sidi  auf  Hawai,  spedell  auf  der  Insel  Maui,  sehr  sahireiche,  blonde  Iadi> 
viduen,  welche  auch  durch  eine  Reihe  anderer  Merkmale  darauf  hicdeuteii, 
dass  dort  ein  versprengtes  Ueberblcibsel  einer  gaiia  anderen  Race  haust.  — 
Die  Iris  der  Pnhv-ne'iier  ist  dunkelbraun,  das  Weisse  im  Auge  leicht  gelblich,  die 
Lippen  mitunter  etwas  aufgeworfen,  die  Nase  dick  und  breit,  an  der  Spitze 
schwammig  weich.  Starke  Anlage  zur  Fettleibigkeit,  besonders  bei  den  Weibern. 
—  Die  amerikanische  Kace  umfasst  die  Eingeborenen  Nord-  und  Süd- 
Amerikas  mit  Ausnahme  der  Eskimos.  Mit  mehreren  Merkmalen  ersten  Ranges 
steht  sie  den  gelben  Racen  nahe,  doch  weist  hoher  Wuchs  und  die  hervor» 
tretende,  konvexe,  veibältnissmAssig  schmale  Nase  auf  ein  eigenartiges  Element 
hm.  Die  fast  allen  Amerikanern  eigenthttmliche  Sitte,  in  fiflhester  Jugend  durch 
bestimmte  Proceduren  den  Schädel  zu  deformiren,  setzt  bei  ihnen  den  Werth 
der  Schadelmessungen  ungemein  herab.  Ihre  Hautfarbe  variirt  vom  blassen 
Gelb  der  Botokuden  bi«;  zum  Praunsrhwarz  der  alten  Kalifomier.  Man  kann 
aus  der  Ma.sse  der  Amerikaner  zwei  alte  Völker  lierauserkennen,  von  denen  sich 
das  eine  den  Schädel  wie  die  Nahua,  das  andere  wie  die  Aymara  entstellte. 

Die  auf  das  südlichste  Ende  des  Continents  beschränkte  patagonische 
Race  scheint  ein  Ueberbleibsel  einer  ursprunglichen  Race  zu  sein.  IhrSchttdel 
ist  sdtiamer  Weise  sehr  ähnlicb  demjenigen  der  auf  die  nördlichsten  Theile 
Amerika's  verdrtngten  Eskimos:  die  Patagonier  gthünen  ebenso  wie  letstere  xu 
den  am  meisten  dolichocephalen  Menschen  der  Welt.  Vielleicbt  bmchte  dies 


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541 


autochthone,  dolichoccphale  Element  durch  Kreuzung  mit  Asiaten  die  jetzigen 
Amerikaner  hervor.  —  Eine  ins  röthliche  spielende  Srhattirung  der  Haut  findet 
sich  sehr  verbreitet  in  Afrika,  vom  Senegal  bis  zum  rotben  Meer-  h  s  ist  dies 
die  rothe  afrikanische  Race,  die  sich  deutlicb  von  den  schwätzen  Völker- 
schaften der  Umgebung  abhebt,  und  die  heutigen  iages  am  besten  durch  die 
nicht  gekreuzten  Fulben  in  Sudan  vertreten  vird.  In  welcher  Beziehung  die 
allen  Aegypter,  die  sich  eben&Us  auf  ihren  Denkmftlem  roth  darstellien,  zu 
^eser  Race  standen,  lässt  sich  schwer  entscheiden.  Auch  die.  alten  Anwohner 
der  Strasse  von  Bab  el  Mandeb  heissen  Himyaiiten,  d.  i.  Rothe.  Der  rolhe 
Typus  hat  glattes,  schwarzes  Haar,  ovales  Gesicht,  lange,  gpbogenc  Nase, 
schlanken  Wuchs  und  wohlproportionirte  Glieder.  Verwechslung  mit  den  ihnen 
unterworfenen  Negern  und  mit  den  allerwärts  nomadisirenden  Arabern  brachte 
in  die  Beschreibungen  der  Reisenden  die  heilloseste  Konfusion.  Die  Fulben 
(I'ulah)  sollen  in  grauer  Vur/eit  aus  dem  Orient  gekommen  sein;  in  der  Ge- 
schichte tauchen  sie  erst  gegen  das  zehnte  Jahrhundert  auf.  Gegen  1500  herrschten 
sie  im  Westen  und  Süden  von  Sonrhai,  östlich  von  Timbuctu.  Erst  im  18.  Jahr- 
hundert kamen  sie  nach  Bagirmi.  —  Gehen  wir  nunmehr  zur  Besprechung  der 
Negerracen  Uber,  die  sich  in  der  Sfldost'Ecke  Adens,  in  Oceanien  und  in 
Afrika  finden*  —  Die  Guinea>Neger  gelten  als  die  besten  Vertreter  der  Neger 
Afrikas.  Ihre  sammetartig  gUUizende  Haut  variirt  vom  röthlichen,  gelblichen 
oder  bläulichen  Schwarz  bis  zum  tiefsten  Pechschwarz.  Mitunter  finden  sich 
auch  auf  der  Zunge,  am  Gaumensegel  und  unter  der  Bindehaut  des  Auges 
schwarze  Flecke.  Nur  die  Innenseite  der  Haut  \md  die  Fusssohle  bleiben  beller. 
Starker  Prognathismus  des  Gesichts;  die  Zahne  der  Unterkiefer  ragen  schräg 
nach  vorn;  die  Schädelnäthe  sind  einfacher  als  beim  Weissen  und  verwachsen 
früher;  die  Augenbrauenbogen  treten,  im  Gegensatz  zu  den  Melanesiern,  nur 
unbedeutend  hervor.  Die  Nasenwurzel  ist  wenig  eingesunken;  die  Nase  ent« 
wickelt  sidb  in  die  Breite.  Die  Wnber  altem  frflhzeitig;  ihre  BrOsle  welken 
schon  nach  der  ersten  Schwangerschaft.  Die  starke  Entwickelung  der  Scham* 
lippen  gab  zum  Brauche  der  Reschneidung  derselben  Veranlassung.  Das  pech- 
schwarze Haar  legt  sidi  in  Spiral  Windungen.  Es  ist  durchaus  falsch,  vom  Woll- 
haar der  Neger  zu  sprechen  Wolle  ist  niemals  spiralig  gekräuseil;  die  einzelnen 
Wollhärchen  haben  vielivelir  wellentörmtgen  Verlauf.  ~  Die  Kaffern -Race 
vom  Zambesi  bis  zum  Lande  der  Hottentotten  und  von  der  Küste  von  Mozam- 
bique  bis  zum  atlantischen  ücean  ist  eine  der  edleren  Formen  des  allgemeinen 
Negertypus.  Sie  umfasst  an  der  Westküste  die  Damara  und  Ova-Herero,  an  der 
Os&flste  die  Ama>Xosa,  die  Ama-Zuhi  und  Macua,  im  Innern  die  Betschuanen 
und  Bassuto  und  am  Zambesi  die  Macololo.  Die  Hautfarbe  hat  ins  Schwarz* 
braune  spielende  Schattirungen.  Die  Angenlidspalte  erinnert  an  die  gelben 
Racen.  Sie  sind  hoch  aufgeschossen  und  gut  gewachsen.  Der  Geruch,  den 
alle  Neger  ausdünsten,  ist  bei  den  Kaifem  am  stärksten.  —  Die  heutigen  Tages 
auf  die  äusserste  Spitze  Süd- Afrikas  beschränkten  Hottentotten  ähneln  mit  ihren 
stark  hervortretenden ,  weit  auseinander  stehenden  Wangenvorsprüngen  den 
Chinesen,  mit  ihrem  krausen,  schwarzen,  langen,  in  kleinen  BJischeln  schräg 
waclisendem  Haar  den  Papuas.  Die  SchädelgeräumigkciL  beträgt  durchschnitt- 
hch  nur  1290  Cbcm.;  der  Prograthismus  ist  ein  starker.  Vielleicht  sind  die 
Hottentotten  ein  UeberMeibsel  duner  alten  Race,  die,  wie  Ae  Patagunier  in 
Amerika  und  die  Taamanier  in  Australien,  in  den  Aussersten  Winkel  des  Kon^ 
tinents  verdrSngt  wurden.    Die  kleinen  Schamlippen  geraäien  nicht  selten  in 


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MnMchmMcik 


ungeheuerliches  Wachsthum  und  werden  dann  als  Hottcntottenschftrze  bezeichnet. 

—  Die  den  Hottentotten  nahe  verwandten  Buschmänner  leben  über  gnnz  Süd- 
Afrika  versprenpt  und  dürfen  gleichfalls  als  Rest  einer  Urrace  angesehen  werden. 
Die  sogen,  ainkanischen  Erd-  und  Zwergmenschen  sind  Buschmänner;  in  die- 
selbe Kategorie  scfaeinen  die  centimUifrikftiiitchen  Akka,  von  denen  nur  spftrUche 
Kunde  sa  uns  gelangte,  zu  gehören.  AuffiiUend  bleibt  ihr  ungewöhnlich  kleiner 
Wuchs.  Ausser  der  Hottenlottenschttrae  ist  fUr  die  Weiber  chankteristiach 
ein  ungeheures  Fettpolster  am  Gesäss,  die  sogen.  Sieatopygie.  Von  EigenChOm- 
lichkeiten  des  Skeletts  heb«n  wir  bers  or  das  Zusammenwachsen  der  beiden  ^fasen• 
knochen  zu  einem  einzigen  und  das  fehlen  der  rauhen  Linie  am  Schenkelbeta. 

—  Die  Papuarace  auf  Neu  (ininea,  dem  Bismarck-Arcln]  ol,  der  Salomen- und 
Fidsrhi-lnseln,  den  Neuen  Hebriden  und  in  Neu  Kaledonien  zeichnet  sich  aus 
durcii  kräftigen  Wuchs,  schwarzes,  krauses,  in  einzelnen  Büscheln  wachsendes 
Haar  und  chokoladenfarbene  bis  tieischwar/.c  Haut.  Der  Schädel  ist  dolicho- 
cephal  mit  senkrecht  abfallenden  Seiteowänden,  die  Stirn  schmal,  die  hervi»^- 
tretende  Nase  gebogen.  Auf  den  Fidschi-Inseln  vollzog  sich  Mischung  mit  poly- 
nesisdien  Elementen.  Auf  der  su  Neu«Kaledonten  gehöri^n  Pimen^Iasel  lebt 
eine  sdir  viel  hellere  Abart  I^e  den  Afrika^Negem  ungemein  Hhntidien  Papuas 
sind  von  ersteren  durch  eine  Reihe  wichtiger  Merkmale  geschieden.  Sdion 
allein  an  der  Anordnung  des  unteren  Randes  der  Nasenöfinung  kann  man  den 
Papua  vom  atrikain'schcn  Neger  unterscheiden.  Bei  ersteren  fehlt  der  Rand  und 
ist  durch  zwei  Kinnen  ersetzt.  —  Zu  den  Negritos  gehören  die  Mincopies, 
auf  den  Andamanen,  die  Scmang  im  Itmern  der  Halbinsel  Malakka  und  die 
Acta  auf  den  i'hilippincn.  Ihre  Merkmale  sind  kleiner  Wuchs,  schwarze  Haut- 
farbe und  schwarzes,  spiralig  gekräuseltes  Haar.  Die  mächtig  dicken  Lippen 
erscheinen  wenig  aufgeworfen.  In  frilherer  Zeit  bewohnten  sie  das  malayische 
Geltet,  wahrscheinlich  auch  Neu-Guinea  und  die  Sttdspitse  Asiens.  Da  auf 
C^lon  und  in  den  benadibarten  Theilen  Indiens  kleine  schwarte  Stämme  vor* 
kommen,  so  liegt  die  V'ermuthung  nahe,  dass  die  Ureinwohner  Indiens  Negritos 
waren.  Die  jet^t  erloschene  tasmanische  Race  nimmt  eine  gänzlich  isolirte 
Stellung  ein.  Nach  Hautfarbe,  spiralig  gekräuseltem,  in  Hiischeln  wachsendem 
Haar,  nach  aufgeworfenen  Lippen  und  geringer  Schädelgeräuniigkeit  sind  sie 
Neger.  Jedoch  eine  Reihe  wichtiger  Merkmale  stellt  sie  in  direkten  Gegensatz 
zu  den  übrigen  Negerracen.  Wuchs  unter  mittclgross;  starke  Entwickeluag  der 
hinteren  Schädelparthie ;  hervortretende  Augenbrauenbogen  und  Glabella;  be- 
deutend eingeschnittene  Nasenwurzel;  grosser  Mund  mit  aufgewnrfenen  Lippen; 
Stumpfhase  mit  dicker,  teigiger  Basis.  ~  Im  Jahre  1835  trieben  die  En^iader 
die  ihnen  lästig  gewordenen  Ureinwohner  Tasmaniens  su  Paaren  und  liessen  sie 
auf  einer  Insel  in  der  Bass-Strasse  langsam  umkommen.  Der  letzte  von  ihnen 
starb  1871.  —  Die  australische  RaCe  zeichnet  sich  aus  durch  das  Nebenein- 
ander von  schlichtem  Haar,  schwarzer  Hnnt  und  negerartigen  Zügen;  doch 
scheinen  auch  unter  ihnen  vereinzelt  kraushaarige  Individuen  vor/nkommcn. 
Möglich,  dass  letztere  einem  besonderen,  jetzt  fast  gänzlich  ausgestorbenen  Typus 
angehören,  der  als  das  autochtone  Element  Australiens  zu  betrachten  wäre. 
Die  Australier  haben  die  geringste  Schädelgeräumigkeit,  die  man  beobachtete; 
de  sind  am  meisten  dolichocephal  unter  allen  Ydlhem  der  Erde.  Die  dunkel' 
chokoladcnschwarze  Hautfarbe  spielt  mitunter  ins  Röthliche.  Der  Wuchs  ist  ein 
hoher,  ebenmässiger.  Die  Schädelwölbung  hat  nkht  selten  dadisiegelartige  Ge> 
stalt;  der  obeie  Rand  der  Augenhöhlen  ragt  ttber  den  unteren  heraus.  Chanik> 


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Menschenncen. 


543 


teristisch  ist  die  dicke,  breite,  an  ihrer  Wurzel  stark  eingesenkte  Nase.  Der 
Querschnitt  der  Haare  steht  in  der  Mitle  zwischen  der  rundHchen  Form  bei  den 
gelben  und  amerikanischen  Racen  und  der  cUiptischen  bei  den  Semiten.  Bei 
den  Todas  der  Nila-giri  und  bei  einigen  Ainos  begegnet  man  seltsamer  Weise 
zwei  Grundziigcn  der  Australier;  den  stark  vortretenden  Augenbrauenbogen  und 
der  reichlichen  Behaarung  des  ganzen  Körpers.  Auch  das  Portrait  der  Kurumba 
und  Irula  in  der  Sttdspitse  Dekkans  ähnelt  aal&Uend  demjenigen  der  AostiaEer. 

—  So  viel  Aber  die  eioselnen  Racen.  In  welchem  Verhältnisse  stehen  nun  die- 
selben sa  einander?  Haben  sie  alle  glichen  Rangwetth,  oder  sind  die  einen 
nur  Abtheilungen  und  Unteiabtheilungen  der  andern?  Wir  unterlassen  es,  darauf 
eine  bestimmte  Antwort  za  ertheilen.  Die  anatomische  Anthropologie  steckt  in 
den  ersten  Anfängen.  Ein  iingeheurer  Berg  von  Arbeiten  bleibt  noch  zu  be- 
wältigen, bis  sich  die  Anstellten  einigermaasscn  geklärt  haben.  Gedulden  wir 
uns  also,  bis  die  exakte  Forschung  auch  auf  diesem  Gebiete  weitere  Fortschritte 
gemacht  hat.  Die  im  Laboratorium  ausgeführten  Messungen  am  Skelett  und  an 
den  wenigen  Individuen  fremder  Racen,  die  zu  Scliaustellungen  nach  Europa 
gebracht  werden,  beaitsen  deshalb  nur  bedingten  Werth,  da  es  immer  fraglich 
bldbt,  ob  wir  hier  überhaupt  einen  guten  Vertreter  der  Race  vor  uns  haben. 
In  Folge  der  zahllosen  Kreusungoi  können  nur  die  Durchschnittswerthe  zahl- 
reicher Messungen  Aber  den  Gründaus  Ausschluss  geben.  Die  Hauptarbeit 
bleibt  also  den  Reisenden,  welche  die  Racen  im  fernen  Lande  studiren.  Leider 
sind  jedoch  die  Wenigsten  dieser  Aufgabe  gewachsen,  und  die  unklaren,  un- 
wtssenschafthchcn  Berichte  tragen  nur  dazu  bei,  die  Verwirrung  noch  heilloser 
zu  machen.  Es  ist  dies  um  so  mehr  bedauerlich,  als  die  Ureinwohner  allerwärts 
schnell  aussterben,  da  sie  die  Berührung  mit  der  Civilisation  nicht  vertragen. 
Die  Tasmanier  verschwanden  bereits  vom  Erdboden.  Maori,  Polynesier,  Eskimos, 
Indianer  und  viele  Andere  weiden  binnen  Kurzem  der  Vergangenheit  angehören. 

—  Soviel  ist  jedoch  gewiss,  dass  sich  drei  Hauptgruppen  aussondern  lassen: 
Erstens  die  firachycephalen  von  kimem  Wüchse,  gelblicher  Haut,  breitem, 
plattem  Gesicht,  schiefen  Augen,  kurzen  I Jdem  und  spärlich  wachsenden  harten 
Häaren  von  rundem  Querschnitt.  Zweitem  die  Dolichocephalen  von  holiem 
Wüchse,  mit  weisser  Hautfarbe,  schmalem,  in  der  Mittellinie  vortretendem  Ge- 
sicht und  hellen  Haaren  von  elliptischem  Querschnitt.  Drittens  die  noch  stärker 
dolichocephalen  mit  schwarzer  Hautfarbe,  glatten,  spiralig  gekräuselten  Haaren, 
starkem  Prognathismus  und  nach  hinten  vortretendem  Gesäss.  —  Eine  andere 
Frage  ist:  haben  die  Racen  den  Werth  von  Gattungen,  Arten  oder  Varietäten 
in  dem  Simie,  den  der  Zoologe  mit  diesen  Bezeichnungen  verbindet?  Zwischen 
den  verschiedenen  Racen  zeigen  sich  anatomische  Unterschiede,  welche  grösser 
sind,  als  die  von  den  Naturforschem  zwischen  Varietäten  anerkannten,  und  eben* 
so  gross,  wie  die  zwischen  Arten.  In  einigen  Fällen  scheint  der  Zwischenraum 
sogar  so  weit  zu  sein,  wie  der  zwischen  Gattungen.  Als  einziger  Einwand  bleibt: 
Bei  Kreuzungen  zwischen  den  verschiedensten  Racen  werden  Nachkommen  er- 
zeugt, die  eine  konstante  Zwischenrace  hervorzubringen  vermögen.  Jedoch  wird 
auch  zwischen  Thierarten  zuweilen  ein  Gleiches  beobachtet  —  Endlich:  stehen 
die  einen  Racen  den  Affen  näher,  die  anderen  ihnen  femer?  Mit  anderen 
Worten:  Giebt  es  Racen,  welche  den  Abstand  zwischen  Europäern  und 
Andin^oiden  verringeni?  Die  eitakte  Forschung  antwortet  mit  »nein«,  unbe- 
kümmert  um  den.  Spott  derer,  die  Doktrinen  zu  Liebe  jedes  unbefimgenen  Ur* 
theils  sich  begeben.    Man  versuchte,  am  Skelett  der  sogen,  niedrig  stehenden 


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S44 


Metocqkhal  —  Mesorrhin. 


Racen  Merkmale  von  Aßenähnlinhkeit  aufzufinden;  am  häufigsten  tnusstc  selbst- 
verständlich der  Schädel  herhalten.  Alle  Ergebnisse  hielten  aber  einer  ernsten 
Kritik  nicht  Stand.  Die  individuellen  Sühwaakungen  sind  in  den  einzelnen  Raceri 
SO  gross,  dass  es  allerdings  nicht  schwer  fiült,  hier  und  da  Einiges  au  catdediesi, 
was  in  mdir  oder  minder  iUmlicher  Form  auch  beim  Anthropoiden  voikommt, 
ohne  dass  man  deshalb  berechtigt  wäre,  von  einer  Alfenähnlicbkeit  der  gansen 
Rae«  SU  sprechen.  Dass  der  Gesichtsausdrack  der  Hottentotten,  Buschmlnner» 
Australier,  Patagonier  u.  A.  ein  thierähnlicher  sei,  galt  so  lange  als  ausgemacht,  als 
man  jene  Racen  nur  durch  die  Beschreibungen  und  Zeichnungen  urtheilsloser 
Reisender  kannte.  Jetzt,  wo  wir  zahlreiche  vorzügliche  Portrait-Photogramme  dieser 
sogen.  Wilden  besitzen  und  überdies  Gelegenheit  hatten,  Vertreter  der  verschieden- 
sten Racen  bei  uns  in  Europa  /n  sehen,  ist  die  Bestialität  der  Physiognomie 
verschwunden  uiui  an  ihre  Stelle  ein  guunutltiger,  mitunter  recht  miclligenter 
Gesichtsausdruck  getreten,  ^imoid  sehen  wir,  dass  Menschen,  von  denen  wir 
nicht  glaubten,  dass  sie  bis  drei  zfthlen  können,  in  kttrsester  2Seit  verBchiedene 
Sprachen  erlernen  und  sich  als  die  bildungsfthigslen  Gesch()pfie  erwdsen.  Die  ge* 
nauesten  Untersuchungen  von  Gehirnen,  beispielsweise  der  Feuerländer,  etigaben, 
dass  bei  ihnen  auch  nicht  die  mindeste  anatomische  Abweichung  v<NnBau  des  Euro- 
pSer-Gehims  vorkommt.  In  demselben  Masse,  wie  sich  unsere  Renntniss  der  ver- 
schiedenen Racen  erweitert,  erweitert  sich  die  Kluft  zwischen  Mensch  und  An- 
thropoiden. —  Die  prähistorischen  Racen,  von  denen  wir  bisher  noch  nicht 
sprachen,  sollen  in  einem  besonderen  Kapitel  abgehandelt  werden.  N. 

Mesocephal  (oder  maatucphal^  nennt  man  emen  bciiadel,  dessen  I^ingen- 
^   •    '  jx    (    >oo  X  grösste  SchädellängeX      .  .  ,  _x  x 

bieitenrndex^«     grftsste  Schädelbreite     J  und  79  9  ^ 

Uebrigen  gilt  fttr  den  I^ngenbreitenindex  des  Schädds  folgendes: 
Liegt  der  Index  zwischen  60,0  und  64,9,  so  heisst  der  Schädel  uUradoBthHtphßl 

„     »      M         »      65,0  „  69,9  ,       „  hyperdoHchocephai 

»f     »      u         tf      70.0       74»9  t»     »»     »»       »  dolichocepkal 

i%       %\  n 

„       80,0   „    84,9    „      „      „         „  brachyrcphal 

I«      n      11        »>  hypcrbrcichyiephal 
„      „      „  „       90,0   „    94,9    „  „        ,,  ultrahniihycephal 

Es  sind  dies  die  im  Jahre  1886  von  der  internationalen  Vereinigung  der 
Anthropologen  festgesetzten  Werthe  und  Bezeichnungen.  Früher  nahmen  die  ver- 
schiedenen Autoren  willkürliche,  oft  sehr  dilTerirende  Grensweithe  an,  sodass  auf 
diesem  Gebiete  die  grösste  Verwirrung  herrschte.  N. 

llesoconcfa  nennt  man  eine  Augenhöhle,  deren  Augenhöhlen'Index 
100  X  Augenhöhlenhöhe\ 


- 


^  t    •        ■  zwischen   80  0   und   85  0   liegt.     Ist  der  Index 

Augenhöhlenbreite  / 

kleiner  als  80  0,  so  heisst  die  Augenhöhle  ihamauMch,  ist  er  dagegen  grösser 

als  8c;  o,  so  Jnpsiconch.  N. 

Mesognath  (oder  ortlwgnath)  nennt  man  ein  Gesicht,  dessen  Profilwinkel 
(die  Neigung  der  rrofillinie  7,ur  Horizontalebene)  zwischen  83'*  und  90°  liegt- 
Ist  dieser  Winkel  kleiner  uis  83",  so  heisst  das  Gesicht  prognath,  ist  er  dagegen 
grösser  als  90 so  hyperorthognaA^  N. 

Mesorriiiii  nennt  man  ein  Nasenskelett,  dessen  Nasen-Index 

(100  X  Breite  der  NasenöffnungX      .   ,  ,         ,     .     ,  ^ 

=  Nasenhöhe  J  47  »  ""d  510  hegt.    Im  Gegen- 

satze  dazu  steht  das  lept^rrkw  (47-0  und  darunter),  das  platyrrAme  (51-1— 58*0) 


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Mcsostaphylin  —  Migration. 


54S 


und  das  hyperplatyrrhine  (58-1  und  darüber)  Nwenskeletfc  Die  schwarzen  Ras»eil 
sind  platyrrhin^  die  mongolischen  und  amerikaniachen  mescrrAm,  die  weisteo 

Uptorrhin.  N. 

Mesostaphylin  nennt  man  einen  Gaumen,  dessen  Gaumen*Index 


als  80*0,  so  heisst  der  Gaumen  kptostaphylin,  ist  er  dagegen  grösser  als  85,  so 
hrachystaphyUm*  N. 

mamna  (von  miainim  beflecken),  dieses  Wort  wurde  in  der  Knuikheitslebre 
im  Gegensatz  tn  dem  Wort  Conit^htm  fQr  solche  von  aussen  in  den  Menschen 
eindringende  (exogene)  Krankheitsursachen  gebraucht;  welche  notorisch  nicht  — 
wenigstens  nicht  direkt  wie  beim  Contagium  —  von  einem  andern  Menschen 
(oder  Thiere  höherer  Organisation)  cr/enjrt  werden,  sondern  im  Boden  oder 
Wasser  oder  in  der  Luft.  Typisch  für  ein  Miasma  galt  z.  B  die  Krauklieiis- 
iirsache  ftir  die  Sumpffieber.  Dem  Miasma  gec^enfiber  wurde,  wie  sc  Ii  011  bemerkt, 
das  Wort  Contagtum  tur  solche  Krankheitsursachen  gebraucht,  weiche  von  einem 
Lebewesen  erzeugt  und  auf  ein  anderes  gleicher  oder  ähnlicher  Art  direkt  aber- 
tngen  werden  können.  Typisch  fflr  das  Ccnm^um  ist  z.  B.  der  Ansteckungsstoff 
bei  Scharlach,  Blasern  etc.  Krankheilen  endlich,  bei  denen,  wie  s.  B.  der  Gioleta, 
die  spediisdie  Krankheitsursache  offenbar  von  einem  andern  Menschen  erzeugt 
wird,  aber  nicht  direkt  übertragen  werden  kann,  sondern  nur  indirekt  durch 
Boden,  Wasser  etc.,  von  wo  aus  dann  also  die  Krankheitsursache  ähnlich  einem 
Miasma  wirkt,  wurden  miasmatisch -contagiöse  genannt.  —  Reit  nun  fest- 
gestellt ist,  dass  wohl  bei  allen  diesen  drei  Krankheitsgruppen  (die  man  früher 
auch  als  zymotische  ziisammengefasst  hat)  die  specifische  Krankheitsursache 
und  zwar  auch  bei  den  rem  miasmatischen  ein  specihsches  Lebewesen  parasitärer 
Natur  »t,  hat  man  sich  gewähnt;  das  Wort  »Miasma«  gewissermaassen  als  einen 
veralteten  Begriff  fallen  zu  lassen.  G.  Jaeosr  sucht  ihn  in  die  Knmkbdtslehre 
wieder  dnzuf&hren  und  zwar  so:  Der  knuikmachcnde  Einfluss,  dem  man  den 
Namen  Miasma  gab,  besteht  nidit  bloss  aus  den  jetzt  in  den  Miasmen  aufge- 
fundenen spedfiachen  parasitären  Lebewesen,  sondern  die  so  sehr  sinnfälligen, 
übelriechenden,  also  gasigen  Bestandtheile  des  Miasmas  spielen  bei  der  Krank- 
heitser/eiigung  die  wesentliche  Rolle  eines  Dispositionsstoffes,  ohne  den  die 
specifische  Ursache  nicht  Wurzel  fassen,  also  auch  die  specifische  Krankheit 
nicht  erzeugen  kann.  Bei  dieser  sachlich  wichtigen  Rolle  der  bloss  riechbaren 
Theile  des  Miasmas  mUssen  diese  einen  Namen  haben  und  als  solcher  empfiehlt 
sich  der  ursprüngliche  Name  »Miasma«  um  so  mehr,  als  derselbe  zu  einer  Zeit 
entstand,  in  wdcher  man  von  dem  in  Rede  stehenden  krankmachenden  Binfluss 
direkt  noch  nichts  kannte,  als  etwa  nur  von  ihm  wahr> 

nimmt  J. 

Migration.  Dieses  Wort,  das  eigentlich  allgemdn  nur  Wanderung  bedeute 
erhielt  eine  besondere  Bedeutung  durch  den  Zoologen  Moritz  Wagner.  Derselbe 
stellte  der  DARWiN  schen  Lehre  von  der  Entstehung  der  Arten  durch  natürliche 
Auswahl  seine  sogenannte  sMigrationslchree,  d.  h.  die  Lehre  gegeniil^er,  dass 
die  Entstehung  neuer  Thierarten  bloss  durch  den  Process  der  Wanderung,  d.  h. 
dadurch  zu  Stande  komme,  dass  bei  Uebersiedelung  eines  Theils  der  Species- 
mitglieder  in  dn  neues  T«ritorivm  diese  dner  Abänderung  unterworfen  weiden, 
und  zwar  so  wdt,  dass  sie  den  zurückgebliebenen  Individuen  gegenflber  eine 
neue  Art  darstellen.  Richtig  an  dieser  Lehre  isl^  dasa  die  Spaltung  einer  Spedes 

UA^  Airthnipol  a.  BHaoloti»  Bd.  V.  3S 


zwischen  80*0  und  8s'o  liegt.  Ist  der  Index  kidner 


^ujui^  .o  i.y  Google 


S46 


Mikropylc  —  MncbdrOMII. 


in  zwei  ränmlich  getrennte  Individuengruppen  Anstoss,  ja  VorbedingUDg  zur 
Differenzirung  in  zwei  gesonderte  Arten  bilden  kann  tind  sicher  oft  oeniii;  ee- 
bildet  hat,  allein  i.  kann  cirx*  nilTerenzirung  auch  durch  das  eingeleitet  werden, 
was  (i.  Jakukk  (»In  Sachen  i>AKWi\'s«  pag.  52)  biologische  Migration  genannt 
hat.  Wenn  nämlich  in  Folge  einer  Instinktvariation  oder  zeitweiligen  Zwangs  eine 
Individuengruppe,  z,  B.  eine  pflanzenfressende  Insektenar^  auf  eine  andere  NÜir- 
pflanze  ttbersiedel^  so  kann,  selbst  wenn  keine  geographische  Trennnag  eintritt 
dies  doch  binnen  einigen  Generationen  zu  einer  solchen  biologischen  Divetgens 
führen,  dass  schliesslich  eine  nene  Art  entsteht  —  a.  die  Migration  und  awar 
sowohl  die  geographische  als  die  biologische  ist  für  sich  allein  nie  die  Ursache 
einer  neuen  Artbildung,  sie  kann  nur  höchstens,  aber  auch  nicht  allgemein,  eine 
unerlässlirhe  Vo  rbed  i  ?>  enn  g  hiefUr  sein,  denn  das,  was  auf  dem  neuen  Terri- 
torium die  Abaruieriing  hcrbeifilhrt,  sind,  abgesehen  von  der  Disposition  der 
fraglichen  Individuen,  eben  die  auf  diesem  herrschenden  andersartigen  biologischen 
Bedingungen,  welche  theils  direkt,  iheils  indirekt  durch  den  Vorgang  der 
natürlichen  Auswahl  abMndemd  wirken.  Die  Migration  ist  also  nicht»  wie  M. 
Wacner  wollte»  etwas  dem  DARwm'schen  Auswablprincip  entgegenstehendcsr 
dieses  ausschliessendes,  sondern  einer  der  mancherlei  Faktoren,  welche  neben 
der  Auswahl  durch  den  Kampf  ums  Dasein  die  Bildung  neuer  Arten  heibeiführen 
helfen.  J. 

Mikropylc.  Alle  Haute,  welche  ein  Fi  umgehen,  können  mit  einer  be- 
sonderen Oefl'nung  vci sehen  seiti,  welche  man  Mikropylc  nennt  Dieselbe  findet 
sich  durchaus  nicht  an  allen  Eiern,  auch  sind  die  verschiedenen  als  Mikropyle 
benannten  Oeflfnungen  nicht  immer  homolog.  Mikropylen  können  zweierlei 
Funktionen  besitzen,  entweder  dienen  sie  der  Ernährung  des  Eies  wälirend  seiner 
Entwicklung,  oder  sie  vennitteln  den  Eintritt  der  Spermatozoen.  Beide  Funktionen 
können  auch  nebeneinander  bestehen.  Mikropylen  lür  die  Emflhrung  entwickeln 
steh  an  der  Befestigungsstetle  des  Eies  auf  der  Wand  des  Ovarium  oder  dessen 
Follikel.  Solche  Mikropylen  besitzen  beispielsweise  die  Lamellibranchiaten,  Holo- 
thutien  und  zahlreiche  Anneliden  Hei  den  Lamellibranchiaten  übernimmt  die 
Mikropyle  möglicherweise  atich  beide  der  genannten  Funktionen.  Mikrnjwlen 
fUr  den  Eintritt  der  S|)ermatozoen  finden  sich  unter  anderen  an  den  Eiern  der 
Insekten  und  Knorhetifisclie.  GRBCif. 

Milchdrüsen  [Maruniin ,  GiunUuiai:  iaittferae).  Die  Milchdrüsen  sind  zu  den 
sccundären  Geschlechtsorganen  zu  zählen,  da  sie  das  weibliche  Geschlecht  vor 
dem  mfinnlichen  auszeichnen.  Sie  dienen  der  Ernfthrung  der  jugendlichen  In* 
dividuen,  so  lange  diese  noch  nicht  im  Stande  sind,  andere  Nahrung  als  die  aus 
dem  mütterlichen  Organismus  stammende  Milch  zu  sich  zu  nehmen.  In  ihrer 
Anlage  sind  die  Milchdrüsen  auch  beim  männlichen  Geschlecht  vorhanden,  bleiben 
hier  aber  zeitlebens  im  unentwickelten  Zustande.  Doch  kommen  auch  Fälle  vor, 
in  welchen  auch  die  männlichen  Drüsen  eine  bedeutendere  Ausbildung  erlangen 
und  in  Funktion  und  (lestalt  den  weiblichen  gleichkommen.  —  Beim  Weibe 
liegen  die  Milchdrüsen  (Hriisic)  je  eine  auf  jeder  Seite  der  vorderen  Fläche  der 
Brusthöhle  {Regio  mammae).  Sie  reichen  von  der  driiLen  bis  zur  siebenten  Rippe 
und  bedecken  den  grössten  Theil  des  grossen  Bnistmuskels.  Die  Fettpolster, 
welche  den  drüsigen  Theil  umlagern,  und  die  das  ganze  Gebilde  flberideideDde 
Haut  machen  das  Organ  zu  einem  rundlichen  Körper,  dessen  Umfang  an  der 
Basis  elliptisch  ist.  Auf  der  Oberfläche  erhebt  sich  in  der  llffitte  eine  Waixe, 
die  BrubtlVAr^e  (Mamilla^  Btpilia  mammat)^  welche  von  einem  dunfcelgeftirbten. 


Missbildang^. 


547 


vertieften  Hof  (Areola  mammae)  umschlossen  wird.  —  Hinsichtlich  des  Baues 
stimmt  die  Milchdrüse  mit  den  grösseren  traubigen  Drüsen  überein.  Sie  besteht 
aus  etwa  fUnfzelui  !)is  fünfundzwanzig  platten  Lappen,  welche  äusserlich  in  ein- 
ander übergehen  kunnen.  Jeder  Lappen  icerfallt  wiederum  in  kleinere  Läppchen 
und  diese  in  Dittsenblltschen,  welche  von  einem  Pflasterepithel  gebildet  werden. 
Alle  diese  Elemente  sind  von  derbem  Bindegewebe  und  darauf  von  Fettgeweben 
umgeben.  Aus  jedem  Drttsenlappen  entsprmgt  ein  Canal,  der  Milchgang  oder 
Milchkanal  (Duehis  htiifirus  s.  ialaOopharusJt  welcher  aus  der  Vereinigung  der 
kleinen  Stämmchen  entsteht,  die  von  den  kleinen  und  kleinsten  Läppchen  ab* 
gehen  und  sich  unter  einander  wie  die  Aeste  eines  Baumes  vereinigen.  Die  von 
den  verschiedenen  Drusenlappen  kommenden  Milchkanäle  verlnufen  gegen  die 
Brustwarze,  bilden  unter  dem  Warzenhofe  durcli  ihre  Erweitci  im^  die  Milchsäckchen, 
weiche  als  längliche  Säckchen  Reservoirs  für  die  secemirte  MiU  Ii  darstellen,  und 
münden  dann  schliesslich  cnucin  zwibciicu  den  Höckern  der  ürustwar/e.  — 
Beim  Manne  ist  die  Drüse  ganz  rudimentär  und  ungelappt,  auch  die  AusfUhiungs- 
gänge  sind  dementsprechend  von  geringer  Ausbildung.  —  D. 

MteeMIdung,  Missgeburt  Wie  im  erwachsenen  Zustande,  so  wird  in 
gleicher  Weise  auch  im  embryonalen  und  fötalen  Alter  der  menschliche  und 
thierische  Organismus  von  störenden  äusseren  Einflüssen  getroffen.  Haben  die 
Körperthcile  des  jungen  Individuums  bereits  ihre  Ausbildung  erlangt  und  fehlt 
ihnen  zur  vollständigen  Reife  nur  noch  das  Wachsthum,  so  werden  die  schäd- 
lichen Einwirkungen  keuien  anderen  Erfolg  haben  als  bei  dem  erwachsenen 
Organismus.  Stellen  sie  sich  jedoch  vor  der  angeriebenen  Zeit  ein,  wo  die  An- 
lage der  Körpertheile  noch  nicht  zum  Abscliiu^s  gelangt  ist  (was  beim  .Menschen 
bis  cum  £nde  des  dritten  Monats  der  Fall  ist),  so  rufen  die  äusseren  Eingriffe 
Veränderungen  in  Bildung  und  Form  der  Frucht  hervor,  entweder  in  allen  oder 
nur  in  einseinen  Tbeilen.  Kommt  eine  solche  Frucht  su  reiferem  Alter,  so  ist 
sie  missgebildet  Eine  Missbildung  ist  mithin  eine  Veränderung  der  Form,  welche 
durch  eine  Störung  (Ic-r  ersten  Entwicklungsstadien  des  Embryo  verursacht  wird. 
Schon  der  Sprachgebraucli  unterscheidet  zwischen  einer  starken,  abstossenden 
Entstellung  des  Organismus  und  einer  nur  in  einem  einzelnen  Theil  sich  zeigenden 
Abweichung  von  der  normalen  Korni.  Im  ersten  Falle  spricht  man  von  Miss- 
geburt, Munütrosität;  im  anderen  von  Missbildung,  Naturspiel,  Deformation.  Aus 
der  Betrachtung  der  verschiedenen  Fälle  von  Missbildungcn  geiiL  hervor,  dass 
dieselben  nicht  in  gans  unbestimmten  Grenzen,  ohne  Regel  und  Gesetzmässigkeit 
auftreten,  sondern  dass  man  nur  eine  beschränkte  Zahl  von  Missbildungs^Arten 
kennt  und  diese  in  den  einzelnen  Fällen  genau  so  wiederkehren.  Hieraus  kann 
man  schliessen,  dass  die  Missbildungen  nicht  Produkte  verschiedenartigster, 
zufällig  einwirkender  Einflüsse  sind,  sondern  durch  bestimmte,  wiederkehrende 
Störungen  entstehen.  —  Die  Arten  der  Missbildung  lassen  sich  in  folgende 
Grupjjen  theilen:  i.  Missbildung,  die  in  ihrem  ganzen  Körper  oder  in  einzelnen 
Theilcn  ein  Uebermaass  oder  eine  Ueberzahi  zu  erkennen  geben  (>Missbildungen, 
die  etwas  mehr  besitzen,  als  ihnen  der  Idee  ihrer  Gattung  nach  zukommen  sollte«.. 
BlSCHorp).  3. Missbildungen,  deren  Organismus  unvollständig  ist,  so  dass  grössere  oder 
kleinere  Abtheilungen  des  Körpers  fehlen  oder  verkümmert  sind.  (»Missbildungen, 
denensurRealisationderldeeihrerGattungetwasfehlt.c)  3.  Misabildungen,  bei  denen 
sich  der  Keim  in  abnormer  Weise  zum  Foetus  entwickelt  hat,  so  dass  die  Theile  eine 
qualitativ  andere  Beschaffenheit  erlangt  haben.  (>Missbildungen,  deren  Organi 
sation  der  Idee  ihrer  Gattung  nicht  entspricht,  ohne  dass  ihnen  hierzu  etwas  fehlte 

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Mobile  —  Motorische  Nefveii« 


oder  sie  etwas  zu  viel  besessen. c)  Hinsichtlich  der  Frage,  welche  Momente  bei  der 
Entstehung  von  Missbildunc^en  von  Kinflusss  sind,  lässt  sich  wohl  kaum  etwas  «sicheres 
angeben,  sondern  es  lassen  sich  nur  Vernnitliungcn  aufstellen.  Ueber  die  Faktoren, 
welche  jedesmal  bei  der  liildinii;  eines  Organismus  direkt  dessen  Formen  und  Ge- 
staltung bedingen,  herrscht  überhaupt  noch  vulligcsDunkel,und  erst  wenige  Versuche 
sind  gemacht,  dasselbe  zu  lichten.  Sicherlich  können  die  Ursachen  einen  zwei- 
fachen Ursprung  h-^ben,  sie  kOnnen  entweder  von  den  zeugenden  Elton  aus- 
gehen oder  von  firemden  Umstibiden  herrllhren  (Druck,  Stoss  u.  s.  w.). 

Mobile*  Au^estorbener  Indianerstamm  Alabamas,  an  dem  gleicfanamigen 
Flusse.  S«n  Name  haftet  auch  an  einer  Bai  und  an  der  dort  erbauten  Hafen- 
stadt.    V.  H. 

MoilgOS  (Ltmur  Mongot,  L.),  Halbaftenart  aus  Madagascar,  zur  Gattung 
yLftnur^  (s-"d.)  gehörig,  fast  i  Meter  lanp,  hiervon  entfällt  nlier  ca.  die  Hälfte  auf 
den  Schwann.  Oben  dunkelaschgrau,  am  Unterrückea  und  an  der  Aussenseite 
der  Schenkel  lichtbräunlich,  Gesicht  schwarz ;  unten  weisslich.  —  Ziemlich  häufig 
importirte  Art.  —  Biologie  noch  wenig  bekannt     v.  Ms. 

Monismus  ist  der  Aufdruck  für  eine  Weltanschauimg,  welche  im  Gegensatz 
sum  Dmlismus  alle  Vorgänge  in  der  Schöpfung  aus  einon  einzigen  Friocip 
heraus  erkUren  und  sich  xnrecht  legen  will,  während  der  Dualismus  diese  Vor- 
glUige  auf  swei  verschiedenartige  Potensen  snittckftlhrt,  nXmltch  die  (pondeiable) 
Materie  und  den  Geist.  Ueber  dieses  einsige  Princip  des  Monismus  sind  aber 
die  Monisten  unter  sich  durchaus  nicht  einer  Ansicht.  Das  eine  Lager  verl^ 
alles  in  die  ponderable  Materie,  und  unterscheidet  sich  somit  dieser  Monismus 
eigentlich  nicht  wesentlich  von  dem  Materialismus,  der  Hauptvertreter  dieser 
Richtung  ist  der  Zoologe  H.vckki..  Diesen  materialistischen  Monisten  hat  sich 
neuerdings  eine  andere  Richtung  entgegengestellt,  die  alles  auf  den  Geist 
zurückzuflihren  sich  bei.uebt  und  gleichfalls  das  Wort  Monismus  fUr  sich  in 
Anspruch  nimmt,  weshalb  man  ilire  Anhänger  die  spiritistischen  Monisten  nennen 
kann;  der  Kauptvettreter  dieser  Richtung  ist  ^r  Naturforscher  Du  FksL.  J. 

Motorisdie  Nerven  nennt  man  jene  centrifugallettenden  Nervenbahnen, 
welche  von  einem  der  nervösen  Ctentralorgane  oder  peripheren  Ganglien  entspringen 
und  SU  einem  Muskel  als  ihrem  Endorgan  veriaufen.  Der  Efiect  ihrer  Reisung 
ist  demnach  stets  ein  Contractions-,  also  Bewegungsvorgaog^  der  je  nach  dem 
Cbaracter  des  dadurch  betroffen cn  muskuliisen  Organes  veischieden  ist.  Als 
Nerven  der  quergestreiften  Muskeln  erzeugen  sie  eine  energische,  in  kurzem 
ablaufende  Mnskelconfraction  resp.  Muskelzurknng  (s.  d.),  als  Her? muskelnerven 
Üben  sie  einen  hemmenden  oder  beschleunigenden  (anregenden^  Kinfluss  auf  die 
Her  il  atif^keit  resp.  Frequenz  und  als  Nerven  der  glatten  Muskulatur  rufen  sie 
eine  langsam  al)laufende,  energielose  Contraction  hervor.  Unter  den  letztgenannten 
motorischen  Nerven  spielen  neben  den  Bewegungsnerven  aUer  Organe  mit  glatter 
Mu^ttlaiur  (Magen,  Darm,  Uterus,  Blase  etc.)  die  vasomotorischen  Nerven  (s.  d.) 
in  der  Physiologie  des  Kreislaufes  mit  Rflcksicht  auf  Blutvertheiluog  und  Blutdruck 
eine  grosse  Rolle.  Je  nach  der  Art  dieser  Nerven  ist  der  sie  in  Thitigkeit  ver- 
setsende  Normalreiz  ein  verschiedener.  FUr  die  Nerven  der  quergestreiften 
Muskulatur  ist  dieser  der  Willenstmpuls  oder  eine  reflectorisch  fib^tragene  An- 
r^;ung,  die  von  sensiblen  resp.  sensitiven  Nerven  ausgeht;  die  Nerven  der 
Herzmuskulatur  werden  für  gewöhnlich  durch  directe  oder  indirecte  Reize  (Gas- 
gehalt des  Blutes,  Temperatur,  Druckverhältnisse  im  Gefösssystem),  welche  die 
Hcrzcentren  in  der  Mcäulla  oblongata  treffen,  erregt;  die  Nerven  der* glatten 


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Moiistier  —  Mundthcile  der  ArUirot>o4cii. 


549 


Muskulatur  finden  in  reflectorach,  z.  B.  durch  Gefttlilsnemn  übettiagenen  Reuen 
ihre  Anregung.  Die  Geschwindigkeit  der  Ivdtung  der  Erregung  beträgt  im 
motorischen  Nerven  des  Menschen  33,9  Meter  in  i  Secunde,  weniger  scheinbar  in 
den  Eingeweidenerven  (8  Meter)  .ils  in  den  Nerven  der  Skeletmuskulatur,  in  den 
motorischen  Nerven  des  Hummers  nur  6  m.  Im  Uebrigen  unterliegt  die  Thätig- 
keit  der  motorischen  Nerven  den  über  die  Nervenerregung  (s.  Nerven tnnktion) 
tlbcrhaupt  herrschenden  Gesetzen.  Nach  dem  BEi.i/schcn  Gesetze  werden  die 
motorischen  Nerven  des  Rückenmarkes,  welche  von  den  grösseren  Ganglien- 
zellen der  Ventralhörner  entspringen,  mittelst  der  ventralen  Wurzeln  in  die  peripheren 
Nervenstlmme  ttbergefllbrtv  wfthrend  ihre  Leitung  durdi  das  ROckenmark  vor- 
zugsweise  m  den  Fyramidenvorder-  und  Seitenstrangbahnen  erfolgt  Ihren  Ur- 
sprung nehmen  ne  zum  Theil  schon  in  den  verschiedensten  Gebieten  des  Gebims, 
als  willkttrliche  Bewegungen  auslösende  vor  allem  in  der  Grosshimrinde;  aber 
auch  Stammganglien ,  Kleinhirn  und  verlängertes  Mark  entsenden  motorische 
Nerven  (s.  Gehirn).  Im  Rückenmark  erfahren  sie  unter  Uebertritt  in  dessen 
Ganglien  wohl  in  der  Mehrzahl  eine  Unterbrechun<i:,  die  alsdann  eine  grössere 
Zahl  von  motorischen  Nerven  aus  diesem  hervorgehen  lässt,  als  vom  Gehirn  2U- 
geleitet  vvtirden.  S. 

Moustier.  Bei  Narbonne  entdeckte  182S  der  iranzose  Tonnll  m  der 
Höhle  von  M.  Knochengeräthe,  welche  denen  von  Aurignac  tthneln.  Auch 
einige  menschliche  Knochen  fanden  sich.  Die  ovalen  Feuersteingerilthef  welche 
Renthierjägern  der  Vorzeit  angehörten,  ftbneln  denen  aus  den  Höhlen  von 
Kent  und  der  Wookey-Höble.  Vergt  Dawsims:  »die  Höhlen  und  die  Ur- 
einwohner Europasc,  pag.  271.     C.  M. 

Mundtheile  der  Arthropoden.  Wie  der  Körper  der  Anneliden  aus  einer 
Anzalil  glcichwerthiger  (homologer)  Ringe  (Segmente)  besteht,  so  soll  eine  gleiche 
Zusammensetzung  dem  Körper  der  Arthropoden  zukommen,  Allerdings  sind 
hier  die  Segmente  nur  noch  selten  (Myriopoden)  getrennt,  denn  in  den  meisten 
Fällen  haben  sie  sich  zu  grösseren  Complexen  vereinigt.  Jedem  dieser  Segmente 
soll  nach  der  Theorie  ein  Paar  Gliedmaassen  entsprechen,  das  aber  nach  den 
äusseren  Lebensbedingungen  entweder  ganz  zurttckgebildet  und  so  verschwunden 
ist,  oder  das  entsprechend  der  mannichfachen  Funktion  einer  grossen  Veränderung 
in  der  Gestalt  unterworfen  ist  So  smd,  wie  man  annimmt,  aus  gleicbartifen 
Gliedmaassen  Ftthler,  gestielte  Augen,  Kiefer,  Fttsse  entstanden.  Die  Theorie 
schreibt  femer  den  einzelnen  Abschnitten  des  Arthropoden-Körpers  eine  bestimmte 
Zahl  von  Segmenten  zu,  die  entweder  verwachsen  oder  noch  frei  sind.  Dem 
Kopf  sechs,  dem  Thorax  drei,  dem  Abdomen  fllnf,  dem  Postabdomen  sieben. 
Demgemäss  kommt  potentiell  jedem  jener  Körperalischnitte  auch  eine  ent- 
sprechende .\nzahl  von  Gliedmaassenpaaren  zu.  —  Diejenigen  Gliedmaassenpaare 
nun,  welche  nach  ihrer  Funktion  dem  Munde  angehören  und  daher  Mundtheile 
(Farks  oris  oder  Instrumenia  cibana)  genannt  werden,  gehören  entweder  nur 
zum  K(^f  oder  theils  sum  Kopf,  theils  sum  Thorax.  —  Bei  den  Cnistaceeo 
(s.  B.  Decapoden)  bilden  das  vierte  Ims  neunte  Gliedmaassenpaar  die  Mundtheile, 
von  welchen  die  drei  ersten  auf  den  Kopf,  die  drei  folgenden  auf  den  Thorax 
falten.  Das  erste  Fbar  sind  die  mit  Tastern  versehenen  Oberkiefer  (MatidiMa), 
das  zweite  und  dritte  die  beiden  Unterkieferpaare  (Maxüien),  das  vierte  bis 
sechste  die  Kieferfüsse  (Pedts  maxillarei),  welche  ihrem  Bau  nach  den  Ueber- 
gang  zwischen  Kiefern  und  Füssen  bilden  und  wie  die  Unterkiefer  zum  Erfassen 
der  Nahrung  dienen.   Ausserdem  giebt  es  noch  swei  Gebilde,  weiche  man  als 


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MufkelfaiWT. 


Mundtheile  bezeichnen  muts,  die  aber  nicht  in  die  Reihe  der  Gliedroaassen 
gehören.    Es  ist  dieses  die  Ober-  und  die  Unterlippe,  von  welchen  die  Mund- 
öffnung eingeschlossen  wird.    --  Am  Körper  der  Insccten  wirH  als  auss^efallen 
angesehen  das  erste  und  zweite  (ilicdmaassenpaar.   Das  dritte  bilden  die  Fühler, 
die  übrigen  am  Kopfe  noch  befindlichen  Paare  (\'ierte<i,  t^inftes  und  sechstes) 
die  Mundtheile.    Dieselben  bestehen  aus;   Überkiefer,  mandibuiae  (viertes  Paar), 
Unterkiefer  maxiUae  (fünftes  Paar);   Unterlippe,  IdHim  (sechstes  Paar).  Die 
Oberlippe  (labrum)  ist  wie  bei  den  Cnistaceen  aus  keinem  Gliedmaasaenpaare 
hervorgegangen,  sondern  wird  als  Umschlag  des  Mundnmdes  aufgefasst  Die 
Oberkiefer  sind  stets  tasterlos  und  ungegliedert   Einen  complidrteren  Bau  be« 
sitzen  dagegen  die  Unferkiefer,  da  sie  gegliedert  sind  und  Taster  aufzuweisen 
haben.    Die  Unterlippe,  weiche  gleichfalls  diese  beiden  Eigenschaften  hat»  ist 
durch  Verwachsung  zweier  Gliedmaassen  entstanden.        Te  nach  der  Xabning 
und  der  Art  tmd  Weise,  diese  aufzunehmen,  sind  die  Mundtheile  der  Insectcn 
sehr  verKchieden  gestaltet,  so  das«?  es  schwer  fHllt,  die  tilti<  hwerthigen  Stücke  auf- 
zufinden.   Am  leichtesten  lassen  sich  drei  (iliedmaassenpaare  bei   den  Insecten 
mit  beissenden  Mundtheilen  (Cokopteren,   Neuropienn ,  Orlhopkren)  feststellen. 
Bei  den  Orthopteren  giebt  sich  auch  noch  die  Unterlippe  als  aus  swei  Sltlcken 
bestehend  deutlich  zu  erkennen,  da  hier  die  Verwachsung  sich  nur  aum  ThetI 
vollzogen  hat    An  die  beissenden  Mundtheile  schliessen  sich  diejenigen  der 
Hyroenopteren  an,  welche  als  leckende  bezeichnet  werden.   Die  Mandibeln  sind 
wie  bei  den  ^  orhcrgehenden  Gruppen  kräftig  und  kurz,  zum  Kauen  eingerichtet 
Dagegen  sind  die  Unterkiefer  und  die  l^nterlippe  derart  verlängert,  dass  beide 
zusammen  eine  .Art  Rüssel  Itilden.    Kntsprechend  der  .\rt  der  Natinmp  erweisen 
sich  somit  die  Nftinrb.verkzeuge  der  HymenoiJteren  als  heissende  und  zugleich 
als  saugende  (oder  leckende).    Die  Mandibeln  dienen  zum  Abbeissen  des  Blütlicn- 
staubcs,  die  l)eiden  anderen  Paare  lwxw  .Aufsnuc^en  des  Blüthennectars.  Saugende 
Mundtheile  kommen  den  Lepidopteren  /u,  wo  die  Unterkiefer  lang  ausgedehnt 
sind  und  sich  zur  Saugröhre  zusammenlegen.  Ihnen  g^enOber  sind  die  ttbiigen 
Mundtheile  nur  von  unbedeutender  GrOsse  und  stark  veikflmmert.  Stechend 
werden  die  Mundtheile  der  Dipteren  und  Rhynchoten  genannt   Als  Saugapparat 
fungirt  hier  die  Unterlippe,  während  Ober»  und  Unterkiefer  als  stiletaitige  Werk» 
zeuge  erscheinen,  welche  der  Unterlippe  die  nöthigc  Oeffnung  stechen  und  ihr 
den  Zugang  zur  Flüssigkeit  verschaffen.  —  Bei  den  Arachnoiden  ist  eine  Anzahl 
von  Gliedmassenpaaren  ausgefallen.    Es  fehlt  das  erste,  zweite  und  vierte.  Das 
dritte  Paar  ist  dem  Fühler  der  Insecten  gleichwerthig,  hat  aber  die  Funktion 
der  Oberkiefer;  es  heisst  deshalb  Kieferftihlerpaar.    Das  fünfte  Paar,  die  Kiefer- 
taster, das  den  Unterkiefern  der  insecten  entspricht,  hat  mehr  oder  minder  die 
Gestalt   der  Füssc.    Bei  den  Skorpionen  erscheinen  diese  Kiefertaster  als 
Scheeren.  Das  sechste  Gliedmassenpaar  des  Kopfes  tritt  ganz  und  gar  zu  den 
Fussen.  Es  ist  der  Unterlippe  der  Insecten  gleichwerthig.  Die  Mundtheile  der 
Myriopoden  zeigen  grosse  Uebereinstiromung  mit  den  gleichartigen  Gebilden  bei 
den  Insecten;  besonders  die  starken,  gezähnten  Oberkiefer.   Bei  den  Chilopoden 
folgen  diesen  letzteren  zwei  Unterkieferpaare,  von  welchen  das  untere  eine  Art 
UnterH[)pe  bildet.    Functionen  lässt  sich  in  dieser  Ordnung  auch  das  erste  Bein- 
paar zu  den  Mundtheilen  zählen,  da  dieses  zum  Kiefer-  oder  Raubfnss  umgebildet 
ist.    Bei  den  Chilognathen  sind  die  beiden  Unterkieferpaare  zu  einer  breiten, 
lappigen  Mundklappe  vereinigt.  D. 

Muskelfaser.    Das  Muskelgewebe  besteht  aus  quergestreiften  ^willkürlichen) 


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Mttskelfunktion. 


551 


oder  glatten  (tinwillkürlichen)  Muskeln.  i.  Die  quergestreiften  Muskelfasern. 
Der  einzelne  Ntuskel  wird  durrli  bindegewebige  Septen,  die  sich  in  das  Innere 
hineinziehen,  in  Biindel  getheilt.  Jedes  Bündel  zerfallt  wiederum  seinerseits  in 
eine  Anzahl  von  Muskellasern.  In  kurzen  Muskeln  durchzieht  die  Faser  die 
ganze  Länge  derselben,  in  längeren  legen  sich  die  zugespitzten  Enden  der  Fa-sern 
an  einander.  Die  Faser  wird  von  einer  structurlosen  Hülle,  dem  Sarkolemma, 
umgeben,  welches  den  contractilen  Inhalt  eniscbUesst  Diese  Substanz  zeigt  eine 
durch  abwechselnd  helle  und  dunkle  Schichten  hervorgerufene  Querstreifung. 
Gleichzeitig  lasst  sich  an  der  Faser  eine  Langsstreifung  erkennen,  welche  der 
Ausdruck  dafür  ist,  dass  die  Faser  aus  feinen,  auf  dem  Querschnitt  polygonalen 
Fibrillen  (Primitivfibrillen}  susammengeset/t  ist.  Dieselben  sind  alle  einzeln  für 
sich  quergestreift  und  so  unter  einander  verbunden,  dass  sowohl  die  hellen  wie 
auch  die  dunklen  Streifen  sämmtlicher  Fibrillen  in  demselben  Niveau  lif^pen. 
Dadurch  erhält  die  Muskelfaser  ihr  gestreiftes  Aussehen.  —  Unmittelbar  untrr 
dem  Sarkolemm  liegen  bei  den  Saiigcthieren,  bei  den  Amphibien,  \  ö^;eln  und 
Fischen  in  der  Achse  der  Faser  zwischen  den  Fibrillen  die  sogen.  Muskelkörperchen, 
die  Kerne  des  Muskelgewebes.  Sie  sind  länglich  und  längsgerichtet.  —  2.  Die 
glatten  Muskelfasern  sind  hUUenlose,  einsellige,  spindelförmige  Fasern,  oft  mit 
gegabeltem  Ende.  Sie  besitzen  einen  stäbchenförmigen  Kern.  D. 

MuskeUunktioii.  Die  Bedeutung  der  Muskulatur  fttr  den  Thierkörper  be* 
ruht  in  ihrer  Contractilität  oder  Zusammenziehungslähigkeit,  welche  sich  den 
Muskel  auf  gewisse  Reize  hin  verkürzen  und  verdicken  lässt  und  dadurch  unter 
gegenseitiger  Annäherung  der  Muskelenden  zur  Lageveränderung  der  mit  ihnen 
in  Verliindung  stehenden  Theilc,  sowie  in  weiterem  durch  /weckentsprechendes 
Zusammenwirken  zahlreicher  Muskeln  zur  Lokoniotion  führt.  Der  Muskel  lasst 
danach  zwei  /.ustande  unterscheiden,  den  der  Ruhe  und  den  der  Thätigkeit  Die 
Art  und  Weise,  wie  der  Muskel  aus  dem  Ruhezustand  in  den  der  Thätigkeit  über- 
geht, das  Zustandekommen  einer  Zusammenziehung  ist  fUr  die  verschiedenen 
Arten  des  Muskelgewebes  ein  differentes  und  man  kann  danach  auch  vom  physio- 
logischen  Standpunkte  unterscheiden :  a)  die  willkürliche,  sich  schnell  und  energisch 
zusammenziehende  Skelett-  oder  rothe,  quergestreifte  Muskulatur,  b)  die  unwill- 
kürliche, sich  schnell  und  kraftvoll  contrahirende  Herzmuskulatur  und  c)  die 
unwillkürliche,  sich  langsam,  energielos  zusammenziehende  glatte,  vegetative 
Muskulatur  der  Eingeweide  ,  des  Verdauungsschlauches,  des  Urogenital- 
aj)parates  etc.  Die  Thätigkeit  clei  Muskulatur  unterliegt  bestimmten  Gesetzen, 
welche  für  die  Skeletnuiskulutur  am  genauc>Len  studirt  sind  und  in  Folgendem 
vorwiegend  Berücksichtigung  finden  sollen.  1.  Die  willkürliche  oder  Skelet- 
muskulatur  im  Zustande  der  Ruiic.  Von  festweither,  einer  eben  zer- 
fliessenden  Gallerte  entsprechender  Consbtenz,  die  ein  Strömen  der  contractilen 
Substanz  bei  Durcbleitung  eines  galvanischen  Stromes  gegen  den  n^tiven  Pol 
hin  gestattet  (PomtET'sche  Phänomen),  scheint  dieselbe  aus  den  in  die  einfiudi 
lichtbrechende  helle  Substanz  aufgencnnmenen  doppelt-lichtbrechenden  kidnen 
Molekülen  zu  bestehen,  welche,  an  sich  fester,  bei  der  Contraction  und  Erschlaffung 
ihren  Ort  wechseln  können.  Brücke  nennt  dieselben  »Disdiaklastenc  und  glaubt^ 
dass  sie  innerhalb  einer  Muskelfaser  im  Ruliezustand  /ahlreiclie  übereinander  ge- 
reihte Cilieder  mit  weiu'gen  Kinzelmolekülen  bilden,  die  mit  schmalen  Schichten 
isotroper  Zwischensubstanz  regelmässig  alterniren.  Die  chemische  Zusammen- 
setzung des  todten  Muskels  fällt  mit  der  des  Fleisches  (s.  d.)  zusammen,  stimmt 
aber  nicht  mit  derjenigen  des  lebenden  Muskels  überein,  da  sehr  schnell  nach 


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MittkelfunVtioB. 


dem  Tode  Gerinnungen  im  Muskel  erfolgen,  welche  zweifellos  mit  üefgehendeo 
Verändeninp:en  verknüpft  sind.    W.  Kt  iiNE  hat  deshalb  die  nach  dem  Auftauen 
noch  contractionsfähig  sich  erweisende  gefrorene  Muskulatur  des  Fro-ches  zer- 
rieben, den  erhaltenen,  schon  bei  — 3°  wieder  flüssig  werdenden  Muskelbrei  aus- 
gepresst  und  so  ein  Filtrat  gewonnen,   das  als  neutral  oder  schwach  alkalisch 
reagirender,  leicht  gelblich  tingirter,  schwach  opalescirender  Saft  von  ihm  »Muskel* 
pluBW«  g«Muifit  wofde,    Dksa  HaiiiM  iriid  durch  qNMitHie  Gcriamiiig  ma 
einer  weichen  Gallerte,  die  bald  unter  Bildung  trüber  Flocken  und  Ffden  das 
sauer  reagirende  »Muskelsenim«  auspreist  Der  sich  darin  aussdieidende  fiweiss- 
ktfrper  ist  das  Mjosin  (s.  d.)»  dessen  Quantum  v.  Bora  auf  ca.  i$f  angiebt; 
neben  ihm  sind  noch  andere  im  Muskelserum  sich  gelöst  erhaltende  Eiweiss- 
körper  (Serumalbumin,  Alkalialbuminat  etc.)  zu  2,5 — 3^  darin  nachweisbar.  Selbst- 
verständlich    iud    ausserdem  auch   Proteide  wie  Vep«;in,   I'epton,  diastatisches 
Ferment,   dann  im  l'ilterrücksland  Kollagen  und  Klastm  wie  Keratm  aus  dem 
Muskcigerüste  und  den  Muskelnerven  und  Gefässen,  dann  Kreatm  und  Kreatinin, 
sowie  zahlreiche  andere  Umsetzungsprodukle  des  Eiweisses,  endlich  als  Farbstofi 
Haemoglobin  enthalten.    Sie  sollen  ebenso  wie  die  in  groüserer  oder  geringerer 
Quantität  im  Muskel  enthaltenen  Fette  hier  nur  andeutung^dse  genannt  werden, 
dA  sie  unter  Fleisch  (s.  d)  berücksichtigt  wurden  und  fUr  die  Muskelthätigtcit 
scheinbar  weniger  bedeutungsvoll  sind.  Dagegen  muss  hier  noch  des  Glykogen 
gedacht  werden,  das  tu  0,5—1^  im  Muskel  enthalten,  darin  aus  Albuminaten 
abgespalten  werden  soll,  im  Hunger  aber  schwindet.  Die  endlich  neben  flüchtigen 
Fettsäuren  im  sauren  Muskel  von  Bkuckb  gefundenen  zwei  isomeren  Milchsäuren 
(Aethyliden  [Fara-  oder  Fleisch^milchsäure  und  die  Aethylenniiichsäure)  scheinen 
bei  der  Sär?cr',in?;  des  Fleisches  nicht  uiibcthciligl  zu  sein.    Unter  den  Salzen 
pravaliren  dje  K  ilmm-  und  Phosphorsaurcverbindungen.    Von  Gasen  enthält  der 
frisch  ausgcputin'ic  Muskel  j5~i8ö  CO^  und  ein  wenig  N.        Der  von  dem 
Muskel  unterhaltene  Stoßwechsel  führt  u.  a.  /mt  O-Zehrung  und  COj-Bildung, 
die  letztere  hflit  mit  der  «steren  nicht  ganz  gleichen  Schritt  der  Mmkel  scheidet 
nämlich  in  der  Ruhe  weniger  CO,  aus,  als  dem  von  ihm  aufgenommenen  O 
entspricht,  er  scheint  somit  O  in  sich  aufzuspeichern.  —  Von  den  physOcaliscben 
Eigenschaften  des  Muskels  ist  für  seine  Funktionirung  die  hervorragende  Elasti' 
cität  bedeutungsvoll.    Der  Muskel  besitzt  keine  grosse  Elasticität  d.  h.  er  ist 
Zugkräften  gegenllber  sehr  nachgiebig,  dieselbe  ist  indessen  eine  vollkommene, 
er  kehrt  also  mit  Nachlass  des  dehnenden  Zuges  wieder  zur  alten  Form  zurück, 
ein  Vermögen,   das  insbesondere  bei  Zusammenziehung  der  Antagonisten  des 
einzelnen  Muskels  in  Anspruch  genommen  wird.  In  der  Ruhe  schon  ist  der  lebende 
Muskel  über  seine  natürliche  l  änge  ausgedehnt,  in  Folge  dessen  ziehen  sich  die 
Schnittenden  nach  der  Durch^chneidung  zurück;  diese  von  den  älteren  Physiologen 
als  »Muskeltonnsc  bezeichnete  Eigenthflmlichkeit  wurde  in  einer  dauernden, 
mässigen  Contraction  des  Muskels  gesucht  und  als  eine  automatische  Funktion 
des  Rttckenmarkes  betrachtet   ThatsXchlich  ist  sie  das  nicht,  denn  auch  nach 
Durchtrennung  aller  nervösen  Verbindungen  mit  dem  Rttckenmark  tritt  sdbit 
bei  Anspannung  des  betreffenden  Theiles  eine  Verlängerung  nicht  ein.  Dieser 
Dehnungszustand  der  Muskulatur  entspricht  dem  möglichst  schnellen  Eintritt  der 
Contraction  auf  den  gegebenen  Rei/  hm  und  der  Feststellung  der  Gelenke  durch 
die  nntagonistisch  wirkenden  Muskeln  in  der  Ruhe;  die  T.nge  imd  Haltung  der 
unthaiigen  Theile  ist  die  Resultante   des  elastischen  Zuges  der  verschiedenen 
Muskelgruppen.  —  Die  Muskulatur  bildet  den  SitzeiektromotorischerKräfte, 


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Muskelfttnktion. 


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die,  wenn  ne  auch  vielletcbt  lucht  im  rohenden  Muskel  thtttig  sind,  sich  aber 
jedenfalls  im  arbeitenden,  verletzten  und  absterbenden  Muskel  als  elekttische 

Ströme  offenbaren;  der  Artikel  Muskelströmc  enthält  ausführlichere  Mittheilungen 
über  sie  sowohl  filr  den  ruhenden,  als  flir  den  thätigen  Muskel  (s.  d.).  —  Die 
physiologisi  li  hedcutwngsvollstc  Eigenschaft  des  Muskels  ist  dessen  Irritabilität, 
d.  h.  die  Fähigkeit,  sich  anf"  ccirebenp  Reize  hin  zu  verkürzen  oder  allgemeiner 
in  Erregunjr,  den  Zustand  der  aktiven  Thätipkeit.  überzugehen.  Die  diesen 
Zustand  erzeugciulcn  Kri/e  wirken  als  auslosende  Kräfte,  welche  eine  Umsetzung 
der  chemischen  Spannkräfte  des  Muskels  in  Arbeit  und  Wärme  veranlassen. 
Die  dem  Muskel  specifisch  zukommende  und  nicht  blos  an  seine  Verbindung 
mit  dem  Nerven  geknüpfte  Irritabilität  und  seine  damit  Hand  in  Hand  gebende 
Leistnngsfthigkeit  erweisen  sich  am  grössten  unter  dem  Fortbestehen  der  physto* 
logischen  Bedingungen  (normale  Körpertemperatur,  Durcl^yUhing  mit  0*h-Blute), 
am  ausgeschnittenen  Muskel  nimmt  sie  ebenso  wie  bei  Unterbindung  der  zu* 
(Uhrenden  Arterie  nach  kurzem  Kxcitationsstadium  ab;  das  ausgeschnittene 
^TuskeIst^ick  des  homoiothernicn  Thieres  ist  nach  3  .J|  Stunden,  nach  längerer  Zeit 
erst  das  des  poikilothermen  Thieres  uneiTCgbar  ge wurde n ;  Lähmung  von  Theilen 
des  Centralnervensystcnis,  Durchschneidung  der  Muskelnervcn  lässt  allmählich 
Entartung  der  zugehörigen  Muskeln  eintreten ;  ficbraucli  mehrt  Kraft  und  Volumen 
derselben,  Nichtgebrauch  lässt  sie  atrophiren,  aber  nicht  degeneriren,  sie  behalten 
also  ihre  Erregbarkeit  noch  bei  Als  Reize  wirken  gegenüber  der  Muskulär 
filr  gewöhnlich  (»Normalreize«)  der  dem  Muskel  durch  den  Nerven  zugeleitete 
Willensimpuls,  reflektorische  oder  automatische  Anregungen.  Ausserdem  erweisen 
sich  indessen  noch  die  mannigfachsten  chemischen,  thermischen,  mediamschen 
und  elektrischen  Insulte  wirksam.  Am  meisten  studirt  sind  die  Gesetze  der 
Muskelthätigkeit  an  der  Hand  der  elektrischen  Reize,  die  wegen  ihrer  grossen 
Wirksamkeit,  beliebig  zu  bemessenden  Stärke  und  an  5?irh  wenig  alterirenden 
Influenz  auf  die  Muskelsubstanz  nurli  für  das  Experiment  die  geeignetsten  sind. 
Der  ronstante  Strom  wirkt  indessen  nur  im  Augenblicke  seines  Eintrittes  in  den 
Muskel  oder  seines  Verschwindens  als  Reiz,  oder  auch  wenn  er  eine  irgendwie 
plötzliche  Verstärkerung  oder  Abschwachung  erfahrt;  die  allmähliche  Ab-  oder 
Zunahme  der  Dichtigkeit  des  den  Muskel  durchfUessenden  Stromes  ruft  keinen 
Effekt  hervor.  Man  kann  demnach  nur  im  Momente  der  Kettenöffiiung  oder 
Schliessung  resp.  einer  plötzlichen  »Stromesschwankungc  eine  einmalige  Ver- 
kürzung, Contraction,  wahrnehmen,  eine  Zuckung.  Um  mehr&che  Zuckungen 
hinter  einander  zu  erhalten,  muss  der  Strom  entsprechend  oft  unterbrochen 
werden,  es  eignet  sich  deshalb  auch  flir  diesen  Zweck  ganz  besonders  der  In- 
duktionstrom. Sobald  aber  die  einzelnen  Reize  sehr  schnell  auf  einander  folgen 
(etwa  16 — 18  l'nterbrechungen  des  Stromes  in  der  Secundc),  so  vermag  der 
Muskel  in  der  kurzen  Zwischenpause  nicht  zu  erschlaffen,  er  verbleibt  in  einem 
Zustande  dauernder  Contraction,  dem  Tetanus.  —  II.  Der  thätigc  contrahirte 
Skeletmuskel.  In  seiner  Erscheinungsweise  ert^rt  der  Muskel  mit  der  Contraction 
eine  wesentliche  Vertndenmg;  er  wird  gleichzeitig  dicker  und  kürzer  und  nimmt 
in  seinem  Volumen  (aber  unmerklich)  ab.  Diese  GestaltveiHnderung  resultiit 
aus  der  im  Allgemeinen  gleichzeitigen  Contraction  aller  Fasem,  denn  nur  aus> 
nahmsweiae  (bei  sehr  grosser  Ermüdung)  kommt  es  zu  localer  wulstförmiger 
Verdickung  eines  Muskels  in  Folge  ganz  partieller  Contraclionen  einzelner 
FibrillenbUndel,  »sogen,  fibrillären  Zuckungenc.  Der  contrahirte  Muskel  ändert 
auch  sein  mikroskopisches  Aussehen,  die  anisotropen  Muskelelemeate  werden 


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Muskclfiinktion. 


niedriger  und  umfangreicher,  die  Quentreifung  erscheint  dadurch  dichter  an- 
einander geriirkt,  die  Faser  wird  homogener,  weil  die  in  der  Ruhe  so  verschiedenen 
I.ichtbrechungsverhaltnisse  der  beiden  Muskclsnhsf.'xnzcn  mcl.r  aii>!Tcr;lichen  werdöQ. 
Die  Elasticität  des  contrahirten  Muskels  isi   leiner  gegenüber  derjenigen  des  er- 
schlafften vermindert,   das  gleiche  Cieuichi  lässt  sich  deshalb  den  contrahirten 
Muskel  absolut  mehr  verlängern  als  den  ruhenden;  die  Klasticitat  ist  lude&s  in 
dem  contrAhfiten  Mutlcel  eine  weniger  vollkommene.  Die  Consistenz  des  Muskels 
ist  im  Contracdonssustande  eine  geringere,  die  scheinbar  grössere  Härte  am  Skelet 
ist  nur  die  Folge  der  Spannungszunahme.  —  Der  zeitliche  Ablauf  der  Muskel- 
zucknng  wird  an  dem  von  dem  Myographion  aufgezeichneten  Myogramm  ermittelt. 
Es  ist  das  eine  Curve,  welche  von  einer  durch  den  sich  oontrahirenden  Muskel 
gehobenen  Schreibfeder  auf  eine  mit  gleicbmässiger,  bekannter  Geschwindigkeit 
vorbeilaufcnden  beriissten  Fläche  oder  an  der  schwingenden  Platte  einer  Stimm- 
gabel niedergeschrieben  wird.    l)er  Muskel  schreil)t  so  seine  ZiH-kun^skiM vo  in 
ein  Kutirdinatensystem ,   dessen   Abscissen  die  Zeiteinheiten,   dessen  Urdinnteii 
den  Grad  der  Verkürzung  je  in  dem  lictreffenden  Zeitiuoniente  darstellen.  An 
einer  solchen  myographi^chen  Curve  lassen  sich  3  verschiedene  Stadien  aul  ihre 
Zeitdauer  bemenen;  zunAchst  beantwortet  der  Muskel  den  gesetzten  Reiz  ni^t 
momentan,  sondern  es  verstreicht  ein  freilich  sehr  kurzes  (0,01  Secunden  dauern* 
des)  »Stadium  der  latenten  Reizung«  zwischen  dem  Augenblick  der  Reizapplication 
und  dem  Beginn  der  Curvenhebung  das  ist  Contraction,  deren  Fortschreiten  bis 
zur  Erreichung  des  Höhepunktes  das  »Stadium  der  steigenden  Energie  von 
o»03— 0.04  Secunden  Dauer  umfasst.   Darauf  sinkt,  vorausgesetzt,  dass  der  Muskel 
genügend  belastet  ist,  um  nicht  längere  Zelt   in  dem  Zustand  der  Verkürzung. 
'Contractur  ,  zu  verbleiben,  die  Curve,    -Stadium  der  sinkenden  Knergie-,  um 
unter    Aufzeichnung    einiger    gan^   seichter    Wellenlinien    »elastischer  Nach- 
schwingungen ^  die  Abscisse  wieder  zu  erreichen;  über  eine  solche  einmalige 
Zuckung  verfliesst  die  Zeit  von  0,1  —  0,15  Secunden  je  nach  der  Intensität  des 
gewiikt  habenden  Reizes.  Je  stärker  dabei  der  Muskel  belastet  ist»  um  so  me^r 
verzögert  sich  der  Eintritt  der  Contraktion,  der  Muskel  braucht  also  zur  Ent* 
Wicklung  höherer  Energiegrade  längere  Zeit    Sehr  schnelle  Aufeinanderfolge 
der  Reize  verhindert  wie  die  Erschlaffiing  des  Muskels,  so  auch  den  RQckgang 
der  Curve;  vielmehr  schliesst  sich  während  des  Tetanus  an  den  aufsteigenden 
Schenkel  derselben  eine  auf  dessen  Höhe  der  Abscisse  parallel  laufende  WellenUnie 
an  die  die  .tus  gehäuften  Zuckungen  resultirende  Rcwegungsform  widerspiegelt.  Auf 
Grurul  ili nlicher  I^eobrirhfungen  an  den  Ciirven  der  durch  längere  Zeit  contrahirt 
verbleibenden  Korpermuskeln  muss  man  alle  länger  dauernden  Bewegungen  in 
unserem  Körper  als  tetanische  auffassen.  —  Reizt  man  einen  längeren  Muskel 
an  dem  einen  seiner  beiden  Enden,  so  pflanzt  sich  die  Kontraction  von  dieser 
aus  gegen  das  andere  Ende  hin  mit  grosser  Geschwindigkeit  fort;  die  dies 
dem<m^renden  Untersuchungen,  die  aus  dem  Abstände  des  Beginnes  zweier 
Kurven  schliessen,  deren  eiste  durch  einen  Schreibhebel  auf  die  mit  bekannter 
Geschwindigkeit  vorbageftthrte  Platte  vom  Anfonge  des  hier  gereisten  Muskels.» 
deren  zweite  von  dem  femer  liegenden  Ende  desselben  aufgezeichnet  wird.  er> 
geben  dieselbe  gleich  3—4  Meter  in  i  Sekunde  fUr  den  Froschmuskel,  ui^d  gleich 
4 — 5  Meter  in  i  Sekunde  für  den  Kaninchenmuskel.    Trifft  dagegen  der  Reiz  die 
Mitte  des  Muskels,   so  ent'^tehen  zwei  entgegengesetzt  verlaulcsule  Wellen  und 
man  darf  deshalb  annehmen,  dass,  da  die  die  Muskelfaser  mnemrende  Nerven- 
faser etwa  in  der  Mitte  jener  cmtnit,  auch  an  jeder  Muskelfaser  zwei  Kon- 


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Mu»kcIfanktion. 


5SS 


traktionswellen  auftreten.  »  Während  sich  die  bisher  geschilderten  Erscheinungen 
mehr  als  die  Beobachtungen  am  thätigen  Muskel  eigeben,  erfordert  die  von  dem 
Muskel  durch  seine  Kontraktion  geleistete  Arbeit  besonderes  piaktisch- 

pbysiologisches  Interesse.  Der  sich  kontrahirende  Muskel  hebt,  wenn  dieselbe 
nicht  übermässig  ist,  die  an  ihn  angehängte  Last  auf  eine  gewisse  Höhe  (Hub- 
höhe). Das  Produkt  der  gehobenen  Last  mit  der  Hubhöhe  ist  der  /iffermässipc 
Ausdruck  der  geleisteten  Arbeit.  Die  Grösse  des  Krt'ol<»es  der  Muskelthatigkeit 
richtet  sich  wesentlich  mit  nach  seinem  Volumen.  Die  Krfabriin^;  lehrt  nämlich, 
dass  die  Hubhöhe  von  der  Län^e  des  Muskels,  seine  Kraft,  d.  h.  seine  Fähig- 
keit, ein  maximales  Gewicht  überliaupt  noch  f.u  erheben,  von  seinem  Querschnitt 
abhängig  ist;  je  länger  nämlich  der  Muskel»  um  so  höher  hebt  er,  je  dicker  der- 
selbe, um  so  mehr  hebt  er.  Die  I^st,  welche  der  Muskel  bei  maximaler  Reizung 
gerade  nicht  mehr  von  der  Unterlage  emporsuheben  vermag,  stellt  seine  »relative 
Kraft«  (E.  Webek's  absolute  Kraft)  dar,  durch  Reduktion  derselben  auf  die  Quer- 
schnittseinheit d.  i.  I  Quadratcentim.  erhält  man  seine  »absolute  Krafl«;  dieselbe 
soll  sich  nach  Rosenthal  für  den  Frosch  auf  2,8—3  K'^o.  f"''  ^'«^^1  Menschen 
nach  Hencke  auf  7—8,  nach  Koster  auf  9— 10  Kilo  belnufen.  Fiir  den  mecha- 
nischen NutzefTekt  des  Muskels  ist  die  (irösse  seiner  Helastung  durchaus  nicht 
gleichgiltig,  denn  weder  bei  geringer,  noch  bei  sehr  starker  Belahliuig  erreicht 
er  dessen  Maximum;  dies  ereignet  sich  nur  bei  mittlerer  Belastung,  der  Frosch- 
muskel  z.  B..  der  bei  Belastung  mit  5  Grm.  durch  Flrhebung  auf  37,6  MilHm. 
eine  Arbeit  von  ij8  Grm.*Milltm.  und  bei  Belastung  mit  30  Grm.  durch  Er- 
hebung auf  3  Millim.  eine  solche  von  320  Grm.>Millim.  leistet,  ersselt  bei  Be> 
lastung  mit  15  Grm.  durch  Erhebtmg  auf  25,1  Millim.  einen  Effekt  von  376  Grm.* 
Millim.  Ins  praktische  I..eben  QbeTsetzt,  ergiebt  sich  die  Arbeitsleistung  eines 
Individuums  nun  nicht  allein  aus  der  Arbeit,  welche  dasselbe  in  ch^cm  Momente 
aus/ulihcn  verrnng,  sondern  darau?,  wie  ofl  die  betreffende  Leistung  hinterein- 
ander i>roducirt  werden  kann.  Ri  hner  bererlmet  die  tagliclit*  Arbeitsleistung 
des  gewöhnlichen  Arbeiters  an  iler  Hnnd  seiner  Heobachtunj;cn  im  Durchschnitt 
auf  201  600  Kgrm.-M.,  Woi  kf  diejenige  fies  Ackerpferdes  von  500  Kgrni.-M.  Ge- 
wicht auf  2000000  Kgrm  -M.;  als  Sekundenarbeit  eines  Pferdes,  >rferdekraft«, 
»dynamisches  Pferde  werden  gewöhnlich  70  —  75  Kgrm.«M.  angenommen.  —  Die 
Quelle  der  Muskelkraft  sind  Oxydationen  und  Spaltungen,  also  chemische 
Vorgänge  im  Muskel,  denen  alle  organischen  Substanzen  des  Muskels  unter- 
worfen werden;  die  dadurch  M  werdenden  Spannkräfte,  welche  vordem  die 
Moleküle  und  Atomgruppen  der  kompHcirt  aufgebauten  Muskelbesundtiieile  su- 
sammenhieltcn,  gehen  dann  in  lebendige  Kraft  (Muskelverkflrsung)  über.  Woltf, 
der  mit  Kkij.nfk  und  A.  gerade  dem  Studium  der  Abstammung  der  Muskelkraft 
beim  Pferde  oblac,  betrachtet  als  deren  (Juelle  im  allgemeinen  den  Zerfall 
organischer  Korpersubstanz,  in  erster  Linie  die  hc\  der  Oxydation  N-fr  Materials 
der  Kohlehydrate  und  Fette  freiwerdenden  Spantikratie  nelien  jenen,  welche  das 
zerfallende  Circulationseiweiss  liefert;  nach  ihm  wird  das  organisirte  Eiweiss,  aber 
das  erst  dann  in  Angriff  genommen,  wenn  anderes  Material  nicht  mehr  in  genügen* 
der  Menge  xur  Osqrdation  herangesogen  werden  kann.  Auch  Von  u.  A.  recurriren 
ittr  die  Erzeugung  der  Muskelkraft  vorzugsweise  an  die  N-fr  Nahrungsstoffe  (vergl. 
auch  die  Artikel:  Eiweisskdrper,  Fette,  Kohlehydrate);  jedenfalls  wird  durch 
nicht  überanstrengende  Muskelthätigkeit  die  N-Ausscheidung  nicht  erhöht.  Die 
chemische  Analyse  des  thätigen  Muskels  ge<»enüber  dem  ni?' enden  bietet  filr  die 
Erkenntniss  der  im  Muskel  während  der  Action  selbst  sich  abspielenden  Muskel- 


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MuskeifunktioD. 


kraft  erzeugenden  Vorgänge  wenig  Anhaltspunkte;  fest  steht,  dass  es  darin  znr 

Bildung  freier  Säure  (Milchsäure)  komm^  daher  die  sauere  Reaction  des  thädgen 
Muskels,  und  dass  die  Oxydationsprocesse  lebhaftere  sind,  das  beweist 
der  vermchrtr  ('nswccb^iel   des  Gesammtorgnnismn^  hc\  Muskelarbeit  und  die 
dadurch   heri)eigctulir[r  Vergrösserung  des  respiratorischen  Quotienten;  darauf 
deutet  au(  h  die  Krwt  iicrung  der  Blutgefässe  in  dem  tliätigen  Muskel  und  die 
damit  Hand  in  Hand  gehende  Zufuhr  reicherer  Mengen  arterieiien  Blutes.  Einen 
weiteren  Beleg  fttr  die  Zunahme  der  Verbrennung  im  Muskel  wfthfend  seiner 
Thätigkeit  liefert  die  vermehrte  WArmebildung,  die  im  tetanisirten  Frosch- 
muskel  nach  Hklmbolts  0,i4-O|Ji8' C,  und  nach  ÜBiDBNHAnf  ftlr  die  enuelae 
Zuckung  o,ooi~o^oo5^  C.  betrügt   Auch  Schall  Schwingungen  werden  durch 
die  Muskdthltigkeit  erzeugt,  anhallende  Contractionen  veranlassen  ein  >Muskel- 
gerftusch«   von  dumpfem  Klange,  das  aber  nicht  den  19,5  Schwingungen  ent- 
spricht, welche  der  durch  den  Willensiinpuls  in  Kontraction  versetzte  Muskel  in 
I  Sekunde  ausführt,   sondern  dem  ersten  Obcrtnn   mit   doppelter  Schwingungs- 
zahl gleicht.  —  Dauernde  Arbeit  lässt  im  Muskel  einen  Zustand  geringerer 
Leistungsfäliigkeit  entstehen,  Krnuidung,  die  sich  anfangs  als  blosse  Schwäche- 
empfindung, dann  als  unangenehme  schmerzhafte  Ueiuiüswahmehmung  bemerk- 
lich  macht  Bei  nachfolgender  Ruhe  eihoU  mda  der  Muskd  wieder.  Die  Visadie 
dieser  Eigenthttmlichkeiten  sucht  man  in  der  Ansammlung  von  Umsetannga» 
Produkten,  »ErmttdungsstolTenc,  deren  Natur  noch  nicht  vollkommen  festgestellt, 
man  vermuthet  darin  in  sauren  Salven  gebundene  Phosphoreftuie  (auch  wohl 
Glycerinphosphorsäurc)  tmd  Kohlensäure;   einfache  Avisschwemmung  derselben 
durch   physiologische  Kochsalzlösung,   besser  noch  Bindung  durch  Natriuin> 
carbonatlösung  machen   deshalb  den  Muskel  wieder  leistungsfähiger.     Da  vor 
allem  /ufiihr  ()-h  Hlutes  den  Zustand  aufhebt,  so  kann  man  die  Ermüdung  nur 
•  auf  ein  zeitweises  i  /SurUckbleiben  der  restitutiven  Processe  hinter  dem  funktionellen 
Verbrauch«  /uriickrdhren.    Der  ermüdete  Muskel  erfordert  zur  Fortsetzung  seiner 
Arbeit  in  gleicher  Weise  stärkerer  (auch  Willens-)  Reize.    Das  Ermüdungsgefühl 
wird  den  sensiblen  Nerven  des  Muskels  sugeschrieben,  denselben,  die  auch  Ar 
die  Beurtheilung  des  Anstrengungsgrades  grosse  Wichtigkeit  haben»  indem  sie  das 
Bewusstwerden  der  Grösse  der  sur  Ueberwindung  einer  1^  ntfthigen  Kraft 
vermitteln.  Lähmungen  dieses  MuskelgefUhls,  wie  sie  bei  gewissen  ROckenniaiks> 
kranken  nicht  selten,  lassen  die  Muskeln  unzureichend  oder  übermässig  sich  an- 
strengen (sogen,  ataktische  Bewegungen).    Es  ist  experimentell  festgestellt,  dass 
die  Hautempfindlichkeit  dabei  keine  wesentliche  Rolle  spielt.    Die  Feinheit  dieses 
Mu  s k  e  1  si  n  n  c ,  dessen  Nerven  auch  anatomi^rh  nachgewiesen  werden  konnten, 
soll  so  weit  gehen,  dass  man  im  Stande  ist,  zwei  Gewichte  durch  ihn  allein  zu 
unterscheiden,  die  sich  wie  30 : 40  verhalten.    Durch  dieses  Gefühl  der  An- 
strengung und  Spannung  der  Muskeln  sind  wir  auch  ohne  Zuhilfenahme  des 
Gesichts-  und  Tastsinnes  jeden  Augenblick  von  der  Stellung  und  Lage  unserer 
Körpettheile  untenichtet  und  vermögen  so  das  Gleichgewicht  su  erhalten.  — 
Der  herausgeschnittene  Muskel  und  die  Muskeln  des  Radavers  veriallen  ktme 
Zeit  nach  dem  Absterben  in  einen  Zustand  der  Starre,  Todtenstarre,  der  die 
Gelenke  vollkommen  feststellt  und  mit  Verktlrzung,  Verdickung,  Verdichtung, 
Unerregbarkeit,  Verlust  seiner  elektromotorischen  Kräfte  und  Nachlass  der  Elasti- 
cität  einhergeht;   der  starre  Muskel  reagirt  sauer  und  lässt  ans  Einschnitten 
spontan  Flüssigkeit  (Muskelserum)  austreten.     Alles  das  weist  auf  einen  Ge- 
rinnuogsvorgang  als  das  Wesen  der  Toteostane  hin,  derselbe  trifit  vorwiegend 


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MuskclfunktioD. 


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das  Myosin,  daneben  soll  Abnahme  des  Glycogengebaltes  erfolgen.  Mit  den 
chemischen  Processen  und  der  Verdichtung  des  Gewebes  geht  Bildung  freier 
Wärme  einher,  die  sich  in  >postmertates  der  Temperatursteigerung«  dokumentirt 
Die  Totenstarre  tritt  bei  Warmblütern  schneller  ein  als  bei  Kaltblütern  und 
wird  durch  Kälte,  gewaltsame  Todesart  etc.  verzögert,  während  vor  dem  Tode 
stattgefundene  lebhafte  Muskelaktionen,  warme  Umgebung  ihren  Eintritt  be- 
schleunigen; zu  Tode  gehetzte  Thiere  erstarren  nach  wenigen  Minuten,  aui  natür- 
liche Weise  verendete  nach  stundenlangem  Liegen  (bis  7  Stunden).  Die  Lösung 
der  Stuie,  an  beginnende  FAulnks  (alkAtteche  Reaction)  geknüpft,  erfolgt  nach 
I — 6  Tagen  je  nach  der  Temperattir  der  Umgebung.  —  Die  bisher  be^rochenen 
Gesetze  und  Erfiihrongen  gelten  im  allgemeinen  fttr  die  Skdetmuskulatur,  in  der 
Thfltigkeit  der  glatten,  unwillkürlichen  Muskulatur  treten  nur  wenig  Unterschiede 
hervor.  Erwähnt  seien  die  Trägheit  der  Verkürzung  mit  Vorausgehen  eines  langen 
Latenzstadiums,  die  Langsamkeit  der  Fortpflansung  der  Contraction  mit  20  bis 
30  Millini.  in  i  Sekunde,  kurze  Dauer  der  elektromotorischen  Wirksamkeit,  die 
regelmässig  verschwindet,  sobald  die  bei  der  Anlegung  de?  künstlichen  Quer- 
schnittes verletzten  Zellen  abgestorben  sind.  —  Die  Verwendung  der  Muskeln 
im  thierischen  Körper  ist  wesentlich  von  der  Art  und  Weise  ihrer  .»Anordnung 
abhängig.  Die  weitaus  grösste  Mehrzahl  der  rothen,  willkürlichen  Muskeln  ist 
mit  Knochen  in  Veibindnng  gebracht,  Ursprung  und  Ende  eines  Muskels  ist 
also  je  ein  bestimmter  Punkt,  von  dessen  einem  aus  der  Muskd  auf  den  anderen 
zu  iHrken  vermag.  Die  mit  der  Contraction  einheigehende  VerkQrsung  nähert 
damit  beide  einander  unter  Verla(^rung  desjenigen  KörpertheileSi  welcher  der 
Zugkraft  des  sich  contrahirenden  Muskels  den  geringeren  Widerstand  entgegen- 
zustellen vermag.  Man  pflegt  dabei  den  in  der  Regel  feststehenden  Punkt  den 
»fixen«,  den  verlagerten  aber  den  beweglichen  Punkt  zu  nennen,  ohne  damit 
sagen  zu  wollen,  dass  nicht  auch  gelegentlich  die  Contraction  den  entgegen- 
gesetzten Bewegungseffekt  haben  und  damit  der  bewegliche  Punkt  zum  fixen  und 
der  unbcv.cglicl\e  zum  mobilen  werden  konnte.  Für  viele  Muskeln  ist  jedoch 
gemäss  der  absoluten  Unbeweglichkeit  des  Ursprungspunktes  die  Insertionsstelle 
allein  die  bewegliche,  so  fllr  die  Muskeln  des  Auges  etc.  Die  Art  und  Weise, 
wie  die  Muskeln  an  den  Knochen  wirken,  is^  wie  schon  Borblu  (1680)  zeigte, 
den  Hebelbewegnngen  direkt  an  die  Seite  zu  stellen;  man  kann  nämlich  den 
zu  bewegenden  TheQ  der  Last,  die  bewegende  Muskelaktion  der  Kraft  ver- 
gleichen. Der  Angriffspunkt  der  Muskeln  verhält  sich  dann  zu  der  das  Hypo* 
mocblton  darstellenden  Bewegungsachse  im  Gelenke  zum  Theil  so,  wie  für  den 
einarmigen,  zum  Theil,  wie  für  den  zweiarmigen  Hebe!;  so  erfoljrt  z.  B.  im  Ober- 
unterarm- (»Kllcnhot^en'^ )  Oelenk  die  Bewegung  der  als  Pistaii^i  figurirenden 
tiefer  liegenden  1  heile  der  Brustgliedmaasse  in  der  Beugung  nach  der  Art  des 
einarmigen,  in  der  Streckung  nach  der  Art  des  zweiarmigen  Hebels;  für  die  erstere 
ist  die  als  Ansatzpunkt  der  Beugemuskeln  (M.  bkeps  brachii  und  M.  brachio- 
radiaiis)  dienende  ätderasilas  radü  in  der  lUchtung  des  Lastannes,  fta  die  letztere 
das  als  Insertionspunkt  der  Streckmuskeln  (Mm*  omepmit^  dienende  Olekranon 
in  entgegengesetzter  Richtung  gelegen.  In  der  Regel  liegt  hierbei  der  Angriff»* 
punkt  der  Kraft  dem  Drehpunkt  sehr  nahe  und  der  Lastarm  Obeitrifft  an  tünge 
den  Kraftarm  oft  um  ein  vielfaches,  diese  Einrichtung  bedingt  zwar  einen  wesent* 
liehen  Gewinn  für  die  Schnelligkeit  des  Ausschlages,  das  jedoch  auf  Kosten  der 
Ausnützung  der  Kraft;  einen  grösseren  Kraftaufwand  erfordert  weiterhin  die 
meist  schräge,  nicht  senkrechte,  sondern  spitz-  oder  stumpfwinkelige  Anfiigung 


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558 


Muskekinn  -  UiiskcbtFÜine. 


der  KraO.     Kine  volle  Ausnützung  der  Muskelkraft  erfolgt  in  der  K^el  Diu; 
wenn   die  Muskeln   sich   vor  Rcfjinn  der  Contraction  schon  in  einem  nevvissen 
Spannungszustandc  bctantlen,  daher  |)flct;t  man  zu  besonderen  Kraftcntfaltungen 
schon  vori^anf^ig  die  Muskeln  in  den  Zustand  möglichster  Dehnung  zu  versct^cn 
(»Ausholen*).     Das  erklärt  es,  warum  sugen.  zwei-  oder  vielgelenkige  Muskeln» 
d.  h.  Muskeln,  welche  in  ihrem  Verlaufe  zwei  oder  mehr  Gelenke  passiren, 
ganx  ausser  WitiLmnkeit  gesetzt  werden  (»Muskelinsufficienz«)»  wenn  durch 
geeignete  Stellung  der  Gelenke,  ttber  welcbe  der  Muskel  hinwegläuft,  Ursprung 
und  Ende  einander  su  sehr  genähert  sind;  sehr  starke  Flexion  im  Handgelenk 
X.  B.  macht  gleichseitige  stärkste  Beugung  der  FingeigUeder  unmö^ich.  Nach 
dem  Erfolge  ihrer  Contraction  und  der  Einrichtung  der  Gelenke  unterscheidet 
man  drei  Gruppen  von  Muskeln:  Beuger  (Fiexoren)  und  Strecker  (Extensoren) 
bewegen  um  die  Querachse  des  Gelenkes;  Vorwärtswender  (Einwärtswender, 
Priinatoren)   und  Rückuarfswender  I^Suiiinatoren,  Auswärtswciidcr^  bewegen  um 
eine  senkrechte  Aclise  aU  Dreher,   Anzieher  (Adductorcn)  und  Ab/ieher  (Alt- 
ductoren)  bewegen  um  eine  von  vorn  nach  hinten  verlaufende  Achse,  su  wird  je 
die  eine  der  um  die  gleiche  Gelenkachse  bewegenden  Gruppen  von  Muskeln  zu  der 
naturgemässen  Antagonistin  der  anderen  Gruppe.  Zur  Aui^rung  jeder  eimeliieB 
dieser  Bew^ungen  befindet  sich  an  den  meisten  Gelenken  nicht  nur  ein  Muskel 
in  Wiiksamkeit,  sondern  es  theilen  sich  in, die  fragliche  Arbeit  deren  mehieic, 
ne  unterstttt/en  einander  somit  und  sind  daher  flir  einander  Genossen  (Sociv 
Coadjutoren,  Synergeten),   Manche  Muskeln  äussern  dabei  aber  nicht  nur  einen 
Bewegungseffekt,  sondern  es  vollzieht  sich  durch  sie  eine  Doppelbewegung,  so 
sind  die  Al)durtorcn  des  Oberschenkels  niclu  mir  dessen  Anzieher,  sondern  je 
nach  ihrem  Ursprung  vor  oder  hinter  der  Querachse  des  Coxo-Femoral-(jelenkcs 
gleichzeitig  auch  Beuger  oder  Stre<:ker  desselben,  der  M.  biceps  brachii  des 
Mensclien   figurirl  als   Benger  und  Supinalor  im  Kllbogcngelenk  etc.  —  Der 
eigentlichen  Skeletmuskulatur  kann  man  mit  Rucksicht  auf  die  Anordnung  die 
Summe  von  Muskeln  gegenüber  stellen,  welche  keinen  bestimmten  Ur* 
Sprung  und  Ansatx  haben.    Es  gehören  hierher  die  sämmdichen  hohlen  und 
Ringmuskeln.   Die  ersteren,  die  Muskulatur  aller  Hohlorgane  umfassend,  äusaem 
eine  von  allen  Seiten  her  verkleinernde  Wirkung  auf  den  umschlossenen  Hohl« 
räum,  der  dadurch  ganz  (Herz,  Harnblase)  oder  theilweise  (Darm,  Magen)  ver- 
legt werden  kann.    Die  Muskulatur  dient  so  der  Weiterbeförderung  des  Organ- 
Inhaltes.    In  der  Kegel  ist  sie  deshalb  in  der  Fongitudinal-  und  Cirkulärrichtung 
angebracht  und  erzeugt  so  durch  ihre  llKitipkcit  \  erkürzung  und  Verengerung 
oder  sie  läuft  auch  noch  m  schrägen  Zügen,  Spirailoviren  um  das  Organ,  wie  dies 
namentlich  hei  kugeligen  Hohlorganen  (Blase,  menschlicher  Uterus)  der  Fall.  Die 
Kingmuskeln,  Sphinkteren,  umgürten  dagegen  nur  eine  Ocffnung,  um  dieselbe  ver- 
engern resp.  abschlksaen  su  können  (SphmkUr  pupillae,  palpebrarum,  aris  etc.).  S. 

Muskelsisuit  s.  Muskelfunction.  S. 

MuBkelataxTef  s.  Muskelfuncdon.  S. 

MuakelatrSnie.  Das  Experiment  hat  gelehrt  dass  in  gewissen  diierischen 
Geweben  (Muskeln,  Nerven,  Drüsen)  unter  entsprechenden  Bedingungen  elek- 
trische Ströme  eneugt  werden.  Die  elektromotorischen  Kräfte  sind  nun  nach 
DU  Bois-Rkvmond  schon  dem  ruhenden,  lebenden  Gewebe  eigenthümlich, 
HER.MANN  dagegen  fassl  diese  nur  als  positiv  elektrisch  auf,  das  Auftreten  der  zur 
ErzeuLMmg  des  Stromes  notlngen  negativen  Elektrit  itat  fuhrt  er  dagegen  auf  ge- 
wisse Veränderungen  im  Muskel  zurück,  wie  sie  mit  Thätigkeit,  Verletzungen. 


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MoikdstTfiiBe. 


559 


Abslerben  von  Gewebsbestandtheilen  einbergehen.  Die  Prüfung  des  elektrischen 
Stromes  geschieht  am  einfachsten  in  parallel-faserigen  Muskeln,  z.  R.  dem 
M.  sartorius  des  Frosches,  an  welchem  die  Oberfläche  als  »natürlicher  Längs- 
schnitt« von  der  an  die  Sehne  anstossenden  Grundfläche,  dem  »natürlichen 
Querschnitte  unterschieden  wird;  sie  kann  aber  auch  an  jedem  frisch-excidirten 
Muskelbtück  vorgenommen  werden,  das  dann  anstatt  der  natürlichen  die  künst- 
lieben  Quer«  und  LängndiiMtte  darbietet;  an  einem  BOlcben  nennt  man  ferner 
eine  genau  in  der  Mitte  der  Obeifläcbe  rings  um  den  Muskel  verlaufende  Linie 
den  lAequator«  und  die  Mittelpunkte  des  Querscbnittes  die  »Pole«;  alle  jene 
Punkte  aber»  welche  Von  dem  Aequator  resp.  den  Polen  gl«ch  weiten  Abstand 
einhalten,  »symmetrischec  Punkte.  Zum  Nachweis  der  an  sich  schwachen 
Striime  dient  der  Multiplicator  oder  das  Elektrogalvanometer,  welches  in  den 
Leitungsdraht,  der  Längs-  und  Querschnitt  verbindet,  eingeschaltet  wird.  Ver- 
mittelst dieser  Vorrichtungen  stellte  du  Bols- Reymond,  der  Begnünder  der 
wissenschafllichen  Klektrophysiologie,  für  die  ruhetKlc  Muskulatur  den  Satz  auf: 
a)  dass  sich  alle  Thcile  des  Querschnittes  negativ  elektrisch  zu  allen  Thcilen  des 
Längsschnittes  verhalten,  und  dass  demgemäss  der  Strom  durch  den  ableitenden 
Bogen  vom  Ltfngsscbnitt  cum  Querscbmtt  übergeht,  während  er  im  Muricel  selbst 
vom  Querschnitt  sum  Längsschnitt  veriäuf^  und  b)  dass  steh  jeder  dem  Aequator 
nähere  Punkt  positiv  elektrisch  zu  jedem  davon  entfernteren  Funkte  verhält; 
c)  er  xeigte  femer,  dass  ein  galvanischer  Strom  nur  dann  entstände,  wenn  die 
Anordnung  dos  Bogens  eine  »wirksame«  sei,  d.  h.  a)  als  stärkerer  Strom,  wenn 
die  beiden  £nden  des  Bogens  an  Längs-  und  Querschnitt  anliegen,  ß)  als  schwacher 
Strom,  wenn  sie  unsymmetrische  Punkte  einer  und  derselben  Flacl>e  (Längs-  oder 
(Querschnitt)  berühren;  d)  für  den  Fall  der  Anlegung  der  Leitungsdrahte  an  synimetri- 
sclte  Punkte  des  Längs-  oder  Querschnittes  kann  ein  Strom  nicht  beobachtet  werden, 
die  Anordnung  ist  eine  »unwirksamec .  e)  Die  natürlichen  Muskeln  /.eigen  nun 
meist  keine  genau  senkrecht  zum  Längsschnitte  stehenden  Querschnitte,  sondern 
Inlden  in  der  Regel  sogen.  iMiHkdrhombm«  mit  stumpfen  und  spitsen  Ecken. 
An  solchen  ist  das  geschilderte  Veihältniss  der  elektrischen  Spannungen  au  ein- 
ander ein  anderes.  Es  verhält  sich  hier  nämlich  jeder  einer  stumpfen  Ecke 
naheliegende  Punkt  des  IJbigs-  oder  Querschnittes  stark  positiv  au  einem  der 
spitzen  Ecke  gleich  naheliegenden  Punkte.  Die  durch  Verbindung  solcher  Punkte 
entstehenden  StrOme  sind  stärker  als  die  von  senkrechtem  Querschnitte  erzeugten, 
und  zwar  um  so  stärker,  je  schräger  der  Querschnitt.  Man  nennt  sie  »Neigungs« 
ströme.«  —  Die  Grösse  der  elektromotorischen  Kraft  eines  Mu<kels  wächst  mit 
dessen  Lünge  und  Dicke,  für  die  dicken  Obt  i  i  enkelmuskeln  des  Frosches  be- 
läuft sie  sich  aut  ca.  i^^^ — j'.^  Daniell.  Ihr  N.uliweis  gelingt  indes  nur  in  dem 
beschränkten  Zeitraum  zwischen  der  Abtrennung  des  Muskels  aus  der  Contnuntät 
des  Körpers  und  dem  Eriöschen  der  Irritabilität;  ganz  frisch  entnommene 
Muskelstttdte  (Herz)  gestatten  den  Nachweb  noch  nicht  —  Der  Muskelstrom  be- 
sitzt Übrigens  die  glndien  Eigensdiaften  wie  der  elektrische  Strom  eines  galva- 
nischen  Elementes,  er  ibtsseit  demnach  dektrotytische  Witksamkdt  und  kann 
selbst  auch  als  wirksamer  Reiz  Ittr  Nerven  dienen,  es  beruht  darauf  das  Wesen 
des  »physiologischen  Kheoskops.c  —  Die  Erklärung  des  Zustandekommens  der 
elektrischen  Ströme  in  Nerven-  und  Muskelsubstanz  giebt  die  Molekulartheorie 
w  Bors-RF.YMOND's  durch  die  Annahme  kleiner  clektromotorisch-thätigcr 
Elemente  im  (lewebe,  welche  a  priori  |>erii)olar-elektrisch,  d.  h.  mit  ])nsitiver 
Aequatorial-  und  negativen  Poltlächcn  ausgestattet  seien.  Diese  Aufstellung  genUgt 


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56o 


Unsk  e !  )>>  htcrnctitwickflong. 


indes  nicht  zur  Erklärung  aller  Erscheinungen  der  Muskelströme  und  neigt  nuui  des- 
halb  heute  mehr  der  Hk kmann'scIicii  Diffcrenztheon'e  zu,  wonach  sich  der  normale 
ruhende  Muskel  i»ositiv  elektrisch,  in  der  Thätigkcit  und  mit  dem  Absterben 
negativ  elektrisch  verluilt;  danach  erscheint  an  der  verletzten  Stelle  z.  B.  des 
aus«^es(  linittenen  Muskcl.^aickes  nei^ativ  elektrische  Substanz,  die,  mit  der  über- 
Uäche  in  leitende  Verbindung  gebracht,  einen  Strum  entstehen  lässt.  Die  Beob> 
achtuug  der  sogen.  ParelektroiKMnie,  d.  h.  die  Encheinung  der  pondven  Elektri« 
cität  an  dem  Sehnenende  als  dem  natflrlidien  Querschnitte  bildet  eine  der 
Hauptstützen  fUr  die  gr^fcisere  Wahrscheinlichkeit  der  HBRMAim'schen  Theorie.  — 
Die  Tbätigkeit  des  Muskels  veranlasst  nun  eine  Modificatioa  der  elektrischen 
Erscheinungen,  welche  sich  als  »negative  Stromesschwankung«  ausspricht.  Die- 
selbe  besteht  in  einer  bis  zum  Verschwinden  sich  steigernden  Abnahme  der 
elektrischen  Spannungsdifferenz  im  tetanisirten,  vorher  i:n  hohen  Grade  elektrisch 
wirksamen  Muskol,  in  Folge  deren  die  Ablenkung  der  Magnetnadel  im  Gal  .  ano- 
nictcr  scliliesslich  wegfäHt.  Diese  auch  der  einfachen  Zuckung  am  gereizten, 
hcraus^'tschnittencn  Skeletnujskcl  sowie  einer  jeden  Herzkontraktion  zukommende 
Ersciieauing  läult  mit  der  gleichen  Geschwindigkeit  wie  die  KLontraktionswelle 
vom  gereizten  zum  entgegengesetzten  Ende  des  Mnskeb  hin,  immer  der  Ron- 
trakdon  der  einzelnen  Stelle  in  kurzem  Intervall,  also  während  des  Stadiums  der 
I,Atenz,  vorausgehend;  man  nennt  sie  eine  »NegaUvitMtswellec  in  der  elektromo- 
torischen Wirksamkeit  des  Muskels,  sie  dauert  0*003  Sekunden  (Bbrustsik).  S. 

Muskelsystementwickelung.  Wir  folgen  in  der  Darstellung  dieses  Ab- 
schnittes, in  welchem  allerdings  nü(  h  \ielfach  Unklarheit  herrscht,  im  Allgemeinen 
den  Angaben  Balfours  (Handbuch  der  vergleichenden  Embryologie,  übersetzt 
V.  Vetter)  und  Ht  Rxwir.'s  (T.elubuch  der  Entwicklungsgeschichte.  Jena,  F^  (üm-  t  888). 
Was  zunächst  die  Entwickelung  der  Muskulatur  in  den  Cla.sscn  der  Wirl  cllo^en 
anbelangt,  so  sind  bei  den  meisten  Coelenteraten  die  Muskelelemente  wahrend 
der  Entwickelung  und  im  ausgebildeten  Thierc  Kpithelbestandtheile.  Sie  sind 
cubische,  cylinderförmige  oder  spindelige  Epithelzellen,  welche  an  ihrem  ^stalen 
Ende  mit  Flimmerhaaren  besetzt  sind,  während  ihr  basales  Ende  auf  der  Stfitx- 
lamelle  des  Körpers  ruht.  An  der  letzteren  Stelle  finden  sich  glatte  oder  quer- 
gestreifte Muskelfibrillen  ausgeschieden.  Durch  die  pallisadenförmige  Anein- 
anderlagening  solcher  Fibrillen  entstehen  MuskellameÜen»  welche  die  Fomen- 
veränderungen  des  Körpers  hervorrufen.  Die  epithelialen  Muskelzellen  können 
Bestandtbeile  des  äusseren  sowohl,  als  auch  des  inneren  Keimblattes  sein.  Bei 
Würmern  mit  Enterocoel  übernimmt  die  parietale  Wand  desselben  oder  die 
parietale  Lamelle  des  mittleren  Keimblattes  die  Erzeugung  der  Muskulatur.  Auch 
hier  sind  es  Epithelzellen,  welche,  beispielsweise  bei  den  Chaetognathen  an  ihrem 
basalen  Ende  eine  Muskelfibrillenlamelle  bilden,  während  sie  mit  dem  anderen 
Ende  die  Leibeshöhle  begrenzen.  Bei  den  Mollusken  stammt  das  Muskelsystem 
vom  Mesoblast  ab.  Der  grössere  Theil  des  Systems  nimmt  seinen  Ursprung 
aus  dem  somatischen  Mesoblast  Die  Larven  Hut  aller  Gasteropoden  und 
Pteropoden  besitzen  einen  woblentwickelten  Spindelmuskel,  welcher  das  Anhaften 
des  Embiyo  an  der  Schale  bewirkt.  Bei  den  Echinodermen  kommt  am  unteren 
Eipole  eine  Invagination  zum  Vorschein  und  gleichzeitig  s^^rossen  aus  den  die 
Einstülpung  bildenden  Zellen  amöboide  Zellen  hervor,  welche  später  das  Muskel- 
system und  Bindegewebe  liefern.  In  dem  Typus  der  Arthropoden  zerfällt  in 
der  Clas-^e  der  Tausendtusser  der  iNfcsohlasl  in  eine  Reihe  ur^irbelartiger  Ab- 
schnitte, die  sogenannten  Mesoblastsomiten,  deren  Hohlräume  zur  Leibeshöhle 


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Muskclsy&tenieni  Wickelung. 


werden,  und  aus  deren  Wandungen  die  Muskulatur  hervorgeht,  ein  gnnz  ähnliches 
Verhalten  zeigen  die  Insecten.  Bei  den  Araclinoiden  geht  der  Muskelapparat 
aus  dem  somatischen  Blatt  des  Mesoblasts  liervor.  Bei  den  Crustaceen  findet 
sich  anfangs  noch  keine  scharfe  Trennung  des  Mesoblasts  in  eine  soniatisclie 
und  splanchnische  Schicht  mit  dazwisclienhegender  I.eibeshölile.  Ein  'iheil  der 
Zellen  dift'oren/iit  sich  zu  den  Muskeln  der  Leibeswand  und  der  Gliedmaassen, 
ein  anderer,  gewöhnlich  in  Form  einer  sehr  dünnen  Scliicht,  zu  den  Muskeln 
des  Darmrohres.  —  Bei  den  Wtrbeldiieren  stammt  die  Muskulatur,  abgesehen 
von  einem  Theil  der  Kopfmuskeln,  von  denjenigen  Abschnitten  des  mittleren 
Keimblattes  ab,  welche  sich  als  Ursegmente  absonderten  und  mit  ihrem  Auf» 
treten  die  erste  primitive  und  wichtigste  Segmentining  des  Wirbeltbierleibes  be- 
wirkten. Da  die  Segmentiiung  sowohl  den  Rumpf  als  auch  den  Kopf  betrifft, 
so  werden  Rumpf-  und  Kopfsegmente  unterschieden.  In  ihrer  Entstehung  und 
Umbildung  verhalten  sich  beide  von  einander  abweichend.  Was  zunächst  die 
Ursegmente  des  Rumpfes  .inbclangt,  so  sind  sie  beim  Amphioxus  hohle  Gebilde, 
deren  Wand  eine  einfache  Kpithelzellenlage  bildet.  Diese  Zellen  entwickeln 
sich,  wie  wir  aus  den  Untersuchungen  Hi.atscheks  wissen,  in  doppelter  Weise 
^Aeiter,  nur  die  die  Chorda  und  das  Nervenrohr  begrenzenden  Zellen  bilden 
Muskelfasern;  sie  nehmen  selir  an  Grösse  zu,  ragen  in  die  Ursegmenthöhle 
hinein  und  reprisentireii  bald  panllel  nebeneinander  gelagerte  Platten,  welche 
mit  ihrer  Basis  zur  Oberfläche  der  Chorda  senkrecht  und  sur  Körperlängsachse 
parallel  gestellt  sind.  Schon  in  dem  Stadium,  in  welchem  sehn  Ursegmente 
unterschieden  werden  können,  scheiden  diese  Zellplatten  an  ihrer  Basis  feine 
quergestreifte  Muskelfibrillen  aus,  welche  in  sich  verschiedene  Lichtbrechung 
(Isotrope  und  anisotrope  Substanz)  wahrnehmen  lassen  und  welche  schon 
schwache  Zuckungen  des  Embryo  ermöglichen.  Allmählich  entstehen  die  für 
die  Muskulatur  des  Amphiü.xus  charakteristischen  tjuergestreiften  Muskcllamellen, 
indem  immer  neue  Fibrillen,  und  zwar  jetzt  auch  an  beiden  Flüchen  der  sich 
beriilirenden  Zellplatten,  abgeschieden  werden.  Je  mehr  Fibrillen  gebildet  werden, 
deitto  mehr  verringert  sich  das  Plasma  der  Biiduugizcilen  und  der  Kern,  mit 
einem  Rest  von  Plasma  umgeben,  wird  nach  dem  der  Ursegmenthöhle  zuge- 
kehrten Zellenende  hingedrängt.  Von  ihrem  perichordalen  Ursprung  breitet  sidi 
im  Laufe  der  Entwicklung  die  Muskelschicht  sowohl  dorsal  als  auch  ventral 
aus  und  bildet  auf  diese  Weise  die  gesammte  Rumpfmuskulatur,  welche,  wie  die 
zelligen  Urs^mente,  in  hintereinander  gelegene  Abschnitte,  sogenannte  Myomeren, 
zerfällt.  Bindegewebige  Scheidewände  {httcrmuskuhirsepia),  welche  sich  als 
Producte  des  Zwischenblattes  entwickelt  haben  und  sich  von  der  Chorda  quer 
durch  den  Rumpf  in  den  Intermuskularspalten  zur  äusseren  Haut  erstrecken, 
trennen  die  einzelnen  Muskel scL'mente  von  einander.  Die  Cyclostomen  stimmen 
hinsichtlich  ihrer  Muskelentuiekchuig  im  Allgemeinen  mit  Amphioxus  überein. 
Da  aber  die  Ursegmente  keine  Höhlungen  besitzen,  so  liegen  beide  Epithel - 
schichten  unmittelbar  aufeinander  und  gehen  dorsal-  und  vcntralwärtä  durch 
Uebergangszellen  in  einander  Uber.  Die  Muskelfibrillen  werden  von  den  Zell- 
platten  auf  ihren  beiden  Breitseiten  ausgeschieden,  wodurch  senkrecht  zur  Chorda 
gestellte  Lamellen  entstehen.  Zwei  Lagen  parallel  verlaufender  fernster  Fibrillen, 
durch  einen  zarten  Kittsubstanzstreifen  von  einander  getrennt,  bilden  die  I^amellen. 
Im  Verlaufe  der  Entwickelung  bilden  die  oberen  und  unteren  Ränder  der  Ur- 
segmente eine  Wucherungszone,  wodurch  die  Rumpfmuskulatur  sich  immer  weiter 
dorsal-  und  ventralwärts  ausdehnt.  —  Bei  sechs  Wochen  alten  Larven  wandeln 

Zool.«  AatluopoL  u.  Stfanolasi«'  Bd.  V.  36 


niriiti7Pd  bv  Cioosle 


$62 


Mittkcbjrateinentwidcelung. 


sich  die  Lamellen  in  die  ScHNEiDER'schen  Muskelkästchen  um.    »Die  einander 
zugekehrten  Fibrillenlagen  zweier  T-amellen,  welche  von  einer  Zellplatte  an  ihren 
zwei  Seiten  ausgeschieden  worden  sind,  verbinden  sich  mit  ihren  Rändern,  so 
dass  jetzt  jede  Biidungszelle  von  den  ihr  zugehörigen  Fibrillen  wie  von  einem 
Mautcl  rings  umschlossen  wird.«    An  den  Muskelkästchen  werden  nocli  weitere 
Veränderungen  wahrgenommen.    Die  anfänglich  zwischen  zwei  Fibrillenlagen 
einer  Lamelle  in  geringer  Menge  voriiandene  homogene  Stfltzsobstanz  wird 
mächtiger  und  bildet  die,  die  einzelnen  Kistchen  trennenden,  Scheidewände.  Die 
protoplasmatiscfae  Grundsubstans  der  Bildungssellen  wird  durch  fortgesetzte  Aas- 
Scheidung  feiner,  schliesslich  das  ganze  Kästchen  ausfüllender,  zum  Thett  central 
gelegener,  zum  Theil  den  Scheidewänden  festanhaftender  Fibrillen,  mehr  und 
mehr  verbraucht.    Endlicl^  findet  man  zwischen  den  Fibrillen  zahlreiche  isoliite 
Kerne,  die  durch  wiederholte  Mitose  von  dem  ursprünglichen  Kern  der  Bildungs- 
zelle abstammen.  —  Abweichend  von  dieser  Darstellung  geht  die  £ntwickelung 
der  Muskulatur  bei  den  Amphibien  vor  sich.     Oer  junge  Triton  besitzt  in 
seinen  Ursegmenten  einen  Hohlraum,  welcher  von  allen   Seiten  durch  gri^sse 
Cylinderepithelzellen  begrenzt  wird.   Allmählich  maclicn  bich  in  denjenigen  dieser 
Zellen,  welche  dem  Nervenrohr  und  der  Chorda  anliegen,  Theilungsvorgänge 
bemerklich,  und  durch  die  ncugcbildeten  Zellen  wird  der  Hohlraum  eines  Ur> 
si^entes  zuletzt  ganz  ausgefUUt  Hierbei  geben  die  Zellen  ihre  ursprQng^che 
Anordnung  und  Form  auf  und  wandeln  sich  in  longitudinal  verlaufende  Cyiinder 
um,  welche  beiderseits  von  Rückenmark  und  Chorda,  parallel  zu  beiden,  neben» 
und  übereinander  gelagert  sind.    Um  jeden  kernhaltigen  Cyiinder  gruppiren  sich 
zahlreiche  feinste  quergestreifte  Fibrillen,  er  ist  jetzt  einem  Muskelkästchen  der 
Cyclostomen  vergleichbar.    Unter  Vermehrung  der  Fibrillen  bleiben  schliesslich 
nun  in  der  Achse  des  Cylinders  Stellen  frei,  welche  die  aus  dem  Mutterkem 
cntstan;lenen  Tochterkerne  einnehmen.     Zwischen  die  Muskelfasern  oder  die 
rnmuivbiuiiicl  dringt  Bindesubstanz  mit  Blutgefässen  ein,  welche  bei  den  Cyclo- 
stomen das  Mesenchym  der  Umgebung  liefert.  —  Bei  den  bisher  betrachteten 
Wirbelthteien  wurden  die  Ursegroente  nur  zur  Muskelbildung  verwendet,  bei  den 
übrigen  aber  biklen  sie  auch  die  Anlage  der  Wirbelsäule,  eine  Annahme»  die 
allerdings  mehrfach  angezweifelt  wird.  Die  Elasmobranchier  besitzen  in  der  Wand 
ihres  spaltförmig  ausgehöhlten  Ursegmentes  cylindrische  Zellen.    Die  Zellen, 
welche  die  innere,  das  Nervenrohr  und  die  Chorda  begrenzende  Wand  zusammen- 
setzen, sondern  sich  allmählich  in  zwei  Schichten,  die  eine  bildet  Muskel übriUen, 
die  andere  liefert  die  Anlage  der  Wirbelkörper.  —  Die  Zellen  der  iiusseren 
Wand  des  Ursegmentes  tragen  an  der  Uebergangsstelle  in  die  bereits  gebildete 
Muskelplatte  ebenfalls  zur  Bildung  von  Muskelfasern  bei.     Spater  soll  nach 
B.MKouR  die  ganze  äussere  Schicht  zu  Muskekellcn  werden.    Bei  den  Vögeln 
sind  die  UrscgmeiUe  anlatigs  nicht  hohl,  sondern  eine  Hohle  entsteht  erst  all- 
mählich.  Dann  bildet  der  innere  und  untere  Mundtheil  zahlreiche  kleine  Zellen, 
welche  in  die  Ursegmentböhle  eindringen,  sie  immer  kleiner  machen  und 
schliesslich  ganz  veischwinden  lassen.    Nach  Köixker  repiäsentirt  der  ge- 
wucherte  llieil  die  Anlage  der  Wirbelsäule,  der  fibrige  Abschnitt  die  Muskulatur. 
Bei  den  Säugethieren  veiläuft  die  Anlage  der  Muskulatur  ähnlich  wie  bei  den 
Elasmobranchiem.    Wie  aus  den  ursprünglichen  Muskelmassen  die  einzelnen, 
nach  Lage  und  Form  später  so  differenten  Muskelgruppen  sich  herausbilden,  ist 
noch  ein  sehr  wenig  bebautes  Gebiet  der  Entwick'!lungsgeschichte.    Es  wirken 
darauf  die  verschiedensten  Umstände,  namentlich  die  Ausbildung  des  Skclets, 

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MuskclsystcmentM'ickeluDg. 


wodurch  eine  Scheidung  in  hypO'  und  episkeletale  Muskulatur  bewirkt  wird, 
modificirend  ein.  Von  einzelnen  Muskeln  weiss  man  noch  gar  nicht,  wie  sie  in 
dem  System  unterzubringen  sind.  Ob  beispielsweise  der  Zwerchfellmuskel  mit 
seinen  eigenthUmlichen  convergirenden ,  sich  kreuzenden  und  divergirenden 
Bündeln,  welche  eigenthümliche  Löcher  und  Spalten  (Hiatus  aortkus,  Foramen 
oesophageum  etc.)  zwischen  sich  lassen,  zur  selben  Kategorie  zu  rerhnrn  ist,  wie 
die  hyposkeletalen  Muskeln,  ist  unbestimmt.  Von  grösstem  EinÜuss  auf  die 
DifterenziruTig  der  Muskulatur  ist  entschieden  auch  die  geringere  oder  höhere 
Enluickclung  der  Gliedmaassen.  Sie  cnt.slchen  als  Hücker  zur  Seite  des  Rumpfes 
und  erhalten  allmählich  eine  sehr  complicirte  Muskelanordnung,  die  ihren  Höhe* 
pnnkt  in  der  menschlichen  Hand,  mit  den  reichentfalteten  Zwischenknochen-, 
Daumenballen-  (Thenar)  und  Kleinfingerballen-  (Hypothenar)  Muskeln  erreicht. 
Nach  übereinstimmenden  neueren  Untersuchungen  stammt  die  Gliedmaassen- 
muskulatur  gleichfalls  von  den  Ursegmenten  ab.  Am  klarsten  sind  diese  Vor- 
gange  bei  den  Elasmobranchiem  zu  übersehen.  Bei  ihnen  ^sprossen  Zellenknospen 
aus  den  noch  hohlen  Ursegmenten  hervor  und  wachsen  in  die  paarigen  und  un- 
paarigen Flossen  hinein,  in  welchen  sie  sich  in  Muskelfasern  umbilden.«  An 
dieser  Knospenbildung  nimmt  immer  eine  gewisse  Anzahl  von  Ursegmenten 
iheil,  ein  Umstand,  der  deswegen  wichtig,  weil  dadurch  die  Extremität  als  eine 
Bildung  mehrerer  Körj)erabschnitte  erscheint.  —  Was  nun  die  Entwicklung  der 
Kopf  muskulatur  der  Wirbelthiere  anbelangt,  so  entsteht  dieselbe  ebenfalls  aus 
einzelnen  Segmenten.  Am  genauesten  bekannt,  weil  am  deutlichsten  hervor- 
tretend und  am  meisten  untersudit,  sind  diese  Verhältnisse  bei  den  Selachiem. 
Gerade  wie  im  Rumpf  weichen  in  der  Kopfanlage  schon  frühzeitig  die  in  sie 
hineingewachsenen  mittleren  Keimblätter  von  einander  und  lassen  einen  engen 
spaltfbrrnigcn  Raum,  die  nach  hinten  mit  der  allgemeinen  Leibeshöhle  zusammen- 
hängende Koi)flu)hle  zwischen  sich.  Während  der  weiteren  Entwickelung  diflFeren- 
zirt  sich  die  Wandung  derselben,  ühnlich  wie  die  der  T  cibeshohle,  in  einen  ven- 
tralen und  einen  dorsalen  .Abschnitt.  Während  aber  im  Rumijf  nur  der  dorsale 
Abschnitt  scgmcntirt  wird,  nimmt  im  Kopfe  auch  der  ventrale  an  der  Segmen-  * 
tirung  Thcil.  Der  letztere  zerfällt  durch  die  Entwicklung  der  Schlundspalten 
in  mehrere,  Branchiomeren  genannte,  Segmente.  Jedes  derselben  besitzt  eine 
Wand  aus  Gyiinderzellen,  ist  innen  hohl  und  reprüsentirt  sammt  dem  es  um- 
gebenden Bindegewebe  den  die  einzelnen  Schlundspalten  trennenden  Visceral- 
bogen,  weshalb  viu^  Wqhe  die  aus  der  Kopfhöhle  sich  ableitenden  Spaltrttume 
als  Visceralbogenhöhlen  bezeichnet.  Nachdem  diese  eine  Zeit  lang  mit  dem 
Pericardialraum  comnnmicirten,  schliessen  sie  sich  allmählich.  Das  Cylinderepithel 
liefert  quergestreifte  Muskelfasern,  aus  denen  Kiefer-  und  Kinnmuskeln  entstehen. 
—  Der  dorsale  Abschnitt  der  Kopfhöhlenwandung  zerfKllt  wie  am  Rumpf  in 
Urscgmente.  Von  demselben  finden  sich  bei  den  Selachiern  neun,  sie  sind 
alle  hohl,  mit  Ausnahme  des  ersten,  ihre  Anlage  geschieht  von  hinten  in  der 
Richtung  nach  vorne.  Die  Wandungen  der  Ursegmente  liefern  theilweise  Muskeln, 
theilweise  aber  bilden  sie  sich  zurück.  Die  drei  ersten  Paare  der  Ursegmente 
lassen  die  Augenmuskeln  entstehen.  Wie  ein  Becher  legt  »ch  das  erste  Segment 
um  die  Augenblase  herum  und  difierennrt  sich  in  den  oberen  und  unteren  geraden 
und  in  den  unteren  schiefen  Augenmuskel.  Aus  dem  zweiten  Paar  geht  der 
obere  schiefe  und  aas  dem  dritten  der  äussere  gerade  Augenmuskel  hervor. 
Das  erste  bis  sechste  Segment  schwindet,  aus  den  drei  letzten  entstehen  Muskeln, 
welche  vom  Schädel  zum  Schulterg^rüst  sich  erstrecken.  Bei  den  übrigen  Wirbel- 

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564 


MuskebndtOBg:. 


thieren  ist  die  Umbildung  des  Mesoblasts  im  Kopfe  noch  unaufgeklärt.  Zur  Knt 
Wickelung  von  Kopf  höhlen  scheint  es  nicht  immer  zu  kommen,  sondern  dit 
Blätter  bleiben  stets  ("est  miteinander  verbunden.  Urscgmente  sollcri  bei  der 
Unke  nach  G"  i  i  k  \icr  an  der  Zahl  existiren;  nach  FkORitr  finden  sich  in  der 
Hinterhauptgegend  der  Säugethiere  jederseits  vier  Muskelsegmente,  von  denen 
die  beiden  vorderen  am  kleinsten  sind  und  sich  später  ganz  zurückbilden 
sollen.  Grbch. 

Muskekucktttig,  s.  Muskelfunktion.  S. 


I 

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N 


Naahs  =  Nase  (s,  d.)-  Ks. 

Naala.  Ostpolynesischer  Volksstanim  im  südwcstUcheo  Neu -Guinea,  um 
Cap  SviclcHng  herum,  mit  besonderer  Sprache.      v.  H. 

Nabatäer.  Hauptvolk  des  peträischen  Arabien,  das  sich  aber  auch  über 
einen  Thdl  des  glücklichen  Arabien  verbreitete,  früher  bloss  ein  räuberisches 
Nomadenleben  filbrte,  später  aber,  als  die  Ptolemäer  den  Seebandel  mehr  be- 
günstigten, aucb  einen  lebhaften  Zwischenhandel  mit  den  Erzeugnissen  des  öst* 
liehen  Asiens  trieb  und  daher  in  grossem  Wohlstande  lebte.  Sie  gründeten  ein 
selbsUUidiges  Keich,  welches  nach  seiner  Hauptstadt  von  den  westlichen  Caltur- 
Völkern  gewöhnlich  als  das  peträische  bezeichnet  wurde.  Die  N.  werden  von 
den  Alten  stets  als  Araber  bezeichnet,  und  diese  ihre  Nationalität  wird  durch  die 
Namen  ihrer  Könige  auf  den  Mflnzen  und  'nhlreicher  Privatleute  auf  den  In- 
schriften im  Hauran  vollständig  gesichert.  Dt  n  n  h  sind  alle  diese  Münz-  und 
Schriftdenkmäler  in  aramäischer,  nicht  in  arabischer  Sprache  und  Schrift,     v.  H. 

Nabayuganen.  Völkerschaft  der  Philippinen,  auf  Luzon,  im  Westen  von 
Malaneg.    Die  N.  sind  im  Besitze  eines  eigenen  Idioms.     v.  H. 

Nabedatadies.  Indianer  Nord-Amerika's,  am  Red  River  in  Texas,  verwandt 
mit  den  Caddo.    v.  H. 

Nabei  Bei  der  Bildung  der  Bauchwand  wachsen  die  Seitenplatten  rinp  um 
den  Darm  zusammen.  Während  der  Darmkanal  sich  schliesst,  erfolgt  zugleich 
auch  von  allen  Seiten  her  die  Schliessung  der  Leibeswand.  Die  Stelle,  an  welcher 
der  definitive  Schluss  erfolgte,  heisst  Nabel,  man  hat  also  einen  inneren  und 
einen  äusseren  Nabel  zu  unterscheiden  Der  innere  heisst  Darmnabel  und  ist 
die  Verschlussstelle  der  Darm  wand,  wodurch  die  vorher  bestehende  Verbindung 
zwischen  Darm-  und  Dottorsackhöhle  verloren  geht.  Der  äussere  heisst  Haulnabel 
und  ist  die  Verschlussstelle  der  Bauchwand,  am  fertigen  Organismus  äusserlich 
als  faltige  Grube  erkennbar.  Grbch. 

Ni^l,  tmdiUau,  nennt  man  bei  den  spiralgewundenen  Schneckenschalen 
eine  Einsenkung  der  Oberfläche,  welche  dadurch  entsteht,  dass  die  späteren, 
Windungen  in  der  Mitte,  d.  h.  in  der  Achse  der  Spirale  nicht  von  beiden  Seiten 
dicht  aneinandeischliessen,  sondern  sich  von  dieser  Achse  etwus  nach  aussen 
entfernen  und  dadurch  hier  einen  Hohlraum  übrig  lassen,  der  von  der  Innen- 
wand der  Spiralwindungen  begiinzt  ist  Meist  ist  das  nur  auf  der  unteren  Seite 


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$66 


Nabd  —  Nmbfi. 


der  Schale  der  Fall,  indem  eben  die  Spiralwindungcn  nach  dieser  Seite  h\n 
fortschreiten;  wenn  aber  je  die  folgende  nicht  nur  den  unteren  Theil  der  vorli er- 
gehenden, sondern  diese  in  iluer  ganzen  Hohe  unifasst,  kann  auch  an  der  Ober- 
seite ein  Nabel  entstehen,  z.  B.  bei  Buiia;  gehört  eben  dazu,  dass  je  die 
folgende  Wiudimf  nach  dm  betreflSmden  Seite  Uber  die  voibergehende  hervor» 
ngt.  Wenn  der  Nabel  sehr  eng  ist,  nennt  man  die  Schale  durchbohrt,  per/o- 
tata,  oder  wo  sein  Eingang  in  Folge  der  Bildung  des  Innenrandes  der  Mündung 
schmal  länglich  erscheint»  geritst,  rimaia;  bei  müsstger  Weite  nennt  man  sie 
einfach  genabelt,  umbiUcaUt,  in  höherem  Grade  wdt  genabelt  und  namentlich 
pcrspectivisch  gtn^hcXi,  perspective  umbilicata,  wenn  man  innerhalb  des  Nabels 
die  einzelnen  Windungen  deutlich  unterscheiden  und  zählen  kann.  Wenn  zwar 
ein  Na!'cl  M)rhanden  ist.  aber  bei  der  erwachsenen  Schale  seine  Oetlnung  durch 
eine  \  ci  biciterung  des  lanenrandes  der  Mündung  wieder  zugedeckt  wird,  ncnni 
man  die  Schale  verdeckt -du  rchbohrt ,  obtecte  per/oraia,  so  z.  B.  bei  I/c/ix 
tumotaiii  und  iiorlensis,  wulil  ^^u  uiiierschciden  von  der  undurchbohrten  Schale 
(imptrforaiä),  bd  welcher  die  Innenwände  der  Windungen  dicht  aadiuuider 
schliessen  und  keine  Lücke  lassen,  sondern  ebe  solide  Columelle  bilden.  Das 
andere  Extrem  der  Nabelbildung  ist  das,  dass  je  die  folgende  Windung  sidi 
mehr  nach  aussen  als  nach  unten  (oder  oben)  an  die  vorbeigehende  aasetst  und 
so  aus  einem  weiten  aber  nicht  tiefen  Nabel  schliesslich  eine  ziemlich  ebene 
Fläche  wird,  in  welcher  die  einzelr^en  Windungen  alle  ziemUch  gleich  weit  nach 
unten  (oder  oben)  reichen,  so  bei  den  in  einer  Ebene  gewundenen  Schalen, 
z.  B.  in  der  Gattung  Flanorbis,  wo  man  bei  verschiedenen  Alten  veischiedene 
Stufen  hierin  vor  sich  hat.     E.  v.  M. 

Nabel.  Die  meist  in  der  Einzahl,  seilen  zu  i — 4  auftretende  Üeßhung  an 
den  Gemmulae  der  Schwämme.  Pf. 

Nabel  oder  Buckelurnen  sind  solche  Urnen,  welche  auf  dem  vorspringen- 
den Theile  ihres  Bauches  4,  5,  6  und  mehr  grosse,  gleich  SchildbuckeLn  erhabene, 
meist  rundliche  Erhöhungen  tragen.  Solche  Urnen  bilden  dn  Charakteristikum 
der  nordostdeutschen,  böhmischen,  österreichischen,  ungarischen 
Urnenfelder  und  rdchen  von  der  Hallstattperiode  bis  in  die  Frankensdt 
hinein.     C.  M. 

Nabelarterie,  s.  Nabelstrang.  Grbch. 

Nabclblase  =  Dottersack  (s.  d.).  GRncii. 

Nabelgetäss,  -gekrösar tcrie,  -kreislauf,  -veDe,  s.  Placentarkrei&lauf 
und  .Mensrli,  allgemeine  Entwicklung.  Grpcii. 

Nabelschnur  oder  »sträng,  5.  riacentaenuvickiung.  ükbcm. 

Nabelschwein  oder  Pekari,  s.  Dicotyles,  Cuv.     v»  Ms. 

NabianL  Bloss  dem  Namen  nach  bekannte  Völkersdiaft  des  alten  Sar» 
matien.    v.  H. 

Näbictmra.  Indianerhorde  des  inneren  Brasiliens,  im  Quellgebiete  des  Rio 

Arinos.     v.  H. 

Nabiltse,  Indianerstamm  Kaliforniens;  am  Rogue  River  (?).     v.  H. 

Nabis,  Latr.,  eine  Gattung  der  Raubwanzen  (s.  d.),  welche  sich  durch  den 
Man!?e1  der  Raubbeine,  aber  verdickte  Vorderschenkel  und  eine  bis  zu  den  Mittel- 
beinen reichende,  3gHedrige  Sclmabelschcide  auszeichnet.  Von  den  4  euro- 
päischen Arten  kommen  2  {N.  brevipennis,  Hahn,  xxnil/erus,  L.)  auf  Wiesen  über 
ganz  Europa  verbreitet  vor,  die  beiden  anderen  (ßavomar^inaius,  Scholz,  \md 
Umbatus,  Dlb.)  mehr  im  Norden.     E.  Tg. 


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Ksbrig»  NaditotkcB. 


567 


Nabrigas.   In  der  Höhle  von  N.  im  Departement  Losere  (Frankreich)  fand 

Prof.  Joi.Y  1835  den  Schädel  eines  Höhlenbären,  der  von  SteinpfeÜspitzen  durch* 
bührt  war;  daneben  lagen  Scherben  mit  Fingernageleindrücken.     C  M. 
Nacca,  s.  Natica.     E.  v,  M. 

Nachdarm,  s.  Verdaunngsorganeniwic  keUiuc;.  Gkbch. 
Nachees  oder  Natschi.    Erloschener  Zweig  der  Catavvba-Indianer  in  Siid- 
Karolina.     v.  H. 

Nachhirn»  s.  Nerveosystementwickluoif.  Grbck. 

NadiitoclkesoderNatschitotschen.  UnUusificirter  Indüknerstamm,  ursprüng- 
licb  in  Louisiana,  südlich  vom  Red  River,    v.  H. 
Naduiiere,  s.  Nierenentwicklung.  Grbch. 

Nacfaschieber  nennt  man  bei  den  Schmetterlingsmupen  die  beiden  Beine 
am  letzten  Leibesgliede  und  bei  anderen  Inscktenlar\'en,  namentlich  vielen  Käfer- 
larvcn,  beinartige  Anhänj^i  an  der  Leibesspitse»  welche  beim  Fortkriechen  be« 

hilflich  sind.     E.  Tc. 

NachtafTe,  s.  Nyctipithecus  und  Nycticebus.     v.  Ms. 

Nachtfalter  heissen  im  Gegensau  zu  den  1  agschmetterlingen  (Diurna) 
alle  übrigen  Schmetterlinge,  welche  im  heutigen  System  unter  dem  Namen 
der  Htitr0(tra  susammeogelässt  sind;  im  engeren  Sinne  die  /Muhia  Eul- 
chen.    £.  Tg. 

Nachtliiiiidt  8.  Cynonycteris,  Frr.  Ms. 

Naditigal  (Erühatus  ütseima,  LmsHola  üttänia,  L.),  die  Königin  des  Ge- 
sanges unter  den  Vögeln,  von  braunem,  ins  Rostfarbene  ziehendem  Gefieder, 
unterseits  graulichweiss,  Schwanz  rostfarben.  Bewohnt  den  Westen  und  Süden 
FAiropas.  Im  Osten,  von  dem  westlichen  Theile  Hinterpommems  und  von 
Posen  an,  wird  "^ie  durch  den  Sprosser,  Aunachtigal,  E.  pfulomiln,  Bchst.,  ersetzt, 
welcher  etwas  grosser  ist  und  grau  gewellte  Kropfgegend  hat.  Uie  erste  Schwinge 
ist  bei  dieser  Art  kürzer  als  die  Handdecken,  die  zweite  länger  als  die  vierte, 
fast  SU  lang  als  die  dritte,  während  bei  der  Nachtigal  die  erste  Schwinge  die 
Handdecken  ein  wenig  überragt  und  die  aweite  Schwinge  ungefilhr  die  Uinge 
der  fünften  hat  Rckw. 

N«cbt|ifla]iefiangeiii  Beseichnung  der  SiUwrmdai  (s.  d.).    £.  Tg. 

Nacfatralteii,  Mar^iiue,  Unterfiunilie  der  Raken  (C^^amdae),  die  Fett- 
vögel (s.  d.),  Sieatornist  Hvmb.,  die  Sdiwalme»  Adargus,  Cuv.,  und  die  Zwerg- 
'  schwalme,  AegotheUs,  Vic.  et  Horsf.,  umfassend,  von  einigen  Systematikem  irr- 
thüniltch  mit  den  Nachtschwalben  (Caprimul^idae)  vereinii^t.  Nachtvögel  mit 
weirl^em,  dem  der  Nachtschwalben  (Caprimulgidac}  ahnnch  gefärbtem  Gefieder, 
welchen  letzteren  sie  auch  hinsichtlich  ihrer  allgemeinen  K(  »ri  eriorm,  insonder- 
heit hinsichtlich  des  Hachen  Kopfes,  sehr  ähneln  und  mit  welchen  sie  durch 
Uebergangs türmen  {Aegothtlaj  aui  das  engste  verbunden  sind.  Der  Schwanz 
besteht  aus  10,  ausnahmsweise  aus  12  Federn.  Starke  Schnabelborsten  i^rhanden. 
Von  den  Nachtschwalben  unterscheiden  sich  diese  Vögel  durch  vollstitndig  ge- 
spaltene oder  (ausnahmsweise)  wenig  an  der  Basis  verwachsene  Zehen  wflhrend 
jene  Spannhiute  awischen  den  Zehen  besitsen  —  sowie  durch  den  siftriteren  und 
festen  Schnabel.  Wie  die  Eulen  sind  die  Nachtraken  nur  während  der  Dämmerung 
und  in  mondhellen  Nächten  in  Thätigkeit;  den  Tag  verbringen  sie  schlafenc^ 
auf  Zweigen  in  dichtem  Baumschatten  —  wobei  sie  der  Quere,  nicht  wie  die 
Nachtschwalben  der  I<ängc  nach  auf  denselben  sitzen  —  oder  in  Höhlungen 
(Zwergschwalme).    Die  Mitglieder  der  Gattung  Fadargus,  Cuv.,  die  typischen 


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56S 


NachtTcilicr  —  Nackte  Hunde. 


Fotmtn  der  Gruppe,  sind  kräftig  gebaute  Vögel  von  der  Grösse  unseres  Zi6j|Cii* 
melkers  bis  zu  derjenigen  des  Waldkauzes,  in  ihrer  ganzen  Erscheinung  den 
Nachtschwalbcn  älinlich.  Ihr  Schnabel  ist  sehr  breit  und  flach;  die  Ränder  de> 
Oberkiefers  umfassen  mclir  oder  weniger  den  Unterkiefer;  die  schlitzförmigen 
Nasenlüclicr  liegen  nahe  der  Schnabelbasis  und  werden  von  starren,  borsten- 
artigen,  nach  vorn  gerichteten  Federn  überdeckt.  Die  Zehen  sind  volktändig 
unverbunden  oder  am  Grunde  wenig  verwach.sen.  Die  vierte  Zehe  reicbt  bis 
oder  fast  bis  zum  Krallengliede  der  dritten,  die  etwas  kürzere  zweite  bis  zur 
Mitte  des  dritten  Gliedes  der  dritten  Zebe.  I«auf  wesentlich  kürzer  als  die  Mittel- 
sehe;  der  stufige  oder  gerundete  Schwanz  kürzer  als  die  FlUgeUänge;  im  Flflgel 
4.  und  5.,  oder  5.  und  6,  Schwi^e  am  längsten.  Die  etwa  so  bekannten  Arten 
bewohnen  in  der  Mehrzahl  Austmlien,  die  papuasischen  Inseln  und  Molucken, 
in  der  Minderzahl  die  malayischen  Inseln  und  Indien.  Letztere  werden  in  der 
Untergattung  Ba/racAos/om US,  Gould,  gesondert  wegen  des  stärker  stufigen  Schwanzes, 
der  am  Ende  breiten  Schwanzfedern  und  der  vollständig  von  dem  Oberkiefer 
umfassten  Unterkieferbasis,  während  bei  den  typischen  australischen  Formen  die 
Schwanzfedern  /iigcspitzt  sind  und  der  Unterkiefer  nur  wenig  von  den  Rändern 
des  Oberkiefers  umfassi  wird.  Die  australischen  Arten  bauen  flache,  denjenigen 
der  Tauben  ähnliche  Nester  aus  Zweigen,  die  indischen  Formen  filzen  ihre  Nester 
aus  Moos,  weichen  Fflan^ntheilen  und  Flaumfedern  zusammen  und  legen  nur 
ein  verhältnissmässig  sehr  grosses,  weisses  Ei.  —  Die  Zwergs chwalme,  Gatt 
Aej^^tles,  Vic.  et  Horsp.,  haben  einen  noch  flacheren,  schwächeren  Schnabel 
als  die  voigenannten.  Die  Nasenlöcher  li^en  «ne  bei  den  Nachtschwalben  an 
der  Spitze,  dicht  vor  dem  Haken  des  Schnabels,  und  die  Basis  ist  fast  bis  zu 
den  Nasenlöchern  befiedert;  indessen  ist  die  Spitze  breit,  nicht  seitlich  zusammen- 
gedrückt wie  bei  den  Nachtschwalbcn.  Die  vierte  Zehe  is^  nur  wenig  kürzer  als 
die  dritte,  die  zweite  reiciit  bis  zum  Krallengliede  der  cliincn,  Lauf  langer  a!» 
die  Mittel/ehe;  Schwanz  stufig,  von  etwa  Flügellänge.  3  Arten  in  Australien  und 
auf  Neu-Guinea.    Sie  nisten  in  Baumhohlen.  Rchw. 

Nachtreiher,  s.  Nycterodius.  Rchw. 

Nachtschatten,  s.  Caprimulgus.  Rchw. 

NachtBche.  Einheimischer  Name  der  Tschetscbenzen  (s.  d.).    v.  H. 
Nachtachuoi»  s.  Kisten,    v.  H. 
Nachtsdiwalbe,  s.  Caprimulgus.  Rchw. 
Nachtsdiwirrer,  s.  Vespertilio.     v.  Ms. 

Nacken.  Die  hintere  gewölbte  Seite  des  Halses  heisstder  Nacken  (Ctrvix  oder 
Nucha).  Bemerkenswerth  ist  hier  das  Narkenband  (Ligamfnhtm  nuchae K  ein  dünnt^r, 
sehniger  Streifen,  welcher,  von  der  Protuberantia  occipttalis  exUrna  anfangend, 
sich  an  die  Processus  spinosi  aller  Halswirbel  befestigt.  I). 

Nackenkrümmung,  -"Mark,      N'ervensystementwickelung.  Grbch. 

Nackte  Hunde,  kleine  Hunde  verschiedener  Typen,  denen  als  gemeinsames 
Merkmal  die  fast  gänzliche  Haarlosigkeit  ihres  Kftrpers  eigenthttmUch  ist 
Längere  und  in  der  Regel  wenig  dicht  stehende  Haare  finden  sich  entweder  an 
der  Schnause  (Schnurrbart),  am  Scheitel  und  der  Stime  ^hopf)»  ^iMAi 
(M&hne),  oder  an  der  Schwansspitse  (Schwanxquaste).  Nadi  FnzDtGBR  sollen 
sSmmtliche  Formen  der  nackten  Hunde  von  einer  einsigen  Stammform,  die  er 
als  besondere  Art:  Canis  caraihaeus  bezeichnet,  abstammen.  Die  Heimatb  dieser 
Art  soll  das  mittlere  Amerika,  nördlich  bis  Mexiko,  südlich  bis  Paraguay  sein. 
Von  den  6  bekannten  Racen  sind  3  unvermischte  und  3  Bastardformen.  Als 


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Nackthalshuhn. 


569 


die  Grundform  aller  Racen  betrachtet  FitZINCRR  den  südamerikanischen 
nackten  Hund.  Derselbe  ist  in  der  Regel  kleiner  als  ein  Fuchs,  ziemlich 
schlank,  indess  voll  und  rimd  in  seinen  Formen.  Kopf  relativ  klein,  länglich, 
hoch;  Hintcrhauiit  mässig  breit;  Sttrnc  stark  gewölbt;  Schnauze  ziemlich  lang, 
nach  vorn  stark  zugespitzt;  Lippen  kurz,  straff;  Ohren  ziemlich  lang  und  breit, 
entweder  ganz  aufrecht  stellend  oder  halb  aufrecht,  gegen  die  Seite  zu  gebrochen 
und  nach  vorne  übctliurigend.  Hals  massig  lang,  dUnn;  Leib  etwas  gestreckt, 
und  meist  in  den  Weichen  eingezogen;  Widerrist  erhaben;  Rflcken  leicht  ge- 
senkt; Brust  schmali  Beine  siemlich  hoch,  sahlank,  zart.  Schwanz  lang  und  dttnn, 
hängend.  An  der  Schnauze,  am  Schwanz  und  an  den  Beinen  befinden  «ich  ein- 
zelne mässig  lange  Haare.  Die  Farbe  ist  schwärzfichi  aschgrau,  bleifarben  zuweilen 
mit  fleischrothen  Flecken  (pigmentlose  Hautstellen).  Der  Hund  ist  gutmuthig,  treu 
und  wachsam,  aber  nicht  sehr  intelligent.  Seine  Stimme  ist  weit  mehr  ein 
Heulen  und  Winseln  als  ein  Gebell.  Der  ägyptische  Hund  stellt  nach 
FiTZiNGFR  eine  durch  Abänderung  der  vorigen  erzeugte  Racc  dar.  Die  l'nter- 
schiede  bestehen  h.auptsarhlich  in  der  helleren  röthlic  hen  oder  tleischähnlicben 
Farbe,  sowie  in  der  Bildung  eines  Schopfes  und  einer  Sch\vaii/(]viaste  durch  röth- 
liche  oder  braunliche  dünnstehendc  Haare.  Der  mexikanische  Buckelhund, 
der  um  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  von  Hernandez  beschrieben  wurde, 
dttifte  mit  Wahrschemtichkeit  auf  eine  gemistete  Form  des  sitdamerikanischen 
nackten  Hundes  zurückzufllbren  sein.  Thatsache  ist,  dass  die  alten  Mexikaner 
ihre  Hunde  vielfach  zu  mästen  pflegten,  ehe  sie  dieselben  verspeisten.  Der 
nackte  Windhund  ist  höchst  wahrscheinlich  aus  der  Paarung  des  ägyptischen 
Hundes  mit  dem  italienischen  Windspiel  hervorgegangen.  Von  letzterem  unter« 
scheidet  er  sich  hauptsächlich  durch  die  Haarlosigkeit  seines  Körpers.  Ausser- 
dem aber  i'^t  der  Kopf  höher,  die  Stirne  deutlich  trcwölbt  und  sind  die  Ohren 
breiter  und  meist  halb  aufrecht.  Der  Scheitel  ist  gewohnlich  kahl.  Der  lang- 
ohrige agyi)tische  Hund  soll  nach  Fitzinoer  aus  Vermischung  des  ägyp- 
tischen mit  dem  König-Karl-Hund  entstanden  sein.  Derselbe  ist  nieist  kleiner 
als  der  erstere,  besitzt  aber  grosse  Aehnlichkeit  mit  diesem  und  unterscheidet 
sich  von  ihm  wesentlich  nur  dadurch,  dass  die  Haut  am  Scheitel,  am  Schwänze, 
an  den  Ohren  und  am  Vorderhalse  ziemlich  lang  und  dttnn  behaart  ist  Die 
Haare  »nd  meist  gelblichbmun,  zuwdlen  schwarz  oder  weiss.  Der  gemähnte 
ägyptische  Hund  verdankt  nach  FItzinobr  seine  Entstehung  der  Kreuzung 
des  kleinen  dänischen  Hundes  (s.  d.)  mit  dem  vorigen.  Er  ist  dem  ägyptischen 
Hund  ähnlich,  aber  etwas  kleiner  und  gedrungener.  Der  Körper  ist  am  Scheitel, 
am  Nacken  und  am  Vnrderhals  mit  ziemlich  kurzen  und  dichtstehenden,  am 
Rücken  und  am  Schwänze  mit  dünner  stehenden  Haaren  besetzt.  Die  Haare 
sind  braun,  grau  oder  schwarz.  —  Die  nackten  Hunde  werden  meist  als  Zimmer- 
hunde gehalten.  Ihre  Haut  ist  verhältnissmässig  dick  und  ihr  Körper  zu  Fett- 
ansatz sehr  geneigt  Die  I  hierchen  sind  übrigens  sehr  emp6ndlich  gegen  Kälte 
und  bedürfen  während  der  rauhen  Jahreszeit  stets  einer  schtttzenden  Decke.  R. 

NockllialBhiihn,  SiebenbOrger  Kahlhals  oder  Speremberghuhn,  Gallus  do- 
mesHeus  nudUctth,  Eine  der  originellsten  HanshUhnerracen,  ausgezeichnet  vor 
allen  anderen  durch  federiosen  Hals  und  Kopf  (mit  Ausnahme  des  Scheitels) 
und  schwach  befiederten  Unterleib.  Der  Körper  ist  kräftiger  und  höher  gestellt 
als  bei  unserem  Landhuhn  und  wird  fast  wagerecht  getragen,  der  mittelgrosse, 
mit  einem  liegenden  Federschopf  versehene  Kopf,  Kamm,  Gesicht,  die  kleinen 
Ohr-  und  mittellangen  Kinnlappen  und  der  muskulöse,  gestreckte  Hals  sind  blut- 


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570 


Nackthiuter  Nags. 


roth,  Sfhnaljel  und  Füsse  gelb,  die  Schenkel  mit  Federslulpen  versehen,  die 
Laute  nackt,  der  Kamm  ist  entweder  cinfacli  oder  (ioppelt  (Miischclknmm)  oder 
ein  Rosenkanin),  der  Schwan/  kurz,  breit,  nicht  selir  liocli  getragen.     Hei  der 
Henne  geui  in  der  Kegel  die  Befiederung  des  Halses  etwas  weiter  hinauf  als 
beim  Hahn.    Als  Farbenschläge  kommen  vor:  Sperber  (auf  hellgrauem  Grunde 
dttnkelgrau  quergewelU  oder  gd>ftndert),  Sprenkel,  Scheckeo,  Weisae,  Schwätz«^ 
Weisenfarbene.    Bei  letsteren  Bind  die  Hennen  grauweiaa,  v<{r  der  Brust,  auf 
dem  ROcken  und  den  Flügeldecken  mit  einem  rathlicbgelben»  an  den  Weizen 
erinnernden  Schein,  an  Flttgelspitcen  und  Sdiwana  idiwars,  die  Hitme  dagegen 
schwarz  mit  weissem  oder  goldgelbem  Sattel  und  Behang.    Sehr  gutes  Wirth« 
schaftshahn,  abgehärtet,  fleissig  im  Futtersuchen  und  Kierlegen,  legt  jährlich  130 
bis  180  etwa  70  Crm.  schwere  Eier,  leicht  niästbar,  liefert  saftiges  Fleisch,  Frtlh- 
brut-Hennen  l)eginnen  im  5.  oder  6.  Monat  mit  dein  Legen.    Wie  und  wann  die 
Race  entstanden,  ist  unbekannt  —  ub  durch  Kreuzung,  oder  iu  der  Weise,  <la-^s 
der  nackte  Hals  in  Folge  einer  Federkrankheit  hervorgerufen  und  durch  fort- 
gesetzte Zuzucht  solcher  Thiere  erblich  wurde?  (Vergl.  Uurigkn,  die  Geflügel- 
zucht nach  ihrem  rationellen  Standpunkt  Berlin  18S6,  pag.  100—104.  DttL 

Nnckthftiiter    Amphibia  (s.  d.).  Ks. 

Nftcküurdie  •=>  Amphibia  (s.  d).  Ks. 

Nacktochnecken  nennt  man  im  Allgemeinen  die  Schnecken  ohne  äussere 
Schale,  sei  es  nun,  dass  sie  eine  innere  von  den  Weichtheilen  bedeckte  oder  gar 

keine  haben;  hierher  also  die  ganze  Ordnung  der  NuäihwKhien,  die  meisten 
Tectibranchifn  und  von  den  Landsclinecken  namentlich  die  bei  uns  einheimischen 
Gaffuno;en  Limax  und  Arion,  an  die  man  zunächst  bei  dieser  Benennung  denkt, 
ferner  die  ausländischen  Phiiomycus,  Janella,  Vagi/iulus,  Onchidtutn  u.  s.  w.,  von 
Frosobranchien  nur  Coriort-l/a  und  ilire  nächsten  Verwandten,  im  Gan/on  also 
weit  mehr  aus  den  nicdiiijeien,  als  au>  den  höheren  Ordnungen.  Als  systema- 
tischen Eintheilungsgrund  höheren  Ranges  lAsst  sich  das  Fehlen  der  äusseren 
Schale  nicht  mehr  bentttsen,  da  in  manchen  ganz  natOrlichen  Familien  Gattungen 
mit  und  ohne  solche  vorkommen,  z.  B.  bei  den  BulUdei^  Pleurobrancbiden  und 
einigen  Landschnecken»  ja  dasselbe  Thier  in  der  Jugend  eine  Äussere  Schale 
haben  kann  und  im  Alter  nicht  mehr,  z.  B.  Ftamactüa  und  viele  Nudi- 
branchien.     E.  v.  M. 

Nacktstöre  =  Antaceopsiden  (s.  d.).  Ks. 

Nacktwasserflöhe  =  Polyphcmiden  (s.  d.).  Ks. 

Nacktzähner,  s.  Gymnodontes.  Klz. 

Nacmusii.    Nach  Ptolemäos  eine  Völkerschaft  im  alten  Mauritanien.    v.  H. 
Nadchokuadsch,  s.  Natkuadsch.     v.  H. 
Naddi  =  Holling  (s.  d.).  Ks. 
Nadelstapel,  s.  Wollstapel.  R. 

Nadina,  UUamm,  (Eigenname?)  Gattung  der  Strudelwürmer  uiul  zwar  der 
darmlosen  Ordnung  Aeoela,  UHamn,  Neben  Cnnw^iKAf,  Oskstbdt.  Der  Darm  ist 
durch  weiches  Parenchym  vertreten;  Augen  fehlen.  Wd. 

Nadowressier  oder  Nadoesi,  s.  Dakota,    v.  H. 

Naehiaok,  s.  Crees.     v.  H. 

Naga.    Zahlreiches,  aber  durchaus  uncivilisirtes  Volk  in  Assam,  das  Friedr 
Affii  KH  in  seine  Gnippe  der  Lohitavölker  einreiht.    Der  Race  nach  sind  die  M. 
kein  cinheitlirlies  \'olk,  vielmehr  sind  zv  ei  Typen  zu  unterscheiden  :  ein  schöner 
kräftiger,  geweckter  Schlag  von  heller  Hautfiarbe,  der  seine  meist  terrassiiten 


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N«ca.  57t 

Felder  mit  Fleiss  bebaut,  und   eine  dunkle,  schmutzijje,  furchtsame  Rare,  die 
jedesmal  ziiriu  kwcicht,  wenn  sie  niil  einem  stärkeren  Volke  in  Berührung  kommt. 
Die   tiete  Si.alte  des  Dhansiri  und  seines  Nebenllusscs  Doyang   bildet  elhno- 
gra[)hisch  den  Markstein  /.wischen   der  dunklen   Ostracc   und   dem  kräftigen 
Volke  im  Westen.  Die  N.  nennen  sich  selbst  Kwaphi,  ihr  Name  N.  ist  aber  nicht 
auf  das  Sanskritwoit  ftlr  >Schlange«  oder  »nackte  ^urUcksufÜhreti,  sondern  ist 
aus  der  Sprache  des  Volkes  als  Kilver  2U  erklären.   Das  Sprachgewirr  unter 
den  einzelnen  Nd*Stänimen  beweist,  dass  verscbiedene  Völkerreste  unter  diesem 
Namen  gehen;  es  fehlt  jedoch  nicht  an  mehreren  Merkmalen  der  Zusammen- 
gehörigkeit; so  ist  allen  N.  eigenthttmlich  die  den  indischen  Völkern  sonst  fremde 
Sitte  des  Tättowirens  des  ganzen  Körpers,  welche  aber  nur  an  jungen  Männern, 
die  einen  Kopf  als  Beute  nach  Hause  gebracht,  vollzogen  wird,  wobei  jeder 
Stamm  seine  eigenen  Linien  liat,  dann  eine  Haartracht,  wobei  das  Haupthaar  auf 
dem  Hinterhaupte  in  einen  Knoten  geschürft  wird.    Die  N.  zerfallen  in  eine 
grosse  Menge  von  Stammen,  und  diese  leben  in  immerwahrendem  Kriege  sowohl 
mit  ihren  Nachbarn  als  auch  untereinander.    Einige  dieser  Stamme  bescl)ränken 
sich  auf  ein  einziges  Dorf.   Sie  unterscheiden  sich  nicht  nur  durch,  die  Sprache 
von  einander,  sondern  auch  durch  ihr  physisches  Aassehen,  sodass  man  sie  danach 
erkennen  kann,  ohne  ihre  unterschiedlichen  Tättowirungen  gesehen  zu  haben. 
Alle  N.  leben  in  grossen  Dörfern,  von  denen  manche  bis  300  Häuser  zählen;  die 
Niederlassungen  sind  gewöhnlich  an  Bergabhängen  erbaut  und  stark  vcrbarrikadirt. 
Die  Wohnungen  der  westlichen  M.  sind  an  einem  Giebel  hoch,  am  anderen  so 
niedrig,  dass  das  Dach  beinahe  die  Erde  berührt.    Das  Innere  besteht  aus  zwei 
Räumen,  der  eine  zum  Schlafen,  der  andere  zum  Aufenthalt  der  Schweine, 
Hühner  u.  s.  w.    Die  Junggesellen  des    Dorfes  haben  ein  besonderes  Haus, 
in  dem  sie  ihre  Waffen  und  Jagdtro[)häen  aufbewahren;  zupleicli  wird  es  als 
Karawanserai  benutzt.    Die  Tracht  der  N.  ist  sehr  verschieden,  sleLi  aber  be- 
schränkt, mehr  Schmuck  als  eigentliche  Kleidung.   Bei  den  östlichen  N.  tragen 
die  Häuptlinge  oft  eine  Art  Krone  aus  grossen  Muschelstacken  und  Rohrgeflecht^ 
mit  einem  rothen  Bande,  Pfauenfedern  und  purpurgefiirbtem  Ziegenhaar  ge> 
schmflckt  Halsbänder,  Armspangen  u.  dergl.  werden  in  Menge  angelegt,  aber 
fast  gar  keine  Kleidung,  ausser  einem  Gtirtel  mit  einem  kleinen  schwanen  Stilck 
Zeug,  das  wie  eine  kurze,  schmale  Schürze  vorne  herabhängt;  viele  Stämme  brauchen 
diese  nicht  einmal.  Die  Frauen  beschränken  sich  ebenfalls  auf  einige  Halsbänder 
und  diese  Schürze,  gehen  oft  aber  auch  ohne  dieselbe.   Auch  bei  den  westlichen 
N.  ist  ein  Zeuglappen  das  einzijfe  Kleidungsstück,  die  i<'rauen  bedecken  sich  aber 
vom  Nabel  bis  /um  Knie.   Sie  alle  lieben  Schmuck  leidenschaftlich.  Die  Männer 
tragen  oberhalb  des  Ellenbogens  einen  Strick  von  Messingdraht  und  gelblichgrüne 
Perlhalsbänder.   Die  verheiratheten  Frauen  flechten  ihr  Haar  und  lassen  es  in 
langen  Zöpfen  herabhängen;  die  Unverhetratheten  schneiden  es  vom  über  den 
Augen  kurz  ab.    Bei  den  Angami  oder  Katschu^N.,  einem  der  mächtigsten 
Stämme  im  Osten  von  Nord-Katschar,  der  etwa  1S5000  Köpfe  zählt,  ist  der 
Anzug  schreiend  und  auffiUlend«  Der  schwarze  Schurz  wird  um  die  Lenden  ge« 
gttrtet  und  zwischen  die  Beine  hindurchgezogen,  sodass  die  Schamtheile  voll- 
kommen bedeckt  sind.    Bei  schlechtem  Wetter  wirft  der  Mann  eine  Art  Shawl 
über  die  Schultern;  dabei  ist  er  mit  buntem  Zierrath  überladen.    Die  Gewänder 
der  Frauen  sind  weniger  farbenreich;   man  muss  bei  ihnen  eine  ursprünglichere 
und  eine  vollere  Tracht  unterscheiden.    Bis  zur  Mannbarke u  and  noch  darüber 
hinaus  gehen  Einzelne  ganz  nackt,  dann  wird  an  einem  Baumwoiienstrick  ein 


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57» 


schön  polirter,  länglicher  Messingschild  mit  rechtwinUigen  Ecken  gehängt,  innen 

wattirt;  manche  tragen  daiunter  noch  eine  Schürze,   viele  aber  bedecken  die 
Scham  mit  nichts  als  diesem  Messingschild,  der  bei  raschem  Gehen  auf  die  Seite 
gezogen  wird.    Der  vollere  Anzug  ist  der  oben  er^vahnte.    Malerisch  ist  solch' 
ein  N.-Kricgcr  in  .seinem  Gala-Aufzup,  welcher  nebst  zahlreichem  Schmuck  aus 
Tücliern  um  Hüften  und  Unterleib  besteht,  die  bald  in  einer  in  lange  Franzen 
auslaufenden  farbenreichen  Schürie  oder  in  einem  breiten,  um  flie  Oberschenke! 
und  die  Hinterbacken  gezogenen,  reich  vcibiaiulen  Bande  enden.    Die  Waffen 
sind  der  Spiess  mit  langer,  eiserner  Spitze,  deren  jeder  Kriq;er  swei  IQhit,  der 
»Dao,<  sugldch  Streitaxt  und  Holzbeil  wie  Ktlchenmesser,  dann  der  fast  manns- 
hohe Bambutchild  mit  Wildfell  überzogen.  Die  nSmtichen  Waffen  sind  auch  bei 
den  östlichen  N.  ttblich.  Letztere  stehen  miter  Häuptlingen,  die  wesüichen  nicht. 
NOthigenfalls  ernennen  diese  einen  durch  Weisheit  oder  Reichthum  ausgezeichneten 
Mann  zum  Wortführer,  der  aber  keine  wirkliche  Macht  besitzt  und  dessen  Aus- 
si>nirhe  für  Niemanden  bindend  sind.    Die  sociale  Stellung  des  Einzelnen  hängt 
vom  I'attowiren  ab,  was,  wie  erwähnt,  erst  dann  geschieht,  wenn  der  Jiingling 
einei^  Mann  oder  auch  ein  Weib  umgebracht  hat  und  dies  durch  Ablielcrung  des 
Kü])fes  bethätigt.    Hat   er  nun  einmal  einen  Kopf  als  Trophäe  heimgebracht, 
gleicliviel  ob  im  Kampf  oder  durch  Vcrratiicrei  gewonnen,  ob  einem  Manne, 
einem  Weibe  oder  Kinde  gehörig,  so  geht  der  N.  selten  mehr  auf  neue  Beute 
aus,  sondern  nimmt  seinen  Sitz  im  Rathe  seines  Stammes  ein*  Der  erbeutete 
Kopf  giebt  Anlass  zu  einem  grossen  Feste  und  »chert  den  Helden  das  »Akt, 
d.  h.  das  Recht  dekorirt,  nämlich  mit  den  Stammeszeichen  tättowirt  zu  weidea. 
Jetzt  kann  er  auch  heirathen.   Der  N.  kauft  sein  Weib  um  Ktthe,  Sdiveioc^ 
Hühner  und  Branntwein;  wer  den  Preis  nicht  zahlen  kann,  muss  um  die  Braut 
arbeiten.    Den  eingeladenen  Freunden  wird  eine  Mahlzeit  gegeben,  wofür  sie 
dem  jungen  F.hepaare  beim  Aufbau  ihres  neuen  Hauses  helfen.   Man  schätzt  die 
Mädchen  mehr  nach  ihrer  Körperkraft  als  Schönheit,  denn  sie  haben  alle  Arbeit 
zu  thun,  während  die  Männer  im  Sonnenschein  liegen  und  rauchen.    Die  N.  be- 
schränken sich  auf  eine  Frau,  die  sie  gut  behandeln  und  an  allen  ihren  Ver- 
gnügungen Theil  nehmen  lassen.    Die  Frauen  sind  züchtig,  treu  und  vergnügt. 
Untreue  in  der  Ehe  vird  mit  dem  Tode  bestraft.  Junge  Mädchen  mid  Männer 
dagegen  vermischen  sidi  mit  der  vollen  Freihdt»  welche  das  Naturgesetz  ihoea 
möglich  macht  Die  Eltern  mögen  die  Kinder  in  ihrer  Wahl  beradieoi  haben  aber 
kein  ^nspruchsrecht  Das  ganze  Sittengesetz  gipfelt  in  Ehe  und  Ehescheidung 
welch  letztere  freilich  sehr  häufig  ist.   Unverträglichkeit  der  Anschauungen  ge- 
nttgt  schon  zur  Trennung.    Die  Ehescheidung  macht  eine  Theilung  des  beweg- 
lichen Vermögens  nöthig.    Die  Frau  erhält  ein  Drittiheil  und  lebt  dann  allein  in 
einem  Häuschen  oder  bei  ihren  Fitem,  bis  sie  wieder  heirathct.    Im  Todesfälle 
erben  die  Söhne  mit  Ausschluss  der  Töchter  und  der  Wittwe;  das  Haus  fällt 
dem  jüngsten  Sohne  zu.    Wittwe  und  Töchter  behalten  ihre  persönlichen  Anzüge 
und  werden  von  den  Söhnen  und  Brüdern  bis  zur  Verehciichung  oder  auf  Lebeos- 
zeit erhalten.  Die  westlichen  N.  bestatten  ihre  Todten  in  der  Nähe  der  D6rfer 
in  einem  Sarge,  der  aus  einem  hohlen  Baumstamme  besteht  Ein  grosser  Steb 
bezeichnet  das  Grab.   Bei  den  östlichen  N.  wird  die  laiche  in  einen  kabs- 
ähnlichen  offenen  Saig  ausserhalb  des  Dorfes  an  einen  Baum  gehängt;  bis  sie 
ganz  vertrocknet  ist    Dann  erst  werden  die  Bestattungsfeierlichkeiten  vorge- 
nommen.   Bei  Vorbei  TD en  »erden  zwei  Büffel,   mehrere  Schweine  und  eine 
Menge  Htthner  geschlachtet    Die  Freunde  erscheinen  in  Kriegstracht  mit 


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Naga*IndiAiier  —  Nbfd. 


573 


Trommel  und  Gong  und  tanzen  und  singen  die  gnnze  Nacht  um  die  Leiche 

herum.  Der  Inhalt  dieser  Lieder  ist  eine  Herausforderung  des  Todesdämons, 
der  ihren  Freund  geraubt  hat.  Den  närlisteii  Nforgen  wird  der  Todte  von  einer 
Si  haar  junger  Frauen  mit  Blättern  und  Blumen  bedeckt  und  nach  der  Sitte  der 
einzelnen  Stamme  zur  letzten  Ruhe  gebracht.  Die  geistigen  Anlagen  und  Fähig- 
keiten der  N.  sind,  sehr  beschränkt;  in  Allem,  was  aut  das  tägliche  Leben  Bezug 
hat,  zeigen  sie  sich  gewandt  und  schlau,  darüber  hinaus  aber  ungemein  be- 
schriUikt  Beinabe  kein  N.  kann  Uber  lo  zählen.  Die  dsdichen  N.  sdieinen 
auch  weder  religiöse  Ideen  noch  Ceremonieen  au  haben.  Tempd,  Priester  und 
jede  Form  von  Gottesverehrung  sind  ihnen  fremd.  Sie  glauben  aber  an  Omen 
und  eine  Zukunft  nach  dem  Tode.  Die  wesüichen  N.  opfern  Geiern,  denen  mt 
verschiedene  Attribute  beilegen.  Im  Allgemeinen  lasseh  sich  ihre  schwachen, 
religiösen  Vorstellungen  in  das  eine  Wort:  Furcht  zusammenfassen,  Furcht  vor 
einer  Legion  -Deotia«  oder  Teufel.  Was  sie  nicht  begreifen,  ist  immer  das  Werk 
eines  Deota.  Jeder  Baum,  jeder  Fels,  jeder  Pfad,  kurz  alles  hat  seinen  Deota. 
Diese  Dänionen  sind  allgegenwärtig  und  haben  keine  andere  Beschäftigung,  als 
die  Menschen  zu  ])lagen.  l)as  einzige  Mittel  sind  Ciesclienke  uiul  Ciegenzauberei. 
Von  einem  höchsten  Wesen  haben  sie  kcnien  BegritT.  Pricbtcr  gicbt  es,  wie  ge- 
sagt, nicht,  wohl  aber  »Deoris«,  d.  h.  Männer,  welche  den  Sterbenden  beistehen 
und  sie  begraben,    v.  H. 

Naga-Ihdianer,  s.  Na>a.    v.  H. 

Naga-Neger.  In  Senegambien,  am  linken  Ufer  des  Flusses  St  Do- 
mingo.    V.  H. 

Nagailer,  Indianerstamm,  innig  verwandt  mit  den  TacuUi,  Carriers-  oder 
IVäger-Indianem,  südwestlich  von  diesen  am  oberen  Salmon  River  und  am  rechten 
Ufer  des  Fraserfiusses  wohnend.     v.  H. 

Nagaizen,  s.  Nogaier.     v.  H. 

Nagbansi.  Indisches  Urvolk  im  Lande  Dschaspur.  Ihre  Zweigfamilien  er- 
strecken i>ich  im  i.anzen  gegen  300  an  der  Zahl  bis  nach  Udaipur  und  Sirgudscha. 
Die  N.  in  Dschaspur  sind  neuerdings  Schüler  der  Gosain  und  Bairagi  geworden, 
die  übrigen  vertaüken  aber  keine  hinduistiscben  Neigungen,  sondern  halten  fest 
an  ihren  Lokalgottheiten,  welche  sie  durch  Opfer  versöhnen.  Besondere  Ver- 
ehrung geni^t  »Bara  Deo,c  der  auf  einem  hohen  Felsblock  wohnt  Der  Dorf« 
priester  heisst  »Baiga,c  hat  jedoch  bei  den  häuslichen  Ceremonieen  nichts  au 
thun.  Die  Todten  bestatten  die  N.  nach  Sitte  der  Kanar.  Die  Unverheiratheten 
werden  ohne  Weiteres  in  die  Grube  geworfen,  die  Vcrheiratheten  aber  durch 
einen  Scheiterhaufen  geehrt.  Die  Züge  der  N.  zeigen  eine  starke  .Abplattung  des 
(lesichts,  Farbe  gelb,  auch  braun,  Lippen  sehr  voll  und  vorstehend,  Augen  gerade 
in  derselben  Höhe  mit  den  Backen.  Kinn  zurückweichend.  Die  Nase  erhebt 
sich  kaum  zwischen  den  Augen  und  ist  unförmlich  breit  an  den  Flügeln,  mit 
nach  den  Seiten  hin  ausgedehnten  Nasenlöchern.     v.  H. 

Nagekafer,  g.  v.  w.  Anobium  (s.  d.).     E.  Tg. 

Nagekvrfe,  s.  Qrthoptera.    E.  Tg. 

Nagd*  Wie  die  Haare,  so  gehört  auch  der  Nagd  au  den  verhornten  Ge- 
weben. Er  giebt  nch  als  eine  modificirte  Oberhaut  zu  erkennen  und  ist  ein 
harter,  leicht  gewölbter  Körper  von  rundlicher  FonDf  an  den  Seiten  herunter- 
gebogen, am  freien  Ende  dicker  als  am  entgegengesetsten.  Von  den  Rändern 
ist  nur  der  vordere  frei.  Die  übrigen  Randparthieen  liegen  in  einer  Hautfalze 
^Nagelfalze),  die  besonders  am  hinteren  Rande  sehr  tief  ist^  weshalb  ein  grosser 


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1 


574 


Nag«!  —  NageschnHbler. 


Theil  des  Nftgeh  hier  bedeckt  liegt  Dieser  hintei«,  verborgene  Theii  h^sst  die 

Nagelwurzel.  Die  gan/e  Fläche  der  I^erhaut,  auf  der  der  Nagel  Hegt,  ist  63< 
Nagelbett.  Mit  demsel1)Ln  ist  die  Fläche  des  Nagels  innig  verbunden.  Dk 
Oberfläche  scheint  nicht  eben,  sondern  sie  springt  in  zahlreichen  I^ngslcisten  1 
voT.  In  die  zwischen  den  Leisten  stehenden  Lücken  greifen  die  zackigen  Vor- 
sprunge des  Mai.ficiü  sehen  Schlcinmct/es  t  in,  w  ie  es  auch  .sonst  an  der  Haut 
der  Fall  ist.  —  Der  Na^el,  sd  wie  er  ist,  zeigt  nur  eine  geschniini>fte  .NIa-se. 
Wenn  er  aber  in  Niitronlaugc  gekociit  und  so  zum  Quellen  gebracht  wird,  sieht 
man  auf  das  deutlichste  abgeplattete  Epithelzellen  mit  ihren  Kernen.  D. 

Nagel,  die  Hombedeckung  der  Endglieder  der  Finger  und  Zehen  bei  den 
Wirbelthieren  (s.  vorher).  Mannigfache  Form  hat  dieser  Nagel  bei  den  Säugethicfen. 
Ist  er  flach  und  breit,  nur  die  Oberfläche  des  Nagelgliedes  bedeckend,  so  heisst 
er  Plattnagcl  (Lamna)t  ist  er  länger,  schmal  und  etwas  gewölbt,  so  heisst  er 
Ku])pennagel  (Unguis  fexu/aris},  sitzt  er  dem  Naftcli^liede  auf,  «lekrümmt  und 
seitlic  h  «isarnmcngedrückt,  so  nennt  man  ihn  Rralle  (Falcula),  z.  B.  bei  den 
Raubthieren,  umgiebt  er  schuhartig  das  ganze  Nat^'d^Hed,  so  bc/cichiiet  man  ihn 
als  \\\\{  {Un:^u!a\  daher  Huflhiere.  Vöcrcl  besitzen  an  den  Zehen  in  der  Rege! 
Krallen,  nur  ausnahmsweise  kommen  l'lattnagel  vor  (z.  15,  Pela^üiirof/ia)',  bei 
vielen  Vögeln  triis;t  auch  der  Daumen  eine  Hornkralic.  Femer  finden  sich 
Krulicn  bei  den  nicihicn  Reptilien  und  bei  einigen  Amphibien  {j..^.Xenopus).  Rchw. 

NagelentwicUung,  s.  Hautentwicklung.  Grbch. 

Nagelfrosch,  »  Xenopus  (s.  d.). 

Nag^ro^e,  s.  Raja,  Roche.  Ktz. 

Nagesar,  s.  Kisan.    v.  H. 

Nageachnäbler,  Trogonidae,  Familie  der  Vo-  1  nn der  Ordnung  der  Kletter- 
vögel (Sfiinsores).  Durch  eine  eigenthümliche  /ehenbildung  unterscheiden  sie  sich 
von  allen  Genossen  ihrer  Onlnnng,  indem  nicht  die  erste  und  vierte,  sondern  die 
erste  und  zweite  Zehe  nach  liinten  gerichtet  ist.  Der  zwölffcderige,  stufige  Schwanz,  in 
welctiem  (he  sechs  mittelsten  Federn  uti^cfalir  dieselbe  Lange  haben,  ist  hinter  als  der  ' 
Flügel,  letztererkiirz  und  tjerundet,  4.  und  5.St  hwingeam  längsten.  Der  starke,  kurze, 
hakig  gebogene,  an  der  Jia^is  ziemlich  breite  Schnabel  hat  häufig  gezähnehe 
Schneiden.  Die  Nasenlöcher  liegen  an  der  Schnabelbans  und  werden  vonstarren,  nadi 
vom  gerichteten  Borsten  Überdeckt.  Der  Lauf  ist  kttnser  als  die  Mittelzehe,  vom 
mit  Gürteltafeln  bekleidet,  im  Übrigen  genetzt,  an  seine»  oberen  Theile,  bisweilen 
in  ganzer  Länge,  befiedert   Die  Mehrzahl  der  etwa  60  bekannten  Arten  trägt 
ein  prachtvoll  meullglänzendes,  sehr  weiches  Gefieder;  ihre  Grösse  schwankt 
zwischen  der  eines  Kukuks  und  einer  Dohle.   Mit  Ausnahme  weniger,  in  Indien 
und  auf  den  Sunda-Inscln  lebender  Arten  und  einer,  vereinzelt  in  Afrika  vor- 
kommenden Form,  gehören  sie  dem  tropischen  Amerika  an.  —  Die  Nage«?chn£il)ler 
leben  im  fl-f  Ilten  Hochwalde  und  sitzen  liier  träge  auf  den  Raumzweigen,  aul 
voriibertliegeude  Insekten  lauernd,  welche  sie  nach  Art  der  Fliegenfänger  in 
kurzem  Fluge  erhaschen,  um  dann  auf  ihre  Warte  zurückzukehren.  Nebcnlier 
nehmen  sie  auch  Früchte  und  Beeren,  die  sie  in  gleicher  Weise  im  Fluge  ab- 
pflücken und  verschlingen.  Die  Haut  der  Nagescbnäbl«'  ist  ausserordentlich  xait 
und  dflnn,  und  die  Federn  Mtzen  sehr  lose  in  derselben.  Bälge  muss  man  vor 
dem  Einfluss  des  Lichtes  sorgfältig  hüten,  da  namentlich  die  prSchtigeti  lothen 
Farben  schnell  verblassen.  —  Man  kann  drei  Gattungen  unterscheiden,  i.  Feue  r- 
suruktts  (s. Harpactes).  2. 1xo^ox\%{Trogon,  Moehr.),  mit  gezihnelten  Schnabel* 
schneiden,  Vordencehen  mit  einem  halben  bis  zwei  Gliedern  verwachsen  (Unter- 


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Nttgethiere  —  Naht  575 

gattongen:  JHapaloderma,  Sw.,  Priotelus,  Gr.,  Aganus,  Cab.  et  Heine,  Fothinus, 
Cab.  etH.);  einige  40  Arten  im  tropischen  Amerika,  eine  Art,  welche  neuerdings 
in  mehrere  Subspecies  getrennt  wurde,  IVoi^on  narina,  Vifili..,  in  Afrika.  3.  Pfauen- 
trogons  (Calurus,  Sw.),  mit  glatten  Schnabelschneiden,  Vorderzclien  vollständig 
getrennt  oder  höchstens  mit  einer  halben  Phalange  verwachsen;  8  Arten  im 
tropischen  Amerika.  Zu  dieser  Gattung  gehören  die  grossten  und  prächtigsten 
Arten;  als  die  schönste  sei  der  Quesal,  Caiurus  respktuUnSt  Gould,  von  Gua- 
temala erwähnt  Rchw. 

NaeeÜiiere»  s.  Rodeotia.    v.  Ms. 

Naggeidrtomiut  Name  der  Eskimo  am  Kupferminen-Fluss.    v.  H. 
Nagnatae.  Völkerschaft  im  alten  Hibemien  (Irland),  an  der  Westküste,  um 

den  Fluss  Se!>ns  her.     v.  H. 

Nagos.  Neger  der  oberen  GuineakUste,  sind  die  besten  Arbeiter  jenes  Erd- 
striches; dem  Fetischismus  ergeben.    Zu  ihnen  gehören  die  Bewohner  Yoru- 

ba's.     V.  H. 

Nagrandan.  Stamm  der  Chorotcga-indianer  in  Nicaragua  und  Hon- 
duras.    V.  H. 

Naguegtgagehee.    Einer  der  drei  Stämme  der  Abiponer  (s.  d.).     v.  H. 

Naharvalen.  Alte  Völkerschaft  im  östlichen  Germamen,  wahrscheinlich  am 
Weichselufer  zwischen  den  Flüssen  Kamiena  und  Bzura,  ein  Zweig  der  Lygier 
oder  Lugier,  den  germanischen  Sitten  entfremdet  und  zu  skythischen  oder  sarma- 
tischen  Gebräuchen  hinneigend,    v.  H. 

Nahlemoe.   Neger  der  Mckofamilie,  westlich  von  Nkoat.     v.  H. 

Nahroe-Belutschen.  Die  ältesten  Ansiedler  der  Belutschcn  in  Seistan; 
kamen  erst  zu  Anfang  des  laufenden  Jahrhunderts  in  die  sddlichen  Landstriche, 
wo  sie  Weidei)lät7.e  für  ihre  Heerden  siu  hten,  schufen  sich  jedoch  bald  eine 
selbständige  Sielluni;  und  gingen  Heirathen  mit  ihren  Nachbarn  em.  Ihre  Fiilirer 
zeigten  l»akl  Hinnei{.;un.i;  zu  Persien,  welches  Seistan  in  Besitz  nahm.  Vor  diesem 
Kreignisse  waren  die  N.  Sunniten,  jetzt  aber  sind  sie  Schiiten.  Der  gan/c  Stannn 
zählt  etwa  400  Familien,  und  ihre  Unterthanen  oder  iDikhan«  sind  wahrschein- 
lich 1200  Familien  stark,    v.  H. 

Nahrungsdotter,  s.  Foetalentwicklung  und  Ei.  Grbch. 

Nahningakanalentwiddungp  s.  Verdauungsorganentwicklung.  Grbcm. 

Naht»  sutura,  nennt  man  bei  den  spiralgewundenen  Conchylien  die  von 
aussen  sichtbare  Berlihrungslinie  der  einzelnen  Windungen,  die  ebenfalls  eine 
Spirale  bildet.  Da  die  Windungen  beinahe  immer  mit  einem  ganzen  StUck  ihres 
l^mfan^es  sich  berühren,  so  entsteht  eigentlich  eine  spiralgewundcne  Rerdhrungs- 
Hächc,  aber  diese  entzieht  sich  eben  dadurch  dem  Anblick  von  aussen  und  die 
Naht  ist  nur  ihre  obere  Begränzung.  Die  untere  ist  bei  weit  genabelten  Schnecken 
auch  sichtbar  und  kann  als  untere  Naht  bezeiclinet  werden,  wird  aber  nur 
selten  bei  Beschreibung  einer  Conchylie  erwähnt.  J^ose  gewundene  Schalen  wie 
Spirula  «od  Vermehrs  in  den  unteren  Windungen  haben  keine  Naht  Wo  die 
folgende  Windung  sich  an  die  vorheigehende  anschmiegt  und  deren  Wölbung 
auf  eme  schmale  Strecke  theilt,  ehe  ihre  eigene  Wölbung  beginnt;  nennt  man  es 
»angedrückte  Naht«,  siOura  i^prusot  oder  wenn  dieses  durch  eine  scharfe  Linie 
abgegr^ttt  isl^  auch  tgerandete  Naht«,  taf,  marginaia.  Wenn  die  Nahtlinie  un- 
gleichmässig  oder  zackig  wird,  nennt  man  je  nach  der  Art  und  Weise  die  Naht 
»unregelmässig  eingerissen«  (huera),  gekerbt  (crenuüUOf  crtnaia)  oder  »gezähnelt« 
(dentiaUaia),     £.  v.  M. 


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S76 


Nahua  —  Najatleen. 


Nahua.    Aeitester  vind  allgemeinster  Name  der  alten  Azteken  (ft.  d). 

Ricl  ti-f-r  Nahuatlaken  oder  Nahualtcken.     v.  H. 
Nahualteken,  s.  Nahua.     v.  H. 

Nahuatl.    Die  Sprache  der  Nahua-Völker,  zu  welchen  die  Tolteken  (s.  d.), 
die  ChichlniL'kcii  und  Azteken  (s.  d.)  als  die  Haiii)tsächlich.-jten  zählen.  Un- 
vci  niischl  trat  das.  N.  nur  in  und  um  das  Secngcbiet  des  Hochlandes  von  Mexiko 
auf.  Sprachinseln  des  N.  waren  aber  ausserordentlich  weit  ausgestreut  Sie  ziehen 
sich  in  der  Nähe  der  SQdsee  durch  Guatemala,  erscbetnen  in  Honduras  und 
reichen  südwärts  bis  an  und  in  den  Nicaraguasee.   Sie  hören  dagegen  gänzlich 
auf  in  Costarica.  Nach  Norden  zu  sind  sie  verbreitet  Qber  die  heutige  ine3uka> 
niscbe  Republik«  mit  Ausnahme  von  Coahuila.   Sie  treten  aber  wieder  auf  in 
Texas  und  endigen  in  NeU'Katifomien  unter  37^  nördl.  Br.,  abgesehen  davon, 
dass  versprengte  Namen  selbst  noch  unter  den  50.  Parallel  sich  verirrt  haben. 
Die  X.-Sprachen  sind  verwandt  mit  der  sonorischen  Sprachgrup]>e,  und  einzelne 
aztekischc  \Vörter  kommen  auc  h  in  den  Idiomen  der  Comrtntschen,  der  Sei  o- 
schonen    und  Sc  hlangenindiancr  vor.    Von  einigen  N.-Stammcn  wissen  wir  mit 
Sicherheit,  dass  i»ic  aus  dem  Norden  kamen.   Als  die  Macht  des  J'oltekcnreiches 
zerfallen,  brachen  bestandig  Barbarenhorden  vom  XI.  bis  ^um  XIV'.  christlichen 
Jahrhundert  nach  Mexiko  herein,  darunter  die  Tlascalteken  und  Azteken.  Im 
Ganzen  lassen  sich,  namentlich  in  späterer  Zeit,  die  Toheken-  von  den  Azteken- 
völkem  nicht  trennen,  da  beide  die  nämliche  oder  bloss  dialektisch  verschiedene 
Sprachen  geredet  zu  haben  scheinen,    v.  H. 

Maja,  Laurenti.  Eine  der  wesentlichsten  Gattungen  der  Elapiden,  mit  i 
oder  2  glatten  Zähnen  hinter  dem  grossen  Giftzahn.  Nacken  starker  Erweiterung 
fähig.  Körperschuppen  gleichmässig,  Rostrale  mässig.  A^.  tripudians,  Schlegel, 
die  Brillenschlange,  Cobra,  im  südöstlichen  Asien  und  auf  Java;  iV.  haje,  SCKLfiCBi, 
und  nii^riro^iis,  Reinhardt,  in  West  Afrika.  Pf. 

Najadeen  {Najas  oder  A'ais,  gr.  und  lat.  Bach-  und  Fluss-Nymphe),  LamarlK 
1809,  Bezeichnung  der  Familie  der  zweischaligen  Mollusken,  zu  welcher  unsere 
grösseren  SUsswassermuscheln,  Unh  und  Amdonta  gehören;  zwei  ziemlieh  gleich 
grosse  Schliessmuskeln,  Mantelrinder  nur  ganz  hinten  vereinigt  so  dass  eine  be> 
sondeie  Afterttflhung  entsteht;  darunter  scheinbar  eine  zweite  eigene  Oefinung, 
die  Kiemenöfihung,  die  aber  nur  durch  Aneinanderlegeo,  nicht  Verwachsen  der 
Manteirftnder  nach  unten  von  der  allgemeinen  Mantelspalte  sich  abtrennt  Fuss 
meist  mässig  gross,  zusammengedrückt,  beilförmig.  Schale  meist  in  die  Länge 
gezogen,  frei,  glcichklappig,  ringsum  schliesscnd,  die  Wirbel  dem  vorderen  Ende 
genähert,  aussen  mit  dunkler  Schalenhaut  (gHln-,  braun  oder  schwarz),  innen 
schwach  perlmuttcrarti«'  Höckerige  Skulptur  meist  am  ältesten  Theil  der  Schale, 
den  Wirbeln,  weiterhin  aber  in  der  Regel,  mit  Ausnahme  mancher  Arten  von 
Unio,  nicht  mehr  vorhanden.  Stets  ein  langes  äusseres  Schlossband  (Ligament), 
aber  die  Schlosszähne  verschieden,  zuweilend  ganz  fehlend  (Anodania).  Nur  in 
SOsswasser,  ttber  alle  Atnf  Erdtheile  verbreitet,  aber  auf  den  Ueineien  laseia 
meist  fehlend,  ebenso  im  Hochgebiige  und  im  hohen  Norden  jenseits  der  Baum« 
grSnze;  aber  MargarUana  margarU^tra  doch  circumpolar.  Ausser  den  schon  g^ 
nannten  Gattungen  gehören  noch  hierher  die  auf  einzahle  geographische  Gebiete 
beschränkten  Gattungen  Crisfaria  (Ost-Asien),  Castalia,  Hyria  und  Mycetopus  (Süd- 
Amerika),  Iridina  und  Spatha  (Afrika),  alle  frei  lebend  und  sich  willkürlich  ein- 
grabend, sowie  die  zeitlebens  angehefteten  und  daher  äusserlich  einer  Auster  ähn- 
lichen, unregelmttssig  geformten  A€thena  (Afrika),  Mulkria  und  ßariiutia  (Süd* 


^  j  .     by  Goo^ 


Naideac  —  Nallijah. 


577 


Amerika).    Gegenivttrtig  nennt  man  diese  Familie  meist  nach  der  «icht^sten 
Gattung  derselben  auch  Untoniden.    E.  v.  M. 

Naideae,  Khrknbkrg  (Nim  gr.  a  Quellennymphe).    Familie  der  Borsten- 
würmer, Chaetopoda,  Ordnung  Ahranchiaia  (Oligochatta)'.  Unterordnung  Limicola. 
Die  N.  leben  im  Wasser  nnci  i^ehörcn  zu  unseren  gemeinsten,  aber  wegen  ihrer 
mikroskopischen  Kleinlieit  übersehenen  oder  nur  dem  Forscher  sichtbaren  Süss- 
wasserbewnhnem.    Leib  wurniforniig,  durchsichtig,  mit  längeren  oder  kür2eren, 
oft  undeutlich  abgesetzten  GHcdern,  bald  stumpfem,  bald  spitzem,  oder  in  ein 
Rflsselchen  auslaufendem  Kopflappen.   Haut  meist  mit  Hakenborsten  und  Haar- 
borsten versehen.   Das  Blut  ist  meist  fiirblo«,  das  Rttckengefilss  kontraktilf  durch 
eine  Schlinge  mit  dem  Bauchgefilss  verbunden.    Zwei  Augen  oder  keine.  Die 
beiden  Hälften  des  Nervenstranges  liegen  dicht  neben  einander,  seine  An- 
schwellungen sind  sehr  schwach.  Der  Darm  einfach  oder  spiral  gewunden,  meist 
dunkel  durch  die  Haut  durchscheinend.  Die  N.  sind  Hennaphroditen;  nur  Nius 
hipunctata,  Delle  Chiaje,  nach  Kölliker,  getrennten  Geschlechts,  Die  Fortpflanzung 
geschieht  durch  {grosse  Eier,  die  in  Kapseln  abgelegt  werden.    Die  gewöhnh'che 
Vermeiirung  aber  ist  die  durch  Knospung,  welche  gerade  bei  diesen  Würmern 
sehr  leiclu  zu  beobachten,  daher  schon  von  den  Naturforschern  des  vorigen 
Jahrhunderts  »zu  Gemlith-  und  Augen-Ergötzungc  sludiri  wurde.    Nacli  neueren 
Untersuchungen  von  Tauber  ist  der.  nähere  Vorgang  der,  dass  vor  dem  Dissepimcnt 
des  Aftciglieds  sich  ein  Lager  von  Bildungssellen  anbäul^  das  von  vomen  nach 
hinten  in  Ringe  sich  scheidet  Jedoch  bildet  sich  hier  nur  der  hintere  Theil 
des  Spritaslings»  während  sein  Kopf  mit  dem  Geschiechtsglied  ans  emem  ähn- 
lichen Zellenhaulen  hervorgeht,  der  an  der  hinteren  Fläche  des  vorhergehenden 
Dissepiments  auftritt  Die  ICnosq;>ung  kann  15  Monate  fortdauern  und  es  entstehen 
auf  diese  Art  lange  Ketten  von  zusammenhängenden  SprössUngen,  deren  GrOssen- 
verhältniss  aber  nicht  einfach  nach  der  Reihenfolge,  sondern  nach  einer  anderen, 
wie  es  schemt,  mr  die  einzelne  Art  konstanten  Zahlenreihe  sich  darstellt,  z.  B. 
bei  Nais  (Stylaria)  probüscidca,  MiJller,  1.  7.  5.  3.  2.  8.  6.  4.  —  bei  Chaetogaster 
dagegen  i.  5.  3.  7.  2.  6.  4.  8  (s.  auch  Chaetogaster).    Immer  aber  werden  von 
den  Jungen  nur  i  und  2  geschlechtsreif.    Hierher  die  Gattung:  Nais^  O.  Fr. 
MüLLnt*  Auf  jedor  Seite  swei  Reihen  Borsteui  die  oberen  haarförmig^  die  unteren 
hakenförmig.  Die  Sexualorgane  liqfen  im  fünften  und  sechsten  Glied.  —  N.j^^os' 
tidea,  O.  Fr,  MOixbr.  Die  gemeinste  unserer  Nuden,  schon  im  vorigen  Jahrhundert 
vielfach  abgebildet,  hat  das  lange  Kopfirttsselchen  mit  N.  parasUa  gemein.  —  N, 
^nsuis,  Müller,  die  zungenlose  Naide.  —  N.  barbata,  Müller,  bärtige  Naide  u*s.  f. 

Gattung:  Dero,  Okeh.  Keine  Augen.  Das  schaufeiförmige  Endglied  des  Leibes 
mit  grifl'el-  oder  blattförmigen  Kiemenanhängen.  —  D.  digitaia,  Oken,  die  blinde 
Naide.  —  Gattung:  Aeoiosofna,  Khkenderg.  Ohne  Gürtel.  Mit  zwei  Reihen  feiner 
Haarbörsten,  Mund  unten.  Ae.  quaternarium,  Ehkenbero,  ausgezeichnet  durch 
röthiiche  Flecke  —  rothe  Fetttropfen  unter  der  Haut,  —  Gattung:  Chattogastery 
Bar.  Ohne  Gürtel.  Ohne  RUckenborsten.  Geschlechtsorgane  im  zweiten  und 
dritten  Glied.  Mund  nach  vorne  gerichtet,  von  keinem  Kopilappen  überragt. 
Leben  mdst  parasitisch  auf  anderen  Wasserthieren.  Wd. 

MaikraSt  Sehr  wilde  Bhü-Räuber  im  indischen  Staate  Bariak.    v.  H. 
Nailij^  MSdchen  aus  dem  arabischen  &amm  Uled  Nail  (s.  d.),  welche  von 
ihren  Eltern  nach  der  nächsten  grosseren  Stadt,  besonders  nadi  Btskra  gesandt 
werden,  um  dort  mit  ihren  Reizen  so  viel  Geld  als  möglich  zu  verdienen,  was  sie 
auch  redlich  befolgen.  Jene,  welche  die  meisten  SchjUze  nach  Hause  bringt,  findet 

Zool.,  AaibtaiMl.  u.  Eiliuotogie.  Btl.  V. 


üiyiiizeQ  by  GoOglc 


57» 


Htm  Rlianba  ~  NUr. 


am  ehesten  einen  Gatten,  aber  nicht  ihier  Schilze  wegen,  die  dem  Vater  g^ 
hören,  sondern  w^en  des  AnweiteSf  den  ne  in  der  Fremde  gefunden.  Die  N. 
treten  in  den  Kaffeehäusem  Biskras  ak  Tänzerinnen  auf,  sind  dabei  höchst  ss' 
stindjg  geklttdet  und  nur  durch  massenhaften  Schmuck  ausgeseichnet.  Sie  gdien 
Alle  mnrerscbleiert  und  ihr  Haar  fällt  entfesselt  in  langen  dunklen  Wdlen  auf 
den  broncefarbigen  nackten  Busen  herab;  ihr  Gewand  ist  die  »Gandura«  am 
buntem  Stoff  und  reich  verziert     v.  H. 

Nail  Rharaba*  Araberstamm  in  der  algerischen  Sahara,   v.  H. 

Nail  Scfaeraga»    Araberstamm  in  der  Sahara  der  algerischen  Provini 

Konstantine,     v.  H. 

Naim&n.  r.  Einer  der  zwei  Stämme^  aus  denen  die  eine  Orta-Dschus  oder 
mittlere  Horde  der  Kirgis-Kaisaken  (vom  Balchasch*See  bis  Omsk)  besteht 
a.  Stamm  der  Usbeken,   (s.  d.)     v.  H. 

Naimar,  s.  Na'ir.     v.  H. 

Nainereis,  Blainvillb.  Gattung  freier  MeerwOrmer,  zu  Arida  n 
ziehen  (s.  d.)  Wd. 

Nair  oder  Naimar,  Volk  von  der  Familie  der  Telugu  (s.  d.)  in  den  indischeo 

Landschaften  Kurg  und  Mala!)ar.    Die  N.  sind  bmhmanische  Sudra;  in  \falab3T 
geboren  sie  nämlich  der  Brahmanenkaste  der  Hmdu  und  zwar  der  Knegerklasse 
derselben  an.    Sic  Ijchaupten,  ursprünglich  Soldaten  zu  sein,  man  sieht  sie  oft 
ganz  in  Wafl'en,  mit  dem  Gewehr  und  einen  oder  zwei  Säbeln;  sie  verachten 
jede  Beschäftigung.   Die  brahmanischcn  Sudra  beschäftigen  sich  meist  mit  Acker- 
bau und  leben  in  guten  Verhiltnissen,  oder  mit  der  Sandarit'Llteiatur,  und  saA 
Lehrer,  Schreiber,  Sachwalter,  Rechnungsführer  und  Polizeibeamte.  Die  hödisie 
JFamilic  der  N.  ist  die  des  Tamuri,  von  den  Europftem  Zamorin  genannt  deren 
Haupt  zwischen  den  Brahmanen  und  den  unsichtbaren  Göttern  zu  stehen  vor* 
gibt    Ihre  religiösen  Gebräuche  sind  eben  so  cigenttittmlich  uie  die  det 
Brahmanen,  aber  sie  verschmähen  nicht  den  Fieischgenuss.    Sie  sind  Xnssent 
reinlich.     Alle  niederen  Kasten  müssen  sich  vor  ihnen  bei  dem  Begegnen  auf 
der  Strasse  entfernen.    Streng  abgeschlossen  von  den  übrigen  Kasten  sind  die  S. 
besonders  durch  ihre  Polyandrie.    Sie  heirathen,  ])cvor  die  Braut  zehn  Jahre  alt 
ist;  aber  nach  der  ersten  Nacht  wohnt  der  Mann  nie  wieder  seinem  Weibe  bei. 
Diese  lebt  in  ihrer  Mutter  Hause  oder,  nach  dem  Tode  ihrer  Eltern,  bei  ihren 
Geschwistern  und  begattet  sich  mit  irgend  einem  Liebhaber  oder  mit  so  viel 
Liebhabern  als  sie  wfthlt,  von  gleichem  oder  höherem  Range,    hßt  Vorliebe 
suchen  sie  Brahmanen  (Naroburis)  zu  solchen,  und  namentlich  sind  die  Franen 
der  Tamuriiamilie  stets  von  solchen  geschwSngert  worden.  Die  N.-Weiber  sind 
ausserordentlich  hübsch  und  sauber  an  ihrem  Körper  und  in  der  Wilsche,  und 
stolz  darauf,  unter  ihren  Liebhabern  hochstehende  Personen  zu  zählen.  Ihre 
Reize  sind  nicht  käuflich,  aber  der  Liebhaber  bringt  doch  gewöhnlich  einigen 
Schmuck  von  gerincem  Werte  und  für  die  Mutter  ein  Stück  Zeug.    Sonach  kennt 
kein  N.  seinen  Vater  und  sieht  seiner  Schwester  Kmder  als  seine  Erben  an. 
Eines  Mannes  Mutter  steht  an  der  Spitze  der  Familie,  und  nach  ihrem  Tode 
übernimmt  seine  älteste  Schwester  die  Leitung.    Brüder  leben  unter  einem  Dach; 
aber  wenn  emer  sich  von  den  übrigen  trennt,  so  begleitet  ihn  stets  seine 
Liebltngsschwester.  Die  N.  sind  sehr  dem  Trünke,  der  Zögelloaigkeit  und  Us- 
slttlidikett  eigebeiu   Der  Mangel  an  Zurückhaltung  bei  den  Frauen  hat  doicfa- 
aus  keinen  nachtheitigen  Emfluss  auf  die  Bevölkerung.  Die  N.  halten  sich  Ar 


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Nais  —  Namastae. 


579 


veraiueiiiigt  dufdi  dae  Berühning  der  »Tdarc  odcf  Ackerbauer.    Von  den 
malabarischen  N.  stechen  die  N.  in  Kuig  vortbeilhaft  ab.    v.  H. 

Naia.  s.  Naideae.  Wi». 

NakuoL  Stamm  der  Singfu  (s.  d.).    v.  H- 

Nalez.  Kleinw  Negerstamm  an  der  Küste  Seneganibiens,  vielleicht  identiadi 

mit  den  Nah!  («5.  d.).      V.  H. 

Nalicueas.    Nach  D'Orbigny  Stamm  der  Tupi  (s.  d.)  im  Osten  von 
Xeres.     v.  H. 

Nalu.  Neger  SeneG^ambiens,  gegenüber  den  Bissagosinseln,  südlich  von  Yola 
Biafada  und  vom  Nuiie^  bis  an  den  Pongas,  sprechen  das  Susu  und  sind  den 
Baga  sprachverwandt.  Ein  grosser  Theil  der  N.  iiimI  MoslenUn;  man  trifft  bei 
ihnen  mehr  oder  weniger  beitthmte  und  einflustrekhe  lifarabntin.  Die  N.  leben 
unter  Dorfhäuptlingen,  welche  der  König  ernennt,  meist  nach  den  Eingebungen 
der  Partheien.  Senie  Autoritit  ist  also  gerade  keine  despotische.  Der  Ktfnig 
Hbt  zwar  die  Rechtspflege,  die  vollnchende  Gewalt,  das  Recht  Krieg  zu  erklüren 
oder  Frieden  zu  schliessen,  aber  nur  unter  Beiziehung  eines  Rathes,  dem  jeder 
N.  angehört.  So  viel  trinken  und  Frauen  besitzen  als  möglich,  ist  das  Streben 
der  N.  Wenig  oder  gar  keine  Moralitat  bei  keinem  der  Geschlechter,  aber  viel 
Faulheit.  Kein  Gewcrbticiss.  Der  Anbau  des  Bodens  liegt  in  den  Händen  der 
elend  behandelten  Sklaven.  Doch  verstehen  sich  die  N.  sehr  geschickt  auf  das 
Zimmern  von  Kähnen.  Die  N.  sind  echte  Neger,  stehen  physisch  den  Susu  sehr 
nahe,  sind  aber  hilsslicher  als  diese,  haben  gröbere»  weniger  regeUnässige  Züge 
und  plumpere  Gtiedmaassen.  Reiche  kleiden  sich  europflisch,  die  Menge  trügt 
den  tBnbuc  oder  auch  nur  ehi  achwaraes  Lendentuch,  ja  selbst  auch  bloss  eine 
Schnur  nm  die  Httften.  Sie  gehen  häufiger  barfuss  als  mit  Sandalen  bekleidet. 
Die  Weibertiacht  ist  jene  der  Wolof;  die  Weiber  niedrigen  Standes  begnttgen 
sich  mit  einem  rockartigen  Gewand,     v.  H. 

Nama,  irrthümlich  meist  Namaqua  genannt.  Stamm  der  Hottentotten  (s.  d.) 
um  den  Unterlauf  und  die  Mündung  des  Gariep  oder  Oranjestromes.  Ihr  Gebiet 
wird  im  Westen  vom  atlantischen  Ocean,  im  Osten  von  der  Kalahariwüste  be- 
grenzt. Die  N.  allein  sind  noch  echte  Hottentotten  und  haben  sich  von  Ver- 
mischungen SO'  ziemlich  rein  erhalten.  Sie  sprechen  einen  besonderen  Dialekt 
des  Hottentottischen.  Ihr  Typus  hat  manches  Abweichende,  wenn  er  auch  die 
Hauptmerkmale  aller  Hottentottm  zeigt,  d.  h.  die  schmalen  geschlitzten  Augen, 
die  nach  oben  verengerte  Sdm,  flache  aufgestülpte  Nase  und  spitzes  Kinn  bei 
gelblicher  Hautfarbe  und  wolligem  Haar.  Man  nennt  die  N.  auf  der  SUdseite 
der  Oranje  in  der  britischen  BLapkolonie  die  Kleui*N.;  sie  sind  grossentheils 
Christen;  jene  auf  der  Nordseite  des  Stromes  sind  die  Gross-N.  und  ihr  Land 
steht  jetzt  unter  deutschem  Protektorate.  Auch  sie  sind  zu  grossen  Theilen 
Christen  und  zahlreiche  Missionsslationen  befinden  sich  auf  ihrem  Gebiete.  Unter 
diesen  Gross-N.  unterscheidet  man  wieder:  Die  eigentlichen  Gross-N.  im  Osten, 
die  See-N.  im  Westen  und  die  Orlam  in  der  Mitte  zwischen  beiden  Dk  Otlain 
zerfallen  ihrerseits  wieder  in  drei,  die  eigentlichen  Gross-N.  in  fOtil  ünlerslanune. 
Die  N.  leben  in  einem  auheibcndcn  Racenkampf  mit  den  Hcrcru.     v.  H. 

Naman.    Papuavolk  im  südwestlichen  Neu-Guinea  am  Uema»  hat  seine 
eigene  Sprache,    v.  H. 

NamaoskiMg.  Algonkinindianer,  uiaprOnglich  an  den  Amoskeag-Fillen  des 
Menimadc,  jetzt  um  Manchester  Ct^  in  Massacfaussetts  ansSssig.    v.  H. 

Nflflaastae.  Skyifaisches  Volk  dea  Attertfaums,  sUdlich  Yom  Jaxartes.    v.  H. 

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580 


Nambe  —  Nanina. 


Nambe.   Indianentamm  Neu-Merikofi,  spricht  ein  Teguaidiom.     t.  H. 
Nambiqtiftras.   Amazonas-Indianer  am  Tapajos  und  Arinos  aufwirts  bb 

eine  Tn;nTeise  imtcrlialb  der  Mfindiing  des  Sumidors.     v.  H. 

Namburis  oder  Tattars.    Name  der  Brahmanenkaste  in  Trav«nkor  und 
Malabar.     v.  H. 

Namnam.    \  t-idcihtc  ]lc/ci(  Imung  für  Niamniam.     v.  H. 

Namnetae.    Kcki-sciics  Volk  an  der  Westküste  Galliens  bis  zum  Liger 
(Ix»ire),  der  sie  von  den  Pictones  in  Aquitanien  schied,     v.  H. 

Namollo.  Volk  auf  der  Nordostspitze  Asiens,  um  die  Mündung  des  Antdyr, 
die  sogenannten  Fischer- Tschuktschen,  vielleicht  3000  Kdpfe  stark.  Nach 
V.  Neumann  ist  ihr  Name  Ang-Kalt»  nach  Wrangel  Onkilon,  «örtlidi:  »in  der 
Nähe  des  Meeres«.  Friedrkti  Müller  nennt  die  N.  richtiger  Tuski;  sie  sollen 
erst  vor  etwa  300  Jahren  in  ihre  jetzigen  Wohnsitze  aus  dem  nordwestlichen 
Amerika  eingewandert  sein.  Die  N.  gehören  nicht  zu  den  Tscbnktschen,  wie 
man  aus  ihrer  Bencnmtnf^  ableiten  sollte,  sondern  dem  Typus  und  den  bitten 
nach  zu  den  Kskimo  otlcr  Innuit  (s.  d.),  mit  denen  sie  auch  sprachlich  ver- 
schwiaiert  sind.  Ihre  Hautfarbe  ist  ziemlich  hcht  und  sticht  von  der  dunkleren 
der  Tschuktschcn  bedeutend  ab.  Ihre  Statur  ist  mittelgross,  ihr  Gesichtstypus 
mongolisch,  die  Nase  tritt  kaum  hervor.  Die  Augen  stehen  nahe  bei  da* 
ander.  Tättowieren  am  ganzen  Körper  ist  allgememe  Sitte.  Ihre  bauschige 
Kleidung,  durchgehend  aus  Fellen  bestehend,  ähnelt  stark  jener  der  Eddaa 
Sie  bauen  Sommer-  und  Winterbatten  aus  Walrossrippen  mit  dazttber  gewotfenai 
Häuten.  Als  Nahrung  dienen  Walthiere  und  Fische,  mandimal  roh  genossen; 
Branntwein  ist  ungemein  beliebt.  Die  N.  sind  kühne  Seeleute,  gastfrei,  gal> 
müthig,  aber  nicht  immer  zuverlässig,  tapfer  und  ausdauernd  im  Ertragen  von 
Strapazen  und  körperlichen  Sclimerzen.  Sie  leben  in  Vielweiberei,  {laben  aber 
wenig  Kinder.  Häuptlinge  kennt  man  nicht,  ebenso  wenig  bestimmte  Gesetze. 
Mit  Ucbeltliätern  wird  summarisch  verfahren.  Der  religiöse  Glaube  beruht  auf 
der  Verehrung  der  bösen,  seltener  der  guten  Geister.  Man  glaubt  an  ein 
künftiges  Leben,  aber  an  keine  Wiedervergeltung.  Schwer  Kranke  werden  ge- 
tödte^  Alte  und  Gebrechliche  erlitten  sich  den  Tod  freiwillig  von  den  Ihiigen' 
Die  Leichen  der  Aermeren  ttberlässt  man  einfiich  dar  Verwesung,  jene  der 
Reicheren  werden  verbrannt  richtiger  auf  Holz,  Moos  undThran  gesidunort.    v.  H. 

Namsangya.  Stamm  der  Naga  (s.  d.).    v.  H. 

Nandak  oder  Nandakoes.  Indianer  in  Texas,  verwandt  mit  den  Caddo.  v.  K 
Nandaysittich,  Conurus  mdameepkaius,  Vieill.,  s.  Keilschwanzsittiche.  Rchw. 
Nandinia,  Gray.    Viverrengattung,  begrtlndet  auf  die  Speties  Bsiraäfixttrus 

Mamiitonii,  s.  Paradoxurus,  F.  Cuv.     v.  Ms. 

Nandu,  Amerikanischer  oder  Pampas-Stnuiss,  ^/ua  aaurtfona,  Vimsll, 

a.  Khea.  Kchw. 

Nanegalis.    Vumi)u-Indianer  aus  der  Quichuafamilie  in  Ecuador,     v.  H- 
Nanenuk.    Horde  der  üolokudeu  (s.  d.).     v.  H. 

Nangologae.  Indisches  Volk  des  Alterthums,  zu  beiden  Seiten  des  Dosnas 
wohnhaft,    v.  H. 

Hanidiae.  Indisches  Volk  des  Alterthums,  am  Gapges  ansässig,  sÜdweslGdie 
Nachbarn  der  Ganganer.    v.  H. 

Nanigiri.  Volk  auf  der  Südspitze  Taprobane's  (Ceylon)  im  Alterthum.     v.  H. 

Hanina  (Ableitung  unklar),  Gkay  1834p  ^^^^  Ariophania  von  Desmouuib 
tS33  und  MatrocMamjfs  von  BENSOif  1832  genannt,  indisch-polynesische  Land* 

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NmIim. 


Schnecken,  in  den  Mundorganen  und  durch  vorstrcckbarc  Mantellappen  zunächst 
den  Vitrinen  verwandt,  aber  in  Gestalt  und  Färbung  der  Schale,  braun  oder 
bunt,  ahnlich  der  Gattung  Heßxt  und  nur  an  der  Schale  nicht  immer  lieber  von 
dieser  zu  unterscheiden.  Oft  ist  die  Unterseite  derselben  aufflUlig  mehr  glatt  und 
gUCnsend  als  die  Oberseite  und  hierin  deudich  gegen  dieselbe  abgegrend^  was 
eben  von  dem  Vorhandensein  vorstreckbarer  Mantellappen,  die  sich  an  die  Unter« 
Seite  anlegen,  herrührt,  aber  das  ist  keineswegs  bei  allen  Arten  der  Fall.  Die 
Schale  ist  in  der  Regel  ziemlich  oiedergedriu  kr.  oft  im  Umkreise  etwas  kantig, 
der  Nabel  meist  sehr  eng,  selten  ganz  verdeckt,  nie  weit  offen,  Mündungsrand 
einfach  und  gerade,  nur  bei  sehr  wenigen  Arten  etwas  nach  aussen  geb't;;en,  nie 
stark  verdickt  oder  breit  umgeschlagen.  Einige  Arten  sind  beständig  links  ge- 
wunden, andere  gleich  häufig  rechts  oder  links  (N.  amphidroma).  Zahl,  Grosse 
und  Stellung  der  vorstreckbaren  Mantcllappeu  etwas  verschieden;  Prof.  Semper 
hat  danach  viele  Gattungen  unterschieden.  Am  hinteren  Ende  des  Fusses  stets 
eine  grossere  Drflsenöfihung,  sogen.  Schl«mpore,  oft  von  einem  homförmigen, 
fletschigen  Fortsatz  flberragt  Auf  dem  Festlande  von  Hinter-Indien,  bis  in  den 
Himalaja  hinein,  und  auf  den  drei  grossen  Sundainseln  herrschen  flachere,  dunkel^ 
braune  Arten  von  ansehnlicher  Grösse,  3—6  Cendm.  im  Durchschnitt,  die  meisten 
mit  stärkerer  Skulptur  auf  der  Oberseite  (Untergattung  Hem  'tplecta).  In  der  süd- 
lichen Hälfte  Vorder-Indiens  dagegen  weisslichc  mit  mattbrauncn  Bändern,  einige 
davon  immer  links  {Ariophanta  im  engeren  Sinne);  einige  ähnlich  getarbte  auch 
auf  Java  und  Sumatra  (iV.  Javana  und  umbilkaria).  Nur  ganz  vereinzelt  finden 
sich  wärmere  Farben,  gelb  oder  rütlilich,  mit  breiten,  dunklen  Bändern,  so 
N.  Juliana  auf  Ceylon  und  die  grosse,  linksgewundene  .V.  Cambodjensis,  7  bis 
8  Centim.  im  Durchmesser.  In  Vorder-  und  Hinter-Indien,  sowie  auf  Sumatra, 
Java  und  Bomeo  tritt  auch  die  Gattung  Heßx  völlig  gegen  Naima  zurflck,  hat 
nur  wenige  kleine,  theilweise  wahrscheinlich  eingeschleppte  Arten.  Anders  wird  - 
es  östlich  der  WALLACa'schen  Grenzlinie;  auf  den  Inseln  östlich  von  Java,  wie 
Sumbawa  und  Flores,  auf  Celebes,  den  Molnkken  und  Neu-Guinea  herrschen 
buntere,  mehr  kugelförmige  Arten,  glat^  ohne  Gegensatz  zwischen  Ober*  und 
Unterseite  (Xesta),  theilweise  an  Bäumen  lebend,  z.  B.  N.  cUrina,  LiNNß,  auf 
rer:im  und  Amboina,  N.  trochus  und  fulv'nona,  im  südlichen,  N,  cincta,  ziegelroth 
oder  gelb,  im  nördlichen  Celebes,  Baltctisis  schon  auf  Bali,  rare^uttata  von  Bali 
bis  Flores,  cidaris  auf  Timor,  aulica  in  Neu-Guinea,  und  überall  in  diesem  Gebiet 
gesellen  sich  grössere  bunte  eigenthumliche  Helix-iormcTi  dazu.  Die  letzten  der- 
artigen Nanmen,  intensiv  dunkelroth  gefärbt,  glatt  und  kugelig,  finden  sich  aut 
den  Vitünseln.  Die  Phihppinen  haben  dadurch  eine  besonders  reiche  Land- 
schneckenfauna,  dass  auf  ihnen  beide  Kategorieen  zugleich  vorkommen,  bunte 
Naninen  und  BeHxt  ähnlich  denen  auf  Celebes  und  den  Molukken,  und  Hemi- 
plecten,  Shnllch  denen  von  Hinter>Indien  und  den  grossen  Sundamseln,  und  an 
diese  schliesst  sich  noch  eine  dgenc  Gruppe  grosser,  brauner,  dickschah'ger  Naninen, 
die  Untergattung  Rhyssota,  die  den  Philippinen  fast  ganz  eigentbümlich  sind  und 
die  grö«;?te  bekannte  Art  enthalten,  N.  ointm  im  südlichen  T.nzon,  9 — \o\  Centim« 
im  Durchmesser;  hieran  schliesst  sich  noch  als  östlicher  Ausläufer  die  kleinere 
aber  sehr  dickschalige  und  dickmündige  A^.  Soivtrbyana  auf  der  Karolineninsel 
Ruk.  Macrochlamys  endlich  im  engeren  Sinn  sind  Naninen  mit  glasglänzender, 
einfarbiger  Schale,  in  Vorder-  und  Hinter-Indien,  sowie  aul  iiorneo  zu  Hause;  bie 
grenzen  sich  schon  in  der  Schale  bestimmt  von  den  übrigen  ab  und  gleichen  mehr 
der  Gattung  /fyaima.  Ueber  das  fossile  Vorkommoi  der  Naninen  lüsst  sich  bis  jetzt 

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III  1 1<  • 


58s 


Nialaniri  Nantieolces. 


nichts  Sicheres  sagen;  Sandberoer  glaubt  einige  Arten  aus  dem  Oiigocän  und 
Mioran  des  mittleren  Eiiropa's  der  Schalenform  wegen  zu  Nanina  stellen  zu 
dürten,  i.  B.  (Hclix)  stcnotrypa,  A.  Brai  n,  von  Hochheim  im  Mainzer  Becken. 
Ucber  die  Gattung  im  Einzelnen  Näheres  bei  v.  Martkns  in  Alblrs'  Hclicc«n, 
zweite  Ausgabe  iS6o,  pag.  45— 59  und  I^dschnecken  der  ostasiatischen  Expe- 
dition 1867,  pag.  187 — 244;  C.  Semper,  Reisen  im  Archipd  der  Philippinen, 
m.  Bd.  Landschneck«!!,  erstes  Heft  1870.  GoDwn^AusTlir|  lud  and  ftediwater 
Mollusca  of  India.  pait.  1^4,  1862«  63,  4.    E.  ▼.  M. 

Naiikauii(Naficowrie).  Volksstamm  der  Nikobareo,  initeigeiierSpiache.  v.H. 

Nanldng-BaiitaiiiB»  s.  Bantams.  DOr. 

MannOTCitlCTMj  Günther  =  Lygosoma,  Gray.  Pf. 

Nano,  Stamm  der  Westbaotu  in  fienguela.  Seine  Sprache  ist  eine  Abdie&ang 

der  Bnndaifüome.      v.  H. 

Nanodes,  Vig.  und  Horsf.  (gr.  zwergartig),  Papageiengattung  der  Farniiie 
der  Plattschweifeittiche,  welche  des  schlanken  Schnabels  und  der  an  gewisse 
Keilschwanzloris  erinnernden  Färbung  wegen  früher  den  Loris  (Trichoglossidaf) 
zugezählt  wurden.  Die  Bildung  der  Wachshaut  aber,  die  nicht  mit  Papillen  be- 
setete,  sondern  mk  dnem  Homflberzug  versehene  Zunge,  sowie  anatonuBdi«  uid 
ptcrylogische  Merkmale  weisen  diesen  Papageien  vietmehr  ihre  Stelle  unter  den 
Plattschweiisitttcben  an.  Der  Schnabel  ist  schlank»  seitlich  xusammengediOdEt 
und  hat  einen  deutlichen  Zahn.  Die  Schwanzfedern  sind  schmal,  nach  dem  Ende 
lanzettförmig  sogespitst  und  alle  in  gleich  massiger  Stufenfolge  verlängert  Zweite 
Schwinge  am  längsten,  erste  länger  als  die  dritte,  keine  an  der  Spitze  ver> 
schmälert.  Die  Gattung  wird  durch  eine  Art,  Nanodes  discolor,  Shaw,  vertreten, 
welcher  des  reissend  schnellen  Fluges  wegen  von  den  Colonisten  Australiens 
der  Name  »Schwalbensittichc  gegeben  wurde.  Rcfrw. 

NanosbenseSf  Nach  PtolemAos  kleine  Volkerschaft  im  Innern  Li- 
byens.    V.  H. 

Nanotragus,  Wagn.,  afrikanische  Antilopengattung,  ausgezeichnet  durch  anf> 
feilend  kleinen  und  zieilichen  Körper,  kurze,  gerade,  oder  an  der  Spitze  leicht 
gebogene  Hömer  beim  S ,  relativ  lange  Ohren,  kurz  behaarten  Stummelschwanz» 
4  Zitzen.  Thräneogruben  sind  vorhanden  (aber  ohne  Spalt),  Afterzehen  sehr 
kl«n  oder  fehlen.  Wagner  vereinigte  unter  dem  vorstehenden  Namen  die  von 
SUNDEVALL  uud  Grav  recipirten  Gattungen  Nanotragus,  Nesotragits  und  Neotragms, 
da  die  wenigen  in  Frage  kommenden  Arten  innig  mit  einander  vens'andt  sind.  — 
N.  Ilempr'uhiana,  Kukbc.  W'indspielantilope;  ohne  Muffel;  Totallänire  tregen 
70  Centim.,  Höhe  37  Centim,  Oberseite  fuchsgelb,  graulichweiss  gesprenkelt, 
Stirn  und  Nasenrücken  fuclisroth;  über  und  unter  den  Augen  ein  breiter,  weisser 
Streifen,  Unterseite  und  Innenseite  der  Glieumaassen  weiss,  Hute,  Hörner  und 
Thränengruben  schwarz.  In  Abyssinien,  bis  3000  Meter  absoluter  Höhe;  lebt  paar« 
weise  in  dichten  Buschwäldem.  —  N.  spiniger  (Temm.)  Sund.,  Zwergantüope  mit 
Muffel;  ca.  43  Centim.  lang  und  nur  25  Ctntim.  hoch.  Farbe  dunkelrothbiann, 
Unterkiefer  und  untere  Köipeipartfaieen  bittunlichgiau.  Die  5,5  Centim.  langen 
Hörnchen,  die  Nase  und  Unterlippe  schwarz.  Heimath  Guinea;  lebt  wie  vorige 
paarweise.  —  Hierher  gehört  noch  Neso&agus  wMck^vs,  DuB.,  das  Mosdiua- 
böckchen,  Zanzil)ar,  Mossambique  etc.     v.  Ms. 

Nanticokes.  Algonkinindiancr,  ursprünglich  zwischen  den  Delawaren  und 
den  Powhattan  wohnend;  im  Unabhängigkeitskriege  zogen  sie  westlich  m  die 
englischen  Besitzungen.  Jeut  scheinen  nur  noch  schwache  Reste  in  Canada  und 

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Natthiatc*  —  NapolconslittliBer. 


5«3 


der  Union  vorhanden  zu  sein.  Gallatin  betrachtet  ihre  Sprache  als  eine  selbst^ 
ständige,    v.  H. 

Nantuates.  Keltenvolk  des  alten  Gallien,  das  vahncheinlich  an  der  Osl- 
spitza  des  Laciis  Lemanus  (Genfersee),  grösstentiidls  auf  dem  rechten  Ufer  der 
Rhone  bis  sum  Rhein  hin  wohnte,    v.  H. 

NaolingO,  s.  Tahlnolo.     V.  H. 

Napa,  Indianer  Kaliforniens  im  Napathale.    Sie  umiassen  die  Myakoma» 

Kalayomanes,  Kaymu,  Uhika  und  Suskol     v.  H. 

Napaei,  Unterablheilung  der  Tauri  (s.  d.).     v.  H. 

Napfwürmer  =  CotyliJea.  Unter  diesem  Namen  fasste  van  Beneden  alle 
Saugnäpfe  uagcndcn  Wurmer,  also  die  Bandwürmer  (Cestoda),  die  Saugwurmer 
(Trematoda)  und  die  Blutigel  (Discophora)  zusammen.  Die  Gruppe,  so  auf  ein 
einselnes«  rein  äusseres  Organ  gegiündet;  lässt  sich  nicht  wohl  halten  und  mOssle 
SU  der  umlassenderen  Grappe  J*lttada,  Leuckart,  ausgedehnt  werden,  um  soO' 
logisch  b^grttndet  werden  zu  können.  S.  Platoda.  Wd. 

Naphtalt  Einer  der  awölf  mythischen  Stänmie  der  Hebiäer,  dessen  Gebiet 
angeblich  von  der  Nordgrense  Palästinas  bis  Kapernaum  im  Osten  und  Sebulon 
im  Westen  herabreichte.     v.  H. 

Napo  oder  Quijo.  Halbchristlicher  Indianerstamm  am  Napoflusse  oberhalb 
Coca  in  der  südamerikanischen  »Provinzia  del  Orientcv;  Ecuadors,  zwischen 
Quito  und  dem  Amazonenstrome.  Die  N.  sind  eine  Unterabtheilung  der  Yumbo 
und  nähern  sich  dem  Typus  nach  den  Quichua,  besonders  durch  die  niedere 
Stirne,  das  niedrige  Antlitz  und  den  diistern  Gesichtsauädruck;  Gesichtswinkel 
70,  Kapadtät  eines  gemessenen  Schädels  1289,78  Cbcm.  Ihre  Statur  fibeirsgt 
jene  der  Beigbewohner.  Die  N.  stehen  unter  Ortsobrigketten,  die  in  Quito  swar 
ernannt^  schliesslich  aber  wieder  von  den  Geistlichen  behenscht  werden.  Sie 
leben  als  Christen  in  Monogamie  und  die  Ehe  wtxd  gewöhnlich  im  16^17.  Lebens- 
jahre vollzogen.  Hauptnahrung  ist  die  Wurzel  der  Yuca,  bald  geröstet,  bald  zu 
Mehl  zerneben,  bald  in  Gestalt  von  Chicha.  Aßen,  Seekühe  und  Nabelschwetne 
liefern  die  Fleischkost.  Kleidung  der  Männer  ist  ein  Lendentuch,  jene  der  Frauen 
ein  kurzes  Rockchen;  an  Festtagen  werden  Beinkleider  und  I^oncho  angelegt. 
Die  Last  der  Tagesarbeit  ruht  auf  den  Frauen,  die  Männer  jagen  ein  wenig  und 
ruhen  dann  sehr  lange  in  ihren  Hängematten  aus.  Werden  die  Frauen  ihrer 
Gatten  überdrüssig,  so  geben  sie  ihnen  cmca  Absud  von  Datura  san^uiriea,  wo- 
durch der  Veigiftete  dem  Krednismus  verfUlt.  Dann  sdireitet  die  Frau  tax 
zweiten  Ehe.  Das  Blasrohr  mit  vergifteten  Bolzen  ist  die  lieblingswaffe,  Muth  aber 
nicht  die  Haupttugend  der  N.  Ihre  Gutmttthigkeit  besteht  hauptsächlich  in  dem 
Mangel  schlechter  Eigenschaften;  sie  sind  von  apathischem  Temperament  und 
trägem  Geiste;  nichts  erregt  ihre  Verwunderung.  Was  man  einem  von  ihnen 
schenkt  oder  giebt,  theilt  er  sofort  mit  allen  seinen  Genossen.     v.  VL 

Napoleonshühner  oder  Pariser  =  weisse  Malaycnhühner,  lediglich 
ein  Farhenschlag,  der  unter  dem  Namen  >Malaycn:  bekannten  hochgereckten 
Süd-  und  ostasiatischen  Kami)fhuhn-Race  (Gallus  dorn,  pugnax,  malayanus)  nicht 
so  gross  wie  die  liraune  Sfanimform,  doch  wie  diese  charakterisirt  durch  hoch- 
gcbieÜLcn  Körper,  auirecliLc  li.uLung,  starken  Knochenbau,  starken,  breiten  Kopf, 
kleinen»  wulstigen  (»Nelken«-)  Kamm,  sehr  langen  Hals,  vorstehendes  Brustbein« 
hocfagetragene  Schultem,  stark  abfallenden  Rttcken,  gesteckt  getragenen  Schwans 
und  unbefiederte  gdbe  Füsse  und  durch  kurzes»  derbes  Gefieder,  welches 
bei  den  K*  rein  weiss  sein  muss;  der  Schnabel  muss  wie  die  FQsse  gelb,  das 


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I 


584 


Napolcoatweber  —  Narica. 


Aug«  soll  perlfarben,  bezw.  gelb  sein.    Streitsüchtig  und  rauflustig  und  mitbin 

schon  aus  diesem  Grunde  kein  Wirtli'^rliaft^-,  wohl  aber  schönes  Sportgefliieel ; 
die  hingen  sind  emiifindlich  gegen  Zugluft  und  Nässe,  die  Hennen  legen  kleine 
Hier;  Kreuzungen  mit  Dorking-  oder  mit  Laüöche-HUbnem  ergeben  gutes  Tafel- 
gellügcl.  DüR. 

Napoleonsweber,  Euplecies  mtlamgasUr,  Lath.,  s.  Ploceidae.  Rchw. 
NapoHiera,  Boie»  Untergruppe  der  Vogelgattung  TimtUa^  >.  Timdiidae.  RcBV. 
Napuas  oder  Quetabtoie»  Stamm  der  Comaoches  (s.  d.)    v.  H. 
NaquiAoSieis»  a.  Chtqttito.    v.  H. 

Narbaai  Nach  FtolehAos  Untenbtheilung  der  Callaid  BracaiiL    v.  H. 

Narbe  des  Vogeleies,  s.  Hühnerd.  Grbck* 
Narcissia,  s.  Nardoa.     E.  v.  M. 

Narcomedusae,  IIackel  1^77  =  Aeginidac  Gegenbanr  Ordnung  der  Crr\s- 
pedoten  Medusen.  Mit  Horkolbchen,  welche  stets  frei  am  Schirnirande  stehen, 
mit  entodermalen  Otolithen-Zellen.  Ocellen  an  der  Tentakel-Basis  meist  fehlend. 
Tentakel  dorsal  inserirt,  mit  dem  entfernten  Schirmrande  durch  Pcronien  ver- 
bunden, welche  letzteren  in  eine  Anzahl  von  Kragenlappen  theilen.  Gonaden 
ursprünglich  in  der  untereii  oder  oralen  Wand  des  IkCagens,  von  da  oft  peii- 
pheriach  ausgebreitet,  in  radialen  Magentaschen.  Radial-Otalle  bald  fehlcn<^ 
bald  voihanden,  und  dann  in  Gestalt  fladber,  radialer  Magentaschen  anmetirOtet. 
Ringkanal  bisweilen  obliterirt,  sonst  immer  durch  die-  radialen  Peronien  in  cane 
Anzahl  von  Bogen-Canälen  getheilt,  welche  den  Rand  der  Kragenlappen  säumen. 
Zahl  der  Radialtheile  (Tentakel,  Lappen  und  Taschen)  unbestimmt  und  wechselnd, 
selten  4,  meistens  8  oder  mehr,  l»is  32.  Velum  derb  und  breit.  Ontogenese 
(soweit  bekannt)  meist  Hypogcncse,  selten  Metagenese,  oft  mit  Metamorphose 
verknüpft.  —  Die  Ordnung  zerfällt  in  die  Familien  der  Cunanthiden,  Pegan- 
thiden,  Aeginiden  und  Sulmariden.  Ff. 

Narcotah,  s.  Dakota,    v.  H. 

Narctinae,  lAKixsL^  Nartcmiittatt  HAckel.  Fr. 

Nardoa,  (nach  dem  venetianiscben  Naturforscher  Giov.  Doit.  Nardo,  gest. 
m  Venedig  1877)  Gray  1840.  Seestem  aus  der  Familio  Zmckiadtie  *a  S^fkuier, 

Müll,  und  Troschbl,  1842,  Oberseite  mit  grösseren  gekörnten  Platten  besetzt, 
die  sich  an  den  ArmrAndem  in  swei  Reihen  ordnen;  nur  eineine  Tentakelporen, 
nicht  Porengnippen  zwischen  denselben.  Keine  Pedicellarien.  Ambulakral« 
Papillen  in  zwei  oder  mehr  Reihen.  Mehrere  Arten  im  Gebiet  des  indischen 
Oceans,  vom  rothen  Meer  bis  zu  den  Viti-  und  Sandwichinseln,  die  bekannteste 
varioUüa,  Rt  rz,  von  den  ostafrikanischen  Küsten,  einzelne  ?'>xemplare  4  oder 
öarniig.  Nächstverwandt  ist  Narcissia,  Gkay  1840,  mit  mehr  gleichförmiger 
Granulation  der  Oberseite  und  längeren  schlankeren  Armen,  von  den  kanarischen 
Inseln.    E.  v.  M. 

Nardoa,  LiEBBRKt)RM.  Jetst  verworfene  Gattung  der  CcUcisf^ngiat»  FT. 
.  Nardoma,  HAcxiu  Synonym  von  LeticPsoUnia,  Bowbkbamx.  Fr. 

Nardosis,  Häckel.    Synonym  von  LetuosoUnia,  Bowerbank.  Pf. 
Naresü    £ine  der  bedeutenderen  illyrischen  YOlkencfaaften  des  Alter- 
thums.    V.  H. 

Narewianer,  Neruianer,  Kurjani,  Russische  Slaven,  im  Flussgebiete  des 
Narew,  wahrscheinlich  Reste  der  alten  Neuren  (s.  d.)     v.  H. 

Narica,  (aus  Natica  umgeändert),  Recli.:z  1844,  oder  Vamkoro  (nach  dem 
Namen  einer  Insel  bei  Neu-Guiuea}  ükav  1047.    Schneckengattung  aus  den 


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Narisker  —  Nasairier. 


tropischen  Meeren,  zu  den  Petümikrünchia  kunioghssa  gehörig,  von  Natka  durch 

die  meist  scharfe  Gitterskulptur  der  Schale  und  den  Mangel  eines  Nabelwnlstes 
sowie  den  einfachen  Bau  des  Fusses  verschieden,  im  organischen  Bau  mehr  mit 

Vclutina  übereinstimmend,  aber  die  Schale  /.iemlir!^  dick,  kalkig,  weiss.  In  den 
tropischen  Meeren  Monographie  von  Recluz  in  Guerin's  Magasin  de  Zoologie 
1845  und  von  Kekvk  concUol.  ic.    Bd.  XX.  I875.    24  Arten.      E.  v.  M. 

Narisker.  Kleine,  aber  tapfere  Völkerschaft  Germaniens,  westlich  von 
den  Markomannen,  nördlich  bis  an  die  Sudeten,  südlich  bis  an  die  Dunau 
nmhend.    v.  H. 

Namganset.  Algonkhündianer,  in  Rhode  Island,  jetzt  fast  erloschen; 
sprQnglsch  an  der  Narragansett'Bai  und  am  unteren  Connecticut;,  hiessen  auch 
Wampanoag.  Man  rechnete  sie  su  den  Ostlichen  Lenape.    v.  H. 

Namgürt,  Stamm  der  Australier  in  West*Victoria,  Osdich  von  Curdie's 

Oreek.     v.  H. 

Narringeri.   Stamm  Süd'Australiens,  an  den  Lagunen  an  der  Mündung  des 

Murrayflusses.     v.  H. 

Narwall,  Monodon  monoct-rcs,  L.,  s.  Monodontia  Cuv.     v.  Ms. 
Marzissenfliege,  s,  Merodon.     E.  Tg. 

Nas  abu  Sinn.  Nubische  Völkerschaft,  in  Tracht  und  Sitten  verwandt  mit 
den  Abu  R6f  (s.  d.).     v.  H. 

NsBairiar.  Nosayrier,  Ansairieh  in  der  syrischen  Vulgärsprache  genannt^ 
Eintahl:  Nusairi.  Rlthselhaftes»  Einigen  xu  Folge  aus  Fernen  stammendes  Volk, 
welches  die  Hauptbevölkerung  der  neusyrischen  Kttste  vom  Nahr  el  Kebir  bis 
nach  Kilikien  hinein  bildet  und  in  diesen  seinen  jetzigen  Wohnsitzen  schon  seit 
dem  zehnten  Jahrhundert  nachzuweisen  ist.  Sie  leben  und  sterben  in  ihren  heimath- 
iTcben  Berken,  die  sie  fast  nie,  und  dann  nur  gezwungen  verlassen;  sie  treiben 
Ackerbau  und  Viehzucht,  bauen  aber  nur  gerade  so  viel  Feldfrüchte,  als  sie  selbst 
brauchen;  am  dichtesten  wohnen  sie  um  Ladakija  und  Antiochien,  in  welchen 
beiden  Städten  sich  viele  N.  auch  des  Handels  halber  aufhalten.  Ihre  Gesammt- 
zahl  in  Syrien  wird  auf  120—180000  angegeben, 'wovon  die  Hälfte  auf  das  Ge- 
biet von  Tripolis  und  Ladakija  entfillit  Ihre  Sprache  ist  die  arabische,  in  dem 
Dialekte  der  syrischen  Gebirgsbewohner.  Von  den  Moslemin  werden  die  Nf. 
gründlich  gehasst,  als  FeUahin  gescholten  und  bei  jeder  Gdq^enheit  misshandelt. 
Die  N.  erwidern  diese  GefUhle  im  vollsten  Maasse.  Sie  sind  gleichgiltigf  aber- 
gläubisch und  unwissend,  aber  sehr  gastfrei.  Doch  stehen  sie  im  Rufe  unver- 
besserlicher, verwegener  Räuber,  und  eine  Reise  durch  ihr  Gebiet  gilt  immer  als 
gefahrlich.  Dass  sie  zum  grossen  Theile  von  Raub  leben,  räumen  sie  sogar 
offen  ein,  sagen  aber,  dass  die  Türken  daran  Schuld  seien.  Von  ihrer  Religion, 
ihren  Sitten  werden  die  abentenerliclistcn  Dinge  berichtet  Sie  selbst  halten 
ihre  Glaubenslehren  sehr  geheim  und  gebärden  sich  in  allem  als  rechtgläubige 
Moslemin,  üben  auch  Abwaschungen  sowie  die  Beschneidung,  und  zwar  in  ver- 
schiedenen  Altersstufen.  A.  v.  Kxsmbr  hat  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dass 
die  N.  mit  den  alten  Manichüem  xusammenhXngen;  sie  gelten  fttr  reine  Heiden, 
lUr  Ueberiesle  der  Astartediener,  und  sind  als  »Lichtansltfscha«  verschrieen;  bei 
ihrem  religiösen  Hauptfeste,  »Ghadir«  sollen  sie  einem  auf  einem  Altare  sitzenden 
schönen  Weibe  in  eigenthUmlicher  Weise  ihre  Verehrung  darbringen.  Dann 
huschen  verschleierte  Weiber  durch  die  Vorhänge  in  den  geheiligten  Raum,  worauf 
plötzlich  «alle  1  ichter  verlöschen  und  die  wildesten  Orgien  stattfinden  ^^it  diesem 
Vorwurfe  beliebiger  Vermischung  im  Dunkeln  sind  aber  die  Orientalen  schnell 


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$86 


bei  der  Hand.   Die  N.  sind  ein  schöner  Menschenschlag,  von  stärkerem  Knochen- 
bau und  Muskeln,  dunkler  als  die  Türken,  aber  hellfarbiger  als  die  Araber«  öfter 
mit  braunem  Haar.    Nach  Ltoa  Cahun  haben  sie  blondes  Haar,  rosige  Gtnjciht»» 
färbe     mitunter  sopa  Sonmenprossen,  eme  grosse  Seltenheit  unter  Orientalen, 
und  helle  blaue  lebhafte  und  intelligente  Augen.  Durch  ihre  angenehmen»  kfihneB 
Zttge,  ihr  gefälliges  Aeuisere  und  stolse  Haltung  stechen  sie  scharf  von  Amben\ 
TOrken,  Maroniten,  Kurden  u.  s.  w.  ab.   Die  Weiber,  in  der  Jugend  scbtta^ 
haben  oft  helles  Haar  mit  schwanen  Augen,  verblühen  aber  rasch.  Kleidiiqg 
meist  weiss,  die  heilige  Farbe;  roth  und  schwarz  ist  der  Gürtel  über  dem  weissen, 
auf  der  Brust  offenen  Baumwollenhemd,    Eine  syrische  J-^cke  und  weite  kurze 
Baiimwollhosen  vollenden  den  Anzug.    Die   Weiber,  ahnlich  gekleidet,  tragen 
auch  Hosen,  aber  keinen  Schleier;  halten  sich  indes  in  ihren  ärmlichen,  schniut?ig;en 
Häusern  stets  zurückgezogen.    Die  N.  sind  lustig  und  lebhaft,  rühmen  sich  ai>er 
und  prahlen  nicht.   Ihre  Blutfehden  (cHack-el-Dum<)  werden  nur  in  Fliedens» 
Seiten  ausgetragen,  können  aber  duitch  Blntgdd  gestthnt  werden.  Im  Kriege 
fordert  der  Todschlag  keine  Blutrache.  Der  gemeine  Mann  kauft  seine  Frau; 
dann  muss  er  noch  dem  Dorfdgenäittmer  ein  Anstandigdd  für  die  Erlaufamti 
sur  Hodixeit  bezahlen.  Adelige  Frauen  heirathen  aber  ni^  ohne  der  Verbindong 
von  Herzen  zuzustimmen.   Scheidung  ist  untersagt  Fol]rgamie  aber  bis  zu  vier 
Weibern  erlaubt.  Jede  Gemeinde  steht  unter  einem  fast  unabhängigen  Mokaddem. 
Das  Volk  bildet  einen  geschlossenen  Körper,  kann  40000  Waffenfähige  stellen 
nnd  zerfällt  in  zwei  Kl.Ts^en:   die  Scheiche  (Adel)  und  gemeines  Volk.  Die 
bcheiche  haben  wieder  zwei  Klassen:   geistliche  und  weltliche.    Letztere,  zum 
Theil,  jedoch  nicht  allgemein  aus  guter  Familie,  haben  ihre  Stellen  durch  die 
Gunst  der  Regierung  erhalten,  obwohl  viele  seit  mehreren  Generationen  im  Arote 
sind.  Die  geistlichen  Scheiche  gelten  fttr  fast  unfehlbar  und  gemessen  grosse 
Vorrechte;  schon  als  Knaben  lernen  sie  lesen  und  schreiben  und  werden  durch 
ein  weisses  Kopftuch  von  frühester  Kindheit  an  von  ihren  GeOhrten  unterschieden. 
Die  unteren  Klassen  werden  swar  auch  in  die  Grundsätze  der  Religion  etngeweihtt 
jedoch  nicht  in  den  mystischen  oder  höheren  Theil.    Die  N.  lieben  den  Tanz, 
wozu  sie  sich  mit  allen  Waffen  schmücken,  und  Kampfspiele  (>Dscherid<,  d.  i. 
Speer,  eigentlich  l'.iime).    N.icli  L.  Cahun,  der  sehr  günstio;  nher  die  N".  be- 
richtete, verdienten  sie  mehr  Interesse  als  jeder  andere  Stamm  Syneos,  weil  sie 
wirkliches  Verlangen  n.irh  Civilisation  trügen.      v.  H. 

Nasale»  s.  Schädelentwicklung.  Grbch. 

Nasalis,  Ofoffr.  ,  syn.  Rynchop'tthecus ,  Daiii.bom,  Nasenaffe,  Kahau;  aul 
der  Insel  Bornco  lebende  Gattung  der  catarrhinen  Affen,  zur  Unterfamilie  der 
Hundsaffen  »CympU/ucintt  Is.  Ckoffk,  (s.  d.)  gehörig,  ohne  Backentaschen,  mit 
weit  vorspringender,  >beweglichcr^,  die  Oberlippe  überragender  Nase;  Nasen- 
rücken breit,  vorne  etwas  verjüngt,  mit  seichter  Furche;  Nasenlöcher  nach  unten 
gerichtet,  sehr  gross,  willkürlich  erweiterungsfähig.  Letzter  unterer  Molar  shöckerig. 
Msgen  zusammengesetzt  Kehlsack  sehr  gross.  ~-  Nur  eine  Art:  Nasaäs  buwOrns, 
GBOPnt.  (Semnopi^Utus  nasiats,  Cuv.)  Körperlänge  70  Centim.;  Schwanz  angebUcfa 
etwas  länger,  Höhe  55  Centim.  Bdiaarung  weich,  verlängert  sich  ati  den  Gesichts* 
Seiten  und  am  I&terhaupte,  bildet  um  den  Hals  einen  Kragen.  Scheitel,  Hinter- 
kopf, Schultergegend  kastanienfarben,  Rücken  fahlgelb,  dunkelrothbraun  gewässert 
oder  rothbraun;  in  der  Kreuzgegend  ein  scharf  umschriebener  graulich wi^^er  Fleck; 
Brust,  Bauch  hell  rötbUcbgelb,  nach  liinten  graulich.    Gliedmassen  gelblichrotb, 


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NaMÜ-Panct  —  Nase. 


5«7 


unten,  wie  der  Schwans,  aschgrau.  Gesicht  kupiri^^  Hände  und  Gesässscbwielen 
schwärzlich.     v.  Ms. 

Nasal-Punct.  Unter  Nasal-Punct  versteht  man  die  Mitte  der  naso-frontal- 
Naht  an  der  Nasenwurzel.  Der  Punkt  ist  von  Wichtigkeit  zur  Bestimmung  ver- 
schiedener, am  Schädel  gemessener  VVinkei.  N. 

Naaamonen.  Mächtiges,  aber  rohes  Volk  des  Alteräunns»  das  fi^er  an 
der  Sttdwestseite  von  Cyrenaikabis  in  die  Mitte  der  grossen  Syite  ia  Nord-Aftika 
bin  wohnte,  von  den  Römern  aber  in  die  inneren  Striche  Marmarica's  zurttck- 
gedringt  wurde.  Nach  Herodot  übten  sie  Heroenkultus,  hatten  Weibergemetnschaf^ 
assen  getrocknete  und  in  Milch  geweichte  Heuschrecken  u.  s.  w.  Sie  streiften 
jenseits  der  Areg'Region  bis  Wargla  als  äussersten  Punkt,  ostwXrtS  aber  bis 
Audschila,  um  im  Herbst  die  Datteln  einzuheimsen.     v.  H. 

Nasci.  Völkerschafl  des  Altcrthums,  am  nordwestlichen  Abhänge  der  Kbi- 
päen,  im  heutigen  Eussland.     v.  H. 

Nascopis,  s.  Naskapit.     v.  H. 

Nascud,  indunerstamm  Nordwest-Amerika  s  am  oberen  Fräser-  und  Thompson- 
Flusse.     V.  H. 

Nase.  Die  Nase  ist  ein  vorspringender,  dreisdtig  pyramidischer  Körper  des 
Geachtes,  swischen  den  Augenhöhlen  und  (Iber  der  Mundöfihung  gelegen.  An 
der  Nase  lassen  sich  unterscheiden:  die  zwischen  den  Augen  liegende  Wuisel» 

der  Rücken,  die  Spitze,  die  Nasenflügel,  die  äusseren  oder  vorderen  Nasenlöcher 
und  die  Nasenscheidewand.  Der  obere  Theil  der  Nase  wird  gebildet  durch  die 
Nasenfortsätze  der  Oberkiefer  und  durch  die  Nasenbeine.  Der  untere,  welcher 
beweglich  ist,  setzt  sich  aus  mehreren  Knorpeln  zus:>mmen:  x.  aus  dem  Scheide* 
wandknorpel  (Cartilago  s(pti  narium) ,  welcher  die  Scheidewand  der  Nase  nach  vorn 
verlängert,  2.  aus  den  oberen Seitenknorjseln  (Cartilaeine^  superiores)\  liegen  7urSeite 
des  vorigen,  3.  aus  den  unteren  Seitenknorpeln,  Knorpeln  der  Nasenflügel  (C.  in- 
feriores oder  alarum  narium)  \  bilden  die  Nasenspitze.  Die  vorderen  (äusseren) 
Nasenlöcher  Ähren  in  die  Nasenhöhlen  (CaoiUUis  imrmm).  Die  Nasenscheide- 
wand trennt  sie;  dieselbe  setsen  zusammen  das  Riechbein,  das  Pflugicbaarbein 
und  nach  yom  als  Fortsetzung  der  Scheidewandknoipel.  Hinten  führen*  aus  diesen 
Höhlen  die  hinteren  Nasenöfinungen  (Ckaanae)  in  die  Rachenhöhle.  Die  Nasen- 
höhlen besitzen  drei  übereinander  gelagerte  Erhabenheiten,  die  Nasenmuscheln 
(CoHchae),  welche  durch  Platten  gebilden  werden.  Die  obere  Wand  oder  Decke 
der  Nasenhöhlen  wird  durrli  die  Siebi)lattc  dc^  Riccbbeines  gebildet,  durch  die 
die  Kaden  des  Geru«  h^^^tu  r\  1  n  in  die  Nasenhöhle  dringen.  Die  Nasenhöhlen 
werden  noch  vergrössert  durch  die  mit  ihnen  in  Verbindung  stehenden  Neben- 
höhlen. Es  sind  dieses:  i.  Die  Kieferhöhle  (Sinus  maxiliaris),  im  Innern  des 
Oberkiefers.  2.  Die  Keilbeinhöhle  (Sinus  sphenoidalis),  im  Körper  des  Keilbeins ; 
durch  eine  mittlere  Scheidewand  in  zwei  Seitenhöhlen  getheilt.  3.  Die  Stirnhöhle 
(Smus  /rMtaßs),  zwischen  den  beiden  Knocfaentafeln  des  Stirnbeines;  4.  Die 
Riechbeinsellen  (Ceibdae  itkmMdaUs),  zellige  Höhlen  im  Riechbein.  Die  Nerven 
der  Nasenhöhlen  stammen  tbeils  vom  Rieehnnven,  welche  durch  die  Sid>platte 
dringen,  theils  vom  Nasenzweige  des  fünften  HirnnervenpaareSt  welche  durch  das 
innere  Augenhöhlenloch  treten.  —  Die  Oberfläche  der  äusseren  Nase  besitzt  eine 
dünne  Kpidermisbekleidung  und  zeigt  eine  sfirkc  Kntwicklnng  der  Srbweissdrtlsen. 
Nach  dem  Innern  der  Nase  setzt  sich  der  Epithehaluberzug  eine  Strecke  als  ein 
System  geschichteter  platter  Zellen  fort,  bis  das  Fhmmerepithel  beginnt.  Nicht 
die  ganze  Oberfläche  des  Innenraumes  der  Nase  dient  als  Riecborgan,  sondern 


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I 


$88  Nase. 

nur  flns  Ausbrefttingsgebiet  de«?  uVt'nfus  Olfactorius,  die  Regio  Olfacioria.  T^?ese 
erstreckt  sich  auf  die  obere  Partie  der  Naser\schcidc\vand,  auf  die  obere  und  einen 
Theil  der  mittleren  Muschel.  Sie  ist  durch  eine  bräunliche  P'ärbung  kenntlich. 
Ausserdem  unterscheidet  sie  sich  von  dem  übrigen  Ueberzug  der  Nasenhöhle  durch 
grössere  Dicke,  durch  charakteristische  Drüsen  und  durch  die  Epithelzellen,  «eldie 
ohne  Ftiminem  sind.  Die  Drüsen  (BowMAii'sche  DrOsen)  haben  eine  lange 
schlftuchfönntge  Gestalt  und  mOnden  mit  verengtem  Ausfbhrungsgange.  Das 
Epithel  der  Rtgi»  O^tuUria  besteht  aus  einem  em&chen  Uebetaug  langes 
cylindfischer  Zellen.  Der  Inhalt  derselben  enHiilt  gelbliche  oder  bräunliche 
Körnchen,  welche  der  Regio  die  bezeichnende  Farbe  verleihen.  Nach  ionai 
setzen  sich  die  Zellen  in  verzweigte  Fortsätze  fort,  durch  deren  Verbindung  eine 
Art  Fasemetz  entsteht.  Zwischen  den  Rpithelzellcn  liegen  andere  Zellen  von 
nervösem  Charakter,  die  Riechzellen  Sie  besitzen  einen  spindelförmigen,  fast 
gänzlich  vom  Kern  eingenommenen  Korper.  Von  dem  inneren  Ende  der  Riech- 
zellen geht  eine  feine  Fibrille  hinab,  nach  aussen  verlängert  sich  die  Zelle  stäbchen- 
förmig und  trägt  an  der  Spitze  bei  manchen  VVirbelthieren  einen  Büschel  von 
Sinneshärchen.  Die  feinen  Fibrillen  des  unteren  Endes  gehen  wahrscheiiilich  in 
die  Nervenfiuem  des  O^aOms  Uber,  die  sich  hier  in  der  Regh  O^^ümria  aus* 
bieiten.  D« 

Nase«  Die  Gestalt  der  Nase  ist  für  den  Anthropologen  ein  nidit  umsichtiges 

Merkmal  xur  Unterscheidung  der  Menschenracen.   Bei  Menschen  und  Affim  ist 
sie  gletrh  und  zeigt  nur  morphologische  Verschiedenheiten:  Bei  Ersteren  springt 
sie  mehr  oder  weniger  vor,  während  sie  bei  Letzteren  in  der  Regel  glatt  ist. 
Doch  erleidet  diese  Kegel  zahlreiche  Ausnahmen;  man  denke  nur  an  den  V.T^en- 
aficn  mit  seinem  gewaltigen  Geruchsorgan.    Bei  Kuropäern  und  Nordamerikanern 
entwickelt  sie  sich  nach  vom  heraus,  bei  den  Mongolen  dagegen,  insbesondere 
bei  allen  wirklichen  Mongolen,  und  bei  Negern  in  die  Breite.  Die  durch  Hervor- 
springen und  Verbreiterung  geschaffenen  Verschiedenheiten  finden  ihren  Aus- 
druck in  ein^  Reihe  von  Indices,  von  denen  wir  zwei  als  die  wichtigsten  nam» 
haft  machen:  erstens  das  Verhältniss  der  Breite  «nr  Höhe  (Trans versal-Indei^ 
auch  kurzweg  Nasenindex  genannt);  zweitens  das  Verhältniss  der  grössten  Brette 
zum  grössten  Hervorspringen  der  Nase.  —  Bei  Betrachtung  der  Nase  bat  man 
auf  Folgendes  hauptsächlich  sein  Augenmerk  zii  richten:  Zahl  und  Gestalt  der 
Läppchen;  Form  der  Flügel;    Form  und  Richtung  der  Nasenlöcher;  Nasen- 
rücken:  Gestalt  desselben,  ob  dachförmig  oder  rund;   Rirhfiuig  desselben,  ob 
geradlinig,  bucklig,  konvex  oder  konkav;  Tiefe  der  KinKenkung  der  Nasenwurzel 
(sehr  beträchtlich  bei  den  Melanesieren,  die  sich  dadurcli  von  den  Afrika-Negern 
unterscheiden;  geringfügig  .dagegen  bei  Mongolen,  Arabern  und  dem  Typus  der 
Venus  Milo);  Wölbung  der  Nase:  eigenartig,  wie  gebrochen  oder  geknickt  bei 
den  Amerikanern;  Hebung  der  Ebene  der  gansen  Nasenbasis  oder  der  Nasen* 
ilttgel  allein  nach  oben  und  aussen,  welche  bewirkt,  dass  man  von  vom  oder 
von  der  Seite  mehr  oder  weniger  in  die  Nasenlttcher  Mneinsdien  kann.  « 
Nebensächlich  ist  die  verschiedene  Enlwickelung  der  Muskulatur  der  Nase 
Beim  Europäer  erweitern  sich  die  Nasenlöcher  nur  bei  eintretender  Athemnoth, 
bei  anderen  Racen  jedoch  auch  während  des  gewöhnlichen  Athmens,    Bei  der 
sogennnnten  Stumytfnrtse  (Chinesen)  findet  eine  Verki)r?:nng  der  unteren  Nasen- 
parthie  statt  m  Folge  mangelnder  Festigkeit  der  Knorpel.    Das  völlige  Einsinken 
der  Nase  ist  nicht  Racenmerkmal,  «sondern  Folge  pnthologischer,  den  Knochen 
vernichtender  Frocesse  (SyphUis).  ii,beni>u  wenig  ist  das  ir  chien  der  NasenknoipeJ, 


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Ntte-Entwickelung  —  Nasen-Index. 


S«9 


wie  man  es  bei  dnzelneii  Indmduen  beobachtete»  eine  besondere  Stammes- 

eigenschaft,  sondern  eine  recht  seltene,  in  der  R^el  mit  anderen  Abnormitäten 
cinli  ergell  ende  individuelle  Anomalie.  N. 

Nase  Entwickelung.  Die  Bildung  der  äusseren  Nase  erfolgt  beim  mensch- 
lichen Ktnbryo  um  die  Milte  des  zweiten  Schwange rschaflsmonates.  Sie  wächst 
aus  dem  vordersten  Nascntheile  des  Urschädels  heraus,  ihre  charakteristische 
Form  erhält  sie  erst  später.  Sie  kommt  nicht  dem  Menschen  allein  zu,  sondern 
es  gicbt  auch  Affen  (Semnopühecus  nasicus,  Nasenaite),  welche  vollständige 
Menschennasen  besitzen.  Andererseits  nimmt  die  Nase  bei  vielen  niederen 
Menschenracen  eine  nichts  weniger  als  schöne  Gestalt  an.  In  phylogenel3Sf.her 
Hinsicht  ist  die  Thatsache  beachtenswerth,  dass  nur  bei  den  Affen  der  alten 
Well,  den  sogenannten  CatarhiAen,  die  Nasenscheidewand  ebenso  schmal  bleibt 
wie  beim  Menschen,  wtthrend  sie  sich  bei  den  Affen  der  neuen  Welt,  den  so* 
genannten  Platyrrhincn,  nach  unten  stark  verbreitert,  wodurch  die  Nasenlöcher 
mehr  nach  der  Seite  rücken.  Näheres  über  Nases.  Riechorganentwicklung.  Grbch. 

Nase,  Chondrostoma  (s.  d.)  nasus,  Linn^,  mit  stark  vorragender,  conischer 
Schnauze,  kaum  gebogener  Mundspalte,  einerseits  6,  andcrcrstUs  o  oder  7  Schlund« 
Zähnen  und  sehr  langgestrecktem  Körper.  Rucken  sc  Invarzlich  grun,  die  Seiten 
heller,  gegen  den  Bauch  hin  äilbcrglänzend;  alle  Hussen  im  Sommer  liuchioih. 
45  Centim.  lang,  bis  i  \  Kilo  schwer.  In  Süddentschland  sUUker  als  in  Nord* 
deutschland  verbreitet,  in  Flüssen  und  Seen;  Nahrang  fast  ausschliesslich  vegeta* 
biliscb  (Wasseralgen}.  Laichxeit  April  und  Mai;  sie  suchen  in  dieser  Zeit  die 
Ausflüsse  der  Seen  auf  und  werden  dann  in  hundeiten  von  Centnem  gefimgen. 
Fleisch  wenig  geschütst  Ks. 

Nasenaffe,  s.  NasaÜs,  Geoffr.     v.  Ms. 

Nasenbären,  s  Nasua,  Stork,    v.  Ms. 

Nascnbcuteldachs,  s.  Peramcles,  Gfofer.      v.  Ms. 

Nasenbreite.  Die  NaseiiLreitc  Skelett,  d.  h.  die  grosste  IJrcitc  der 
vorderen  NasenöflTnung,  wird,  wo  sii  }i  findet,  horizontal  gcincbsen.  Beim 
Lebenden  unterscheidet  man  oi  eje  und  untere  Nasenbreile.  Man  misst  die 
erstere  mit  dem  Tasterzirkel  von  einem  inneren  Augenwinkel  zum  anderen,  die 
letstere  vom  äusseren  Ansatse  des  eben  Nasenil ugeis  sum  anderen.  N. 

Haaen-DScher,  furche-,  gänge-,  gruben-,  höhten-,  klappen-,  Idcher,  s.  Riech- 
ofganentwickelung.  Grbch. 

Nasenfortsätze,  s.  SchftdelentwicUnng.  GaBCH. 

Nasenhai,  s.  Lamna.  Klz. 

Nasenhöhe.  Die  Nasenhöhe  wird  am  Sketett  gemessen  von  der  Mitte  der 
sutura  naso'fronfalis  Ins  zur  Mitte  der  oberen  Fläche  des  Nasen-Stachals,  resp. 
bis  zum  tielsten  Kande  der  Apcrtura  pyri/ornüs.  Am  Lebenden  mis.st  nia;!  sie 
mit  dem  Tasterzirkel  von  der  Nasenwurzel  bis  zum  Ansätze  der  Nasenscheide* 
wand  an  der  Oberlippe.  N. 

Nasen-Index.    Der  Nasen-Index  am  Skelett  ist  das  Verhältniss  der  grussten 
Breite  der  vorderen  Nasenöfinung  zur  grösstea  Länge  der  Nase  (Nasenhöhe)  von 
der  j^iwM  masaäs  bis  zur  «or^rM^-Naht  Deiadbe  wird  ausgedrückt  durch  die 
Formel*  'oox Breite  der  Nasenöffnung 
*            Nasenhöhe.  ' 
Reicht  dieser  Indez  bis  47,0^       so  nennt  man  die  Nase  l^iarrkm. 
u       n       M        47»* — 5*  »»    *»      w    n    »$  mes4trrMß» 
w        M        n     n     51»»— 58  w     M        n     w     »  plafyrrhin. 
liegt        „       „  über  58,1        „     „   ,  hyperplatyrrkiH, 

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59© 


Beim  l  ebenden  versteht  man  unter  Nasenindex  das  Verhältniss  der  unteren 
Nasenbrcitc  (vergl.  »Nascnbreitec)  zur  Nas^nhöhe  (vergL  >Nasenhöhe<).  N. 

Nasenkakadu,  s.  Licmetis.  Rchw. 

Nasenkröten  =  Khinophryniden  (s.  d.).  Ks. 

Naaenstodctrager  (hoU.  Neusstockdragers),  Bezeichnung  für  die  westlichen  . 
Kairi-Kairi«  ein  Stamm  der  Buschmänner  (s.  d.),  welcher  einen  Holalock  im  Naaen^  I 
knoipel  SU  tragen  pflegt    v.  H. 

NaMiis»  CoMMEits.,  Nashomfisch.  Fisch  aus  der  Familie  Atrmmruhe  (s.  d.). 
Stirn  ttber  den  Angoi  an  einem  hom^en  Fortsatz  verlängert  Im  indiidien 
Ocean.   Naseus  unicorms,  FoRSK.»  nidit  selten  xw»chen  Korallen.  Klz, 

Nashorn,  Nashörner,  s.  RhinoceroSf  Rhinocerotidae.    v.  Ms. 

Nashomfisch,  s.  Naseus.  Klz. 

Nashornkäfer,  s.  Oryctes.     E.  T(i. 

Nashornvögel,  s.  Bucerotidae.  Kcha\% 

Nashua,  Algonkinindianer  am  Nashua  River  und  unteren  Merrimack.     v.  H. 
Naaicomia,  s.  Rhinocerotidae.     v.  Ms. 

NMir»  Wanderttamm,  bald  im  Gebiete  der  Ghilsai-A^haaen,  bald  im  Oeii> 
liehen  Choiassan  umheniehend,  will  mit  dem  Clane  der  Hotaki  verwandt  aeiai, 
ist  aber  wahrscheinlich  nichts  als  ein  eingewanderter  Bnichlheil  der  Beliitsclien 
(s.  d.).    V.  H. 

Nasitema,  Wagl.«  s.  Micropsittacidae.  Rchw. 

Naskapit,  Kascopis,  Nescaupi,  fälschlicli  Skoffie  oder  Escopies  genannt, 
Algonkinstamm,  von  den  Franzosen  TÖtc  de  beule  genannt,  vielleicht  weil  sie, 
wie  P.  Petitot  vcrmiitbct,  die  Kopfe  der  Neupcbnrenen  künstlich  nbninden.  ] 
Sie  gehören  zum  Zweige  der  Crccs  und  wohnen  m  Unter-Canada,  richtiger  im 
Inneren  von  Lv^brador  und  Ungawa.  Sie  behaupten,  ihr  nationaler  Name  be- 
deute: »einer,  der  aufrecht  steht«,  zälilten  aber  schon  in  den  luntzigcr  Jaiircn 
bloss  noch  loo  streitbare  Männer.  Ihre  Sprache,  «ne  Mundart  der  Cree-  oder 
Knistenausprache,  ist  stark  mit  Wörtern  der  Saulteux-  oder  Odschibwäq>rache  ge- 
mischt Sie  glauben  an  einen  höchsten  Regierer  der  Welt  und  Uiheber  alles 
Guten,  aber  auch  an  ein  böses  Wesen,  und  die  verschlagenen  Medidnmäimer 
stehen  fast  in  demselben  Ansehen  ^vie  die  Geister.  Dabei  wussten  sie  seit  langem 
die  Geheimnisse  der  unwillkürlichen  Muskelbewegungen  als  einträgliches  Geschäft 
auszubeuten.  Die  N.  haben  grosse  .Abneigung  gegen  Veränderung  ihres  Aufeitf* 
haltcs  durch  Reisen.  Die  N.  haben  nur  wenig  Veikehr  mit  den  Weissen,  zeigen 
sich  dnbei  egoistisch  und  ungastlicli  und  stehen  moralisch  überhaupt  nicht  hoch. 
Ungeiicheut  geben  sie  sich  allen  roheren  I^idenschaften  hin  und  haben  in  ihrer 
Sprache  kein  Wort  für  Schamgefühl,  welcher  Begrili  ihnen  auch  tliatsachiich  fehlt. 
Vielweiberei  ist  bei  ihnen  Regel;  Liebe  spielt  bei  ihren  ehelichen  Verbindungen 
nicht  die  geringste  Rolle  Heirathen  unter  nahen  Verwandten  sind  erlaubt^  auch 
nimmt  oft  ein  Mann  zwei  Schwestern  zu  gleicher  Zeit  Vettern  und  Mohmcn 
werden  als  Geschwister  angesehen  und  auch  so  benannt  Alle  schweren  Arbeiten 
der  Haushaltung  fallen  den  Weibern  zu;  die  emsige  Beschäftigung  der  Männer  ist  die 
Jagd  und  im  Winter  der  Fischfang,  aber  sie  bringen  nicdr  einmal  das  erlegte  Wild 
nach  Hause,  denn  auch  das  ist  das  Geschäft  der  Weiber.  Die  N.  erschlagen 
ihre  hochbejahrten  und  schwachen  Fltcrn  und  Verwandten,  welche  darum  zu 
bitten  pflegen;  sonst  behandeln  sie  durciigangig  ihre  alten  Leute  mit  vieler  Sorg- 
falt und  Zärtlichkeit.  Wenn  ein  N.  im  Winter  stirbt,  wird  der  Leichnam  auf  ein 
hohes  Gerüst  gelegt  und  erst  im  Sommer  begraben.   Ihre  Nahrung  beruht  vor« 


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Naskotin  —  Nasm. 


591 


wiegend  auf  dem  Ren  (Karibu).  Auch  ihre  Winterkleidung  besteht  bei  beiden 
Gescblechteni  zum  Theil  aus  Renthierfell,  dann  aber  aus  Leder,  das  gewöhnlich 
recht  geschmackvoll  bemalt  ist.  Es  scheint  eine  Art  Gütergemeinschaft  bei  ihnen 
zu  existiren.  Die  N.  sind  sonst  friedlich  und  harmloSf  hassen  aber  die  benach* 
harten  Eskimo  auf  das  Bitterste.      v.  H. 

Naskotin.    Stamm  der  TacuUi  (s.  d.).     v.  H. 

Nasling  =  Nase  (s.  d.).  Ks. 

Nass.  Zweig  der  Chimmesyan  (s.  d.)  am  Nass-River  und  bei  der  Observa- 
toriums-Einfahrt.   V.  H. 

Nattftt  (lAt  Reuse,  wegen  der  nets-  oder  gitterartigen  Skulptur)  Lakakgr 
1801,  Meeisdinecke  aus  der  Familie  der  Bnceiniden,  schon  an  der  Schale  von 

Buccinum  zu  unterscheiden  durch  tieferen  Einschnitt  des  Kanals,  der  wie  auf 
die  Rackenseite  zurücltgediingt  erscheint,  und  mehr  oder  weniger  ausgeprägte 
Auflagerung  von  Kalkmasse  an  der  Bauchseite  der  Schale,  die  bald  nur  einen 
glänzenden  dünnen  Ueberzug,  bald  eine  förmliche  Platte  mit  dicken  freien 
Rändern  (Wulst,  callus)  bildet.  Deckel  homartig,  mit  dem  Kern  an  der  Spitze, 
Seitenränder  etwas  gezahnt.  Fuss  nach  hinten  zugespitzt  und  in  2  Läppchen 
endigend.  An  der  Reibplatte  das  Mittelsttick  viel  breiter  als  bei  Buccinum,  viel- 
zackig, die  Seitenstücke  einspitzig.  Die  Skulptur  der  Schale  ist  in  der  Regel 
gegittert,  wenigstens  auf  den  ersten  Windungen,  veilieit  sich  aber  bei  mandien 
Arten  auf  den  folgenden  mehr  und  mehr.  In  der  Nordsee«  namentlich  an  den 
holländischen  und  englischen  Küsten,  auf  weichem  Grund,  sind  zwei  Arten  hlUi% 
beide  länglich  zugespitzt,  blassgelb  mit  konstanter  Gitteiskulptur,  reticulata, 
Linne,  s — 3  Centim.,  und  die  kleinere  N,  hurassata,  MCi.l.  oder  maeula,  Lam., 
10— 13  Millim. ,  durch  einen  dunkelbraunen  Fleck  neben  dem  Mündungs- 
einsclmitt  kenntlich.  Im  Mittelmeer  neben  diesen  l>ciden  noch  andere  .^rten, 
namentlicli  N'.  mutahilis,  Linnk,  von  der  Grösse  der  reiiculata,  aber  die  letzte 
Windung  ganz,  glatt,  sehr  bauchig,  isabellfarbig  mit  einer  Reihe  röthlicher  Flecken 
an  der  Naht,  die  obersten  Windungen  deutlich  gegittert,  daher  der  Name;  N. 
corniculum,  Olivi,  eben  so  glatt,  aber  schlanker  und  etwas  kleiner,  und  N.  costu- 
iaUt,  RnoER  oder  i/arioN/is,  Frilippi,  in  Gresse,  Skulptur  und  FSrbung  sehr 
variabel,  im  Ganzen  zwischen  ccmkuhm  und  hterasuaa  die  Mitte  haltend,  an 
Tangen  lebend  In  den  tropischen  Meeren  zahfareiche  Arten,  in  Skulptur  und 
Flrbung  sehr  mannigfoltig;  die  grOssten,  4—5  Centim.  lang»  sind  N.  iaenio  oder 
olivaceo,  kastanienbraun  mit  einem  helleren  Bande,  längs  gefaltet,  die  letzte 
Windung  meist,  aber  nicht  immer,  ohne  Falten,  N.  gians  weisslich  mit  schmalen 
braunen  Spirallinien,  ziemlich  glatt,  und  N.  papulosa,  glänzend  weiss,  mit  warzen- 
artigen Höckern  dicht  besetzt,  alle  im  indischen  Ocean.  Ebenda  N,  arcularia, 
grnn  w  oi  .s,  obere  Windungen  mit  groben  Falten,  die  Wulst  an  der  Bauchseite 
iiieisl  die  ganze  letzte  Windung  einnehmend  und  öfters  auch  noch  auf  die  vor- 
letzte übergreifend.  Diese  und  einige  kleinere  ähnliche  Arten  dienen  den 
Malajren  zur  Verzierung  von  BambuskSstdien  und  anderen  Sdmiucltsachen,  daher 
der  Name,  werden  auch  an  Messmgringe  angereiht  an  den  Ohren  getragen. 
Durch  noch  stäikere  Ausbildung  der  Wulst  und  damit  abwddiende  Geaammtform 
der  Schale  zeichnen  sich  auch  noch  zwei  Arten  des  Mlttdmeeres  aus:  AI  gi^ 
ititUa,  LxMNB,  bei  der  die  Wulst  die  ganze  Bauchseite  der  Schale  bis  zur  Spitze 
emnimmt  und  ihre  rothgelben  Seitenränder  auch  noch  von  oben  sichtbar  sind, 
Oberseite  glatt  mit  i — 2  gelben  Höckern,  wie  Eiterpusteln,  hauptsächlich  an 
den  sttdUcben  und  östlichen  Kflsten  des  Mittelmeeres,  und  N,  mriUa,  LmNt, 


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592 


Nassula  —  Natatores. 


Wulst  auch  die  game  Bauchseite  einnehmend,  aber  das  Gewinde  gaaa  korx  und 
stumpf,  sodass  die  Schale  fast  scheibenförmig  wird  und  daher  leicht  in  ei^pe 
Ritzen  sich  verkriechen  kann,  wie  die  flachen  Helixarten,  häufig  im  gaaaen 
Mittelmeer,  namentlich  auch  an  den  Treppenstufen  der  Kanäle  in  der  Stadt  Venedig: 
sie  bildet  die  Untergattung  Cytionasia,  stimmt  aber  abgesehen  von  dieser  mit  der 
Lebensweise  zusammenhängenden  Gestalt  in  allen  anderen  (  liarakteren  mit  den 
tibrigen  Arten  iiberein  Fossil  findet  sich  Nassa  von  der  miulcren  Kreide  an,  be- 
sonders /altlrcich  im  Tertiär.  Einige  im  Fliocän  Italiens  häutige  Arten  tinden  sich 
nur  noch  sehr  selten  lebend  im  Mtttelmeer,  häufiger  aber  im  atlaatisdien  Ocean 
in  der  Nähe  der  Capverden,  so  prismatka  und  ttmisintUa,  Monographie  von 
RstVB  1S53»  196  Arten.  S.  atfch  F.  P.  Maskat  on  tfae  varieties  of  tfae  shdla 
in  tbe  genus  Nassat  Liverpool  1880»  95  p.    £.  v.  M. 

Nawula,  £iiren)if:k(;  .  Tracheliide  ohne  einseitige  Auftreibung.  Mund  lateral, 
mit  einer  Reusen^artigen  Bewehrung  des  Mundes.  Fr. 

Nasua,  Stork.,  Nasenbär,  amerikanische  Carni\ orengatttmg  der  Bären, 
Farn.  Ursida,  Wagn  ,  zur  Unterfamilie  tSu/'f/rximr« ,  Hi.ArNV.,  (/yocyontda^  Giraro) 
gehörig,  charakterisirt  durch  die  rtissclartig  verlängerte,  an  den  Rändern  scharf- 
kantig aufgeworfene,  unten  behaarte,  ungefurclitc  Schnauze,  schlanken,  gc>t reckten, 
kur^hal^igen  Korper,  kurze  runde  Ohren,  langen  schmalen  Scliädei.  Die  kurzen 
GHedmasten  mit  breiten  nacktsohligen  Füssen;  die  5  der  Länge  nach  gröastei^ 
Iheilf  verwachsenen  Zehen  mit  langen  spitzen  Krallen,  der.  Scbwaw  ca.  kCtopei^ 
lang,  dicht  behaart  3  ventrale  Zitsenpaare.  Gebiss  mit  |  Pnemolaren, )  MoUren^ 
wie  bei  A^fy^  Stokr  (s.  d.)*  jedoch  sind  die  Zähne  schmäler.  —  N,  sceiaiis. 
Frz.,  Wied.,  geselliger  Coati,  RUsselbär»  Totallfinge  bis  1,05  Meier,  Schwanz  ca. 
45  Centiro.»  Widerristhöhe  27^30  Centim.  Oben  rothbraun,  graubraun  oder  röthlicb 
gelbbraun,  unten  gelblichgrau;  über  jedem  Auge  ein  runder,  weisser  Fleck,  femer 
zwei,  auch  confluirende,  weisse  Flecken  unter  dem  Auge,  ein  weiterer  am  äussersten 
Augenwinkel,  endlich  ein  weisser  Sireü  längs  der  Nasenwurzel.  Schwanz  altermrend 
braungelb  und  schwarzbraun  geringelt.  Ostbrasilien.  —  Nasua  soHtaria,  Wied. 
Der  »eins;imct  Coati  soll  (nach  Henskl-Brehm)  keuie  eigene  Art  sein  [es  seien 
die  einsamen  Coatis  nur  einsiedlerisdi  lebende  taltec  ^  (Bkbhm,  Thierleben, 
n.  Aufl.  L  Abth.  II.  Bd.,  pag.  203^303],  hingegen  wäre  die  von  den  meisten 
Autoren  als  Farbenvarietät  auigefasste  Uue^rl^fnäiAt  TscH.,  aus  Novd*Brasilien 
eine  besdmmt  diffeiente  Form.  —  Die  Nasenbären  sind  Tagdiiere,  die  in  Gesell- 
schaft  bis  zu  so  Individuen  beständig  Laut  gebend,  henimstrdchen,  von  Pflanzen, 
Fruchten,  Kerfen,  Wflnnern,  Schnecken,  kleinen  Wirbelthieren  etc.  leben;  ihre 
erst  in  neuerer  Zeit  etwas  genauer  bekannt  gewordenen  biolog.  Verhältnisse  sind 
sehr  anziehend  Die  N'a.senbärcn  sind  zähmbar;  von  den  Indianern  werden  sie, 
des  Pelzes  und  des  \Vil(l[!rets  wegen,  gejagt.      v.  Ms. 

Natalus,  Gray,  ntncnkaDiüche  Fledermausgattung  der  F:mi  \  apa iilionidoi, 
Wagn.,  nuch.st  verwandt  der  Gattung  Furipterus,  Bunai'.,  von  dieser  jedoch  be- 
sonders durch  den  Besitz  einer  die  Intermaxillaren  median  verbindenden  Knorpel- 
platte unterschieden;  hat  wie  Furiptena  hohen  SchSdel  und  dicht  mit  wanigen 
Linien  besetite  Flughäute,  \  Backzähne,  Schneide«,  durch  einen  Zwischenraum  ge- 
trennt  von  jenen  der  anderen  Kielerhälfte,  sowie  von  den  besIlgL  Eckaähnen.    v.  Ms. 

Natantia,  Iixigr,  Walfischartige  Säugethiere,  s.  Cetaceea.    v.  Ms. 

Natatores,  Schwimmvögel,  grössere  Gruppe,  ordo  oder  subdassis,  der  Vo^l- 
Klasse.  Die  Kennzeichen  sind  folgende:  Kurze  Füsse,  deren  Läufe  ebenso  wie 
das  Flissgelenk  und  der  unterste  Tbeil  des  Schenkels  in  der  Regel  nicht  befiedert  J 


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siiid  (die  meisten  Taucher,  besonders  die  Pinguine  und  einige  Ruderfiissler  bilden 
Ausnahmen  von  dieser  Hegel;  bei  dem  l-rcgattvogel  sind  sogar  die  Laufe  be- 
fiederi}  und  deren  /eben  durch  Sclnvimmhiuite  verbunden  werden.  Es  kommen 
zwar  cin/.ebie  ioiincn  vor,  bei  weU  iicu  nur  kmv.e  Ilefthüiite  die  Basis  der  Zehen 
verbinden,  wie  dies  bei  Slel/vogebi  die  Regel  ist;  immer  charakterisiren  aber  in 
diesen  Fällen  die  kurzen  I^ufe,  welche  kaum  das  Maass  der  längsten  Zehe  er- 
reichen (ausgenommeii  sind  nur  einige  Sturmschwalben)  den  Schwimmvogel, 
während  entgegengesetzt  Stelzvögel  mit  ausnahmsweise  vollen  Schwimmhäuten 
durch  ihre  hohen,  die  Zehenlänge  um  vieles  ttbertreffenden  Läufe  als  solche  ge- 
kennzeichnet werden.  -  Wie  die  Fussbildung  anzeigt,  ist  das  Wasser  das  Element 
der  in  Rede  stehenden  Vögel.  Wenngleich  auch  Repräsentanten  anderer  Vogel- 
gruppen geschickt  zu  schwimmen  vermögen,  so  benützen  dieselben  doch,  von 
wenigen  Ausnahmen  abgesehen,  nur  im  Nothfalle  diese  Fertigkeit.  Die  Schwimm- 
vögel hingegen  verbringen  die  meiste  Zeit  ihres  Lebens  auf  dem  Wasser,  ja  viele 
betreten  das  Land  nur,  um  zu  brüten.  Auf  oder  im  Wasser  suchen  sie  ilire 
Nahrung,  ruhen  sie,  bewegen  sie  sich  im  Spiele,  ilir  dichtes,  stets  stark  einge- 
fettetes Gelider  wird  nicht  durchnässt  und  verhindert  jede  Benetzung  der  Haut. 
Sie  bewohnen  vorzugsweise  die  Meere,  in  geringerer  Zahl  Binnengewässer.  —  Nach 
der  Form  der  Fttsse  und  des  Schnabels  sind  vier  Ordnungen  zu  unterscheiden: 
Taucher  (Urmatores),  Seeflieger  (Longipemus),  Ruderfiissler  (SUgompodes)  und 
Zahnschoäbler  (LamdSroUrts),  Rchw. 

Natdiez  oder  Natschez.  Indianerstamm  am  Mississippi  unterhalb  des  heutigen 
Vicksburg  und  darüber  hinaus  bis  an  den  Red  River.  Sie  gehörten  zum  Bunde 
der  Muskügi,  halten  aber  ursprünglich  eine  vcrscliicdene  Sprache.  Sie  sind  die 
Chigantualaga  des  De  Soto.  Es  ist  nur  noch  eine  kleine  Horde  am  östlichen 
Arm  des  Cusaflusses  davon  übrig.  Die  N.  sollen  die  grösste  .\ehnlichkeit  mit 
den  Peruanern  in  bürgerlichen  und  religiösen  Einrichtungen,  in  Sitten,  Clebräuchen 
und  Lebensweise  gehabt  haben.  Jedes  ihrer  Duilcr  hatte  ein  heiliges  Gebäude, 
wo  sich  die  Fetische  und  die  Knochen  der  Todten  betenden,  zugleich  mit  einem 
AlUr,  auf  dem  ein  ewiges  Feuer  brannte.  Der  Häuptling  leitete  seine  Abkunft 
von  der  Sonne  her  und  herrschte  mit  last  absoluter  Gewalt.  Bei  seinem  Tode 
tödtete  man  ihm  eine  Menge  Gefolge.  Man  unterschied  Edle  und  Gemeine;  ihre 
Sprache  war  eine  besondere.  1 730  wurden  die  N.  durch  die  Franzosen  vertilgt   v.  H. 

Natembenses.    Nach  PtolemAos  kleine  Völkerschaft  im  Innern  Libyens, 
nördlich  vom  Möns  Usargala.     v.  H. 

Natica  (ursprünglich  willkürliche  lateinische  Uebersetzung  des  griechischen 
Ncrita,  von  natare)  seil  Adanson  1757  und  Lamarck  1809  davon  unter  chiedene 
(Gattung  von  Meerschnecken,  durch  die  vorherrschend  halbkugeHormige  Gestalt 
der  Schale  und  den  halbkreisförmigen  Umri&s  der  Mündung  den  Neriien  etwas 
ähnlich,  aber  sehr  wesentlich  verschieden  im  organischen  Bau  und  in  der  Lebens- 
weise. Schon  die  Schale  ist  leicht  daran  zu  unterscheiden,  dass  der  Innenrand 
der  Mttndung  sich  nicht  in  eine  glatte  Ebene  ausdehnt,  sondern  ein  Nabel  vor- 
handen bt  (daher  auch  als  deutsche  Benennung  Nabelschnecke  besser  als 
Schwimmschnecke),  der  meist  riemlich  breit  ist  und  beinahe  immer  durch 
einen  kleinen  oder  grösseren,  oft  strangtörmigen  Wulst  von  Schalenmasse  theil- 
weise  erfüllt  wird.  Die  Oberfläche  der  Schale  ist  fast  immer  porzellanartig  glatt 
und  glänzend,  nur  bei  sehr  wenigen  seltenen  Arten  mit  schwacher  Spiralskulptur, 
gerade  umgekehrt  wie  l)fi  Ncrita,  hellfarbig,  einfarbig  oder  mi»  zahlreichen 
dunkeln  Flecken  tn  beäcunmter  Weise  gezeichnet«    Dem  organisclien  Bau  nach 

2ool.t  AathnvoU  u.  Etbaologie.  Bd.  V.  38 

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594 


Natik. 


gehört  sie  zu  den  Pectinibriinclua  ta<-nu\^li><iU7,  nicht  wc  .Vrrita  zw  den  Scutibranchia 
rJiipiäoglosSii,  ünd  bilHct  mit  Sti^arcius  zus.uiMuen  eine  eigene  Familie,  I^jtiiniae. 
die  sich  fbdnrrh  aus/ciclmet,  da.ss  der  Fuss  ^ehr  stark  ausgebildet  ist  und  vorn 
in  eine  (h(  kc  kcillornii^e  Masse  siel)  verlängert,  hinter  uclcher  der  Ro}>r  l>eiin 
Kriechen  veibuii^cn  isi,  an  Leiden  Seiten  in  flUgclartige  Fortsätze  sich  eriicbt, 
welche  einen  grösseren  oder  kleineren  Theil  der  Schale  umftssen  und  diese  da- 
durch ebenso  rein  und  glatt  erhalten,  wie  die  Mantellappen  hei  Cypraea.  Diese 
Schnecken  leben  auf  weichem  Boden,  Sand*  oder  Schlammgrund,  und  pfl^^en 
sich  in  denselben  etwas  einzugraben,  woAi  eben  das  keilförmige  Vorderende  des 
Fusses  dient.   Sie  sind  fleischfressend,  und  ihrem  Angriff  werden  zum  Theil  die 
runden  Löcher  zugeschrieben >  welche  man  an  verscliiedcnen  Muscheln,  z.  B. 
Tellina,  findet,  indem  sie  mit  ihrem  Rtisse!  mittelst  der  darin  enthaltenen  Reib- 
platte die  Schale  durclibrihrcn.     Kin  Deckel  ist   immer  vorhanden,  annnlicrnd 
halbkreisförmig  wie  die  Mümlun^,  mit  einer  kleinen  Spirale  am  unteren  Knde  und 
zwar  bei  manchen  Arten  kalkig  {Xatica  im  engeren  Sinn  oder  Nacca,  Risso  jSaö), 
bei  der  Mehrzahl  nur  hornig  (Lunaäa,  Gray  1847).   Zu  ersteren  gehört  die  west- 
indische N.  eanrena  (Name  ursprünglich  malaiisch),  I^imfi,  4—6  Centim.  im 
Durchmesser,  gelblich  mit  schwarz  und  weiss  gegliederten  Spindblndem  und  die 
fast  ebenso  grosse,  fttr  das  Mittelmeer  charakteristische  N.  mUüfumdkUm,  Lamarcx 
oder  hebraea,  Martyn,  etwas  matt  braungelb  mit  dunkelbraunen  Flecken,  die  ent> 
weder  klein,  unter  sich  gleich  und  sehr  zahlreich  oder  zu  grösseren  unregdmäss^goi 
Figuren  verbunden  sind,  worauf  sich  jene  beiden  Namen  beziehen;  endlich  die 
hochnordische  N.  clausa,  Hroi}.,  einfarbig  blass  röthlichgrau,  der  Nabel  völlig 
durch  die  Wulst  ausgefüllt,  aber  sein  Umriss  noch  zu  erkennen.    Zu  den  Arten 
mit  hornigem  I>erkel  f^chören  eine  in  der  Nordsee  häufige  Art  von  ähnlicher 
Grösse,  N.  nwniitfcra,  Lam.,  3— 4Centim.,  blass  röthlichgrau  mit  einer  Reilie  kleiner 
komma-formiger  dunkclruihbrauner  Flecken  unter  der  Naht  und  die  kaum  hasclnuss- 
grosse  i\ .  Aläcri,  Fordes,  ebendaher,  etwas  mehr  länglich,  blassgelb  einfarbig  oder 
mit  mehreren  Fleckenreihen,  sowie  mehreie  Arten  aus  dem  Mittelmeer.  Als 
eigenthttmliche  Artengruppen  —  alle  mit  hornigem  Deckel  —  sind  noch  su  nennen 
die  mehr  oder  weniger  plattgedtttckten  grauröthlichen  mit  violett-gelbem  Bande 
unter  der  Naht  und  breitem  braunen,  oft  zweigetheilten  Nabelwulst  (NtotrUa^ 
Risso),  wozu  N.  Josephiniana,  RiSSO      pUa^  SERRES  aus  dem  Mittelmeer  und 
grössere  Arten  in  den  heissen  Meeren,  die  starkginn zenden  einfarbig  wdssen  oder 
gelben  mit  zitzenförmig  vorstehendem  Gewinde  und  sehr  breitem,  oft  den  Nabel 
ganz  rtnsfllllcnder  Wulst,  wie  N.  mamilla,  LiNNt,  im  Rothen  Nfe-T  und  dem 
indischen  Ocean,  und  die  ähnlichen,  aber  dünnschaligen,  du;  kelj/  lK  Ickten  mit 
schwnr/.braunem  Innenrand  der  Mündung,  engem  Nabel  und  klcuiciu  Wulst,  wie 
A'.  mr/nnostoma,  Gmei.in.  endlich  die  ganz  dünnschungeu  cmlarbig  braunen,  etwas 
längliciien  nordischen  Arten,  mit  ganz  ei^m  Nabel,  wie  A^  ülanäka^  Gmelin 
BS  helkoidis,  Johmston  (Ämauropsis,  Mörch),  die  im  Habitus  am  dkeisten  von  allen 
anderen  verschieden  sind.   Fossil  geht  NaiUa  sicher  bis  in  die  Trias  zurück, 
altere  Formen  sind  zweifelhaft.  Im  Eocfln  spielen  eigenthttmliche  kuglige  Formen 
mit  völlig  au^efllUtem  Nabel,  AmpuUma,  Lam.,  eine  grössere  Rolle;  sie  wurden 
frtther  zu  AmpuUarut  gestellt  und  finden  vielleicht  ein  lebendes  Analogon  in  der 
westamenkanischen  N,  fluctuata,  So>viE:RßY.    Monographien  von  Philippi  in  der 
neueren  Ausgabe  von  Chemnitz  1852  und  von  Reeve  1885,  143  Arten.    F..  v.  M. 

Natik.    Die  erloschenen  Algonkinindianer  Massachusetts;  ein  Zweig  der 
östlichen  Lenape.     v.  H. 


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Natiotitains  —  Natrium. 


595 


Nattotitains«  Zwdg  der  CanierJndianer  mit  einem  Dialekte  derselben,  v.  H. 
Natkuadsck  oder  Natuchaizen,  Natucho^sen,  Nadchokuadsch.  Zweig  der 
Adyche  (s.  d.)  in  den  Gebirgen  und  den  der  Festung  Anapa  angrenxenden 

Ebenen.     v.  H. 

Natliautin.    7\vei('  der  Cnrner-Indianer  (s.  d.),     v.  H. 

Natolisches  Fettschwanz-Schaf  (I.evantincr  Schaf),  ein  kleines,  schwarzes 
oder  weisses  Thier,  das  die  charakteristischen  Eigenschaften  des  jbettschwanz- 
schalcs  (s.  d.)  besitzt  und  in  grossen  Heerden  gehalten  wird.  Die  Widder  sind 
meist  gehörnt,  die  Mütter  hornlos.  Durch  sein  Fett  und  Fleisch,  sowie  durch 
seine  Wolle  deckt  dieses  Schaf  die  HauptbedttHhisse  seines  Besitzers.  R. 

Natoliadies  Schwein,  kleines  kraushaariges  Thterj  das  vorzugsweise  in  der 
TOrkeit  demnächst  in  der  Krimm  und  in  den  angrenzenden  russtschen  Gouveroe- 
ments  gehalten,  und  dort  meist  in  Wäldern  gemistet  wird.  Kopf  klein;  Ohren 
spitz,  aufrecht;  Leib  lang;  Beine  niedrig;  Farbe  rOthHch.  Die  MastfiLhigkeit  gilt 
als  gut;  der  Speck  ist  etwas  ölig.  R. 

Natricidae  (als  Fannilie  betrachte»)  bez.  Natricinae  (als  Unterfamilie  der 
ColubriJae  betrachtet);  die  echten  Nattern;  von  ziemlich  kräftigem  Bau,  gewöhnlich 
etwas  niedergedrückt  mit  Hacliem  Bauch;  Schwanz  meist  zicmhch  kurz  und  etwas 
vom  Leibe  abgesetzt;  Kopf  gewöhnlich  niedergedrückt,  breit,  abgesetzt  vom  Halse, 
mit  lunücr  Schnauze.  Pupille  rund.  Nasloch  zwischen  zwei  Nasalia;  Ocularia 
von  verschiedener  Anzahl.  Kdrperschuppen  meist  mit  starkem  Kiel,  gewöhnlich 
in  19  Reihen.  Ventralschilder  ohne  Lateralkiele.  Der  hinterste  Oberkieferzahn 
fast  stets  der  kürzeste»  bei  anigen  mit  Furche«  Land*  und  SOsswasserschUngen 
aller  Erdtheile.  Pp. 

Natrium,  das  an  der  Oberfliche  der  Erde  sehr  weit  verbreitete,  in  ganzen 
Salzlagem  und  im  Meerwasser  so  reichlich  sich  findende  Metall,  ist  auch  ein 
wichtiger  Bestandtheil  des  gesammten  thicrischen  Organismus,  in  dessen  flttfisigen 
Geweben  und  Sekreten  es  den  liervurragendsten  mineralischen  Antheil  ausmacht. 
Die  allgemeine  Form,  in  welcher  es  hierselbsf  ersclieint,  ist  die  des  Chlornatrium, 
der  kohlen-,  phosphor-  vnid  schwefelsauren  Salze;  dieselben  sclieinen  theils  einfach 
gelöst  m  der  Flüssigkeit  enthalten  zu  sein,  theils  finden  sie  sich  in  Verbindung 
mit  Ei  Weissstoffen;  vielfach  ist  wohl  das  Na  auch  in  den  Bestand  des  i:iweiss- 
moleküls  direkt  aufgenommen.  Gerade  diese  letztangedeuteten  Formen  des  Vor* 
komroens  im  Thierkörper  machen  die  Fähigkeit  desselben,  sich  seinen  Na-Gehalt 
beständig  auf  fast  gleicher  Höhe  zu  erhalten,  verständlich,  und  diese  Fähigkeit 
kommt  namentlich  auch  den  flflssigen  Geweben  in  hohem  Gnide  su  (s.  Koch- 
salz), deren  Plasma  ca.  0,4a— 0,45  J  Natron  enthält.    Unter  den  Bestandthcilen 
der  Blutasche  bildet  es  daher  auch  immer  den  reichsten  (24—56});  in  den  ge- 
formten F^lcmenten,  den  Zellen  und  deren  Abkömmlingen,  ist  es  in  entschieden 
geringerer  Quantität  vorhanden.    Die  Natrium-Salze  werden  dem  Körper  in  der 
Nahrung  zugeführt,  Vegetabüicn  sowohl  wie  Fleisch  enthalten  sie  in  einer  im 
Allgemeinen  für  den  thierischen  Haushalt  genügenden  Menge,  besonderer  Na-Salz- 
beigabe  zur  Nahrung  bedarf  es  nur  bei  gleichzeitigem  Kalium-Reicluhum  in  der- 
jenigen der  Pflanzenfresser  (s.  Kalium  und  Kcichsalz).  Der  Na-Ueberschuss  findet 
in  venchiedenen  Exkreten  seine  Abfuhr,  u.  a.  im  Harn  und  Schweiss,  deren  Na- 
Gehalt  desshalb  bald  grösser,  bald  geringer.  —  Die  physiologisdie  Bedeutung 
der  Na-Verbindungen  beruht  nicht  in  deren  Antheilnahme  an  dem  Aufbau  des 
Körpers,  obwohl  sie  für  die  Bildung  von  Geweben  unentbehrlich  sein  dttrften, 
sondern  weit  mehr  in  ihrem  Einfluss  auf  den  thienscben  StofiwechseL  Welche 

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59^ 


Hatrix  —  Naturriflket. 


hervorragende  RoUc  das  Kochsal^  spielt,  wurde  schon  gclegcntlicli  der  Besprerlmng 
ilu-M  f  Na-V'ttbinduny;  cior'.ert;  von  den  iilirigeii  im  Körper  vorkommenden  Ver- 
buuiunycn  dei>  Mctallcs  sei  noch  erwähnt,  dass  sie  als  CU^-'l  rager  tigurirea  und 
so  uir  den  Gasgehalt  und  Gaswcch.sel  licdeulung  erlangen,   b^infach  kuldcnsaurcs 
Natrium  >.  B.  kann  noch  ein  andetes  Aequivalent  CO,  in  swh  aufnehmen,  ebenso  wie 
auch  Dinatriumphosphat  veimittelst  eines  Moleküls  Natrium  CO^^Bindangsvermogcn 
besitzt;  da  diese  Verbindungen  unter  der  Wirkung  eines  höheren  CO^^Partiür- 
druckes  entstehen  und  andererseits  bei  dessen  Abnahme  wieder  dissosiireo»  so 
würden  durch  sie  dem  COj-Wcchscl  des  Thierkörpers  und  damit  der  Athmung 
wesenthe.he  Dienste  geleistet.   Unter  der  Anwesenheit  kohlensaurer  Alkalien  ver- 
fallen ferner  gewisse  organische  Substanzen,  die  sich  sonst  gegen  den  Saucrstofi 
ziemlich  indifferent  vctlulten  (so  Glyzerin,  Zucker,  organisclie  S;\uroii  et»      <L  r 
Oxydation  leichter  und  schneller.    Die  i>hosphorsauren  Alkalien  daLL-cti  sind  ni- 
direkt  an  der  F.ntsiehung  der  sauren  Rcaciion  gewisser  Geweljc  und  .*>ekrcte  be- 
theiligl  (s.  rhosphursaure).   Abgeselien  von  diesen  im  Thierkorper  allgemein  ver- 
breiteten Na-Salzen  ist  dieses  Metall  in  einzelnen  Bestandtheilen  und  Sekreten 
desselben  auch  noch  an  spedfische  Säuren  gebunden,  so  als  glyco-  und  kaurochol- 
saures  in  der  Galle,  als  harn*  und  hippnrsaures  im  Harn»  als  oxal-  und  raikb* 
saures  in  einzelnen  Organen  und  im  Darminhalt  S. 
Nfttrix  «  Tn^pidfiMtus,  Pf. 

Natsche-Kutschin  oder  Strong  people,  Loucbeux>Athapasken  am  nördlichen 

Ufer  der  Porkupinemündung.     v.  H. 
Natschi,  s.  Nachees.     v.  H. 
Natschitotschen,  s.  Nachitoches.     v,  H. 
Nattcrnadlcr  =  Schlangenadler,  s.  Circaetos.  Rchw. 
Natua.    Stamm  der  westlichen  Kaft'ern.     v.  H. 
Natuben.    Kleiner  Negerstamm  an  der  Küste  Senegambiens.     v.  H. 
Natuchoidzen,  s.  Natkuadsch.    v.  H. 

Naturracen.  Hausthierracen,  welche  in  der  geschichdichen  Zeit  ihre  Eigen- 
schaften nicht  oder  nur  unwesentlich  geändert  haben,  frei  von  fremden  £lutbei> 
roischungen  und  unbeeinflusst  von  der  menschlichen  Kunst  geblieben  sind,  nennt 
man  Naturracen.    Der  Bestand  von  Naturracen  ist  an  die  Constanz  derjenigen 
Bedingungen  geknüpft,  unter  welchen  diese  Racen  von  Alters  her  bestanden  haben. 
Ihre  wirthschaftliche  Bedeutung  ist  gegenüber  der  nuxlernen  Praxis  im  Vergleich 
zu  den  Kulturracen  (s.  d.)  eine  iinterp:eordnetc.    Kine  besondere  Bedeutung  ge- 
winnen sie  itulcss  vernioi^e  ihrer  niedrigen  Produktionskosten  und  ihrer  Häupiter- 
zahl  als  Fleisch-  und  Wollvieh.    Kbenso  sind  sie  für  ihre  HeimathstÄtlen,  solcme 
in  den  letzteren  die  wirthschalüiclien  Verhältnisse  eine  Veränderung  nicht  erleiden, 
gewöhnlich  die  nutzbarsten  Racen.    Zu  den  Naturracen  zählen  die  masurischen 
Pferde,  die  Fjorder-Pferde,  die  Shetland-Ponys,  das  russische  Steppenvieh,  das 
Fjellvieh,  das  Telemarkvieh,  das  Heideschaf  und  dergl.  Aus  den  Naturracen 
können  durch  den  Einfluss  des  Menschen  mit  oder  ohne  Blutmaschung  zunächst 
Uebergangs-  und  weiteriiin  Kulturracen  gebildet  werden.  R. 

Naturvölker.  Man  bedient  sich  dieses  Ausdruckes  als  Gegensatz  zu :  Kultur- 
völker« ;  der  eine  ist  aber  eben  so  ungenau  wie  der  andere.  £s  sind  durchaus 
schwankende  Begriffe.  7ai  den  N.  rechnet  man  nicht  bloss  die  sogen.  Wilden, 
sondern  auch  solche  Stäunne,  die  ein  mitunter  nicht  unansehnliches  Maass  von 
Gesittung  si(  h  angeeignet  haben.  Vielleicht  darf  man  die  (irenze  zwischen  N. 
und  tLulturvolkern  dort  ziehen,  wo  die  Kcnntniss  der  Schrift  allgemein  verbreitet 


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Nru«  —  Naucrates.  $97 

ist.  Man  begreift  aber,  dass  unter  dietser  Linie »  ebenso  wie  oberhalb  eine 
ganze  Menge  von  Abstufungen  vorbanden  sind.  Im  Uebrigen  weiss  man,  dass 
nirgends  mehr  auf  Erden  der  Mensch  im  reinen  Naturzustande  lebt,  was  allein 
den  Ausdruck  N.  rechtfertigen  würde.  Ueberall  findet  man  mehr  oder  weniger 
entwickelte  gesellschaftliche  Gliederungen,  irgend  eine,  wenn  auch  noch  so  rohe 
Vorstellung  von  einer  Gottheit,  endlich  gewisse  Künste,  ja  sogar  Luxusgewerbe 
und  einen  Schatz  vnn  I")ichtun£jen.  Die  N.  der  Gegenwart  sind  dem  Natur- 
stancie,  wie  wir  ihn  für  die  ur^eitlichcn  AnfHnge  des  menschlichen  Geschlechtes 
annehmen  mü-sen,  langst  entrückt  und  au?  verschiedenen  Stufen  der  Entwicklung 
angelangt.  Sie  sind  in  Wahrheit  bloss  KuUurarme  im  Vergleiche  zu  den  Kultur- 
reichen.  Indess  ist  der  Ausdruck  N.,  ungenau  und  verschwommen  wie  er  ist, 
einmal  so  stark  eingebürgert,  dass  er  wohl  kaum  mehr  aus  dem  Sprachgebrauch 
getilgt  werden  kann.     v.  H. 

Naua.  Amazonas>In^aner  am  Jurua.     v.  H. 

Nauden»,  Vto.  (gr.  Schiffer).  Raubvogelgattung  aus  der  Gruppe  der 

Weihen  {Milvinae),  ausgezeichnet  durch  einen  langen,  gabelförmigen  Schwanz; 
Lauf  kürzer  als  die  Mittelzehe.  Nur  zwei  Arten.  Die  eine,  der  Schwalbenwcih, 
N.  furcatns,  I,.,  bewohnt  den  Süden  der  Vereinigten  Staaten  und  wandert  im 
Winter,  die  Orlgenossen  zu  grossen  Schaaren  vereint,  südwärts  bis  Hrasilicn.  Das 
Gefieder  ist  in  der  Hauptsache  weiss;  Rücken,  Flügel  und  Schwanz  bind  schwarz. 
In  der  ausserordentlichen  Gewandtheit  und  Anmuth  des  Fluges  erheben  sich  die 
Schwalbenweihcn  über  alle  Verwandten  der  Weihengruppc  und  sind  in  dieser  Be- 
ziehung nur  mit  den  Falken  zu  vergleidien.  Gern  jagen  sie  in  grösseren  Ge* 
Seilschaften  gleich  den  Schwalben  ttber  Wiesen  und  Seen  nach  Insekten,  welche 
ihre  hauptsächliche  Nahrung  ausmachen,  und  schweben  dabei  oft  weite  Strecken 
ohne  Flügelschlag.  —  Die  zweite  Art,  N.  Riocourü^  Vtc,  bewohnt  West- 
Afrika.     R(  iiw. 

Naucoris,  Geoffr.  (gr.  Schiff  und  Wanze),  Schwimmwanze,  eine  zu  den  Wasser- 
skorpionwanzen (s.  Nepina)  gehörige  Gattung,  deren  Vorderbeine  verdickt  und 
verlängert,  und  zum  Kauben  eingerichtet  sind;  der  Ko]7f  ist  sehr  breit,  ebenso 
der  flache  Hinterleib,  welchem  fadenförmige  Anhänge  (Athcmrohrc)  fehlen.  Die 
gemeinste  Art  N.  cimicoidcSf  L.,  findet  sich  in  den  stehenden  Gewässern  fast  ganz 
Europas.     E.  Tg. 

Naucrates,  Cw.,  Lootsenfisch,  Pilot,  Fischgattung,  zur  Stachelflosserfamilie 
Caratigidae  (s.  Caranx)  gehörig.  Keine  Seitenplatten,  Schwanz  jederseits  mit 
häutigem  Kiel.  Nur  eine  Art,  N.  duetür,  L.,  pelagisch  in  fast  allen  Meeren  der 
gemässigten  und  tropischen  Zone  (nicht  in  der  Nord-  und  Ostsee)  lebend.  Der 
nur  20 — 30  Centim.  lange,  dunkel  quer  gebänderte  Fisch  war  schon  bei  den  alten 
Griechen  und  Römern,  die  ihn  Porapilus  nannten,  berühmt,  einmal  wegen  seiner 
Beharrlichkeit,  mit  der  er  die  SchitTe,  fast  immer  in  Gesellschaft  von  Haifischen, 
aufsucht  und  diesen  weithin  folgt.  I^araus  bildeten  sich  die  Alten  die  Meinung, 
er  schwimme  den  Schiffen  voraus,  tun  sie  sicher  in  den  Hafen  zu  fCihren,  wie  ein 
Lüüli>e.  Sodann  soll  er  in  einem  sonderbaren  Freundschaftsverhältniss  zu  den 
Haifischen  leben,  indem  er  lür  diese  Beute  erspähe,  zu  ihnen  zurückschwimme 
und  sie  herbeilocke,  wofttr  ihn  die  Haie  schonen  und  beschfltzen:  Gegen- 
seitigkeitsverhältniss  (Mutualhmm,  van  Beneden),  woftir  auch  andere  Beispiele 
schon  von  den  Alten  erzählt  werden:  Troefubts  und  Krckodii\  IHnna  und 
Ütmctheres.  Hierher  gehören  femer  die  beglaubigteren  Fälle  von  Duldung  ver* 
ichiedener  Vögel  (SupMßga,  J\ts/»r  roseus,  SteriM,  Raben)  von  Seiten  vieler  Heerden- 


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59« 


Naulette. 


thiere,  welchen  die  genannten  Vögel  lästige  Haulparasiten  vertilgen,  und  nament- 
lich das  in  neuerer  Zeit  von  Go^sf  sichergestellte  Verhältniss  zwischen  Paguras 
und  zwischen  Artinicn  (s.  Actiiiicn\     Das  Verhältniss  zwischen  Krokodil  und 
^Trochilus«  (Pluvtanus  agypiiacus)  will  Hrkiim  ('l"hierlcl)en}  sciljst  beobachtet  Tiaben. 
Das  VcrhuUruss  nun  zwischen  Hai  und  Tilot  scheint  ebenfalls  nicht  ganz  abge- 
leugnet werden  zu  können;  es  wird  bestätigt  durch  Geoffkoy,  Comm£RSON, 
Frbminville,  MikVEN,  Bennet  und  A.,  doch  fehl«t  neuere  Beobachtiingeik.  That- 
Sache  ist,  dass  beiderlei  JFlsche  sehr  oft  gemeinschaftlich  hinter  den  Sdisffiea 
schwimmend  gesehen  werden,  dass  man  noch  nie  gefunden  ha^  dass  die  sonst 
so  gefrSssigen  Haie  die  kleinen  Lootsenfische  verachlimgeii  haben,  obwohl  immer 
mehrere  denselben  um  die  Nase  herumschwimmen.    Möglich  wäxe  wobl,  dass 
die  Lootsenfische  eben  durch  ihre  Gewandtheit  sich  den  Haifischen  entziehen, 
wie  wohl  auch  der  Trochilus  dem  Krokodil;   und  dafür  spricht  auch  Rkkntet's 
Angalie,  dass  Lootsenfische  nie  sich  zeigen,  wenn  mehrere  Haie  zusammen 
scluviinnien.    Da  man  im  Magen  der  Pilote  kleine  Fische  fand,  und  nicht  etwa 
Excrcniente  von  Haifischen,  so  werden  die  Pilote  sich  also  nicht  von  Unrath  der 
Haie  ernähren,  wie  man  schon  behauptet  hat.    Das  Wahrscheinlichste  ist 
mehr  ein  VerhSltniss  der  Tischgenossenschaft,  des  Commensalismus  (von  Bskeden): 
die  Lootsen  verzehren  die  Bissen,  welche  die  Haie  fallen  lassen;  vielleicht  fühlt  skJi 
auch  der  Pilot  in  der  Nähe  der  Hai6sche  vor  den  Nachstellungen  seiner  sonstigen 
Feinde,  behender  Raubfische,  sicherer.  Der  Nutzen,  welchen  der  Haifisch  ans 
dem  Dasein  des  Piloten  zöge,  liegt  noch  weniger  klar.  —  Das  Aufmerksamma«jien 
auf  Beute  von  Seiten  des  Piloten,  etwa  wegen  grösserer  Schärfe  der  Sinne,  iai 
sehr  zu  bezweifeln,  und  es  findet  sich  kein  iihtilichcr  Fall  im  Thierreich,  wenigstens 
unter  Thieren  verschiedener  Art    Die  sogen.  Freundschaft  des  Hai's  dürfte  sich 
auf  Duldung  reduciren.  Klz. 

Naulette.  Am  linken  Lesseufer  i  Belgien)  liegt  die  mehr  als  60  Meter  lange 
und  10  Meter  breite  Höhle  von  Naulette.  Hier  fand  der  Höhlenforscher  Dupom 
neben  einem  menschlichen  Kinnbacken,  Ulna  und  Metatarsus,  Knochen  von 
Elephas  primigenius  und  khinonros.  Ersterer  von  ausserordentlicher  Dicke 
(15 — 16  Millim.)  und  sehr  prognath,  lag  unter  einer  fUnfTachen  Stalagmitendedce 
Nach  DupoN'r  lagen  die  Schichten  also:  z.  sandiger,  graiier  Thon  3,90  Meter; 
a.  gelbgrauer  Thon  mit  Wicflerkäuerknochen  0,45  Meter;  3.  Stalagmit;  4.  TofI; 
5.  drei  mit  Stalagmit  abwechselnde  Thonschichten;  6.  sandiger  Thon  mit  den 
Mensclicnkuochen  in  einer  Tiefe  von  4  Meter;  7.  Stalagmit;  8.  Hohlenerde  mv 
\on  Hyänen  benagten  Knochen.  Dass  diese  Menschenknochen  uazweifelhatt 
palacolithischen  Charakter  haben,  geht  aus  dem  Schema  hervor.  Vcrgl.  Di^pont; 
»Bulletins  Acadcmic  Royale  de  Belgique«.  Vol.  XXII.  pag.  20.  Hamy:  »paleon- 
tolügie  humainec,  pag.  231.     C  M. 

Naulette,  Kiefer  von  la.  Das  im  Januar  1866  im  Trou  de  la  Naulette 
(s.  vorher)  gefundene,  seltsam  geformte  Unterkiefer-Bruchstttcfc,  der  sogen.  Kiefer 
von  la  Naulette,  lag  neben  Knochen  vom  Rhmoceros  und  Bkphas  prkmgemms; 
doch  ist  dadurch  keineswegs  erwiesen,  dass  derselbe  einem  Zei^enossen  des 
Mammuth  angehört  habe,  da  die  Stücke  jedenfalls  in  die  Höhle  hineingeschwemnt 
wurden  und  die  Nachbarschaft  mit  den  Kesten  der  Pachydermen  daher  eine  gans 
zufällige  «^ein  kann.  —  Der  Kiefer  lag  begraben  unter  einer  filnffachen  Decke  von 
Stalagmiten.  Da  die  Feuchtigkeit  der  Hölile  jedenfalls  schnelle  Sinterbilduns: 
erzeugte  und  die  häufigen  L^ebcr'^rhwemmungcn  der  Lesse  zweifellos  die  abge- 
lagerten Schichten  wiederholt  autwuhlten,  so  hegt  kein  zwingender  Grund  vor, 


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Naulette.  599 

dem  Knochen  diluvialen  Charakter  zuzuschreiben.  —  Der  Kiefer  von  la  Naulette 
ist  nicht  vollständig  erhalten:  es  fehlen  die  beiden  aufsteigenden  Aeste  und  auf 
der  rechten  Seite  auch  ein  Stück  des  horizontalen  Astes.  Auch  sind  die  Zähne 
ausgefallen;  doch  geben  die  Zahnhöhlen  eine  Vorstellung  von  der  Anordnung 
und  Grösse  derselben.  Höchst  wahrscheinlich  st:\mmt  der  Kiefer  v.m  einer 
erwachsenen  Frau;  seine  mediane  Höhe  beträgt  30  Mülim.,  seine  Ditkc  etreu  lit 
in  der  Medianlinie  14,  im  Meridian  des  linken  Eckzahnes  15  Millim.  An  der 
Basis,  hinter  dem  Rande,  findet  sich  eine  !•  lache,  welche  durch  einen  hinteren 
Rand  von  der  hinteren  Flüche  des  Kiefen  abgegrenzt  und  in  der  Mitte  durch 
eine  Art  von  Leiste  in  zwei  Hälften  getheilt  wird,  von  denen  jede  grubig  vertieft 
ist.  Die  Spina  menialu  iniema  fehlt,  und  an  ihrer  Stelle  ist  eine  geräumige, 
durch  eine  feine,  senkrechte  Leiste  in  zwei  Theile  zerlegte  Vertiefung;  die  Gegend 
des  Kinns  tritt  kaum  merklich  hervor.  Oberhalb  der  mentalen  Wölbung  biegt 
sich  die  vordere  Fläche  ganz  wenig  em;  der  Alveolarrand  dagegen  legt  sich 
wieder  etwas  nach  aussen  heraus,  um  eine  deutlich,  jedoch  keineswejjs  stark 
prognathe  Stellung  einzunelMucn.  Auffallend  bleibt  die  zunehmende  Grösse  der 
Molaren  vom  ersten  bis  zum  dritten,  ein  beim  Menschen  nicht  gewöhnliches 
VorkoiDnien.  —  Wie  bei  allen  Resten  menschlicher  Gebeine,  denen  mit  einiger 
Wahrseiiemlichkcit  ein  relativ  hohes  Alter  beizumessen  ist,  so  Hessen  auch  bei 
dem  Kiefer  von  Naulette  die  Gelehrten  ihrer  Phantasie  die  Zügel  schiessen.  Der 
Knochen  sollte  dem  längst  gesuchten  Bindeglied  zwischen  Mensch  und  Affe  an- 
gehören.  Als  wesentlich  afienähnliche  Eigenschaften  wurden  angeführt:  Die 
relative  Dicke  des  MittelstQckes  im  Verhältniss  zur  Höhe,  der  Mangel  des  Kinns 
und  die  Ersetzung  der  spim  menkUis  interna  durch  eine  Vertiefung.  —  Es  ist 
das  Verdienst  unseres  Virliiou,  die  haltlosen  Phantastereien  in  das  Gebiet  der 
Mythe  verwiesen  und  den  Kiefer  einem  gewöhnlichen  Menschenkinde  zugesprochen 
zu  haben.   Die  Kinngegend  ist  von  derjenigen  der  Anthropoiden  ganz  verschieden. 

allen  Affen  weicht  die  Mittellinie  des  Unterkiefers  vom  Alveolarrande  an  so 
stark  zurück,  dass  sie  eine  vollständig  schräg  zurückgehende  Richtung  erhält. 
Nichts  von  aliedeui  findet  sich  an  dem  Kiefer  von  la  Naulette;  die  nur  schwache 
mentale  Hervorragung  ibt  keineswegs  rückwärtb  gerichtet.  Kindliche  und  weib- 
liche Unterkiefer  zeigen  ungemein  häufig  eine  gleichmässige  Wölbung  oder 
Rundung,  ohne  irgend  einen  besonderen  Vorsprung.  Dasselbe  tritt  auch  ein, 
wenn  ein  Kiefer  dicker  «ird,  wenn  sich  dne  Hyperostose  der  vorderen  Fläche 
entwickelt  Die  Entwickelung  einer  mit  Füssae  digüüricat  versehenen  Basalfläche, 
wie  sie  sich  im  vorliegenden  Falle  findet,  ist  zwar  in  der  menschlichen  Osteologie 
eine  besondere  Rarität,  deutet  aber  nicht  im  Mindesten  irgendwie  auf  AtTen- 
ähnUchkeit  hin,  kommt  sogar  ganz  im  Gegentheil  niemals  bei  Affen  vor.  Es 
sind  eine  grosse  Reilie  moderner  Mensrhenschädel  bekannt,  bei  denen  der  Unter- 
kiefer ungewöhnlich  dick  ist;  auch  deulliehe  /ossae  dif^astricat  beobachtete  man 
anderweitig',  beispielsweise  an  einem  melanesischen  Schädel.  Also  diese  Merk- 
male der  Affcnuhniichkeit  sind  anfechtbar.  —  In  Bc-sug  auf  das.  leUile,  niit 
Recht  besonders  hoch  veranschlagte  Merkmal:  die  Ersetzung  der  Spina  mentaHs 
iniitma  durch  eine  Grube,  sei  Folgendes  bemerkt:  Bei  den  Affen  ist  dies  Vor- 
kommen in.  der  That  typisch.  Beim  menschlichen  Kiefer  Hegt  normal  eine  zum 
Durchgänge  eines  oder  mehrerer  Geftsse  dienende  Grube,  die  /^ssu/a  st^ra^ 
spinaia,  neben  oder  genauer  über  der  Spina  menUUis,  Die  Grösse  dieser  Grube 
übt  auf  die  Ausbildung  und  Grösse  der  Spina  einen  Einfluss  au.s.  Es  giebt 
Fälle,  wo  eine  e^ntUche  Spina  nicht  zu  Stande  kommt,  ohne  dass  diese  Grube 


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6oo  N<iultinti«    -  Nau&ttboiDae.  I 

eine  besondere  Grösse  erreicht.  Die  Stelle  der  Spina  mmmt  dann  nur  eine  | 
flache  Rauhigkeit  ein;  es  kann  selbst  vorkommen,  dass  diese  rauhe  Stelle  ver- 
tieft ist.  Man  hat  also  atwei  Arten  von  Vertiefungen:  eine  obere,  im  Wesent-  { 
liehen  plnttc,  d\c  fos^it/a  supraspinata,  und  eine  untere,  rauhe,  welrlie  die  Stelle 
der  Spina  mnitalis  interna  vertritt.  Die  bei  AtTen  sicli  findende,  glattrandige,  im 
Grunde  von  Gefässlöchern  durchbolutc  Grube  entspricht  der  ftmulü  suspraspinaia 
des  Menschen ;  diejenige  bei  dem  Kiefer  von  la  Naulettc  ist  dagegen  die  grubige 
Vertiefung  an  Stelle  der  Spina  mtntalh  intenta.  Von  Attenahntichkeit  kann  also 
auch  in  diesem  Punkte  nicht  die  Rede  sein.  N. 

NaultinaSt  Gray.  Kleine,  neuseeländische  Geckotidengtttung.  Fr. 

Naumacfaia,  Kinberg  (gr.  Schiflsschlacht).    Gattung  der  Borstenwttnoer. 
Epitoke  Fonnen  von  Nereiden,  s.  Neretdea.  Wd. 

Na-uni.    So  nennen  sich  selbst  die  Comanches  (s.  d.).     v.  H. 

Nauo-Stamm  der  Australier,  westwärts  vom  Spencergolfe,  unterhalb  Cofiin's 

Bai  in  Siir!  V.H'-frnlien  ansSssig.      v.  H. 

Nauphanta,  Kinbek»;  Ki^enname*),  Gattung  der  Borstenwürmer;  Familie 
Aftiopiddf.  Neben  oder  zu  Murphysa  (s.  d.).  Durch  zwei  cirrenfönnige  Anhange 
am  Kntlc  der  Ruder  ausgezeichnet.  Wd. 

Nauphanta,  Hackel  (Schiffsname  bei  Aristoteles).   Discomeduse  aus  der 
Familie  Ephyridae*  UnterCumlie  NrnttUhmu,  Fr. 

Nauplius  benannte  O.  F.  Müller,  in  der  Meinunj^  efaie  besondere  Krebsthter- 
^ttung  vor  sich  zu  haben,  die  Jugendform  gewisser  HttpfeiÜnge  (s.  Cydopiden^i 
Nachdem  man  erkannt  hatte,  dass  in  dieser  einfachsten  Gestalt  eine  grosse  Ao«üil 
anderer  Krebsthtere  das  Ei  verbissen,  wurde  der  Name  als  Bezeichnung  eines 
Krcbslarvenstadiums  beibehalten  und  erlangte  griisste  Wichtigkeit  durch  die 
Hypothese,  dass  der  N.  eine  Art  Stammform  unserer  heutigen  Krebsthiere  repii* 
sentire.  —  Der  N.  ist  ein  etwa  eiförmiges,  unseL'mentirtes  Körperchen,  welche«^ 
drei  Gliedmaassenpanre,  ein  nn|iaari^es  Aupe  und  eine  kurze  Schwanzgabel  tragt. 
Die  vordersten  Gliedniaasseii  sind  cinastig,  die  andern  beiden  Paare  zweiästig. 
Besondere  Auszeichnungen  (z.  B.  bei  den  Cirripedien  ein  Paar  seitliche  Süm 
hömer)  ermöglichen  eine  Unterscheidung  der  Krebsthiergruppe,  welcher  ein  K. 
angehört.  —  Nach  Claus  entstehen  jederzeit  aus  den  vordersten  beiden  Glied» 
roaassenpaaren  des  N.  die  Antennen,  aus  dem  3.  Paare  die  Mandibeln  des  er- 
wachsenen Thieres,  während  die  Übrigen  GHedmaaswn  des  letzteren  erst  allmäh' 
lieh  unter  gleichzeitiger  Streckung  und  Segmentation  des  N.^Körpers  an  diesem 
auftreten.  Meist  dehnt  man  den  Namen  N.  auch  noch  auf  diese  Stadien  mit 
eben  begonnener  Segmentation  aus.  —  Als  N.  schlüpfen  aus  dem  Ei  fast  alle 
Cirripedien  und  Copepoden  sowie  gan^  aitsnahmsweise  gewisse  Thoracostraken, 
in  einem  dem  echten  N.  sehr  ähnlichen  Stadium  die  Ostracoden  und  viele 
Brai^chio)'oden.  Ks. 

Nauplius,  s.  Larven.  Grbch. 

Naunissen.    Stanim  der  Nogaier  (s.  d.)  in  der  Nordwestliälfte  der  Steppen 
zwischen  Kul)an  und  Laba.      v,  H. 

Nausicaa,  Kinberc  (gr.  Fieenname).   Gattung  der  Borstenwürmer  mit  Mar- 

physa.  Qitatrefages  7\\  vereinigen  us.  d.).  Wd. 

Nausicaa,  üackei  (Eigenname).  Gattung  der  Discomedusen  aus  der  Familie 

Ephyridai- .  I 'i-iterfamilie  Nauaithoinat'.      Pf.  ■> 

Nausithoinae.    UnterfamÜie  der  Ephyriden  (Discomedusen)  mit  8  Sinnes» 


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Nautikokes  -  Nautilus. 


601 


kolben  und  8  adradialen  Tentakeln,  mit  16  Randlappen  und  inil  8  getrennten 
adradialen  Gonaden.  Pf, 

Nautikokes  oder  Stockbridge.  Algonkin<Indianer,  verbündet  mit  den  Iro* 
kesen;  jetzt  in  Wisconsin.  Sie  waren  ursprtlnglicli  ein  Zweig  der  Mohikaner  in 
Massachusetts  und  verwandt  mit  den  Canoys  (s.  d.).     v.  H. 

Nautilea  (von  Naufilui),  v>?.  Haan  iS--  oder  Xaufifoidra  bei  späteren 
Autoren,  Unterabtheiluung  der  Cephalopoda  tctrahranchiata,  diejenigen  Gattungen 
umfassend,  bei  welchen  wie  bei  Nnutflus  die  Scheidewände  einfach  sind  und  in 
der  Regel  auch  der  Sipho  nahe  der  Milte  der  Scheidewand  liegt,  im  Gegensatz  zu 
den  Ammonoidea  mit  ausgezackten  Scheidewänden  und  randständigem  Sipho. 
Auch  ist  bei  den  NrntÜhidi^t  die  erste  (älteste)  Kammer  kegellörroig  und  zeigt 
eine  narbenartige  Stelle,  wo  ein  Stack  der  Embryonalschale  verloren  gegangen, 
bei  den  Amm&naidea  ist  dagegen  die  erste  Kammer  kugelig  oder  eiförmig  und 
ganz  erhalten.  In  beiden  Abthetlungen  bildet  die  Schale  bald  eine  zusammen- 
liängende,  bald  eine  lose  Spirale  oder  bleibt  ganz  gerade.  Unter  den  Nüutihidea 
sind  z.  B.  Orthoaras  und  dessen  Verwandte  gerade  gestreckt,  Cyrtoceras  einfach 
gebogen,  f.ituitts  zuerst  lose  spiralgewtmden  nnd  dann  gerade,  Nautilus  und 
Aturia  zusammenhängend  spirnl  in  einer  Ebene,  'J'rochoceras  schneckenförmig  im 
Raum  gewunden.  Gomphoccrus,  gerade,  Phragmoceras,  gebogen  und  JfercoceraSt 
eben  spiralgcwunden.  zeichnen  sich  durch  eine  verengte,  fast  T-förmige  Mündung 
aus,  Bathmoceras  (gerade;  und  Nothoceras,  nautilusaluilich,  durch  nach  vorn  statt 
nach  hinten  gerichtete  Siphonaltuten.  Die  ganze  Abtheilung  ist  bei  weitem  am 
reichsten  in  der  paläozoischen  Periode  vertreten,  in  der  Gegenwart  nur  durch 
Nautilus  selbst.    £.  v.  M. 

Nautiloidea,  s.  Nautilea.    R.  v.  M. 

Nautilus  (gr.  Schiffer),  bei  den  Alten  unsere  jetzige  Gattung  ArgonmUa 

(s.  Bd.  I,  pag.  2ao),  seit  Brfymus  1732,  Linnä  1758  und  Lamarck  1809  Ubertragen 
auf  die  den  Alten  ganz  unbekannt  gebliebene  einzige  noch  lebende  Gattung  der 
Cepluiiopoäa  tetrabranchiafa ,  das  Perlmutterboot  oder  den  Perlmutter- 
Nautilus  älterer  Conchyliologen.  Schale  in  einer  Ebene  re<::ehiiässig  spiral 
gewunden,  jede  folgende  ^^'in(hmg  die  vorhergehende  ganz  oder  beinahe  ganz 
umfassend,  mit  äusserer  por/ellanartiger  und  innerer  Perlmutter-Schichte; 
Innenraum  in  eine  Spiratreihe  stetig  an  Grösse  zunehmender  Kammern  getheilt 
durch  zahlreiche  Scheidewände,  welche  durch  stufenweises  VorwürtsrUcken  des 
ganzen  Eingeweidesackes  im  Innern  der  Schale  mit  gleichzeitig  erneuter  Ab- 
sonderung von  Perlmuttersubstanz  entstehen.  Indem  der  Eingeweidesack  am 
hintern  Ende  an  die  Innenseite  der  Schale  von  Anfang  an  angeheftet  war,  zieht 
sich  dieses  Ende  allmählich  beim  Fortrücken  zu  einem  dünnen,  hohlen  Strang 
(Sip/io)  aus,  der  durcli  alle  Kammern  hindurchgeht  und  einen  sehr  beschränkten 
langsamen  Austausch  der  in  ihnen  enthaltenen,  der  atmosphärischen  I  uft  ähn- 
lichen Gase  mit  den  in  den  Leibessäften  des  Thieres  enthaltenen  (  rn  öelicht, 
aber  keineswegs  ein  rasches  Entleeren  und  Füllen  mit  I.uft  oder  Mussigkcii,  wie 
man  {ruber  meinte.  Jede  Scheidtwand  ist  nach  vorn  concav,  an  den  Seiten- 
rändem,  wo  diese  in  die  Wand  der  ganzen  Schale  Ubergehen,  leicht  S-förmig 
geschwungen,  nicht  tief  und  vielfach  ausgesackt  wie  bei  den  Ammoniten,  und 
hat  in  ihrem  dem  Mittelpunkt  der  Spirale  zugewandten  Theil  ein  kleines,  rundes 
l/och,  dessen  Ränder  nach  hinten  eine  kurze,  offene  Röhre  bilden,  zum  Durch« 
tritt  des  Sipho  (Siphonaltute).  Der  Raum  zwischen  der  Mflndung  und  der  letzt 
gebildeten,  d.  h.  jeweilig  vordersten  Scheidewand  beherbergt  den  ganzen  Ein- 


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Nautilus. 


geweidcsack  des  Thiercs,  in  zurückgezogenem  Zustand  desselben  auch  Kopf  und 
Fuss,  also  alle  Weichtheile  ausser  dem  Stpho  und  wird  daher  auch  Wohnkammer 
genannt;  der  Eingeweidi  snt  k  ist  duirh  ein  schwaches  Nfuskelband  an  der  Innen- 
seite der  Schale  l)efestif;t  und  dieses  iiu  kt  liei  fortsclireitendem  Wachsthiim  nll- 
mählirh  mit  dem  ganzen  Kiiijew eidcsai  k  weiter  nach  vurn,  analog  den  Schliesir- 
muskeln  der  Mus(  hc!n.    In  der  Mantelliohle  befinden  sich  jederseits  zwei  feder- 
ioiinige  Kteniei),  nicht  eine,  wie  bei  den  übrigen  lebenden  Cephalopoden.  EUc 
Tintenbeatel  ist  nicht  vorhanden.  Der  Fuss  ist  stärker  ausgebildet,  als  bei  diesen, 
llachenartig  ausgebreitet,  aber  die  Seitentheile  desselben  in  der  Richtung  nach 
der  Peripherie  der  Schale  zu  umgebogen  und  die  Seitenrftnder  etwas  aberein-  * 
ander  ttbeigreifend,  so  dass  dadurch  funktionell  eine  Tom  und  hinten  offene, 
kurze,  trichterförmige  Röhre  entsteht,  welche  ebenso  zum  Austretben  des  Wassers 
aus  der  Mantelhöhle  dient,  wie  der  mit  den  Rändern  verwachsene  Trichter  der 
andern  lebenden  Cephalopoden,  und  dessen  Entstehung  erklärt.   Die  Austen  sind 
weniger  aiis:;cbildet  als  bei  diesen,  dreieckig  und  ohne  Hornhaut,  also  ganz  offen. 
Statt  der  Arme  sind  gegen  40  kürzere,  fühlfadenähnliche  Organe  am  Kopf  vor- 
handen, die  an  ihrer  Basis  bündelweise  mit  einander  verbunden  sind:  die  zwei 
vom  l'usse  entferntesten,  der  Rückcnscitc  angehorigen,  sind  blattattig  ausgebreitet, 
derbhäutig,  fast  lederartig,  und  dunkler  gefärbt;  beide  zusammen  schltessen,  wenn 
das  Thier  sich  in  die  Schale  zurückgezogen  hat,  die  Mttndung  völlig  und  dienen 
so  als  eine  Art  Deckel  zum  Schutz  der  zarten  Organe  (sogen.  Kappe  des  N.). 
EigenthQmlicher  Weise  ist  die  Lage  innerhalb  der  Schale  so,  dass  die  Bauchseite 
mit  dem  Fuss  dem  grössten  Umfang  der  Schale,  die  Rückenseite  dem  Mittel- 
punkt der  Spiralwindungen  zugewandt  ist,  anders  als  bei  den  spirnlgewundenen 
Schnecken.    Wie  nun  das  Thier  seine  Schale  trägt,  wenn  es  kriecht,  ist  noch 
nicht  direkt  beobachtet;  schM'immend  breitet  es  die  zahlreichen  Fühler  in  einem 
Kreise  aus,  die  in  den  Kammern  der  Scliale  enthaltene  Luft  macht  das  Thier 
so  leicht,  dass  sein  spczitisches  Gewicht  nalic  dem  des  umgehenden  Wassers  ist 
und  also  die  geringe  Aenderung,  die  hierin  durch  Volumvergrösserung  beim 
Ausstrecken  entsteht,  hinreicht,  das  Thier  im  Wasser  emporzuheben,  umgekehrt 
die  Volumvermtnderung  beim  Zusammenziehen  das  zusammengezogene  nieder, 
sinken  Ifisst.    Leider  weiss  man  aber  hierüber  und  Uber  die  Lebensweise 
im  Ganzen  nur  sehr  wenig  aus  wirklicher  ^eobachtungi  lebend  erhaltene 
Thtere  verhalten  sich  meist  sehr  passiv  und  träge,  im  Gegensatz  zu  andern 
Cephalopoden      In   der  Gegenwart  ist   die  Gattung  auf  das  Grenzgebiet 
zwischen  dem  indischen  und  stillen  ücean  beschränkt,  von  den  Molukken  bis 
Neu-Caledonien,  in  fünf  einander  sehr  ähnlichen  Arten,  alle  von  gleicher  Grösse, 
12  —  16  Gentim.  im  I )urcinTiesser,  wetsslich,  mit  braungelben,  von  der  Peri[)herie 
gegen  das  Centrum  gerichteten  Flammenbandem;  in  der  ersten  Jugend  sind  alle 
genabelt,  aber  bei  der  häufigsten  Art,  N.  pompiiius,  LmN£,  von  den  Molukken, 
schliesst  sich  der  Nabel  sehr  frühe  völlig,  während  bei  den  andern  er  zeitlebens 
bleibt,  eng  bei  N,  sttnomphalus^  etwas  weiter  bei  macrwHphaluSt  weit  offen  und 
durch  eine  stumpfe  Kante  abgestuft  bei  N.  um^äcaüfs  und  sera^icuia/Mf,  die 
beide  auch  durch  zahlreichere  schmälere  Farbenbänder  sich  auszeichnen.  PalSon- 
tologisch  ist  die  Gattung  dadurch  merkwürdig,  dass  sie  vom  Silur  an  durch  die 
verschiedensten  Formationen  hindurch  in  ähnlichen  grossen  Arten  sich  erhalten 
hat,  so  iV.  bidorsatus  im  Muschelkalk,  N.  aratus  im  Jura,  N.  imperialis  im 
englischen  Eocän,  so  dass  diese  Gattung  eine  der  am  wenigsten  im  Laufe  der 
2eit  sich  Ändernde  ist,  die  wir  kennen.     £.  v.  M. 


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Navajo-Iodiancr  —  Navicclla. 


Navajo-Indiaiier,  d.  h.  Messer-Indianer,  der  nördlichste  und  volkreichste 
Zweig  der  Apachen  (s.  d.),  seit  längerer  Zeit  im  nördlichen  NeU'Me»ico  und  in 

Arizona  angesiedelt,  besonders  zwischen  dem  Rio  und  der  Sierra  de  los  Mimbres. 
Früher  sehr  mächtig,  wurden  die  N.  1858  in  einem  Treffen  mit  den  Kolonisten 
fast  völlij;  aufp^erieben.  Sie  leben  nacli  Moi.lhalskn  vorzüglich  von  Pferde-  und 
Maulthierfleisch,  ziehen  allein  untrr  allen  Indianern  Neu-Mexikos  mit  grossen 
Schafherden  herum,  aus  deren  U  ulie  sie  vortreffliche  bunte  Hcckeii  weben,  und 
machen  auch  sehr  gute  hirschlederne  Sciiuhe,  bei  welchen  sie  besonders  darauf 
achten,  dass  die  starken  Sohlen  an  den  Zehen  in  einem  breiten  Schnabel  auf- 
wärts stehen.  Auf  dem  Kopfe  tragen  sie  eine  mit  Federn  gescbmttckte,  helm> 
artige  Lederkappe  und  führen  Bogen,  Pfeile  und  sehr  lange  Lanzen,  in  deren 
Handhabung  sie  sehr  gewandt  sind.  Die  N.  sind  ein  nomadisches  Räuber'  und 
Reitervolk  und  brachen  häufig  verheerend  und  plQndemd  in  die  menkanttchen 
Ansiedlungen  am  Rio  Grande  ein,  aus  denen  sie  die  Herden  zu  Tausenden 
wegführten.  Ein  wenig  nur  bauen  sie  Mais,  Melonen,  Kürbis.  Sie  wohnen  in 
rohen  WijTwam  (»Jacales«)  ans  Pfählen  und  Zweigen,  oft  auch  in  Höhlen.  Des 
Winters  suchen  sie  im  wärmeren  Süden  bessere  Weideplätze.  Ihre  Regierung  ist 
patriarclialisch.  Abergiaubibch  sind  sie  in  liohcm  Maasse.  Für  ein  Mädchen 
erhall  der  Vater  5 — 15  Pferde,  je  nach  dessen  Schönheit.  Die  N.  stehen  auf 
ungemein  niedriger  Gesittungsstufe.  Bei  grosser  Hitze  gehen  sie  mitunter  splitter- 
nackt und  färben  sich  die  Haut  mit  weisser  Thonerde.  Auch  sonst  sind  sie  sehr 
schlecht  bekleidet  Ein  baumwollenes  Hemd  ist  s.  B.  schon  ein  grosser  Luxus- 
arttkel.  Schöne,  wohlgebildete  Gestalten  sieht  man  selten  unter  ihnen,    v,  H. 

Navari,  Volk  des  europäischen  Ssrmatien,  am  sadlichen  Abhänge  des  Ama* 
doci  Montes,  vielleicht  identisch  mit  den  Neuri  (s.  d.).     v.  H. 

Navarresen.  Die  Bewohner  der  spanischen  Landschaft  Navarra,  soweit  sie 
nicht  Basken  (s,  d.)  sind.  Die  N.,  namentlich  im  nördlichen  Thcile,  sind  kräftig 
und  arbeitsam,  wie  die  Basken,  haben  grosse  Anhän^^lichkeit  an  ihr  Land;  den 
Tanz  lieben  sie  leidenschaftlich  iiiul  ihre  nationale  »Jotac  ist  berühmt.  Sie  gelten 
für  Hitzküjife  vjnd  sind  rasch  ^um  Handein.      v.  H. 

Navicella  (iat.  Schiffchen),  Lamarck  1S09,  oder  Sepiaria  (von  lat.  septuniy 
Scheidewand),  Ferussac  1807,  letzteres  wenig  gebräuchlich,  Süsswasserschnecke 
aus  der  Familie  der  Neritiden,  von  Neriiina,  womit  sie  in  vielem  Übereinstimmt, 
wesentlich  dadurch  verschieden,  dass  die  Schale  gar  nicht  spiral  gewunden  ist« 
sondern  nach  hinten  einfach  in  eine  (oft  erodirte)  Spitse  ausgeht  und  der  kurz 
viereckige  Deckel  viel  zu  klein  ist,  um  die  MQndung  zu  schliessen,  grossentheils 
im  Fleisch  des  Fusses  eingesenkt  und  nur  gewissermaassen  ein  Polster  ft!r  den 
hinteren  anfliegenden  Thui!  der  Schale  bildend.  Der  Innenrand  der  Mihidung 
und  die  daran  sich  anscldiessende  Columellartläche  im  Wt-scntlichcn  wie  bei 
NerUina.  Dadurch  erhält  die  Schale  im  Cianzen  eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit 
Crepidula,  von  der  sie  sich  aber,  abgesehen  von  den  wichtigeren  Unterschieden, 
in  den  Weichtheilen  und  der  Keib]iiatte  (Crcpiäuia  taeniogloss,  Navicdta  riiipido- 
gloss)  leicht  dadurch  unterscheidet,  dass  die  Innenwand  der  MQndung  bei  N. 
viel  weiter  nach  hinten,  durchsdinittlich  im  hintern  Viertel  der  ganzen  Länge, 
bei  Cr^ÜMla  in  der  halben  Länge  liegt  und  bei  N.  die  dunkle,  derbe  Schalen- 
haut und  grttnliche  oder  schwärsliche  Färbung  der  Aussenseite  den  Sttsswasser- 
bewohner  verräth.  Alle  Arten  auf  den  Inseln  und  in  den  KQstenländem  des 
indischen  Oceans  und  des  anstossenden  Theils  von  Polynesien,  von  den  Komoren 
bis  zu  den  Karolinen  und  Tahiti.  Nur  in  süssem  Wasser.  Fossil  nicht  bekannt, 


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604  Nnviciila  —  Ncandrrthal-Scbadel. 

Monographien  von  So«rrbv  1849,  Rbeve  1856,  33  Arten,  und  v.  Martens  in  der 
neuen  Ausgabe  von  CnntNm  1881.     E.  v.  M. 

Navicula  (lat.  Schiffchen),  Simx  1827,  abweichende  Ein/x'lform  eines  brasi- 
lischen Bulimulus,  N.  fasciata  oder  Buiimuius  navicuh,  die  Mündung  gar  nicht 
herabgebogen,  sondern  nn  die  vorletzte  und  driltlct/tc  Windung  sich  dicht  an- 
schmiegend, direkt  seithrh  und  gar  nirlit  nacli  unten  sitli  öffnend,  gewisser- 
maassen  ein  Uel-ciLrang  zu  der  noch  cigcnthuinlichcren  h'orin  von  Anosfotna,  die 
auch  in  Brasilien  vorkommt;  beide  vielieiciu  durch  das  Leben  auf  Bäumen  be- 
dingt    E.  V.  M. 

Naviculina,  Gray»  aufgegebene  Spongien-Gattnng  aus  der  Familie  Desmaci' 
domdae,  Pf. 

Nttwaa,  Indtanerhorde  Brasttiens,  am  oberen  Yurua  und  Yutay.  H. 
Nayugoa«  s.  Payagua.    v.  H. 

Naya-Indianer.   In  Britisch'Kolumbien,  auf  dem  Festlande  des  Kdnigin 

Charlottensundes.  Sie  tragen,  besonders  die  Frauen,  T.ippenhölzer  und  verfertigen 
nicht  bloss  schön  geformte,  mit  Schnit/werk  bedeckte  und  bunt  bemalte  Kähne 
und  ver?ieren  ihre  l'riedcn'^preifen,  T.öffel,  Geschirre,  Kctilen  und  Töpfe  mit  aller- 
lei hübs(  h  aus^cluhrten  I"ii,uiren,  sondern  haben  auch  hölzerne  Gesif  htsniasken, 
innen  mit  einem  ij  ier  i:esj).inn(en  Riemen  versehen,  der  in  den  Mund  genommen 
und  mit  den  Zahnen  festgehalten  wird.  Sie  bedienen  sich  derselben  bei  ihren 
Maskentänzen,  bei  welchen  abenteuerh'che  Fratzen  vorkommen,     v.  H. 

Nasrman,  Stamm  der  Mongolen  (s.  d.).     v.  H. 

Naza,  vorläufig  noch  isoUrter  Indianerstamm  in  Texas,    v.  H. 

Nesarfier,  so  viel  wie  Mandäer  (s.  d.).    v.  H. 

Nasranowzen,  Stamm  der  Inguschen  an  den  Quellen  der  Sundscha.  im 
Norden  von  Wladikawkas»  theils  Muhammedaner,  theils  Christen,  welch  letztere 
aber  wie  Muhammedaner  leben,  nur  dass  sie  das  Kreuz  schlagen  und  Schweine- 
zucht treiben.     v.  H. 

Ndamm,  lieirlni>cher  Neurerstamm  im  Süden  von  Hagirmi,  dialektisch  mit 
den  TumnKjk  verbuntlen.   Hie  N.  stehen  unter  einem  absoluten  Herrscher,    v.  H. 

Ndjemps,  s.  Massai.     v.  H. 

Ndob,  Negerstamm  östlich  von  Pfomum  in  etwa  6°  n.  Br.  und  15°  Östl.  L.  v.Ä 

Nduggo,  Zweig  der  Kredsch  (s.  d.)  am  oberen  Nil;  sie  erstrecken  ad) 
nordwärts  zu  den  Baggara-el-Homr  am  Bahr-el-Arab.     v.  H. 

Neaera  (gr.  u.  lat  Mädchenname),  Gray  1834,  Meermuschel  aus  der  Familie 
der  Corbuliden,  kugelig  oder  querH>va1,  sehr  dltnn,  etwas  ungleichklappig. 
hinten  in  einen  schnrd. eiförmigen,  oft  ziemlich  langen  Fort<;at7  ausgezogen;  jeder- 
seits  ein  kurzer,  löffeiförmiger  Fortsatz  am  Schlossrand  zur  Aufnahme  des  Uga- 
mentes,  das  einen  kleinen  Kalkkörpcr  (»Knöchclchcn  •)  umschliesst;  rechts  ein 
stärkerer  hinterer  Seitenzahn.  Mantelbucht  kurz.  Eine  verhältnissmassig  grosse 
Art,  4  Centim.  lang,  A^.  chinensts,  im  indischen  Ocean,  kleinere  in  den  euro- 
päischen Meeren,  in  ziemlichen  Tiefen,  von  12  — 180  Faden,  die  bekannteste 
(uspiJata,  Olivi.    Fossil  vom  oberen  Jura  an.     E.  v.  M. 

Neandertfaal-ScMd^.  Im  August  1856  wurde  in  einer  Höhle  des  Neandc^ 
thales,  zwischen  Elberfeld  und  Düsseldorf,  nebst  verschiedenen  anderen  Menschen* 
gebeinen  ein  sehr  merkwürdig  geformtes  Schädeldach  aufgefunden.  Arbiter 
stiessen  beim  Ausräumen  der  20  Meter  Uber  der  Thalsohle  gel^enen  kleinen 
Feldhofer  Grotte  etwa  \  Meter  unter  der  Oberfläche  auf  grosse  Knochen,  die  wa» 
für  Reste  des  Höhlenbären  hielt,  während  sie  sich  später  als  einem  Menschen 


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Ncanderihal-Schadd. 


angehörig  auswiesen.  Es  scheint  nrs|)riinglich  das  ganze  Skelet  vorhanden  ge- 
wesen zu  sein;  doch  ging  der  grosste  Theil  der  Knochen  verloren.  —  Das  vom 
ganzen  Kopf  aliein  erhaltene  Schädeldach  ist  dolirhocephal;  die  knöchernen 
Augenbraucnhogen  springen  übermässig  vor;  die  Siiin  tritt  ungc\vÖhnli<  Ii  stark 
/.uiurk.  Man  erklärte  üm  für  den  am  rmistcn  tliierischcn  unter  allen  bisi»cr  be- 
kannten .Mcn-schcnsehadcln  und  meinte,  m.ui  liaite  hier  das  Zwischenglied 
zwischen  Mensch  und  Antliropoiden  gefunden.  Ein  Alter  von  2 — 300000  Jahren 
glaubte  man  den  Resten  zum  allerwenigsten  beimessen  zu  mttssen,  und  sensations- 
lustige  Feuilleton-Anthropologon  reconstnitrten  aus  den  wenigen  Bruchstücken  den 
ganzen  Urmenschen  als  ein  mit  Haaren  überdecktes,  halb  affenjMnscher-,  halb 
gorillaähnliches  Individuum.  —  Der  Umschlag  in  der  öflentUchen  Meinung  sollte 
bald  genug  erfolgen.  Ernsthafte  Gelehrte,  unter  ihnen  der  bekannte  en;;lische 
Geologe  und  Höhlenforscher  W.  Bdv»  Dawkins,  wiesen  nach,  dass  nicht  ein 
einziger  zwingender  Clrnnd  voilajje,  diese  Knoehenreste  der  Diluvialzeit  zuzu- 
schreiben, da  dieselben  nicht  durch  das  XOrkonunen  ausgesioi  bener,  diluvialer 
Thiere  oder  paläolithischer  Geräthe  compli<  irt  seien.  Der  anfänglich  so  pomj»- 
haft  gefeierte  Urmensch  aus  dem  Neanderilial  wurde  zum  gemeinen,  russischen 
Kosaken  degradirt,  der  in  den  Freiheitskriegen  sein  Leben  gelassen  und  in  jener 
Höhle  ein  kUhles  Grab  gefunden  haben  sollte.  —  Zweiflelloa  ist  auch  die  letztQ 
Deutung  unzutrelTend;  wir  haben  es  jedenfalls  mit  einem  ziemlich  alten  Skelet  zu 
thun,  ohne  dass  man  das  wahre  Alter  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  angeben 
könnte.  —  Es  darf  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  nach  Angabe  von  Prof.  Futx- 
ROTT  in  denselben  Schichten,  welche  die  Knochen  des  Neanderthalmannes 
bargen,  sich  Steinwerkzeuge  der  neolithischcn  Steinzeit  fanden.  —  Prof.  Virchow, 
der  vermöge  seiner  erstaunlich  vielseitigen  Kenntnisse  schon  manchen  alten 
Knochen  auf  seinen  rechten  Platz  verwiesen  hat,  unter/.oj;  die  Reste  einer  ge- 
nauen l'rüfunj^,  (leren  Resultate  wir  in  Kürze  wiedergeben  wollen  (Zeitschrift  flir 
Ethnologie,  Herlin  1872,  pag.  [157 i).  —  Am  Schädel  zeigt  sich  eine  Erscheinung, 
die  nur  von  alten  Leuten  bekannt  ist:  die  symmetrische  Abflachung  und  V^er- 
tiefung  an  den  Scheitelbeinhökern,  den  am  meisten  hervorspringenden  und 
ältesten  Theile  der  Seitenwandbeine,  beruhend  auf  einer  fortschreitenden 
Atrophie  der  äusseren  Schichten  des  Knochens  (Mahtm  sinüe).  Der  Nachweis 
dieser  Atrophie  ist  deshalb  von  Werth,  weil  es  bei  einigen  anderen  Erscheinungen 
an  den  Knochen  des  Neanderthal-Menschen  zweifelhaft  bleibt,  ob  sie  dem 
höheren  Alter  oder  einer  früheren  Lebenszeit  angehören.  Es  steht  demnach  fest, 
dass  es  sich  um  ein  sehr  altes  Individuum  handelt.  Am  Schädel  finden  sich 
mehrere  Spuren  mechanischer  Verletzung:  ein  schräger  Eindruck  über  dem 
ret  liten  (Jrbitalrande  und  eine  rundliche  (irube  hinter  dem  rechten  Scheitel- 
htjcker.  Aus  dein  Umstände,  dass  letztere  den  \'ertiefungen  ähnlich  sieht,  welche 
durch  Bajonnet-Siiche  entstehen,  leitete  sich  die  unhaltbare  Ansicht  her,  dass 
die  Knochen  einem  in  den  Freiheitskriegen  gefallenen  Kosacken  angehören.  Hin 
spitzer  Stein  kann  ebenfalls  eine  derartige  Veilet/ung  hervorbringen.  Als  der 
Mann  starb,  war  die  Wunde  vollkommen  verheilt  Die  andere,  ebenso  voll> 
ständig  geheilte  Verletzung  am  rechten  Superdliar-fiogen  hinteriiess  einen  Ein- 
druck von  fast  I  Centim.  Länge  und  3-^4  Millim.  Breite.  An  der  Schuppe  des 
Hinterhauptbeines  findet  sich  ein  suiammenhängendes  System  von  Erhöhungen 
und  Vertiefungen.  Auch  das  muss  unzweifelhaft  eine  sehr  bedeutende  Verletzung 
gewesen  sein.  —  Die  innere  Oberfläche  de:;  Schädels  zeigt  gleichfalls  patho* 
logische  Veränderungen;   Anbildung  neuer  Knochenlagen  am  Sämbeine,  wie 


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6o6 


Ncmdeithal^Sdüklel. 


sie  nicht  selten  mit  seniler  Atrophie  vereinigt  vorVommt    Von  entscheidender 
Bedeutung  ist  fernerhin  die  vollkommene  Verwachsung  einzelner  Nähte,  nament- 
lich der  Rraiu-  und  Pfeilnaht.    Diese  Synostose  ist  entschieden  nicht  rein  seniler 
Natur,  sondern  gclioit  einem  truliercn  I^ebensalter  an,  allerdings  nicht  einem  ganz 
frühen,  doch  musste  sie  einen  wesentlichen  Kinfluss  ausüben  auf  die  Form  des 
Schädels.    Wahrscheinlich  begann  die  Verknöcherung  am  hinteren  Abschnitte 
der  Pfeilnah^  während  die  Kranxnaht  noch  längere  Zeit  offen  blieb  und  die  Vct' 
knöcherung  der  vorderen  Fontanelle  so^r  später  als  gewöhnlich  zu  Stande  kam. 
Die  ungewöhnliche  Länge  des  Schädeldaches  hat  überwiegend  seinen  Grund  io 
der  kolossalen  Entwickelung  der  vorderen  Ränder  des  Stirnbeines;  die  GiasK 
der  Stirnhöhten  ist  die  Ursache  davon.   Im  Uebrigen  bewegt  sich  der  Schädel 
innerhalb  ganz  erträglicher  Grenzen;  es  ist  ein  Langschädel,  aber  mit  starker 
Entwicklung  der  Rreiteiiverbältnisse.    Sein  grösster  Horizontalumfang  oberhalb 
der  Augenbrauenbogcn  beträgt  527  Millim.;   er  ülicrlrilTt  also  nicht  unerheblich 
das  Maass  vieler  prähistorisc  her  und  moderner  Schädel.   Die  Breite  der  Stirn  und 
des  Mittelhauptes  ersct/.t  reichlich,  was  durch  die  geringe  Hohe  der  Wulliun^ 
verloren  geht.    Der  Schädel-Ausguss  zeigt  eine  leichte  Asymmetrie  der  Grosshim- 
heiiiiq»hären:  der  rechte  Vorderlappen  springt  mehr  vor  und  ist  stärker  gewölbt, 
während  an  den  Hiaterlappen  das  umgekehrte  Verhältniss  besteht.  —  Während 
bei  wilden,  überwiegend  Fleisch  essenden  Racen  der  Schläfenmuskel,  welcher 
hauptsächlich  die  Kraft  für  die  Benutzung  des  Unterkiefers  faergiebt,  ttngewdba« 
lieh  stark  entwickelt  ist,  sodass  sich  sein  Ansatz  zuweilen  über  den  grSssten 
Theil  der  Schädelfläche  ausdehnt,  ist  bei  dem  Neanderthalmenschen  die  eigent- 
liciie  Inscrtionslinie  nur  schwach  angedeutet;  es  ist  also  nach  dieser  Richtung 
durchaus  kein  Zeichen  eines  Ijrutalcn  Charakters  gegeben.     Auch  die  Muskel- 
ansätze am  Hinlerhauptc   sind   schwach.  —  Von  den  übrigen  Skelel-Knochen 
zeigt    das    Unke    F.llcnbügcngelcnk    krankhafte    Vcianderungen,     und  zwar 
handelt  es  sich  hier  unzweifelhaft  um  Gicht  der  Greise  (Arthilis  chronica  defor- 
mans).   Die  Veränderung  ist  so  ausserordentlich  Starlix  dass  das  Präparat  tu  des 
ausgezeichnetsten  der  Art  gehört,  die  wir  besitzen;  sie  harmonirt  vollkoniincD 
mit  den  Erscheinungen  am  Schädel.    Geringe  Einzelheiten  an  den  anderen 
Knochen  gehören  in  dasselbe  Gebiet  —  Die  Knochen  des  rechten  Vorderanns 
und  beide  Oberschenkel  sind  ungewöhnlich  stark  gekrümmt.    Es  ist  dies  wohl 
zweiffellos  einer  EntwicklungsstÖrung  zuzuschreiben,  die  bereits  in  jugendlichem 
Alter  Platz  ergriff:  wir  meinen  die  englische  Krankheit  (Rhachitis).  —  Der  ar 
thritische  Proces.s  trat  erst  in  höherem  Alter  auf.    Auch  die  Veränderung  des 
Hnken  Ellbogengelenkes  gehört  einer  spateren  Zeit  an.    Die  geringe  Dicke  des 
Oberarmbeines  spricht  für  lange  Dauer  des  Uebels  und  damit  verbundene  L'n- 
brauchbarkcit  des  Arms.  —  Aus  diesen  I  hatsachcn  folgert  Virchow:  das  frag- 
liche Individuum  litt  in  seiner  Kindheit  in  massigem  Grade  an  Rhachitis.  Dsnn 
folgte  eine  längere  Periode  kräftiger  Tbätigkeit  und  wahrscheinlicher  Gesundheit 
welche  nur  durch  mehrere  schwere»  glücklich  ablaufende  Schädelverletzongen 
unterbrodben  wurde,  Ins  sich  später  ArtkrUis  deformoM  mit  anderen,  den 
höheren  Atter  angehörigen  Veränderungen  einstellte  und  insbesondre  der  lioke 
Ann  fast  ganz  steif  wurde.   Dennoch  erlebte  der  Mann  ein  hohes  Greisenalter. 
Alle   diese  Umstände    lassen  auf  sicheren  Familien-  oder  Slammesverband 
schliessen,  und  deuten  wohl  auf  wirkliche  Sesshaftigkeit  hin.    Schwerlich  dürlte 
in  einem  Nomaden-  oder  Jägervolke  eine  so  viel  geprüfte  Persönlichkeit  bis  zum 
hohen  Greisenalter  hin  sich  erhalten.  —  Ein  Individuum,  das  so  zahlreiche 


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e 


Ncanthcs  ^  NebeMugen. 


607 


Zeichen  krankhafter  Veränderungen  an  sich  trägt,  ist  unmöglich  zur  Racen- 
construktion  zu  verwenden.  —  Wie  steht  es  nun  mit  der  gorillaähnlichen  Gestalt 
des  Schädeldaches,  die  von  der  Schädelform  der  jetzt  lebenden  Menschen  so 
ausserordentlich  alweichen  soll?  Das  Kopenhagener  Museum  birgt  einen 
modernen  Schädel,  der  in  Bezug  auf  die  Bildung  der  Stimparthie,  die  mächtige 
Entwicklung  der  Augenböhlenränder,  die  flache  und  zurückliegende  Stirn  äusserste 
Aehnlichfceit  mit  dem  Neandeithal-Schfldel  darbietet  Doch  stammt  der  Schädel 
von  einem  bekannten  dänischen  Edclraanne.  Ueberdies  giebt  es  zahlreiche 
andere  moderne  europäische  Schädel»  wo  sich  Stirnhöhlen  von  ähnlicher  Mächtig* 
keit  finden,  wie  bei  demjenigen  vom  Neanderthal.  —  Alles  in  Allem:  die  Reste 
fies  Neanderthalmenschen  lassen  nicht  die  geringste  Affenähnlichkeit  erkennen. 
Selbst  wenn  man  den  Schädel,  was  durchaus  unzulässig  ist,  als  typischen  Racen- 
Schädel  ansprerl^on  will,  so  darf  aus  demselben  doch  in  keiner  Weise  eine  An» 
nähenini,'  an  irgend  einen  Affenschädel  abgeleitet  werden.  N. 

Neanthes,  Kinbekc;  (gr.  =  friscbblühend).  Gattung  der  Borstcnwilrmer,  /.ur 
Gattung  Nereis  als  Untergattung  zu  zieiien.  Mit  kegelförmigen  Kieferspitzen,  s. 
Nereidea.  Wd. 

Neapolitanisclies  S^wein,  eine  kleine  Race  von  schwarser  Farbe,  Innern 
Knochenbaa  und  grosser  Mastfähigkeit  Die  Fruchtbarkeit  ist  mässig,  da  in  der 
Regel  nur  8—9  Ferkel  geworfen  werden.  Dieses  Schwein  unterscheidet  sich  von 
dem  schwarzen  chinesischen  Schwein  (s.  d.)  durch  grössere  Gestalt»  längere  und 

spitzere  Schnauze,  sowie  durch  gefälligere  Formen.  Der  berühmte  englische 
Züchter  R.  Colling  benutzte  das  neapolitanische  neben  dem  chinesischen 
Schwein  zur  Erzeugung  der  kleinen  englischen  Racen.  R. 

Nearchi.  Stamn^  der  Keltoligurer  im  südlichen  Gallien,  zwischen  Massilia 
und  dem  Rhodanus.      v,  H. 

Nebaliden,  Claus,  Scheinkiemenfüssler  (von  lubalia,  n,  pr.),  Uiiterabtheilung 
der  Schalenkrebse  (s.  Thoracostiaca),  mit  vielem  Rechte  wuiil  auch  als  eine  von 
den  Schalenkrebsen  aossuschliessende,  denselben  gleichwerthige  Hauptunter- 
abtheilung der  Krebsthiere  (s.  Crustacea)  zu  betrachten.  Nur  eine  Gattung  ist 
bekannt  (NiebaUa)^  Die  Entwicklung  im  Et  lässt  nadi  dem  Naupliusstadium  deut- 
lich dasjenige  einer  Zo^  erkennen,  was  entschieden  auf  nahe  Verwandtschaft 
mit  den  Thoracostraken  deutet;  eben  hiermit  wäre  auch  der  Besitz  gestielter 
Augen  zu  vereinigen,  wie  denn  auch  eine  Uebereinstimmung  in  der  Segmentation 
des  Pareions  (vergl.  diesen  Artikel)  wohl  angenommen  werden  kann.  Es  fo^^en 
nämlich  auf  das  Maxillenpaar  S  gleichartige  Beinpaare  (etwa  den  3  Kiefer-  und 
den  5  Schreitfiissen  der  Dekapoden  vergleichbar),  deren  Hauptast  eine  breite 
Ruderplattc  trägt,  während  noch  ein  iacherl'örmiger  Nebenast  und  ein  Kiemen- 
anhang vorhanden  sind.  Eine  Abweichung  vom  Typus  der  Thoracostracen 
Wäre  darin  zu  finden,  dios  die  Mantdduplicatur  eine  zweiklappige  Schale,  etwa 
wie  bei  Lirnnadktt  darstellt^  und  dass  das  Pleon  sUtt  7  Segmenten  deren  9  er- 
kennen lässt  von  denen  die  4  vordersten  Ruderfüsse,  die  nächsten  beiden  aber 
rudimentäre  Gliedmaassen  tragen.  —  Htnsichtltch  der  inneren  Oiganisation  so> 
wie  der  Geschlechtsöffnungen  stimmen  die  N.  mit  den  Thoracostraken  über* 
ein.  Ks. 

Nebelkauz,  s.  Ulida.  Rchw. 

Nebelkrähe,  s.  Corvus.      Rchw.  • 

Nebelparder,  s.  Felis  macrocelis,  Temm,  im  Artikel  Felis,  I,.      v.  Ms. 
Nebenaugen,  ocelli,  kommen  als  einfache  Augen,  höchstens  in  der  Dreizahl 


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6o8 


NehencMMtock  —  N«beanienr. 


bei  sehr  vielen  Insekten  nuf  f1'»m  Scheitel  vor,  neben  den  zusammengesetztea 
oder  Netzaugen  an  den  Seiten  iles  Kopfes.      K.  Vc. 

Nebeneierstock.  Als  Ncbcneicistotk,  ]\n oarium,  bezeichnet  man  einen 
Rest  des  VVom  schen  Körpers.  Er  besteht  au*i  gekrüinnUen  Kanälen  und  er- 
streckt sich  von  dem  Orarium  bis  zy  den  Tuben.  Die  Kanfile  h^ben  eine 
Wandung  von  Bindegewebe  und  sind  im  Innern  mit  einem  Flimmerepitltel  aus* 
gekleidet  Der  Inhalt  ist  von  klarer  Beschaffenheit.  —  &  auch  HarDOiigane«Ent> 
Wicklung.  D. 

Nebenhoden.  Die  Nebenhoden  {lipididymb)  ist  ein  strangförmlger  Anhang 
des  Hodens  mit  einem  breiten  ribcren  Ende  (Kopf,  Caput)  und  einem  ventger 
dicken,  unteren  (Schwanz,  CauJa).  Er  Hegt  am  hinteren  Rande  des  Hodens;  sein 
Kojif  ;iut  dem  oberen  Ende  desselben,  sein  Schwanz  auf  dem  unteren.  Er  be- 
steht last  p  'ii  dich  aiis  einem  ein/igen  Samenrohr,  da  der  Kopf  tlie  ■  r«?^»?  e/fer^n- 
tia  des  Hodens  autnimmt  und  diese  hier  zu  einem  langen  Samenrohr  (Canaiis 
epididymidis)  zusammenfliessen.  Dasselbe  lault  unter  unzahligen  kurzen  Windungen, 
welche  die  lilppchcn  der  Epididymis  bilden,  bis  zur  Cauda  und  setst  sich  hier 
in  den  Samenleiter  fort  —  S.  auch  Hamorgane^Entwicklnng.  D. 

Nebenniere.  Mit  dem  sympathischen  Nervenqrstem  eng  verbunden  ist  ein 
Organ,  das  dem  Namen  nach  su  dem  Nervenapparat  wenige  Bexiehtingen  tn 
haben  scheint   Der  Name  »Nebenniere«  bezeichnet  aber  nur,  dass  das  Gebilde 
sich  in  der  Nähe  der  Niere  befindet  und  als  paariges  Organ  dieselbe  zu  wieder- 
holen scheint.    Die  Nebenniere  des  Menschen  ist  ein  platter,  meist  dreiseitiger 
oder  halbmondförmiger  Körper,  der  tiber  der  Niere  durch  Gefässe  und  Binde- 
gewebe befestigt  ist  und  dessen  Elächen  derjenigen  der  Niere  entsprechen. 
Durch  Abschnurung  kugeliger  Stücke  können  accessorische  Nebennieren  ent- 
stehen.   Eine  Furche  zieht  über  die  vordere  Mäche  des  Organs  und  nimmt  die 
Vena  suprannaus  aul,  welche,  aus  der  Vena  renalis  kommend,  wie  ein  kurzer 
Stiel  dei  Nebenniere  erscheint.  Die  Nebenniere  des  Menschen  und  der  Siugc» 
thiere  lässt  ihrem  histologischen  Bau  nach  eine  HttUe,  eine  Rinde  und  eine 
Markparthie  unterscheiden.  Die  HflUe  besteht  aus  einem  bindegewebigen  Ge- 
rOst,  welches  nach  innen  Fasern  entsendet  Dadurch  entsteht  im  Innern  des 
Organs  ein  Fachwerk  von  Bindegewebsfasern.    Die  Rinde  ist  von  bräunlicher 
Farbe  und  hat  ein  strahliges  Aussehen.    Dasselbe  wird  durch  die  Anordnang 
jenes  Fachwerkes  hervorgcmfen.    Durch  letzteres  sind  Hohlräume  g^eschaffen.  in 
denen  sich  drüsige  Substanz  befindet.    Die  Hohlräume  und  in  Folge  dessen  die 
Drüsensubstanz  sind  in  den  der  Hülle  nahen   Theilen  nur  kurz  und  klein,  ge- 
winnen aber  nach  innen  eine  cylindrische  (le-^talt,   um  in  tieferen  Scluchten 
wieder  kleiner  zu  werden.    Der  Inhalt  der  i  acliei,  d.  h.  die  Masse  von  drüsigem 
Aussehen,  wird  aus  hüllenlosen  Zellen  zusammengesetzt,  die  reich  an  Fett  sind 
und  einen  gross«!  Kern  besitzen.   Die  Matkmasse  ist  durch  die  hellere  Färbung 
kenntlich.  Auch  hierhin  setzen  sich  die  Bindegewebsfasern  fort  und  bilden  hier 
ebenfalls  Hohlräume,  die  jedoch  von  ovaler  Form  sind  und  mit  ihrer  Achse 
parallel  der  Oberfläche  lic^jen.   Der  Inhalt  der  Fächer  besteht  wie  vorher  aus 
hüllenlosen  Zellen.    Beim  Menschen  liegt  zwischen  Rinde  und  Marksubstanz  eine 
dunkle  Grenzzone»  welche  nach  dem  Tode  leicht  zerfliesst.  Mit  Blutgefässen  sind 
die  Nebennieren  reichlich  versehen.    Die  Rinde  wird  von  feinen  arteriellen,  die 
Marksubstanz  von  weiten   venösen  Netzen  durchzogen.     Zahlreiche  arterielle 
Stämme  treten  in  das  Urpan  ein,  um  sich  zu  einem  radiär  geordneten  Capillar- 
netz  aufzulösen.    In  der  Niarkmasse  erweitem  sich  die  Capillaren  und  vereinigen 


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Ncbcnbicrenentwiclcelung  Neckarvieli. 


609 


sich  zu  einem  venösen  Netzwerk.  In  gleicher  Weise  sind  die  Nebennieren  reich 

an  Ncrvenelementen,  so  dass  man  daraus  die  Zugehörigkeit  des  Organes  zum 
Nervensystem  gefolgert  hat.  —  Bei  den  ni.  fleren  Wirbclthieren  ist  auch  äusscrlich 
die  Beziehung  der  Nebenniere  zum  Nerveiisyütem  leicht  kenntlich.  Denn  während 
in  den  liohtren  Klassen  das  ()re:an  eine  einheitliche,  selbständisre  Masse  bildet, 
vereinigen  sich  bei  den  nieacrca  i'unktioncn  der  Nebennieren  mit  Ganglien  dc^ 
Symp^akkus,  sodau  sie  ab  zu  diesem  kugeh(^rig  »i  betrachten  sind.  Diese  Ab- 
schnitte enl^rechen  der  Marksubstanx  der  menschlichen  und  der  Säugethiemeben' 
niere.  D. 

Ncbcnmerenciitwichehjng«  Ueber  die  Entwickelnng  der  Nebennieren  liegen 
altere  Arbeiten  von  Brunk,  Rbmak,  Meckel,  Kölliker,  Braun,  Balfour  vor. 
Aus  diesen  Untersuchungen  ist  das  Resultat  zu  ziehen,  dass  man  es  bei  der 

Bildung  dieser  Organe  mit  zwei  verschiedenen  Gebilden  zu  thun  hat,  nämlich 
mit  einer  Reihe  paariger,  von  den  Sympritliicusganglien  abstammender  Kör[)er, 
und  einem  unpaarigen  Küri)er  von  meboblastischer  Herkunft.  Bei  Ammoien 
vereinigen  sich  diese  Körper,  um  die  zusanimenpeset/ten  Nebennieren  zu  bilden, 
deren  verschiedene  Bestandtheile  aber  in  der  Lniwickelung  getrennt  bleiben. 
Der  Mesoblastantheil  soll  die  Rindenschicht,  der  Sympathicusantbeil  die  Mark- 
masse forroiren.  Neuerdings  sind  Uhtersochungen  von  MirsuKtnit,  Gottschalu, 
Janosk,  Wrldon  und  Mihalkowics  über  diese  Organe  angestellt  wuiden.  Dar- 
nach soll  eine  direkte  Herleitung  der  Markmasse  von  Sympathicus-Ganglienzellen 
nicht  ansunehmen  sein,  sondern  die  rigentlichen  MarkzeUen  sollen  vielmehr  durch 
Umwandlung  von  Rindenzellen  entstehen.  Die  Rindensubstanz  selbst  soll  nach 
der  Auffassung  einiger  Beobachter  aus  Anhäufungen  von  Bindegewebszellen  her- 
vorgehen, welche  sich  am  vorderen  Abschnitte  der  Urniere  im  \  erlanre  der 
unteren  Hohl-  und  Cardinal vcne  fmden;  nach  Anderen  dagegen  stammen  diese 
Zellhaufen  direkt  oder  indirekt  vom  Epithel  der  Leibeshuhle  ab.  Bei  Licht  be- 
trachtet, bestehen  über  die  Entwicklung  der  Nebennieren  noch  jetzt  bedeutende 
Meinungsverschiedenheit«!,  die  sich  sur  Zeit  nicht  entscheiden  lassen.  Im  Laufe 
der  Entwicklung  scheinen  sich  bbweilen  kleinere  Partieen  von  der  Anlage  der 
Rindensubstanz  absulösen,  um  in  der  Nachbarschaft  der  Geschlechtsorgane  zu 
verbleiben.  Hierfür  sprechen  die  Beobachtungen  von  Marchand  über  accesso- 
rische  Nebennieren  am  Rande  des  breiten  Mutterbandes.  Gkbch. 

Nebenziingen ,  paraghssae  der  Insekten  heissen  die  beiden  Seitenlappen 
der  liäutigen  Insektenzunge,  welche  vorherrschend  bei  den  Hymenopteren  vor- 
kommen, aber  auch  einer  grossen  Menge  anderer  Insekten,  namentlich  der  Käfer, 
fehlen.     E.  Tc. 

Nöbcwi  oder  Ncboui,  Einzahl  von  Nöbah,  Nubier  (s.  d.)     v.  H. 

Nebria,  Latk.,  Gattung  der  Laufkäfer  (s.  Carabidue),  wo  die  beiden  Knd- 
dorne  an  der  Spitze  der  Vordeiscbtenen  stehen,  die  Oberlippe  nicht  ausgerandct, 
der  Unterkiefer  einfach  ist  und  in  der  Ausrandung  des  Kinnes  ein  kleiner  Doppel- 
sahn steht  Von  d^n  ca.  110  Arten,  welche  etwas  Über  Mittelgrösse  erreichen 
und  unter  Steinen  an  Gewissem  sich  aufhalten,  kommen  mehr  als  50  in  Europa 
vor.     E.  Tg. 

Ncbtab.  Adeliger  Stamm  der  Beni  Amer  (s.  d.);  aus  den  N.  entijtammt 
der  «I>e<:!c!    oder  Stammfürsl,  welcher  das  ganze  Volk  beherrscht.      v.  H. 

Necanages.  Erloschener  St  imm  der  Huronen  (s.  d.),  ward  im  Jahre  xysß 
in  den  Irokesenbund  aufgcnon^men.      v.  H, 

Ncckarvieh,  ein  ziemlich  schwerer,  bunter  oder  rother  Rinderschlag,  der 

Zool ,  Aii(liro|Mtl.  u.  fe.tltiiolosi«.    Utl.  V.  4q 


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6io 


Nccodacs  —  Nccraplittie. 


insbesondere  in  den  wiirticinbcrgischen  Bezirken  Neckarsulm,  Heilt) runn  und 
Lconbcri;  gehalten  uiul  dorlselbst  am  schönsten  angetroflcn  wird-  1  >ieses  \ich 
ist  gegen  KnUe  des  vorigen  Jalirlumderu  durcii  Kreuzung  des  bunten  Laiid%tehs 
mit  Bemer  und  Freibuiger  Vieh  entstanden.  Später  legte  man  bei  der  fortge> 
setzten  Kreuzung  mit  Bemer-Simmenthaler  Bullen  einen  besonderen  Werth  auf 
die  durchweg  rothe  Farbe.  Das  Vieh  ähnelt  im  Allgemeinen  dem  Schweizer 
Buntvieh,  gilt  aber  tür  etwas  feiner  als  dieses.  Das  I^beodgewicht  einer  Kah 
beträgt  500 — 6oO|  dasjenige  der  gemästeten  Ochsen  etwa  900  Kita.  Die  Milch» 
nutzung  ist  gut,  die  Fleischfaser  zart  R. 

Necodaes.  Indianer  im  südamerikanischen  Staate  Cauca,  reden  einen  I 
Dialekt  der  Kmberabede-Sprache.    v.  H. 

Necrobia,  T.atr,  (gr.  Leiche  und  leben),  eine  von  Coryndes  nur  durch 
das  last  walzige  letzte  Kiefertnsterglied,  welches  da  fast  dreieckig  ist,  anter- 
schiedene  Käfer-Gattung  aus  der  Familie  der  Ckridae  (s.  d.)    E.  Tu. 

Necrodes,  I.each  (gr.  leichenähnlicb),  s.  Necrophorus.     £.  Tg. 

Necrophilie.  Unter  Nccrophilie  versteht  man  den  geschlechtlichen  Umgang 

eines  Mannes  mit  einer  weiblichen  Leiche.    Bereits  Herodot  erzählt,  dass  die 
alten  Aeizyptcr  ilic  I. eichen  schöner  Weilicr  nicht  unmittelbar  nach  dem  'l*ode 
den  l-.iiibalsamircrn  ul»crgal)cn,  da  es  sich  ereignet  hatte,  dass  Letztere  mit  den 
noch  warmen  Körpern  Unzuclit  trieben.    In  der  Kriminal-Literatur  findet  si«  b 
eine  Keilie  gut  beglaubigter  Lalle,  in  denen  Leichenschander  ihres  Verbret  hcn:> 
iibcrführt  werden  konnten.  Kincr  der  bekanntesten  ist  derjenige  des  franzäsiaciicn 
Sergeanten  Bertram,  der  Nachts  weibliche  Leichen  ausgrub,  mit  ihnen  den  Bei« 
schlaf  ausführte  und  die  Körper  dann  zerstückelte.  Auch  Brierre  de  Boismont 
theill  die  Geschichte  eines  Leichenschänders  mit,  der  sich  zur  Leiche  eines 
sechzehnjährigen  Mädchens  von  vornehmem  Hause  eingeschlichen  hatte.  Durch 
ein  verdächtiges  (>cräusch  aufmerksam  gemacht,  drang  die  Mutter  der  Ver- 
storbenen in  d.is  Todtenzimmer  und  bemerkte  einen  Menschen,  der  vom  Bette 
der  Todten  herabs]irang.    Ks  stellte  sich  heraus,  dass  der  Schänder  ein  Mensch 
aus  vornelinieni  Hause  war,  der  sclion  wiederholt  seinen  Gelüsten  m  dieser  un- 
menschlichen Weise  gclrohm  hatte.    Hierher  gehört  auch  jener  Fall,  der  zur 
Schliessung  des  BegräbnisÄthuruics  der  Parsi  bei  Bombay  führte.    Line  jungtrau 
war  gestorben  und  wurde  an  diesem  Orte  des  Schreckens  von  ihrem  Geliebten 
aufgesucht  und  beschlafen.    Bei  den  Kikamba  in  Afrika  ist  die  N.  unter  Um- 
ständen obligatorisch.  Stirbt  dort  nämlich  ehfie  Frau  und  findet  aus  irgend  einer 
Ursache  bei  ihr  ein  Blutaustritt  aus  den  Geschlechtsäieilen  statt,  so  muss  ein 
fremder  Mann  die  nächste  Nacht  bei  der  I.eiche  liegen.   Derselbe  eriiält  als 
Lohn  dir  seine  Bemühungen  eine  Milchkuli.   Seltsamer  Weise  bestand  bei  unseren 
\  orlahren  der  Giaube,  dass  der  mit  der  Todten  ausgeübte  Beischlaf  unter  Um- 
ständen Schwanoforsrhaft  herbeiführen  könne:  die  von  der  Leiche  ausgehende 
Stimme  fordert  den  Leichenschander  auf,  nach  Verlauf  von  neun  Monaten  wieder- 
zukommen und  das  Kind  abxuiiolen.  —  Bisweilen  mag  es  sich  bei  der  N.  um 
einen  lange  Zeit  ungestillten,  gewalligen  Cieschlcchtstrieb  handein,  der  in  dem 
Verkehr  aul  ilei  weiblichen  Leiche  die  erste  sich  darbietende  Gelegenheil  zu 
setner  Befriedigung  nicht  unbenutzt  vorübergehen  lässt  So  verhält  es  sich  wohl 
in  den  Fällen,  wo  Mönche»  denen  die  Leichenwache  Übertragen  war,  die  Todte 
zur  Stillung  ihrer  LOste  verwendeten.  In  den  weitaus  meisten  Fällen  muss  jedoch 
die  seltsamste  aller  Verirrungen  des  Geschlechtstriebes  auf  krankhafte  Beschaffen« 


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NccT«>pl»orus  —  Ncctnriniittae.  611 

heit  des  Geistes  surQckgeftthrt  werden,  und  es  geböien  die  Necrophilen  nicht  in 

das  Gefängniss,  sondern  ins  Irrenhaus.  N. 

Necrophorus,  Fab.  (gr.  Todte  begrabend)  T  odtengräber,  eine  Käfergattung 
aus  der  Familie  der  Silphidae  (s.  Aasfresser),  welche  sich  durch  deutlich  abge- 
stutzte Flügeldecken  und  einen  4gliedrigen,  durchblätterten  fcndknopf  der  Fühler 
vor  ihren  übrigen  Familiengenossen  auszeichnet.  Von  den  43  bekannten  .\rten 
kommen  ca.  to  in  Eurüi>a  an  Aas  vor.  Kine  ganz  schwarze  Art,  deren  Fuiiler 
hicli  ailuiulilicli  zu  einer  Keule  verdicken  und  deren  HxUsschild  kreisrund  ist, 
wurde  von  Lbach  als  Neerodes  l^aüs  abgesclueden.     E.  Tg. 

Nectarimidae,  Blumensauger,  Familie  der  Singvögel.  Wie  die  Hoiugfiesser 
(Me^hßgidae)  xeichnen  sich  die  Mitglieder  dieser  Familien,  durch  eine  sum 
Blttthensaugen  organisiite  Zunge  aus;  doch  zeigt  dieselbe  wesentlich  andere  Form 
als  bei  jenen.   Sie  ist  sehr  lang  und  schmal,  weit  vorstreckbar,  mit  einer  Längs* 
rinne  versehen,  und  ihre  Spitze  theilt  sich  in  zwei  glatte,  unbewimperte  Fäden; 
sie  ähnelt  also  derjenigen  de«;  Kolibris.    Ufr  Schnabel  ist  dtinn  und  säbelförmig 
gebogen,   bisweilen   auflallcnd  lang,  seine   Spit/.e  ohne  Huken  und  Zahnaus- 
kerbung; meistens  sind  die  Schneiden  an  ihrem  vorderen  Ende  sehr  fein  säge- 
artig gezähnelt.    Die  Flügel  iind  spitz,  von  den  10  Handscluvingen  3.  und  4. 
oder  3.  bis  5.  am  längsten,   i.  nur  so  lang  als  die  Handdecken  oder  wenig 
länger,  immer  viel  küncer  als  die  Hälfte  der  zweiten.    Die  Mehrzahl  der  Arten 
zeichnet  sich  durch  prächtig  metallisch  glänzendes  Gefieder  ans.    Die  Familie 
urofasst  etwa  lao  Arten,  welche  in  der  Mehrzahl  Afrika  angehören;  eine  Minder^ 
zahl  bewohnt  Indien  und  die  Sundainseln,  kaum  20  Arten  finden  sich  auf  Neu- 
Guinea  und  anderen  papuasischen  Inseln,  nur  eine  in  Nord-Australien.   In  An* 
betracht  ihres  glänzenden  Gefieders  und  der  Art  und  Weise  ihrer  Ernährung  ver- 
treten die  Blumensauger  in  den  Tropen  der  alten  Welt  die  amerikanischen 
Kolil)ris.     Wie  diese   nähren  sie  sich  \  on  winzigen  Insekten,   welche  auf  dem 
Fruchtboden  der  Blüthen  hausen,   und  nehmen  hierbei  auch  l'tianzenhonig  zu 
sich.     Doch   halten  sie  sich  niciit  liatiernd  in  der  Luft  vor  den  Blüthen,  um 
diese  nach  Art  der  Kolibris  zu  durchstöbern,  sondern  hängen  an  denselben  sich 
an  und  htipfen  und  klettern  nach  Art  der  Meisen  auf  Zweigen  und  Blättern  um- 
her, um  ihre  Nahrung  zu  suchen.   Auch  ihr  schwirrender  Flug  ist  nicht  mit  dem 
reissend  schnellen  Dahinschiessen  des  Kolibris  zu  vergleichen.   Ihre  beutel- 
förmigen,  oben  geschlossenen  und  mit  einem  seitlichen  Schlupfloch  versehenen 
Nester  sind  aus  Gras  geweb^  häufig  aussen  mit  Moos  und  RindenstUckchen  zier- 
lich bekleidet  und  hängen  an  Busch-  und  Baum  spitzen  frei  in  der  Luft.  —  Wir 
unterscheiden  drei  Hauptgattungen :   Pronierops,  Kkiss.,  Schweifblumensauger, 
mit  ausserordentlich  langem,  stufigem  Schwanz,  besonders  die  vier  mittelsten 
.Schwanzfedern  lang  und  bandförmig,  fünfte  und  sechste  Handschwinge  mit  tiefem 
Ausschnitt  an  der  Innenfahne.     Nur  eine  Art,  P.  caßer,  L.,  in  Siid>Afrika,  die 
grösste  Form  der  Familie,  von  der  Grösse  einer  Rohrdrossel.  —  2.  Arachno- 
thtra,  Tem.,  Spinnenfresser,  von  olivengranlicher  oder  graulicher  Gefieder- 
fibrbung;  beide  Geschlechter  gleich  geftrbt;  Schnabel  in  der  Regel  doppelt  so 
lang  als  der  Kopf;  Schwanz  gerade  abgestutzt  und  kun,  kaum  zwei  Drittel  so 
lang  als  der  FlflgeL    £^a  so  Arten  in  Indien  und  auf  den  Sundainseln.  — 
3.  Cmf^is,  V1EU.L.  {NttüiHnia,  III.),  Necktarvögel,  zierlicher  als  die  vorge* 
nannten,  mit  dUnnerem,  meistens  auch  kürzerem,  kaum  kopflangem  Schnabel; 
Männchen  mit  prächtig  metallisch  glänzendem  Gefieder,  Weibchen  in  der  Regel 
von  oli vengrünlicher  oder  graulicher  Färbung;   Schwanz  gerade,  gerundet  oder 

39* 

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6l3 


stufig,  aber  doch  kürzer  als  der  Fluf^cl,  nur  die  beiden  mittelsten  Steuerfedcni 
oft  sehr  lang  und  schmal.  Ktwa  loo  Arten,  welche  nach  Form  des  Schwanzes 
und  FärbungseigenthUmlichkeiten  in  Untergattungen  zu  sondern  sind,  als:  An- 
thodiaeta.  Gab.,  Aethopyga,  Gab.,  Hermotimia^  Rchb.,  Chalcomitra^  Rchb.,  Anth- 
theptes,  Gab.,  Cyrtotiüiims,  Gab.  Rchw. 

Neellbcres.  Nach  PtolbhAos  Vtflkcfschift  in  Maiukiiiien.    v.  H. 

Nectocalys.  Schwinioglocke  der  ^honophonm.  Pr. 

Nectoaacctn,  SchwinunMck  der  SiphonophoftD.  Fr. 

Necturus,  s.  Menobranchus.  Ks. 

Nedjed  Pferde  (Ncdschids,  Nedjdi).  Der  edelste  Stamm  der  arabischen 
Pferde  (s.  d.)  in  der  gleichnamigen  Landschaft  der  nra!)i';chen  Hochebene.  Die 
riiiere  befinden  sich  \\\  den  Händen  von  Bedumenstammcn,  welche  dieselben 
angeblich  von  AUer:»  her  rein  fortzüchtelen.  An  ihnen  werden  wiederum  5  Haupt- 
gcschiechter,  die  El  Khons  (El  Korns)  unterschieden,  welche  der  Sage  nach  von 
den  5  Lieblingsstuten  des  Propheten  stammen  und  in  sich  rein  erhalten  werden. 
Die  Bezeiehnungen  dieser  Geschlechter  werden  sehr  abweichend  angegebea 
Als  das  vornehmste  hiervon  weiden  die  »Seklawt«  (»Saklawy«)  genannt.  R. 

Neecelowea.  Zweig  der  Chimmeqnm  (s.  d.)    v.  H. 

Nee>iio-iWo  so  viel  wie  Montagnais  (s.  d.).    v.  H. 

Nefat.    Noniadenstamm  Tunesiens.     v.  H, 

Negda  oder  Ncgidalen,  Stamm  der  Tungusen  (s.  d.)  an  der  Südküste  des 
Ochotzkisrhen  Meeres  und  am  Ami^nni  Die  N.  gleichen  in  ihrem  Aussehen 
vollkommen  flen  Giljaken,  reden  aber  eine  fremde,  jenen  unverständliche  Sprache.  | 
Sic  leben  m  Gruppen  von  3 — 4  Jurten  an  den  Seen  und  Nebenfltlssen  des  Am-  j 
gunj  und  beschäftigen  sich  mit  Jagd  und  Fischerei;  sie  sind  einfacher  und  ^lel  ^ 
umgänglicher,  aber  viel  ärmer  als  die  Giljaken  und  werden  von  jakotisdKS  | 
Hindiern,  welche  Fuchs*  und  Zobelfelle  Ankaufen,  entsetzlich  flbervortheilt.  v.  ä  | 

Neger*  Allgemeine  Beseichnung  fQr  die  »chwanhiutigen  Urbewohner  Afiiksi^ 
Im  ethnologischen  Sinne  ist  der  Begriff  des  N.  kein  feststehender,  featumgrenfttr.  I 
Robert  HARTMAMit  betont,  dass  die  Bezeichnung  N.  für  die  dunkelhiutiget» 
kraushaarigen  Bewohner  eines  grossen  Thcücs  von  Afrika  sehr  haufiE^  in  miss-  | 
bräuchliche  Anwendung  gezogen  werde.  Nach  Peschrl  bilden  die  Kaffern  oder, 
wie  die  Linguisten  sie  be^eirbnen,  die  Bantu  (s.  d.)  keine  abß:esonderte,  senden»  ' 
mit  den  N.  eine  einzige  Race,  denn  die  vorherrschenden  wie  die  beharrlichen 
Merkmale  kehren  in  gleicher  Weise  in  Süd-Afrika  so  gut  wieder  als  in  Mittel- 
Afrika.    R.  Hartmann  erklärt  alle  Afrikaner  für  ein  ethnisches  Ganzes,  dess^  \ 
einzelne  Glieder  durch  unendlich  zahlreiche  Uebergänge  mit  einander  in  Zs>  | 
sammenhang  stehen;  ihm  ist  der  N.  nur  eines  dieser  Glieder,  die  gewdhididie  I 
Vorstellung  von  demselben,  von  dem  »blauschwarsen,  dicknackigen,  schaiwott'  ' 
behaupteten  Phantasienneger«,  wie  er  sagt,  ein  wissenschaftliclKHr  Feliadi,  dn  | 
man  ins  Feuer  werfen  müsse.  Gewiss  ist  je4enfel]s,  daas  wie  sdion  WntwooD 
Readk  bemerkte,  der  »typischec  N.  selbst  unter  den  N.  eine  i^llene  Spielart  ist.  | 
Hartmann  will  daher  die  Bezeichnung  N.  durch  die  allgemeinere:  Nigritier  er- 
setzt wissen.    Sein  Vorschlag  hat  aber  bis  jetzt  keinen  durchgreifenden  .Anklang 
gefunden.    Vielmehr  besitzen  wir,  bei  aller  Anerkennung  des  Richtigen,  was  in 
Hak  r.vjANN  s  Auffassung  steckt,  für  die  grosse,  dunkelfarbige  Völkergnippe  Mittel- 
Afrikas  doch  keine  bessere  Benennung  als  das  Wort:  N.   Natürlich  fehlt  es  dieser 
Gruppe,  welche  nach  Friedrich  Müller  und  den  meisten  F^orschern  eine  selbst-  > 
Ständige  Race  bilden,  nicht  an  Mischungen  mit  fremden  Elementen,  hubesoadett 


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Neger. 


««3 


an  ihren  Rttitdein;  am  leniaten  «nd  bestiromteaten  htA  «cb  ihr  Typus  in  jenem 
Theile  ihres  Gebietes  behauptet,  welcher  am  weitesten  von  den  BerühningS' 
grenzen  mit  fremden  Elementen  entfernt  ist.  Jener  Theil  Afrikas,  welcher  vom 
Senegal  bis  gegen  den  Nigir  reicht,  darf  als  das  Land  des  echten  N.  im  land- 
läufigen Sinne  betrachtet  werden.  Tm  Allpremeinen  kann  man  sagen:  Das  Gebiet 
des  N.  reicht  vom  Sencp:.Tl  bis  Fimbuktu  und  von  da  bis  an  die  nördlichen  Ufer 
des  Tschadsees,  von  wo  aus  die  Nordgrenze  in  die  Sahara  hinein  und  gegen 
Fcxzan  sich  zieht.  Ueber  Darfur  zieht  hierauf  die  N.-Grenze  nilaufwärts  bis  zum 
Kordende  des  Ukerewesees.  Eine  mehr  oder  weniger  gerade,  noch  nicht  ge- 
nügend erfonchte  Linse  nadi  der  Biafirabai  an  der  westafkikai^hen  Ktt^  be- 
zeichnet vom  Ukerewe  an  die  Schranke  gegen  die  Bantu,  wenn  man  diese  nicht 
SU  den  N.  rechnen  will.  Sprachlich  sind  sie  von  ihnen  durchaus  verschieden, 
8o  dass  in  dieser  Hinsicht  auch  Peschel  innerhalb  seiner  grossen,  schwärm 
Race  Banttt-N.  und  Sudan-N.  unterscheidet  Es  begreift  sich,  dass  unter  solchen 
Umständen  ein  allgemein  gültiger  N.-Typus  sich  in  der  That  schwer  aufstellen 
läspf  Dr.  Kari-  Passavant  ist  auf  Grund  seiner  kraniologischen  Untersuchungen 
j^uni  Schlüsse  gekommen,  die  N. -Völker,  welche  er  im  ausgedehntesten  Sinne 
auffasst,  seien  nicht  aus  einer  einzigen  R^ce,  sunUcrn  aus  mehreren  hervor- 
gegangen, denn  es  giebt  dolichokephale,  mesokephalc  und  brachykephale  N. 
Die  DoUchokephalen  bilden  ein  betiflcbtliches  Kontingent,  in  runder  Zahl 
IOC  NKltionen  Köpfe,  also  6of»  die  Mesokq>halen  4$  iMfillionen  (30^),  ^e  Brachy- 
kephalen  6  Millionen  (4^).  Von  allen  N.-Völkem  seien  die  Bantu  die  verhVltniss- 
misng  reinsten,  denn  sie  bestehen  zu  9s  f  aus  DoUchokephalen.  Nun  kann  man 
freilich  den  Schädel  nicht  als  allein^es  Raoen  bestimmendes  Merkmal  gelten 
lassen,  immerhin  lehren  Passavants  Untersuchungen,  dass  schon  in  einem  sehr 
wichtigen  Punkte  wesendiche  Abweichungen  von  einem  einheitlichen  Typus  vor- 
kommen. Für  die  Gebiete,  wo  der  N.  von  Mischungen  mit  stammfremdem 
Bhite  sich  frei  erhalten,  hat  mo-n  von  ihm  etwa  Folgendes  anthropologische  Bild 
entworfen:  Das  Knochengerüst  des  N.-Schädels  ist  schwer,  dick  und  hart.  Das 
Hinterhaupt  erscheint  lang  ausgedehnt  und  das  Hmterhauptloch  etwas  nach  hinten 
gerückt  PRUNER  will  femer  einen  frühzeitigen  Zusammenschlun  der  Stumnaht 
wahrgenommen  haben,  gefolgt  von  einem  Verwachsen  der  Krannaht  am  mittteren 
Teil  und  der  Ffeilnaht,  während  die  Larobdanabt  um  den  Gipfel  sich  am  längsten 
oflen  erhitt  Btsweüen  verKhnelse  nicht  einmal  gttnalich  die  Basilosphenoidal- 
'  naht  und  selbst  bei  Erwachsenen  sei  noch  die  Incisivnaht  zu  unterscheiden. 
Das  Gehirn  des  N.  ist  im  Ganzen  von  geringerem  Volum  wie  bei  den  Weissen, 
auch  die  Gehirnwindungen  sind  nicht  so  vortheilhad  entwickelt.  Das  Mittelhirn 
wiegt  immer  über  das  Vorderhim  bedeutend  vor.  Lt  cak's  Messungen  würden 
lehren,  dass  der  weiteste  N. -Schädel  noch  nicht  das  Mittel  bei  Deutschen  er- 
reiche und  P.  Broca  fand  den  mittleren  Schädelinnenraum,  den  er  beim  Australier 
100  gleichsetzte,  beim  N.  111,6,  beim  blonden  Europäer  aber  124,8.  Die 
Schädelkapazität  stellte  sich  bei  westafrikanischen  N.  zu  1430  Cbcm.  für  die 
liilinner  nad  1S51  Cbcm.  IHr  die  Weiber.  Die  Gctinniigkeit  des  weiblichen 
ffirnschidels  ist  im  Veigleidi  sum  männlichen,  wenn  der  letstere  ^  1000  gesetzt 
wird,  bei  den  N.  93s  nach  Tuduiamk.  Primsr  unterscheidet  nach  Gesicht  und 
Himdecke  zwei  versdnedene  K.-Typen:  der  eine  hat  eine  sehr  geneigte  obere 
Kinnlade  und  verlängertes  Gesicht  der  andere  breite  Gesichtsknochen  und  mehr 
geraden  Oberkiefer.  Angesprochener  Prognathtsmus  ;  der  Gesichtswinkel  beträgt 
wenig  ttber  70  %  daher  der  untere  GesicbtstbeU  scboausenartig  hervorragt  Die 


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6l4 


NtgCT. 


Oherflirhe  der  kleinen,   srVimalen,   niedrijjen  und  kugeligen  Stim  ist  uneben 
Unterhalb  derselben  erscheinen  zwei  schwar/c",  cncrgeschlit/te  Aufjen  in  sehr  cc 
räumigen  Augenhöhlen.    Bindehaut  fast  immer  gelb,  in  den  Winkeln  schwait 
gefleckt.    Sehkraft  mittelmässig.    Die  Nase  hat  eine  breite  Basis,  ist  dick,  flach, 
oft  wie  eingedrückt  und  mit  breiten,  queren  Löchern  versehen.    Riech-  und 
Schmeckdnn  sehr  nächtig,  aber  roh»  weshalb  die  N.  alles  essen  UDd  die  übelsten 
Gerüche  ihnen  angenehm  sind.   Der  Mund  ist  breit  und  weit;  aus  ihm  bfidEt 
eine  Reihe  sehr  langer,  breiter,  hellweisser,  nach  v<»ne  geneigter,  sdilef  silaeiider 
Zähne  hervor.    Die  Lippen  sind  wulstig,  au%eworfen  und  dunkelroth  gefibbt 
Das  Kinn  ist  plump,  aber  klein.   Die  Ohren  sind  sehr  klein,  abstehend,  gerundet, 
dickwandig.    Gehör  ziemlich  scharf.    Die  Farbe  der  Haut  ist  dunkel  und  durch- 
lätiü  alle  Srhatrinmgen  vom  tiefsten  Ebenhol7';rbwarz  durch  Braun   bis  zum 
schmutzigen  1  .ederßelb.    Die  Haut  ist  dick,  nncmpnndlicher  als  bei  den  Weisser 
namentlich  auf  der  inneren  Seite  der  Hand  unempfindlicher  und  harter  als  beim 
Weissen,   sammtartig  wegen  starker  Entvvickelung  des  Drüsenap[)arats.  l>aa 
N.-Kind  ist  bei  der  Geburt  hellgrau;  in  Nord-Afrika  ist  das  Pigment  im  drittai 
Jahre  vollkommen  entwickelt,  sttdiicher  viel  früher,  2um  Theil  sdioti  njKh  eiuijui 
Tagen.  Schweiss  und  Hautausdttnstung  sehr  übelriechend.    In  eine  in  UHens 
Klima  nimmt  dies  ab  und  das  Haar  wird  länger.  Dieses»  welches  in  der  Regd 
nur  am  Kopfe,  seltener  am  Kinn  und  noch  seltener  oberhalb  der  Lippen  zu 
wachsen  pflegt,  ist  schwarSj  selten  brandroth,  kraus  und  kors.    Beim  S&ugling 
soll  es  indess  nicht  schwarz  und  kraus,  sondern  kastanienbraun  und  seidenartig 
sein;   mit  der  TIaut  wird  auch  das  ITanr  dunkler,  straffer,  krauser  und  zur  Zeit, 
als  das  Kind  laufen  lernt,  vollstünüig  wollig.    Auch  die  Körperbaare  sind  '^pir- 
lieh.    Der  Hals  des  N.  ist  dick,  kurz  xmd  kräftig,  der  Nacken  stark  entwici^tit, 
die  Wirbcl.saule  dagegen  weniger  biegsam.    Das  Becken  ist  bedeutend  kleiner 
und  enger  als  beim  Weissen,  keilförmig  und  stark  nach  rückwärts  geneigt, 
woraus  sich  der  eigenthümlidie,  steife,  das  Gesäss  stark  nach  rfickwäits  wendende 
Gang  des  N.  erklärt.  Seiner  Gestalt  nach  ist  der  N.  stark  und  musknlös  gebtm^ 
seine  Statur  erreicht  1167—1,83  Meter.   Der  Rumpf  ist  aber  kflner,  Aim  vad 
Bein  aber  viel  länger  als  beim  Weissen.  Namentlich  tritt  der  Unterarm  bedeutend 
gegen  denselben  Theil  bei  anderen  Racen  hervor,  ebenso  andi  die  iast  aftn* 
mässig  langen  Finger  und  Zehen.    Sömmering  fand  bei  allen  N.,  die  er  unter- 
suchte, die  beim  Europäer  selten  vorkommenden  Sesambeinchen  am  Daumeo. 
Hornstofftheile  scliwach.    ( )hersciienkcl  und  Wade  schwach  entwickelt,  woran 
die  beim  N.  beliebte  hockende  SteUung  zum  Theil  Schuld  tragen  mag.  Die 
Knie  sind  etwas  gebogen,  der  Fuss  ibt  mit  einer  langen  und  breiten  Ferse  ver- 
sehen, bei  Weibern  ungemein  flach  und  platt;  der  Knöchel  schwebt  nur  4  bis 
4,35  Centim.  über  dem  Boden.   Beine  wie  Arme  der  N.-Weiber  sind  lelativ 
länger  als  die  der  Europäerinnen.   Durch  die  Beine  findet  also  Annäherung 
den  männlichen  Typus  statt   Das  ganze  Bein  ist  etwas  seitlidi  konprinut 
Die  Knochen  enthsdten  weit  mehr  Kalksake  als  jene  der  Weissen.  Das  Minkd- 
System  ist  aber  weniger  stark  als  das  Knochensystem.    Die  Farbe  der  Muskeln 
spielt  vom  Gelben  ins  Schmutzigrothe.   Die  Schleimhäute,  wo  sie  zu  Tage  liegen, 
haben  einen  kirf>chrothen  Anstrich.    Alle  Drüsenapparate,  namentlich  Speichel- 
drüsen, Leber,  Milz,  (ieschlechtstheile  ungemein  entwirkelt.   Venen  überwiegend 
ausgebildet,  Blut  dick,  scliwarz,  pechartig,  Blutwasser  immer  sehr  gelb;  Körperchen 
des  Venenblutes  etwas  verlängert.    Der  Puls  macht  selten  mehr  als  60  Schlage 
in  der  Muiute.    Der  Zahnungsprucess  beginnt  oü  schon  int  fünlten  Monat;  die 


^  by  Gcr. 


Neger. 


615 


Menstnialioii  zwischen  10^15  Jahren  und  hört  nach  dem  30.  Jahre  auf.  Ueber« 

schwängliche  Fruchtbarkeit  Ist  den  Weibern  nicht  ei^n,  doch  g^bt  es  solche» 
die  bis  zu  zehn  Kinder  gebären;  sie  abortieren  sehr  häufig,  bei  vielen  erschlaffen 
die  Brüste  sehr  frühe,  und  es  bildet  sich  eine  starke  Fcttablacjeninc:  am  Gcsäss 
als  Uehergang  zu  den  Hottentotten.  Die  Manner  ergrauen  oft  selir  frühe.  Wie 
alt  aber  der  N.  wird,  ist  sehr  schwer  zu  bestimmen,  da  er  selbst  nie  sein  Alter 
anzugeben  weiss,  doch  dürfte  er  ein  Durchschnittsalter  von  60  Jahren  erreichen. 
Alles  in  allem  sind  die  N.,  was  Arbeitsleistung  anbelangt,  eine  starke  Race  und 
ttbeiCreffen  im  heissen  Klima  darin  auch  den  Wensen.  Der  N.  ist  im  Gänsen  — 
so  schildert  ihn  FaiSDittCH  MOllbr  —  ein  sinnlicher  Mensch,  bei  dem  die 
Phantasie  tlberwiegt,  daher  im  Grunde  heiter,  doch  kann  er  auch  in  die  gegen* 
theilige  Stimmung  verfallen,  der  er  gewöhnlich  auch  erliegt.  Seiner  ungezügelten 
Phantasie  entspringen  Putxsucht  und  Eitelkeit,  Neigungen  zu  lärmenden  Schau« 
Stellungen  und  Tänsen,  In  solcher  Stimmung  kann  er  alle  Leiden  und  Sorgen 
v'ergessen,  sich  mit  dem  haHesten  Loose  aussöhnen  Wer  mit  eitlem  Prunk  ihm 
zu  imponiren  versteht,  dem  legt  er  grosse  Unterwürfigkeit  an  den  i'ag.  Sein 
Hang  zur  Prahlerei  und  sein  in  Eitelkeit  wurzelnder  Stolz  verleiten  ihn  aber  auch 
zur  Anmaassimg  gegen  Gleich-  oder  Niederstehende.  Jeder  N.  glaubt  ein  Recht 
zu  besitzen,  sich  von  Anderen  bedienen  zu  lassen,  daher  die  Sklaverei  in  Afrika 
von  jeher  einheimisch  war«  Der  N.  lebt  gedankenlos  in  den  Tag  hindn,  am 
liebsten  im  Nichtsthun  unter  Tändeleien  und  sinnlosem  Geschwäts;  nur  Hunger 
und  Gescblechlslust  wecken  ihn  aus  seiner  Ruhe*  Seine  geringe  geistige  Energie 
hat  eine  gewisse  natürliche  Gutmflthigkeit,  ja  Sanftmuth  xur  Folge.  Dem 
Stammesgenossen  und  Gastfreund  zeigt  er  eine  offene  Hand  und  theilt  mit  ihm 
Alles,  was  er  hat,  was  der  Entwicklung  des  Sinnes  ftir  Eigenthum,  Erwerb  und 
Arbeit  hinderlich  ist.  Kinen  Offenstand,  den  er  vorzüglich  liebt,  verbirgt  aber 
der  N.  argwöhnisch,  damit  er  nicht  von  Anderen  beansprucht  werde :  also  neben 
grösster  Freigebigkeit  schmutziger,  lächerlicher  Geiz.  Gegen  den  Feind  ist  der 
N.  rücksichtslos  und  grausam;  doch  findet  sein  Zorn  mit  der  Zerstörung  der 
Opfer  sein  Ende;  nur  religiöser  Fanatismus  kann  ihn  /.u  einer  Art  rafhnirter 
Grausamkdt  ▼erlehen.  Das  Lebm  des  N.  bewegt  sich  also  in  steten  Gegen- 
sätsen:  leichtfertige,  tolle  Lustbarkeit  und  dflstere  Verzweiflung,  Überspannte 
Hoflhung  und  quälende  Furcht  sinnlose  Verschwendung  und  schmutziger  Geiz. 
In  geistiger  Hinsicht  sind  alle  seine  Gaben,  bei  deren  Bethtttignng  es  auf  Nach- 
ahmung ankommt,  gut  entwickelt;  selbststandiges  Denken  ist  aber  wenig  vor- 
handen. Das  N.-Kind  ist  zuerst  dem  weissen  Kinde  in  der  Regel  geistig  über- 
legen, bleibt  aber  stehen  in  der  Periode  der  I'ubertüt.  Mit  vorzüglichem  Ge- 
dächtnisse begabt  lernt  der  N.  sehr  leicht  fremde  Sj)rachen,  hat  aber  gar  keinen 
Sinn  für  Zahlen  und  es  nur  zu  einer  unvollkommenen  Zeitrechnung  gebracht. 
Im  Handelsverkehr  mit  Fremden  zeigt  er  grosse  Findigkeit  und  List,  zugleich 
aber  auch  Beschränktheit,  daher  er  Anderen  unbedingt  glaubt,  was  er  nicht  selbst 
gesehen  bat  oder  was  Ober  die  Kai^adtilt  seiner  Gdsteskritfte  hinausgeht  Die 
N.-Völker  haben  es  in  der  äusseren  Kultur,  soweit  sie  auf  Nachahmung  beruht, 
nemlich  w«t  gebrach^  sich  aber  nie  zu  einer  selbstständigen  Kuhur  erhoben. 
Der  N.  llsst  sich  zwar  alMrichten,  aber  nur  selten  wirklich  erziehen.  In  neuester 
Zeit  fehlt  es  indess  nicht  an  Stimmen,  welche  vrni  der  Kulturffthigkeit  der  N. 
günstiger  denken,  denen  sie  theoretisch  ausser  Frage  steht.  Man  weist  zu  diesem 
Behufe  nicht  ungeme  auf  die  N.  in  Amerika  hin,  nach  welchem  Lande  sie 
schaarenweise  als  Sklaven  eingeführt  wurden.   Der  amerikanische  N.  ist  auch  in 


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6i6 


Negcrhuhn  -  KcktarvttgeL 


der  Thnt  ein  ctwns  nndcrcs  Wesen  als  der  N.  Afrikas,  von  dem  allein  die  vor- 
stehende Charaklerisirunp  gilt.  Seit  melircrcn  (ieschleclitern  in  Amerika  geboren 
lind  inmitten  einer  Marken  Umgehung  von  Weissen  cr/ogcn,  hat  er  sich  dem 
Boden  angeartet  und  weist  er  einzelne  somalische  und  geistige  Verschiedenheiten 
von  seinem  afrikanischen  Stantmesbruder  auf,  allerdings  nur  in  den  V'^ereinigtei 
Staaten>  in  denen  er  am  besten  ta  gedeihen  Bcheiot,  nicht  in  Mittel*  und  Sttd- 
Amerika,  wo  er  nur  si>arUcb  vorhanden  ist,  oder  in  BrasUien«  wo  die  Zahl  der 
N.  eine  ansehnliche  ist.  Gans  bemericenswerth  sind  seine  in  der  Unioii  ge* 
machten  Fortschritte  auf  geistigem  Gebiete;  einselne  N.  haben  sich  dort  an  be> 
deutenden  Stellungen  empoigeschwungen,  sind  Parlameittsmi^lieder,  Advo- 
katen u.  dergl.  Als  ethnisches  Ganzes  betrarlitct,  kennzeichnen  sie  aber  doch 
die  hauptsärhlicl^sten  ZUge,  welche  auch  fiir  den  ainkanischen  Neger  maass* 
gebend  sind.     v.  H. 

Negerhubn,  Mohrenhuhn,  Gallus  domeituus  morio,  cipeniluunlii  lic  Han-huhn- 
Race,  ausgezeichnet  durch  schwarze  Ober-  und  Knochenhaut,  schwat/.en  Schnabel 
und  l  iisse,  schwarzes  Gefieder,  graufarbiges  Fleisch,  purpurschwarze  Ohr-  und 
Kinn  läppen,  Gesicht  und  Kamm,  dunkelrothe  Augen.  In  Gestalt,  Grösse  Körper- 
bau und  Haltung  weicht  es  kaum  vom  Landhuhn  ab^  bat  kleines,  einfachen  oder 
doppelten  Kamm,  unbefiederte  Füsse.  In  wirtschaftlicher  Beaiehnng  bedeotuags* 
los,  beansprucht  aber  wissenschaftliches  Interesse.  DOr. 

Negidalen,      N'egda.     v.  H. 

Negretti-Schafe,  s.  Infantado-Schafe.  R. 

Negrillos,  s.  Neuliebriden.     v.  H. 

Negrito,  s.  Acta.     v.  H. 

Nehalim,  nahezu  erloschener  Indianerstamm  in  Grande  Ronde,  Oregon.  v.R 
Nehannes,  s.  Na'annch.     v.  H. 

Nehiroirini,  fälschlich  Sheshapootosh  genannt,  besser  bekajint  unter  den 
von  den  fransösischen  Kanadiern  ihnen  beigelegten  Namen  der  MioDtaign>i% 
auch  Mountaineers.  Algonkinindianer,  spesiell  ein  Zweig  der  Crees,  tn  Labrador 
umherstreifend,  eifrige  Karibujttger,  die  bisher  zur  Sesshaftigk^l  nicht  gebracbt 
werden  konnten.  Katholische  Missionäre,  besonders  Jesuiten,  leben  indess  unter 
ihnen  und  haben  die  Kenntniss  des  Lesens  und  Schreibens  allgemein  verbreitet 
Gesammtzahl  1700  Köpfe.  Die  N.  leben  in  schlechten  ZelthUtten  von  Zweigen 
und  Baumrinde  und  kleiden  sich  in  Häuten  oder  auch  eingehandelten  Gewändemi 
je  nielir  sie  sicli  civilisiren,  desto  rascher  sterben  sie  dahin.      v.  H. 

Neilo  (Al)leitung  unbekannt),  H.  und  A.  Adams  1858.  Meermuschel  aus  der 
Familie  der  Nuculiden,  älmlich  Yoldia,  aber  mit  äusserem  Schlossband,  und 
Analogon  derselben  in  den  südlichen  kälteren  Meeren.  N.  amtralis,  Quov  0»' 
Gaimard,  2  Centim.  lang,  mit  grünlicher,  dttnner  Schalenhaut,  hinten  flflgelftraiK 
ausgezogen  und  etwas  klaffend,  concentrisch  geftncht,  innen  nicht  perlmutto^ 
glänzend,  mit  tiefer  Mantelbucht  und  ziemlich  langen  Siphonen,  von  Nenaeehnd* 
Nahe  verwandt  ist  MaUeÜa  NarrisU^  Sow.,  aus  Chile,  mit  glatter,  hinten  abf^ 
rundeter  Schale.    K  v.  M. 

Neithea,  s.  Pccten.     F.  v.  M. 

Neitscheyong,  Australierhorde  West-Victorin s,  östlich  von  Mt.  William     v  H- 
Nckropolen.   Unter  N.  versteht  man  Todtenstätten,  wo  die  Todten  massen- 
haft entweder  verbrannt  oder  bestattet  wurden.    Bekannt  smd  die  N.  Norf- 
Italiens  und  Acg>']itens,  Syriens  etc.     C.  M. 
Nektarvogcl,  s.  Nectariniidae.  Rchw. 


Dig'itizeo  Ly  <j 


Nclomys  -  Ncniathviminthcn-Entwickclung. 


617 


Nelomys,  Jourd.«  s,  T^ncheres,  Illigcr.    v.  Ms. 

Nemachilus,  van  Hassf.lt,  Unterp;attiing  von  Cobttis  (s.  d.).  Ks. 

Nemaloni,  gallische  Völkerschaft  in  der  Gegend  des  heutigen  Miulan«?.    v.  H. 

Nemathelminthes  (grtcch.  =  Fadcnwlirmcr).  Unter  diesem  Klassennamen 
fassen  manche  neuere  Autoren  die  Ordnungen  der  Kratzwürmer,  AiatUJwcephaia, 
Ri'i>()i  PHi,  der  Saitenwümier,  (ionliarea,  der  Borstenwürmer,  Chaetognatha,  und 
der  Fadenwürmer,  NefruUoda,  zusammen.  Die  Gruppirung  ächcint  uns  unnatür- 
lich, da  sieb  weder  in  anatomischer,  noch  in  erobryologischer  Besiehung  An- 
haltspunkte fttr  eine  Verwandtschaft  z.  B.  der  Kratzer  mit  den  Fadenwürmera 
nachweisen  laseen,  daher  denn  auch  die  Charakteristik  der  Klasse  b«  jenen  Autoren 
bei  wenigen  und  durchaus  äusserlichen  Merkmalen  stehen  bleiben  musste.  Wd. 

Nemathelminthen-Entwidieliing.  Unter  den  Nematoden  kommen  sowohl 
lebendiggebärende  als  auch  Eier  ablegende  Formen  vor,  im  letzteren  Falle  ist 
das  Ei  gewöhnlich  von  einer  festen  Schale  umgehen.  Die  Furchung,  welche 
total  und  regxilär  abzulaufen  scheint,  sowie  die  Anlage  der  Keimblätter  wurde 
durch  die  Untersuchungen  Buts(  hli's  speciell  fUr  CucuHanus  eltgans  bekannt. 
Die  Furchung  fülut  /.u  einer  aus  zwei  Zellschichtcji  bestehenden  dünnen  Platte. 
Die  beiden  Schichten  repra.sentiren  den  Exo-  und  Entublast.  Durch  Hemmung 
im  Wachsthum  des  letsteren  und  durch  gleichzeitiges  Weiterwachsen  des  ersteren 
entsteht  an  den  Seiten  der  Platte  eine  gegen  den  Entoblasten  gerichtete  Fallen» 
bildungf  welche  nach  und  nach  cur  Bildung  dnes  hohlen,  mit  Schlits  versehenen 
zweischichtigen  Cylinders  fliht^  welcher  die  Gastrula  reprtsentirt  Der  anfangs 
offene,  morphologisch  als  Blastoporus  zu  deutende  Schlits  verwächst  durch  An- 
einanderlagcrung  seiner  Ränder  allmählich  von  hinten  nach  vorne,  mit  Ausnahme 
eines  kleinen  Bezirkes  am  Vorderende,  welcher  als  bleibender  Mund  fortbesteht. 
Im  Verlaufe  dieser  Vorgänge  nimmt  der  Fmbryo  eine  gekrümmte,  wurmförmige 
Gestalt  an  I'cr  Entoblast  liefert  den  Darmkanal,  an  welchem  man  bald  einen 
vorderen  und  einen  hinteren  AI  '^^^i  hniit  unterscheiden  kann,  welche  beide  durch 
die  Struktur  ihrer  Zellen,  die  an  ersterem  ein  körniges,  an  letzterem  em  helles  und 
mehr  homogenes  Aussehen  besitzen,  difieriren.  Aus  dner  Verdickung  des  Ento- 
blasten in  der  Nlihe  des  Mundes  entsteht  der  Mesoblast,  welcher  sich  allmählich 
nach  hinten  ausbreitet  Die  spätere  Bildung  der  Fortpflanzungsorgane  nimmt 
ihren  Ursprung  bei  beiden  Geschlechtem  aus  einer  einzigen  Zelle*  Nachdem 
diese  unter  Vermehrung  ihrer  Kerne  Säulenfcmn  angenommen  hat,  sondert  sie 
sich  iri  einen  peripherischen  und  einen  centralen  Abschnitt.  Beim  Weibchen 
werden  die  beiden  Enden  der  Säule  zu  den  blinden  Enden  des  Ovariums,  der 
centrale  Abschnitt  liefert  das  Keimt^'cwebe.  der  periphere  das  Epithel  des  Uterus 
und  Eileiters.  Beim  .Männchen  lietert  die  peri]  !  <  re  Schicht  am  Hinterende  der 
Säule  das  Epithel  des  V^as  dtferens,  der  rLriir;,le  ebenfalls  das  Ken!: ^.'ewebe. 
Noch  innerhalb  der  Ausfülirungsgänge  der  mütterlichen  Organe  wird  der  ;unge 
Cucnllanus  frei.  Er  be«tzt  in  diesem  Zustande  einen  geisseiförmigen  Schwanz- 
anhang, emen  rOckenständigen,  provisorischen  Bohrapparat  und  eine  cuticulare 
Umhüllung.  Er  wandert  jetzt  aus  seiner  Mutter  und  deren  Wirth  ins  Freie  und 
lebt  eine  2^eit  lang  im  Wasser,  um  dann,  wie  die  Mehrzahl  der  Nematoden,  zum 
Parasiten  zu  werden  und  eine  Mctamoiphose  zu  durchlaufen.  Diese  spielt  sich 
bei  sÄmmtlichen  Nematoden  entweder  in  einem  Wirthsthier  oder  in  zwei  Wirthen 
ab,  und  in  beiden  Fällen  kann  die  Metamorphose  einfacher  oder  complicirter 
verlaufen.  —  Was  zunächst  diejenigen  der  Nematoden,  die  nur  einen  Wirth  be- 
sitzen, anbelangt,  so  ist  die  für  IrichoupluUus  ajßnis,  OxyurU  amäigua,  HcUrakis 


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6i8 


Xemathelminthcn  tntwickelung. 


vermüuhris  experimentell  verfolgte  Metamorphose  eine  etn&che.  Der  ausge- 
wachsene, geschlechtsreife  Parasit  legt  seine  Eier  im  Damkanaie  seines  Wirtiies 

ah.  von  wo  sie  ins  Freie  ge!.in£^rn.    Der  meistens  noch  von  der  Eischale  um- 
bnllie  Kmbryo  entwickelt  si(  Ii   als  1  ane  bis  /u  einem  gewissen  Punkte,  nm 
s<  hlic^sli^  h ,   voratisjjcset/i ,   dass  er  v«m  einem  Individuum  der  erforderlichen 
Thier-Sj)ccjcs  verschluckt  vvirtl,  nachdeu)  seine  HiUIe  verdaitt,  zur  geschlechts- 
reifen  Form  zu  werden.  —  CompÜcirter  gestaltet  sich  die  Mctamoq>hose  bei  den 
Gattungen  Asiaris  und  Sir^ngybu.   In  diesen  Fällen  verlSast  der  Embryo  sc»e 
dünne  Eischale  im  Freien,  und  fiihrt  flir  längere  oder  künceie  Zeit  tm  Waaser 
oder  im  feuchten  Erdreich  ein  selbsthtfindiges  Dasein.  Bei  fortwAhrendem  Wachf> 
thitm  erreicht  er  bald,  ohne  aber  geschlechtsreif  20  werden,  daa  Auasehea  der 
stets  tVei  lebenden  Gattung  Rhahditis  und  heisst  deswegen  in  diesem  larvalen 
Zustande  JÜAaMt/is (onn.   In  manchen  Fällen  kann  die  RhahdUis(oxnk  noch  para> 
sitär  in  gewissen  Mollusken  verweilen,  ohne  eich  dabei  aber  in  ihrer  morpho- 
lo/2;iHrhen  Structur  zu  verändern.     letzteres,  die  Ausbildung  und  völlige  Reife 
der  Geschlechtsorgane   tritt   erst   ein,   wenn  die  Khabiiitis  in  den  eicrentlichen 
Wirth  gelangt.    Die  eben  beschriebenen  Vorgänge  zeigen  beispicl^\^ i  ise  JJocfimia^ 
irigoiwc(phalus  des  Hundes,  Dochmiui  duoJenalis  des  Mensclicn,  Auaris  a^uminata 
des  Frosches.   Sehr  auffallende  Abweichungen  von  diesem  Typus  weist  Ascmm 
uigrffvenosa  auf,  welcher  im  ausgebildeten  Zustande  in  der  Lunge  des  Frosdies 
schmarotzt   Die  ersten  Entwicklungsstadien  bis  zur  Rhab^isiotm  werden  nodi 
im  mütterlichen  Organismus  durchlaufen.   Nach  der  Geburt  gelangt  dieselbe  in 
das  Rectum  des  Frosches  und  von  dort  ins  Freie,  wo  sie  entweder  in  den  Faeces 
oder  im  Erdreich  leben  und  sogar  geschlechtsreif  werden  (vergl.  den  Attila 
l  arven).    Man  hat  es  also  mit  geschlechtsreifen  T.arven  zu  thun,  welche  aber 
kleiner  sind,  nl«;  die  völlig  ausgebildeten  Thiere.    Die  Geschlechter  sind  getrennt 
u!ul  das  Mannchen  ist  kleiner  und  schmächtiger  als  das  \\'eibrhen  und  hat  auch 
einen  kürzeren,  mehr  abgerundeten  Sciiwan/..    Diese  Larven  befruchten  sich  und 
Cb  entwickeln  sich  in  jedem  Weibchen  bis  vier  Junge,  welche  bald  ihre  tikaijaeln 
sprengen  und  sich  dann  frei  im  Uterus  bewegen.   Dadurch  bersten  alsbald  die 
Wände  desselben  und  die  Jungen  gerathen  in  die  Leibeshflhle,  wo  tie  sich  von 
den  Eingeweiden  ihrer  Mutter  ernähren,  bis  sie  als  geschlechtslose  Rhahdi6sUxaL, 
die  Körperhaut  der  Mutter  sprengend,  ins  Freie  gelangen.   Hier  leben  sie  nun 
im  Wasser,  oder  im  Schlamm,  oder  in  Schnecken,  ohne  sich  aber  weiter  amto- 
bilden.  Werden  sie  aber  vom  Frosche  angenommen,  so  wandern  sie  durch  die 
Trachea  in  die  Lungen,  wo  sie  zur  ausgewachsenen  Form  werden.    Die  eigen* 
thünilielie  Lcbcnsgeschicbte  von  Ascaris  nigrovcnosa  repräsentirt  einen  Fall  von 
Heterogamie.  —  Ein  anderer  Nematode:  Anguillula  scandens,  bewohnt  im  ausge- 
bildeten Zustande  die  Wcizenahre,  in  welche  er  seine  Kier  ablegt.    Aus  diesen 
gehen  I^rvcn  hervor,  weUlie  sich  \\\  iler  Weizenähre  einkapseln.    Wenn  aber 
die  Pflanze  abstirbt,  so  sprengen  sie  ihre  Kapsel  und  leben  einige  Zeit  frei  in 
der  Erde,  um  schliesslich  in  junge  Weisenihren  einzuwandern,  wo  sie  geachlechts- 
reif  werden.  —  Diejenigen  Nematoden,  deren  Parasitismus  sich  Uber  swei  Wirthe 
erstreckt,  lassen  sich  in  zwei  Klassen  ordnen,  je  nachdem  die  Larve  ein  freies 
Dasein  (Uhrt,  bevor  sie  in  den  ersten,  den  sogen.  Zwischenwirth,  gelangt^  oder 
aber  noch  innerh.ilb  der  Eischale  in  diesen  aufgenommen  wird.  —  Der  an&ngs 
hier  erwähnte  und  in  seiner  Entwicklung  bis  zu  der  frei  gewordenen  Larve  ver- 
folgte CucuUanus  elegans  bietet  ein  Beispiel  für  den  ersten  Fall.   Die  frei  henmi- 
SCh wimmende,  mit  Schwanzgeissel  und  Bohiapparat  ausgerüstete  Larve  dnngt 


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NciBatbcIminthcn-EntvvickcluBg. 


619 


alsbald  durch  den  Mutm)  und  Darm  in  die  f^l>e8hdhle  von  Cyclops-Pixierx  ein. 
Hier  erlangt  sie  durrh  /ueimalige  Häutung  wettere  Ausbildung,  ohne  aber 
geschlechlsreif  zu  werden.  Krst  wenn  der  Cychps  von  einem  Barsch  oder  anderen 
Süsswasserfischen  verzehrt  wird,  macht  der  Wurm  eine  nochmalige  Häutung 
durch  und  wird  t\\vt\  gesc iilechtsreit^n  Thier,  welches  im  Darme  seines  /weiten 
Wirthes  schmarotzt.  Als  Beispiel  fiir  den  Fall,  in  welcheni  der  Parasit  noch 
innerhalb  der  Eischale  von  dem  Zwischenwirth  aufgenommen  wird,  kann  SpirO' 
ptira  obtusa  angeführt  werden.  Der  ausgebildete  Parasit  lebt  im  Darmkanale  der 
Maus,  aus  welchem  die  Eier  mit  den  Excrementen  entleert  werden  und  sich 
häufig  auf  Getreideböden  und  in  Mehlvorrftühen  finden.  Wird  nun  ein  solches 
Ei.  von  dem  Mehlwurm,  der  I^arve  des  MttUeiltäfers  {TenehU  määor)  vcisdiit, 
so  entwickelt  sich  der  Embryo  daselbst  weiter.  Nach  ungefähr  5  Wochen  kapselt 
er  sich  zwischen  den  Fettkörpem  der  Käferlarve  ein.  Wird  nun  letztere  von 
einer  Maus  gefressen,  so  verlässt  der  Embryo  im  Darme  der  Maus  seine  Kapsel 
und  wird  zum  gcschlechtsreifen  Thier.  —  Abweichend  von  den  geschilderten 
Verhältnissen  gestaltet  sich  der  Lebenslauf  der  l'richine.  Die  Abweichung  be- 
steht darin,  dass  die  im  Darme  frei  gewordenen  Kmbr\'onen  durch  die  Wandungen 
desselben  in  die  Körpermuskulatur  eindringen,  wo  sie  sich  einkapseln,  statt  aus 
dem  Darmkanale  des  ersten  Wirthes  abzugehen  und  sich  erst  nach  Eintritt  in 
den  zweiten  einzukapseln.  In  ihrer  Kapsel  kann  die  Larve  lange  Zeit  verharren 
ohne  sich  su  verändern,  wird  aber  einmal  das  trichinöse  Fleisch,  beispielsweise 
das  des  Schweines,  vom  Menschen  verzehrt,  so  wird  die  Kapsel  im  Magen  des 
letzteren  gesprengt  und  die  Larve  wird  im  Darme  des  neuen  Wirthes  bald 
geschlechtsreif.  —  Bei  den  Gordioiden  durchläuft  das  Ei  eine  reguläre  Furchung. 
Näheres  Uber  die  Entwickelung  verdanken  wir  den  Untersuchungen  Vili.ot's. 
Nach  Beendigung  der  Furchung  entsteht  eine  Morula,  welche  durch  Delamination 
zweischichtig  werden  soll.  —  Der  anfangs  kugelförmige  Embryo  streckt  sich  in 
die  I,ängc.  Durch  eine  Einstülpung  bildet  sich  am  Vorderende  der  Kopf  mit 
drei  Kränzen  von  Stiletten  und  einem  kegehormigen,  ebenfalls  mit  iStilciien  be- 
waffneten Rüssel  versehen.  —  Sobald  die  Larve  frei  wird,  stülpt  sich  der  Kopf 
aus,  bleibt  aber  durch  die  Bdhttlfe  eigenthflndicher  Muskehi  retractil.  Die  Larve 
besitzt  einen  vollständigen  Darmkanal,  in  dessen  Oewphagus'IhtSX  sich  eine 
Drttse  dftict.  Der  Körper  erscheint  geringelt  Die  so  beschaffene  6^iiSitf-Larve 
dringt  in  die  Larve  von  Chir&tumus  ein,  wo  sie  sich  einkapselt  Verschlingt  nun 
Cabüis  oder  ein  anderer  Ftsch  den  Oäronomus,  so  bohrt  sich  die  frei  werdende 
Lar\'e  durch  die  Darmwandung  ihres  neuen  Wirthes,  kapselt  sich  wieder  ein  und 
verharrt  in  diesem  Ruhezustände  bis  zum  nächsten  Frühjahr.  Dann  verlässt  sie 
die  Kapsel,  kehrt  in  den  Darm  zurück,  von  wo  aus  sie  mit  den  Faeces  ins  Freie 
gelangt.  Durch  allmähliche  Metamorphose  bildet  sie  sich  dann  weiter  aus,  ver- 
liert die  Kopfbewartnung  und  das  geringelte  Aussehen,  wird  gestreckter,  bekommt 
ehfien  Bauchnervenstrang,  verliert  aber  seltsamer  Weise,  wenn  sich  die  Geschlechts» 
Organe  entwickeln,  ihren  Darmkanal  wieder.  —  Was  endlich  unter  den  Nemathd- 
nnnthcn  die  Entwicklung  der  Acandiocephalen  anbelangt,  so  ist  darQber  Folgendes 
zu  sagen:  Die  nackte  Etzelle  durchläuft  nach  der  Befrachtung  eine  »äquale 
Furchung.  Noch  bevor  diese  abgerufen,  entwickeln  sich  um  das  Ei  mehrere 
stun  Schutze  dienende  Membranen.  Nach  Beendigung  der  Furchung  bilden  die 
centralen  Zellen  eine  feinkörnige  Masse,  die  peripherischen  ein  durchsichtiges 
Syncytium  Am  Vorderende  des  Embrj'os  macht  sich  eine  oberflrirhürhe,  mit 
Hakenkranz  versehene  CuticuU  bemerklich.    In  diesem  Zustande  gelangt  d«r 


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620 


Neraatoccra  —  Nematoda« 


Rmbryo  mit  den  Excrementen  aus  dem  Darm  des  Wirbelthieres,  in  welchem  der 

fertige  Wurm  lebt,  um  von  irgend  einem  wirbellosen  Wirüi  versehrt  zu  werden. 
So  lebt  beispielsweise  die  I,arve  von  Echtnorhynchus  proteus  in  der  Leibeshöhle 
des  R.iclitlohkrebses  (Gammarus  f<ulf.x^  H:?s  austjewachsene  Thier  bewohnt  mnnrbe 
Süsswassertisclie.     Die  I  nrvc  von  J'a hinorhynchtis  angustatus  findet  sich  in  der 
I.eiheshöhle  der  VVasserassel  (Aselius  aquatiius) .   während  das  ausgewacljsene 
'Ulier  ein  i'arasit  des  Barsches  ist.    Der  Ricsenkratzer  (Echinorhynchus  gigasl 
des  Schweines  durchläuft  sein  Larvenstadium  in  gewissen  Maden.  —  Im  Dann- 
kanal  seines  wirbdlosen  Wirthes  beircit  sich  der  Enbiyo  von  snnen  Hflllen  tmd 
xeigt  die  Form  eines  gestreckten  Kegels,  welcher  vorne  «ne  mit  lUten  bc 
waftnete  Scheibe  trügt.  Durch  einen  merkwürdigen  EntwieUusgisprosesa  dilferen» 
( iren  sich  ganz  allmählich  aus  dem  Körperinhalte  der  Larve  die  Oigane  des 
fertigen  Wurmes  und  nur  die  Haut  der  Larve  ist  das  Einzige,  welches  auch  beim 
Erwachsenen  bestehen  bleibt.  —  Die  centrale,  körnige  Zellenmasse  des  Embryo, 
der  sogen.  Embryukern,  bild  t  vier  in  Reihen  angeordnete  Zellgnippen,  deren 
grosste  eine  jH'ri|»hcrische  und  eine  centrale  Schicht  hervorgehen  lässt.  L)ie 
periphere  Schicht  dieses  Abschnittes  breitet  sich  vur  und  rückwärts  aus  und  um- 
(asst  die  übrigen  Segmente  mit  Ausnahme  des  Vorderendes  des  ersten,  welches 
unbedeckt  bleibt.    Aus  dieser  Hülle  gehen  das  splanchnische  und  somatische 
Mesoblast  des  fertigen  Wurmes  hervor.  Von  den  dann  steckenden  vier  Zdl-> 
gnippen  liefert  die  vorderste  den  Rlssel,  die  nichste  das  Ganglion,  die  dritte^ 
aus  swei  Körpern  bestehend,  die  paarigen  Geschlechtsoigane  und  die  vierte  die 
Ausfuhrgänge  der  letzteren.    Der  ganse  Complez  wichst  rasch  in  die  Llngc^ 
wobei  sich  die  umhüllende  Membran  in  zwei  Schichten  spaltet;  aus  der  iusneren 
entsteht  die  Muskelwand  des  Körpers  (das  somatische  Mesoblast),   aus  der 
inneren  die  Miiskclscheide  des  Rüssels  und  das  sogen.  Hoden-  resp  Fierstocks- 
ligament,  das  die  (icschlechtsorganc  umgiebt.  —  Wir  können  diese  innere  Schicht 
trotz  des  Mangels  eines  Darnikanales  als  splanchnisches  Mesoblast  bezeichnen. 
Der  Ivaum  zwischen  den  beiden  Mesoblastschichten  stellt  die  Leibeshohle  dar. 
Je  mehr  der  Körper  an  Umfang  zunimmt,  desto  mehi^  diflerenstmi  sidi  die  ein« 
seinen  Organe.  Die  Geschlechtsorgane  difiiwenaren  sich  zu  Hoden  und  Ovarien 
und  die  Anlage  ihrer  AusÜthmiigsgänge  gliedert  sich  in  drei  Abschnitte.  Wenn 
der  Körper  derartig  an  UmCuig  sugenommen  hat,  dass  er  bereits  die  Larvenbant 
ausfilUt,  wird  auch  der  bei  seiner  Anlage  solide,  bald  aber  hohl  werdende  Rüssel 
ausgestülpt  und  reprSsentirt  eine  Papille,  Aber  welche  die  Larvenhaut  hinzieht, 
letztere  aber  wird  abgeworfen  und  durch  eine  neue  ersetzt.    Die  Zellen  der 
Papille  liefern  die  Rüsselhaken,  welche  als  konische  Vorspninnfc  die  Haut  durch- 
setzen und  am  freien  Ende  einen  Chitinhaken  ausscheiden.    Der  ganze  übrige 
Körper  behält  die  Larvenhaut,  welche  in  ihrer  tiefen  Schicht  den  charaktenstischen 
Gefässplexus  bildet  und  vorne  zwei  ovale  Auswüchse,  die  sogen.  Lemni&ci,  liefert«  — 
Wenn  der  soweit  gediehene  Eekmarc^nchus  auch  im  Allgemeinen  d<»n  fertigen 
Thiere  gleicht,  so  muss  er,  um  geschlecfaHreif  so  werden,  doch  erst  noch  noa 
dem  Zwischenwirth  in  den  definitiven  Wirth  Übergeführt  werden.  Nach  den  vor* 
läufigen  MittbeÜungen  von  JoHAiOfRS  Kaiser  (Zc»o1.  Anzg.  No.  S57  u.  t^S)  weiclit 
die  Entwickeiung  von  EdUncrkyntkm  gigas  von  der  gegebenen  Darstellung  in 
mehreren  Funkten  ab.   Hinsichtlich  der  Bildung  des  Nervensjrstems  ist  der  Ar- 
tikel Nerv'ensystementwickelung  zu  vergleichen.  Grbch. 

Nematocera  {Nemocera,  gr.  Faden  nnd  Horn^,  Mücken  (s.  d.).      E.  Tg. 

Nematoda,  Rudolpui  (gr.  »Fadengestaltige.^).    Eine  grosse  und  besonders 


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Nematode. 


621 


(Ctti)      Fig.  I. 
Oxyuris  atroUaia,  Schnei- 
der. Kopf  von  vorne  gc- 


Fiß-  2.         (Z.  M.) 

Filaria  Jtniiculaia,  RUDOLfUI. 
Kopf  und  Hab.    (9011WI  vct^ 


auch  medicinisch  sehr  wichtige  UnteiUasse  der  Ringelwttmier,  AmuHdß,  der  Leib 
lang»  ¥niiiDfÖrniig,  drehnind,  dicker  oder  dflnner  bis  fadenförmig.   Alle  besitzen, 
wenigstens  in  der  Jogendi  Mund  und  Dann.    Die  N.  leb«n  zum  Theil  im 
Wasser,  im  Süsswasser  sowohl  als  im  Meere,  andere  in  Schlamm  und  Humus, 
die  meisten  aber  parasitisch  in  anderen  Thieren,   einzelne  auch  in  l'flanzen,  ja 
weitaus  der  grösste  Theil  der  schmarotzenden  W  lirnier  überhaupt  gehört  hierher, 
wenn  auch  der  Parasitismus  bei  ihnen  in  der  Organisation  weniger  zu  seiner 
Vollendung  gekommen  ist  als  bei  jenen  ächtesten  Schmarotzenii  den  Band- 
würmern, bei  denen  das  Haut-,  Mwdwl-  und  Veidanangssystem,  als  mmöthig, 
fast  auf  Null  redudrt  ist,  die  nur,  gleichsam  in  einem  Bade  von  Nahrungsflflsngkeit 
gelagert,  ihr  ganzes  Köipeigewebc  damit  duichtrftnken  und  fast  ausschliesslich  der 
Fortpflanxung  leben.  —  Dagegen  ist  das  Hautsfstem  der  N.  gut  entwickelt^  die  Ober> 
haut  derb  und  fest,  hin  und 
wieder  mit  vieleckigen  Täfel- 
eben,  mitunter  auch  Stächel- 
chen   oder   Härchen  besetzt, 
in  der  Regel    mit  Saugwärz- 
chen und  Pa[)illen  um  Mund 
und  After,  um  den  Mund  wohl 
auch  mit  rosettenartig  gruppir- 
ten  Blättchen  ausgestattet.  Un> 
ter  der  Oberhaut  liegt  eine 
Art  Corium,   gleichsam  die 
Matrix  jener,  unter  dieser,  ein 
starker  Hautmuskelschlauch, 
der,    zumal    in  der  Jugend, 
sehr  kräftige,  schlängelnde  Bewegungen  vermittelt.    Nach  der  Anordnung  dieses 
Muskelschlauchs,  je  nachdem  nämlich  die  Muskeln  entweder  aus  vielen  neben 
und  hinter  einander  liegenden  Zellen  gebildet  sind  (Polymyana),  oder  nur  aus 
acht  Längsreihen  hinter  einander  liegender  Zellen  (Meromyaria)  oder  endlich  die 
Muskeln  gar  nicht  oder  nur  in  der  Längsrichtung  getheilt  sind  (HoiomyariaJ, 
hat  Schneider  in  seiner  Monographie  der  Nematoden,  (Berlin  1866)  diese  in  die 
genannten  drei  Ordnungen  eingetheilt.  Die  Berechtigung  der  Abscheidung  der 
dritten  dieser  Ordnungen  wird  jedoch  von  Claus  als  grandlos  bestritten.  Unter- 
brochen ist  der  Hantreuskehwhlauch  der  N.  durch  sweierlei  Ltogslinien,  nflmUch 
Seitenlinien  und  Mittellinien  (Medianlinien).    Jene,  die  Seitenlinien  oder,  weil 
sie  oft  sierolich  breit,  Seitenfelder  genannt,  laufen  seitlich  dem  ganzen  Körper 
entlang  und  enthalten  meist  ein  Exkretionsgefäss,  wohl  dem  Wassei^ef^ssystem 
anderer  Würmer  zu  vergleichen.    Diese  Gefasse  treten  vorn,  unten  am  Leibe, 
meistens  in  der  Höhe  des  Pharynx  zusammen  und  münden  dort  mit  einer  Quer- 
spalte nach  aussen.    Die  Mittellinien,  die  eine  am  Rücken,  die  andere  am  Bauch 
verlaufend,  enthalten  Reihen  von  Kernen;    besonders  stark  entwickelt  ist  die 
Bauchlinie  (Baucbstrang)  bei  Gürdius.    In  diesen  beiden  Mittellinien  verlaufen 
der  ROcken-  und  der  Bauchnervenstrang  (Schnbidb)  s.  unten.  —  Bei  Dochmhu 
und  Sir^tigj^  finden  nch  bedeutende,  besOglich  ihrer  Funktion  noch  zweifel- 
hafte Halsdrflsen.  —  Gut  entwickelt  bt  das  Darmqpstem  der  N.    Der  Mund, 
stets  vom  am  Körper,  im  Umkreis  mit  Papillen  oder  Spitzen  und  Haken,  auch 
Stächelchen  oder  einer  chitinösen  Kappe  zum  Festhalten  versehen,  leit^  in  eine 
chitiiiöse  Speiseröhre  mit  einem  muskulösen,  oft  mit  Drüsen,  wohl  auch  innen 


sehen.  (aooMlveisiösMrt.)   g^Mut)   (Nadi  SCHNimBiu) 
(NMh  ScHNnDn.)  % 


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62a 


Nematoda. 


mit  chitinösen  Zähnen  versehenen  Kro])f  (Muskelmagen  mancher  Autoren\  der 
mit  der  S|>ei!»erühre  als  Saugap|>arat  dient.    Auf  diesen  Kropf  folgt  ein  weita 
Uarii),  der  am  Körperende  oder  kurz  vorher  in  den  Anus  endet  und  dessen 
hinteres  Stück,  eine  Art  Rectum,  bei  manchen  N.  selbständiger,  peristaltischer 
Bewegungen  fähig  ist  (HeUrakis  u.  A.).    Nur  bei  Gordius  ist  der  Darm  sanuui 
Mund  und  Anuf,  im  leifen  Zustand,  wo  der  Wurm,  im  Wasser  lebend,  nur  aod 
der  Foitpflansung  xu  dienen  hat,  vencbwunden,  während  er  bei  der  nahe 
wandten  Mermis  auch  noch  im  reifen  Zustand  zwar  vom  und  hintai  ^ 
schlössen,  mithin  unthätig,  aber  doch  noch  vorhanden  ist,  sc^ar  ein  deodicbcs 
Lumen  zeigt.    Uebrigens  erscheint  der  Darm  Überhaupt  bei  den  reifen  N.,  weaa 
die  Geschlechtsprudukte  voll  ausgebildet  sind,  zumal  bei  den  $  meist  nur  noch 
als  ein  ]ilatter,  \v<thl  fast  funktionsloscr,  jederseits  am  Seitenfeld  angewachsener 
Strang.    l>ie  Nahrung  der  N.  sind,  soweit  sie  Parasiten,  naturlich  die  organisch 
zubereiteten  Säfte  ihrer  Wirthc;    manche  sind  Bhitsaiiger  und  zu  diesem  Behuff 
besonders  bewafl'net,  wie  der  gefährliche  Dochmius  (Ancyhstomumj  äuodimhiy 
DuBiNi,  im  Dünndarm  des  Menschen  in  Italien  und  in  den  Nilländern,  der  die 
Darmgefässe  anschlägt  und  durch  Dannblutungen  eine  specifische  Chlorose  «r« 
zeugt.  —  Ein  geschlossenes  Gefösssjrstem  giebt  es  bei  <ten  N.  nicht.    Die  a» 
dem  Dann  abgeschiedene  Emähningsflttssigkett  (Chylus)  schwimmt  frei  in  dei 
ganxen  Leibeshdhle  und  versorgt  so  die  Organe.    Auch  besondere  AtfamiP^tl' 
Organe  fehlen.  —  Fortpflanzung:  Die  Geschlediter  sind  bei  den  N.  getrennt, 
nur  die  Gattung  Peloäytes  und  Ascaris  nigr<n>enosa,  s.  unten,  sind  Hermaphro- 
diten.   Immer  ist  das      kleiner  und  in  der  Regel  sein  Schwanzende  eingerollt, 
daran  schon  mit   blossem  Auge  7X\  erkennen.    Winzig  klein  sind   die  von 
y richosomum   itassicauda,    Hki.i  inimiam  ,    deren   zwei   bis   fünf  parasitisch  im 
Uterus  des        leben  (LtLCKAKt).     Bei  Ichthyonema  sanguineum,  Rudolphi,  i*t 
gleichfalls  das  ,^  zwerghaft  und  lebt  mit  seinem  Weibchen  zusammen  in  diMf 
Rapse!  in  der  Leibeshöble  von  Cyprinotden.   Die  KaeialOcke  und  Ovarien  » 
wie  die  die  Geschlechtsprodukte  fwtlMtenden  und  aufbewahrenden  Organe  sind  be 
den  N.  meist  sehr  leicht  und  instruktiv  als  ursprünglich  dn&che^  später  mehr  oder 
weniger  differensirte  Röhren  m  erkennen  und  es  gewährt  oft  bei  diesen  Wflnnent 
ein  Blick  ins  Mikroskop  eine  Uebersicht  über  die  Rcproductionsoiqjiane  und  deics 
Inhalt  von  dem  ersten  Ei  oder  Spermakeim  an,  in  allen  Uebergftngen  bis  fli 
dem  entwickelten,  lebendig  sich  bewegenden  Embrj'o,  wie  man  sie  kaum  ^f 
irgend  einem   anderen  Thiere  leichter  sich  verschalen  kann.     Die  Kntbtchunf; 
der  männlichen  und  weiblichen  Kcinuellcn  der  Spermatozoen  und  der  Kier  luf 
bei  den  N.  in  der  Regel  statt  in  der  Form  einer  Rachis,  d.  h.  einer  Reimsaulc,  ^ 
seillich  Blindsäckchen  ausbuchtet.    Ein  solches  abgerissenes  Blindsackchen  ilcBt 
je  ein  Ki  dar  und  die  Oefinung^  wo  der  Hals  abgerissen,  ist  die  Wkxtnjt^ 
durch  welche  Schneider  die  Samenthierchen  eindringen  sah»  die  aber  nscb  ^ 
Befruchtung  mit  einem  Deckelchen  sich  schliesst,  welches  weiteren  SperaaioiMB 
das  Eindringen  verwehrt    Diese  selbst  sind  bei  den  N.  nicht,  wie  gew^^boKc^ 
im  Thierreich,  fadenfömug,  sondern  kugelig  oder  bim-  oder  hutfbrmig,  oder 
cylindrisch,  oft  mit  grossem  Kern  ausgestattet,  kriechen  auch  wohl  mit  wiHMr- 
liehen  Fortsätzen  wie  .Xnulben  umher.     Die  meisten  N.  legen  Kier  mit  harten 
Schalen,  so  z.  B.  die  medicinisf  Ii  wichtige  Ascaris  lumbt icoidei     Hei  den  leben<iig 
gebarenden  sind  die  Eihäute  dünn,   platzen  noch  im  Muttertliier,  dessen 
dann   die  Embryonen  fast  vollständig  ausfüllen,   so  dass  der  ganze  Körper  der 
Mutter  nur  noch  als  ein  langer  Wuruisack  erscheint  {Trkhina,  Draiuntli^ 


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Nematoda. 


(Filaria)  medinensis)  (s.  d.)  Die  weibliche  Sexualdffoung  liegt  meist  ventral, 
etwa  in  der  Mitte  des  Leibes,  die  männliche  am  Kön^erende  in  einer  auch  fUr 
den  Anus  dienenden  Cloake.  Zum  Festhalten  des  $  bei  dem  Coitus  dienen 
zwei  harte,  chitinöse,  vor-  und  /.urtickziehbarc,  meist  .scluvertahiiliche  (Jrgnnc, 
Spicula  genannt,  oder  aucli  eine  glockcnahnliclie  JUtrsa  (so  bei  Strotigylus), 
welche  das  %  umfasst.  Die  i  ornj  jener  Spicula  des  o^,  die  Zaiil,  Anordnung 
und  Ausbildung  der  Papillen  um  den  Anus  und  besonders  noch  die  Ausstattung 
des  Mundes  liefern  bei  den  N.  gute  Anhaltspunkte  xur  Unterscheidung  der 
Gattungen  und  Arten,  um  deren  RichligsteUung  besonders  Schkbidbr  in  seiner 
genannten  Monographie  der  N.  sich  verdient  gemacht  hat.  Die  Entwicklung 
der  N,  vom  Embryo  bis  zur  Reife,  die  man  früher  im  Gegensatz  m  anderen 
F.ntozoen  als  sehr  einfach  verlaufend  voraussetzte,  zeigt  sich  Jjei  genauer  Er- 
forschung als  eine  oft  sehr  complicirte  durch  Wechsel  des  Aufenthalts,  Zwischen- 
wirthc  Tind  ])eriodisches  Freileben  in  Wasser  oder  Schlamm  oder  feuchter  Krde. 
Sehr  einfacli  stellt  sich  beispielsweise  der  1  x-benslmif  dar  bei  'J'ric/ioit'p/iahts  \xr\d 
bei  Oxyitris  vcr/nicularis ,  dem  bekannten,  (juälenden  Wiirnichen  im  Mastdarm 
der  Kinder.  Hier  gelangen  die  noch  von  der  Eischale  iiniiuilUen  Kml)ryonen 
einfach  mit  der  Nahrung  oder  dem  Getränke,  also  passiv,  in  den  detinitiven 
Wirth  und  erlangen  in  dessen  Darm  sofort  wieder  ihre  Reife.  (Nach  Lsuckart's 
Beobachtungen  bei  Tr,  t/ßnis  des  Schafs  und  Tr,  trenatus  des  Schweins.)  Bei 
den  meisten  echten  Astaris  (s.  d.)  aber  scheint  ein  Zwischenwirth  nöthig,  in 
welchem  der  in  Wasser  oder  Humus  aus  dm  dort  idigesetxten  Eiern  ausge- 
schlüpfte  Embryo  vermittelst  eines  BohrslSchelchens  im  Munde  aktiv  «nwandert, 
um  dann  niit  diesem  Zwischenträger,  z.  B.  einem  kleinen  Süsswasserkrebschen, 
beim  Trinken  oder  bei  der  Nahnmgsautnalime,  also  ]\issiv,  in  das  definitive 
VVühnthier  zu  gelangen.  In  jenem  Zwischenwirth  aber  nun  können  die  N.  ent- 
weder ruhig,  fast  ohne  Fortentwickelung  verharren,  oder  aber  \Vandlungen  und 
Häutungen  durchmathen,  so  IJ.  bei  dem  gemeinen  Kap[)envvurni  unseres  Süs->- 
wasserbarsches,  Cucullanus  eleganSt  Zeder,  dessen  Entwickelung  R.  Leui  kakt 
vollständig  aufzuklären  vermochte.  Dieser  Wurm  ist  lebendig  gebärend.  Der 
mit  den  Fäces  des  Fisches  ins  Wasser  gelangte  Embryo  hat  ein  pfriemenförmiges 
Schwänschen  und  lebt  (als  Ascaris  vekeissima,  Ddesing,  beschrieben)  frei  im 
Wasser,  wandert  dann  in  einen  Qfci^s  oder  eine  Insektenlarve  durch  deren 
Mund  ein,  gelangt  vermittelst  seines  Zähnchens  in  die  Leibeshdhle,  verliert  das 
Schwänzchen  und  den  Zahn  bei  der  ersten  Häutung  und  wartet  dann  halbreif 
ab,  bis  sein  Träger,  der  Cyc/ops,  von  einem  Harsch  verzehrt  wird,  wo  er  dann 
schnell  reift  und  schon  in  einigen  Woclien  wieder  Junge  erzeugt.  Aehnlich  ver- 
mittelt sich  die  hünluhr  des  schlimmen  Draeunculus  metltnensis  in  den  Menschen 
der  afrikanischen  Troiten,  nach  Fedsi  hk.nku  gleichfalls  durch  Siisswasser-Cyclo- 
pidcn,  s.  Dracunculus.  Bei  anderen  Nematoden  aber  cncystirt  sich  der  junge 
Wurm  in  dem  Z¥n8chenträger  und  wandert  in  solcher  Verpackung,  natürlich 
gleichfalls  passiv,  mit  der  Nahrung  in  den  letzten  Wirth.  So  enqrstiren  sich  die 
Embryonen  von  Spir^Ura  fi^hua,  weldie  oft  in  grosser  Menge  im  Magen  unserer 
Hausmaus  sich  finden,  in  der  Leibeshöhle  der  Mehlwürmer,  welche  den  Kreislauf 
herstellend,  den  Koth  der  Mäuse  sammt  den  Eiern  der  Spiroptera  fressen.  Auch 
bei  der  unheilvollen,  menschlichen  T'richina  spiralis  findet  bekanntlich  eine  Ein- 
kapseUing  statt  in  den  Muskeln  des  Menschen  oder  des  Schweins,  hier  aber  in 
anderer  Art,  nämlich  so,  dass  hier  der  let^.te  Wirth,  der  Mensch,  oder  auch  das 
Schwein,  zugleich  als  Zwischenwirth  dienen,  indem  die  aus  den  reifen,  lebendig 


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624 


Ncmatoda. 


gebärenden  Darmtrichinen  auswandernden  Embryonen,  sofort  aus  dem  Darm 
durchbohrend,  in  den  Blutlauf  und  so  io  die  Muskeln  gelangen,  «o  sie  sich  en- 
cystiren  und  ihrer  passiven  Finwandenin^  mit  der  Nahrung  wieder  m  den  defini- 
tiven Wirth  harren,  was  Kannibalismus  vorausgesetzt,  natürlich  auch  bei  dem 
Menschen  als  Truger  der  .\[uskcltrirhinen  die  VVurmentwickelunff  'um  richtigen 
Abschluss  brächte.  —  Ausser  den  parasitisch  lebenden  N.  lebt  nun,  wie  erwähnt, 

femer  eine  bedeutende  Anzalil  und  besonders  Individuen- 
reiche  Arten  von  N*  in  der  Erde,  im  SchUmtn,  im  Sil» 
Wasser  and  im  Meere,  deren  Nahrung  theils  in  faulenden, 
stickBtoffhalcigen  Subetansen,  theils  anch  in  lebenden  anderen 
Thieren  besteht    Einige  wurden  schon  von  Dujaionm,  die 
Mehrsahl  aber  erst  in  den  lebeten  Jahrsehnten  durch  BASniut, 
Schneider,  Bütschi.i,  Leuckart,  Claus  u.  A.  bekannt  Mi« 
könnte  in  der  That  in  biologischer  Beziehung  die  Nematoden 
in  zwei  ('irupljen  scheiden,  in  parasitische  und  frei  lebende. 
Aber  die  Snrhe  ist  so  einfach  nicht,  denn  die  parasitischen 
zerfallen  wieUci  in  dreierlei,  i.  beständig  parasitische,  z.  B. 
Oxyuris  und  TrUhocephalus^  2.  solche,  die  als  Larven  para- 
sitisch, geschlechtsreif  aber  frei  leben,  5.  solche,  die  aJs 
Larven  frei,  ihre  reife  Entwickelung  aber  erst  als  Panuüen 
erhalten.   Dujardin  beschrieb  zuerst  in  Erde  irei  lebende 
N.  unter  dem  Gatttmgsnamen  JRkMUis;  ScHNEnwa  des* 
gleichen  eine  grössere  Ansahl  Arten  in  seinem  Nematoden- 
werk  1866  unter  den  Gattungsnamen  Pelodera  yxoA.  Leptodtra. 
Ks  sind  Aftromyartrr  mit  drei-  bis  sechslippigem  Mund, 
doppelter  Anschwellung  des  Oesophagus,  mit  rirciVlappigem 
Zahnapparat  in  der  zweiten  Anschwellung,  der  eine  runi|j 
Vorrichtung  darstellt  (Claus).    Das       hat  eine  Bursa,  zwei 
gleiche  Spicula  und  ein  Nebenstück.    ScifNEiDEk,  der  diese 
interessanten  N.  in  Menge  sttchtete,  sagt  Uber  sie  o.  A.: 
»Ueberau  in  der  Erde  und  im  Waaser  finden  sich  die  ge- 
schlechtslosen Larven  dieser  N.  in  grosser  Menge  serstreut, 
aber  so  bald  sich  in  ihrer  Nahe  ein  FJlnlnisslmd  bildet,  so 
kriechen  sie,  vielleicht  durch  den  Geruch  geleitet,  darnach 
hin,  werden  dort  gcschlechtsreif  und  die  Jungen,  welche  sie 
I  gebären,  entwickeln  sich  an  Ort  und  Stelle  ebenfalls  zu  ge- 

\  schlerbtsreifen  Thieren.   Haben  sie  nun  einige  '/eit  in  solcher 

\  faulenden  Substanz  gelebt,  so  erwacht  in  ihnen  ein  Wantler- 

'  trieb,  der  sie  veranlasst,  den  Herd  der  Fäulniss  zu  verlassen 

und  nacii  allen  Richtungen  weiter  zu  kriechen.  Dabei  gebaren 
sie  Junge,  welche  sich  der  Wanderung  ebenfalls  snifhligsiifn. 
Da  sie  meist  schaarenweiae  wandern,  sdiQtsen  sie  ndi 
gegenseitig  durch  ihre  Menge  vor  Verdunstung.  Wenn  die 
Alten  auch  allmählich  absterben,  so  gehen  die  Jungen  in 
eine  Art  QfStenzustand  über,  in  dem  sich  ihr  Mund  voll« 
ständig  verschliesst,  während  ihre  Bewegungen  nicht  ge- 
hemmt sind.  Sie  kriechen  oder  schwimmen  weiter,  ohne  Nahrung  aufzunehmen, 
mehrere  Wochen  lang,  wenn  sie  aber  dann  keinen  neuen  Fäulnisshcrd  gefunden, 
Sterben  auch  die  Jungen  ab.  —  Während  dieser  Wanderungen  suchen  einige  Species 


w 


JLtpttdiralb-tUa,  ScHNKI* 
PKK.  $  mit  erhabenem 
Längskanten.  —  Oeto* 
phagHS,  Dann  and  Uten» 
durch  die  Haut  sichtbar. 
Lebt  in  faulendem  Hu« 
mus.  (130  mal  vergr.) 
(Nach  Schneider.) 


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Nemalod«.  62$ 

auch  andere  Thiere  auf,  z.  B.  Leptodcra  appendiculata  dringt  in  das  Innere  von 
Limax  akr,  einer  Nacktsc  Imecke,  ein;  eine  andere  Art,  Pt'lodcra  pellio,  in  die 
Leibesböhie  des  Regenwurms,  wahrend  Fei&ätra  papühsa  auf  der  Leibesbaut  von 
LittMX  ater  lebt  Diese  N.  werden  erst  beim  Verlassen  oder  dem  Absteihen 
ihrer  Wirtlie  geschlechtsreif,  doch  ist  bei  keiner  Art  der  paiasiüsciie  Zu- 
stand dir  die  Entwickelong  nothwendig.  Wenn  eine  Wftnderade  Schaar 
solcher  N.  plötzlich  vertrocknet,  so  kapseln  sich  die  Jungen  ein,  wahrend  die 
Alten  Sierhen.  Die  Eingekapselten  aber  können  lange  so  dauern.  Überall  hin 
passiv  geftthrt  werden,  um  bei  Befeuchtung  wieder  aufzuleben.  —  In  einem  Ge- 
fäiss,  in  dem  man  immer  Fäulniss  unterliält  durch  Aufguss  von  Blut,  Milch  o.  def|^., 
wechseln  die  Species  in  der  nuumigialtigsten  Weise,  die  eine  stirbt  aus,  eine 
neue  tritt  auf,  ohne  dass  man  einen  Grund  davon  angeben  könnte.  —  Schneider 
entnahm  zu  seilen  Versuchen  die  Krde  aus  den  verschiedensten  Orten,  Wasser- 
schlämm,  faulendes  Holz  aus  hohlen  Bäumen,  Garten-  und  Ackererde.  Bei  zu 
starker  Fäuhiiss,  die  bei  höherer  Temperatur  (über  25°  R.)  eintritt,  sterben  sie, 
ebenso  in  Wasser,  das  nach  Ammoniak  oder  Schwefelwasserstoff  riecht.  —  Wcjhl 
die  merkwürdigste  Nematodenforoi  aber  bezüglich  des  Wechsels  von  Freilebcn 
und  Farantismus,  audi  in  ihrer  Enlwickelungsgeschicbte  £ut  einzig  dastehend  in 
der  ganzen  Thierwelt  und  deshalb  genauer  zu  schildein»  ist  die  sogen.  Astaris 
mgr^n^M,  Zeder,  auf  welche  Lbuckart  mit  Recht  die  neue  Gattung  Rhabdo- 
ntma  (s.  d.)  begründete.  In  den  Lungen  unseres  gewöhnlichen,  braunen  Land- 
frosches, Rana  kmporaria,  und  denen  der  grauen  Kröte,  Bu/o  cinereus,  lebt  sehr 
häufig  dieser  bis  dreizehn  Millim.  lange  Nematode,  ein  Meromyarier,  also  schon 
deshalb  von  den  echten  Asraris  (Pülymyariern)  r.w  scheiden.  Man  findet  schein- 
Itar  nur  VVciliclien  und  reite  1  icr  mit  Knjbryonen  im  Uterus.  Leuckart  dachte 
daher  an  Jungternzeugung;  SLüNEibtR  und  Claus  aber  fanden  die  kleinen,  reifen 
Samenthierchen  in  den  Tuben,  es  handelt  sich  also  vielmehr  um  Hermaphrodi- 
tismus. Lluckaki  und  sein  Schüler  Meczkiicoff  haben  nun  die  ganze  weitere 
Eittwickelung  «fieses  Wurms  aufgeklärt  ZunMcbst  beobachtet  man  die  frei  ge- 
wordenen Embryonen  In  Menge  im  Darm  des  Frosches  und  in  dessen  Kloake. 
Sie  gelangen  mit  den  Fäoes  des  Frosches  ins  Freie,  in  feuchte  Erde  und  ent- 
wickeln sich  nun  hier  bei  günstiger  Temperatur  sofort,  schon  innerhalb  eines 
1  ages,  zu  JPArMiäür-ähnlichen  Wttrmchen,  also  ganz  versdiieden  von  der  para- 
sitischen Form  und  zwar  zu  geschlechtsreifen  <f  und  S,  mithin  eine  Generation 
mit  getrennten  Geschlechtern.  Bald  erscheinen  die  Embryonen  in  den  regel- 
mässig befruchteten  Weibchen,  spren[fcn  den  Uterus  und  leben  von  der  fein- 
körnigen Masse,  in  welche  sich  alle  inneren  Organe  des  Mutterwunus,  Daruj, 
Pharynx,  Körpermuskcln  u.  s.  f.  aufgelöst  haben,  so  dass  dieser  /.uiet/.t  nur  noch 
einen  häutigen  Sciihiuch  voll  Junger  darstellt,  der  endlich  platzt.  Die  Jungen 
aber  —  jetzt  noch  echte  Rhabditis  (mit  zweitheiligem  Oesophagus  u.  s.  f.)  ver- 
ändern ihre  iimae  Organisation  sofort^  wenn  sie  in  feuchten  Schlamm  gelangen; 
es  entstdit  der  ganz  verschiedene  Nahmngsschlauch  von  Attaris  mgrtvm^a  und 
deren  Reproductionsorgane.  Wie  nun  aber  diese  in  die  Froschlunge  gelangen, 
ist  noch  nicht  ganz  aufgehellt,  ob  durch  einen  Zwisdienwirdi,  i^elleicht  Schnecken, 
oder  direkt  beim  Wassertrinken?  Wenigstens  sah  l.EucKAltT  solche  junge  Thiere, 
in  den  lUichen  der  Frösche  eingeführt  sofort  in  die  Lungen  kriechen  und  sich 
dort  zur  Ascaris  nigrm^ninui  oder  rtihrfrvtnosa  (Schneider  macht  zwei  Arten)  ent- 
wickeln. —  Andere  merkwürdige  Ent^^cklungsvorgänge  von  N.  s.  unter  Dochmius, 
Dmcumuius  und  Astaris.  —  Systematik.    So  wichtig  die  Muskelorgauisation 

Zool.,  Aathropol.  u.  Edtnologie.  BtL  V.  4|0 

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6a6 


der  N.,  worauf  Schneider  die  Haupteintheilung  begründet  (s.  oben),  auch  sein 
mag,  so  scheint  uns  doch  die  Kintheilung  dieser  ganzen  l'nterklasse  nach  diesem 
einen  Merkmal  künstlich  \ind  nicht  durchführbar,  da  oficnhar  im  Uehrigen  sehr 
nahe  verwandte  Gattungen   in   ganz  verschiedenen  Ordnungen  uniergebrachi 
werden  müssten,  wie  i.  B.  bei  den  Strongyliden.    Wir  theilen  die  N.  wesentUch 
im  Etnvcrständntss  mit  Claus  in   folgende  FamÜien:   i.  AumriAu  tuX  den 
Gattungen  Aseoris»  Häerakis,  Oxyuris,  Nrnthotis^  Oxysoma;  a.  StrM^gptUai  nnl 
den  Gattungen  EMUrmtgffm,  Strot^gyhu,  Sy^gamtu,  Jhekmius,  S^UrMimm, 
J^tudßlhts,  OMianwst  PMysalfpUr»;  3.  CmUmidae  mit  QtnUläims;  4-  THek9- 
trachelidae  mit  Tritkoupkaba^  THchot^mmm,  Trkkim  und  C!)f^opsU;  5.  I'Uarädat 
mit  Fiiaria.  Dracuncviuu  Ichtkyonema,  Spiroptora,  Sphvxys,  Hystrichis,  Tetrümtm^ 
Heäntri$  und  Aiicyracanthusi  6.  Gorditueae  mit  Gordius,  Mtrmis  und  Sphaeru- 
laria:  7.  Anj^uillulidae  mit  Ani^uiilula,  RhahJitis,  Pelodera,  Leptodera,  Rhabdonfma. 
Dipio^  tjstcr .    Jylanchvs,  Htterodera;    8.   F.noplidae  mit  Etwphis .  h.ncheüdium, 
Oncholaimus,  Dorylaimus,  Tripyla,  Trilobus.  —  Literatur:    Ausser  den  allge- 
meinen Werken  über  parasitische  Würmer  von  Ruüolfhi,  Bremser,  Dujardin, 
Cloquet,  Leuckari,  Diesinc,  Davaine  (s.  unter  Helmintl)ologie)  folgende  neuere: 
Mehsnei^  Zur  Anatomie  und  Physiologie  der  Gordiaceen,  in  Zcüschr.  för  vis. 
Zool.  1856.  —  CLAPARtOK,  De  la  formatioiv  et  de  la  fiScondation  des  oeuft  dies 
les  Tcrs  n<Hnatodes»  Gen^  1859.  —  Bastian,  On  the  structore  and  natnre  of 
the  Diacunculus,  Trans.  Linn,  society,  1863.  —  Ders^  Monograph  of  tlie  aii- 
guillülidae  or  free  nematodes,  London  1864.  —  Ders.,  On  the  anatomy  and 
physiology  of  the  Nematoides,  parasitic  and  free,  in  Philos.  transacdons,  voi.  155; 
1866.  HxnnpR,  Monottraphie  der  Nematoden,  Berlin  1866  (Haiiplwerk).  — 

TeJü^/,  Rccherchcs  anaf.  et  physiol  snr  l'nnr'inlUile  terrestre,  Annales  des  sciences 
natiirelte»,  1866.  —  Ci.aüs,  lieber  einige  mi  Humus  lebende  Anguilluliden, 
Zeitschr.  ftlr  wiss.  Zool.  1862.  —  Ders.,  lieber  1 -eptodera  appendiculata,  Marburg 
1868.  —  BüTscHLi,  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Nervensyslenib  der  Nematoden, 
in  Ardtiv  fttr  mikr.  Atuit  &md  10*  Linstow,  Udwr  Ididiyonema  sai^gonieoni, 
Archiv  f.  Natuigesch.  I874.  —  FkoscmMRO,  Ueber  den  Bau  und  die  Entwicfcettnig 
der  Fiiaria  medinensis,  Berichte  der  Ffeeunde  der  Natormsenschaftea  in  MobIwii 
Band  VUI  und  X.  Wd. 

Nematonereis,  Schmarda  (gr.  Y^A^x\- Nereide).  Gattung  der  Borstenwürmer; 
Familie  J£iM»-/V//7r,  Grube  (s.  d.).  Nur  ein  Fühler;  in  der  linken  Seite  des  Ober« 
kiefers  mehr  Kteferstücke  als  in  der  rechten.  GekömeHe  Platten  im  Oberkiefer.— 
Nur  drei  Arten.  Wd 

NematOphoren.  KigenthUmliche,  nur  den  IMumularnden  zukommende 
becherförmige,  in  bestimmter  Ordnung  über  den  Stock  vertlieilte  Chitingebildc, 
dtien  proloplasmatischer  Inhalt  in  Gestalt  von  dicken  Pseudopodien  heraus- 
gestreckt und  zurückgezogen  weiden  kdnnen;  in  dem  Protoplasma  liegen  stets 
Nesselsellen.  Der  distale  Theil  des  Bechen  kann  durch  eine  durchbrochene 
Scheidewand  von  dem  proximalen  abgetrennt  sein.  Pf. 

Nenuti»,  JuR.  (gr.  Fnden).  Gattung  der  Blattwespen  (s.  d.),  welche  gekenn- 
seichnet  ist  durch  borstenfftmiige,  gegl.  FQhler  und  im  VordetflOgel  durch  nsr 
eine  Rand  und  4  Untenrandzellen,  wenigstens  in  der  Anlage,  indem  die  eiste 
und  zweite  nicht  immer  vollständig  getrennt  oder  beide  vollständig  verschmolzen 
sind:  die  rücklaulenden  Adern  münden  beide  in  die  «weite  Unterrandzelle. 
Die  metvr  denn  100  europäischen  Arten  sind  2um  Theil  schwer  zu  unter' 
scheiden.     E.  Tg. 


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Nemcigcy  —  Neuicrtina. 


627 


Nenwicey.   UnklaaaHiaieites  Volk  Ccntral-Afrikas,  auf  den  Abhftngen  der 

Blauen  Berge,  westlich  vom  Albert  Nyan:^a  wohnhaft.     v.  H. 

Nemenscha.  Arabcrstamm  im  Teil  der  algerischen  Provinz.  Konstantine,   v.  H. 

Nementuri.  Keltolignrisrhc  Völkerschaft  Süd*Galliens,  wahrscheinlich  in 
Demandois  oberhalb  Casteilane  und  unter  Vergon.     v.  H. 

Nemeobünae,  s.  Erycinidae.     E.  Tc;. 

Nemertesia,  i.xsiovKOLX  =  An/euHu/aria,  Lamarlk..  Pf. 

Nemertma od«r  Nemertida»  Obhstedt  (gr.  Untrügliche),  SchnurwOrmer. 
Von  M.  Sghuub  u.  A.  RkpKkoeteim  (Hohltflisler)  genannt.  Es  ist  die  sweite 
Unterktasse  der  nattwUrmeri  Plaiada  (i.  d.)  Die  meiBien  N.  leben  in  Meer»  die 
kleineren  frei,  die  grossen  unter  Steinen,  Korallen,  auch  im  Schlamm  get»orgen, 
so  Lineus  mafifius,  MONT.,  an  der  Küste  Englands,  der  bis  4  Nfeter  lang  wird. 
Einige  Arten  schwimmen  auf  hober  See,  nur  wenige  leben  auf  dem  Lande,  im 
Schlamm  und  feuchter  Erde.  Einige  N.  leben  auch  ])arasitisch ,  aber  nur  als 
Kommensalc,  auf  Krabben,  andere  in  der  Mantelhöhle  vnn  Muscheln,  z.  B. 
Ma/iirc>/>i/r//ii,  Bi.AiNvir  r.K  (s.  Malacobdellidae),  in  Afya  und  Cyprina.  Diese  para- 
sitischen N.  haben  keine  Koplgriiben,  dagegen  einen  Sauenapf  am  Hinterendc, 
wie  die  Blutigel,  /u  denen  man  ^le  Uüiicr  uücii  reciincte,  bis  b£MPEK  iiue  Natur 
erkannte.  Die  Nahrung  der  N.  ist  animalisch,  besteht  in  anderen  Würmern, 
auch  Schnecken  n.  s.  f.,  welche  sie  einsaugen.  Die  N.  sind  die  nächsten  Ver- 
wandten der  Scmdelwttrmer,  Tkrbellaria  (s.  d.),  sind  aber  getrennten  Geschlechts, 
Oberhaupt  viel  hoher  entwickelt  als  jene.  Der  I<eib  ist  lang^  meist  fjiut,  der 
Darm  gerade,  mit  Mund  und  Anus  versehen.  Das  Ittr  die  N.  charakteristische 
Fangorgan  ist  ein  äusserst  bew^ticher,  dehnbarer,  od  gefranzter,  schlauchförmiger, 
bei  vielen  Arten  mit  spitzen  Dolchen  bewaffneter  Rüssel,  der  sich  in  der  Ruhe 
durch  eine  Oeffnung  vorne  Uber  dem  Mund  in  eine  besondere  Mu.skelsrbci(k' 
/miit  k/.ieht  (T.EUCKARt).  Dahinter  liegt  eine  (jiftdrtise,  deren  Sekret,  wenn  der 
Küsscl  ausgestreckt  und  die  Dolche  an  tljc  Sjiitze  creriickt  sind,  flie  geschlagene 
Wunde  vergiftet  (CLAPARfeDE).  Die  äu&sere  Havu  »bt  miL  Wimpein  versehen  wie 
bei  den  Strudelwürmern,  darunter  die  Cutis  mit  Farbzellen  und  Schleimdrüsen, 
dann  folgen  nach  Innen  eine  oder  swei  Schiebten  I^ngsmuskeln,  atidi  Quer« 
muskeln,  mehr  oder  weniger  entwickelt  Bindegewelttbalken,  die  die  Mndcel* 
schichten  quer  durchsetzen,  treten  in  die  Leibcaböble  hinem  und  kitamen  bei 
manchen  Grattungen  eine  Art  Gliederung,  wie  durch  Dissepimente,  bewirken,  an 
welcher  Leibestheilung  dann  auch  der  Darm  durch  entsprechende  Ausweitungen 
theilnimmt  (Hubriccht).  Charakteristisch  sind  femer  für  die  N.  zwei -stark  be* 
wimpcrte  Längsgrubcn  jederseits  am  Kopf,  wahrscheinlich  Sinnesorgane,  denn 
zu  ihneij  gehen  sehr  starke  Gehirnnerven.  Augen,  d.  h.  bestimmt  lokalisirte 
Pigmentrtecke,  die  man  nur  als  solche  deuten  kann,  finden  sich  bei  vielen  N., 
seltener  Bläschen  mit  Gehörsteinen  fOersttdtutl.  Das  Gehirn  der  N.  ist  sehr 
entwickelt,  bildet  einen  King  um  den  Kussel  mit  starken  Ganglienanschwe Hungen 
oben  und  unten;  von  letsteren  knifen  die  langen,  scitiächeo  NervtMUlage  des 
Leibes  aus.  Das  nie  fehlende  Geftsnystem  settt  sich  aus  einen  kontraktilen 
Rflckengeiitss  und  swei  Sdtengefllssen  zusammen»  die  doieh  viele  Queranfen  ver- 
bunden sind.  Das  meist  farblose,  bei  Striasia  aber  durch  scheibenförmige  Bllt^ 
kdrfierchen  roUie  Blut  lüufl  im  RfldEeogefilss  von  vorne  nach  hinten,  in  den 
SeitengeOtssen  umgekehrt»  Ein  WasseigeQtasqrstem,  zwei  Seitenstämme  mit  be- 
sonderer Mündung  nach  aussen,  von  M.  Schulze  entdeckt,  später  übersehen, 
wurde  von  Kemnel  wieder  besUtigt    Die  Fortpflanzungsorgane  sind  einfache 

40* 

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69S 


Schläuche,  dem  Hann  entlang  g^clagert,  paarig  nach  aussen  mündend.  Die  Eier 
werden  l)ald  als  solche  in  Sohniirc!^  nbgf-sc??t,  bald  entwickeln  sie  sich  voll- 
ständig im  Mutterleib  und  die  1  mgcn,  lebendig  zur  Welt  kommend,  wachsen 
ohne  auftallende  Mittelformen  duckt  zu  reifen  Individuen  aus.  Bei  den  Eier 
legenden  aber  linden  s.ich  oft  Larvenformen,  die  in  nichts  an  die  Eltern  erinneriL 
So  hftt  sich  jene  helmförmige  Wurmgattung  PUiäium  als  Larvenform  eines  N. 
herausgestelll,  aber  in  der  Art;  daw  der  junge  N.  gletclimn  als  neues  Individatini 
mnerhalb  des  FUiimm  aas  einer  Einstfilpong  seines  Ektodems  entapraot 
''•^-)  (Pagimstschbr,  Kowalbwsky»  BOtscbu  und  BiUdtoisX 

also  ein  IhnHcher  Vorgang,  wie  ilm  der  gfosie 
Johannes  MOllkr  seinerzeit  bei  den  t.afvcti  der  See» 
ige),  Seesteme  und  Holothurien  entdeckte.  —  Eigen- 
thflmli(h  ist  endlich  den  N.  eine  awsserordentliche 
Fälligkeit,  Kör]  erver^-tiimmelungen,  die  bei  diesen  oft 
äusserst    /erl)rechlichen   Würmern   sehr   häufig  sein 
mdssen,   m  heilen,  ja  aus  Theilen  ganze  In  liMÜucn 
wieder  herzustellen.  —  M.  Schulze  hat  in  seiner  giund- 
legenden  Arbeit,  Beitrige  zur  Naturgeschichte  der  Ter* 
bellarien  1851,  die  N.  in  zwei  Ordnungen,  die  Enopk 
und  Amph,  eingetheilt,  d.  h.  mit  oder  ohne  Dolcb- 
waAtn  im  RfisseL    Die  Em^  machen  ihre  Ent- 
wickelung  ohne  Metamotphose  durch,  die  An*jä» 
meist  durch  Wimpern  tragende  Larven.    Auch  die 
(lehirnorganisation  zeigt  bedeutende  Verschiedenheiten 
zwischen  beiden.     Die  Orrlnunp  der  Enopla  enthält 
nur  eine  Familie:  Amphipotidae  mit  den  Gattungen  Am- 
phipotus,  EHRtNötRG,  Tftrastfmma,  Ehhenbeku  a»it  einer 
Land  bewohnenden  Art  7".  agricola,  Willimoes  Suum, 
ferner  Prosarhockmus,  Keferstein,  und  Ncmertcs,  CiMER. 
FOr  die  zweite  Ordnung,  die  AnopUtf  unterschddetCLAUS 
drei  Familien:  t.  UmUtit  mit  Linem,  Sowbrbv,  Ort- 
braiuku,  Kenmbl,  Mkrura,  Ebbbnrrg,  Carimüa,  JOHK- 
soN.    s.  CephaMruhidaemxl  Cepkakirix,  Obrstbdt. 
3.  MaltMkidlUtii  mit  MalacobdeUa^  Blainville.  — 
Literatur:  Oerstedt,  Entwurf  einer  systemadscben 
F.iniheilung   und   spcciellen  Beschreibung  der  Platt- 
wUrmer,  Kopenhagen  1844.  —  Quatrefaües,  Memoire 
sur  la  famille  des  N^mertidcs,  1S46.  -  -  Clapakkue, 
Ftudes  anatnniiciues  sur  Ics  Annclides  lurbellarities,  1861.  —  Kekkrstein,  Unter- 
suchungen über  niedere  Thiere,  Zeitschr.  fiir  wiss.  Zoologie,  1862.  —  Hubrechi, 
Untersuchungen  Uber  Neroertinen  im  Golf  von  Neapel.  Niedeiiind.  Archiv  fikr 
Zoologie,  1874,  —  Dick,  Zur  Entwicklungsgeschichte  der  NemeMiaen,  Jena 
—  Darrois,  Memoire  sur  Tembryologie  des  Nömertes,  Paiis  1877.  —  Kenhbl, 
Beiträge  zur  Kenntnias  der  Nemertinen,  WUrzbuiger  Zool.  Inst,  1S78.  Wo. 
Nemetatae,  Unterabtheilung  der  Calhiici  Bracarii.    v.  H. 
Nemeter,  kleine,  germanische  Völkerschaft  in  der  Umgegend  von  Speyer 
und  M.ainz.      v.  Tl. 

Nemopsis,  L.  Acassiz,  Anthoroedusen- Gattung  aus  der  Familie  Morg^ 
dae,  Pf. 


Otnmaiepka  ophitue/>fialn, 
"-'  M'M.Pi'^.   Nnt.  ^,r<.'^■^c.  Ein 
.Ncntcitiiic  ohne  Kopfspalten. 
(Nach  SoniARDA.. 


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Ncmorhedas  —  Keotoma. 


629 


Nemorhedus,  Gray,  tsifttische  Antilopeogattang,  resp.  Untergattutil;,  »1 
Ca^itcrmii,  Oo.,  gehörig,     v.  Iis. 

NemoteluB,  Meic  (gr.  Faden  und  eodigen),  SumpfSiege,  eine  zu  den  Slra'  , 
Homydae  gehörige  Gattung  zierlicher,  kleiner  Fliegen,  deren  spindelförmiges,  vier- 

rinpolipc^  KublerpHcd  einen  zwci^rlicdrigen  Griffel  an  seiner  Spitze  trägt.     £.  Tc. 

Nemura,  Ltk.  (gr.  Faden  und  Schwanz),  s.  Perlariae.      E.  Tg. 

Nemzi,  Nemci,  Njemez,    Slavischc  Bezeichnung  der  Deutschen.     v.  H. 

Nenawek,  Algonkinindianer  vom  Stamme  der  Crees  (s.  d.).      v.  H. 

Ncngara,  mächtiger  Stamm  der  Neu-Kaledonier  (s.  d.),  dessen  Gebiet  vun 
der  Bfti  von  Bukri  im  Süden  von  Nnmea  bis  was  Osdtflste  bei  Yate  reicht,  v.  H. 

Nengone,  Horde  auf  den  Neu-Hebriden.    v*  H. 

Nenia,  s.  Claiuilia.    E.  v.  M. 

NeditliiBQfaes  Zettalter.  Der  ältere  piihistorische  Archäologe  war  ge- 
wohnt,  timerhalb  der  Stetnaeit  awei  Perioden  zu  unterscheiden,  die  palaeoli- 
thische,  innerhalb  deren  sich  der  Urmensch  seine  Waffen  und  Werkzeuge  durch 
Schlagen  der  Steine  zubereitete,  und  die  neolithische,  wo  man  die  Steine  zu 
schleifen  verstand.  Dagegen  erhob  der  Mineralog  Prof.  Fischik  im  »Archiv  für 
Anthropologie«  1876,  Vili.  Bd.,  pag.  239 — 243  zuerst  seine  StininiL  und  wies 
nach,  dass  nur  die  Beschaffenheit  der  Gesteine,  die  sicli  dem  Menschen 
auf  seinen  Wanderungen  darboten,  denselben  zu  der  Art  und  Weise  des  Bear- 
beitens filhrte.  Im  Feuersteingebiete  gewann  er  Werkzeuge  durch  Zu- 
hauen, im  Bereiche  der  krystallinitchen  Gesteine  durch  Schleifen.  Dieser 
von  Fischer  noch  weiter  ausgeführten  Ansicht  (vcrgl.  »Archiv  fUr  Anthropologie« 
1880,  XIL  Bd.,  pag.  973— 39s)  schloss  sich  auch  der  Anatom  Prof.  Alcxamdbr 
VON  EcKBR  an.  —  In  neuester  Zeit  wird  durch  den  Nachweis  von  Dr.  M.  Much 
(vergl.  die  Kupferzeit  in  Europa,  Wien  1886),  dass  in  Europa's  n eo Ii thi scher 
Zeit  bereits  die  Gewinnung  und  der  Gebrauch  von  Kupfer  bekannt  war,  der 
Charakter  einer  bisher  angenommenen  metalllosen  Steinzeit  wesenthch  altcrirt. 
—  In  Zukunft  dürfte  die  Steinzeit,  ucnic:cr  nacl»  dem  Material  der  Werkzeuge  und 
WaJfen,  als  nach  den  Formen  derselben,  am  besten  in  eine  ältere  mit  rohen 
Artefakten  tmd  in  eine  jüngere  mit  vorgeschritteneren  Typen  /.u  scheiden  sein. 
Innerhalb  letzterer  begiinn  die  Verwendung  von  Kupfer  und  bald  auch  von 
Bronze  —  wenigstens  io  Europa  und  West-Anen.  Zwischen  den  roh  behauenen 
Beilen  von  der  Soinme  und  den  kunitvcUen  Silex>Dolchen  SOd^Sohwedens  ist 
der  Form  und  Technik  nach  ein  analoger  Unterschied,  wie  zwischen  den 
kunstlosen,  ungeschliffenen  Beilen  von  den  Schweiser  Pfahlbauten  und  den  kunst« 
voll  gearbeiteten,  geschweiften  Hämmern  von  Ungarns  neoKthischen  Ansiedinngen. 
Die  Kunst  macht  den  Unterschied,  nicht  das  Mater iall     C.  M. 

Neophron,  Sav.,  s.  Geier.  Rchw. 

Ncosorex,  Batrd,  nordamerikanische  Insectivorcnpattung,  zur  Familie  der 
Spitzmäuse  iSoricideat,  Gerv.,  gehörig,  mit  ^  Backzähnen,  ^  Mahizähnen;  alle 
Zahnspitzen  braun;  Schwanz  körperlant;  mit  terminalem  Haarbüschel;  an  den 
Füssen  ein  steifer  Wimpcrbcsatz.    Hierher  N.  navigator,  Baird.      v.  Ms. 

NeotoiTia,  Sav  et  Orü.,  Bilchratten,  nordamenkanische  Nagergattung  der 
Famile  Muridat  (s.  d.),  zur  Trib,  Sygtiwdontis  gehörig,  von  rattenartigem  Hdbitus 
mit  sehr  grossen,  fest  nackten  Ohren,  mit  tief  eindringenden  Schmelz&lten  der 
gewurselten  Backzähne.  £.  Coues  und  J.  A.  Allbn  (Monographs  of  north  american 
Rodentia,  pag.  14)  ftthren  Vier  Arten  auf,  deren  bekannteste  iVI  ßortdamit  Say  et 
Ord.  ist   Totallänge  15^33  Centim.,  Schwanz  xo— »X5«5  Centim.  —  Oberseite 


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630 


TCcotrai«»  —  Nephthydete. 


liebt  bräunlich,  am  Rücken  dunVIer,  an  den  Seiten  gelblich;  Unterseite  und  Füssc 

weiss.  —  Südliche  Unionsstaaten  und  Nor<!->!extco.  N.  fusfipes,  Coopfr.  Cali- 
fornicn.  N.  ferruginea,  Tovifs.  —  ■inrrra.  Rairo  (N.  Drummondi,  KicHi''-  \ 
Westliches  und  nordwe  tliches  Nord -Amerika.  Diluvial  aus  pennsylvaoisdien 
Knochenhöhlen :  N.  moi^tstcr.  I^aikd.     v.  Ms. 

Neotragus,  H.  Sm.,  s.  Nanotragus,  Wacn.     v.  Ms. 

Nepa,  Fab.,  Fangwanze,  Gattung  der  Wasserskorpionwanzen  (s.  Nepina), 
deren  breiter,  flacher  Hinterleib  mit  einer  siemlich  langen,  fiidenfiMfimg«n  Athen- 
röbre  endigt  Die  einzige  europlische  Art,  N*  Murm,  Wasaerskorpioa,  ist  sehr 
breitet  und  seiebnet  sieb  durcb  einen  scharlacbrotben HinterleiberOclten  ans.  E.T0. 

Nepalesen,  die  Bewohner  der  HtmAUya^Landschaft  NepÜ,  die  aber  kein 
einheitliches  Volk  sind.  Ein  Theil  davon  ist  von  Hinduabstammung  und  spricht 
einen  eigenthUmlichen  Dialekt,  das  Nepali,  welches  sich  an  das  Bengali  und 
seine  Verwandten  anschliessf.  Kinen  anderen  Theil  bilden  die  Nevart,  ein  hvAi- 
histisrhes  indisch-tihelisches  Mischvolk,  und  die  Butija,  welche  als  Hirten  im 
Hochgebirge  umherziehen.  Andere  Stamme  sind  die  I  jmbu ,  Kirat,  Munni, 
Dscharijü,  Gurung  und  Magra,  deren  Sprachen  noch  wenig  bekannt  sind.     v.  H. 

Nepesang,  Algonkinindianer  am  Nipissing-See  in  Nord-Amerika.     v.  H. 

N^)helis»  Sayicmv  (gr.  Eigenname).  Gattung  der  Blutige!.  &  HtUmo,  Okw» 
mit  welchem  dieses  Gern»  identisch.  Wd. 

Nephropneusten  (gr.  Nieren-atfamer),  XHUtiiio  1876,  oene  BeieicbiKing  ffir 
die  Landschneck«!  ohne  Deckd,  A.  Schhoit's  Stylommatophoren»  s.  Bd.  IV, 
pag.  2.     E.  V.  M. 

Nephrurus,  Günther,  kleine  oslaostralische  Geckotidengattiing.  Pf. 

Nephthydeae,  r;T?r?^F  ^Nft^hthys,  ein  Eigenname?)  Familie  der  Rorsten- 
wUrmer,  Chaftopoda.  —  I  titcr  ^rdnung  Nercidea,  Khlkrs.  Frei  lebende  Sccwiirmcr 
mit  gestrecktem,  vierkantigem,  zahlreich  gegliedertem  Leib.  Die  Rückenflaclic 
zeigt  ein  Mittel-  und  zwei  Seitenfelder.  Der  Kopflappcn  wenig  en'wit  kcU,  tragt 
zwei  oder  vier  kleine  Fühler;  der  Rüssel  besteht  aus  einer  mit  Papillen  besetzten 
RttsselrOhie  und  einem  Kteferträger.  Rader  stark  entwickelt,  sweiMstig,  die  Aesie 
durch  einen  grossen  AbsUnd  von  einander  getrennt.  Die  Riemen  erscheinen  sls 
grosse,  sichelförmige  Anhftnge  mit  dichtem  Bart  von  Wtmperhaarcn.  Rfickcn- 
drms  klein,  fadenförmig.  Das  Nervensjrstem  seig^  einen  einfiMhen  Bauchstiang 
mit  GangKenknoten ,  die  in  den  vorderen  Gliedern  an  einander  stossen.  Der 
Gehimknoten  füllt  die  ganze  hintere  Hälfte  des  Kopflappens  aus  und  trägt 
hinten  sehr  etgenthlimlichc ,  lange  Anhänge.  —  Die  N.  leben  auf  sandigem 
Meeresgrund,  in  den  sie  sich  mit  ihrem  Rüssel  sehr  schnell  einbohren.  Ehlers 
unterscheidet  nur  zwei  Gattungen  Nephthys,  Citvier,  mit  vier  Fühlern  am  Kopf- 
lappen und  einem  Aftercirrus  —  Portelia,  Quatkkfages,  mit  /twei  Fühlern  am 
Kopf  läppen  und  zwei  Aftercirren.  —  Zu  der  Guttufig  NtplUhys,  CtvitK,  j^ebörcn 
audi  die  Gattungen  Aoms,  Savighv,  Dt^Udfmi$tMu,  Quatrepages,  Aglaophtmii 
KDfBBRG,  Agiacphmit  Kdubrc.  — >  Eine  dnvch  ihre  geographische  Verbreiniig 
einzig  dastehende  Art  Ist  N^päligfs  taeta,  Fabmous.  Sie  lebt  Überall  an  den 
englischen  KUsten,  bei  St.  Vaast  im  Kanal,  an  den  sdiwedtschea  Kttsten,  in 
Finnmarken,  an  der  grönländischen  Küste,  sodann  in  Nord-Amerika,  sowohl  an 
der  OstkUste,  z.  B.  in  der  Massachuset.sbay  bei  Boston,  als  auch  an  der  West* 
kliste  im  (lolf  von  Georgia.  Die  Art  scheint  also  circumpolar,  wie  ja  auch  so 
manche  Süugethierc,  Vogel  und  Mollusken.  An  der  deutschen  NordseeküitC 
wurde  sie  bis  jcut  noch  nicht  gefunden.  Wd. 


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Nepicinqui  —  N^reidea. 


631 


Nepkinqui  oder  Nepissiog.  Algonkin-Indiaiier  am  Ottawa  River  und  Two 
MouDtain  Lake  in  Nord-Amerika,    v.  H. 

Nepina,  Brm.,  Wasserskorpionwanzen,  eine  Familie  der  Wasserwanzen, 
deren  Vorderbeine  ia  Raubbeine  umgewandelt  und  HtnteiKhienea  nicht  breit- 

gcdriirkt,  ;ilK  r  liewlmpert  sind  (s.  Wanzen).     E.  Tg, 

Neptunca  (von  Neptntms,  Meergott),  Hor.TEN  1798  und  Link  1807,  wieder 
eingeUihri  von  Mokch  1852,  bei  I.amarck  und  den  ihm  folgenden  Autoren  unter 
/•'usus  einbegriften,  Mccrschneckc,  in  der  allgemeinen  Gestalt,  Vorkommen  und 
Lebensweise,  Reibplaiie  und  Färbung  mit  Btucinum  im  engsten  binn  überein- 
stimmend, aber  der  ^achnitt  der  Mündung  in  «uen  karsen,  geraden  Kanal  ver- 
längert  und  der  Deckel  mit  endständigem  Kenw  beides  wie  bei  Murtx*  Nur  in 
den  külterea  Meeren  beider  &dhiUften,  alle  Arten  ziemlich  gross.  N,  ai^ua, 
LinnC,  bauchig  abgerundet»  weissKdi  otor  odeergdb,  Inneres  der  Mttndung  immer 
gelblich,  10—15  Centim.  lang  und  breit,  häufig  in  der  Nofdse^  namentlich  auch 
auf  der  Doggerbank;  dient  als  Köder  beim  Dorschfang,  wozu  sie  in  mit  einem 
faulen  Fisch  als  Lockspeise  versehenen,  ins  Meer  hinabgelassen  Körben  gefangen 
wird.  Sie  geht  ohne  scharle  Grenze  in  die  mehr  nordische  Abart  </<*j/*<f  / 7,  T  inni^:, 
mit  Längsfalten  und  Spirnlkiel  über;  ganz  analoge  Formen,  iV.  ßehnngiana^ 
MiDDKNDOKKK,  Und  siiiu/u,  jMaktvn,  fmdcn  sich  im  Norden  des  stillen  Gceans. 
An  der  Küste  von  Neu-England  und  Neufundland  lebt  eine  An  uut  /^lüreicnen, 
starken  Spiralkielen»  N,  decemostatOt  Say,  und  auch  diese  hat  ein  sehr  iUmliches 
Analogon,  N*  Urüta,  Martym,  in  Alaschka.  Seltenere  Arten  aus  tieferem  Wasser 
an  den  NoxdostkOstea  Grossbritanniens  und  dem  nördlicheren  Norwegen  sind 
AI  Turtoni,  Bban,  mit  langem,  schlankem  Gewinde,  das  knopfförmig  endigt, 
9-^13  Centim.  und  N.  Norvq^kaj  CHciiinTa,  mit  kürzerem  Gewinde  und  ver- 
dicktem etwas  flQgelartig  atisgearbeiteten  Aussenrand  der  Mündung.  Durch 
schlankere  Form,  längeren  Kanal  und  deutlicher  ausgebildete,  grünliche  Schalen- 
haut ausgezeichnet  (Untergattung  Sipho  oder  y'ritono/usus)  ist  iV.  hlandica, 
Gmemn,  und  einige  ähnliche  Arten  m\  den  Küsten  von  Nord-Europa  und  Nord- 
Amerika.  Im  mittleren  Japan  kiemere  Formen  mit  zierlicher  Skulptur  und 
Zeichnung  (i>ipJioiuüiii)f  z.  B.  cassidariaeformis,  signutn  und  trochulus,  Reeve 
(unter  ßuccitmm).  In  den  kälteren  Meeren  der  südlichen  Halbktigel  ähnliche 
Arten,  die  wahrsdieitilich  noch  au  dieser  Gattung  gehören,  so  nMtota,  Martvn, 
oder  raphanust  Qaomvtz,  bei  Neo-Seeland  und  dUäM^  Qpov  und  Gaiuard,  an 
der  KQste  Neu>H<rflands.   Fossil  von  der  Kreide  an,  eine  linksgewundene  Art, 

anUraria,  sehr  häufig  im  englischen  Crag.  Monographie  von  Kobblt  ui  der 
neuen  Ausgabe  von  Chemnitz  1879/80.     E.  v.  M. 

Nera  oder  Nere.  Einer  der  zwei  Stämme  der  Barea  (s.  d.);  wohnen  in  dem 
Gebiete,  um  welches  der  Mogoreb  sich  herumzieht.  Ihre  Sprache  ist  das  Nere 
buna  oder  Nere  bena.  Ihre  Gesammtzahl  mag  sich  auf  30000  Köjjfc  belaufen. 
Sie  werden  stets  von  ihren  nördlichen  Naclibarn  bedrangt  und  haben  es  nicht 
hindern  können,  dass  Muhammedaner  sich  I  ci  il  ncn  ansässig  gemacht  haben,  wo- 
durch die  alte  demokratische  Verfassung  verioreu  geht.      v.  H. 

Merebena.  Sprache  der  Barea  (s.  d.).     v.  H. 

Nereidea  (gr.  Ntrtis,  Name  einer  Meernymphe).  Wir  nennen  so  mit  EüLBits 
die  grösste  Unterordnung  der  Rflckenkiemer,  NMratuMata,  Es  sind  Meer- 
wttrmer  imit  meist  derbem,  oft  gefib'btem  und  geseichnetem  oder  metallglänzendem 
Körper,  bei  welchen  die  Gliederung  in  der  Weise  durchgeführt  is^  dass  ein  jeder 
Leibesring  dem  andern  nach  den  äusseren  Anhängen  und  dem  im  Innern  liegenden 


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«3« 


NcfciclM» 


Anfhcil  von  Eingcwcidcn  annaliernd  gleich  kommt,  so  dnss   un  ganzen  Korjcr 
kein  grusserer  Abschnitt  diircli  ihm  cigenthiimliche  zukommende  Apparate  hervor- 
gehoben wird-.  (Ehlers).    Kin  selbstständiger  Kopflappen  trägst  Augen,  Fuhicr 
uiui  l'alpcn,  lormt  sich  bei  einigen  Gattungen  zu  einer  Carunkcl  um.    Ueber  die 
Organisation,  Entwickelung  u.  s.  f.,  s.  unter  Ck4iä9p0da.  Attch  Ntreis  l.  onteo.  — 
Hierher  folgende  Familien:  AmphitiMuae,  Savicnv;  Chrysope/aUae,  Ehlers;  Afkr9' 
äUeae,  Savignv;  I'^flMaeetu,  Grube;  Akh^eae,  Eiobi»;  Hnwneae,  Gkobe; 
SylUdtü»,  Grube;  Euniteae,  Grubb;  Lye^ridat,  Grube;  NtphOfdeae»  Grubs; 
Gfytenae,  Grube.  ~  Zur  Familie  Lycoridae  gebOrt  die  grosse  Gattung  Nerm, 
CuviER,  besonders  ausgezeichnet  durch  einen  wunderbaren  Poljrmorphismos. 
Kopf  läppen  mit  vier  Augen,  zwei  Fühlern  und  zwei  Palpen;  am  ersten  Sebent 
jederseits  zwei  Paar  Fühlcrcirren.  Charakteristisch  sind  die  /weiastigen  Ruder  mit 
einem  oberen  und  unteren  /üngclchen  und  einfachen  Rücken-  und  Bauchcirreu.  — 
Schon  1867  beobachtete  Khi  kks  an  gewissen  Nereidenarten  die  auffallendiicn 
Formwandelunpen  zur  Zeil  der  höchsten  GeschlechLsreife,  welche  besonders 
die  Augen,  sodann  die  Ruder  des  hinteren  Körpertheils,  endlich  auch  oft  die 
Rücken*  und  Baucheirren  des  ersten  Segments  und  schliesslich  den  Gesammt' 
habitus  der  KörperverhAltntsse  betreffen  und  in  der  Weise  verSndem,  dass  man 
ganz  andere  Arten,  wo  nicht  Gattungen  vor  sich  zu  haben  glaubt^  wie  dem  in 
der  That  die  ganze  Gattung  HtHrmurth  in  den  Formenkreis  der  echten  Nirm 
gehört,  also  im  zoologischen  System  wegfallen  muss.    Am  auffallendsten  ist  bei 
diesen  Wandlungen,  die  an  das  Hochzeitkleid  der  Vögel  und  an  die  Brunst- 
bildungen bei  Fischen,  jauch  Tritonen  und  anderen  Batrachiern  erinnern,  aber 
viel  durch c;;reifender  sind,  —  die  enorme  Verbreiterung  der  Ruder  der  zweiten 
Körperhälfte  und  sodann  die  Metamorphose  der  Augen,  welche  ganz  bedeutend 
an  Umfang  zunehmen  und  stark  convex  hervortreten.    Im  Uebrigen  bleibt  der 
Kopflappen  mit  seinen  Anhängen  unverändert,  so  wie  das  erste  Segment  mit 
den  Ftthlercirren  und  vor  Allem  der  Rüssel  mit  den  Kiefern.  An  diesen  Organen 
bleibt  durch  alle  Wandelungen  die  Art  zoologisch  kenntlich.    Ehuers  naimte 
nun  die  Nereidenform  im  Hochzeitkleid  epitok  (EpiiokoSf  gr.  ==  der  Geburt  nahe), 
die  gewöhnliche  Nereidenform  aber  atok  (ÄI»koi,  gr.  =  unfruchtbar).  Epitokie 
und  Atokte  ist  nun  an  einer  ganzen  Reihe  von  Aiereis-Aitan  luchgewieseo,  — 
ob  aber  die  epitoken  Formen  nach  Eierablegnng  in  die  atoken  zurückgehen, 
wie  bei  den  oben  angeführten  Wirbelthieren,  —  ob  femer  alle  Individuen  epitok, 
oder  ob  auch  ohne  jene  äusseren  Formverfinderungen  Geschlechtsreife  und  datnit 
Samen-  und  Kierjjroduction  statthaben  kann,  was  Fiii.krs  z.  B.  fiir  Nereis  viron 
wahr5»cheinli(  Ii  macht,  —  ob  endlicli  bei  allen  Arten  der  Gattung  Nercis  Kpitokic 
und  .Atokie  auftritt,  das  sind  heute  noch  unl>eantwortete  Fragen.    Klar  ist,  dass 
die  plötzliche  Vergrösserung  der  Augen  und  der  Ruder  dazu  dient,  diese  Würmer, 
die  vorher  am  Boden  krochen,  nunmehr  itir  die  Zeit  der  Uebe  zo  g«Kn 
Schwimmern  zu  machen,  ine  denn  der  alte  Rathke  schon  einmal  in  einer 
warmen  Nacht  bei  Fackellicht  im  Schwarzen  Me^  eine  solche  Nereidenart  in 
Haufen  hin  und  her  schwimmen  sah,  »gleichsam  als  spielten  sie  untereinander 
und  trieben  KurzweiU.  — So  betrachtet  Ehlers  nunmehr  eine  ganze  Anzahl  von 
Gattungen,  njimlich  Hetermurfis,  Gebstedt;  Nössis,  Kin^t-rg;  Naumachia,  Kik- 
r?FRr,;  Nicomede,  KrNBKRc;  Eitnereis,  Malmgren;  Heffyla,  Malmcren;  Iphiturtis, 
Mai  MORFN,  lediglich  als  auf  epitoke  Formen  von  echten  Avrrw-Arten  gegründet 
und  mithin  als  un  1  lerechtigt  im  System.    Nachdem  nun  terner  Malmgren  u.  A. 
Jdctc  roner  eis  Jiuuoia  als  epitoke  Form  von  Nereis  DumerUii  nachgewiesen,  beob« 


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Nercidicc  —  Nerioca. 


633 


achtete  CLAPARtoB  gerade  an  N,  Dumrilü  einen  ganz  wundeibaren,  im  Thier- 
reich  eindg  dastehenden  PolTmorphismus.  Ausser  der  genannten  epitoken  Form 
existiit  nttmlich  noch  eine  Generation  dieser  Art^  die  sehr  klein  und  in  wenig 
Segmente  gethetit,  als  gewöhnliche  Nereh,  also  in  atoker  Ausstattung,  in  ge* 
trennten  Geschlechtern  au(britt  und  zur  Fortpflanzung  kommt.  Auch  soll  die 
hermaphroditische  Ncreis  Massilkmis  noch  in  den  Formenkreis  dieser  Art  ge- 
hören Aber  auch  die  epitoke  HeUrofiereis-Yoxva  von  Nereis  DitmfrU't't  erscheint 
nach  Ci  APAKf^nF  in  zwei  Generalionen,  einer  grossen,  scluveren,  die  auf  dem 
Meeresboden  lebt  und  kriecht  und  dort  zur  Fortpflanzung  koinmt  und  einer 
kleineren,  äusserst  lebhaften,  die  stets  an  der  Meeresoberfläche  schwimmt.  — 
Eine  solche  Vielgestaltigkeit  innerhalb  einer  Art,  wenn  sie  sich,  wie  wir  kaum 
zweifelni  bewahrheitet,  giebt  uns  auch  sehr  su  denken  bezttgtich  der  Entstehung 
der  Thierarten  Uberhaupt.  Besonders  lernen  wir  daraus,  wie  leicht  und  schnell 
die  Natur  im  Stande  ist,  aumal  dem  äusseren  Leben  dienende  Organe,  wie  Be- 
wegunga>  und  Sinneswerkzeuge,  nach  Bedttrfhiss  total  umzubilden.  Wo. 

Nereidioe,  Blainvillb,  su  Ly^dke^  Savigny  (s.  d.).  Wo. 

Nercidonta  zu  Buntee,  Cuvier,  s.  Eunicidae.  Wd. 

Nereilepas,  Bi.ainvii.i.e  (gr.  =  Nereiden^Napfschnecke).  (Sinnlos).  Gattung 
der  Borstenwilrmer,  Unterordnung  Ntreuica.  Ursprünglich  von  Bi.AiNvu.tK  au: 
einige  epitoke  Formen  von  Nereiden  gegrflndef,  rlann  nach  einander  von  Qlatrk- 
FAGFS,  K INBERG  Und  MAf^tHRFV,  von  Jedem  wieder  anders  und  fiir  andere  Arten 
(ietinirl,  —  verwirrt  und  daher  am  besten  cassirt,  um  so  mehr  als  die  l'nter- 
schiede  der  betreflenden  AVrm-Arten  ohncliin  keine  Gattungstrennung  recht- 
fertigen.  Vergl.  auch  Ehlers  Borstenwürmer,  pag.  459.  Wd. 

NeretBdraiier  oderPoganer.  Serbische  Slaven,  wohnten  auf  de#  sogen.  Krajna- 
RUMe,  die  sich  im  Binnenlande  bis  sum  cborwatischen  Gaue  Chljewno  hinsog.  v.H. 

Nerfling  ^  Gangling  (s.  d.).  Ks. 

Nerilta,  Schmidt.  Gattung  der  Chaetopoden,  nach  Lcuckart  wühl  zu  den 
SjfUideae  gehörig  (s,  d.).  Wd* 

Nerinea  (von  gr.  Nereine  =^  Nd  i  ia,  %reernymphe)  Defrancb  1825,  ausge- 
storbene Schneckengattung,  thurmförmig  und  knotig,  mit  ktirzem  Kanal  oder 
seichtem  Ausschnitt;  wie  O-rithtum,  aber  die  Aussenwand  der  Mündung  ,s(  harf 
und  einfach,  oben  mit  kurzem  Einschnitt,  welcher  .sich  als  Kinbiegung  der  Wachs 
thumsstreifen  bandförmig  an  allen  Windungen  verfolgen  lasst,  und  starke  ^l)iral- 
verlaufendc  Falten  im  Innern  der  Schale,  sowohl  an  der  Columellc,  als  an  der 
Innenseite  der  Aussenwand.  Nur  im  Jura  und  der  Kreide  vorhanden,  manche 
Arten  gross  und  8  Centim.  lang,  in  Deutschland  hauptsächlich  im  oberen  Jura 
bei  Nattheim,  Stotzingen  und  Kehlheim  und  dann  wieder  bei  Hannover,  in  der 
Schweiz  bei  Oelsberg  und  Solothum,  ferner  in  den  Alpen  und  Karpathen.  Dass 
sie  im  Meere  lebten,  ist  nach  dem  Zusamroenvorkommen  mit  Korallen  und  Chama- 
ähnlichen  Meermuscheln,  wie  Diceras  und  Rtquienia,  nicht  zweifelhaft  In  syste- 
matischer Hinsicht  dürften  sie  sich  immerbin  am  nächsten  an  Cerithium  anschliessen, 
um  so  mehr,  als  auch  bei  einigen  grossen  Ccrithien,  z.  B.  C.  (Rytapnide^)  paliistrc, 
innere  Falten  sowohl  an  der  t'olumelie  als  ihr  gegenüber  an  der  Iimenseite  der 
Aussenwajid  stellenweise  vorkommen,  wenn  auch  minder  ausgeprägt.  Andere 
d.achten  an  Verwandtschaft  mit  den  Pyramidelliden,  die  ja  auch  meist  Columellar- 
falten  haben  und  in  der  Vorzeit  eine  grosse  Rolle  spielen.  Zittel  bildet  eine 
eigene  Familie,  Nerinciden,  aus  denselben^  sCdU  (fiese  aber  auch  neben  die  Ceri- 
thiiden.    E.  v.  M. 


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6J4 


Ncrinidae  —  Nerita. 


Nerinldae,  Qi^atrefages  (Verbildet  aus  Nenisy  Famitie  der  Borstenwflnner, 

Chaflopoda.    Mit  den  Spionidae  zu  vereinigen.   (».  d.)  Wd. 
Neripteron,  s.  Nerilina.     E.  v.  M. 

Nerita  (vom  j»r  ttf fites  bei  Artstotele«;  u.  A.  eino  ^ft'erschnecke,  vielleicht 
Trochus^,  1  iNNf  1 75S,  avisscrcnrupaisclicMeerschncrkcnpattung,  zu  den  Scuttbrattchia 
oder  Rhipidoglossa  p:eliöris;  und   hier  eine  ciijenc  TamiHe,   Neritidae ,  l-  l  iend. 
Schale  im  Allgemeinen  halljkiigelig,  mit  wenigen,  rasch  zunehmenden  Windungen 
und  weiter  halbkreisforniiger  MUndung;  der  Innenrand  der  Mündung  bildet  eine 
scharfe  gradlinige  Kante,  ohne  dast  Mflndongiwand  und  ColumeUarrand  alt  be> 
sondere  Theile  su  onterscheiden  sind,  aber  hinter  derselben  breitet  sich  enie 
meist  ebene,  aoweilen  schwach  gewölbte  Kalkanflagenmg  fiber  den  Anfimgsdieil 
der  letsten  Windung  aus,  meist  nach  hinten  scharf  abgeprägt  md  als  »Innen' 
lippe«  oder  »Columellarniü  he«  bezeichnet.   Ein  kalkiger  Deckel,  mit  eigenthüm» 
liehen  Fortsätzen  im  Fleisch  des  Fussen  befestigt,  ist  immer  vorhanden.  Fühler 
lang  und  Ri>it;'ic:,  die  Augen  an  ihrer  äussern  Basis;  nnf  vorspringenden  Höckern 
(kur/cn  Stielen).    Fuss  breit,  kurz,  ohne  besondere  Au.szeichnung.    Die  Reibplatte 
mit  sehr  zahlreichen  schmalen  Randplatten  wie  Trothus,  einer  Anzahl  grösjserer 
Zwischenplattcn,  wovon  namentlich  eine  grössere  in  die  Breite  gezogene,  an  ein 
Schulterblatt  erinnernde,  sich  auszeichnet,  und  einer  ziemlich  kleinen  viereckigen 
MittelplatCe.  Sowdt  ist  es  allen  NerHUem  gemdnscliaftlich.  Die  Gattung  Neritz 
lebt  im  Meere  und  unterscheidet  sidi  von  den  vorsugsweise  oder  gana  im  Sdss^ 
Wasser  lebenden  NerUiua  und  NmittUa  durch  «ne  dickere,  mit  Skulptur,  luunent* 
lieh  «tSrkeren  Spiralrippen  versehene  Schale,  starke  sahnförmige  Vorsprftnge  an 
Innenrande  der  Mündung  und  schwächere  Kerben  einwärts  vom  Aussenrande 
derselben,  femer  durch  den  Deckel,  der  an  seiner  Aussenseite  gekörnt  und  dessen 
Fortsatz  plattgedrückt  ist;  von  all  diesen  Kennzeichen  kann  aber  das  eine  und 
andere  bei  einzelnen  Arten  fehlen.    Die  Färbung  der  Aussenseite  ist  meist  bunt, 
nameniHch  gefleckt,  ohne  durch  eine  dunkle  Schalenhaut  verhüllt  zu  sein,  doch 
giebt  es  auch  einige  schw  arze  Arten.    Sie  finden  sich  in  allen  Meeren  der  heisscn 
Zone,  gehen  aber  nur  wenig  über  diese  hinaus,  z.  B.  in  Süd-Afrika,  Japan  und 
Neuseeland,  und  leben  meist  auf  fUsigem  oder  steinigem  Grund,  auch  auf  KoraUe»* 
rifien,  einige  Arten  auch  an  den  Wurxeln  der  Manglebiume.   Die  grösste  Art 
ist  N.  fkxot  Chemnitz,  weiss  mit  kleinen  schwaizen  Flecken,  4^ — 5  Centim.  im 
Durchmesser,  von  Ostafrika  bis  Vorderindien.  Nur  liiigeikhr  halb  so  gro«^  aber 
in  den  Sammlungen  häufig  und  auffiUlig  sind  N*  ülbkUUh  am  hintern  Ende  kancig 
zusammen  gedrückt,  schwarz  marmorirt,  zuweilen  auch  roth,  Columcllarflächc 
grob  gekörnt,  aus  dem  rothen  Meer  und  indischen  Ocean,  N.  lineaia,  elliptisch, 
grau  mit  schmalen  scbwnr/en  Spiralrippcn  und  gelber  Mündung,  ^^stindien,  in 
Mnnglc-Dickicht;  N.  chamaeleo,  kurz,  knglig,  auf  blassem  Grunde  braun  und  gelb 
gefleckt,  mit  Runzeln  und  Körnern  auf  der  Columellarfläche,  von  Indien  l)is 
Polynesien  verbreitet;   A''.  undata  mit  vorstehendem  Gewinde  und  gerunzcUer 
Columellarfläche,  von  Hinterindien  bis  Polynesien;  N.  plicata^  fast  kugelig,  gelblich 
oder  röthlich  weiss,  mit  starken  Zähnen  im  Innen-  und  Aussenrand  der  Mflndung, 
ebenfalls  im  indischen  und  stillen  Ocean;  N,  venU^  ähnlich,  aber  ^atler, 
mehr  glänzend,  mit  schwärslichen  und  röthlichen  Flecken,  in  Westindieo.  Bei 
all  diesen  ist  die  Aussenseite  des  Deckels  gekörnt,  am  schwächsten  bei  den  swei 
letzgenannten.    Glatt  mit  wulstiger  Randzonc  ist  dersdbe  bei      fthronta  i^vsot 
urspnfnglich  malaiisch)  aus  Westindien,  einer  gränen,  ziemlick  kqgeUbmi^en 
Art,  gelblich  mit  schwarzen  und  rothen  Zicksacklinien  oder  Flecken,  swischea  den 


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Neritae«  —  Neritina. 


63s 


Zähnen  des  Inn«nrandc9  lebhaft  gelbrothe  Flecken,  daher  »der  blutige  Zahnf 
genannt.  Glau  mit  fein  gerippter  Randzone  ist  die  Aassenseite  des  Deckels 
bei  N»  paiitüt  ziemlich  gross  und  flach,  aussen  glatt  und  mannigfach  bunt  ge- 
zeichnet, mit  glatter  Columcllarfläche,  häufig  im  indischen  ücean.  Fossile  Arten 
von  der  mittlem  Kreide  an.  Monographie  von  Rkrve  1855,  85  Arten  und  von 
M.\F  i  Kss  in  der  neuen  Ausgabe  von  CusMMtTZ  1887/88.  £.  v.  M. 
Ncritaca,  s.  Neritina.      K.  v.  M. 

Neritina  ^Verkleinerunc:  von  Nerita),  I.amakck  1809,  Süsswasserschnecke, 
nächstverwandt  mit  Nertta,  aber  die  Schale  aussen  fast  immer  glatt  und  von 
einer  dunkeln  Schalenhaut  bedeckt,  durch  welche  die  feine  Zicknckseichnuog 
mehr  oder  weniger  verhttUt  wird,  daher  diese  bei  einem  gewissen  Grade  von 
Verwittentng  deutlicher  hervortritt;  Irnienrand  der  Mftndung  schwach  gezähnelt 
oder  gUtt,  Aussenrand  nicht  gekerbt  Decket  vollständig  «chliessend,  mit  einem 
oder  zwei  schmalen,  mehr  oder  weniger  senkrecht  sich  erhebenden  Fortsätzen, 
dem  Zapfen  zunächst  am  unteren  Ende  des  Deckels,  und  der  Rippe,  diesen  im 
Bogen  umgebend.  Die  Eier  werden  in  kleinen,  länglich-runden  Kapseln  abgelegt, 
meist  auf  die  Schalen  anderer  benachbarter  Individuen,  diese  oft  ganz  bedeckend, 
(daher  der  Name  puUigera  für  eine  Art\  nicht  selten  auch  auf  Schnecken  anderer 
Gattungen,  z.  B.  Melanien,  die  in  demselben  Gewässer  leben.  Bei  den  meisten 
europäischen  Arten  ist  der  Zajjfen  am  Deckel  kaum  angedeutet,  aber  die  Rippe 
gut  entwickelt:  weit  verbreitet  im  mittleren  Europa  ist  nur  eine  Art,  N.ßwi^is, 
Ijoxtst,  6— IX  Meter  im  grossen  Durchmesser,  länglich-elliptisch  mit  weiter 
Mündung,  im  mittleren  und  unteren  Lauf  der  Flttsse  in  Deutschland,  Frankreich, 
Grossbritannien,  dem  südlichen  Skandinavien  und  den  russischen  Ostseeprovinzen, 
aber  den  Gebirgsgegenden  fremd,  so  z.  B.  in  der  Schweiz  und  Oberbaiem  fehlend. 
In  der  mittlem  und  untern  Donau  und  deren  Zuflüssen  treten  zwei  andere  Arien 
an  ihre  Stelle,  die  mehr  kugelige  N.  DanuHuiis  und  die  flachere  N.  transversalis, 
beide  aufwärts  bis  Regensburg.  In  den  einzelnen  f, ändern  und  l'lussgebieten 
Siid-Ktiropas  und  Nnrf^ Asiens  andere  mehr  oder  weniger  ähnliche,  oft  schwer  zu 
unterscheidende  Arten,  eine  auch  im  Jordan  und  eine  andere  im  Nil.  Keine  in 
Sibirien  und  Nord  Amerika.  In  den  Tropenländern  beider  Erdhälften,  doch-  be- 
sonders zahlreich  ini  indischen  Archipel  und  in  Polynesien,  hnden  sich  grössere 
Arten  von  mannigfacher  Form.  Bei  der  Mehrzahl  derselben  sind  beide  Fortsätze 
des  Deckels  gut  ausgebildet  (Untergattung  Neritaea,  Roth);  nach  der  Schalen- 
form  unterscheidet  man  die  mfltsenfdrmigen  (MUnUae,  Menke)  mit  ganz  kurzem, 
seitlichem  Gewinde,  wie  A^  trepidtiiaria,  vom  persischen  Meerbusen  bis  Japan 
verbreitet,  roth  oder  schwarzmUndig,  oft  in  Brackwasser,  die  geflügelten  oder 
geöhrten  (Neripteron,  Lesson),  Ober-  und  Unterrand  des  Miindungsrandes  in 
einem  flachen  Flügel  ausgebreitet,  wie  bei  .V.  auriculata  im  malaiischen  Arcliipel, 
tahilensh  und  dUataia  auf  den  Gesellschnfts-  und  Samoa-Inseln,  rariostx  und  vcs- 
pcritna  auf  den  Sandwichs-Inseln,  Mauritii  auf  den  Maskarenen;  ferner  ziemlich 
flach  gedrückte,  weilmündige,  wie  die  grosse  ^V.  pu/Ucrra  auf  den  Molukken, 
4  Centim.  im  Durchmesser  u.  a.,  endlich  mehr  kugeltornuge  oder  kreiseltormige 
mit  spitz  vorstehendem  Gewinde  und  stärkeren,  gleichmässigen  Zähnchen  am 
Innenrand  der  Mttndung,  meist  lebhaft  gezeichnet  (Pittae  oder  Serr«iae)t  wie 
N»  muae,  varUgaia  oder  Srnmairmsis,  iitrrUa,  Cuminguma  und  fmuKumis  oder 
e/ttgofiima,  dieae  zuweilen  amarantroth,  auf  den  Sunda^Inseln,  Molukken  und 
Philippinen,  ga^aks  auf  den  Maskarenen,  Ii/aiakmis  in  Südost-Afrika  und  die 
sehr  ähnliche  s^a  im  nördlichen  Theil  von  Sfld-Amerika,  reelhtUa  in  Mexiko 


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Ncritodrya*. 


und  Florida,  endlich  die  äusserst  bunt  und  mannigfaltig  gezeichnete  virprua 
Überall  in  West-Indien.    Die  Untergattung  NerUoS^as  ist  in  der  Schale  den 
vorigen  ähnlich,  hat  aber  einen  ganz  glatten  Innenrand  der  Mündung,  die  Rippe 
am  T")erkel  ist  tief  ausprel^.rililt  uikI  sie  leben  oft  ct%vas  über  Wasser  auf  Straucl  ern 
uiul  Haumchen  in  den  siim]>riucn  Nicdcninpcn  des  malaiischen  Archipels;  hierher 
N.  dubia,  glatt,  und  conttii.  mit  schwacheti,  breiten  Spiralfurchen,  beide  ziemlich 
kuglig,  schwarz-  und  braungelb  mannoiirt,  mit  ebener,  weisser,  zuweilen  schwarz- 
gefleckter Columellarflfiche.   Bei  der  Untergattung  CIükoH  sind  die  beiden  Fort-  I 
sitze  des  Deckels  dutch  eine  Art  Wand  mit  einander  verbunden.  Schale  and 
Deckel  sind  mehr  matt,  nicht  glänzend,  die  Zähnchen  am  lonenrand  der  Mttndong 
stumpf,  mit  einer  mehr  oder  weniger  deutlichen  Lücke  va.  der  lifitte;  hiedier 
einige  stachlige  Arten  (von  denen  ülmgens  auch  einselne  Exemplare  ohne  Stadieln 
vorkommen),  wie      hn^ishi/ia  von  den  Maskarenen,  hrevisfina  oder  corona  und 
diadema  von  den  Sunda-Inseln,  Molukken  und  Philippinen,  und  Souleyetana  in 
rulyncsicn,  sowie  einij»e  mit  flachen  Warzen  bedeckte,  A'.  squarrosa  und  rugata^ 
einige  penm/clte,  N.  rugitufui.  Pritchardi  und  discors,  sowie  andere  ganz  glatte, 
thoiUveise  recht  bunt  gezeichnete,  wie  .V.  faba,  Smverbyana  (bis  ins  siidlichc 
japan)  und  avdlana,  endlich  die  kleine,  in  der  bunten  Zeichnung  mit  der  west- 
iiidiächen  virgima  wetteifernde  N.  Ualatunsis  oder  Mertoniana,  all  diese  auf  den 
Inseln  SOdost^Anens  oder  Polynesiens  zu  Hause;  an  <ter  Wesdcttrte  von  Mittel« 
Amerika  die  eigenthflrolich  gezeichnete  N.pieta,  mit  himmelblauen  ZickzackUnien 
und  braunrother  ColttmellarfMche.    Die  Untergattung  NerUotia  endlich,  beide 
Fortsätze  am  Deckel  plattgedrttckt,  enthält  die  grdsste  bekannte  Art,  N.  Mhs»t 
bis  53  Ccntim.  im  Durchmesser,  aus  dem  nördlichen  Celebes  und  den  Philippinen.  — 
Die  Ncritinen  sind  übrigens  nicht  reine  Süsswasscrbewohner,  schon  unsere  N.ßv- 
viatilis  lebt  auch  in  der  Ostsee  mit  Mytilns  t-dulis  und  Hydrobia  balHca  zusammen, 
N.  Sowerbyaihi  imd  Ualantnsis  in  Ost-Indien,  vir^inea,  put«i  und  rfilhmhi  in 
West-Indien   leben  auch  im  Meerwasscr  und  /.eigen  dort  mci  t  muc  dünnere 
Schalenhaut,  daher  stärkere  Zciciinung  an  frischen  Stücken,  als  im  süssen  \Vas>er. 
Es  giebt  aber  noch  eine  Reihe  kleiner,  schön  smaragdgrüner  Arten,  theils  ein- 
farbig, th.eils  mit  weisser  oder  dunkelbrauner  Zeichnung,  die  sich  auch  in  der 
Retbplatte  etwas  unterschndet  (Smaragäia^  Issel)  und  ausschliesslich  im  Meoe 
lebt,  namentlich  auf  Seegras  (Zostera)  und  ähnlichen  Me«r-Phanerogamen,  hier- 
her    viridis,  Lnnf£,  im  Mittelmeer  und  in  WestJndien,  N,  Rang^tna  im  rodien 
Meer  und  indischen  Ocean.  So  hän^n  die  Neritinen  enger  als  andere  Gattoagen 
von  Süsswassersch necken  mit  den  Meerschnecken  zusammen,  wie  sie  auch  am  m^'* 
reichsten  auf  Inseln  und  in  Küstenländern  sind,  in  Binnenlandern  dagegen  "cl 
weniger  zahlreich  imd  oft  gar  nicht  vorhanden.    Auch  fossil  reicht  die  Gaitting 
weiter  zurück  als  ar.dere  Susswasserconchylien,  nämlich   bis  in   den  l.ias  mit 
N.  iidsina,  die  der  lebenden  virginea  ähnlich  ist  und  wahrscliemlich  auch  i'H 
Brackwasser  lebte,  ebenso  wie  die  der  lebenden  crefidnlaria  ähnliche  .V.  tnxni- 
versa  aus  dem  weissen  jura.    Krst  in  den  Purbeckschichten  an  der  Grenze  TOT 
Jura  tmd  Kreide  tritt  mit  N.  Valdemis  eine  entschiedene  Süsswasserform  auf,  aber 
zur  Untergattung  Ciithon  gehörig,  die  jetzt  auch  nicht  mehr  in  Europa  vorkoninit 
Sehr  eigenthttmlich  ist  noch  die  grosse,  niedrig- kegelförmige  N,  StkmiieSt»»* 
6—8  Cenlim.,  mit  einer  schwieligen  Auflagerung  auf  einem  Theilder  Oberseile.  — 
Monographien  von  Sowerbt  1849^  Rbbvb  1855—56,  178  Arten,  und  v.  Maktehs 
in  der  neuen  Ausgabe  von  CHEMNITZ,  140  sichere  und  7a  unsiehete  Arten.    E.  v.K> 
Neritodryas,  s.  Neritina.    E.  v.  M. 


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Neritona  —  N«rvcnclcincnte. 


637 


Neritona,  s.  Neritina.     E.  v.  M. 

Neritopsis,  (gr.  vom  Aussehen  einer  Nerita),  Gratbloup  1832,  Meerschnecke 
ähnlich  Ncriia,  aber  mit  mehr  abgerundeter  Mündung,  ohne  den  scharfen  Innen- 
rand  luui  tlie  ebene  Columellartlache,  Schale  weiss  mit  gegitterter  Skulptur,  Deckel 
auch  kalkig,  halbkreisförmig  mit  breitem  Fortsatz  in  der  Mitte  des  geraden  Innen- 
randes. Was.  von  den  Weichiheilen  bekannt,  stimmt  auch  besser  mit  Nerita  als 
mit  Narica,  der  die  Schale  an  sich  ähnlicher  ist.  Eine  lebende  Art,  N.  radula^ 
\ä»»%  fast  nusBgross,  im  malaiischen  Archipel  und  Polynesien.  Fo6«l  mehrere 
Arten  in  Trias,  Jura»  Kreide  und  Tertiär.  Auch  die  Deckel  haben  sich  öfters 
erhalten  und  wurden  bald  für  Cephalopodenschnäbel,  bald  für  innere  Schalen  von 
Cephalopoden  oder  auch  für  Bradüopoden  gehalten  und  erhielten  eigene  Gattungs* 
namen  wie  Peliarion,  Scaphonidia  und  Cydidia.  P.FlSCHBR,  Journal  de  Conchyliologte 
Bd.  XXII  i874undXXIII  1875.  ZnTEi»  Handb.  derPalaeontologiell,  S. 203.  £. v.M. 

Nerodia,  Gray,  Unterabtheilung  von  TropUonotus.      Pi . 

Nerua.    Stamm  der  Dinka-Neger  im  Westen  des  Weissen  Nil.     v.  H. 

Neruiani,  s.  Narewianer.     v.  H. 

Nerusii.    Kleines  Alpenvolk  Galliens  in  der  Ciegend  von  Vence.     v.  H. 

Nerven  des  Gehirnes.  Wie  am  Rückenmark  die  Nerven  sich  paaiweise 
abzweigen,  so  gilt  ein  Gleiches  von  den  Himnerven.  Hier  verlassen  zwölf  Nerven* 
paare  die  untere  Fläche»  oft  bei  ihrem  Austritte  Verbreiteiungen  tnldend.  Mit 
Ausnahme  des  Riech-  und  Sehnerven  ent^ringen  alle  dem  Boden  der  vierten 
Hirnkammer.  Die  zwölf  Nerven  (d.  h.  Nervenpaare)  sind  folgende;  1.  Riechnerv 
(Nervus  o^aeUrim)\  entspringt  bei  dem  Riechhügel  (Tuker  olfaetorium),  zieht 
sich  am  vordem  Hirnlappen  entlang,  geht  zur  Siebplatte  und  bildet  dort  den 
Riechkolben  (Bulbus  olfactorius).  2.  Sehnerv  (N.  opticus)  entspringt  am  Aquaeductus 
Syhii,  bildet  an  der  Hirnbasis  die  Kreuzung  (C/iiasma  nervorum  opticprum)  und 
tritt  durch  das  Sehlocti  des  Keilbeins  in  die  Augenhöhle.  3.  Ciemeinschaftlicher 
Augenmuskelnerv  (N.  ocuhmotorius) ,  4.  Rollnerv  (N'.  troclilcaiis)  und  6.  Aeussercr 
Augenmuskelnerv  (N.  abduuns)  sind  Bewegungsnerven  und  gehen  /u  den  Muskeln 
der  Augenregion.  5.  Dreigetheilter  Nerv  (N.  trigeminusji  hat  eine  sensible  und 
eine  motorische  Wurzel  und  theik  sich  in  drei  Aeste  (JSmuu  ü^habttitus,  supra^ 
mßxiüaris,  htfranMxiliaris)»  7.  Antlitznerv  (N.  facialis),  ist  motorisch  und  innervirt 
die  Gesichtsmuskeln.  8,  Gehörnerv  (N,  QCustkm)  gelangt  durch  den  innem  Gehör» 
gang  in  das  Felsenbein.  9.  Zungenschlundkopfnerv  (N,  ghssopharyngtus),  ge- 
mischter Nerv.  10.  Herumschweifender  oder  Lungen-Magennerv  (N.  vagus),  ist 
ein  gemischter  Nerv,  innervirt  die  Schleimhaut  und  Muskulatur  des  Rachens  und 
Kehlkoi)fes  und  giebt  Zweige  ah  an  die  Lungen,  das  Her;^  und  den  Magen. 
II.  Beiiier\  (A^.  accessorius),  innervirt  die  Kappcnmuskeln.  12.  Zungenfleischnerv 
^A.  hypof^foi^u'i)  innervirt  die  Zungennuiskcln.  I). 

Nervenelemente.  In  den  Nervengeweben  hat  man  /woiciiei  Klcmente  zu 
unterscheiden;  die  Nervenfasern  und  uie  Neivcn-  oder  Ganglienzellen.  Der 
Nervenfaser  kommen  ihrer  Natur  nach  drei  Theile  zu.    Nämlich  eine  feine 

« 

BindegewebshOlle,  die  ScHWAMM*sche  Scheide  (Primitivschetde,  NeurUmm);  ein 
in  der  Achse  der  Nervenfaser  gelegener  Faden,  der  Achsencjrlinder,  und  drittens 
das  den  letzteren  dnschliessende  Nervenmark  (Markscheide).  Von  diesen  Theilen 
wird  der  Achsenqrlinder  als  der  wichtigste  und  allein  unentbehrliche  Bestandtheil 

angesehen.  Während'  bei  den  verschiedenen  Nervenarten  der  eine  oder  der 
andere  Theil  fehlen  kann,  ist  der  Achsencylinder  stets  vorhanden«  Die  Schwann'» 
sehe  Scheide  lässt  sieb  nach  Entfernung  des  Nervenmarkes  als  eine  aus  elastischer 


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I 


638  Nervenendigung. 

Substanz  bestehende  Membran  erkennen.   Dieselbe  kann  besonders  bei  niedeten 
Wirliehhtcrcn  rcicbl-ich  oblonge  Kerne  führen.    Von  Strecke  /u  Strecke  zeigt  die 
.Sdu-ido  hrigformigc  !*jn-iclituirutij:;en  (RANViKR'sche  KinschmininijcnV    An  diesen 
Stellen  fehlt  das  Nerv inninrk  und  die  eingeschnürte  Scheide  reicht  lti^  in  die 
Nähe  des  Achsencylindcrs.    Zwischen  zwei  solchen  Ringen  besitzt  die  Nerven 
fasor  einen  Kern,  so  dass  ein  solches  Stück  einer  Zelle  äquivalent  ist.  Der 
Adiscncylinder  ist  an  frischen  l^exvtn  nicht  sichtbar,  wird  aber  leicht  kenntfich 
durch  verschiedene  Reagentien.  Er  ist  nicht  ein  solider  Strang,  sondern  bcstebt 
aus  einem  Bttndel  vieler  fernster  Fäserchen»  den  PrimitivfibriUen  oder  Achsni- 
librillen,  zwischen  welchen  eine  feinkdmige  Masse  vertheilt  ist.  Die  Maritscheide 
ist  im  frischen  Zustande  homoL,'en,  stark  lichtbrechend  und  von  flüssiger  Condsteiu. 
Beim  Abstcrheii  der  Fasern  /jchi  sich  das  Mark  von  der  Hülle  surfick,  so  dan 
die  Faser  doppelt  rontourirt  erscheint.    nicjcnir:^en  Nervenfasern,  welche  die  er- 
Nvühntcn  'l'hcilc,  d.  h.  auch  das  Mnrk  besitaten,  nennt  man  maikhalti.^e  F.-iscni. 
Ihnen  stehen  gegeniiber  die  blassen,  m.irklosen  (RhNfAK'scIic  Fasern"^,  welchen  eine 
Markscheide  abgeht  und  bei  denen  der  Achscncyünder  von  einem,  Kerne  ent- 
haltenden Neurilemm  umschlossen  wird.    Sie  finden  sich  im  Nervus  sympathuus, 
im  Genichsnerv,  ausserdem  gehören  hierher  alle  Nerven      embryonden  Statfien 
und  die  Nerven  von  wirbellosen  Thieren.  Die  Nervenfasern  können  aber  auch 
als  sogen,  nackte  Achsencyltnder,  als  BOndel  von  Primitivfibrillen,  auftreten.  Dort, 
wo  die  Endausbreitung  der  NervenGiser  ist^  kann  sich  der  Achsencylinder  in  die 
PrimitivfibriUen  auflösen,  welche  dann  selbständig  als  feinste  NervenQtserchen  ver« 
laufen.    Auch  finden  sie  sich  in  der  grauen  Substanz  des  Gehirnes  und  Rücken-  > 
markes  als  zarte  .Ausläufer  von  Gan.^h'enfortsätzen.  —  Die  Ganglien zellen  sind  I 
nervöse  Zellen,  welche  sich  nls  die  physiologischen  Centra  für  die  Nerventhätig- 
keit  zu  er  keimen  j^eben,  während  die  Nervenfasern  nur  als  Leunnf^swei^e  dienen.  ' 
Die  (]ani,dien/ellcn  sind  von  kuf.'eliper  CSestalt  und  mit  einem  grossen  Kern  vcr-  | 
sehen.    Zn  ilirem  Innern  enthaiien  sie  zahlreiche  Fett   und  Pigmentkomchcn; 
der  Zcllkörper  ist  von  feinfaserigem  Gefüge;  eine  besondere  Zellmembran  fehlt 
ihnen.  Bisweilen  Hegen  die  Zellen  in  einer  bindegewebigen  Kapsel,  deren  Innen* 
Häche  mit  einem  satten  Plattenepithel  (Endothel)  ausgekleidet  ist.   Nach  dem 
Vorhandensein  oder  Fehlen  oder  der  Anzahl  der  Auslituier  der  Zelle  nennt  mso 
die  Ganglienzellen  apolare.  unt-,  bi«  und  multipolare.  Die  Ausünfer  dienen  cnt' 
«cder  dazu,  die  Verbindung  unter  den  einzelnen  benachbarten  Zellen  henustelleiih 
oder  sie  sind  die  Ursprungsstellen  der  Achsencylinder  der  Nervenfasern,  welche 
von  ihnen  av^scrrben   -  P 

Nervenendigung.  Die  Frage  nach  der  Endigung  der  Nerven  in  den  ver- 
schiedenen andern  Gewebseiemen ten  hat  von  jeher  ein  lebhaftes  Interesse  enveckt, 
nicht  nur  bei  den  Morjjhologen,  sondern  auch  bei  den  Physiologen.  Wenige  histo« 
logische  Fragen  leisten  jedoch  der  Untersuchung  einen  gleiciien  VViderstand.  Dahtf 
sind  unsere  Kenntnisse  Uber  den  Gq^enstand  ganz  attsserordenifieh  Iflckenhaft. 
digung  motorischer  Nerven  tn  den  qu e rgestreiften  Muskeln.  Der  Nerv  doitfi- 
bricht  das  Sarkolemm  des  Muskds,  wobei  das  Neurilemm  der  Nerven  continair' 
lieh  in  das  Sarkolemm  des  Muskelfaser  flbergeht  Unter  dem  letztem  liegt  ^ 
Nervenendplatte  (oder  der  Nervenhflgel),  eine  feinkörnige  protoplasmatische  Masse 
mit  Kernen.  In  diese  setzt  sich  der  Axencylinder  unter  geweihartiger  Verästelung 
fort,  während  das  Nervenmark  aufhört.  Die  N'er^stelungen  sollen  dann  feinste 
Fibrillen  abgeben,  welche  sich  durch  die  ganze  Muskelfaser  hinziehen.  —  Kndi- 
gung  in  glatten  Muskelfasern.   Theils  markhaltige,  theils  marklose  Nerven-  , 


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stämmchen,  mit  Ganglienzellen  versehen,  bilden  in  dem  die  glatte  Muskulatur 
bedeckenden  Bindegewebe  ein  weitmascliiqfs  Geflecht  (Grundplexus).  Aus  diesen 
Nervenfasern  geht  ein  zweites  Netz  (intermediärer  Plexus)  mit  Kernen  in  den 
Knotenpunkten  hervor,  den  Muskelsctiichten  unmittelbar  anliegend.  Die  aus 
diesem  Net/.  ]ier\ orgehenden  Faserrlien  vcibmden  sich  nochmals  nct/.artif  (inter- 
musculurer  Tlexus)  und  geben  scliiesslich  starre  Fibrillen  von  grosster  i  einlteit 
ab.  Die  Fltmllen  dringen  in  den  Muskelkem  und  endigen  im  Kemkürperchen. 
—  Endigung  der  Nerven  in  d<ai  Drüsen.  Diese  Flage  wurde  vor  längerer  Zeit 
zuerst  von  PptOCKR  studiert  Derselbe  kam  m  dem  Resultatp  dass  die  Nerven* 
lüden  sich  direct  mit  den  Drilsenxellen  verbinden,  indem  sie  nach  Durchbrechtmg 
der  Membran»  propria  in  die  Drtisenzellen  dringen.  Er  stellte  seine  bekannten 
Untersuchungen  an  den  Speicheldrüsen,  dem  Pamreas  und  der  Leber  an.  Diese 
Angaben  wurden  jedoch  von  den  meisten  Forschern  in  Zweifel  gezogen  und  trotz 
vielfacher  l'enuiluingen  ist  es  htsher  nicht  gehingen,  eine  befriedigende  Antwort 
/u  geben,  sodass  vielfach  die  \  erniutung  aufgeslellt  ist,  die  Nerven  ständen  nicht 
in  dirccler  V'erbindunt;  mit  den  Drüsen.  —  Kndigungsweise  der  sensiblen 
Nerven.  Die  Nervenendigung  m  der  l'cnphcrie  des  Körpers  kann  in  zweitacher 
Weise  geschehen.  Einmal  endigen  die  sensiblen  Nerven  mit  besondem  End- 
gebilden, andererseits  mit  freiem  Ausläufern.  Zu  den  ersten  geliören  die  Vatcr^ 
sehen  oder  PACtNi'schen  Körperchen,  die  MsissNER'schen  Tastkörperchen  und  die 
KRAUSE*8chen  Endkolben.  Die  erstgenannten  bilden  eine  eiförmige  Btndegewebs- 
Kapsel,  welche  aus  vielen  zwiebclartig  in  einander  geschachtelten  Blndgewcbs- 
hiillen  besteht  und  in  der  Mitte  einen  Kolben  einschlicsst.  Beim  Eintritt  der 
markhaltigcn  Nervenfaser  geht  die  S(  iiWANN'sche  Scheide  in  die  Kapselhtillc  über, 
während  das  Mark  aufhört.  Der  .Axencylindt-r  'vctzt  sich  durch  den  Kolben  fort 
und  endigt  liier  ver/weigt.  Die  so  gestalteten  Kör[>erchen  kommen  vor  allem  in 
der  Hand-  und  l'"iisstUu;]ie  vor.  Die  Meissner'sclien  Tastkuiperchen  liegen  in  den 
Papillen  der  Lederhaul,  besonders  in  der  innern  Haiuiilactie  und  in  der  Fusssohle. 
Sie  sind  ellipsoid  gestaltet  und  bestehen  aus  einer  homogenen  Kapsel  mit  weichem, 
feinkörnigem  Inhalt  und  länglichen,  quergestellten  Kernen.  Die  Nervenfasern,  von 
denen  mehrere  herantreten,  umranken  das  Körperchen  und  dringen  in  das  Innere 
ein.  Die  Art  der  Endigung  im  Innern  ist  zweifelhaft.  Die  KRAUSs'schen  End- 
kolben  gleichen  PACiNi'schcn  Körperchen,  denen  ihre  HUlle  genommen  ist.  Man 
kennt  sie  aus  den  Schleimhäuten  des  Mundes  tmd  der  Zunge,  des  Penis,  der 
Cliloris  u.  s.  w.  Aus.ser  den  angeführten  giebt  es  noch  mancherlei  andere  Arten 
von  Kndgebilden  der  sensiblen  Nerven  bei  den  verschiedenen  Thiergruppen  und 
in  den  verschiedenen  Körperregionen.  —  Wenig  ist  es  bis  jetzt  bekannt,  in  wclrlier 
Weise  die  nicht  mit  Terminalkörpcrchen  versehenen  sensiblen  Nerven,  also  die 
im  Epithel  frei  auslaufenden  Nervenßiden,  endigen.  Einerseits  hat  man  terminale 
Geflechte  feiner  Fasern  beobachtet,  ferner  wird  von  andern  Beobachtern  behauptet, 
die  Nervenfasern  endigen  in  Kemkörperchen  und  von  dritter  Seite  wird  eine 
Verbindung  der  Fasern  mit  bestimmten»  dem  Epithel  eingelagerten  Zellen  an- 
genommen. D. 

Nervengewebe,  Chemie  des.  Die  chemische  Zusammensetzung  des  Nerven- 
gewebes ist  flir  die  graue  und  weisse  Substanz  etwas  verschieden.  Die  graue 
Substanz  erscheint  wasserreicher  (85 und  ist  in  Folge  des  Gehalts  an  freier 

Milchsäure  von  saurer  Reaction,  die  weisse  Substanz  ist  wasserarmer  (Gs;j"  und 
von  alkalischer  oder  neutraler  Reaction.  Als  gemeinsame  cheinisclic  Hesiand- 
theile  derselben  ergeben  sich:   i.  eine  grössere  Anzahl  von  Eiwcissstoflea  und 


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640  Ncnrenkiile. 

deren  AblcömmUngen,  Alhiimrn,  ein  Myosin-ähnlichcr  Körjier,  NucleTn,  eine  dem 
Klastin  ähnliche  Substanz,  Collagen,  dant\  als  mehr  spccihschc  ( lch:rnbestandtheile 
eiweissartiger  Natur  das  Cerebrin  und  Lecithin  nebst  dessen  Zersci/un^sprodukten 
fettartiger  Besch artcnheit  ((il) ccrinphosphorsäure,  Oleojjiiosjihorsaure  etc.),  l'ro- 
tagon  (?),  dann  das  Neurokeratin,  weiterhin  als  Trodukte  der  regressiven  Meta- 
morjthose  der  Eiweisskörper  Hypoxandiin  und  Xintfun,  Kieadn,  Harasiare  and 
Harnstofl;  a.  Fette  und  Fettsäuren  nebst  deren  Verwandten,  also  Palroitinsäuri^ 
Milchsäure,  Cholesterin,  flüchtige  Fettsäuren  etc.;  3.  anoiganiscbe  Bestandthdlc^ 
unter  denen  wieder  Kalium  in  den  Vordergrund  tritt,  daneben  aber  noch  Phosphor- 
säure,  Schwefelsäure,  Kieselsäure,  Chlor  und  Fluor  tn  Verbindung  mit  den  Alkali- 
und  Erdalkalimetallen.  -  (  >]  ne  hier  auf  die  einzelnen  Bestandtheile,  die  ja  in 
besonderen  Artikeln  abgehandelt  werden,  eingehen  zu  wollen,  sei  bemerkt,  dass 
in  der  tTnuicn  Sulistan?!  der  trockne  Rückstand  niehr  als  zur  Hälfte  aus  Kiwetsv 
koi[)orn  und  nur  /u  einem  \'icrtheil  aus  Cholesterin  und  Fetten  besteht;  in  der 
w  eissen  Substanz  dagegen  wird  melir  als  die  Hälfte  der  festen  Bestandtheile  aus 
Ciiolesterin  und  Fetten  gebildet,  waiirend  die  Kiweisskurper  nur  etwa  ein  \  ier* 
tlieil  ausmachen.  Lecithin  herrscht  in  der  grauen,  Cerebrin  in  der  weissen  Sub* 
stanz  vor.  Das  Neurokeratin  ist  vorwiegender  Bestandtheil  der  wdssen  Subataai. 
Nach  Petrowskv's  Untersuchungen  des  Ochsenbims  enthalten  100  Theile  der 
getrockneten  Masse 

in  der  grauen  Substaoi    in  der  weissen  SabMut 

Albuminstoffc  und  (Ihitin   55.37  24, 7*5 

Lecithin   17124  9,904 

Cholesterin   18,68  5^,909 

Cerebrin   0,53  9,547 

in  wasserfreiem  Aether  unlösliche  Substans  6,71  3*34> 

Die  im  N.  enthattentti  Aschenbestandthdle  gleichen  denjenigen  anderer 
Gewebe;  der  am  reichlichsten  darin  enthaltene  ist  das  Chlorkaltum;  neben  ihm 
führt  die  Asche  auch  viel  Phosphorsttur^  dieselbe  stammt  indessen  grossentheils 
aus  der  Verbrennung  des  Phosphors  im  I^cttfain  und  Nudeln.  —  Ob  mit  der 
'Fhätigkeit  des  Nervensystems  eingreifendere  Veränderungen  in  der  chemischen 
Zusammensetzung  des  Gewebes  Hand  in  Hand  gehen,  ist  nicht  sicher  erwiesen. 
Vielfach  wird  von  Abnahme  der  alkalischen  resp.  Zunahme  der  sauren  Reaction 
in  den»  ''n<>f  ti'Miirenden  N.  in  Folge  von  Säurebildung  gosprorhen.  S. 

Nervenleiste,  -robr,  s.  Nervensystementwicklung.  Grbch. 


1  )ruckfehlerberichtitjfung. 

S.  321,  15.  Zeile  V.  u.  lies  »Schambeinen«  anstatt  Schienbeinen,  ij.  Z.  v.  u.  •gerunxeller*  an« 

sUltt  geringelter; 
S.  33s,  18.  Zeile  V.  u.  Ites  •/ftANMAKTnabr«  anstatt  Mmitoridäf: 
S.  323,  I.  Zeile  v.  o.  lies  «natural  histinj  of  the  manunali«« ; 

^•333»  s$.  Zeile  v.  o.  lies  >  Eckzähne  *  «ntiatt  BachzKhne,  9J,  11.  3s.  Z.  «Queijodie«  snsUtt 

Qitenälme. 


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