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Full text of "Die Kontinuität des Keimplasmas als Grundlage einer Theorie der Vererbung"

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Die Kontinuität 
des 

Keimplasmas 
als Grundlage 
einer ... 




1 



August Weismann 



DIE 



KOITUiyiTAT DES KEillPLASMAS 



-■:;;5ii"' 1':;:- 



ALS GRÜNDLAGE EINER 

IH£ORI£ DER YERfiRBUMG. 



EIN VORTRAG 

VON 

DR- AUGUST |WEISMANN, 



ZWEITE AUFLAGE. 



JBKA. 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 

1892. 



Vor la^^ von Gustti v Fisclier in Jena. 

"WAIftfYlflTin ^ A^Sm Professor der Zoologie an der Universität Preibnrg i. Br., 

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ftwtiteu allg«iiidneB »ititing der 54. VwsammlnoK deataeber NatairfinnMber «nd A«nto 
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PelagiMheii Fauna uud tlutu. 1881. Preis: 2 Mark 



Digitizc^' 1^' ( n(KioIc 



DIE 

CONTINUITiT DES KEIMPLASMAS 

ALS GRUNDLAGE £1N£R 

THEüßlE DEÜ \EßEßßLXa. 



EIN VORTRAG 

VON 

DR. AU6UST WEISMANN, 



ZWEITE AUFLAGE. 



JENA. 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 

1892. 



VOKWOßT. 



Sie in der voiliegenden Schrift entwickelten Gedanken Warden 
zuerst in vergangenem "Winter in einer vor Studirenden der hiesigen 
Universität abjchaltenen Vorlesung ausgesprochen und bald darauf, 
d. h. im iebiuar und Anfang März, in ihrer jetzigen Form 
niedergeschrieben. Ich erwähne dies, weil man ohne Kemilmss 
dieses Umstandes vielleicht geneigt scdn künnte, mir eine etwas 
ongldche Berttdisiclitigung der neuesten Schriften fther verwandte 
Fragen vorzuwerfen. So erhielt ich die Schrift von Oscar Hert- 
wig: „Zur Theorie der Vererbung", erst nach dem Niederschreiben 
meiner Arbeit, und ich habe dcsshalb weniger Bezug auf sie nehmen 
können, als es sonst wohl geschehen wäre. Auch der Aufsatz von 
EöUiker über „Die Bedeutung der Zellkerne für die Vorgange 
der Vererbung'' erschien erst nach Vollendung meines Maniiscriptes. 
Die sachliche Behandlung der betreffenden Fragen ist indessen 
durch diesen Umstand nicht berfOirt worden, da ich mich in dem 
wesentlichsten Punkt, der Bedeutung des Kerns, mit den beiden 
genannten Forschern in üebereinstimraung befinde, solche Punkte 
aber, in denen meine Auffassung nicht mit der ihrigen zusamiueu- 
trifft, durch Kinschaltungeu noch zur Sprache gebracht werden 
konnten. 

Frei bürg i. Br., den 16. Juni 1885. 

Ber Terfksser. 



Weittmaun, Die Coutiiinit4i des Keimjj^lAsmas. 1 



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INHALTSÜBERSICHT. 



Seite 

Einleitong 7 

1. Bej^riff des Keiiiiplasmas . 18 

Historische Entwicklung der Ansicht von der LocalLsation 

des Kciniplasnms im Kern 21 

Das ., Iclioplasma" Nägeli's ist nicht identisch mit meinem 

„Keimplasiiia" . • * • 

Eine lUickver Wandlung von soitiatischom Idioplasma zu 
Iv\'im-Idiüplasniii findet nicht statt -^0 

Bestätigung^ der Bodeutuntr der Kernsubstan/ durch Kc - 
generationsversuche von Nussbaum und Gruber an In - 
fusorien '^2 

Das Nucl e 0 )) 1 asma verändert sich geseticniiissig wahrend der 
Ontogenese :>j 

Die von Strashiirger angenomuiene Identität der Tochter - \ 
kerne bei der indirekten Kerntheihing kein Postulat der Theorie 34 

Allmälige Abnahme der ('omplicirtheit der Kernstructur 



wahrenu der Ontogenese 40 

Nägel i 's Ansicht von den ..Anlagen" im Idioplasma 41 

Wie entstehen Keimzellen aus somatischen Zellen 44 

per B (■ gr i t't" der .,enibryonalen'' Zellen im fertigen Organlsnuis 47 
Die WahrscheiidicliKeitsrechnung spricht gegen die Ilückverwand - 
Iniig somatischen Idioplasmas^ iii Keimplasma . . . . . . . 49 

Phylogenetisclie Hegriuidung der Ansicht vom Kreislauf des 
Idimdasmas durch Nilgeli . • • • • • • • ■ • • • • • • • 

Die Keimzellen sind phylogenetisch ni<ht :im Knde der Ontg - " 

genese entstttntlen 53 

Sie entstandeii am Anfang, spater aber traten Verschiebungen ein •")7 
Eine (Kontinuität der Keimzellen besteht heute meistens nicht 

mehr 

"Wohl aber eine Continuität des KeiTiiplasmas ...... 62 

Strasburger 's Einwurf gegen meine Annahme von der Ver - 
Sendung des Keimplasmas aut' bestimmten NVegeu. ..... 62 

Der Zell kor per kann unverändert bleiben bei Veränderung des 

Keraa 64 

Denkbar, dass allen somatischen Kernen Keimplasnia bei - 
gemengt wäre Gl» 

1* 



— 6 — 

11. l)ie Bedeutung der RichtunfrskörpeTcheii 67 
Die Eüselle enthält zweierlei Idioptasma, Keimpiasma und histo- 

genes Plasma ..................... 68 

Die Ausstossung der KichtungskOrper bedeutet die Entfernung 

des bistopeneiQ Fhusmas . . . 7 61) 

I>i<^ndoni rheorioii über die JV-dentnn^ der l^iclitungskörper 70 

Vorkoninien der lüchtungskönter . . . . . Td 

(iibt es solche bei den iiiiUinriclien Keimzellen 75 

Zweierlei Keninlasnien auch in der Samenzelle 75 

Nachweis von Jiichtun^skurpern bei rflanzen 79 

Mor])holo^^ischc Wurzel der l{ichtungi>körper 80 



III. lieber Wesen der Parthenogenese HS 

Gleiche Vorganj^e der Kireit'uns bei partbeno^ienetischer und 

sexualer Entwicklung . S4 
Der Unterschied zwischen partbenogenetiscbeu und Sexual - 

eiern niuss in ({uauti tativen VerbiUtnissen liegen . ... 85 

Die Quantität des Keimplasmas ini EikeiTi entscheidet. . . 89 
Die AusstOBSung der Ilichtungskörper beruht aut dem Gegen - 

satz zwischen ovfjgenen und Keimplasma . i*0 

Die Hetruclitung wirkt nicht dynamisch ^ 

Ungenügende Menge von Keimpiasma fuhrt zum Stillstand 

<l«Tr Mntwicklung ••••••• . . . 98 

Verbaltniss des Keras zur Zelle 94 

Die Bienen bilden keiueu Kinwui'f gegen meine Theorie ... 95 

Strasburger's Ansicht von der Parthenogenese ^ 

Parthenogenese beruht nicht auf l)esserer Erm^^^ . . 101 
Die indirekt e n I ^ r s a c b e n der geschlechtlichen od& par - 

thenogenetischen Fortpflanzung . . . 102 

Die direkten Ursachen 105 

Erklärung der Bildung von Nährzellen 106 

Identit-iit des Kt'iiiipla'^in;i< in wHiMich^'u und männlichen Keim - 

Zellen Hl 

yachschrlft 112 



d ' o' 



EINLEITUNG. 



Wenn wir sehen, wie bei den höheren Organismen sieh 
4tie kleinsten Einzelheiten des Baues, der körperlidien und 
geistigeu Anlagen von der einen auf die andere Generation 
vererben, wenn wir bei allen Thier- und Pflanzenarten die 
tamendeilM charakteristischen BanveriiUtnisse un?erandert 
durch lange Oenerationsreihen hindurch sich fortsetzen, ja sie 
in manchen Fällen durch eine ganze geologische Periode hin- 
durch unverändert fortbestehen sehen, so fragen wir wohl mit 
Recht nach den Ursachen einer so aiitfallenileu Erscheinung, 
wir fragen, wie Solches möglich ist, wodurch das Individuum 
im Stande ist, seinen eignen Bau mit solcher Genauigkeit auf 
die Nachkommen zu übertragen. Und wenn die nächste Ant- 
wort darauf lautet: eine Zelle aus den Millionen der ver- 
schiedenartigst dit^'erenzirten Zellen, welche den K(>ri)er zu- 
sammensetzen, sondert sich als Fortptlanzungszelle ab, löst 
sich vom Organisnuis los und besitzt die Fähigkeit, alb* Eigen- 
thinnlichkeiten des gesaniniten Körpers in dem neuen Indi^^- 
duuiii wieder erstelion zu lassen, welrlics durch Zelltheilung 
und complicirteste Diflferenzirung aus ihr hervorwächst, so folgt 
die präcisere Frage: wie kommt die einzelne Zelle dazu, das 
Oanze mit .,Portrait-Aeluilichkeit" reproduciren zu können? 

Die Antwort ist schwer, und manche Versuche, das 
Bäthsel zu lösen, sind gemacht worden; keiner aber hat die 



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Lösung irebracht oder kann auch nur als der Äufang einer 
Lösung, als die sichere Basis betrachtet werden, auf welcher 
der Zukunft die vollständige Lösung gelingen nmss. Weder 
Häckei's^) Peiigenesis der Piastidule, noch Darwin's^) 
Pangenesis kann als eine solche angesehen werden. Die 
erstere beschäftigt sich eigentlich tiberhaunt nicht mit dem 
Theil des Frol)leras, welches hier in den Vordeigrund gestellt 
ist, mit der Erklärung der Thatsache, dass die Vererbungs- 
tendenzen sich in einzelnen Zellen zusammenfindeD» 
sondern mehr mit der Frage, in welcher Form man sich die 
Uebertragimg einer bestimmten Entwiddungsriiditung in die 
Fortpflanzungszelle und von dieser weiter auf den daraus 
hervorgehenden Organismus zu denken habe. Ebenso auch 
His^), der die Vererbung mit Hächel als eine Uebertragung 
bestimmter BewegungsvorgSnge ansieht D a r w i n ' s Hypothese 
dagegen nimmt allerdings gerade das Grundproblem in Angriiff, 
begnügt sich aber damit, eine gewissmuaassen „provisorische** » 
d. h. eine rein formale Lösung desBelben zu geben, die aus- 
gesprochnermaassen gar nicht den Ani^ruch macht, die wirk- 
lichen Vorgänge an&udeeken, vielmehr nur dai, alle Er- 
scheinungen der Vererbung von einem Gesichtspunkt zu über- 
sehen. Dieses Ziel hat sie erreicht, und ich erlaube, sie hat 
unbewusst noch mehr geleistet, imivm die consequente Durch- 
iühnang ihres Princips gezeigt hat, dass tiie wirklichen 
Ui*sachen der Vererbung nicht in einer „Keimchenbilduug* 
von Seiten der Körperzellen, oder in irp:eini\vie verwandten 
Vorgängen liegen können. Die Unwaln scheinliclikeiten, zu 
welchen jede solche Theorie ftlhren nius^, .^ind so gross, dass 
wir mit Bestimmtheit saireii können: so kann es nicht sein. 
Audi der durchdacht« und geistreiche Vei^uch von Brooks ^);^ 

1) Häckel, jjUebtr die Wellenseugung der Ltibeustbeilchen etc.*' 
Berlin 1876. 

2) Darwin, „Das Varüien der Thiere ond Pflanzen etc." Bd. JL 
Stuttgart 187a. 

>) His, »Unsre Körperfom ele." Leipzig 1875. 
*) Brooks, „The law of heredity". Baltimore 1888. 



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— d - 



die Pangenesis - Theorie tiiiizugestalten , kann doch auch dem 
Vorwiiii nicht entziehen, dass er mit Möglichkeiten operirt, 
die man wohl sicher als Unwahrscheinlichkeiten bez^dmea 
darf. Wenn ich aber auch der Ansicht Inn, dass die ganze 
Grundlage der PangeueBis- Theorie, mag sie nie immer um- 
gestaltet werden, aufgegeben werden muss, so halte ieh 
dennoch ihre Aufstellung für ein Verdienst, für einen jener 
Umwep:e, welche die Wissenschaft machen musste, um znr 
Wahrheit zu gelangen. Sie . ist das letzte Aufleuchten jener 
ältesten Vererbungstbeorie des Demokrit, nach welcher der 
Same von den sämmtlicfaen Theilen der Körper beider Zeugen- 
den ausgeschieden und belebt wird durch eine körperliche 
Kraft, nach welcher der Same jedes Körpertheils diesen Theil 
wiedererzeugt 

Wenn es nun aber nach unsem heutigen physiologischen 
und morphologischen Vorstellungen undenkbar ist, dass von 
jeder Zelle des Organismus „Keimchen" abg^eben werden, 
die sich zu jeder Zeit Überall im Körper finden, sich in den 
Geschlechtszdlen ansammeln, und die nun die Fähigkeit 
besitzen, in bestimmter Reihenfolge wieder zu den verschie- 
denen Zellen des Organismus zu werden, so dass jede Ge- 
schlechtszelle ein Abbild des elterlichen Körpers zu liefern 
im Stande ist, bu iiii^i es sich, in welch andrer Weise liiaii 
eine Gnmdla^e für die Begreiflichkeit der Vererbunsr schaffen 
kann. Ich habe es hier nicht mit der ganzen Vererbungs- 



Die Gallo Irschen Trausfusions- Versuche au iianiuchen haben 
itixwisehen den förmlichen Beweis geliefert, dass DarwinU Keimcben 
nicht in WirUicbkeit existiren. Roth meint «war, dass Darwin ja nie 
behauptet habe, dass seine „Keimdien die Blntbahn benutzen", allein es 
lässt sich einerseits nicht absehen, wamm — da sie ja doch fortwährend 
durch den Körper kreisen sollen — sie die günstige ndegenhoit der 
Blutbaliii nitht honutzon sollten, und andrerseits lässt sich auch nicht 
einsehen, wie sie es an&ngen sollten, um die Blutbahn zu vermeiden. 
Darwin hat sehr wdae geliandelt, wenn er sidi auf niOiere Einzelheiten 
Uber die Bahnen, in weichen seine Keimchen kreisen, gar nicht einUess. 
Er gilb seine Hypothese als dn formales ErUirungspnncip, nicht als 
ein reales. 



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— 10 — 



frage zu thun, ßomierii immer mn mit der einen, aber 
fundamentalen Fracre: wio km mit eine einzelne Zelle des 
Körpers dazu, die SHiniiitlieheu Vererl)iini>stenden£en des iie- 
Ramniten Oi^aiiisnius in s<ich zu vereinigen? Die weitere 
Frage, durch welche Kräfte, welchen Mechanismus diese 
Tendenzen beim Aufbau des neuen ÜrganiBirms zui- Ential- 
tunp kommen, lasse ich hier ganz aus dem bpiel. Aus diesem 
Grunde sehe ich auch zunäjchst noch ganz von den AnBicbten 
Nage Ii 's ab, die in letzter Beziehung ohne Zweifel eine 
hohe Bedeutung beanspruchen könuen, während aie jene 
rundamentalfrage nur leieht berühren, wie Bjp&ter 20 »igen 
aein wird. 

Wenn es nun nicht möglieh ist, dass die Keimzelle ge- 
wissermaassen ein „Extract des ganzen Körpers ist'', dass 
<lie flAmmtiieben Zellen des Onganismus Theilchen den Keim- 
zellen zusenden, dweh die dieselbe ihre Vererfoungskrait 
erlangen, so gibt ee, wie mir sebeinti überhaupt nur noeh 
zwei phyaiologifleh denkbare MOgliehkeiten, wie Keimzellen 
yon flolehen Eigenschaften, wie wir sie an ihnen kennen, enir 
stehen könnten; entweder die Substanz der elterlichen Keim- 
zelle besitzt die Fähigkeit, einen Kreiahuif von Veränderungen 
duiehzumachen, welehe durch den Aufbau des neu^ lodiiri- 
duums hindurch wieder zu identischen Keimzellen fhhrt, oüet 
die Keimzellen entstehen in ihrer wesentlichen und be- 
stimmenden Substanz Oberhaupt nicht aus dem Körper 
des Individuums, sondern direkt aus der elter- 
lichen Keimzelle. 

Ich halte die letztere Ansicht für die richtige, habe sie 
seit einer Reihe von Jahren aufgestellt und in verschiedenen 
Sehrilten zu vertheidigen und weiter zu führen versucht; ich 
möchte sie als die Theorie von der „Continuität des 
Keimplasiiias " bezeichnen, da sie auf der Voi-stelhm^ 
beruht, dass die Vererlmng dadurch zu Staude kommt, dass 
ein {^toff von bestimmter chemischer und besonders molekü- 
larei Bf^srhaffenheit von einer Generation auf die andere sich 
tibertri^ct. Ich nannte diesen Stoff „Keimplasuia", schneb 



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— 11 - 



ihm eine überaus coniplicirte feinste Structur zu als Ursache 
seiner Fähigkeit, sich zu einem complicirten Organismus zu 
entwickeln, und suchte die Vererbung dadurch zu erklären, 
dass hei jeder Ontogenese ein Theil des specifischen „Keim- 
plasmas", welches die elterliche Eizelle enthält, nieht ver- 
braueht wird heim Aufbau des kindlichen Organismus, sondern 
nnver&ndert reservirt bleibt für die Bildung der Keimzellen 
der folgenden Generation. 

Eb ist klar, dass diese Vorskelinng Ton der Entstehnng 
der Keimzellen die Erseheinnng der Vererbung sehr elnfadi 
insoweit erklärt, als sie dieselbe auf Wachsthum zurückführt; 
auf die Grunderseheinung alles Lebens, auf die Assimilation. 
Sobald die Keimzellen der aufeinander folgenden Generationen 
in direkter unmittelbarer Gontinuitit stdien, also gewisser- . 
maassen nur verschiedne Stocke derselben Substanz sind, 
müssen oder können sie auch diesdbe Molekülaistmctur 
besitzen und w^en deshalb unter bestimmten Entwieklungs- 
bedingungen auch genau dieselben Stadien durcblaufen, das- 
selbe Endprodukt liefern müssen. Die Annahme einer 
Coutiiiuität des Kcimplasmas, indem sie einen identischen 
Ausganprspunkt für die aus einander hervorgehenden Geuera- 
tioiien lierhtellt, erklärt somit, warum aus ihnen allen ein 
identisches Produkt hervorgeht, mit andern Worten, sie erklärt 
die Vererbung bis zu dem Räthsel der Assiiniiatiuii und der 
uiimiiielbar bewirkenden Ursachen der Ontogenese herab, sie 
sfliatit also flen B id« ii. von welchem aus die Erklärung dieser 
iiischemimgeii \u AiiLiriff genonmieii werden kann. 

Allerdini^s stellen sich al»ei' ilieser Theorip auch Srhwipricr- 
keiten in den Weir, insofern sie nänilieh nicht im Stande zu 
sein scheint, einer ^'ewissen Klasse von Erscheinungen gerecht 
zu werden: der Vererbiing der solt. erworbenen Abfhid^- 
rungen. Ich habe deshalb gleich in meiner ersten Schrift 
über Vererbung ^) diesen Punkt speciell ins Auge gefasst und 
glaube wenigstens so viel gezeigt zu haben, dass die bis dahin 



Attfeatz II. 



Digiiizca by Gu^.- . 



— 12 - 



allgemein angeiiomiiiene Vererbung? „erworbener" Charaktere 
nichts weniger als erwiesen ist, dass ganze grosse Klassen 
von Thatsarhen, die man so gedeutet hat, ebenso gut anders 
gedeutet werden können und in vielen Fällen müssen, 
und dass keine Thatsache — bisher wenigstens — bekannt 
geworden ist, die in unlöslichem Widerspruch mit der An- 
nahme einer Continuität des Keimplasmas stünde. Ich sehe 
auch heute noch keinen Grund, von dieser Meinung abzu- 
weichen, und habe keinen £inwurf kennen gelernt, den ich 
für stichhaltig ansehen mUsste. 

K Both^) hat mir entgegengehalten, dass „auf dem 
Gebiet der Pathologie uns auf Schritt und Tritt die That- 
sache entgegentrete» dass erworbene locale Krankh^ten als 
Dispositionen auf die Nachkommen vererbt werden kdnnen*; 
allein alle derartigen Falle leiden an dem schweren Mangel, 
dass eben gerade der Punkt, auf welchen es in erster Linie 
ankommt, nicht erweisbar ist ~ die Annahme nämltdiy daas 
in dem betreffenden Fall wirklich eine » erworbene*^ Anlage 
Yorliegt. Es ist zwar nicht meine Absicht, hier nSher auf 
die Frage der „erworbenen** Charaktere einzugehen, ich hoffe 
dies später in ausführlicher Weise thun zu können, aber 
darauf möchte ich doch hinweisen, dass man sieh vor Allem 
klar machen muss, was eigentlich der Ausdruck „erworbener 
Charakter'' bedeutet. Ein Organisunis kann Nichts erwerben, 
als wozu die Disposition schon in ihm liegt; erworbene 
Charaktere sind also nichts Anderes, als locale oder auch 
allgemeine Variationen, die durch bestimmte äussere Einflüsse 
erzeugt sind. Wenn durch laiii?e fortgesetztes Hantiren mit 
(lern (iewehr der sog. „Excrci* rknorhen" entsteht, so beruht 
dies docli darauf, dass ilieöer wie jeder Knochen die I'rädis- 
position in sich trägt, auf bestimmte mechanische lieize mit 
Wachsthum in bestimmter Richtung und bestimmtem Maasse 
zu antworten; die Prädisposition zum Exercierknochen ist 



£. Roth, »Die Thatsachen der Vererbung". 2. Aufl. Berlin 
p. 14. 



Digitizca by Liu..- . «v. 



- 13 - 

also vorhanden, sonst könnte er sich nicht bilden, und genau 
ebenso ist es mit allen andern „erworbenen Kigenscbiü^u''. 
£s kann Nichts an einem OrganismuB entstehen, was nicht 
als Disposition in ihm vorhanden gewesen wäre, denn jede 
„erworbene'* Eigenschaft ist Kichts als die Kruetiou 
des Organismus auf einen bestimmten Reiz. £s 
ist mir deshalb auch niemals eingefallen» die Vererbung von 
Prftdispositionen zu leugnen, wie £. Roth zu glauben scheint. 
Ich gebe vollkommen zu, dass z. B. die Pr&disposition zum 
Exereierknochen verschieden gross ist, und dass dne grosse 
Prädisposition vom Vater auf den Sohn vererbt werden kann, 
äufach als eine emplEmdlichere Constitution des Knochen- 
gewebes; aber ich bestreite, dass der Sohn einen Exerder- 
knochen bekommt, ohne exerdert zu haben, oder dass er ihn 
auch nur leichter durch Exerderen bekommt, als der Vater, 
deshalb, weil dieser ihn durch Exereieren zuerst „erworben** 
hat. Ich glaube, dass dies ebenso wenig der Fall sein kann, 
als dass das Blatt einer Eiche eine Galle erzeugt, ohne von 
einer Gallwespe angestochen zu sein , obwohl doch schon 
Tausende von Kichen-Generutiuneu von Gallwespen angestochen 
wurden und diese Eigenschaft, Gallen zu produciien, „er- 
woil)ea" haben. Ich bin auch weit entfernt zu beliaupten, 
diuss (las Keimplasma, welches meiner Ansicht nach als Träger 
der Vererbung von einer (ieneration auf die andere iiheixeht, 
absolut unveränderlich wäre, oder gänzlich unenipfindlich 
i^eizen die Einflüsse, welche von dem Organismus ausgehen, 
in dt'iii t s sich zu Keiuizeiien ausgestaltet. Ich hal)e vielntrlir 
zugegeben, dass ein verändernder Einfluss der Organismen 
auf ihre Keimzellen denkbar, ja bis zu einem gewissen Grad 
so'jnr unvermeidlich ist. Ernährung und Wachstluun des In- 
dividuums werden gewiss einen Eintluss auf die in ihm ent- 
haltenen Keime austlben, aber erstens einen ungemein geringen 
und zweitens nicht in der Weise, wie man es sich gewöhn- 
lich denkt. Eine „Wachsthumsänderung an der Peripherie", 
z. B. der Exercierknocheu, wird niemals eine solche Aenderung 
in der MolekOlarstructur des Keintplasmas hervorrufen, dass 



Digiiizca by Gu^.- . 



— i4 — 



die Disposition zum Exercierkiiocheü sieh « ilKihte, tiass also 
der Sohn eine erhöhte EnipfiüHlichkeit seiner Knochen, oder 
fjar des betreffenden einen Knochens ererbte, sondern so, 
dass die Keimzelle etwaige, durch die „Wachsthiimsändemug 
an der Peripherie" hervorgerufene Ernährungsänderungen mit 
irgend einer Aenderung in der Grösse, Zahl oder vielleicht 
auch Anordnung ihrer Molekular- Elemente beantwortete. 
Ob das Letztere überhaupt der Fall sein kann, lässt sieh 
heute noch mit Recht anzweifeln, jedenfalls aber — wena 
es sein kann — hat die Qualität der VerändeniDg des Keim- 
plasmas Vichts zu thun mit der Qualität des «erworbenen 
Charakters*, sondern nur mit dessen Beeinflussung der all- 
gemeinen Ernfthmngsverbftltnisse. Im Fall des EKerder- 
knoehens wOrde z. B. die allgemeine Emährungsftnderung 
gleieh Null sein; wäre aber der betreffende Knoehenauswiidis 
im Stande, die Grösse eines Gareinoms zu erreichen, so wäre 
eine Störung der Allgemeinemährung des Körpers und mög- 
licherweise auch ein Einfluss auf die Keimzellen denkbar. 
Dass aber auch dann dieser Einfluss auaserordentlieh gering 
sein muss, ja, dass er möglicherweise die Molekfilarstructur 
des Keimplasmas ?ar nicit berührt, das mgt uns eben die 
ungemeine Strenge der Vererbung und das Experiment an 
Pflanzen, welche nach Nägeli Generationen hindurcli stark ver- 
änderten Ernähnmgsbedingungeii miterwortcü werden können, 
ohne doch irgend eine sichtbare, erbliche Veränderung zu 
erleiden. Es ist also bis jetzt noch nicht einmal erwiesen, 
dass Ernalirun'jfsanderuniren ancb Aenderun^-^en in der Mole- 
lailarstrnctur\> des Keiuii)lasmas erzeuuen können, geschweige 
(li'ini. Hass iruendwie auch nur wabrsciieinlich gemacht werden 
könnte, dass ^erworlx jk Abänderungen, die keinen P^influss 
auf die Allgemeiuernäbnini: haben , sich in den Keimzellen 
geltend machen könnten. Wenn niau aber erwägt, dass jede 



Ich Iftsse diesen Ausdruck stehen, obgleich ich heute dalbr lieber 
einfiick „Zusammensetzung", oder audi „Architektur" des Eeimplaamas 
sagen wttrde. W. 1892. 



Digitizca by Liu..- . «v. 



— 15 — 

sop. „Dis])osition'' eines Organismus, d. h. also jede Fähigkeit 
desselben oder eines seiner Theile, auf bestimmte Reize in 
besthmnter Weise zu antworten, angeboren sein muss, und 
weiter, dass jede ^erworbene" £igen8chaft nur eben die 
Reactioa eines irgendwie disponirten Theils auf eine äussere 
Eiawiikung sein kann, so wird man zugeben, dass von dem, 
was eine „erworbene"* Eigensciiaft entstehen lässt, mir das 
vererbt werden kann, was vorher schon da war, nämiich die 
Diqpofintion dazu; dass diese aber aus dem Keim hervorgeht 
und es somit ftkr die folgende Generation ganz gleichgültig 
ist, ob die Disposition zur Ent&ltung kommt oder nicht Die 
Gontinuität des Keimplasmas genügt vollkommen zur Erklftrung 
dieser Erscheinung. 

Ich glaube desshalb nicht, dass von Seiten dar thatsäch- 
lieh beobachteten Vererbungserscheinuugen meiner Hypothese 
ein begründeter Ein?niif gemacht werden kann. Nimmt man 
sie an, so erscheint dadnich Manches in anderem Licht als 
unter der bisherigen Voraussetzung, der Organismus erzeuge 
die Keimz^en stets wie<ler von Neuem und aJlein aus sidi 
selbst heraus. Die Keimzellen erscheinen jetzt nicht mehr 
als das Produkt des Körpers, wenigstens nicht in iliieni wesent- 
lichsten Theil, (loni specifischen Keliiipiasnui, sie erscheinen 
vielmehr als etwas der Gesammtheit der Körperzellen Gegen- 
überzustellendes, und die Keinizelleu aufeinander folgender 
Generationen verhalten sich ähnlich, wie eine Generations- 
folge von Einzelligen, welche durch fort^t^setzte Zweitheilung 
auseinander liei-vorirehen. Allerdings geiien die Geneiationen 
der Keimzellen meistens nicht schon als vollstiUulip:e Zrileu 
auseinander hervor, sondern nur als minimale Theilchen von 
Keiiii]tlaMna, aber dieses bildet eben doch die Grundlage der 
Keimzellen der folizenden (Generation, das Bestimmende, 
welches denselben ihren specifischen Charakter aufdrückt. 
Schon vor mir haben G. Jäger Rauber und M. Nuss- 

■) Jagjor, «Lefarbach der aUgemeiiien Zool<»gie''. Leipzig 1878» 

Bd. 



- 16 — 



bäum ') Gedanken über Vererbung geäussert, die den meinlgen 
belli nahe stehen. Sie «xinpen von der Vorstollun^ aus, 
dass ein direkter Zusanniienliang zwischen den Ktunzellen 
aufeinander folgender Generationen bestehen müsste, und 
suchten diesen durch die Annahme herzustellen, dass die 
kindliclien Keimzellen sich schon gleich zu Besjinn der Km- 
bryonalentwicklung oder doch jedenfalls noch vor Jeder histo- 
logischen Differenziruug von der elterlichen Keimzelle a1 losten. 
In dieser Form aber lässt sich die Ansicht nicht halten, 
sie widerspricht zahlreichen Thatsachen; eine Contiuuitat der 
Keimzellen findet heut^» nur noch in den allerseltensten 
Fällen statt, das hindert aber nicht, eine Continiiität des 
Keim pl asm as anzunehmen, und für eine solche lassen sich 
noch weitere und gewichtige Belege beibringen. Ich will 
venuchen, die soeben in kurzer Zusammen&ssnng g^bene 
Theorie in Folgendem weiter zu ftihren, sie gegen Einwände 
zu vertheidigen , welche ihr gemacht sind, und neue Folü:e- 
rungen aus ihr zu ziehen , welche vielleicht im Stande sind, 
bekannte, aber unverstandene Thatsachen unserer £rkenntni88 
nlttier zu bringe. Jedenfalls — so acheint es mir — ver- 
dient diese Theorie von der Continuitftt des Keimplasmas 
nadi allen Richtungen verfolgt und durchgedacht zu werdeOf 
denn sie ist die einünchste und n&chstliegende, und man wird 
erst dann berechtigt sein, sie zu verlassen und zu dner 
complicirteren zu greifen, wenn ihre Unhaltbarkeit sich er- 
wiesen haben sollte. Sie setzt Nichts voraus als Vorgänge, 
die, wie die Assimilation oder die Entwicklung gleicher Or- 
ganismen aus gleichen Keimen, sieh zwar noch nicht verstehen, 
wohl aber täglich beobachten lassen, während jede andere 
Vererbungstheorie Hypothesen zu Grunde legen muss, die 
unbeweisbar sind. Es könnte nun freilich trotzdem sein, dass 
eine Contiimität des Keimplasnias nicht in der Weise vor- 
handen ist, wie ich es nur vorstelle, denn xsieniand kann 



^) M. Niissbaum, ..Die I)irterenzirung des GescblCichts im Thier- 
reich". Arch. f. mikros, Anat, Bd. XVIII, 1880. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 17 — 



heute schon sasren, oh alle bekaiuiteii Thatsarlieu mit ihr 
stimmen und in ihr ihre Erklämiig tinden. Auch bringt ja 
die rastlose Forschung jedri) l'ag neue Thatsarhen, und ich 
bin weit entfernt zu behaupten, dass diese nicht eine Wider- 
legung meiner Anschauung enthalten könnten. Sollte aber 
auch diese Theorie später wieder verlassen werden müssen, 
60 scheint sie mir doch für jetzt als ein notbwendiger Durch- 
gaogBpunkt unserer Krkenntniss, sie musste aufgestellt und 
sie muss dorchgeaibeitet werden, mag die Zukunft sie nun 
als richtig oder als falsch erweisen. In diesem Sinne habe 
ich die folgenden Erwägungen angestellt, und in diesem möchte 
ich, dass sie gelesen würden. 





I. DAS „KEIMPLASMA". 



Zunächst wäre der Begriff des „Keimplasmas'' genauer 
zu präcisiren. 

Ich habe in meinen bisherigea Schriften, die dieses Thema 
berührten, nur einfach von «Eeimplasma'' gesprochen, ohne 
mich näher darüber auszulassen, in welchem Theil der Zelle 
dieser Träger der speci fischen Natur der Art und des Indivi- 
duums zu suchen sei. £iue8theils genttgte dies für den be- 
absichtigten Gedankengang, andemtbeils schienen mir zu einer 
genaueren Prftcisirung die bekannten Thatsachen noch zu un- 
vollstftndig. Ich stellte mir unter Keimplasma diejenige Fturthie 
einer Keimzelle vor, deren cbemiscb-phyBikalisehe Beschaffen- 
heit einschliesslich ihrer MolekOlarstructur ihr die Fähigkeit 
verleiht, unter bestimmten Veihältnissen zu einem neuen In- 
dividuum derselben Art zu werden, also eine solche Substanz, 
wie sie Nägeli^) kurze Zeit darauf als Idioplasma bezeichnete 
und in bewundemngswOrdiger Weise dem Yerständniss n&ber 
zu bringen suchte. Wohl h&tte man damals schon mit einiger 
Wahrscheinlichkeit in der organisirten Kernsubstanz den 
Träger der Vererbungserscheinungen vennuthen können, aber 



Nägeli, „Mechanisch-physiologische Tbeorie der AbstamnnuigB- 
lehre''. München und Leipmg 1884. 



Digitizca by Liu..- . «v. 



— 19 - 



iigend welche Sicherheit darüber fehlte doch noch. 0. Hert- 
wig^) und Fol') hatten gezeigt, dass der BefhichtungsprooeBs 
mit einer Eemcopalation einhergeht, und Hertwig hatte 
sogar schon bestimmt ausgesprochen, „die Befrachtung beruhe 
allgemdn auf der C!opulation zweier Kerne*, allein die Mt- 
wirkung des ZellkOrpers der bdden Keimzellen war doch um 
80 weniger ganz auszuschllessen, als in allen den beobachteten 
Fallen die Samenzelle sehr Mein und in der Form eines 
Spermatozoons gestaltet war, so dass sich nicht bestimmt er« 
kennen Hess, wieviel Ton ihrem Zelllcörper mit dem weiblichen 
Eikörper verschmilzt, und in welcher Wdse dies geschiebt. 
Ohnehin war es ja längere Zeit hindurch sehr zweifelhaft, ob 
die Spermntozoen überhaupt ächte Kemsubstanz enthalten, 
und Fol sah sich desshalb noch 1879 zu dem Schluss gedränsrt, 
dass dieselben ii u r aus Zellsubstanz mit Ausschluss vou Keru- 
substauz bestünden. Im nächsten Jahr folgten dann meine 
Angaben ülier die Samenzellen der Diiphniden , welche wohl 
geeignet gewesen wären, jeden Zweifel an der Zellenuatur 
und dem Besitz eines völlig normalen Kerns der Samenkörper 
zu beseitigen, hätte man ihnen von Seiten der Samen -Histo- 
logen einige Aufmerksamkeit geschenkt^). 

In demselben Jahr 1880 Kassie ßalfour die Thatsachen 
folgenderraaassen zusammen: „Der Befruchtungsakt lAsst sich 
also darstellen als eine Verschmelzung des Eies und des 
Spermatozoons, und der wichtigste Zug an diesem Akte 



O. H<Ttwig, „Beitrage zur Keniitniss der Bildung, Befruchtong 
und Theiiung des thieriscliea Kies''. Leipisig 1876. 

*) Fol, „BechezdUB «ir la föcondatioii etc.'* Oenöve 1879. . 

*) Wie schon frOhor, so rach in seiner neaesten Pablikatlon ecklärt 
K ö 1 1 i k e r die ^SsmeDaden" ftr blosse Keme. Zugleich erkennt er aber 
aacli die Existenz von Samenzellen bei gewissen Arten an. Die Beweise 
flir die eratere Bpbauptung niüssten indessen wohl orhrblirh stärkere sein, 
sollten sie genügen, um eine in sich so nnwalascheiüliciie Hypothese zu 
Stützen, wie die ist, dass der morphologische Werth der Befruchtuugs- 
demente ein verschiedoMr sein könne ; vergl. 2Sdti6hr. f. wiss. Zool. Bd. 42. 
Weicmmnii, Die ConttnnitSt d«« K^lmplaonM. 2 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 20 — 



scheint die Vereinigung eines mäuolichea und eines weiblichen 
Kernes zu sein" 

Allerdings hatte Calberia an dem Ei der Neunaugen 
direkt gesehen, dass der Schwanz des Spermatozoons nicht 
mit in das Ei eindriuirt, sondern im Mikropylenkanal der Ei- 
haut stecken bleibt; allein der Kopf und „ein Theil des 
Mittelsttteks", welche die Befruchtung bewirken, enthalten 
jedenfalls doch nicht blos Kernsubstanz, sondern auch etwas 
vom ZeUkftrper, und wenn die Menge von ZeUsubetanz, welche 
damit ins Ei gelangt« auch sehr gering sein musste^ so konnte 
sie dodi zur Uebertragung der Vererbungstendenzen voll- 
kommen genügen. Denn mit vollem Recht haben später 
N äg el i und Pf 1 tt g e r geltend gemacht, dass die Menge dieser 
Vererbungssubstanz sehr kl^n sebi muss, weil die gldch starke 
Vererbung vom Vater wie von der Mutter aus zu der Annahme 
zwingen, dass sie nahezu gleich ist bei dnr weiblichen und 
männlichen Keimzelle. 

Ich selbst war — ohne mich übrigens öffentlich darüber 
auszusprechen — besonders desshalb geneigt, auch der Zell- 
substanz eine grössere Bedeutung beim Befruchtuugsprocess 
zuzuschreiben, weil mich meine Untersuchungen an Daphniden 
gelclut hiitten, dass eine Thierart grosse Sanieiizelleii mit 
mächtigem Zellkürper hervorbiiiiut, sobald die Oekoiiomie ihres 
Organismus dies erlaubt. AlU^ Daphniden mit iuiierer Be- 
fruchtung, deren Samenzellen unndttelbar auf das zu l)efruch- 
teude Ei entleert werden, bringen sohdie grosse Samenzellen 
in geringer Zahl hervor (Sida, Polypbemus, Bythotrephes), 
während alle Arten mit Tni^snor Befnichtung (Daphninae, 
Lynceinae) sehr kleme bameiizeilen bt^>iizon. daft\r aber im- 
geheifre Massen davon produciren, so dass dadurch die geringe 
Aussielit der einzelnen Zelle, ein Ei zu eri'eichen. au^geglicheu 
wird. Es werden also um so mehr Samenzellen hervor- 
gebracht, je geringer die Aussicht der einzelnen Zelle ist, das 



^) Ba 1 f 0 u r , Handbuch der vergleichendeii Embiyologie, deutech voa 
Vetter» Bd. I, 81. 



Digitizcü by ^o^i .i^ 



^ 21 ^ 

Ziel, die EizeUe, zu efxeiehen, und die Folge der Vermehrang 
der SamensseUe ist ihre Verkidiieruiig. Warum aber muaBten 
die Samenzellen der Arten mit sidierer Befruchtung so gro88 
bleiben, oder es werden? Der Gedanke, dass irgend ein Vor- 
theü dadurch erreicht werde, der bei den andern aulsegeben 
werden muflste, lag nahe, wenn ein solcher auch mö^cfaer- 
weise nur in einer grosseren Begünstigung der Entwicklung 
des befrachteten Eies, nicht in emer Vennehrung der eigent- 
lich befruchtenden Substanz vermuthet werden konnte. Jetzt 
wird man freilich geneigt sein, diesen Ycnrtheil in nodi mehr 
secundären Verhältnissen zu erblicken, allein damals war man 
durch die vorliegenden Thatsachen noch nicht berechtijrt, die 
Befmchtiiiig nur als Kerucopulation zu bezoiehncu, und 
M. Nu SS bäum') gab gauz richtig dtu Stand uiisres Wissens 
wieder, wenn er den Befruchtungsakt „in der Vereinigung der 
identischen Theile zweier homologer Zellen" erblickte. 

Die erste Thatsache, welche bestimmt darauf hinwies, 
dass der Zellkörper der Keimzellen keinen Anthoil an der 
Uebertragung der Vererbungstendenzen hat, war die von 
Pflüger gemachte Entdeckung der „Isotropie" des 
Eies. Pflüger zeigte, dasü die ersten Furchuugserscheinungen 
an V e r s c b i ( ( h 1 ( Ml Theilen des Eikörpers hervorgerufen 
werden können, wenn man das Ki dauernd aus seiner natür- 
lichen Lage bringt. Es war damit der wichtige Beweis ge- 
liefert, dass der Zellkörper des Eies aus gleichartigen Theilen 
besteht, dass nicht bestimmte Theile oder Organe des Embryos 
in bestimmten Theilen des Eikörpers potentia enthalten sind, 
so dass sie nur aus dieser und nicht aus irgend einer andern 
Portion des Eies hervorgehen könnten. Pflüge r irrte nun 
alleidings in der weiteren Deutung dieses Ergeitnisses, wenn 
er daraus schloss, dass «das befruchtete Ei gar keine wesent- 
liche Bezi^ung zu der sj^ren Organisation des Thieres*^ 
beBitze, und dass es nur die Wiederkehr „derselben äusseren 
Bedingungen*^ sei, welche es mit sich bringe, «dass aus dem 



>) Aldi. f. mikr. Amt Bd. 23, p. 182, 1884. 

2* 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 22 



Keime immer dasselbe entsteht". Es war zunächst die {Schwer- 
kraft, deren Mnflass er fttr den Aufbau des Embryos für be- 
stimmend hielt; &c übersah, dass die Thatsaehe der Isotropie 
nur auf den Eikörper bezogen werden durfte, dass aber 
ausser dem Zell kOr per des Eies noch der Zellkern da ist 
Die Möglichkeit eines entseheidenden Einflusses des Zellkenis 
war ausser Acht geblieben. Erst Born ') wies nach, dass bei 
Eiern, die sich in Zwangslage befinden, eine Verlagerung des 
Kerns eintritt und deutete darauf hin, dass im Kein das 
richtende und in erster Linie bestimmende Prindp für die 
Embryonalbildung liegen mflsse, und Roux') zeigte, dass 
auch bei Aufh^ung der Wirkung der Schwere die Entwick- 
lung YöUig normal verläuft und schloss daraus, dass das 
„befnichtete Ei alle zur noriiialen Entwicklung nöthigen ge- 
sUiUeiuleii Krilfte in sich selber Uagt", O. Hertwig^) end- 
lich stellte durch Beobachtungen an Seeigel -Eiern fest, dass 
bei diesen die Schwerkraft, gar keine richtende Wirkung auf 
die Zelltheiluug ausübt, dass aber die Stellung der ersten 
Keruspmdel darüber entscheidet, „in welclier Richtung später 
die Eikugel durch die Furchiinp^;ehene halbirt wird". Damit 
war freilich immer noch nicht erwiesen, dahS die Befruchtung 
lediglich eine Kemcopulation sei. 

leinen weiteren imd bedeutenden Schritt vorwärts führten 
erst die Beoliaolitungen E. van Beueden's*) Ü}>er die Be- 
fnichtung von Ascaris nie2alocephala. Auch sie schlössen /war 
nicht, eheuso wenig wie die kurz vorhergegangenen Unter- 
suchungen Nussbaum's") über dasselbe Object, eine An- 
thellnahme des Zelikörpers der Samenzelle an dem dgentliehen 



>) Born, „^oL ünAersach." I, Arcii. mikr. Anat, Bd. 2L 
Roux, „Beitrige z. Entwicklungsmecb. des Embryo". 1884. 
0. Hertwig, „Weldton Eioflius abt die Sehwedaaft" etc.? 
Jena 1884. 

£. van Beueden> „Kecherches stir la maturation de l'ocuP, etc. 

188a 

*) M. Nnstbaum, „UeberdieYeribidenmgderGesdikMliiaproditkte 
1»8 zur Eifuidunig*'. Arcb. niikr. Anat 1884. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 23 



Befnichtunj^svorgaug geradezu ans. aber die Thatsache, dass 
die Kerne von Ki- und Sanicii/j^llt' nicht etwa reu:ellos mit 
einander verschmelzen, sondern dass ihre Kernschleifen sich 
zu zwei und zwei regelmässig einander gegentlberlagerii und 
so einen neuen Kern, den Furchungskern , bilden, gaben 
doch einen weiteren deutlichen Hinweis darauf, dass die orga- 
nisirte Kernsiibstanz der alleinige Träger der Vererbungs- 
tendenzen ist, dass also in der That die Befruchtung auf einer 
KemverbinduDg beruhe. Yan Beneden selbst zog fieilich 
diese Consequenzen nicht; er war behemcht von der Idee, 
dass die Befruchtung auf der Vereinigung zweier sexuell 
diflferenzirter Kerne, oder vielmehr Halbkerne benilie, des 
Pronueleus femelle und des Pronucleus mäle, dass auf diese 
Weise erst ein wirklicher, voller Ganzkem entstehe, der nun 
natOrlieh zwittriger Natur sein musste, und dass im Verlauf 
der weiteren Ontogenese das Wesentlidie darin bestehe, dass 
bei jeder weiteren Kern- und Zelltheilung sich diese zwittrige 
Natur des Kerns erhalte durdi Theilung der Kernschleifen 
des Mutterkeims in der Längsrichtung, also durch gleichmdssige 
Vertheilung der männlichen und weibliehen Kernschleifen auf 
die beiden Tochterkeme. Van Beneden hat aber un- 
zweifelhaft das grosse Verdi^st, die thatsächliche Basis ge* 
liefert zu haben, auf welcher sich eine wissenschaftliche Theorie 
der Vfflerbung aufbau^i Hess; man brauchte blos anstatt 
männlicher und weiblicher Vorkem zu sagen : Kernsubstanz 
des mütterlichen und des väterlichen Indivi- 
duums, so war die richtige Basis für ein weiteres Vordringen 
gefunden. Diesen Schritt that Stras bürge r, indem er zu- 
gleich einen Fall nachwies, in welchem nur der Kern der 
männlichen Keimzelle bis zur Kizelle gelangt, nicht aber auch 
ihr Zellkor[)er. Es glückte ihm, den lange Zeit räthselhaft 
gebliebenen Befnichtungsprocess der Phanerogamen aufzu- 
klären und nachzuweisen, dass der Kern der Samenzelle (des 
Pollcnschlauchs) in den „Embryosack" eindrillet, um si<*h dort 
mit dem Kern der Kizelle zu conjugiren ; er gewann aber zu- 
gleich die Ueberzeugung, dass der Zellkörper der Samen- 



Digiiizca by Liu^.' . 



24 — 



zelle nicht in den „Embrvosack'' mit übei wandert , so dass 
also die Beii uchtung hier wirklich nur auf Kemoopulation 
' beruhen Icann*). 

Somit kann also nur die Kernsubstanz Träger der 
Vererbungstendenzen sein, und die von van Beueden bei 
Ascaris gefundenen Thatsachen machen es sehr anschaulidi, 
wie diese Kcmsubstaiiz nicht nur die Wachsthunistendenzeu 
der Eltern, sondern zugleich die einer überaus grossen Zahl 
von Vorfahren mit enthalten können. Jeder der beiden Kerne, 
welche sich bei der Befruchtun?? vereinigea, mu88 das Keim- 
Nudeopiasma der beiden Eltern mit enthalten, von welclien 
diese Generation abstammt, dieses aber enthielt und enthält 
noch das Nucleoplasma der grosselterlicheD Keimzellen, sowie 
das der Uigrosselteni und so fort. Und zwar muss das Nucleo- 
plasma der verschiedenen Generationen nach Maassgabe ihrer 
zeitlichen Entfernung in immer geringerem Verhaitniss darin 
enthalten sein nach derselben Rechnung, welche die ZOchter 
bisher bei der Kreuzung von Rassen anwandten, um d«i 
Bmditheil edeln „Blutes** zu bestimmen, der in irgend einem 
Nachkommen enthalten sei; wahrend das Keimplasma des 
Vaters oder der Mutter die Hälfte des kindlichen Keimzellen* 
kems ausmacht, betrügt das des Grossvateis darin nur V*y 
das der zehnten Generation rückwärts nur Viom u. s. w.'). 
Dranodi kann letzteres sidi bei dem Aufbau des Mndlidicai 
Organismus nodi recht wohl geltend machen, ja die Er- 
scheinungen des Rückschlags beweisen, dass das Keimplasma 
von Vorfahren, die Tausende von Generationen zurückliegen, 



*) Eduard Strasburger, „Noue TTutersucbungen über den Be- 
fi*uchtungsvorgan$T bei den Phanerogamen als Grundlage für eine Theorie 
der Zfugung". Jona 1884. 

Diese Rechuungsweise, so allgemein sie auch aagenommen wird, 
iflt nicht richtig, vie besonders ans dem letsten dieser Aufiitn hervcv- 
gehen wiid; die yererbongssobetaiiz der Eltern ist aUerdings m gleidien 
Tbeilen in der Eizelle des Kindes enthalten, nicht aber di^enigen der 
weiter zurückliegenden Vorfahren. Für die hier angestetttöi Betrach- 
tungen ist dies aber ohne Bedeutong. W. 1892. 



Digitizca by Liu..- . «v. 



— 25 — 



sieh gelegentlich wieder pfeltond machen kann, indem plötzlich 
längst verlorene Cliarukttre wie<ler zu Tage kommen. Wenn 
wir auch noch nicht genauer zu sagen im Stande sind, durch 
weiche. Einzelvorgäiige dies geschieht und uiitpr welchen Um- 
ständen es geschehen muss, so sehen wir (ioch jetzt wenigstens 
im Allgemeinen ein, wie es überhaupt möglich ist, da ja auch 
eine sehr geriuL-^e Menire eines specifischen Keimplasmas die 
bestimmte Tendenz zum Aufbau eines bestimmten Organismus 
enthält und sie zur Geltung bringen muss, sol)ald dasselbe 
aus irgend einem Grunde vor den andern in den Kernen ent- 
haltenen Plasmaarten in der Ernährung bevorzugt wird. Es 
wird sich dann stärte yermehren als diese andern , und es 
darf wobl angenommen werden, daSB das Ueberwiegen einer 
Kernplasma - Art, derMassenaeh, andi seine Herrschaft 
ftber den Zellkörper bedingt 

In ähnHcher Weise hat schon Strasbnrger, gesttttst 
auf van Beneden ^s Beobachtungen, aber im Gegensatz 
zu dessen Auffoasung den Vererbungsvorgang entwickelt, und 
ich sehüesse mich insoweit seiner Ansicht an. Das Wesen 
der Vererbung beruht auf der üebertragung 
einer Kernsubstanz von specifischer Molekülar- 
structur; das spedfische Nudeoplasma der Keimzelle ist 
das, was ich bisher «Keimplasma*^ nannte. 

Zu diesem Sehluss ist auch 0. Hertwig ^) gelangt, der 
ja schon von froher her den wesentlichsten Theil des Befruch- 
tungsvorgangs in der Kemcopulation igesehen hatte, and der 
nun durch die soeben kurz vorgeführten, inzwischen neu an- 
gesammelten Thatsachen seine alte Ansicht erwiesen glaubt. 

So vollkommen ich aber auch in diesem Hauptijuukt 
mit ihm uh( reinstimme , so kann ich doch nicht gleicher 
Meinung sein, wenn er den von Nägeli gebchaiieneu Beginft 
des „Idioplasmas" mit dem Kerni))a^iiia der Keimzelle iden- 
tificirt Gewiss ^llt dieses „Keimpia^ma'' — wenn ich den 

^) 0. Hertwig, „Das Problm der Befruchtung and der Isotropie 
des Eies". Jena lb85. 



Digiiizca by Lj<j\->^i'^ 



— 26 - 



Ausdruck der Ktirze halber beibehalten darf — unter den 
Begriff des Nägel i'schen Idioplasnias. Nägel i ist so^?ar bei 
der Bildung desselben von den Keimzellen ausgegangen, 
allein sein Idioplasma, wenn wir es als Kemplasma auffassen, 
ist keineswegs blüs das Kernplasnia der Keimzelle, sondern 
es umfasst auch die Kernplasnien aller Zellen des 
gesammten Organismus; erst die Gesaninitheit aller 
dieser Kernplasmen macht das Idioplasma Nägeli's aus. 

Das Idioplasma bildet nach Nägel i ein Netz, welches 
sich durch den ganzen Körper liin erstreckt und eben die 
specifische, das Wesen desselben bestimmende molektilare 
Grundlage darstellt. Wenn nuu auch der letztere und all- 
gemeinere Theil dieser Vorstellung gewiss richtig ist, und 
wenn es sicherlich als eine bedeutende That bezeichnet werden 
darf, den Begriff des Idioplasmas in diesem allgemeinen Sinn 
als die bestimmende molekulare Grundlage des Organismus 
im Gegensatz gegen das „Nährplasma'' zuerst aufgestellt zu 
haben, so wird man doch die spedellere Ausführung, in 
welcher sieh Nägeli sein Idioplasma dachte, schon heute 
nicht mehr festhalten können. Vor Allem bildet dasselbe 
kein unmittelbar zusammenhängendes Netzwerk durch den 
ganzen Körper hindurchi und dann ist es überhaupt nicht 
eine einzige Substanz Ton gleicher Beschaffenheit, die den 
ganzen Organismus durchsetzt, sondern jede besondere Zellenart 
des Körpers muss ihr spedfisches, das Wesen derselben be* 
stimmendes Idioplasma oder Kernplasma enthalten ; es gibt 
also in jedem Organismus eine Menge verschiedner 
Idioplasmaarten. Insoweit also wftre es ganz gerechtfertigt, 
das Idioplasma allgemein als Kemplasma zu bezeichnen und 
umgekdnrt das bestimmende Kmplasma jeder b^ebigen 
Zelle als Idioplasma. 

Dass die ersterwähnte Vorstellung, das Idioplasma bilde 
ein zusammenhängendes Netzwerk durch den ^'auzen Organis- 
mus, nicht haltbar ist, ergibt sich von seihst, sobald dasselbe 
in den Kernen und nicht im Zellkörper seinen Sitz hat. 
Möchten auch überall die Zellkörper durch feine Ausläufer 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 27 — 

zusammenhängen, wie dies von Leydig und Heitzniaun 
für manche thiensche, von den Botanikern für manche pflanz- 
liche Zellen nachupwipsen ist. so würden dieselben doch kein 
Idioplasmauetz darstellen, sondern ein Netz von „Nähri)lasiii;i", 
d. h. von derjenigen Substanz des Körpers, weicht' nach 
Nägel i grade den Gegensatz zum Idioplasma bildet. Stras- 
burger spricht freilich bereits von einem „Cyto-Idioplasma", 
und gewiss hat ja auch der Zellkorper häufig ein specifischea 
Gepräge, aber wir müssen doch jetzt annehmen, dass ihm 
dasselbe von dem beherrschenden Kern aufgeprägt wintl, 
d. h. dass die Richtung, in welcher seine Substanz im Lauf 
der Embryogenese sich differenziit, durch die Qualität der 
Kemfittbstanz bedingt wird. Ineofem also entspricht die 
bestimmende KernsubBtanz allein dem „Idio- 
plasma*^, die Zellkörpersubstanz aber muss dem „NUir- 
plasma" Nägoli*fi beigeordnet werden. Jedenfalls wird es 
praktisch sein, die Bezeiehnimg Idioplasma durchaus auf die 
bestimmende Kernsubstanz zu besehr&nken, &U8 wir uns 
Überhaupt diesen glücklich gewählten Ausdruck und Begriff 
erhalten wollen. 

Aber auch in dem zweiten Punkt ist die N&geli*8che 
Vorstellung vom Idioplasma unhaltbar. Dasselbe kann un- 
möglich ttberall im Organismus und zu allen Zeiten der 
Ontogenese dieselbe Beschaffenheit haben, wie sollte 
es sonst die grossen Verschiedenheiten in der Bildung der 
Theile des Organismus bewirken können? Nägeli scheint 
nun freilich an manchen Stellen seines Buches auch dieser 
Ansicht zu sein, st» auf p, 31, wo es heisst. es sei „das 
Zweckmässigste , das Idioplasma verschiedcMier Zellen eines 
Individuums, wenn auch nur als Symbol, als verschieden 
zu bezeichnen, insofern es eigen thümliche Produktions- 
fähigkeit besitzt, und darunter auch alle die Umstände im 
Individuum zu begreifen, die auf das bezügliche Verhalten 
der Zellen Kintluss habeir'. Aus den vorhergehenden Steilen 
30) und aus später lolgeudt ii upht aber klar hervor, da«8 
er diese „Veränderungen'' des idiopiasmas nicht »in materieller 



Digiiizca by Google 



28 — 

Beziehung" versteht, sontleiu nur in „dynamischer". Auf 
S. 53 spricht er os mit besonderem Nachdruck aus, ^dass das 
Idioplasma überall im Orcranismus, indem es sich vermehrt, 
seine specifische Pe^^chnffciihfit beibehält" und nur „innerhalb 
dieses festen Rahmens seine Siumnunprs- und Bewe^^ungs- 
zu??t;uido und durch dieselben die nach Zeit und Ort mög- 
lichen l^ oi nieii des Waclisthums und der Wirksamkeit wechselt." 
Gegen eine solche Auffassung lassen sich !iber gewichtige 
Gründe geltend machen. Zunächst will ich nur erwälinen, 
dass doch erst gezeigt werden müsste, was man sich nun 
eigentlich unter diesen „verschiednen Spannungs- und 
Beiregungszuständen ' zu denken habe nnd wieso blofise 
Spannungs - Verschiedenheiten ebenso mannigfaltig wken 
können, wie Verschiedenheiten der Qualität. Wenn man die 
Behauptung aufstellte, bei den Daphniden, oder bei andern 
Thieren, welche zweierlei Eier hervorbringen, bmhe die 
Eigensdiaft der Wintereier, sich nur nach einer Latenzperiode 
zu entwickeln, darauf, dass ihr Idioplasma zwar identisch mit 
dem der Sommereier sei, aber sich in emem andern Spannungs- 
znstand befinde, so wttrde ich dies für eine wohl zu beachtende 
Hypothese halten, denn die Thiere, welche aus den Eiern 
entstehen, sind in beiden F&llen ganz gleich, das 
Idioplasma, weldies ihre Bildung veranlasste, muss also 
sdner Beschaffenheit nach gleich sein, es mag sich vielleicht 
nur etwa so unterscheiden, wie sich Wasser von Ms unter- 
scheidet. Ganz anders aber liegt der Fall bei den Stadien 
der Ontogenese. Wenn man bedenkt, wie viele tausenderlei 
verschiedene Spannungszustände ein und dasselbe Idioplasma 
eingehen mi^sste, um den tausenderlei verschiedenen Biiiiungen 
und Zelldifferenzirungen eines höheren Oiganisnius zu ent- 
sprechen, so würde es wohl kaum möglich sein, eine auch 
nur ungefähre Vorstellung davon zu geben, wie man hier mit 
blossen „Spannungs- und Bewegungszuständen" ausreichen 
wollte. Weiter aber sollten doch auch die Unters<*hiede der 
Wirkungen denen der Ursachen einigermaasfipn entspitclu n. 
und dann sollte wohl das Idioplasma z. B. einer Muskelzelle 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 29 — 



sieli stärker von dem einer Nerven- oder Verdauungszelle 
desselben Individuums unterscheiden, als das Idioplasma der 
Keimzelle eines bestimmten Individanrns von dem eines andern 
derselben Art, und doch mOssen auch nach Nägeli diese 
beiden Letzteren als qualitativ verschieden angenommen 
werden; warum nun also nicht um so viel mehr die Idio- 
plasmen jener histologisch so weit diffiBrirenden Zellen? 

Gradezu aber als ein Widerspruch mit dch selbst er- 
scheint die Nftgeli*sche Annahme, wenn man bedenkt, dass 
er das „biogenetiache Grundgesetz" anerkennt, in den Stadien 
der Ontogenese somit also dne abgekürzte Wiederholung der 
phyletischen Entwicklungsstadien sieht, und nun doch die 
einen aus einem andern Ptindp erklärt, als die andern. Die 
StadieA der Phylogenese beruhen nach N ige Ii auf wirUicher, 
qualitativer Verschiedenheit des Idioplasmas, das Keimplasma 
also z. B. eines Wurms ist qualitativ verschieden von 
dem des Amphioxus oder des Frosches oder Sftugethiers. 
Wenn aber derartige phyletische Stadien in der Ontogenese 
einer einzigen Art zusammenjjedrängt vorkommen, sollen sie 
nur auf verschiednen „Spaimungs- und Bewegunsrszuständen^ 
ein und desselben Idioplasmas beruhen! Ich irestehe, mir 
scheint es ein zwingender Schlnss, dass wenn überhaupt das 
Idioplasma im Laufe der pijyletisehen Entwicklung iseine 
specitische Beschaffenheit allmiili^ ändert, die^^e Verjiiideninsen 
auch in der Ontoerenese diircblaiifeti werden Mnissen, soweit 
dieselbe phyletische IStiiditin wiederholt. Entweder beruht 
auch die ganze phyletische Entwicklung blos auf „verschiednen 
Spannungs- und Bewegungsznständen", oder, wenn wie 
ich allerdiiiL's glaube, nicht denkbar ist, mtissen auch die Sta- 
dien der Ontogenes(> auf einer qualitativen Veränderung des 
Idioplasmas beruhen. 

Man fragt sich unwillkürlich, wie ein so scharfsinniger 
Denker, wie Nägeli, dazu kommt, einen solchen Widersprmdi 
nicht zu sehen, aber die Antwort liegt nicht weit, und Nägeli 
selbst deutet sie an, wenn er auf den oben citirten Satz weiter 
sagt: ^Daraus folgt, dass wenn in irgend einem ontogenetischen 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 30 — 



Entw'ickluDgsstadiiim und au irgend einer Stelle des Organis- 
mus eine Zelle sich als Keimzelle ablöst, dieselbe alle 
erblichen Anlagen des elterlichen Individuums 
enthält.' Mit andern Worten: wenn es sich blos um ver- 
schiedene Spannung»- und Bewegungszustände handelt, so 
scheint es gewissermaassen selbstverständlich, dass das Idio- 
plasma auch wieder seinen ureprOnglichen Zustand annehmen« 
dass das Idioplasma irgend welcher Körperzellen 
wieder zum Idioplasma der Keimzelle werden 
kann; die grössere „Spannung" braucht ja blos wieder dne 
geringere zu werden, oder umgekehrt! Nimmt man aber eine 
wirkliche Veränderung der Beschaffenheit an, dann er- 
scheint eine Rückverwandlung des Idioplasmas der Kdrperzellen 
zu Keimplasma nichts weniger als selbstverständlich, und wer 
sie annehmen will, muss seine Annahme zuerst begründen. 
Dieser Begründtmg weicht N&geli aus, indem er die Um- 
wandlungsstufen des Idioplasmas in der Ontogenese als blosse 
Verschiedenheiten in den „Spannungs- und Bewegungs- 
zustftnden'' des Idioplasmaa bezeichnet; diese Ausdrucke ver- 
decken den schwachen Punkt in seinem System, sie sind mir 
ein werthvoller Beweis dafür, dass auch Nägeli im Grunde 
doch gefühlt hat, dass die Vererbungserscheinung ihre Ei- 
klärung nur auf Grund einer C o ii 1 1 n ui tä t des Keim- 
phihiiias finden kaiui, denn sie sind oflFenbar nur dazu 
geeignet, die Frage zu versehleiern: wie aber kann sich 
das I(li()i)lasma von Körperzellen wieder zum 
Idioplasiiiit von Keimzellen umwandeln? 

Ich bin der Aiisieiit, dass es dies überhaupt nicht kann, 
und habe diese Meinung schon sf^t einigen Jahren vertreten';, 
wenn ich auch bisher mehr die positive Seite der Sache 
betonte, nämlich die Conti tmi i tat des Keim pl n smas. 
Ich suchte nachzuweisen, dass Keimzellen sich nur da linvli in 
einem Organismus bilden, dass Keimplasma von der vorigen 
Generation her in diese herübeigeuommen wird, dass bei der 



^) Zuerst in dem Aufsatz 1. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 31 



Entwicklung eines Eies zum Thier stets ein, wenn auch kleiner 
Theil der Keinisubstanz unyer Ändert in den sich bildenden 
Organismus übergeht, und dass dieser die Grundlage zur 
Bildung der Keimzellen darstellt. Auf diese Weise ist es bis 
zu einem gewissen Grad begreiflich, wie die complicirte 
MolekOlarstructur des Keimplasmas sich bis in die f^nsten 
Einzelheiten hinein durch lange Generationsfolgen hindurch 
unverftndert erhalten kann. 

Wie aber sollte das geschehen können, wenn das Keim- 
plasma in jedem Individuum sich durch Umwandlung soma- 
tischen Idioplasmas bilden mtisste? Und doch wird man zu 
dieser Annahme gezwunp:eii, sobald man die „Coutinuität des 
Keimplasmas" verwirft. Auf diesem Staiidiuiükte steht Stras- 
burger, und es würde mm zunächst zu untersuchen sein, 
wie sich die Dinge unter seinen Gesichtspunkten gestalten. 

Vollkommen in Uebereiustimmung befinde ich mich mit 
Strasburgei , wenn er „die specifischen Eigenschaften der 
Ortjaiiismen in den ZellkerneTi beLmind^t" sieht, und auch 
beinen Vorstelhm<2:en über die lieziehun^HMi zwischen Zellkern 
und Zellkörper kann ich mich in vielen Punkten anschliessend): 
„vom Zellkern aus pflanzen sich auf das umgebende Cyto- 
plasma molekülare Erregungen fort, welche einerseits die 
Vorgänge des Stoffwechsels in der Zelle beherrschen, andrer- 
seits dem durch die Ernährung bedingten Wachsthum des 
Cytoplasma einen bestimmten , der Species eignen Charakter 
geben." „Das nutritive Cytoplasma assirailirt, der Zellkern 
beherrscht den Stoffwechsel, wodurch die assimilirten Sub- 
stanzen eine bestimmte Zusammensetzung erhalten und das 
Cyto-Idioplasma, sowie das Nudeo-Idioplasma in bestimmter 
Weise ernähren. Dadurch tritt das Cytoplasma in Gestaltungs- 
voigftnge ein, welche die specifische Form des betreffenden 

M Die angeführten Vorstellungen Stras liurger's über ilie Art und 
"Weise, wie die Kemsubstanz auf den Zellkörper wirkt, halte ich heute 
nicht mehr für richtig; vergl. mein Buch: „Das Keimplasma, eine Ver- 
erbungstheorie". J<»n 1892* 



Digiiizca by Lj<j\->^i'^ 



— 82 — 



Organismus bedingen. Diese Formgestaltung des Cyto-Idio- 
plasmas steht unter dem regulirpiulen Einfluss der Zellkerne." 
Die Zellkerne sind es also, „ welche die specifische Entmck- 
lungsriehtuiig in den Organismen bestimmen". 

Eine entschiedene und werthvolie Bestätigung dieser auB 
den neuen Beobachtung^ über die Befruchtung gewonnenen 
Ansicht y dass die Kerne es sind, welche der Zelle ihren 
specifisehen Stempel aofdracken, haben inzwisehen die Ver- 
suche Uber Regeneration der Infusorien gelieferti 
welche gleichzeitig von M. Nussbaum*) in Bonn und von 
A.6ruber') auf dem hiesigen zoologischen Institut angestellt 
wurden. Die Angabe von Nussbaum, dass ein künstliches 
Theilstüd: von Paramaecium, welches keine Kemsubstanz ent- 
hält, sofort abstirbt, darf zwar nicht verallgemeinert werden, 
da Grub er solche kernlose Stücke andrer Lifusorien einige 
Tage am Leben «:liiät Ueberdies war ja durch ihn bekannt, 
dass auch ganz leben^sche Individuen von Protozoen vor- 
kommen, die den der Art sonst zukommeuden Kern nicht be- 
sitzen. Was aber die Bedeutung des Kerns klar legt, das ist 
die von beiden Autoren festgestellte Thatsaehe, dass solche 
kernlose, künstliche Theilstücke eines Infusovinuis bich nicht 
wieder regeneriren, während dies kenilialtige Stücke 
immer thiin. Also nur unter dem Eiufluss des Kerns 
nimmt die um z ub i 1 dende Zell Substanz wieder den 
vollen A 1 1 1 y p u s an. Wir st cIimu somit mit dieser Auf- 
fai?siiiii,^ deb Kerns, als des bestiimiK nden Factors des speei- 
fist ln 11 Wesens der Zelle auf einem von allen Seiten bor 
gesicherten Boden, von dem aus sich wohl weiter vordringen 

Wenn nun also der erste Furchungskem die gesammten 
ererbten Entwicklungstendenzen des neu zu bildenden Indivi- 
duums in seiner Molekttlarstructur enthält, so kann dieses 



^) M. Nttssbaum, Sitningsber. niedenrhein. Ges. f. Katar- und 
Heilkunde^ 15. Decbr. 1884 

*) A. Gr aber, BioL Centndblatt Bd. IV, Nr. 23 n. Y, Nr. 5. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 83 — 



doch nur dadurch wirklich sich entwickeln, dass während der 
Fuiehung und den ihr nachfolgenden ZelltheUungen das 
Niicleoplasma bestimmte und verschiedenartige 
Veräuderungen eingeht, die eine Ungleichheit der be- 
treifenden Zellen zur Folge haben müssen; denn identisches 
Nueleoplasma bedingt eeteris paribos audi identische Zell- 
k5rpef und umgekehrt, die Thatsache also, dass der Embryo 
in der einen Bichtung stärker w&ehst als in der andem, dass 
seme ZeUsduehten von ganz verschiedner Natur sind und sich 
noch später zu verschiednen Organen und Geweben differen- 
ziren, yerlangt den BUckscbluss, dass auch die Kernsubstanz 
verschieden geworden ist, dass sie sich also in regelmässiger« 
gesetzmässiger Weise während der Ontogenese verüidert. Das 
ist denn auch Strasburger's Ansicht, ttberhanpt muss es 
heute die Ansicht eines Jeden sein, der die Entwicklung der 
Anlagen nidit aus vorgebildeten Edmehen , sondern aus dem 
molekQlaren Bau des Keimplasmas herleitet 

In welcher Weise und durcli welche Kräfte ändert 
sich aber das bestimmende Plasma oder Nucleo- 
plasma im Laufe der Ontogenese? Das ist die be- 
deutungsvolle Frage, von deren Beantwortung die weitereu 
Folgerungen abhängen. Die einfachste Annahme wäre die, 
dass sich bei Jeder Kerntheilimg das specitische riasnia des 
Kerns in zwei ihrem W esen nach ungleiche Hälften theilte, 
so dass dann auch der Zellkörper, dessen Charakter ja durch 
den Kern bestinimt wird, umgeprägt würde. So würden z. B. 
die zwei ei-sttm Furchungskugeln bei irgend einem Metazoou 
sich so vei ändern, dass die eine nur die Vererbungstendcnzeu 
des Entodernis, die andre die des Ektoderms enthielte und 
dass später also — wie dies ja thatsächlich vorkommt — aus 
der einen nur die Zellen des £ntoderms, aus der andem 
nur die des Ektoderms hervorgingen. Im Laufe der weiteren 
Theilungen würde dann die Urektodemizelle ihr Keinj^lasma 
wieder ungleich theilen, z. B. in das die erblichen Anlagen 
des Nervensystems enthaltende und in das die Anlagen der 
fiussem Haut enthaltende Kernplasnuu Aber auch damit wAre 



Digiiizca Ly Liuv - . 



— 34 — 



das Ende der ungleichen KerntheOungen noch lange nicht e^ 
reicht, sondern in der Anlage des Nervensystems sonderten 
sich im Laufe weiterer Zelltheilungen die Kemsubstanzen, 
weldie die Vmrbungstendenzen der Sinnesoigane enthalten, 
von deigenigen, welche die Yererbungstendenzen der Central« 
Organe enthalten u. b. f. bis zur Anlage aller einzelnen Organe 
und der Ausbildung der feinsten histologischen BBferenzirungen. 
Das Alles ginge vor sich in völlig gesetzmässiger Weise, genau 
so, wie es bei einer sehr langen Reihe von Vorfahren auch 
gegangen ist, und das Bestimmende und Richtende dabei wftre 
einzig und allein die Kernsubstanz, das Kernplasma, welches 
in der Keimzelle eine solche Molekükirstmctiir besässe, dass 
mit In oth wendigkeit alle andern Folgezustände der Molekülar- 
struetur der nachfoliienden Stadien der Kernsubstanzeu daraus 
hervorgehen mtissten, sobald die dafür erforderlichen äussern 
Bedingungen gegeben sind. Das ist ja aiuh nichts weiter als 
die Vorstellung von der ontogenetischen Entwicklung, welche 
auch bisher jeder nicht „evolutionistische" Euibryolog gehabt 
hat — mir mit Verlegung des bewirkenden Kraftcentrum in 
die Keijisubstanz. 

Einer solchen Auffassung stehen aber — so scheint es — 
die Erfahrunijen, welche man bei der indirekten Kenitheilung 
gemacht hat, entgegen, denn diese lehren, dass jede Mutter- 
Kemschleife der sog. „Kemplatte" ihre Substanz der Länge 
nach spaltet, und dass dabei die einzelnen färb- und sichtbaren 
Theilstücke der Schleife genau in zwei gleiche Hälften ge- 
theilt werden. Jeder Tochterkem erhält auf diese Weise 
gleichviel davon, und die beiden aus einer Kemtbeilung her- 
vorgehenden Tochterkeme können also — so scheint es — 
nicht verschieden, sie mtlssen vollkommen iden- 
tisch sein. So scbliesst wenigstens Strasb arger und 
betrachtet diese Identität der beiden Tochterkeme als eine 
fiindamentale Thatsache, an der nicht weiter zu rütteln ist, 
der man vielmehr sdne Erkl&rangsversache anzupassen hat 
Wie soll aber dann die allmftlige Umwandlung der Kem- 
snbstanzen zu Stande kommen, die doch nothwendig statt- 



Digitizca by Liu..- . «v. 



finden niuss , wenn die Kernsubstanz wirklich das Bestiinraeude 
bei der Entwicklung ist? Strasburger sucht sich damit 
zu helfen, dass er die Ungleichheiten der Tochterkeme, die 
ja auch er nothwen^igerweise annehmen niuss, ans ungleicher 
Ernähr 11 nf:r hervorgehen, 8ie also erst nachträglich entstehen 
lässt, nachdem die Theilung von Kern und Zelle bereits er- 
folgt ist Dagegen ist aber einzuwenden, dass — wie Stras- 
burger selbst gewiss völlig einwurfefipei darlegt — der Kern 
vom ZelMfper emAbrt wird, dass somit die Zellkörper der 
beiden identischen Tochterkeme yon yornberein yer- 
schieden sein müssen, wenn ihre Zellkerne in Ter- 
achiedner Weise beeinflnssen sollen. Wenn mm aber der 
Kern das Wesen der Zelle bestimmt, so können zwei identische, 
ans einer Mutterzelle durch Theilung entstandne Tochterkeme 
keine tmgleichen Zellkörper haben, ihre Zellkörper mttesen 
. yielmahr gleich sein! — Da nun aber thati^kchlich die Zell- 
körper zweier Tochterzellen häuüg sehr yerschieden in Grösse, 
Aussehen und weiteren Entwicklungsstufen sind, so geht schon 
allein daraus hervor, dass die Kerntheilung in solchen 
Fällen eine ungleiche sein muss. Der Kern muss 
die Fähigkeit besitzen, sich hier in Kcnisubstanzen von ver- 
schiedner Qualität zu spalten — das scheint mir ein 
unab weislicher Schluss. Strasliurger hat hier wohl die 
Sicherheit der Beobachtung übei-schätzt. Gewiss ist die von 
Flemnüug entdeckte, von Balbiani und Pf itzn er weiter 
analysirte Längsspaltiiiiu der. Kernschleifen eine Thatsache 
von grosser, ja gradezu fundamentaler Be(it utuiig, (üe besoiidei-s 
durch die in voriaeni Jahr nachfolgenden Beobachtungen van 
Beneden s über den Befruchtungsvorgang bei Ascaris einen 
klareren und bestinmiteren Sinn erhalten hat, als man ihr 
zunächst beilegen konnte. Sie beweist einmal, dass der Kern 
sich stets in zwei d e r M a s s e nach g 1 e i c Ii e Theile zerlegt, 
und weiter, dass bei jeder Keratheilmig gleich viel Kern- 
substanz vom Vater wie von der Mutter jedem Tochterkem 
zukommt; aber sie beweisst, meines Erachtens wenigstens, 
durchaus nicht, dass dabei die Qualität des elterlichen 

Weismann, Di« Oontiuuitat des KeimplasrnM. 3 



— 36 — 

Keruplasiiias auf beiden Seiten stets die gleiche sein müsse. 
Freilich sieht es so aus, und wenn wir die Inirsteilunf? des 
günstigsten Objectes, weiches bis jetzt dafür bekannt geworden 
ist, ins Auge fassen, nämlich den Befruehtungsvorgang des 
Ascaris-Eies , wie ihn van Beneden darp^estellt hat, so 
machen die beiden Längsbälften einer Schleife einen fast 
identischen Eindruek (vergl. z. B. a. a. 0. PI. XIXter Fig. 1, 
4 a. 5); allein man darf doch nicht vergessen, dass das, was 
vir da sehen, nicht die Molekülarstructur des Kernplasmas 
ist, sondern nnr ein im Verhältniss zu ihrer Gomplicirtheit 
sehr roher und grober Ausdruck ihrer Massen. Unsere 
stärksten und besten Linsen reichen grade hin, die Gestalt 
der einzelnen fiürbbaren Kömer einer zur Theilung sich an- 
schickenden Schleife zu erkennen, sie erscheinen uns kugel- 
ähnlich und später nach der Theilung zuerst halbkugelähnlich. 
Diese Kömer, die sog. Mikrosomen, sind aber nach Stras- 
burg er nicht einmal die dgentliche wirksame Kemsubstanz, 
sondern nur Nahrung für die zwischen ihnen gelegene, nicht 
filrbbare und desshalb auch nicht deutiich sichtbare eigentliche 
Kfflnsubstanz! Aber seien sie auch das wiikliche Idloplasma, 
so wOrde uns doch ihre Theilung in zwei genau gleich grosse 
Hälften keinerlei Aufschluss über die Grleichheit oder Un- 
gleichheit in der Beschaffenheit dieser beiden Hälften 
geben, vielmehr nur über das Massenverhältniss derselben, 
Aufschluss über die Qualität der ^Molekülarstructur der beiden 
Hälften können wir nur durch ihre Wirkungen auf 
den Zellkörper erhalten, und diese lehren uns 
eben, dass die Körper zweier Tochterzellen 
hiiufig der Grösse und Qualität nach verschieden 
sind. 

Der Punkt ist zu wichtig, um ihn iiirht noch durch emige 
Beispiele zu illustriren. Die so^:. Kichtungskörper, von 
denen später noch genauer Liehandelt werden soll, "welchp so 
viele thierische Eier bei ihrer Reifung von sich abschnüren, 
sind Zellen, wie zuerst Bütschli bei Nematoden nachwies; 
es ist ein Zelitheilungsprocess, der mit einer gewöhnlichen 



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- 37 - 



indirekten Kenitheilun^ iiifist*) von ganz typischer Form 
einherp:eht. Wer trotz der Beobachtunpfeu von Fol und 
Hertwig daran zweifeln möchte, den könnte ein Blick auf 
dii' leider zu wenif? bekannten Abbilduni^en überzeup:en, welche 
Trinchese'-) von diesem Process bei den Eiern gewisser 
Nacktschneckeu ge^'ebeu hat. Die Fier z. B. von Aniphorina 
coerulea bieten der Beobachtung ausserordentlich günstige Ver- 
bältnisse, indem sie nicht nur ganz durchsichtig sind, sondern 
auch der grosse und deutliche Eikern sich durch Farben- 
imterschied vom grtlnen Zellplasma abhebt. Bei diesen Eiern 
nun bilden sich zwei Bichtungszellen hinter einander, deren 
jede sich sofort noch einmal theilt, so dass dann vier Kich- 
tungszellen dem £ipol aufliegen. Warum gehen nun diese 
Yier Zellen zu Grande, während der im Dotter zurUekbleibeode 
Eikern sich mit dem Spermakem copulirt und mit Benutzung 
des EikOrpers zum I^iyo wird? Offenbar doch desshalb, 
weil die Natur der Bichtungszelle eine andre Ist als die der 
Eizelle. Da nun aber das Wesen der Zelle durch die Qualität 
des Kerns bestimmt wird, so muss diese Qualität vom Moment 
der KemtheiluDg an verschieden sein. Das zeigt sich ja auch 
schon darin, dass überzählig ins Ei eingedrungene Sperma- 
zeUen sich niemals um die Bichtungszellen kOmmem. Man 
könnte etwa in Strasburger^s Sinn einwerfen, dass die 
verschiedne Qualität der Kerne hier durch die sehr ver- 
schiedne Menge von Cytoplasraa, welches sie umhüllt und er- 
nährt, hervorgerufen werde — aber einestheils muss die Klein- 
heit des Zellkörpers der meisten Richtungskörper doch einen 
Gmnd haben, und dieser Grund kann wieder nur in der Natur 
des Kerns liegen, und andrerseits ist die Masse des Zellkörpers 



') Eine Aiisnalinie von dem gewnhaliclH-n Typus macht das Ei von 
Ascaria nach, den Beobachtuugeu von Nussbaum und von van Bene- 
den; doeh geht Letzterer wohl zu ireit, wenn er ans der geknickten 
Figur der lüchtiuigflgpindd schlieBst, dass es sich hier um «nnen von der 
gewöhnlichen Kemthellung ganz verschiedenen Vorgang haidle. 

^) Trinchese, ,1 primi momenti dell' evolusione nei moUaschi". 
Borna im 



Digiiizca by Liu^.' . 



— as — 



gmde bei den Richtungskörpern dieser Schnecke nicht nur 
ebenso grOB8, sondern eher grösser als die den Eikern um- 
gebende grttne Zellplasmakugel! Die Verschiedenheit der 
Richtungskörper von der Eizelle kann somit nur darin liegen, 
dass die Richtungsspindel bei ihrer Theilimg zwei qualitativ 
veischiediie Tocbterkeme liefert^). 

Warum sollten denn auch die Mikrosonien-Kugeln der 
Kemsehleifen — falls diese das Idioplasma wären — sich nicht 
in der Form und Gestalt nach gleiche, der Qualität nach 
aber ungleiche Hfilften theilen können? Sehen wir doch auch 
bei manchen Eizellen ganz dasselbe yor sich gehen; die zwei 
ersten Furchungskugeln des Begenwurm-Eiea sind nach Grösse 
und Gestalt ganz gleich, und dennoch wird aus der einen das 
£ntoderm, aus der andern das Ektoderm des Embryo. 

Ich glaube desshalb, dass wir der Annahme nicht ent- 
gehen können, dass bei der indirekten Kemtheilung ebenso- 
wohl eine Theilung in der Beschaffenheit nach ungleiche, als 
in gleiche Hälften vorkommen kann, und dass es davon ab- 
hängt, ob die dabei entstehenden Tochterzellen von gleicher 
oder von uiifileicher Art sind. Somit wird also während der 
Ontogenese eine schrittweise UnnvmidUuig der Kemsubstanz, 
die mit Nothwendl^keit und Gesetzmässiijkeit aus ilirer 
eignen Natur hervorgeht, stattfinden müssen, und ihr 
parallel laufend werden auch die Zellkörper ihren ursprüng- 
lichen Charakter allmäliff ändern. 

Welcher ATt nun diese Veränderungen der Kernsubstanz 
sind, lässt sich zwar im GenauPien nicht angeben, im All- 
genieiucn aber ganz wohl ei-schliessen. Wenn wir mit Nätreli 
annehmen dürfen, dass die molekülare Structur des Keim- 
Idioplasmas, oder nach uusrer Aiisdrucksweise des „Keim- 



^) So zwingend diese Schlussfolgening erscht'iiit, so luuss sie doch 
für diesen Fall unrichtig sein, wie aus Aufsatz XII zu ersehen ist. 
Die Richtungflzdlen enthalten di^elbe Kernsubstanz, die auch in der Ei- 
seile xurlkckbleibt Woher dann die ungleiche Zdltheilung kommt, bleibt 
i&fhBeIhttft. Der allgemeine Sats aber, dass ungleiehe Eemtbeilang 
voxkommt, wird dadurch nicht erschttttert. W. 1892. 



Digmzca by Ci^r..- . 



- 39 — 



plasnias" um so conipliiiiter sein muss, je compUcirter der 
Organismus ist, der sich daraus entwickelt, so wird auch der 
weitere Satz Billigimg finden, dass die moiekOlare Stmctor 
der Kernsubstanz um so einfacher sein muss, je weniger 
(iitterente Gebilde daraus hervorgehen sollen, dass also die 
Kernsubstanz der vorhin erwähnten, das gesammte Ektoderm 
potentia in sich enthaltende FurchungszeUe des Begenwurms 
eme verwickeitere Molekulaistructur hesitzt, als die Kern- 
substanz z. B. einer Epidermiszelle oder Nervenzelle« Man 
wird dies zugeben , wenn man sich vergegenwärtigt, dass in 
der molekularen Struetur des Keimplasmas aJle Einzelheiten 
des gesammten Oiganismus durch irgend eine spedelle und 
eigenthttmliche Anordnung der Molekfllaigruppen (Micelle 
Kägeli's) enthalten s^n mflssen, und nicht nur die sämmt- 
liehen quantitativen und qualitativen Charaktere der Art, 
sondern auch alle individuell Variationai, soweit dieselben 
erblich sind. Das Grübchen im Kinn mancher menschlicher 
Familien , die physische Ursache aller noch so unscheinbaren 
erblichen Gewohnheiten, die vererbbaren Talente und sonstigen 
Geistesanlagen, sie alle müssen in der winzigen Quantität von 
Keiuiplusiiia, welches der Kein einer Keimzelle birgt, enthalten 
sein, — nicht als vorjrebildete Anlagen (Keimchen der Pan- 
genesis), wohl abei- als Abweichungen in der Molekülar- 
stmctur; wäre dies nicht möglich, so könnten auch solche 
Charaktere nicht vererbt werden. Nun hat uns ja Naj^eli 
in seinem au unre^ii iideu Gedaukenfolgen überaus reiclien Ihich 
gezeigt, dass in der That auch in einem Volumen von einem 
Tausendstel Knbikmillimeter nocli eine so enome Zahl 
(400 Millionen) von Micellen an<2:enommen werden dürfen, 
dass für die verschiedenartigsten und complicirtesten An- 
ordnungen derselben die Möglichkeit gegeben ist. Es muss 
also das Keimplasma in den Keimzellen eines bestimmten In- 
dividuums einer Art dm*ch irgend welche noch so geringfügige 
Verschiedenheiten seiner MolekUlai-structur sich von dem eines 
andern Individuums tmterscheiden» während sieh das Keim- 



Digiiizca by Liu^.' . 



plasma der Ai-t wiedemm von dem Keimpksma aller andern 
Arten unterseheiden muBS. 

Diese ErwSgangen lassen auf eine ausserordenflich hohe 
Ckimplication der If olektdaistruetnr des Kdmplasmas aller 
höheren Thiere flchUesa^, und sie machen es wohl zugleich 
einleuchtend, dass diese Gomplication wfthrend der 
Ontogenese schrittweise abnehmen muss, in dem 
Maasse, als die Anlagen» welche aus einer Zelle 
noch hervorzugehen haben und deren molekularer 
Ausdruck das Kernplasma ist, weniger an Zahl 
werd en. Man wird mir nicht eine Art von Einschachtelungs- 
theorie vorwerfen wollen; ich meine nicht, dass vorgebildete 
Anlagen im Plasma der Kerne enthalten sind, die nun nach 
rechts und links hin während des Aufbaues der Organe ab- 
gegeben werden, so dass ihrer immer weniger werden im ein- 
zelnen Kern, je weiter die Entwicklung voranschreitet; ich 
meine vielmehr, dass die Complicirtheit der Molekülarstmetur 
iibiiunmt in dem Maasse, als die EntwickliinGfsmöglichkeiten, 
deren Ausdruck die Molekülarstructur des Kerus ist, an Zahl 
abnehmen. Das Plasma, welches noch zu hundert verschiedneu 
Plasma - Modificationen durch verschiedne Gruppirung seiner 
Theilchen die Möglichkeit enthält, muss zahlreichere Arten 
und eine (•(miplicirtero AiKirduuiig solcher Theilchen enthalten, 
als das Keniplasma, welches nur noch den Charakter einer 
einzijren Zellenart zu hpstimmen hat. Zur Xoth lasst sich 
der Vorgang der Keniplasma-EntwicklunL^ wiilunid der Onto- 
genese mit einer Armee vergleichen, die aus mehreren Armee- 
corps zusammengesetzt ist, von denen jedes wieder seine eigen- 
artigen Divisionen u. s. w. hat. Die ganze Ainiee ist das 
Kemplasma der Keimzelle; hei der ersten Zelltheilung, in die 
Urzelle des Ekto- und des Entoderms etwa, trennen sich die 
beiden ähnlich zusammengesetzten, aber doch verschiedne Ent- 
faltungsmöglichkeiten enthaltenden Armeecorps, bei den folgen- 
den Theilungen werden die Divisionen detachirt, bei späteren 
die Brigaden, Regiments, Bataillone, Compagnien u« s. w., 
und in dem Maasse, als die Truppenkdrper einfacher werden, 



Digitlzca by 



— 41 — 



verringert sidi aneli ihr WiTkungskreis, ibre AeHonsspbäre. 

Freilich hiiikt das Glelchniss nach zwei Seiten, indem einmal 
nicht ilie Masse des Kemplasmas abnimmt, sondern nur seine 
ComplicHtioii , und indem zweitens die iüaft einer Armee in 
erster Linie immer von ihrer numerischen Stärke und niclit 
von der Complicirtheit ihrer Zusammensetzung abhängt. Auch 
wird man bich nicht vorstellen liurien, dass bei den ungleichen 
Kerntheilungen einfach eine Theihms der Molekülarstructur 
stattfinde , wie das Herausziehen ciiit s Regiments aus der 
Brigade, sondern die MoleKiil;ii-1iin tiir des Mittelkerns wird 
sich so verändern, dass eine oder da^^s lieide Tfieiliuillten 
eine neue Structur erhalten i die früher noch gar nicht da- 
gewesen war. 

Meine Voi-stelhmg von dem Verhalten des Idioplasmas 
in der Ontogenese unterscheidet sich von der Nägel i's nicht 
etwa blos darin, dass dieser nur Veränderungen desselben in 
seinen „Spaunungs- und Bewegungszuständen'* zulfiBst, sondern 
darin, dass derselbe sich das Idioplasma aus „ Anlagen 
zusammengesetzt denkt. Offenbar hängt dies aufs genaueste 
zusammen mit seiner Vorstellung von der Einheit des Idio- 
plasma- „Netzes" im ganzen Körper, und er würde vielleicht 
aneh zu einer andern Auffassung gekommen sein, wenn ihm 
schon die Thatsache vorgelegen h&tte, dass das Idioplasma 
nur in den Kernen zu suehen ist. Seine Auffassung der 
Ontogenese geht am besten aus folgender Stelle hervor: „So- 
bald die ontogenetische Entwicklung beginnt, so werden die 
das erste Entwicklungsstadium bewirkenden Mi* 
eellreihen im Idioplasma th&dg. Das active Waefasthum dieser 
Reihen veranlasst zwar ein passives Waehsthum der ttbrigen 
Reihen, und eane Zunahme des ganzen Idioplasmas vielleicht 
auf ein Mehr&ches. Aber die baden Waebsthumsintensitäten 
sind ungleich, und die Folge davon ist eine steigende Spannung, 
welche nothwendig und je nach Zahl, Anordnung und Energie 
der activen Reihen, früher oder später die Fortdauer des 
Processes zur Unmöglichkeit macht. Actives Wachsthum und 
Erregung gehen nun ni Folge der Gleicligewichtsstörung in 



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die ziftchste Anlagegrappe, welche die als Beiz irirkeade 
SpaimuBg am stärksten onpfindet, über, und dieser Wechsel 
wiedeibolt sidi, bis alle Anlagegruppea dnrchlaufen sind und 
die ontogenetisehe Entwicklung mit dem Stadium der Fort- 
liflanzung auch wieder bei dem ursprünglichen Keimstadium 
anlangt 

N&geli läBst also die veisehiednen Stadien d^ Onto- 
genese aus der Thätigkeit bestimmter Partbien desidio- 

plasmas hervorgehen ; bestimmte „Micellreihen des Idioplasmas" 
stellen die „Anlage" bestimmter Bildungen im Orfjanismus 
ihu', und indem eine solche Anlage in „Kneguiiu gtiicith, 
brinixt sie die hetreffemlo Bildung zu Stande. Ich gestehe, 
dass ich in dieser Vorstellungsweise doch immer noch eine 
Aehnlichkeit mit der Pangenesistheorie Darwin 's sehe; die 
„Anlagen" und „Aulagengiuppon" Näs:eli*s sind die aller- 
dings ungemein verfeinerten „lieimcben" der Pangenesis, die 
in Thätigkeit treten, wenn ihre Keihe trekommen ist, wie 
Darwin sagt, oder wena sie in „Erregung" gerathen, wie 
Nägel i sagt. Wenn < hk Anlagengruppe" durch ihr „actives 
Wachsthum" oder ihre „Erregung ein gleiches actives Wachs- 
thum, oder eine gleiche Erregung in der folgenden Grui)pe 
herbeigeführt hat, so kann die eretere Gruppe mit diesem 
Uebergang zur Ruhe gelangen, oder sie kann neben ihrem 
Kachfolger noch längere oder kürzere Zeit thätig bleiben. Ihre 
Erregung kann selbst eine unbegienzte Dauer annehmen, wie 
dies bei der Laubblattsprossbildung vieler Pflanzen der Fall ist.** 
Man sieht, dass die ganze Vorstellung Nägel i's aufe 
innigste verwachsen ist mit der Annahme einer Einheit des 
gesammten Idioplasmas durch den Organismus hindurch« Nur 
dann kann bald diese, bald jene Parthie des Idioj^asmas 
in Erregung gerathen und nun die ihr entsprechenden Organe 
zur Ausfllhrong bringen. Sobald wir annehmen mOssen, dass 
das Idioplasma, welehes in einem Organismus enthalten ist« 
nicht än direkt zusammenhängendes Ganzes darstellt, sondern 
aus Tausenden einzeboier Kemplasmen sidi zusammensetzt, 
welche erst durch Vermittlung der Zellkörper in Beziehung 



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treten, so iiiut-eii wir statt idioplasmatischer „Anlagen" sageu: 
„Oütugeiietische Entwicklungsstufen des Idio- 
plasmas". Die verschiedenen Varietäten des Nucleoplasnias, 
wie sie in der Ontogenese entstehen, stellen gew isser maassen 
solche Anlagen dar, indem sie vermöge ihrer molekülaren 
Beschaffenheit die Zellkörper, welche sie beheiTSchen, zu einer 
Bpeeifischen BeschaiTenheit 1)estimmen und ebenso die Kem- 
imd Zellfolgen, welche unter bestimmten Umst&nden ans ihnen 
hervorgehen können. 

Nur in diesem Sinn könnte ich von Anlagen reden. 
Sonst aber kann ich mir nicht vorstellen, dass bestimmte 
Anlagen im Sinne N&geli's im Idioplasma enthalten sein 
könnten. Wohl darf man vermuthen, dass z. B. das Idio- 
plasma des Furdiungskenis steh nicht sehr stark vom Idioplasma 
der zweiten ontogenetischen Stufe der beiden folgenden 
Furcfaungskeme unterscheiden wird, vielleicht werden nur 
einzelne ,,Micellreihen* verschoben oder irgendwie anders 
geordnet Aber die Mioellreihen sind desshalb noch nicht die 
„Anlage^ des zweiten Stadiums gewesen, sondern die zweite 
ontogenetische Stufe des Idioplasmas unterscheidet sich von 
der ersten eben durch eine um Weniges verachiedne Conügura- 
tion der Molektdarstructur. IHese Stmetur bedingt wiederum 
unter normalen Entideklungsverhaitnissen die Veränderung 
zu den vei-schiedenen MolekUlarstructuren des Idioplasmas der 
dritten Stufe u. s. w. 

Man wird meiner oben vei'suchten Beweisführung, dass 
das Idioplasma der verschiednen ontogenetischen Stufen eine 
immer einfachere Molckülarstructur annehmen müsse, >1elleicht 
entjregenhalten, dass sie mit dem biogenetischen Grundgesetz 
niclit stimme. Die Organisation der Arten hat doch im Laufe 
der Phylosrenese im Ganzen an Compiiciitheit ungemein zu- 
genommen; woiiH nun in der OntoLienese die i)hyletischen 
Stadien durchiauien werden, so müsste doch — so scbeint 
es — die Stnictur des Idioplasmas im Laufe der ( )ntoij( iu'se 
immer verwickelter werden, nicht aber immei- cinfinher. 
Dagegen ist aber zu erwägen, dass die Complidrtheit des 



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ganzen Organismus sich nicht durch die Molekül a ist nictur 
des Idioplasmas eines einzelnen Zellkerns darstellt, 
sondern dass man dazu die Idioplasnien sämmtlicher gleich- 
zeitig vorhandener Zellkerne des Köq)eT'? zusammenzählen 
niüsste. Die Keimzellen, d. h. das K e i m k e r n - 1 d i o p 1 a s m a 
muss allerdings um so complicirter sein, je complicirter der 
Organismus ist, der daraus hervorgehen soll, die einzelnen 
Kernplasmen der ontoKenetiscben Stufen aber können relativ 
viel einfacher sein, ohne dass dadurch das gesammte Idio- 
plasma des ganzen Organismus an Complication verlöre, weil 
eben nur alle Kernplasmen zusammengerechnet den Ausdruck 
der betreifenden Entwicklungsstufe geben. 

Wenn nun also angenommen werden muss, dass der 
molekulare Bau des Kernplasmas im Laufe der Ontogenese 
immer einfsusher wird, in dem Maasse, als dasselbe immer 
weniger verscbiedne Entfiiltungs- Möglichkeiten in sich zu 
enthalten braucht» ^so müssen die definitiven Gewebezellen, 
Muskel-, Nerven-, Sinnes-, DiHsenzellen den relativ einfachsten 
molekolaren Bau ihres Kemplasmas besitzen, da aus ihnen 
keine neue Modification von Kemplasma mehr hervorgeht, da 
vielmehr solche Zellen, wenn sie sich Überhaupt fortpflanzen, 
nur nodi ihres Gleichen erzeugen. 

Damit bin ich wieder an der Frage angelangt, auf welche 
es mir vor Allem anzukommen scheint: wie entstehen 
die Keimzellen im Organismus, wie ist es möglich, 
dass aus dem Kernplasma der Zellen des Körpers, welches 
doch durch stete Vereinfachunij: seiner Molekül arstructur seine 
Fähigkeit, den ganzen Kör{)er hervorzubringen, längst ver- 
loren hat, sich wieder das Kerui>lasma der Keimzelle hervor- 
bildet mit seiner alle specifischen und individuellen Eigen- 
schaften potentia enthaltenden . inieiullii h complicirten Mole- 
külarstructur? Ii h gesteiie, dass mir dies <?anz undenkbar 
vorkommt ; ich sehe nicht ein, welche Kraft es zu Wege bringen 
sollte, das gewissermaassen auf eine einzige Zellart ver- 
einfachte, specialisirte Kernplasma der somatischen Zellen — 
und aus solchen besteht ja der gesammte Organismus nach 



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Abrechnung der Fortpilanzungszellen ~ wieder in das generelle 
Keimplasma zurückzuverwandelu. 

Biese Schwierigkeit ist auch von Andern schon gefüldt 
worden. Ich habe schon oben auf die Ansicht von Nuss- 
baum^) hingewiesen, der von dem Gedanken ausging, dasB 
Zellen, die bereits für eine specielle Function diiferenzirt sind, 
nicht wohl zu Geschlechtszellen mehr sich umwandeln könneUf 
und daraus dann weiter ableitete, dass die GeBchlechtszellen 
äch „zu einer sehr frohen Zeit — vor jeder histologischen 
Diiferönzirung — in der embryonalen Anlage** von den tlbrigen 
Zellen schon absondern müssten. Yalaoritis') wurde durch 
denselben Gedanken, die Umwandlung histologisdi differenzirter 
Zellen zu Geschlechtszellen sei unmöglich, zu der Annahme 
verleitet, die Geschlechtszellen d^ Wirbelthiere entstünden 
aus weissen Blutzellen, da er diese ftkr möglichst wenig diffe- 
renzirt ansah. Beide Ansichten sind nicht haltbar, die eistere 
desshalb nichts weil thatsftchlich die Sexualzellen aller Pflanzen 
und die der meisten Thlere nicht schon von vomherdn sich 
von den somatischen Zellen absondern, die zweite aber dess- 
halb, weil ihr die Thatsachen widersprechen, weil die Sexual- 
zelleii der Wirbelthiere eben nicht aus Blutzellen hervorgehen, 
sondeni aus dem Keimepithel. Aber wenn das auch nicht 
sicher wäre, müsste man doch aus rein theoretischen Gründen 
behaupten, dass eine Uniwandlunir beliebiger Blutzellen zu 
Keimzellen niclit möglich sei, und zwar desshalb, weil es 
ein grosser Irrthum ist, diese Blutzellen für 
histologisch undifferenzirt und ihr bestimmendes 
Plasma für dem Keini])lasma tjleicli zu erachten. 
Es gibt im Organismus überhaupt keine undirtei enzirtcn Zellen 
in dipspiri Rinne, sie haben alle einen bestiumiten Grad von 
Diüerenziruiig, mag dieselbe nun eine eng begrenzte, einseitige, 
oder eine mehr vielseitige sein, vor Allem liegen sie alle ohne 
Ausnahme weit von der £izeUe ab, die ihnen den Ursprung 



>) Aich. n^. Anal. Bd. XVni u. XXHL 

*) Talaoritis. „Die Genesis des ThleiyEies'. LeijNsig 1882. 



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gab, sind alle durch zahlreiche Zeilgenerationen von ihr ge- 
trennt. Das hoisst aber nichts Anderes, als dass ihr Idio- 
plasma weit abweicht in seiner Beschaftenheit von dem der 
Eizelle, vom Keimplasma. Schon die Kerne der zwei ersten 
Furchungskugeln können nicht dasselbe Idiuplasma enUialten, 
welches der Furchungskem enthielt, geschweige denn irgend 
eine der später entstehenden Kinbryonalzellen. Nothwendiger- 
weise inuss sich die Beschaffenheit des Idioplasmas im Laufe 
der embryonalen Entwicklung immer weiter von der des Für- 
chungskerns entfernen, nur die des Furchungskerns 
18t aber Keimplasma, d. h. enthält die Strnctnr, 
aus deren Wachsthum wieder ein ganzer Orga- 
nismus hervorgehen kann. Es scheint freilich, als ob 
Manche es f&r selbstverstündlich halten, dass jede ^embryonale* 
Zelle den ganzen Oiganismus unter günstigen Verhältnissen 
wieder hervorbringen könne; genauere Ueberlegung eigibt 
aber, dass dazu nicht einmal di^enigen Embiyonalzellen im 
Stande sein können, die dem Ei nodi am nädisten stehen: 
die beiden ersten Furehungszellen Man braucht nur 
daran zu denken, dass in manchen Fällen aus der einen der- 
selben das Ektoderm des Thieres, aus der andern das Ento- 
derm hervorgeht, um eine solche Annahme fallen zu lassen 
und zuzugeben , dass das Idioplasnia schon der beiden ersten 
Embryonalzellen v e r s c h i e d e u sein ni u s s und nicht mehr 
die Fähigkeit besitzen kann, aus sich allein den gaii/tu 
Orpfanismus zu erzeugen. Wenn aber die dem Ei noch am 
michsten stehenden Zellen dies nicht vermögen, wie sollte es 
eine der späteren Embryoualzellen vermögen, oder gar irgend 
welche Zellen des ausgebildeten Thierleibes? Man spricht ja 
allerdings oit genug von Zellen „von embryonalem Charakter", 



') Wir wissen heute, dass die erbten Futchungäzellen der Ascidien 
und Seeigel dennoeh dam im Stande sind. Die Vemidie von Ghabry 
und Driesch beweisen es; sie videiiegen aber nicht die obigen Schluss- 
folgerungen, weil es sich dabei um besondere Ausrüstungen dieser ZeUen 
handelt W. 1892. 



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und erst kOrzlich hat von Kölliker*) eine ganze liste 
solcher Zellen gegeben, wonmter sich Osteoblastent Knorpel-» 
Zellen, lymphoide Zellen , Bindesubstanzzellen befinden; aber 
gesetzt, diese Zellen verdienten wirklich diese Bezeichnung, 
vas nfttzte dies zur Erfclinmg der Keimzellenbildung, da doch 
ihr Idioplasma weit verschieden sein muss von dem einer 
KeiinzelJe? 

Es ist eine Täuschiiiii,% weun man glaubt, irLjeiKl Etwas 
von der Bildunp: der Keiinzelleo begriflfen zu liabeu, wenn 
man auf die Zellen von „embryonalem Charakter" hinweist, 
die im Kori)er des reifen Organismus enthalten sein sollen. 
Ich weiss wohl, dass es Zellen von sehr scharf aus.uei)ra;iter 
histologischer Differenzirung gibt und solclie von sehr sehwach 
ausgeprägter; die Schwierigkeit aber, Keimzellen aus ihnen 
entst^en zu lassen, ist bei den letzteren um gar Nichts ge- 
ringer als bei den ersteren; sie enthalten beide Idioplasma 
von anderer Beschaffenheit als die Keimzelle, und ehe nicht 
erwiesen wird, dass „somatisches" Idioplasma id^erbaupt rück- 
verwandelt werden kann in Keim- Idioplasma, haben wir kein 
Becht, aus einer von ihnen Keimzellen entstehen zu lassen. 

Dasselbe gilt auch für die eigentlichen „embryonalen" 
Zellen, d. h. ^e Zellen des Embryo, und aus diesem Grunde 
erscheinen mir jetzt jene Fälle von frCdizeitiger Tremnmg der 
Sexualzellen von den somatischen Z^en» wie ich sie wieder- 
holt als Hinweise auf die Continuitftt des Keimplasmas geltend 
machte, an und für sich nicht m^r von so entscheidender 
Bedeutung, wie zu der Zeit, als wir über die Localisation des 
Idioplasmas in den Kernen noch nicht im Klaren wai*en. In 
den meisten dieser Falle sondern sich nämlich die Keimzellen 
nicht üiihüii im Bc^mu der Embryogenese von den übrigen 
Zellen, sondern erst in ihrem ferneren Verlauf. Nur die Pol- 
zellen der Dipteren machen davon eine Ausnahme. Wie 



^) Kdlltker, „Die Bedeatuiig der ZeUkerae" etc. Zeüscbr. t wiss. 
Zool. Bd. tö. 



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Robin M und ich selbst^) vor langer Zeit schon michwieson, 
sind sie die mston Zellen, wt^khe sich überhaupt im Ei bilden, 
und nach späteren BeobacUtiuigeu von Mecznikow'*) und 
Balbiani*) werden sie zu den Sexualdrüsen des Embryos. 
Hier liegt also wirkliche direkte Continuität des Keiiiiplasmas 
vor; aus dem Kern der Eizelle jrehen direkt die Kerne der 
Polzellen hervor, und Nichts steht der Annahme im Wege, 
dass die letzteren das Idioplasma des Furdmn<?skcrns UE- 
verändert übernehmen und mit ihm die Vererbungstendenzen, 
deren Träger es ist. In allen andern Fällen aber gehen die 
Keimzellen durch TheiUmg späterer Embr}'onalzellen hervor, 
und da diese selbst einer sp&teren ontogenetischen Stufe des 
Idioplasmas angehören, so kann hier eine Continuität des 
Keimplasmas nur dann gefolgert werden, wenn man mit mir 
annimmt, dass ein kleiner Theil des Eeimplasmas bei der 
Theilnng des Fnrehungskems unTerftndert und dem Idioplasma 
gewisser Zellfolgen beigemischt bleibt, und dass die Bildung 
wirklicher Keimzellen dadurch zu Stande kommt, dass im 
Verlauf dieser ZeUfolgen und Zelltheilungen zu irgend einer 
Zeit Zellen gebildet werden, in denen das Keimplasma zur 
Herrschaft gelangt Sobald man aber diese Annahme machen 
muss, ist es theoretisch ganz gleichgültig, ob das reservirte 
Keimplaama in der dritten, zehnten, hundertsten od^ million- 
sten Zellgeneration zur Hensdiaft gehmgt. Desshalb sind jene 
FSlle früher Abtrennung der Keimzellen durchaus kein Beweis 
dalOr, daas hier ein direkter Zusammenhang der elterlichen 
und der kindlichen Keimzelle vorlieut, denn eine Zelle, deren 
Nachkoinnit'ii /um Theil somatische Zellen werdoü, zum Theil 
Keim/ellen, kann selbst die Aatur einer Keimzelle noch niclit 
besitzen. Wohl aber kann sie Keim Idioplasma mit sich führen 
und dadurch die Vererbunfjrssubstanz vom elterlichen auf den 
kindlichen Keim übertragen. 

*) Gompt rend. Tom. 54, p. 150. 

2) Entwickl. d. Dipteren. Leipzig 1864. 

^) Zcitschr. f. wisö. Zool. Bd. XVI, p. 389 (186$). 

*J Compt. read. X3. Nov. 1882. 



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Will luuii aber diese Annahme nicht luaelien, dann bleibt 
Nichts iUnig, als dem Idioplasma der verschiednen ontojzeue- 
tischeu Stufen die FiUii'jkeit zuzuschreiben, sich wieder in die 
erste Stufe, d.h. in Keiinplasma, ziirückzuverwandeln. Stras- 
burger liLsst denn auch die Zellkerne (ä. h. deren Idio- 
plasma) sich im Laufe der Ontogenese verändern und am 
Schluss der Ontogenese nieder „zum Keimstadium zurück- 
kehren'*. Schon die blosse Wahrscheinlichkeitsrechnung spricht 
aber gegen eine solche Möglichkeit Nehmen wir z. B. einmal 
au, das Idioplasma der Keimzelle, das Keimplasma, werde 
durch 10 verschiedne Bestimnmngsstücke definirt, von denen 
jedes wieder zwei Möglichkeiten darbiete, so wäre die Wahr- 
scheinlichkeit, dass eine bestimmte Combination eintritt, 
gleich Vi^^ = Vios«; das heiast, die Bückverwandlung eines 
somatischen Idioplasmas in Keimplasma wird unter 1024 Ver- 
suchen dn Mal gelingen, sie wird folglich nie zur Regel 
werden können. Nun leuchtet es aber ein, dass man f&r 
die complidrte Stroctur des Keimplasmas, welche die ganze 
Individualitat des Erzeugers bis zur »Porträtähnlichkeit** 
potentia in sich enthält, nicht mit 10 Bestimmungsstftcken 
ausreicht, sondern dmn eine überaus grosse Anzahl setzen 
muss, und weiter, dass auch die Möglichkeiten der dnzdnen 
Bestimmungsstttcke viel grösser als zwei angenommen werden 

1" 

müssen nach der Formel — , wobei p die Möglichkeiten, n die 

Bestimmungsstücke sind. Wir bekommen dann also bei sehr 
massiger Steigerung von jj mui ii schon so geringe Wahr- 
scheinlichkeiten, dass sie gradezu die Annahme einer Rück- 
verwandlung bouiatischen Idioplasmas in Keimplasma aus- 
scbliessen. 

Man wird mir einwerfen, dass in den Fällen frühzeitiger 
Trennung dei- Keimzellen von den somatischen Zellen diese 
RückverwaiKlluMLr viel wahrscheinlicher sei. Das wäre sie in 
der That , iiiid es liesse sich Niciits i^cm ii die Möglielikeit 
sagen, dass ditö Idiopla^sma der (Ititttii Zellgeneration etwa 
den Schritt zum Keimplasma zurUcktliäte, obgleich natürlich 



Digitized by G<.jv.' vic 



I 



— so- 
mit der Möglich l<( it noch keineswegs die Wirklichkeit solchen 
Oeschehens bewiesen wäre. Allein wo sind die zahlreichen 
Fälle, in denen die Sexualzellen so früh schon sich sondern? 
wie soltpn trpnnp]i sich die Sexualzellen auch nur schon im 
Veriaut der eigentlichen Furchung des Eies? Bei Daphniden 
(Moina) geschieht dies im ftinften Furchungsstadium^), immer- 
hin noch ungewöhnlich früh, aber doch ei-st, nachdem bereits 
fünf Mal das Idioplasma seine Molekülarstructur geändert hat; 
bei Sagitta^) erfolgt die Abtrennung erst zur Zeit der Ein- 
stülpung des Urdarms, d. h. nachdem bereits mehrere Hunderl 
Embryonalzelleu gebildet sind, nachdem also das Keimplasma 
seine Molekttlarstructur zehn oder mehr Mal geändert hat 
In den meisten FftUen aber erfolgt die Trennung viel sp&ter, 
V nnd hei Hydroiden erst nach Hunderten oder Tausenden von 
Zellgenerationen, ebenso irie bei den höheren Ffianzen, wo ja 
die Erzeugung von Keimzellen ans Ende der Ontogenese fiült 
Die Wahrseheinlichkeit einer Rttckverwandlung irgend einer 
Art von somatischem Idioplasma zum Eeimplasma wird hier 
unendlich Mein. 

Diese Erwägungen beziehen ncfa allerdings nur auf plötz- 
liche, sprungweise Umwandlung des Idioplasmas. Liesse sich 
nachweisen, dass hier wirklidi eine cyhltsche Entwicklung vor- 
läge und nicht Mos der Sehein einer solchen, so wfire 
Kichts gegen die Elkchverwandlung einzuwenden. ^ ist nun 
zwar in neuester Zeit von Mi not*) behauptet worden, alle 
Entwicklung? sei cyklisch, dem ist aber offenbar nicht so, wie 
denn schon Xäa-eli hervorgehol)en hat, dass es auch grad- 
linige Entwickluagbhahüen gibt, oder überhaupt solche, die 
nicht in sich zurücklaufen. Die phyletische Entwicklung der 
gesammten Orisranisnieuwelt gibt ein klares Beisjiiel fl^r eine 
Entwicklung der letzteren Art. Denn wenn dieselbe auch 
noch lange nicht abgelaufen ist, so kann man doch voraussehen, 



*) Grobben, Arbeiten d. Wiener zooL Instituts, Bd. II, p. 203. 

Bütschli, Zeitschrift f. wiss. Zoologie, Bd. XXm, p. 409. 
*) „Sdence" YoU IV, Kr. 90, 1884. 



Digitizcü by LjO^i .l^^ 



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dass sie niemals in der Weise \inikehren wird , das« sie 
durch dieselben Phasen h i n d u r e ii rückwärts wieder 
zu ihrem Anfanfjspunkt gelangte. Niemand wii-d für möglich 
halten, dass die heutigen Phaneioganien im Laufe der Erd- 
geschichte wieder alle Stadien ihrer phyletischen Entwicklung 
in rilcklaufeDderBeihenfolge durchmachen und auf diese Weise 
wieder zur Form von dnzelligen Algen und Moneren zurück- 
kehren werden; oder dasB die beutigen placentalen Sänger 
wieder zu Beutelsäugem, Monotremen, säugerartigen Keptilien 
u. 8* w., bis ficbliesslich zu Bonnern und Moneren berabeinken 
werden. Warum sollte aber, was in der Phylogenese unmög- 
lich scheint, in der Ontogenese stattfinden können, und ab- 
geseben davon, ob es möglich scheint oder nicht: wo sind 
die Beweise dafür, dass es stattfindet? Wenn sieb zeigen 
liesse, dass vom Nudeoplasma jener somatischen Zellen, die 
sich z. B. bei den Hydroiden zu Keimzellen umwandeln, 
zahlreiche Entwicklungsstufen zurückführten zum Nudeoplasma 
der Keimzellen, so wftre das ein Beweis. Nun können wir 
ja allerdings die Differenzen in der Structur des Idioplasmas 
höchstens aus seinen Wirkungen auf den Zellkörper, nicht 
aber direkt erkennen, aber audi der Zellkörper zeigt uns 
nichts Derartiges. Hat die Vorwärtsentwicklung so zahh-eiche 
Stufen nöthig gehabt durch den Furchungsprocess, den ganzen 
Aufbau des Embryos hindureli u. s. w., so berechtigt Kiolits 
zu der Annahme, dass die liückwärtsentwicklung mit oineui 
Spnmge geschehen könnte; es müssten also doch mindestens 
von jenen (iewebezellen von ^embryonalom Charakter", die 
sich zu Urkeimzelien auslnlden, die Hauptphasen ihrer Onto- 
genie wieder rilckwärts durchgemacht werden. Eine plötz- 
1 1 • ht' Umwandlung des Nucleoplasmas einer somatischen Zelle 
zum Keruplasma der Keimzelle würde kaum ein grösseres 
Wunder sein, als die eines Saugers zu einer Amöbe. Von 
solchen Rtlckentwicklungsstuf<^n ist nun aber Nichts zu er- 
kennen, vielmehr — wenn wir von dem Aussehen der ganzen 
Zelle auf die Stractur ihres Kern - Idioplasmas schliessen 
dürfen — geht die Entwicklung einer Urkeimzelle vom Moment 

Weiamaun, Die Coutiauitttt de« Xelmplaamas. 4 



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ihrer erkennbaren nifferenzirunff an stetig vorwärts bis zur 
ausgPijrägten männlichen oder weiblichen Geschlechtszelle Inn. 

Ich weiss wohl, das8 von !Strasbur^?er gesa^it wui ii, 
bei der letzten Ueituug der Geschlechtszellen „kehre die Sub- 
stanz der Zellkerne wieder zu dem Zustand zurt^ck, den sie 
zu Bejjiun der ontogenetischen Entwicklung besass", aber das 
ist kein Beweis, sondern nur eine im Dienste der Theorie 
gemachte Annahme. Ich weiss auch wohl, dasB Nassbaum 
und Andre bei der Bildung der Spermatozoen höherer Thiere 
auf einem gewissen Entwicklungestadium eine rückläufige Ent- 
wicklung einsetzen lassen; aber selbst wenn diese Deutung 
richtig wäre, würde diese Rückwärtsentwicklung doch nur bis 
zur Urkeimzelle führen, würde also unerklärt lassen, wie da^ 
Idioplasma dieser Zelle sidi nun weiter zu Keimplasma um- 
wandelt; das wäre aber gerade die Hauptsache, wenn man 
eben nicht mit mir die Annahme machen wiU» dass in ihr 
nodi unverändertes Keimplasma enthalten ist. — Alle Ver- 
suche, eine solche Bückverwandluug somatischen Kemplasmas 
m Keimplasma wahrscheinlich zu machen, scheitern schliess- 
lich an den Verhältnissen hd den Hydroiden, bei welchen 
von zahllosen sogenannten „embryonalen** Zellen des Körpers 
nur ganz bestimmte die Fähigkeit haben, zu Uikeimzellen zu 
werden, die übrigen nicht. 

Ich muss desshalb die Vorstellung, dass somatisches Kem- 
plasma sich wieder rückwärts in Keimplasma umwandeln 
könnte, jene Vorstellung, die man etwa als „Kreislauf des 
Keimplasmas'' bezeichnen könnte, für irrig halten. 

Dieselbe ist übrigens auch phylogenetisch begründet 
worden, und zwar von Nage Ii. Die phyletische Entwicklung 
der Organismen beniht nach seiner AuHassuug auf einer 
stetitjen, äusserst laimsam erfok'-enilen und nur periu*iisch 
si*'iitl)<ir werdenden Veränderung des Liidplasmas in der Rich- 
tung grosserer Complicirtheit. Der T rirtsi liritt von einer Rtnfe 
zur andern wird nun im Allu^enieinen dadurcli bedingt, dass 
„die allerletzte Anlage der Outogenie, welche die Ablösung 
der Keime bedingt, auf der höheren Stufe um eine oder 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 53 — 

mehrore Zellgenerationpn später eintritt". „Die allerletzte 
Anlage, welche die AhlosiiiiGr der Keime bedingt, bleibt liifnbei 
• lie iiämliche, und es wird nur unmittelbar vor derselben die 
Reihe der Kntfultuugeu verlängert". Ich glaube, dass hier 
Xägeli durch die ihm nat<^rlieh am stärksten sich auf- 
drünjrenden Veriialtnisse bei den Pflanzen allzu ausschliesslich 
heeintiusst worden ist. Bei dies«Mi. besonders bei den höheren 
Pflanzen, werden freilich die Keimzellen gewissemaaassen am 
Ende der Ontogenese erst angelegt; bei den Thieren aber ist 
es in sehr zahlreichen, ja in den meisten Fällen nicht so; die 
Keimzellen werden vielmehr, wie mehrfach erwähnt, schon in 
der üimbryogenese, zuweilen schon ^anz im Anfang der Ent- 
wicklung von den Körperzellen getrennt, und es lässt sich 
deutlich erkennen, dass dies die nrsprOngliche, phyletisch 
älteste Art der Keimzellenbildung gewesen sein inufls. Soweit 
wir wenigstens bis heute die Thatsachen Qbeiblieken, findet 
die Anlage der Keimzellen nur dann erst nach der Embryo« 
genese statt, wenn Stockbildung mit oder ohne Generations- 
wechsel, oder aber Generationswechsel ohne Sto^bildung 
stattfindet; aber auch in dem letzteren Fall nidit immer. Im 
Polypenstock bilden sich die Keimzellen erst in den späteren 
Generationen von Polypen, nicht schon in dem eisten, aus 
dem Ei entwickelten Begründer der Golonie, ebenso in 
SiphottophorenstAcken , auch in manchen Fällen lang aus- 
gezogener Metamorphose (Echinodermen) scheinen die Keim- 
zellen erst spät zu entstehen, aber in vielen andern Fällen 
von Metamorphose (Insekten) entstehen sie schon während der 
Embryogenese. Nun ist es aber klar, dass die phyletische 
Entstehunir von Stiu'ken oder Cormen derjenigen einzelner 
Personen nach^^efolgt sein muss, dass diese letzteren uns also 
den ursprOn*zlichereu Modus der Keinizellenbildunf? darstellen. 
Die Keimzellen sind somit ursprün^^lich nicht 
am Ende der Ontogenese entstanden, sondern 
am Anfaiif?, gleich/eitifj mit den Zellen, welche ich als die 
somatischen, die Körperzell* n, ihnen *j;e^nMiü])er stelle. 

Dass dem so ist, lehren grade auch manche niedere 

4* 



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54 — 



Pflanzenfornien, oder doch chlorophyllhaltif^e Urgaiiisineu, und 
diese illustriren, wie mir scheint, vortrefflich die Vorstellung 
von der phyletischen Entstehung der Keimzellen, wie ich sie 
in meinen früheren Darstellungen zu geben versucht habe. 

Die phyletische Entstehung der ersten Keiiiizelleii fiUlt 
offenbar zusammen mit der der ersten durch Arbeitstheilung 
differenzirten vielzelligen Organismen Wenn man desshalb 
das genetische YerhSltniss der Keimzellen zu den Körper- 
zeUen etgrOnden will, wird man sich nicht darauf beschränken 
dürfen, die bereits ausgebildeten und hoch diüerenzirten viel- 
zelligen Bionten allein ins Auge zu fassen, sondern man wird 
die phyletischen Uebergangsformen zu Rathe ziehen müssen. 
Wir kennen ja neben den einzellebenden Einzelligen auch 
Colon ien von Einzelligen, bei welchen jede der sie zu- 
sammensetzenden Zellen der andern gleich ist, morphologisch 
und physiologisch; jede ernährt sich, bewegt sich und jede 
vermag unter bestimmten Bedingungen sich fortzupflanzen, 
d. h. eine Theilung einzugehen, welche zur Bildung einer 
neuen Colonie führt Eine solche Homoplastide (Gdtte) ist 
z. B. die Volvodnen-Gattung Pandorina (Holzschnitt 1), eine 
kugliche Colonie ganz gleicher Geisselzellen mit Augenpunkt, 
Ghoro]>hyllinhalt und pulsirender Vacuole, in eine gemeinsame 
lavl)lüi>e Gallerte eingebettet. Diese Colonieii ptianzeii sich 
abwechselnd auf ungeschlechtlichem und auf geschlechtlichem 
Wege fitrt, wenn auch in letzterem Falle die sich copulirendeu 
Schwärmzcllen noch nicht als niilnnliche und weihliche sicher 
unterechieden werden können. In l»eideu Ffillen aber verhält 
sicli also jede Zelle der Colonie hier noch wie ein einzelliges 
Biou, eine jede ist noch Foitpflanzun<2^zelle. 

Es ist nun sehr interessant, dass bei einer der^tllin 
Familie angebörigen Gattung der Schritt von der Homoplastideu- 

'j Was mau bei den Einzelligen als Keime bezeichnet, sind eu« 
cysUrte Inffividnen, die suweileii 2war durch geringere Grflsse, audi durch 
dn&chere Bildung (Gr^iariniden), sich Tom erwachsenen Bion unter- 
schaden, die ab^ die gleiche morphologische Individualitätsstufe dar- 
stellen, wie diese. 



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zur Ueteroplastiden - Stufe vollzogen, und die Scheidung in 
Körper- und Fortpflanzungszellen durchgeführt ist. Bei 
Volvox (Uolzschnitt 2) besteht die kugliche Colonie aus 




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zweierlei Zellenarteii, aus den kleinen, zu Huiuiei-ten voriiandiien 
Geisselzellen und aus den viel weniger zahlreichen, grosfien 
geisBeUosen Keünzellen. Die letzteren aUein kdimen die 
Bildung einer neaen VolYOsckugel hervonmfen, und zvar ge- 
sehieht dies auch hier abwechselnd auf ungeschlechflichem 
Weg, oder nach regelrechter Befruditung grosser SSzellen 
durch kleine, bewegliche Spermatozoon. Dieser letztere Punkt, 
die geschlechtliche Differenzirung der Keimzellen, ist für die 
hier ins Auge gefasste Frage gleichgttltig; es' kommt vor Allem 
darauf an, ob hier, an der Wurzel der Heteroplastiden» die 
Keimzellen, mögen sie nun geschlechtlich differenzirt sein oder 
nicht, am Ende der Ontogenese und aus den soma- 
tischen Zellen entstehen^ oder ob sich das Material der 
in die Embryogenese Antretenden mtttteriichen Keimzelle von 
Anfang an scheidet in somatische und in Keimzellen. Das 
Erstere würde Nägel i's Ansicht entsprechen, das Letztere 
der meinigen. Xuu wird aber von Kirchuer^) bestinnnt 
angegeben, dim bei der Furchung des befruchteten Volvoxeies 
sich die Keimzellen schon während der Embryoualeutwicklimg, 
d. h. vor dem Ausschlüpfen der jungen Heteroplastide aus 
der EihüUe. differenziren ; ynr werden uns also die phyletische 
Entstehung der ersten Heteroplastiden nicht anders vorstellen 
können, als ich sie Iruher — ohne dass mir damals schon 
dieses fra])|)ante Beispiel gegenwärtig gewes<'n wäre — theore- 
tisch dargelegt halit : das Keimplasma (Nucleoplasma) , einer 
dti Pandorina ähnlichen Ilomoplastide, nniss sich im Laufe 
der Phylogenese in der Weise in seiner Molekül arstructur 
geändert haben, dass die Zellencolonie, welche durch Theilung 
ontogenetisch aus ihr hervorging, nicht mehr, wie bisher, aus 
identischen, sondern aus zwei verschiednen Zellen- 
arten bestand, von denen nur die eine, die Keimzellen, noch 
der müttoHichen Keimzelle gleich waren, die andern aber die 
Fähigkeit, das Ganze hervorzubringen, auijB;egeben hatten und 



^) Vergleiche: Butschli in Bronn'a „Klassen und Ordnnngen", 
Bd. I, p. 777. 



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nur hdchstens noch ihres Gleichen durch Theilung hervor- 
bracbten. Hier bei Volvox scheint mir der beetimmte Beweis 
TorznliQgeiiy da» bei der ])hy1eti8chen Entstehung der Hetero- 
phistiden die somatischen Zellen nicht, wie Nägeli raeint, 
in der Ontogenese zwischen Mutterkeimzelle und Tochter- 
keimzeilen eingesehoben worden sind, sondern dass sie direkt 
ans der Mutterkeimzelle hervoigingen, Stocke von ihr waren, 
ganz 80, wie dies bei Pandorina heute noch der FaU ist 
Damit ist al>er die Continuitat des Eeimplasmas 
fthr den Anfang der phyletischen Entwicklungs- 
reihe wenigstens festgestellt 

Bass sich spflter dann die Zmt der Trennung beider 
Zellenarten von einander verschoben haben muss, beweist die 
schon oft erwfthnte Thatsache, dass bei den meisten höheren 
Oiganismen diese Trennung später stattfindet , häufig sogar 
s^r spät, am Eiide der ganzen Ontogenese. In dieser Be- 
ziehung sind die sicher bekannten Falle froherer Abtrennung 
von gi'ossem Werth, weil sie die extremen Fälle mit einander 
verbiudeii. Es kann keine Rede davon sein, dass die Keim- 
zellen der llydroiden, oder der höheren I rianzen als mditferente 
und dcsshalb noch nicht unterscheidbare Zellen schon von der 
Embryogenese an vorluuiden seien und sich s])äter nur differen- 
zirten. Dem widerspricht schon die einfachste mathematische 
Erwägung in Verbindung iiiit der lieobachtunu , dass keine 
der verhältnissniässig wenigen Zellen des KiiiIh n n von der un- 
geheuren Vennehrung dnrcli Theilung ausgeschlossen bleiben 
kann, damit die grosx Zahl durch Knospung entstehender 
Tochterindividuen m Stamle komme, welche einen Polypen- 
stock ausmach<ui. Die Gescldechtsknospe einer Coryne ent- 
steht an einer Stelle des Polyjienköpfchens, die sich durch 
Nichts von den danebenliegenden auszeichnet: eine einfache 
Lage von Ektodermzellen, eine ebensolche von Entodermzellen 
bildet die Leibeswand des Thieres an dieser Stelle. Dann 
aber tritt ein kleiner Kreis dieser Zellen in lebhafte Ver- 
mehrung ein, es entsteht eine Zellwucherung, und unter den 
80 entstandenen Jungen Zellen bilden dainn einige sich zu 



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Keimzellen um. Sie waren als besondere Zellen 
vorher nicht da. 

Es ist desshall) auch verbaliter und streng genommen 
nicht lichtig, wenn ich bisher den Satz aufstellte, die Keim- 
zellen seien unsterblich; sie enthalten nur den un- 
sterblichen Theil des Organismus, das Keim- 
plasma, nur dieses, das Idioplasma der Keimzellen, ist 
unsterblich, und wenn es auch, soweit wir wissen, jederzeit 
von einem Zellkörper umgeben ist, so l)eheri'scht es doch nicht 
jederzeit diesen Zellkörper und drückt ihm den Stempel der 
Keimzelle auf. Das verändert indessen nichts Wesentliches in 
der Auffassung dieser Verhältnisse, und man darf auch heute 
noch die Keiuizellen als den unsterblichen Theil des Metazoen- 
körpers den veigänglichen somatischen Zellen gegenüberstellen. 
Wenn Wesen und Charakter einer Zelle nicht im Zell- 
körper, sondern in der Substanz des 2^1kerns ihren be- 
stimmenden Grund haben, dann ist die Unveiigänglichkeit der 
Keimzellen gewahrt, wenn auch nur dieses continuirlich von 
einer Generation auf die andere geht 

G. J&ger^) hat zuerst den Gedanken ausgesprochen, 
dass der Körper der höheren Oiganismen aus zweierlei Zellen 
bestehe, aus »ontogenetisehen'^ und «i^ylogenetischen*, und 
dass die letzteren, die Fortpflaozungszelleni nicht ein Fjrodukt 
der ersteren, der Körperzellen sind, sondern dass sie direkt 
von der elterlichen Keimzelle abstammen. Er nahm als 

1) Gustav Jiger« „Ldurbuch der allgemeiiieii Zoologie", Leipsig 

1878, II. AbtheiluDg. — Es ist wohl die Schuld der sttgellosen und ober* 
flftchlichen Speculationslust des Verfassers, dass die guten Gedankenkeme 
seines Buchs unbe.-irhtot und ohne Nachwirkung geblieben sind. Mir 
wenigstens ist sein oben angeführter Gedanke erst jetzt bekannt geworden, 
und auch M. Nussbaum scheint völlig unabhängig von Jager aul' die« 
selbe Anschauung gekommea za sein. läm Durchatbeitting derselben ist 
abrigens von Letzterem atidi UMdkt Y<ar8iidit worden; vielmdir folgen 
dann sofort recht werthlote B^nMsbtmgeD, wfe z. B. die» dass die »mito- 
genetische'' und die „phylogenetische Gruppe in conccntrischem Ver- 
hältniss zu einander stehen"! Warum nicht lieber in dreieckigem oder 
viereckigem Verhältoiss? 



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erwiesen an, dass die „Bildunt? der Zeugungsstoffe bei einem 
Thiere schon in die ersten Stadien seines Embryonallebens 
Mlf", und glaubte damit den Zusammenhang des elterlichen 
und kindlichen Keimprotoplasmas festgestellt zu haben. Wie 
in der Einleitung schon erwähnt wurde, nahm dann spftter 
M. Nussbaum diesen Gedanken wieder auf, und zwar auf 
derselben Grundlage einer Continuität der Keim z e 1 1 e n. Auch 
er nahm an, es theile sich „das gefurchte Ei in das Zellen* 
material des Individuums und in die Zellen für die Erhaltung 
der Art'', und stützte diese Ansicht auf die wenigen bekannten 
Falle früher, schon in die erste Zeit der Embryonalbildung 
fallender Abspaltung der Geschlechtszellen. Er hielt auch 
spftter noch an dieser Ansicht fest, sls durch meine Unter- 
suchungen an Hydromedusen nachgewiesen war, dass die 
Gesehleditszdlen sich keineswegs immer schon in der Em- 
bryonalperiode von den somatischen Zellen trennen, sondein 
oft sehr viel später. Dennoch zeigen nicht nur die Hydroiden 
und die diesen sich ähnlidi verhaltenden phanerogamen 
Pflanzen, dass eine direkte H^ditung der kindlichen von der 
elterlicben Hirnzelle als Zellen den Thatsachen nicht ent- 
spricht, sondern die von Jäger und Nussbaum angeföhrten 
Fälle früher Abspaltung der Keimzellen beweisen dasselbe. 
In den allerseltensten Fällen gehen heute noch die Keimzellen 
direkt aus der elterlichen Eizelle hervor (Dipteren); wenn sie 
aber auch am wenige Zellgenerationen sj)äter sich abspalten, 
80 ist der postulirte Zusanuaenhang \ ou elterlicher und kind- 
licher Keimzelle unterbrochen, deiiii eine Embryonalzelle, 
deren Xachkummen nur zum Theil Keimzellen werden, zum 
andern Theil aber somatische Zellen , kami unmöglich die 
Natur einer Keimzelle besitzen, ihr Idioplasnia kann dem der 
elterlichen Keimzeile nicht gleich sein; ich brauche nur auf 
das zu verweisen, was oben über die ontogenetischen Stufen 
des Idioplasmas gesagt wurde. Ein Zusammenhang zwischen 
der Keimsubstanz des „Elters" (Nägeli) und des Kindes ist 
auch hier nur dann herzustellen, wenn man eine Beimischung 
unveränderten Keimplasmas zu dem somatischen Kemphisma 



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gewisser ZeH«'iifoli/en zugibt. Der Grundgedanke vou Jäijpr 
und Nussbauju ist — wie ich glaube — vollkommen richtig, 
es ist dorsolbe Gedanke, der auch mich zur Vorstellung einer 
„Continuititt des KoiTTiplasmas" geführt hat, dass uämlich die 
Vererbung nur auf Grundlage einer solchen Annahme begreif- 
lich wird, aber die Art, wie sie ihn realisirt dachten, ^tspridit 
nicht den Tbatsachen. Dies zeigt sich auch darin, wenn 
Nttssbaum meint, „dass aus dem Zellmaterial des Indivi- 
duums keine einzige Samen- oder Eizelle hervoii^ehen" könne. 
Dies geschieht vielmehr nicht nur bei Hydroiden und Phanero- 
gamen unzweifelhaft, sondern auch In zahlreichen andern 
Fällen, freilieh aber nicht ans iigend einer ,»iDdiffBreBteo' 
Zelle von „embiyonalem Gbarakter**, sondern aus ganz be- 
stimmten Zellen und unter Umständen, Welche uns gestatten, 
mit all^ Sicberheit zu seblieasen, dass sie dazu im Voraus 
bestimmt sind, d. h. dass sie Keimplasma beigemengt eriialten, 
welches sie allein befähigt, zu K^mzellen zu werden. 

Wenn ich aus meinen Hydroiden-Untersuchungen den 
Sehluss zog, dass »Keiroplasma in fdnster und desshalb fbr 
uns nicht wahrnehmbarer Vertheilung*^ schon vom Ei her 
gewissen somatischen Zdlen beigegeboi s^, um dann durch 
unälhlidie Zellfolgen hindurch bis in jene entlegwten Indi- 
viduen des Stockes hingeführt zu werden, in welchen sich 
die Geschlechtsprodukte bilden, so beruht derselbe zunächst 
auf der Thatsache, dass Keimzellen nur an ganz bestinunten 
Pimkten auftreten, den „Keinistätten"', und dass vorher weder 
Keimzellen selbst, noch auch diejenigen Zellen vorhanden 
sind, welche sich später in Keimzellen umwandeln, die Ur- 
keimzellen. Auch die letzteren werden erst an <ler Keim- 
stätte gebildet, und zwar gehen sie aus der Vermehrung 
somatischer Zellen des Ektodernis hervor. Die Keinistätte 
ist für jede Hydroidenart eine festbestimmte, aber für ver- 
scbiedne Arten selir oft eine verschiedne. £s lässt sich nun 



1) Weismann, „Die fintstämng der Sexaabellen bei den Hydro- 
medum*'. Jena 1883. 



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zeigen, dass diese verschdieiie Lage der Keimstätte verscbiednen 
phyletischen Stadien eines VerschiebungsprocesseB entspricht, 
der dahin zielt , die Keimstätte Ton ihrem ursprün^chen 
Ort, dem Manubrium der Meduse, centripetalwärts zu ver- 
legen — ans welchen Gründen, kann hier unheaditet bleiben. 
Es zeigt dch nun, dass diese phyletiaefa«! Verlegungen der 
Keimstatte heute noch daduidi zu Stande konnnen, dass die 
UrkeimzeUen vom Ott ihrer i^tstehung activ nach jenem 
Orte hinwandem, an welchem nun die Kämzellen sich düfe- 
lenziren sollen, und dass heute noch in jeder Ontogenese 
diese Wanderungen immer wieder von Neuem stattfinden. 
Wozu wandern nun jene Urkeimzellen, wenn auch andre der 
bei Hydroiden so zahlreich yorhandnen jungen Zellen von 
gindÜferentem^ Charakter im Stande wären, sich zu Keim- 
zellen zu diflerenziren? Auch bei ganz kleinen Verschiebungen 
der Keimstätte f wenn es sich nur darum handelt, dieselbe 
von der Aussenseite der Stützlamelle auf die Innenseite zu 
verlegen, geschieht dies stets durch active Wanderung der 
Urkeiiiizellen durch die Stüt/Umii'Ue hindurch. Im T-:uife der 
Phylogenese hat so die Keimstätte bedeutende Vei-schiebungen 
erlitten, aber niemals sprungweise, sondern immer in kleinsten 
Etappen, und diese werden alle heute noch in jeder Ontogenese 
wiederholt durch die Wanderung der TJrkeimzellen von der 
alten ursiniinglichen Keimstätte nach der heutigen hin. Zu 
den zahlreu'lien genaueren Darlegununi dieser phyletischen 
Keimstätte- Verschiebungen und (UitoLriietischen AVjiiderungen 
der TJrkeimzellen, welche ich in meinen Hydroidenwerk ge- 
geben habe, hat Ilartlaub^J neuerdings noch ein weiteres 
Beispiel hinzugefügt, das insofern von besonderem Tuteresse 
ist, als hier (bei Obelia) die Richtung der Verschiel »ung die 
umgekehrte ist, wie bei den von mir verfolgten Fällen, nicht 
centnpetal, sondern centrifugal. 



t)Dr. Clemens Hartlaub, „lieber die Entstehung der Sexual- 
zellen bei Obelia*'. Freilmrg. Inanfforal-Bissert a. m »Zeitachr. f. wiss. 
Zool. Bd. 41. 1884. 



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AVas soll man nun aber anders daraus schliessen, wenn 
Verschiebungen der KeinistiUte nur durch den oft sehr um- 
BtÄndlichen Modus der Wanderun": der Urkeinizellen erfolgen, 
als dass dies eben der einzig mögliche Weg zur Erreichung 
dieser Veränderung war, dass andere Zellen die Rolle 
der Urkeimzellen zu übernehmen nicht im Stand e 
waren? Und wenn keine andern Zellen dazu im Stande 
waren^ ihre Rolle zu übernehmen, worin kann die Ursache 
liegen, als darin, dass eine ganz bestimmte Qualität von Kern- 
plasma dazu gehört, um Keimzellen zn bilden, mit andern 
Worten: Keimpiasma? Ich sehe nicht ein, wie man der 
Annahme en1|;ehen will, dass aach hier eine Continuität des 
Keimplasmas stattfinde, denn wollte mau selbst die Umwand- 
lung somatischen Idioplasmas zn Keimplasmas fUr möglich 
halten, so würde doch durch eine solche Annahme nicht 
erklärt, weshalb denn die KeimstfttteYerschiebungen Mer in 
so kleinen Schritten und unter steter ängstlidier Wahrung des 
Zusammenhangs mit den Zellen der ursprünglichen Keimstätte 
erfolgen mussten. Dies erklSrt sich nur durch die Annahme, 
dass andere als jene Zellfolgen, weldie zur alten Keimstätte 
ftdiren, der Umwandlung in Keimzellen überhaupt nicht 
fähig sind. 

Nun hat mir freilich Strasburgei den Einwurf ge- 
macht, dass eine Versendung von Keimpiasma ;uil bestimniteu 
Weisen, d, h. diuvh l)estininite Folgen -^diuatiseher Zellen 
hindurch desshalb nicht möglich sei, weil das Idiupiasma seinen 
Sitz im Kern und nicht in der Zelle habe uud weil ein Kern 
sich durch die hier anzunehmende -^indii » kte" Theilung immer 
nur in zwei völlig gleiche Hälften theiien könne. ^Es wäre 
zwar deukbar — meint Strasburg er — dass durch Keni- 
theilung be^nmiute Molekülgruppen unverändert in der sich 
sonst verändernden Kernsubstaiiz erhalten und durch den 
gauzen Organismus «jleiphinässig vcrf heilt würden, nicht aber 
dass ihre Führung nur auf bestimmt i n Wegen erfolgen sollte." 

Dass ich diesen Einwurf nicht für berechtigt halten kann, 
geht aus dem hervor, was oben Uber die von Strasburger 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



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angenommene Gleichheit der beiden (iurch indirekte Theilung 
entstehenden Tochterkerne gesagt wurde. Ich sehe keinen 
Grund, warum die beiden Hälften des MuUerkerns stets von 
gleicher BeschaiTenheit sein müssten, wenn sie auch wohl 
immer von gleichem Volumen und gleicher Masse sein werden; 
ich wundere mich aber, dass Strasburger mir die Möglich- 
keit zugibt, dass das Keimplasma, welches dem Idioplasma 
der somatischen Zellen nach meiner Ansicht beigemischt ist 
bei seinem Durchgang durch den Körper unverändert 
bleiben kann. Denn wenn Strasburger's Ansicht zutrifft, 
nach welcher die Verftnderungen der Kemsubstanz während 
der Ontogenese durch den ernährenden Einfluss des Zell- 
kCrpers (Gytoplasmas) zu Stande kommt, dann mflsste doch 
wohl jedesmal die gesammte Kemsubstanz einer Zelle ver- 
ändert werden, und es konnte kein unveiänderter Best daneben 
bestehen bleiben. Nur wenn die Umwandlungen der Kem- 
substanz, wie sie beim Aufbau des Körpers stattfinden müssen, 
aus rein Innern Ursachen erfolgen, d. h. aus der Constitution 
des Kemplasmas heraus, ist es denkbar, dass ein Theil eines 
bestimmten Kerns eine Veränderung eingeht, ein anderer aber 
iiiivf litiitlert bleilit. Dass dies aber wirklich geschehen kann 
imil geschiebt, das beweisen uns unter Anderem jene oben 
ervvähuten Fälle ganz früher Abtrennung der Keimzellen von 
der sich entwickelnden Eizelle. Wenn im Dipteren-Ei die 
ersten beiden Keine, welche sich vom Furchungskeni des 
Eies durcli Theilung lostrennen, die Geschlechtszellen bibbni, 
so beweist dies, dass sie das lvenn])lasma des Furchungskerns 
unvei-ändert üi>ernehnien; die übrige Masse des Furehungs- 
k( III-; iiiirr UIU8S sich während oder vor der Abtrennung jener 
ei-sten Kerne in ihrem Wesen veiändeit haben, sonst mt'isste 
sie nachher noch einmal Polzellen l)ilden, während sie doch 
andere — nämlich die somatischen Zellen — aus sieb her- 
vorgehen lässt. Wenn auch die Zellkörper solcher friiliesten 
Embryonalzellen häufig noch keine uns sichtbare Verschieden* 
heit aufweisen, so muBS doch das Idioplasma ihrer Kerne 
ohne allen Zweifel verschieden sein, woher käme sonst ihre 



Digitizca Ly Gu^.- . 



— 04 — 



versehiedne WfMteieutwickiuii^? Ich halte es auch nicht 
nur für iuügiit ]i, sondern so^rar für wahrscheinlich, dass die 
Körper solcher früher Embryimalzellen nicht nur gleich 
scheinen, sondern dass sie es auch wirklich sind, denn 
wenn auch das Idioplasma des Kerns den Charakter des 
Zellkorpers bestimmt und wenn jede Differenziruni: dieses 
letzteren von einer bestimmten Bi^schalieuheit des Kemplasmas 
abhängt, so ist damit doch keineswegs gesagt, dass nun auch 
umgekehrt jede Aenderung in der Beschaffenheit des Kern- 
plasmas eine Aenderung des ZellkörperB mit sich bringen 
müsse. Ohne Wolken ist kein Regen möglich, aber nicht 
jede Wolke bringt Regen; ohne chemische Umsetzungen 
ist kein Wachsthum möglich, aber nicht jeder Grad und jede 
Art von chemischen Processen bringt Wachsthum. So ^rd 
auch nicht jede Art von Veränderung in der Molekfilarstructur 
des EemplaianaB einen umgestaltenden Einfluss auf das Zell- 
plasma ausüben mOssen, und es wird denkbar sein, dass eine 
lange Reihe von Kemplasma -Veränderungen sich nur in der 
Art und Energie seiner Theilungsfolgen äussert^ während die 
Zellsubstanz noch ganz unberOhrt davon bleibt, soweit es 
ihre molekülare und chemische Beschaffenheit angeht Damit 
stimmt auch der Augenschein, der zeigt, dass in der ersten 
Periode der Embryonallxldung der Thiere die Zellkörper keine 
oder nur sehr geringe siditbaie Verschiedenheiten zeigen, 
wenn es davon auch Ausnahmen besonders bei niederen 
Thieren gibt. Doch beruhen auch diese — z. B. die Ver- 
schiedenheiten im Aussehen der Ekto- imd Eiitoderinzellen 
bei Spongien uad andeiii Coclenteraten vielleicht mehr auf 
einer verschiednen Beimengung ernährender Bestandtheile als 
auf einer starken Verschiedenheit des Zellplasnias selbst. Es 
leuchtet ja auch ein, das es beim Aufbau des Embryos zu- 
nächst auf eine Vermehr une: des ZoHmaterials und später 
ei'st uui eine Diflferenzirung desselben in versehiedne Qualitäten 
nach dem Princip der Arbeitstheilunjr ankommt. Auch von 
dieser Seite her stimmen also die Thatsacht n gegen Rtras- 
burger, wenn er die Ursache der Kernplasnia-Vcrändenmgea 
nicht in ihnen selbst, sondern im Zellkörper sucht 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



- 65 - 



Ich glaube ^omit gezeigt zu Imbpii, dass sirli theinviisch 
kaum etwas gegen die BeimeugUDg unveränderten Keim- 
plasuiHs zur Kernsubstanz der somatischen Z( llcn, oder ge^fen 
die Führung dieses Keini[)hvsinas auf bestimmten Wegen ein- 
wenden lässt. Allerdings aber wäre es a i)riori auch sehr 
wohl denkbar, dass allen somatischen Kernen etwas 
unverändertes Keimplasma beigemischt wäre. 
Bei den Hydroiden wird zwar dne solche Annahme dadurch 
ausgeschlossen, dass eben nur ganz liestimmte Zellen und 
Zellenfoigen im Stande sind, sich zu Keimzellen zu entwickeln, 
allein es wäre ja ganz wohl denkbar, dass Oiganismen 
existirten, fllr die es von grossem Nutzen wftre, wenn jeder 
ihrer Theile unter Umstanden wieder zum Ganzen auswadisen 
und Gesebleehtszelleii hmorbringen konnte, und in diesem 
Falle würde es vielleicht möj^ich gewesen sein, alt^ soma- 
tischen Kernen ein Minimum unverilnderten Kmmplasmas 
heizugeben. Aus diesem Grunde halte ich auch den andern 
Einwand, welchen Strasburg er meiner Theorie macht, 
nicht tut entschddend, dass es nftmlich Pflanzen gibt, die man 
durch Bhizomstttcke, Wurzelstficke, ja selbst Blätter vermehren 
hann, und dass so gewonnene Pflanzen schliesslich bltthen, 
fruetificiTen und wieder Ihresgleichen aus Samen erzeugen 
können. „Aus abgeschnittenen, auf feuchten Sand gelegten 
Begonienblättem ist es leicht, neue Pflanzen zu erziehen, imd 
doch hätten keinesfalls in dem normalen Verlauf der Ontogenie 
die Moleküle des Keimplasnias das Blatt zn passiren gehabt, 
sie mtlssten daher im Blattgewebe felilen. Da somit auch 
aus dem Blatte die Erziehung einer blühenden und frucü- 
ficirenden Pflanze möglich ist. so beweist dies unwiderleglich, 
dass es besondere, Keimsuh^tanz führende Zellen in der 
Pflanze nicht gibt." Mir scheint diese Thatsache nur zu 
beweisen, dass bei der Begonie und ähnlichen Pflanzen den 
Zellen oder vielh U ht auch nur gewissen Zellen der Blätter 
Keimplasma beigemengt ist, dass diese Pflanze der 
VeruH-h riinir durch Blatter ang^'passt ist Warum 
sind denn nicht alle P^flanzen in dieser Weise vemiehrl)ar? 
Niemand hat noch einen Baum aus einem landen- oder 



Digitizcü by G<.jv_'-. 



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Fiiclieiililatt hervorwachson sehen, oder eine blühende Pflanze 
aus einem l ulpen- oder Windenblatt Man wird darauf nicht 
etwa antworten wollen, es handle sich in jenen 1« tzt( rwähnten 
Fällen um stärker specialisirte Theile, die dadurch zur Pro- 
duktion von Keimsubstanz imfhhi»; geworflni seion. denn die 
Zellen der Blätter dieser vei-scliiednen Ptianzen sind wohl 
schwerlich in verschiednem Grade speciell histologisch diffe- 
renzirt. Wena also dennocb die einen eine blühende Pflanze 
reprodudren können, die andern nicht, so muss dies einen 
andern Grand haben, als den Grad ihrer histologischen Diffe- 
renzinmg, und ich sehe diesen Grund darin, dass einem Theil 
ihrer Kerne unTerftndertes Keimplasma in minimaler Menge 
beigemischt ist 

In Sa eh 8 vortreinichen »Vorlesungen liber Pflanzen- 
Physiologie* lese ich (p. 884), dass ^bei den Laubmoosen 
&Bt jede beliebige Zelle der Wurzeln, BliLtter, Sprossaxen, ja 
sogar der jungen, unreifen Sporenfrucht unter günstigen Um- 
ständen zu einer ganzen, selbststftndigen Pflanze werden" kann. 
Falls solche Pflanzen sp&ter auch Keimzellen hervorbringen, 
hatten vir also hier einen Fall, der die Annahme verlangen 
würde, dass allen oder nahezu allen Zellen einer Pflanze 
Keimplasma beigemengt sein müsste. 

Noch viel weniger scheint mir die Theorie der GontinuitAt 
des Keimplasmas durch den Generationswechsel wider- 
legt, oder auch nur in irgend einem Grad unwahrscheinlich 
gemacht zu werden. So gut das Keimplasma gewissen soma- 
tischen Zellen des aus dem Ei entstandenen Individuums bei- 
gegeben sein und auf bestimmten Bahnen weit^rgeschafTt 
werddi kaiiu, so gut kann es auch in ein durch Kuu.sjuing 
aus jenem hervorgewachsenes zweites, drittes — n*''" Indivi- 
duum übergeleitet werden, und trerade die Thierjjruppe der 
Ilydroideu, auf die sich meine Vorstellung von der Continuit^t 
des iiiiplasmas vor Allem stützt, pflanzt sich ja zum grossen 
Theil durch Generationswechsel fort. 





U. DIE BEDEUTUNG DER „RICHTUJSGS- 

KÖßPEKCHEN". 



Seitdem wir aber wissen, dass das specifische Wesen ein«* 
ZeUe in der Molekolarstnictur ihres Kernes beruht, bietet 
sich meiner Theorie noch eine weitere und, wie idi glaube, 
sehr starke Stütze in der solange rftthselhaft gebliebenen 
AusstoBSung der Riehtungskdrperchen. 

Wenn nAmlich die spedfisehe MolekiUantructur eines 
Zellkiyrpers von der Kemplasma-Beschaffenheit bestimmt und 
herroigerufen wird, dann muss jede histologisch dif- 
ferenzirte Zellart auch ihr specifisches Kern- 
plasma haben. Nun ist aber die Eizelle der meisten 
Thiere, solange sie noch wächst, durchaus keine indifferente 
Zelle von primitivster Beschaffenheit, sondern ilir Zellkörper 
hat grade während dieser Zeit des Wachsthums ganz eigen- 
tliümliche, specifisehe Functionen zu erfüllen, ernährende Sub- 
stanzen auszuscheiden von bestinunter chemischer Natur und 
physikalischer Beschaffenheit, und diese „Dotter -Substanzen" 
in bestimmter Weise abzulagern und aufzuspeicliern , damit 
sie bei der spAter eifolgenden Embnonalentwicklung dem 
Embryo zur Verftigung stehen. Sie hat auch meistens Ei- 
häute, und oft solche von durchaus specifischer Stnictur zu 
liefern; sie ist also hi st ol oijfi sch diff erenzirt. Die 

Weidmann, Die Continuitttt des KaimpUsnias. 5 



wachsende Eizelle verhält sich also in dieser Beziehung wie 
irgend eiue somatische Zelle, am ehesten wäre sie vergleichbar 
etwa einer Drüsenzelle, nur dass sie ihre AbficbeidungeD nicht 
alle ausserhalb der Zeile, sondern in dem Zellkdrper selbst 
deponirt Zu dieser specifischen Funktion bedarf sie eines 
specifischen Zellkörpers, und dieser wiederum ist l>ediiigt 
durch einen specifischen Zellkern ; es muss also die wach- 
sende Eizelle ein Kernplasma von specialisirter 
Moleküiarstructur besitzen, welches den er- 
wähnten Drttsen-Funktionen der Zelle vorsteht 
Wenn man das Kernplasma histologisch dilferenzirter Zellen 
als «histo genes Kernplasma'* bezeichnet, so muss die 
wachsende Eizelle histogenes Kernplasma enthalten, nnd zwar 
eine bestimmte specifische Modifikation desselben. Dieses 
Kernplasma kann unmöglich dasselbe sein, welches später die 
Embryonalentwicklung veranlasst, diese wird vieUnefar nur 
durch ächtes Kdmplasma angeregt werden können von jener 
unendlich complicirten Znsammensetzung, wie ich sie oben 
anschaulich zu machen suchte. Es müssen also im 
Keimbläschen der Eizelle zweierlei Kernplasma- 
Arten enthalten sein: Keimplasma und histo- 
}j:enes i'husiiia, und zwar eine bestimmte Art von histo- 
i^enem Kernplasma, die man ovogenes nennen konnte^). 
Dieses ovogene Kernplasma muss im jungen Ei bedeutend 
überwiegen, da es — wie wir sehen — die wachsende Eizelle 
beherrscht; das Keiniplasma dagegen muss zuerst nur in ge- 
ringer Menore vorhanden sein, dann aber im J/Anfe des Wachs- 
thmns der Zeile bedeutend an Masse zuuehmcu. Damit es 
aber zur Herrschaft komme über den Zellkörper, damit, mit 
andern Worten, die Embryonalentwicklung beginne, muss das 
an Masse immer noch tiberwiegende ovogene Kernplasma aus 



Dies halte ich auch heute noch für riditig; ich würde heule 
sagen: die junge ßiiaUe wlfd eiiieF beamdera IMlpmiiiimite behemdit, 
die inaii ab 4le ovogene beieichiieii kami- Tergleiche mein nenee Werk : 
„Das Keimplaama, eine Theorie der Vererbang", 1892. 



Digitizca by G«. 



— 69 - 

der Zelle entfernt werden. Diese Entfernung geschieht nun 
auf demselben Wege, auf welchem auch in der Ontogenese 
des Embryo diflFerente Kemsubstanzen getrennt werden: durch 
Kern* und Zelitheilung; die Ausstossung der Rieh- 
tungskörpereben ist nichts Anderes, als die Ent- 
fernung des ovop:enen Kernplasmas aus der Ei- 
zelle Da88 bis zuletzt die Masse des ovogenen Keruplasmas 
im Keimbläschen iiber\negt, schliesse ich aus der Tiiatsaehe^ 
dass zweimalige Theilung desselben und Ausstossung zweier 
Ricfatongskörperchen die Regel ist Wenn damit zugleich 
auch ein geringer Theü des Zellkörpers dem £i entzogt 
wird, so wird das wohl als ein unveimeidlicher Verlust des 
Eies zu betrachten sein, ohne den eben in den betreffenden 
Ffillen die Entfernung des oYogenen Kernplasmas nicht erfolgen 
konnte. 

Dies meine Theorie von der Bedeutung der Bichtungs- 
körperehen, der ich die froher von Andern angestellten 
Theorien nicht In extenso gegenüber* stellen will, da sie ja 
bekannt sind und sich von ihr. so wesentlich unterscheiden, 

dass dies nicht noch im Näheren aufgezeigt zu werden braucht. 
Dass etwas aus dem Ei entfernt wird, was fttr dessen Em- 

bryoualentwickhin*; hinderlich sein würde, wird wohl von Allen 
angenommen, aber worin dieses Kindt iniss besteht, wab be- 
seitigt werden muss, darüber gehen die Vernuithungen aus- 
einander^); die Einen stellen sich das Keimbläschen zwittrig 



Seit der AufstoUuug des obigen .">atzes haben vidi d u aiit l'^ i iciitfiu 
Untersuchungen im Laul'e der Jahre dazu gefuhrt, ihn zu widerlegen. Es 
wird aber nidit uniiiteNssaDt sdn, den Gedaokengängea wa folgen, weldie 
endlich bot richtigen Ajoifmmg gefiUiit haben. Yergl. Auftate Y» TI 
und XII. 

So suchte Bütschli schon 1877 die „hanpiHftohUche Bedeutung 
der Bildung der Hichtungskörperchen in der Entfernung eines Theils de« 
Eikerns, möge diese Entfernung sich nun in der Weise vollziehen, dass 
ein Theil des Kerm» direkt entfernt wird, oder so, dass er unter der Form 
einer ZeUknospong seinen Aastritt aus der Eixelle findet". EntwicUunga» 
gescMdiÜidie Beitrige in Zeitsdur. t wiss. Zool^ Bd. 29| p. 287 Aom. 

5* 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 70 - 



vor — Minot'), van Beneden, Balfour — , und lassen 
das niäiiiiUche Element im Richtungskörperchen ausgeschieden 
werden, um so das Ei Uefiuchtungsföhig zu machen, Andere 
sprechen von einer „Verjüngung"* des Kerns, noch Andere 
glauben, dass nur die Masse der Kernsubstanz reducirt 
werden müsse, damit sie der des oft sehr kleinen Sperma- 
kems gleich und so das i[icbtige Verbältniss zur Kerncopulation 
herbeigeführt werde. 

Die erstere Ansicht scheint mir schon dadurch widerlegt, 
dass nachweislich von der Eizelle aucli männliche Eigen- 
schaften vererbt werden, von der Spennazelle auch weibliche, 
das Keimplasma des Eikerns ist also nicht weiblich, das des 
Spermakems nicht männlich, sondern sie sind beide gescblecht* 
lieh indifferent. Die zweite Ansicht ist von Strasburger 
neuerdiDgs dahin formulirt worden, dass die Menge des in 
dem Keimkern (Keimbläschen des Eäes) enthaltenen ,,Idio- 
plasmas auf die Hälfte reducirt werden** müsse, damit 
dann durch die Gopulation mit dem Sp^makom wieder ein 
ganzer Kern zu Stande komme. Obgleidi ich die zu Grunde 
liegende Idee, dass die Masse des Korns f&r seine Wirkungen 
nicht minder wichtig, als sdne Qualität ist, fbr yoUkommen 
richtig halte, so muss ich doch bestreiten, dass es sich bei 
der Ausstossung der KSchtungsköiperehen um eine Massen- 
Verminderung handle» Die Masse des im Keimblischen ent- 
haltenen „Idioplasmas** wird audi thatsSchlich gar nicht auf 
die Hälfte, sondern auf ein Viertel redudrt, da ja zwei 
Th^nngen hintereinander erfolgen. Durch die (Kopulation 
mit dem ebenso gross als der £ikem anzunehmenden Sperma- 
kern wfkrde also nur die Hälfte der Masse des Keimbläschen- 
Idioplasmas wieder hergestellt, und da müsste man doch 
fragen: wozu die Verschwendung'? wozu wurde sie vorher auf 
das DopiKlLü gebracht? Und wenn wirklich diese doppelt 
so grosse Masse des Keimbläschens aus Keimplasma bestünde, 



C. S. Mi not, „Account etc." — Proceedings Boston Soc. aat 
bist, Vol. XIX, p. 165. 1877. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



warum trat das Ei nicht schon vorher in l unhung ein? 
Wer freilieh die Samenzelle als das belebende Element, als 
den zttndeuden Funken betrachtet, der erst die Embryonal- 
entwicklung auslöst, der hat darauf eine Antwort bereit, nicht 
aber StraBburger, der mit mir einer spftter zu besprechen- 
den, ganz andern Auffassung huldigt 

Sobald man dagegen annimmt, dass im Keimbläschen 
zwei vemchiedne Arten von Kemplasma enthalten sind, so 
löst sich das Bathsel ganz einfach. Ich werde welter unten 
bei Gelegenheit der Parthenogenese eine Thatsache anführen, 
die mir einen förmlichen Beweis dafür zu enthalten scheint 
Nehmen wir sie einstweilen als richtig an, so ist klar, dass 
diese ein&che Eiklärung einer sonst recht unklaren Erscheinung 
eine bedeutende Stfttze für die Theorie von der Gontinuitftt 
des Keimplasmas bilden wQrde. Sie würde vor Allem die 
Voraussetzung derselben, nämlich die Vereinigung von 
zwei Nucleoplasmen verschiedner Qualität in 
ein und demselben Kern gewissermaassen ad oeulus 
demonstriren. Die Theorie hängt gradezu an dieser Annahme, 
denn wenn die Letztere nicht richtig wäre, so könnte eine 
Continuität des KiHU])lasmas in ktiiiiiii einziii;en Fall au- 
genuinmeu werden, auch nicht in jenen einfachsten Fällen 
der Dipteren , bei welchen die erstgebildeten Zellen der 
Embr^'onalentwickliing die Keimzellen sind. Denn auch bei 
diesen Arten besitzt das Ei ein specifisch histologisches 
Gepräge, welches einen specifisch ditlereuzirten Kern voraus- 
setzt. Man müsste also daini anneliuien, dass das unverändert 
vom Furchungskem übernonuneue Keiniplasma der neimebil- 
deten Keimzellen sich sofort in toto in ein ovogenes Kern- 
j>lasnia umwandle, um dann später, wenn das F.i ferti;; ist, 
wieder in Keimplasma zurückverwandelt zu werden. Es wäre 
dabei durchaus nicht abzusehen, warum zu dieser Rück- 
Verwandlung eine Ausstossung eines Theiles der Kemsubstanz 
nöthig ist. 

Meine Annahme ist jedenfalls die einfachere, insofern 
ich nur eine einmalige Umwandlui^ eines Theiles des Keim- 



plasmas zu ovogenem Kernplasma anzunehmen brauche, nicht 
aber die so imwahrscfaeinliche BOckverwandlung in Keim- 

plasma. Das ovogene Kernplasma muas ganz andere Eigen- 
schaften besitzen, als das Keimplasma, es neigt vor Allem 
nicht zur Theihmg, und so werden wir die an und für sieh 
recht auffallende Thatsache besser verstehen können, dass 
Eizellen sich nicht mehr dnreh Theiliing vennehren, sobald 
sie einmal ihre specifisdie Struetur angenommen haben, d. h. 
sobald sie Tom ovogenen Keroplasma behensdit werden. 
Die Neigung zur Kernthdlong und damit auch zur Zellfheilung 
tritt erst dann ein, wenn das gegenseitige Veitaltniss der 
beiden Nudeoplasma «Arten des Keimblüsehens sich bis zu 
einem bestimmten Grad verikndeit hat Diese Veränderung 
fSAlt zusammen mit dem Erreichen der MaximalgrOsse des 
EizelMrpers. Strasburger, gestützt auf seine Beobach- 
tungen an Spirugyra, Ifisst den Anstoas zur Zelltheilung freilich 
vom Zellkörper sähst ausgehen, allein die sogenannten 
Attractions-Centren an den Polen der Kemspindel entstehen 
doch augenscheinlich unter dem Einfliiss des Kernes selbst, 
möchten sie auch wirklich ganz aus Zi lljilusina bestehen. 
Doch ist auch dieser Punkt noch nicht entschieden, und man 
darf wohl vermuthen, dass das sogenannte „Polkörperchen" 
der Spindel (Fol) vom Kern herstammt, wenn es auch ausser- 
halb der Kemmembran auftritt. Hier ist noch Vieles zweifel- 
haft, und man inu>R mit weiter gehenden Schlüssen zurt^ck- 
haiten, bis es gelunjLjen sein wird» das Dunkel zu erliellen, 
in welches die innern Vorgange der indirekten Kerntheilung 
trotz Hpr Bemtihun^^en so vortrefflicher Beobachtt r /uv Zeit 
noch gehüllt sind. Wissen ^wir doch noch nicht einmal sicher, 
ob die chromatische, oder die achromatische Substanz des 
Kernfadens das eigentliche Idioplasma ist. Soviel aber wird 
man auch jetzt schon, bevor noch diese Verhältnisse ganz 
au%ekliLrt sind, sagen dürfen, dass die Zelle unter dem 
Einfluss gewisser Kernzustände in Theilung tritt, 
mögen auch diese Zustände erst manifest werden, nachdem 
die Theilung der Zelle bereits begonnen hat 



Digitlzca by Lii. 



— 73 — 

Ich schreite nun dazu, meine Hypothese von der Be- 
deutung der Richtungskörper-Bilduiig an den bis jetzt bekannten 
Thatsachen zu prüfen. 

Wenn die Ausstossuiig der Kichtungskoiper die Entfemungr 
des ovogenen KernphiKiiias der specifischen histologisch diffe- 
renzirt^n Eizelle betieutet, so muss man erwarten, bei allen 
Arten Riphtungskörj)er auftreten z« sehen, es sei denn, die 
Fizollf Ijnbe irgendwo einen mnz piimitivrii liistoldi-'isrh un- 
(iitlt rtiizirteii Charakter beibehalten. Ui'l»eraii also, wo sie 
dui'li bpsoiultTe Grösse, Beschaffenheit ihres Zellkcjrpers, 
Beimengung von Deutoplasma-Theilen, bchalenhildung den 
Charakter einer speeialisirten Gewel)ezelle annimmt, muss sie 
auch ovogenes Kemplasma enthalten und muss dieses entfenit 
werden, wenn das Keimplasma die Herrschaft über die Eizelle 
gewinnen soll. Es mußs dabei gleichgültig sein, ob die Eizelle 
befruchtet wird oder nicht 

Gehen wir die Metazoen auf diese Punkte hin durch, 
80 sind die Bichtungskörper bei den Spongien noch nicht 
gefunden, was indessen kein Beweis ihres wirklichen Fehlens 
sein mOehte.^) Einmal ist wohl noch nie ernstlich nach 
ihnen gesucht worden, und dann werden sie vielleicht auch 
schwer nachzuweisen sein, da die Eisellen hier lange Zeit, 
frei im Mesodenngewebe liegen und sogar umherkriechen. 
Man sollte allerdings vernintfaen, dass die Bildung der Bich- 
tungskörper hier, wie sonst Oberall erst mit der Tdlligen 
Beife des Eies eintrete, also su dner Zeit, in welcher die 
Eier bereits vom Schwammgewebe dichter eingehflllt sind. 
Jedenfalls besitzen die Eier der Spongien, soweit sie bekannt 
sind, ein so spectfisches Gepräge, einen so charakteristiBchen 
Zellkörper, oft mit DeutoplasmapElemraten und dem charak- 
teristischen Kern aller thierischen noch wadisenden Eier, 
dem Keimbläschen, dass man an der Anwesenheit eines speci- 
fischen ovogenen Kernplasmas nicht zweifeln, und also auch 



1) Die8ell)en sind in/.wisfhen oacbgewie&eu worden; siebe: Fiedler, 
Zeitächr. f. wiss. Zool., Bd. 47. 



Digiiizca by Liu^.' . 



^ 74 — 



die Kotfernimg desselbea durch Bildimg von Poiköipem er- 
warten muäs. 

Bei den übriireii Cölentt i;iteii, bei Würmern und Eehino- 
demien, sowie bei Mollusken sind die Richtungskörpcrchen 
nachgewiesen, auch bei einzelnen Grustaceen, nämlich bei 
BalanuB von Hoek und bei Cetochilus septentrionalis von 
Grobben. Der letztere Fall aeheint ganz sicher, der erstere 
ist angezweifelt worden und ebenso auch der Fall von Moina, 
bei welcher Daphnide Grobhen einen Körper dem in 
Furehnng eintretenden £i aufgelagert fand, den er als Bich* 
tungsköiper deutete. Bei Insecten sind bis jetzt Kichtungs- 
körper noeh nicht nachgewiesen worden und bei Wirbelthieren 
nur in einzelnen Fallen, so durch Eupffer und Beneeke 
bei Petromyzon. 

Es muss der Zukunft ttberlassen bleiben zu entsdieideUf 
ob nicht in den allerdings grossen Thiergruppen, bei weldien 
die Attsstossung von Kichtungskörperchen noch mcbt nach- 
gewiesen ist, diese doch auch vorkommt. Ein Einwurf gegen 
meine Theorie kann daraus um so weniger abgeleitet werden, 
' als sich im Voraus gar nicht sagen lasst, ob nidit die Ent- 
fernung des ovogenen Kemplasma aus dem Ei im Laufe der 
Phylogenese auch noch auf dne andere, minder auffeilende 
Weise erreichbar wurde. Der Zellkörper der Kichtungs- 
körperchen ist bei vielen Eiern so klein, dass es lange ge- 
dauert hat, ehe man sich von der Zelliuitur dieser Gebilde 
überzeugen konnte, ^) und dies möchte wohl darauf hindeuten, 
dass hier ein phyletischer Reductionsprocess stattgefunden hat, 
dahin zielend, dem £i möglichst wenig von seiner Substanz 
zu rauben. Jedenfalls steht es fest, dass in allen Gruppen 
der Metazoen das Keimbläschen bei der Reife des Eies Um- 
wandlungen eingeht, die denen, wel^iip bei den Eiern 
mit Kichtungskörperchen zui* Bildung dieser Körper führen, 
durchaus ähnlich sind. Möglich, dass die Natur hier ein ab- 



■) Van Ben e den gesteht ihnen sogar noch in seinem leisten Werke 
nur den Werth ?on Kernen «i; a. a. 0. p. 394. 



Digitizcü by LjO^i .l^^ 



— 75 — 



^ekt)rzt^ Verfahren eingeschlagen hat, um zu demselben Ziele 
zu gelangeu. 

Ein gewichtiger Einwand daj^egen wäre es, wenn bei den 
männlichen Keimzellen kein der Ausstossung der Pol- 
körper entsprechender Voigang aufzufinden wäre, denn es 
leuchtet ein, dm man einen solchen von meinem Standpunkt 
aas erwarten muss. Die meisten Samenzellen weichen ja so 
sehr von der gewöhnlichen Gestalt einer „indifTerenten", d. h. 
noch nicht differenzirten Zelle ab, sie sind in hohem Grade 
histologisch dilferenzirt nnd weisen somit ebenso gut auf eine 
spedfisehe KemsubfiCanz hin, als die Dotter abseheideuden 
fäzeUen; auch die meisten Samenzelten sind In diesem Sinne 
somatische Zellen, d. h. Zellen einer specifischen Gewebsform, 
nnd diese ihre charakteristische Fonn hat Nichts zu thnn mit 
ihrer befruchtenden Eigenschaft, mit ihrer Eigenschaft, Trftger 
im Keimplasma zu sein. So wichtig sie ist, um das Zusammen- 
treffen mit 'der Eizelle und das Eindringen in dieselbe zu 
ermd^ichen, so wenig hat sie irgend etwas zu schalten mit 
der Fähigkeit der Samenzelle, die Eigenschaften der Speeles 
und des Individuums auf die folgende Generation zu fkbertragen. 
Diejenige Eenisubstanz, der^ MolekQlarstructur die Zelle 
bestimmt, die Gestalt des Samenfadens, der StraMenzelle 
(Crustaceen) , des Bomerang (gewisse Daphniden), oder der 
Spitzkugel (Nematoden) anzunehmen, kann unmöglich dieselbe 
sein, welche, copulirt mit dem Eikern, in ihrer Molekülar- 
structur dii^ Tendenz nitli ilt, ein neues Metazoon aufzubauen 
nach Art desjenigen, welches die betrefTende ISamenzelJe her- 
vorjrebracht hat. Es müssen also auch in der Samen- 
zelle zweierlei Kernplasmen enthalten sein, Keim- 
plasma und spermo^^enos Kernplasma. 

Wir können nun alh rdin-s im Voraus nicht sagen, ob 
es nicht möglich wäre, dass tlei Einfluss, den das Bpennugene 
KerDplaf?ma auf die Spermazelie ausübt, nicht auch noch auf 
eine andere Weise eliminirt werden könnte, als durch Ent- 
fernung desselben aus der Zelle. Es wäre z. B. denkbar, 
dass sie aus dem Kern ausgestossen und innerhalb des Zeli- 



Digiiizca by Gu^.- . 



— 76 — 



körpeis in irgend einer Weise imsch&dlich gemacht werden 
könnte. Wir wisseD ja aber die innem Vorbedingungen der 
KenitheUung noch NichtSt und ee war eine blofise, TOilftnfig 
noch nicht auf Thatsacben zu stQtsende Vemufbung, wenn 
ich oben das Keiinplasma in der wachsenden Eizelle in 
geringerer Menge dem Kern beipemiscbt sein liess, als das 
üvoizene Plasma ; wenn ich annahm, das Keimplasma vermehre 
sich dann allmälig stili kei , und es steigere sich mit der er- 
reichten MaxinialgrOsse des Eies eben durch die Verscliiebung 
ihres Massen -Verhältnisses der Gejjensatz zwischen den lu idon 
differenten Kernplasma-Arteii (ieiart, dass die Trennung: der- 
selben, d. h. die Kerntheilun^ , eintrete. Allein wenn wir 
auch nicht im Stande sind, die versrbiodenen Arten von 
Nucleoplasma optisch zu unterscheiden, welche in einem 
Kernfaden vereinicft sein können, so ist doch jedenfalls diese 
Amiahme, dass die Wirkung jeder Plasma-Art in direktem 
Verhiiltniss zu ihrer Masse stehe, die nächstli eisende und 
natürlichste. Die Tendenz des Keimplasmas, welches im Keim- 
blü^hen enthalten ist, kann sich nicht geltend machen, solange 
neben ihr ein Uebei-gewicht ovogenen Plasmas vorhanden ist. 
Man wird sich vorstellen mtlssen, dass die Wirlcungen der 
beiden verschiedenen Plasma-Arten sich zu einer Resultante 
vereinigen; sobald indessen ihr Einfluss auf die Zelle ein 
nahezu entgegengesetzter ist, wird nur die stärkere Plasma- Art 
zur Geltung kommen, die aber dann an Masse um so mehr 
der andern aberlegen s^ muss, als ein Theil davon durcb 
die entgegengesetzt wirkende Plasma-Art gewissermaassen neu- 
tralisirt ist Daraus liesse sich etwa ableiten i weshalb das 
ovogene Plasma des Eeimblftschens so bedeutend dem Keim- 
plasma an Masse Qberlegen ist. Denn offenbar haben diese 
beiden Nucleoplasma -Arten wenigstens in Bezug auf einen 
Punkt ihrer Wirkungen entgegengesetzte Tendenzen. Das 
Keimplasma strebt der Tbeilung der Zelle in die beiden 
ersten Furchnngskugeln zu, das ovogene Plasma aber ent- 
hält die Tendenz zum Wachsthum des Zellkdrpers ohne 
Tbeilung. So wird das Keimplasma erst dann zur (Geltung 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



- 77 — 



kunmion uiiil sicii des ovoiieiien Plasmas entlediaen k(umeu, 
wenn es bis zu einer gewissen Masse herangewachsen ist und 
nun in einem bestimmten Massenverhältuiss jenem gegenüber- 
treten kann. 

Ileherträpt man nun diese Vorstpllunpren auf die Samen- 
zellen, so wird man versuchen müssen, auch hier die Aus- 
stossung eines Theils der Kernsubstanz, des dem ovogenen 
Plasma entsprechenden sperinorrenen nachzuweisen. 

Soweit wir nach den bis heute klar erkannten Verhält- 
nissen scbliessen können, li^en solche Vorgänge auch in der 
That vielfacli vor, wenn sie sich auch ganz anders ausnehmen, 
als hei der Eizelle, und einer gleich sicheren Deutung noch 
nicht &hig sind. 

Es ist bereits von jenen Forschem, welche in der Aus- 
stossung der Richtungskörperchen des Eies die Entfernung des 
männlichen Elementes und die Herstellung einer sexuellen 
Difi^renssirung erblicken, der Versuch gemacht worden, den 
verlangten Nachweis zu führen, denn auch ihre Theorie er- 
heischt die Entfernung eines Theils der Kemsubstanz bei der 
reifenden mftnnlichen Keimzelle. So sollen nach Ed. vanBe- 
neden und Ch. Julin die Zellen, welche die Spennatogonien 
(Mutterzellen der Samenzellen) bei Ascaris erzeugen, Elemente 
ihrer Eemplatte ausstossen, ein Vorgang, der freilich bis jetzt 
noch an keinem andern Thier gesehen und aucb hier natttr- 
lich nur erschlossen, nicht beobachtet wurde. Ueberdies be- 
sitzen die Samenbildner zur Zeit dieser Ausstossung noch 
nicht die specitische Form der spitzku^^elformitren Samenzellen, 
und man miisste doch erwarten, dass ilas somatische Keru- 
plasnui erst dann entfernt würde, wenn seine Rolle beendet, 
d. h. wenn die specifisrhe Gestalt der Samenzelle erreicht 
wäre. Eher würde man jene Kerne der Spermatohlasten 
(Mutterzellen der Samenzellen) in diesem Sinn ia Anspruch 
nehmen können, von (hnien schon lange bekannt ist, dass sie 
nicht in die Rilfiuug der Samenzelikerue aufgehen, sondern 
zum grossten Theil an der Basis der Samenbildnerin liegen 
bleiben und nach Keifung und Austritt der Samenzellen zu 



Digiiizca by Liu^.' . 



^ 78 — 



Grunde jjeheu. Hier würde auch der Eiiitiu» dieser Kerne 
auf die Ausbildung der ^peci tischen Samenzellenfonii nicht 
gi'adezu immöglieh erscheiueii . da diese in Gestalt bündel- 
weise zusammenliegender iSanieniadeü im Iiiueni der Mutter- 
zelle entstehen und sich ausbilden. 

Zu Grunde p:ehende Theile der Samen- Mutterzeüen sind 
schon bei vielen Thiergruppen nachgewiesen, bei Selachiem, 
beim Frosch, bei manchen Würmern und Schnecken, und auch 
bei Säugethieren (Blomfield), man hat nur bisher die Auf- 
merksamkeit mehr auf den in die Samenzellbildung nicht 
übergehenden Theil des Zellkörpers, als auf den Kern 
gerichtet, und der Nachweis, dass überall auch ein Kemtheü 
dabei übrig bleibt, fehlt noch für manche dieser Fftlle. Er- 
neute Untersuchungen müssen darüber Aufechluss geben, ob 
das Zugrundegeben des Kerns der Samen-MutterzeUe eine all- 
gemeine Erscheinung ist, und ob dort, wo solche Mutterzellen 
nidit vorkommen, in andrer Form ein Thdl des Kerns un- 
schädlich gemacht wird. Vielleicht dürfte man übrigens 
eher noch daran denken, dass der zuerst von Lavalette 
St George beschriebene und bei vielen Thieren ver- 
schiedenster Klassen gesehene Nebenkern der Samenzellen 
das Analogen eines Bichtungskörperchens sei. Allerdings h&ljt 
man jetzt diesen sogenannten nNebenkem** für eine Ver- 
dichtiüig des Zellkörpers. Wenn man aber erwfigt, dass der 
Streit sich bisher darum drehte, ob der Kern der Zelle zum 
Kopf des Spermatozoons werde, oder aber jener Nebenkern, 
so hatten die Beobachter, welche Ersteres für richtig hielten, 
kaum ( ine andre Wahl, als den Nebenkern für ein Produkt 
des Zellkörpers zu erklären. Nun ist es aber nach den 
neuesten Erfahrungen von F o P), R o u 1 e B a l b i a n i ^) und 



Fol, „Sur iorigine des cellules du folUcule et de l'ovule chea 
les Asddies". Compt rend. 28 nud 1883. 

Roule, „Ia stracture de Poraire et la fotmattoii des ceufs ches 
lee Phallusiad^es''. Compt. rend. 9 avril 1888. 

') Balbiani, „Sur Torigine des cellules du follicule et du noyau 
Wtellin de i'oeuf ches les G^ophiles". Zool. Aius. 1883, Ht, 155 u. 156. 



Digiiizca by Liu^.' . 



- 79 — 



WilP) Ober die Bilduujr des Eifollikelepithels l)ei verschiedenen 
Gruppen nicht unwahrscheinlich, dass Kemtheile sich vom 
Hauptkem loslösen können, ohne den umständlichen Process 
der Kaiyokinese durchzumachen. Es konnte also sehr wohl 
sein, dasB der Nebenkern eine abgeschnürte Partbie des 
HauptkemB wäre und keine „verdichtete" Zellsubetanz. Sein 
Verhalten gegen Farbstoüe spricht dafür, und die Meinung, 
diss er aus Zellsubstanz entstehe, beruht nicht etwa auf 
direkter Beobaehtung. So werden auch hier nur neue Untei^' 
Buchungen darüber entscheiden können, ob in diesem Neben- 
kern etwa das vom Kein ausgestossene spermogene Nudeo- 
plasma gesehen weiden darf. Freilidi bliebe auch dann immer 
noch SU erkUiren, warum die doch immer noch im ZellkOtper 
befindlidie Kemsubstanz keine bestimmende Wirkung mehr 
auf denselben ansttbt. 

FQr die Pflanzen hat Strasburg er kürzlich eine grosse 
Zahl von Fallen aus verschiedenen Gruppen aufgeführt« bei 
welchen IhnUche Vorgänge wie die Ausstossung der Bichtungs* 
körper die Beifung der Keimzelle begleiten, und zwar sowohl 
bei männlichen, als bei weiblichen Keimzellen. Eine llber- 
rascheudo Aehnlichkeit damit haben die Vorgänge im Pollen- 
kom der Phanerogainen. Hier — z, B. bei dor Lärche — 
theilt sich die Mutterzelle der eigentlichen Sperinazelle drei 
Mal nacheinander und zwar in sehr ungleiche Hälften, und 
die drei kleinen und bald vollständig schrumpfenden, sop:en. 
„ve^retativeu" Zellen spielen, nachdem sie losgctr! imt sind, 
keinerlei physiolofjische Rolle mehr, ganz wie die liuhtungs- 
körper. Auch die socrenannte Bauchkanalzelle", welche sieh 
von der weililn lim Keimzelle der Areliegoniaten und Cuuiferen 
abspaltet, „erinnert" nach Strasburtrer durchaus an die 
Richtungskörper der thierischen Eier. Ferner werfen die 
Spermatozoiden der Archegoniaten bei ihrem Ausschwin men 
ein Bläschen |ib, bevor sie zur Ausübung ihrer Funktion ge- 



Will, „Üeber die Entstehung des Dotters und der Epithelzellea 
bei den Amphibien iin4 Insekten''. ZooL Ans. 1884» Nr. 167, 168. 



Digiiizca by Gu^.- . 



— 80 — 



langen u. s. Dagegen sollen „Richtungskörperchen" bei den 
den Coniferen nahe stehenden Oycadeen fehlen, und auch bei 
den Eiern der „Angiospenoen" ist bis jetzt kein Voigang 
bokamit, der sich mit der Bildung von Richtungskörpem ver- 
gleichen Hesse. S trasbnrg er schliesst daraus, dass die Ab- 
tremrang gewisser Theile von den Keimzellen nicht überall 
m ihrer Beifong nothwendig sei, dass wir somit in den be- 
.trefifenden Eneheinungen keine fundamentalen Vorgänge, wie 
etwa die Befruchtung selbst, zu sehen haben, die Überall auf 
derselben „morphologischen Grundlage'' abläuft, sondern Vor- 
gänge, die nur fUr die Keimzellen bestimmter Organismen 
erforderlich sind, «um die iQr den Geschlechtsakt bestimmten 
Zellkerne in den hierzu nothwendigen physiologischen Zustand* 
zu versetzen. 

Ich möchte aber die Vermuthung, dass die Ausstossung 
des faistogenen Thells der Kmsubstaoz b^ Reifimg der l^im- 
Zellen ein audi bei Pflanzen allgemeiner, wdl fundamentaler 

Vorgang ist, nicht desshalb aufgeben, weil derselbe noch nicht 
überall klar vorliegt. Der ^ Embryosack" der Angiospermen 
ist ein so zusammengesetztes Gebilde, das^s es um mit Stras- 
burger „wolil clenkbai ' erscheint, „dass Vorgänge, welche 
der Anlage des Eies vorausgehen, schon in Beziehung zu der 
geschlechtlichen Ausbildung des Eikerns stehen". Uebrigens 
würde es auch denkbar sein, dass eine pflanzliche Eizelle so 
einfach und so wenig histologisoh specialisiit waie, dass sie 
gar kein specifisches , histogenes Kernplasnia zu enthalten 
brauchte, dass sie vielmehr von ihre in Ursprung an nur 
Keimi)lLt8ma enthielte. Dann könnte naturlich auch ihre Reifung 
nicht mit einer Aussonderung somatischen Kernplasmas ver- 
bunden sein. 

Ich habe bisher ganz von der Möglichkeit abgesehen, 
dass der Vorgang der Richtungskörperehen-BUdung vielleicht 
eine ganz andere, nämlich eine rein morphologische 
Deutung verlangt. In früherer Zeit konnte man wohl in 
ihm hauptsächlich nur eine phyletische Reminiseenz sehen, 
den letzten und physiologisch bedeutungsloflen Best eines 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 81 — 



efaemaU bedeutungsvollen Vorgang. Man wird auch heute 
noch zugeben müssen, dass besonders bei den ächten Rich- 
tungskörperehen der thierisehen Eier ein Akt vorkommt, der 
seine £rkl&mng in der physiologischen Bedeutung des 
Vorgangs nicht wohl haben kann; ich meine, die abermalige 
TheUung der bereits vom Ei abgetmmten Biehtungskörper. 
Bei vielen Arten entstehen aus den beiden vom £1 aus- 
gestossenen Bichtungskörpeni durch Theilung eines jeden 
derselben vier, und diese besitzen häufig — so z. B. hei den 
von Trinchese beobachteten Kacktschnecken — vollkommen 
deutlich den Bau einer Zelle. Allein einmal ist diese aber- 
malige Theilung nicht überall die R^el, und dann ist es doch 
überaus unwahrscheinlich, dass ein Vorgang, der im ersten 
Stadium der Ontogenese oder eigentlich noch vor diesem, 
sich abspielt, der also auf ungemein alte phyletisdie Stadien 
zurückweisen mttsste, sich bis heute erhalten haben sollte, 
falls er nicht eine ganz hervorragende physio- 
logische Bedeutung,' hätte. Als physiologisch bedeu- 
tungsloser Voi>iaii- SV lüde er längst verschwunden sein, das 
dürfen wir mit aller Bestimmtheit sageu, gestützt auf unsre 
Erfahrungen über das allmiilige, allerdings sehr langsame, 
aber doch auch ganz sichere Verschwinden bedeutungslos ge- 
wordener Theile und Vorgänge im Laufe der Phylogenese. 
Wir müssen desshalb ohne allen Zweifel den Vorgang der 
lin liUmgskürperchen- Bildung für einen physiologisch höchst 
bedeutungsvollen halten. Das schliesst aber nicht aus, dass 
er nicht auch eine morphologische Wurzel haben könne, und 
ich bin weit entfernt, Versuche, eine solche nachzuweisen, wie 
sie z. B. kürzlich von Büt&chli^) angestellt wurden, für 
unberechtigt zu halten. 

Sollte es sich bestätigen, dass wir in der Ausstossung 
der Richtungskörper die £ntfenmng des histogenen Nucleo- 
plasmas der Keimzelle 2U sehen haben, so würde darin zn- 



^) Btttscbli, »Gedanken Uber die noiphologische Bedeutung der 
sogen. Bichtaiigskörpercfaea*'. Biolog* Centnlblatt, Bd. VI, p. 5w 1884. 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 82 — 



gleich eine weitere Bestätigung^ der mit der Theorie von der 
Continuität des Keimplasmas eog zusammenhängenden Ansicht 
liegen, dass eine Rückbildung speciaiisirten Idioplasmas zu 
Keimplasma nicht vorkommt. Denn die Natur i?ibt keinen 
organisirten Stoft verloren , wenn er noch verwerthbar wäre ; 
er wird preisgegeben, weil er nur höchstens noch als Nahrung 
(durch Resorption), nicht aber als lebendige Substanz ver- 
werthbar ist 





III. 

ÜBEIi DAS WESEN DER PAßTHEXOGENESE. 



Wie bekannt, ist die Bildung der Richtnngskörper von 
venduedner Seite mit der SezuaUtftt der Keimzellen in Yer* 
bindnng gebracht nnd zu einer ErUAning der Parthenogenese 
beantzt worden. Es sei mir gestattet, hier darzulegen, welche 
Ansicht über das Wesen der Parthenogenese sieh mir unter dem 
£iaflu8s der vorausgeschickten Anschauungen entwickelt hat. 

Von den verschiednen Deutungen der Parthenogenese, 
welclie bisher aiiff^etaucht sind, leuchtet vor allen die von 
Mi not und Balfour aufgestellte Hypothese durch ihre Ein- 
fachheit und Klarheit hervor. Sie ergibt sich in der That in 
ungezwungener Weise und beinahe von selbst, sobald die An- 
nahme dieser P'orseher richtig ist. dass das Richtungskörperchen 
der niaiinliche Theil der vorher zwittrigen Eizelle sei. Ein 
Ki, welches seine männliche II;Ufte verloren hat, kann sich 
nicht zum Embryo entwickeln, es sei denn, es erhalte durch 
Befruchtung eine neue milnnlicli«' Hälfte wieder. I/'mgekehrt 
wird ein Ei, welches seine uuumlii'lH' Hälfte nicht ausstösst, 
sich ohne Befruchtung entwickeln kimiien, und so wird man 
auf diesem Wege ganz einfach zu dem Schluss geführt, dass 
die Parthenogenese auf der Nichtausstossung 

Wei«m»nn. Di« Contm\ütAt d«« Keimplasmas. 6 



- 84 



von KiehtungBkörpern boiiiho. Balfour sprach es 
gradeza ans, dass „die ('unktion des £ies, Richtimgskörper 
zu bildeo, ausdrtteklieh tob ihm angenommen worden sei, um 
Parthenogenesis zu verhüten" (a. a. 0. p. 74). 

kh kann natürlich diese Ansicht nicht theilen, da ich 
in der Ausstossung der Richtungskörper nur die Entfernung 
des ovogenen Kemplasmas sehe, weiches die histologische 
Ausbildung der specifischen Eizellen-Stnictur bedingte. Ich 
muBS annehmen, dass die Beifungsvoigftnge beim partheno- 
genetischen Ei genau dieselben sind, wie beim befraditungs* 
bedürftigen, dass bei beiden das ovogene Kemplasma in 
irgend einer Weise beseitigt werden muss, ehe die Embiyonal- 
Entwicklung beginnen kann. 

Jjeüdet liegt die thatsächliche Basis für diese Annahme 
nodi nicht so vollständig vor, als es zu wünschen wäre, vor 
Allem sind wir immer noch im Unklaren, ob bei parthenogene- 
tischon Eiern Richtungskörper ausgestossen werden, oder nicht, 
deim eis liegt noch kein Fall vor, in dem dies mit voller 
Sicherheit constatirt wäre. • Freilich liefert dieser Mangel 
auch der gegnerischen Seite keine Stütze, denn die Arten, 
deren paithenogenetische Eier keine Richtungskorper bislang 
erkennen Hessen, sind {alle solcl\e, bei deren befruclitungs- 
bedürftigen Eiern ebenfalls noch keine Rielitungskörper 
gesehen wurden. Trotzdoni nun aber dieser Punkt der Aus- 
stossung von Richtungökörperchen bei Parthenogeiif st" noch 
dunkel ist, so muss doch soviel als nahezu sicher Iten, dass 
die Reifimgserscheinungen thierischer Eier — mögen sie nun 
mit Ausstossung von Richtungskür))erc]ien verbunden sein, 
oder nicht — gleich sind l)ei den p ar theno gen e- 
tischen und den befruchtungsf ähige n Eiern ein 
und derselben Art. Das geht, wie mir scheint, vor Allem 
aus den sp&ter noch genauer zu besprechenden Fortpflanzungs- 
erscheinungen der Bienen hervor, bei welchen nachweislich 
dasselbe Ei entweder befruchtet werden, oder sich par- 
thenogenetisch entwickeln kann. 

Wenn wir also sehen, dass die Eier mancher Arten die 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 85 — 



Fähigkeit beBitzen, sich auch ohne Befruchtung zu entwickeln, 
die andrer Arten aber nieht» so muss der Unterschied zwischen 
beiderlei Eiern in etwas Anderm liegen, a]s in der Art der 
Umwandlung des Keimbläschens zum Eikern. Es gibt aber 
auch Thatsachen, die bestimmt darauf hinweisen, dass er in 
Verhftltnissen liegen muss, die Schwankungen unterworfen 
sind, bei denen ein Mehr oder Weniger vorkommt, kurz, dass 
er In quantitativen, nicht in qualitativen Verhältnissen 
seinen Grund hat Eine ganze Reihe von Insecten pianzen 
ach ausnahmsweise auch parthenogenetisch fort, so manche 
Schmetteriinge, und zwar niemals in der Weise, dass alle 
Eier, welche ein unbegatt^ics Weibchen legt, sich entwickeln 
wflrden, sondern so, dass ein Theil, und zwar meist ein sehr 
kleiner Tlieil sich entwickelt, die andern aber absterben. 
Unter letzteren finden sich dann auch solche, welche zwar 
die Enibryonal-Entwickluiig beginnen, ohne sie aber duich- 
führen zu kuinien, und zwar ist die Stufe, auf welcher die 
Entwicklung stehen l)leibt, eine verschiedne. Auch von den 
Eiern höherer Thiere ist es bekannt, dass sie, obgleich nicht 
befruchtet, dennoch die ersten Furchungsphasen durchlaufen 
können. /( igte Leuckart^) am Froschei, Gel 1 acher ^) 
am Hühnerei und Mensen^) sogar am Säugethierei. 

Es mangelt also in solchen Fällen nicht am Inipuls, am 
Anstoss zur Entwicklung, wohl aber an der Kraft zu ihrer 
Durehfbhrang. Da nun alle Kraft an Materie gebunden ist» 
so schliesse ich, dass hier zu wenig von jener Materie vor- 
handen ist, deren beherrschende Organisation den Aufbau des 
Embryos durch Umwandlung blossen Näbrplasmas zu Stande 
bringt Diese Substanz ist aber das Keimplasma des 
Furchungskerns. Ich nahm oben an, dass sich dieses 



<) R. Leuckiirt in Artikel „ZeuguDg" ia IL Wagaer's Handwb. 
der Physiol. is-'in, Bd. 4, p. O')^. 

*) Oe Ha eher, „Die Veränderungen des unbefruchteten Keims des 
HQhndiaieifiS^ Zettschr. f. wiss. Zool., Bd. 22, p. 181. 1872. 

•) Hensen, Centralfalatt 1869, Nr. 26. 

6* 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 86 - 



Keimplasnia im Laufe der Ontogenese aus sich selbst heraus 
yerftndere, indem bei ausreichender EmShrung durch das 
Zellplasma aus jedem vorhergehenden Zustand der nachfolgende 
mit Nothwendigkeit henrorg^e. Ich denke mir die Sache so, 
dass bei jeder Zelltheilung wahrend des Aufbaues des Einbiyos 
Veränderungen in der Besehaifenheit des Kemplasmas ein- 
treten und zwar entweder in baden Kemhftlften die gleichen, 
oder auch Terschiedraartige. Es bilden sich dann also — 
wenn wir jetzt von der geringen Menge unverflnderten Keim- 
plasnias absehen, welches für die Bildung der Keimzellen 
reservirt wird — eine grosse Menge verschiedner Entwicklungs- 
stufen des somatischen Kemplasmas, welche man mit 1, 2, 
3, 4 bis II bezeicliiK Ii könnte, von denen jede um so ver- 
scliiedenartigere Zellen enthält, je weiter die Entwicklung 
voranschreitet, je höher die erreichte Stufe ist. So würden 
also z. B. die beiden ei-sten Furchungskugeln die erste Stufe 
des somatisrhpTi Kemplasmas darstellen, eine Stufe, die sich 
ihrer Molelvii1iH>tiurtiir narh noch ti'u'IiL bedeutend \om Kern- 
plasma (lets Furchungskerns unterscheiden Avird; die vier eibteu 
Furchungskugeln Wiarden die zweite Stufe darstellen, die acht 
ersten die dritte u. s. w. Fs ist klar, das^ die Molekülar- 
structur des Kenii)lasmas nut jeder neuen Stufe sich weiter 
von derjenigen des Keimplasraas entfernen muss, und dass 
gleichzeitig die Zellen jeder Stufe unter sich in der Molekülar- 
structur ihres Kemplasmas weiter auseinanderweichen müssen. 
Im Anfang der Entwicklung wird jede Zelle ihr eigenartiges 
Kemplasma besitzen müssen, da ihre weiteren Entwicklungs- 
wege eigenartige sind, erst in späteren Stadien kommt es 
dann auch zur massenhaften Bildung ganz oder doch nahezu 
gleichartiger Zellen, bei denen auch das gleiche Kemplasma 
vorausgesetzt werden muss« 

Wenn wir nun die Annahme machen dürften, dass zur 
Durdifhhi-ung dieses ganzen Processes der ontogenetfschen 
Diflferenzirung des Keimplasmas eine bestimmte Menge 
desselben im. Furchungskem enthalten sein müsse, und 
femer, dass die Menge des Im Furchungskem enthaltenen 



Digitizcü by LjO^i .l^^ 



- 87 - 



Keimplasmas Schwaukuiigen u uteri io u'C , so worden wir ver- 
stekeu, warum das eiue Ki ^ar nicht anders als nach 
Befruchtung in Entwicklung tritt, ein aiideres zwar die Eut- 
wicklun«: be*rinnt, aber nicht vollenden kann, während ein 
drittes sie vollständig durchfuhrt. Wir würden auch vei-stelien, 
¥?aruni das eine Ei nur die ersten Phasen der FurchunLi 
durchläuft und dann stehen bleibt, das andere noch einige 
Schritte weiter vorwärts macht, das dritte fast bis zur Yollen- 
dung des Embiyos sich entwickelt. £s würde dies eben davon 
abhängen, wie weit das £i mit dem Keimplasma reicht, 
w elches ihm bei Beginn der Entwicklung zur Verfügung stand ; 
die Entwicklung müsste still stehen, sobald das Nucleoplasma 
nicht mehr im Stande wftre, die folgende Stufe aus sidi her- 
voiigefaen zu lassen, in die folgende Kemtheilung einzutreten. 

Von allgemeinen Gesichtspunkten aus wttide diese Theorie 
viel leisten können, weil es durch sie möglieh würde, die 
pbyletische Entstehung der Parthenf^genesis zu erklären und 
sich eine Vorstellung davon zu machen, wie das sonderbare, 
oft sdieinbar abrupte und wUlkOiUche Vorkommen derselben 
etwa zu verstehen ist. Ich habe schon in meinen Daphniden- 
Arbeiten betont, daas die Parthenogenesis der Insecten und 
Crustaeeen jedenfoUs nichts UrsprOngliches, von Jeher durch 
Vererbung Ueberliefertes ist» sondern eine erworbene Ein- 
richtung. Wie könnten wir auch sonst Me bei naheverwandten 
Arten oder Gattungen vorfinden oder vermissen, und sie bei 
Weibchen beobachten, die den gesammten Begattungsappamt 
besitzen nud bei denen doch die Mannchen vollkommen fehlen. 
Ich will nicht alle «iie (iriiiide wiederholen, mit denen ich 
<lamals schon diesen Satz zu beweisen suchte'); grade bei 
Daphniden lässt es sich mit grosser Sicherheit schon desshalb 
orschliessen. weil die Vorfahrengruppe derselben, die Phyllo- 
püdeii und speciell die Esti rideu noch heute leben, und weil 
diese keine i'arthenogenese besitzen, wie denn Uberhaupt bei 



') Weismann, „Beiträge zur Naturgeschichte der Daphnoiden'^. 
Leiiaig 1876-79, Abhandlung VII u. Zeitschn f.wi88. Zool., BiL XXXIU, 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 88 — 



den Dapliiiiilen die ganze ])1i\ k usehe Entstehim;? der Parthe- 
nogenese in ihrem Verlauf imd ihren Motiven 'khnvv vorliegt, 
als irgendwo anders. Man gewinnt dabei noch entschiedner 
als bei andern Gruppen — die Blattläuse etwa ausgenoniinen — 
die Ueberzeugung, dass die Parthenogenese eine Einrichtung 
ist, die für gewisse Lebensbodinpungen einer Art äusserst 
vortheilhaft , nur dann und nur insoweit angenommen 
wird, als sie nützlich ist; und weiter, dass mindestens in 
dieser Ordnung die Einrichtung der Parthenogenese bei jeder 
Art möglich war und angenommen werden konnte, sobald 
sie nützlich wurde. Dies würde sich leicht verstehen lassen, 
wenn nur ein Pias Yon Keimplasma dazu gehörte, am ein £i 
ohne Befhichtting zur Entwicklung fähig zu machen* 

Untereachen wir nun die Grundlagen dies» Hypothese» 
so wird der eine Theil der Voraussetzungen, dass n&mlicb 
Schwankungen in der Menge des Keimplasmas des Furchungs- 
kems TOrkommen, ohne Weiteres als riditlg angenommen 
werden d&rfen, da es Qberiiaupt keine absolute Gleichheit bei 
irgend einem Theil versdiiedner Individuen gibt; sobald alsa 
diese Schwankungen so gross vorkommen, dass Parthenogenese 
eintritt, so wird durch Selection dieselbe zur lien-schenden 
Fortplianzungsform der Art, oder gewisser Generationen der 
Art erhol>en werden können. Es fragt sich nur, ob die Vor- 
stellung, dass die Masse des im Fuiehungskern enthaltenen 
Keimplasmas <leu Ausschlag gibt, richtig ist, oder für jetzt, 
ob sie sich bis zu gewissem Grad wahrscheinlich machen lässt 
und nicht im Widerstreit steht mit That Sachen, 

Auf den ersten Blick scheint diese Annahme auf Schvrierig- 
keiten zu stossen; man wird einwerfen, dass der Eintritt und 
die Durchführung der Embryobildung unmöglich von der 
Masse des Nucleoplasmas im Furchungskem abhängen könne^ 
da dieselbe doch jeden Augenblick durch Wachsthum vermehrt 
werden kann? Wir sehen bekanntlich die Kemsubstans 
wahrend der Embryobildung in ausserordentlichem Maasse 
und mit erstaunlicher Baschheit sich vermehren; eine un- 



Digitizca by Liu..- . «v. 



— «ü — 



gefilhre Berechnung eiynh mir*) z. B., da.-s nn Ei viuei' 
Gallwespe die Kernmabse im Beguiii der Keimhautbild uhl^ und 
der Anwesenheit von 26 Kernen schon das Siebenfache der 
Masse des Furchunpfskenis enthalten ist. Wie sollic es nun 
da denkbai sein, da^s die £nibi v(»l'il(liing aus Mangel anKem- 
substaiiz je stille stünde, und wcun dies der Fall mkre . wie 
konnte sie da Uberhaupt beguiuen? Man könnte denken, 
wenn überhaupt Keiin|»lasma in L^enüt^eiider Menge voi banden 
ist, um die Furchung einzuleiten, dann nmss es ainh aus- 
reichen, um die Entwicklung durchzuführen, <lenn es wächst 
ja unausgesetzt und müsste also stets auf der Höhe bleiben 
können, die es zu Anfang besass, und die eben grade genügte, 
um die folgende Theilung einzuleiten; wenn aber auf jeder 
ontogenetischen Stufe die Masse des Kemplasmas grade genügt, 
um die folgende Stufe zu erreichen, dann mttsate die gesammte 
Ontogenese nothwendig vollendet werden. 

Der Fehler in dieser Deduetion liegt darin, dass sie das 
Waehsthum der Kemsubstanz als unbegrenzt und unbedingt 
voraussetzt Das ist sie aber nicht; vielmehr hängt die In- 
tensität des Waehsthums, abgesehen von der Qualität des 
Kens und von der Ernährung, die wir als gleich annehmen 
wollen, jedenfalls auch von der Quantität der Kemsubstanz 
ab, mit welcher Waehsthum und Theilungsvoigänge beginnen. 
Es muss ein Optimum der Quantität geben, bei welchem das 
Kemwachsthum am raschesten und leichtesten vor sich geht, 
und dieses wird eben mit der Normalgrösse des Fuiehungs- 
kems gegeben sein. Diese Grösse genügt grade, um in be- 
stimmter Zeit und unter bestimmten äussern Bedingungen die 
zum Aufbau des Embryos nötbige Kemsubstanz zu erzeugen 
und die lange Reihe von Zelltheilungen hervorzurufen. Ist 
der Furchungskern kleiner, aber doch gross genug, um in 
Theiluug zu treten, so werden die Kerne der zwei ersten 
Enibryonalzellen noch um etwas mehr hinter ihrer normalen 



*) Weismann, .,Btitr;\ge zur Keniitniss d« ersten Entwicklougs- 
vorgange im Insektenei''. üonn ls$2, p. 106. 



Digiiizca by Gu^.- . 



— 90 - 



Grösse zurückbleiben, weil eben weiren zu ^?erinf(er Giösse 
des Furchungskenis das \\ arhsthum desselben während und 
nach der Theilung em iiiinilei- rascTies sein wird. Da nun 
aber dii' Kci up während der thnbryobildung nicht in den Ruhe- 
zustainl m langen, vielmehr sofort wieder zurTheilunc srlu eiteu, 
so müssen sie in diesem Fall immer mehr und mehr hinter 
der normalen Grösse des betreffenden Stadiums zurückbleiben ; 
ihr Wacbsthum muss inuner weniger intensiv werden, je weiter 
sie hinter dem Optimum der Grösse zurückbleil>en. Scbliesa- 
lieh muss ein Zeitpunkt eintreten, in welchem sie zur Theilung 
überhaupt nicht mehr im Stande sind, oder doch wenigstens 
den Zellkörper nicht mehr so heherrsdien, dasB sie ihn zur 
Theilung zwingen können. 

Der erste entBcheideode Zeitpunkt für die fimbi^eiial- 
entwidrlung ist die Rcöfe des Eies, die Umwandlung des 
Keimblüsehens zur Bidttungsspindel und die Beseitigung des 
CTOgenen Kemplasmas durdi die AbsehnOnmg der Riehtungs- 
kdrperehen, oder einen analogen Vorgang. Das Eintieten 
dieses Vorgangs selbst muss seine Ursadie haben, und idi 
suchte oben sdion zu zdgen, dass sie in dem MasseuTeilifilt- 
niss liegen kann, weldies sich bis zu diesem Momrat zwisdien 
den beideriei Flasmaarten des Keimbifischens ausgebildet hat. 
Ich denke mir, dass die zuerst geringe Menge des Keim- 
plasmas allmälig 80 herangewachsen ist, dass sie nun zum 
ovogenen Plasma in Gegensatz treten kann. Ich will das 
nicht weiter ausführen . da der Thatsachenboden dazu nicht 
ausreicht, dass aber tiberluiupt ein Gegensatz der Kräfte bei 
der Kemtheiluiig sich einstellt und die bewegende Ui-sache 
der Theilunir ist, das lehrt der Augenschein, und Roux*) 
kann sohr woiü im Recht sein, wenn er diesen Gegensatz auf 
eiektrisclie Kräfte Invieht. Ma<r dem aber sein, vne ihm will, 
das Eine ist nicht zu bezweifeln, dass die KüInm -kl uncr dieses 
Gegenstandes auf iuuern Zuständen des Kerns selbst, wie sie 



1) W. Ronx, nüeber die Bedeutung der Kenitheihingsfigiiroii*'. 
Leipzig 1883. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— M — 



sich währeml de? Wachsthuiiis ausbildf^ii , beruht. Es kann 
nicht allein von der Masse dvs Kernfadens ai»hän<ien, ol) der 
Kern in Theiiung eintritt oder nicht, sonst könnten nicht zwei 
Theilungen unmittelbar aufeinander folgen, wie es doch grade 
bei der Abschntlrung der beiden Richtungskörperdien der Fall 
ist, und ebenso bei den nachtrftglichen TheiUingen der bemts 
abgelöBteD Biefatungskörper. Es müssen innere Sustftiide des 
Kerns neben seinem Masse verhältniss dabei eine wesentliche 
Bolle spielen, die Masse allein nöthigt noch nicht zur Kern* 
theiiung y sonst würde das Keiniblftsdien sidi lange yor der 
Reifung des Eies theilen, da es ja viel m^r Nudeoplasma 
enthilt, also z. B. der naeh Ausstossung der beiden Bichtnngs- 
kOrper zurOckbleibende Eikern, der doch In den meisten FAllen 
KU weiteren Theilungen unfähig ist Dass aber auf der andern 
Seite auch die Masse dabei dne wesentliche Bolle spielt, zeigt 
der sofortige Eintritt des durch Ckypulation des Ei- und 
8permakems gebildete Furchungskem. Man hat sich woU 
die Wirkung der Befruchtung nach Analogie des Funkens 
Yorgestellt, der in ein Pnlverfass ftllt: die Masse explodirt, 
d. h. die Furchung beginnt; es weiden auch heute noch Manche 
dazu neigen, den polaren Gegensatz, der sich durch Kem- 
theilung unmittelbar nach dem Moment der Befruchtung kund- 
gibt, aiil den (iegensatz des Weiblichen und Männlichen zu 
beziehen. Dem niuss aber ganz bestimmt entje^di gehalten 
werden, dass der polare Gegensatz bei jeder Iverntheilung 
nach den l>edeutun<:svo]len Kntdeekuni^en Flemming's und 
van Beneden's nidit in der Gegenüberstellung n»äiiiilirher 
und weiblicher Kernschleifen, sondern in der i.egemil>er- 
steilung und gegenseitigen Äbstossung der i)eiden Hälften 
derselben Kernschleifen l^endit. Die Schleifen des Vaters 
und der Mutter bleiben beisannuen durch die ganze Onto- 
genese hindurdi. 

Was kann es nun also sein, was die Kenitheihmg nach 
der Befruchtung hervorruft, und was fehlt, dass sie ohne diese 
in den meisten Fällen nicht eintritt? Es gibt nur eine Mög- 
lichkeit, nftmlich die plötzlich durch die Copulation 



Digiiiica by 



— 92 - 



aufs Doppelte angewachsene Masse des Kerns. 
In der Differenz, des vaterlichen und mütterlichen Kerns kann 
der Gnuui niclit liei/en, niuchte dieselbe auch von einer uns 
gänzlich unbekannten und verborsrenen Natur sein, weil eben 
die Polarität sich nicht zwischen der väterlichen und mütter- 
lichen, sondern innerhalb jeder väterlichen und mütterlichen 
Kernhälfte entwickelt. Wir sind also ^enöthigt zu schliessen, 
dass die V ermehruni;: der Masse des Kerns denAn- 
stoss zur Theilung gibt, zu welcher die Dis- 
position schon vorher vorhanden war. Mir scheinen 
auch dieser Annahme theoretische Schwierigkeiten nicht eut- 
gegenzusteheo, vielmehr ist es eine Daheliegende Vermuthuog, 
daas neben innem Verhältnissen des Kerns vor Allem sein 
Massenverhältniss zu dem des Zellkdrpers in Betracht kommt. 
Es ist denkltar oder vielleicht sogar wahrscheinlich , dass der 
Kern zur Theilung schreitet, sobald seine wirksame Substanz 
eine gewisse M&ditigkeit erreicht hat, unbeschadet der oben 
gemachten Annahme, dass gewisse innere Zustünde der Kem- 
subetanz selbst vorhanden sein mfisaen, damit Theilung ein- 
treten kOnne. Diese Zustände können Torhanden sein und 
die Theilung tritt dennoch nicht ein, weil das richtige Hassen- 
verhSltniss zwischen Kern und Zelle oder zwischen den ver> 
schiednen IdioplasmarArten des Kerns noch nicht da ist. So 
denke Ich mir den Zustand dnes befruchtungsbedttiltigen Eies 
nach Ausstossung der ovogenen Kemsubstanz, d. h. der Richr 
tungskörperchen. Dass diese ansgestossen wurden, beweist 
eben, dass die Masse des KeroB vorher genügte, um Theilung 
hervorzurufen. Nachher genügt sie aber nicht mehr dazu. 

Ein Beispiel wird meine Meinung noch deutlicher machen. 
Bei Ascaris megalocf jihala bildet die KernsubbUmz des Ei- 
kerns zwei Schleifen, die des Spermakerns ebenfalls, der 
Furchiingskem enthält also vier Schleifen und ebenso die 
ersten Furchungszellen. Gesetzt nun, die erste embryonale 
Kemtheilunjr ei-fordere soviel Kemsubstanz, als zur Bildung 
von vier Si:hltMlen gehört; so wurde ein Ei, welches nur zwei 
oder drei Schleifen aus seinem Kernladeu bilden kann, sich 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 98 — 



unmöglich parthenofifenetiseh entwickeln können, es würde 
auch die ei-ste Theihmg nicht zu Stande bringen. Nehmen 
wir weiter an, dass vier Schleifen zwar genüL»^«»n , um Kern- 
tbeilung einzuleiten, dass aber zur Durchführung der ganzen 
Ontogenese (einer bestimmten Art) vier Schleifen von be- 
stimmter Gi ösise und Masse noth wendig sind, so würden Eier, 
deren Eikern einen Kernfaden von nur eben genügender liänge 
besitzt, um sich in vier Segmente zu zerlegen, zwar die erste 
Tbeilung durchfuhren können, vielleicht auch noch die zweite, 
dritte — n**, aber auf irgend einem Punkte der Ontogenese 
wird die Kemsubstanz ungenflgend werden und die Entwicklung 
wird stille stehen. Das wären dann jene Eier, die ohne Be> 
fruehtung zwar in Entwicklung eintreten, aber vor Beendigung 
derselben still stehen. Man könnte diese Verlangsamung der 
Entwicklung bis zu schUessUchem Stillstand etwa einem Eisen- 
bafanzug Teigleichen, der eine Reihe von Anschlössen zu er« 
reichen bat und der wegen mangelhaltor Maschine zu langsam 
fthrt. Er erreicht aber, wenn auch mit einiger Verspfttung, 
noch den ersten , viellticht, wenn auch mit noch grösserer 
Verspätung, auch noch den zweiten oder dritten Anschlussi 
aber schliesslich — da die Verspätung immer wftdist — muss 
er ihn verfehlen. Die Kemsubstanz wächst während der Ent- 
wicklung unausgesetzt; aber das Tempo ihrer Zunahme ist 
bedingt durch die zwei Factoren ihrer eignen Masse und der 
Ernährung. Die Ernährung nun hängt bei der Entwicklung 
des Eies von der Masse des Zellkörpers ab, die gegeben ist 
und nu llt vergrüsseit werden kann ; wenn iiuu die Kerumasse 
von Anfang an um Etwas zu gering wai , so wird sie von 
Stadium zu Stadium immer ungenügender werden, da ihr 
Wachsthum geringer ist, als es selbst bei noiiiialer Anfangs- 
niasse hätte sein müssen, folglich von Stufe zu Stufe ein immer 
stärkeres Zurückbleiben hinter der Normalmasse eintreten 
nuiss, ähnlich jenem Eisenbahnzug, der immer weiter hmter 
den Ansehlnssstationen zuriicklileibt, weil seine Maschine, mag 
sie aurli möglichst stark geheizt werden, die normale Fahr- 
geschwindigkeit nicht erreichen kann. 



- 94 - 



Man wird mir einweifeu, dass die vier Schleifen l>ei 
Ascaris doch nicht zur Kerntheilung nothw( jidiu sein könnten, 
da ja bei der Abtrennung der Richtungskörper eine Keni- 
theihing stattfinde, aus der der Eikern mit nur zwei Schleifen 
hervoi*irehe. Allein das beweist (loch nur, dass die Masse von 
vier Schleifen nicht fUr alle Kerntheilungen nöthi^^ ist, keines- 
wegs widerlegt es die Annahme, dass zur Theiluug des 
Furchungskerns diese bestimmte Masse, deren sichtbarer Aus- 
druck die vier Schleifen sind, auch entbehrt werden könnte. 
Man dftif doch die Zellsubstanz nicht ganz ausser Acht laasen; 
wenn sie auch nicht der Träger der Vererbungstendenzen ist, 
so ist sie doch für jede Action des Kerns nothwendig und 
Bicherlich aueh in hohem Grade bestimmend. Nicht umsonst 
steigt bei allen tbieriselien Eiern, die wir kennen, das Keim* 
blftsdien znr Beifungszeit an die Oberflädie des Eies und 
vollzieht dort seine Umwandlung; offenbar Sst es dmt ganz 
andein Einflössen ?on Reiben des ZeUkArpeis unterworfen, als 
im Centrum des Eies, und gewiss kdnnte eine so ungleiche 
Zelltfaeilung, wie sie bei der AbsdmOnmg« der Biditungs- 
körperchen erfolgt, gar nieht stattfinden, wenn der Kern im 
Gentram des Eies liegen bliebe. 

Das hindert aber nicht, dass nicht unter Umstftnden die 
Kemsttbstanz des Eikerns nach Abschnftrung der Biditungs- 
kOrper doch grösser sem und die nOthigen vier Kemsdileifen 
bilden könnte. Eior also, bei welchoi die Masse des fäkems — 
das Keimplasma — so gross wRre, dass die erforderlichen vier 
Kernschleifen in normaler Grösse ebenso gross, als sie durch 
Befruchtung gebildet werden, sich ausgestalten könnten, das 
wftren Eier, die auf parthenogenetischem Wege sich entwickeln 
könnten luui inüssteu. 

Natürlich ist die Vierzahl der Schleifen nur als Beispiel 
i^ewählt; für jetzt wissen wir noch nicht, ob überall grade 
vier Schleifen im Fiirchungskern liegen, überhaupt nihen ja 
di^ ganzt 11 Krwauungen, soweit sie ins Einzelne trehen, auf 
willkürlicher Annahme, aber die Gmndvoi-stellung, dass die 
Masse des Kerns entscheidet ceteris paribus, muss ich für 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— Ö6 — 

richtig und für einen aus den Tbatsachen liervorgehenden 
Scfaluss halten. Es Iiej:t auch gor nicht ausserhalb des Be- 
reichs der Möglichkeit, dass es noch gelingen werde, die 
Bidctigkeit dieser Annahme zn erweisen. Wenn es gelingt, 
hei ein und derselben Art die Kernschleifen des durch Be- 
fruchtung und andrerseits des auf parthenogenetischem Wege 
gebildeten Furchungskems zu ermitteln, so wird die Ent- 
scheidung gegeben sein. 

Man wird mir aber vielleicht die Fortpflanzung der Bienen 
als Einwtuf entgegenhalten. Aus dem gleichen Ei wird hier 
ein weiMiches oder ein männliches Thier, je nachdem das £1 
befruchtet wurde, oder nicht; dasselbe Ei, was beihiehtet 
werden kann, vermag also, falte es keinen Samenfiiden erhält, 
sich parthenogenetiseh zu entwickeln. Die befruditete Königin 
hat es in ihrer Gewalt, ein Ei zum Männchen oder Weibchen 
werden zu lassen, indem sie dasselbe unbefruchtet ablegt oder 
Speniiu hinzutreten lässt. Sie „weiss es im Voraus"^), ob 
das Ki sich weiblich oder mümilii Ii entwickeln wird, und legt 
die einen in Arbeiter- oder Kuai^iii/tlitn , die andern in 
Drohnenzellen. Nach den Entdeckungen Leuckart's und 
von Siebold's sind alle Eier an sich entwicklungsfähige 
münnliche und werden nur durch Betiiu litung in weibliche 
v(M'wandelt. Dies scheint unvereiiiluir mit der hier vor- 
geti ;i Lienen Ansicht von derüi"saehe der l'arthenojjenese, denn 
wenn wirklich dasselbe ¥A mit genau demselben Inhalt, vor 
Allem mit genau demselben Furclmnirskem sich p:eschlechtlich 
oder parthenof^enetisch entwickeln kann, dann muss die Be- 
fähigung zu parthenogenetischer Entwicklung amlerswo ihren 
Grund haben, als in der Quantität des Keimplasmas. 

So scheint es; ich glaube aber, dass dem nicht so ist. 
Ich bezweifle zwar durchaus nicht, dass wirklich dasselbe £i 

') So drücken sicli ilie Bienenzüchter ans, z. B. der verdiente 
von Berlepsch} genauer gesprochen würde man uauulich sagen müssen, 
der Anblick einer Drobnenselle reixe die Biene nun Ablegen eines un* 
befrachteten, der Anblick einer Arbeiter- oder Königinselle xar Ablage 
eines befrucfatelen Eies. 



— 96 — 



sich mit oder ohne Befruchtung entwickeln kann, vielmehr 
habe ich aus sorgfältigem Studium der zahlreichen und v6r- 
trafflichen Untersuchungen Ober diesen Punkt, welche ausser 
von den oben Genannten in ganz besonders schlagender Weise 
auch von Bossels angestellt wurden, die Ueberzongung 
der Riditigkdt und ÜnumstOsslichkeit dieses Satzes gewonnen. 
Man muss unumwunden anericennen, dass dieselben Eier, 
welche unbefruchtet sich zu Drohnen entwickeln, Arbeiterinnen 
oder Königinnen geben, wenn sie befruchtet werden. Schon 
ein einziger Versuch, wie ihn Bossels anstellte, ist dafür 
beweisend. Er schnitt einer jungen Königin die Flttgel ab, 
machte sie dadurch unfihig zum Hochzoitsflug und beobachtete 
nun, dass alle Eier, die sie legte, sich zu mftnnlichen 
Individuen entwickelten. Er hatte den Versuch in anderer 
Absicht angestellt, n&mlich um den Beweis zu führen, dass 
aus imbefruchteten Eiern Drohnen entstehen; da aber junge, 
eben befruchtete Königinnen normaler Weise nur weib- 
liche Eier, d. h. befruchtete legen, so beweist der 
Vei-such zugleich den obi^^en Satz, denn dieselben, zuerst 
reifenden Eier würden befruchtet worden sein, 
falls die Komgiu begattet gewesen wäre. Die Annahme, dass 
die Königin zu gewisser Zeit etwa befruchtungsbedürftige, zu 
anderer Zeit parthenogenetische Eier hervorbringe, ist durch 
dieson Versuch vollkommen ausgeschlo«sPTi : die Ovarial- 
Eier müssen alle genau von derselben Art sein, 
es gibt keinen Uuterscliied zwibcben solchen, 
die befruchtet werden und solchen, die nicht 
befruchtet werden. 

Folgt nun aber daraus, dass die Masse des Keiniidasmas 
im Furchungskern das Entscheidende für den Beginn der 
Embryonalentwicklung nicht sein kann? Ich glaube nicht 
Es ist ja sehr wohl denkbar, dass der Eikern, nachdem er 
sich des ovogenen Nucleoplasmas entledigt hat, in doppelter 



>) E. BesseU, »Die Lftndois'sche Theorie widerlegt durch das 
Experiment". Zeitschr. f. wies. Zool., Bd. 18, p. 124. 1868. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



- 97 - 

Weise zum Furchungskern vervollständigt werden kann, einmal 
durch Copulation mit einem Spermakern und dann durch 
einfaches Wachsthum auf das Doppelte seiner Masse. Es liegt 
in dieser letzteren Annahme so wenig etwas Unwahrschein- 
liches, dasB man vielmehr eher zu fragen geneigt ist, warum 
denn ein solches Wachsthum nicht bei allen £iem eintritt, 
wenn sie unbefruchtet hieben? Darauf wird denn die richtige 
Antwort wohl die sein, dass es der Natur auf die Durch- 
iQhrung der geschlechtlichen Fortpflanzung ankam und eine 
allgemein stattfindende Farthenogenesis nur dadurch verhütet 
werden konnte, dass die Eier steril gemacht wurden, falls sie 
unbefruchtet blieben. IMes geschah daduieh, dass der Eikern 
nach Ausstossung des ovogenen Nucleoplasmas die Fähigkeit 
weiter zu wachsen verlor. 

Der Fall der Biene beweist sehr schön, dass derTJnter- 
schied zwischen Eiern, die der Befruchtung be- 
dürfen und solchen, die sie nicht bedürfen, erst 
nach der Reiiuiig des Eies und nach der Entfer- 
liuiig des ovogenen Plasiu as eintritt. Die Vermehrung 
des Keimplasmas kann unmöglich hier schon voiiier dagewesen 
sein, denn sonst würde der Eikern in jedem Falle allein 
schon die Enibryon«ilentwicklun<r einleiten und das Ei 
könnte — aller Wahrscheinlichkeit nach — überhaupt 
nicht hefriH'htet werden. Denn der Gegensatz von Ei- 
und Sperniakei ii beniht doch wohl eben darauf, dass jeder 
für sich allein un^eiiiigend ist und der Ergänzung bedarf; 
wenn diese Erpinzung auf das Dopjjelte also schon vorher 
geleistet wäre, so würde der Eikern entweder dann keine 
Anziehung mehr auf den Spermakern ausüben, oder es würde — ■ 
wie in den interessanten SuperfÖtationsversuchen von Fol — 
zwar die Copulation eintreten, aber Missbüdung des Embryo 
die Folge sein. Bei Daphniden glaube ich seiner Zeit gezeigt 
zu haben dass die Sommereier sich nicht nur parthenogene- 
tisch entwickeln, sondern dass sie niemals befruchtet 



1) j^Daphniden'*, Abhandl. YI, p. 334. 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 98 - 

werden, und dies wird vielleicht seinen Grund daiin haben, 
dass sie nicht befruchtungsfiUiig sind, weil ihr FuiebiingskenL 
bereits gebildet ist. 

Bei den Bienen wird also der Eikern, welcher sich mit 
der Reifling des Eies aus dem Keimblflscben bildet, entweder 
«cb mit einem Sperniakem copuliren, oder aber — falls kein 
Samenüsden das £i erretcht — aus eigner Kraft zur doppelten 
Masse dea Furebungskems beranwacbsen. Basa dabei im 
letzteren Fall der Embryo mAnolicheiiy im ersteren weiblicben 
Oescbleditea wird, ist eine Thaitsache, die hier nicht weiter 
in Betracht kommt. 

Es ist klar, dass ein solches Wachsen des Kemiplasmaa 
zun&chst zwar wohl von der Ernährung des Kerns abhfiogt, 
d. h. also vom Eizellkörper, in erster Linie aber von innera 
Zuständen des Kerns selber, von seiner Wachsthums- 
fähigkeit. Es ist anzunehmen, dass diese letztere dabei 
die Hauptrolle spielt, da ja überall in der oiganischen Natur 
die Grenze, welche dem Wachsthum gesetzt ist, auf innem 
Zuständen des wachsenden Körpers beruht, und nur in niässigem 
Grade duivli Unterschiede der Ernährimg verschoben werden 
kann. Die phyletische Erwerbung der Fähigkeit 
zu parthenogenetischer Entwicklung wird also 
auf einer Verschiebung der Waelisthumsfähigkeit 
des Eikerns beruhen. 

Die hier vorgetragene Auffassung der I-arthenogenese 
nähert i^iüh am meisten der Ansicht > t r ;i sburger's, inMifem 
dieser das Ausbleiben parthenogenetisclier Entwicklung eben- 
falls auf die zu geringe Menge des nach Ausstossung der 
liichtuugskörpoirlien im Ei zurrickbleü)enden Xucleoplasinas 
bezieht, sie weiclit aber von ihm darin ab, dass sie dies Ein- 
treten von Parthenogenese nur in einer Vennehruiig diese» 
Nucleoplaamas auf die normale Grösse des Furebungskems 
sieht. Strasburger vennuthet „besonders günstige Er- 
nähnrngsbedingungeu^ welche dem ]\rangel an Nucleo-Idioplasma 
entgegenwirken", während mir die Ernährung schon desshalb 
in zweiter Linie zu stehen scheint» weil bei den Bienen 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 99 — 



dasselbe £i befiruchtet oder partfaenogenetiseh Bich ent- 
wickeln kann, die Ernftbrungsbedin^ungen des Kerns also in 
beiden Fällen die «rleiehen sind. Strasbur^er*) stellt 
drei Möglichkeiten auf, wie Partheno^^enese zu Stande kominen 
könne; erdenkt zunächst au eine „Ki^äii/Aing des Idioplasiiias 
iui Kikerii" durch besoudei-s güustis:e Emährungsverhältuisse. 
Dabei wird man freilich sofort zu der Frage geführt, warum 
denn ein Thril dieses „Idioi)lasmas" vorher ausgestossen 
werden musste, wenn er doch unmittelbar darauf wieder noth- 
weudig wurde. Das würde sich nur durch die oben gemachte 
Voraussetzung erklären, da^s das ausgestossene Keruplasma 
von anderer Beschaffenheit sei, als das jetzt neu gebildete. 
Freilich wissen wir ja auch noch nicht sicher; ob bei den 
P>ieru, bei welchen Parthenogenese vorkommt, ein Richtungs- 
körperchen ausgestossen wird, aber wir wissen doch, dass das 
JKi der Biene dieselben Heifeerscheinungeu durchmacht, 
mag es befniclitet werden, oder nicht Die zweite Möglich^ 
keit, «dass unter diesen Bedingungen das halbe (— oder 
wohl richtiger viertel — ) Idioplasma des Eikerns zur Ein- 
leitung der Entwicklungsvor?i\ng(> im Cyto-Idioplasma genüge/, 
kann ich kaum für annehmbar halten, und die letzte, »dass 
das Gyto-Idioplasma hier, vou der Umgebung aus emAhrt» 
an Masse zunahm und den Eikern zwang in Theilung ein- 
zutreten^ , setzt voraus» dass der Zellkörper den Anstoas zur 
Theilung des Kerns gibt, was jeden&Us noch nicht erwiesen 
ist. Mir scheinen die Thatsachen viel mehr darauf hinzuweisen, 
dass der Zellkftrper nur die Bedeutung eines Nährbodens für 
den Kern hat und grade die von Strasburger angezogenen, 
schon erwähnten Beobachtungen von Fol über Superfötation 
scheinen mir dies des Weiteren zu belegen. Wenn Sperma« . 
kerne im Ueberschuss ins Ei eindringen, so können diese 
unter dem ernährenden Einflnss des Zellkörpers zu Attrac- 
tionscentren werden und einen Amphiaster bilden» d. h. den 
ersten Schritt zur Kern- und Zelltheilung thun. Sie könn«i 



a. a. U. p. 150. 
WeUJttauJt, Di« Contüiuitftt de« K«implMmM. 7 



Digiiizca by Gu^.- . 



— 100 



nicht den «ganzen Zellkoiper behenscbcü und zur Tlieiluug 
briiimMi, I ( rzwingeu sich eine gewisse Machtsphäro. 
umi sie thun dies, nachdem sie auf Kosten des Zellkörpers 
zu einer g(;wissen Grösse heran^rewaciisen sind . S t r a s ]> u r e r 
hat p:anz Recht, wenn er dies eine „]):irtielle Tin tlieudgenesis" 
nennt; eine solche wird aber vernuithiich jeder Eikern auch 
eingehen, nur da88 er sie nicht in allen den Fällen zu totaler 
Parthenogenesis steigern kann, wo er — wie hier der Spernia- 
kem — vermöge der ihm innewobnenden Assimilationskraft 
nicht die genügende Grösse erlangen kann. Aber nicht die 
Zelle zwingt den Kern zur Tbeilung, sondern umgekehrt. 
Es wäre auch vollkommen irrig zu glauben, dass parthenogene- 
tische Eier ein grösseres Nährmaterial enthalten mOssten, um 
dadurch den Kern besser zu ernähren* Die pnrtbenogenetischen 
Eier von gewissen Daphniden (Bytotrephes, Polypbemus) sind 
sehr viel kleiner, als die befruchtungsbedflrftigen Wintereier 
derselben Arten; auch ist es ein Irrtbum, wenn Stras- 
burg er meint, es sei «mit Sicherheit festgestellt, dass gttnstige 
Emfibrungsbedingungen bei Dapbniden parthenttgenetisehe 
Entwicklung veranlassen, wflbrend ungünstige Bedingungen 
die Bildung befroditungsbedfirftiger Eier hervorrufen'^. Aller- 
dings hat sich Carl Dflsing ^) in seinem beachtenswerthen 
Buch Aber die Entstehung des Geschlechts mit Geschick und 
Scharfeinn bemüht, aus meinen Versuchen und Beobacbtui^en 
ttber die Fortpflanzung der Dapbniden den Satz zu erweisen, 
„dass sich je nach der Stärke der Emähning im Ovarium 
WiiiUr- oder Sonnnereier bilden", ich glauite al)er nicht, dass 
ihm dies gelungen ist. Jedenfalls kann von einer „Sicher- 
stellung" desselben keine Rede sein. Wohl habe ich beob- 
achtet, dass bei solchen Dapbniden (Sida), welchen man in 
Gefangenschaft nicht (iie richtige Nahrung verschaffen kann, 
welche also Hunger leiden, die reifenden Eier in ihren Ovarien 
zerfallen und resorbirt werden, dass also solche Thiere ge- 

Carl Dasing, „Die Regulirung des Oescfaleehtsverfattltaisses''. 
Jena 1884. 



Digitizcü by LjO^i .l^^ 



- 101 — 



wisBemuuttsen ihr Leben fristen auf Kosten ihrer Nachkommen- 
schaft; aber es wäre ganz verfehlt, wollte man mit Dttsing 
aus der Aehnlichkeit , welche solche schwindenden Eifollikel 

liiit den bei der WinteieibiUluiig normalerweise sich auf- 
lösenden Keimzellengruppen besitzen, den Schluss zielu n. duss 
bei einem massigeren Grad von Hunger Wintereier gebildet 
worden wären. Düsing citirt femer meine ^gelegentliche 
Anjrabe, dass Bildung von Dauei*eieni bei Dapbnia öftere in 
«olcbt n Versuchs^läsem eingetreten sei, die ich „längere Zeit 
nachzusehen vei"süumt und in denen sicli nun eine /jildreiche 
Nachkommenschaft angesammelt hatte". Er schliesst völlig 
irrthüralich auf Nahrungsmangel in diesen vemachlässiizten 
Oläsern; hätte ich einen solchen Schluss voraussehen können, 
so würde ich ihm leicht haben vorbeugen können durch 
den Zusatz, das grade in solchen Gläsern eine ungestörte 
Wucherung verschiedentlicher Algen stattfand, so dass nicht 
Mangel, sondern Ueb^nss an Nahrung in ihnen herrschte. 
Ich habe übrigens seither direkte Versuche angestellt, indem 
ich Jungfern Weibchen so knapp wie möglich ernährte; sie 
gingen aber in keinem Fall zqr geschlechtlichen Fortpflan- 
zung tther^). 

Es gehört schon einige Voreingenommenheit dazu, um 
debt zu sehen, dass schon die Genese der beiderlei 
Eier selbst eine Entstehung der Sexualeier aus Mangel 
und schlechterer EmiUirung gradezu ansschliesst Die be- 
. fruehtungsbedttrftigen Dauereier sind stets grosser, als die 
parthenogenetisehen »Sommer'^-Eier und brauchen w^t mehr 
Nfthrmaterial , als diese. Bei Moina z. B. geh6ren zur 
Bildung eines Bauereies ttber 40 grosse Nährzellen, zu der 
eines Sommereies nur 3! Dttsing kennt diese Thatsachen 
und fbhrt sie an! Wie sollte auch Dauerei- Bildung ygh 
sehlechterer EmShrung abhängen, da doch die Zeit der Banerei- 
Bildung giade die des allerreichlichsten Nahrungsvorraths ist. 



^) Icli (knke diese Versuche an einem andern Orte gelegentlich im 
Zusammeuhuiig mit andern Beobachtungen initzutlieileu. 

7* 



Digiiizca by Gu^.- . 



— 102 — 



Bei allen Seebewoluiom z. B. tritt die sexuelle Fürt})tlaiizui)g 
erst gegen den Ileibst hin auf, die Dauereier sind hier 
ächte Wintereier, hestinimt, die Art Über den Winter hinaus 
zu erhalten. Zu keiner Zeit des Jahres aber ist die Nahrung 
der Daphniden so reichlich vorhanden, wie im September und 
October, oft auch noch bis tief in den November hinein (in 
Süddeutfichland). Für die zahlreichen Moderfresser sind die 
Wasser zu dieser Zeit angefüllt mit Flocken pflanzlicher und 
thierist^her Zer&Uprodukte^ für die räuberisehen Polyphemideu 
wimmelt es von allen Arten von Crustaceen, RäderÜiieren 
und Infusorien; wo sollte da Mangel an Nahrung herkommen? 
Wer je im Herbst mit dem feinen Netz in uusem Stksswassem 
gefischt hat, der wird zuerst erstaunt gewesen sein ftber den 
enormen Beichthum an niederen Thieren, und dies um so 
mehr, wenn er im Stande war, es mit der spArlichen FnHh" 
jahrsbevölkeruttg derselben Oertlichkeiten zu veigleiGfaen. 
Im Früljahr und Sommer aber pflanzen sieh die betreffenden 
Daphniden durch Parthenogenese fort Ich bin weit entfernt, 
meine Versuche an Daphniden fUr erschöpfend und abschliessend 
zu halten, und habe dies ja auch bei ihrer VerdffientlichuDg 
gesagt, aber so viel seheint mir allerdings durch sie festgestellt 
zu sein, dass direkte, das einzelne Individuum treffende 
Einflüsse, heissen sie Eniährunf? oder Tenjperatnr oder sonst- 
wie, nicht die Art der Eier bedingtu, welche hervorgebracht 
werden, sondern der indirekte Einfluss der Lebens- 
bedingungen, vor Allem die durchschnittliche Häufigkeit 
des Eintritts von schädlichen, die gesanmite Colonie ver- 
nichteiidcii Ereignissen, wie sie die Winterkälte, oder das 
soiiinn'iliche Austrocknen der Pfützen darstellen. Ich kann 
L^LHiniber Dil sing nur auf das verweisen, was ich früher 
gegen Herbert Spencer*) vorbrachte, der schon difs<lhe 
Ansicht aufgestellt liat, „dass herabgesetzte Ernährung die 
geschlechtliche iortpflanzung zur Folge habe". 

WeismftDii, Dapbnidea, AbbandL VII, p. 329; Herbert 
Spencer, «Die Pxindpien der Biologie''; deutecb von Vetter, Stattgut 
187S, p. 249. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 103 — 



Eiue meiner Beobachtimp:eii scheint nun freilich dieser 
Ansicht eiue Stütze zu i^^währen, aber doch nur, wenn mau 
sie ausser Zusammenhang betrachtet. Ich meine das Verhalten 
der CTattun«: Moina, die Thatsache, dass beim Fohlen von Männ 
eben solche Weibchen von Moina, ^elclip Soxualeier in ihren 
Ovarien tragen, und welche auch später beim Vorhandensein 
von Männchen nur befruchtungsbedürftige Eier producirt 
haben würden, zur Bildung parthenogenetischer Sommereier 
übergehen, falls das betreffende Winterei nicht abgelegt, 
«ondern im Eierstock resorbirt wird. Das sieht freilieh 
auf den ersten Blick so aus, als ob die durch den Zerfall des 
grossen Wintereies gesteigerte Nahningszufuhr im Ovarium 
die Erzeugung parthenogenetischer Eier hervorrufe. Dieser 
Anschein wird noch erhöht durch Folgendes. Der Uebergateg 
zur Parthenogenese kommt nur bei der einen Art von Moina^ 
bei Moina rectirostris vor, bei dieser aber stets und ohne 
Ausnahme; bei der andern von mir untersuchten Art, 
Moina paradoxa, werden einmal gebildete Wintereier auch 
stets abgelegt, und bei dieser Art gehen solche Weib- 
ehen nicht zur Sommerei-Bildung über. Dennoch 
ist Düsing im Irrthum, wenn er dieses Beharren bei der 
Bildung von Sexualeiem darauf bezieht, dass hier die starke 
Zufuhr von Nahrung durch das im Ovarium zerfallende Ei 
in Wegfall kommt. Bei vielen andern Daphniden, die ich 
untersucht habe, wenden sich die Weibchen häufig wieder der 
Bilduii- juullienogenetischer Somuiereier zu, nachdem sie ein 
oder mehrmals befruchtete Dauereier abgelegt haben. So 
verhält es sich i. B. bei allen I)[ii)hnia- Arten, die ich kenne, 
und dies allein beweist wolil , dass die abnonue Nahruugs- 
zufuhr eines im Ovarium zerfallenden reifen Wintereies nielit 
die Ursache darauf fol^/euder Parthenoirenese ist, wie es denn 
zugleich wieder von Neuem heweij^t, dass auch die bessere 
oder schlechtere Ernährun'/ des i^anzeu Thiers Nichts mit der 
Art der Kibildung zu tliuu hat, denn die Krnahnuig ist ja 
inzwischen dieselbe geblieben, jedenfalls niclit besser geworden. 
£s ist irrig, überall direkte äussere Ursachen für den 



Digiiizca by Liu^.- . 



— 104 — 



Modus der Kibildimp: verantwortlich zu machen. Natürlich 
müssen direkte Ursachen da sein, die es bedin??en, dass ein 
Keim zum Winterei, ein anderer zum Sommerei wird, aber 
sie liegen nicht ausserhalb desThiere» und nicht 
in der Nahmngszufuhr zu seinem Ovarlum, sondern 
in jenen, fftr nns heute noch nicht weiter analysirbaren Ver- 
hältnissen, welche wir als die specifiscbe Constitution der Art 
Torlftofig bezeichnen müssen. In jungen Männchen von Daph» 
niden sehen die Hoden genau so aus, wie in jungen Weibchen 
die 0?arien^); dennoch werden sie Spennaxdlen liefiBm und 
nicht Eier, daAlr bOigt uns die am jungen Thier schon er« 
kennbare mftmdiclie Form der ersten Antenne, oder des- 
Klammerfnsses. Wer kann aber sagen, welche direkte Ur- 
sachen die Keimzellen hier veranlassen, zu Spermazellen zu 
werden und nicht zu Eäzellen? liegt es etwa an der £r- 
nShrung? Oder liegt es an der EndLhrung, wenn stets die^ 
dritte Keimzelle einer vierzelligen Keimgruppe weiblicher 
Daphniden zur Eizelle wird, die andeni aber sidi zu Gunsten 
des Bäes als NährzeUen auflösen? 

Das sind, glaube ich, deutliehe Beispiele daf&r, dass die 
direkt bewirkenden Ursachen der Richtung, welche die 
EiitwickliHi;^^ in einem speciellen Fall einschlägt, nicht in den 
äussern Eiuiiüssen zu suchen sind, sondern in der Constitutiua 
der betreffenden Theile. 

Ganz ebenso verhalt es sieh bei der Entscheidung über 
die Qualit;\t der Eibildung. In der Constitution der einen 
Moina-Art ist es entlialten, dass ein hestiiiimtes Thier nur 
Wintereier producirt oder nur Sommereiei , hri der andern 
Moina-Art kann der Wechsel zur Sommereibildunj? eintreten, 
er ei-folfrt alx r nur, wenn das Winterei uubefnichtet bleibt. 
Das letztere erscheint mir als eine specielle Anpassung dieser 
und anderer Arten vielleicht an den hier öfters eintretenden 
M&nnGbenmangel. Jedenüalls leuchtet es ein, dass ein Vorthei) 



>) Daasdbe iit seitiier f&r Arten aus venchiednen andern Thiet^ 
groppen festgestellt worden. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



- 105 



darin liey^ wenn bei ausbleibender Befruchtung das })efrucli- 
tungsbedOiftige £i für den Organismus nicht verloren geht, 
sondern resorbirt wird. E& ist dies eine Einrichtung, die der 
Dachfolgenden Produktion von Sommereiem zu Gute kommt, 
ohne aber doch ihre Ursache zu sein. 

Die Dinge liegen in der Natur nicht immer so einfach, 
das zeigt die kleine Gruppe der Daphniden sehr deutlich. 
Bei manchen Arten sind die Weibchen, welche Wintereier 
hervorbringen, reine Sexualweibchen und gehen niemals zur 
Parthenogenese über, bei andern können sie dies thun, thun 
es aber nur bei Mttnnchenmangel, bei noch andern aber 
geschieht es r^lmltesig. Ich habe in meinen Daphniden- 
Arbeiten zu zeigen versucht, wie dies mit den verachiednen 
flüssem Bedingungen, unter denen die verschiednen Arten 
leben, zusammenhangen kann, ganz ebenso, wie auch der 
frohere oder sp&tere Eintritt der Sexnalperiode, und wie 
schliesslich der ganze cyklische Wechsel von sexueller und 
parthenogenetischer Fortpianzung auf Anpassung an bestimmte 
äussere Lebensbedingungen bendit 

Sollte ich aber sagen, wie man sich etwa die direkten 
Ursachen vorzustellen und wo man sie zu suchen habe, welche 
es bewirken, dass das eine Mal partheuogenetische Somnier- 
eier, da« andere Mal befruehtungsbedürftige Wintereier her- 
vorgebracht werden, so kann ich das von der oben dargelegten 
Hypothese über die Zusammensetzung des Keimbläschens aus 
ovogeneni Ki riiitlasma und aus Kei!ii])lasnm oliiie Schwierigkeit 
thun. Ich iiHuiite aber dabei etwas weiter ausgreifen und 
auch die beiden ()l)en als Beispiele aufgeführten Fälle von 
den Ki-Nfthrzellen und den Spennnzelli n heranzielien. 

Die direkte Ursache, warum die völlig identisch er- 
scheinenden Zellen des jugendlichen Daphniden-Sperniai iuius 
und -Ovariums sich einerseits zu Ö])ermazellen, andrereeits 
zu Eizellen entwickeln, sehe ich darin, dass in dem Kem- 
plasma beider zwar völlig gleiches (etwaige individuelle 
Verschiedenheiten abgerechnet) Keimplasma enthalten ist, 
aber verschiednes histogenes Kemplasma; in den 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 106 - 



männlichen Keiiiizellfn namlicli s])enTio?ene?, in den weiblichen 
ovoL'pnes Plnsiun. Dies niiiss soizar so sein, wenn muiei'S 
nnsre Grundansehaunnf? richti': ist, dass die specihsche Natur 
des Zelikörpers von der seines Kerns hestimnit wird. 

Ebenso werden die weiblichen Keimzellen des Dapbniden« 
Ovariums, die zuerst nicht im preringsten von einander sich 
UDterscbeiden, doch dadurch verschieden sein, dass ihr Kem- 
plasma ein Gemisch verschiedner Plasma- Arten in verschiednem 
Verhältniss ist. Keimzellen, die feinkörnigen ziegelrothen 
Winterdotter (Moina rectirostris) bilden sollen, müssen ein 
ovogenes Plasma von etwas anderer MolekOlarstroctur besitzen, 
als solche, welche nur wenige fnrosse blaue Fetflnigeln (Sommer- 
eier dersdben Art) abscheiden sollen. Weiter wird auch 
das VerhAltniss zwischen Keimplasma und ovogenem Plasma 
in beiderlei Keimzellen ein verschiednes sein können, und es 
wftre eine sehr einfache Erklftrnng der sonst rftthselhaften 
Rolle, welche dieNfthrzellen spielen, durfte man annehmen, 
dass bei ihnen die Beimischung von Keimplasma ganz fehlt; 
es wftre damit die Ursache gegeben, warum sie nicht in 
embryonale Entwicklung eintreten können, sondern bis zu 
einer gewissen Grösse heranwachsen und dann stille stehen, 
wenn freilich auch daraus allein es sieh noch nicht erklärte, 
warum sie sich dann nun lan^rsam in der umgebenden Flüssig- 
keit auflösen. Wenn man aber weiss, dass auch Eizellen 
sich sofort iiutzuloheu beginnen, sobald die hetreffeinle 
Daphnide schlecht ernährt wird, so wird man kaum umhin 
können, auch die Auflösung der Nährzellen auf un{ienügende 
Eniiiiirung zu beziehen, welche (Antritt, sobald die Eizelle 
bei Erreichung einer bestimnittni Grösse eine ülierlegene 
Assuuilationskraft ireltend macht. Es war aber l)islier durchans 
nicht zu verstt'heii. warum gnnie immer die dritte Eizelle 
einer iveimzellen^^ruppe diese Ueberlegenheit entwickelte und 
zur Eizelle wurde ; besässe sie eine in Bezug auf >;rnähning 
begünstigte Lau'e, so könnte man vermuthen , dass sie den 
drei andern Keimzellen in der Entwicklung voraneilte und 
diese dadurch am Weiterwacbsen verhinderte; allein davon 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 107 — 

l&88t sich Nichts mit irgend welcher Wahrseheinliehkeit sehen, 
wie ich dies auch froher schon hervorhob, obwohl ich mich 
zuletzt aus Mangel einer besseren Erklärung dennodi zu 
dieser Annahme entschloss, wenn auch nur als zu einer 
„provisorisehtni Zurechtlegung der Thatsachen''. Es bot sich 
mir damals noch nicht die MQgliehkeit die Ursadie der 
spfttecen Versehiedenheit jener vier, dem Ansehein nach völlig 
identischen Zellen in ihre eigne Substanz zu verlegen. Jetzt 
aber steht es uns frei, die Annahme zu machen, dass mit 
der Theilung einer ürkeimzelle in zwei, und dann in vier 
Keimzellen eine ungleiche Theilung des Keniplasmas dnher- 
gehe, derart» dass nur eine der vier Zellen zugleich Kdm- 
plasma mit ovogenem Kernplasma erhalte, die drd andern 
aber nur das letztere. Auf diese Weise wird es auch ver- 
ständlich, dass gelegentlieh auch einmal die zweite Zelle 
der Keimgiiippe zum £i wird, was von meinem früheren 
ErklärungsversurJi aus ganz unverständlich blieb. Es scheint 
mir durchaus kein Einwurf gegen diese Ansicht, dass auch 
ächte Eizellen, ja das ganze Ovariuiii mit allen seinen grösseren 
Keuiizellen zerfallen und resoihirt werden kann, wenn das 
Thier anhaltend hungert, so wenig, als es ein Einwurf gegen 
die Unsterblichkeit der Einzelligen wäre, dass ein Infusorium 
verhungern kann. Das Wachsthum wird ja ülteihaupt nicht 
allein diirrh die innere Constitution zum Stilistaud gebracht, 
hündrni aueii <iurcb absoluten Mangel der Nahnmtr, aber es 
wäre (luch recht verkehrt, wollte man die Grossentlilierenzen 
der verschiedueii Thierarten von dem vei'schieduen -nitem 
Krnahnmgsgrad derselben herleiten. Wie aber ein Si)erling 
auch bei der allerbesten Krnährung niemals weder die Grösse 
noch die Gestalt des Adlers erreicht, so wird auch die zum 
Sommerei bestiunnte Keimzelle niemals weder die Grösse 
noch die Gestalt und Farbe des Wintereies erreichen; es 
sind innere, constitutionelle Ursachen, welche bei 
beiden ihren Entwicklungsgang bestimmen, und im letzteren 
Falle kann es kaum etwas Anderes sein, als die verschiedne 
Beschaffenheit ihres Kernplasmas. 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 108 — 



Alle (lieso Krwäüfiinfren beruhen auf der A^oraiisset/unir, 
(loisi! in der Sultstaiiz des Keimbläschens zweieilei Idioplasiueü 
vereinigt sind , Keimplasma und ovogenes l'la.suia. Ich h;tlie 
dafür bisher noch keinen ei <j;en fliehen P-eweis vüivel)racht, ich 
glaube aber, dass ein solcher gegeben werden kann. 

Es gibt bekanntlich Eier, hei welchen die Richtungskörper 
erst nach dem Eindringen des Spermatozoons ins Ei aus- 
gestoesea weiden. Brooks^) bat diese Thatsache schon 2a 
einem Beweis gegen die Theene von Mi not und Balfonr 
benutzt, indem er vollkommen richtig schliesst, dass, wenn 
wirklich das Richtungskörperchen die Bedeutung einer männ- 
lichen Zelle hätte, sich nicht absehen liesae, warum das £i 
sich nicht auch ohne Befruchtung sollte entwidceln können, 
da es ja dann die ihm nöfhige mAmdiehe Kernhftlfte immer 
noch hesfisse. Solche Eier aber — z. B. die der Auster — 
entwidreln sich nionals unbefruchtet , sondern sterben, wenn 
sie nicht befruchtet werden. 

Gegen dieses Aigument Hesse sich hiichstens mit einer 
neuen Hypothese Etwas einwenden, deren Aufttellung ich den 
Vertheidigem dieser Theorie ttberlassen wiU. Aber die be- 
treffende Thatsache scheint mir zugleich auch den Beweis zu 
liefern flir die Anwesenheit zweier yeischiedner Eernplasmen 
im Kamblftschen. Wäre nämlich das Kemplasma der Bicb- 
tungskörper auch Keimplasma, so wäre nicht abzusehen, wess- 
balb diese Eier sich nicht parthenogenetisch entwickeln sollten, 
dass sie ja dann in unbefnichteteni Zustand mindestens ebenso 
viel Keimplasma enthielten, als sie nach der Befruchtung 
enthalten. 

Dagegen könnte man höchstens dann Etwiis vorbringen, 
wenn man das Kemplasma der Samenzelle für etwas qualitativ 
Vei-schiednes von dem der Eizelle hält. Gegen tiiese Ansicht 
liaVie ich mich oben schon gewandt und möchte jetzt noch 
emmal darauf zurückkommen. JSchon vor einer Reihe von 
Jahren spradi ich die Ueberzeugung aus, dass „der physio- 

Brooks, „The law of heradity". Baltimore 168ä» p. 7ä. 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



— 109 — 

logische Werth von Samenzelle und Eizelle der 
gleiche sei, sie verhielten sich „wie 1:1"*). Valao- 
ritis') hat mir darauf den Einwand gemacht, df\^^ wenn man 
unter dem j^ysiologischen Werth einer Zelle den Werth ihr^ 
Leistungen verstehe, ea nur eines kurzen Hinweises auf diese 
letitereiL bedttife, um zu zeigen, wie ▼enefaiedenwerthig that- 
sikddicb ihre «LeistungsiUiigkeit'' sei. yfii es doch die Ei- 
zelle und nur diese, welche .... die phylogenetiflchen Stadien 
des Mntterthiers mehr oder weniger YoUstftndig durchlaufend 
sich zu einem ihm lihnlichen Wesen gestaltet Und bedarf 
es auch aUeidiogs in den meisten Fftllen der Einwirkung des 
Spermatozoids, um jene Krftfte anszulOsen, so beweisen doch 
' die FlÜIe von Parthenogenesis, dass das diese Emwirkong 
vollkommen entbehren kann.*^ Dieser Einwand schien voll- 
kommen berechtigt, so lange man in der Befruchtung noch 
,die Belebung des Keims" sah, oder, wie ich es oben aus- 
drOckte, in der Spermazelle den Funken, der die Explosion 
hervorruft, so lange man ferner die Keimsubstanz noeli im 
Zellkori er erblickte. Jetzt kouneu wir dem Eikörper 
kaum eine liühere Bedeutung zuschreiben, als die, der gemein- 
same Nährboden für die bei der Befruchtung küpuiirenden 
beiden Kerne zu sein. Diese selbst aber — wie Stras- 
bnrger voilkonunen in Uebereinstimmung mit mir sich aus- 
drückt — : ^Speniiakeru und Eikern sind ihrer Natur nach 
nicht verschipilt'ii." Sie könnten es gar nicht sein, da sie ja 
beidf aus Keimplasma derselben Species bestehen, und ein 
GegeüSRtz in ihrer eignen Substanz nicht enthalten sein kann, 
vielmehr nur ein so geringfügiger Unterschied , wie er den 
individuellen Verschiedenheiten der fertigen Individuen ent- 
spricht. Zwischen ihnen kann desshalb in der That an und 
für sich keine besondere Anziehung bestehen, und wenn wir 
sehen, dass Sperma- imd £izelle sich anziehen, wie das ja 
auf pflanzlichem und thierischem Gebiet erwiesen ist, so sind 



I) Zeitachr. t wiss. ZooL Bd. 88, p. 107. 1878. 
^ ValaoritiB, a. a. 0. p. e. 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 110 — 



das sekundäre Erwerbungen, die keine andere Bedeutung 
haben, als die Geschlechtszellen einander zuzuführen, also 
Einrichtungen, die dem vibrii enden Schwanz des Spennato- 
zoons» oder der Mikropyle Eies gleich zu stellen sind, 
aber keine fundamentalen, in der Molekalarstructur des Keim- 
plasmas begründete Eigenschalten. Bei niedem Pflanzen hat 
Pfeffer den Nachweis erbracht, dass bestimmte chemische 
Reize vom Ei ausgehen und das Spermatozoon anziehen, und 
bei den Phanerogamen sind es nach Strasburger die 
Synergiden -ZeUen in der Spitze des Embryosackes, welche 
eine Substanz aussondern, die die Fähigkeit besitzt, das 
Wachsthum des PollenBcblauchs gegen den Embryosack hin- 
zuleiten. Für dieThiere hat Us jetzt nur so viel festgestellt 
werden kOnnen, dass Spmiatozoen und Eik&rper sich gegen- 
seitig anziehen, die ersteren finden das £i und bohren sich 
durch seine Häute durch und das Plasma des Eikörpers kommt 
dem eiudnugeiideii Samenfaden entgep:eii (cones d'exsudation, 
Fol bei Seesterneu), geräth auch wohl dabei in zuckende 
Bewegungen, wie dies beim Ei von Petromyzon der Fall ist. 
Hier muss also eine gegenseitige Reizung und Anziehung statt- 
finden. Auch zwischen den beiden copulirenden Kernen wird 
man vielleicht doch eine Anziehimfr annehmen luusseii. da 
nicht recht nlizutseheu ist, wie das Cytoplasma allein sie zu 
einander führen sollte, wie Strasbin ger will Es müsste 
denn sein, dass von doTii speeifischen Cytoplasma der Sperma- 
zelle ein Theil auch dann noch den Kern umhüllt, wenn er 
in den Eikörper bereits eingedrungen ist. Jedenfalls aber 
beruht die vermuthete Anziehung zwischen den copulirenden 
Kernen nicht auf der Molekülarstructur ihres Keimplasmas^ 
sondern auf irgend einem accessorischen Umstand, denn diese 
ist bei den beiden copulirenden Kernen die gleiche. Wenn 
es ausführbar wäre, in das Ei irgend einer Art, unmittelbar 
nach Umwandlung des Keimbläschens zum fäkem. den Eikern 
eines andern Eies ktinstlich hineinzubringen, so würden die 
beiden Kerne wahrscheinlich sich ebenso copuliren, wie wenn 
der befruchtete Spermakem ins Ei eingedrungen wlüre, und 



Digitlzca by Liu..- . «v. 



- III — 

es wOnte damit der direkte Beweis geliefert seiu, dass Ei- 
und Spermakem in der That jxleich sind. Leider wird sich 
der Versuch wegen techuisi-her Hindernisse schwerlich aus- 
führen lassen einen theihveiseu Ersatz ilalur aber leistet 
die von Bert hold festgestellte Thatsache, dass bei gewissen 
Algen (Ectocarpus und Scytosiphon) nicht nur eine weibliche, 
sondern auch eine männliche Parthenogenese vor- 
komnjt. indem zuweilen auch die männlichen Keimzellen 
allein sich „zu allerdings sehr schwächlichen Pflänzchen* 
entwickeln können^). Auch die Conjugation darf als Beweis 
für die Richtigkeit dieser Ansicht angesehen werden. Es kaim 
W(»hl nicht mehr bezweifelt werden, dass sie die ^geschlecht- 
liche FortpflanzuuLT der Einzelligen ist. Bei diesen nun, wie 
ja auch bei zahlreichen Algen , sind fast immer die beiden 
conjugirenden Zellen auch äusserlich gleich, und wir 
haben keinen Grund, anzunehmen, dass sie es nicht auch in 
ihrer Molekülarstructur soweit seien, als Überhaupt ein In- 
dividuum derselben Art dem andern gleich sein kann. Nun 
gibt es aber auch Formen mit entschiedner Differenzirung der 
sidi copulirenden Zellen zu weiblichen und männlichen, und 
diese Formen sind mit jenen ersten durch Uebergänge ver- 
bunden. So copnliren sieh z. B. die Zellen der Volvocinen* 
Gattung Pandorina, ohne dass wir im Stande waren, einen 
bestimmten Unterschied zwischen ihnen festzustellen, bei Yolvoz 



Seither ist dieser Tersuch, wenn auch in umgekehrtem Sinn, ans- 
geiiUirt worden; nftmlich Befruchtung eines kOnsÜich sdnes Keroes be* 

raubten Eies durch zwei Spermakorne. Vergl. Aufsatz XII. W. 1892. 

2) Ich citire nach Falkenberg in Schenk's Handbuch der Botanik 
Bd. II, p. 219, wo es dann weiter l'^'i'^'r: „Es sind dies die einzigen 
bisher bekaunteu Beispiele, dass aiistreh]»iuchen mannliclie SexuaUcllen, 
welche den BefruchtUDgspiocess nicht haben austuhieu könueui sich als 
fortbÜdungsfähig erweisen." Aeasserlich tmterscbeiden sich abrigens 
die beiderlei Keimzellen noch nicht, wohl aber dadurch, dass die weib- 
liehen sich festseiaen und die eine Geissei einziehen, während die mänU' 
liehen fortgesetzt umherschwännen. Aber auch die.-er (.rad der Differen- 
zirung verlangt schon die Annahme einer inneren, molekularen Ver- 
schiedenheit. 



Digiiizca by Liu^.' . 



— 112 - 



aber werden gro6Be Eizellen und winzige Zoospermien gebildet 
Wenn wir nun annehmen müssen, dass die Conjugation zweier 
TöUig gleichen Infusorien denselben physiologischen Erfolg hat, 
wie die Vereinigung zw^er GeschlechtssEellen höherer Thiere 
oder Pflanzen, so werden wir der Annahme nicht entgehen 
können» dasz das Wesentliehe des Yoigangs sdion in jenen 
Töllig gleichen Infusorien gegeben war, dass also die Unter- 
schiede, welche bei Pandorina Tielleidit schon angedeutet, bei 
Volvox und bd allen höheren Thieren und Pflanzen sdiarf 
ausgesprochen vorhanden sind, nicht das Wesen des Vorgangs 
betrefl^n, sondern von secundArer Bedeutung sind. Fasst man 
vollends die ausserordentlich verschiedenartige Ausbildung der 
beiderlei Geschlechtszellen nach Grösse^ Gestalt, Hollen, Be- 
weglichkeit und sdiliesslicfa nach ihrem nnmoiBclien Auftreten 
ins Auge, so bleibt gar kein Zweifel, dass wir es hier ledig- 
lich mit Einrichtungen zu thun haben, die das Zusammentreffen 
der beiderlei Copulationszellon sicheni sollen, Anpassungen 
der Art aa die bestimmten Bedingimgen, unter weidieii bei 
ihr die Befruchtung sich vollziehen muss. 



NACHSCHRIFT. 

Da es zur UeurtheiluHg der in dieser Schrift dargeitiiteii 
Ansichten von Bedeutung ist, zu wissen, ob bei Eiern, welche 
sich parthenogenetisch entwickeln, ein Richtungskorperchen 
ausgestossen wird, oder nicht, so möchte ich hier noch kurz 
mittheilen, dass es mir neuerdings gelungen ist, die Bildung 
eines Richtunfrskin pt i rlieiis von deutlich zelligem Bau bei den 
Sommereiern Daphuid^'ii nachzuweisen, (jeuauere An- 
gaben darüber sulleu an einem andern Ort nachfolgen. 

22. Juni 1885. 

Der Terfiisser. 




Pierw'aehe Hofbuohdruekerei. StophAU G«tb»l Co. in Alt«obuq(. 



Verlag ron Gustav Fischer In Jena. 

TTüf QpflPt^ ^^^^^t ^- ^' Professor der Zoologie an der deatschen Carl- 

) Ferdiiiauds- Universität io Prag, Lelirbach der ZoolOg ie. 
Bin« morphologiseh« U«bwsicht im Tlii«rr^liB mt Jüuführang iu da» ätudium diaaw 
Wisiteuschart. Erste bb dritte Li«fiMniBg. Mü 407 AliblUiiiis«» im Taxt IftM/ll. 
Preis: 8 M. 60 PI. ' 

TT^ x » Ä». OlMT» 0. 8. PkOfcBSor d«r AaAtmnf« und Direktor des II. an»to- 
XltSriYVlg) »Ischen iDstitQtes ao der Universität Berlin, Die SyillbiOSe odCF 

das CtaosseiiselutfiBlelien im Tterreich. Vortrtf in der «rtteai dfibst* 

liehen Sitzung der 5- VerattnmUin'^' deutscher Naturforsclier und Aerztc zu Freibor^j i U. 
am 18. September 1888 gehalten. Mit 1 Tafel in Farbeodruclc Preis 1 M. 80 Pf. 

■ Lehrbach der £ntwleklungsgei€hlehte des Mensehen and 

der Wirbeitblere. Dritte theilweise amgcu-beiteta Aafliig«. MU 8S0 Abbil- 
dungen im Texte und 2 liüiograpblsehen Tafeln. 1890. Pretot brotebiit tl Kftrfc, in 

Cailico gebunden 12 Mark, 

TToi^vxno* ^* ^'<^*Mor der Zoologie und vergleichenden Anfttonl« 

Xl^riWl^^ ,io der Universität München, LehrbttCh dW 2toolOgle> lltt56S 
AbbUdnogen in Text. Preis: broscliiert 10 Marie, gebiuuteu 11 Harb. 

£.Öllik6r ^* Geheimrat, Professor, Der Jetzige StsTid dcr luorpho- 

' loff tschen Discipliiie ii mit 13ezug auf allgem. Kratzen Rede, ge- 
halten bei Eröti'aung der i. VersummluDg der Anatom. Gesellscbaft zu Leipzig am 
14. April 1887. Preis : 60 Pf. 

l^nrfir^KlAli' ^* ""'^ H«ider, -Dr. K., Privatdocenteu au der Universität Lieuin, 

ji.Ui»t»ut;ii<^ Lehrbuch der Tergleichenden Entwickln hl^si;c- 

schichte der wirbellosen Tliiere. Erste uud zweite Lieierung. i\iit 540 

AbbiidaDgen im Text. Preis: 80 Mark. 

Die dritte Liefernng wird im Herbste 1898 «selieiDeD. 



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Dr. Arnold, Professor der Zoologie an der Universität ZQricb. LehrbttCh 
7 der Tcrglelchcndeu Anatomie. Zum (Jebraiuhe hei vcrgleichend- 

anatomi:ici)en und zoolOKischen Vorlesungen. Neunte gänzlich umgearbeitete AuÜage 
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Darwin. Uemeiuver«täudlicher Vorirag. Preis: 60 Pf. 



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