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Full text of "Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften"

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Abhandlungen  der  Königlich 


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Abhandlungen 

der 

KöaigliclMii 

Akademie  der  Wissenschaften 

as  u  Berlin. 


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Abhandlungen 

der 

Koniglicben 

Akademie  der  Wissenschaften 

zu  Berlin. 


Aus  dem  Jahre 

1824. 


Nebst  der  Geschichte  der  iULademic  m  diesem  Zeitraum. 


Berlin. 

Gadracfct  io  dar  Dindurai  dar  K(tol|licfcaii 

dar  WisMDidialkeB. 

1826. 

!•  G««alH|««  Mi  r.  Blnln. 


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Inhalt. 


Historische  Einleiiiinp  Seite  1 

Veneicbnifs  der  Mitglieder  und  Corrc^ondcnleB  der  Akademie   -  V 


Abhandlungen. 

.Pbysikaliieh«  Klmti.  . 

Kamten  ober  die  ebemische  Verbiadirag  der  Kfii])«  ..«.jBeitB  1 

Derwlbr  über  den  Saigcrliütlenproief»   .  ....    -  30 

fiuimsTÄDT  Versuche  und  üeobacbluogru  über  den  EiAÜuf»  der  Düagung«- 
mittel  auf  die  Eneugung  der  n&hera  fiesundUieile  der  Ge- 

Fiscaift  über  die  GrnniUdifm  dar  Almlil.  «   -  75 

BuBOLMi  jkbcr  dm  Wasaerkofif  vor  d«  Gdtntt,  aebM  «fllfponian  BaoMrbiDfn 

über  Misgeburten   -  121 

Demlbe  Anatumiscbt*  Bemerkungen - 

I.    Ueber  den  Orang-Utang,  und  Beweis,  dafs  derselbe  ein  junger 

FoBgo  sei  -  tSl 

U.  UdMT  des  Zittcnrda   -  137 

IdiTK.  Eatwurf  ciim  flbyiologiMilieni  PfluBMaajritcn»  mAn  matr  Aaoidiiimg  der 

Kryptophjten   -  145 

JLtCraiimiK  über  die  AiUllupcn  de*  nBrdliclicu  Africa,  besonders  in  ßczichxuig 

auf  die  Keiinttiifs,  welcbe  die  Alien  diivon  geliabt  haben   -  195 

KIM  Verallgcraeincrung  ciaiger  in  der  Abhandlung  über  die  auifübrlichcre 

4<r  KiynalUllelMD  rorgetrageam  hAxiSm   -  241 


Buni,  TJataemclnug  4»  Tkeüt  der  fdüieMiriadMn  StArmgea,  -wdielMr  an»  der 

Bewegung  der  Sonne  enUldit  Seit*  1 

EYnu.WBn  Ton  der  Integration  der  Uncttcn  Gleidumgeik  vH  fMMiellail  end» 

liehen  DifferPiiicn   -  53 

Gkdsox  über  die  Kinscbrcibuug  iMtomisclier  Figuren  in  die  Regelachnitte  ....    -  8S 


PhileaepKitek«  Klaice. 
ScKLnsuttACRBk  Tetmdi.ibar  die  umamktStHAt  lidiMdlmg  de*  PflidiilMgriih  SctM  1 

Hislorifcb-philologiiche  Klatse. 
Si:vKfi>  uIh  r  einige  hiitorisclic  und  politische  Anspielungen  in  der  alten  Tragödie    Seile  1 


fioECKu  über  die  Anligone  des  Sophokles.....   -  4i 

BvvffHAim  ErUining  der  griediiiehen  Beiidvtlk  wf  unen  ägyptischen  Papjrut  -  89 
Bow  VergWciieiide  aer^Bedaaif  des  Siukiita  und  der  wtSx  Him  TCrwendleB 

Sprachen   -  tl7 

Hast,  über  dnx  Farnesiichen  Congius  im  Königlichen  Antiken-S«ale  lu  Dresden  •  149 
WiLinLM  V.  HvMBor  nT  üher  die  Buchstabeasohrifi  und  ihren  Zusammenhang  mit 

dem  Sprachbau.  •   -  161 

RiTTM  Zur  GCMldehie  dee  Ftlifilid«  AnliieDe  nnd  «ebev  Bewehm   -  189 

BoscKit  MeohM^iebe  Bmacrkongeo  eu  der  AMtaudlung  ober  die  Antiyne  des 

SepMik»   m 


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I 


•  .     •»  V  Ii 


Jähr  1824. 


'.  Ii 


A, 


.m  2  Ljaiiuai  hielt  die  Königliche  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten zur  Feier  des  Jahrstages  Friedrichs  des  Zweiten 
eine  öffentliche  Sitzung ,  welche  von  dem  Sekretär^  der  phyairr 
kaiischen  Kiasse^  ■  Heim  £  rinaSj  eröffnet  ward,  und  in  döt 
Herr  Buttmanii  eiliges  tiber  die  von  Herrn  General  ICena 
▼oa  Mi  Dato  Ii  ans  kegyptm  hidier  gelmhtetf  Pi|i7f(n«RoUeii 
vartmgi  Herr  Liohtenstein  8t«nete  önra  Bein^ 
neoestea  Untemehnrangen  dev  im  Auftrag  der  Alflfdemie  in  Aegy)> 
ten  reisenden  Herren  Doktoren  Ehren berg  und  Ileniprich. 
Herr  Karsten  las  eine  Abhandlung  über  chemische  Verbindun- 
gen und  Herr  Bode  gab  ^einige  Notizen  übev  den  jetzt  sicht- 
baren  Kometen. 

In 'der  ctflfentliibiiai  SitEung'Vaäii.  3.  Jnlins  nr.F^er  des 
Leibnitaiecbeit  Geb'nvtktage«^  erDfiiiet  dt»cb'-Hein»  Schleier* 
maeberi  stattete  HeiTi^odei^cfat  «lx«ber  dieaxfirlb)|^der  Preis* 
«nfjgfsbe-  dqr  nuiäieiaRtiitjMB  Kksse.-:    ,     >  \  .\  ^ 


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n 

SdiOB  im  Jahr  1820  war  für  1822  an^gegeben  worden,. 
eine  vollständige  Erklärang  der  Hofe  oder  der  kellen 

und  farbigen  Ringe  um  Sonne  und  Mond  mathema- 
tisc/t  zu  entwickeln,  welche  den  durch  Versuche  ausge- 
mittelten  Erscheinungen  des  Lichtes,   der  Beschaffen^ 
heil  der  Atmosphäre  und  den  wirklichen  Beobachtungen 
genägend  entspräche» 
Da  nur  eine  nicht  genügende  Abhandlang  za  dem  «mgesetc^ 
ten  Termin  eingegvigen  war,  so  hatte  die  Klasse  ihn  Ins  sn  dem 
g^enwärdgen  Jahre  1824  verlängert. 

Von  den  bdden  felzt  eingegangenen  Ablumdlungen,  die  eine 
mit  gleichem  Motto  wie  die  im  Jahre  1822  eingegangene:  J^gcs 
naturae  simplices  sunt^  die  andere  mit  der  Devise :  Lucis  proprie- 
täres raüone  diintaaat  experimentisque  sunt  comprobandae ,  ent- 
qiricht  nach  dem  Urtheil  der  Klasse  keine,  wenn  gleich  die  ei-ste 
nodi  melir  als  düe  sweite.,  den  aa^esteilten  Fovderangen  m  dem 
Giade,  dafi  ihr  der  Preis  kennte  zneilLamit  werden.  IMe  veiaie- 
gdloi  Zettel  wnidsn  daher  im  Beisna  der  Yeraammlnng  verbrannt ^ 
mtd  die  Klasse  findet  sich  nicht'  vevanlaist,  die  Aufgabe  noch  «Sa~ 
mal  zu  erneuen. 

Die  Preisaufgabe  der  historisch -pWlologischeu  KJasiie  iür  das 
gegenwärtige  Jahr  war  gewesen: 

Das  fVesen  und  die  Beschajjeniteit  der  Bildung  des 
elruritchen.f^oihe*  aus  den.QueUen  kritisch  tu  erörtern 
wd  dttxxttsieUeni  $owekl  im  Mtgememen^  als  ouchLeinn 
gehend  attfdie  eintdnen  Zweig»  der  T^täÜ^BeU  ein» 


uiyiiiz-Cü  üy  LiOOQle 


III 

tdn^  ^ifekAer  dartelSen  wiMtk  und  in  iveb^em  Gfuda 
and  Un^ang  ein  feder^  unier  die$em  ber&hmten  Foä» 
Blühte, 

Da  keine  Bearbeitung  eingegangen  war,  so  stdlte  die  Klane 

noch  elüjnal  die  Aulgabc  liir  (Lis  Jahr  1826. 

Nach  diesen  Verliandluugeü  ward  noch  eme  Abhandlung 
des  abwesenden  Herrn  Wilhelm  von  Humboldt  über  die 
Bttchstabenschiift  und  ihren  Znmnmenheng  mit  dem  Spiachbaa 
gdesen. 

Am  3.  August  finerte  die  Aliadenuie  das  AUerhddistie  6e- 
Iwrlsfest  Seiner  Majestät  des  Königs  durch  dne  ofTent» 
Udie  Sitzung  welche  der  S^retar  der  historisdi- philologischen 

Klasse  Herr  Bnttmann  erofTnete.  Herr  Rudolphi  las  eine 
Abhandlung  über  den  Wasserkopf,  Herr  Lichtenstein  über  die 
Aiitilopen  von  Nord-Afrika,  und  Herr  Ritter  über  das  |)e- 
tniische  Arabien. 


Zu  Garrespondenten  emamite  in  dieean  Jahre  die  histoiisdi* 
phllologiscbe  Klasse  die  Henen 

ifef.  E,  Meier  in  flaUe  imd 
G.  T.  Schömann  in  Grei&walde. 


Das  auswärtige  Mitglied  Herr  B  es  sei  in  Königisberg  brachte 
im  Laufe  dieses  Jahres  bei  der  Akademie  die  Heransgabe  neuer 

b 


IT 


möglichst  TolLständiger  Himraebkarten  in  Vorschlag,  die  wähfend 
aio  das  tnuste  fiild  des  Himmels  bis  za  der  Gnmae  die  unsere  jetz»" 
gen  Feinräbre  eiianben)  danteUteiii  zngbicli  die  Gnmdli^  zur 
m^idist  genanen  Beobachtnng  der  etwa  nodi  fidileiideii  Sterne  ab> 
gdben  wäiden*  IKe  Akademie  ist  auf  düs  Untemdimen  dngegan- 
gen,  und  wird  den  Erfolg  in  den  künftigen  Bänden  der  Abhand- 
lungen darl^en. 


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Verzeichmfs 

der  Mitgiieiler  und  G)rre8poudeatea  der  Akademie« 

B»c«ttb«r  1824. 


L  Ordentliche  Mitglieder. 

Physiklliiell«  RIlM«. 

Heir  TVaher,  Vetcwn.  Herr  Lu^ueryttih 

-  Mu/cianJ.  -  Weift. 

-  ^baeoHd»- v,muMdt.  -  £mk, 

-  Tlermbstädt.  -  Seebeck. 

-  v,£uch,  -  flfitschertick, 

-  fnMW,  MmwAiiIhc  -  Kanten. 


Matbematiscbe  KUtte. 

Heiv  Bode,  TetMu.  Heir 
•  Gnuon, 


Fhiloa«pki««b«  Klan«. 

Jndüon.  MUE  v.  Aw%i{yr. 

Hiit*rUeh-pliil*l«giteb«  KUia«. 

Heir  Ein,  Yetenn.  Herr  /toedUL- 

-  Suttnumn,  M"'-  ki«.,  -  BeMer. 
•    fVUhebn  «.  Humboldt.  -  Smmm. 

-  Niebuhr.  -  Ritter. 

-  Ideler.  -  Bopp, 


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▼I 


n.  AnsvrSrtige  Mitglieder. 

Physikalische  Klasse. 
Herr  Bbtmenbach  in  Gfitlingen.  Herr  Scarpa  in  Pstw. 

-  (kaner  in  Paris.  -     —    SSmmering  ia  FlmaUwt  am  Hun. 

Sir  Hiimphry-  Davy  in  Lrfndon*  -    F«lta  ia  Com»» 

Herr  /ussieu  in  Pari«.  '     '     '  '        '  • 

Mathematischo  kiasie. 

Herr  Besscl  tu  KSoigsberg.  -  Herr  ^faff"  in  HaiUe. 

-  <v.  Fufs  in  Pcienlnury.  -    Gnf  h  Haea  ia  Faria. 

-  Gmtß  ia  GfittiafeD' 

Pliileaopkiicbe  Klasie. 
Hm  V.  Göth»  in  Wcimur.  Herr  iStewiart  in  Ediobui]^. 

Historisch  -  philologische  Klasse. 

Herr  Gottfried  Herrmann  in  Leipzig.        Herr  A.  fV.  v.  Schlegel  in  lioaa. 

-  SibnUn  de  Sa^  hk  -    /.  IT.        in  Ifaiddlieig. 


Iii.  Ehren-Mitglieder. 


Herr  C.F.S.  l^ttXk,  Stein  Wim  AkmiUia 
ia  Berlin. 
Graf  Daru  in  Paris. 

-  Imbert  Delonnes  in  Paris. 

-  Dodwett  in  London. 
Ferguson  in  Edinburgh. 

Sir  fVillittin  Grit  in  London. 
Herr  JVilUam  Hamilton  iu  NeapeL 

-  Graf  V,  Hi^mamegg  in  Difiden. 

-  Colone!  Leake  iu  Lomdon. 
.    UtuHier  in  Genf. 

-  tr.  £oder  in  Moskau. 


Harr  Marchete  lucchcsini  in  Locca. 

'  Gen.  Lieut.  Viah.  v,  MmuUdi  ia 
'  .  Nenfdiaul. 

Gen.  Lieut.  Freib.  v,  Mi^S^mg  in 
Beilin. 

•  dbmmns  in  Emdea. 
Pcrcy  in  Paris. 
Pnsvost  in  Genf. 

'  .    Fr,  ARNnefer  in  GOttin|en. 
-    Jluier  in  Mögelin. 

•  V.  Zach  in  Genna. 


TH 


IV.  Correspondentfciu 


Für  diift  pbjsi 

Beat  Accum  ia  Berlin. 

•  jiuteiuitA  ist.  VUlmifCB» 
Balbia  in  Lion. 

m  Berzelius  in  SlodÜtolm. 

.  Biot  in  Paria. 

>•  Brem  in  Paduas  ■ 

•  Rob.  Brown  in  London. 

-  Bn/ffwtidU  ia.  Paris. 
•  -ChUim  In  Mm. 

>    Chladni  in  Kemberg. 

•  Configtiaechi  in  Pavia. 

•  Des  Fontaines  in  Parit.  - 

-  Jkt$§tnettes  in  Paria. 
»    Ftorman  in  Lund. 

.    d^-lttSMoc  in  Paria. 

-  AwiMon»  in  CSdttingm. 

•  Beüwig  in  Braunsohirdf. 

-  Jameson  in  EJinburg. 

-  Rausch  in  Liegniu. 

-  f MfcMifsr  in  Sttttijptd. 

Ktinlh  in  Paris. 

-  Lturejr  in  Paris. 


kalitche  KJaoe. 

Henr  Latr^le  in  Paris. 

-  MpAs  in  FreOievg. 

-  wmMoU  in  München. 

-  «nn  Jlfom  in  Brüssel. 
.    mzsdk  in  HaUe. 

>  •  ' Oersted  in  Kopenhagoi. 

.  in  Kiel. 

m    C.  Sprgmgel  in  Halle. 

-  iStaftrndSffr  in  GOttiogm. 

•  Schreger  d.  dt.  in  Erlangen» 

*  V.  Stephan  in  Petersbmi;. 
•>    Tenone  in  Neapel. 

*  Iftenard  in  Paris. 
THedetnann  In  Ifeidetberg. 
Tilesius  in  HiibUiausen. 

•  TVwüonusd.ldt.  in] 

-  Trommsdorf  in  Erfurt. 
yasalU-Eandi  in  Turin. 

-  yau^uelin  in  Paris. 

-  WMeaierg  in  Upi^. 

-  /füMfaHMn»  ia  Kid. 


Für   die   matbemattschc  K1a*<e 

Herr  Bü/Tg  in  Wien. 

-  Bndia  u  Gotha. 

-  Legcndm  in  Paris. 


-  Olbert  in. Bremen. 
•    Orimi  in  UfriUti^. 


Herr  Pßeiderer  in  Tübiagen. 
*    PioMJtt  in  FiJenno. 
Poision  in  Paris. 
Pronjr  in  Paris. 
-    XFoftmaiii»  in  Hunlnug;. 


FBr  di«  pbilosopbisch«  Ktasae. 
HtR  Awlsrwieeft  in  GSuingn.  Bn  /Ms»  in  Jma. 

»    Degerando  in  Paris.  —     Ridol/i  in  Padua. 

•    JOeibrtick  in  Bona.  •    Tjdeman  in  Lejden. 


Tin 


Wir    <i  i  <■    h  i  i  t  oriiCh  -  pfa 

Herr  Aveliino  in  Neapel. 

-  BaihUAtBoemgo  in  Vani. 

•  Scigcl  in  rttf^i^fn 

•  Böttiger  in  Dresden. 

Cattaneo  in  Meiland. 
Graf  Clnrnc  in  Pari«,  . 
Dpbrowsky  ia  Prag. 
.    DüFkri^  in  Fknreai.- 

Anihinwi-Gazii  ia  Griecfaieilhlld« 

Cösciten  in  Göllii^eir. 
.    S^hta  w  Fuji». 
«    .1»,  Hammer  in  ViCH< 

-  JEfoje  in  Paris. 

-  Uoeren  in  Göuingen» 

-  «dwBMfdb  in  UttMkl. 
.   /«oob  in  GoÜM. 


ilologischf!  Klasse. 
Herr  Jomard  in  I'aris. 

-  «.JRSttr  in  PeCsidNiiig. 

-  Kunias  in  Smvrnri. 

.  Lamberti  in  Meiland. 

•  Xangr  in  AnpAcb. 
m    Letronne  \n  Tiiris. 

>     Linde  iti  Warichau. 

-  ilftu  m  Kum. 

.    «Ubr  in  GieiiinnU. 

•  AT.  O.  Müller  In  Cöttingen. 

-  Münter  ia  ILopenlia^. 

-  MHrtttaäftt  in  Corfa. 

•  ft.  Quatrnnere  in  Parii. 
Schümann  in  Greiüwald. 

•  Sünonde-Si^nandi  in  Genf. 
.    ZftoHbAif  in 
.    r«fiar  in  Hdfe. 


Diriitizod  by  Gop5le 


Im  Jahre  1824  liat  die  Akademie  folgende  Mit|^eder 
durdi  den  Tod  verloren; 

L   Von  den  £hren-Mitgliedern. 

Herr  IN»  Boi^gsUfde.  Heir  Friedridk  Jugust  Wdf, 

-    Pt^fn»  Knickt  in  London. 

n.   Von  den  Gorrespondenten. 

d)    der  pbytikalifichen  KU««. 
Hevr  Gübert  in  Leipzig.  Herr  Blasius  Meirem  in  Marbui 

b)   der  phUoMfbudMa  KloMe. 
Herr  Mame'JBütM  in  Paris, 


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Abhandlungen 

der 

y;&ikalischen  Kla 

Königlichen 

Akademie  der  Wissenschalte a 
zu  Beriin. 


Aus  dem  Jahre 

1824. 


Berlin. 

iitti  dor  1 

1826. 


GtäluAH  Im  der  Drurkirri  dor  König  «W 
der  VVistCDtchaflca. 


IB  CauttiivB  bat  f.  ■l*alaik 


Inhalt. 


Der»elbe  über  den  Saigcrhuttenprotcft   -  39 

Hkumistäpt  Vemicbe  und  Beobachltnigen  über  den  Einflufs  Jer  Düngupg§- 

miltiel  auf  die  Erzeugung  der  nälicrn  Ueälandtheile  der  (je- 

trt'iJtMrtrn  ■...»,,.,.«.».,...«.....,«.  *  .,«..  5 . 

Fmciie»  über  die.  (;rtiiullp}irpn  der  Akuslit   -  T5 

Rtnor.i'iii  tiber  Jen  VVn.wrkopf  vor  der  Geburt,  nfl»st  all^i-mcincn  B<'m<Tkungt'n 

über  >lisgrburteii   -  121 

Dc&scllx'u  Anatomiscli«:  H<Tiirrkiin};i'Ti : 

I.    Ueber  den  Oraug-Utaag,  und  Beweis,  dafs  dcrtelbe  ein  junger 

Pongo  »ei   -  131 

If.  ITpWr  rlpM   7.ittlT^«pls   -  1^7 

Link  Entwurf  einci  pbytologiachen  Pflantentyslenu  neb»t  einer  Anordnung  der 

Kryptopbyten   -  145 

LlCBTEWSTKlw  Über  die  Antilopen  di-.s  niirdllchrn  Afric.i,  bc^sondrrs  in  Bt-zictiung 

auf  die  Rcimtuifs,  welche  die  Altcu  davon  ^cliaLt  liabcn   -  195 

Weiss  Verallgemeineruiij;  einiger  in  der  Aliliandlun^  über  die  austührliclKTe 

tieieiclinung  der  Krjst.'ilHlacl)CD  vorgetrageueii  Ixilirsalie   -  241 


.1 


Digitizca  by  GoOglc 


Üeber 

die  chemische  Verbindung  der  Körper. 

Von. 

H"-  KARSTEir. 

[GdMCB  in  dar  älaämä»  der  WiMUMhafkett  tm  15.  Jumv  1824.] 

^Jwei  Bedingungen  sind  es,  die  man  liald  als  die  noihwendigen  er- 
kanuie,  wenn  eine  chemische  Vereinigung  der  K^öi^er  erfolgen  soll.  Die 
eins,  dafa  xwuchon.  ihiwik  an«  nnmitiettMie  Bernbxviig  iiatt  fiade;  die 
andere,  daft  die  eieli  berähienden  KSrpcr,  nacb  ihrer  TerBduedcpcn  Be- 
sclianTenheit,  entweder  mit  WeMer  in  yerbindung  ||el»«dkt,  oder  dafii 
sie  einer  höheren  Temperatur  aiiageietzt  werden. 

Den  Grund  der  Veränderungen  der  Eigenschaften  welche  die  Kor- 
per bei  dieser  Verbindung  erfahren,  ist  man  schon  lüngst,  indeis  bis 
jetzt  vergeblich,  zu  erforschen  bemüht  gewesen.  Dies  kann  auch  nicht 
befifemden,  weil  die  EigpiuchefteB  «nee  KSipen  nur  durdk  dw  Wiv> 
Itmig  «nf  andere  Kfirper  eiltannt  werden  kennen.  Die  Körper  an  «idt. 
sind  uns  Yollkommen  imbekannt,  nur  ihre  Eigenschaften  lernen  im 
in  dem  Augenblick  der  Wirkung  d.  h.  in  dem  Augenblick  kennen, 
wo  sie  eine  Veränderung  erleiden  und  hervorbringen.  Was  aber  eine 
\  eriinderung  hervorbiingt,  ist  eine  Ki-aft,  und  die  W  irkung  der  Kraft 
tuA  entweder  eine  anfaere  «kr  eine  iaaeeß  teyn.  Aenlwre  Ter&ide- 
nui0en  besiehen  odi  auf  den  Ranm  und  baben  auf  die  BescbafRnhdlt 
des  Körper»  keinen  Einflufs.  Innere  Veränderungen  aber  sind  von 
räumlichen  "^'erhälinissen  unabhängig.  Wenn  man  also  die  Verän- 
derungen uniersucht,  welclie  durch  die  Einwirkung  der  Köi'j)er  auf  ein- 
ander hervorgebracht  werden,  so  betrachtet  mau  nicht  die  uns  ganz 
imbekannien  Materieu,  sondern  ihre  Kräfte  in  dem  AtigenUick  i^er 
Phy*,  KkusB  183i.  A 


2  Kabstiv 

W  11  Lsauikeit.  Die  Körper  aulseru  folglicü  die  Krafie,  welche  eine  Ver- 
einigung und  Ti-cnimng  bervorbringen,  nur  so  lange,  als  die  chemische 
Emwii'luiiig  fortdauert.  Sohold  diese  beendigt  ist,  befindet  sldi  der  neu 
gdiildete  Körper,  den  wir  m  steh  eben  so  men^  kennen,  ale  die  KSzw 
per  «US  denen  er  entttuiden  ist,  in  Rtthe. 

Die  Umstände  unter  welchen  die  Körper  ihre  Kräfte  äufseni,  sind 
aber  sehr  verschieden.  Versuclit  man  es,  diesen  Umständen  weiter  nach- 
zuforschen, so  ergiebt  sicli,  dafs  Temperatur^  Drucit.,  Flüssigkeil  u.  s.  f. 
BOT  die  nichfien  Urndien  s^n  können,  mm  mlcben  die  Kräfte  der 
Körper  ruhend  oder  ibätig  erscheinen,  dafs  aber  der  imbre  Grund  in  den 
Körpern  sdhst  und  in  der  VeiiHnderung  ihres  Kobärenzzusiandes  gesucht 
werden  mufs ,  und  dafs  der  entstehenden  Verbindung  eigenthümlicbe 
Kräfte  zukommen,  welche  dnrrli  den  jedesmaligen  Kohärenzzustand  der 
Mischiuig,  in  dem  Auj^cnblick  ihrer  Bildung,  bestimmt  werden. 

Gans  vorzüglich  hat  man  es  sich  angelten  seyn  laMeo,  sich  eine 
VorsteUung  von  der  Art  und  Wette  an  ▼ersdufien,  ^e  nach  Tollhracb- 
ter  chemischen  Einwirkung  der  Körper  «  und  b,  diese  in  dem  neu  env 
standenen  Körper  c  TÖihasden  geJacht  werden  müssen.  Wir  ifissen 
mit  Gewifshcit  dafs  c  aus  n  und  it  entstanden  ist,  weil  das  Gewicht  von  e 
der  Summe  der  Gewichte  von  a  und  gleich  ist,  ja  wir  können  so- 
gai-,  unter  günsligen  Umständen,  a  sowohl  als  if,  aus  c  ohne  Gewichts- 
verhkss  wieder  diiMdkn;  aber  wdter  i-elehi  unsere  Erfahrung  nicht; 
wir  können  nidu  mit  dwn  der  Gewi&heit  bdiaupten,  dafs  a  und  k 
m  e  enthalten  sind,  weil  in  dem  AugenblicL  der  chemischen  Einwir^ 
ktuig  Yon  a  und  zugleich  eine  Verändamttg  dar  £ig|mschafien  dieser 
Körper  statt  findet.  Mit  Gewifshcit  kennen  wir  also  nur  die  Frsclici- 
nung,  und  da  uns  das  Gesetz  unbekannt  ist,  nach  wehliem  sich  der 
Erfolg  der  Erscheinung  richtet,  so  war  es  Budürfnifs,  diesem  Mangel 
durch  Vorausseiaungen  abcnhellien»  wddbe  den  &folg  der  Erscheinung 
erUiren. 

In  der  Hauptsache  sind  ?.wei  Hypothesen  zu  unierscbeidoi.  Die 
eine  tiiinmi  die  Theilharkeit  der  Materie  ins  UncndÜche,  und  bei  der 
chemischcu  Einwirkung  der  Körper  auf  einander,  eine  Durchdringung 
der  Materie  ins  Unendliche  an,  so  dafs  jeder,  auch  unendlich  klein 
gedachie  Raum  den  e  einnimmt,  v«m  u  und  6  zugleich  erfiüllt  wird« 


oiyui^uo  Ly  Google 


&er  dk  ehemiseh«  yerimduag  der  Körper. 


3 


Die  Qnantitäi  der  Materie  in  einem  gegebenen  Raum  nennt  diese  Hy- 
pothese die  Masse,  welche  sich  also  nur  durch  Maafs  oder  Gewicht 
bestimmen  lafst.  Bei  dieser  Bestimmung  geht  sie  Ton  der  einfachen  £i-- 
Mmmg  «IM,  dalt  eine  QaaiitiiSt  tob  a,  mit  einer  Qoantitfic  toh  h  den 
Koiper  e  giebt,  to  dala  e  in  dieien  YerlMiltninea  am  a  und  b  vammf 
nun  gesetzt  ist  iind  darin  o  werden  lunn,  läugnetaber,  dafs«  und 
h  auch  nls  solche  in  dem  Küiiin  c  enthaUen  sind. 

Die  zweite  Hypothese  lafst  die  Körper  aus  kleinen  uniheilbaren 
Theilchen  bestehen,  welche  zwar  eine  bestimmte  Form,  Grö£»e  und  Ge- 
wicht faeaitten,  aidi  aber  der  tbinlicbcn  WanuAtnung  gändidi  entiie> 
lica,  und  daher  -weder  dntdi  mechanisdie  Zerthednag  des  Körpers  dai'^ 
geatellt,  noch  gemessen  oder  gewogen  werden  können. 

Bei  der  chemischen  jEinwirkong  der  Körper  verbinden  sich  diese 
Atome  durch  ^ebeneinanderlacening ,  vermöge  einer  eigenthü milchen 
Ki'afi,  welche  zwischen  ungleichar Ilgen  Atomen  die  chemische  Vei-eini- 
gung,  zwischen  gleichartigen  aber  den  mechanischen  Zusammenhang 
benrorbringt.  Dnrch  die  Gaieun  der  besttnimten  MisdinngSTerbibalsie 
bat  diese  Hypotfaeae  an  Wabncheinlicbkeit  gewonnen,  indem  sie  auf 
«ine  dnfacbe  und  leidkt  lafididie  Weise >  aus  den  Atomen  die  Zittaaip 
mensetr.nng  der  Körper  zu  erklaren ,  und  die  Gestalt  derselben  sogar 
sinnlich  darzustellen  vermag,  weil  nichts  verhindert,  die  Form  und  die 
Gröfse  der  Atome, dem  Bedürfniü»  geniäls  abzuändern.  Aber  diese  ato- 
mist&cbe  Hypothese  erfordert  eben  so  vie  jene,  die  dynamische,  eine 
Kraft,  und  luwr  eine  ununterhrodien  foriwiikende  Knft,  um  die  Mög- 
lichkeit der  Uaierie  einsuseben,  oder  überhaupt  au  erklären.  Wenn 
sich  der  Dynamiker  dazu  der  ursprünglichen  Bewegungskräfie ,  der  an- 
ziehrnden  nnd  der  zui  Vielslofsenden  bedienet,  so  vfürdc  der  Aiomistiker 
darzulhun  haben,  von  welcher  Art  die  Kraft  ist,  welciie  jeder  mecha- 
nischen Einwirkimg  widersteht,  die  den  Zusammenhang  der  Aiomc  auf» 

wdidMn  strebt,  und,  durch  wckbe  die  diemisdie  Yweinigung  nicht  alleitt 
in  Stande  gebracht,  sondem  auch  hehatrlieh  darin  erhalten  wird. 

Eft  ist  schon  oft  erinnert  worden,  da(s  die  unmittelbare  Aniren" 

dung  der  D^-namik  auf  die  chemischen  Verbindungen  und  Trennungen 
der  Körper,  pnnv  falsch  uiid  den  Prinzipien  derselben  widerstreitend  sei. 
Die  MugUchkcu  der  Grundknifte  läist  sich  nicht  beweisen  j  weil  aber 

A  2 


4 


K  A  R  ft  T  B  H 


jede  Tliäiie;keit  und  Veränderung  die  im  Räume  Torgeht  ,  nur  durch 
Bewegung  gedacht  werden  kann,  so  genügt  es,  den  Begritf  der 
Mitene  »uf  bewegende  Kräfte  »ir&^  in  fähren. 

Miui  hat  es  dei'  ^mamiMliaii  Lelm  som  Vorwurf  f/eamAt,  dafs 
sie  die  Kiystallisation,  also  die  Fonn  der  RSrper,  eben  m  wenig  ZU  er- 
klär cn  ,  als  den  Grund  anzugeben  rermögc,  warum  sieh  die  Körper  nur 
in  gewissen  Verhältnissen  mit  einander  verhindeu.  Iki  diesem  Vorwurf 
ist  jedoch  übersehen,  dafs  man  den  Gruad  einer  Erscheinung  zu  wissen 
verlangt,  der  sich  eben  «o  wenig  angeben  iSbt,  ab  man  überhaupt  be« 
•timmen  kann,  wat  ein  Körper  fär  sich  heunditet  sei.  Der  Grand  des 
die  Fonn  und  die  ICsdrangSTerhiiltnisse  Bestimmenden,  ist  nidu  der 
chemische  Prozcfs  als  solcher,  sondem  er  ntnls  in  den  Bewegungsge» 
setzen  der  Kräfte  gesucht  werden ,  welche  Ton  dem  KohärenzKustande 
der  Körper  abhängig  sind,  Wiire  der  chemische  Proy.efs  das  Bestim- 
mende,  so  würde  nicht  einleuchten,    warum  manche  Körper  uui'  ein 

Hisehnngsreihälmils  heobediten,  wihrend  andere  Köiper  awet  nnd 
mehrere  etngehen.    Die  Urmcfae  dieses  merkwärdigen  Verhaltens  der. 

Ki5rpei*  hängt  mit  ihrem  Wesen  so  genau  zusammen,  dafs  man  es  nicht 
abgesondert  davon  denken  kann.  So  huige  die  Ursache  des  Küharenz- 
zustandes  der  Körper  überliaupi  nieht  bekannt  ist,  darf  man  nicht  er- 
warten einen  genügenden  Aufscblufs  über  den  wahren  Grimd  der  che- 
nüsehen  BüschungsveHiiäuiisse  au  erhallen,  weldie,  nach  allen  Ekiah* 
mngen ,  -von  der  Temperatur  und  anderen  Einflössen  abhängig  sind,  - 
ohne  diese  J^aflfisie  ab  den  leiaten  <^imd  jener  Erschehinngen  betrach- 
ten zu  dürfen.  Wenn  wir  finden,  dafs  sich  das  Quecksilber  bei  der 
Temperatur  seines  Siedepunktes  oxydirt,  den  Saucrsujfl"  aber  in  einer 
höheren  J'emperalur  wieder  entlafst ,  so  kann  in  beiden  Fallen  nur  der 
Kobärenzzustaiid  des  Quecksilbers  und  des  Sauerstoils  das  Bestimmende 
der  Erscheinung  seyn.  Körper  die  bei  ihrer  Verbindung  mit  einander, 
ihren  Koharenazustand  entweder  nicht  bedeutend,  oder  wenigstens  in 
^etcbbleibenden  Verhältnissen  Terändem ,  zeigen  wirkUch  sehr  unbe- 
stimmte V'erbiiidungsvcrhältnisse,  und  daher  dürften  die  Oeselze  der  be- 
slimmien  iMiscbung<;verli;ihnisse  in  sehr  vielen  Füllen  auch  nur  auf  ei- 
nen gewissen  und  bestimmten  Kohiircnzzusiand  der  Körper  beschiiinkt 
werden  mfisien. 


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Ajtff  «fo  ehemiiehe  Fertaidm^  der  K6rf»t. 


5 


Die  !?r^r>hnfFcnhpii  einer  flüssigen  oder  starren  Mischung,  welche 
einen  Be^undiLetl  in  einem  überwiegenden  Yerhalinifs  enthält,  läfst 
nch  nadi  reni  jatonrä^Iien  Anaicktcn  nicht  erklären,  und  noch  we- 
niger giebe  dieoe  Leh«e  'darüber  -einen  Anfsdünft,  'wie  ^Uwrlwupi  Teiw 
bindttngen  und  Tminnngen'  iwinAwi  Körpern  eilolgeB  Iuhumu  ,  •  to& 
denen  «ich  keiner  im  flfiifii)eii  Zustande  befindet;  Draiit  cidt  die  Ato- 
men zweier  Körper  zw  einem  neuen  dritten  zusammenfüi^en,  müssen  sie 
sich  nothwendii;  in  einem  Zustande  befinden  ,  der  eine  leielue  Ver- 
tchiebbarkeit  ihrer  Atome  zuläist,  d.  h.  die  Körper  deren  Vereinigung 
oder  Trannvng  beeweakt  wird,  'nifisMnüüssig  sejA,  denn  die  mimitid* 
We  Berflbtfmg!  «Udn^-  ivflrde  eine  aoldi»  Verbindung  nidtt  bewirken 
können,  weil  sich,  auch  im.' Zustande-'  der  feinsten  mecbeniseben  Zer» 
ilieifnnf^,  nicht  die  Atome,  sondern  die  aus  ihnen  zusammengesetzten 
mechanisch  zerkleinerten  Theilclien  r!rr  Körper  berühren.  Die  unmit- 
telbare Berührung  der  Körper  allein  wüi-de  al»o  nicht  zureichen  kön- 
nen, nm  Verbindungen  nnd  Trennungen  bervorzubringen ,  sondern  es 
würde  data  ancb  der  Zosiaad  der  Flfissigkeit  nodiwendig  erlbrdcrlidi 
seyn.  Aufiösong  der  Korper  und  chemiache  Vereinigung  snid  aber  ein 
nnd  derselbe  Prozefs,  und  wer  das  Ceheimnir&  der  Auflösvtng  su  eni> 
räth«eln  vernirinte,  würde  zugleicb  das  der  c^^mi^h^n  Verbindung  und 
Trennung  enihüül  haben. 

jVluu  unterscheidet  Auflösungen  und  Verbindungen  auf  dem  nassen 
und  auf  dem  troclnen  Wege.  Die  ersteren  eifolgm  durch  HnUSe  des 
Wassers,  die  letaleren  Termittelst  des  Wirmestoffs.  Eine  AuflSsnng  des  ' 
fetten  Körpers  im  WarmestofT,  wodurch  derselbe  in  den  tropfbar  flüs- 
sigen Zu<%tand  versetzt  wird»  pfh^  man  auch  das  Schmelzen  zu  nennen. 
Es  ist  hierbei  die  Frage  nufi^cworfcn  worden,  ob  der  Whiti»'  IMjMerinli- 
tät  zukomme,  ob  man  nämlich  die  Verhindunij;  der  Körper  mit  Warme 
als  eine  chemische  Vereinigung  derselben  mit  Warmestoir,  oder  ob  man 
den  erwärmten  Körper  nur  llOr  einen  gewissen  Znstand  der  Uaterie 
überhaupt  sü  betrachten  habe?  Der  Hypothese,  da£i  die  Warme  in  Be- ' 
wegung  allein  bestehe,  ist  die  Erfahrung  nielu  zusagend,  dafs  der  Wär- 
mcsiofT  sich  nach  bestimmten  Gesetzen  mit  den  Körpern  vorbinden  tind 
wieder  v<ni  ihnen  trennen  lafst.  Dafs  uns  die  Art  wie  sich  der  AN'är- 
mestoli  mit  den  Körpern  Tcrbindet,  uuerkiarhch  ist,  giebt  uns  nicht  die 


BeSixffiik,  ihm  die  Maierialiiät  abzusprechen,  weil  jede  Wirkung  auf 
Hkierie,  nur  in  Uaterie  gegründet  seyn  luuuiu  Nack  der  dyiifeiinsdwn 
Lebre  miils  nmn  di«  Veiliindäiig  des  Winnesloflb  ink  den  Körpern  fflr 
eine  wecbeeUeitige  Durchdringung ,  %Yie  bei  allen  chemischen]  Vereinl« 

gungen  ansehen,  xind  dann  würde  der  VVarmestoflT  ein  Körper  seyn,  der 
in  allen  Verhällnisscn  niil  allen  bekannten  Kyrpern  niisclibar  \v;ire.  Wir 
wissen  dals  das  specitische  Gewicht  des  W  assersiollis  eiwa  214  Tausend- 
mal geringer  ist  «Is  än  dm  Flaün ,  und  daher  hat  die  Annahme  nic^ 
gegen,  sidx,  dafs  es  Blaterien.  gdien  könne,  deren  Feinheit  so  groft  ist, 
dais  sidi  ihr  Gewicht  durch  unsere  Vorrichtungen  nicht  anffinden  lälst. 
Mag  man  übrigens  die  Wärme  als  Materie  betrachten  oder  nicht,  so  ist 
doch  das  mit  Gewifslieit  anzunehmen,  dafs  ihre  VV^irkung  auf  die  Körper 
nicht  allein  darin  besteht ,  eine  gröfscre  Ausdehnung  derselben  hervor- 
zubringen, also  ilu<e  Kohasion  zu  schwachen  und  mehr  oder  weniger 
SU  TemündeEn;  aondem  andi  darin  ^  ihnen  hänfig  ganz  andere  Eigen- 
sdutften  miuniheilen ,  indem  die  Körper  in  der  erhöheten  Temperatur 
anderen  Gesetzen  der  Yer])indung  und  des  VerhaUem  SO  einander  nn^ 
icrworfen  sind,  als  wir  in  der  gewöhnlichen  Temperatur  an  ihnen  «ar^ 
nehmen . 

Eine  ähnliche  Wirkung  sehen  wir  bei  der  V  erbuiduiig  der  Kör- 
per mit  Wasser  eintreum.  Der  feste  Körper  wird  flüssig,  und  sein  Koi- 
hfisionszustand  ist  his  auf  einen  gewissen  Grad  aufgehoben.  Erst  duxdi 
Entfernung  des  Wassers  gelangt  er  wieder  zu  seiimm  frühem  Zustande» 
eben  so  wie  der  geschmolzene  Körper  durch  Erkaltung  wieder  fest  wird. 
Der  Körper  wird  nlso  dtireh  die  Emfernnng  des  Wassers  oder  der 
W^ü'rme  erst  wieder  was  er  vorher  war,  und  es  ist  auf  keine  ^\  eise  zu 
behaupten,  ja  sogar  aller  Erfahrung  zuwider,  dafs  er  im  Üüssigen  oder 
aulg^öisten  Zustande  diesdbai  Eigensduften  besitae,  wdche  wir  nadt 
Etttfeinung  des  Auflösun^mitteJ*  an  ihm  bemerken.  Die  auflbUendsto 
Veränderung  hei  der  Auilösnng  der  Kurper  ist  ohne  Zweifel  der  Ver* 
lust  des  Kohärenzzuslandes,  und  diese  Veränderung  ist  wenigstens  eben 
so  grofs ,  eben  so  unbegreiflich  ,  als  jede  andere  Veränderung  die  der 
Körper  durch  die  Verbindung  mit  anderen  Körpern  erleiden  kann. 

Zu  den  vielen  wichtigen  Entdeckungen  welche  wir  Berceliua 
Terdanken,  und  au  den  viden  neuen  Verbinifaingen,  deren  wahre  Natur 


Hier  dk  ehetmdke  Fa^mäung  der  Körper, 


t 


wir  durch  ihn  kennen  gelernt  briten«  ^ören  ■udi  die  Verbindungen 
•der  Körper.  mU  Wewer,  oder  die  Hydrate.  Wir  '«ritien  dafs  «ehr 
vi^e  Körper  die  Eigenschaft  blitzen ,  sich  mit  beetimmteik  Bliieliiüigp- 

gewichten  Wasser  zu  vorbinden,  wekhes  häufig,  auch  in  den  höchsioa 
Graden  der  Temperatur,  nulii  wieder  entfernt  \»ei*den  kann;  jm,  flifg 
mehrere  Körper  zu  ihrem  Bestehen  so  wesentlich  des  Wassers  bedürfen, 
dafs  sie  ohne  dasselbe  bis  jeixi  nicht  babeu  dargestellt  werden  können. 
Und  diese  eriken  HStchon^ewicbte  Wasser,  mit  denen  die 
Körper  verbinden,'  sind  es  besonders,  irodiireh  sieh  ibre  Eigaucbaftea 
anf  eine  bemerkbare  Weise  yon  denen  in  dem  nicht  yrasserbaUenden 
Zustande  unterscheiden.  Ein  auITallendes  Beispiel  bietet  die  Schwefel- 
säure dai*.  Im  wassei  freion  Zustande  läfsi  sie  sieh  zwischen  den  trock- 
nen Fiogera  halten,  zeigt  keine  saure  Reaction  und  verbindet  sich  eben 
so  wenig  mit  den  wasserfreien  Basen,  als  sie  auf  Metalle  einwirkt.  Die 
geringste  Feuchtigkeit  SniÜert  diesen  Körper  in  eine  heftig  wkende  S&ure 
um.  ^1  gröfserer  Zusalx  Ton  Wasser  bewirkt  dann  weit  weniger  anf- 
fallende  Veränderungen,  und  ein  Gemis«^  aus  wasserhaltender  Scbwe- 
felsnnre  und  Wnsser  scheint  sich  nicht  -wesentlich  zu  verändern,  wenn 
auch  das  Verbäiuiifs  des  Wassers  bedeutend  vermebri  wiiti.  Was  hier 
von  der  Schwefelsaure  bemerkt  ist,  gilt  mehr  oder  weniger  von  audem 
Korpem  bei  ibrer  Verbindung  mit  Wasser.  Finden  wir  doch  dasselbe 
Verhalten  bei  der  Veretnigong  aller  Körper,  die  sieb  in  mehreren  Yer- 
hältnissai  mit  einander  TCrfainden,  auf  ahnUcbe  Weise  wieder.  Das 
erste  Miscbnngpgewicbt  Sauerstoff,  wahres  sich  mit  dem  Kupfer  vei^ 
bindet,  ist  es,  welclies  dem  Metall  ganz  netie,  durchaus  andere  Eigen- 
l^enscbaflen,  als  es  zuvor  besafs,  mittheili;  das  Kiipferoxvd  nähert  sich 
dem  Oxydul  ungleich  mehr,  als  das  Oxydui  dem  Meuiil.  Berzelius 
bat  die  Natar  der  mAvkwfiidigisn  Vei^indungen  des  Cyan  nnd  des  Sdtwe- 
lidwassersioffit  mit  den  Metallen,- genauer  kennen  gelehrt..  Ein  grofser 
Theil  dieser  Verbindungen  sowohl  als  derer  des  Chlors  mit  den  MetaU 
len,  ist  im  Wasser  auüöslich,  und  auch  bei  diesen  Auflösungen  sind  es 
die  ersten  Mischiingsgewichte  Wasser,  welche  dir  Eigenschaften  jener 
Metallverbindungen  voraüglich  zu  Terändern  scheinen. 

Ganz  besonders  mufs  aber  bei  der  Untersuchung  der  Frage:  in  wie- 
fem  das  Wasser  ^die  :fiigsiwdi«fiett  der  Köiper  ves^pdert»  in  Erwägung 


8 


K  A  «  8  T  «  V 


gezogen  iferden,  ^Uk  eine  chenrisdui  Ba'wirknig  der  Körper  auf  emandier 
in  der  gewShaliduni  Temperatiir  nur  durdi  die  Zwisdiräkunft  de*  Wat- 
aen  steu  finden  lann  and  daft  nni  daher ,  ohne  die.  Yennittelnng  dee> 

selben,  die  chemischen  Eigenschaften,  nämlich  diejenigen  Eigensdbaflua 
der  Körper,  -welche  sich  auf  eine  innere  Yerändernng  der  Abterie  be- 
stehen, völlig  unbekannt  seyn  würden. 

Wenn  man  zugeben  mufs,  dafs  der  wahi-e  und  der  einzige  Cha- 
rakter einer  diemitdaen  Verinndong  darin  besteht,  daf«  spedfiedi  veiw 
«cbiedene  Matnien  ridt  au  einem  bomogenen  Gemen  Toeinigen»  ao  ist 
kein  Grand  vorhundf-n,  dir  Auflösungen  der  Körper  im  Wännesloff  ünd 
im  Wasser,  nicht  ebenfalls  als  cliemisclie  Vci  bindungcn  zu  heirachten. 
Weiche  Eigenschaften  die  aus  der  Verbindung  entstandene  Mischung 
besitzen  möge,  ist  hierbei  ganz  gleichgültig.  Die  scheinbar  geringen 
Veränderungen  in  den  Bigcnacbafien,  wdebe  die  Korper  bei  der  Anflö* 
«ung  im  WaMer  erietden,  iit  fielleicht  in  der  Eigenschaft  des  Waisers: 
doppelte  Pdarisatton  ansnnehmen,  begründä,  ob^eicb  deshalb  eine  din« 
mische  Vereinigung  des  aufgelöfsten  Köi-pers  mit  seinem  AudösungS" 
mittel  nicht  geläugnet  werden  kann.  Darauf  deuu-n  ;iurli  srhon  die  Er- 
scheinungen hin,  dafs  die  Körper  eine  besliminie  iMenge  VS  asser  zur 
Autlüsung  erfordern,  dafü  die  Aullüsungsfähigkcit  des  Wassers  von  der 
Temperatur  abhangig  ist,  dafs  sich  die  Verdunstnngsfahi|^eit  des  VtTa^ 
sers  nadk  der  Mengie  der  anfgdofsien  Korper  abündert,  dafs  sieb  die 
auflösende  Kraft  des  Wassers,  urdldies  sdion  andere  Köi-per  aufgenom^ 
mcn  hat,  in  manchen  Fallen  vermehrt,  dafs  der  Siedej)iuikt  des  Was- 
sers durch  aufgclöfstc  tSalze  verändeit  wird,  n.  s.  f.  Dafs  der  aufge- 
löfste  Körper  uacli  Entfernung  des  Wassers  unverändert  wieder  erhal- 
ten wird,  findet  auch  bei  anderen  chemischen  Verbindungen  statt,  a.Bw 
bat  den  Amalgamen,  Ton  dcnöi'  sich-  das  Quecksilber  durch  Eriiilsmig 
trannen  läfst;  Csmer  bei  den  AnflSeongen  vieler  MctalloKyde  in  Siuren, 
welche  bei  •  einer  angpmiBsscnen  Erbitiung  das  Oxjd  unvecindert  au- 
rücklassen  n.  s.  f. 

Wenji  daher  koiu  zureichender  Cniud  .iti7u-(  Ijon  ^-t,  du  AuQö- 
Siuig  der  Korper  .  in  Wasser  txnd  in  Warmcsioli  lur  eiwus  uudcrs  als 
för  eine  nabre  cbemisdbe  Veibladung  lu  ballen,  so  geben  uns  diese 
Auflösung^  unläugbare  Beispide  toa  «diemischcii-  Yeibindungen  nadt 


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flier  die  chemische  Feründung  der  Körper^ 


9 


^imz  unbestinrnnteii  Vei'ii>iiif 'sscn.  Eben  so  müssen  alle  diejenigen  Ver- 
bmdangen,  b<:i  denen  ein  Bestandibeil  in  grofsem  UcbermaaCs  vorhanden 
itt,  «o  kngp  M«  tick  im  utipfbar  flüwgen  Zustande  befinden,  und  lo 
hnga  die  rfilU^e  Gleichartigkeit  der  Mischung  eririesen  i»t,  fflr 
daeomche  YeriiiiidqBgea  nadi-guit  unbestimmten  Verhältnissen  angese^ 
hen  -werden,  denn  die  homogene  Busch afFenheit  der  Mischung  ist  da« 
einzig  wabi'c  und  richtige  Kennzeichen  einer  chemischen  Vereiniquni». 

Wciiu  wir  nun  aber,  aus  einer  stark,  aikaiisch  reagirenden ,  so 
me  aus  einer  mit  einem  Uebermaafs  Ton  Säure  Tersehenen  homogenen 
Flfissigkeit,  in  beiden  FSDen  ein  Sals,  genau  aus  densdbm  Mischnng»- 
-ferhüiirisaen  SSam  und  Bssia  bestehend,  krystallisiren'  sehen:  so  wnv. 
den  wir  Jen  Grund  dieser  merkwürdigen  Erscheinung  nicht  dann  suchen 
können,  dafs  das  Sak  schon  gebildet  in  den  Fliisisigkeiten  vorhanden  ge- 
wesen, und  sich  das  einemal  im  Ueberschufs  der  Basis,  das  antleremal  im 
Uebermaafs  der  Säui-e  aufgelös't  befunden  habe;  sondern  wir  weixien 
scUiefsen  nfisien,  dals  es  sich  erst  gebildet,  und  dafs  irgend  eine  Eralt 
die  frAhere  chemische  Verbindung  aufgehoben  iiabe.  So  hat  man  nach 
einer  Reihe  von  Jahren  aus  der  Kieselfeuchiigkeit  krystalÜnisehe,  dem 
Bergkrysiall  ähnliche  Bildungen  der  Kioelerde  sich  ausscheidi-n  .^ehen, 
und  so  ist  es  überhaupt  zu  crkl:ir<^n.  wenn  aus  üiissigen  Mischungen 
sich  erst  nach  Verlauf  von  euuger  Zeit,  iSicd^rscbläge  oder  Li^siallini- 
sehe  Absonderungen  dai*sielien. 

Diese  J&fdge  führen  noibvendig  darauf  snrüdi,  dafs  in  Tielea 
Fallen  die  Verbindung  der  Körper  nach  gans  unbestimmien 
Verhältnissen  statt  findet,  und  dafs  die  Vereinigung  nach 
bestimmten  Verhältnissen,  die  unabänderlichen,  stets  gleichen 
Gesetzen  unterworfen  ist,  ein  besonderer  Fall  des  allgemei- 
nen Erfolgs  der  Verbindungen  der  Körper  seyu  mufs,  welche 
liicht  Ton  chemischen  Verhältnissen  abhängig,  sondern  in 
dem  Miesen  des  entstehenden  Körpers  begründet  ist.  Daraus 
wird  es  audi  einleuditend,  dsüi  die  Verbindungen  nadt  bestimmten 
Mischungsverhäuiissen  nicht  der  Grund  dc-i-  !)esiimmten  Form  (Krystal- 
lisation)  der  starien  Körper  sind,  sondern  dafs  sie  vielmehr  die  nolh- 
wendige  Folge  de»  Kohärenzzustands  der  Körper  selbst  seyn  müssen. 
Phjs,  Klasse  1824.  B 


10 


K  &  K  8  T  B  ir 


Verbindnngen ,  die  einer  erhöheten  Temperaiar  zu  ihrer  Bildung 
bedärfen,  v«rUHlien  sich  häufig  auf  ähnliche  Weise;  Inders  ist  es  schwie- 
riger, den  ZufUdul  der  YolMadung,  so  lange  die  Hbne  fluisig  ist»  m 
beanhdlen.  Unienvcht  nutn,  we.  es  in  der  Rcj^  nur  giBMiidieB  lunn» 
die  VerlHadai^V«ibaItnis8e,  nachdem  die  Erstamtng  «rfolgt  ist,  so  er- 
forscht man  nicht  mein-  die  ursprünglichen,  sondern  die  durch  den  Ko- 
hUrcnzzusiiind  der  i;rkakeieii  Masse  bedingten  Misclninirsverhältnisse.  Es 
würde  also  in  vielen  Fallen  ein  ItTihum  seyn,  wcnu  man  das  durch  die 
Anilyse  aufgefundene  Reanlttt  verallgemeinem  lutd.  auf  alle  Kobirem* 
nuände  der  sich  Terbiadenden  KSrper  «nadcSuaen  -wdhe.  Von  viden 
Yeriundiu^Bn  irisNo  -mr,  daft  cie  in  der  HitiB  und  so  langp  die  Masse 
flüfsig  ici,  m  g^ms  nnbaUmmlen  Verhältnissen  statt  finden,  —  au  welcher 
Annahme  uns  der  ganz  homogene  Zustand  der  geschmolzenen  Masse  bc- 
rechtJi^i,  —  dafs  aber  nach  dem  Erkahcn  andere  Mischung<?Tcrl<älinisse 
einu-eien,  wdche  den  GeseUeu  unierwurfeu  sind,  die  Berzelius  so 
vollitandig  cnturidteli  bat. 

Die  neuem  Untersndningen  beben  ^ekbrt,  daf»  der  dbenüadie 
Prazeft  aieu  mit  elcLtrischen  Ei-scheinungen  verbunden  ist.  Dem.  che* 
mischen  so  vrie  dem  elekU'iscben  Verhalten  der  Körper  scheint  eine  und 
dieselbe  bedingende  Ursache  zum  Grunde  zu  liegen,  nämlich  der  Ge- 
geusau  der  Kürper  selbst.  Von  dem  elektrischen  Verhalten  kann  also 
das  chemische  nicht  abgeleitet  werden,  indem  beide  sich  nicht  wie  Ur- 
md»  und  Wirkimg  bedingien,  soiidoti  aie  nfiMen  ob  die  gleidueitigen 
Wiiinngen  einer  and  denselben  Kraft  betrachtet  werden.  Die  antipUa« 
gistische  Schule  effalickbc  in  dem  SaucrstofTgas  die  einzige  Quelle  dee 
Lichtes ;  sie  leitete  aus  der  Verbindung  des  Sauersioirs  mit  andern  Kör- 
pe>-n,  als  Krscheinung  das  Feuer,  und  als  Erfolg  die  öaurebildung  ab. 
Wir  wissen  jeut,  dafs  jede  Verbindung  der  Körper  mehr  oder  weniger 
mit  den  Erscheiniingen  des  Verfarennene  begleitet  ist,  dafs  jeder  dtenii- 
edien  Verbindong  dieaeßie  Uraache  snm  Grunde  b'egt,  und  dals  Fener- 
erscheiming,  to  vrie  deudidi  henrortreiendct  basisdies  und  satu«»  Ver- 
hallen der  Korper  gegen  einander,  blofs  darch  die  Starke  ihres  phlo- 
gistiscben  Gegensatzes  bedingt  werden.  .So  verbrennt,  -  «m  ein  Bei- 
spiel für  alle  zu  wählen,  —  Eisen  mit  Schwefel  unter  Feuereniwicke- 


difor  die  chemitehe  P^erimdimg  der  Kötjter. 


11 


hing  lind  bildet  ein  Salz,  dessen  Basis  <Jas  Eisen,  «ukI  dessen  &iurc  der 
Scliwctei  ist.  Dieser  verbrennt  aber  mit  Sauerstoff,  und  stellt  dann  eine 
V  erbinduBg  dar,  i»  welcher  sich  der  Schwefel  als  basis  und  der  Sauer» 
•lofr  «b  Siwe  veiUilt.  Wird  diatä  \eiliüidiiiiK  de*  Sdiwelcl»  mit  Smeiv 
iwff  -wieder  tboh  cmen  «ideni  Kfirper  in  GegeuMitai  ^dwaclii»  m>  emsidit 

ein  neues  Yeihrennen  hei  der  VereilügllDg,  obgleich  damit  eine  deut» 
Hche  Feuererscheinung  schon  sehener,  z.  B.  bei  der  £inwirkung  der 
Schwef elsa ure  auf  Biiiererde,  verbunden  isi.  Je  geringer  die  phlogisu- 
sche  DiBereiu  der  Körper  ist,  welche  sich  mit  einander  vei-einigen,  desto 
ivenig^  •ofikOcBd  dnd  die  EiM]ieiiiiuige&  bei  ihrer  Verbindung,  und 
daiio  uranieer  bciaerikber  irird  ihr  bMitohes  und  saiires  Yerfaeltaik. 

Weleha  Körper  aber  dne  Yerbindnag  mit  einender  eingeben»  11^ 
sich  in  Voraus  nicht  bestimmen,  so  wenig  sich  ohne  Erfahrung  die  Vxa.- 
stände  angehen  In^sen ,  unter  welchen  die  Verbindung  erfolgen  wird. 
Wenn  man,  um  Jicsc  l  mstände  näher  zu  bezcichaeu ,  Verbindungen 
auf  dem  nas&en  und  auf  dem  trocknen  Wege  unterschied,  so  lag  dabei 
mdir  oder  'weniger  die  irrige  Ansicbt  xum  Grundn,  dels  mm  di«  R4ir> 
per»  deren  Yerbfaidinag  beebsiebiigt  ward,  erst  in  den  Zusisosd  der  FlA^ 
sigkeit  verMtaen  mfisse,  weil  man  einen  flüssigen  Znstend»  anfter  der 
unmitteUMren  Berfihmng,  für  eine  nothwendigc  Bedingung  zu  ihrer  Ver> 
bindtmg  hielt .  nl«  ob  es  nolhig  sei ,  eine  leichtere  Beweglichleit  der 
voransgcsctztcn  kleinsten  Theilcben  der  Kurper  zu  bewirken,  welche 
sich  im  Zustande  der  Flüssigkeit  leichter  finden  and  an  einander  haften 
w&dstt.  &!St  in  aeneitk  Zcitm  hat  nun  £ea«  Ansicht  beridttigt  und 
sidi  übercengt,  da£i  es  Torsflglicb  nur  duanf  anboaune,  die  Kirpar  in 
«man  dalLtrisch  chemischen  Cegensata  sn  bringa*  und  die  Kobinons- 
Spannung  aufzuheben.  Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  betrachtet,  er- 
scheinen Warme  tmd  Wassel'  iiifbt  mehr  als  Auflösungsmittel,  sondern 
als  Mittel  zur  Aulhcbuog  des  Knhärcnzzustandes,  oder  vielmehr  als  Mit- 
«d»  die  Hindemisse  xa  ^erminders,  weldbe  sieb  der  iAanusdhen  Bnwir- 
kimg  der  Körper  dnrdt  die  Kobasion  snigcgensetzen^  Sie  dienen  da«- 
her  als  Erreger  d«p  rubendaa  &ifte  der  Uaierier  um  den  Abt  im 
Verbindung  zu  vollbring^. 

Sind  nbfr  Wasser  tmd  Wärme  nicht  mehr  als  Aullösunpsmiltel, 
als  Mittel  eine  leichtere  Verschiehbarkeit  der  ILörperthci leben  zu  bewir- 

B  2  ' 


13 


K  A  a  8  t  s  R  > 


ken^  sondern  als  höhere,  en'e|^eiicle  Polenzen  anzusehen,  so  ist  auch  der 
eigentliche  liüssige  Zustand  tler  Körper  nicht  erforderlich,  um  ihre  Ver- 
htndung  zu  bewerkstelligen.  Der  Zustand  der  Flüssigkeit  würde  nur 
duttnochwulig  seyn,  man  die  KotoannjiMMning  to  gnoA  wSn>  dab 
8M  erat  durdi  eine  TSllige  Flfiaiigkeit  der  Mraie  übüBrwiindett  werdoa 
keimie. 

Betrachten  wir  r.ucrsi  die  auf  dem  sogenannten  trockenen  Wege 
entstehenden  Vciliindungeu.  Das  kohlehaltige  Eison  erleidet  durch 
Glühen,  iu  einer  Teoipeiatur  welche  von  dem  Schoieizpuaki  der  Mi- 
•chimg  ungemein  yreit  entfernt  bleilM,  irewnlliche  Verandennigau  Die- 
ter Erfolg  in  um  wo  auflyiender/  als  hier  Nisdnmgen  und  Eatinisfl]mii> 
gen  zwischen  zwei  aniserosrdentlidk  strengflnssigen  Körpern  in  einer  Ter- 
hältnifsmäfsig  niedrigen  Temperatur  statt  finden.  Alle  Verbindungen 
dui'ch  die  sogenannte  Ceineniation  dienen  ebenfalls  zum  Beweise,  dafs 
Flüssigkeit  ziw  Vereinigung  der  Körper  niclii  immer  erfoi"dert  wird. 
Zwar  verliert  sich  des  Autialieude  in  den  Erscheinimgen  dieses  Prozes- 
ses dadurch,  dab  atan  sidi  den  einen  Körper  geiwobnlieli  im  dampSÜr- 
nig^  Zustande  denkt,  wenn  gletcii  dadun^  noek  nicht  erklirt  ut,  itie 
die  Verbindung  nach  der  gewöhnlichen  Ansicht  erfolgen  kann,  wenn 
der  andere  Körper  im  festen  Zustande  beharrl;  allein  bei  der  Cemen- 
tation  des  Eisens  mii  Kohle  wird  keiner  von  beiden  Körpern  daniptlÖr- 
mig  oder  tropfbarUüssig ,  und  die  Verbindung  erfolgt  dennoch  leicht 
und  admdl,  doorch  die  blofse  Berülu-ung,  in  dem  eribrderliehen  Grede 
der  Temperatur.  Wenn  Eisen,  in  solldicken  und  nodk  stärkeren  Stficken* 
anhaltend,  unter  schwachem  Lnftsutritt,  gIShend  erhalten  wii-d,  so  ver- 
wandelt sich  die  ganze  Masse  in  Oxjdnl,  und  es  läfst  sich  auf  diese 
Weise  ein  künstlicher  Macneteisenstein  darstellen.  Wird  dieser,  mit 
Kohle  umgeben,  einer  anhallenden  Glüldiiize  ausgesetzt,  so  verändert 
sich  die  ganze,  mehrere  Zoll  starke  Masse  zuletzt  wieder  in  regulinl- 
sehea  Eisen,  obgleich  hier  eben  so  irenig  ein  wunitielfaBrer  Zutritt  der 
Kohle  Bum  Inneren  der  Eisennsasse,  als  ein  Fläasig-  oder  Flüchtigwer- 
den  der  KoUej  des  Eisens  oder  des  Eisenoxyduls  statt  finden- kann. 

Eben  so  wenig  läfsi  sich  der  Erfolg  bei  dem  sogenannten  Auf- 
schlief-fen  der  Fossilien,  durrb  Glühen  mit  Alkalien  erklären,  wobei  die 
iuawukung  des  Alkali  auf  das  Fossil  vollständig  statt  hjadet,  ohne  dafs 


After  di$  dkemuehe  Fedmdimg  ief  Kwf», 


13 


ein  flü&siger  Zustand  der  geglülieten  Masse  erforderlich  ist.  Die  inehrsten 
Reduktionen  der  Metalloxyde  in  Kohlentiegeln  geschalten  schon,  ehe  das 
Oxyd  flüscig  wd»  aad  der  getchmolzene  Metallregolas  iti  Folge  det 
Pirocesscs.  Sehr  MiciigBnMige  Hetalle  laneiL  sich  aus  ihren  Oxyden  »e- 
dnetroi,  ohne  dafs  das  Oxyd  und  das  daraus  erhaltene  Metall  flüssig 
\vcrc?on.  —  Die  schwefelsauren  Salze  ändern  sich  durch  die  blofse  Ce- 
meniaiioa  mit  Kolile  in  Scliwefelverbindungen  um,  wobei  es  nicht  er- 
forderlich ist,  dals  das  sciiwefelsaui'e  Salz  oder  die  entstehende  Schwe- 
üdverlrindiiiig  Auing  irerden.  Am.  aagensclieiiiliclmen  xeigt  sich  die 
VeriMiidiiiig9fid>i|^it  nicht  gesdunolsener  Körper,  bei  der  Vemnignng 
der  für  sich  allein,  wenigstens  in  dem  angewendeten  liitzgrade  unschmelz- 
baren Erdi».  Die  schmelzbare  ScIUacke,  oder  das  Glas,  bildeo  sich,  indent 
vnei  oder  melirere  «n geschmolzene  Köi-per  auf  einander  wirken. 

Aus  allen  diesen  Erscheiniiiii^en  leucliiei  es  deuilieli  ein,  dafs  der 
flüssige  Zustand  als  solcher,  nicht  die  wesentliche  Bedingung  zu  den 
Vethindimgen  der  Körper  seja  kann,  irddie  in  «ner  erhöheien  Tem^ 
perattir  erfolgen,  sondern  «bfs  der  ehemiiche  Proaeis  vielmehr  durch 
die  TemperainrerhÖhung  nur  eingeleitet,  der  Ci-folg  desselben  aber  durch 
den  Kohäronztustand,  sowohl  der  la  Aktion  beij;rilTenen  Körper,  als  der 
ans  ihrer  Vereinigiing  entspringenden  Verbindung  bedingt  wirc). 

Bei  allen  Verbindungen  und  Trennungen,  die  auf  dem  trockenen 
nämlich  durch  Temperatarerhöhung  bewirkt  werden  müssen,  ist 
CS  sdiif  ierig, '  dem.  Verlauf  der  Enofaeinnngen  «i  folgen*  Weil  man  das 
•Pkodnlt  in  den  meihrstcn  Fallen  im.  gesdunolcenen  Znsttade  erhalt, 
so  seut  man  Toraus,  dafs  sich  auch  -die  Körper,  oder  wenigstens  einer 
derselben,  aus  deren  Verbindung  es  entstanden  isi,  vor  der  Vereini- 
gung im  flössigen  Zustande  befunden  haben  mü$sen.  Das  Gegentheil 
laÜK  sich  daher  nur  in  solchen  fallen  mit  Zuverlässigkeit  nachweisen, 
IVO  sich  die  auf  einander .  wteaden  Körper,  bei  dem  angewendeten 
Grade  der  Temperatur,  noch  gsr  nicht  im  flüssigeD  Znsiande  befinden 
konnten. 

Deutlicher  mufs  sich  nachnfeiMli  Ifironn,  dafs  Verbindungen  und 
Trennungen  der  Körper  auf  dem  sogenannten  nassen  Wege,  und  bei  ge- 
wöhnlicher Tcnipcratur,  wirklich  slalt  iiudcn  können,  ohne  die  auf  ein- 
ander wirkcuden  ivurper  m  einen  flüssigen  Zustand  zu  veiseuen,  und 


K  A  11  S  -T  B  K 


ohne  der  Anwendung  Ton  Wasser,  als  eines  sonst  für  unenibcbrüch 
gehaltenen  Auflösungsmittels,  sn  bedarf en.  .Wcnn  «ich  gleich  bei  dei* 
imMdlimg  «olclMr  Vcrsiicbe  die  Binwirkimg  der  maotphgrieehen  Fevtdi- 
tigkeil  niebt  Tenndden'  lüfst,  ao  ^rd  man  deneUwn  doch  den  Erfolg 

des  Prozesses  nicht  zuschoben  Ibftnnen,  weil  es  sich  nidM  darum  lian« 
delt,  die  Enibchi'Kclikelt  des  Was^f-rs  hv\  den  Mischungen  und  Ent- 
mischungen in  der  gcwöhnürhon  1  riu]»  i  iiur  duiv.uthun,  sondern  zu 
zagen,  dafs  ein  fltissiger  Zusiund  lur  die  in  chemischer  Aküou  be- 
findlichen Koiper  aidit  erforderlich  lau 

Die  hier  niigeibeihen  Vermdie  aiad  auf  die  Weite  amgaatdlt,  daft 
dm  zu  Tereittigaiiden,  "rallkommen  loftamcknen  Körper,  in  einem  Agau 
mörser  trocken  zusammengerieben  luid  dabei  gröfstentheils  in  den  Ver- 
hältnissen anirewendet  wurden,  welche  den  chi*mis«"lipn  Misrliungsge- 
wichten  entsprechen.  Wo  sich  durch  Farbenveranderung,  oder  durch 
andere  Anzeigen,  auf  die  erfolgte  Verbindung  oder  Zersetzung  nicht 
teUieInn  lieii,  hBeb  niehtt  übrig,  als  den  GeichmaeL  entadieiden  aa 
hwen.  Die  Miadbang'  ymd  dann  mit  nö^ichat  trockener  Zunge  g^ 
kostet,  und  obgleich  dabei,  strenge '  genoBunen,  der  Einwurf  aidht  iri- 
dcrieijt  werden  kann ,  dafs  die  Zersetzung  ei^st  auf  der  Znnge  selbst  er- 
folgt sejn  könne ;  so  ist  der  ersie  Eindioick  welchen  die  Gescbmacks- 
nerven  erleiden,  doch  gewiss  die  Wirkung  eines  schon  gebildeten,  und 
nicht  die  einet  crtt  entatebenden  Köipert.  In  allen  Fallenp  wo  die  enl> 
tiehende  Veihindnng  weder  dnrdi  Farbe,  Geradi  oder  Geachmadk  deia^ 
lidi  mtendiieden  werden  kam,  läfst  sidi  frrilidi  enf  eine  erfolgte  Zer- 
setzung mit  Zuverlässigkeit  nicht  scbliefsen,  und  gerade  dar  tJnutand, 
dafs  die  Zwischcnkunft  des  Wassers,  die  hier  eben  vermieden  werden 
soll,  in  den  melirsien  Fällen  nur  das  Criterion  rinor  wirklich  ei-folg- 
ten  Einwirkung  der  Körper  abgeben  kann,  Terhinderc  es,  da«,  aii^  die- 
•es  Yamdien  im  cicAmide  Reraittt  to^eieh  in  acincr  ganz  allgeneinan 
Gnltigkttt  v*  ökendiett. 

KrjUallisirta  Kleealura  ODci  basisches  kohlensaur««  Kali.    Da»  Gemenge 

wird  WimZiiMmmfniTil>r?ii  sopli  ich  feucht,  ttod  dieKohtenMiure  entwciclil  Liansond. 
Eben,  so  vcrhaheti  sich  krjstaüisirtc  ^Vcin.steiusÄure  und  Citron(>ii»;iurc. 
Bensofilure  ubiI  batlaelie«  ko)ilens»ure«  Kali»   Das  Gemen^  bleibt  trocken, 
und  durch  fortgr'<;rt7trs  lU'ilx-n  verscliwinjet  der  aUtallSClie  G«acliaifeGk  yBiliflll. 
Berasteiiri&u^e  setgt  daaieUbe  Ywhaken. 


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Aier  tU»  ehemiiehe  Fviauhmff  der  Körper. 


16 


B«asoesäure  und  frisch  gebrannte  Kalkerde.  £«.  icbeiat  keiae  VcrbLoduftg 
•lau  tn  liiidai}  waApim  mr,-  äikh  hm  «tarn  UekraMfi  im  Sin«,  nach 
]ial]>stuii(ligcn  Reiben  der  kaustische  Geachmack  noch  deutlich  tu  bemerken, 
ikmoesäui«  nad  friaeb  galotebter,  swiaotoi  lAchpafier  «cbaeU  und  «o  viel  ab 
möglich  getrackiiMar  Satt,  variuIlaB  «eh  wi«  HwMogiMln«  und  hatiiiriipa  Itoh- 
lensaures  Kali. 

SubUaiat  and  baaiaokaa  kohlensaure«  Kali.  Bat  Iroakucr  Imü  kun  da»  2i»- 
aai— CTWÜMii  d«  Gemenges  knge  fortgracM  «•vdan,  chiB  da»  Wirkttt^  «U^ 
tritt.  Die  geringste  Feuchtigkeit  indert  dk  irdfiB  FkilM  niMt  in  fliae  gdtet 
dnai  IS  eina  hnun-  nad  negdiothe  mn. 

Sttbliaat  und  friteh  fehranater  Kalk.  Daa  Gaaw  bleibt  weift,  aber  in  dam 
Augenblick  des  Anfaaucheaa  daa  tasanuncageriebenen  Gemengrs  sirlh  sich,  -mit 
durah  aincn  elektriachen  Sdikg  Teranbfst,  plüuUch  die  rotlihranne  Farbe  ein» 
■  Beibt  BHB  diS'Katlaria  variba*  aüt  Baumöl  an,  um  alle  wissrige  Feiidrti^eit 
deria  aicberer  ahauballen,  so  kann  dos  Zasanunenrciben  mit  Sublimat  lange,  oline 
die  geringste  Farbenämlerung  fortgeaeut  werden.  Ein  Handi  iai  biarekbeiid, 
'  aogiaidi  die  rotblieiigclbe  Farbe  hervortreten  su  htssen. 

Kaloatel  nod  basiacb  k^blcnsaures  Kali.  Bei  trockner  Luft  lassen  sich  beide  Kör- 
per lange  cusanunen  reiben,  ehe  eine  Einwirkung  statt  findet.  Diese  erfivlgt  abef 
au'gmblicklich  und  gieht  aidh  durch  den  plätalichen  Uehergang  aiM  dar  weiisea 
in  die  dunkelgraue  Faibf  ab  erkennen,  sobald  das  (^enenge  aagahauclit  wird. 

Kalomel  und  frisch  gebrannter  Kall.  Di«*  Wirkung  tritt  genau  so  ein,  «i« 
beim  Sublimat  angeführt  worden  ist,  nur  d^fs  suiti  der  rolhen,  die  graue  Farbe 
l>eim  AlthwidMlt  nua  Vorschein  kommt. 

Salmiak,  susammengi^irlTcn  mit  Wlsmutli,  mit  M  ,i  n gnn superoxyd,  mit  ro- 
thcm  Quecksill^uroxjd,  inii  Ziukoxyd,  mit  VV  ismuth((X.jrd  und  mit 
Spiesglasoxjd,  entwickelt  weder  beim  «mdjiaa  Kcjhaa,  aodt  aadi  dem  An» 

feudileii  eine  Spur  von  Ammoniak. 

Salmiak  mit  Eiseufeilc,  mit  Eisenoxj'dul,  mit  Eisenoxjd  und  Mennige 
tnebea  auaammengericbeu ,  ennrkkab  baiB  Amnoaiab«  wM  idMT»  mmi  dai 
Gemenge  angefieuchtet  w  ird. 

Salmiak,  ausammcn gerieben  mit  Glatte,  mil  frisch  gebräuntem  Kalk.,  mit  ha- 
aiaeb  kohlensaurem  Kali  und  mit  Quaelailbcroxydul,  giebt  schon 
beim  trocknen  Reiben  eine  Ert^^  ir  kr-Iiuig  TOn  Ajaaoaiak« 
beim  AnfetH:bteB  bedeutend  vertitarkt. 

Salmiak  und  aalpataraaures  Silberoxyd  acrsetien  sich  «oUstindig  dnnit  track- 
nM  ZiUamnien reiben.  So  Intigc  das  Gr-mitrli  r]rm  Licht  nicht  ausgeartzt  ist, 
blaibt  CS  TOUkommcn  weifs  und  hat  daj  Ai;usehcu  von  trocknem  Mehl.  Subdd 
«•  dem  ScananUaht  lUBfeaetst  wird,  acbwirst  es  sich  sogleich,  und  die  Masse 
vml  im  ersten  Augenblick  •^rhr  G  ütlich  feaeht,  wöbet  sieh  auch  aia  «dtwaeher 
Gcrucb  von  Salpetergns  beoieikcu  bifst. 

Salmiak  «ad  Borax  «aitwickda>beim  tpackaea  aiiawmmreiben  sogldeh  alariDa  Aana»- 

ntakdämpfe,  Gfbraimtrr  Rorax  m^if^  frst  eine  geraume  Z<^ii  mir  Arm  ivaaserflreien 
Salmiak  gerieben  werden,  eiie  der  Aaunoaiak^Boich  sutu  V«r«chuu  kommt. 


i6 


Kkn  8  »  «  w 


Kleesaurei  Ammoniak  und  Glitte,  «o  wie  kleesaure«.  AmmonUk  uaA 

•iaeliea  kohlenaaiire«  Kati  entwickeln  Iwim  tfocinen  Zuaammetireibea  «k 

gcnblicklich  starke  ATomoniakdämpfc. 

Kochaalc  und  Glitte  wirken  beim  trockoea  Zuammearciben  nidlit  «of  einander;  die 
alkiliiclts  SeaclSm)  «teilt  aidi  irit  naoh  dem  feucbttn  Reibrar  ein. 

Kr jatallUirtes  h  w  r  fcUaures  Eisenoxy<lul-Oxyd  iiiul  C yam^EilCn-K^ 
linm  gdbeu  Iwtm  trocknen  ZuMmnieu«iben:«i>|{leidt  6«rlinerl>lau.  DiflMWir> 
kiDig  tritt  auch  ein,  wenn  die  Cyanure  iiivor  mit  Oel  angerieben  iat. 

Krjitalli Sil* tes  schwefelsaure«  Eisen-Oxjdul-Osyd  und  liasisch  kohlen- 
saure« Kalt.  Da«  Gemeage  wird  beim  trocknen  Eeibea  bald  üencbt  und 
backend,  und  bekommt  enw  adiwinliMKnM  Falbe.-  Vendbe.Erbl^  fiadat  smi, 
wcBu  das  Alkali  tuvor  mit  Oel  an^niabeB  wird.  Eine  grüne  VaAe  kommt  ent 
beim  Beleuchten  Kum  Voracbem*  *  **  • 
.  Kry«talU«irt'es  »chwefelsaure«  KnpferoTjd  und  ba«i«cbe«  kohlensanrea 
Kali.  Reim  trocknen  Ri>il>en  wird  die  Maasc  Mgleidi  feocbt,  backend  und 
dunkelblau.  Wird  das  Alkali  vorher  mit  Oel  §eridien,  «0  «teilt  «icb  die  dun- 
kelblaue Farbe  dennoch  ein.  Erst  durch  Zutritt  von  Feucbti^keit  kommt  in  bei* 
den  Fällen  die  grüne  Farbe  tum  Vurscbein. 

Sals«anrcr  Baryt  und  schwefelsaures  Kupferoxyd  geben  beim  Zusammenrei- 
ben sogleich  eine  schöne  eeisi{>gräne  Miaclning,  die  Sokc  mögen  trocken  oder 
mit  Oel  angefeuchtet  geriefac»  werden.  IVach  ilcti  vprschiedcnen  Terhälinisaen 
des  salzsauren  Baryts  zum  Kupfervitriol,  lasacn  sich  alle  Nuau^ot  der  blauen 
Farbe  von  der  grünlichblaueu  bis  zur  blafsgrünen  darstellen. 

Saliaaurer  Baryt  und  schwcfelsaurea  Eitenoxydul-Oxjrd  gehen  benh  Iradi- 
nan  Reil)en  augenblicklich  ein  braiuigclbcs  Gemisch. 

SchwefetsaMrcs  Kali  und  salpetcrsaurer  Baryt  zersetzen  sich  heim  trocknen 
Reiben  vulUtäiulig  und  stellen  ein  trocknrs  Mclil  dar,  welches  ganz  den  Go- 
schmaük  des  .Salp^'UTs  l>esilst,  wenn  beide  Salae,  im  richtige  Verfailtnii«  ange- 
wendet woi*den  sind. 

Cbromitattrc«  Kali  (neutrales,  oder  einfach  saures,  cilronengell>es)  und  aalpeter» 
saures  TUeioxfd  geben  beim  trocknen  Reiben  «o^icb  ein  pomeraMengd- 

bes  Fulver. 

Chromaaurea  Kali  und  Kupfervitriol  aerteuen  «ich  su  einem  braunen  Pnlter. 

Chromsaures  Kali  und  Salpetersäure«  Silberoxyd.  Es  entsteht  augenblicklich 
ein  rotlifs  Pulver,  auch  wenn  das  chromsaure  Kali  zuvor  mit  vielem  Oel  einge- 
rieben worden  ist.  ' 

Chrom s au r»»»  Kali  und  Eisenvitriol  rersptrrn  sicli  ru  finem  heMbratmen  Pulver. 
Chromsaures  Kali  und  Sublimat  zersetzen  sieb  bciiu  trocinen  Reiben  nicbi;  erst 

beim  Anbaudwn  gdit  die  Robe  etu  dem  Gellw»  ins  Rotlie  über. 
Cbiomsmires  Kali  und  Kalomel  zersetzen  sich  ehrnfnlls  niobt«  eelbtt  lüdlt  beim 

Anliaiichen,  sondern  erst  durch  Befeuchten  mit  Wasser. 
Cbrom«aurc«  Kali  und  essigsaure«  Qneekailberox^dul  gdMn  beiai  ttotduien 

Zusammenn  i'i-n  rin  qr  ihririibiwae«  Gemiadif  welcbc«  erst  beim  DefaudiUm  ei- 

na»  Strich  ins  Gcune  erhalt. 


flfitfr  die  ehemkeh»  Verünäujig  der  Körper, 


17 


Chromtauret  K,ali  and  verwittertet  Cyan-Eiten-&«Unai  xeraelMii  ticb  nicht. 

Salpetertaiiret  Bleioxydt  und  Kupfervitriol  werden  lieiia  trocknen  ZiuBnunenrci- 
ben  augenblicUich  fciicht  und  das  Gemisch  «rhäU  eine  lichte  bläuliche  Farbe. 

Stlpetertauret  BleioKjd  und  Eisenvitriol  werden  dien&Ua  aogleieh  feucbtf  und 
cht  Gemiieh  erliiU  eine  tebmutzigweifie  TwAtt, 

Ettifaures  Kali  und  Eisenvitriol  fliefsen  beim  Zolvnnweibcil  fttt  WlgenliUi^ 
lieb  zu  einer  schmierigen,  rötblich  hmnien  Mute  tutanunen. 

Salpetertaurcs  Blcioxyd  und  Eiten-Ealium- Cyan.  Bei  lange  fortgeseuten 
tracinen  Reiben,  bleibt  noch  imoar  toGetcLmtck  von  salpctcruurem  Bleiosyd, 
wenn  auch,  wie  der  Vorsicht  wegen  gttehehcn  muls,  das  Eisen  Kalium  Cjan 
in  Uebermaafs  angewendet  wird.  Dieter  Geschmack  geht  durch  Befeuchten  det 
Gemenges  «ogleich  verloren. 

Salpetersaurcs  Bleioxyd  und  schwefelsaures  Kali,  entwickeln  heim  trocknen 
Reiben  merkbare  Wärme,  und  bei  einem  richtigen  YerhäUniis  beider  Körper 
läfst  Hch  mit  der  Zunge  nur  der  Gesclimack  von  Salpeter  an  dem  trocknCB  MeU 
bemerken,  indem  tidi  der  eigentümliche  tüftUcbe  GcKfamack  det  MeimlMt  gn» 
verloren  hat. 

Seliwefel  und  Antimon,  so  wie  Schwefel  und  Zink  lassen  sich  weder  dblldt 
trocknCS  noch  duicli  feucliUvs  Zus.immpiircil>cii  mit  ciTiaiiJer  ver("I^i^P^.  Wrnn 
aber  Schwefel  und  Wismuth  ^tätk  und  aulwllcuii  gerieben  werden,  $o  ent- 
wickelt sich  aus  dem  Gemitcb  SchwefelwasserstolTgas  vermittelst  des  Königswat» 
sers.  ■  Durch  feuchtet  ZuMmneweDien  tcbeint  die  Yerbindung  dien  »idtt  beor- 
dert lu  werden. 

Sehwefel  und  Eitea  latien  ticb  durch  trocknet  Reiben  niebt  vereinigen ;  wird  dat 
Gcmenßp  nlicr  angefeuchtet,  so  entwickelt  es,  bei  fortgesetzten  Reiben  Schwefd^ 
wasserstoiFgas,  wenn  es  mit  Schwefelsaure  oder  Salzsäure  behandelt  wird. 

Sehircfel  und  Bitonvkydul,  Eitenosydt  Quccktilberoxydut,  Quecktilbeiw 

nxyd,  ZinloTv/1    W  i  üin  ti  t  h  o  x  yd  iintl  Rlrioxyd  zeigNttlvedcr  bciattmck- 
nen  noch  beim  feuchten  Reiben  Wirkung  auf  einander. 
Scbwefcl  und  Queektilber  vereinigen  aich  iwar  tdon  beim  trodacu  'RoSmu  ttilw 

leicht,  indefs  wird  die  Verbindung  durch  FcHchtipkcIt  ungemein  beschleunigt. 
Concentrirle  Saluaure  entwickelt  sogleich  Schwefelwasserstoffgw  aut  der  gerie- 
benen Mitcfaungi 

Zinnober  und  Eisi'n,  Eisenoxjdiil ,   Eisenoxjd  und  gebrannter  KtBi  wirken 

weder  beim  irocknen  noch  beim  feuchten  Reiben  auf  einandrr. 

Djcse  Beispiele  lassen  es  nicht  bezweifeln,  dafs  alle  Verbindungen, 
welche  in  der  gewüünlichen  Temperaim'  vor  sich  gehen,  schon  ▼oUsiin- 
4ig  ei'folgen,  ohne  daCi  dazu  ein  fluwiger  Zustand  der  Misdrang,  oder 
mch  mir  eines  der  in  die  Yerbindiing  eingehenden  KSrper  erfoi-derlicli 
wäre.  Aber  weit  entfernt,  aus  diesem  Erfolge  auf  die  Bnibehrlichkeit 
des  Wassel;^  bei  den  VerbinJungcn  der  Körper  in  der  gewöhnlichen 
Temperatur  schliefsen  zu  können,  giebt  derselbe  vielmehr  den  überzeu- 

Phjs.  Klasse  1824.  C 


18 


R  A  K  ft  T  B  K 


gendsten  Beweis,  dafj  ohne  Zwischenknnft  des  Wassei-s  gar  keine  Ver- 
bindung statt  findet,  und  dafs  in  den  Fallen  wo  sie  wirklich  erfolgt,  die 
dui'ch  das  KeiLen  entwickelte  Wäi^e,  die  Li-saclie  zu  den  Verbindun- 
gen nnd  IVennungen  geweten  leyii  nub. 

Bei  allen  KSrpem  mädn»  Wener,  chemisdi  gdnuuien  (ab  Krjr- 
Stallwasser)  enthalten,  sehen  wir  die  Verbindungen  und  Trennungen 
schnell  und  fast  augenblicklich  eintreten.  Körper  die  k.ein  Ki'ystallwas- 
ser  enthalten,  wirken  nur  dann  auf  einander,  wenn  Feuchtigkeit  hinzu 
tritt.  Diese  Erfolge  sind  nur  eine  Bestätigung  des  lüngst  anerkannten 
Naturg^tzes,  dafs  chemische  Einwirkung  der  Körper  in  gewöhnlicher 
Tenqperaivr,  nnd  in  allen  FSUen,  wo  die  Wirme  die  Stelle  des  Wa*> 
ier»  xiidit  Tertreten  kann,  ohne  Zutritt  von  Fenebtigkek  mmdgUch  isu 
Mit  diesem  Einflufs  des  Wassers  auf  Verbindangen  und  Trennung^, 
als  chemisch  wirkender  Polenz,  hat  man  aber  nur  zu  oft  die  unn'chtige 
Ansicht  verbunden ,  dafs  das  Wasser,  bei  allen  Verbiudungcn  auf  dem 
•ogcnannten  nassen  Wege,  auch  die  Funktion  zu  Ter  treten  habe,  die 
Körper  an  ihrer  chemiwhen  Einwirkung  auf  eine  nedianiiclie  Wei«e 
Toncttbereiien,  ihre  llieilchen  m  trennen  und  sie  in  den  Zustand  der 
Flüssigkeit  zu  versetzen.  Es  gidiC  Körper  die  auf  nassem  und  auf  trock- 
nem  Wege  fast  auf  gleiche  Weise  auf  einandei*  wirken.  So  zersetzt  das 
Zink  z.  B.  das  Hurnsilber  in  der  gewöhnlichen  Temperatur,  unter  Zu- 
ti'iit  Ton  W  asser  oder  von  feuchter  Luft,  fast  eben  so  schnell  ab  iu  der 
erhühelen  Temperatur,  ohne  dafs  weder  in  dem  einen  oder  in  dem  an- 
dern TtSi  ein  flüssiger  Zustand  -von  bwlen,  oder  auch  von  einem  der 
auf  einander  wirkenden  Körper,  die  Bedingung  siun  Gelingen  des  Pro> 
lesses  wir».  Wird  alle  Feuchtigkeit  abgehalten,  so  wirken  Zink  und 
Horasilber  nicht  mehr  auf  einander  luid  die  Einwirkung  findet,  ohne 
Zwischenkunft  des  Wassers,  niclit  eher  wieder  statt,  als  bis  die  Tempe- 
ratur bis  zum  dunklen  Glühen  erhöhet  worden  ist. 

Nur  in  wenigen  Fullen  scheinen  jedoch  W  asser  tmd  Wärme  sich 
cur  Anfhebong  der  Kohärennpannungen  der  auf  einander  wiAenden 
Körper  wediselseitig  vertreten  su  können,  und  immer  ist  die  Wörme 
ein  weit  ki  afiigeras  Mittel  die  Kohisionsindcrung  der  Körper  zu  bewir* 
ken,  als  das  \\'asser.  Dcshalh  können  sich  Köi-per  auf  irocknetn  Wege 
mit  einander  verbinden,  deren  Vereinigung  durch  Vei-miuelung  des  Was* 


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uier  die  ehemiteh»  Ferimdto^  der  Körper, 


49 


<im  nicht  gescheliaa  kann,  deshalb  erfolgen  die  Verbindiini^en  auf  dem 
uockjien  Wege  schneller  als  auf  dem  nassen,  und  deshalb  ist  der  Er- 
folg da-  l^wirkimg  der  Körper  in  den  §ewtiuiluihtti  lud  in  den  er* 
hoheten  Tempentnren  bSttfig  sefar-renehieden,  indm  dnrdli  die  Wirme 
oft  ei»  gMU  anderer  Gegenwte  der  Körper,  ak  dnreh  das  Wewer  her- 
vorgebracht, und  die  Erregung  durch  TemperetorerfaöJiang  ungemein 
mdir,  als  Junli  Ja«*  AVasser  vei-slarkl  wird. 

Wenn  wir  -Linn,  dafs  Eisen  und  Schwefel  in  der  gewöhnlichen 
Tein|>ei'aiui'  sich  nur  dann  mit  einander  verbinden  lassen,  wenn  sie  mit 
Weiter  «aMmaengerieben  werden;  «o  kenn,  iireü  weder  der  eine  nodi 
der  andere  KSrper  im  Wuner  anflSsUdi  ist,  von  der  Wirknng  de» 
WaflMi»,  ab  dnee  AnflSsungsmiuels  die  Rede  nicht  wyni  wir  würden 
höchstens  nur  voraussetzen  können,  dafs  es  in  so  fem  wirke,  als  es  viel- 
leicht durch  das  Eisen  zersetzt  wird.  Wenn  wir  aber  zut^lficli  die  Er- 
fahrung maclicn ,  d»fs  das  oxydirte  Eisen  weder  durch  u  ocLucs,  noch 
diu-ch  feuchtes  Zusanunenreiben  mit  dem  Schwefel  verbunden  weitlen 
lann,  so  werden  wir  nothwendig  schUefaen  mfiiaen,  dafa  Eisen  nnd 
Sdhwcfid  an  der  Wataeneraetsung  gans  gleidien.  Tlieil  ndhmen,  oder 
vielmehr,  dafs  das  Wasser  auf  eine  noch  nicht  erklärte  Weite  dain  dient» 
die  Verbindung  des  Eisens  mit  dem  Schwefel  einzuleiten. 

Schneller  zwar  sehen  wir  eine  tjanz  gleiche  Wirkung  beim  Zu- 
sammenreiben des  Quecksilbers  nui  dem  smgefeuchteten  Schwefel  ein- 
treten, indem  durch  die  Zwischenkunft  des  Wassei-s  der  chemische  Ge- 
gnaais  beider  Körper  veniirkt  wird;  allein  aUe  diese  Erfblgp  in  der 
gewöhnlichen  TempieraUir  finden  doch  nur  langsam  tiat^,  and  eine 
Itanm  his  zum  Rothglühen  gesteigerte  Temperatur  bewirkt  «sfaneUer  uiid 
kräftiger  eine  V^erbindung ,  die  durch  Wasser  nur  langsam  und  un- 
vollkommen erfolgte.  So  wird  r.  B.  der  schwefelsaure  Baryt  nur  durch 
lange  anhaltendes  Kochen  mit  einer  wassrigen  Auflösung  des  koblensaup 
ren  Kali  serseut,  wogegen  die  Zersetzimg  weil  tchndler  nnd  voUattep 
diger  durch  dat  Glühen  bewirltt  wird.  Ohne  Erhöhung  der  Tenper»- 
tur  findet  aber  auch  auf  dem  sogenannien  naaaen  Wege  keine  Zer> 
Setzung  statt,  und  di^  Temperaturunterschiede  tittd  ea,  wdche  den 
Schliissel  zu  der  Erklärung  der  Erfolge  het  den  sogenannien  redproken 
Verwandtschaften  geben  müssen, 

C  3 


20 


K  A     S  T  B  ir 


Wärme  und  Wasser  sind  also  die  Mittel  deren  sich  die  Natur 
bedient,  um  Verbindungen  und  Trennungen  der  Körper  einzuleiten. 
Sie  dienen  dabei  niciit  «k  Auflönmgsmitid,  indem  der  flufsige  Zustand 
der  snr  Mischnng  und  Enunisdinng  steh  vorbereitenden  K6rper  bei  ih- 
rer chemischen  Ein\>'irkung  so  wenig  wesentlidk  nothwendig  ist,  dal« 
man  ihn  für  zufTillig  und  auf  die  einzelnen  wenigen  Fälle  sich  bezie- 
hend ansehen  kann,  wo  die  aus  dem  Kohärenzzustande  der  Körper  ent- 
springenden Hindernisse,  diu^ch  eine  völlige  Flüssigkeit  überwunden  wer- 
den nibsen* 

Entsieht  aber  jeut  die  Frage,  yne  tarn  sich  die  Wirliinig  der 
WSrme  und  des  Wassers  su  crilaren  habe,  und  warum  zum  Akt  der 

Verbindung  der  Zutritt  von  Wasser  oder  von  Warme  durdiaus  erfor- 
derlich sei;  so  läfst  sich  eine  befriedigende  Antwort  nicht  geben.  Wir 
wissen  nur  aus  dem  Erfolge,  dafs  Wasser  und  Würme  als  Erreger  der 
iviaiie  der  Materie  dienen,  imd  dafs  sie  der  Kohiisionsthiiiigkeit  entge- 
gen -wirken;  allein  die  Ursadie  eines  solchen  Erfolges  kennen  wir  so 
wenig,  «Is  wir  den  Grund  der  ElektridtSlsSufserungen  angeben  kön- 
nen, welche  durch  die  Berflhrung  der  Körper  hervorgebracht  werden. 
Höchstens  ist  es  erlaubt  anzunehmen,  dafs  beiden  Kraftüufserungen  der 
Materie  eine  und  dieselbe  Ursache  zum  Grunde  liegt,  dafs  sie  nur  dem 
Grade  nach  verschieden  sind  tind  dafs,  durch  die,  durch  Wasser  oder 
diu-cb  Wärme  veistäikie  Eiieguug  der  kralle  bei  der  Berübrting,  ein 
wirUidier  Uebergang  der  Körper  in  einander,  eme  vollkommene  Dordi- 
dringiuig  der  Materie  enutcben  kann.  Deshalb  hören  alle  KnftSufiwnu»- 
gpn  in  dem  Augenblick  auf,  wo  die  chemische  Verbindung  vollbracht 
ist,  und  deshalb  können  sie  sich,  nach  den  verschiedenen  Graden  wie 
die  Köi"|iri-  auf  einander  wirken,  auch  auf  eine  sehr  verschiedene  \Veise 
als  Ei-sclieinung  diuslelien.  Immer  wird  man  aber  darauf  zuriicitkoin- 
men  müssen,  in  dem  Gegensatz  der  Körper  selbst,  die  nächste  Ursache 
ihrer  KraftSulsenuigen  su  finden,  -  welche  durch  Wasser  und  Wirme 
vidOeicht  nur  in  sofern  verstärkt  werden,  als  diese  störend  auf  das  Gleidi- 
gewidit  der  Kräfte  einwirken. 

Ohne  ie<lüch  Untersuchungen  weiter  nachzugehen,  die  noch  nicht 
dazu  geeignet  sind,  einen  Aufschlufs  über  die  geheimnifsvoHe  Xaiur  der 
Materie  zu  verschatfen,  selicu  wir  wenigstens  als  Erfolg  der  Erschemun^n, 


Bier  dkl  e^muteht  Fertatdung  der  K&per. 


2t 


welche  die  Einwirkung  der  Korper  begleiten,  dafs  Warme  und  Wasster 
die  Tüatigkeit  der  KraÜte  vermehren  und  dafs,  —  wenigstens  so  weit  un- 
tere Eriäbnmg  rncbt,  —  die  Knfiäuliesrung  der  Köi-per,  olme  Zwisdwii- 
ionft  des  WaMei»  oder  der  Wirme,  ttiennU  bis  m  dem  Grade  gpeiai* 
gert  werden  kann,  daf$  ein  wirklicher  Uebergang  der  tich  berfihrendeil 
Köiper  in  euiander»  den  ynt  die  chemiiKihe  Verbindung  nennen ,  erfoU 
gen  könnte. 

Wüfsien  wir  den  Grand,  warum  sich  überhaupt  zwei  Körper  mit 
einander  verbinden,  so  würde  auch  die  Ursache  einleuchten,  weshalb 
nur  eittige  Korper  eine  Terbindung  mit  einender  eingehen,  und  andere 
keine  Verbindungsfebiglteii  ffir  einander  su  haben  «dünnen;  warum  ei- 
nige Korper  sieb  Twnigswcise  mit  einander  vereinigen  und  Ticimungen 
hervorbringen;  warum  die  Verbindungen  nur  unter  gewissen  Umstän- 
den erfolgen,  und  warum  sie  nach  bestimmten  Verhältnissen  statt  fin- 
den. Diese  bestimmten  Verliiihnis^e  sind  es,  deren  nähere  Kennmifs  in 
den  neuesten  Zeiten,  vorzüglicii  durch  Berzelius,  eifrig  ei>foi^chi,  und 
SU  einen  so  hohen  Grade  von  VoUtiändigkett  entwidudt  worden  i»t»  dafa 
lidk  in  den  mdiresien  Pillen  der  Erfolg  der  diemiAdken  Einwirkung  der 
Körper  auf  einander,  im  Yoraua  durch  Rechnung  bestimmen,  und  das 
Yerhältnifs  qcnaii  angeben  iHfst,  nach  welchem  Jeder  Körper  zut  Bildung 
dei'  neu  entstandenen  Verbindung  beigeiionf  n  hnt.  Wci!  die-^e  bestimm- 
ten Verhklinisse,  oder  die  Mischungsgew  ichtc,  aber  weder  mit  der  Ver- 
Undungsfahigkeit  der  Körper  ca  einander  in  irgend  einem  Zusammen- 
hang stdien,  noch  ab  die  Wirkung  der  «Qg^dnen  Anziehung  betradiiet 
werden  können,  indem  sie  Ton  der  specifiachen  Sdiwere  gana  nnahhSngig 
sind,  am  allerwenigsten  aber  Ton  der  Form,  von  der  Stellung  und  von 
dem  Gewicht  livpoihetiscli  angenommener  Atome  abgeleitet  werden  dür- 
fen, indem  nicht  die  rorm  durch  die  Mischung,  sondetn  die  Mischung 
durch  die  Form  l>esümmt  wird,  folglich  das  Bedingte  nicht  das  ibeiim- 
geude,  die  Wirkung  nidit  sngleicfa  die  Urmche  «cyn  kann;  «o  mub  der 
Grund  dieses  merkwürdigen  Verhaltens  in  der  Nktur  der  entstehenden 
Teibindung  selbst  aufgesucht  werden,  und  da  ergiebt  sich  nur  der  Koba- 
renzaneiand  der  Mischung  als  das  die  Mischungsgewichte  Bestimmende. 

Wenn  also  die  Ursache  der  Verbindung  überhaupt,  und  der 
Umstände  unter  denen  sie  nur  stau  finden  kann,  in  dem  Gegensatz 


32 


K  A  R  •  T  I  V 


und  in  der  Natur  der  auf  einander  vrirkenden  Körper  gesetzt  vrerden 
muis;  so  ist  6m  fihemitdbe  Erfolg  dieier  Ewwu&ni^,  i^UBÜdli  das  Mt> 
•cknBgsYierlMltmf»,  nicht  nwibr  yoa.  im.  in  cbenutchor  AkUoo  befind« 
litten  Körpern,  «ondem  «uiaig  und  «Hein  von  dem  Kohirenzzustande 
der  entstehenden  3Ii$chung  abhSngig.  TSvae  dadurch  wird  es  erUir- 
her,  •\vartim  sich  die  MlsclmngsverUälluisse  itntner  rutrli  der  Tempera- 
tur lichten,  \varnm  Tenippf-ifurvinterschiede  in  vtelcn  Iv  llm  schon  hin- 
reichend sind,  die  Yerbinduui^sverhällnisäe  zu  ändern  und  vvaium,  selbst 
bei  gleich  bteibenden  MiichungsverhikltaiaMn,  eine  Verbindung  in  einer 
höheren  Temperaiur  inniger  ab  in  einer  minder  erhäheten  Tempcratar 
KÜL  werden  veiinag. 

Auf  diese  letzte  merkwürdige  Erscheinung  hat  Berselius  eben- 
falls aufmerksam  gemacht.  Sie  kann  ihren  Grund  nur  in  der  Verände- 
rung des  Koharenzzustandes  der  Körper  haben,  und  zeigt  sieb  wabr- 
sdicinlicli  in  einer  weit  gröfserea  Allgemeinheit,  als  sie  bis  jetzt  beobach- 
tet worden  iat.  Die  avASdiwrfel  und  Biaen  becidiende  Miichung,  wddw 
in  einer  niedrigen  Tenpeniur  gebildet  worden  iat,  senetst  aidi  an  der 
feuchten  Atmoq>hire  ungleich  schneller,  als  die  aus  denwdben  Mischuuga- 
verbalinifs  zusammengesetzte,  in  einer  höbercn  Temperatur  entstandene 
Verbindung,  welche  cberaisch  von  der  ersteren  nicht  Tersciu'eden  ist. 
Jene  erste  Verbiuduag  erlangt  die  Eigensdiaft  der  letzteren,  wenn  sie 
einer  hSheivn  Temperatur  ausgcseut  wird,  wobei  ein  elektrisches  Glü- 
hen die  ganse  Masae  durcbfilbit.  Weil  die  ]iGadning  von  der  Fonn 
und  die  Form  von  dem  KohSrenizuauuBde  dea  KSrpera  abhängig  ist» 
und  durdi  densdben  unmittelbar  bedingt  wird;  ao  kann  es  nicht  auf- 
fallen, wenn  ein  tind  dci-^elhe  Körper,  und  wenn*  er  auch  ein  chemisch 
einfacher  ^%;u■c,  in  sofern  durch  irgend  eine  Veranlassung  sein  Kohü- 
renzzusland  verändert  worden  ist,  nicbt  immer  dieselbe  Form  annehmen 
aoUte.  Vom  Schwefel  ist  ein  solches  Verhallen  wirklich  bekannt  und 
erst  kfinlidi  von  Hm.  Mitacberlicb  naher  nachgewiesen  worden. 
Die  durch  sog^nanntö  Absorbtion  entstdienden  Verbmdungen  sind  eben- 
falla  ohne  Zweifel  Verbindungen,  die. nur  eine  gieringa  Ami^^t  ev^ 
langl  haben. 

^^\Mln  also  von  dem  Koharcnzzusiande  der  entsiehendeu  Mischung 
die  Iklisciiuugsgewichte  abhängig  sind,  und  wenn  sich  daraus  auch  er- 


oiyui^uo  uy  Google 


iil'<^r  die  cltemische  VerhinduTig  der  Körper. 


23 


Liart,  warum  die  Mischungsvei'hältiiisse  in  den  verschiedenen  Tempera- 
mren  Terschieden  sich  8n';hil(Ien ,  so  würde  doch  am  einem  solchen 
Verhalten  nur  einleuchtcnci  werden,  warum  die  Körper  bei  ibrea  Vei*- 
biudungen  mit  einander  mehrerer  Yereinigungsstufen  fähig  sind, 
d.  h.,  ymmpca.  die  Hischungsgewichte  d>»  von  Bora  eliu«  entwkL«li» 
IwMiiiimta  Voiiilliiifii  1.»  2,t  9*t  oder  irgmd  ein  andeicft  befolgen;  al- 
lein es  geht  daraus  nicht  die  WahrachwnlichlLeit  liervor,  dafs  eine  Ver> 
bindung  in  ganz  unbestimmten  Verbahnisscn  statt  finden  wird.  Hierauf 
ist  indcfs  zu  eriffref^npri .  dnfs  sich  alle  Verbindungen,  deren  Alischungs- 
Verhältnisse  uuieisucht  worden  sind,  auf  einen  ganz  besinuuiien  Kohä- 
ftonmirtimd  der  enistendenen  Yerbindm^  beriebeUi  and  deft  Mischnn» 
gm  nach  unbcsiimmien  Verhältnissen»  wenn  sie  voi4ienden  sind,  nur 
in  flÜMigen  Zustande  der  Yerbindung,  oder  überhaupt  in  demjenigen 
Zustande  aufgefunden  werden  können,  in  welchem  der  Kohäreaxiustand 
der  Mlsdiung  durch  ^Vasser  oder  durch  W^ärme  übenvältigt  i<!t.  Am 
wenigsten  dürfte  es  aber  gelingen,  unhestimmJe  jMisciiungsverhulinissc 
jemals  auf^uliudeu,  bei  Mischimgen,  welche  aus  der  iunigeu  Vereini« 
gung  gasförmiger  Körper  entstehen,  weil  die  durch  die  Ebstidiüi  gege- 
bene Rohirenzfonn  nur  schwer  überwunden  werden  kann,  weshalb  sie 
YeihiDdungcn  ei^chweit  und  Trenntingen  befördert,  nnd  daher  immer 
nnr  auf  einen  bestimmten  Kohävensraetand  des  entsiehenden  Produkte 
snrfickgefülirt  werden  kann. 

Eben  so  werden  sich  bestimmte  Mischungsverhältnisse  immer  dann 
ausbilden  müssen,  wenn  eine  flüssige  Mischung,  ganz  oder  theilweise, 
durch  Ruhe  in  den  festen  Zustand  fiher^t,  ireU  der  bestinmie  Ko- 
hirenMoetand  de»  nch  bildenden  festen  Körpers  nothwendig  ein  bestinun- 
les  llisehungsverhältnirs  bedingt.  Ob  aber  feste  Körper,  welche  sich 
wieder  tw  einer  festen  Verbindung  vereinigen,  ohne  sich  vorher  iu  dem 
Znstand  de>'  Fh'issigkeit  befunden  zu  haben,  diese  Vereinigung  nur  nach 
bestimmten  Verbaitnis<>en  bewirken,  dürfte  vorzüglich  von  dem  Kohä- 
leniEusiande  der  Mischung  Hbhüngcn,  obgleich  es  sehr  schwer  ist,  den 
Zustand  der  Mischong  in  dieser  Hinsicht  zu  prüfen,  weil  die  Pküfiuig 
entweder  nur  dtureh  HQlfe  des  'Wessen,  oder  auch  nach  dem  erfolg- 
ten Erkalten  der  Mischung  geschehen  kann,  in  beiden  Fällen  aberYerbinF 
Amgen  nach  bestimmten  Mis^ungpverhSltnissen  erhalten  werden,  we^dhe 


2* 


K  A      8  T  8  ir 


sich  erst  ausgebildet  haben  und  ia  dem  ui'&prünglicben  ZusUnd  der  Ver* 
bindung  nicht  vorhanden  waren. 

Wenn  uns  «bei*  «ucb  dieser  Zustand  der  Yerbmdang  der  Köiper 
völlig  onbeLannt  Ueibt,  und  vir  nur  in  einigen  wenige  Fallen  mm 
dem.  Verhalten  der  Mischling  auf  den  Vetbindung^snstand  eima  Sdihilii 
machen  können;  so  v^isscn  wir  doch  das  mit  völliger  Gewifsheit,  daüs 
jede  Verbindung  der  Körper,  welche  sich  im  flüssigen  Zusiande,  —  der- 
selbe mag  durch  Wasser  oder  durch  Waime  beibeif;efüL»i  seyn,  —  als 
eine  homogene  Mischung  zu  erkennen  giebt,  aucb  eine  wahre  chemische 
Yerinndung  seyn  miJt.  Wollte  niMk  sie  aidit  dafür  gelten  lassen,  so 
nvfirde  man  den  Unteradiied  ivischai  cheniischer  Veriiindung  und  neduH 
nisdier  Menguog  Yollig  «iiflieben. 

Diese  flüssigen  Blisdinngen  g^ben  aber  sehr  häufig  Beispiele  von 
chemiscben  Verbindiingpn  nach  ganz  unbestimmten  Verhältnissen.  Wie 
weil  sieh  die  Verbindunt^sfahigkeii  der  Körper  in  diesem  Zustande  der 
übcivvuudencn  Kuliürcuz  erstreckt,  dürfte  der  Gegenstand  einer  sorgfäl- 
tigen Prfifung  werden  mtisseD,  indem  die  bisherigeo  Uniersadiungen 
fiber  die  MischungsTerhiQtnisse  nur  auf  einen  bestimmten  Kohirena- 
anstand  der  Alaierie  gericluei  waren.  Wenigstens  zeigen  diese  Veibin' 
düngen  die  Möglichkeit  der  Vereinigung  der  Materie  nach  ganz  unbe- 
stimmten Verbftknissen,  und  beweisen,  dafs  die  Befolgung  fester 
Miücliungsverhältuisse  nur  ein  besonderer,  durch  den  Ko- 
härenzzus land  der  entstehenden  Verbindung  besummier 
Fall  des  allgemeinen  Vereinigungsakts  aller  Materie  ist. 

Wenn  es  mSglidi  wire,  die  Ursache,  urodurdh  Misdrangm  nadi 
ganz  unbestimmten  Verlitiltnissen  in  den  flüssigen  Zustand  versetzt  wor» 
den  sind,  so  plötzlich  zu  entfei*nen,  dafs  sich  die  durch  ndilges  Fest- 
werden der  Mischung  ausbildenden  Verbindungen  n-irh  besiimmien  .Mi- 
ftchungsgewichten  gar  nicht  bilden  könnten;  so  wurde  das  Kesukat  eine 
feste  chemisdie  Verbindung  der  in  der  flüssigen  Mischung  vereinigt  ge- 
wesenen Körper  nach  unbestimmten  Verhältnissen  der  Mischung  »eyn 
müssen.  In  den  mehresten  Füllen  wird-  aber  unter  solchen  Umstinden 
das  allgemeine  Verbindungsstreben  durch  die  Wirkungen  der  Rohäsions- 
kraft  vernichtet.  Diese  verlangt  eine  VcreiTii^nng  nach  bestimmten  Mi- 
schungsverbältniftsen,  und  jenes  vermag  sich  nur  da  zu  äufsern,  wo  dei* 


i^iy  u^cu  Ly  Google 


üAer  d»  ehemitehe  yet^iadung  der  Körper. 


26 


KohärenzzusiflTirl  fler  sich  vereinigenden  Köi-pcr,  wenigstens  bis  zu  ei- 
nem, gewissen  Giaiic,  aufgehoben  ist.  Daraus  'VMÜrtle  also  folgen  ,  dafs 
durch  die  plötzÜche  Aufhebung  des  flilssigen  Zusiandes>  nur  in  dem  Fall 
cfaie  feite  Vedl>mdttii§  nach  mdkestimmten  UiftcihiingiTeiliiflakiwen  entste- 
hea  kSnnt«,  yrmn  das  al^enuriBe  VerhindlnngNttidben  den  Wiriumgen 
der  Kohäsionskraft  das  Gleichgewicht  hält.  Nach  aller  Erfahiring  tritt 
aber  ein  solcher  Erfolg  niemals  ein,  sobald  die  Hindernisse  weggeräumt 
sind,  weiche  Jen  Kohäi  enzaiifsei-ungon  der  Körper  entgegen  standen;  denn 
eben  darauf,  dafs  der  Erfolg  eines  jeden  chemischen  Prozesses,  einer  je- 
den cbemiichen  Einwirkung  eines  Körpers  auf  den  andern,  duixh  den 
KoHubflninistaiid  der  enutdienden  Misdrang  bedingt  urird»  beruht  nn» 
Mre  ffoue  KenntnU$  von  der  Yerinndong  der  Körper,  deren  GecMsa 
'Wir  scIji  ii  mit  fO  grofser  Zuverlässigkeit  und  Genauigkeit  kennen,  dafs 
es  niclii  mehr  gestaltet  ist,  den  leisesten  Zweifel  in  ihrer  Richtigkeit 
zu  setzen. 

Aber  so  wie  alle  Krafläufserungen,  wenn  sie  ihr  Maximum  er- 
reicht haben,  sich  in  ihren  Wirktmgen  zuletzt  so  sehr  verlieren,  dafs 
die  Gcaetae,  denen  sie  unterworfen  «ind,  bäum  noch  erkannt  werden 
können }  ao  scheint  es  and»  bei  den  Kraftinfsemngen  der  KohÜrens  im 
Konflikt  mit  dem  chemischen  Verbindungsstreben  der  Fall  zu  seyn. 
Dns  allgemeine  (iesetz  der  Tr;i"beit  in  der  Mechanik,  nach  welchem  die 
Körper  in  ihrem  Zusiand  der  Ruhe  und  Bewegung  behängen,  wenn  sie 
nicht  dui*ch  eioc  aufserc  Ursache  genöthigt  werden,  diesen  Zustand  zu 
Terlassen;  scheint  auch  atif  das  Fortbesteben  der  einmal  gebildeten  che- 
mischen Misdmngen  Anwendung  au  finden,  indem  die  Mtsdinngsverin* 
demngen  nicht  ]^tsUdi  antreten»  sondern  jede  Mischung  und  Ent- 
mischung eine  gewisse  Zeit  erfordert,  in  wdcher  sie  erst  vollständig 
vollbracht  werden  kann.  Ein  sehr  passendes  Beispiel  bietet  der  Schwe- 
fel dar,  welcher  auf  das  Cblor  anfanglich  keine  Wirkung  zu  haben 
scheint,  sich  dann  aber  plötzlich  und  mit  Explosionen  mit  demselben 
Teihhidet.  Dieser  Zeitraum  wird  in  allen  den  Fällen  fkeilieh  nidht  meft- 
bar  seyn,  wo  dn  starker  elektrodbcmisdier  Gegensats  der  auf  einander 
wirkenden  Körper  statt  findet,  oder  wo  die  Kohäsionskraft  des  sich  aus- 
scheidenden Köi'pers  ungleich  wirksamer  gedacht  werden  muls,  als  die 
Kraft ,  welclie  alle  in  der  Mischung  befindheben  Körper  «n  Einem 
i'Ä/j.  Kiasse  1824.  D 


26 


K  A  »  8  T  ■  V 


Ganzen  verbindet.  Wo  aber  diese  Bedingungen  nicht  in  einem  ansge- 
zeiclinetcn  Grade  vorbanden  sind,  Lifsi  sieb  sehr  wobi  die  Mögliclikeit 
einsehen,  dafs  eine  flässige  Mischung,  oder  «beilirapt  eine  Mischung, 
weldhe  sidi  in  einem  lolchen  Kohüremanstandje  befindet,  dafs  «e  Ver- 
buidnugen  n«di  unbestimmten  Yerbiliniasen  inlab^  dnrcb  plötsliches 
]&«tarren  die  MischunfpveriuiltvisM  nidit  indert,  so  dafs  du  Resnliat 
dei'  plützliohen  Erstarmng  ein  gu»  anderes,  als  das  der  Jangsanen  "Et- 
lialtang  seyu  inufs. 

Bei  allen  Mischungen  nach  unbesummteu  Verhältnissen,  welche 
dnrdk  Auflösung  auf  dem  nassen  Wege  enisiehen,  l&fst  sidk  ein  soleher 
Srfolg  nicht  ladkt  wamefamen,  ^rreil  noch  kein  Verfiducn  bdiBnut  ist, 
das  Attflosungsmittel  plStilicIl  an  entfernen.  Merkwürdig  ist  indels  die 
Erfahrung,  dafs  eine  Salzauflösung,  welche  schnell  Yon  +140  bis  zn 
—  6  Gr.  Fahrcnh.  ci-Laltel  wii-d,  durchaus  gefriert,  ohne  dafs  eine 
Ausscheidung  des  Salz.es  stn!t  findet,  wogegen  bei  minder  plötzlichen 
Temperaturäbergüngenj  das  Wasser  krystallisirt  und  die  Sulzauflösung 
kmicentrirt  mitd.  Dieser  &rfoIg  zeigt,  dafs  Wasser  und  Sala,  nidit  al* 
lein  im  flüssigen,  sondern  auch  im  festen  Zostande,  unter  gewissen  Um- 
ständen nach  unbestimmten  VeriiSitnissen  verbunden  bleiben.  —  Wenn 
wir  dagegen  aus  einem  flfissigen  Amalgam,  also  aus  einer  Verbindung 
des  Quecksilbers  mit  einem  anderen  Metalle  in  gnnz  unbesiimmien  Ver- 
hältnissen, ein  festes  Amalgam  durch  Ruhe  sich  ausscheiden  sehen;  so 
ist  dies  der  gewöhniicbe  Erfolg  der  Kohärenzthätigkeit ,  welche  eine 
Misdiung  nach  unbestimmten  Yerhaltnissen>  auf  eine  Yeribtndnng  nach 
bflstinunten  MischnngsTcrfaiiltnissen,  anrfickxuffibren  strebt.  Dahw  sind 
wir  auch  nicht  berechtigt,  das  fldsnge  Amolgiam  für  eine  Auflösung  des 
Amalgams  nach  bestimmten  Mischnngsg^ichien,  in  Qnedtsilber  anzuse- 
hen ;  sondern  wir  müssen  es,  so  lange  es  nls  einp  liomogcnc  Fliissigl;eil 
erscheint,  für  eine  3Iischung  nacli  imbcsliuiiuiLU  V  erhältnissen  bcintch- 
ten;  gei-ade  so  wie  eine  Salzautiösung  in  Wasser,  aus  welcher  das  Salz 
durdi  Ruhe  krystallisirt,  tm  einfadiea  Beispiel  giebt,  wie  eine  Mitchwig 
nach  unbestimmten  Yerhilmissen,  auf  Verbindimg^  nach  bestimmten 
Mischungsverbifltnisscn  curück geführt  wird. 

Mischungen  nach  nnbestimmien  Verhältnissen,  welche  auf  dem 
trocknen  Wege,  bei  einem  g^nen  Kobarenzsustande  der  Mischung, 


Bier  die  chemische  Ferüh/bmg  der  Korper. 


37 


erhalten  wenden,  -würden  leichter  Beispiele  von  der  ijeib ehaltung  des 
unbestimmten  Mischungsgewicbtes  nach  erfolgter  Erkaltung  dai*bieten 
k&uMa,  'wdl  et  in  -Tiden  Fallen  Idektcr  ni6|(Udi  ist,  das  AnflSanng^ 
Biiiul  —  die  Wame  —  plBttlidi  ka  entfenienf  ak  iam  bei  den  Anflö- 
mngen  auf  dem  nassen  Wege  geschehen  konnte.  Wirklich  fehlt  et 
auch  nicht  an  Beispielen  dieser  Art,  deren  Zahl  sich  unbczwcifch  meh- 
ren wird,  wenn  man  crsf  pröfscre  Aufmürksnmkcit  auf  die  üniersurlnins; 
des  ZuStandes  der  Verbindungen  nciiten  wird,  welche  durch  ploizliches 
und  dorcb  Ungiames  Erstarren  einer  und  derselben  Mischung  erhalten 
vrapdeo« 

Die  unter  den  Namen  des  Rohetietts  bekannt«  Yeibindnng  det 

Eisens  mit  Kohle,  welche  im  flüssigen  Zustande  eine  zwar  homogene^ 
aber  fast  Immer  eine  Verbindung  beider  Metalle  nach  ganz  unbestimm- 
ten Miscliungsverliiilinissen  darstellt,  verhält  sieb,  \ie\m  plötzlichen  Er- 
kalten duixiiaus  anders  als  bei  der  langsamen  lüsuurung.  Im  ersten 
Fall  bleiben  Koble  und  ^sen  dien  to  veribonden»  vie  sie  es  iu  Zor 
•lande  der  ^fiasigkeit  ivafen;  im  leisten  FisU  sdieidet  nAk  die  Knhle 
theils  rein  aus»  llieib  in  Verbindung  mit  Eisen  nach  bestimmten  Mi« 
sdiungsverbältnissen.  —  Diese  Verbindungen  sind  also  nicht  in  der  flüs- 
sigen Mischung  vorbanden,  sondei-n  sie  sind  das  Resultat  der  langsamen 
Erkahung,  Ai,eli]i<;  dif  Ausbildung  von  Verbindunccn  nach  bestimmten 
Mischungävcrijaiuusscn  iierbeiführte.  —  Gold  und  biibcr  vereinigen  sich 
beim  Sdimebsen  fflbr  Undii  in  allen  YerbShniisen  wo.  einem  homogenen 
Gcnuscfa.  Wird  die  geschmoUene  L^rung  sduadl  inm  Erstairen 
brachi,  so  behält  die  erstarrte  Masse  die  homogene  Beschaflcniidt,  wdicbe 
ihr  im  flüssigen  Zustande  zukam.  Erfolgt  die  Abkühlung  sehr  langsam, 
so  trennt  sich  das  Gold  gröfstentliflb,  in  Verbindung  mit  etwas  Silber, 
aus  der  Masse.  —  Zinn  und  Eisen  vereinigen  sieb  beiua  iScIimelzeu  fast 
in  allen  Verhältnissen  zu  einer  gleicliartigen  Veibinduug.  Wird  die 
flüssige  BGsebong  sdineU  siun  Erstarren  gebracht,  so  bidbt  sie  homo« 
geo;  erfolgt  die  Abkühlung  langsam,  so  trennt  sie  sidi'  und  sidit  twel 
Yerbindongen  dar,  aus  vielem  Eisen  und  wenig  Zinn,  und  aus  vielem 
Zinn  und  wenig  Eisen,  Wenn  geschmolzenes  Blei  mit  weniger  Schwe- 
fel veiseut  wiixi,  als  die  Mischungsverhältnisse  des  Schwefelblcl ,  oder 
des  sogenannten  Blciglanzes  erfordern,  so  büdet  sich  eine  homogene 

D  3 


38 


K  A  K  $  T  ■  « 


ilü&sige  Masse;  es  entsteht  also  eine  Mischung  nach  unbeäutnmicn  \er- 
hülminen.  Wird  diese  plötilicli  nim  Etsuhtbii  gebncht,  so  bdiilt  dt» 
Gemisch  seine  i^idttriige  BesdialTenbeit.  Erfolgt  die  AbkuUnng  lan^ 
sem«  60  scheidet  sich  legnlinisches  Blei  aus,  und  es  bildet  sich  g^ck* 
leiüg  Bleigjans,  also  eine  Verbindung  nach  einem  bestimmmn  Misdumgi- 
irerhühnirs. 

Ob  mehrere  Metalle,  hei  ibrer  Verbindung  mit  weniger  Schwe- 
fel, als  zur  Sättigung,  oder  viehnehr  zur  ilervorhringung  bestimmter 
Mischungsverfailtaiste  erforderlich  ist,  ein  ähnlidies  Verhalten  im  flöi- 
sigen  Zustande  und  nach  der  mehr  oder  weniger  Torxogerten  •  Ersiav- 
TUiig  befolge,  ist  noch  nicht  hdtannt,  Nach  der  Vorstdlung,  die  man 
sich  jetzt  TOn  Verbindungen  dieser  Art  gemacht  hat,  würde  man  sie  fülr 
blofse  Zusammenschmelzungen  den  Scliwcfcltnetalles  mit  dem  im  Ucber- 
schufs  vorhandenen  Metall  zu  haken  haben.  Das  Verhaken  des  Bleies 
mit  Schwefel  zeigt  indels,  dafs  diese  Annahme  nicht  allgemeine  Gültig- 
lieit  hat,  und  daCi  vtelleidit  auch  bei  anderen  Schwefe1metaIlTei4>indun- 
gea  die  Eivtarrungsart  herüclsiditigt  werden  mnfs.  Das  lOthbrfiefaige 
Eisen  entli  ih.  v.enigsu-ns  sehr  häufig,  einen  geringen  Anthcil  Schwefel, 
welcher,  nach  den  verschiedenen  Temperaturzustünden,  vielleicht  bald  mit 
der  ganzen  blasse  des  Eisens,  b^ld  mit  einem  Theil  desselben,  zu  Ver- 
bindungen nach  bestimmten  Vei'haiinissen,  verbunden  seyn,  und  dadurch 
Veranlassting  zu  dem  eigenihümlichen  Verhallen  dieses  Eisens  geben 
kannte,  wekhtt  in  der  Weisglähhiixe  und'  bei  der  gewShnlichen  Tem- 
perainr  sehr  fest  und  haltbar  ist,  in  der  Rothglfihhiiae  aber-  brudiig 
wird  lind  sich  nicht  schmieden  läfst. 

Auch  Schwefel  und  Phosphor,  so  wie  Schwefel  und  A>-senik,  ge- 
hören zu  den  Körpem,  die  sich  in  allen  Vcrh;ih niesen  mit  einander  ver- 
binden und  ein  Beispiel  von  Mischungen  nach  unlKStnumten  VcrhalintSr 
Sen  geben.  —  Aber  ungleich  einleuchtendere  und  viel  häufigci*  votltom» 
mcnde  Beispiele  von  Veibindnngen  nach  unbestimmten  Verhalmisien, 
als  die  lÜBlalle,  oder  die  nicht  oKjdirien  Korper  darineten,  gewähren 
die  Vcrbindimgcn  von  oxydirten  Körpern.  Die  sogenannten  Brden> 
die  Alkalien  iititl  die  I^Ieialloxyde,  lassen  sich,  bei  einem  angemessenen 
Grade  der  i  empcialur,  fasi  In  .dien  Verhäknissen  mit  einander  verbin- 
den, und  stellen  im  geschuiolzcuen  Zustande  eine  homogene  Slischung 


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üUr  dia  ehemiu^  Feründwig  der  KSrper» 


30 


dar,  welche,  wegen  ihrer  vollkommenen  Glcicliariigkeit,  als  eine  -svahrc 
cbemische  Verbindung  angesehen  werden  inufs.  Wenn  diese  Mischung 
txSwSl  ci«t«nt,  80  UeOit  lie  lehr  häufig  dttrehuu  |^di>rüg,  und  ift 
im  Al]gemeitt8n"iiiit«r  <dMii  lV«iii«n  der  Plfiace,  Gliser  oder  Schlichen 
bekannt.  Die  Gleichartigkeit  der  Masse,  und  in  vielen  Fällen  auch  die 
Dui'chsichiigkeil  dorselben,  lassen  es  durchaus  nicht  besweifeUi,  daCi  diese 
Verbindnng  nicht  eine  Malirc  rTiemische  Mischung  sei. 

Ganz  anders  isl  das  \  erhallen  bei  einem  lioclisl  lani»samcu  und 
vei'zögerten  Ei-start-en.  Das  glasige  gellussene  Ansehen  ist  versclnvim- 
disDi  «tau  dee  miediUgett  oder  dee  spliiuigen  Brudiee  mit  Glasglaaz, 
het  »ich  em  erdige»  kvaiäam,  ein  hdmigee  oder  eaeh  ein  streUiges  Ge» 
f^üge  mit  deiulicli  warnehmbaren  Absondeixuigsflächen  eingestellt,  und 
die  Torher  durchsichtige  oJer  durchscheinende  Masse  ist  vollkommen 
undurchsichtig  geworden.  Alle  diese  wesentlichen  Veränderungen  sind 
ganz  allein  der  Krfuig  eines  schnelleren  oder  langsameren  Erkakens.  Bei 
diesen  auSallenden  Erscheinungen  kann  es  nicht  zweifelhaft  sejn,  dafs 
die  KoliiiioiMtfaätigkeii  im  eiMcn  Fell  dem:  oUgemeiiMii  Terbinduagsttie* 
hen  unterlag,  unddafa  sie  enthei  einer  langsamen  Entarrong,  VerlHndniii* 
gen  nach  hesiimmien  Mischong^v^hälinissen  hervorzuimfen  vermo^ie. 

Alle  Erfahrungen  lehren  ferner,  dafs  es  des  lliissigen  Zusiandes 
der  Körper,  zu  ihrer  chemischen  Einwirkung  auf  einander  nirht  bedarf. 
Wenn  daher  eine  durch  plötzliches  Erstarren  erhaltene  JVlischung  uach 
unbestimmten  Verhältnissen,  einem  Grade  der  Temperatur  ausgeaeiat 
irird,  welcher  die  Maise,  ohne  sie  sttm  Schndaen  au  hringeo,  tn'>einen 
soldien  Znstand  Terseiat,  dafs  die  -KofaMrenaBpannang^  so  weit  aüfge- 
hoben  werden,  ab  nSthig  ist,  damit  die  Kräfte  der.Kdrper  zur  che- 
mischen Einwirkung  auf  einander  ihatig  werden;  so  würde  der  Erfolg 
des  nnlmUenden  Glühens  solcher  festen  Mischungen,  mit  demjenigen  übcr- 
eiiisummen  müssen,  welcher  erhalten  wird,  wenn  die  Mischung  aus  dem 
fliossigen  Zttsunde  durch  hödui  langsames  Erkalten  in  den  festen  üher- 
geht.  Es  werden  sidi  also  dnrdh  anhaliendea  Glühen  dieser»  durch  pldta- 
Kches  Bniatren  erhaltenen  Uischnngm»  in  emer  Tempemtnr,  welche 
sieh  jedesmal  nadl  der  Beschaffenheit  der  Mischung  richten  wird,  eben- 
falls Verbindungen  nach  besllmmlen  MiscIiungSTerhälinissen  bilden  müs- 
sen.  Und  so  ist  es  auch  in  der  TUat.    Das  weifse  Roheisen  und  der 


30 


K  A  II  t  T  B  « 


haiie  Subl,  Avclche  durch  plöuiichea  Eisuineu  der  geschmolzenen  Ver» 
bindung  aug  Eisen  und  KoUe  edMlten  ynadm,  «ndwn  «ick  dnrdi  blofses 
Glfihöi  KU  yorltindan^  guis  andorer  Art  um,  ivdehft  sidi  durdi  Bube» 
Ifärte,  Festi^knti  Glattz  und  Gefuge  wesentlich  von  der  ur^irfin^clieii 
Yei'bindung  unterachciden.  Die  duixh  plötzliches  Erstanden  erhaltene 
Verbindung  von  Blei  mit  wenigem  Schwefel,  wird  durch  blofses  Glühen 
eben  so  in  Blciglanz  und  in  regidmisclics  Blei  aericgt ,  als  wenn  die 
flüssige  31asse  höchst  langsam  ersiuiTi  waie.  —  Die  glasigen  Schlaclien 
indem  sidi  dnrdi  «BhiJiendet  Glühett,  in  eiiier  oft  ^  nidil  betnoht- 
lidk  hoben  Temperatur ,  genau  eben  so  sa  matteut  erdigen,  lurjMalU- 
uisdien  Yerlnndongen  um,  ab  wenn  lie  in.  dem  uodi  flwwiyu  Zustande 
guis  bmgmm  erkaltet  wären. 

Also  in  allen  diesen  Fällen  sehen  wir  das  durch  plötzliches  Erslar- 
ren  gehemmte  Aushilden  von  Veriiinduiigen  nach  besiimmien  Mischungs- 
verhältnissen, durch  das  blufse  Glühen  dieser  nach  uubeslimuilen  Ali- 
sebun^reibaltniswa  «isammengesettten  Verbindungen,  eben,  so  besümmi 
und  d»en  so  deudiek  einueien,  als  :ivenn  die  flSssigo  Masse  langsam 
und  ruhig  erkaltet,  und  die  Kobasionslbili^Lcil,  wddie  jederzeit  dem 
allgemeinen  Yerhindungssureben  entgegen  wirkt,  und  Verbindungen 
nach  bestimmten  Mischungsverhältnissen  hervorruft,  durch  das  plötz- 
liche Ei^tarren,  in  ilu^er  Wirksamkeit  nicht  gestört  oder  unterdrückt 
worden  wäre. 

Diese  Btlalirungen  geben  einen  Aufscblufs  über,  die  Yerindemn» 
gen,  denen  vetvcbiedenm  Körper,  und  ohne  Zweifel  alle  VeilHndung^» 

welche  durch  plötzliches  Erstarren  einer  Mischung  erhalten  werden,  wo- 
bei die  Kraft  der  Kohäsion  dtu*ch  das  allgemeine  Verbindiingsstrchen 
unterdrückt  ward ,  durch  die  Art  do^f  Abkühlens  nach  dem  Schmel- 
zen, oder  auch  wohl  nur  nach  dem  Glühen,  in  dtu*  Farbe,  Härte,  im 
Glanz  und  in  der  ganzen  Texiiu*  unterworfen  sind.  Es  ist  nämlicb  ein-, 
leuchtend,  dais  eben  sowohl  wie  die  nadi  unhestimmtcn  Yerbälmissai 
ausamoungesettten  Misebungen»  «ueh  die  Mischungen,  denen  efai  gans 
beslinuntes  Ycrhaltm'fs.zum  Grunde  liegt,  bei  ihrem  plötaUohen  Udler- 
gange  atis  dem  flüssigen  in  den  festen  Zustand,  dem  Mangel  »n  Aus- 
bildung bestimmter  Formen  unterliegen  können;  wobei  ungcfelir  das- 
selbe Yerhalinifs,  wie  bei  den  plötzUdi  erfolgenden  pulverigen  iNieder- 


f^r  tUe  ehemUche  Fefiöidung  der  Korper. 


31 


«chlägen,  xmd  bei  den  langsam  sich  absetzenden  krystallinischen  Bil- 
dungen aut  dem  nassen  Wege,  statt  finden  mag.  SolcLe  Mischungen 
nach  bestimmten  Verhältnissen  sind,  in  dieser  Rücksichi,  denen  nach  uii* 
bettimmaen  VerhSldUMen  «iiMiimengesetzten,  gleich  tu  seäten«  denn  beide 
•lelkai  eine  im  eigenthfimlieheii  Sinn  des  Wortes  gefloesene  Hene  dar, 
aus  vrelcher  durch  die  Kohäsionsthätigfceit ,  %venn  die  Umstände  ihrer 
Wirksamkeit  günstig  sind,  erst  eine  bestimmte  Form  hervurgehen  soll. 
Der  einzige  Unterschied  zwischen  dem  Verhalten  dieser  Mischungen  nach 
besummten  und  unbestimmten  Verhahnisson  besteht,  wie  es  scheint, 
nur  darin,  dals  es  ungemein  viel  schwieriger  ist,  eine  aus  unbestimm» 
ten  YeibSltnittea  siiManmengnetate  Mudrang ,  durdi  langaames  ErluiU 
ten,  oder  duMdi  des  Glühen  der  ptdnlich  erKMrrMn  Mbcbungt  auf.  be» 
tlimmte  Formen,  die  eich  durch  ausgebildete  Krjsialle  sa  erkennen  %fir 
ben,  zurück  zu  führen.  Was  die  Kohäsionsthätigkeit  bei  Mischungen 
nach  bestimmten  Verhältnissen  sehr  leicht  zu  bewirken  yermag,  ist  bei 
Mischungen  nach  unbestimmten  Verhältnissen  oft  nur  in  der  Annähe^ 
rung  möglich. 

E»  gpdii  Fälle,  wo  sidi  die  Wirkung  des  schndlereu  und  des 
langsameren  Erkaltens  nur  auf  eine  Veränderung  des  Kobirenscustandet 

allein  zu  beschränken  sdieint,  und  vieUeicbt  tritt  ein  solcher  Erfolg  auch 
selbst  bei  den  Mischungen  nach  bestimmten  Verhältnissen  ein.  Als  Bei- 
spiel dieser  Art  ist  vorhin  schon  der  Schwefel  genannt  worden ;  auch 
der  Phosphor  zeigt  ein  ähnliches  Verhallen.  Wird  er  bis  öo  Gi-.  Reaum. 
erhitzt,  so  bleibt  er,  bei  dem  langsamon  Eikalten  an  der  Luft,  weiis  und 
dnrcbaiditig;  erkiUtet  man  ihn  pljitalidi  im  kalten  WaMer»  .eo  wird  ev 
scbwan  und  undnrdisiditig.  Aus  dem  einen  dieser  Zustände  kann  man 

ihn,  so  oft  man  will,  in  den  andern  übergehen  lassen.   Das  unter 

dem  Namen  des  Arsenikglases  bekannte  Arsenikoxyd,  bildet  ein  farl)cn- 
iüscs,  TolJkommen  durchsichtiges  Glas,  -wenn  es  beim  Siiblimiren  scbnell 
erkaltet.  Es  wird  weifs,  einaillcanig  und  völlig  undurchsichtig,  wenn  die 
Abkühlung  langsam  erfolgt,  oder  wenn  das  Glas  lange  Zeit  der  Einwir- 
kung der  ladt  au^^seitt  isti  Eine  Zu-  öder  Aboahme  des  Gewichtee 
findet  4alMi  durdiaM  nidf  t  stttC-  <    •      . . 

Ungleich  häufiger  ist  aber  mit  dieser  Vcränderung  des  Kohüren^zu- 
»landes,  such  eine  Venindennig  in<denMisciiungBverhältBissen!verbiuidea. 


32 


K  A  K  S  T  B  ir 


Das  gewßlnilicho  Cilas,  diese  allecmeiri  bekannte  Verbindung,  gicbt  da- 
von ein  sehr  nahe  liegendes  und  autlallendes  Beispiel.  Schnell  abge- 
Lähk  ist  es  im  ]i5ch«icn  Gnide  iprSde»  irie  die  GlntropfeD  zeigen ;  bei 
luijpmer  Abkübluiig  besiist  es  die 'beluamien  Ei^sdiüfteiit  und  wenn 
die  Eraierrang  durch  anlulmule  ErhitSHn§  TentSgert  wird«  S0  verliert 
es  den  Knrakter  des  Glases  und  Vird  zu  einem  Email,  oder  nimmt  wohl 
gar  eine  sicinamige  Struktur  an.  Eben  dieser  Erfolg  läfsi  sich  durch  das 
Cbihcn  des  Glases  hervorbnogen,  iwie  sdion  das  sogenannte  Aeannuusdie 
PonelJan  xeigt. 

Bei  allea.  diasan  Yerioiderniig^  Uabt  fcwar  die  Mischiing  diesellie, 
aber  die  MischungiTeAifltniiie  indem  «ich,  nidem  die  Kohfirioniireflt 
bei  dem  vertog^rten  Ek«tBiren,  odei?  ha  den  anhaltenden  Glühen  diüiig 
iferden,  und  Tei-bindungen  nadi  bestimmten  Mischungsverhältnissen  aue* 
bilden'kann.  Deslialb  erhalten  auch  alle  Gläser  und  Flfisse  durch  lan^ 
samcs  Erstarren,  oder,  welches  für  den  Erfolg  immer  das<;clbe  ist,  durch 
anlialiendes  Glühen,  um  so  leichler  eine  sieiuariige  6u-uk.iur,  je  zusam- 
mengeseUEter  sie  sind,  indem, dann  eine  grofsera  Komhinatiaa  in  den 
Mischnngsveiindeningen,  weldie  nach  beaiimmtcn  Verhältniasen  erfol- 
ge können,  möglich  ist. 

Aus  HalTs  bekannten  Yersuehoi  geht  hervor,  dais  es  blofs  tOA 
der  An  der  Erstarrung  abhängt,  ob  man  ans  Fossilien  von  der  Trapp- 
fo  rmaiiün  und  aus  naliirlicben  Laven,  durchsichtige  Gläser  oder  un- 
durchsicbügc  »teimirtige  und  kiysiallinische  Massen  darstellen  wili,  und 
da/s  sidt  nach  Willkufar  die  Glaser  in  Steine  und  die  Stdne  wiedei'  in 
Gläser  verwandeb.  lasson. . —  iDieae  vortrefllichen  Versuche,  so  via  die 
mit  vieler  Sorgfalt  und  tum  TheU  mii  gt'oüser  Ansföhilichkeit  angiesielU 
ten  Untersuchungen  über  die  Mgpiunnte  Entglastmg,  von  Reaumur, 
Boso  d'Antic,  Dariigues,  Pleuriau  de  Bellevue,  Watt  und 
Fourmy  erhalten,  Avie  es  scheint,  ihre  richtige  Deutung  erst  durch  die 
hier  nachgewiesene  Ausbihlimg  von  Verbindungen  nach  besiimuiicn  Mi- 
«dinnjpTei4Hiltiuasea,  wozu  es  dea  flSaaigen  Zustandea  der  Mischung  kei* 
aesweg^  bedarf.  DieMir  leiste -Umstand  is^ii»  aucb»  der  fOr  die.EvUi' 
rung  geologischer  Erscheinungen  TOrziiglidk  -iiHllitig  seyn  durfte,  weil 
man  sich  die  Masse,  in  vrelcher  Krys'tallc  vorkommen,  die  schmelzbarer 
als  dieuGrondmasse,  worinj  kie  .aich  .belilwkm«.:  selbst  sind,  niobk  mehr 


oiyui^uo  uy  Google 


Afer  dk  ekemüehe  p^erühda^  dar  K6rper. 


33 


flüssisT,  sonUern  nur  in  (  ini-m  solcLcn  Zustande  denken  darf,  dais  die 
Koha&ioQ9ihäügkcii  das  aligemeine  Yerbindungssireben  in  dem  Augen- 
blick ihrar  Bildiiiig  zu  üboritiiideu  venuogtc.  Die  tou  de  J}r4e  euf- 
gesteUten,  duidi  "Versuche  erwieienett  sdbr  •duurlsiniugeik  Amichien, 
welche  sich  auf  eine  iheilweise  Erweichung  einer  ausgebildeten  Verbin- 
dung beziehen,  können,  weil  sie  ein  specieller  Fall  des  allgemeinen  Er- 
folgs der  Schmelzung  und  Ersianning  sind,  nur  zur  Erklärung  der  be- 
sonderen, auf  einen  solchen  Erfolg  gerichteten  Erscheinungen  dienen. 

Das  Glühen  schon  erstaiTier  Mischungen  in  einem  gehörigen  Grade 
der  Tenperetor,  ist  in  Tielen  FäQen  dn  weit  ymkauoMet  Mittel,  eine 
Tennderang  des  IGMhmigvrerliiltiiisaei  herroRuliriiigeii«  ab  das  mdir 
oder  weniger  verzögerte  Erstarren  der  flüssigen  Verbindung.  Ohne 
Zweifel  ist  dies  Verhalten  so  sehr  von  den  Kigenschafsen  der  auf  einan- 
der wirkenden  und  der  aus  dieser  Einwirkung  enustehenden  Köiper  ab» 
hängig,  d&ü  sich  für  jeden  besonderen  Fall  sehr  verschiedenartige  Er- 
sdidnnngen  darhieten  werden.  Ein  Beispiel  der  Volnndungsfähigkeit ' 
in  gpnn  aabesUmmten  und  selir  i^eranderlidben  Valijilinissen,  geben,  aii> 
IST  enderen  Korpem,  das  Knpfer  und  das  Zinn.  100  Theile  Zinn  le*> 
sen  fidfl  mit  50,  100  und  200  Tbeilen  Kupfer  zu  einer  3Iischung  zu^ 
sammen  schmelzen,  die  nicht  allein  im  flüssigen  Zustande,  sondern  auch 
nach  dem  laugsamen  oder  plötzlichen  Erstarren,  vollkommen  gleirhartig 
bleibt.  Aile  drei  Verbiudungen  sind  spröde  und  weifs  von  Farbe.  Ihre 
völlige  Gleidiarugkeit  lafst  keinen  Zwdfd  öbrig,  daf»  sie  midit  als  wiikr 
Üche  chemische  Veribindnngpn  des  Kupfers  mit  dem  Zinn,  also  als  Vep> 
kindungen  nach  gpuz  unbestimmten  Mischungsverbälinissen,  aiicli  im 
erstaiiten  Zustande  zu  betrachten  .wären.  Alle  diese  Mischtmgen  leiden 
durch  Glühen  keine  Veränderung.  Vergröfseit  man  das  Verhäluilfs 
des  Kupfers  zum  Zinn,  etwa  so,  dafs  100  Tlieile  des  letzleren  mit 
400  Thcilen  des  ersteren  verbunden  sind,  so  erhält  das  Mctallgemisch, 
bdm  bodisi  langaaracn  Erkalten  im  Tiegel,  auf  der  Oberfläche  ein  ge- 
stricktes Ansdien  und  auf  der  Bruchilaehe  ein  dichtes  Gefuge,  verbun- 
den mit  einer  schmutzigweifsen  Farbe  und  mit  betrachtlicher  Sprödig* 
keit.  Wird  diese  Legirung  schnell  in  einer  kalten  eisernen  Form  ausge- 
gossen, -^ü  behält  sie  ihre  feigcnschafien,  so  dafs  sie  durch  langsames  oder 
beschleunigtes  Ersurren  keiner  Mischungsvcrändci'ung  zu  unterhegen 
Phjs.  Kbtsse  1824.  E 


34 


K  A  a  «  V  B  « 


ftcbeint.  Glüht  man  sie  aber  in  einer  die  Roibglühhitze  erreichenden 
Temperatur;  so  hangt  es  ganz  Toa  der  Art  der  Erkaltung  des  geglühe» 
ttm  Geaütih»  ab,  ob  es  dicielben  Bigemdhifleii  viim  tot  dem  Glühen 
]idiBlte&,  oder  ob  et  tiam  geDilidie,  iveiehe  und  debnbere  Hiidinng  mit 

kürnigem  Gefüge  bflden  soll.  Leuieres  ist  der  Fall,  vrenn  das  ^fihende 
Gemisch  durch  Ahlösclien  im  Wasser  plöuh'ch  erlallet  wird,  wogegen 
sich  die  ursprütinglirhc  Verbindung  durch  langsamem  Abkühlen  an  der 
Luft  wieder  herstellt.  VV  u^d  die  Temperatur  bam  Glühen  etwas  zu  sehr 
erbebet,  so  scbvriusen  auf  der  Ober6«die  des  nodi  «tHnen  Genusches 
guis  Ueine,  silberweilae  Pedkdien  aus,  -welche  indels  bald  nieder  vcr> 
schwinden,  wenn  die  BrbiiBQttg  fortdauert,  so  dafs  da«  ganze  Gemiscb 
in  flulft  kommt  und  die  Yeranderimgen  durch  das  Glühen  nicht  weiter 
bemerkt  werden  können.  Diese  Erscheinuni^en  beim  Glühen  sowohl,  al; 
die  ungleichartige  Beschaffcnli( n  der  Bruchll  n  he  des  plötzlich  crlaltetea 
gegluiieten  Gemisches,  deuten  darauf  hin,  dais  die  Mischung  in  der  Hitze, 
weldie  »n  Sduneben  noch  nidit  hinreichiy  ein  anderes  IGsdiungsTer- 
bihnils  eingeht,  indem,  sidi  ebe  leieliiflflssigere,  ans  mdir  Zimi  und 
weniger  Kupfer  besiehende  Verbindung  bildet,  welche  durch  langsames 
Erkalten  wieder  zerstört  wird,  durch  schnelles  A.bl6schen  im  Wasser 
aber  gebildet  bleibt,  weil  die  Ei-starrung  scliiifllti  erfolgt,  als  sich  die 
frühere  allgemeine  Verbindung  beider  Mctnlle  wieder  herstellt.  Bei  al- 
len den  Alischungen,  welche  ein  gröfseres  Yerhaliuiü  au  Zinn  enihal» 
ten,  Lonnten  diese  Venhiderungen  dnrdi  das  Globen  nicht  euatreten» 
weil  die  an  groise  Leichtilfiasigkeit  eine  Yerinderang  des  HisdinngsTer> 
hälinisses  unmöglich  machte.  Aus  demselben  Grunde  stellte  sich  auch 
bei  diesem,  aus  100  Zinn  und  400  Kupfer  bestehenden  Gemisch,  die 
ursprüngliche  allgemeine  Verbindung  beider  Metalle,  durch  das  langsame 
Abkühlen  nach  dem  Glühen,  vollständig  wieder  her.  Diese  ßlischungs- 
Terandenmgcn  diu-ch  die  Temperatiunmicrschiede  und  durch  die  Art 
des  Eilaltens  der  roihglühenden  Massen,  eiUaren  angleich,  waiiun  nch 
diese  Meiallmischung  in  Rucbsidit  ihrer  Dehnbarkeit  Tud  Hämmerheiw 
keit  in  der  Rotb^Gbhitie  genau  eben  so  verhalt,  wie  nach  dem  plütz» 
liehen  Erkalten,  und  warum  das  langsam  ci"starrte,  so  viic  das  noch 
iiidit  hh  ?nm  Rotbi^liibcn  eiliiizie  Cenüsch,  Spröde  sind  und  sich  unter 
dem  Hummer  nicht  bcarbciieu  lassen. 


üAer  die  chemische  f^eriindung  der  Körper. 


36 


Wird  das  Verhällnif»  des  Ktipfcrs  zum  Zinn  nocli  melir  Ter- 
gi'öfscrt,  -verbindet  man  z.B.  100  Zinn  mit  ilOO  Kupfer,  — -  und  die» 
ist  das  Yerhaltnifs,  welche  man  gewöhnlicii  beim  Kauunenguth  anwen- 
det, —  so  bieieD  nA  ffau  «udere  EtM^ieinungen  dar.  Bei  einem  höchst 
hngsamai  Erlcahen  des  flässigen  Gemiadies  erscheint  dusdbe  dem  un- 
bewaffneten Atige  ganz  gleichartig;  durch  das  Yergrofserungsglas  läfst 
sich  indefs  die  Ungleichartigkcit  auf  der  frischen  Bruchllache  leicht  auf» 
finden  und  bemerken,  ilafs  sich  ein  weifses  Metallgemisch  twiscben  den 
gestrickten  Flächen  eines  röihlicb^clben  Melaligemischcs  abgetrennt  hnt. 
Die  gebohrte,  abgedrehte,  getriebene,  geschliflene  und  polirie  Oberfläche 
«nduaiiit  nur  dedidb  gleichartig,  urdl  da*  liihcn  rftddichgelbe  Uetadl* 
gewiaA  durdi  diese,  mit  eiiiem  mechanischea  Ausstred^  den^bea 
yerhundene  Bearbeitung,  das  Hervortreten  der  ^frdfsen,  spröden  und 
in  kleinen  Körnchen  eingelagerten  Verbindung  Tcrhindeit.  —  Bringt 
man  das  flüssige  Metallgemisch  plötzUch  dadtu'ch  zum  Erstan-cn,  dafs 
man  es  in  schwachen  Zainen  in  einer  möglichst  dicken,  kalten,  eiser- 
nen Form  atugielst;  so  erhält  mau  ein  durchaus  gleichartiges  Gemisch, 
tnf  deisea  Bkroehfliehe  «ick  dnrch  -die  ttiritste  VevgrSfserung  nichts  Ub- 
l^kiefaaftiges  bemerken  lifst.  Di«  Misdaviig  bleibt  also  homofiien,  wie 
sie  es  im  flüssigen  Zustande  war.  Wird  dieser  Zain  in  einer  starken 
Roibglülibiize  anhaltend  geglüht  und  im  glühenden  Zustande  plötzlich 
im  Wasser  abgelöscht,  so  behält  er  seine  gleichartige  Hesrliaffenheit; 
Kfst  man  ihn  sehr  langsam  an  der  Luft  erkalten,  so  bekommt  er  die 
Bescfaaflenheit  der  langsam  an  der  Luft  erstarrten  flüssigen  Legirung, 
d.  h.  es  bildet  lidt  eine  weifte,  kernige  Vediindung  aus,  welche  sidi 
in  der  fiberwic^soden  IHiuse  einer  gesinnten  rSiUlchgdb«  ICsdbang 
eingelagert  findet.  Dieses  langsam  enteine  Gemenge  terhält  sich  befm 
anhaltenden  Glühen  auf  ähnliche  Art.  Wird  es  glühend  im  Wasser 
abgelöscht,  so  ist  es  durchaus  gleichartig;  erstarrt  es  langsam,  so  behält 
CS  «eine  Ungleicbariigkeii  bei.  Eine  aus  100  Zinn  und  Ii 00  Kupfer 
kosnnmengeseiKie  Mischung  kann  also  nur  in  der  erbiSheien  Tempera- 
tur, nimlich  in  der  Sdin^ibiiie,  oder  in  einer  starken  RotbglQbhitae 
l^eichartig  eeyn;  dnkt  die  Temperator,  so  bilden  sich  wenigstens  twei 
Yerbindnngai  eus,  und  die  so  erstarrte  Misdiung  ist  an  Gemenge  Ton 
wenigstens  swei  Verbindimg^  nach  bestimmten  chemischen  ^üschungt- 

£  2 


36 


K  A  B  S  T  I  « 


Verhältnissen,  deren  Bildung  sich  durch  plötzliches  Ersiarim  verhindern 
ijiisi.  Dies  Metallgemisch  verhält  sich  beim  Glühen  aisu  ganz  andei'«  aU 
dt»  d'Arceudw,  .und  diese  Yendnedealwit  da»  Verhallen»  ist  dne 
Folge  des  -ver&kderten  VerlUÜtnissc»  de»  Zinne»  com  Kupfer,  welches 
bei  der  d 'Ar ce lachen  Metallkoinposiüon  grofs  genug  war,  um  mit  deu 
Kupfer  in  allen  Temperaturen  vei-einigt  zu  bleiben,  in  der  Glühhitze 
aber  znr  Entstehung  von  zwei  Verbindungen  Veranlassting  zu  geben, 
welche  sowohl  in  der  Schmelzhitze,  als  in  der  gewöhnlichen  Tempera- 
tur wieder  zerstört  wurden.  Die  Metallmischung  zum  Kanonenguth 
enihält  so  ivenig  Zinn,  dal»  Beide  MietaUft  der  Sdiinelshitse,  oder  einer 
•dir  erh^heien  Temperatur  bedörfen,  um  mit  einander  vedrandea  m 
bleiben,  und  dafs  durch  Temperalurerniedrigting  eine  Trennung  einlritty' 
welche  sich  nur  durch  plötzliches  £riukliea  mehr  oder  yreniger  volbtän- 
dig  verhindtin-n  lüfst. 

Unsei'  metallenes  Geschütz  ist  daher,  —  eben  so  wie  das  gegos- 
sene eiserne,  —  keine  chemische  Verbindung  zweier  Metalle,  sondern 
ein  Gemengie  Ton  wenigiten»  Ewei  Yerinndunfgen  des  Kupfers  mit  Zinn, 
wddb«,  lo  ni  sagen,  meclianisdi  in  einander  geflochten  sind.  Eine  aus 
100  Zinn  und  1100  Kupfer  bestehende  lÜsdiung,  yrürde  also  nur  dann 
finp  qlf'ichartige  Verbindung  sevn  Itönnen,  wenn  es  mögh'ch  wäre,  das 
flüssige  Gemisch  plör^lidt  zur  Erstarrung  zu  biingen,  oder  das  langsam 
erstarrte  metallene  Geschütz  einer  starken  Glühbiue  uuszuseizen  und 
pIStzjiidi  im  Wasser  abiakfihlen.  Beides  ist  aber  weg^  der  grofsen 
Masse  des  Gulssifidt»  unausführbar*  Ueberläfst  man,  trie  es  nidit  an- 
ders scyn  kann,  die  flüssige  Meullmischung  der  langsamen  Abkfihlong 
in  der  Geschützfoi*m;  so  soUte  der  Erfolg  de»  Frstarrcns  für  die  De- 
schufTenheit  des  Geschützes  um  so  günsiif^er  ^cxn .  d.  h.  die  Meu\ll- 
misclnmg  sollte  um  so  homogener  ausfallen ,  ]c  mehr  die  Erstarrung 
beschleunigt  würde.  Die  Krfuluung  zeigt  aber  das  Gegentheil.  Der 
Widerspruch  in  den  Erscheinungm  ist  inde&  nur  sdieinfaar,  indem  c» 
niikft  mehr  darauf  ankommt,  durch  plSiiIichcs  Erstarren  eine  homogene 
BesdiaSenheit  des  Metallgemisches  zu  bewirken,  welche  sich  bei  so  staiv 
kcn  Massen  nicht  erzwingen  läfst;  sondern  durch  ein  sehr  langsames 
Erstarren  eine  mögh'chst  regelmäfsige  und  gleich  verilieilte  Nebeneinan- 
derlageruog  der  sich  ausbildenden  Verbindungen  heiTorztihnngen.  Ist 


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fifef      chemtehe  Vmimdimg  der  Körper* 


37 


dahei'  die  Masse,  woraus  die  Gufsform  bcsiehl,  ein  starker  Warraelei- 
ter; so  \Tird  die  sixengtlüssigei-e  Verbindung  schnell  zum  Erstarren  ge- 
kubi  tmd  €f  ttitt  die  mIit  bdekrcnd«  und  IQmu*  «kn  Erfulg  de«  Brsuo^ 
nmgqproiena  Tide»  lidit  TeHMreitande  Eneha&mig  «m,  daf«  ndi, 
nachdem  das  Mutall  in  der  Form  sclion  erstarrt  ist,  die  aus- 
gebildete leichtflüssigere  Metallmischung  in  die  Höhe  hegiebt  und  auf 
dem  sogenannten  verlornen  Kopf  des  Geschützes  aussprudelt.  Statt  sich 
zu  senken  und  durch  das  Erstarren  zusammen  zu  ziehen,  scheint  die 
Metallmischung  vielmehr  sich  auszudehnen,  indem  sie  in  der  Form  in 
die  Il5he  neigi*  Uniemidit  man  den  Zvatand  eines  auf  soUihe  Art 
entvnrten  Gesdifiiiet,  so  Ibdet  man  die  Bruchflaobe  Ydl  tfaien  und 
Hfihhmgn  tmd  das  Geschütz  ist  nnbratichhnr.  Ein  solches  ausgequol- 
lencs  Metallgemisch,  —  welches  eine  weifse  Farbe  hat  und  grofse  Spro- 
digkeit  besitzt,  —  fand  ich  aus  21  Zinn  und  Iii  Kupfer  zusammenge- 
setzt, welches,  nach  den  Verhältnifsgewichten  von  Berzelius,  mit  ei- 
nem Gemisdi  aus  l  M.  G.  Zinn  und  7  M.  G.  {Cupfer  fast  ganz  genau 
übereinstimmt.  —  Ist  die  Fonnmaase»  —  wie  dies  hei  der  neueren 
Glelnttethode  der  Fall  itt,  —  mit  eisemen  Formkapadn  umgeben, 
so  erfaiiaen  sidi  di«elhen  nach  dem  Gufs  jedesmal  sehr  stark,  sobaU 
die  eben  erwähnten  Erscheinungen  des  Aufsteigens  der  leichiilüssigeren 
Metallmischung  eintreten.  Wählt  man  aber  die  .ihci'C  Formmethode  in 
Lehm,  oder  bedient  man  sich  beim  Kapselgufs  einer  möglichst  wenig 
Wirme  leitenden  und  diditen,  wenig  porösen  Formmasse;  so  erhitaen 
sich  die  Formlapsdn  nicht,  das  Metall  senkt  sich  und  erstarrt 

ohne  dafs  ein  Aufsteigen  der  Idchllluss^erai  Meullmischung  sutt  fände. 
Das  Metallgemisch  wird  Gbger  flSssig  erhalten,  indem  es  eines  drei  bis 
viermal  liinpercn  Zeltiuomes  zum  T!rstarren  bcdaif,  so  dafs  das  sireng- 
llüssigere  Metallgemisch,  im  AugciibHck  der  Bildung  nicht  plötzlich  er- 
starrt, sondern  dem  leichtflüssigeren  Metallgemiscii  noch  >Vainnc  enuieht, 
vrodnvdi  eine  regelmäßige  Neheneinanderlagerung  dieser  beiden  .  Verbin» 
dangen  herbeigeführt  wird.  Beide  Verbindungen  stellen  sich  auf  der 
fBischen  Bmchflä'chc,  schon  dem  unbewaffneten  Auge,  sehr  aulFallend 
dar.  Die  chemische  Zusammensetzung  der  strengflüssigeren  ^^crbindung 
läfsi  sich  nicht  ausmitteln,  weil  es  nicht  möglicli  ist,  dies  roilic  tmd  zähe 
Metallgemisch  von  dem  mechanisch  eingeflochtenen  weifsen  tmd  spröden 


38 


K  A  n  S  T  B  V 


zu  trennen.  Das  leutere  kann  man  ober  vgiu  erhallen,  indem  es  sich 
'wegeu  seiner  Letchtilü$sigkeit  zum  TheU.  in  die  Formmasse  zieht,  wenn 
dftt  itrengflüsäigci  e  Genüsdk  sdum  «utam  i»t,  to  dd»  et  joa  ehr  medbn^ 
iumImii  Yeriiiiidmig  mit  dem  letaleren  Im  UeilkU  DieMS  weäüe,  tpc6de 
und  harte,  Ton  den  Geschützgiefsem  to  gWiinnie  Knitzmetall,  hahe  idi 
aus  17,7  Zinn  und  S2,3  Kujifcr  zusammengesetzt  gefunden,  eine  Zu- 
sammensetzung die,  nach  den  Verbaitniisgewichlen  von  fierzelius<  mit 
einem  Gemisch  aus  1  M.  G.  Zinn  und  9  M.  G.Kupfer  ganz  genau  über- 
einstimmt. Es  bilden  sich  also  leichtflüssige  Veribindungen  Ton  Zinn 
lud  Kupfer  nedi  xmr  Iwstimmien»  aber  tehr  venduedoMn  Yeriultiiii- 
ien  ans»  bei  denen  der  Kupfievgdiek  in  dem  Giede  «rSdiftr  irie  die 
Erstarrung  beschleunigt  tviid.  In  aineu  aoldien  Erfolge  mögte  auch 
der  Grund  zu  suchen  seyn,  warum  sich,  nach  den  Erfalu  ungen  der  Ar- 
tilleristen, die  Stücken  von  schvrererem  Kaliber  nie  so  daueihaft  zeigen 
als  die  von  schwächerem,  wenn  sie  nicht  allein  aus  einem  auf  dieselbe 
Art  sumnmengeseizten  Hetallgemisch,  sondern  auch  gleichzeitig  bei  ei- 
aem  und  denueiben  Gnft  angefertigt  tverden.  Die  Sede  dei  Mdnveren 
Geschüues  ist  weidier  und  erweiWct  lieh  daher  durch  dan  Gebrauch 
schneller  aU  die  Seeb  des  Geschützes  von  leichteren  Kaliber,  weil  das 
Geschütz  von  schwererem  Kaliber  beim  Gufs  eine  nncleich  pi-öfsere  und 
weil  langsamer  erkaliende  Masse  darbietet,  in  welcher  die  durch  das 
langsame  Erkalten  entstehende  leichtflüssige  Metallmischnng  wenigei*  Zinn 
enthalt,  folglich  -weidier  ist,  sIs  die  Iddilflnsiig^  Yerbindung,  weldie 
bei  dem  sdineOeren  Erstarren  gduldet  wiid. 

So  führen  also  auch  diese  Erscheinnngen  zu  dem  Resultat,  dafs 
nicht  allein  die  ^lischungsverhältnisse  der  entstehenden  Verbindungen, 
in  manchen  Fällen  durch  die  Temper-aiur Verschiedenheiten  bestimmt  wer- 
den,  sondern  dafs  auch  schon  entstandene  Verbindungen,  durch 
blofses  Glühen,  eine  Yeründcrimg  ihres  MischungsTerhaltntsses  erleiden 
lionnen,  ohne  dafs  ein  flüssiger  Znstand  der  Mischung,  od«  die  £nt- 
iffickekttg  guartiger  Stoffe  notfawend^  erfordert  wird. 


Ueber 

den  Saigerhüttenprozefs. 

Von 

ff»-  KARSTEN. 


[Ctlctai  ta  der  AMmni«  dar  WiMaudiafteB  nn  19.  Veimiar  1824.] 

^chon  seit  einigen  Jahrhunderten  ynrd  der  Saigerhüttenprozefs ,  mit 
Unwesen tluhen  Abänderungen,  fast  eben  so  ausgeübt,  -wie  Agrikola, 
jLrker  und  Lüiiueys  ihn  beschreiben.  So  einlach  die  Saigcrarbeit 
enebenii,  so  m6gte  tie  dodi  m.  den  tdnvierigitai  und  ia  ihren  GrGn» 
den  am  wenigsten  «dkannten  metallur^schm  Operationen  zu  zahlen  seyn, 
und  kaum  ist  es  zu  ^tatlbai,  dais  sie  einem  anderen  Umstände  ab  dem 
Zufall  ihre  Entstehung  verdankt.  Die  Gcschichta  des  Saigerhüttenbe- 
tricbes  vor  Agrikola's  Zeit  kennen  wr  nicht  und  daher  läfst  sich 
anr-li  nicht  mehr  nusmitleln,  welche  Vcrvollkoimnnnngen  und  Verbesse- 
rungen dieser  Prozels  nadi  und  nacii  erhalten  haben  mag,  bis  ihm  der 
Grad  von  Vollkonunenlieit  sn  Tbeil  ward,  in  irddiem  wir  ihn  in  der 
Mitte  dct  aechsiehnten  Jahrlinnderta  erblicken. 

Der  Zweck  der  Saigerhüttenarbeit  ist  die  Trennung  des  Silbers 
von  dem  silberhahigen  Kupfer,  vennitielsi  des  Bleies.  Man  eiTeicht  ihn 
dadurch,  dais  man  das  Kupfer  mit  einer  nngcmes'jcncn  Menge  Blei- ver- 
bindet und  die  entsiandeiio  \  crbinduni^  :ini  l  uc  i  i^^cmiiümlichc  Weise 
wieder  aufhebt.  Das  Silber  u-enut  sich  dabei  vom  Kupfer,  indem  es 
•ich  aiit  dem  Blei  vereinigt,  in  dessen  Verbindung  es  im  flüssigen  Zu- 
siandej  bei  «inen  ({ewissen  Tenqieraturgrade,  'das  «Isdami  nocib  stnr 
bleibende  Kiqiiier  Terläfst.  Es  liegt  also  diesem  Prozefs  eigentlich  die 
Absicht  zum  Grunde,  den  Silbergehalt  des  Kupfers  mit  Blei  in  Vorhin-, 
dang  zu  bringen,  -weil  diese  Metallmischung  sich  durch  einen  einfacbeii, 
abei*  sehr  sinni-eichen  Oxjdationsprozefs ,  dci*  unter  dem  Namen  der 


40  Karstmit 

Treibarbeit  bekannt  ist,  leicht  aullieJ>en  und  aut  diese  Weise  das  Sil- 
Ber  rein  dai-stellen  läfst,  vrelclies  in  Vereinigung  mit  dem  ungleich  streng- 
flfiM^iBNii  vn^  wcnignr  oxydablen  Knpfer  uidii  gesdiehen  kamnie. 

Sehr  dn&cb  würde  der  Saigerprosefr  teyn,  -yteBn  die  Yeilimduiig 
von  Blei  und  Kupfer,  in  einer  Temperatur,  'welche  zum  Flüssigwerdcn 
des  Kupfers  noch  nicht  hinreicht,  vollständig' wieder  aufgehoben  wer- 
den könnte.  Die  Trennung  heider  Metalle  ist  aber  nur  bis  zu  einem 
gewissen  Vcrhällnirs  durch  die  Saigerung  zu  bewirken.  Einen  Tbcil 
des  iu  dem  abgesaigerien  Metallgemisch,  oder  in  dem  Kiehnstock  zurück- 
gebliebenem  silberhaltigen  Bldes,  suclit  muk  dordi  «terkes  Gluben,  un- 
ter Znuitt  Ton  atmosphirisdiw  Luft,  oder  durdi  die  sogenenme  D«nv 
arbeit  Iii  gewinnen.  Ein  andrer  Theil  läfst  dch  aber  auch  auf  diese 
Weise  aus  dem  Kiehnstock  nicht  abscheiden,  sondern  der  Bieigchalt 
des  abgcJarrien  Kiehnsiocks,  oder  des  Darrlin;^^,  mufs  durch  Einschmel- 
zen des  bleihaltigen  Kupfers  vor  dem  Geblase,  oder  durch  das  soge> 
jmmte  Gaarmachen,  entfernt,  werden. 

Die  Baisilhemiig  des  Knpfers  wird  folglidi  dnrdi  die  ppanttio> 
»en  des  Frisohens,  dee  Sei  gerne,  des  Darrens,  des  Treibens  nnd 
des  Gaarmachens  verritibtet.  Bei  einer  jeden  dieier  Operationen  fal- 
len Zwischenprodukte  verschiedener  Art,  vvelche  iintei*  dem  Namen  der 
Dorn  er  oder  Kt;it7en  bekannt  sind.  Durch  sie  wird  der  Saigerhüt- 
tenprozcls  sehr  vci  wickelt  und  kostbar  und  seine  Atisführbarkeit  in  öko- 
ntmuscher  Rücksicht  zmn  grafsen  Theil  von  ihrer  zwedunSCNgen  fie- 
nuisong  abhängig* 

Die  Verwandtschaft  des  Bleies  mm  Silber  scheint,  wenn  das  Re- 
sultat dea  Pkvsesscs  das  Anhalten  zur  Beurtheilung  gpben  soll,  —  nnd 
das  ist  es  ja,  welches  bei  allen  Verwandiscbaftserfolgen  y.tim  Grunde  ge- 
legt wird, —  so  bedeuipnfl  r;iöfser  zu  scyn  ,  als  die  des  Kupfers  zum 
Silber,  dals  die  letztere  last  als  vcrächwindcnd  erscheint.  Der  Rückhalt 
an  Silber  im  Kupier  steht  daher  avdi  beinahe  im  Yerbälinifr  an  der 
Menge  Blei,  welche  nach  dem  Dsrren  mit  dem  Knpfer  Tcrbunden  bleibt. 
Sehr  silberreiches  Knpfer  läfst  sich  deshalb  dordi  eine  einmalige  Saig^ 
rung  nicht  entsilbern,  vonugUch  weil  das  Verhältuifs  des  Bleies  zum 
Kupfer  heim  Frischen,  aus  technischen  und  ökonomischen  Gründen, 
nicht  über  eine  gewisse  Gränze  hinaus  vergröfsert  weitim  darf»' 


i^iy  u^L-u  uy  Google 


ÜBaf  den  St^^lnüUenprozeß. 


41 


Die  theorelisclien  Gründe  worauf  der  Saigerljüiteriprozeis  beruht, 
Yveixlen  sicli  bei  der  Betrachtung  der  einzelnen  Arbeiten,  durch  welche 
die  Sübeneheidung  bewii^t  -wird,  bcner  äbenehen  ktieii. 

1.  Du  Friachen.  So  lieibt  die  (^pemtion,  dnreh  welche  die 
Verbindung  des  silberhaltigen  Kupfers  mit  Blei  besveckt,  und  welche 
in  der  Regel  in  einem  gewölmlichen  Krummofen  verrichtet  ^^)^d.  Dem 
durch  dieses  Schmelzen  erhaltenen  MelaUgeraiscIi  giebt  man  die  Gestalt 
Ton  Scheiben,  deren  Form  und  Gröfse  nicht  so  gleichgültig  sind,  als 
»  Miheiiien  iLonnte.  Nur  dnrek  die  Sdieibeiifonii  der  Friachftndte  laftt 
lick»  ohne  givise  S^mm^uAt,  eioe  so  ToUstendigie  Aiutonderung  des 
lilberhaihigpB  Bleies  durdi  die  Sngemiig  beirirken,  als  es  die  Natur  die* 
ses  Prozesses  überhaupt  zulässig  macht.  Aber  wichtiger  noch ,  ab  Ge* 
stall  und  Grofse  der  Frischstücken,  ist  das  Verhalinifs  <1p<;  Blt?ies  zum 
Kupfer,  Je  geringer  dieses  seyn  kann,  mit  desto  giulserein  Voriheil 
wüt^e  der  Saigerhüilenprozefs,  unter  übrigens  gleichen  Lmsländen,  aus- 
wfibt  werden  >  weil  sich  inii  dem  TergrSÜMnen  Yerhiliiufs  des  Bleies 
«mdi  die  Menge  der  ZwisdkeDpvodukte  bd  den  rerschtedenen  Aribeiien 
"vermdiren  mal«.  Die  möglidbt  reine  Abscheidtmg  des  Silbers  fordert 
dagegen  die  möglichste  Vergröfserung  des  ^''crliilltnisses  des  Bleies  zum 
Kupfer,  weil  der  Rückhalt  an  Silber  mit  dem  m  den  Danlingen  zu- 
rückbleibenden Blei  im  Verhaltnifs  steht.  Das  Ikscluckungsverhaltnifs 
beider  Metalle  würde  daher,  diesen  beiden  Rücksichten  gemäfs,  für  je- 
den einidnen  Fall  gewählt  werden  müssen,  wenn  nidil  ein  andrer  Um- 
stand Idnxnirite,  wdeker  jenes  Yeriiilmifs  wSx  niher  bestimmte.  Eine 
wenigstens  hundertjShrigp 'Krfahrung  hat  nämlich  gelelin.  dafs  die  Saige» 
ning  am  besten  von  statten  geht,  wenn  Kiipfrv  iiml  Blei  in  den  Frisch- 
stücken in  dem  Verlialinifs  von  3  zu  10,  oder  auch  von  3  zu  11  vor- 
handen sind,  imd  dafs  bei  einem  bedeutend  gröfseren  Verhaltnifs  des 
Bleies,  zu  leic&t  ein  nSssigwerden  der  Frisdbstückcn  herbeigeführt,  nnd 
bei  einem  bedentend  geringeren  Yerhdinifs,  wegen  der  gleich  anllng- 
lidk  erforderlichen  grofsen  Hiiae,  ebenfalls  eine  Schmelzung  der  Frisch» 
stucken  veranbist  weiden  wdrde.  Obgleich  der  Erfolg  in  beiden  Fällen, 
W^enigstens  bis  zu  einer  gewissen  Gränze  heider  Verlialtnisse,  Vcinen  che- 
mischen Grund  hat;  su  bleibt  es  doch  merkwüidig,  dalä  eme  w  alte  £r- 
Phjs.  Klasse  1824.  F 


43 


K  A,      •  T  B  S 


faiu-uug  schon  das  Verhiihnids  von  3  xu  10  «U  das  beste  kamen  gelehrt 
hat,  indem  daudbe  neuUdbi  genau  mit  im  dumiadMn  Mnehnngsge- 
mAtui  de*  Kiqpfas  nnd  det  Bleies  fibccdiieiimmu 

Von  welcimr  An  igi  bW  die  Verbindung,  welche  dnidt  daa  Zu- 
mniumchmelzen  von  Kuprer  und  Biei»  in  dem  Vnliiltnirs  von  3  zu  10 
oder  zu  11  erhahen  wm]'*  So  Innj^p  fiirh  itn  ccsclimolzenen  oder 
tlüssigen  Zustande  In  liudet,  muls  sie  wegen  iluer  vuiligen  Gleichartig- 
keit als  eine  voükuiameue  chemische  Yet^ioigung  beider  Metalle  ange- 
•dicik  wcrdm.  ErkaltM  ut  tchaell,  ^  dies  im  SOdilieevd  laacr  d«r 
Fall  iat,  indem  nm  die  Eratairang  des  Friaehitidka  dnrch  Begiefaim 
mit  Wasser  zu  Lefördem  andit»  so  bleibt  di«  Glddianigkeii  der  Masse 
bei.  Wird  die  Ei-starrtmg ,  itnter  Zutritt  der  atmospbärisclien  Luft  ab- 
sichtlich verzögert,  so  tritt  eine  Ungleichaitiglf  it  dtt-  3lischung  äu ,  ior 
dem  sich  die  Obcrllüchc  bald  mit  einer  Kupteroxydui  iialtenden  und  im- 
VMr  ttirk«:  trerdenden  Lage  von  Bleioxyd  bedeckt,  ein  Erfolg,  "«fdcher 
fpiier  dnidi  die  Eridieinungen  beim  Gaarnwhm  aeine  Sritjirmig  fin- 
den wird.  Dureli  ein  bochit  langmrnet  Erkalian  der  geMdmoliCMn 
Heese  in  bedeckten  "^Agdn ,  scheint  svrar  wirklich  eine  weichere ,  blei- 
haltigere Verbrndiin[^' .  welche  die  untere  Srliirlit  bildet,  und  eine  här- 
tere, kiipferhaUigcii  ,  die  den  oberen  Theil  des  Regulus  ausmacht,  ge- 
bildet zu  werden ;  über  das  langsame  Erstarren  der  flüssigen  Masse  al- 
lem» iat,  bei  dem  Veibiltnili  des  Neiee  snm  Kupfer,  yne  m  in  den 
Saigeratücken  stau  findet,  nodk  nicht  genflgend,  die  Verbindnngen  nadi 
bestimmten  AIischungSTcrhältnissen  vollständig  auszubilden ,  weil  das 
Verbälinifs  des  Bleies  zu  grofs  ist,  als  dafs  sich  die  Kohäsionskraft  des 
nach  bestimmten  "Mischungsgewichten  strebenden  Gemisches  aus  Kupfer 
und  Blei ,  kraiiig  uufsern  könnte.  Iis  scheint  hier  dasselbe  Verhalten 
Statt  zu  fmden,  welches  das  d'Arcetsche  Mctaügcmisch  aus  Kupfar  und 
Zinn  befolgt. 

3.  Das  Saigern.   WaS  dmrdi  langiames  Graiairen  ein«  MctsU? 

giemisches,  -woraus  das  au  saigemde  Frischslück  zusammengesetzt  ist, 

nur  höchst  unvollkommen  bewirkt  werden  konnte,  winl  ungleich  voll- 
ständiger erreiclit,  wenn  das  Frischstück,  —  wie  es  beim  üaigcrn  cJfi 
Fall  ist,  —  einer  Glühhitze  ausgeseut  yiird^  welche  die  Kupferschmeiz- 


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iOer  dam  Sa^gMumpnoteJs.  43 

ijiue  uocli  nicht  erreicht.  Ob  die  leichtflüssige  Verbindung,  ^ic\x 
durch  die  Operation  des  Saigems  von  dem  auf  dea  Saigei^achai  icu  zu- 
rdck  MdbendcB  ttnagflüssigeien  MeiaUgemudt  tteaaai,  ninet  BUi,  oder 
ob  n*  da«,  nach  benlmmieB  und  lUTttindtfrlidiai  Mischwigai^indb- 
teu  zasammengeseute  Verbindung  too  Tidem  Blei  mit  wenig  Kapfiar 
ist,  ändert  in  der  Erklärung  der  Erscheinungen  welche  beim  Saigera 
TOrgehen,  nichts  ab,  Immcv  sehen  wir  in  einem  homogenen  Meiaüge- 
misch,  durch  das  Glühen,  zwei  Verbindungen  akh  ausbilden,  von  denen 
da»  dne  iiii|jleid&  mrnigflwirrfftr  im  «b  die  •ndorey  ao  d«ft  cie  dxuA 
diaie  BgeiMchaft  znf^ndk  Vewnlniimg  mr  Trennung  g^wn.  Die 
lidikeit  der  TieniMiBg  ietii  abei-  eine  Veränderung  in  den  Mischung»* 
▼erhaltm'ssen  voraus;  die  Abscheidung  des  Bleies,  oder  vielmehr  de» 
kupferhallenden  Bleies .  ist  also  nicht  das  Wesentliche  des  Prozesse«» 
sondern  ein  denselben  beglcilender  und  in  den  Eigenschaften  der  gcbil-. 
deten  Mischungen  begründeter  Erfolg  desselben.  JDafs  er  wirklicli  in  der 
angegebenen  Art  euiitritt,  davon  Itenn  men  eidi  eine  genügende  Ueboiw 
lei^jBBg  vencbeSen»  ifenn  man  an  drei  Theilen  Kupier  und  adin 
Theilen  Blei  bestehendes  Metallgemisch,  in  einer  eisernen  Form  zu  einem 
Zain  ausgiefsl  und  schnell  zur  Erstarrung  bringt.  Das  Gemisch  ist  voll- 
kommen gluichni  ti;^  und  stellt  eine  chemische  Vcrbindurg  beider  Metalle 
dar.  Wird  dieMU'  Zain  6orgfähig  in  einer  anhaltenden  Oiuhhitse  erhal» 
ten,  welche  nocb  nicfat  snreicheiid  iit  um  da»  Garnudi  aum  Sdundaai 
an  bringen,  so  kl  der  Etfolg  de»  Cläben»  bSch«t  tersdiiedcn,  je  nadi- 
den  der  globenda  Zain  plötzlich  oder  langsam  erkaltet.  Beim  langsa- 
inan  Abkühlen  an  der  Luftj  bdlält  er  auf  der  Bruchfläche  dasselbe  ho- 
mogene Ansehen,  welches  er  vor  dem  Glühen  besafs.  Beim  plötzlichen 
Erkaiu:n  (durch  Ablöschen  im  Wasser)  zeigen  sich  auf  der  Bruchlläche 
ganz  bestimmt  zwei  verschiedene  Metallmischungcn ,  welche  sich  an  der 
rothen  und  an  der  grauen  Fkrbe  sehr  deutlich  unterscheiden  lassen.  Sie 
Glfibhiiae  batte  also  eine  Trennung  bewirkt,  wdklie  bei  der  langsamen 
Abkühlung  wieder  aufgehoben  ward.  Diese  Trennung  tritt  folglich  TOr 
dem  FiüssigAverden  der  Mischung  ein  und  sie  würde  sognr  verhindert 
werden,  sobald  das  Gemisch  dm  Zue;iand  der  Flüssigkeit  erlangt,  wenn 
nicht  durc;h  eine  besondei«  Vornchtiuig  die  im  flüssigen  Zustande  sich 

F  2 


44 


K  A  II  S  T  B  II 


trennende  leichtflüssigere  Verbindung,  von  der  strengfliusigorea  Metall- 
mischung  entfernt  wüitle. 

Da»  Revoltat  der  Saigerang  tmd  die  »offlumptcn  Werke,  nfim- 
Hch  tilberliiiltig^  fflei,  welches  rieh  im  Unsrigen  Zustande  abgeidiiedeD 

hat,  und  die  umei-  dem  Namen  des  Kielinstoclcs  bdtaiuite  TeAittdong 

•von  Kupfer  und  Blei,  welche  sich  durch  Glühen  nicht  weiter  trennen 
läfsl  und  im  stanxm  Zustande  auf  dem  Snif^ei  !icci  rlc  zurück  bleibt.  Die 
Zusammensetzung  der  Werke  und  KicLustuckc  wurde  daher  über  den 
Erfolg  des  Saigcrprozcsscs  Aufschlufs  geben  müssen.  Von  den  hei  einer 
i»d  derselben  Saig^rung  niedefgesdunolienen  Werften  wurden  in  lidben 
vttTM^iedenen  Perioden,  ninlidii  m  Anfangs  und  zu  Ende  de»  Proces» 
ses,  und  aufseixlem  etvm  tob  dreifsig  zn  dreifsig  Minuten,  mit  grofser 
Sorgfalt  Schüjifp rohen  genommen,  in  denen  ein  ziemlich  gleich  bleiben- 
des Vcrhaltnifs  des  Kii{)fers  zuui  Blei  gefniidcii  wnrd  f')-  Dies  Verh'alt- 
nils  würde  am  raehrsten  mit  einer  Verbindung  aus  zwuii  31isciiunsge- 
wichten  Blei  und  einem  Miadiungsgewidit  Kupfer  itbereinstimmen,  tmer 
Verliindong,  deren  YorbandcnBeyn  gerade  ni^t  sehr  grof»e  Wahraehein- 
Itchkeit  für  sich  hat  und  daher  aus  den  Erfolg  dieser  Untersuchungen 
nicht  mit  Zuverlässigkeil  angenommen  werden  darf.  Auch  der  Silber- 
gehalt der  Werke  zeigte  keine  hedeuiende  Verschiedenheit  (^).  Beide 
Erfolge  beweisen  über  wenigstens,  dafs  die  Scheidung  der  Metallgemische 
bei  der  Saigerung,  -vom  Anfange  bis  su  Ende  derselben,  nach  einem 


(i)  lYic  ZiiMnincuselzung  der  Werke  geht  aus  folgender  Zusanuucnstelliing  lu^nor, 
ia  weldicr  üo.l  die  m  Aii£ui||c,  und  Mo. 7  die  lu  Ende  der  Sugerung  gdkUeaeii 
Werke  iMieidiiMn 

Nowl.     ^^1^     Vo.9.     IVo.4.  ^^-^  2^2« 

lilei  97,8      97,9      97,3      97,6      97,1      97,5  97,3. 

Kupfer...  2,2      2,1       2,7       2,3       2,8  .    2,5  2,7. 

(a)    Der  Sillicrgi  lir.li  (iiacli  Lolhen  in  200  Pf.  Werken)  var  folj,'enJer: 

>'o.  1.      No.  2.     No.  3.      >o.  1.      \o.  5.       No.  6.      No.  7. 

10,5      10,5     10,75     10,75     10,75     10,6  .  10,8. 


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iAer  den  SnigerhüUenptvzt-ß. 


46 


und  dcniSL  Ü  cn  Gesct?.  siau  iindei ,  und  daü  $clx'wet*lich  eine  mechauisdi: 
wirkende  Jvrali  diese  Scheidung  hervorbringt. 

Die  ZuMmmauetzung  der  Kiehnvtöck«  loDia  frailicb,  wann  die 
Sngeriing  YoUstiadig  erfolgt  ist,  Tom  der  Art  s^riif  daf»  lich  ditniis  das 
iNMiiiiimte  Hiidumgvrerlillinifs ,  nach  welchem  beide  Metalle  bei  der. 
Saigerung  streben,  erkennen  liefsc.  Es  leuchtet  aber  ein,  dafs  es  schwer- 
lich gelingen  kann,  dies  Mischnngsverliällnifs  mit  völliger  Zuverlässigkeit 
aufzulinden,  weil  der  Saigerprozcfs  in  jedem  Augenblick  unterbrochen 
werden  kann  und  weil  diese  Unterbrechung  in  der  Ausübung  wirUick 
statt  findet,  indem  die  Trenianng  der  letalen  Anthefle  Werke  eine  «elir 
grodae  Hitze  erfordert,  bei  wdcber  man  den  ganaen  Kielinatodt.  in  Flnss 
aa  liriii§en ,  und  die  Werke  durch  einen  zu  grolsen  KupfecKahak  au 
▼eranreinigen  fürchtet.  Dies  ist  der  Grtuid  warum  in  den  von  vir  imp 
terstichten  Kiehnstöcken,  der  Kupfeic^chalt  vun  ö7,  1  bis  75,  4  und  der 
fileigchalt  von  32,  9  bis  24,  6  diXicnreud  geftinden  ward.  Dafs  sich 
bei  so  almeiclienikn  YerhSltnissen  kein  bestimmies  Miscbtuigsverlialinifs 
durdi  Vergleidiung  der  Analysen  aoamitteln  läftt,  bedarf  keiner  &wälip 
aung;  aber  es  ist  klar,  dafs  sich  der  Kiehustock  dem  gesuchten  be- 
stimmten l^nschungsverhältnifs  am  mehrsten  nähert,  in  welchem  das  Veiv 
haltnifs  des  Bleies  das  kleinste  ist.  Wäre  cilnubt,  auf  einer  Vermu- 
thung  eine  zweite  zu  begründen,  so  würde  man  diu  wahre  Zusammen« 
'seiaong  eines  ganz  vollkommen  abgesaigerten  Kiehnstodia  ans  EW$lf 
JCsdinngsge Wichten  Kupfer  und  einem  Hisehungsge wicht  Blei  anauneli- 
lam  beben.  Ein  so  ansammengesetater  Kiehnstock  möiste  21,43  Pn>>' 
aent  Blei  enthalten,  so  dafs  «ich  das  Frischsitick  bei  der  Saigerung  in 
zwei  Verbindiuigen  zerlegte,  von  denen  die  eine  aus  12  M.  G.  Blei  und 
1  "M.  G.  Kupfer,  und  die  zweite  aus  12  M.  G.  Kupfer  und  1  M.  G. 
Blei  bestände.  Ein  solcher  £ii'olg  wüisie  zugleich  einen  »chöucii  Auf- 
sdilttfs  darüber  geben ,  wamm  nadi  'oralier  Erfahrung,  die  Saigerung 
am  besten  von  statten  geht,  wenn  die  Friscbstficken  aus  1  M.  G.  film 
vod  1  M.  G.  Kupfer  zusammengeseut  sind. 

Wenn  die  abgesaigerten  Kiehnflöcke  im  glühenden  Zustande  mit 
Wasser  begossen  werden,  lassen  sie,  bei  einem  gewissen  Grade  tkr  lem- 
peratur,  aber  nicht  wenn  sie  noch  zu  heifs  oder  schon  zu  kalt  sind,  aber- 


46 


K  A  a  s  T  I  « 


mals  W  ake  falleD,  so  dafs  es  schcmi  ixla  ub  die  Saigerung  von  JSeaem 
^edcr  binnen  wollie.  DiMe  fincbeHnug  isi  gans  dazu  geeignet,  über 
den^TcM-gaag  beioi  SaigeriHronl*  malir  lidtt  su  Tcriiniiien.  b  der  sa 

grofsen  Hitze  bat  sich  nämlich  eine  allgemeine  Verbindung  von  Kupfer 
und  Blei  gebildet,  vrelche  durch  das  plüulicbe  Ablö&chen  mit  Wasser 
zum  Erstarren  gebracht  vfifL  Durch  die  allmalige  Abnahme  der  Tem- 
peratur konnten  sich  die  bcsiimmien  Verbindungen  schon  wieder  aus- 
bilden, und  wenn  der  Kiehiutock  in  diesem  Zustande  mit  Wasser  be- 
gossen mtd,  muftee  die  InduflSsaigera  Yediiiidang,  bdra  plfitdichen 
Knssmmentidben  der  erkaltenden  strsngffnsiigKn  Misdning,  wedumisch 
ansgi^refst  -werden;  eine  Widtncg  die  man  deutlich  eintreten  siebt, 
wenn  man  den  Voitrnng  genau  beobachtet,  indem  die  Bleikömer  recht 
eigentlich  lrnpf( nwt  sc  ausschwitzen.  Warum  dies  Aii=;sch\vitzen  von 
Werken  uichi  ütaii  imdet,  wenn  der  Kiehosiock  schon  zu  &elir  abge- 
ISMi  ist,  bedarf  der  EiUarung  nicht;  ynkl  «bcr  mofs  es  bemfltlLt  tw> 
den,  dab  ein  solider  Kiehnsioek  beim,  neuen  Globen  ebennds  irieder 
Werke  fallen  läfst,  welche  sich  hdm  langwraen  Abknhlen  gebildet  bet- 
ten und  durch  die  allraälig  erfolgte  Erstarrung  nicht  ausgeprefst  wur- 
den, sondern  sich  gleichförmig  in  der  ganzen  Mn^se  des  Kiehnstocks 
verbreiteten.  Die  Werke  welche  beim  Begielscn  der  glühenden  Kiehn- 
stSebe  mit  Wasser  ausgeprefst  werden,  entbaltea  2,  9  ProEoit  Kupfer 
nnd  sind  also  etwas  knpfinbaiiigsr  als  die  remen  Saigerwerkef  indeib 
kamt  dieser  unbedeutend  gröiäere  Gebalt  aucb  anliU^  sajn.  Dies  wt 
um  so  wahrscheinlicher,  als  in  den  Werken,  weldie  beim  abcrma* 
Ilgen  Erhitzen  der  abgesBigerien  Kiehnstöcke  erhalten  werden ,  bei  der 
Untersuchung  ebenfalls  niur  ein  Kupfergebalt  von  2,  39  Procent  ge- 
funden waixi. 

Diese  Erscheinungen  geben  aber  amdi  sngläcb  darfiber  cmen  Auf« 
scUnls»  wrum  es  nidit  möglicli  ist,  die  Frisc^töidke  voQstindig  sn  saii> 

gern,  d.h.  an  dem  bestimmten  Mischungsverhältnirs  des  Kupfers  und 
cies  in  den  KiehnstScken  zuräckzuführen*    Die  letzten  Aniheile  der 

leichtllüssigcn  Misrhuni^  frfnrdem  nSmlich,  zur  völligen  Trennung,  schon 
eme  starke  Hitze ,  weil  sie  von  einer  grofscn  Menge  der  strengflüssigen 
Ifiacbung  umgeben  sind.    Deshalb  wird  eine  zu  schwache  Hitze  keine 


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aber  dm  Sa^geHÜU^proze/s. 


47 


Absaigening  mein-  bewirke.  Wiitl  die  Hitze  aber  zti  sehr  ycr^iärVt, 
SO  werden  die  Yerbindangen  nach  besiimmten  Mischungsrerbäluiissea 
weAst  »miSit  iwA  ci  M  dM  Saigerong  aw  thmbrn  Oiw« 
4leB  iiiiiii4(glieh. 

3.  Dm  Darren.  Läfst  sich  gleich  die  GrSnze  nicht  f/Bom  bc» 
stimmen,  bis  xu  welchei*  die  Ausscheidung  des  Bleies  ans  dem  Fnsdi« 
stück  durch  das  Saigern  noch  möt^lich  ist  ,  und  bcmlit  es  clclch  nur 
auf  Vermuthnng,  dafs  die  Eiitbieiung  durcli  die  vollsuiudigsie  ^ngorung 
aar  bis  zu  einem  Bhög^hah  des  Kiehnstocks  von  21,  43  Prozent  ge« 

so  ist  6oA  so  vid  gnvilt»  dafs  eine  sokheCkiiiM 
ToriMadai  ist  und  dafs  dar  ^tnae  Pnnefs  des  Saigons  sdicw  wil«r  di»»' 
HT  Granze  durch  zu  starke  Tempcntcuwrhöhung ,  -welche  die  Sdbneh^ 
hitze  d(^s  Kupfers  noch  nicbt  erreicht  ,  ganzlicli  unterbrochen  vrird. 
Waln-fcheinlich  ist  es  eine  Fol^e  de;-  ^p^eii  das  Ende  der  8aigerarbeit 
zu  sehr  verstärkten  Hitze,  daüs  die  am  bedien  abgesaigerten  Kiehnstdoke 
wuA  emen  HeigdMlt  toh  34  Iiis  38  Fwitent  bi^ieik  luid  dadnidi  m 
einer  no«^  gr56ereB  UnvoHluMunciiheit  des  Scheiduii^erlabrens»-  sie 
die  Natur  dessdben  sdun  ohnedies  mit  sich  bringt,  Ydranlassung  ge- 
hen. Um  einen  so  g^fsen  Gehalt  an  Blei,  and  in  demst-lben  Yerhält- 
nifs  auch  an  Silber,  nicht  zu  v^^rllpren ,  werden  die  Kiehnsiörke  «um 
Darren  abgegi  l)en.  So  nothwi'ii  iif:;  es  war,  die  Frischstücken  beim  Sai- 
gem  mit  Kohle  zu  umgeben  und  den  Zutritt  der  luizerlegten  atmospha- 
risdien  Luft  möglichst  ebttthalieni  eben  so  notbwendtg  ist  es,  den 
KiebnstScken  beim  Danen  jedes  Redokttonsmittd  in  eniueben  und  die 
Ei-hitzung  durch  Flammenfeoer  und  mit  Luftzutritt  zu  bewirken.  Im 
Darrufen  wei'den  die  Kiehnstöcke  einer  ungleich  grüfseren  Hitze,  als  aiif 
den  Saigerheerdon  r^egen  das  Ende  der  Saigerarheit,  ausgesetzt.  Nur  z« 
Anfange  der  Darrarbcil  darf  das  Feuer  nicht  zu  stark  seyn ,  weil  die 
Kiehnstöcke  wie  vorhin  erwähnt,  noch  Werke  fallen  lassen,  die  sidb 
brin  Erivlioa  anf  den  Seigendbartcn  in  der  Rbsse  des  Kieiwsiodu  an- 
gsbiUet  betten.  Eine  su  sdineU  fleste^ene  Hiise  im  Darrofen  würde 
dnrch  das  Znrückfübren  zu  einer  all^jemeinen  Verbindung,  das  Schmel- 
zen des  Kit^hnstocks  bewirken.  Erst  wenn  kpinc  Werke  mehr  nieder- 
tvopfen,  sondern  wenn,  suu  des  regulinischen  Metalles,  ein  verkalktes 


48 


K  A  a  S  V  B  H 


Metallgemisdi,  welchem  den  Namen  Darrost  erhalten  hat,  m  den  Dari<- 
gassen  häufiger  zum  Vorschein  kommt ,  kann 'die  Hitze  ohne  NachtbeU 
ventfirkt  werden.  Gewöbnlidr  seigt  sidi  cm  in  iüal.ilm  nobi  Sumden 
nach  dem  erfolgien  Annedkea  des  Ofens,  der  mte  Dsrrost,'  Dies  «nj» 
dirle  Mctallgemisch  fliefst,  bei  starker  Hitze  und  unter  g^fikeien  Zügen 
in  dem  Gewölbe  des  Ofens,  nenn  bis  zehn  Stunden  lang  unnntorljioclipn 
in  den  Darrgassen  niedei*.  Dann  tritt  ein  Zeitpunkt  ein,  wo  es  spaisamer 
zum  Vorschein  kommt.  Die  Zugüifnungen  werden  alsdann  geschlossen, 
wodurdi  die  Hilxe  im  Ofen  w^en  der  Vennindening  des  Lnftzuges 
gpsdiwä^cht  wird,  obgleich  mit  der  Fennuig  in  den  Derx^^ssai  mran- 
terbrocfacn  fortgefahren  werden  mufs.  In  diesem  Zitslande  des  golampf- 
ten  Zuges  wird  der  Ofen  drei  bis  vier  Stunden  lang  erhalten.  Wäh- 
rend dieses  Zeitraums  tropft  der  Darrost  -vvenii^cr  häufig  in  den  Gassen 
nieder.  Sobald  er  in  gröfserer  Menge  zum  Vorschein  kommt,  werden 
die  Luftzüge  im  Gewölbe  wieder  geülTnet,  wodurch  die  Hitze  verstärkt 
nnd  das  AbfiieTsen  des  Dsrrosies  befördert  "wird.  Nach  Verlauf  von 
sechs  bis  adbt  Stunden  nach  wieder  gedfibeten  Zfigsn,  pflegt  hebe  Ab- 
sonderung des'  Darrostes  mehr  statt  zu  finden,  weshalb  die  abgedarr- 
ten  Kiflinstöcke,  oder  die  Darrfinge,  nocli  glfiliend  iiusgebrochen  nnd  in 
einen  mit  Wasser  angefüllten  Sumpf  geworfen  werden,  um  durch  das 
plötzliche  Ablöschen,  die  Ablösung  des  fast  im  verglasten  Zustande  sich 
befindenden  Kupferoxyds  (Pickschiefers)  von  derCAaflieha  des  Darr- 
lings  SU  erleichtem. 

Die  Produkte  des  Darrens ,  welche  Anfsdhlnls  fiber  den  Vorgsng 
bei  diesem  Prozefs  gehen  sollen,  sind  also  Dari'linge,  Darrost  und  Piek- 
schicfci'.  Die  verschiedenen  Danlinge  >velf  he  ich  nniersuclit  liahe,  zeig- 
ten einen  abweichenden  Gehalt  an  Kupier  von  82,  7  bis  90,  6  und  an 
Uei  TOTi  17,3  bis  9,4  Pro/.ent.  Der  Danling  ist  also  keine  bcsiinimie 
efaenische  Verinndung  von  Kupfer  und  Blei,  sondern  es  hängt  von 
der  grSfieven  oder  geringeren  Vollkonunenheit  ab,  «omii  der  ümtr- 
proaefr  ausgeübt  wird,  ob  sich  das  Uei  mdir  oder  weniger  vollstän- 
ausscheidet. 

Der  Pickschiefer  ist  ein  mechanisches  Gemenge  von  regullnlsclicm 
Kupfer,   welches  beim  Ablösen  vom  Dan-Ung  als  eine  feine  Sciiaaic 


dam  SatgerkdUenprozcfs. 


49 


am  Pickschiefer  hangen  bleibt,  ferner  von  Kupferoxyd,  von  Kupfer- 
oxydul und  von  Bleioxyd.  Das  Kupferoxyd  ist  der  überwiegendste  Ge- 
mengtheil  und  betrSgt  60  faii  70  Prosent.  Gans  reiner  Pickschiefer, 
imldier  beim  AblfiM^en  dee  Danünnt  im  Waner  toh  Mlbst  abftUt, 
besteht  fret 

Die  Zusammenielsinig  des  Darrostes  nähert  sich  im  Allgemeineii 
der  eines  Silikais ,  dessen  Basen  Bleioxyd  und  Kopferoxydul ,  nebst  et- 
was Thonei-de  und  Eisenoxydul  sind.  Er  würde  eine  V'erbindung  von 
Keioxyd  mit  Kupferoxydul  6cyn,  wenn  das  in  den  Darrgassen  herab- 
«dnadsende  ooiydirte  Metallgemisch,  nichi  den  Lehm  oder  Thon,  worevs 
die  OfeuMkUe  und  KnLe  aufg^hrt  werden,  «nflSsete.  Von  der  vei^ 
finderL'cben  BeschaiTenhcit  dieses  Materials  wird  also  auch  die  Vemiuei* 
nigiuig  der  Metalloxyde  im  Durrost  abhängig  seyn. 

Um  einen  vollständigen  Aufschlufs  über  den  Vorf;ang  beim  Darr- 
prozefs  zu  erhalten,  mufsie  nolhwendig  ausgemiiieli  Averden,  wie  sich 
Kupfer  und  Bleioxyd,  so  wie  Kupferoxyd  und  Blei,  in  verschlossenen 
Thonti^eln,  ohne  Zuiriu  tou  KoUe,  beim  ZuaammenaehuidEeu  TeihaU 
ten  würden.  Die  Yerracbe  welche  idi  bei  «ehr  abgeänderien  Verbitte 
aiaien  des  Kupfers  zum  Blcioxyd»  ao  wie  des  Kupferoxyds  zum  BUi 
angestellt  habe,  gaben  mir  das  Resultat,  dafs  Blei  und  Kupferoxyd,  so 
wie  Bleioxvd  und  Kupfer  sich  nach  einerlei  Gesetz  beim  Zusammen- 
schmelzen veriiulten,  dafs  sie  sich  nämlich  wechselseitig  in  der  Art  zer- 
setzen, dafs  in  dem  entstehenden  oxydirten  Gemisch,  das  Blei  sechsmal 
so  Tiel  Sauerstofr  als  das  Kupfer  endiali  und  dafs  diesem  Geseis  gemafs 
die  BednlLtion  des  KnpfeMncyds  oder  des  Bleioa^r<l*  thdlweise  cffol- 
gen  muls. 

Zur  Untersuchung  des  Darrostes  sind  Proben  angewendet  worden, 
welche  im  Verlauf  eines  ganzen  Darrprozesses,  vom  Anfange  bis  zu 
Ende  desselben  gesammelt  wurden.  Weil  sich  drei  Hauptperioden  des 
Sroiesses  anndinien  lassen,  nSmlidi  das  Darren  in  den  ersten  acht  bis 
sehn  Stunden  bei  geSfTneien  Zügen  des  Ofens,  das  Darren  in .  den  fol- 
genden drei  bis  vier  Stunden  bei  gedSmpften  Züg^,  und  das  Darren 
in  den  letzten  sechs  bis  acht  Stunden,  bd  wieder  geöfineten  Zügen,  so 
wurden  anch  die  Darrostproben  von  diesen  drei  Stadien  besonders 
Phjs,  Klasse  1824^  G 


60 


K  A  n  S  T  B  R 


genommen,  imtl  zwar  bei  einem  jeden  irom  Anfange  bis  zu  JblnUe  dessel- 
ben Diese  Analysen  zeigen,  dafs  das  Bleioxyd  den  gröCsten  Besiand- 
theil  des  Darrosics  ausmacht,  dafs  dasteihe  in  dem  Dttroct,  welcher  bei 
goschlonenen  Zügen  des  Ofens  eiiielien  wird*  in  der  frdbten  Menge  voi^ 
handen  ist  und  das  «ich  der  BleioxydgeWt  in  dem  Durott  Tom  AnInge 
bis  zu  Ende  des  ertten  Stadii,  fast  in  demselben  VerL'dltnirs  Termin^ 
dert,  wie  in  dem  Darrost  vom  Anfange  bis  zu  Ende  des  letzten  Sladii. 
Der  Celialt  an  Kupferoxydul  sieht  dabei  -veder  im  graden  noch  im  um- 
gekehrten Verhälinifs  mit  dem  Bleioxydgcbalt. 

Nadi  diesen  Erfahrungen  miifs  der  firfolg  bei  der  Dwrarbdt  denn 
bestehen,  dal«  sich  der  Darrost  durch,  die  Einwirkung  des  regnUnischca 
Bleies  auf  das  Knpferoxyd  bildet,  womit  sid»  die  Oberffiiche  der  Kidm« 


(i)  DtrMMt  TOn  don  entoi  StaJio,  bei  geöffneten  Zügen 

No.  I.         "So.  2.  No.  3. 

Bl.>;oTv.l   84,2  78,5  76,50 

Kupferoxydul   4,1  7,9  7,88 

EitCBozydttl   .....    0,4  0,5    '  0,50 

Tlionerd   1,1  1,7  1,80 

EiescUrde  10,2         11,4  18.30 

DwTott  «ma  nreilea  ftadio,  liei  geMhloMeaen  Zugrn 

No.  1 .  Ä'o.  2. 

Bleioxrd   79,8  85,1 

Kupferox  jrtlul   5,1  4,1 

EUenozjdal ...»   0,4  0,3 

TboBcrdfl   1,2  1,0 

Eictalerde  13,5  9,5 

Darrott  Tom  dritten  Stadio,  bei  wieder  grülfnctcn  Zügea 

>'o.  1.        No.  2.  No.  3. 

ülcioxyd   81,2  78,9  77,1 

Kupferoxydul   4,d  6,3  7,6 

Eitenozydul ......     0,3  0,5  0,3 

Thonerde   1,2  1,8  1,8 

kieielerd«  13,0        12,5  13,2 


Ly  Google 


über  den  &tigerhüUenproz0fs. 


51 


Stöcke  in  der  starken  Glühhitze  überzieht.  Ein  hesiimmtes  Mischungs- 
Terhüluiifs  der  ox^'dirten  Masse  kann  aber  deshalb  nicht  hei^orgebracht 
iroden,  weil  die  Iiinsnströmeiub  atmosphiidsche  Luft  das  oxydabiere 
Metall,  —  das  Blei,  —  wenn  e»'im  Udtermaals  voiliaiMleii  itt,  audi  -voih 
Ettgtucue  oxydiren  wnd.  Ba»  diinA  die  EinwirLung  des  Bteies  auf  das 
Kupfenmyd  sieb  bildende  Metallgemiscb,  wird,  in  dem  Augenblick  dea 
Entstehens,  durch  den  Sauerstoff  der  Atmosphäre  und  in  vielen  Fällen 
auch  zugleich  durch  die  im  Uebermaafs  Torhandene,  durch  die  Oxydi- 
nmg  des  Bleies  sich  bildende  Glätte,  wieder  zerstört  und  hilft  den  Dar> 
roat  mit  bilden.  Dm  Rupferoxyd,  wddiei  dch  dnrdi  <ba  Blei  in  Oxydul 
and  in  regoUnicdieB  Kn|^er  umändert,  ist  wklidh  T<n'lianden,  wie  die 
Znsammenseuung  des  Fidtsdiieiers  zeigt,  der  die  Oberfläche  des  Darr^ 
lings  bekleidet.  Der  ganze  Prosels  geht  also  auf  der  Oberfläche  der 
Kichnstöcke  vor  und  es  bleibt  nur  zu  erklären,  woher  das  Blei  kommt, 
welches  alle  diese  Erscheinungen  vemnlafst. 

Ein  vollständig  ahgesaigertcr  Iviehn&iock  stellt  eine  chemische  Yer- 
bhidiing  des  Kupfers  mit  Blei,  nadi  bestimmien  und  unabenderfidiatt 
Misebungsgewicbteo  dar,  welcher  durch  Glühen  hein  Biet  mehr  eniso- 
gen  werden  kann.  Beim  Darren  erfolgt  also  die  Verminderung  des  Blei- 
gehalles  des  Kiehnstocks  oflenbar  nur  dadurch,  dafs  sich  Am  Blei  nach 
md  nach  an  die  Oberfläche  des  Kiehnstocks  bcpioht,  und  dort  tlieils 
durch  das  Kiipferoxyd,  welches  sich  auf  der  Obertiaehe  des  glühenden 
Kiehnstocks  gebildet  hatte,  theiis  durch  die  atmosphärische  Luft  oxydirt, 
und  in  Verl^ndung  mit  Knpferoxydul  als  Darrost  abgeschieden  wird. 
Es  erfolgt  hier  also  die  l&itmisdiung  einericbemischen  Veriimdung,  und 
•ogur  einer  chemischen  Verbindung  nach  bestimmten  Miscbungsverhölt« 
nisscn,  ungeachtet  sich  diese  Verbindung  nicht  im  flüssigen  Zustande 
befindet.  Dieser  Erfolg  läfst  sich  auf  keine  andere  Weise  erklären,  als 
durch  das  Bestreben  des  Bleies,  sich  mit  der  ganzen  blasse  des  Kupfers 
üi  der  starken  Glühlutze  wieder  in  ein  Gleichgewicht  zu  setzen,  sobald 
dasselbe,  durch  die  Einwirkung  einer  kräftiger  wirkenden  Polens,  als 
es  die  Verwandstchaftdurafl  des  Kupfers  zum  Blei  ist,  auf  ii^gend  dnem 
Punkte  gestört  wird.  Die  Wiiltung  des  Sauerstoff,  unterstfitst  durch 
die  Glölihitie,  ist  stark  genug,  die  nach  bestimmten  Mischungigswid»«- 

G  2 


52  '  Rakitbit 

ten  zusammengesetzte  Vrrbindung  des  Kupfpr«!  niil  Blei,  auf  der  '^^her- 
fläche  des  K.ielinsUM:k.s  aufzuheben.  Diese  Aulhebung  zemört  aber  das 
Cleicligewicbt  in  der  g^nscn  Man»,  medial]»  «ht  Bl«t  da«Miba  in  der 
l^fiheaden  Verbindung  immer  wieder  berBiififl]IeB  strebt  nnd  «nf  der 
Oberflicbe  dei  Kiduuioclu  stet«  wieder  abgeschieden  wird,  so  dels  der 
Erfolg  die  Verminderung  des  Bteig^udts  des  Kidinsiocks  9epi  mufs. 

Der  Prozcfs  des  Darrens  giebt  ein  überzeugen tle?  nnd  lehrreicbes 
Beispiel  von  Entmischungen,  •welche  in  einer  gewissen  Temperatur  ohne 
einen  flüssigen  Zustand  der  Mischung  suti  liudeu  können^  so  wie  fer- 
ner Yon  Verbindnngen,  vrelehe  sidt  in  allen  Veriialtniswm»  selbst  in  ei- 
ner nach  bestimmten  Mischungsgewichten  nuammengesezten  Mischung, 
nnter  gewüsen  Umständen  ausbilden«  Betrachtet  man  genauei-  die  Zup 
sammensetswig  des  DairosiM  in  den  verschiedenen  Stadien  des  Darr- 
prozesses, so  ergicbi  «ich  eine  merltwür  fliae  T^cboeinslimmung  zwischen 
dem  Darrost  vom  ersten  und  vom  dritten  6iadio.  Envägt  man,  dafs 
der  Darrost  zu  Ende  des  ersten  äudii  immer  reichei*  au  Kupfei-oxydul 
ward,  dals  er  mSuhü  spaisamer  niedertropfte  nnd  fast  gma  an  fliefaen 
aufhörte;  dafs  im  sweiien  Stadio  feiliSltnilsmfilsig  nur  wenig,  aber  an 
Bleioxyd  reicherer  Darrost  erfolgte  und  dafs  im  dritten  Stadio  wieder 
ein  starkes  Miederfliefsen  von  Darrost,  von  derselben  Zusammensetzung 
■wie  der  vom  ersten  Stadio  statt  fand,  so  mufs  man  die  Ursachen  dieses 
Erfolges  darin  suciien,  dafs  sich  das  Blei  atis  der  Glitte  des  Kiehnstocks 
nicht  so  schnell  nach  der  Obediache  begeben,  oder  sich  vielmehr  nicht  so 
schnell  gleichmufsig  in  der  ganaen  Maiae  des  Knjtfers  TertheUen  konnte, 
um  immo'  Oarrost  von  gldcher  Zusammenseiaung  zu  bilden«  Das  mitl^ 
lere  Stadium  des  Danprozesses  hat  also  voi*ziiglich  den  Zweck  ^r  ghidi!» 
mälsigen  Verihcilung  des  zurück  gebliebenen  Bleies  in  der  ganzen  Masse 
des  Kiehnstocks,  nnd  dient  zur  Vorbereitung  fiir  das  dritte  Stadium. 

Man  sollte  vermuthen,  dafs  der  Silbergehak  des  Bleies  nicht  mit 
in  den  Darrost  übergehen,  sondern  dafs  das  oxydirte  Silber  bei  der  Ei»> 
Wirkung  des  Itteioxyds  auf  das  Kupfer  reguhnisch  wieder  hergestellt 
würde.  Die  Erfahrung  bestätigt  diese  Vermuthung  nicht,  indem  der 
Pickschiefer  fast  zu  den  silberärmsten  Abgängen  gehört,  welche  bei  dem 
ffmm  Saigediättenprozeb  vorkommen.   Es  li^t  darin  ein  neuer  Be- 


Hier  den  Sa^gtrhSUei^rwgeß:  .      .  53 


weis,  dafs  das  Silber,  bei  dem  ganzen  Prozefs  des  Saigerns  dem  Blei  folgt 
und  dafs  die  Verwandtschaft  des  Kupfers  zum  Silber  im  Vergleich  zu  ^ 
d«r      Bleie«  «un  Sübev  lehr  nnlMdeatend  ist. 

4.  Das  Caermaelieii.  IXeie  Operation  hat  den  Zweck,  dat 
Kupfer  Ton  dem  in  den  Darrliogen  zurück  gebliebenen  Blei  m 
freien,  Sie  ^iixl  dadurcli  Terriclilel,  dafs  man  die  Darrlinge  in  einer 
Heerdgrube  vor  drnn  Gebläse  einschmelzt  und  nach  dem  erfolgten  Ein- 
schmelzen das  Geblase  auf  die  flüssige  Masse  wirken  läfst.  Der  Vor- 
giang  bei  diesem  Prosefe  vwde  «ich  schwer  erkliren  lassen,  v«nn  nicht 
die  Bo/AeinMU^fia  beim  Durren  derüber  einen  Tollsiindigen  AnfieUnft 
gegdicn  bluen.  I^i  GBannacben  ist  in  der  Tbet  ein  vdlkommneres 
Demo,  indem  die  Flüssigkeit  der  Masse  die  schnellere  W^iederherstel- 
lung  des  Gleichgewichts  zwischen  dem  Blei  und  Kupfer  befördert. 
Wie  beim  Daixen  der  ganze  Enirai?rhungspi'Ozefs  auf  der  Oberliache 
des  Kiebuslocks  vor  &icb  ging,  so  ündct  er  beim  Gaarmacbea  auf 
der  OberfÜdie  der  geschnoboien  UMse  stau.  Diese  bedcdt  sieb  mit 
Sddacke,  weidie  man  dordi' Absiehen,  oder  dnrdi  ein  freiee  Alibiii- 
fenlassen  entfernt.  Die  Analyse  der  Gaarschlacken  zeigt,  dafs  sich  das 
Verhälinifs  des  Kupferoxyduls  zum  Bleioxyd  in  allen  Perioden  der  Ar- 
beit Terändert  und  zu  Anfange  des  Gaarmachens  am  kleinsten,  zu  Ende 
des  Prozesses  aber  am  grofsien  ist  (*).  Die  Gaarschlacke  nähert  sich 
übrigens  in  ihrer  Zusammensetzung  einem  Bi&iükat. 

Dn  Ueberdnsiinunende  des  Vorganges  beim  Gaannacben  mit  deiö. 
EdoHfl»  beim  Düren,  liegt  «m  Tage.  Nor  darin  findet  eine  merkrä"- 


(i)  No.  1.  kt  dt«  SeUacke  gleidi  von  Aaftttge  der  Arbeit ;  No.  2.  vnA  3.  dmä.  VflB  cwn 
mittleren  Perioden  und  No.  4.  ist  aaäk  du  Ziiichaiaen  int  Gdilües^  «Im»  UfiMtia  iat 
Kupier  fiir  ffiu  erkannt  war»  yuouima. 


No.  1. 

No.  2. 

No.  3. 

No.  4. 

62.1 

54,8 

51,7 

10,4 

19«  2 

19.8 

1,1 

1,2 

1.« 

3,4 

3,4 

3,4 

 22«3 

22,9 

21,4 

23,9 

54 


K  A  K  S  T  B  V 


dige  Verschietienheit  statt,  dafs  die  Gaarsrh lacke  im  Vergleich  mit  dem 
Darrosi  sehr  wenig  Silber  enthält.  Die  ilcduktion  des  mit  dem  Blei- 
(Hcyd  verbundenen  Slberoxyds,  wddw  in  der  Darrofettliitie  nicht  ge- 
sdidien  koimie,  mufs  abo  m  der  SehmddiiiBe  det  Kupfers  bewirkt, 
Tidleicbt  auch  dadurch  veranlafst  werden,  dafs  das  oxydirlA  Cemiacb 
länger  auf  der  Oberfläche  der  metallischen  Verbindung  verweilt.  Der 
Silbergchalt  der  Dan'Iingc  ist  also  gröfsteniliells  als  verloren  711  hetrach- 
ten,  -weil  er  in  das  Gaarkupfer  mit  übergeht,  >voraus  die  ISoiinvendig- 
keii  eines  muglichst  vollständigen  Abdarrens  der  Kielinsiucke  zur  Ver- 
nindenuig  des  SilberrfidLbalts  in  den  Gaaiknpfem  berrorgeht. 

5.  Das  Treiben.  Die  Scbeidimg  des  Silbers  vom  Blei  in  den 
sogenannten  Werken,  geschieht  bekanntlich  auf  die  Weise,  dafs  die 
Werke  geschmolzen  und  durch  die  Wirkung  eines  Geblüses  auf  die 
Oberfläche  der  geschmolzenen  Masse,  oxydirt  wei"den,  wohei  das  entste- 
hende Oxyd  stets  entfernt  wii-d,  bis  es  sich  endlich  nicht  mehr  bildet 
und  der  Silbergehalt  der  Werke  rein  ztuoick  bleibt. 

Man  wird  sogleicb  die  aufiaUende  üd!>ereinstiniininig  des  Gesetae» 
wamehmen,  worauf  die  Träiiarbeit  und  das  Gaarmachen  bemben.  Hier 
beabsichtigt  man  die  Scheidung  des  Bleies  vom  Kupfer,  dort  die  des 
Bleies  vom  Silber.  Hier  wie  dort  findet  der  Piozefs  der  Oxydation  auf 
der  Oberfläche  der  flüssigen  Masse  statt,  und  in  beiden  Fallen  wird  das 
3Iischung$vevhaltnils  beider  Metalle  in  jedem  Augenblick  in  der  ganzen 
Masse  zerstSrt  und  wieder  hergestellt.  Weil  aber  das  Silber  ungleicb 
weniger  oxydabd  ist  wie  das  Kupfer,  so  geht  audi  bei  der  Treibar* 
beit  un^eidi  weniger  Silberoxyd  in  die  Schlacke  (GlStie)  ab  beim  Gaar- 
machen KupferoxA  dul  in  die  Gaarschlacke  geführt  wird, 

Deullitlicr  lassen  sich  die  Erfolge  bei  der  Treibarbeit  und  Jits 
Verhalten,  ^vl-l(•lu■s  die  Metallinisclnmg  dabei  befolgt,  dann  wamehmen, 
wenn  das  Veriiaitnifs  des  Silbers  zum  Blei  sehr  grofs  ist,  oder  wenn 
dem  Silber  die  letzten  Anihcile  Blei  emzugcu  werden  sollen,  wie  es 
beim  Fein  brennen  des  Silbers  geicbieht.  Das  Bki  oxydirt  sieh  auf 
der  Oberfläche  des  ffliUsigen  Silbers,  zieht  als  Glütte  in  die  Heerdmasse 
und  stellt  in  der  ganzen  Metallmischung  immer  wieder  ein  gleiches,  sich 
Stets  vermindernde«  Miscbungsverbaliuirs  dar.   Befindet  sich  glühende 


i_.iyui^uo  uy  Google 


üBet  de»  Sa^h&Uenprozefs. 


65 


Kolile  auf  der  Oberfläche  des  (lässigen  ^letallcs,  so  wii-d,  auch  hei  der 
üinwirkung  der  Geblaseluft,  die  Abscheidung  des  Bleies  unmögliclij  oder 
da$  Silber  ]fif»k  «idk  lilsdMaii  mcht  feinbramen,  weil  keine  Oitydailon 
änf  der  OlMsrOiche  der  Hmse  -TorgeSiea  lenn. 

Die  venehicdenen,  bei  der  Saigererbeit  Toikommenden  metallur- 
gischen Prozesse  geben  daher  sehr  interessante,  nnd,  wie  es  scheintj 
bisher  nicht  beachtete,  wenigstens  in  ihren  Gründen  nicht  c'-hörig  er- 
iLannte  Ueispiele,  von  der  Art  imd  Weise,  wie  Mischungen  und  Ent- 
mischungen in  der  crhöheten  Temperatur  unter  gewissen  Umstanden 
etfoleen.  £b  leuchtei  ans  den  Vorgcu-agemen  aber  aodi  ein,  ynt  nok- 
richtig  die  gewöhnlidie  Anncbt  ist»  die  Operation  des  Dürens  ala  eine 
Fortsetzung  des  Saigerprozesses  zu  betrachten.  Beim  Saigem  soll  eine 
chemische  Verljindunj^  nach  unhesiimmten  Mlschungsveihiillnisscn,  durch 
«las  Glühen,  zu  Yeihindungen  nach  hpsfimmten  IVlischnngsge^vichtcn  zu- 
rück geführt;  beim  Darren  hingegen  snil  eine  chemische  Verbindung 
naclk  bestimmten  Mischungsverhältnissen,  durcb  Glühen,  unter  Zutritt 
der  atmosphirisdien  Lull,  nebr  oder  weniger  voUsiindig  entmiscbt 
werden* 


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-  .  .  ...  ..  •  'Versüclxe  und  Beob^chtuii£en 

*  ;  '.Ii'  j.  I    it  •■     .',  •  f      1    1      ,t  I  •  . ,  V  ■     :     ■•  : 

über 

^en  fiinAur«  der  Dtthgungsmittel,  'auf  die  Ei^eogung  der  nSlieni 
BestanÜtheile  der  Getreidearten.  '  • 

Von 

H»  SIGISM.  FRIEDR.  HERMBSTÄDT. 

[Geiewn  in  der  Akademie  der  WiNenidiaflm  «a  22.  Jnli  i824.] 
Einleitung. 


Pflansen  tind,  ^didenTiiierea,  OKgtiliuhebdebteGesalHiipfe) 
•ie  müssen  dalier  auch  in  den  Funktionen,  weldie  Ton  ihrer  Lebensihjk 
ügkeit  abhängen,  mit  den  Thicren  mehr  oder  weniger  Übereinkommen. 
Gleich  den  Thieren  sind  die  Pflanzen  mit  eigenen ,  unter  sich  selbst 
verschiedenen  Organen  begabt;  und  diese  sind  dazu  bestimmt,  diejenigen 
Yen-ichtungen  derselben,  im  lebenden  Zu« unde,  auss^uübcn,  ohne  welche 
ihre  GeNiwIlMit,  ihr  Geddlien,  ihre  MaMenerwetterung  und  ihreFhichfr 
barkeit  nidit  mS^Ucb  seyn  kSnnte. 

Der  Keim  zur  künftigMk  Vfianze  ist  \m  bcfruditetCR  Stmenkom 
derselben  gegeben.  Pflanzen,  welche  nicht  des  Samenkorns  zu  ihrer  Ver- 
vielüälügong  bedürfen,  sondern  durch  Hläiicr  und  Stecklinge  fortgepflanzt 
werden  können,  wie  die  Cactusarten,  die  Stapelien  u.  s.  vr.,  ja 
■dbst  mehrere  Stauden-,  Strauch-  und  Baumgewichse,  scheinen 
einen  polypenartigen  Karalter  au  bentsen. 

Bei  denjciBigen  VfbuBien,  vnlehe  nur  allein  an»  Samen  for^ppdaaat 
wrerden  könneUi  bedarf  da»  Samenkorn  derselben  reitender  Fonemen  anv 
TWIebunt;  und  Entwckclung  des  sclilafenden  Keims,  wenn  er  zur  Pflanze 
ausgebildet  werden  soll,   ist  aber  die  Belebung  und  erste  ]:kitwickelung 
Fhjs.  Klasse  1824.  H 


68         .  Hbbiibstadt  Über  de»  Ein^fs  Aer  DilngungsmiUel 

des  Keims  erfolgt :  dann  bedarf  derselbe  die  ihm  angemessenen  Nabinings- 
miltel  zur  ferneru  Ausbildung  und  Gesutkung  der  einzelnen  Organe,  die 
don  H»bilitt  dttr  Pflttkie  b^nndeni 

Das  SameBkprn.dfiHr  P^cnxfp  ^j^.ein^  jgrofsQ  (Je|)ereuiilaiiiiiiii]ig 
mit  dem  Ei  eines  Vogels.  Im  Ei  des  Vogels  bemerk i  man,  von  AuTsen 
nach  Innen  beirachtet:  1.  die  harte  aber  poröse  Schale;  2.  das  £i- 
weifs,  welches  durch  eine  flünnc  Haut  ron  der  aufsem  Schale  ge- 
ti-ennei  ist;  3.  den  Eidotter,  wieder  mit  einer  dünnen  Haut  umgeben; 
4.  den  Keimpunkt  in  dem  Dotier  eingeschlossen,  aus  welchem  das 
werdende  Geschöpf  sich  gestaltet. 

Beim.  Ei  des  Yo^aU  lufd:  U  rae^^^QB§u|ffto»  Befracbtnng  deuel- 
ben;  2,  eine  Temperatur  von  23  bis  30  Grad  Reeumur;  3.  Einwir- 
Icnnfr  der  ntmosphäriscben  Luft,  imerläfsliche  Polenzen,  ohne  welche  die 
}>ciebcude  Entwickelang  und  körperliche  Ausbildung  des  Embryo  nicht 
erfolgen  kann. 

Bringt  man  ein  befrodttetes  frisdies  Hühner- Ei  iB  einem  Ge- 
&üe  mit  aiisgekbcbtem  destiUirten  Wasser  übergouen,  und  mit  ciiieft 
aweiten  Gefäfs  übersiüi-zt,  unter  die  Glocke  einer  Luftpumpe,  so  wird, 
nach  dem  Mafse  der  Verdünnung  der  äufsem  atmosphärischen  Luft,  eine 
bedeutende  Menge  gasformiger  Flüssigkeit  aua^  den  nnasditlyren  Por^tt 
der  Eierselial«'  entwickelt. 

liimi^i  maa  das  seiner  Luit  beraubte  £i  auf  den  vorigen  Zustand 
der  Trodbfenlieit,  ,eo  «mdwiBt  ealebeä  liefleaMad  inl  Geirieht  (fesinehrt: 
der  Raum  der  auagetremen  Luft  iu  also-  duifich  eingednmgene»  Wasser 
ersetzt  worden. 

Wii-d  ein  solches  der  eingeschlossemsn  Luft  beraubtes  Ei  einem 
brütenden  Huhn  iintergelegl ,  so  wiitl  das  Embryo  zwar  entwickelt;  es 
tritt  aber  nidit  in  das  wirkliche  Leben,  kann  also  auch  nicht  ausge- 
brütet, werden.  ..1   •■ 

Die  auf  jenem  Wege  aas  dem  Ei  entaoiiiiiiena  Luft  «ff'gt,  dnrcb 
die  eudiomeirisdie  Prüfung,  mittcbc  dem  Voluachm  BadionieMr,  mut 
sechs  Procent  Sauerstoffgas;  das  übrige. ist  Svieliatöffgias-  Nui  einer 
unbedeutenden  -\Ienge  kohlenst  off  saurem  Gas  gemctigt. 

Eier,  die  «ufterhalb  mit  einem  Firnifs  übci-zogen  rnid  dadurch  der 
von  auisen  einwirkenden  Luft  beraubt  worden  sind ,  können  nicht  aus« 


funden  habe.  ; 

Du  Embryo  im J&  .wihl  jiiif  aolcbe.  Weise  zwar  entwickelt,  triu 
aber  nidil  m  die.  leböide.  Atiibdd«i^  Wame  allein  in  alad  imr  be- 
lAnax  Sniwicklmig  dee  Emibiyo-iucbt  binraohend;  -  sondern  daa  Leben 

bedarf  einer  Mitwirkung  der  Luft  von  Aufsen  nach  Innen.  Dafs  die 
Respiration  des  Geschöpfes ,  innerliül!»  dem  £1,  bierdurdi  begründet 
wird,  ist  wohl  keinem  Zweifel  unierworten. 

Untersucht  man  Hühnereier,  in  verschiedenen  Zeiträumen,  wäh- 
rend dem  Bebrüten  derselben:  so  sinket  man  den  Dotter  siidi  immer 
mebr  vernniadefin,  mdnend  daa-Eiweifs  in  eine  dem  Blute  analc^ 
rothe  Flüssigkeit  nmgewanddt  wird. 

Dei'  Dotter  vermindert  sich  in  dem  Mafse»  als  die  Ausbildung 
des  jungen  Geschöpfes  im  Ei  vorschreitet.  Zwei  Tage  vor  seinem  Durch- 
brechen durch  die  Schale,  ist  vou  dem  Dotter  nichts  mehr  zu  bemer- 
ken. Der  Dotter  scheint  also  die  erste  Nahrcmg  dai-zubieten,  die  dem 
Embryo  y  naob  dem  Eintritt  ins  bewei^obe  Leben,  amf  einem  nidit 
fraimr  bekannten  Wege,  sngtfübrt  imi}  bis  selbig  Kraft  and  SeUNl- 
thätigkeit  .fienug  bekommt ,  die  aufsere  harte  Schale  das  Eiea  sa  durdh^ 
brechen  ,  nm  in  das  freie  Lehen  eintreten  ru  können. 

Die  gröfste  Achnhchkeii  mit  den  Eiern  der  Vögel,  besitzen  die 
Samenkörner  der  so  genannten  Oelpflanzen.  Bei  diesen  findet  sich 
fedes  einadne  Samenkorn,  von  Anleen.  nach  Innen  su  udtersndit, 
besidiend  ane:  1.  einer  mehr  oder  wed^er  birten  porfian  Sdialef 
2.  einer  unter  danelhen  liegenden,  dam  geronnenen  Eiveifa  äm- 
lichen,  zum  Theil  mit  Oel  durchdrungenen  baufuti^en  Snbetkns;  3.  im 
Mittelpunkte  des  Samenkorns,  einer  mit  weniG;em  geronnen  Pflan- 
zen-Eiweifs  gemengten  Feltickpii.  iß  tier  4.  der  Keimpunkt  eingehnUet 
ist.   Alle  diese  Maienea  &md  mit  einem  leicht  eüuerbareu  Schleim 


Staat  dafs  die  Schale  der  Vogeletier  ebe  Yerbindnng  too  kohlen- 
aieffaaoreim  und  von  phosphorsaurem  Kalk,  mit  veibirtetem  Ei- 
weifa  ausmacht^  ist  die  aui^ene  Sdi^  der  Pflanaensamen  mit  Hara 


H2 


60  HtuMBSTADT  ühcr  den  Einflujs  der  DüngungsmUtel 

und  ätherischem  Gel  duiehdrungen ,  -welche  Maiesieii  eiiMn  SdautB 
vor  äufsen»  zerstörenden  Einwirkungen  gewahi^n. 

Weniger  Aebnlichkeit  mit  den  EieiTi  der  Vögel  besitzen  die  Sa- 
menkörner de»  Getreid««tteii  nud  der H-ülsenf rächte.  Bei  diesen 
findet  sich»  uniar  der  Sufsem  mit  videm  ScMeim  durolidrunyiien  Sdude, 
der  innere  Kern,  aus  einem  Cemenge  von  Ämylon,  Ton  Kleber 
{Triticin)  und  Eiweifs  gebildet.  Der  abgesondert  darin  vorhanden  lie- 
gende KeimpunLt,  enihah  ein  daraus  scheidbares  fettes  Oel.  Das 
Ganze,  besonders  die  Scliale  und  der  raehlreichc  Kern,  sind  mit 
PhosphorSci ure  imU  phosphorsaurem  Kalk  mehr  oder  W'eniger 
dnvdidnuiig^. 

Bringt  man  frische  gestmde  SemenUmet*  iii'destiUiries'Wesser,  so 
dafs  sie  ToUkommen  damit  bedeckt  und  von  der  aufsern  einwirkenden 
Luft  abgeschnitten  sind:  so  (jncllen  sie  auf,  der  Keim  wiixl  entwickelt, 
aber  er  stirbt  bald  ab,  und  da«  Ganze  geht  in  wenig  Tag^  in  eüe 
stinkende  Jauche  über. 

]«t  das  Samenltom  hingegen  nur  so  weit  mit  WasMr  hi  Berührung 
gdbracht,  dals  drei  Viortheile  dessdben  äber  dem  Wesser  hervonteban» 
also  mit  der  fittieem  Luft  Gemeinscliifk  hohen:  so  wird  dtt  Wasser  sehr 
bald  eingesaugt ,  der  Keim  mtwi<Aidt  sidi  nach  oben ,  die  Wunel-  nadi 
unten  ,  die  \\\\\<j^i'  Pflanze  wächst  empor;  sie  bildet  endlich  Zweige  und 
Blätter,  kommt  selbst  zur  JUuthe;  aber  sie  wird  nie  fruchlhrinj»end. 

'  So  wie  die  junge  Ptianze  sich  mehr  ausbildet,  bedari'  sie  eine 
Zeidang  hlofii  des  Wassers  and  der  Loft,  am  -fiirt  zu  wechscn)  eher  der 
Wechsdimn  libt  nach,  wenn,  nnter  dner  f^Ssemen -Glocke  eing^ 
schlössen,  das  Sauerstoffgas  der  darin »enthellsmen  'atmesidiarischeil 
Lnft  absorbirt  'worden  ist. 

Wird  jene  Operation  im  reinen  Sticksioffgas,  unter  einer  glä- 
sernen Glucke  eingeschlossen ,  yeranstaltet ,  so  kommt  der  entwickelte 
Keim  nicht  zur  Ausbildung.  Wird  die  Operation  in  atmosphärischer 
Lnft  Teranttdilet,  so  Uetht  ihr  Gehalt  an  Stickttoffgus  mmerlndeK} 
das  Sauerstoffgns  Temchwindet  dagegeni  gfaa,  es  wird  kofalessioff* 
sanres  Gas  eeeengt,  dessen  Yohim  genssi  ehe»  so  viel  heurig,  ali  da* 
des  TeAaam.  geguig^nen'S«tterstof%ases. 


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«v^  d»  BtUuMeä»  der  Pßataim. 


6i 


Es  ist  also  keinem  Zweifel  unterworfen,  dafs  der  Sau  er  et  off 
der  aimospfaärisclien  Luft  hier  als  eine  Potenz  lux-  die  Belebung, 
dieBiitiriek«luiig  md  die  fernere  Ausbildung  des  Keine  rar  Pflante, 
eine  wichtige  Rolle  getpwli  hat. 

Da  aber  in  trockner  Luft  allein  keine  Eniwickelung  des  Keims 
möglich  ist;  da  hiezu  die  Mitwirkung  des  Wassers  erfordert  wird;  da  er 
ferner  atirli  ,  ohne  3Iiiwirkung  der  J^uft,  blofs  unter  j  rir.cra.  Wasser, 
zwar  entwickelt  wird,  Ton  nun  an  aber,  ohne  Miiwukung  der  Luft, 
lidi  nicht  ferner  zur  Pflenie  «nibilden  kenn;  so  folget  hieraus:  1.  dafe 
adangi-eitt  Theil  des  von  Sanenkorn  eingesaugten  Wassers  zerlegt 
wird;  2.  dnfs  der  Sauerstoff  densUien  den  snreicbenden  Gmnd  von 
der  erstem  belebten  Entwickelung  des  Keims  enthält.  Ist  aber  der  Kein 
einmal  belebt  und  entwickelt,  dann  bednrf  er  der  3IItwirkung desSauer- 
stoffes also  der  Atmosphäre;  und  nun  erst  erfolgt  ein  Prozefs  der 
Respiration,  der  Sauerstoff  wird  eingesaugt  und  als  Lohlenstoff- 
saures  Gas  exspirtrt;  dagegen  ane  Enhalarion  -von  reinen  Sauerstoff* 
gas,  ifie  bei  Pflanzen  die  in  der  Erde  wachsen,  hier  noch  nicht  statt 
findet. 

Alles  dieses  giebt  einen  Beweis,  dafs  so  wie  das  belebte  imd  ent- 
wickelte CeschSpf  aus  dem  Keim  im  Ei  des  Vogels,  anfangs  unter 
Mitwirkung  der  Luft  von  Aufsen  her,  von  dem  Dotter  des  Eies  ge- 
nähret wird;  so  auch  der  Keim  des  Samenkorns  seine  erste  Nab- 
nmg  'ans  einer  deoi' Eidotter  sehr  analogen  Substanz  entninnt,  wdcfaa 
dsb  Kein  ini  danenkoim  cinhüUcc 

Von  nun  an  aber  und  zwar  so  bald  als  die  jtmge  Pflanze  die  Sa- 
menlappen  Terloren  hat,  hednrf  sie  organischer  Materien  zur  Nahrung. 
In  dem  Mafsc  dafs  ihre  Organe  ausgebildet  <;ind,  nrimlich:  AVurzel, 
äiamm  und  Blatter,  treten  nun  in  die  ilinen  zukommenden  Funktio- 
nflu-ein,  die  nk^^gröiMm  lUwpeiüdien  AnsinTdong  der  gauien  Pfianie, 
so  wie  zur  Brsengong  der  Blfithe  -und  der  daraus  hervosgehenden 
Frucht  erfordert  werden;  wozu  alle  einzelne  Organe  dersdben,  unter 
Mitwirkung  der  «lit  orguUMlMo  Materien  (d.  i.  mit  Humus)  diuxh- 
drungnen  Erde,  des  Wassers  und  der  Atmosphäre,  unter  einöufs- 
reichcr  Thütigkeit  des  Lichtes  und  der  Wärme,  in  Wirksamkeit  ge« 
setzt  werden. 


62  HbrubsvIov  äfor  i/«»  Bü^nß  der  DOi^mgtmUiel 


Es  ist  hier  ludit  meine  Absicht,  über  dasjenige  micli  weiter  aus- 
zulassen, vras  über  das  Dasein  der  chemischen  Elemente  der  Pflanzen 
und  deren  AIiMamiiiQBlg,  ddrcb.  Mo  Herren  Se&nebUr,  Tben«rd, 
T.Sanssüre»  Schr»der,  Decandollet  Wdodbonie,  Wablenberg, 
Einbof,  Bracconoi,  Brown,  Gbeptal,  Humphry  Davy  und  un> 
sem  irefni<li(;n  CoUegen  Alexander  t.  Humboldt .  qt^acht,  gesagt 
und  TiellaUig  niederj^escliriebtni  wordeö  ist,  und  wodurch  sie  die  Grund- 
lage zu  einer  naturgeinaf&cn  Physiologie  der  Pflanzen  gelegt  haben, 
deraa  weitere  Ausbildung  raadb  Toitcbreiiet.  Ich  h«die  mieb  vidnwfar 
•Udn  an  den  &uptgegen«tend  dieMr  AMiendlung,  der  im  Folgenden 
bestehet: 

Versuche 

über  den  Einflnfs  der  Düngnngsmittel  auf  di>  Bildung 
der  nähern  Gemeng-  und  R ostandtbeile 
derGeireidearien. 

Wenn  ich  bicr  von  den  nahern  Beetendtheilen  oder  vidnidir 
G  emengtbeilcn  der  Pflanzen  übcrbniipt  und  der  G e u  cidearten 
insbesondei«  rede:  so  begreife  ich  darunter  diejt T)i£;('n  ,  sowohl  in  der 
Form  als  in  den  chemischen  Qualitäten  versciuedeo  geat>ieten 
Materien,  welche  in  den  Pflanzen  dnd  dei«n  dnzelnen  Zwc)igen,  in  be- 
sondern  .Oigmok' dem&en  abgelagert  gefundan  wmd^n}  wio  in  dv 
Wursel,  dem  Stamm,  dem  Splint,  def  Rinde«  den  BUttcrn» 
der  Frucht  u.  s.  w.  ttnd  sich,  yrle  bei  den  Thieren,  bei  einer  grofsen 
A^nliäufung  in  ihnen  entweder  freiv/'iHir;  dBi-atis  ergiefsen ;  oder  durch 
eine  zweckmäßige  mechanische  Zergliederung  (wie  das  Aniylon  und  die 
fetten Oele),  oder  eine  chemische  21ergliedenuig  derselben  (wie  Gummi,. 
Scbleim,  Kleber,  Firalfi,  Zucker,  Hart,  itberieeben  Oel 
daraus  doigettellt  werden  konneB. 

Dafs  jene  Materien  ab  EnengttiMe  dm. Lebern  und  der  organischen 
Thätigl^eii  der  Pflanzen  anerkannt  werden  müssen,  wird  wohl  Niemand 
leugnen  1  Wie  solche  aber  frebildci  werden?  welchen  Einflufs  auf  ihr« 
Erzeugung  die  Individualital  dei-  Ptlame  selbst  hat.  welchen  Einflufs 
die  ibr,  in  Form  des  Düngers,  dargebotenen  ISahrungsmitiel  dar- 


auf  die  BesUmJ^eäg  der  Pßamen. 


63 


auf  haben?  dieses  sind  Fragen,  Mrelcfae  zur  Zeit  |u>ch  nicht  mit  Be- 
Munmtheit  gelöset  worden  sind. 

In  einer  frtiKflm  4er  AkaAmaä  mitgetheilten  Abhandlung  (über 
*  d«ii  Instinki  der  PfUnKflnC)),  iiabe  icii  gezeigt,  dab  Pflansen  ei- 
nerlei Art,  in  wddkeoi  Boden  sie  auch  g^aefaaen  aüid,  der  Qoalitit 
nach,  auch  immer  nur  einerlei  Gemenglheil  producii-en ;  dab  hingegen, 
indiTiduell  yerschieden  geartete  Pflanzen ,  in  einerlei  Boden  von  gege- 
bener Grundmengung  kuliiviri,  in  der  (Jualiiät  ibrer  Gemengtheile 
und  Bestaudiheile  auok  wieder  «ben  so  Terschieden  sind. 

Da  aber  die  nahem'  Oeeaengtheile  und  Beatandthelle  dei> 
Pflansen,  nicht  ak  «oldie,  au«  den  Tersebiedcnen  Haierien  aolge* 
noeuoen  werden  können,  in  und  durch  welche  die  Fflance  lebt  tmd 
genährt  wird;  da  jene  Materien  vielmehr  in  ihren  elementaren  Bestand- 
thdien  und  deren  pro]>ortionellen  Verbältnissen,  eben  so  sehr  von  ein- 
ander abweichen,  als  sie,  in  der  Form  und  den  chemischeu  (^>uuliiaien 
von  einander  verschieden  sind:  so  müssen  es  die  eigentbümUchen  ein- 
^Miiett  Bemenie  eejrn»  weklw  die  PBanse,  eie  nährende  Mittel  auf- 
nimmt und  lie ,  durch  den  ftosefe  der  Amimilaiion,  in  di^enigen  Sab- 
«tanim  umwndelt,  welche  sich  als  wahre  Gemengdieile  dendben  repri« 
sentiren.    Es  entstehen  daher  folgende  Fragen: 

1.  Können  die  nährenden  Materien,  welche  ileu  lebenden  Pflanzen, 
in  Form  des  Düngers,  dargeboten  weiileu,  entweder  ganz,  oder 
in  ihre  einfachem  Elemente  aufgelöst,  in  die  Organe  der  Pflan- 
sen flberireien'? 

3.  Kennen  eie  cur  EkMugung  der  niheni  Gemengdieile  in  den  Oi^ 

ganen  der  Pflanzen  beilragen? 

3.  Knnn  die  Quantität  jener  (^'fmengtheile  der  Pflanze,  durch  d/e 
vermehrte  Masse  der  zu  ihrer  Erzeugung  geeigneten  Elemente,  in 
der  Püanzc  vermehrt  werdoi? 

4.  Lefic  eich-Mift  der  Bt^rong  ecime  ffir  die  Erfolge  ableiten,  dab, 
wie  eoldMs  die  Weehaelwirthaohaf«  fai^rundet,  eine  und  eben  die» 

<eelhe  Qelnddeert;  Wim  sie  mehrere- Jahre  hinter  einander  in  dem- 

(i)   Abbaiidlun;;.  n       KimfjBOina  Akadmie  der  WisietwdiaAeB,  'mß$  dm  Jabrai 
«12  und  1813.  S.  107. 


64 


Hbbhbstaot  iiier  den  Eäißifi  der  Düiigungsmiuel 


seihen  Boden  gebauet  wird,  im  Ertrage  der  Frucht  mit  je4e«i  Jahr 
•bninuni;  dagegen  bei  einem  häuerehieiider  folgenden  Wet^iMl  Yon 
▼erscliiedenen  Getreidearten,  noch  bener  aber  tod  Körner-, 
Wurseln  und  Rnollengewicbsen,  ein  b^bevekr  Ertrag  de»  Ge- 
treide« erdelet  wird. 
Jenes  waren  die  Aufgaben,   die  ich,   durch  eine  Reihe  von  Vei^ 
suchen  zu  lösen  gesucht  habe,  und  deren  Resultate  ich  hier  vorlege. 
Sie  scheinen  mir  wichtig  genug  zu  seyu,  um  sowohl  der  Pflanzen- 
Physiologie  als  der  Agronomie  einig«  bedeutende  AufUfirnngM  dar- 
bieten SU  ItfinDcn,.  die  -weiter  Tecfolgi  an  :werden  verdiene». 

Eine  diemiscbe  Zergliederung  der  GetreideiLÖrner»  nimlicb 
Weizen,  Roggen  und  Gerste,  lücksichtlich  ihrer  nahem  Gemeng- 
iheile,  führt  stets  zur  Erkenntnifs  vom  Daseyn  des  Amylons,  desKle- 
bers, des  Pflanzenciweiis,  des  Schleimzuckers,  des  Gummi,  des 
saureu  phosphorsauren  Kalks,  und  einer  geringen  Menge  Fe itig- 
keit>  die  TOnugUch  im  KeimpnuLte  ihren  Sita  bat« 

WIhrend  jene  Materien,  der  Qualitit  nach»  in  allen  Geuvideaiv 
ten  ohne  Unterschied  vorkommen,  sind  solche  im  quantitativen  V^ffailu 
nifs ,  selbst  bei  einer  und  derselben  Gelreideart,  oft  sehr  verschieden; 
und  dieser  Uniursthied  findet  sich  ganz  besonders  in  der  besondern  ZVa- 
tur  des  Düngers  beginindet,  welcher  dem  Acker  zur  Nahrung  dargebo- 
ten  -wurde. 

So  steigt  S.B.  der  Gsbalt  des  Kleber«  (des  TVHfumt)  im  Weisen 
Ton  onerier  Art,  oft  von  12  bis  au  36  Ftocent,  je  nadidem  derselbe 

mit  der  einen  odei-  der  andern  An  Dünger  kultivirt  worden  war;  folg- 
lich ist  der  Einflnfi  welchen  der  Dünger  auf  die  Erzeugang  des  ^TniKÜts 
im  Weizen  hui,  dadurch  völlig  ausser  Zweifel  gesetzt. 

Anmerkung.  Der  sehr  achtbare  französische  Agronom  UeiT  Tessier^ 
hat  bereits  im  Jahr  1791  eine  Rethe  tod  Tersucbai  angeweilt,  um 
die  Wirkung  des  Düngers  auf  die  Eneugung  das  Klebers 
iu)  Weizen  zu  erforschen,  indem  er  ihn  mit  Schaafmist,  mit 
Ziegenmist,  mit  Pferdemist,  mit  Kuhmist,  mit  Menschen- 
koth,  mit  Taubenmist,  mit  Menschenharn,  mit  Rindsblut 
•und  mit  Pflanzenerde  kuliivirie.  Er  hat  aber  das  Vei-sehen 
dabei  begangen,  dafs  er  die  Massenverhaltnisse  jener  Düngerarien 


auf  die  Bestandlhcile  der  Pflanzen. 


65 


niclii  auf  den  Zustand  der  atmosphärischen  Trockenheit  reducirt 
lind  die  Anwciulung  gleich  grofser  Massen  derselben,  im  pl*=lrKen 
Zustande  der  Trockenheit  gebraucht  hat:   daher  die  Ilesuiiaic 
«einier  T«nttc1i«,  so  interefnm  si«  übrigens  auch  sind,  dennoch 
keine  gegründete  Folgening  culusen. 
.Mdne  «%enaa  über  dentelfaea  Gegenstand  angesidlteii'  Versuche 
gehen  von  demselben  Gesichtspunkte  aus ,  den  Herr  Tessier  vor  Au- 
gen Ii« Up:  ich  haTie  im  Ganzen  auch  dieselben  Düngerarten  in  Anwen- 
dung gesetzt.   T'm  ober  zu  genaueren  Restiltnten  /.ii  gelangen,  wurden  sie 
sammtlich  voilier  auf  einen  gleichen  Zustand  der  Trockenheil  gebracht, 
und  für  eine  gegebene  Flädie  Ackerlaiid  audk  inuiier  nur  eine  gleich, 
^ofee  Gewichtsmasse  des  trocknen  Düngers  In  Anwendung  fpscisu 

Der  Boden,  in  welchem  meine  Versuche  angestellt  wurden,  ist 
sandiger  Lehm.  Er  wurde  in  einzdne  Beete  abgethcilt,  jedes  zu 
hundert  Quadratfufs  Flachenraum.  Jedes  einzelne  gedachter  Beete  wurde 
mit  25  Pfund  der  folgenden  ,  auf  einen  gleichen  Ztisunnd  der  Trocken- 
heit gebrachten  Düngetarlen  gediingt,  der  Dünger  unlei-  gegraben,  welches 

im  October  geschähe,  und  das  so  Torbereitete  Land  bis  vom.  Monat  Fe- 
famar  des  folgenden  JUires  in  Ruhe  gelassen.  Die  Düngwarten  sdhst 

bestanden,  in  1.  Schaafmist;  2.  Ziegenmist;  3.  Pferdemist; 
4.  Kuhmist;  5.  M ensc hen k oth ;  6.  Taubenmistj  7.  Menschen- 
harn;  8.  Rindsblui;  9.  Pflanzcnerde. 

Anmerkung.  Die  Kolharten  waren  rein  ohne  Vermengung  mit  Sireu- 
miiiehi  gesammelt  und  in  einem  mit  Dumpfen  geheizten  Trockeu- 
ofen,  bei  einei*  Tenpenlur,  die  70  Grad  Reaumur  tiidit  übenti^, 
ausgetrocknet  vordöi;  dien  so  die  Pflansenerde.   Das  Blut 
und  der  Harn  urtuden  gelinde  abgedünstet ,  und  auletzt  bei  dei^ 
selben  oben  genannten  Temperatur,  vollends  ausgetrocknet. 
Im  Anfang  des  Märzmunats  wcu-den   sämmiliche   Beete  aufs 
Neue  umgegraben,  und  nun  mit  einerlei  Art  Sommerweizen,  in 
Reihen,  besiet.    Jedes  einzehie  fieet  crfaiek  16Loih  Samenkörner  sur 
Aussaat.    Ein  gleiches  im  Herbst  und  im  Frühjabr  umg^rabeHes 
Beet  von  denelfaen  Bbdenart,  wurde  mit  demselben  yfjmm  beräet,  ohne 
Düngung  empfangen  au.  haben.  -  ^ 

Phjs,  Klasse  1824.  I 


66  H  E  n  M  B  s  T  A  i>  T  iiber  den  Emßufs  der  Düngiiiigsmittel 


Der  Same  ging  auf  allen  Beeten  glclclifurmig  auf,  und  die  Aehrcn 
konnten  von  allen  im  Ausgang  des  Augusts  gecrniei  wet-den.  Hier 
zeigte  sich  aber,  sowohl  in  der  Länge  und  Dicke  der  Halme,  als 
audk  in  der  Aiubildung  der  Aehren  so  wie  der  Zahl  der  dtrin  ent- 
ttalttnen  Körne ein  merklicher  Uatencbied. 

Ibdi  dem  Aiudresehen  de*  Enmgei  von  jeden  dnidiien  Beeie« 
ergaben  steh  folgende  Resultate.  Es  wurde  gewonnen  an  Körnern: 

a)  Von  dem  mit  Schaafmist  gedüngten  Beete  6  Pfund;  also  das 

zwölfte  Knrn. 

b)  Von  dem  mit  Ziegenmist  gedüngten,  eben  so  Tiql. 

e)  Von  dem  mit  Pferdemist  gedüngten  («e  worden  mit  Hafer 
gendirt),  5  Pfund,  also  das  zehnte  Kern. 

d)  Ton  dem  mit  Kuhmist  gedüngten  3-|> Pfund,  also  das  siebente 

Korn. 

e)  Von  dem  mit  MenschenLoth  gedüngten  7  Pfund,  also  das 

▼  iersehnie  Korn. 

f)  Von  dem  mit  1  au  he nm ist  gedüngten  4^  Pfund,  also  das 
neunte  Kenn. 

^  Ton  dem  mit  trocknem  Menschenharn  gedüngten  6  Pfiond, 
also  das  zwölfte  Korn.  (Er  mrar  Ton  Bier  trinkenden  Personen  g»> 
sammelt.) 

h)  Von  dem  mit  trocknem  Rindsblute  gedüngten  7  Pfimd«  also 
das  vierzehnte  Korn. 

i)  Von  dem  mit  Pflanzcnerdc  gedüngten  (sie  war  aus  verwese-, 
tarn  Karioffelkrant  gewonnen),      Pfund,  also  das  fünfte  Kom. 

^)  Ton  dem  nieht  gedüngten  Boden  l-l-  Pfund,  also  das  dritte 

Koni. 

In  Rticksichi  der  Vermehrung  des  Körnerertrags,  kommt  also 
die  Wirkung  der  gebrauehien  Düngxmgsmittel  in  folgender  Ordnung  m 
stehen:  1.  Bluij  2.  Menschenkoth ;  3.  Schaafmist;  4.  Ziegen- 
mist; 5.  Menschenharn;  6.  Pferdemist;  7.  Taubenmist;  8.  Kuh- 
mist; 9.  Pfl  anzenerde. 

Es  kam  nun  darauf  an,  durch  eine  genaue  Zei|jfoderang  der  von 
jedem  einzelnen  Dfingung^tiel  geemteten  Samenkörner  zu  mier- 


4^  tU»  Boflanddt^  dtt  Pfitunsn^ 


67 


suchen,  wie  sich  die  Gemcngibeile  derseUDen  im  proportionalen  Ver- 
hiltnifs  gegen  diumder  Toduilteii  ward«iij  und  Jiier  fand  sich  in  der 
TlMt  der  Unterschied  lOier  alle  Maften  ftnfiCallend. 

YAa  nicht  weiiig  omsiändlidie  Zei^liedenmg  jener  sehn  Sovfen 

des  geernteten  Weizens  ist  von  mir  nach  derselben  Metkode  veran- 
staltet  worden  ,  welche  ich  früher  (*)  niitgetheilt  habe,  daher  idb  midh 

hier  dai-auf  beziehe. 

Hier  begnüge  ich  mich  biofs,  die  Resultate  der  jeuigen  Zergiiede- 


1.  5000  Gewichuthdle  des  mit  Rindablut  ludtivhneB.Weisent 

geliefert : 

Natürliche  Feuchdgkeit                        215  Theile. 

Ilülsensuhstanz  *.*»*.....  695  — 

Kiebür  oder  Triticin.  1712  —  • 

Amylon  2065  — 

Geti«de-Oel                                  46  — 

^iraib                                          63  — 

SchldmiaHtker  ii                                 94  -> 

Ctimmi                                                   92  — 

Sauren  phosphorsauren  Kalk.  ......    26  — 

Verlost                                               3  — 

5000  — 

2.  6000  Gewidiutheile  dea  mit  Henachenkoth  kultrrirten  Wei- 
«•na  heben  geliefert: 

Natürliche  Feuchtigkeit  217  TheUe. 

Uülsensubstanz                                       700  — 

Kleber  oder  Triticin  1697  — 

Am  >  Ion                                             2072  — 

Getreide-Od                                   65  - 

Eiweife  \                                65  — 

^i^l^iiinapfft^ti'   80 

Gummi  •*«....                           80  — 


(i)  Abhandlungen  der  Königlichen  Akadenia  der  WuMMchafkoi  aus  deo  Jabrea 
1816  und  1817.   Berlin  1819.  S.  39.  u.ff. 

13 


68         Hbkxbst&dt  ö&er  Atn  Eü^xtf*  Dä»gung$mael 

Sauren  phosphorsaoren  Kalk  30  ThcUe. 

VerluÄi                                                  4  — 

6000  ~- 

3,  5000  Gewichtotheile  de«  mit  Schaafmist  knltivirten  Weizens 
luJben  geliefert: 

Nalüillchc  Feuchtigkeit  214  Theile. 

Hülseusubstanz                                     698  — 

Kleber  oder  Triticin  1645  — 

Amylon  3i40  — 

Getreide  >  Od                                    64  — 

Eiweifs                                             65  — 

SchlAmtackor                                    75  — 

Gummi  .,     78  — 

Sauren  phosphomm^cn  Kalk  ......     36  — 

Verlust                                                     4  — 

6000  «  — 

4.  6000  GewiditstiieUe  des  mk  Ziegenmist  koltilvirten  Weisen» 
beben  geliefert: 

Natürliche  Feuchtigkeit  316  Theile. 

Hülsensubstanz   714  — 

K.iel>€r  oder  Triticin                              1644  — 

Amylon  2121  — 

Getrdde'Oel                                    46  — 

Eiweifs.                                           66  — 

Schleinuncker                                    78  — ^ 

f^mnmi                                                       78  — 

Sauren  phuspliorsaurcn  Kalk                     35  — 

Verlust                                                     4  — 

6000  — 

6.  5000  Gimicbtsiheile  des  mit  Menschenbarn  kiiltivirten  Wei- 

aens  haben  geliefert : 

NaiürKche  Feuchtigkeit.                      260  Theile. 

Hiilscnsxibstanz   7f2'  — 

Kleber  oder  Triticin  I7ö5  — 

Amyhm  1995  _ 


oiy  u^L-u  uy  Google 


ta^  die  BmmuUkeäe  der  Pfiamm, 


69 


Getreide -Oel  64  Theile. 

Pflaiuen>Eiwdfi  70  <— 

SchleimOTdtcr  .  .-....*.,  74  '  — 

GttiMiit  .  flO 

Saufen  phoephwiaureii  Kolk               .  40  • 

Yerluftt  •                                  5  — 

^0000"*  — 

ö.  5000  GewichuÜieile  des  mit  Pierdemist  kultiviricn  Weizens 
haben  g^dTert: 

Naiurliche  Fenclitigkeit  217  Theile. 

Hülsensubslanz                                     700  — 

Kleber  oder  Trilidn  68  i  . 

Amylon  3082  — 

Getreide -Oel                                        50  — 

EiwciTs                                             56  — 

Schleimsacker                                  84  — 

Gunmii   86   

Sturen  phctphorsRuren  Kelk                 38  — 

Vediist                                           3  — 

6000  — 

7.  6000  Gewichtstheile  des  mit  Taubenmist  kuliivirten  Weizen« 
haboi  ^dBefert; 

Natärliche  Fencbti^eii                      216  Theik. 

Hölsensubsleitt                                  700  — 

Kleber  oder  TVriewäi  610  — 

Amylon  3159  — 

Ccireide-Oel                                         46  — 

El  weil  s  *                             48  — 

Schleimracicer                                  98  — 

Gummi                                           96  — 

Sauren  phosphorsauren  Kalk                26  — 

Verlust  j  3^  — 

6000  — 


70         Hbumbstädt  ubtr  den  Sä^tfo  der  Dünffuigimittti 


8.  5000  Gewichistheile  des  mil  Kuiimisi  kuluvirien  Weizens 
haben  gelirfert: 

Naiürliche -F^ucbUgkät                       911  TbeOe.- 

HfilMusubslanz                                 697  .  — • 

Kleber  oder  Tnikm                           598  — 

Amylon                                           .3117  — 

Getreide -Gel  •.                 52  — 

Eiweiüs.                                              60  — 

Sebletfluucker                                   99  — 

Gummi                                           95  — 

Sauren  pho^honturen  Kalk   25  '  — 

Verliut                                              4  — 

5000  — 

9.  5000  Gewichtstheile  des  mit  Pflanzenerde  kuiuvuien  Wei- 
zens haben  geUefcrt: 

NatfididM  Feuditi^eit  311  Tlieile. 

HfibensiibsiaDz                                702  — 

Kleber  oder  Tritiem  :                 i^O  — 

Amylon  3297  — 

Getreide -Oel                                         49  — 

Eiweifs.                                              40  — 

Schleiouucker                                   99  — 

Gummi                                          96  — 

Sauren  phosphomiiven  Kalk                24  » 

Verliut                                             3  — 

5000  — 

10.  6000  Gewich isüxeile  des  in  nicht  gedüngtem  Ikiden  kulii- 
virlen  Weizens  haben  geUefert: 

Natüfliche  Feaehtigkeit  210  Theile. 

Hfiltenanhetanr.   700 

Kleber  oder  Titian                           460  — 

Amylon  3333  — 

Getreide -Oel                                         50  — 

Eiweifs                                                 36  — 

Schleimzucker  ,                   96  — 


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Bestandtheäe  der  Pßcmten. 


71 


Gummi  Pi  Theile. 

Sauren  pliosphorsauren  Kalk  18  — 

Verlust   .  .    3  — 

6000  — 

Yergleidit  man  die  Re»iiliBte  jener  mit  den  mt  eine  Tenciuedene 
Weite  kultivirlen  WeisenkSmern  angesteHiea  Analysen,  mit  Bezug- 
nahme  auf  den  Xürnerertrag,  der  am  immer  gleichen  Massen  des 
•usgesäeten  Weizens ,  durch  die  Anwondunt^  verschieden  gearteter  Dün- 
gungsmitiel ,  in  iiumcr  gleichem  Gewicht,  erzielet  worden  ist:  so  wird 
man  dadurch  zu  folgenden  Schlüssen  hingeleiiet. 

1.  Die  Tenchiedenen  Bfing^rartcn  haben  einen  entachiedenen  Einflufs 
auf  den  vemcbrien  Ertng  der  Frnehtkorner,  bei  einer  und 
eben  derselben  Getreideart, 

2.  Eben  diese  verschledcnpn  Düngerarien,  haben  einen  entschiedenen 
Einiliifs  nnf  die  Erzeugung  der  nähern  Ccmcnglheile  der  Körner; 
wie  solches  die  Resultate  der  damit  angestellten  Analyse  nacb- 
weiien. 

9.  Die  Muse  dieser  nihero  Gemengtbeile  stehet  wieder  im  VeriiSIt- 
nili  mit  der  Masse  der  Fruchtkorner,  ivddie  ans  einem  fgege- 
benen  Gewichte  der  Aussaat  producirt  worden  sind. 

4.  Die  elementaren  l^cstandtlieile  der  Düngerarten  stehen  mit 
den  elemeuiart^n  Besundtheilen  der  prodncirien  Fruch tk örner, 
SO  wie  mit  denen  ihrer  einzelnen  Gemengtbeile  im  Verhültnüs. 

Den  rdclisten  Ertrag  an  Körnern  haben  gelieferl:  1*  derMen* 
schenkoth;  2.  das  Blut.  Einen  geringem  Ertrag  an  Fracbtkörnern 
haben  geliefert:  1.  der  Schlaf mi st;  2.  der  Ziegenraist;  3.  der 
Menscbenharn.  Einen  noch  geringem  Ertrag  haben  geliefert:  l.  tier 
Pferdemist;  2.  der  Taubenmist;  nämlich,  jener  das  zehnte,  der 
Lelzlcrc  das  neunte  Korn.  Einen  noch  geringem  EIrtrag  hat  gelie- 
fert die  Pflanzenerde,  nämUch  nur  da<>  laufte  Korn.  Den  aller» 
geringsten  Eruag  hat  eudlidi  der  nicht  gedüngte  Boden  gehefiert, 
nÜmiieh  nur  das  dritte  Kom. 

Die  Ilaupibestandtheile  im  Weizen  bleiben  immer  der  Kleber 
oder  das  Triticin ,  und  das  Amylon.  Jener  ist  rein  animaiischery 
das  Letztere  rein  vegetabilischer  Mator. 


72         HERHBSTiDT  fifcr  An ^Eb^v^t  der  D&a^tngtmiad 


Nun  haben  i^Lliefeil  oÜOO  GcwicbUlheile  Weizenkörner ,  an 
Kleber  oder  Tnticin: 


gedüngt  mit  Mensclienkotli  ....  1697  od«r  33,14  Rroceiit. 


1712 

-  34,24 

.  1645 

-  32,90 

1644 

-  32,88 

.  -      ;  -    Mensclienharn ,  . 

.  ,  1755 

-  35,10 

-    Pfcrflekoth  ...  . 

.'.  684 

.  13,68 

-  12,20 

'  11,96. 

.  .  480 

-  9,60 

Kultivirt  mit  n  i  c  b  t  g cul  ii  n  g  t  e  r  ] 

Eide  460 

-  9,20 

Desgleicben  haben  geliefert  an  Amylon,   ÖOOO  GewicbUlbeile 

Weizenköi-ner : 

gedüngt  mit  Menschen koth.  .  .  .  2072  oder  41,44  Procent. 


-  41,30 

.  .  2140 

-  42,80 

-  42,43 

-    Menschenbam.  . 

.  .  1995 

-  39,90 

,  3082 

-  61,64 

-  63,18 

.  .  3117 

-  62,34 

-  66,94 

.  66,69 

Es  ist  aber  der  Kleber  oder  das  Tritirin  gmammengesebtt  ails 
Koblensloff,  Stickstoff,  Wasserstoff,  Sauerstoff  und  Phos- 
phor, als  sfitnen  rliciniscben  Elementen;  und  in  der  'T'hat  linden  sich 
eben  diese  Llemcntc  in  denjenigen  Düngerarlen  am  meisten  angebäufet, 
Mrelclie  in  einem  gegebenen  Gewicht  der  Küi:ner,  «ttcb  die  §p(66ta 
Atttbeate  an  Kleber  oder  Triiidn  n^iefert  beben;  e»  ist  «iso  offen- 
bar,  dafs  jene  Ekmente,  znr  Erseuguog  des  gmanntenGemengtbeiU 
in  Weizen,   auc  dem  angewendeten  Dfinfongsmittel  CBOMMlki»^ 

worden  sind. 

Das  reine  Amylon  entbült  weder  Slick-^ioff  nocb  Phosphor 
unter  seinen  elementaren  Ikstondtbeilen ;  diese  sind  blol«  Kohlenstoff, 


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auf  die  BestandtheUe  der  Pflanzen. 


73 


Wasserstoff  und  Sauerstoff;  sie  müssen  also  gleiclifalls  aus  den 
zur  Kultur  angewenclptcn  Düngiuigsmilieln  entnommen  worden  seyn. 
Die  Ausbeute  au  Amyiou,  aiui  gleichen  Gewichten  der  mit  -versclue- 
dcmn  Döngungsnuttctbi  knltiTuten  Körner,  stdiet  «ber  wiedtt  im  Ver« 
bültaili  mit  der  mehr  vegetabtlischen  iind  weniger  animaliieheii 
Nttm*  der  dazu  gebrauchten  Dfingerarten. 

Es  ist  also  'Wohl  keinem  Zweifel  unterworfen,  dafs  die  Crund- 
mischung  des  Weizens,  und,  sowolil  sein  Gehalt  an  Kleber  als  an 
Amylon,  beide  nach  dem  proporiionaien  Verhältnifs  betrnclitct,  durch 
die  specißsche  Naiur  und  Grundmischung  des  Düngers,  womit  sie 
knltivirt  worden,  §elciiet  wird;  «odi  isi es  ciiileaclitend,  dafs  dn  ^idier 
Erfo^  bei  aUen  übrigen  Getreidearten  statt  finden  mnfs. 

jenes  aber  in  der  Wabibeit  begrüne!  n .  >o  sind  jene  aus  der 
Erfahrung  entnommenen  Resulute,  so  für  die  Pflanzen-Physiologie, 
wie  für  die  Agronomie,  von  Bedeutung,  denn  es  wird  dadurch  ein 
Problem  gelöst,  das  bisher  ganz  im  Dunkeln  schwebte. 

Es  ist  nämUch  bekannt,  dafs  eine  und  eben  dieselbe  Art  Weisen, 
in  einerlei  Art  Erdreich  gpbauet,  ein  sehr  Tenchiedenes  K<nn  der- 
bietet;  d.  i.  welches  in  seiner  Grnndmisdiung  and  den  da'ran  ahbängiU 
gen  Leistungen  in  den  mit  der  Agronomie  in  Relation  stehenden  ladi- 
nischen  Gewerben  ,  sich  sehr  Tcrschieden  beweiset. 

So  gicbt  es  manchen  Weizen  einerlei  Art,  aber  mit  verschie- 
den gearteten  Düngungsmitteln  kultiTirt,  der  bald  mehr,  bald  we- 
niger Aasbeate  an  Amylon,  an  Brantwein,  an  kraftTollem 
Bier  und  an  Essig  darUelet,  wenn  er  auf  jene  Gegenstände,  in  den 
ökonomisch  •technischen  Gewerben,  Tciadbeitet  wird. 

Da  aber  Birantwein,  Bier  und  Essig  nur  allein  aus  dem 
Amylon  gebildet  werden;  da  der  Kleber  711  deren  Erzeugung  nichts 
beiträgt:  so  rnnfs  auch  die  Ausbeute  der  genannun  Erzeugnisse  mit  dem 
Gehalte  des  Amyions  im  Weizen  (eben  sowohl  aucii  in  den  übrigen 
Gelreideerten),  iin  Verfaäti^  üdfea». 

Anders  dagegen  Teihilt  es  sidi  mit  dem  Brote,  an  wdchem  das 
Mehl  des  Weisens  verarbeitet  wird.  Dieses  ist  um  so  krafiT<d]er 
und  nährender,  je  reichhaltiger  das  Mehl  an  Kleber  und  je  armer 
dasselbe  an  Amylon  war« 

Pkjs,  Klasse  1824.  K 


74     Hbukbstaot  über  den  Einfluß  der  Düngungsntittel  tt.t.w. 

Die  aus  den  oben  mitgelheiUen  Ilesultaten  meioer  angestellten  und 
bcsclinebenen  Yei'suche  und  dadurch  gemachten  Elrfahrungen,  machen  es 
sehr  wahrscheinlich»  daft  in  d«r  Wahl  dfes  Düngers  dem  Agronomen 
die  Hittftl  in  Gebole  »Am,  dea  Gdudt  de»  -Klebers  imd  des  Amylons 
»  den  Getreideerten«  nadi  WiOkvfar  an  rsignirai»  vm.  die  qpMüifiidie 
Anwendbarkeit  desselb^  für  das  eine  oder  das  andere  ökonomisdk-tedi* 
nische  Gewerbe,  das  derselben  bedarf,  näher,  sn  b^jrönden. 


Ueber 

die  Grundlehren  der  Akustik. 

Von 

H™  FISCHER. 


(GdaMB  uk  der  Ak«Me  derWiMaHoliaftMi  '«»  17.inia  24.JU117«  «id  I5.J11I7  ia24.} 

EinleituBg. 

Wenn  die  Theorie  der  Akustik  in  der  ▼oUkommcnsten  Strenge  ausge- 
f&hn  -werden  soll,  so  kann  dieses  nur  durch  Hülfe  der  liöhem  Media> 
Olk  geMbehen:  dorn  die  OicillatioiMii  dardi  'wekhe  der  Sdball  entsteht, 
und  «ine  der  allerfeinften  und  yerwickcl testen  Arten  von  Bewegtingen, 
wobei  die  bewegten  Punkte  der  Heterie  ihrm  Ort  nur  unermefslich 
wenig  Tcriindem,  diese  Bewegungen  selbst  aber  Ton  Stelle  zu  Stelle  in 
dem  Innern  der  Materie  fortschreiten,  imd  <:irh  daselbst  auf  die  man- 
nigfaltigste Art  üarcbkreuzen ,  yerbinden  und  trennen.  Wie  schwierig 
diese  Theorie  sei,  geht  schon  daraus  hervor,  dafs  die  gröfsten  Analytiker 
des  TerHoMenea  Jahrhundert«  nit  eifenüchtiger  Anttoengung  Tenucbt 
haben,  die  «jchtigiMen  Frobleme  eufinloMn,  und  mm  dennoch  nidii 
sagen  kann,  dafs  es  ihnen  g^angen  sei,  uns  eine  vollendete  Gnmdlage 
der  Theorie  zu  geben. 

Newton,  der  iu  allen  Untersuchungen  der  höheren  Bewegungs- 
lehre den  ersten  festen  Grund  gelegt  hat,  untersuchte  zuerst  die  Oscil- 
luioQcn  der  Luft;  Taylor  zunächst  nach  ihm,  die  einer  gespennten 
Seite.  Ihre  Schlfisae  inid  Rednmngen  mvden  nui  groiier  Strenge  ge> 
prüft,  von  den  beiden  BemouUi,  Johann  und  Daniel,  von  L.  Euler, 
Ton  d'Alemltert,  von  Legrange  nnd  Aadein,  tuid  dieses  nicht  ohne 
Eifersucht  gegen  die  ersten  Erfinder,  nnd  gegenseitip;  tintrr  einander. 
Das  Ergebnifs  dieser  Prüfungen  war,  dal«  «ich  zwar  gegen  die  Voraus- 

K2 


76 


F  I  S  C  H  I  B 


seizungen,  die  Newton  und  Taylor  gemacht  hatten,  ^jegründete  Erinne- 
rungen madioi  UedMn»  daft  nun  aber  ihren  H«apifbiniidn  durcliAii« 
Idoen  Fehler  nachweisen  konnte. 

Diese  Anstrengungen  lind  ffir  die  höhere  Analysis  und  Mecha- 
nik eine  Quelle  sehr  wichtiger  Erweiterungen  geworden.  Die  Akustik 
selbst  aber  bai  dadui'ch  nicht  sowohi  neue  Ansichten,  uk  prüNeic  Be- 
stimmtheit und  Sicherheit  in  ihren  Erlvlärun2;en  eewoimi  ii;  i  nn  die- 
jenigen Eigenschaften  der  Oscillauoiien ,  vuu  deacu  der  6ciiaii  abhängt, 
waren  «chon  Tor  der  Rcdinung,  den  Physikern  nnmitidJMr  an*  Be- 
trachtung der  aka«tischen  Ersdieinnng^n  bekannt. 

Man  wufstc  vor  Newton  und  Taylor,  dafs  die  Empßndung  det 
Schalles  durch  Oscillationen  der  Luft  entstehe,  und  dafs  diese  meisten« 
durch  Oscillationen  fester  Körper  eiTCiJi  werden ;  dafs  die  Luft  in  Blas- 
instrumenten Eongiindinal -Oscillationen  mache;  dafs  alle  diese  Oscilla- 
tionen vollkommen  gleichzeitig,  und  ihre  Schlage  luigcmein  schnell  seyn 
mfitten,  wenn  die  Empfindung  eines  Tones  enistdien  soll;  und  dafs  die 
Höhe  des  Tones  von  der  bestimmten  Aniahl  der  OHeillatiamoSdiläge 
in  einer  Sekunde  abhänge.  Man  kannte  ferner  den  Zusammenbang  der 
musikalischen  Intei'valle  mit  der  Schnelligkeit  der  Oscillationen,  und 
Smivoiir  halte  schon  vor  Taylor  auf  eine  sehr  «innreicbe  Art  versucht, 
die  Anzahl  der  Oscillationen,  die  ein  Ton  von  besiimmier  Höbe  er- 
lordert, dorch  Beobachtiuig  zweier  Orgelpfeifen,  die  heinahe  densel- 
ben Ton  gaben,  au  bestlmaiett.  In  naäaicfat  aller  dieser  Gegenstinde 
gewann  aber  die  Akustik  durch  die  Mathematische  Theorie  nicht 
neue  Wahrheiten  imd  vergröfserten  Umfimg,  sondern  nur  gröfsere  Be- 
stimmtheit und  Evidenz.  Was  sie  durch  die  mathematische  Theorie  ge- 
waim,  war  hauptsachlich  die  besümmie  Kenntnifs  der  Gesetze,  nach 
welchen  die  Höhe  des  Tones  von  der  Grö£se  und  Masse  und  von  der 
Spannung  oder  Elasticität  der  oecilllrenden  Theüe  abhüngt.  Die  eni» 
scheidensten  Untersuchungen  Vierdanken  wir  dem  Scbarfiiittn  des  treff- 
lichen Lagrange,  der  so  wie  ndirere  der  genannten  bernhnten  Miimer, 
einst  eine  Zietxlc  unserer  Akademie  war.  Er  zeigte  in  seinen  höchst 
scharfsinnigen  Hecherchet  sttr  la  fovpa^tion  du  son         worin  NeytWa, 

(i)    MUceUaaea  Taurineasia,  2<mm.Ic^1L 


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jUber  die  Grundlehrm  der  Akustik, 


Taylor,  uud  alle  seine  Vurgaoger  gefeiili  halten,  Udd  wie  dia.üntersuchui^g 
MinigreifeD  wi»  um  nidit  iittr  üoblerfrnie  lUnnltat«  werhalM.  soBdcrn 
micb  «tleik-  FMeningo*  der  streagsleii  Methode  Genüf^  «u  kitiepp-. 

Deinohngeäplitet  kann  man  aidit  Mfun»  daCi  Lagrange  eine  voll- 
itKndige  Theorie  der  OsciUaüoQen  geliefert  h^ie,..  Noch  ist  mehr  aU 
ein  Problem  rückständig,  dessen  Auflösung  man  Ton  den  Foriscliritten 
der  Annlysis  und  hohem  Mechanik  erwanen  /mufs.  Dahin  i2;ehüi  i  die 
Berechnung  der  Oscillauohcn  ganzer  Flachen,  desgleiclien  die  Theorie  des 
Ueberganges  der  Oioilletiomn  aus  einer  Materie  in  wnt.  «q^Mitige.  In 
Aaediiing  diesirt  iet^iern  Problctn«  adjeinep  die  gettaimteHsgUoliw^t 
ner  nodi  gu*  nicht  »of  die  IKoth wendigkeit  diese^j3[)^i4?jau|iq<il«ui| 
geNvordqn  zu  seyn,  denn  alle  von  Newton  bia  auf  LngiVtl9ge«  i  betrachten 
immer  nur  die  OsciUatiooen  in  so  fern  sie  in  einem  und  demselben 
Mittel  statt  finden ;  erwähnen  aber  des  Uchei-ganges  aus.  einem  Mittel 
in  das  andere ,  entweder  g(ir  nicht ,  oder  so  ^Is  ob  Ucräclhe  gar  kei« 
ner  eigenen  ^Theorie  bednile.  Wir  «enden  't^^jttlkWj  .dafi.'iniin  .obms 
eine  genanece 

attn  akusii«rfi«n  ErM^innngen  gpur^kelne  befiMdigenA».  i^kIäfU]ig.|(ali4n 
iSnnc  ('). 

Die  genannten  Analytiker  haben  also  in  der  höbern  Mechanik  noch 
eine  grofse  Lücke  auszufüllen  übrig  gelassen ;  nämlich  die  Entwicklung 
der  Gesetze  nach  welchen  kürperliglt  s.icb  beruh v^n de  Pickte)  bewe» 
fend  auf  einander  irirken«  we^n  aie  aiish  Wf^i*f\takifi\^mHf>e^ 
gensei ti gen  Spann uQfg  Befinden.. .Die  |l«k4mtfen^Ge«9Kf  lleä'.^n't 
Moläei  aetten  eine  iolche  Spannung  nicht  vorap»;  .«den  Ei:fb}g  nach  dl^ 
sen  Gesetzen  kann  also  auch  eigentlich  nur  dann  vollkommen  statt  fin- 
den, wenn  die  sich  berülncndcn  Korper  als  frei,  »Uo  fn  einfqi  von  al- 
ler widerstehenden  Materie   leeren  Raum   angenommen  -werden,  lind 


(i)  Einige  neuere  Analytiker  in  England  und  Fi-anlurejcb,  bcfondetrs  Fresncl  und 
Pai««Ott  «dwaieB  in-  te-Hwi  im  Thaane  bedcntead  iMlv  ffaliilirt  m  UUn;  :ilc«& 

nicht  in  BnicUung  auf  den  Schall,  sondern  auf  das  I.icht.  Ali«  i  dli-  Vrrhältnissr  des  Vrr- 
iastcrs  haben  ihm  i^ch  nicht  erlaubt,  sich  mit  Rieten  Arb^iim  genau  li^kann^zu  machen^ 
«•Mmi  iDdewen  fii'r  im  gegeowlfrtige  AUundlimg  nScIit  BMtiwenilig  '  Mlnai«  'üi,  mkm 
mehr  dm  Zweck  Ii  t  /  i  /l  ij^cn,  wtt  «Bc  BaoineiiaMH,  A'iwldi^-Rcchiitiög  über  flS^'G»- 
«etee  der  Oscülabonen  lehre.      i'  .,.  ■   ♦»  ..rift.i  r  »  .u.ii.  t  'y 


'F  I  'S  e  B  s  K 


für  diesa  'Vörausseizuny  hai  man  in  der  Tb«t  die  Thcoiie  der  Bewegun- 
gen zu  einem  völlig  befriedigenden  GvaA  der  Vollendung  gebracht.  Für 
die  BewegimgOi  hn  Zustande  der  Spannung  aber,,  nnd^die  oben  eiv 
■«t2bn(Mi>HclMrlUniiig^  Dntevfiidiungen  vAm  dieOsciBatiflnen  in  gleicb- 
a^lig^tf'Miueln  ein  sein  scIiUizonswerther  Anfang,  aber  in  der  Tbat 
ancb  iktti*  em  ^nfi^ng ,  der  die  Möglicbkeit  einer  vollstindigen  Ausfüh- 
rung »Tisch ;ut1?c1i  niaclit,  die  aber  in  der  Thal  nichts  weniccr  nls  leicbt 
seyn  dnrf'r.  Nnrliwendig  isi  .-»her  solche  Ausfi'Uiruiig :  denn  alle  Bewe- 
gungen innerhalb  des  llaumes  wo  wir  leben,  geschehen  zwischen  kör- 
perlichen Theilen ,  die  sich  im  Zustande  einer  gegenseitigen  Spannung 
bendtten.  ■  Und  ttUiu  darin  dürfte  vielleicbt  der  eigendiche  Grand  Ue- 
g0ii»  iifiMmm:,dfe  ^pfflAcsten  Fonndn'  der  M^anik.  dennoch  oft  so 
sonderbar  von  der  Wirklichkeit  abweichen,  trie  z.  B.  Newtons  Fonttd 
für  die  Geschwindigjbeti  des  Schalles. 

Sflb^r  die  \<}oo  t>iiier  allgemeinen  Spannung,  in  welcher  sich 
alle  körperiictie  Punkte  nicht  nur  im  Innern  der  Körper,  sondern  auch 
in  der  Oberfläche,  wo  sicii  ungleichartige  Materien  berühren,  befinden, 
(der  Aggregauustand  beidär  sey  wie  man  will),  gehört  au  den  Ideen,  die 
euie  sehr  feine  Analyse  aller  Erscheinungen  Toraussetaen,  und  daher 
em  nsieh  und  nach  sum*  daiilidieii  Bewnfstseyn  in  dem  wtenschlidien 
VcttVtellungsvermögen  gelangen  können. 

-  Haue  ich  auch  in  den  Jahren  des  kraftvollen  männlichen  Alters 
2«  meinen ' Kräften  das  Vertraiion  haben  dürfen,  die  Auflosnnf^  so  schwie- 
riger Aufgäben  zu  vei^suclicn,  so  war  dieses  doch  unmüghch  in  den  Ver- 
bitlinissen  nicht  nur  eines  Schulmannes,  sondern  überhaupt  eines  ander- 
weitig beschefiigien'  Gelehrten  i  dam  Untersuchungen  dieser  Axt  erfbv» 
dem  nidil  WoeheiS  und  Monate »  sondem  Jahre  dnnir  'uiigpstSrien  wis- 
ienschaftHehen  Miiliie. 

Unausweichlicli  gezwungen,  auf  ein  höheres  Ziel,  was  mir  tot« 
schwebt,  zu  verzichten,  habe  ich  mir  ein  näheres  leichter  erreichbares 
gewählt.  Der  vollständigen  mathematischen  Theorie  eilt  gewöhnhch 
eine  empirische,  d.  i.  nnmiuelbar  aus  den  Erscheinungen  abgeleitete 
voraus.  Kepler  entdeckte  die  Uaupigeseue,  unter  welchen  die  Bewe* 
gungen  der  ^gj^netfu  stehen,  du^^  «ine  adir  mfihsawie  ^tiifferang  ans 
ihrem  scheinbaren  Lauf,  ehe  Newton  diese  Gesetae  aitf  die^enien  Gromt 


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dfar  die  Gnuidieltrtn.  der  Akustik. 


79 


Befpriff«  TOD  der  Bew^mig  nuücifCdnte.  Eben  to  keimte  nan  die 
Bmplgeselte  der  akustiflchen  OsdUationen  aui  iuiiiiitieU»rer  Beacbtung 

der  Ersdienmngen  ffäher»  als  die  genannten  Anal)>iiker  ihre  raiicniale 
Theorie  erfanden.  Ja  man  kann  behaupten,  dafs  den  rein  maihema- 
tischea  Theorien  phvsikahscher  Erscheinungen  allezeit  eine  hlols  auf 
Erfahrungen  beruiiende  vorausgehen  müsse,  wenn  Malbemalik  und 
Physik  Schrill  lialien,  und  in  gleichem  Grade  zur  YoUkoaunenheit  reifen 
sollen.  Es  labt  sidi  erweisen,  dafs  die  wduii^ten  Erweitcrtt&gen,  wddie 
die  llbdieinatik,  Besonders  in  dem  TctflkiaencB  Jahrhundert,  in  dem 
biete  der  böhern  Analjsw  and  Mechanik  erhalten  hat,  fast  ohne  Ans» 
nähme  veninlafsi  sind  durch  Prohleme,  -welche  die  Naturlehre  aufsiellte. 
Mathemalische  Theorien,  die  nicht  diesen  Ursprung  haben,  und  welche 
nicht  etwa  blofs  zur  Vervollkommnung  schon  hegründeier  Theorien  die- 
nen, sondern  als  ganz  neue  und  isoline  Ei*zeugni8se  im  Gebiete  der  Ala- 
themaiik  da  stehen,  haben  als  blofse  Wahrheilen  einen  unbestrittenen 
Werth ,  aber  «richtig  und  fhiditbar  irerdm  sie  erst  denn,  wenn  sieh 
^eichsam  lufalli^,  eine  Art  Ton  Nätaversdiencnuigen  an  sie- ansehÜefetj 
So  war  bisher  die  Theorie  der  regulären  Körper  eine  rein  mathema- 
tische Speculaüon,  und  hmtte  als  Wahrheit  ihren  unbestrittenen  Werth; 
aber  durch  die  Entdeckimgen,  die  nenerhch  über  die  Stmcmr  der  Kry- 
stalle  gemacht  worden ,  hat  sie  offenbar  an  Wichtigkeit  und  Fruchtbar- 
keit ungemein  gewonnen.  Je  mehr  aufzulösende  Aufgaben  also  die  Na- 
toriehre  der  Mathematik  Torlegt ,  desto  mehr  fruchtbare  Erweiterungen 
der  maihematisdien  Theorien  darf  man  erwarten«  SoU  aber  dieser 
Zweck  sicher'  envidit  werden ,  so  mufs  die  Natoridire  ihren  Anfgaiben 
die  gröfste  Bestimmtheit  zu  geben  suchen.  GesohietMrdieses.  nklit ,  so 
wird  der  Mathematiker  mit  allem  Scharfsinny  den  er  anwendet,  dennoch 
keine  ▼oUständigcn  und  erschöpfenden  Theöinen  zu  Stande  bringen.'  So 
fand  Lagrani!;e  die  Probleme  der  Akustik  noch  nicht  Tollsiatulit;  von  den 
Physikern  aufgestellt,  und  um  etwas  bestimmtes  zu  ermahnen,  so  ist 
seibit  jeist  nodk  der  Begriff  der  Resonsäss  nidift  aekarf  genug  beü&naifte 
denn  man  scfaidlA  der  Resonans  Bfsclieiniigen-  an  >  >iiie  gan^mcblb^Aitt 
ihr  nemein  beben«  Es  ist  daher  kein  Wunder,  daft  Legran^iindNttncb 
weniger  seine  Vorgänger  eine  Toliständigt* ,  d.  i.  auf  «iUe  Fälle  aMfend^ 
bare  Theorie  geben  konnten«  Es  effgiebi  eidi  kierebe  sehr  beertfcimtt'  wee 


80  '  -• '     F  I  s  c  B  B  a  ^ 

dfw  Himptg^Mhlft  -des  Naturfoncjheis  'sej>  und  $ejii  mfiMe.  Er  muU 
die  Gesetze  der  Ertcheinungen  aus  den  Erscheinungeii  selbst 

so  genau  als'  möglich  zu  bestimmen  suchen.  Er  kann  dabei 
deiti  Hälfe  der  IVIathemaiik  nicht  entbehren ;  dodi  ist  es  mehr  der  Geist 
mathematischer  OrdnTinc;,  Dniiiliclikeit  und  Genauitrlieir ,  nh  die  Kennt- 
nifs  der  bfihwn  Iicciiniingeu.  Denn  in  der  Tliat  sind  t^egenwärtig  Ma- 
thematik und  Physik  so  überaus  weitlä'uftig  geworden ,  dais  in  einem 
Kopfe  nicht  Umfang  genug  fiiir  bdde •  "Wissensdwften  ist,  d.  h.  jBS  ist 
«0-  unmöghch,  dafs  der  Physiker  ein  ToUendeier  BbthemMiker,  als 
ein  ToUendeier  Phj^siker  sey.  ^bdcet-  al>er.  derPhysflter  den  Ma- 
theiiker  *uf  die  angedeutete  Art  wor,  so  itt  ddulw,  ^s  Beide  Wis- 
senschaften gewinnen  \<rcrden. 

Ich  habe  Tersucht ,  dieses  in  Ansehung  der  iUcustik  zu  leisten, 
indem  ich  theib  für  die  Falle,  die  schon  als  iheoreiisch  feststehend  an- 
zusehen sind,  theils  für  die,  wo  die  Theorie  noch  mangelhaft  ist,  die 
UauptersdieinungeB  und  die  .Oeselae  derselbeB,  so  fem  sie  emprisdi 
erkeiinbar  -sind,  'snf  dcuiKche  Begriffe  su  Imngen  g^sudit  habe.  Hiemit 
ist  der  Zweck  und  Inhalt  der  gegenwärtige  Abhandlung  ausgesprocben; 
Nvübei  ich  nur  um  gefällige  Nachsicht  bitten  nrnfs,  wenn  idi,  um  Deuti» 
liebkeit  und  Ueberzeuguiig  zu  bewirken ,  manches  Bclannrc  niclit  mit 
Stillschweigen  übergehen  kann,  wobei  ich  mich  indessen  aller  K.ürze, 
welche  nur  der  Zweck  zuläist,  beüois^igen  wei^e. 

./  Von  Osdllalionen  überhaupt. 

'§.1.    Oscillationen  nemw  ich  di^enige  Art  «OH  penddanigan 

Scbwingung^ha  oder  Vabrationen,  wdcfae  innerhalb  so  enger  Grenzen, 
die  ich  die  Oscillations  -  Wei  t  e  nenne,  geschehen,  dafs  sie  sich  in 
den  meisten  Fallen  der  unmitlelbaren  Wahrnehmung  rni/'ir«hpn  .  ja  in 
manchen  Fällen,  im  eigentlichsten  Sinne  des  Wortes,  unendiichklein 
stjwi  dflflften»  '  Da  aber  alle  wissenschaftlichen  Forschungen,  wenn  sie 
grtedlibhiiseji^ii  söHen ,  -wn  ganz  beaimumen  und  möi^Sdhst  deudtdoi 
GvundbagrifiBen;  arosfeeBen  müssen.,  so'  ist  noibwendig,  zuerst  couges  AU> 
gceseiiMc  über  diejenigen  Eigenschaften  idkr  körperlichen 
ans  m  schicken -wodnrck  OsoiUatignen  möglicb  werden. 


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über  die  Grundleliren  der  Akustik, 


81 


§.  2.  Die  Möglichkeit  osdUirender  Bewegongeii  beruhet  darauf, 
dafs  «lle  Theile  der  um  umgebenden  körperlichen  Ibterie  stdbi  in  dem 

Zustande  einer  gegenseitigen  Spannung  l)»-fiiulen .  rermöge  deren  die 
relative  Ruhe  der  Theile  gegeneinander,  nida  d;ilier  rührt,  weil  keine 
.Kraft  auf  sie  wirke,  sondern  daher,  weil  jeder  TJieil  nach  allen  Seiten 
gezogen  oder  gctncbcn  wird,  durch  Kräfte ,  die  sich  gegenseitig  ins 
Gleichgewicht  geseizt  baben.  Eine  •<Jdie  %Ninnung  findet  nicbt  nur 
in  dem  Innern  eine*  jeden  gieicbartigen  Kdrpers  ohne  Auuuhme  auu, 
«ondem  sie  entsteht  nothwendig  aucb  bei  der  änüsem  Berubning  un- 
gleichartiger Materien,  also  mit  einem  Wort  überall  in  der  uns  xunge- 
bendcn  Körpemelt.  Man  pflegt  diese  S})annnng  ziemlich  allj^emein 
Elasticitiii  zu  nennen;  gegen  welchen  Ausdruck  nichts  zu  sagen  ist, 
wenn  dadurch  blofs  die  Thatsache  einer  allgemein  vorhandenen  Span- 
nung bezeichnet  werden  soll.  Als  Benennung  einer  Kraft  aber,  die 
nadi  bestimmten  allgemeinen  Geaetien  wirke,  ist  die  Benennung  zu  un- 
bestimmt; denn  es  läftt  sieb  letcbt  sichtber  macben,  dafs  diese  Spannung 
von  mehreren  unterschiedenen  Kiiften  herrühre ,  und  dafs  sicli  beson- 
ders die  verschiedenen  Aggrcgaisoslände  der  Köi-per  in  dieser  Rücksicht 
unläugbar  und  tuizweideulig  von  einander  unterscheiden. 

§.  3.  Bei  luflförmigen  Körpern  liegen  die  Kräfte,  welche  eine 
öpaimung  aller  Theile  hervorbringen,  am  deutlichsten  vor  Augen.  Sie 
ist  die  Folge  einerseits  Ton  der  ExpansiTkraft  der  Luft»  andererseitt 
aber  vcm  einem  blofsen  äufsern  Drucke;  im  Freien  Ton  dem  Ge- 
wiebt  der  ifiberatcbenden  Luft;  in  gesdilosscoen  Gefiilsen,  tod  dar  Go- 
hSsionskraft  der  sperrenden  Wände.  Dieser  äufsere  Dnidt  ist  gewöhn- 
h'ch  von  einer  beständigen  Gröfse;  die  Gesetze  der  Expansivkraft  aber 
sind  hinlänglich  bekannt.  Sie  vcrhäli  sich  bei  gleicher  Temperaiur  wie 
die  Dichtigkeit,  und  bei  gleicher  Dichtigkeit  wie  die  Temperatur  nach 
dem  Luft-Tliermümetei\ 

$.4.  Btt  tropfbaren  Körpern  ist  scbon  das  Spid  der  tbätigaK 
Krifte  nidii  so  ein&dii  |a  man  mufi»  bei  ihnen  eine  doppelte  Art 
der  Spenmung  unterscbetdäi.  Die  eine  hängt  ab  cinersieita  Ton  der 
Sebwere,  dem  Druck,  sich  durch  alle  Theile  der  Flüssigkeit  verbreiuit, 
andererseits  von  dem  Widerstand  der  unten  und  seitwärts  sperrenden 
Wände.  Sie  besteht  also  eigentlich  in  nichts,  als  in  dem  hydrosia- 
Ph/s,  Klasse  iä24.  L 


83  Fiscnsa 

tischen  Gldcbgewicht.  Von  einer  fretoi  Ei^aiisivknift  seigt  «idt  bei 
tropflMuren  Flüssigkeiten  keine  Spur. 

Dagegen  ist  man  genöthii^t ,  bei  jeder  solcher  Flüssigkeit  noch  das 
Daseyn  einer  eigenen  Spannung  anzuerkennen ,  die  lediglich  von  dem 
Daseyn  einer  innem  zwischen  den  Theilen  herrschenden  Attractiv-  und 
Rcpiilaivknft  hemihrt ,  deren  Gesetse  eigentlich  noch  gkr  nidit  wiictw 
«ncht  dnd,  und  Tor  der  Hand  nur  nach  Analogien  aniieipirt  werden 
müssen.  Wire  ei  auch  niicht'in  neuem  Zeilen  durch  Perkin*s  directe 
Versuche  erwiesen,  dafs  Wasser  durch  mechanische  Kraft  ein  wenig 
zusammengedrückt  werde,  und  wenn  der  Druck  nachläfst,  wieder  zu 
seiner  ei'sien  Dichtigkeit  zurück  kehre,  so  müfsie  man  doch  das  Daseyn 
solcher  Eigenschaft  schon  deswegen  cinrätiraen,  weil  man  sonst  gar  kei- 
nen deutlichen  Grund  angeben  könnte,  warum  sich  jeder  Druck  durch 
eine  Flüssigkeit,  nidit  blofr  in  där  Richtung  des  Drages,  «ondcn  nach 
allen  Sdien  in  f^icher  Stäike  for^flanae.  Auch  ptSbf^  es  eine  Mcng^ 
anderer  Erscheinungen,  weldbe  diese  Yorausseianng  au  madien  nötlugen, 
und  besonders  würde  man  schwerlich  ohne  dieselbe  die  Entstehung 
akustischer  Oscillationen  im  Wasser  begreiflich  machen  können,  deren 
Daseyn  doch  nicht  bezweifelt  werden  kann. 

§.6.  Elasticiiai  oder  Federkraft  im  enj^eren  Sinne  des  ^\  or- 
tes  findet  nur  bei  festen  Körpern  statt,  ist  aber  eine  allgemeine  Eigen- 
schaft derselben.  Feste  Körper  seigen  kdne  ^ur  von  einer  freien  Ex« 
pansivkraft  oder  Gontractirkfaft,  nodi  von  einer  solchen  Bewegiichkeit 
der  Theile,  wie  wir  sie  bei  Mssigen  Körpern  finden,  sondern  im  Ge- 
gentheil  ein  Bestreben,  in  einem  gewissen  Zustand  zu  beharren.  Doch 
können  durch  Drucken ,  Ziehen ,  Beugen  oder  Drehen  einzelne  Thcile 
ein  wenig  aus  ihrer  naliirlichen  J Mpy  j^fhrachl  werden ;  aher  nkdann 
zeigen  die  Theilc  jederzeit  das  bc^sireben  in  ihren  ersten  Zu&land  zu- 
rfickaukehren ,  sobald  die  störende  Kiaft  nachläfst.  Ist  diese  störende 
Kraft  nur  schwach,  «o  geschieht  die  WiedechcrsteUnug  des  «mten  Zu- 
Standes  vollständig.  Ueberschrntet  diese  Kraft  eine  gewisse  Gröise,  so 
aeigt  sich  zwar  aucli  jcizi  noch  das  Bestreben  den  ersten  Zustand  her- 
austeilen ,  aber  die  Herstellung  crlblgi  unvoUatändig.  Jenes  nennt  man 
die  Wirkung  einer  v (i  1  Ik ontmen  en  ,  dieses  einer  unvollkommenen 
Elasticitat.    Beide  linden  bei  jedem  feste»  Körper  statt,  nur  sind  die 


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über  die  Gruiidlchrcii  der  Ahusuk.  '  83 


Gränzen  beider  sehr  verschieden,  und  bei  Körpern  die  man  gewöhnlidi 
unelastisch  nennl ,  sind  sie  sehr  engo.  !^Ian  würde  sich  aber  von  der 
Elasticiiiii  harter  Kol  per  eine  uni  ic  hiiye  Vorstellung  niaclien,  wenn  man 
annehmen  wollte,  dais  ihre  Theile  nur  einem  starken  Druck  nachgäben. 
Hill  in  vidmehr  genoilu^  aiwniidinient  kiMite  Drnc^»  an  der 

berfihrtaK  Sidle  daige  wiewohl  unennefsUdk  Ueine  Zunmmeiidrfickiui^ 
hervorbringe. 

§.  6.  Die  Elaslicität  gehört  unstreitig  ui  dea  eigenihümlichen  Wir- 
kungen der  Gohäsionskraft.  Aber  die  Gesetze  ihrer  Wirkungen 
(3ürf»en  wohl,  wie  ich  glaube.  Stoff  zu  manchen  sehr  wichtigen  Unter- 
suchungen geben.  Doch  hnt  sirh  aus  einer  Menge  angestellter  Versuche 
ein  allgemeines  Gesetz  ergeben,  welches  in  den  Griinzeu  der  voUkom- 
BMDen  jSbfticität,  entweder  genau,  oder  mil  einer  groben  Annährmig 
riditig  iai.  Ei  «ei  wdf  Fig.  1.  dn  Punkt  eines  festen  Körper»,  nnd  er  sei 
duxcb  Dmdk  otbr  Zug,  dnrdi  Beugen  oder  Drehen,  aus  der  Stelle  A 
in  B  gebracht.  Hat  die  Kraft  die  Gränze  der  vollkommenen  iSastidtat 
nicht  überschritten,  so  strebt  der  Punkt  nach  A  zurück  mit  einer 
Kraft,  welche  der  Entfernung  proportional  ist*  So  Ter- 
hielt  es  sich  wenigstens  bei  gespannten  Saiten. 

Aber  die  ueuern  Knldeckuncen  über  die  Struclur  der  Krjttalle 
deuten  eiif  hfiditt  meiiwfirdigc  JLi^euihumlichkeiien  der  Cdiasionskraft, 
deren  Geaeiie  aber  vor  jetct  noch  in  ein  liemlich  tiefe»  Dnnkel  gehulk 
«nd,  deren  fiithäUnng  ebtar  der  h9hem  Mechanik  ein  gans  neues  Feld 
eroffnen  diliftc.  Diese  Entdeckungen  letten  es  nämlich  ausser  Zweifel, 
dafs  derPurki^,  er  sei  im  Innern^  oder  an  der  Oberfläche  eines  festen 
Körpers ,  nicht  in  allen  Richtungen  mit  gleicher  Kraft  gezogen  wird, 
tmd  ziehet.  Daher  wird  er  auch,  wenn  er  aus  yi  nach  B  geU'iebea  ist, 
nicht  in  allen  Fällen  mit  gleicher  Kraft  zurückgetrieben.  CM>  diese 
Kraft  nmt  miter  allen  Umsiänden,  wenn  der  Punkt  ^wm  B  nach  J  an- 
rfidtkehrt,  wie  die  Entfernung  von  A  abnehme,  ist  wahrscheinlidi,  eher 
nicht  unmiltdbar  deutUch,  und  würde  erst  nach  den  Grundsätzen  der 
h6hem  Bewegungslehre  ausznmiltdn  s^.  Aber  der  Mathematiker  wird 
«ich  immer  nur  auf  Hypothesen  stützen  müssen,  so  lanj^e  ^irh  i\ev  Na- 
tiuforschcr  der  Gesetze  dieser  Kräfte  die  nur  in  der  Berührung  wirken, 

L2 


84 


F  t  S  C  B  B  R 


imd  in  versdiicdenen  RirJiiungcn  ungleiche  Spannung  bervorbringeni 
noch  nicht  vollsuimüg  })ctuachiigt  hai. 

§.  7.  Dadurch  dafs  die  GeseUe  der  Expan^ivki^t  der  Lufi,  und 
der  ElMticiuii  gespannter  Saiten  hinlüngüdi  bAannt  sind>  i$t  e«  möglich 
geworden,  z*irei  Grundprobleme  der  Aküsiik,  die  Oseillationen  der  Luft 
und  gespannter  Saiten  der  Rechnnng  su  nnterwerfien,  und  ihre  Geaetie 
mit  mathematisclicr  Genauigkeit  zu  bestimmen. 

Ich  setze  diese  Theorie  als  bekannt  voraus,  und  bemerke  blofs  zur 
Versiiindlichkeit  alles  folgenden,  dafs  wenn  Oseillationen  entslelien  solK-n, 
unrniiielhar  nicht  der  ganze  Koiper,  sondern  nur  einzelne  Theile  dessel- 
ben in  Bewegung  gesetzt  werden  müssen.  Denn  ein  Stöfs,  der  gegen  ei- 
nen Thcil  eines  Körpers  geriehlet  ist,  wirkt  immer  anmltteUm  nur  euf 
diesen  Theil,  und  theflt  ndk  erst  ntdi  und  nach  der  fibrigen  Masie  mit. 
Daher  bewirkt  nicht  nur  bei  der  Luft,  swidern  bei  jedem  Köiper,  ein 
Stöfs,  der  irgend  einen  Theil  um  eine  äufserst  geringe  Weite  aua  leiner 
natürlichen  Lage  bringt ,  allezeit  eine  Verdichtung  der  Masse  an  der 
Stelle  wohin  ein  Punkt  derselben  getrieben  wird,  welche  in  jedem  Fall 
dadurch  in  eine  ciljöhtc  Spannung  verscizi  wii*d,  aus  welcher  das  üe- 
streben  entsteht,  in  die  erste  Stelle  Kuriickztikehren. 

$.8.  Es  ad  nnn  wieder  Fig«  1*  ein  ans  seiner  natfirüciien  Lage 
nach  Bf  innerhalb  der  Grenzen  der  Ycllkonmenen  Eksddtit  Terrfickter 
Punkt,  so  sieht  man  leidht  ein,  dafe  er  mit  znneiunender  Geschwin- 
digkeit, aber  mit  abnehmender  Beschleunigung,  nach  ^  zurück- 
kehren wird,  (die  Besclileiinii^ung  in  jedem  Punkte  D  sei  dem  Abstand 
von  yj  proportional  oder  nicht).  In  J  ist  dalier  die  l?e?chleiuugung 
Null,  die  Geschwindigkeit  aber  ein  Alavirnum.  Dahei  kann  er  in  y/ 
nicht  stiUsiehen,  und  wäre  seine  Bewegung  fi-ei,  so  wüi-de  er  bis  C 
gdien  (veua^CisstjtB)t  uaA  alsdann  fortfahren  swisdiea  B  und  C  wie 
ein  Pendel  bin  und  her  m  schlagen.  Abel>  seine  Bewegung  ist  nicht 
frei.  Denn  \\egen  des  Znsammenhanges  mit  dei*  übrigen  Masse,  kann 
er  nielii  oscilliren,  ohne  die  ihn  berührenden  Theile  mit  fortsadrücken 
und  zu  ziehen.  Soviel  Bewegung  er  aber  anderen  Punkten  mittheilt, 
eben  soviel  verliert  er  an  seiner  eigenen.  Die  zweite  iiälfte  de?  Wet^e«? 
den  er  dui-chläuft,  ist  also  kürzer  als  die  ei-sie,  und  indem  er  von  6 


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liier  die  Grundlehren  der  Akustik. 


gdgen  A  zu rücl. schlügt,  w  irird  er  sich  auf  der  ersten  Seite  noch  we- 
niger von  A  enifeioien.  Kurz,  er  wird  in  den  allermeisten  Fällen,  nach 
sehr  wenigen  0';ciIlaiionen,  wie  man  an  jeder  Glaviersaiie  sieht«  wieder 
zur  Ruhe  kommen,  wofern  nicht  die  bewegende  Ki'aft,  wie  bei  dem 
Sureicheu  mii  einem  Bogen,  immer  fortwirkt. 

§.9.  Es  itk  aber  iheoreiiich  erwiesen,  and  dnrcb  die  BeobMli* 
rang  Tol}ltomiiien  bestidgt/ dafs  die  Dauer  einer  Oicillation  tou  der 
Grofse  der  Oscillaüonsweite  .unabhängig  ist,  so  dela  die  OsdUationcn 
desselben  Punktes  voUiommen  gleichzeitig  sind,  er  mag  zwischen  B 
und  C,  oder  nur  z^YisclJen  D  und  iT  oscilliren.  Wenigstens  vcrbäk  es 
sich  so ,  wenn  der  oscillirende  Punkt  nicht  über  eine  gewisse  Gränze 
aus  seiner  naiürlichen  Lage  heransgetrieben  wird.  I^a  ich  als  bekannt 
und  ausgemacht  voraussetze,  dals  die  Höhe  eines  Tones  ledigUch  von 
der  Dauer  seiner  Oscälaiionen  abhangt,  so  kann  man  sich  auf  die  ein- 
fachste Art  von  der  Gleichzeitigkeit  der  Oscillationen  fibenseugen,  wenn 
man  doi  Ton  dner  Saite  oder  einer  Stinamgabd  verklingen  läfst,  wo 
man  nicht  die  alkigeringiie  Veränderung  in  der  Höhe  des  Tome»  wahr- 
ndunen  wird. 

Unterschied  zwischen  urspriinglichen  und  milgetheiiten 

Oscillaüonen. 

§.  10.  Ursprfln glich  nenne  ich  eine  OsciDation,  wenn  ein  dn- 
ceb&er  Punkt  irgend  eines  Korpers  durch  einen  aufsern  Druck  oder 
Zug,  in  osctUirende  Bewegung  gesetzt  wird.  Mitgetheilt  nenne  ich 
sie,  wenn  ein  ruhender  Punkt  durclj  unmittelbare  Berühitmg  eines  schon 
oücillirenden ,  mit  zu  oscilliren  genüihigi  wird,  wobei  es  weiter  keinen 
Unterschied  macht,  ob  der  mittheilende  Pimkt  urspriiugUch,  oder  selbst 
schon  durch  Mittheilung  oscillirt. 

Bs  ist  nicht  schwer  einaoseben,  daft  miigetheilte  Owillaiioiken  an 
lieh  keine  andere  Geaetae  befolgen  kimnen,  als  ursprönglidie.  Denn 
wenn  an  Punkt  deswegen  occiOirt,  weil  ein  anderer,  der  dureh  Beinih- 
rung  und  Spannung  mit  ihm  verbunden  ist,  oscührt,  so  mufs  die  Be- 
wegung desselben  genau  in  dem  Maafse  r.n-  und  abnehmen,  wie  die  des 
mittheilenden,   üur  in  der  Vihrationsweite  kann,  wie  wir  in  der  Folge 


86 


F  I  s  c  ■  « 


sehen  %verclen,  zwar  eine,  aber  nur  im  «geinlichsten  SimM  UBendlieli 
Lleiue  Verandefuug  vorgehen. 

Demohngeachtet  bahe  ich  die  schärfste  Auflassung  des  Unierschie- 
des  zwischen  ursprünglichen  und  mitgeiheilten  Oscillalionen  für  so  wich» 
tig,  «hff  min  ohne  lÜflselbe  «dniverUch  m  dendichöi  Begriffen  vnd  Ei> 
Uiningm  über  akastiiclie  Erscheinnngen  gebogen  wird.  Denn  w  wer- 
den uns  in  der  Folge  nbeneagen,  dftfe  die  Dauer  und  die  Gröfte 
der  Otcill^tionen  in  einer  sehr  verschiedenen  Abhängig* 
It^eit  von  der  Beschaffenheit  des  Mittels  sieden,  in  welcliem 
sie  statt  finden,  je  nachdem  sie  ursprünglich  oder  mitge- 
theilt  sind. 

Anmerkung.  Dieaer  Unterscliietl  ist  bliher  entweder  ganx  üiiersehen,  oder  nicht 
gebSrig  bemtet  wovden.  CFater  Chladni  ist  der  emiige  mir  bdwBte  AknMi- 

ler,  ilfT  iliii  in  seiner  Akustik  (§.  163.  flf.)  bestimmt  auispriclit ;  rrir  nrnnt  Pr 
etgentbiimliche  0$cUlatiuiicn,  was  ich  ursprüngliche  aemie.  Doch  las- 
ten sieb  «US  der  geaauerea  Beacbloag  dieses  tjateiadiiedes  weit  mebr  fir  die 
Theorie  fniclilhare  Folpjeningrn  ableiten,  als  Chladni  in  stinem  schätzbaren 
Werke  abgeleitet  bat.  Die  matbematiecboi  Akustiker,  aelbst  Lagraage,  ken- 
nea  dicsm  Oalnsehied  gw  aidtt. 

Ursprüngliche  Oscillalionen. 

§.11.  Wenn  Thdle  eine«  Köipere»  anf  die  oben  (§.  8.)  besdixi»* 
bene  Art  am  oeciUiren  genöthigt  wei-den,  so  hangi  die  Dauer  eines 
Schlages  ganz  und  gnr  niclit  von  der  Stärke  des  erregenden  Anstofsct 
ab,  sondern  lediglich  von  der  Kraft,  mit  -welcher  die  verscho- 
benen Thcile'  wieder  in  ihre  natürliche  Lage  zunickgetrii  hca 
werden,  also  von  der  vorhandenen  Spannung  und  von  der  Masse 
der  Tertehobenen  Theile.  Der  Gmnd  ist  JUdii  ebansdien.  Inder 
Punkt  durch  iufsere  Kraft  aus  A  nacb  JB  getnelMD»  so  kann  er  nidit 
eher  anfangen  sn  osdlUren,  als  bis  dies«  «afiiere  Krsft  ihn  fni  la&t. 
Dann  kann  er  lediglich  derjenigen  Kraft  folgen,  mit  welcher  ihn  die 
vorhandene  Spannung  wieder  nach  ^  hintreiht. 

Von  der  Siarke  des  Stol'ses  hangt  blofs  die  Gröfse  der  Oscilktions- 
weiie  B  C  ab,  durch  welche  aber  die  Dauer  der  Schläge,  und  die  Höhe 
des  Tons  uidit  geändert  wird  (§.  9.). 


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über  ^  GnauUehren  der  Akustik.  87' 

§.  12.  Dieses  Geseu  der  ursprünglichen  OietUfttionen  >vürde  sich 
aehr  ToUsiändig  empirisch  erkennen  lassen,  vrenn  6S  nichi  Mhon  hinp 
reichcncl  durch  die  Mechanik  liegründet  -wäre. 

In  jedem  Körper  kann  man  unter  {gegebenen  Lmstanden,  nicht 
jeden  beliebigen,  soniiera  nur  ganz  befummle  Töne  hervorbringen.  In 
mraehen  nur  einen,  in  anderen  mehrere,  oder  eine  ganze  Reihe,  die 
aber  sSrnrndidbi  nach  bestimmieii  Yerhültniaaen  von  einander  ahhingen. 
Dietea  ist  Tonfiglich  der  ö^mstand,  über  iveldien  nnser  GUadni  durch 
seine  sinnreiche  Beobachiungsart  so  viel  Licht  verbreitet  hat.  Er  hat 
n'ämhch  gezeigt,  dafs  bei  dem  Oscilliren  sich  der  Körper  sehr  häufig  in 
mehrere  Theile  thcih,  welche  sämmtlich,  lerler  für  sich,  aber  gleichzei- 
tig, oscilliren.  Je  kleiner  nun  diese  Thcile  sind,  desto  hoher  ist  in  dei' 
Regel  der  Ton ;  doch  hat  auch  die  Gestalt  der  osciUirenden  Theile  und 
ihr  Ziuanunenhang  mit  dem  Garnen  Einflnia  damif ,  «eU  dadvrdi  die 
Kraft,  mit  welchei'  lie  in  ihrer  natfirlidien  Lage  eilialten  werden»  einige 
Aendemng  erleiden  kann.  Von  allen  Tönen  nun,  die  denudbe  Köqper 
geben  kann ,  raufs  einer  der  tiefste  seyn ,  und  diesen  nenne  ich  den 
Grundton,  die  übrigen  nenne  ich  Nebentöne.  Bei  dem  Grundton 
ist  es  klar,  dafs  seine  llülie  lodighch  von  der  Bescliaffenheit  des  oscilii- 
renden  Mittels  abhängt,  und  zwar  theils  von  der  SpüiuninL;  .  ibeils  von 
der  Masse  oder  Dichtigkeit  desselben:  denn  jede  Veränderung  in  der 
materidldi  BesehaflSsnheit,  oder  in  der  Gröfie  des  Körpers,  ändert  den 
Gnuidron>  nnd  da  die  Ndientöne  nädi  beitinunten  Gefeiien  vom  Grand> 
ton  abfafagen,  lo  ist  Idar,  dals  auch  bei  dieaen  die  Dauer  der  OMÜla* 
tionen  ganz  von  der  BeschufTenheit  des  Mittels,  in  welchem  sie  statt 
finden,  abhängt.  Bekanntlich  kann  audi  die  in  einer  langen  Röhre  ein- 
geschlossene Luftsaule  sich  nach  der  Länge  in  zwei,  drei,  vier  und  mehr 
gleiche  1  heile  iheileu,  wodurch  ausser  dem  Gnindton  in  otf'enen  Pfeifen 
eine  Reibe  von  Tönen  nach  der  harmonischen  Scale  hervot^ebracht  wutl. 
In  diesem  Fall  ist  bei  gleicher  Spannung  die  osdUirende  Hasse  venscikie- 
den;  also  die  Daner  der  OsdUaticm  wieder  Ton  der  Beiehaffiaihmt  des 
AOllcif  abhingig. 

Gespannte  Saiten  haben  da;;  ( ipt  nihümhdbe«  dafs  aufser  der  gan- 
zen Länge,  auch  die  Hälfte  oder  ein  Drittel  u.  s.  oscilliren  kann, 
also  auiser  dem  Gmndton  noch  ein  oder  an  Paar  Ifebentöne,  aber 


Fischer 


nur  fldi^vach,  mitLIingen  können.  Doch  gescliiehi  dieMS  nicht  immer, 
und  wenn  der  Ton  durch  Suwdien  mit  dem  Bogen  erregt  wird^  wie 
es  mir  sclu-iiu  ,  nie. 

Uebngcns  bemerke  ich  noch,  diUs  die  Nebeniönc  für  unsem  Zweck 
kein  besonderes  Interesse  weiter  haben,  und  dafs  zwischen  ihnen  und 
den  Grandtönen ,  so  fem  man  lie  eis  urspruxi^iche  - l»eu««faien-.  mal», 
kein  iresentUcfaer  Untersohied  ctatt  findet. 

Mitgeiheüfe  Oscillationen. 

€.  13.  Der  widitigsie  Unlcrschied  zwisclieu  urspi  üngUchcn  und 
mitgeiheilieti  O^cillaiionen  liegt,  darin,  dais  die  Dauer  t;iuer  mit- 
getheilten  Oscillation,  von  der  Spannung  und  Dichtigkeit, 
kurz  Ton  der  BesehaffenUeit  des  Mittels  in  welchen  sie  er- 
regt wird,  Tdllig  unabhängig,  und  in  jedem  Fall  der  mit- 
theilendcn  Oscillation  gleichseitig  ist. 

Der  Grund  dieses  Gesetzes  h'egt  nicht  so  tief,  dafs  er  sich  nicht 
auch  ohne  höhere  Rechnung  deutlich  machen  licfse.  Man  stelle  sich 
eine  Keihe  körperlicher  Punkte  A,  B,  C,  D,  E  u. s. w.  vor,  welclie 
sammtlich  cinauJci-  berühren,  also  unendlich  nahe  beisammen  sind,  so 
ist  ans  dem  oben  §.  2.  fT.  gezeigten  klar,  daü  «ie  simmtlidi  sidi  in 
einem  Zustand  gegenseitiger  Spannung  befinden,  vermöge  deren  jeder 
ein  wenig  ans  seiner  Stelle  gedrfingi  werden  kann,  dann  aber  alleaeit  su 
derselben  wieder  zurfick  2U  kehren  strebt,  und  zwar  mit  desto  gröfse- 
rer  Kraft,  je  weiter  er  aus  seiner  Stelle  gedrängt  worden.  E)s  macht 
hierin  keinen  wesentlichen  Unterschied ,  ob  wir  uns  diese  Punkte  aus 
gleichen iser  oder  aus  ungleichariic^pr  Mütes  ifi  bestehend  vorstellen  wol- 
len. Denn  auch  ungleichartige  Maiencii.  liic  sieh  berühren,  helindeu  sich, 
in  eüier  soldien  gegenseitigen  Spannung,  dafs  jeder  Punkt,  der  einen 
Uaterie,  ein  wenig  nachgeben  nnila,  wenn  er  von  einem  berfihfendeni 
Punkte  der  andern  gedrückt  wird  (§.  9.). 

Denken  wir  uns  also  die  Punkte  B,  C,  D,  E  u.s.  w.  ab  gleich- 
artig, und  in  Ruhe,  den  Punkt  aber  gleichartig  oder  anderariig,  aber 
in  Oscillation  gesetzt,  so  ist  klar,  dafs  der  Punkt  avciI  er  siMi  yonyi 
wegen  der  vorhandenen  Spannung  nicht  trennen  kann^  gezwungen  ist. 


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ü^r  die  Gnmdlehren  der  ^kusük. 


89 


gerade  so  Tor\värts  tu  gelien ,  wie  A  geht.  '  Schlägt  aber  der  Punkt 
A  zurück,  so  mufs  ihm  B  eben  so  nacbfoli^en.  also  völlig  Avie  A,  und 
gleichzeitig  niii  demselben  oscilliren.  Was  aber  A  auf  ß  wirkt,  eben 
das  wird  B  auf  C,  C  auf  D  u.  s.  f.  wirken,  und  es  ist  daher  klar, 
«kff  alle'  diese  Punkte  nadi  und  nach  gezwungen  werden,  gleichzeitig 
mit  ji  xtt  oeeillireii.  Daratu  fdgt  in^sen  luchl»  daÜi  die  OiciUaiions- 
woien  der  Pnnkte  C,  D,  E  n. «.  w.  eben  so  grob  alt  bei  dem  PanLie 
A  scyti  werden.  Denn  die  etile  Wirkung,  welche  A  gegen  B  ausübt, 
ist  in  jedem  Fall  eine  Zusammendrückung  der  hinter  B  liegenden  Theile« 
Hierdurch  entsteht  ein  Widerstand,  der  seihst  die  Oscillaiionsweile  von 
A  kürzer  macht,  als  sie  aufscr  der  Berührung  mit  B  im  leeren  Räume 
seyu  würde,  woraus  eine  alimaligc  Verkürzung  der  Oscillations- 
weiten,  aber  »cbt  eine  Yerkfinung  ihrer  Dauer  enuieben  mufs. 
Li  der  Folge  -wird  licih  Venmlessuiig  finden,  diese«  noch  geniner  au 
enntem* 

§■  1^.  Was  wir  im  vorigen  §.  ans  blofsen  Be^pitfiett  sn  erweisen 
gesucht  haben,  ergiebt  sich  auf  das  unzweideutigste  aus  einer  allgemei- 
nen akiisiischen  Erfahrung,  Tedermann  weifs,  dafs  die  Höhe  eines 
lones  nicht  die  geringste  Veränderung  leidet,  der  Ton  pflanze 
sich  durch  die  Luft ,  auf  einem  kurzen  oder  langen  Wege  fort,  er 
diwge  dnrdi  dänne  oder  didw  Winde»  oder  ifibeiliBiipt  dnrdi  Körper 
von  glitt  beliebiger  Besdiafienheit.  Sdkwicber  wird  wofal  der  Ton 
daiieh  die  Fortpfbnnuig,  aber  seine  Höhe  Torandert  er  nicht,  also  aueh 
nidit  die  Dauer  der  dcillaiionen. 

15.  Wenn  ich  behaupte,  dafs  eine  miigelheilie  Osclllation  in 
Ansehung  der  Dauer  jedes  Schlages  von  der  BeschafTenheii  des  Mittel* 
unabhängig  ist,  so  wird  damit  nicht  gesagt,  dafs  sie  in  jeder  Bezie- 
hung  daTon  unabhängig  sei.  Es  lälst  sich  in  der  That  in  mehr  als  einer 
Rockdchi  «ine  Abhängigkeit  nachweisen.  Besonders  gehört  dahin  die 
Geschwindigkeit,  mit  welcher  sich  die  OaciOatiönen  von  Punkt 
zu  Punkt  fortpflansen,  denn  diese  ist  von  der  Geschwindigkeit,  mit 
weldier  die  oscillirenden  Punkte  ihre  kleine  Bahn  zurückle  gen,  völlig 
unabhängig,  und  ohne  Vergleich  gröfser  als  diese.  Diese  Geschwindig- 
keit der  Fortpflanzung  ist  lediglich  eine  Function  von  der  im  fortpflan- 

Phjs.  Klaue  1S24.  M 


90  Fl90HBft 

Eenden  drittel  herrschenden  Spannung.    Lm  dieses  demlich  zu  machen« 
ist  zuerst  einiges  über  die  Geschwindigkeit  des  Schalles  tu  sagec^. 

Von  der  Greschwindigjkeit  des  Sdialles. 
§.  i6.  Alle  thfioretifche  Bestimmung  der  Getehwindigkeit  des 

Schalles  ist  unsicher,  da  Newtons  Formel  für  diese  Getdiivindigkeit  • 
in  der  Luft,  ob  ihr  gleich  die  allersirengsie  Prüfung  keinen  Fehler 
hat  nüchweisen  können,  dennoch  die  absolute  Gröfsc  }i  Icuteud  zu  klein 
aiigiehi.  Es  ist  aber  lür  die  wisscnschaflh'ehe  Begründung  des  physi- 
lialischen  Theiles  der  Akustik  dasjenige,  was  aus  Beobachtungen 
hianüber  bekannt  ist,  völlig  binreichdid.  Am  wichtigsten  ist  es»  die. 
Ge«diwindigkeit  des  SdiaHe«  in  der  Luft  sq.  Leiinen»  da  der  Sdnfl 
einan  menichlichea  Obre  fiuftentt  sdten  duvdi  ein  andere«  Mltti^  ab 
die  Luft  mitgetheilt  wird.  YHr  unsern  gegenwärtigen  Zweck  Mt  et 
hinreichend  zu  bemerken,  dafs  die  Geschwindigkeit  des  Schalles  voll- 
kommen gleichförmig  ist,  und  dafs  sie  mehr  als  fOOO  Fnfs  in  der 
Sccunde  beträgt.  Was  die  Forlpflanzung  durch  feste  Kiiqier  betrüFl, 
SO  ist  e&  zwar  viel  schwieriger^  sie  durcii  VWsuche  sicher  zu  bestimmen; 
indeiien  haben  gelegentlich  gemachte  BecAaditungen  gezeigt,  dak  tidi 
der  Schall  dnrcb  feste  Körper  noch  nn^eidi  schneller  ab  dnrdi  Lnft 
fortpflanit.  So  beobachtete  Biot,  bei  einer  gegen  3000  fnfi  bogen 
Wasserleitung,  die  aus  zusammengefügten  Röhren  von  Gnfseisen  be- 
stand, dafs  sieh  der  Schall  durch  dieses  Elisen  mehr  wie  zehnmal  so 
schnell  als  durch  die  Luft  fortpflanzte.  Andere  Beobachter  haben  diese 
Geschwindigkeit  durch  Holz  oder  aiidere  feste  Körper  SO  schnell  gefun- 
den, dafs  sich  die  Geschwindigkeu  nicht  scliatzeu  iieüs.  .  ' 

Diese  Beelhaehtiingen«  verbtinden  nütder  allgeiBeinen  Erfthiriing, 
dab  hohe  nnd  liefe  TSne  stich  mit  y&üg  gleicher  Geschirindigheit  dnrch 
die  Luft  und  durah  alle  'Kfirper  forl|iflänaen,  sind  mehr  als  hin- 
reichend, um  die  Unahhängigkoit  der  Fortpflananngp -  Geschwindi^tdt 
von  der  Oscillaiions  -  Geschwindigkeit  aufser  allen  Zweifel  zu  setzen. 

Beide  Arten  von  Geschwindigkeit  lassen  sicli  allgemein  auf  folgende 
Art  vergleichen.  Ein  Ton  mache  in  einer  Secunde  //  Schläge,  und 
sein  kleiner  Oscillationsratun ,   den  er  also  in      Secunde  zurücklegt. 


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tAer  die  Gmn^hnn  der  Akustik. 


91 


sey  5.  Die  Geschwindigkeit  des  Schalles,  also  der  Weg,  den  er  in 
einer  Secunde  zurücklegt,  sey  c\  so  legt  er  in  ^  Secunde  den  Weg  -| 
zurück.  Betrachtet  man  nun  die  Bewegung,  mit  welcher  ein  oscilliren- 
der  Pimk-t  «eine  Bibn  d]|rdiläu£t,  als  gleichförmig,  (was  bei  einer 
M  Ueineii  GrSfce  vefstäuet  itt),  lo  verhallen  tti^  die  in  ^^ichen 
Zeiten  gemedktieb  Wege,  wie  «S^**  ^^^^  beinelite  mih  einen  Ton, 
dessen  Oscillationen  ungemein  schnell  sind,  z.  B.  das  viermalgestrichene 
Cy  -welches  mehr  als  4000  Oscillationen  in  einer  Secunde  macht..  Man 
setze  i=0,01  Zoll,  ^' 1=  4000,  und  c=  12000  Zoll,  so  verhält  sich 
« :  =  1  : 300.  Bei  einem  tiefen  Ton  wird  das  Verhidiniis  noch  viel 
gröfser. 

Di  also  die  Geadiwindigkeit  der  Fortpflanwing  von  der  Oidlla- 
liona-Gesdiwindigkeit  uuabbängig,  und  io  weit  die  Bebbaditungen  nod 
Untarsadrangtu  reidten»  ui  jedem  Mittel  anders  ist,  ao  folgt,  daüi 
sie  iedijiUch  diurbh  die  Besdiafienhat  dea  fortpflansenden  lütteb  W 
atimmt  ist. 

§.  17.  Um  die  Art,  wie  sich  Oscillationen  fortpflanzen,  noch 
anschaulicher  zu  machen,  betrachte  man  die  Fortpflanzung  eines  Tones 
durch  die  Luit ,  und  zwar  für  jetzt  nur  in  einer  einzigen .  geraden 
ünie  AH  Fig.  2. 

Zwiadien  B.  und  C  oseUIire  ein  Pbnkt  (etwa  einer  gespannten 
S^te),  der  in  einer  Seennde  n  Sddage  macht.  Seine  natftriiche  Sfeüe 
sei  mitten  zwischen  B  und  C  in  Ay  und  et  sei  aus  derselben  auf 
irgend  eine  Art  bis  B  zurückgezogen,  vor  ihm  liege  aber  in  der  Linie 
BIT  ruhende  Lufi.  ist  nun  vn  überlegen,  was  in  der  Luft  ge- 
schehen wird,  wenn  man  den  Fuiikt  in  B  loslafst? 

Es  ist  klar,  dafs  er  wahrend  der  ganzen  Bewegung  von  B  bis  C 
gegen  die  ilm  nnmitudbar  bertfireDde  Luft  drfioLt.  Jedor  Druck  bringt 
aber  eimge»  irenn  auch  noch  ao  geringe  Verdichtung  hervor.  Die 
unmittelbar  durdi  den  osdllirenden  Punkt  Terdichtete  Luft  drückt  aber 
nun  eben  lO  tfÜtig  gegen  die  ihr  nächste,  und  diese  gegen  die  weiter 
liegende  ii.  s.  w. ;  kurz,  diese  Verdichtung  pflanzt  sich  auf  rier  Linie 
BH  schnell  von  Punkt  zu  Punkt  fort.  Die  Geschwindigkeit,  mit  der 
die  Verdiclilung  fortrückt,  ist  aber  nichts  anders  als  die  Geschwindig- 
keit des  Schalles,  die  wir,  wie  oben,  c  nennen.    JStm  legt  der  oscil» 

H2 


92 


F  I  S  C  R  B  K 


lirendc  Punkt  seine  kleine  Bahn  BC  —  s  in  ^  Secunde  zurück,  der  Schall 
aber  legt  in  eben  der  Zeil  den  Weg  rurück.  Man  nehme  nun  an, 
dafs  CD^DE  =  EF—FG=Gn  u.  s.  \v.  dieser  Grölse  ~  gleich 
sei,  so  ist  klar,  dafs  in  dem  Augenblicke,  wo  der  oscillirende  Pnnki 
die  Gnnte  C  erreidit,  die  erste  Luftverdiditung,  die  er  bei  den  An- 
fang seiner  Bewegung  in  B  berrorbnchte,  bis  D  fortgerOckt,  die 
jenseits  D  liegende  Luft  aber  nodi  in  Rnbe  und  in  ihrem  natürlichen 
Zustand  seyn  wird.  Hieraus  ist  nun  «berUar,  dafs  alle  Luft,  die  vorher 
ZYTischen  B  und  I)  ausgedehnt  war,  nun  in  dem  Raum  CD  zxisammen- 
gedrängt,  also  verdichtet  seyn  wird.  Diese  ganze  V  erdichtung  entsteht 
also  dadurch,  dafs  jeder  Punkt  derjenigen  Luft,  die  anfangs  zwischen 
B  und  D  enthalten  war,  dien  so,  wie  der  ursprünglich.  osciUirende 
Punkt  tdbst,  eine  sehr  kurze  Bewegung  gegen  D  hin  gemadit  hat» 
Schiigt  nnn  der  osdllirende  Punkt  von  C  gegeot  B  mriick,  so  felgt 
ihm  die  bei  C  befindliche  Luft  nach ,  d.  h.  die  verdiditete  Luft  fdngt 
bei  C  an,  sich  zu  verdünnen,  und  diese  Verdünnung  schreitet  eben 
so  schnell,  \mV  vorher  die  Verdichtung  gegen  D  hin  ,  fort.  Da  aber 
die  Verdichtung  fortfährt ,  bei  D  eben  so  schnell  gegen  E  foruu- 
schreiteu,  so  «iuderi  sich  die  Lange  der  verdichteten  Schicht  Hicht, 
sondern  die  Verdichtung,  (nicht  die  verdicfatete  Luft)»  rfickft  nur 
mit  der  Geschwindigkeit  des  SduIIes  gvgen  S  hin  fort.  Hat  also  der 
oscilL'rende  Punkt  wieder  die  Grause  B  erreicht,  ao  befindet  sich  die 
Luft- Verdichtung  zwischen  D  und  dagegen  ist  die  Luft  zwischen 
D  und  C  nun  in  einem  verdünnten  Zustand ,  und  dieser  entstehet  da- 
durch, dafs  jedes  anfangs  zwischen  C  und  D  beßndliclie  Lufltheilchen 
eine  kleine  13ewegung  gegen  B  hin  gemacht  hat. 

Man  sieht  leicht,  wie  diese  Betrachtung  weiter  fortzusetzen  ist. 
Schlägt  der  oscillirende  Pnnlit  zum  sweitenmal  von  B  nadi  C,  so  geht 
die  erste  Luft-Yerdidituttg  in  EF,  und  diie  erste  Verdünnung  in  DB 
über.  Bei  dem  sweitoi  Rficktddag  kommt  die  erste  Verdiditung  in 
FG,  die  erste  Verdünnung  in  EF,  die  zweite  Vetdtdltung  in  DB, 
und  eine  dritte  Verdünnung  in  CD  ti.  s.  f. 

Es  müssen  also  längs  der  ganzen  Linie  BH  lauter  abwechselnde 
öeliichien  von  verdichteter  und  verdünnter  Luft  entstehen,  und  dieses 
wenigstens  so  weit,  als  der  dturch  den  osdllirenden  Punkt  erregte 


.  j       by  Google 


über  die  C rund/ehren  der  Akustüe, 


93 


Schall  hörbar  ist.  In  jeder  Verdichmng  oscilliren  die  Punkte  der  Luft 
Torwärts ,  in  jeder  Verdünnung  rückwärts.  Die  Länge  der  Verdich^ 
tnngpii  oder  Verdünmmgen  ist  also,  da  t-  eine  beständige  Gröfse  ist, 
biols  eine  Function  von  n,  d.i.  von  der  Anzahl  der  Schlage/ die  der 
Ton  in  dner'  Sectmde  nmdih  «Im  von  der  Zeit  oder  Dauer  ein« 
OtcillMionf  aber  gpins  und  gtr  nick«  Ton  der  OseilUtionsweite  SC. 
In  eben  den  Hierse  aber,  in  Wehen  BC  grSfser  oder  Uetner  isi, 
sind  audi  die  Bnume,  innerhalb  deren  jedes  Luft«Tlieilchen  osciU 
lirct,  gröfser  oder  kleiner.  Doch  werden  wir  in  der  Folge  sehen,  daJEi 
die  Osciilationsweiien  der  Luft  -  Tlieilchen  nnr1>  einem  besiimmien  Ce- 
SüU,  mit  der  Entfernung  von  den  lursprüugliciien  Oscillatioueu  kürzer 
werden  müssen. 

Von  der  Verbreitung  des  Schalles  in  der  Luft. 

§.  18.  Wir  haben  im  vorhergehenden  gesehen,  wie  sich  die 
Osrillationen  in  einer  einzigen  geraden  Linie  fortpflanzen ;  jeszt  ist  7u 
uuiersurben ,  ob,  und  auf  >velche  Art  sie  sich  Tou  einem  einzigen 
Punkte  aus  seitwärts  verbreiten. 

In  C  Fig.  3  befinde  sich  ein  körperlicher  Punkt,  der  zwischen 
den  Qämm  A  und  B  nrsprünglicb  oseUliret.  Wir  haben  bemerkt, 
dtfi»  §0  wie  er  von  ji  ^egen  B  sdiÜfit,  die  vor  ihm  Hegende  Luft  m- 
iemmengedrnokt  wird.  Diese  Verdichtung  enuieht  aber  offenbar  nicht 
erst  dann,  wenn  der  oscillirende  Punkt  den  Weg  j4B  schon  zurück, 
gelegt  hat,  sondern  in  jedem  Punkte  des  Raumes  AB  dauert  die  Ver- 
dichtung der  vorliegenden  Lufl  »tätig  fort.  Verdichtete  Luft  aber  strebt 
in  jedem  Fall,  sich  nach  allen  Seiten  auszudehnen;  daher  werden  sich 
die  Okcillationen  nicht  blofs  in  der  verlängerten  Richtung  AB,  (also 
in'jiN)  fortpflioiMik,  sondern  in  isllen  Richtungen,  wohin  man  von 
den  Pankieu  de*  tUmmes  AB  aus,  eine  gerade  Linie  mhw  l&aan.  Da 
aber  AB  bk  jedem  Fall  ungemein  klein  ist,  so  reicht  es  hin,  alle  Richr 
tnngen,  aU  von  der  Mitte  C  ausg^end  au  betrachten.  Zieht  man  also 
C3f  in  beliebiger  Richtung,  so  müssen  in  dieser  die  verdiclitetcu  und 
verdünnten  Luftschichten,  gerade  so  wie  in  der  Richtunc  CN  wechseln. 
Da  nun  eben  dieses  von  jeder  Linie  gik,  die  man  von  6  aus  in  der 


F  I  S  C  B  B 


Luft  ziehen  kann,  so  sieht  man  leicht  ein,  dafs  su  h  diese  Verdichtungen 
und  Verdünnungen,  in  der  Gestalt  concentrischer  Kugelschichten 
von  C  aus  verbreiten  werden.  In  der  JFigur  ist  angenommen,  daüi 
die  Linien  CD,  DE,  EFy  FG  gleich  sind,  und  die  «lieii  bMtimmls 
Länge  einer  VeKdichtnng  oder  Verdünnung  vontellen;  daÜi  femer  ene 
C  durch  Dy  JS,  F,  G  u.  ».  w.  KugelffliUjien  d^i  ««,  f^,  gy  xi. «.  nr« 
gelegt  sind,  und  dafs  endlich  sieh  swischen  C  und  di  eine  Yecdünnuug« 
swischen  d&  und  es  eine  Verdichtung  u.  s.  f.  beßnde. 

Eine  solche  kuf^elformige  V^rfllchtungs  -  Schicht  wie  (i^et  oder 
fipgy<  nebst  der  ihr  folgenden  \  erdütmung  CdS  oder  et  fip  u.  s.  \v. 
nennt  man  eine  Sc  hall -Welle,  die  Länge  einer  Verdichtung  und 
Verdünnung  zusammen,  wie  CE  oder  EG,  dat  Maeft  oder  dw  Breite 
einer  ^^chall-Welle,  endlich  jede  au»  C  gezc^jene  Linie»  wie  CN  oder 
CM,  einen  SchalUStral.  Dafa  die  Breite  jeder  Schall. Welle  »'^td. 
'ist  aus  §.  17.  klar. 

19.  Auf  diese  Art  hat  es  gar  keine  Schwierigkeit,  nicht  nur 
deutlich,  sondern  auch  anschaulich  zu  machen,  was  hei  der  Verbreitung 
des  Schalles  von  einem  Punkte  aus,  iu  der  Luft  geschieht.  In  der 
Wirklichkeit  kommt  aber  nie  der  Schell  aus  einem  einzigen  Punkte  ^ 
dodi  begreift  man  leicht,  dafs  eine  starke  Annäherung  an  die  gegebene 
VofsteUnng  statt  ßnden  »üise»  wenn  ottweder  die  urspröngÜ«^  osciÜI- 
renden  Punkte  sich  inneihalb  eines  kleinen  Raumes  befinden  (s.B.  in 
der  Oeflhung  eines  Bbse-InstrinBenteSf  ans  wddfer  der  Schall  hervor> 
tritt),  oder  wnnn  dieser  Raum  zwar  von  einiger  Ausdehnung  ist,  wie 
bei  Saiten  -  Insirumenien ,  der  Hörer  sich  aber  in  solcher  Entfernung 
befindet ,  dafs  er  die  ganze  Länge  unter  einem  läemlich  kleinen  Winkel 
sehen  würde. 

Verwidtdtev  wird  aber  die  Sache»  wenli  sich  das  Ohr  nahe  hei 
der  Quelle  emes  sohshen  Schalles- befindet.  Es  sei  Fig.  4,  jiB  eine 

tSnende  Saite,  in  C  befinde  sich  ein  Ohr,  so  ist  klar,  dafs  ein  Luft> 
Theilchen  in  C  von  jedem  Punkt  der  Saite  einen  Schall  -  Siral ,  wie 
yfC,  De,  7Cy  BC  U.S.W,  erhält.  In  jeder  solciien  Richtung  erbalt 
also  der  Punkt  C  einen  Oscillationsschlag ;  da  aber  alle  diese  Slraleta  von 
sehr  verschiedener  Lange  sind,  so  wird  der  Piuikt  C  ha  einigen  der- 
sdben  in  einer  Yordichttuig,  in  anda:n  in  einer  Verdünnung  zu  liegen 


über  die  Gitmälekrvn  der  Akustik. 


95 


konnaen»  d.h.  er  >vird  in  einigen  Stralen  einen  Stöfs  erhalten  in  der 
Richtung  gegen  die  Saite,  in  andern  liingegen  abwärts.  (§.  17).  Der 
Anstof-i  'Ion  erliüli ,  isi  also  in  der  That  sehr  zusammengesetzt ,  und 
es  würde  nicht  ganz  leicht  seyn  ,  aus  allen  cliesen*Anstolsen  die  Ricb- 
Umg  des  zusammengesetzten  Stofses  zu  berechnen.  Es  ist  indessen  die 
BwtiMinnng  diaier 'Riditang  ir  «Luttitditr  Binaidit  niokt '«neblig.  B» 
ist  -TÖlUg  bnureidieiid  «u  MÜMit,  dafii  alle  Schläge,  die  der  Punkt  C  er- 
hält, gleichzeitig  sind«  und  dds  daher  auch  das  &gebnila  aller  dieser 
Schläge  nichts  als  eine  einzige  gleichseitige  Oscilktion  aBja  hSone,  frie 
sich  leicht  aus  den  ersten  BegrifFen  von  der  Zusammensetaung  jpf^er 
beliebigen  Art  von  Ilnwci^jungen  dpmürli  machen  lafst.  In  -welcher 
Ricbtong  diese  zusammengesetzten  Osciiiatious-Schlage  das  Ohr  trefien, 
ist  für  die  Höhe  des  Tones  gleichgültig. 

Oh  nun  niiierfolchen  Umstanden  nodi  Von  regehnAfeigen  Schell» 
Wellen  -reden  Unne »  iit  nicht  leicht  deallich-  zu  machen^  ^und  diese 
Beucaehtang  mag  wohl  der  Grand  seyn,  warum  Lag  ränge  in  mehreten 
Stelleh  seiner  Recherches,  die  Vorstellung  von  Schall -Wellen ,  die  zu- 
erst Newton  aufgostellr  liFUtr?,  gänzlich  verwirft,  obgleich  ihre  ReaÜtat 
unbestreitbar  isr  .  sobald  man  deti  Schall,  als  von  einem  Funkle,  oder 
auch  von  einem  kleinen  Räume  ausgebend,  betrachtet. 

20.  Noch  verwickelter  wird  das  Spiel  der  Oscillationen,  wenn 
eine  Menge  von  Teisohiedenen  Tönen  sa|^cih-  Uingen.  Auf  An- 
schaulichkeit mnls  man- dabei  ginelich- Verneht  thnn.  'Alwr  der 
Yerstand  reicht  weiter  ab  die  Binbildangskraft  oder  das  Ansdunmngs- 
Yermfifen:  denn  er  verm^,  Deutlichkeit  in  die  verwickeluten 
Erscheinungen  rv  hv'wi'j^cn .  welche  fli^  Einbildungskraft  nicht  vermö- 
gend ist,  in  ein  anschauliches  Bild  zusammen  zu  fassen,  wofern  er  nur 
im  Stande  ist,  die  einfachen  Bestandtheiie  der  Erscheinung  auf  deut- 
liche BegrüTe  zu  bringen.  Es  kommt  nämlich  hierbei  auf  die  Anwen> 
dnug  eines  Satieb  an,  der  ans*  den  eiMen  Begriffen- der  Bewegungslehre 
deudich  hervorgeht,  wenn  diese  Lehre  rein  mntheoiatieoh  iknd 
Tpn  allen  physikalischen  Begriffen  abgesondert  vorgetragen  wird.  Legt 
man  nämlich  einem  Punkte  vielerlei  relative  Bewegungen 
(z.B.  dem  PuntleCFig.  4  in  den  V,  '\ch\\\naen  AE ,  DF  IG,BHe\c.) 
i&tt  gegebeneu  Geschwindigkeiten  bei«  und  bestimmt  dar- 


96 


Fischer 


aus  seine  absolute  Richtung  und  Geschwindigkeit,  so  ist 
es  in  jedem  Fall  absolut  einerlei,  ob  man  sagt,  der  Punkt 
habe  die  einzige  absoiute  Bewegnna.  oder  er  liabe  alle  die 
einzelnen  Ücwegungen,  die  mau  liim  in  Beziehung  auf  die 
gegebenen  Richtungen  beilegt.  Um  darf  dthcff  iB  jeden  Biül 
]>eide.  VörtteUuQgiMirten,  ohne.emen  Irthum  ni  betorgon,  yemiudieii. 
Ans  «Üeseni  Sfttse  folgt  aber,  dab  nun  bei  der  Znaimmenietgiing  noch 
fo  Tieler  Bewegungen,  dennoch  jede  einzelne  für  eidi  lo  betnebten 
kenn,  als  ob  sie  ganz  allein  da  wäre. 

Wendet  man  diesen  Satz  auf  unseru  Gegenstand  an,  so  ist  man 
berechtigt,  jeden  Schall-Stral ,  tlcr  durch  C  geht,  z.B.  IG  so  /u  be- 
trachten, als  ob  er  g^nz  allein  du  wäre;  d.h.  man  kann  uud  mvds  an- 
nehmen, defs  in  jedeuh  PonUe  C  dieses  Sirales  die  Oicil]etiom->  Bewe- 
gimg wirUidi  realisirt  «d,  die  ea  dieser  Stelle  sutt  finden  wfiide»  wem 
er  gan«  allein  da  wäre.  Denn  obg^dch  seuie  absolute  Bewegung  Iii 
diesem  Pimkte  ganz  anders  seyn  mag,  so  ist  doch  in  derselben  die 
Wirkung  derjenigen  Oscillaüon  mit  enthalten,  die  er  in  dem  eintigen 
Stnd,  wenn  dieser  allein  da  wäre,  erhalten  würde. 

Hieraus  -wird  aucli  begreiflich ,  obgleich  nicht  anschaulich ,  dnis 
wenn  das  Ohr  in  C  nicht  gleichzeitige,  sondern  Osciilalionen  von  ver- 

sdtiedener  linier,  idso  you  veredifedMieii  TSnen  eilMilt,  nun  jederaeit 
befeehugt  «ei  sa  bdieii|iieD,  dee  Obr  werde  tob  jeder  OieilletioB  getede 
so  gemhrt,  eb  ob  sie  ganz  allein  da  wäre. 

Um  indessen  die  Krefie  der  Phantasie  bei  diceen  Ansichten  nicht 

ganz  ungenutzt  zu  lassen,  so  giebt  uns  die  Natur  ein  recht  lehrreiches 
und  anschauliches  Bild  Ton  einer  Vetbindung  Tieler  Bewegun£^en  ,  flie 
sich  auf  die  mannigfaltigste  Art  durchkreuzen  und  schneiden,  uiuie  dats 
eine  die  andere  stört,  in  den  kreisförmigen  WeUen,  welche  auf  der 
(%erfläcbe  «faies  ruhige  Wassers  enistdien»  warn  meii  Ucme  Köiper 
bineinwirft.  Man  eieiit  leidifc,  dele  die  Beoemnu^  tob  Scball-WelleB, 
TOB  dieser  EndheiBung  enileluit  ist. 

Zuriickwerlung  des  Schalles. 
§.  21,    Auch  hier  mufs  die  Betrachtung  von  den  einfachen  Be- 
standtbeilen  der  Erscheinung  ausgeb^i.    bis  sei  also  in  C  Fig.  6.  die 


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über  die  Grundlehren  der  AkusUk, 


97 


ursprüngliche  Quelle  eines  SduJIn,  AB  sei  die  Oberflüche  irgend  eines 
festen  (oder  auch  flüssigen)  Körpers,  und  auf  den  Punkt  D  derselben 
falle  der  Schall- Siral  CD.  Da  wir  oben  gezeigt  haben,  tlafs  alle  kör- 
perliche i^Iaterie  ohne  Ausnahme  die  Fispnschaften  besitz?,  durch  welche 
OsciUationen  möglich  werden,  (Prcisbarkeit  und  Spannkraft),  so  muiä  der 
Ponkt  D  durch  die  Schläge  des  MilMral»  'Liift«Tlktildbaii«  in-  dem  Stral, 
mllnraiidigl' in /gleichseitige  OMSülationeii  veraetet  werden.  Qiedbd 
wken  die  Schläge  der  Loft  ladtl  jmAen  «le  ijede  andere  aeehanitehe 
Ktaft,  auf  D,  d.h.  man  wird  die  OsciUationen  dieses  Punkics  als  ur« 
»prüngliche  betrachten  können.  Es  wird  folglich  durch  dieselben  die 
Luft  gerade  so,  wie  §.  18.  in  OsciUationen  versetzt,  die  sich  naeh  allen 
Seiten  verbreiten,  wohin  man  nur  Ton  D  aus  eine  gerade  linu;  zieljen 
kann.    £s  spaltet  steh  folghch  der  Slral  CD  in  unendlich  viele  öti-alen. 

Man  lann  aiUo  nidit  sagen,  wie  man  oft  'angenommen- hu,  dafr  der 
Stnd  CDf  Ton  dmn  Pimltte  1)  in-  einer  dniigen  Biehtnng,  nach  den 
Gesetzen  des  daatisdun- StoAes  reflecdri 'werde  >  'sc  dafa  der  surödige- 
vrorfene  Schall  in  der  einzigen  Richtung  DE  fortgehe ,  wenn  man  den 

Winkel  BDE  —  ADC  macht. 

Würde  dei-  SrlirsH  ruif  solche  Art  zurückgeworfen,  so  geschähe 
es  eben  so,  wie  ein  Lichtstral  CD  von  einer  polirten  Fläche  AB 
zurückgeworfen  wird.  Dieses  ist  schon  deswegen  als  aUgemeiner  Sau 
hodial  vnwafancheinUdi,  da  die  Fliehe  AB,  in  Beriehnng  auf  hewegie 
lÄfilheildieBr  gpr  'atdit  ab  polirt  angesehen,  werden  Itann;  was  dodi 
ehne  Zweifd  nothig  ist,  wenn  so  kleine  Bew^jongen,  ds  Osdllationen 
sind,  in  dner  so  genau  bestimmten  Richtung  zurückgeworfen  werden 
SoUten.  Dn gegen  hat  die  Zurückwei"fimg  des  Schnlles  fJie  jri'öf^'^fe  Aehn- 
lichkcit  mit  der  Art,  wie  ein  Lichtstral  von  t mer  unpolirteu  Fläche 
reflectiret  wird.  Denn  ist  CD  ein  Lichtstral,  so  zerstreut  sich  auch 
das  Licht  nach  allen  Seiten. 

%,  32.  Es  gisbt  indessen  manche  Ersdieinimgen,  wdcbe  doeh  dne 
Reflexion  nach  den  Gesetzen  des  elastischen  Stofim  voraostufetxai  schei- 
nen;  aber  diese  lassen  sich  ohne  Schwierigkeit  erklären,  wenn  man  an- 
nimmt ,  dnfs  die  Zurückwerf ung  des  Schalles  mit  der  Zerstreuung  des 
Lichtes  vulHi^  t^leiche  Gesetze  befolge.  Man  darf  nämlich  eine  nur 
einigermaalsen  ebene  Fläche  sehr  schräge  geg|en  ein  lebhaftes  Licht 
Phjs.  Klasse  1024.  W 


98  FlSCHBA 

ballen,  um  tidi  ta  überzeugen,  dafs  das  zerstreute  Liebt  nicht  in  aUea 
Richtungen  von  gleicher  Starke  isi  Am  lebhaftesten  ist  es  inmcr  in 
der  Ilichtung  DE  ;  auch  wird  es  IrljlmlLei  ,  je  kleiner  die  Winkel  ^Z)<7 
und  £DE  &iud.  Nimmt  man  nun  an,  dafs  es  sich  bei  der  Reflexion 
des  Schalles  eben  so  Terhalle,  so  wird  dadurch  manche  Erklärung  aknati-' 
icher  Bg>ch«iiii<myn  aä  UngeKirangeoheit  geimmea. 

g.  23.  £■  Mbtm  «oll  hitnii«  iefar.  i]wfin«li«eiid  die 
tningen  des  Wiederhalles  und  des  Echo. 

Der  Wiederiudl  entstehet  allezeit ,  und  nuTermeidlich ,  in  einge* 
schlossenen  Räumen  von  einigem  Umfang,  und  e<ü  hat  d»mit  folgende 
Bewandnifs.  Es  sei  AB  Fig.  6.  die  Wand  eines  Zimmers;  in  C  sei 
die  ursprüngliche  Quelle  eines  Schalles ;  in  D  behnde  sich  das  Ohr. 
Unter  diesen  Voraosseuimgen  ei^t  deg  CXur  den  Sekell  unmit- 
telbär  nur'  dnidi  den  Stnl  CD,  De  eher  endi  jeder  Punkt  der 
Wend,  w  ji,  Ej  F,  G  von  C  ans  einen  Sind  erhik,  von  jedem 
eoldben  Punkte  aber  der  Schall  nach  allen  Seiten  zurückge^vorfen  wird, 
so  erhält  das  Ohr  auch  dui'ch  unendlich  viele  reflectirte  Stralen,  jiD, 
ED,  FD,  GDj  gleichzeitige  Osciliaiiunsschräge.  Nun  mufs  zwar  jeder 
einzelne  ztirückgeworfene  Stral  weit  schwächer  seyn ,  als  jeder  ur- 
sprüngliche. Aber  was  jedem  einzelnen  an  Starke  abgeht,  wird  voll« 
kommen  dordi  ikve  imendlidH»  Mongpi  eiaeisi.  Dttm  m  der  That  be- 
kommt das  Ohr  von  jedem  Punkte  der  Winde,  von  no  man  swei  firde 
Idnien,  die  eine  nedi  Cp  die  andere  nach  D  sidien  kann,  einen  reiflecüiv 
ten  Stial. 

Diese  Stralen  verstärken  den  Schall  betrachtUch,   so  fem  man 

annehmen  kann,  dafs  ihre  Oscillaiioncn  zugleich,  oder  in  äul&erst 
kleinen  Zwischenzeiten,  zum  Ohr  kommen.  Diese  Annsihme  itndet  aber 
blofs  in  kleinen  ixaumen  statt.   Es  ist  nämhch  klar,  einmal:  dafs  ivfleo 

Urte  Osdllationen  sich  eben  so  »dmell  als  ursprüngliche  in  der  Loft 
fortpflansen;  und  dann:  da£i  der  We^  jede»^  rcOeccirten  Sdulün,  a.  B. 
CG-^GÜ  grofser  iit,.ale  der  Weg  des  unprän^ichen  CD*  Folglich 
kommt  jede  i-etiectirle  Oscillation  epäter  nach  D,  als  die  ursprüngliche* 
Bei  der  gi^ofscn  Geschwindigkeit  der  Fortpflanzung  aber  ist  in  Zimmern 
von  mäfsigcr  Gröfse  der  Unterschied  der  Zeit,  in  welcher  die  ursprüng- 
heben  und  reflectirten  Stralen  in  das  Ohr  kommen ,  so  klein ,  dafs  er 


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du  GnuuBgkmt  der  JkmUk. 


99 


imsexm  Gefühl  für  Einen  Augenblick  gelten  kann.  Denn  wiire  auch 
I.B.  der  Weg  CE  +  ED  um  50  Fuls  langer  als  CD,  so  legt  der 
Sciull  diMe  60  FW»  in  ^  Secunde  mrücL,  welches  für  das  Ohr  so 
^\  ab  cm  Augenblick  itt. 

1b  grolMn  Silfltt  liingegew  kmi  der  Fall  voikoaunen,  dafa  dar 
Weg  der  reflecürten  Stralen,  den  der  ui  s[  i  üngllchen  um  100  und  mehr^ 
Fu/s  übertrifft;  dann  gewinnt  ein  augenblicklicher  Schall  eine  bemark- 
bare  Dauer,  und  dieses  ist  es,  was  man  den  Wied  erhall  nennt. 

24.  Oanzlich  vermeiden  kann  man  in  umschlossenen  Räumen 
dan  W^iederiiaü  nie,  und  er  kann  da,  wo  oiientüch  gespruclicn  werden 
•oll,  «ebr  beMbwarlidk  imdaii.  Beim,  wird  a.B.  der  Klang  einer  ein> 
eigen  Sjlbe  durch  den  Wiedei^üHl  in  den  Zeitraum  sweier  Sylben  «ui- 
goddint,  wosa  eben  keine  scbr  lange  Daner  des  Wiederhalles  erforder- 
lidi  ist,  so  begreift  man  leicht,  dafs  dadurch  die  Rede  nnverständlii^ 
werden  mufs,  weil  man  die  zweiie  %ibe  acbon  höret»  während  die  erste 
noch  nicht  verklungen  ist. 

V'ermindem  kann  man  den  Wiederhall  hauptsächUch  durch  eine 
schickliche  Gestalt  des  Saales.  Die  lange  und  schmale  Gestalt  fast  aller 
«nserer  Sirehen  nnd  Sde,  die  lu  Öfientiidien  YOTttrigen  besiinnnt  sind, 
ist  nnier  allen  die  man  wihlen  kann,  die  ungOnatigsie,  nicht  blola  dae> 
wegen,  weil  der  refleclirte  SdisU  in  manchen  Richtungen  einen  sehr 
langen  Weg  madien  mnia,  waoAem  auch,  weil  swisohen  den  langen 
Seitenwänden ,  wegen  ihi-er  geringen  Entfernung  von  einander,  eine 
doppelte  oder  mehrfache  Rcüexion  entstehen  kann.  BisweUen  kann  der 
Sprechende  dadurch  den  Wiederliall  unschadb'cher  machen,  da£s  er 
nicht  sehr  laut,  aber  langsam  und  deutlich  spricht.  Denn  je  starker 
die  Spiadie  »t,  desto  lanier  spricht  andi  der  Wiederhall  ndt.  Ans 
Ei&bnuig  md  Gründen  acbaint  die  Gestalt,  welcbe  ridi  der  «[oadrati- 
edien  nähert,  die  vortheilhafteste  zu  seyn. 

Für  die  Musik  ist  der  Wiederhall,  wenn  er  nur  nicht  alknstark 
ist,  eher  voriheilhaft  als  nachtheiUg. 

§.  25.  Vom  Wiederhall  imierscheidei  sich  das  Echo  nur  dadurch, 
dais  zwischen  dem  ursprüngUcben  imd  reüectirien  Schall  eine  bemerk« 
hMTC  Zeit  Terstreichu 


N2 


100  '      F  I  S<  C  B  S  R 

In  den  meisten  Fallen  lafsi  sich  das  Ecbo  aus  den  Geseuen  des 
elastischen  Slofses  nicht  erklären.  Dagegen  lassen  sich  die  Bedingungen 
der  Entstehung  aus  der  vorgetragenen*  Tlieofie  angoiwungen,  und  «of 
eme  mit  der  Erüüinuig  völlig  rimtiwiiiiige  Art  eHditen.  Die  BediB'- 
gungeii  des  Ibutehent  eiiies  eiiifadien  Ecbo  imd  folgende. 

Man  denke  ricK  ;int  Freien  um  den  Ort  emes  JSeobechtsre  swei 
grofse  Kreise  "beschrieben;  den  kleineren  mit  einem  Halbmesser  von 
einigen  htindert  Fuf-ion  ;  wir  wollen  300  annplimpn ;  den  anderen  init 
einem  25  Fufs  grulsern.  Den  innern  Raum  des  kleinem  Kreisen  denke 
mau  sich  ziemlich  eben  und  frei  vun  hohen  Gegenständen.  In  dem 
Ziriscikennqim  beider  Kreise  «Iber,  befinden  sidi  in  beiieb^|en  I«gen  kleine 
Gruppen  hober  Gegenstinde,  Hlaser»  Maaem,  Febiriinde»  Bfame,  hohes 
Gebüsch  -nnd  dei^eichen.  Unter  diesen  -Vomtssetzongeit  mnis  der 
Beobachter  ein  deutliches  Echo  nach  etwas  mehr  als  einer  halben 
Secunde  hören.  Denn  ron  den  300  Fufs  entfernten  Gegenstanden  hat 
der  zurückgeworfene  Schall  einen  Weg  von  600  Fufs,  von  den  325 
Fufs  entfernten,  einen  Weg  von  650  Fufs  zu  machen.  Jener  •y^ird 
ungefähr  in  0,60,  dieser  in  0,65  Secnnden  xoruckkonunen.  Der  Untei^ 
schied  Ton  0,05  ist  klein  genng»  vm  tSkä  reflectirien  SduJI  als  einen 
angenblidklidien  m  ennpfinden,  nnd  man  bSrt  ihn  nngefiflir  0,6  Secnn- 
den nach  dem  ursprfittgUchen. 

Man  sieht  hieraus,  dafs  zur  Entstehung  eines  Ecbo  ausgedehnte 
Flachen  gar  hiebt  noth^endig  sind,  und  dafs,  wie  die  Erfahrung  viel- 
faltig lehrt,  Waldungen  von  einer  schicklichen  Lage  ein  sehr  gutes 
Echo  machen  können,  indem  jede  Oherilache,  auf  welche  der  Schall 
triflH,  -wäre  es  auch  nur  die  OherOäche  eines  leiditen  Blattes,  zurw^- 
kehrendo!  Otoiliatiopcn  •  bisrfoAcingt«  •  Aucb  ist t  klar,  dafs  gur  nicht 
nothwandig  der  gsnia  Zwiscbenrnud  dbr  beiden-  angenoonnenen  Kreise 
mit  hohen  Gegenständen  bcsetat  sdn  unfit*  Sie  können  in  gen»  Üe- 
hebiger  Ordnung  und  Stellung,  und  gruppenwcae  stdlien,  ^wofern  nur 
die  reile<  tu  enden  Punkte  zahlreich  genug  sind»  wn  den.  soinckkehren* 
den  Schall  beraerklich  zu  machen  i 

§.  26.  Ein  doppeltes  oder  mehrfaches  Echo  kann  auf 
mdur  als  eine  Art  entstehen.   Mui  denke  eich  in  dem  ZwischdntMnik 


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über  die  Grundlehren  der  Akustik, 


101 


dtfr  beidnk  angenommenen  Kreise  .zwei  hinlänglidi  «mgedehnte  Gruppen 

Ton  Gegenständen  einander  gerade  gegenüber,  so  erhalt  man  das  erste 
Echo,  wie  vorher j  nach  0,6  Secunden;  aber  der  beiderseitige  Schall 
geht  nun  über  den  Ort  des  Beobachters  hinaus  nach  der  gegenüber- 
stehenden Gruppe,  und  kehrt  nun  als  zweites  Echo,  1,2  Öecunden  nach 
dem  orsprüngUcbeik  Sdntt  xoi^dt;  Ik  du  «wate  Beho  uoclk  Idliaft 
genug,  so  kum  diea  «o  e&ot  drittes  n.  s.'w.  entstehen.  Oder  niam  denke 
•idi;  aiifser  de«  beiden  uigenonunenen  Kretien,  noch  sweie»  mit  Alb*- 
messern  von  600  und  636  Fnfs  bcsdirieben.  Befinden  sidt  in  den  . 
ZwtschenrHumen  der  letztem  an  einer  oder  mebr  Stellen,  Gruppen  Toa 
Gegenständen  ,  luid  /.war  gerade  an  ^olrhen  Stellen,  wo  der  Zwischen- 
raum der  kleineren  Kreise  leer  ist,  so  hon  der  Beobachter,  0,6  Secunden 
nach  dem  ursprunglichen  Schall,  das  erste  Echo  Ton  den  näheroi,  und 
aäch  1,3  Seeanden  ein  iweitai  tou  den  entfemierai  Gegensiinden.  Sfaii 
•icht  leicht,  -«rie  mancberiei  Abfodemngen  dkbd  statt  finden  kAuksi«:  . 

§.  27.  In  elliptischen  Silsn  hört  nuin  bekanntlich  einen  Schall, 
der  in  dem  einen  Brennpiinkte  entsteht,  in  dem  andern  Brennpunkte 
deullichrr  und  ^fnrl<or,  als  an  jeder  andern  Stellf  Es  ist  möglich, 
aber  gar  mclil  iiothwcndit»,  dieses  ans  einer  Zuruckwerfung  des  Schalles 
nach  den  Gesetzen  des  elasiisciien  Stofses  zu  erklären.  Zur  Erklärung 
genügt  es  schon  zu  bemerken,  dafs  (wegen  einer  bekannten  Eigenschaft 
der  Ellipse)  aller  Sdiall/  der  von  einem  BMnnponkt  xmn  «ndem  dordft 
ZnrfidLwerfimg  gdangt,  einen  gleich  langen  Weg,  todi  der  Lfaige 
der  grofsen  Adise  au  machen  htt.  Jeder  augoiblickliche  Schall ,  der 
in  dem.  einen  Brennpmkt  erregt  wird,  kommt  eigentlich  doppelt  im 
andern  Brennpunkte  an,  einmal  unmittelbar,  und  dann  auch  durch 
Zurückwerfung  Ton  den  Wänden;  aber  (wenn  der  elliptische  Raum 
nicht  Tiele  hundert  Fufs  lang  und  breit  ist),  so  schnell  hinter  einander, 
dafs  da»  Ohr  nur  einen  Schall  hören  wird*  Hienni  lumünt,  dais  der 
nnmittdbara  SdiaiU,  der  nur  vöti  sehr  wenigen  Sdiellstnden  her- 
rfllirt,'  weit  sehwidber  seyn  'dfirfiiff,  ab  der  Ton  unendlich  viden  > 
Siralen  herrährtude  reflectirte.  Der  aweke  ^SebaU  wärde  eben  so 
aagenblicUieb  seyn  als  der  erste,  wenn  der  ganze  Gubik  -  Raum  die 
Gestalt  eines  länglichen  EUipsoides  bitte.  Haben  aber  nur  die  Wände 


103 


F  I  8  C  B  B  B 


eine  elliptische  Krümmung,  so  yrird  der  Wiederliall  von  (^en  nbem 
Theilen  derselben  allerdings  etiiM  später  als  von  den  untern  im  zwei- 
ten Brennpunkt  anlangen. 

Diese  Erscheinung  madit  übrigen»  dodi  die  obok  §.  22  bemerkte 
HypodMift,  dBÜi  der  tcfieciine  Sdwll  in  der  Biehumg,  wohin  ein  licfa^ 
ftnl  Ton  der  Spiegdfläche  gdien  «üxde,  em  etibrkeicn  wä,  aiendieli 
ifbTyffh^inH«»li .  Denn  auf  diese  Axt  wird  der  S<^all  im  zweiten  Brenn- 
punkte nicht  nur  &tt  Bug^nblicklicb,  eondern  mA  etäilLer  ab  in  an- 
dam  Stellen  anlangen. 

Sehr  entsclieidend  für  das  §.  21  aufgestellte  Haupti^cseiz,  ist  die 
Erfahrung,  dal$  auch  in  grofsen  kreisförmig  ummauerten  Rätunen, 
besonders  unter  einer  balbln^^elftnnigen  Kuppel,  etwaa  ühnlinbe»  «liail 
findet,  indem  swei  PerMwen  die  einander  gegenüber,  und  last  mn  den 
gwiaan  Parchnieeser  Ton  einander  cntftnit  eieben>  aidk  siendiclh  kiie 
mit  einander  nntcilicilicn  können,  wenn  der  Sprechende  gegen  die  nahe 
Wand  redet.  Es  dürfte  schwerlich  mSgh'ch  sejn,  diese  Erscheinungen 
aus  Reflexionen  nach  den  Gesetzen  der  Spiegelung  /n  erklären.  Ver- 
gleicht man  aber  die  Länij;eu  der  Wege,  atil  welrlien  der  Schall  Ton 
einem  Endpunkte  des  Durchmessere  zu  dem  andern  gelangen  kann,  so 
lüst  cicb  »eigen,  dafi  der  Unteraobied  dea  ttngpien  nnd  kniBeMien  W^ea 
«dir. tranig  mehr  ala  0,4  des  OordmeMers  bettigt.  Seilt  man  diesen 
120  Ftafs,  so  ist  dieser  Unterscäbied  ungefähr  46  Fofs.  Hwiaus  lä(st 
sich  aber  leicht  berechnen,  dafs  aller  von  dem  Kugdgewölbc  reÜectirtar 
Schall,  fast  in  einem  Augenblick  (nämlich  in  weniger  als  Secunde)  am 
andern  Endpunkte  d^  Durchmessers  anlangt.  Irre  ich  nicht,  so  ist  dieses 
die  einzig  mögliche  Art,  diese  Erscheinung  befri^end  zu  erklaren. 

Von  der  Stirke  des  Sdialles. 

§.  28.  Zuerst  müssen  ym  gpua  im  AUg^meinen 

die  Stärke  des  Schalles  abhangpg  sei ,  wobei  wir  uns  wieder  auf  den 
Schall  in  der  Luft  besdiriinken ,  weil  ein  menschlidies  Ohr  selten  oder 
nie  den  Schall  durch  ein  anderes  Mittel  erhält,  und  weil  das.  was  in 
Ansehung  der  Luft  zu  bemerken  ist,  .sich  leicht  auch  auf  andere  Mittel 
anwenden  läfst. 


aier  dia  GrtmiUhm  dw  Jhutik. 


103 


Unmmelbar  kann  UQStreiüg  die  Starke  des  Schalles,  so  fem  man 
einen  einzigen  Schallstral  betrachtet,  von  nichts  abhängen,  als  von  der 
Lebhaftigkeit  oder  Kraft,  mit  iveldber  die  OsdUationssi^lge  der  Luft 
4u  IVomxnidlell  dm  Ofarea  ticffim.  Ea  ist  aber  aoa  dm  entern  Etannini 
der  Mifdinft  bduHmt,  dab  nch  die  Kraft  der  Bewegungea  ha  ^eiehee 
Geschwindigkeit,  wie  die  bewegun  Massen,  und  bei  glaclMa  Mmmu» 
frie  die  Geschwindigkeiten  Terhalte.  Es  entsteht  also  nun  die 
Frage,  'wip  die  Begrifle  von  Mncise  nnd  Geadiwindigkeit  auf  oeciUireiide 
Bewegungen  angewendet  werden  können. 

§.  29.  Kor|)erUche  Massen,  welche  sich  Osciilauonen  miuheilen, 
befinden  sich  aUezeit  in  Berührung  mit  einander.  Es  scheint  daher 
aöcbig»  eret  die  Yonidbuig  ejaer  Beridiniiig  «nf  dentUdie  Begrifib  ni>- 
lodt  m  fififareii« 

Wenn  sich  zwei  gleichartige  oder  ungleichartige  iLÖrperlidhe  FlSidhen 
berühren,  so  kann  man  mit  gleichem  Rechte  sagen^  die  Berührung  ge> 
schelie  in  einer  oder  in  zwei  Flächen.  Denkt  man  sich  nämlich  an 
der  Stelle,  wo  man  eine  Berührung  betrachtet,  eine  blofs  geomfulsr  he 
Fliehe,  so  kann  man  sagen:  die  Berührung  geschehe  in  dieser  einzigen 
FUi&e.  Erwägt  uen  aber,  daft  dieae  geonwiriache  FÜdie  swet  Seittn 
bet,  deren  eine  dieaeeitt»  die  imdere  gun  jeiiMiis  liegt,  niid  von  denen 
jede  wieder  mit  einer  der  angenommenen  Itffrpeilidien  Obcfflidhen  sn» 
sammen  fallt ,  so  kann  men  lagen ,  die  Berührüng  geadieho  in  diesen 
beiden  Flächen.  Nun  kann  man  aber  jede  Fläche  vorstellen  als  einen 
Körper  Ton  unendlich  kleiner  Dicke;  daher  kann  man  eben  so  richtig 
sagen:  dafs  die  sich  beWihrenden  Massen  zwei  kuipci liehe  Schichten  oder 
Scheiben  sind,  denen  man  gleiche,  aber  unendlich  kleine  LHcken 
beilegen  kann.  Hierdan^  «ntitefaet  der  Begriff  eine«  Yolnmen«,  auf 
wdchci  laob  der  Begriff  der  Hneee  beatinnnt  anwenden  lÜet. 

Das  Tolnmen  sweier  stdi  berührenden  Sdheiben  nuA  eber  in 
der  Regel  eis  gleich  betrachtet  werden :  denn  dafs  sie  in  Länge  und 
Breite  congruent  sind,  ist  unmittelbar  klarj  legt  man  ihnen  aber  auch 
noch  zwar  unendlich  kleine,  aber  c;leirh(»  Dicke  bei,  so  sind  alle  Be- 
dingungen der  CongiTienz  ToUständig  vorhanden.  Ilabett  aber  die  sich 
berührenden  Sclieibcn  gleiches  Yolum^,  so  verhalten  sich  ihre  MkMn 


104 


v    F  I  S  C  ■  B  ft 


wie  ihre  DichiigV«>iten.    Und  uns  dimer  Beu-acUtuAg  ergiebt  sich 
das  Recht,  di^e  stau  der  Massen  su  seuen. 

Um  keinei*  DunkeUuit  Raum  ni  Imm,  Iieiiieriw  mm  nodi  folgpn-  - 
dei.  Et  macht  diMB  xmr  nur  nnendlieh  Udneiii  dber  dcnnoGh  iiioht 
wa  flbwtchcndcn  Unteradaad  in  der  Anmndiiitg  d«  Bejprfffiw  .«ke  M mm; 
ob  nun  die  sich  berührenden  Scheiben  als  ebene,  oder  ob  man  «e 
geLmmmte  betrachtet.  Im  ersten  Fall  ist  das  Yolumen  derselben  ab- 
solut congruent.  Denkt  man  sich  aber  zwei  sich  berühi-ende  concen- 
trische  Kugelschi chien,  so  ist  die  vom  Mittelpunkt  entferntere  allerdings 
gröfser  als  die  nähere.  Betrachtet  man  abei*  ihre  Dicke  als  ein  Lnend- 
Udikldn«  dar  onten  Onlniing,  m>  ut  der  Untendiied  des  IborperUdien 
Yolanicos  von  der  sweiien  Ordnung»  und  kann  daher,  in  der  Regd  mit 
ToUkonmenein  Rechte  als  KnU  betrachtet  werden.  Doch  wüixde  die 
stätigb  Ztmahme  des  Volumens,  wenn  man  sich  den  Halbmesser  einer 
Kugel  als  stHtig  wachsend  vorstellt,  nicht  auf  deutliche  Begriffe  an 
bringen  scyn,  wenn  man  diesen  Unterschied  unbeachtet  liefse. 

Was  hier  von  bei'ührenden  Flächen  gesagt  wovdeu,  üudet  auch 
Auwendung  auf  berührende  Punkte.  Man.  kann  sie  in  jedem  Fall  als 
awei  unendlich  kleine.  Kä|rper  von  gleichem  Volumen  tot- 
stallen,'  deren  Hassen  sidi  lbl|^eh  wt  ihre  Dichtigkeiten  Tct^ 
hdten.  Doch  findet  auch  hier  der  eben  erörterte  Unterschied  statt,  oh 
man  die  beiden  sich  berührenden  Punkte  vorstellt,  ala  einer  Bbene, 
oder  als  einer  gekrümmten  Fläche  angehörig. 

g.  30.  Was  aber  die  Geschwindigkeit  beU'itl'l ,  so  ist  schon 
oben  (§.  ö.)  bemerkt  worden,  dafs  die  Geschwindigkeit  einer  Uscillation 
in  jeidem  Punkte  ,  des  OsciUaiions- Raumes  eine  andere  ist.  Nun  siiui 
a]Mr.a)I^OseilUt}<meQ,  wdche  euwn  Ton  erregen,  so  aduMll,  dais  jeder: 
Schlag  fflr. einen  AugeuMiok  g^hen  mnb.  Legt  abo  ein  oadlliröider 
I^unkt  der  Lttft,  .wdtber  in  einer  Secunde  n  Schlage  madit,  in  dem 
kleinen  Zeitraum  einer  —  Secunde  den  attfserst  kleinen  Raum  s  zurück, 
so  ist  es  im:  unser  Oefühl  einerlei,  ob  der  fast  augenblickliche  Schlag 
den  Weg  #  in  der  Zeit  Secunde  gleichförmig  oder  ungleichförmig 
snriUj^egt.  BeU'achten  \yn  nun  die  Bewegung  als  gleichförmig,  so  ver- 
MU  lidi  di«  Qcschwindigkei\>  alWs  übrige  gleich  gesetzt,  wie  d6r  OsciU»^ 


Diqitized  bv  Goocflc 


über  die  GnuuUehren  der  Jkustik. 


105 


tions-Ratim  s.  Hieraus  folgt  also  das  /.wehe  Gesetz:  dafs  bei  un- 
Ycrändertei"  Dauer  der  Os  ci  IIa  li  o  n  en  ,  d.i.  bei  gleichblei- 
bender Ilühe  eines  Tones,  die  Starke  desselben  sich  wie  die 
Grö^»e  der  Oscillationsweite  verhalt.       i*  . 

Aueh  diflia  G«imb  bestätigt  tisb  .diixdi  eine  «dir  da&ebe  und 
•llyrndfn  bduumia  Eifahiiing.  .  Wenn  man  dne  '•  ingeMiikgeiift  Saita^ 
oder  nodi  besser  eine  osdUkende  Sdnmigsbel  värUia^isa  Kfst,  so  iliideA 
sieb  die  Höhe  des  Tones  auf  keine  dem  geübtesten  Ohr  bemerkbare 

An,  d.  h.  die  Dauer  der  Oscillationen  bleibt  gleich;  aber  die  Oscilla- 
tions weiten  werden  inuner  kleiner,  und  mit  ihnen  nimmt  zugleich  die 
Starke  des  Tones  ab. 

§.  31.  Hieraus  ergieht  sich  nun,  dafs  die  Abnahme  des  Schalles 
mii  der  Eatfemiing  von  der  Qüidle  des  Schalles»  Ton  nicbts  anderem 
benrnhren  Lonne,  ab  davon,  dafs  die  Oseillationsweiten  bei  Ver- 
breitung des  SdiaUes  mit  der  Bntfcnmng  inuner  kfirter  kreiden;  denn 
die  Oichtigkeii  der  Luft  könnte  nur  dann  einigen  Einflufs  haben ,  wenn 
der  Schall  aus  sehr  grofsea  Hohen  nach  der  Tiefe ,  oder  uroigekehrt 
fortginge.  Die  ersten  Elemente  der  rein  mathematischen  Bewegungslehre 
sind  völlig  hinreichend ,  die  Ursache  imd  das  Yerbältnifs  dieser  Ab« 
nähme  genau  zu  bestimmen. 

Man  betrsdite  wieder  Fig.  3,  nnd  erinnere  sidu  alles  dessen,  was 
§•  18.  fiber  die  Terbreitang  des  Schalles  dnreh  die  Luft  gesagt  worden. 
Unter  CN  lege  man  einen  Winks!  NCO^NCM,  nnd  stelle  sieb 
unter  CN  die  Achse  eines  Kegels  MCO  vor,  dessen  Spitze  in  C  liegt. 
Dieser  Kegel  tmifassei  alle  Scliall-Siralen ,  die  sich  ron  C  aus  inner- 
halb seines  Raumes  ausl)reiten  können.  Man  wühle  auf  einer  der  von 
C  aus  gezogenen  Linien,  etwa  auf  CN,  zwei  Punkte  U  und  K  beliebig, 
tmd  lege  durch  diese  aus  dem  jVIittelpunkt  C  zwei  Kugelflächen,  von 
welchen  die  in  den  Kegel  fallenden  Stficke  PQ  und  RS  kreisfönnige 
Absdnitie  sind.  In  jedem  dieser  Abscbnitte  befinden  ddi  alle  Pimkte 
der  Luft  in  gleicher  und  f^eichieiiigpr  OsdUation;  und  swar,  wenn  PQ 
in  einer  Verdiditnng  liegt,  von  C  abwärts;  wenn  aber  RS  xn  einer  Ver- 
dünnung liegt ,  gegen  C  hinwärt*.  Nim  kann ,  nach  den  Grundlehren 
der  Mechanik,  kein  Köqier  mehr  Bewegung  mitthoileo,  als  er  selbst  bat, 

Phjs.  Klasse  1824.  O 


106 


F  I  s  c  «  B  m 


woraus  folgt,  Jafs  in  der  kreisförmigen  Flache  PQ  niclji  mehr  oder 
weniger  Bewegung  seyn  kann ,  als  in  RS.  Da  nun  die  oscillit  enden 
Massen  in  beiden  Flächen  gleiche  Dichtigkeit  haben,  so  kann  der  Fede- 
rung, dafs  in  -und  RS  gleichviel  Bewegung  seyn  soll,  nur  d*> 
dofch  Genüge  gesdidieii,  dals  die  OscillAtioittwmten  in  ES  in  den- 
eelben  VerhalaiCi  kleiner  «nd,  «It  in  FQ,  in  velchcni  die  Fliehe 
BS  gröfser  ist  als  PQ.  Nun  stehen  diese  Flachen  im  geraden  Veiv 
iiältnifs  mit  den  Quadraten  der  HalbmCMer  CM  und  CK;  folglich 
mufs  die  Gröfse  der  Oscillalionsweiten ,  und  mit  ihnen  die 
Starke  des  Schalles  im  umgekehrten  Verhältnif»  mit  den 
Quadraten  der  Entfernung  stehen. 

§.  32.  Da  wir  bei  dem  Beweite  TomugeMtit  haben,  daft  der 
Sdiall  von  dem  emsigen  Pnnkie  C  «osgehe,  lo  in  Uar,  daft  es  in 
ToHer  Strenge  anek  nnr  für  diesen  ideslisdien  Fall  gdie.  Ycrlireitet 
wik  abei-  ein  Schall  von  mehreren  Punkten ,  das  Ohr  hat  aber  eine 
solche  Stellung,  dafs  man  ohne  erheblichen  Fehler  sagen  kann:  es  sei 
von  jedem  schallenden  Punkte  gleichweit  enifernt,  so  befolgt  die  Stärke 
des  Schalles  in  jedem  Stral  den  das  Ohr  erhiait,  dieses  Geseiz,  und  so 
wird  das  Gesetz  auch  unter  diesen  Yorausseuungen  anwendbar  bleiben. 
Diese«  wird  also  der  Fall  sejn,  wenn  entweder  der  Raum  aus  welchem 
der  Sdkell  kommt^  wiiklidi  wAae  klein,  oder  warn  er  menig^lenB  im 
g^en  die  fintfernong  des  Ohres  klein  ist. 
Kommt  dagegen  der  Schall  aus  mehrerm  Punkti^,  deren  Enifer« 
nung  vom  Ohr  sehr  verschieden  ist .  wie  ivenn  z.  B.  ji£  Fig.  4.  eine 
schallende  Saite,  in  C  aber  das  Olir  wäre,  so  würde  es  /-war  nicht 
unmöglich,  aber  dorb  itumer  etwas  srliwierig  seyn ,  die  Stärke  des 
Schalles  in  C  zu  bestimmen,  weil  man  dazu  die  Oscillalionsweile  de« 
lAft-Tlieilchens  C  berechnen  müfste,  welche  das  Residtat  aller  Osdlla- 
tiftwsechlagp  ist,  welche  der  Pui^t  C  dnn^  alle  von  JS  kommenden 
Stralen  erhät.  Indessen  ist  eine  genauere  Schätzong  der  Stärke  de» 
Schalles  unter  diesen  Vmsiinden  selten  oder  nie  ein  Bedurfnifs,  und  es 
ist  hinreichend,  nur  zu  bemerken,  dafs  der  Schall  um  SO  Stärker 
wird,  je  gröfser  die  Anzalil  der  Punkte  ist,  von  welchen 
das  Ohr  in  C  Schall- Stralen  erhält.    Welches  dritte  Geseu, 


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üier  die  Gnmdkkn»  dtr  Jiustik. 


107 


nngf achtel  seiner  TI nhesiimmlheit ,  demohngeachtet  sorpfaltie;  zu  be- 
merken isif  weil  maii  es  zur  richtigen  Beunbeilung  vieler  Jbrschei- 
nungen  oidii  «ndiiiuncii  kann* 

§.  33.  Mit  dicwr  Theorie  von  der  SiMe  des  Sdnlles  miiiicB 
vir  eme  «dir  niei^wfiniifge  und  Idnreiebe  Beolieebning  des  Hemi  Biot 
verbinden.  An  eben  der  cylindrischen  gegen  3000  Fufs  langen  Rdhne 
Ton  Gufseisen,  die  schon  oben  (§.  16.)  erwiimt  worden,  beobachtete  er, 
dafs  der  leiseste  Schall  \z.  B.  das  Schlagen  der  Unruhe  einer  Taschenuhr) 
an  dem  anderen  Ende,  ungeachtet  der  grofscn  Entfernung,  so  unge- 
schwächt gehört  wurde,  als  ob  man  dichte  dabei  wäre. 

Dieter  Erfolg  konnte  nur  »tett  finden,  wenn  die  Otcillaiionsweiten 
die  ganie  Rdhre  hindarch  tou  gleidier  GrSlee  Uieben.  Yen  gleicSier 
Grolae  aber  kooniett  gie  anr  bleiben,  wenn  sie  dch  nicht  «inhreiteteD, 
und  selbst  nicht  der  innem  Flache  des  Eisent  Oicillaiionen  mittheiltcn. 
Dieses  fuhrt  aber  nothwendig  zu  der  Folgerung,  dafs  die  SchaUsiralen 
längs  der  ganzen  Röhre  parallel  mit  der  Achse  fortgingen;  des- 
gleichen, dafs  Scliallstralen  die  einer  1' lache  parallel  laufen,  derselben 
keine,  oder  unmerklich  wenig  Oscillaiions- Bewegung  mittbeilen. 

34.  Diew  Folgerungen  werfen  wieder  licht  vaS  die  llMorie 
der  Sprech-  und  Hör-R5hre,  an  deren  Gestalt  man  so  Tiel>  eher 
ohne  allen  Erfolg  gekfinstdt  hat,  weil  nun  dabei  von  einer  Reflexion 
der  Stralen  nach  katoptriscben  Gesetzen  ausging. 

Die  Erklärung  der  Wirkungen  des  Sprachrohrs  ist  ganz  einfach 
folgende.  In  einer  etwas  langen  kcpcl förmigen  Röhre,  deren  entgegen- 
geseizie  Seiten  nur  unter  eiaem  kleinen  Winkel  divergiren,  werden  die 
Schallstralen  verhindert,  sich  seitwärts  auszubreiten,  und  gezwungen,  fast 
jmralld  en  bleiben.  Die  ünfsersten  Sinlen  laufen  parallel  lings  den 
Winden,  und  tbnlen  denselben  wenig  oder  gar  keine  OsciUatioos-Bew» 
gong  mit.  Danras  erklärt  sich,  wamm  au  Folge  der  Erlahnuiig  die 
Materie,  woraus  das  Rohr  besteht,  ziemlich  gleichgültig,  und  dafs  die 
ganz  einfache  schlichte  Kegelgestalt  die  beste  ist.  So  lange  die  Oscilla- 
tionen  innerhalb  des  Rohres  bleiben,  können  sich  die  Dsrillationsweiien 
nur  wenig  verkiU^en.  Tritt  aber  der  Schall  aus  dem  Kolin  hervor,  so 
werden  sich  zuerst  nur  die  au/sersten  Slraleu  seiiwuru  au&brciicu;  in 

02 


4 


108  F  I  S  C  H  B  R 

der  3Iilic  bchalien  sie  aber,  bis  in  ziemlicb  grofsen  Entfernungen,  die 
Richtung  bei,  welche  sie  im  Rohr  erhalten  haben,  bis  allmäb'g  die  Seiten- 
Terbreiiung  der  äufseisten  Su-alen  bis  cur  Achse  des  Rohres  fortschreitet, 
-WO  dann  der  Schall  iMeh  den  Geietien  der  freien  VeriireiliiDg  furtgeht, 
doch  mit  einer  Stärke,  «Is  liüme  er  vom  einem  näher  liegenden  Putkie 
■It  an«  der  Mundöflnung  des  Rohret*' 

35.  A.ach  tdle  Kiinsteleyen  an  der  Gestah  d^  Hörrohres  sind 
ohne  alle  Wirkung  c^'blieben,  oder  haben  wohl  gar  dl«"  Wlrlun?^  beein- 
trächtigt. Meines  Ei  achtens  würde  auch  bei  diesem  die  gana  schhchtc 
Regelgestalt  die  beste  seyn.  Denn  die  Wirkung  beruhet  unstreitig  dar- 
auf, dafs  man  die  Schalbtralen  awingt  zu  convergiren,  wodurch  eine 
Yergröfserang  der  Oscillationswaten»  also  eine  Yeniiilang  des  Schallei, 
entstehen  mu/s.  Idh  kann  et  anch  nldu  für  Tortheilhaft  halten,  wenn 
man  das  Hörrohr  krümmt  ,  und  den  Sehall  ndtbigt,  TCO  den  innern 
Flächen  reflectirt  su  werden.  £5  giebt  Hörröhre,  wo  man  dem  Schall 
allerlei  Flächen  ,  an  denen  er  sich  brechen  mufs ,  recht  künstUch  ent- 
gegenstclh.  Die  Folge  ist,  dafs  jedet  kleine  in  der  Luft  vorhandene 
Geräusch  verstärkt  zum  Ohr  gelangt,  so  dafs  man  stets  ein  ahjüichcs 
Bauten  alt  an  gewissen  Muacheln  li$rt,  wodurch  natoriich  die  Haupt- 
t6ne,  die  gehöret  werden  tdlen,  an  Deniliclikeic  Terlieren. 

Von  der  Mittheilttiig  der  Osdilationen  zwischen  ungldchartigen 

Mitteln. 

§.  36.  Bis  jetxt  haben  wir  den  Schall  blofs  betrachtet,  wie  er 
sich  in  der  Luft  oder  auch  in  einem  anderen  völlig  gleichartigen  Mittel 
fortpflanst,  oder  anch  in  demselben  Miiid  dm-ch  Ziunückstralimg  ver- 
hreiteti  Und  wenn  -von  der  Mittiieiliuig  der  Otcillatiimen  einer  Saite, 
einer  Stimmgabel  oder  einet  andern  «diallenden  Körper*  an  die  Luft, 
oder  Ton  der  Luft  an  die  Oberfläche  einet  andern  Körpers  die  Rede 
war,  so  genügte  es  zu  zeig^,  dafs  die  mitgetheilten  OsciUationen  den 
miiiheücnHon  gleichzeitig  seyn  müssen.  Es  ist  aber  jetzt  genauer  r.n 
untci-suclica ,  ob  und  was  für  Veränderungen  dabei  in  der  Gröfse  der 
Oscillationsweiten,  in  der  6iärke  des  Schalles,  und  Tiellcicht  auch  in 


Hier  die  GruniUehren  der  AkusUk. 


109 


der  Art,  wie  sich  die  Stnlen  im  Luieni  de*  KSrpen  Terbceiten^  Tor- 

^AkSa  mÖchien. 

SoU  diese  Frage  uiaiheniatisrh  beliandp!«  werden,  SO  führt  sie  zu 
schwierigen  Problemen.  Aber  nach  dem  Piuue,  den  ich  mir  in  dieser 
jUJMuadlung  vorgeieidiiiet  hebe,  ist  die  IVage  physikeliich  ab 

nutheauitiMli  su  fcebmddp.  Doch  wird  es  dienlich  «ejrn»  meist  m 
vnteisnchen,  was  aus  den  aneriannien  Gesetaen  des  ebstisehen  StoÜMSj 
mr  Beantwortung  der  Frage  folge. 

§.  37.  Da£s  nlle  Mitiheilung  der  Oscillationen  durch  den  Stöfs  g&> 
scbclie,  liegt  «nmittelljar  in  dem  Begnff,  tmd  aus  der  ungemeinen  Klein- 
heit aller  Oscillaiiun&weiien  darf  man  mit  Sicherheit  schlieisen,  dafs  die 
durch  einen  Oscillaiionsschlag  entstehende  Verschiebung  der  Theile  nie 
die  Grinaen  der  vollkommenen  Elasticitit  fibersdireite.  Wir  haben 
femer  im  29sten  §.  gezeigt,  dab  irum  swei  LöifterUche  Punkte»  die  sidi 
herfihren,  ab  unendlich  Ueme  Kfirper  von  gleichem  Volumen  he- 
tracliten  luinne,  deren  Massen  sich  daher  wie  die  Dichtigkeiten  der 
Materien  verhalten,  denen  sie  angehören.  Nach  diesen  Betrachtungen 
kann  man  alles  als  pci^eben  betrachten,  was  zur  An\Yendung  der  Gesetze 
des  Stofses  auf  die  Oscillationen  bekannt  seyn  mufs.  Der  Grimd  aber, 
warum  dennoch  diese  Gesetze  keine  ToUstandige  Beantwortung  der  Frage 
geben  können,  bt  folgender.  In  der  llieone  des  Stofse»  betnditet  nun 
swei  Korper  A  und  B  ab  vfillig  frei»  d.  h.  man  sidbet  ab  tou  jeder 
nndenk  mitwiilenden  Knit,  oi)!§^ch  in  der  Wirklichkeit  die  Mit«ir> 
kung  anderweiüger  Krüfie  gar  nidit  7.u  vermeiden  ist.  Dab  aber  den» 
noch  die  Versuche,  welche  man  mit  elastischen  Kugeln  anstellt,  den 
Erfolg  ziemlich  genati  der  Tlieorie  gemäfs  zeigen,  rührt  daher,  weil  rler 
Widerstand  der  Luft  und  andere  Hindemisse  der  Bewcgimg,  in  iluck- 
sicht  des  Gewichtes  der  Kugeln,  immer  nur  klein  sind.  Ganz  anders 
Ist  aber  der  Fall,  trenn  ein  osdllirender  Punkt  A  fingen  einffi  ander- 
arugen  Punkt  B  stöbt,  denn  dieser  hat  hinter  sich  und  rund  um  dc^ 
herum  eine  unendliche  Menge  gleicfaaitiger  Punkte  C,  D,  JS,  F  etc«, 
denen  er  nun  seinei-seits  die  durch  den  Schlag  des  Punktes  J  empfangene 
Bewegung  mitzutheilen  genöthigt  ist.  Aber  weder  der  Ptmkt  B  selbst, 
noch  die  um  ihn  liegenden,  können  wegen  der  Spannung,  in  der  sie  sich 


110 


F  I  S  43  H  8  R 


gegenseitig  befinJcn,  die  Bewegung  wirklich  machen,  welche  sie  nach 
den  Gesetzen  des  freien  Stofses  innrhen  würden.  Alier  dennoch  ist 
klar,  dafs  in  dem  Augenblicke  des  Öiolses  in  beiden  das  Be&ireben 
nach  der  dadurch  besiinunten  Geschwindigkeit  entstehe,  und  dafs  diesem 
BectNliai  auf  irgend  eine  Art  Genüge  geschdien  mdsM.  Du  sidi  aber 
B  von  Jl  nicht  trennen,  also  lUdne  andere  Bewegung  als  A  madu» 
kann,  so  ist  £nner  klar,  dafs  diesel  Bestreben  auf  die  anh'egenda 
Ponkte  St  ^  obergdheni  und  alimälig  durch  unendlich  kleine 
Incremente,  oder  Decitmaenie,  eine  Abänderung  der  Oscillaiionsweiten 
bewirken  müsse ,  welches  eigentlich  der  durch  höhere  Rechnung  auszu- 
mittelnde  scinvierige  Punkt  ist.  ]VIan  sieht  indessen  leicht  ein,  dafs  man 
aus  den.  Elemenursätzen  vom  Anstofs  doch  in  jedem.  Fall  richtig  l>e- 
urtludlen  könne,  ob  eine  Yei|prfifserung  oder  Yeikleinerung  ci'folgen 
mfisse,  und  ob  diese  beirSchtlich  oder  onbedentend  seyn  werde.  Nor 
das  eigentliche  genauere  Maafs  der  Yeranderangen  mnfs  höheren  Redl- 
nungen  vorbehalten  bleiben. 

§.  38.  Die  Fälle,  auf  deren  Beurlbeihing  es  hier  besonders  an- 
kommt, gehören  zu  den  einfachsten,  wo  sich  die  Art  des  Ei  ff  lc^es  selbst 
ohne  Rechnung  beurtbeilen  läfst.  Die  su  beantwortende  Frage  ist  nämlich 
bestimmt  folgende.  Zwei  körperliche  Punkte  A  und  B,  von  gleicher 
Gestalt  nnd  Grölse,  aber  vendiiedener  Diditig^t  oder  Nasse,  berfihien 
sidi;  B  ruht,  und  A  macht  einen  OsdUationsscfalag  gegen  B\  es  Iragt 
sich,  was  wurde  B  dadurch  iur  eine  Geschwindigkeit  erhalten,  wenn 
es  sich  frei  bewegen  könnte«  Ist  die  Dichtigkeit  oder  Masse  A  bei 
weitem  kleiner  al«;  ß,  so  ist  in  seinem  Schlage  wenig  Kraft,  und  in  B 
wird  daher  nur  ein  geringes  Bestreben  nach  Geschwindigkeit  entstehen. 
Ist  hingegen  die  Masse  A  bei  weitem  grÖfser  als  B,  so  ist  der  Schlag 
kräftig,  und  wird  den  Punkt  B  in  eine  gröfsere  Geschwindigkeit,  als 
A  sdbst  halte,  sa  veneiaen  sndien.  Bsstinumer  lafst  sich  aber  der 
Elfolg  ans  der  Theorie  des  Stofses  bestimmen. 

Die  Masse  A  schlage  mit  der  Geschwindigkeit  c  gegen  die  Masse 
B,  und  diese  erhalte  dadurch  die  Geschwindigkeit  v  (angenommen,  dafs 
sie  sich  frei  bewegen  könnte),  so  ist  tmier  Voranssetaong  ToUkonuneoer 
Eiastidtät 


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Afar  di»  Gnmdlehmn  der  AhuHk* 


Iii 


v=  ^^  j,c;  ^vo^ans  fulgl:  J B '.  2  A  =  c '.  v; 
hieraus  lassen  sich  alle  hier  zu  beachieiide  falle  bcuribeileu.  iSamlich: 

1)  Iit  B^J,  M»  ift  v^c* 

2)  Seist  man  B<J,  lo  aibm  sidi  daa  Yerhiltnils  J+B:tJ  dem 
Verhiltnifii  1:3  deMo  ailifcer»  je  kkuMr  B  hu  Abo  iit  «>e 

imd  liegt  ziwUctien  den  Giätuen  c  und  2c. 

3)  191  B>j^,  so  ist  das  Maafs  des  Verhältnisses  J  -k-B'.2j4,  nämlich 
■j—ff,  ein  desto  kleinerer  Bruch,  je  kleiner  A  gegen  B  ist.  In 
diesem  Fall  ist  also  t  <  c ,  und  dieses  unbegranzt  um  so  mehr, 
je  kleiner  A  ist.  Der  Werth  vuu  v  ist  allezeit  innerhalb  der 
Grihuen  0  and  «. 

Dalii  die  ZaUenweribe,  weldie  dieie  Formdn  gdben,  in  der  An* 
Wendung  auf  Oacdlatitniett  nicht  riditig  lind,  dalii  sie  aiber  dennoch 
richtig  anaeigen,  ob  eine  Yergröfserung  oder  YetUeiaentng  der  Oicäla* 
tionsweiten  statt  finde,  ist  leicht  einzusehen. 

§.  39.  Bei  der  Emwirkclung  der  Theorie  des  Stofses  denkt  man 
gewöhnlich  nur  an  gleichartige  Körper.  Man  kann  daher  zweifeln,  ob 
man  berechtigt  sei,  die  Formeln  auch  auf  den  Anstois  ungleichartiger 
KSiper  anzufrenden.  E»  idieint  indeiacn  die  qoeUtedve  Beidiaffisnheit 
nuf  den  Eifolg  nur  in  so  fem  Einflnla  an  haben,  als  davon  die  Dichti|^ 
heat  und  die  Gramen  der  voDkommenen  Eiaaticiiafc  ahhSngen;  dodi  tci^ 
dienten  die  Gesetze  de«  Anttofaea  ungleichartiger  Kfirper  wol  eine 
eigene  Experimental- Untersuchimg. 

Wir  haben  oben  (§.  20.)  gezeigt,  dafs  man  zwei  sich  berührende 
Piiiikie  als  unendlich  kleine  Körper  betrachten  könne,  deren  Massen 
sich  wie  ihre  Dichtigkeiten  oder  specifischen  Gewichte  Tcrliaiten.  Wir 
d&fcn  alao  nur  für  J  und  B  in  den  Formeln  die  Dichtigkeiten  beider 
Biaierien  seisen,  mn  mit  Sicherheit  henrthdlen  an  können,  oh  unter 
bestimmicn  Unuiinden  eine  alhndige  Yergrolaening  oder  YeiUeinemng 
der  Oscillationsweiten  zu  erwarten  i^. 

§.  40.  Betrachten  wir  nun  zuerst  die  Mitiheilung  der  Osdlla- 
tionen  in  der  Luft  oder  pinem  sindern  völlig  gleicharlic^en  Mittel,  SO 
sind  die  Massen  ./  und  B  gieich,  also  v  —  c  (Nr.  1  des  Torigen  §.), 
d.  h.  ia  B  entsteht  kern  Bestreben  nach  emer  andern  Geschwindigkeit, 


112  ,  F  z  s  c  H  B  a 

als  ji  hat.  Wenn  daher,  wie  in  einer  cylindnschen  Röbre,  die  Scliall- 
siralen  parallel  sind,  so  müssen  die  Oscillationsweiicn  gleich,  also  die 
Stärke  9m  Schallei  tm^erandert  Ueibai.  Divergiren  liingegen  die  Straten, 
lo  kann  nun  die  MiMen  A  und  B  (nach  §.  29.)  xStiäax  mdir  ab  älMolttt 
gleich  betradbten,  aandem  die  OieillatioDen  mmsen  immer  aii8g6lNPeite> 
teren  Massen  mitgetbeilt  inrcrdenj  hierin  liegt  der  Qrund,  >varam  die 
Oscillalionswciten  mit  der  Enlfernung,  -wie  oben  (^.31.)  gezeigt  -wor- 
den, abnchmoTJ.  Convergiren  die  Straien,  wie  in  dem  Hörrohr,  so 
müssen  sich  die  Oscillalionswciten  (nach  Nr.  2.  des  vorigen  §.)  Ter- 
gröfsem. 

§.  41.  Wenn  OicillBtionen  an*  eine  anderartige  Ibterie  miige- 
theilt  >freiden,  so  sind  beide  faat  in  jedemr  Fall  an  Dichtigkeit  tehr  ▼er> 
adiieden;  also  ist  der  Erfolg  immer  nach  Nr.  2,  und  3.  des  dflcfeen  §. 
KU  heurdieilen. 

Ist  z.  B.  A  Messing  oder  Stahl,  B  Lwft,  so  yerhält  sich  die  Dich- 
tigkeit beider  ungefähr  wie  6000:  1.  Setzt  mau  also  ^  =  6000,  B=i, 
so  ist  -f- Z? :  =  600i  :  12000,  d.i.  fast  genau  wie  1:2;  also  wer- 
den sich  die  Oscillationsweilen  in  der  Luft  von  der  Saile  aus  bis  zu 
einer  Yermnthlieh  sehr  kleinen  Weite  sufflTst  Te^prjtlieniy  und  dann 
erst  nach  dem  Gesetx  §.3i.  abnehmen. 

Ware  umgekehrt  2/  Luft  und  JS  Stahl  oder  Messing,  so  »t 
jiBt  i  und  B  =  6000 ;  also  J  +  B  :  2yi  =z  6001  :  2,  oder  ziemh'ch 
genau  3000  :  1 ;  es  werden  also  die  Osftillationsweiten  ungemein  klein 
ausfall'MK  u.  dergl.  m. 

NV  ir  wolleti  nun  versuchen,  diese  Ergebnisse  auf  einige  akustische 
Erscheinungen  anzuwenden. 

VoD  der  Resonmz. 

§.  42.  Was  in  den  akustischen  SchriAen  zur  Erklärung  der  Reso~ 

nanz  gesagt  wird,  ist  nicht  nur  unbefriedigend,  sondern  ich  erinnere 
mich  auch  nicht  einmal,  irgendwo  eine  recht  besliinnile  Erklärung  des 
Begriffes  gefunden  zu  haben,  indem  hauüg  Erscheinungen,  die  in  ihren 
aufsem  Bedingungen  und  in  ihrer  Beschaffenheit  das  Gegeniheü  der 
ResonauE  sind,  dennoch  einer  Resonanz  zugeschrieben  werden. 


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äAer  die  Grunälehren  dmr  ^hutäi» 


113 


DeTi  Tinzweideutigsten  Fall  einer  Resonanz  bietet  unstreitig  der 
Resonanzboden  eines  Saiien-Insirumenies  dar.  An  einem  (Jiaviere  wird 
eine  Metallsaite  an  dem  einen  Ende  gegen  einen  hukeruen  Steg  ge- 
drückt^ der  auf  eiiieni  dännen  tmd  «ehr  dbsttschen  Brett,  das  man 
den  Retobanzboden  nennt ,  Befestigt  ist.  Bei  Yiolmen  findet  dasselbe 
Mftit,  nur  »t  der  nicprOiigUdi  oscOlirende  Körper  eine  Danngaite.  Unter 
diesen  Umständen  werden  die  Oscillationen  der  Saite  dem  Steg  und 
ReMoansboden  mitgethcih,  die  wir  hier  als  einen  Körper  betrachten 
Itönnen;  von  dem  Resonanzboden  aber  werden  sie  wieder  der  Luft  mit- 
getheilt.  Die  aufscrn  Bedins^iingtüi  der  Resonanz  sind  also:  dafs  die 
Oscillationen  der  6aite  an  Holz^  und  von  diesem  an.  die  Luft  mitge- 
theilt  werden.  Und  die  Wirltung  dieser  Construction  bettdit  darin» 
dafe  der  Ton  weit  stirLer  Hingt,  alt  wenn  die  OsciUationen  der  Saite 
Uob  munittelfaar  der  Iiuft  mitgetheik  mvrAen,  -wie  dieses  der  Fall  ist, 
wenn  man  eine  Saite  über  einen  wenig  elatlischew  KSrper»  s»B.  äber 
einen  Stein  oder  feuclites  Holz  spannt. 

Die  N'erstarkung  des  Schalles  rührt  von  zwei  Ursachen  her. 

i)  Aus  Vergröfserung  der  Oscillaiionsweiten.  Auf  einem  Clavier 
gehen  zuerst  die  Oscillationen  aus  Messing  in  Holz  über.  Da  nun 
Messing  ungefalir  16  Bud  so  sdtwer  als  Tsanenhok  i»tp  so  kann  asan 

15,  ir  =  l  setcen.  Diamist 

J^Bl%J=  16:30, 
folgUdi  werden  die  Oscillaiionsweiten  im  Holze  sich  üsst  verdoppebi. 
Dann  gehen  sie  aus  Holz  in  die  Luft  über,   die  ungefähr  400  mal 
leiditer  als  Tannenbolz  ist.    Setzt  man  also  ^^  =  400,  B^i»  so  ist 

also  werden  die  lui  lioizc  schon  verdoppellen  Oscillaiionsweiten  ungefähr 
gegen  die  OliciDationsweiien  der  Saite  &st  Tiermal  vergröftert  seyn* 

Tbeilie  dagegen  die  Saite  ihre  Oscillation  der  Luft  nnmittelfaer  mit, 
•o  ist  Messing  ungsTahr  4000  mal  dichter  als  Lvft.  Setst  man  also 
^  BS  4000,  j^as  i,  SO  bat  man 

^ -i-^:2y/  =  400  f :  8000. 

Die  Oscillatiouswelien,  welche  bei  dem  Durchgang  durch  Holz  vervier^ 
facht  worden,  wurden  in  diesem  Fall  nur  verdoppelt.    Und  wenn  mau 
PÄ/j.  Klasse  1824.  P 


114 


F  I  S  C  H  B  It 


sich  auch  hier  auf  die  Zahlen  A  vinJ  2  nicht  verlassen  kann ,  so  ist 
doch  gewifs,  dafs  die  OsciUaüonsweiujn  durch  die  Resonauz  vergrofseit 
werden. 

2)  Die  zweite  u&d  widitigiie  Umciie  dbr  Yeniirkimg  i$t,  dds 
da*  Ohr  ntnuuehr  eine  ^el  groftere  Menge  von  SdnUMnlen  etlielt, 
nSmIidk  nicht  nur  von  jcHlem  einzelnen  Punkte  der  Seite,  sondern  auch 
TOn  allen  vitoccilUrenden  Punkten  des  RcsonanEbodens.  Hierbei  ent- 
steht die  Frage,  wie  weit  sich  wobl  die  Oscillalionen  dem  Holze  mit- 
ihcilcn,  ob  nur  in  der  Nähe  der  oscillirenden  Saite,  oder  in  dem 
ganzen  Umfang  des  Resonanzbodens,  ßegrciflich  können  die  Oscilla- 
lionen nicht  in  allen  Pnnkten  von  gleicher  Starke  seyn;  am.  lAhalleten 
sind  sie  da,  wo  die  osciliirende  Saite  den  St^  drückt;  von  da  aus 
müssen  sie  abnehmen,  und  wahrsdieinlidi  im  umgekehrten  Veiliiiltnils 
mit  den  Quadraten  der  Entfernung;  doch  dürfte  wohl  die  T^go  der 
Fibern  des  Holzes  eiqe  an<]L>re  minder  regelmäfsige  Abnahme  der  Oscil- 
lalionen veranlassen.  Auf  jeden  Fall  peschieht  die  Ahnahme  allmäh'g 
und  sliilli; ,  so  dafs  sich  gar  keine  besUmmte  Granze  der  Oscillalionen 
angeben  inl&i,  und  sie  sich  daher  unstreitig  über  den  ganzen  Resonanz- 
boden, so  weil  er  frei  ist,  vetfarciten.  Diese  YorstdJung  hat  keine 
SchwierigVeit,  so  hmge  man  an  emen  einzigen  T(m  denkt.  Klingen 
•btr  mdirere  Töne  susammen,  so  ist  iwar  die  Einbädongskrali  nidit 
mehr  im  Stande,  anschaulich  zu  machen,  wie  in  demsdben  Punkt  an 
glelclier  Zeit  mehrere  Oscillalionen  besteben  können,  ohne  sich  zu  ver- 
wirren. l£s  ist  aber  schon  oben  (§.  19.)  gezfÜH  worden,  daCs  aller- 
dings in  einem  Punkte  der  Luft  vielerlei  Oscillalionen  zugleich  be- 
stehen können,  ohne  sich  in  der  Wirklichkeit  und  für  das  Gefühl  zu 
Terwirren.  Was  aber  dort  in  Ansehung  der  Luft  gesagt  worden,  ist 
för  jeden  anderarUgm  körperlichen  Punkt  gültig. 

§.  43:  Die  'Richtigkeil  dieser  Theorie  der  Resonana  bestätigt  sich 
auf  eine  sehr  hefripdigende  Art  durch  die  Erscheinungen  der  Stimm- 
gabeln. Cliladni  hat  in  seiner  Akustik  sehr  deutlich  die  Art  ihrer 
Oseillaiioiicn  nachgewiesen.  Wenn  die  Arme  derselben  durch  einen 
Schlag  oder  auf  andere  Art  in  Oscillation  gesetzt  werden,  so  iheilt  sich 
die  .Gabel  in  drei  Stücke  vermittelst  zweier  Schwingimgskuolen,  die  am 


über  die  Grun<i/e/tren  der  Akustäc. 


mtern  Ende  der  Arme ,  gaax  nahe  bei  der  Yerlrindiuig  beider  liegen. 
Die  beiclen  Arme  schwingen  zugleich  einwärts  und  su^eidi  ftUiwälti* 
Das  mitliere  Stück  aber  schlägt  aufwiiris  und  abwärts^  jenes,  wenn  die 
Ai'me  auswärts,  dieses,  wenn  sie  ein^vri^ls  schwingen.  Di»'  Oscillauonen 
dieses  Miuclslückes  sind  also  in  Beziehung  auf  den  GnÜ  aU  Longilu- 
dinalscbwingungen  zu  beirachten. 

&t  Dun  die  Gabel  in  OMaUation.  geietit,  and  nm  fallt  dea  Griff 
lirei  s'vriBchen  den  Fingern«  eo  füblt  man  cwar  deatlich  ihre  uitemde 
Bewegung,  aber  der  Ton  den  man  hört  ist  nur  tdiivacb*  Setzt  man 
aber  den  GrifT  auf  tmesi  Resonanzboden,  oder  auch  nur  auf  ein  recht 
trockenes  Breit,  so  wird  der  Ton  unerwartet  laut.  Dafs  hierbei  die 
Oberflaclie  des  Holzes  rings  umher  oscillire,  kann  man  mit  der  Hand 
fühlen,  und  wenn  der  Ton  kräftig  ist,  selbst  noch  in  einer  nicht 
nnbetrichtlichen  Entfernung  yon  der  Gabel.  Setzt  man  zwei  Gabeln, 
welche  Tersdhiedene  Töne  geben^  zugleich  «uf  daa  Hob,  ao  föhlt  man 
ein  TenUirktea  Ziuem,  aber  das  Ohr  nniersdieidet  beide  Tone  dendich, 
so  dafs  offenbar  die  in  demselben  Punkt  des  Hokes  Tereinigten  Okdl- 
lationeu  sich  dennoch  für  das  Ohr  nicht  vorwirren. 

Man  sieht  leicht,  dafs  die  Erklärung  dieser  Erscheinungen  gar  nicht 
Terschieden  ist  von  der,  die  im  vorigen  §.  in  Ansehung  des  Claviers 
gegeben  worden.  Auch  hier  Yerhält  sich  die  Dichtigkeit  des  Stahles 
cu  der  des  Hohes  uugerähr  wie  15:1,  und  die  de*  HolsCi  cd  der- 
jenigen der  Luft  wie  4000 ;  1.  Ei  mfissen  daher  die  Otcillatioiien, 
treidle  die  Lnft  mitielbar  durcb  das  Hols  erbSlt»  groCser  seyn,  alt  die, 
wddhe  sie  unmittelbar  vom  Stahle  erhält.  Ueberdiefs  erhalt  das  Ohr 
hier  wie  dort  von  allen  oscillirenden  Punkten  des  Holzes,  so  wie  von 
allen  Punkten  der  Gabel,  Schallstralen ,  statt  dafs  sie  nur  die  letztem 
allein  crhiilt,  wenn  man  die  Gabel  frei  hält,  deren  verhhltnifsraäfsige 
Menge  aber,  wegen  des  geringen  Umfanges  der  Gabel,  viel  kleiner  ist. 

Durdk  emoi  kleinen  Yertadi  kanh  man  die  Richtigkeit  dieiar 
Erhliimng  sehr  an<chanlieh  machen.  Wenn  man  die  oadllirende  Gabel 
nicht  wirklich  auf  daa  BjcAm,  aufseist,  aondem  demadben  gjieidiMm  trar 
unendlich  nahe  bringt,  so  treffen  nur  die  uhwurts  geriditeteu ■  Schläge 
de«  Grifiea  das  Hols>  Diese«  empfängt  daher  immer  nur  einen  Schlag, 

P2 


116 


P  I  S   C  H   E  Ii 


während  der  Crifl  zweie  macht.  Die  Folge  ist,  dafs  mm  anlber  dem 
Ton  der  Gabel  auck  noch  ihre  tiefen  Ociaven  hört. 

Von  dem  MiLklingen  gleichgestimmter  Saiten  und  von  der 

Aeolsharfe. 

'  §.  44.  Wenn  nun  swei  Sahen  genau  m  den  Einllang  stimmt  «od 

die  eine  allein  ansdtlagt,  so  oscillirt  die  andere  freiwillig  mit,  doch  nur 
•chwach.  Man  schreibt  diese  Erscheinung  einer  Resonanz  zu.  Es  isl 
«her  aus  dem  Inhalt  der  vorigen  kl:iir,  dafs  sie  mit  der  Resonanz 
gar  nicliis  i^emein  hat,  weder  in  Ansehung  der  äufsern  Bedingungen, 
noch  in  Ansehung  der  Wirkungen.  Die  Oscillation  geht  hier  von 
Metall  in  die  Luft,  und  Ton  dieser  wieder  zu  dem  Metall  der  zweiten 
Saite  fiber,  und  der  so  erregte  Ton  ist  adir  scbwadi. 

Wenn  die  Osdllationen  der  Luft  die  xweite  Saite  trefien,  so 
irirken  ihre  Schläge  nicht  anders  auf  sie,  als  jede  andere  schwache 
mechaniiclie  Kraft  wirken  würde.  Sie  setzen  sie  in  diejenigen  Oscilla- 
lionen ,  welcli«  die  Saite  vermöge  ihrer  Spannung  leichter  als  jede 
andere  anniuimi.  Diese  Oscillationen  sind  also  als  ursprünglich 
erregte,  nicht  als  mitgctheilie  zu  beiracliien.  Und  was  die  Starke 
des  Tonet  betrifil,  so  sind  awar  die  OsdOationsweiten  der  Luft  grÖiser, 
als  die  der  ersten  Saite;  gelten  aber  diese  OscOlationen  aua  der  Luft  in 
die  sweiie  Saius  fiber,  so  bat  man,  vom  jf^s  i  gesetst  wd,  ungefiÜir 
^  =  4000;  slso  + J7:3^»400l  :2,  d.b.  die  Oscillationswcitcn  der 
Saite  können  gegen  2000  mal  kleiner  sejn,  als  in  der  Luft.  Bei  dem 
neuen  Uebergang  von  der  zweiten  Saite  in  die  Luft  vergröfsern  sie  sich 
zwar  wieder,  können  aber  dennoch  gegen  looo  mal  Heiner  bleiben, 
als  die  von  der  ersten  Saite  kommenden.  Zwar  sieht  man  leicht  ein, 
daiä  die  bier  gegebenen  Zahlenwertfae  nicht  sicher  sind,  aber  das  Sadi* 
Terhdtni£i  kann  kein  anderes  sejn. 

Eben  so  wenig  bat  das  artige  Spid  der  Aeolsbarfe  den  geringsten 
Ztisamwienbang  mit  der  Resonanz.  Der  an  den  Saiten  hinstreichende 
Luftzug,  wirkt  atif  einzelne  Theile  derselben,  wie  jede  andere  mecha- 
nische Kraft,  und  seut  irgend  einen  aliquoten  Theil  derselben  in.  Oscü- 


.i^.o  uy  Google 


über  die  Gntndlehnn  der  JkustA, 


117 


laüonen.  Das  harmonische  in  diesem  Spiel  rülirt  aber  daher,  dafs  die 
entstehenden  Töne  keine  andern  als  die  6  oder  7  tiefen  Töne  der  har- 
muujscben  odei'  natürlichen  Tonleiter  sind,  also  Octave,  Quinte,  Quarte« 
Tertiej  Sexte,  aucb  vohl  S^me  des  Grundtons,  auf  weldien  ,dU« 
Suten  de»  Ltftmmaiu  g^siunmt  «iitd. 

Udler  die  Verbrdttiog  der  Oscilktion  in  andern  Ifitteln 

als  Luft. 

§.  45.  Wenn  Oscillationen  auf  irgend  eine  An  in  einem  Mittel 
ei-regt  -werden ^  welches  man,  so  yrie  Luft,  in  allen  Ilichiungen  als 
Töllig  gleichartig  betrachten  kann,  so  kann  sich  der  Schall  in  demi- 
MÜben  offenlmr  aidit  aoadert  for^iAanxen  imd  vedNrdtra,  «b  in  der  Lalt. 
Dieser  Fall  findet  «lier  im  tireiigsteik  Sinne  ynAl  ma  bei  Flilaiigkeiien 
statt,  sie  mögen  tropfbar  oder  ausdehnsam  seyn.  Betrachtet  man  alsO 
den  SchaU  als  von  einem  einzigen  Punkte  eines  solchen  Mittels  aus> 
gehend,  so  müssen  regelmäfsige  Schallwellen  entstehen,  deren  Breite 
nur  anders  seyn  v^ird  als  in  der  Luft,  Aveil  die  Geschwindigkeit  mit 
IT  elcher  sich  der  Schall  fortpflanzt,  in  jedem  Mittel  anders  ist.  Sofern 
aber  der  Schall  von  vielen  Punkten  aasgeht,  wie,  wenn  die  ObeiAidh« 
einer  Hüisigiunt  durch  die  Luft  in  osefllirande  Bewegung  gesetxt  vrird,  • 
lo  werden  ndh  swmt  die  Straten  auf  nnendlidi  mannigfaltig  Art  durdip 
Ikreuien»  aber  demiocli  -werden  sie  eben  so  wenig  ab  in  der  Luft  einF 
ander  stöbren,  und  man  wird  nie  zu  einem  Irrthum  verleitet  werden, 
wenn  man  jeden  Schallstral,  oder  jeden  Schallkegel  gerade  so  hetrachtet, 
als  oh  er  ganz  allein  da  wäre.  d.  h.  in  dem  betrachteten  Stnil,  oder  in 
dem  belracliteleu  Kegel  wird  alles  wirklich  seyn,  was  da  seyn  würde, 
wenn  v  aUeih  vorhanden  wäre.  Alle  von  andern  Bichtungen  beiluM»- 
menden  Bewegungen  sind  awar  in  jeden  Punkte  anch  Torbanden»  beben 
aber  die  besondeia  betrachteten  nicbt  auf,  und  können  daher  hei  idor 
Betrachtung  anfser  Acht  gelassen  werden.' 

§.  46.  Die  Fortpflanzung  und  Verbreitung  der  Oscillationen  diirch 
das  Innere  fester  Körper  ist  eigenthch  der  sclnvierirrste  Theil  der  Aku- 
stik, und  man  kann  kaiun  erwarten,  dals  es  dem  menschUchen  Fleüse 


118 


F  t  S  C  H  S  B 


je  gelingen  dürfte,  die  Gesetze  Apv  Osrillrt»ioncn  für  diesen  Fall,  es  sey 
auf  dem  Wege  der  Beobachuini:  (xh  i  der  licchnung,  völlig  ins  Klare 
tn  hrin«»eTi.  Die  neuern  Enulcckungen  über  das  Cefoge  der  Kry stalle 
haben  es  sichlbar  gemacht,  dafs  selbst  bei  solchen  Körpern,  die  unseren 
Sinnen  Nch  ala  vSUig  stiligp  und  gldcbartige  Muten  dersiellen  (irie  Gletf 
Metalle  etc.),  dennoch  im  Innern  nicht  in  eilen  Riebtmig^  gleiche  Span- 
nua§  TOrbandeil  cey,  ^vcIclle5  unstreitig  einen  grolwD  Binflufs  auf  die 
Art  haben  mufs,  wie  sich  die  Oscillationen  im  Innern  verbreiten.  Dicae 
Dunkelheit  in  dcv  Tlieone  dürfte  indessen  doch  kein?'  ',ühr  nachtheiligen 
Folgen  für  die  Anwendungen  der  Akustik  haben.  Denn  wenn  wir  etwa 
unsere  Fenstei-sciiciben  ausnehmen,  so  kommt  der  Fall  selten  oder  nie 
vor,  dafs  der  Schall  durch  eine  ganz  gleichartig  scheinende  Maiee  fort* 
gepflantt  wird.  Unaei«  nuMTen  Wände  bcetdien  eigen  tUdt  ene  einem 
höchat  onregdmalsigen  Gongbmerat  kleiner  KSmer  Ton  Tenduedennr 
Gröfse  und  Gestalt;  und  eben  diese  Ünregelmäfsigkeit  nähert  sich  wi»- 
der  einer  nicht  hk>fs  acheiabam»  sondern  wirklichen  Gletchanigkeit  in 
allen  Richtungen.  Denn  w^^nn  man  in  Gedanken  Linien  in  den  man- 
nigfaltigsten Richtungen  zielu ,  -  )  wird  man  schwerlich  heliiiii|il(.n  kön- 
nen, dafs  in  der  einen  mehr  Spannung  sey,  als  in  der  auda'n.  Doch 
nimmt  nnstreitig  die  Spannung  von  oben  nadfc  unten  m  wegen  des  im- 
mer grölser  werdenden  Druckes  der  überstehenden  Massen;  aber  eben 
so  Tttthalt  es  sich  mit  der  Luft»  mit  dem  Wasser,  und  überhaupt  mit 
allen  Köipern.  Man  darf  1  iltcr  wohl  annehmen,  dafs  die  Gesetae,  nach 
welchen  sich  der  Schall  durch  unsere  Wände,  oder  andere  gro&e  feste 
Massen  fonpdanzt,  nichl  wesentlich  von  denen  \erschieden  seyn  könne, 
naoli  welchen  er  sich  durch  ganz  gleicliarii^c  Miiiel  verbreitet.  Der 
llauptunterscbied  mochte  niur  darin  liegen,  dals  die  Kraft  der  Oscilla- 
tionen aaeh  einem  höheren  Yorbiltnils  mit  der  Eatfomiuig  von  der 
von  wo  die  OsdUationen  ausgehen,  abnimmt,  ab  in  der  Lnft, 
weQ  der  Dorchgang  durch  eine  Mienge  nn|^aidiariiger  Körner,  und  die 
swischen  Ihnen  vorhandenen  Fori,  wohl  nicht  anders,  als  schwächend 
wirken  kann.  Der  Durchgang  durch  Holz  möchte  vielleiclit  eine  beson- 
tlere  Aufmerksamkeit  der  BeobacTiter  vcixlienen.  weil  hier  in  Terschio- 
denen  Richtungen  die  Spannung  ollenbar  sehr  verschieden  ist. 


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üier  'dit  GrundkikMn.  i/st  JhuUk, 


119 


47.  Dafs  übrigens,  auch  abgesehen  Ton  dieser  Dunkellieit,  der 
Schall  bei  dem  Durchgang  dui'ch  jeden  festen  Kürper  sehr  geschwächt 
werden  müsse,  ergiebt  rieh  deatltdi,  atis  der  vorgetragenen  Theorie. 
Wenn  in  dnan  Zkmar  «iie  Osedktioiien  der  Lnfi  in  dne  Wand,  «Iio 
tm  einer  aebiv  dünnen  in  eine  viel  diditere  Meterie  ü]Mt||e1ien,  «o  mui- 
ten  sidi  die  Oscillaüons weilen  schon  auf  der  Oberflidke  6ehr  verkleinem. 
Pflanzen  sie  sich  danti  im  Tnoern  der  Wand  fort,  so  werden  sie  sich 
noch  fttlirker.  bei  dem  Fortgang  in  der  Luft  verkleinern.  Theilen 
sie  sich  eudiicL  auf  der  anderen  Seite  %vieder  der  Lufi  mii ,  so  werden 
twar  die  OsciUaiionsweiten  wieder  etwas  gröfser,  aber  doch  lange  nicht 
so  stark,  als  wenn  sie  durch  blofse  Luft  bis  dahin  gelangt  wären.  Dafs 
fihrigene  der  Sdiall  destoweniger  gesdiwächt  vverde,  je  dünner  der  Kdv« 
per  ist,  dnrdi  vfddien  er  dringt»  iiedarf  kdner  Erwähnung,  Uebrigew 
folgt  noch  aus  unserer  Theorie»  defe  jeder  K6rper  ohne  alle  Aiunabme 
dem  Schalle  durchdringlich  ist. 

§.  48.  Wir  haben  oben  (§.21.  f.)  gezeigt,  dafs  die  Scliallsiralen 
von  der  ObcrHärhe  eines  Körpers,  nicht  wie  das  Licht  von  einem  Spie- 
gel sondern  wie  von  einer  unpolirten  Oberfläche,  zurückgeworfen  wer- 
den. Erfahrung  «nd  Gründe  Terstatten  keine  andere  YortteUung.  Demi 
die  Ertdieinungen  dee  Wiederhalies  und  des  Echo  lassen  rieh  auf  kdne 
andere  Art  eriJai<ai,  und  die  Unebenhdten  einer  Wand  -verstalten  den  so 
feinen  Theilen  der  Lnft  in  keinem  Fall  eine  so  regelmafsige  Reflexion^ 
als  den  Lichisiralen  wenn  sie  auf  eine  Spiegelfläche  fallen.  Eben  so 
kann  man.  meines  Erachtens,  durrliaus  nicht  annehmen,  dafs  bei  dem 
Durchgang  des  Schalles  durch  feste  Körper  eine  sohhe  llefractiou  statt 
ünde,  als  das  Licht  befolgt,  wenn  es  durch  die  poUrie  Oberfläche  eines 
dmdirichtigen  Körpers  hindnrdigehet.  So  vrie  wir  indessen  oben  als 
vrabrsdidnlich  gezeigt  haben,  dab  dn  Sdiallstral  von  einer  mSls^; 
dienen  Fläche  nach  der  entgegengesetstcn  Sdie  stirier  als  in  andeni 
Uditnngen  reflcctirt  werde»  eben  so  möchte  ich  es  nicht  ffir  unmöglich 
halten,  dafs  eine  Annäherung  an  die  Refractions-Geseize,  auch  bei  dem 
Durchgang  des  Schalles  durch  feste  Körper  statt  finde;  und  eine  ganz 
regelmäfsige  Refraction  dürfte  man  schwerlich  in  ii'geud  einem  Fall,  es 
müfste  denn  etwa  im  Wasser  seyn,  erwarten. 


120 


FitGBBA  üierdk  Gnmdkhmi  der  Jhutäk, 


Schlafs. 

§.49.  £s  scheint  mir,  daiä  die  Amichi  von  den  Grandlehren 
deir  Akustik,  die  idi  in  dicaer  Abhandlung  entwuUU  hake«  lu  richtige-, 
ren,  bestlmmierien  nnd  deodicberan  Ei^kKitmgen  der  meisten  Bndiei- 
luhre,  nnd  dab  tie  da,  wo  «ich  tmmtmM^th»  Schwierigkeit 
t  Ii  finden,  wenigstens  sehr  hestinunt  die  Punkie  andeute,  aiif  deren 
fernere  Erledigung  es  eigentlich  ankommen  dürfte.  Glücklichere  Ana- 
lytiker, denen  nicht  zerrissene  Slunden,  sondern  zusammenhangende  und 
ungestörte  iMulse  /.u  Gebote  steht,  mögen  nun  Tcrsuclien,  ob  die  ans 
den  akustischen  Erscheinuitgeu  selbst  abgeleiteten  Geseuu,  durch  Rech- 
nung gereditferttgt  oder  widerlegt  werden  können ;  nnd  oh  es  fibeHun^ 
mdgüch  sej,  die  noch  Torhandeoen  Lfidun  auf  dem  Wege  der  Theorie 
ansBufäflen. 


1  •■ 


,    f  :  •. 


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I 


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■  '  Uebcr 

.  .  den  Wasserkopf  vor  der  ^Geburt, 

allgemeinen  Bemerkungen  über  Misgebnrten. 

r  ■ 

Von 

a*-  K.  A.  KÜDOLPHI. 

[Gekm  in  J«r  A&adtnie  der  WiiwMduiflen  «m  1.  April  1824.] 

T^cr  tmiere  Wasserkopf  ist  eine  der  hiuiigsien  Krankheiten,  welcbe 
den  Euibn'o  trifft,  und  die  nach  (lei-  verschiedenen  Penodie*  m  der  lie 
beginnt,  sich  in  ganz  andern  Gesialten  zeigt. 

Das  eine  Mal  l>eginnt  der  innere  Wasserkopt'  mii  der  Kopibii- 
dung  des  Embryos,  wenigstens  irüher  als  udi  am  Oberschedel  Ver-^ 
knfichcrungspunkte  finden.  bedlsen  einen  ioichen  Bnibryo  auf 

den  Anatomiielien  Hnaenm,  von  dem  idi  liier  eine  AbbÜdung  ipims 
sulegm  die  Ehre  habe,  und  der  seiner  Gi-öfse  nach  etwa  zwei  Moiatte 
alt  zu  seyu  scheint  (').  Bei  diesem  ist  die  Wassirblase  über  die  ganze 
Ba?!s  <U.'8  Schedcb  gleichförmig  erhaben  nxv\  f.o  ditrrhsichtig ,  dafs  man 
bestimmt  sagen  k»nii.  dafs  in  den  obern  SchedeldecLiui  keint'  VerknJichfv 
rangspunkte  enüiaiicn  sind.  Einen  ähnlichen  Embryo  besitzt  das  Ana- 
tombdie  Moseom  in  Bredan,  wie  mir  Ottoy  der  DireCtor  deeselbai-/ 
gesagt  hat.'  leb'  sellMk  liebe  Itdam  aoldien  Fall  weiter  geadm,  weift 
aBcb  vett  keiner  Abbildung  davon.  Et.iit  «inoh  leidift  begraiflidb»'  dafa 
nur-  ein  idiener  SSnfiJl  ein  fiy  daibieten  kinim,  in 'dem  die  ahrte  Blase 

Ii    .  r  '  •      •  '■'   m  '  .i  [  i;.^.  'i-  ■  .ti"  ' 

li     J.:    I      ..     1  '   1      I!'       ■    ,    I.»  (  i  ;'•-:*  -  '      n  '  ' 

,  (')    Walter  {Mu^um  aiuu,     115. /i.790.)  ncunt  das  F.y  McItt.W'octteii  alt,  allein 
<*r  liat  alle  kleinen  Foclu?  ^fnirr'  S  iTumlung  ni  jung  an{^''g('l)cn ;  namcnllidi  glll  «lief«  ron 
nitM) -^li^elcClinidcr 'EnitM>y«n«;a,  woron  maDChe       Vieles  au  jung  anfgeiübrt  siad. 
Phjs.  Klaue  1834.  Q 


122 


RuD0L»1tI 


ganz  erhalten  ist.  DagP£»en  Itommen  oft  altere  Embryonen  vor,  in  de- 
nen die  Kopfblase  zenisscn  ist,  und  zwar  in  do|)pflter  Art.  Em^veder 
es  siod  Embryonen  von  drei  bis  vier  oder  fünf  Monaten ,  .  yro  die  Lap- 
pen der  geplatzten  Blase  nocli  deutliclt  am  Kopfe  hangen,  dergleichen 
ich  hier  einen  Fall  ijy  einer  Ahhildung  (Fig.2.)  yoi-zeige,  wovon  wir  abw 
noch  mdirere  hesitaen':  'öAet  -wir  finden  nur  iheilweiae  eft^a»  Ton  den 
Lappen  der  Blase,  und  der  Scbedelgrund  liegt  offen  vor;  dief«  ist  bei 
älteren  Focius  der  Fall,  die  Läufig  genug  zu  vollen  Tagen  ausgetragen 
-werden,  selbst  zuweilen  lebend  auf  die  Welt  kommen»  und  eine  kurze 
Zeil  ilir  küniinciliches  Daseyn  for^sebeii. 

Diese  ist  unter  allea  angebobiacu  Misbüdungen  des  Kopfes  die 
häufigste,  uaA  iolclie  Kinder  nannte  man  dunaU  mit  ünredii  jie^tkaäj 
oder  Aeei^ali  spurfi,  in  neaeror  'Zdt  Aneuc^^h',  oder  ffemie^pkali, 
deuttch  Kauen  köpfe. 

Die  andere  Art  des  ^VaMerkoj^a  entsteht  erst  nacTi  dem  Beginnt 
der  Knochenbildung,  so  dafs  man  daher  keinen  Knochen  vermifst.  In- 
dem «ber  das  Wasser  die  Gehimliolen  immer  stärker  ausdehnt ,  so  diifs 
sich  die  Wände  derselben  immer  melir  verdünnen,  nimmt  die  Grolse 
des  Kopfes  bedeutend  zu,  fo  dais  Scliedelknochen  iu  der  gevtübnlichen 
GfiSfse  und  Menge  demdben  nidit  umfiusen  konnten.  Daher  beben^ 
SMn  tbeil*  loinaelne  Knoidion  räann  grotseren  Umlaag,  «bsiU  aber  UUet 
aiolt  in  d«k  ZwiMhenriianien  denelben  eine  oft  adir  gprofiM  Menge  eig^ 
PIK  Knoch«nstudie.        •  T        •  ' 

Von  dieser  Art  ist  mir  im  vorigen  Jahre  ein  sehr  sellener  Fall 
vorgekommen.  Die  Frau  eines  Kutschers  hieselbsl  gebabr  nauiUcb  den 
28t  Mai  ein  Kind  mit  aincm  Wasserkopfe,  das  bis  zum  2ü.  Juni  lebte. 
Am  folgenden  Tage  erhielt  ich  es,  nachdem  ich  dasselbe  schon  wäh- 
nndiilQiiifi  Leben«  heobachteKt  hatten  :  - 

'    ■  DerKf^f  Juitt«  eine  aehi^  jMisgeaeidinelfe  GeMälty  wie-  Fig«3.  uA^ 

Die  Stirn  steigt  sehr  gerade  lu  einer  beträchtlichen  Höhe ,  und  von 
der  Soheiiel  senkt  sicli  wieder  i  die  hintere  Sohedel  wand  •jäh  und  sehe 
tief  hinab,  so  dafs  der  Scbedel  hinten  tmd  nacb  tmten  am  stärksten 
ausgedehnt  ist.  Nach  Wegnahme  der  Schedeldecken  sieht  man  auch 
eine  eigc'mbiimhche  Knochenbildung  (Fig., 4. p. 6.).  Die  ^urii^i^^e  sind 
aufteTOtuWtiLlicU  grc(fs»  und  fast  seukrächt,  ^uXäiAifieod«^  Sch«j|irf» 


.  by  G 


über  den  fVasscrkopJ  vor  der  Geburt, 


133 


beuM  find  Ton  einer  auyserordeBtUohen  Ausdehnung,  sugtetch  9hitt  Im! 

der  gnnzen  Länge  nach  nntpr  sich  verwachsen,  Etwas,  wovon  ich  we- 
der in  der  INialur  noch  bei  ugcud  einem  SchriflsteHer  etwas  ähnhches 
gefunden  habe.  Die  Tordere  Fontanelle  ist  sehr  grofs,  allein  am  stärk" 
ftten  sind  die  Scheitelbeine  von  den  SchUfbeinen,  und  besonders  voik 
-dem  Hinierfaauptsbeiii'eiilfemt;  «o  daf»  hier  euch  ein«  Menge,  tum 
Theil  nicht  imbetiüditlidber  Knochenslfii^e  eingpaprengt  ist. 

Der  danksagte  Schedel  ward  unter  Wasser  geöfl^t^  so  fhls  das 
Odiini  nicht  zusammenfiel,  nnd  es  gelang  mir  auf  diese  Art,  das  ganze 
Gehirn  unverletzt  zu  erhallen  ,  und  so  ist  es  ancli  noch  auf  dem  Ana- 
tomischen Museum,  und  zwar  als  das  erste  Präparat  der  Art.  Ich  liabe 
den  Vortheil  des  Präparirens  unter  Wasser  vorzüglich  bei  den  Augen 
kennen  gelernt;  auf  andtt«  Weise  ist  es  auch  gar  nicht  möglich,  das 
Gdiira  sa  eriiallen,  nnd  detw^en  iet  in  keinem  andern  Museum  hif 
jettt  etwas  Aebnliches  vorhanden;  doch  hatte  man  auch  ehemals  an  sehr 
«em  Augenmerk  auf  den  Schedd  bei  solchen  Wasserköpfen  gerichtet, 
und  Call  hat  das  Verdienst,  gegen  den  ällcren  Walter  bewiesen  zu  ha- 
ben, dafs  die  gi-ofsen,  sämtlich  nur  innere,  niemals  äufsere  Wasserköpfe 
sind.  Gall  hat  auch  in  seinem  grofsen  Werke  (Taf.  25.)  das  geÖflnete 
Gehirn  einer  Person  abgebildet ,  welche  mit  einem  sehr  grofsen  iunem 
Wasserköpfe  (vier  Pfand  Wasser  enthaltend)  füofundfimfüg  Jahne  alt 
geworden  war« 

Die  sdiSne  Zeichnung  (Fig.  7.),  welche  ich  hier  von  der  Basis 

des  Gehirns  darlege,  und  welche  ich  D'Altons  Meisterhand  verdanke» 
entspricht  ganz  der  beschriebenen  Schedelbildung.  Man  findet  näm- 
lich ,  dafs  das  Wasser  sich  nach  unten  nnd  hinten  Platz  gemacht  hat , 
so  dafs  da'selb^t  nur  die  Hiriiliatire ,  kein  (lo^iis  n,  zu  sehen  sind,  und 
dieses  wie  äciiari  ahj^cschniiten  neben  den  iiauien  durchscheint.  Auf* 
fallend  ist  dahei*  auch  die  ungeheure  Entfernung  des  kleinen  Gditr* 
Des  Tom  hintern  Raside  des  grofsen.  Von  der  ohetn  Gehirafliche  hahe 
ich  keine  Zeichnung  beeorgt,  weil  das  Gehirn  hier  ^nz  natürlich  be- 
sdiaffen  erscheint. 

Ich  habe  vier  bis  fünf  grofse  innere  Wasserköpfe  frisrh  geöffnet, 
in  denen  aber  stets  die  Verdiinnung  des  (lehiins  üben  \yar,  so  dafs  es 
hier  wie  ein  Hauch  über  dem  Wassel-  unter  den  Gehirnhäuten  lag. 

Q2 


134 


H  V  V  o     t  .M  .J 


Die  Gehirnholen  waren  also  nach  ohen  ausgedehnt,  siatt  dafs  sie  hier 
nach  unten  (beson<leT-s  im  himeren  Horn)  erweitert  waren.  Einmal  habe 
ich,  bei  einem  etwas  über  dreifsig  Jahre  allen  Manne,  der  von  Jugend 
auf  etwas  stumpfsinnig  war,  einen  innern  und  äuisern  Wasserkopf  eu- 
glddi  gefunden»  und  des  nuülwürdige  Präpam  iit  ebenfalls  euf  dem 
Anau^Dusdien  Huieum.  Zilreiniel  h«be  idi  den  infteren  Wueerkopf  al- 
lein, allein,  beide  Male  Mihr  ttnbedentend  gefanden. 

Aufser  den  bisher  genannten  beiden  Arten  des  inneren  Wasser- 
kopfs, wo  das  ^^'^asse^  eine  gröfserc,  oder  allgemeine  Ausdehnung  bil- 
det, kommen  nun  auch  partielle  innere  WaaserLöpfe  und  zwar  von 
zweierlei  Aii  vor. 

Bei  der  einen  ist  der  Scbedel  übrigens  natürlich  gebildet;  nur  an 
einer  Stelle  s.  B.'  am  Hinterhaupt  ragt  ein  Waacenack  benror,  und  luer 
Heidt  ein  Stück  dea  Knochena,  ao  dafa  jener  Sa«^  aua  der  Lüek«  ]iep> 
vorhängt.  Wahrscheinlich  hat  hier  eine  geringere  Wasseransammlung 
früh  auf  eine  Stelle  hingewirkt,  dafs  nur  hier  der  Knochen  sich  nicbt 
bat  ausbilden  können,  wührend  nlles  Uebrige  gehörig  entwickelt  ist. 

Bei  der  nndem  Art  ist  lier  Kopf  nach  Art  der  Katzenköpfe  stark 
niedergedrückt,  allein  es  fehlt  die  obere  Schedeldecke  nicht,  sondern 
nur  an  einer  Stelle  ist  eine  Lücke,  aus  welcher  der  Sack  bervorhangt. 
Dieae  Art  ist  sehr  merkwürdig,  und  je  nadi  dem  Ort,  vro  die  LfidLe  jatr 
▼encbieden;  doch  ist  es  sehr  toberflusstg,  aua  jedem  Terachiedenen  One 
den  Grund  au  einer  eigenen  Species  hernehmen,  tuid  diese  mit  einem 
eit^encn  Nnmm  belegen  an  iroUen,  we  Geoffroy  in  dem  ^eidi  au 
nennenden  Wei'ke  ihut. 


Der  Wasserkopf  der  ersten  Art,  aus  dem  die  UalbkÖpfe  entstehen, 
ist  als  solcher  hiufig  bestritten;  doch  {^anfae  idi,  dafa  es  'weniger  oft 
geschehen  seyn  viirde,  wenn  die  Scbrifisteller  soldie  Präparate,  wie 
Fig.  f.  und  3.,  zur  Hand  gebäht  hätten.   Dann  hier  labt  sich  auf  daa 

Deutlichste  die  Zerreifsung  der  Blase  nachweisen,  welche  Manche  ^<  leug- 
net haben,  indem  sie  glaubten,  dafs  der  Foetus  eine  solche  Zerreifsung 
nicht  überleben  würde.  Dapei^en  hat  aber  Meckel  f  im  pr<iier\  Stück 
des  ersten  Bandes  seines  Archivs  j  sclion  sehr  gute  Gründe  beigebracht, 
und  der  Augenschein  beweiset  es  dort. 


über  dm  fFiasserko/tf  -vor  der  Geburt. 


125 


Zu  denen,  welche  in  dieser  Misbildung  teinen  Wasserkopf  als  Grund- 
ursache ansehen  wollen,  hat  sich  neuerdings  G  eof  f  r  o  y-8t- H  i  la  ire 
(^Phi/osop/ue  anatomufue  des  Monslruosites  hwnaines,  Paris  lö22.  S.  ) 
gesellt,  und  da  er  einige  eigenthümliche  Behauptungen  darüber  vor- 
bringt, fo  "will  ich  diete  m  der  Kurae  durdigehen,  denn  sonst  j«t  die 
-Saclie  durah  Hall  er,  Sandifort,  Walter^  Meck«l  und  Otto  sehon 
hinreichend  aiueniandei^ieMtxt,  und  die  benannten  Pnipanite  geben  den 
Amsdilag. 

G  eof  fr  Oy  trifft  der  Vorwurf,  dafs  er  erstltcl»  fast  gar  keine  No- 
tiz von  seinen  Gegnern  genommen,  und  zwciiens  zw  wenige  Falle  heoh- 
achiet  hat^  denn  sun&i  wüinie  er  hier  unmöglich  die  gröfste  Glcichföi*- 
migkeit  behaupten,  wo  sie  nicht  ist.  Erstlidi  sind  die  Köpfe  der  Em- 
brjonen,  an  irddien  die  Wanerblaae  serrifisen  ist,  sehr  verschieden f 
bald  ist  mehr  nadi  vome,  bald  mehr  nach  hinten,  oder  in  der  Hille 
die  2^rreirsung  geschehen;  von  den  Knochen,  z.  H.  dem  Hinterhanp'tft- 
bein,  ist  bald  mehr,  bald  wenipjer  vorhanden  ;  bald  ist  das  Gesicht  nnver- 
ändert ,  bald  hingegen  hat  auch  die  Zerstörung  dahin  eingewirkt,  wenn 
nämlich  auch  das  Wasser  nach  unten  hindrängte,  wie  denn  die  aller- 
mehrsien  Verunstaltungen  des  Kopfs  von  abnormer  Wasseransammlung 
herrühren.  Wa«  aber  £e  HanpUache  i$l,  und  worauf  cdion  Wi^lter 
und  Me eitel  aufnierk$ani  ganacht  haben,  bald  bt  fiel,  bald  woiig  vom 
Gdiim  vorhanden;  bald  ist  das  RäckenmarL  da,  bald  fehlt  es. 

Der  Druck  des  Wassers  hat  auch  keineswegs  immer  in  dem  Maaiae 
Statt,  dafs  die  Zahl  der  Halswirbel  bis  auf  drei,  vier  oder  fünf  verrin- 
gert ist,  wovon  besonders  Otto  in  seinen  beiden  Dissertationen  über 
Misgeburien  melirere  Falle  eiiidili.  TTnun-  fünf  äkeleiten  von  Halhköpfen 
auf  dem  Anatomischen  Musetun  fehlt  nur  bei  einem  ein  Paar  der  Hals- 
■wirbd,  die  übrigen  haben  die  volbtindige  Zahl,  ünttr  den  nidit  ske- 
leiiinen  Katsenküpfen  des  Musennis  kann  man  auch  leicht  an  der  Küne 
oder  Lange  des  Halses  auf  die  verschiedene  Beschaflfenheit  schliefsen; 
denn  bei  einigen  ist  der  Kopf  zwischen  die  Schultern  niedeigedrückt, 
bei  andern  hingegen  hat  der  Hals  die  gewöhnliche  Länge. 

Eine  Hemmungsbildung  mit  Meckel  und  Opofiroy  in  diesem 
oder  in  jedem  Wasserkopf  zu  sehen,  scheint  mir  nahl  richtig.  So  lange 
der  Kopf  des  i.mbr^'o  normal  heschutieu  ist,  kann  keine  widernatürliche 


136 


Rfri>oti»iii 


'W'ö'^seranhaufung  Stau  linden;  mit  der  vermehrten  Wasserbildung  ist 
die  Kraiikbeii  zugleich  gegeben,  rühre  sie  auch  Ton  noch  so  verschie- 
denen Uwachen  her.  ' 

leb  beswafflle  jedodi,  bier  je  eine  «imlcre  UmdiSy  «k  em 
entsändlijober  Ziuitnd  vorbanden  ist»  odor  wenigMens  eine  ibm  nebe  tn^ 
lende  Congestion  des  Bluts,  bestehe  diese  in  Zurückhaltung  oder  in  An- 
driuign&  des  Bluts.  Eine  Menge  AbwUM,  besonders  der  späteren  Zeil^ 
rühren  cmvifs  davon  her,  und  bei  einer  unihäiigen  Lebensart  und  zu 
reichUcheii  Nahrung  der  Mutter  kommt  das  sehr  leicht.  Ich  habe  bei 
einem  nur  wenig  zu  früJi  gekommenen  Kinde,  dtuxJiaus  alle  XheUe  des 
BLöcpers,  selbM  den  Utems  nicht  ausgenommen,  mit  Blnt  fiberfdllt  und 
-irie  injicirt  geMhoi;  ich  hebe  öfter«  den  Kop£  colcber  Kinder,  wie  bei 
Erwaebsenen  beacbafikn  gesehen ,  die  em  blutigen  Scfalagflnft  geiuurben 
sind ;  bei  eineni  «edienionatticben  Foeitis  waren  die  Plexus  choroidei  Aet 
Seitenhölen  tog^  zwei  dicke  mit  Blut  erfüllte  Säcke.  Bei  allen  inneren 
Wassel  1k <i pfen ,  sie  mocJitcn  lebend  oder  lodt  auf  die  Welt  gekommen 
sein  ,  luiid  jck  ciiien  btai  Len  Niederschlag  auf  der  Basis  der  Hirjihntt  a, 
gi*ade  wie  man  e»  Lei  später  entstandenen  acuten  Wasserköpfen  uumlii, 
deren  Entitebung  man  leit  Formey  nii  Redit  «ner  Entladung  zu- 
•dbrdbt;  oder  wie  man  ee  in  der  Enuändung  der  aufaeren  £^cbe  des 
Herzens ,  oder  der  inneren  der  Baachwinde  (die  man  fiilachlicb  Penuu^ 
däis  imd  Peritonitis  nennt)  tlberall  findet. 

Gall's  Ilypüihese,  dafs  bei  dem  inneren  Wassei'kopf  sich  das 
Gehau  riitl  iiiei.  verdient  wohl  keine  neue  Widerlegung ,  obgleich  sie 
Geollruy  auf  das  iSeue,  jedoch  ohne  neue  Gründe,  veriheidigt. 

Geoffroy's  Erklärungsweise  der  Katzenköpfe  ist  wohl  die  aller» 
uttwabracbcinb'ebsie.  Br  gUubt  nlmlicb,  d«(a  tridemaUIrliebe  Teabin- 
dnngan  des  Mutterbncbens  aui  dem  Kopf  des  Kindes  daran  Schuld  sind. 
Allei  n  wenn  bei  dem  von  ihm  beobachteten  Falle  eine  solche  widcma'- 
türliche  Verbindung  Statt  fand  ,  so  war  diefs  eher  dne  Folge  als  eine 
Ursache  jenes  Zusuvndes.  Auf  dem  v^nalomiscben  Mnseum  ist  ein  Pi-a- 
parat,  das  ich,  wie  so  vieles  Andere  Jleim's  Giiie  verdanke,  WO  die 
Placenta  ihren  gewöhnheben ,  nur  sehr  langen ,  JNahelsti-aog  hat,  über- 
diefs  aber  sie  auch  mit  dem  Kopfe  des  tmgefahr  fünfmonathchen  Foetu» 
an  einer  Stelle  verwacbsen  ist;  hier  ist  aber  kein  Kaiaenkopf.  Dagegen 


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iiier  den  iV asserkopf  vor  der  Geburt. 


haben  alle  untere  Fälle  von  diesen  Leine  solche  Verbindang  ^zeigt,  und 
der  kleine 'fiaibryo  ipit  Wasaerkopf  (Fig.i.)  ait  iröllig  fmeai 

Kopfe. 

Niehls  ist  bauüger  als  der  VV'asserLopf,  niciiis  seltener  als  jene  Vei^ 
Inndllilgen ;  whrd  «odi  bei  dm  fidbifuteUern  wenige  Fella  dftton 
6ndMi;  und  «ufser  jenem  oben  erwebnten  ist  nur  ein  Ton  Walter 
(Anet.  Mua.  p.l29.  n.3016.)  beichriebenet  PiKpent  Torbanden,  yto  die 
Nabelschnur  mit  dem  einen  Arme  Terwachsen  ist,  obgleidi  der  FUl  andl 
BOT  kaum  faieber  gebort.  Devanf  ist  also  gewiCi  nicbt  sn  reduicn. 


Zum  Sclilu/^e  sejen  mir  noch  ein  Paar  Bemerkiingcn  erlaubt. 
■  Erstens  sind  gewila  sebr  viele  Misgebnndi  der  Sdiriftstdler  nur 
als  knnko  oder  dnrcb  Krankheit  veribidene  Enbrjoiieii  an  betraditen. 
Dabin  gehiHren  alle  Wasserköpfe,  nnd  svrar  eben  eo  gut»  yne  man  Rin- 
der mit  Wasser  im  Herzbeutel,  im  Bau(]ic  oder  in  den  Nieren  als  krank« 
Kinder  beiracliiet ;  bei  den  letzteren  habe  ich  auch  graderu  einen  Nie- 
derschlag der  Ljmphe  bemerkt,  wie  bei  den  obenerwähnten  £ntzün- 
dungen. 

Eben  so  sind  die  Kinder,  deren  Extremitäten  gegen  den  Kopf 
•o  sdir  «arückgeblidien  sind«  und  deren  ich  mehrere  antersncbt  habe, 
nor  eis  solcbe  su  betrM^ilen,  bei  denen  die  KnodienbiUnng  fdilerhalk 

ist,  ungefähr  wie  bei  der  englischen  Krankheit,  -wohin  sie  auch  schon 
J.  H.  Klein  in  einer  (1763.  4.)  zu  Strafsburg  erschienenen  Diss.  de 
Bhachitide  congenita  bmchie.  Ver^.  Maur.  Rombarg  Diss,  de  BJutehi' 
tide  congenita.  Berlin  1S17.  4. 

Niehl  \s'enige  Misbildtingen  rühren  femer  Ton  dem  kranken  Ner- 
vensjstem  her.  Dahin  rechne  ich  namentlidi  alle  Verdrehungen  der 
Oiiedmalsettt  Khimpbande  nnd  RlnnpfOfse.  In  der  grftblen  Mebnabl 
finde  ieb  sie  nnr  bei  lUilevbaft  geUUeiem  Kopfe,  ivo  das  Gehirn  he* 
triditlich  gelitten  hat;  sie  finden  sich  nucli  daher  sdion  bei  sehr  }nngBn. 
Embiryronen,  wovon  mehrere  Beispiele  at»f  unserm  Museum  Torkommen. 
An  mr-chanische  t'rsadien  ist  hei  diesen  am  allerwenigsten,  doch  auch 
Sünst  nirj;ends  bei  dieser  MishiUtuiij,  zu  di  iiki  n  Nicht  7,n  v(^r£je*8en  aber 
ist  es,  dalü  ein  Nenrenleid<m  Statt  liniieu  kann,  uiine  «Uü  sichtbare  KsaallF 


128 


hsitmutände  des  Geliiins  gefunden  werden.  Wie  ofi  leiden  Schwan?^ 
gere  von  den  Iiefiigen  (gewifs  krampfliafien)  Bewegungen  ihrer  Früchte, 
und  zu  recbier  Zeit  bringen  sie  wolilgesialteie  Kinder  zur  Welt;  so  löu- 
nen  auch  übrigens  guigebilJete  Kinder  nur  in  den  verzogenen  i  uisen 
oder  Händen  einen  Beweis  ihres  ehemaligen  knnUiafien  Zustandes 
darbieten. 

Die  Fettanbäufiuifen,  die  CcsdkwtÜste  aller  Art  amd  einer  Itimiltp 
haften  Reprodoction  zuzuschreiben,  luid  auch  s!c  gehören  in  den  Krank* 
heitsfidlen»  nicht  an  den  Misgeburien.  Das  Fehlen  einielner  Theile 
s.  B.  einer  Extremität,  oder  aller,  gehört  auch  wohl  dahin. 

Nur  das  sind  \vohl  eigrnllich  Misgeburten ,  deren  Entstehung  in 
einer  gewissen  Breite  des  Bildungsacts  »einen  Grund  hat,  und  wo  da- 
durch etifm  sehr  Abweidiendea  cnlatieht,  da»  tSU  Monstrom  «nffalli. 

Wenn  swei  oder  mehrere  Keime  aich  jeder  für  aich  entwickeln^ 
so' finden  "wir  natürüdi  in  jedem  Kinde  die  Aqj^l  vrieder;  wenn  xwei 
oder  drei  aioh  «o  im  Bildungsact  diirdidringen,  dafa  sie  einen  größeren 
oder  geringeren  Zusammenhang  haben,  so  nennen  wir  es  ein  Monsunun, 
und  wenn  auch  alles  übrigens  gerundet  und  in  der  Wohlgestalt  gesun- 
der Kinder  erscheint. 

VV  ena  das  Herz  etwas  mehr  nach  rechts  liegt^  als  gewöhnlich,  SO 
nennen  wir  es  nocb  nicht  mönatroa»  aelhst  ianm»  wenn  das  Hera  alkin 
aidi  surk  nach  rechts  gewendet  bitte;  waren  abtrr.  dabei  die  GefiUse 
aus  den  eutgegengeaetsten  Hdlen  deaselbea  «itaprangen  ^  1^80  die  Ldber 
links,  der  Alagen  und  die  Milz  rechts,  so  ist  es  eine  monrtrösc  Lage, 
obgleich  dabei  alle  Theile  normal  gebildet  seyn,  und  Hensdienf  hei  de» 
nen  es  vorkommt,  ein  hohes  Alter  erreichen  können. 

Je  mehr  wir  die  Anzahl  der  Misgeburten  mit  Grund  verringern 
können,  um  desto  mehr  ist  unsei-e  Einsicht  in  die  Krankheiten  des  ¥00* 
tna  erweitert»,  und  ich  bi^,  dafs  die  jetit  Ton'a»  vielen  Solen  mit  d^ 
grdlsien  Gründlichkeit  geführt«  Uiftersachung  der  Misgebnirtett  -dabin 
führen  wird. 

Zweitens  aber  scheint  mir  daher  keine  andere  Eintheilung  der 

Blisgeburlen  zulässig,  als  eine  beschreibende.  Die  EintlieÜung  nmrh  den 
Uiisaehen  der  Mi^^eburicn  ,  so  oft  sie  auch  versucht  ist,!  iiaite  ich.  iur 
^nzlich  unlu-duciiiutar.:     Wer  wiU  sagen,  ob  igrölsere  oderr  gerii^ere 


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über  den  fFduah^  vor  der  Geburt.  129 


Energie  im  Zeugungsact  ein  in  einander  Greifen  der  Keime  veranlafst; 
welche  Ui.saclic  lafsi  sich  aucli  nur  entfernl  deokcB«  WUrum  die  Biligfr* 
weide  iu.  dieser  oder  jener  l-^gc  vot  LouKucn? 

Wüfstcn  wir  das,  so  wüfsien  wir  Alles  iu  der  physischen  Welt. 

Seit  acht  .Jahren  habe,  ich  mich  daher-  einer  blofa  auf  die  Bildimg 
der!  Misgeborten  aelhtt  besidhaiilftn  Emtheilnng  in  meinen  Vorlornngai 
bedient. 

Ich  theile  die.  fiüagebarten  endich  in  zwei  grofse  KhMMm'dn.»  je 
nachdem  sie  nämlich  entweder  einfach  oder  mehrfach  sind. 

Die  aus  einem  Körper  bestehenden  oder  einfachen  Mis- 
geburten  sind  es  entweder 

ff)  der  Form, 

der  Lage  nach,  oder 
£)  nach  beiden. 

Jene  der  Form  nach  monströsen  Foetus  haben  entweder  a)  eine 
Bildung,  die  eine  frühere  Periode  t>ezeichnet,  oder  b)  eine  nicht  darauf 
zurückzuhringcnde.  Die  Unierabiheilungen  machen  sich  nach  den  mon- 
strösen Organen.  Man  könnte  auch  noch  füglich  eine  eigene  Abihei- 
lung der  ersten  Ordnung  aus  den  Alisgeburten  machen,  die  nur  aus 
enen  Theil  bestehen»  a.  K.  aus  einem  bloben  Kopf  u.  s.  i?. 

Die  mehrfachen  Miiigeburten  sind  atts  svei  oder  drei  orgjonisch 
Yeribnndenen  Körpern  gebildet. 

Diese  bestehen  wiederum  entweder  ans  gleidi  oder  ans  ungleich 
entwicL eilen  Körpern. 

Die  gleich  enuvlctelten  Körper  haben  sich  entweder  nur  in  ein- 
zelnen Theilen  verbunden,  wo  man  sie  nach  diesen  aufzahlt,  oder  die 
Körper  haben  sich  so  durchdrungen,  oder  sind  so  zusammen  gesdimolp 
len,  dafs  aum  Beispiel  die  beiderlei  RopfLnoehen  so  veiiiunden  sind, 
dafs  'vome  und  hinten  an  dem  grofsen  Kopfe  ein  Gesiebt,  oder  voine 
und  hinten  ein  Hinterkopf  vorbanden  ist ;  dafs  beide  Stämme  nur  eine 
Brust-,  eine  Bauchhöie  ausmachen,  wonach  wieder  ahgetheilt  wird. 

Dif'  MugUricIi  eniwirkcUen  sind  entweder  so  beschaffen,  dafs  der 
groüerc  den  kleinen  umfafsl,  Foetiis  in  Fot  tu  ,  und  der  kleinere  kann 
»n  verschiedenen  Stellen  liegen,  wonach  am  besten  die  Unlerablbeilung 
geschieht;  oder  ein  mehr  oder  weniger  entwickelter  Körper,  oder  ein 

Phj»,  Klast«  1824.  R 


130 


Rddolphi  iiber  den  Wasserkopf  vor  der  Geburt. 


Theil,  ist  an  den  andern  angehängt,  und  xytsr  wieder  auf  sehr  verschie- 
dene Art,  —  Auf  die  Misbildungeu  nach  Form  nnd  Lage  kann  bei  den 
mehrfachen  Mi'igeburten  noch  besondere  Rücksicht  genommen  werden. 

Diese  Eiuüicilungsweise  bietet  den  Vorlbeil  dar,  da£s  man  alle  in 
Honographieu  oder  w^bni  Sdirificn  biahcr  'Tendehaem  Bf  la^dMirleii 
Idelit  uateilirngeB,  md  joden  iForkomnendea  Fall  damit  eben  so  Uagikt 
weae^adum  kann;  «twas  da«  bei  der  bitherigen  Behandlung  anmogfinh 
vrar.  Eine  gute  Uebexiidit  aller  Miagntautqa  «Abte  idi  n£  beiae  an- 
dere Art  an  geben. 


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TAB  t 


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TAB.  HL 


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•JA Ii  VI. 


Anatomische  Bemerkungen 


H"  K.  A.  RÜDOLPHI. 

[GckMB  in  dar  Utadeaiie  der  WiMCMciuAn  «n  21.OGl0lNr  1824.] 

I. 

Ueber  den  Orang-Utang,  und  Beweis,  dafs  derselbe  ein 

junger  Pongo  sei. 

lilettua  (*)  b»(  der  NktorgeMbiolu«  «ineo  Mthr  Mtemmftßduuk  Diemt 

gieleistet,  wie  er  die  Meinung  anfstellte,  dnh  der  kleine  (oder  eigentlich 
gewöhnlich  allein  so  heifsende)  Orang-Utang  niii  dem  grofsen,  oder 
Wurmb's  Pongo  (^)  Ein  Thier  sei,  während  man  ^le  sonst  in  ganz  yer- 
•chiedenc  Abiheiliinc;en  der  AfTen  hraehte,  wie  auch  noch  TOn  Cuvier 
in  seinem  Hegne  anunai  dtslnbue  d'apivs  son  oiganisaUon  (^Paris  1817.  8.) 
geschebm  ist,  indeni  er  die  Orangs  (S.  102.)  und  die  Pongos  (S.  III.) 
'«reit  svseinander  stdlie.  Späterbin  Iwt  er  jedoch  auch  die  Yennidiung 
aufgestellt,  deft  der  Poogp  ein  erwechaener  Onnf-Utang  »ei,  me  leiii 
Bnxdor  (P.  Cntier  Du  Di^ts  de*  Mammifint  l,  Uvr,  Paris  1521. 8.  p,  10.) 
aü^dic* 

(')  Malurhistoriiche  Früchte  der  unler  Krusenstern  Tollbradiien  F.nlumaegl«!!!^ 
St.  l'pu«rsLurg  1813.  4.  S.  109-13^1.  Hf-nicrliiogi>n  über  <!pn  .\(^r\r<  m\<-T  Ornng-Outang 
Ton  BoruL-o,  Siniia  Salyrus  L.  mit  zwei  kIiömu  Ku^feiuicin,  lub.  94.  u.  95.  des 
KrutensternKben  AiU«. 

(•)  Besthtyving  van  dr  ^moff  BorMoosche  Orang-  Oulang  of  tttt  Oost- Indische 
PoHg9,  door  F.  ßaron  van  H'urnib.  In  yerhandtUngtn  van  hei  Bataviaatch  Genot- 
ttkapdtr  Kumen  en  ffetam^u^ciu  IWm«!» iW.  BatBrdam  «n  Amttmbm  1784.  8. 
^.S4S-SI»1. 

R2 


133 


!>■•  Thier,  weichet  Tilestns  inMacao  in  China  lebendig  ku  unter- 
suchen Gelegenheit  haue,  war  weiblichen  Gesciileclits,  ungefähr  30  Zoll 
lang,  mit  l;in^en  Armen  versehen,  so  dafs  diese  von  der  Achselgiuhe  bis 
zur  äursei  sum  Fingerspitze  27  bis  28  mafsen ,  walii  end  die  Enifei  iunig 
von  dem  Schenkel  bis  zur  FlU&sohle  nur.  14.  bis  Zoll  beu-ug.  Das 
Huer  war  tehr  jung,  jedoch  schon  von  TerfaäUnifunfifsig  grofaer  Starke, 
und  hatte  die  Nägel  an  allen  vier  Daumen,  die  P.  Camper  den  grofsen 
2«ehett  de»  Orang-  Utangs,  nach  den  ihm  davon  au  Gesicht  gdLommenen 
Exemplaren^  gänzlich  absprechen  wollte. 

Der  grofse  männliche  Oi*ang- ülang,  welchen  der  Baron  v.  Wurmb 
untersuchte,  und  welclici-  nndi  an  allen  vier  Dnmiien  kleine  IVä^cl  halle, 
war  3  Fufs  lO-*^  Zoll  ÜliKinl.  laiiy,  und  die  I.äni;e  der  Anne  hL-tnig 
3  Fufs  ^  Zuil.  Li-  spricht  zwar  von  breiten  Schneidezalmcn  und  grufseu 
Eckxahnen  de«  Thiers,  jedodi  ohne  deren  Maafse  anzugeben,  und  ohne 
Frage  war  daaselhe  auch  noch  nichl  völlig  ausgewachsen,  oder  wenig- 
stens kein  grofses  Exemplar,  obg^ch  Wurmb  angiebt,  dafs  dieser 
Orang-Utang  wegen  seiner  Stärke  schwer  zti  erhallen  sey,  und  dafs 
sich  auch  Jioso«;  Thier  mit  starken  ah£;ebrochenen  Baumzweigen  so 
heftig  zur  Webr  geseul  halte,  dafs  es  unmöglich  war,  dasselbe  lebend 
zu  fangen. 

Die  nach  Europa  lebend  gekommenen  Orang-Utangs  waren,  bis 
•nf  eine  gleich  au  nennende  Ausnahme,  Uein  und  echwacblrch  und 
starben  bald.  Nur  das  von  Abel  (*)  mitgebradite  Thier  nämlich  hat 
sich  länger  erhalten;  doch  weifii  ich  nicht,  oh  es  notih  lebt;  alleia 
Lawreace(^),  der  es  hinger  beobachtete,  giebt  xugjteidi  an,  dafs  es 
sich  immer  mein-  dem  Poni^o  in  der  Bildung  zu  nShern  anfange. 

W  enn  man  die  genaue  Beschreibung  des  Oranij- Ltangs  bei  dem 
trefllichea  Peier  Cnnipt;r(^)  durchgeht,  so  siebt  uiau  auf  den  ersten 


(')  l-iarke  ABei  sVarralive  ^  a  Journey  in  Ihe  inlerior  t^f  China.  Land-  1818. 
i.  p.iiQ.u.p.  365.,  mit  eino'  inum.  AUMklung  des  O.  0. 

(*)     \y.  l.aM'rcnce  Lrclures  on  Physiohf^,   Zoolosy  anfi  t^''  Natural  Ntstory  nf 
Man.  Umii,  1819.  8.  p,  131.    Cr  «agi  auch,  «lala  <:urier  in  einer  (nicht  gedruckten) 
AUHndking  die  Idintittt  düs  0»»ng*UtBiig  and  Hon||a  varanitlie. 

C)  iNottir^'>s<:'ln(l.ic  des  OnDg.-Ulaii§  «und  eiaiger  tadem  AibiuvMi.  PimldSrtf 
1791.  4.  §.  186.  u.  188. 


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133 


Blick,  welch*  ein  junges  Thier  er  l>eschreibt,  und  er  spriclit  »uch  selbst 
davon,  indem  er  der  f^etheilten  Bcckenknoclien  und  der  noch  knorpe- 
ligen Sesambeinchen  erwälint.  Ware  er  darauf  gefallen,  die  vordere 
W>od  der  Kiefctr  wegtunehmen,  so  n'itt  Irrilich  die  Sache  gleich  «nt« 
•diiedcB  gtweseii« 

Uir  cdii»ii  Til«siiis  HjpblliMe  höchst  anndinilich^  ireil  ich  jnn^ 
und  alle  Mandril«  (Simia  Maimon)  zu  vergleichen  Gelegenheit  balle,  und 
den  Schedel  der  jungen  Tliiere  durchaus  nicht  Paviana-artig  fand,  wie 
ich  auch  in  meiner  Pliysinl  uj^i    (T.  I.  S.  23.)  bemerkte. 

Um  7.nr  Tolligen  Ge\sii^licit  £U  gelanj^en,  iiefs  icli  bei  dem  junf^en 
]>Iandrii-Scbedel  auf  der  einen  Seile  die  Keime  der  bleibenden  Zahne 
hiofs  legen,  und  d*Altoir  haf  dcsadben  in  «Binen  Skeblten  der  Vi«s 
händer  {Taf.  VIII.  Fig.  d.)  auf  das  Genaueate  abgehildet. 

ISach  der  Zeit  bekam  unser  Museum  dm  Schedel  einet  Oran^ 
Utangn  ans  der  Sammlung  des  für  die  Wissenscbafien  viel  zu  früh 
beimgegangenen  Albers  in  Bremen,  und  d'Altun  hat  ihn  auf  dersel- 
ben Tafel  Fig.  b. ,  so  wie  den  Schedel  des  grofsen  Oiwag-Utangs  oder 
Fongo  des  Pariser  ^Museums  unter  Fig.  u.  d;iii^esteUl. 

Zuerst,  vvie  es  gewöhnlich  gebt,  war  ich  6chon  sehr  erfreut,  ihn  - 
nur  ättfserlich  hetrachien  zu  können,  und  ich  hidt  die  nicht  dicht  an* 
einandsr  ttc^endear  Zahnes  die  wenigen  Baekensahner  nnd  das  lodiere 
Korn  der- -Knochen  für  hinreichende  Beweise;  da  ich  indessen  noeh 
immer  Zweifel  hörte ^  oh  der  Oi-ang-Ütang  ein  junges  Thier  sei,  so 
legte  ich,  wie  hei  dem  jungen  Minulril.  auf  einer  Seite  des  Scliedels 
die  Keime  der  bleibentlcn  Z;iline  blofs,  iiiul  gebe 'hier  davon  Abbildun- 
gen in  naiürhcher  Grufse,  welche  die  Sache  auf  das  Besiimmteste  ent- 
scheiden. 

Das  Vot'handenseyn  der  Keime  hleibender  Zöhne  im  Schede!  des 
Onmg-UuDgs  würde  hloA»  heweisen,  dafs  es  ein  jnnges  Tbier  sei; 
albiin  wenn  man  diese  Keime  niiher  beti-uchiei,  vorzüglich  die  der  mitt- 
leren ScliiiKidezühnc,  so  ist  es  Uar,  dafs  der  Kopf  zu  einer  sehr  bedeu- 
tenden Grofse  waclmen  müsse,  um  für  <)ieselben  in  ihrem  einwickelten 
Znstande  Raum  zu  haben.  AlK-  ilicse  Keime  sind  noch  hlolsc  Kionen 
ohne  SeluiieUuber^ug,  durch  welchen  sie  natürlich  an  Umfang  gewinnen; 
besonders  gilt  dies  von  den  fickubnen. 


134 


R  V  D  O  L  r  B  I 


Die  Gröfse  der  Keime  der  bleibenden  Schneidezähne  ist  so  be- 
trächtlich, dafs  sie  in  dem  jungen  Kopfe  nicht  neben  einander  Kaum 
haben^  sondern  der  miulere  Schneidezahn  liegt  Tome,  der  iuüere  hinter 
dieiein»  vnd  svmr  w,  dtb  eine  dänne  KnoelicD|dA(te  sie  von  einander 
trennt,  Idt  kenn  mieh  nidu  erinnern, '  irgendwo  eine  ihnlidie  Ein^ 
richtung  gesehen  zu  haben,  und  sie  ist  der  schlagendste  Beweis,  deb 
der  Chvng-Uiang  das  Junge  ein«»  grossen  Thiers  ist,  und  wahrscheinlich 
noch  einer  langen  Fniwirllung  bedarf,  denn  die  andern  Zalinkpimp  «^ind 
gegen  jene,  die  früher  ausbrechen,  noch  gewakig  ztu'ückj  sowohl  die 
der  Eckzahne  als  die  der  hinteren  Backenzähne. 

Die  Lanfje  des  Keims  der  Krone  de»  nüulcrak  obem  Sehneidevlkne 
iMtrigt  etwa«  über  neben,  und  die  gröfste  Breite  beinahe  «itrfieii  Linieni 
die  mnde  Hole  der  Krone  bat  einen  Durcbmesier  Ton  finnf  linien. 

Die  Schedd  des  Ornng-Ulangs,  welche  Camper  (a.  a.  O.)  und 
Blumenbach  (Naturhisioiische  Abbild.  Taf.  52.)  abgebildet  haben,  be- 
sitzen nur  zwei  BackenzHhne-,  das  dem  Professor  Mulder  in  Cröningen 
zugehörige  Exemplar  (')  ist  mit  zwei  oberen  und  drei  tuiteren  Backen- 
zähnen vorgesielli. 

Aelter  iat  der  Sdtfdet,  den  nmer  H naenn  beiittt,  da  mwnbl  oben 
ala  nnien  auf  ^der  Seite  drei  Badtenräbns  vorhanden  aind;  eben  m» 
Tiele  blUet  Fr.  Gut i er  a.  O.  Taf.  2.)  ab,  vennathei  jedoch,  data 
dem  Orang  -  Uiang  eigentlich  fünf  Scbneideiäibne  ankommen.  Unser 
Illiger  {Pmdfonms  sjstenialis  mammalittm  et  avium,  ßerolini  ISii .  8.) 
schreihi  ihm,  wie  dem  Tioglodytes ,  gradezu  fünf  p^ckenzähne  zu,  je- 
doch ohne  zu  sagen,  woiiiuf  er  sich  stützt,  denn  einen  Orang-Schedel  mit 
ao  Tielen  Backenzahnen  hat  Niemand  gesehen  und  ^vird  ihn  nicht  sehen, 
Ifen  ein  so  junges  Thier  nicht  In  den  Kiefern  ffir  ao  viele  Zahne  Plata 
bat;  und  Edw.  Tyaon  {The  Jnatomjr  of  a  Pjrgmit,  Land.  1699. 4./». 65.) 
sagt  ausdrficklich  von  seinem  Drang  vom  Angola  oder  Sinua  JVogiodjies, 
dafii  er  auf  jeder  Seile  oben  und  unlen  vier  Backenzähne  habe,  während 
er  in  der  Abbihiung  nur  oben  und  nnien  iwei  Backenaühne  dai«tellt. 


(')  Walirr  Hrlnr.  Crulli  iMw. 4e  tTtud»  «äufue  adjkeiem  mthmt»  Grom'nf» 
1810.  8.  Tab.  1.  Fig.  1. 


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analonusclie  Bemerkungen.  i3S 

Von  den  drei  Backenzähnen ,  yrelcbe  bei  unserm  Orang  -  Utang- 
SohcHel  Lorvoislelten,  sind  wie  bei  einem  Kinde,  das  diese  Zahl  zeigt, 
die  beulen  ri^tcu  iMilclizitluie ,  und  der  diiue  ein  bleibender  Zahn,  der 
zwar  nicht  ganz  vollendet  ist,  jcduch  schon  zwei  ziemlich  atarke  Wur- 
ulii  uü^  Vor  ibm  Uegm  im  Kiefer  Ywei  Kronen  b1ei1>ender  Zibne, 
ancl  bintar  ihdi  eine»  tefWoU  im  Ober-  de  Unieriueler.  Die  Krone  dee 
tlh^m  Ueibeiufan  Zebu»  Ist  nodi  niebt  gebildet,  wie  je  and»  bei' 
Kindem  von  dnei  Xabrcn  aocb'  der  Keim '  dei  soQemontfln  Weitheiti 
labiit  fehlt. 

Die  LAge  der  Keime  der  bleibenden  Eck-  und  Backeniahne  beim 
Orang-Utang  ist  ofienbar  der  analog,  welche  wir  bei  kleinen  Kin- 
dem fmden;  nur  die  der  Schneidezahne  tsi  abweichend,  wie  oben  an- 
gegeben ist.  i 

leb  i^obe  bailanglicb  dergeiinn  m  beben,  deb  «ni  dem  Qnmg- 
Utang  ein  £^üet  Thier  werden  mafs,  und  bei  der  Adinlicbkeit  de* 
Poi^o  mit  jenem,  und  da  kein  anderer  grofser  Aflb  in  ^ava  lebt,  so  ist 
es  wol  für  gewils  sa  baUeo,  dad  der  Orang-Uiang  ein  sebr  junger 

Pongo  i$U 


136 


Rudolf  ki  >i 


Erklärung  der  Kii<pfertafelii4      •  ■>. 


Taf.  I.  Stellt  den  auf  dem  •mtoroischea  Hmenni  in  Bedin  lie> 
findlicben  Schedel  des  Orang-Utangs  von  vorne  vor.  Auf  der^linlun 
Seite  sind  die  Keime  der  bleibenden  Zübne  blofsgelegt;  man  sieht  nor 
den  Keim  des  mitilern  obern  und  untern  Schneidezahns,  weil  <1je  Keime 
der  äussern  Schneidezähne  hinter  jenen  liegen.  Neben  dem  Keim  des 
mittlem  Schneidezahns  liegt  zunächst  obea  und  unten  der  Keim  des 
Eckzahns,  and  dieser  liegt  oben  ftber  den  Keimen  der  ersten  beiden 
bleibenden  Beckenaibne  nad  hn  Untaciicf(tlr  .nmta'  fewelbea« 

Tef.  n.   Stellt  deudben  Seliedd  tou  dier  linken  Seile  der. 

1)  Der  Keim  dies  miiitem  bleibenden  ^h^MiiillilBehlW i 

2)  Der  Keim  des  bleibenden  Eckaebae^ 

3)  Der  Keim  de?  ersten,  wrxA 

4)  der  JVeim  des  zweiten  bleibenden  Backenzahns. 

5)  Die  noch  unvollicommenen  Wurzeln  des  schon  hervorgetrete- 
nen driiieli  Badtenaabiu ;  der  Keim  det  vierim  Backeaaabne. 

«}  Der  Keim  de»  bleibenden  miidera  obera  Sdmeideiabiia 
▼on  Torae; 

b)  dei^elbe  von  hinten.  • 

c)  Die  Hole  der  Krone  desselben. 

</)  Der  Keim  des  obem  £ckwhlia  T0&  Tomei 
e)  derselbe  von  hinten. 
Alle  Figuren  sind  in  naiüj'licber  Gröise. 


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TAB  I 


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TAH.  II. 


anatomische  Bemerkungen, 


137 


n. 

Ucber  den  Zitterwels. 

Der  Ziu«r«dk  (Säunti  «/mütku*  Z.,  meh  Iiae^p&de  Mtdapteru- 
ni$,  oder  richtiger  Malacopterwus)  ward  den  Naturforschem  luerst  diirdi 

den  um  die  Nafurgeschiclile  viclverdienten  Adanson  {Tlistnire  naturelle  du 
Senegal.  Paris  {1  bl .  4.  S.  i3A.)  bekannt  gemacht,  der  ihn  jedoch  auch 
ntu*  üüchtig  beschreibt  und  ohne  seine  Gröfse  anzugeben.  Er  sagt: 
die  Fnmaosen  msonien  Jim  ttwiMew,  weil  er  nicht  wie  der  Rochen 
(Torpedo)  ein  Einachhifen  oder  eine  Betauhong  (engounUtumetU),  aondem 
ein  idn'  schmenihaAet  Ziuem  dM  tod  iluu  beträlinen  Gliedes  errege. 
Da«  scheint  jedoch  nur  eine  Sag^e.  Adanson  selbst  sagt  nicht,  dafs  er 
ein  soIcJies  Zittern  empfunden  habe,  sondern  er  -vergleicht  es  mit  der 
Empiindung  von  dem  Sdilnge  der  Lc?>dner  Flasche,  und  setzt  hinzu,  dafs 
man  bei  der  Beniiiruni^  fallen  lasse,  was  man  in  der  Hand  habe.  Das 
ist  ja  aber  grade  derselbe  Fall  bei  der  Berührung  der  Zitterrochen. 

Wie  Adanson  jenen  Fisch  im  Senegal  gefanden,  so  fand  ihn 
Forslt&hl  (Demyftiones  tuunaUumf  ^um  ääier«  orietilaK  cheivavä,  Bk¥H. 
1775«  4.  p,  15.  2.  14.)  im  NU;  er  besehreibt  ein  Exenephr  von  der- 
Lange  einer  Spanne,  also  ein  sehr  kleines,  daher  giebt  er  auch  eine 
sehr  geringe  Wirkung;  desselben  an.  Motus  tremoris  lerissimm  erat,  adeo 
ut  ejL-  eins  77  et  celcrilnte  ineptu/n  sft  drrn'arr  dalnris  scnsrtm.  Nifiil  nero 
electricitati  magis  cormenil  ijuam  hic  ictns.  In  nmnuni  sublaius  piscis, 
üfUm  reeen»  extraetuSf  fortiter  perculii  cauda;  foriUts  si  sub  wnire  tanga- 
tWf  ^uam  laienbus,  et  Avius,  m  tmum  luntum  ntO^tamera  lattu.  Das 
habe  idk  grade  s6  bei  dem  Zitterrochen  beobadiiet.  Sdir  sweifdUiaft 
aebeint  mir  aber,  was  Forskuh I  binsnaeut,  falls  er  es  nicht  an  einem 
ganz  erschöpften  Fische  beobachtete.  Jn  sola  caudae  verberatione  vis 
eoasist/lj  iflam  enim  si  tan^is ,  aiit  Hin  apprehensa  piscem  sitbleiHts ,  niUIo 
^  ^fen't  iciu.  Die  lieiührung  des  Schwanzes  kötmie  ja  uiunöglich  ^  ohnfe 
Erfolg  «eyn,  wenn  darin  die  Kraft  gerade  safse, 

Phjr».  Klasse  1824.  S 


138 


Forskähl  befclireibt  den  Fisch  ganz  richtig,  venvechsclte  ihn  ']«• 
doch  dem  Namen  nach  mit  dem  Zitterrochen ,  welches  auf  der  Reise 
wohl  geschehen  konnte;  wäre  Foiski'ilil  kein  Opfer  derselben  r^ewor- 
den,  so  würde  er  wohl  eine  eigene  Galtung  daraus  gemadu  iiabeuj 
welches  ihm  m  sdicm  das  FMneiulite  ichien. 

^Broussonet  {Bfättou-e  sur-b  Trembieur,  espice peu  eonnue  de  pok- 
son  ^eetriqm»  Mem*  de  d^Je.  de»  Scieiieee  de  Pom  pour  J  783.  4.  p.  692 
bis  f '■'^.Tab.  17.)  beschrieb  ihn  als  einen  Wels.  Lebend  mwfs  er  den 
Fisch  nicht  gesehen  hnben,  da  er  nur  die  folgenden  wenigen  Worte  über 
seine  electrische  Wirkung  hat:  Forskähl  dit ,  (jiie  .scs  eßets  electrüjues 
n'eloienl  sensibles  tjue  ivrs  la  quew,  la  peau  ijut  recouvre  celte  partte  natu 
a  partt  heaitcoup  plus  epaisse  que  ceUe  du  reste  du  eorps,  et  nous  j  aWM» 
teji  disiingue  Uli  Uwi  patiieulierf  Manehdire  et  jUntiXf  ^ue  noitt  «voiu 
pne  pour  ies  bnUenes  du  poiseon,  Dicfs  ttl  gans  felsdi,  tpalei'Iuii 
•US  der  Beschreibung  »icK. ergeben  wii-d.  Uebrigens  hat  Brouatonet 
Exemplare  des  Fisches  gesehen,  die  über  20  Zoll  lang  waren. 

Geoffrov  hat  ein  beinahe  vierzehn  Zoll  langes  Exemplar  in  dem 
grofsen  Werk  «lier  Aegypten  (Zoo/o^'/ic,  Pinssoris.  Tab.  12.  Fig.  1.)  sehr 
gut  abgebildet.  Er  lafsi  auch  das  elccü'ische  Organ  des  Fisches  unter 
der  g^iuen  Haut  liegen,  und  aus  aidi  kreuzenden  Fibera  bestehen,  m 
denen  der  Nenre  der  Seitenlinie  {N,  vagtu)  sich  begieht.  Man  sieht  fai'ei^ 
ans,  dafs  er  die  erste  Unieivucbiuig;  des'  Organs  angestellt  hat  (JfidNaBV 
SUr  l'atwktmie  comparie  des  oi-ganes  eleclriques  de  la  Rate  Torpdlct  du 
GjrnmolUS  engDm-dissant  et  du  Siiurc  tremUeur.  Annales  du  Musee  d'Jfist. 
nal.  T'.  T.  392  bis  407.  Tab.  26.  4.)  ,  allein  seine  Abhihlnnr;  des  o  igans 
Süwulil  in  diesem  Aufsatz,  nls  in  dem  gedachten  grolsen  Werke  ül>er 
Aegypten,  ist  so  roh  und  ungenügend,  dafs  man  darin  weder  den  ^er> 
ven  sodi  cbs  Qi^an  ei-Lennt;  es  scbebt  eine  fluchüge  Skisse  aus  dem 
Gedächtnifs. 

Gttvier  scheint  den  Fisch  Laum  sdihst  uniersudit,  oder  wenigstens 
ein  sehr  sehlecht  erhaltenes  Exemplar  vur  sich  gehabt  zu  haben,  denn 
er  sagt  (Regne  animal  T.  II.  p.  208.):  ,,//  paroU,  que  le  siegt*  de  cette 
faculU:  ck'cvicfue  est  un  tissu  fmrticulier  sittie  entre  la  peau  et  Ies  muscleSf 
et  qui  pivsente  l'apparence  d'un  tissu  ceUu/aiiv  gmisseux,  abondammeMt 
pourvii  de  nerfs" 


^kj  .i^.o  uy  Google 


anatomische  JBemerhingen,         '  139 


Tucliey  {Relation  d'une  expedithn  au  Zaire.  Trad,  de  l'Jn^ois. 
Pariti%i%*&.  TAI. p.2bi.)  erzählt  Ton  einem  Fiscb,  der  im  Zaire  {Congo) 
gefanqen  ward,  und  <\em  St/tirtis  electn'nis  glich.  Mir  scheint  es  nach 
der  kurzen  Beschi  eibuiiq  vüllit;  dersolbe  Fisch  z«  seyn,  nur  dafs  er  sehr 
grofs  war,  nämlich  drei  und  einen  iiaibeu  i- uls  lang.  ^jSiävant  le  rap' 
port  de*  Mttittieisj  iorsque  ce  pouson  eil  vivant  et  ^u'cm  le  touiAef  ä  com* 
imHu^ue  Sk  h  nmm  et  M.bm»  tme  ^tpuüio»  vwlemte,  cu  peur  emplojrer 
kwe  expneaiiMet  ü  Uesee  tonu  a  iraivrs  du  hm»," 

Zu  metner  grofsen  Freude  haben  unsere  eifrigen  ägypiitchen  Rei- 
sendpn  Hf-mprich  und  Ehrenberg  uns  ein  Paar  Exemplnrc  gesandt, 
dip  im  j\Ll  gefnngcn  sind,  von  Her  r«lsc,  wie  sie  Hrousson^'t  sah, 
denn  das  hier  abgebildete  E^Kempiur  mi  last  21  Zoll  lang,  und  das  an- 
dere Brenig  Ueiner.  INe  Farbe  war  durch  den  Weingeist  verändert,  so 
daA  man  die  dunkeln  Flecke  des  Bäcken«  nicht  mehr  erkennen  konnte; 

■ 

•Uein  flontt  war  dät  «ine  Exemplar  vonugtich  to  «cbon  erhalten,  daJii 

ee  eine  genaue  ZergUederung  erlaubte. 

Wenn  man  die  äufsere  Haut,  wie  mit  dem  auf  der  eisten  Tafel 
in  natürlicher  Gröfse  vorgestelllen  Fiscb  geschehen  ist,  durschneidei  und 
nach  oben  und  unlen  zurückschlagt,  so  erblickt  man  eine  eigenilnirn- 
liche  Haut,  die,  wie  in  der  Abbildung  gut  angedeutet  ist,  aus  kleinen 
länglich  mutenlormigen  Zellcinm  betteht,  deren  Wende  hKuduaiariJg 
•n  einander  liegen.  Auf  dem  Rficken  und  am  Beuche  iet  diese  Haut 
von  der  der :  andern  Seite  durch  eine'  ton  der  aufsem  Haut  au  den 
Muskeln  gehende  sehnige  Haut  getrennt.  Nach  Tome  gehl  diese  Haut 
unten  bis  an  die  Kiemen,  oben  aber  mii  einem  rundlich  auslaufenden 
Fortsatz  über  die  Armflofse  und  den  liiniern  obern  Theil  des  Kopfes, 
bis  zum  Auge  hin.  Nach  hinten  geht  die  iiaui  freilich  anscheinend  bis 
tmr  Schwansfloise ;  allein  nur  bis  etwas  hinter  die  Bauchüofse  behält 
sie  ihr  leHiges  Wesen,  und  daselbst  sieht  man  blofs  eine  sehnige  Haut, 
(wie  es  audb  auf  der  Tafel  dei^estellt  ist,)  tou  der  g^ach  die  Rede 
seyn  wird. 

Schlägt  man  diese  nnfst  i  r  Haut  zunlck,  (wie  es  auf  der  zweiten 
Tafel  dargestellt  ist,)  so  sieht  man  ,  dais  ihre  ganze  innere  Fläche  mit 
eiBw  silber-gliinaenden  sehnigen  (aponetuoiischeu),  aus  sich  in  verschie* 

S2 


140  .  .    R  V  D  O  t.  F  V  X 

denen  Richtungen  l;i  cuzenden  Faseni  bestehenden  Auslircitunt;  bdegtisl, 
auf  welcher  eigenüich  jene  nufserlich  zu  sehenden  Planchen  oder  Zellen, 
jcJoch  nur  bis  hinier  die  Bancliflofse,  stehen,  denn  liier  <»r<nhcint  cHe 
Sehne  aiifserlich  nackt.  An  der  innern  Flaolic  dieser  Selineniiaut  ver- 
laufi  in  der  jVIiiieliinie  der  lierumsch weifende  INcrve,  und  schickt 
äbeittU»  nach  unten  und  oben^  Z'wei^  in  die  Aponeurose,  wctdie  die- 
selbe dnrcfaboliren  und  steh  in  die  etg^Uicbe  ZelleniiiBsse  TerkteiteD. 
Den  Nerven  begleitei  in  der  nimlicken  Richtung  eine  aus  den  Tordem 
Theile  der  Aorta  entspringende»  und  sioli  auf  ähnliche  An  in  dis  hiu» 
tJge  Orgnn  verzwciqenJc;  Arterie;  so  wie  eine  Ve»ie  auf  eine  gonz  film- 
liche  Weise  nn  dem  ()r-;iiie  nach  vorae  TCrlauft,  und  sich  in  die  Uoill- 
vene  nahe  am  i leiiheuiL'l  oHnet.  •  • 

Unter  diesei-  sehnigen  Haut  liegen  aber  keineswe^  die  Htultdn»  " 
wie  Geoffroy  (^nn.  du  Miu,  p.  403.  vL,p»AOl.)  sagt,  sondern  es  kommt 
eine  dliesem  FistA.  ebenfolls  eigenihümlicbe,  von  wenige  Zellgewebe  be> 
deckte,  zweite  Haut  zum  Vorschein,  die  auf  der  zweiten  TaM  (6.  6.  6.) 
in  ihrer  natürlichen  Loge  vorgestellt  ist,  und  die  aus  einem  regellosen 
flockigen  Gewehe  besieht,  desgleichen  ich  nüi^ends  weiter  i^eselicn  habe, 
^«immt  man  etwas  mit  der  Pinceiie  we^;,  so  bildet  es  lockere  Büschel 
von  unordentlich  Terlaufenden  sehr  weichen  Fasern. 

Sdilagt  man  diese  flockige  Haut  zur&ek,  wie  es  anf  der  dritten 
Tafel  dargestellt  nt,  so  sieht  man  unter  ihr  die  Moskelschicfat  des  Kör- 
pers (4.  4.)  fim  sieht  auch  eins»  Nerven  seidich  an  ihr  verlaufen; 
einen  Nervcnast  des  fünften  Paars  nännlich ,  welcher  mit  den  Rucken* 
n»arksnci*ven  sich  verbindet,  nnd  tmter  der  Seitenlinie  (mehr  nach  der 
Bauchseite^  nacU  liinten  geltt,  imd  hinter  der  Mitte  des  Körpers  in  die 
Muskeläcliiclit  seih&l  eindringt.  '  ' 

Zu  der  flockigen  Haut  aber  dringen  von  innen  sehr  donno  Zwdge 
der  Wirbelnerren  (nmi  üUenosidies). 

Am  dieser  Beschreibung  ergiebt  skh  also  eine  gprölsere  Zusam- 
mensetxnng  des  electrischen  Organs  im  Ziiterwels,  als  bisher  angenom- 
men ist.  Die  unter  der  Haut  (eoHum)  liegende»  ans  kleinen  Blätichen 
und  Zellen  gebildete,  an  der  innern  Seile  mit  einer  Aponetirose  be- 
deckte Uaul,  SU  weicher  der  Nervus  vagus  geht,  ist  wol  ohne  Zweiici 


.  j       by  Google 


anatomische  Bemerkungen. 


141 


der  Haupttheil;  es  hat  auch  Geoffroy  in  seinen  Zellchen  eine  eyweifs- 
artii^c  Mnierie(*)  angetrofTen  ;  allein  daü  die  zweite  ebenfalls  ganz  eigen- 
tlniTiilicIie,  mit  eigenen  ^serven  versehene  Haut,  die  auch  eben  so  Avcnig 
als  die  vorige  in  uuseriu  W  eis  {Siiurus  GlanU)  gefunden  wird,  gleich* 
lills  dectrisdran  Organ  gehört,  «cheint  mir  anfaer  Zweifel«  imd 
ich  begreife  nidit,  urie  Geoffrdj  sie  "fibersdhen  konnte.  Es  ist  anch 
meht  ein  etnsigei  Organ,  welches  den  gpnsen  Fisch  nmliullt,  sondern 
ein  rechtes  und  h'nkes,  die,  wie  ich  ohen  gesagt,  sowohl  am  Rädten 
als  am  ßauch  dinch  eine  sehnige  Scheidewand  i^ctrennt  sind. 

Interessant  ist  zu  sehen,  wie  auch  hier  (')  die  iServen  sowohl  zu 
der  zelligen,  als  zu  der  flockigen  Haut  von  innen,  und  in  ganz  entge- 
gengeseuien  Richtungen  laufen;  findet  man  sie  dünn,  so  mufs  man  be- 
denken, dafs  sie  aucb  nur  zu  dünnen  Hanien  geben,  Ton  denen  sogisr 
die  eine  smn  TbeU  «poneurotisdi,  also  nervenlos  m.  Geoffroy  bildet 
den  Nerven  des  äufsem  Qi^ans  sehr  colosiHilt  «llcin  ganz  widernatür- 
lich ab;  er  bat  den  Fiscb  anfserordentlicb  verkleinert,  den  Nerven  aber 
▼ergröfsert. 

Vergleicht  man  die  Bildung  des  electiischen  Organs  des  Zilter- 
vrelscs  mit  dem  des  Zitterrochens  und  des  Zitteraals,  ühcr  welche  ich 
vor  drei  Jahren  hier  ebenfalls  zu  lesen  die  Ehre  gehabt  habe,  so  g^t 


('}  A.  a.  O.  S.4€8.  leb  will  «eine  ftauM  Beaelireibung  li«nali«ii.  Vorgat»  ^tectrü 

tfUC  du  silitrr  trrml/ritr  est  ftrtifftt  /cfit  tiiituur  <hi  poision  ,  l'l  >.Tlslr'  f/iiiiit'düitci/irnt 
au-destous  de  la  pcau,  et  se  trouvr  Jormi  par  un  ainas  t-onsidtrailc  de  lissu  crilu- 
laire  itUem^t  terri  et  ^ßtait,  qa^mu  /rremier  atptvt  on  k  prrndrait  pour  une  eouehe 
de  lard :  nmis  (jiiaml  an  y  n-ganle  de  plus  prrs ,  on  s^i/mt^hjU  que  cel  organc  est 
eomposi  dt:  v^riuibles  ßbres  Irndiaeuses  ou  apoaivroiigues,  qui  s'enireiavcnt  tes  uttes 
dans  hs  autret ,  et  qui  par  tmrs  diß^iimt  entreendMufus,  fitnatnt  mt  r^seau,  dont 
les  maiUes  ne  sont  tlhliru  i'nn  ni  visiUrs  qua  la  luujie.  Les  ^»'(iies  cetlulcs  ou  alvio- 
les  d«  ce  räsrau  tont  rempiirs  d'une  subslaave  al^umino-gi'/a/inruse.  EUrs  ne  peu- 
vetU  eommuniqurr  ä  fiaHfrifur^  i  caute  ituae  tr^s~/i/rit-  apontvi-osr,  qui  *i*a>d  tur 
tout  h  riteau  iitvtrtqttet  *(  ^ni  f  ttlibtre  mm  poitU,  ^u'm'IU-  prui  l'm  xt'parer,  muu  k 
dtdUrer:  d'aillrurs  veiie  n/Mjnivimt  liuM  teuiemtnt  «tue  mimles  par  un  tUsH  «ettif 
laire  rare  et  pru  vonsiiimu. 

{*)   Bcknnntlich  liai  SoemmerriB g  darauf  ment  awfiiirrli**m  gemacht,  lUfs  die 
l^erren  iiberul!  von  Inni^n  r.it  i)in-n  'I1i(-ilrn  {•oIipii,  tu  wie  Mich  danutC,  dal*  MC  eigaal* 
aacli  dem  pei-iplicrisclii-n  Kiide  bin  uiocLnteu. 


« 


i43  '  RüDOLPRI 

eine  grofse  Vci^scliiedenlicii  liervor,  wenn  man  auf  die  äalaae  Form 
sieht,  allein  das  Wesentliche  kommi  docli  überein. 

Hoßendich  haben  Hemprich  und  Ehreuber g  Gelegenheit  ge- 
funden, das  Organ  ganz  frisch  zu  untersuchen,  Tielleicht  sogar  bei  dem 
lobendfln  Fitcht  wo  ndi  leiditer  das  VflrlUklüulf  der  selligen  und  des 
d«r  flodkig^  Haot  bestiiiiiBeii  liefse.  Geoffroy  ngt»  dd«  jene  des  Ai^ 
seliea  eine.<;  Specks  habe,  sie  mufs  also  friscl)  weifs  enMflliem;  Imi  den 
im  Weingeist  erhaltenen  Fischen  fand  ich  beide  Haute  von  schwarzer 
FmW.  und  nur  die  Aponeurose  weir«!,  Von  Fett  habe  ich  nirhfs  rlai  Jn 
I  II udcn .  das  würde  sich  nirhi  hnix  n  v('rbtri;i  ii  können;  es  ei'Sclieinl 
auch  weder  bei  dem  Zuieiaai  noch  hei  dem  Zitierrochen  in  oder  an 
dem  elei^rtseben  Organ. 


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143 


Erklärung  der.  Kupfertafeln. 


Ttf.  I. 

1. 1. 1. 1.  Dia  iuftere  Haut  in  der  Sdtenbnie  vom  Kopfe  Im  svr 
Sdiwansflofie  dnrditdinitteii  und  mdi  oben  und  unten 

zurückgelegt. 

2.2.  Die  äiifscre  FJäche  des  «eiligen  oder  MÜeenn  electriichen 

Organs.  .^ 

3.  Voiderer  Fortsalz  desselben. 

4.  Hinterer  Tbeil  desselben,  wo  nur  die  Aponeurose  übri^ 

Mdbt. 

Taf.  n. 

1.  1. 1.  Die  «uisere  surückgescblagene  Haut. 

2.  2. 2.  Die  innere  oder  aponeiuotisdie  FISehe  des  sdKgea  Orguit.  • 
3. 3.  3.  Der  Nennu  vagug. 

4.  4.  4.   Die  Arterie. 

6.  6.  6.   Die  Vene  des  elecirisclien  Organs. 

6. 6. 6.  Die  äufsere  Fläche  des  flockigen  oder  inneren  electrischen 
Organs. 

Taf.  III. 

1.  1.  1.   Die  äufsere  ziirüclgescblagene  Haut*. 

2.  2.  2.  Die  innei-e  oder  aponeuroltscbe  i>eile  der  zeliigen  Haut. 

3. 3. 3.  JNadi  oben  und  unten  ntrik^gescUageno  inttve  Seite  der 

flockigen  Haut. 
4*  4*  4.  Saiilidbe  Muskeln  des  KSrpers. 

6.6.6.  Ein  Asl  des  fünften  Mervenpanrs,  ivelcher  mit  den  vordem 
RückcTimnrksnenren  Verbindungen  eingebt,  und  so  nacb 

liitiien  verlauft. 

An  einigen  Sicllen  Innien  siebt  es  ans,  als  ob  er  in  Zellen 
läge,  die  mit  Wo^sser  gefüllt  wären. 
6. 6.  6.  Zwischen  rippennerven,  tferm  üttetvotUih», 
7«        Dfinne  Zweige  derselben  sur  flockigen  Ibnt. 


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144 


Taf.  IV. 

1.  Zurücl^geschlagene  Kaumiukel. 

2.  GeöfTnctc  Schedeniolf. 

3.  Das  fünfic  Nervenpaar. 

A,  Ein  Zweig  desselben  (5. 6. 5.  auf  der  dritten  Tafel). 
6,  Nervu$  vaguM, 

6.  Denen  Kionenast. 

7.  Der  erste  WirBelnerve. 

ä.  Die  Arterie.  •      .  • 

9.  Die  Vene  des  elecUiscben  Organs. 


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Entwurf 

eines  phytologischen  Pflanzensystems 

rifibst 

einer  Anordnung  der  Kryptopbyten 
H"  H.  F.  LINK. 


«ie  Uniiie  wollte;  es  ist  keineeweges  die  Wissenschaft  selbst  auf  ihren 
kürzesten  Ausdruck  gebracht,  wie  Cuvier  meint;  aber  es  ist  der  Anfang 
der  Wissenschaft,  oder  der  Grund  und  Boden,  woraus  die  Wissen- 
schaft enispriefst;  liefert  die  behnnenen  Steine,  woraus  das  eigent- 
liche PüaDz«Dsystetu  erbauet  wird.  Aus  dem.  Spiele  mit  Aehnlichkeiten 
irird  znaii  Jbdd  aufgeregt  duvdi  die  Frage:  voku  denn-Dietee  diene? 
vjod  Jkoainit  es  Uofi  eiif  Erkennung  der  Naiiirlüiwper  «a,  xm  tuh.  der- 
selben zu  andern  Zwecken  lu  liedienen,  so  Udbl  immer  die  Frage,  ob 
nicht  das  kfinstUche  System  weit  braadibarer  sd,  als  das  natürliche, 
besonders,  wenn  man  es  in  aller  Strenge  anwendet .  ohne  sich  darch 
das  natuilichn  System  von  dem  geraden  Wege  ablciicn  zu  lassen. 

In  allen  INaiurwissenschaftcn  suchen  wir  das  Gesetz,  das  heifst, 
das  Beständige  in  der  Mannichfaliigkeit  der  Begebenheiten  und  der  Er^ 
Sftheinwngen.  Du  Gesets  bestimmt  die  Bedingungen»  unter  wdcben 
diese  Erscheinnng  wiedennn  berT<»gebnebt  wild  und  herTorgebncfat 
werden  mufs,  so  Unge  die  Natur  als  solche  bleibt.  Der  B^riff  von 
Art  in  der  Naturgeschichte  ist^  eine  solche  Gesetzesbestimmung;  er  be- 
zeichnet die  Beständigkeit  der  Gestaltung  in  der  Reihe  der  Zeugungen. 
Es  liegt  der  Begriff  Ton  Art  nicht  allein  Her  ganzen  Wissenschaft  zum 
Gninde,  sondern  die  Bestimmung  der  Arten  macht  sogar  den  gröfsten 
Theil  dandben  ms.  Allerdings  haben  wir  bier  «ine  Meng^  einsdner 
Ph)r$,  Khue  1824.  T 


146 


L  I  2i  s. 


Gesetze,  denn  jede  Art  ist  ihr  Gesetz,  aber  es  ist  ein  Verlangtes,  ob- 
wohl nicht  iinmor  Erreichtes ,  «lie««  vielen  einzelnen  Naturgeselze  auf 
höhere  zu  l>iHij;<n,  und  so  liie  Ableiiuiig  von  hohen  und  folghch  eia- 
fachen  Gesetzen  darstellen  zu  können.  SoU  das  System  in  der  Natiu> 
•kmide  irg^d  emen  iriwettscliftfdichen  Wertk  liftben,  so  mnU  «s  eine 
seid»  Ableitnng  von  höhera  Gesetsen,  ^«mgsuen«  Torberdien. 

Wir  setven  in  den  h^ittii  EindieflimgeiL  der  TSUvaAStpet,  ynt 
•ie  das  System  liefert,  die  Bestimmung  der  Arten  voraus,  und  küm- 
mern uns  nicht  um  die  Schwiei  ig\eiten ,  welclie  dieso  hat  oder  hahen 
kann.  Aber  wir  sollen  weiter  fortgehen  von  der  An  zur  Gauung,  zur 
Ordnung  u.  s.  w.  und  zwar  auf  demselben  Wege,  auf  welchem  wir  zur 
Bestimmung  der  Art  gelangten,  damit  wir  lernen,  die  letztere  von  hohem 
Etndieiliuigen  ebmleiten.  Das  Bestfindige  der  Gesteltiuig  in  der  Rdbe 
der  Zieagungen  unter  den  Tenchiedenen  ESnirirkiuig^  infierer  Ein- 
flüsse bestimmten  die  Art;  es  mufs  also  die  Bestindtglbeit  der  Gestal- 
tung auch  in  den  hftheni  Eintheilongen  dasjenige  seyn,  worauf  wir  vor 
allen  andern  Bestimmungen  sehen  müssen.  Es  wird  also  das  Veränder- 
liche zuerst  aus  den  Kennzeichen  aller  höhern  (Vdnungen  eben  so  aus- 
geschlossen, wie  aus  den  Kennzeichen  der  An;  und  dieses  ist  die  erste 
Regel,  welche  w  su  befolgen  haben.  DeTon  inmat  «lle  Naimlbcsdker 
ühenengt,  sobald  sie  anfingen  über  Natarsysteme  sn  wdieilen.  Es  bleibt 
der  schlimmste  Yorwuif ,  -welchen  man  dem  Linneisdien  Sexnalsystenk 
madien  kann,  dafs  die  Zahl  der  Staubfaden  gar  oft,  die  Zahl  der  Staub* 
Wege  niclit  si.-lten  vpr;inderlich  ist.  Aher  wir  gehen  weiter.  Das  Ver- 
änderliche wird  durch  Beobachtung  gcfundoi,  und  wir  wenden  es  ent- 
weder nur  im  Allgemeinen  oder  Besondern  an.  Die  Zahl  der  Staub- 
faden und  die  davon  abhängige  Zahl  der  Blumenblätter  und  der  Kelch> 
blitter  kann  allerdings  nicht  als  Kennaeidien  der  Art  dienen,  an  wdidien 
man  sie  Tevändeilidi  beobachtet  hat,  aber  wohl  als  Kennceiclien  «dp 
derer  Arten,  an  welchen  man  sie  niemals  abändernd  gefunden  hat. 
Denn  man  sieht  keinen  Grund,  wamm  das  Kennzeichen  nicht  in  einem 
Falle  veränderlich ,  in  einem  andern  hingegen  be<;t:i»idig  seyn  sollte. 
Aber,  indem  wir  uns  von  dem  Desondern  zum  Allgemeinen,  toh  der 
Bestimmung  der  Arten  zur  Bestimmung  der  Gattungen  und  Oixinungsfi, 
fibeiiianpt  snr  höheni  BintheÜtmg  begeben,  verlangen  wir,  dsA  dieeee 


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Enüvwf  edie»  ^^<^isekm  Ffla»aetuy$t&m»,  147 


in  Folge  eines  Grundsatzes  gp<;(:lii  fien  solle,  welcher  auf  die  Bestimmung 
der  Art  den  gi'öfsten  Einllufs  iiai,  oder  der  Art  die  fiesUmmung  giebt, 
des  Grundsatzes  n&mlidi,  welch»  die  Beständigkdt  der  Natur  ausspricht, 
El  "wird  hieraiu  folgern,  ddii  in  der  Beiümmnng  hSlierer  Abtheiliingen 
und  OtdninigeB  nidit  illem  die  Keanieidieii  aiugeicIdoMeii  werden, 
welche  wie  bei  den  Arten  in  dem  besondem  veriiegendem  Falle,  sondern 
welche  in  irgend  einem  Falle  innerhalb  des  ganzen  Gewächsreiches  odor 
wenigstens  in  den  Normalgewäcbscn  veränderlich  gefunden  wurden. 

Die  Natui-forscher  sind  ins  Geheim  von  diesem  Grundsätze  j^clcitet 
worden,  ohne  ihn  auszusprechen.  Nachdem  Morison  gesagt  hatte,  die 
Keimweichen  der  Getmngeu  im  Pflentqireiche  müsse  men  nur  Ten  den 
lebten  Zwecke  der  Vegetation  (fim  vitmm),  der  BlOte  -find  IVuciit 
bemelunenp  hat  et  kanm  einer  oder  der  andere  Natorlbrsclier  gewagl« 
die  Blätter  zur  Benimmung  der  Gattungen  und  höheren  Abtheilungen  an. 
Rathe  zu  ziehen ,  ungeachtet  man  Morison  sehr  gut  einwenden  konnte, 
die  Blüte  sowohl  als  die  Frucht  sei  nur  der  künftigen  Blatter  wegen 
vorhanden.  Aber  die  Beobachtung,  wie  leicht  das  Blatt  von  der  unge- 
■iheQten  zur  getheilten  Gestalt  übei^ehe,  ergrüT  die  Beobachter  so  sehr, 
dals  lie  ao^idch  da«  Blatt  ala  hSebst  veriinderlidi  fiir  die  hShere  BioF 
theOnag  der  GewSehae  Torwarfea.  Einige  cprechen  dieaea  Uar  ans,  an- 
dere nehmen  es  stillschweigend  an,  ohne  sich  darüber  zu  äufsem.  Sie 
bedenken  niclit,  dafs  es  weit  weniger  in  die  Augen  fallende  Kennzeichen 
sind,  als  diese  Zcrtheilung,  wodurch  das  Blatt  nicht  -weniger  als  die 
Blüte  sich  das  Recht  erwirbt,  als  Quelle  von  Kennzeichen  für  höhere 
Abiheilungen  augesehen  zu  werden. 

Die  Betitedigkeit  des  Merkmalt  iit  abo  die  Bedingung,  ohne  welche 
et  oi<&t  ab  aniieiduiendes  Merlimal  anerkannt  wird.  Aher  gid»t  et 
eiaea  Rang  unter  diesen  heatändigen  Herlunalen?  Sind  einige  mehr  ge- 
e^iuetf  die  hohem  Abtheilungen  zu  heaiinunen,  als  andere,  und  welche 
müssen  zur  Bestimmung  der  Gattungen,  welche  zur  Besilmniung  der 
Familien,  Ordnungen  und  Klassen  ausgewiUilt  werden?  Es  ist  nothwen- 
dig,  bei  dem  Grundsätze  zu  bleiben,  nach  welchem  wir  die  Arten  un- 
terschieden haben,  wenn  wir  aüiht  die  höhern  Abtheiliuigen  einer  blolsen 
MnUkähr  fiherlaiaen  wollen,  bei  der  Veruideilichkeit  der  Merianale. 
Da  wir  nun  för  diese  Ablheilnngea  alle  diejenigen  Ksmweldiea  anage- 

T2 


148 


L  I  II  K 


scblusseii  haben,  welche  nn  irgend  einer  ausgebildeten  POanze  veränderlich 
befunden  worden,  so  bidbt  uns  hier  keitt  anderer  Unterschied  übrig,  all 
zwischen  der  grölseni  und  gei  ingem  Leichü|^t>  womit  die  Keimiwfatea 
in  enumder  vibergdiei»  könnteD.  D»  die  Nerven  eines  ^vei  eidi  ge- 
gen den  Umfwig  immer  mehr  zertheilen,  so  ist  der  Uebergang  aus  einem 
ganzrandig^  zvm  geuglen  Blatte  viel  leichter,  als  aus  einer  Blattscheide 
zu  einem  eingesenkten  Bkilsiiele,  wo  die  Wendung  aller  Gefäfsbündel  im 
Umfuige  des  Stammes  nach  einer  Seite  erfordert  wird,  um  den  iSueJ 
zu  bilden.  Eben  so  kann  die  Verlängerung  eines  oder  mehrerer  Blu- 
menblätter TOr  den  iUbrigen  Tiel  Iddbter  geschehen,  als  die  Verwandt 
lung  einer  Uüte  mit  unten  itdieiiden  FmchtluMMen  in  eine  andere  mit 
dem  Fknchiknoten  in  der  Mitte,  Bfit  Recht  hat  man  das  KennzeichflQ, 
ob  der  Embryo  aufrecht  oder  verkehrt  im  Samen  liege,  der  Gestak 
der  Fruclit  und  des  Samens  zu  den  hühern  Abiheilungen  weit  vorge- 
zogen, weil  viele  Aendeningen  nothic  sind,  um  aus  der  aufrechten  Lage 
eine  verkehrte  zn  marJteTi.  (Jh  du:  Ptlanzen  mit  einem  oder  zwei  lilai- 
tei'n  keimen,  köunic  nur  ein  sehr  untcrgcordueies  Kennzeichen,  höchstens 
nur  mr  Untertdieidiuig  der  Gattnngen  geben,  aber  der  gsnie  fian  des 
monokotyledonen  Embrjo  ist  so  se^  Ton  dem  Baue  des  dikotyledonen 
verscliiedenf  daft  man  dieses  Kffli"*'e*<!iH^  mit  Becht  an  die  ^itae  silier 
Abtheilungen  gestellt  hat. 

Der  Uebergang  ans  einer  Gestalt  in  die  andere  kann  als  Enlwicke- 
lungsstufe  angeselien  werden.  Denn  in  jcdri'  Verschiedenheil  kann  man 
ein  Alehr  oder  Weniger  ünden,  und  in  jeder  Verschiedenheit  zweier 
Gestalten  folglich  einen  Schritt  ziu:  gröfsern  Entwickelung.  So  erhe- 
ben wir  uns  auch  in  der  Betraditong  dieser  Gcgenstinde,  und  ent£ny 
nen  uns  immer  -m^r  Ton  dem  dürren  NamenTeneicfaniis  der  Nstnr- 
körper,  wcldieSj  obwohl  noihwendig  füi'  andere  Zwecke,  doch  niemab 
als  sein  eigener  zu  betrachten  ist.  Das  System  wird  auf  diese  Weise 
eine  Entwickelungslehre,  und  die  Entwictelungslehre  fühn  uns  anf  r?je 
Entstehung  des  Gegenstandes,  welche  zu  kennen  der  höchste  Zweck  der 
Wissenschaft  ist. 

Aber  es  ist  nicht  nothwendig.  dufa  all«  Theile  eines  und  desselhen 
Natnrkffrpers  auf  einw  und  dendben  Stufe  der  Bniwickdung  soshen« 
sondern  ein  Thon  kann  weiter  fortgerückt  seyn,  als  der  andere.  Wir 


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EMmaf  wies  f^ltfrtakgu^m  ^kmaaujrsimu»  149 


sehen  Pflunzcn  mii  Schmeiierlingsblüten ,  deren .  Blätter  höchst  unent- 
wickelt sind;  -wir  mImii  Acacten  nit  bödut  UMammengesetttMt  Blättern, 
dem  Blfiten  lefar  dnfacli  nnd.  Et  entsteht  nun  die  Frage:  Wie  verw 
Uten  adi  die  Theile  m  einender  nach  den  Stufen  ihrer  EntiricLelung» 

und  giebt  es  Gesetze,  welche  diese  Verhältnisse  aussprechen?  In  einer 
Abhandlung  über  diesen  Gegenstand  (Abhandltmgen  der  Königl.  Akadem. 
d.  Wissensch.  T.  J.  1822.1823.8, 167.)  hebe  ich  folgende  Geseue  fest- 
gestellt : 

1)  Indem  ein  Tbeii  auf  derselben  Stufe  der  Entwickelung  stehen  bleibt, 
^en  eile  sndeve  fSr  sich  flu«  Reihen  der  Bntwidtehmg  durdi« 
Es  ist  des  Gentrifugalgesets  der  Bildongen.. 
3)  Befinden  sich  eile  Tbdle  euf  ehnlidien  Stufen  der  Entirfcfcdong^ 
so  kommen  diese  Gestalten  häuGg  vor,  und  sind  nur  in  gerfuflcw 
Al)weichungen  Ton  einander  verschieden. 
3j  Beiinden  sich  aber  die  Thoile  auf  verschiedenen  Stufen  der  Ent- 
Yfickelung ,  so  kommen  solche  Gestalten  nicht  alluia  seltener  vor, 
sondern  ein  Tbeil  bat  auf  den  andern  Einflufs,  so  dafs  die. Butt 
^ckdnngsttufen  der  Üieile  dadnrclh  einender  genihert.  -werden^ 
Es  ist  des  Gentripetalgesets  der  ^Mungen. 
ZKe  Yenvendsehafien  der  Fflenien  ttdlen  siso  nicht  eine  einfitche 
Beihe  vor,  oder  einen  Kreis,  oder  eine  Ellipse,  oder  auch  eine"  Stamm, 
eine  Wiu^el,  sondern  eine  Reihe  von  veränderlichen  Gröfsen.    Man  be- 
zeichne die  liaupiilieile  der  Pflanzen  mit  a,  b,  c,  d,  e  u.  s.  w.  Man 
bestimme  für  jeden  Theil  die  Entwickelungsstufen  a,  a\  a",  <»'", 
und  bt  b'f  b"  u.  s.  yr. ,  so  wird  sich  jede  Pflanze  nach  ihrer  Yerwend* 
edeft,  od«*  ihrer  Stelle  im  netfiilidien  System  ansdrikiien  laiecn, .  wenn 
man  alle  Glieder  der  Reihe,  jedes  auf  seiner  gehörigen  Stufe  bestandig, 
seist. .  &  bedeute  a  den  Stamm  oder  Tielmehr  die  Gestak  des  Stam- 
mes, b  eben  so  das  Blatt,  c  den  Blütenstand,  d  die  BUlte,  e  die  Frucht. 
Nun  läfst  sich  ein  Gras  überhaupt  folgcndermafsen  ausdrücken  =«  +  4 
+  C* indem  die  Geslahen  aller  Theile  sehr  einfach  sind,  und. 
nur  der  Blüihen&taud  &tcli  veränderlich  zeigt,  auf  dieselbe  Weise,  wie 
u  endem  GeiirilclMen.  FOr  -wn  hRfiitmmtcs  Grae  mnüMe  min  aodt  di^* 
•er  Blüienetand^  ab  eine  höchst  einfädle  Aehre  e,  wie  en  itfiaiieinm^ 
oder  alt  mdir  ansaminengeseuie  c',  wie  eu  IMäevm  tt^aw.  beMaamit^ 


150 


werden.  Eine  Orchidee  würde  sich  durch  «e  +  ^'^-c' +  rr '  aiis- 
drücken  h^sen ,  da  die  Blüte  lippenblute  einen  bedeutenden  Gimd 
Ton  Ansbddiuig  encidit  hat,  und  Aea  wo  die  Fmdii  all  didftchengie 
Tirftanige  Kaptd.  Et  fpebt  m  der  Natur  gar  aelten  aduurfe  Absehnitia 
zwischen  den  Gestaltungen,  daher  wird  es  oft  aothig  aeyn,  lUe  Matldi- 
aUlfe  SU  bezeichnen ,  welches  sich  durch  a~',  a'~",  a"""  u.  s.w.,  oder 
genauer  i^",  u.  s.  f.  ausdrficken  läfst.    Wenn  ein  Glied  mit  i" 

bezeichnet  in  der  Reihe  vorkotnmi,  so  würde  dies^  bedeuten,  da£i  der 
Theil  zwar  fehle,  der  Ort  dafür  aber  vorhanden  sei. 

Eine  solche  Reihe  beseidinet  die  naiurlicbe  Stelle  eines  Gewächses 
nur  in  Riickiidtt  auf  eine  beatinnite  Klaaie»  Ordnung  oAee  Unletor^ 
nang.  Der  AoadmdL  «"*  ala' beatindig  iBr  eine  hdbera  Oidmmg,  luoui 
inneiliall)  der  Grenzen  Ton  a'"  für  eine  niedere  Ordnung  veiinderlidi 
aeyn.  Es  ist  eine  geringere  Veränderung,  der  Uebergang  aus  einer  in 
die  andere  ist  leicluer  möghch,  und  eben  dämm  auch  die  Gestaltung 
mehr  für  eine  nictJere  Ordnung  besümraend.  Ehen  so  ist  es  mit  den 
Theilen  selbst.  Für  eine  höhere  Ordnung  müssen  Cf  dj  e  Theile 
liedeuien«  -wdcbe  für  eine  niedere  Ordnung  in  Ueinere  aerfiillan,  imd 
folglich  maü  die  Zahl  der  Glieder  vermehrt  weiden,  wenn  die  ReQie 
Inr  «ine  Unterordnung  gdto»  aoU.  So  Terwandela  wir  die  Reihen  für 
höhere  Ordnungen  in  Reihen  für  niedere,  wenn  wir  sowohl  die  Theüe, 
odei'  die  Gröfsen  selbst  als  ihre  Exponenten  in  kleinere  zerlegen. 

Nicht  alle  Verbindungen  können  wir  in  f^er  Naiur  nachweisen, 
sondern  wir  u-cffen  auf  manche  Lücken,  welciie  vielleicht  in  der  Zu- 
honft  ausgefüllt  werden  möchten,  vielleicht  in  einer  Vorwelt  ausgefüllt 
waren,  und  in  einer  Nadiwdt  aeyn  werden.  Jene  Fonneln  ntacben  una 
«nfinevluam  auf  die  Läeken ,  und  Idiren  inia  einigenmiiäeo  im  Vonni 
die  Formen  zu  bestimmen,  welche  noch  könnten  entdeckt  werden. 

Einige  Veränderungen  leiden  jene  Reihen  durch  da*  dfitie  GeaetS, 
welches  verursacht,  dafs  die  Glieder  der  Bestimmungsreihe  von  einander 
abhängig  sind.  So  ist  z.B.  d'"  nicht  einerlei  in  der  Reiht,  \vtlche  mit 
a'  anfangt,  und  in  der  Reiiie,  welche  mit  a'"  anfangt.  Öo  haben  die 
Orebideen  eine  Lippeublume,  aber  sie  ist  dodi  anders  gebildet,  el* 
die  LrppenUoine  der  Labiaten.  Um  jedodi  die  Verglachung  nicfat 
lu  verlieren,  Jsi  aa  dnrehwia  nodiwendig,  Tlidle  tmd  Gestalten 


Entwurf  eines  phftologisehen  Pßmuensyttaiu.  161 


der  Analogie  zu  benennea,  und  ihnen  nicht  nach  den  verschiedenen 
Ordnungen  verschiedene  Namen  zu  geben.  Es  ist  sehr  zu  udeln,  wenn 
man  den  Siamm  der  Gräser  nicht  emdi$  sondern  culmus  nennt,  und 
wenn  gar  Hedwig  für  den  Stemm  dfir  Mbote  «ineii  besondom  Nimea 
mutidus  eninnt.  Ei  itl  durdunis  keiii  Grfmd  Twimiden,  rtuvm  mm 
den  Frfiditcn  der  Liclienen  einen  andern  Namen  giebt,  als  den  Frficifai- 
ten  der  Pilze.  So  bat  man  oft  mit  Unrecht  auf  Nebenbesiimmnngan 
gesehen,  indem  man  die  KunstwörttT  in  der  Wissenschaft  bestimmte, 
und  der  Tielbliittrigen  Bhime  den  Namen  einer  coroUa  labiata  versagt,  da 
es  doch  nur  auf  die  Gestalt  überhaupt  ankam.  Am  unrechten  One  hat 
man  hier  oft  zu  grofse  Genauigkeit  angewandt,  und  bei  dem  Blicke  anf 
dm  Snselne  den  Uick  anf  dae  Genae  Terloran.  De  wo  et  der  aUge» 
meinen  Bestimauuigem  bedarf,  müssen  aadi  solch«  angewendet  werden, 
und  wo  sie  nicht  vorlianden  oder  tnberwhen  lind,  mnfr  man  sie  her^ 
vorbeben  oder  machen. 

Das  zweite  Gesetz  hat  nicht  sowohl  Einflufs  auf  die  ]ihytolon;is  che 
Bestimmung  der  natürhchen  Oi-dntmg  durch  jene  lieihen,  als  auf  die 
Technik  des  natürhchen  Syst^ns,  wie  es  gewöhnhch  zusammengestelU 
ilivd.  Uen  fimd,  dafii  iolfike  Ordnungen,  wdcbe  man  aUgemein  f&r 
natfiiUeb  erkennt,  adir  Tide  Gattungen  nnd  Arten  haboi)  ea  sind  läaa^ 
Udi  aolehe,  wo  alle  TheÜe  dea  Gewadiaea  anf  denelben  Stnfe  der  Beft- 
fHckelung  stdien.  Nun  forderte  man  aber  durchaus  im  guizen  Ge- 
wäcbsrciche  solche  gleichsam  gerundete  natürliche  Ordnungen,  und  um 
diese  hervorzubringen,  rechnete  man  einzeln  stehende  Gattungen  den 
schon  bestehenden  Ordnungen  an,  wenn  sie  gleich  in  vielen  Stücken 
nicht  damit  übereinkamen)  so  wurde  J^rjngumi  eine  UmbeUate,  Caaki 
eine  Legnnunoae  n.  a.  w«  la  aebr  oft  erkUiite  man  gaadezu,  defi  man 
die  Gattung  vorliufig  nur  lu  einer  scbon  beaidhenden  Ordnong  bringe'» 
indem  man  hoffe,  ddb  daiane  eine  natürliche  Ordnung  erwechaen  werde, 
wenn  man  noch  mehr  Arten  ti»ntiw»  lerne.  Dieae  IfofTnung  ist  aller- 
dings hier  imd  da  erfüllt  worden;  so  sind  die  Galtungen  Cmulluria  und 
^ua/coy  jede  nv<i  ein  ndcr  zwei  Arten  bestehend,  bereits  zu  einer  ziem- 
lich ansehnlichen  naiuriiclieu  Or«ii»uing  herangewachsen.  Aber  wenn  die- 
aea  auch  bin  und  wieder  geichieht,  so  mehren  sich  doch  zugleich  die 


L  t  V  K 


Arien  der  gröfseni  Ordnungen  «o  sehr,  dafs  im  Gründe  dasselbe  Ver» 
haltnifs  bleibt,  -wenn  es  auch  nicht  mehr  so  auifallend  isi,  als  vorher. 

Dieses  Bestreben  nach  gerundeten  natürlichen  Ordnungen,  dieses 
Annihea  der  Blittelgatiiin^si  oder  einadn  tiehendai  G«ttuDgen  an  sdion 
betlehende  Ordnongen  ist  nidit  gn»  lu  tadeln,  nnd  dazdi  allea  T«^ 
dda  wird  nun  «•  doch  nicht  verbannen.  Denn  die  Art  tritt  andividnell 
anf,  und  da  sich  auf  Kenntnife  der  Arten  alle  Kcnntnils  der  böhem 
Abtheilungen  i^ründet,  so  verlangt  man  diese  Individualität  überall. 
Darum  will  man  keine  IMittclgatlungen,  keine  einzeln  stehende  von  un- 
gewisser Stellung,  sondern  man  verlangt  Ordnungen,  vrelche  aus  meh- 
reren Gattungen  und  Arten  bestehen,  wie  die  Art  nur  vorhanden  ist, 
irenn  sich  mehrere  Indindne«  wa  derselben  finden. 

"Wir  mögen  daher  die  natfiiUdhen  Ordnuigen  hdbdiaken,  ja  die 
ganze  Technik  des  natürlichen  Systenu«  nnr  iVfJlen  irhr  jeder  natfir- 
lichen  Ordnung  die  gehSrige  Bestimmun^reihe  voraetsen»  Pflanzen, 
velchp  mit  der  Bestimmungsreihe  ganz  überein  kommen,  sind  habitus 
giniunij  angehörende;  Pllansten,  welche  in  einem  oder  dem  andern 
Stücke  abweichen,  sind  habitus  deliquescentis ,  oder  angenommene.  So 
in.  Eryngium  tsB»  angenommene  Gattung  in  der  Ordnung  der  Dcdden- 
fBwichse,  Ctusi»  in  der  Ordnung  der  Leguminosen  u.s»w*  Es  sand 
solche  Fflsnsen,  bei  denen  einzelne  Glieder  der  Besdmmongsreihe,  fNÜdM 
sonst  lllr  die  ganze  Ordnung  beständig  sind,  veränderlich  werden.  Wir 
mögen  ferner  auch  diejenigen  natürlichen  Ordnungen  beibehalten,  weiclie 
nach  einem  oder  einii^en  wenigen  Theilen  gebildet  sind,  ohne  dafs  man 
auf  alle  übrigen  Rücksicht  genommen,  wie  dieses  eigentlich  mit  den 
Leguminosen  der  Fall  ist,  wo  man  nur  auf  die  Hülse  {legumen)  sieht, 
and  gar  nicht  auf  die  Home,  ivie  het  der  Sippschaft  der  Mimosen,  hd 
der  Centatua  S^jm  u.  a.,  oder  gw  nicht  auf  die  Blätter,  wie  bei  ^o* 
len  NeuhoIIandischen  Fflanten,  Pta^lolaum  n.  d^.  Hier  ist  nur  ein 
Glied  der  Besiimmungsrcihe  bestfindig,  alle  anderen  sind  veränderlich« 
Eben  so  mögen  wir  auch  die  natürlichen  Ordnungen  beihohahen ,  fiir 
"Nvelche  sicli  kein  einziges  bestimmtes  Kennzeichen  angehen  liifst,  sonders 
viele  kleine  Kennzeichen  den  Charoktor  der  Ordnung  bilden,  wie  dieses 
nüt  den  Vrtieeae  der  Fall  ist.   Wae  sind  alle  Glieder  der  BestimmungS' 


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Eniwwf  eines  phjrtologkehm  PßaruetuyOem».  153 


reihe  YerSnderlirb .  Aber  ihre  Veränderungen  sind  innerhalb  bestimm- 
ter Gränzen  ein schlössen,  odei"  schwankend  awischcn  zwei  nahe  gele- 
genen Grenzen.  Endlich  niufe  man.  'wohl  Rücksicht  dai^auf  nehmen, 
dafil  mm  ntadie  mtOriiche  (Msimgeii  snm  enioi  Ran^  «liiobeii  halt, 
«cldie  nur  in  «iacm  untem  Banfjo  tttihai  «c^hcn«  So  hat  Broim  nh 
Recht  gesagt,  dafs  verschiedene  klBue  mtSrlidie  Qvdnungai  wie  iie 
Jussiea  in  den  Monokotjledcinen  angenonuneii,  oder  wie  er  idUbil  lie 
bestimmt  hat,  eigentlich  in  eine,  die  LUiarfar,  sollten  znsammengestellt 
werden.  Die  Bestimmungsreihe  für  jene  natürliche  Ordnungen  kann 
nur  eine  niedere  sejn,  als  für  die  Läiaceae, 

SoH  die  Oidamig  der  ISaiar  cidi  dendidi  darstellen,  so  ist  es 
noihig,  .nieht  allein  die  Besiimmmigiwdhe  jMsändig  TOr  Augen  an  ba^ 
iien»  Mindeni  mudi  in  ihr  die  Reihe  der  Zetehcsk  nnfecSndert  an  be- 
halän.  Oder  mit  andern  Worten;  Wir  Mrerden  das  wahre  natürliche 
System  nie  kennen  lernen  ,  so  lange  man  die  Kennzeichen  nach  Will- 
kühr bald  Yon  diesem,  bald  von  jenem  Theüe  nimmt^  und  viele  ganz 
als  ohne  Bedeutung  verwirft.  Es  ist  nothwendig,  alle  Theile  durchzu- 
gehen, lind  zwar  nach  der  Ordnung  durchzugehen,  zu  bestimmen,  ob  sie 
v«*ind«rladi  oder  bestindig  sind,  inch  die  Giü&Ma  flanerhalfa  wddier  . 
die  Tefitodeiiicliksitllallt.  Es  kann  oft  Torkoaimen,  |aes  isteo^nolb- 
wendig,  dafs  eine  Art  oder  Gattung  ,  in  mehreren  natürUchen  Ordnungen 
oder  Ahtheilungen  aufgeführt  werde,  wenn  die  Gestaltung  swischen 
zwei  Stufen  fällt.  Ueberhaupt  wird  man  dnvon  abgehen ,  rine  Reihe 
sowohl  der  Ordnungen  selbst^  als  der  Familien  und  Gaiiungen  heraus- 
zwingen  zu  woUeD,  welche  den  Gesetzen  der  uaiur liehen  Verbindungen 
ganz  widerspridhtt  em  ahei  Andenken  «n  de  Idee  ftn  einer  Iietter 
der  Jüttnr.   

NaiBh  dietMk  GniAdsitten  woUen  wir  nun  sn  den  BintheilnnsBB 
seihet  fortgehen.  Es  ist  nicht  genug,  bei  den  allgemeinen  Abtbeilungm 
stehen  zu  bleiben ,  sondern  wir  müssen  wenigstens  bis  zu  den  Gattun- 
geu  seihst  herabsteigen,  um  die  Gliederung  eiufö  solchen  Systems  be- 
merklich  zu  machen.  Eine  solche  Uaräicllung  kann  aber  nicht  der  Ge- 
genstand einer  einzelnen  AMundlung  seyn,  dafür  ist  der  Umfang  des 
FflanaenMiehes  viel  an  gpofs;.  wir  wollen  dho  nur  den  Anfing  des 
ttens  liefern,  nnd  itt  der  FortseiHing.gBl^gonlli«b  ^uat  gehen.  .Ein 

Phj».  Khua  1824.  U 


164 


ti  I  H  K 


System,  welches  auf  die  Ennvicklungsstufen  des  Pflan^ensvstem?  ge- 
gi'ündet  ist,  mufs  Ton  dem  Einfachen  anfangen,  und  Toa  diesem  nach 
und  nach  zum  Zusammengesetzten  fomchi-eiieu. 

Dm  fanf  KImmb,  in  irddie  die  Pflamen  nidi  ihrm  Kifimk^ 
loagMttiliBii  dncadkeilflii  sind,  babe  icb  beniti  in  der  jUibenAoig  Über 
die  nattniUdien  Ordttimgen  der  Gemliie  (e.  Abliendl.  fSr  1833. Ift») 
nuMedben. 

Gl.  I.  Cryj}to(phyta. 

Wurzel,  Stamm  und  iiiatter  sind  nicht  von  einander  getrennt. 

Wurzel ,  Stamm  und  Blätter  «nd  in  einen  llieU  äbergefpingen, 
den  ^r,  lofem  er  unr  weiieni  Verlneiwng  der  Füanee  dient,  tut 
Aeherioe«  Aalbi*  nod  deutsoh  Spro6theiI  nennen  weUen.   Dodi  4et 

Acharius  das  Wort  nur  anf  die  Lichenen  angei?.andt.  Das  AYesentlichiÖ 
des  Sprofsthciles,  welches  jener  Schriftsteller  übersah,  besteht  darin,  daü 
die  Pflanze  durch  ihn  fortwächst,  oder  Sprossen  treibt.  Ich  habe  die- 
sen Begriff  von  ihal/ut  in  Element,  Phüos.  boUm.  Berol.  Iä24.  p.  196, 
festgeseut. 

Die  Zellen  des  Zdlgewidtee  inid-  klein«  rdndUdh,  nnregchnif&ig 
neben  einender  gelegt  oder  «nemmciiyhänft»  Sie  blUen  dednrcb  fleu' 
binnen  oder  ziisammengesetzte  rundÜche  Haufen.  Aa&er  diesen  Zell* 
geweben,  giebi  es  audi  noch  lange  Zellen  oder  Faserzellen,  welche  env 

wHer  Ri  Inen  ohne  Querwände,  oder  auch  Röhren  mit  Querwänden  dar- 
stellen. Öie  sind  entwfdfr  einfach  oder  venkielt,  und  stellen  den  Ueber- 
gang  von  der  Zelle  zum  i  a&ergefafs  vor.  Endlich  giebt  es  noch  Zel« 
len'  Ton  vendiiedetter  Gröise  einzeln  zwischen  den  Faserzellea  serstren^ 
nnd  in  emigen  «dienen  FHIen  besteht  die  ganie  Pflense  ene  Midien 
roften  Zeilen  (Phallus};  El  MbeüM  eis  ob  die  Netor  enf  dieeem  sn 
einfiM^  Wege  nidit  weiter  lonnte,-  imd  deber  beld  in  ihren  BSldon* 
gen  stehen  blieb. 

Es  ergeben  aich  dereiM  fOr  die  iimere  Bildung  folgende  Btuwick- 
lungsstufen.  * 

1.  Der  Sprofstheil  fehlt,  ganz  nr\A  qmt.  Zwischen  Fehlen  und 
Pehlen  ist  ober  ein  gi-ofeer  Ütttenehied.  -  Oft  fehb  ein  TlieU  eo,  defr  encb 
nidit  dn  eneloger  Then  deför  Toibenden  ist«  welches  leb  (Skm^Pi^^ 


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JSiOivwfMtm  pfytolagüekem  ItflanMentyMem».  iH 


büt.p.b^.)  carcrc  genannt  habe.  Deutsch  mag  es  Fehloi  l^üsen.  So 
feMen  dea  Kiyptophyten  die  Blütl«r..  0(l«r  «W'TheU  fehlt  so,  dskis  die 
Mialofo  Ml«  4a£9r  Mi^cjjdi  «iimt.i^  midies  ick  (das.)  d^Sem» 
genemit  habe,  und  weichet  mm  dealich  Mengdn  iieBBen  kenn.  So 
■engoll  die  Hmnenlunoiie  in  AtchemUla.  Alles  Fehlen  macht  ein  Hanpt- 
kcmüseidien,  aller  Mangel  ist  unbedeutend.  Hier  tritt  der  Mangel  nur 
in  Rücksicht  auf  die  unterste  Bildungsstufe  ein  und  fiÜh  mit  ihr  zu- 
sammen, welches  aber  komcswegos  im  Pflanzenreiche  immer  der  Fall  ist. 
Wir  u-cüen  diesen  Mangel  um  i>ei  den  Piken  an. 

Die  vntenie  SiUkmg  ia  Rfiokiiclit  auf  die  Stmemr  ist,  wo  der 
8|ini6dieil  (uuf  und  fur  ms  einfiudun  oder  iitigisii  lUHiran  heneht» 
Mit  oder  ohne  Qiiervribide.  Wir  woUn  dieien  Spn^stlieil»  den  floold* 
gen  nennen«  Die  RShren  sind  Ton. einander  gesondert,  oder  andi  nüt 
einander  verwebt  und  verflochten.  Diese  Bildung  ist  der  Uebergang 
aus  der  Zelle  zum  Fuseri^efafs ,  welches  auf  eine  doppelle  Weise  ge- 
schehen ist;  die  Zellen  haben  sich  nämlich  an  euiander  gereiht,  wo- 
durch Querwände  entstanden  sind,  oder  die  Zellen  haben  sich  verlän-, 
gert,  und  in  eine  VJüat  ohne  Qoermnid  ferwandeli.  Die'  ffienae  iü 
hier  gfiwffhiem  in  ihte  Gefibe  ei^gdeeet,  und  des,  lies  in  andern  Oe» 
tiidisen  innerlich  «er,  iic  hier  inberiich  geworden.  Die  Rohre,  wio 
überhaupt  die  Bildung  mit  Querwänden  steht  auf  einer  untern  Stufe, 
als  da  wo  die  Querwand  vcillii^  verschwunden  und  die  Bildung  gelun- 
gen ist ,  der  Sj^olstheil  der  iSchimmel  giebt  ein  Muster  Ton  dieser  Bil- 
dungsstufe. 

2.  Der  Sprofstheil  besteht  aus  einfachen  gewundenen  Fesem» 
«eldie  ganz  geffittte  Rahnsa  oder  dichte  fäden  -ea  wepx  edieinen*  loh 
finde  Mdohe  RShren  oder  Fksem  in  Spamffa  heuttm»  Es  ait  inunsr  sdinoi 

sn  sagen,  ob  ein  zarter  Theil  bohl  sei  oder  nicht;  liier  spricht  die  Didte 
nnd  Gleicliformigkeit  des  einadaen  Fadens  dafür  dals  er  dicht  ist. 

3.  Der  Sprofstheil  besteht  aus  Bündelweise  zusammenliegenden, 
^radeij ,  einaiicicr  durchkrcnsenden  Röhreo.  Coeuogouium,  Ein  eige- 
ner, Boaderiuuer  Bau.  . 

4.  Der  Sprobihdl  W^^in  g)eiflhlSnni§as  &men»'  namlieh  ia 
Rnduieht  knf  eene  Stmolnr  luid  die.ein&chen  Theile  (pärta» äääan^ 
wonvecrheetcht.  Es  ist  hieir  nadii  von  lUiinkiraem,- SMteiltbehilteniv 

Ü3 


156 


Gliederungen  u.  dgl.  die  Rede,  iwodurcb  allerdings  ein  Gewäcks  in  sei- 
nem Innern  sehr  ungleichfönnig  werdoi  kimi,  «ondem  nur  von  den 
Zellen,  Energ^laliMa,  MemlinuMa»  mmm  die  Pflaoie  wiiinimengeiBm 
in.  Viele  Algen. 

5.  Der  Sprofsiheil  besteht  aus  kleinen  Zellen,  wddie  Ottdir  oder 
weniger  rondUche  Hänfen  bilden.    Diese  Hänfen  eidlen  XeiiakSnier. 

oder  Knospen  fCemmen)  vor.    lÄchcnes  crustacfii. 

6.  Die  Hauptsiufe  der  Bildung  ist  wo  der  Ueberzug  aus  kleinen 
rundlichen  Zellen,  die  Mitte  bingegm  aus  langen  Faserzellen  besteht. 
Dies«*  Bau  itt  dem  Baue  der  ^oUkomnenen  Pflencen- «nalog,  indem  die 
Ueinen  Zdlen  im  Umfange  äe  Rindoi  die  FMecieUen  m  diei'  IGtie  des 
Hob  TorMellen.  Dooh  eber  leidei  er  menclie  Yenchiedenheiien.  Die 
FaMReUen  welche  meistens  einfach,  seltner  astig  sind,  auch  öfter  kerne 
Querwände  haben,  zeigen  sich  zuweilen  ganz  trocken,  so  Jafs  sie  Ilaaren 
oder  Baumwolle  gleichen,  wie  in  den  Lichenen,  zuweilen  gallertartig,  wi'p 
in  den  Tangarten.  Es  mangeln  zuweüeu  die  Faserzcllcn,  wie  in  Gyio- 
phom ,  oder  ea  mangelt  der  rundzcllige  Uebei-zug  auf  den  untern  Sei- 
ten, -wie  in  mendiea  Lichenen.  Der  Sufeere  Ucl^eniig  besteht  «neli 
wohl  an»  gBllerurtigen  ZelleB, .  nnd  nimmt  den  g^en  Sprofstheil  ein, 
bis  auf  wenige,  zerstreute,  oü  Ueine  Fasmellen,  wie  in  ColUma,  Selur 
selten  finden  sich  neben  den  Terfilsten  Fasenellea  noch  andere  in  ein 
Bändel  aus  gleichlaufenden  Fasern  zusammengelegt  wie  in  Usnea, 

Diese  innere  Bildung  nennen  wir  Structur,  und  b  czcichncn  sie 
mit  St. ,  also  die  Stufen  mit  l  St. ,  2  St.  u.  s.  w.  Der  Bequemlichkeit 
wegen  woUoa  wir  die  Zahlen  Tor,  nicht  oben  an  das  Zeichen  setzen, 
nie  voriiin  gesdicSien  ist,  obglekb  der  Anadniok  der  Stufenfolge  dnvdli 
Baqponenien  netargemilser  eeyn  mfidite,  ab  dnrch  GoefEcmiten. 

Zwar  haben  die  Kryptophyten  keine  wahre  Wurzel,  aber  viele 
dciselben  wurzeln  doch  im  Boden,  und  oft  besitzen  sie  daher  einen  oder 
mehrere  Thcile  ,  welche  man  Wurzel  nennen  kann.  Wenn  wir  also 
die  äufseie  (Jestali  dieser  Gewächse  bKiimmen  wollen,  müssen  wir  zu- 
erst von  der  Wurzel  reden.  Einigen  fehlt  die  Wurzel  ganz  und  gar, 
und  diese  ToAahen  licii  aiif  ein«  doppf>1**'  Die  Wnnel  b  R* 
fehlt  ihnen  i)  weil  der  ^rolUkeil  fibenll  wimein  Icann,  oder  woA  er 
dnrduutt  Warm,  ix  wie  der  flockige.  In  disaem  Falle  nimmt  der 


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Entwurf  emm  philologischen  Pßanaenrystam,  157 


Sprofstheil  auch  zuweilen  die  Form  der  Wurzeln  an,  wie  sie  sich  an 
den  Tollkommenen  Pflanzen  finden;  eine  Bildung,  welche  zwar  seilen  aber 
doch  au  einigen  Pilzen  vorkommt.    Oder  die  Wurzel  fehlt  auch,  weil 

3)  die  HhnM  ^  nidkt  wunell.  Dmes  findet  bd  dmgen  WaMe^gi»> 
ividiMn  mit,  sdtan  nah  biai  einigen  Gewidbieny  wdche  lose  auf  der 
&de  iMgien  oder  niMer  der  Erde  sich  befinden.  Oder  die  Pflanzen  wur- 
zeln 3)  mit  der  ganzen  untern  Fliehe  ohne  besondm  Theile.  Die 
Theile  wodurdi  dir-^e  Pflanzen  wurzeln  .  sind  4)  Warzen  oder  Verlan- 
gerungen. Endlirh  l)eiindei  sich  an  cinigLn  5)  eine  schildförmige  Wurzel. 
Die  drei  letzten  Wurzelungen  sehen  wir  an  den  Lichenen. 

Die  Gestalt  des  SprofstheiU  =s  F  erscheint  1)  unbestimmt,  so  dafe  ' 
▼on  ihm  etwas  genommoi  oder  ihm  binsngetetat  werden  kann»  ohne 
die  Gestalt  im  Wesentlichen  sa  ändern,  wie  der  floddge  Sprofstheil  der 
Pilze«  Sie  ist  ferner  2)  ganz  rundlich;  die  unentwickelte  Gestalt  des 
Samens  darstellend,  wie  bei  den  Noetochien.  Oder  sie  zeigt  sich  3)  aus 
mehreren  Individuen  zusammengesetzt  ;  eine  Naheiung  r.nr  unbestimmten 
Gesult,  z.B.  die  Zusammensetzung  des  Lichenenkorpers.  liat  sich  nun 
der  öprofsiheil  volikommen  zur  Individuahiat  ausgebildet,  so  erscheint  er 

4)  -  anikulirt,  aoa  mdireran  Stfieken  Bestehend,  sIs  Uebergang  zur  m- 
sammengesetiien  Gestalt,  wie  wir  es  an  Tiden  Algen  sehen,  oder'  nicht 
arttknlirt,  und  dann  6)  mcbr  in  die  Breite  ausgedehnt,  blattartig,  oder 
6)  mehr  in  die  Länge  ausgedehnt,  eigentlidk  stanunartig*  Beide  Oestal« 
fangen  kommen  in  der  Ordnung  der  Algen  vor. 

Nach  dem  Sprof^thpile  kommt  der  Fruchiiheil  zur  Untersuchung. 
Die  Kryptophyien  haben  zweierlei  Fruchttheile,  wodurch  sie  sich  fort- 
pflanzen. Die  ersten  sind  die  Keimkomer  (^poronia,  sporxatulae)  ^  Ker- 
aer,  vteldbe  dnrdi  die  gmae  Stthstani  des  Gewidiees  verbrntet  sind» 
imd  anf  der  Oberfläche  flbersU,  oder  nor  an  einigen  Stellen  hervortre- 
ten; Diese  KeimLömer  habe  ich  an  vielen  Pilzen  schon  früher  beob- 
achtet, und  zwar  mit  den  wahren  Fmchtbchältem  zugleich,  aber  ihnen 
keinen  besondem  Namen  gcf^ehen ;  aiich  schliefse  ich  nur  analofi;isch, 
^afs  die  Ptlanzo  durch  sie  vermehrt  wird.  In  den  Aigen  Jiat  sie  Vaucher 
als  die  Samen  seiner  Gautmg  JPn^spermes  angegeben ,  aber  ebenfalls 
niobt  t«n  den  Fwichtbehiltam  geschieden..  Hedwig  sah  ne  als  di« 
^*^'-iT^tm  GceddfldiiidMile  der üchanen  iv.  GMeim.  Heie  de  «ns^ 


156 


und  erhielt  daraus  junge  Pflanzen,  eine  Beobachtung,  v?elche  durch  die 
•wiederholten  und  genauen  Versuche  Ton  G.  F.  W.  Meyer  nicht  allein 
bestätigt;  BonAueik  «udiTdJkoxwnner  dargestdh  iit.  &  Hbditt»  dafc  die 
Keioikfinier  dm  Gcmnicn  «ndever  IfBamm  KhnÜdi  tmd,  und  «bo  dM 
IndiTidmim  fonKtten,  da  hingf^  die  KSnm  in.  den  FrRchibejNlItani 
dem  Stemm  analog  scheinen  und  nur  die  Art  Ibritetaeii  inSgeD.  Die  Ter^ 
mehrung  durch  Keimkörner,  als  allen  Kryptopbyten  eigen,  und  nur  we- 
nig Verschiedenheiten  zeisend,  denn  die  Entwicklunjr  an  der  Oberfläche 
nähert  sich  nur  einer  besiimmtcn ,  tritt  also  nicht  in  die  Reihe  der  Bil» 
dungsstufen  ein,  ausgenommen  wenn  der  FinichtbehSher  fehlt. 

Die  Reihe  der  Bildimgen  tat  <Be  BLrjptophyten  geht  von  dlieiii 
doppdten  Ursprünge  tm;  entweder  voa  dem  Spnilitheüe  oder  dem 
Fruditdieile.  In  der  Gatmikg  S^fonabinkim  eehen  irir  mir  deix  floduH 
gen  SprofstheQ,  oft  nngeluuer  ausgebreitet,  and  Keimkoraer;  m  der 
Gattung  Caeoma  dagegen  nur  Fruchlbehälier  und  eine  Andeutung  Tom  * 
Sprofstheil  in  dem  Flecken  des  13latles,  worauf  sich  der  Bi*and  entwik» 
kelt.  Von  beiden  Seiten  treffen  die  Formen  zusammen;  der  Fruditbe' 
bälter  bildet  sich  mehr  aus,  und  fangt  sog^  an,  selbst,  unabhängig  von 
dem  ^rolitiiail«*  welcher  wa^jmäx  Torittoden  iet»  in  wnredn  «md  wop» 
«dShnliehe  Theile  m  lifldeii,  wie  ww  an  einigen  Arten  Ton  Agurkm 
deutlich  sehen;  der  Sprofstheil  bildet  sich  ebenfalls  aus  und  Tcrwimieb 
sich  in  einen  Theil,  welcher  die  Pflenae  nidii  mehr  durch  Fortwachsen 

und  Ernwickfln  neuer  Theile  TCrmeTiri  und  verijröfsert,  aus  FaserzeUffll 
bestellt   nur   iiimllirljen  Zellen  verwebt,   der  Frucht  zwar  zui'  Unter- 
stützung dient,  aber  doch  Ton  ihr  gesondert  ist.    Diesen  letzten  Theü 
hat  man  iSknom*»  Unterlage  genannt^  und  man  sieht  ihn  an  viden  FÜMn 
TOD  gar  Tenchiedener  Gestalt.  Das  SdiWankea  der  Ceiialinng  swisdun 
Fmchtbdialter  tmd  Sproftifaeil  mag  die  erste  Senfe  des  Fhachtstanden 
seyn ,  welchen  wir  als  anal<^  dem  Blütensiandc ,  oder  der  Inflorescenn 
mit  J  bezeichnen  wollen.  Dann  folgt  2)  die  Gestaltung  wo  der  Frucht- 
behälter  in  dem  Sprofslheile  seine  Entwicklung  nicht  allein  beginnt,  son- 
dern sie  auch  vollendet,  und  nun  die  Samen  auswirft,  wie  es  mit  vieiep 
Algen  der  Fall  ist.  Endlich  d)  die  GesuiU,  ^  der  Fruchtbehiilter  inner-» 
'ballk  des  Sprolatlidle*  die  EntwieUnng  mr  anfibigt  aber  nich»  beende!» 
eonderii  guu  inüMlieli  wird,  ud  anf  der  OberfUche  hervoetritt. 


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Da  keine  männliche  Geschlerln<?ihpilp  m  ünden  sind,  da  beim  Kei- 
men auch  die  FrachiLöma:  sich  gerade  zu  verlangem,  ohne  irgend  eine 
Umbüllung  abniweitef  to  Ueftt  t»  miMbift  ob  num  dicM  Frodb^ 
kSmor  Samen  oder  nw  dKe  KaunkdiMr  Gemmeii  nmnen  toU.  Ich-Iidbe 
BuMA  dabor  4m  Namen  ^poM»,  FmditkSnier,  aidtt  Samen«  gegeben, 
and  dem  Theile  worin  sie  eingeschlosioi»  oder  welchem  sie  zunächst  an- 
geheftel  sind,  den  Namen  Fruclilbehältcr  (^sporangium)  =  Sp,  Er  fehlt 
zuerst  oft  gänzlich,  und  an  der  Stelle  der  Frnrhtkörner  pflanzen  Keim- 
kärnet'  die  Pflanze  fort.  Weim  die  Fruchikorner  2)  ganz  nackt  sind, 
•o  kann  man  nicht  immer  mit  Sidierheii  bestimmen,  ob  das  einzebie 
Koiin  iftrUicb  anr  aiae  jjpom  oder  ecben  ein  spomngium  ist,  and  dann 
nenne  ich  das  Frodiikoni  ein  ipotwßumf  eine  ^midüh  Zuweilen  3)  Üe- 
§m  die  FmditLorner  innerhalb  des  Sprolstheils  oder  dea  ttroma  zer> 
aireat,  und  nur  durdi  ihre  Gröfse  Ton  den  Keimkomem  TerschiedcBy 
wie  in  den  Tremellen.  Die  Fnichikömer  befinf^en  ^jch  i)  nn  oder  in 
dem  Frachtbehälter  zusammengehauft;  sie  sind  V;  in  längliche  öchiauche 
(iheceie)  eingeschlossen,  und  diese  wiederum  in  einem  Fruchtbehülier 
verborgen,  oder  diese  Schlaache  nberzidien  6)  den  Fruchtbebtiler  anf 
feiner  W«arn  Fliciie.  ünier  Nr.  4  geh{>ren  anch  die  Formen^  wenn  in 
dnem  Fmcbibehalcer  mehrere  Ueinere,  und  in  dieaem  erat  die  Fmobt» 
Idmer  befindlich  sind,  so  wie  unter  Nr.  5  und  6  die  Fonnen  geiionn» 
wo  in  cinein  Schlauche  mehrere  kleine  sind. 

Nachdem  wir  nun  die  Theile  der  KryptophTten  nach  ihren  Ent- 
wicklujtgssiul'en  durchgegangen  sind,  wollen  wir  die  Verkmipfungen  der- 
idben  aufsuchen.  Wir  haben  zaerst :  1  »i>i.  -h  1  -♦-  1  -^^  1  +  1  «J^« 
id  emier  S^timmelgattung,  wdd»  iA  Sponttt^ht»  gcsMümt  habe.  Seiaen 
wir  socrn  dka  leiste  Glied  TerinderHeh,  ao  kommen  die  eretan  Glieder 
mh  2Sp.  in  den  S<Annmelgattongen  Aotyiu,  A^erfßug  u.  s.  w.  vor; 
mit  3Sp.  in  TVemeBa-,  mit  ASp-  in  Ljcoperdon  u.  s.  w.;  mit  b  Sp.  io. 
Spkarria  ;  mit  6  Sp.  in  Jgariciu  U.S.W.  Nur  1  /  erscheint  zuweilen  als  37 
oder  :  J  aber  höhere  Formen  von  R  und  F  kommen  nicht  vor.  Kurz 
wir  haben  die  Bezeichnung  i  St.  i  R  -t-  i  /  -4-  i  .  >i .  6  /  -i-  xSf.  iür 
Äe  PSbe.  Difeaea  'g;iebl''M>n»- wihl  eesoudene ,  und  daher  ab  sehr  na^ 
tfiffieb  «ncheinende.OrdmHig. . 


160 


f  St.  m-t-F+SJ-h^i^'  i»t  Sffongta  lacustris.  Ich  hahe 
daran  deutliche  FruchtlrabiUer  imd.swar  in  Menge  gefunden,  auch  toh 
MeBtender  GrfiJie  fa«  ym  dn  Hurwkotn,  ^  von  JPmikum  germmienn, 
groft.  Die  ScbaJ«  des  Bebütm  Cpendmm)  üt  MÜidi  dici,  aber  sep- . 
IwecUicii,  Ton  bratinrotlier  Farbe,  und  halt  eine  Menge  loser  Frught*' 
iLomer  eii^eschlossai.  Es  ist  sehr  wahrscheinlich ,  dafs  in  der  Gauong 
Spon^  noch  andere  Verknüpfnncien  vorkommen,  deren  TJnter'juchung 
sehr  zu  wünschen  wäre.  Sni-ngia  iacusüii  gehört  dem  Thierreicbe  riel 
weniger  an,  als  manche  Aigen. 

3  1^1.  4-  3  i{  3 JP.*4-  3/4-  6.^.  isi.  da»  KWderiwz«  (Ü^mogomam» 
Wahwcheinlidi  giebt  ei  In  den  Tropenlindam  nodi  mdere  yerknüpfun> 
goi  mit  dieaem  merkwfirdigoi  Sprolstiieile. 

4  St.  oder  die  inwendig  gleicbförmige  Suiictur  ist  auf  mannigfaltige 
Weise  verknüpft.  Sie  kommt  vor  ohne  Wurzel  und  mit  einer  Wurzel, 
hesondcrs  mit  einer  schildförmigen,  mit  einem  ganz  runden,  blattförmi- 
gen und  siammformigen  Sprofslheile ,  mit  Fmchibehaltern ,  welche  in- 
nerlich bleiheu  oder  auf  die  Obei-Üache  treten,  nnd  endlich  mit  Frucht- 
bflUQtem  von  Tewchiedenem  Bane,  doch  aicbl  mit  den  hSlieni*  aaig»* 
bildeiai  Fomen  decealben.  Wir  reebnen  aÜe  dieae  Geatahangen  m 
den  Algen.  Doch  sind  Fiflle»  m  welchen  sie  sich  sdhwer  Ton  den  PÜU 
zen  unterscheiden  lassen,  und  Bjrstus  Jdähm  ist  bald  in  di^  bald  in 
jene  Ordnung  gebracht  worden.  Man  kann  nicht  deutlich  sehen,  ob  cüe 
Fäden  hohl  oder  gefüllt  sind;  im  erstem  Falle  waren  diese  Gewä'r-Jise 
unbezweifelt  Pilze,  aber  sie  scheinen  der  irarbung  wegen  Ttelmekr  ge- 
ISflU.  Di«  FSdfln  denclben  leben  aEerdings  aus,  wie  du  anfredit  am- 
banden  Ffiden  der  Scbiaundarten,  aber  die  Keinkdnier  bleiben  inner- 
lidi,  und  werden  inneriidi  entwidtelt  und  apigaworlai«  da  aie  bin|^ 
gan  in  den  Scbimmelarten  sich  äuläerlich  sammlen.  Daher  möchte  idi 
sie  zu  den  Algen  rechnen.  Aber  Bj-ssocladiiun,  welches  die  Algologen 
zu  den  Algen  bringen,  ist  unbezweifelt  «in  Pil»,  weil  es  die  oben  ange- 
gebnen Kennzeichen  der  Pilze  hat. 

Bin«  sonderbare  Form,  zu  diesen  Reihen  gehörig,  finden  wir  an 
den  Noaiochien.  Dae  Gewicha  ist  eine  RaUar»»^«  inneriich  ^diAt- 
»ifa  Kugel,  in  wdcher  Faaeraellen  aich  befinden,  dnidi  banfigp  Qwtt' 


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■wände  so  abgelhcilt,  dftfs  tie  Reihen  TOn  rundlichen  Zellen  sdieiiien. 
In  diesen  Faserzdlen  entitiddn  sich  Keimköroer  und  schwellen  oft  so 
Mhr:  «..dda  man  iie  ftOr ;Fnitthtldnier  Julian.  mSdite.  Die  umgebende 
Gflllorie  tdimiidet  mdi  und  ndi  jA  dem  Ueberguiia  der  FormeD»  nad 
Bßtrmhotlfmiium  ist  das  Innere  der  Nostodiieik  fftr  «cli  Iniflgebildet, 
Wld  nur  Böch  mii  einem  schlüpfrigen  Uebersiige  -versehen. 

Die  inwendig  gleiclifonnige  Bildung  kann  suvreilen  nur  so  erschei- 
nen, vreil  dir  galleriaru-en  Faserzellen  sich  nicht  TöUig  entwickelt  haben. 
Sie  geht  also  zu  der  ieulen  Bildung  über  und  die  Tangarten  folgen  auch 
ia  der  Aeflie  der  Algon. 

6  Sl  oder  der  dnreheiit  nmdsellige  SprofstheU,  «eldier  Gemmeb 
derrifllb^  vad  die  IcnulanfönniBen  Liclkeneii  «eberf  beieidinet»  wnndi 
immer  nur  mit  der  untem  FlSclie»  hat  eine  unbesu'mmte  Form  und 
aufscrlicbe  Fraclilhebälter  (3  /),  wenn  sie  auch  Innerlich  scheinen,  denn 
immer  teigt  »ich  eine  entsprechende  Ocffnung  in  dem  Ueberzuge  des 
Sproisiheils.  Nur  der  Bau  der  Frucblbthaiter  ist  versclueden  und  =  xSp. 
zu  Selzen  wie  in  den  Pilzen.  Wir  würden  also  hier  wieder  eine  ausge- 
aeiciniete  aetfiriidie  Ordnung  haben,  wenn  uidit  die  KroHe  der  Iicbe> 
nsn  «oh  in' einen  Uanertigen  SprofstheU  wUidi  -remrandelte  nnd  anch 
•onst  auf  mannicbfelligie  Weise  dabin  überginge. 

Die  Jiddbite  Ponn  6  St»  des  Sprofstlwils,  welche  den  ToUkommr 
nen  Pflanren  am  nächsten  siehi,  vereinipt  sich  nicht  mit  den  niedri- 
gen Stufen  der  Wurzelung  und  der  Gestalt  des  tiprofstheiles ,  auch 
nicht  mit  der  untersten  Stufe  des  Fruchtstandes,  sonst  aber  mit  allen 
•ndem  Gestakungen.  Die  Gewächse,  welche  einen  solchen  Sproüldiefl 
beben,  rechnen  wir  heid  m  den  Algenj  heU  an  den  lichenen.  Wir 
Miien  ebo  biemn»,  dal«  eine  sdiarfe  Trennung  awisdien  diesen  beiden 
netfiriichen  Ordnung^  nicht  forbanden  ist,  nnd  dali  Linne  Recht  hatte, 
wenn  er  sie  vereinigte. 

Aber  die  Zahl  der  Gattungen  und  Arten  ist  für  eine  natürliche  Oid- 
nunf;  zu  grofs,  und  umgekebri  ist  die  Zahl  der  natürh'clien  Abibeilungen 
zu  grofs»  wenOiiman  sie  alle  trennen  woiiic.  Wir  woUoi  also  nach 
derBaqnendkUtest  terlM»M*^jind  die  naiüilidie  Ordnung  der  lichenen 
hcmwariehcn,  die  iibri§eii  aber  nnier  den  Namen  der  A%en  tcreirngt 
Ionen  I^e  Odnung  der  Lidbenen  wiid  besfim««»  Jurdi  den  Lmiten- 
PHgv,  Kka$9  1824.  X  • 


i67 


lim'». 


artigen  oder  vielmehr  gemmenarügen  Sprofslheil  5  St.  und  denjenigen, 
vrorein  er  übergebt.  Dieses  ist  der  Sproüstbeil  mit  ttx)cknen  haarformi- 
gen  Faser/eilen  im  Innenii  den  wir  kors  den  UMtoMigai  nennen  wollen. 
JGßehan  idilieften  ikb  der  AebwlicMteit  wegen  di»  Gyrophorctt,  denen 
die  FraeneUen  im  Innern  niir  mAngelii,  'lad  CeOama;^  «r  4enai 
Fbeenellen,  durch  die  gallertartige  tellige  Umgdmilg  ▼on  einander  g»< 
trennt  und  entfei^t  sind.  Auch  mag  man  Coe/tc^mW  wegen  dar  Adin- 
lichkeit  der  Fruchtbehälter  mit  den  FrucküidiilterB  der  Permellen  hier- 
her rechnen. 

Eine  richtige  Einsicht  von  der  Verwandschaft  der  Aigen  und  Liehe« 
nen,  so  wie  der  Kryptophyten  iyberlmupt,  wird  nnii  me  eriielien,  wenn 
man  die  Aolmliebkeiten  nicht  syelemetiMili  entwickeh,  wenn  man  den 
Hidt  unbestimmt  enf  der  IMennidi&Itid^t  der  firMbentengen  umlmr* 
schweifen  lilet,  und  nach  Willkäkr  dieOrdnongen  ▼ereuugt  und  trennt. 
Und  wenn  man  auch  Willkühr  anwendet,  so  mufs  man  nur  wissen  dafs 
es  Willkühr  ist,  welche  man  angewendet  hat.  Man  trenne  immerhin 
die  Lichenen  von  den  Tangarien,  wenn  man  nur  wcifs  .  daf?»  der  Tang 
ein  unter  das  Wasser  gesetzter  Liehen  ist,  in  welchem  die  trocknen  Fa- 
Mnellen.tur  gallertartigen  Form  eulgeifeiciii  sind,  und  das  Wasser  die 
Fruehibehelier  Terhindert  bat,  sich  ganz-  nach  aufiwn  au  bebten  and  sn 
entwickeln.  Auf  die  EintheilüngAn  konunt  weniger  in,  sls  enf  dsn 
Sehlössd,  weleher  uns  den  Sifin  denelben  ÖBbet. 

O.  1.  I\tngi, 

Dnr  Sprofrtheil  ist  flockig,  oder  mangelt  ganz  und  gar. 

Die  tiedeuuuig  dieser  Bestimmung,  und  die  Reihe  ffir  die  Fibs 
ist  in  dem  (Aigen  dendidi  gsntig  angegebto  worden.  Bs  kommt  bkr 
also  nur  auf  die  Unterabtheüungen  an.  Der  Sprofstheil  bat  in  der  gan- 
zen Ordnung  dieselbe  Gestalt,  und  sein  Mangel  kann  keine  Kennzeichen 
geben;  es  kann  also  nur  das  Verhaltnif^  drs  Sprofstheiles  zum  Frucht- 
tlieile  und  dieser  selbst  in  Betrachtung  gezogen  werden.  In  Rücksicht 
auf"  jenes  Verhältnifs  befmdet  sich  der  Fi-w^Jitilieil  entweder  auf  dem 
Spvnlsthetl  oder  wird  Ton  dem  lelatem  bedeckt,  oder  er  stdu  neben 
dem  letstem,  fn  WeUhem  Fbll  der  SproCithefl  auch  mang^.  Hisfiiacb 


Entmafemtt  pfyiohgiiehen  PJUmamuyat&m.  163 


fverden  drei  ünierordnungen  bestimmt  und  zwar:  1.  Muredines,  Scbia^ 
meipilze;  2,  FuUgtaes,  Brandpilze;  3.  Mjcetes,  Schwammpilze. 

Subordo  i*   MuMidSne».  Schimmelpilta. 

ten  Stellen  mit  Sdieide\vänden  Tenehen,  erscheint  auch  immer  hohl  und 
durchsichug,  oder  er  hat  2)  keine  Scheidewand,  erscheint  daher  auch 
invrendig  oft  dicht  und  nndurrhsichlig.  Er  geht  in  dfm  letzten  Falle 
nicht  sehen  IM  (  Ine  l  nt.erLii;i;  (.^i.roma)  über.  Zwischen  beiden  Gestal- 
ten giebt  es  Uebergänge,  wo  namiicb  die  kleinen  Fäden  oder  deren  Spitzen 
nur  -Sdbefdeirikide  htben,  nichn  die-  §ra&en.  Wir  nvolhii  dieie  cor  iwn- 
tob  Abibeflung  vedmen.  Diese  6eiidtnii§  ^iro&theUt  setaen  ym 
s  ^  (Müblw).  In  Riiickiidit  anf  die  Fkocht  liegt  er  1)  entweder 
guis  nieder  ,  und  Uigl  die  Fmditkfimer  und  Fruchtbehilter  überall, 
oder  2)  einzelne  Fäden  stehen  aufrecht  um  Fruchtloi-ner  oder  Frucht- 
belialter  zu  halten,  oder  3)  die  Fäden  zerfallen  dui-chaus  in  Frudil- 
kömer.  Hieher  kann  man  4)  die  Gestaltung  bringen ,  wo  die  Enden 
der  Fäden  sich  zusammenballen  und  dem  Anscheine  nach  Frucbttheüe 
naidhen.  'Wir  'hwnidinen  ditiiei  dnrdi  St,  (sittds).  Betrachten  ^ir  den 
Fnu^ttland  as  F  genauer,  äo  finden  ytir  i)  die  IVuchtlUimer  auf  dem 
Sprofithdl  eentreut,  an  unbestimmten  Stellen,  «der  2)  in  der  Mitte  an- 
gehäoft,  WD  nicht  selten  dier  Sp^ofstheil  später  verschwindet,  und  eine 
Trennung  vom  Frncbtlhell  und  Sprofsthcil  anfängt,  oder  3)  die  Früchte 
befinden  sich  an  der  Spitze,  seltener  an  der  Seite  der  Faden  lose  zusam- 
meagehäuft,  oder  4)  sie  sind  an  den  Seiten  oder  an  der  Spitze  r^el- 
nilirig  geatellt,  oder  sie  stehen  5)  auf  Fäden,  als  anf  beiol!id«m  Stielen. 
Die  FrOehie  aeUM  sn  J^.  aind  1)  cinfilche  Kömer,  2)  doppedie  Römer, 
awct  diebt  aoaunM^gaMeUt  oder  flut  dnelr  Sobeadewand,  3)  mit  An- 
hingieln  versehen,  4)  mit  mehreren  Scheidewänden,  5)  in  einem  BebilteK 
(sporangium)  eingeschlossen,  6)  nicht  allein  in  einem  Boliälur,  londem 
anch  innerhalb  deüdben  in  Schläuche  (aseij  eing^chlossen. 

"  •     ,  .    >  Habitus  genuini, 

1^      <  fit.  ^  i  F  +  \  Sp.  .  . 
<      Die  einfiufami  Fom.> ,  ^filheil  mit  Sduid^vteden,  niederU«- 
gsnde  Flocken,  lerstretits  einfache  Fmchtkömer.         enlM«li«n  eft 

X  2 


164 


L  i  V  K' : 


ans  eingeschnürten  Zellen j  tttweilen  n&desa  sie  wohl  als  eine  Fläsaig> 
keit  abgesondert. 

Sporotrichum,  B/ssodadmm,  j4tjiospomim,  Coeeotrkkmm,  Die  leuie 
Gattung  ist  sweifelhaft;  die  swdte  schdikt  mil  der  erttcn  an  vereimgen 
sa  (k^vBaiia  Pen,  isl  qpou  m  fermtUat,  4o  mit  mIim  ÜQ7>Jha  viid 
FUh^arüi;  sie  sind  ^»ofiHlieile  anderer  Pilze. 

Der  Frnchttheil  variirt:  +  2i^.  mit  doppelten  Fruchtkeimen;  IH- 
chothea'um  ;  +  3  Sp.  und  -+-  4  Sp.  mangeln ;  +  5  Sp.  Eurofium,  mit  einem 
^hren  sporangium ;  +  6  Erjrsibe,  mit  einem  wahren  spotwigium  und 
innerhalb  Schläuchen. 

Der  Frnchwaiid  vmirt  um  dem  FruehtlMhilier  in^leidi.  Alto  •¥ 
H- 1^.  oder  in  der  Hille  fsbfofta  ebar  einfeelw  FhuhlLofMrs  St/mh* 
tdmtf  FuMt^Komni  <4-  3i!^.  iind^-  3ij^.  nangda;  •4*  4^.  FmohtLBnier 
mitQaerwftideii,  Epochnium,  Bactndium ;  die  leute  Gattung  weicht  ectrai 
ab,  und  nähert  sich  den  Algen;  +  hSp.  und  -4-  ßSp.  mangeln.  Di»M 
Reihe  mit  2F  nähen  sich  schon  den  Schwammpilzcn,  deren  Fnicht}>e- 
hälter  für  sich  bestehen.  -\-  3F  und  -^^F  mangeln  und  jenes  scheint  so- 
gar zu  fehlen ;  -^bF  oder  von  den  Spitzen  der  ir  uden  getragene  einfache 
(bIm  i^,)  FrodttLfiniir  finden  lidi  nur  vaAermmäum,  F'vtieiäban. 

Die  beiden  ertten  Glieder  dieser  Veri>indna§»  der  Sproftdieil  nuft 
Qoerwlnden  und  dtmieder  liegenden  Ftden  mfigen  der  enten  Fenifie 
^riwpwrg  mdxae -Bystinae  zu  Kennzeichen  dienen. 

i  A  +  2  St.  +  i  F  i  Sp. 
Der  Sprofstheil  hat  Querwände,  wie  in  der  vorigen  Familie,  aber 
aufrechte  Faden  machen  den  Anfang  zur  Siielbildimg.  In  di^em  ersten 
Fdle  Hegen  die  entfachen  Fruchtkömer  zeratient  an  and  zwischen  den 
FÜden,  Hierher  gehören:  Adadkun,  GctUMponumf  Cmnptoum,  ^Mth 
phtgum.  Der  Fmehtäieil  geht  in  iSj»,  Aber, '  tu-  doppdien  FiruehtLoncm 
in  Polj  (fin'ncium. 

2F  mangelt.  Aber  3  F  tta  heiutUnten  Stellen  zusammengehäufte 
FnichlLömer  kommt  häuCg  vor  wnd  zwar  mil  1  Sp.  oder  einfachen 
Körnern  in  Haplaria,  Haplolrichumf  BoirjUSf  Foijactis,  Jsper^lhts,  Pe- 
fOcäUum^  Coremium,  In  der  letzten  0»ttui^  wickeln  sich  die  Finien 
tAum  tiuammen  «a  einer  Unteilagp.  Doppelte  FhaehtkOmer  (^'3J^*) 
hai  D^ühiptatum.  -  ■ 


Digiii^uu  by 


BtOiVwf  daes  phjiologUchen  PJlanzensjrslms,  166 

4  Yrirtelformig  gestellte  Fruchtkömer  oder  Behälter  ohne  Schei- 
dewinde finden  sich  an  Suiofyädüun,  oder  ^Sp.  mit  Scheide- 
wänden an  DactyUum. 

bF  FrachtboiHllMr  kb  den  Spiiien  der  Fadn  lummwn  anr  mit 
5^.  wiliMn  FfoclahehflKm  tot  in  Mueor,  Sporodtnia,.  Thanuudü», 
Itiüeiü,  ^fmji^,  Siabian,  P&Mui,  ,Di«  Gtuiug  rAomnÄläHN  hat 
Kenikdnier  «n  den  Spiuen  der  FSd«ii>  oder  auf  Sdden,  Thebctis  hat 
regelmäfsig  gt^tellte  Keime  auf  den  Spitzen  der  Fäden.  An  manchen 
Arten  toq  Stilbum  iaX  der  Spro£»theil  dicht  aar  UnierhigB  Terflochtea 

an  Coremium. 

Diese  Familie,  iiczeiciiuet  durch  den  Öproistbeil  mit  öcheidevvänden 
lud  die anfirediten Faden,  mi^AspergiUmMeiiidm  Asper^Bttuhsi^imL* 
•  -I-     -I-  SiSk.     iF  -^^  iSp. 

Der  Sproftdibil  aerfallt  ganz  und  gar  in  Frachtliönier.  Hoher« 
FotaiCII  als  die  »wygri»qien  schont  der  Bau  dieser  Gewächse  nicht  zu- 
zulassen. IMan  kann  nur  die  Gattunf^  Oidium  durch  die  zarten,  -sveifsen 
Faden  ihres  Sprofstheils  von  den  Gattungen  linterscheiden,  welche 
schwarze,  gröbere  Fäden  haben,  nämlich :  Tetmcoliumf  Tonüaj  Momüa^ 
jihermria.  Diese  durch  das  Zerfallen  des  Sprolstheib  in  Fnu^ulnnur 
•eberf  iieeeichiieie  Familie  nag:  I%USmw  fcjwfa«™-  . 

2J  4- iSL  Jh  iF  ^  iS^* 

Der  Sprolädieil  hat  keine  Scheidewinde,  wenigstens  nicht  dnrcb- 
aus,  sehr  oft  ist  er  aber  an  den  Enden  der  Fäden  gegliedert.  Auf  der 
einen  Seite  nähert  sich  der  Sprolatheil  einer  Unterlage,  auf  der  andeiTn 
geht  er  zn  den  Algen  über  und  ist  oft  schwer  daron  /.u  unterscljeiden. 
Mit  niederli^enden  Faden,  zerstreuten,  einfachen  Kömern  ist  die  erste 
Oeaudtiiig  in;  JeMamnmm,  CcUetotpomtm,  Gonjtmkum,.  MenispoFa, 
CiMmtnOam,  Aniaer  dieaen  Itcndmen .  nodi  eegUederi«  Fnicht]t6rtier 
(4^.)  ü  MOhalniAmm,  ScoUeotriehmt^^.  IMe  letate  Gaiunig  iial  be- 
•anders  Algengestalt. 

2 St.  -f.  Ii?  1.^.  Aufrechte  Fäden  mit  zerstremen,  einfachen 
Fruchtkörnem  in:  Chloriditwi,  Cladospem'um ,  Oedemiiim,  Mjxolrichimt, 
Campsotnchum,  AcUnocUiatu.,»,  CUmofiUa,  Coelosponum.  In  den  Gallungen 
Hkuhspormm  und<CMbaiaiai  adtnfiitrMe&jdar  Sprufstheil  an  den  Sp^B^ 
oder  Uevjvnd:  da'  turr"***  ami.'I^adihlAiM')«!  JnU^ 


i66 


D.  t  II  K 


besteht  aus  Frucfatkörnem  in  eine  gailcitaruge  Masse  verbunden ,  zu 
denn  di«  l^Moiltge,  oder  andi  d«r  Fracbdbdhfltar  in  HeUeo  tdieinK. 
Co0ib4;pornim  Weht  wegan  der  hoUachemendcn  FradiA6nwr  ab.  Qm^ 
gliederte  AmduköiiMr  (A^.)  hahm  iSMea^wdlw^  Mfmäm,  M 

mÜUhosporiimi. 

-f-  2^  mangelt.  +  3jP,  Frucbtköme:  an  der  Spitze  (!er  FädcTi 
gehäuft,  und  zwar  einfache  Frttchtköraer  -K  kommt  m  dem  son- 

deHbuwi  Pkjcomjces  yor,  deiiai  Spro&tlieil  idr  elgnert^  iat.  Aber 
du  Henroruetea  der  BrachtUhmer  auf  der  infteni  Flldie  büIum  das 
Gemlelis  den  Pilzen. 

AF-^iSp.  Regelmäbig  aagewadiMBe  dit&obeFraclitlfinMr  finden 
•uJi  nur  an  Spondjincladium. 

Dematium  ist  eine  Gattung,  dem  Sprofstbeile  nach,  hierher  gehörig, 
dwr  ohne  Frfldite.  Wir  willen  die  ganze  Familie  deren  Sprofsthdl 
aidit  gegUedoM  ütj  tonst  mit  dOcB  Yeriindeniiigwi  dei  Timehlthciliy  die 
folgende  amgpioiininen,  vetlnindeDf  Cowqp/eeBeeg  nenun. 

iui      45Sf.  -\-  iF  i^. 

Tst  die  fondfrljare  Form,  WO  die  Enden  der  Faden  zusammenge- 
baüt  Frucltiibeile  darsteiien.  In  der  Reihe  der  ungegliederten  Pilze  er- 
«etzt  tie  die  Stelle,  welche  die  ganz  in  Fruchtkömer  cecfällenden  Pilze 
(3  Su)  in  der  Rdlie  der  gegliederten  (1^  einfehmen.  Hieriier  gehSien 
Bacodiumi,  Jntaum,  Jmpkänekttm.   Wir  mAgpn  diod  fibifb  tailie 

Habitus  deUquescentis. 

OiOnium  gleichl  gar  sehi*  dem  blofsen  Sprofsiiieile  der  bchwamm- 
püze,  ioA  hai  man  noch  keine  Früchte  daran  wahrgenommen. 

Bfayget  Arleo  ton  ßfueor  jbalian  an  der  Büi»  dei  Stidb  üoift* 
gleichsam  Wurzeb  TORtteDende  Uden,  dite  aondene  mm  BknnlMrf 

in  eine  hwmUn  Gattung  Rhizopus.  Eben  io  nnd  die  Fruchtbehälter 
▼ieler  Arten  Ton  Erysibe  mit  sreifen  Fäden  umgelien  >  welc^ie  in  die 
andern  Faden  des  Sprofslheil'?  libergeiien.  Diese  Sciiimmclpiize  machen 
den  Uebergang  zu  den  Sciiwummpilzen,  wo  der  Fruchtbefaidter  für  sic^ 
wortdt.  ^ 

Phra^totrichum  Kze  ist  eine  sehr  sonderbare  Gattnng, 
gm  A»r  iii«i»Fiii4i—  Bw^^kMtfp  ^j^rh  dflii  Mffm  «Alf  nihiit  - 


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Di»  Beflie  Snff.  nä  2Vw&olJI«aätm  an,  deHcta  Sprobthdl  in  dne 
rnndlidiie  ForQi  nimmmengewebt,  die.Fhkditkörner  umschliefsi.  Dann 
folgen  Trichoderma  und  Mjroüieciwn ,  wo  der  Sprofsihcil  eine  im  An- 
fang flüssige  Masse  -von  Fi-uchikörnern  umgiebt.  Hierher  kann  man  fer- 
ner alle  Püze  rechnen,  welche  aus  einer  flüssigen  Masse  entstehen,  und 
Omoi  kt  lai^Udi  das  bette  Kenmejchen  der  Unterordnung.  An  einigen, 
uB,  Jtlhidüim  (t^dfg» FSan.)  sieht  man  deadidi  i«ie  ein  mattaeSprots' 
theil  den  Fruchtiheil  umgiebt;  an  andern  aber,  acUiefiit  er  beim  Aus* 
uxKrknen  so  dicht  an  die  übrigen  Theile,  dafa- man  ihn  nicht  gesondert 
wahrnimmt.  Doch  bemerkt  man  sehr  deutlich,  wie  eine  Membran  von 
dem  Fufse  des  Pilzes  sich  verbreitet,  und  von  hieraus  als  dem  Pilze 
didil  anliegend  sa  verfolgen  i«t.  Zuweilen  lfi»*t  sich  der  SpcoCstheil  in 
Schuppen  auf,  wie  nan  hewNiders  an  Sfm^iarM  und  an  einem  Pkysantmy 
welches  ich  stromateum  nenne,  sehen  kann.  Die  Verschiedenheiten  des 
Fruchtbehalters  bestehen  durin,  dafs  er  bald  gestielt  bald  ungestielt  ist, 
welches  aber  wegen  der  vielen  unbedeutenden  Uebcrgänge  nidit  zu  den 
Kennzeichen  der  Gattungen  zu  rechnen  ist,  ferner,  dafs  er  bald  einen 
eduippigen,  bald  einen  glatten  Ueberzug  hat,  bald  eine,  bald  mehr  Frucht» 
hdlien,  inwendig  heU  gar  keine,  bald  wenige,  bald  Haare  und  diese 
nnregehniilSNg  oder  regelnÜMg  «erwttbt,  und  endlich  inwendig  mit  einer 
Mittehänie  oder  ohne  diesdbe,  -und  -dann  nur  mit  einer  Andeutung, 
oder  einer  rundlichen  Erhebung,  welche  zur  Säule  übergeht.  Alle  diese 
Gestalten  finden  sich  auf  sehr  mannicbfaltige  Weise  mit  einander  ver- 
knüpft. So  enuielu  folgende  Keiiie:  lyicliodermUf  Mjmtheciumf  AeÜuUium, 
J^^grdium,  Ljcogala,  Dipktkmum,  Ideea,  TuMluut,  Pfysamm,  Cmniumi 
JOUttwa,  iXi/rmium,  Zeoetaput,  Leangaau,  JXfyd&rma,  TWeiUs,  Angrriß, 
StUtKmitis,  Dictydiumf  Cribraria,  Cupuhtritty  Crat^rium. 

Afrriococcnrn  Fries  gehört  ohne  Zweifel  hierlier ,  oher  7,n  einer 
bes<:.nd<M  <  n  Reihe.  Der  zarte,  weifse,  flockige  Sprofstheil  bedeckt  ganz 
und  deuüich  gesondert  die  vielen  kleinen f  runden,  mit  einander  ver- 
weehseiMft  fVuditbehili«  «d^  Vn,ditLSniam  gefällt.  Sie  sduinen  im 
Anftng  flltasig'  gewesen  an  seyn.  B»  wäre  also  eine  hjibere  For» 
SrVaMerww. 


168 


Sobald  diese  Pike  trocken  werden,  hört  die  Vcrbreilung  der 
BlaMe  auf,  und  nur  so  lange  sie  flüssig  sind,  iriidimi  ne  fort.  Audi 
in  diCMT  Rfidtgtebt  Iemui  mm  sie  so  Üeiiacliten,  «b  ob  sie  in  dem 
Spqpfsthefle  eingeschlossen  waren. 

Uebrigens  ist  diese  Entwicklung  und  Ausbildtug  des  Gewächses 
aus  einer  flüssigen  Masse ,  in  welcher  aher  das  Vergröfserungsglas  die 
Fnichtkörner  schon  deutlich  zeigt,  eine  merkwürdige  Erscheinuug  in 
der  organischen  Natur.  .        '  • 

Diese  sweite  üttterordmiiig  msdit'iuir  eine  Fhmilie  aas,  die  den 
Nemeii  fiU^gmeaß  lielultsii  buni. 

Subordo  3.   Mjcetes.  Schwammpilze. 

Der  Sprofstheil  sondert  sich  Ton  den  Fruchttheilen  ganz  und  gar, 
wird  ein  Mebentheil  imd  yerschwindet  oft  ganz.  .Er  zeigt  keine  Ver- 
seliiedenheiien,  ind  wdchc  daher  ans  der  Klasse  der  KemiaeielMn. 

Statt  des  SprofstheÜs  «ritt  die  Unteriage  (iSnmut)  ein,  irdche  ebn 
so  sehr  mm  Fruchttheile  gehört,  denn  sie  Terbreitet  sich  nicht  weiter, 
nachdem  sie  einmal  gebildet  ist,  sfttzt  ako  tlip  Pflanze  nicht  fort  und 
wuchert  nicht  wie  dei*  Sprofstheil  Sk-  steht  in  «Ic-r  Mate  z-vviscben  den 
beiden  Thailen  die  sie  ungesondert  begreift.  Diese  Unterlage  ist  zu- 
HOT  aagedeutet  dnrdi  einen  tledwn,  dnrdi  emen  dünnen  Ueber- 
ang*  oder  ^  mangdt  gans  nnd  gar,  wo  man  den  Ifangd  dnreh  die 
gehäufte  Stellung  der  Fruchtbehälter  nur  erkennt.  Dieses  ist  der  erste 
Zustand  der  lintfrlni^e  —  Sir.  In  der  zweiten  Entwickelungsstufe  ist 
sie  deutlich  vo^h.^nden  und  Ton  den  Fruchtkömern  oder  den  Frucht- 
behältem  deutlich  unterschieden.  Auf  der  dritten  Stufe  ist  sie  wirkh'cb 
an  dem  geworden,  was  sie  andeutet,  mm  FimehtbehSIter,  und  der  Prodifr 
theS  hat  tidi  Tom  Spro&theile  T&ilig  gesdiieden. 

Die  Gestalt  der  Unterlage  —F  ist  i)  unbestimmt  ausgebreitet,  als 
ein  flaclier  mehr  oder  weniger  dicker  Ucberzug.  Er  bildet  2)  eine  mnd- 
liche  Masse,  oder  3)  einen  mehr  oder  weniger  Terlangerten  Trager,  der 
in  seltenen  Fällen  4)  Terästelt  ist. 

Dem  innem  Baue  (JabHca)  nach  li««ldit  sie  1)  aus  Faser* 

Zellen  mit  andern  rundlichen  Zellen  durchwebt  md ,vailnUldeii*  BsU 
henradit  die  Faseraelle,  bald  die  rundliche  Zdle  vor.  Audi  liflgl  fmU 


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Sntwwf  wnes  ph/toloßischen  Pßanaeiujrstenu.  169 

eia  bedentendei'  Unterscbicd  dann,  dafs  die  Faserzcllcn  entweder  ans  den 
gegliederten  oder  ungegliederten  Flocken  des  Spro^ibeile»  entstand, 
doch  ist  er:  «ehr  schirar  ht  dtr  Shinr  zu  bestimmen.  Am  meisten  aus- 
gebOiiet  in,  dar  uuimw  Bbu,  wo  das  Aeoftere  am  nnidlicheB  Zdlen  be- 
liebt^ det  Innere  ans  Faserzellen,  -wcHche  mit  einander  Terwickidt  und 
Terwebt  sind ,  wie  in  den  Lichenen ,  welchen  wir  daher  durch  3  f  aus- 
drucken wollen.  In  einigen  Fällen  (2 /)  liegen  die  Fasern  dicht  und 
gldcblaufend  zusammen,  ohne,  wenigstens  ohne  viele  rundliche  Zellen, 
fto  dafs  der  Bau  dem  Splinte  der  ToUkommenen  Pflanzen  gleich  zu 
MtMn  ut.  Wir  "vroHen  cüeaes  mit  beiaidiiMn.  Audi  ut  daiauf  la 
sehen,  doch  nur  für  Abtheflungea  ebier  niedem  Senfe,  dafs  zuweilen 
die  Zellen  sehr  bald  schwarz  werden  und  in  einem  verkohlten  ^ttand 
gerathen  (/V).  in  andern  Fällen  hingegen  das  Gewächs  sein  ganzes  Le- 
ben hindurch  weich  und  gefärbt  erscheint  {Jnc)  ,  nicht  wie  dort  gleicli- 
som  bei  lebendigem  Leibe  abstirbt.  £s  ist  mir  kein  Beispiel  bekannt, 
daft  ebk  PÜa  zufällig  aua  einem  Zuftande  in  den  endam  fibergegangen 
wire.  IHe  rothe  Fäibnng  ist  am  hiufigwem  in  dieser  Ordnung,  dann 
fdg^  die  gelbe,  seltner  ist  die  blaue  und  am  seltensten  die  grüne;  ja 
die  rein  grüne  Far}>e  Jer  Blätter  und  Algen  kommt  fast  nie  vor.  Am 
h'äuügsien  ist  in  den  weichen,  nicht  Tcrkohlten  Pilzen,  der  Mangel  an 
Färbung,  oder  die  weifse  Farbe.  Selten  sind  auch  die  verkohlten  Tfaeiler 
aus  gefatblen  eaiatauden,  g^fibnlidi  aot  weUsen,  neldies  man  im 
Innern  des  Gewidbses  eiltennt. 

Der  Fruchtbebälter  (=  Sp.)  ist  oft  gar  niclu  vorlianden,  sondern 
die  Fnichiknrncr  sind  1)  äufserlich  nuf  der  Unterlage  oder  dem  Boden 
zerstreut,  oder  auch  2)  von  der  Liit erlabe  eins^eschlossen.  In  seltenen 
^Fällen  mangeln  die  Frucliikömer  ganz  und  werden  durch  Keimkömer 
erseisL  Die  Ruditbehiltcr  naisdUlie&en  3)  die  Fraebfkömer,  die 
sieb  ancb  A)  in  beumdem  aosgeieichneien  Frncbtbdittem  oder  5)  in 
Schläuchen  befinden.  Diese  Sehl  ki<  }jc  sind  6)  atif  der  Oberfläche  des 
Fruchtbehälters  ausgebreiTcr,  oder  7)  auf  besondem  Triigem  {spmvphant) 
des  Fruchtbehälters  bcündiicb. 

I.  ,iSlr.-k-iF-^if-^iSp. 
Iffiar  ist  eniifeder  gpr  kerne  Unterlage  voibandsn,  oder  nur  eine 
Andeutung  derselben»  eüie  besondoe  Firbnng  der  Tbefle  worauf  der 
PfyM,  Kiau»  1834.  T 


170 


L  I  IT  K 


Pilz  sich  befindet.  Dann  ist  auch  noihwundig  die  aulsere  Gestalt  unbe- 
stimmt, und  die  innere  oicbt  entwickelt.  Die  Fruchtköraer  aber  schrei- 
ten-in  4er  ikiadiildung  sehr^lbrt;  «ie  aind  rund,  läugÜdi,  ^inddföning, 
doppelt,  mit  Qnerwiinden :  VerachiedenlMiteii,  ivckbe  rar  Untandbd- 
dnng  niederer  Abtbeilungen  dienen  können.  Atuük  tind  sie  gestielt 
oScr  nicht.  Hier  ist  der  Anfang  des  Gewäciuretchai  aiu  einem  SndUr 
bebäliür. 

Diese  Gewächse  entstehen  unt^r  der  Oberbaut  lebendiger  Fdunzen, 
«Qd  sind  dann  nicht  Terkohlt.  Hteriier  g^ren:.  Caeomaj  Späocaea, 
S^wisonum,  Septarüt,  Pkmgmidtttm,  Puatma,  P<tdiaoma,  J^ori$arium 
ist  eine  sonderhure  Zusammensetzung  von  dieser  und  der  eisten  Untei^ 

Ordnung;  es  finden  sich  nämhcli  zwischen  den  Körnern  zerstreute  Flocken. 
Podisoma  ist  die  höchste  Form,  ^reiche  schon  den  Tremellenartigen  Fil- 
z«n  naiie  steht. 

Unter  der  Oberhaut  trockner  Pflanzen  «ntttebt  Crj  jJtosporaim.  Eine 
Art  C  aurantiaeum  ist  nicht  vetlohlt. 

Oben  auf  trocknen  Blattern  und  irocknem  Holze  liegen  Fusidium 
und  Conisporiurn.  Die  letztere  Gattung  rechne  ich  hierlier.  Längliche 
Fruchlbehältcr  aber  ohne  deutliche  Frucbtkörner  sind  mit  einem  Staube, 
-wahrscheinlich  Kcimkömem  bedeckt,  imd  machen  längliche  ILiafen, 
wdche  lirci  enf  trochnem  Hblie  liegen. 

yerkohlt  smd:  Crjrfno^amsm  ütmm,  weldie»  nun  wobl  ab  eine 
besondere  Gattung  trennen  könnte.  Hypodenmum,  Mdaiieoimun,  Diiy- 
mosporiunt,  Slilbospora,  Sporidesmium. 

PhoiiM  Fries,  Die  Fmchlkömer  liegen  in  kleinen  Hänfen  zusam- 
men und  sind  von  der  Oberhaut  eingeschlossen.  Im  Anfange  sind  sie 
vreUs  und  sosemmenklcbend,  dann  werden  sie  schwarz. 

Mtkmotorium,  An  dem  untern  Stamme  der  OroImidke-ArteB  »ige 
sich  eine  sonderbare  Krankheit.  Der  Stamm  schwillt  auf,  luid  entludt 
kleine  zerstreute  Haufen  Ton  schwarzen,  kleinen,  runden  Fruchtlvörnem. 
Ich  habe  das  Gewächs  nur  trocken  gesehen ,  wie  es  mir  Yon  dem  tct^ 
storbenen  Palissot  de  Bcauvois  zugesandt  wui-de. 

Mjxosporiwu.  Ist  Nemaspora  c/wea  Pen.  an  der  ich  keine,  TOT 
dem  Hokei  irotvnf  dieser  Pila  ifÜdMt,  Tersehiedend  Untedlage  «ntdediea 
kesmte,  rnMte  dodt  bei  den  andern  Arle»  der  Cjto^^  vorbandfli 


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scheint.  Der  xXama  Nemaspora  »chien  mir  zu  vemerfen»  da  er  sehr 
▼ersdueden  gebrftncht  iu. 

n.    1  iir.  -h  1  ^  -I*  2  Jp. 

Ohne  Unterlage.    Die  Fruchtkömer  dad  in  dem  FruchtboIiSltar 

wie  Keimkörner  cnihalten.     Hierher  könnte  man  Dolhidea  spfutcrvidca 
(ßphaeromorpitium)  und  Sderotium  durum  {Leucostroma)  rechnen,  welche 
Yon  den  Gationgen  zu  trennen  sind,  womit  mau  sie  Tereinigt  bat. 
m,    iStr.  +  iF -\'  if-i-  3Sp. 

IKe  FmdubahUter  nmtchliaften  dieFradidt6fDer»  haben  aberlmne 
denÜiche  Unterlage. 

INIit  hallurtem  Fnicbtbehaher,  welche  vielleicht  zur  swvilea  Unio^ 
abüieiluiig  zu  rechnen  sind :  jlctmothyrium  und  Li^ptothjrium . 

Mit  ganzem,  nicht  verkohllem  Fi-uchlbehiillcr :  Taphrin,  der  Gal- 
tnng  Caeoma  verwandt.  —  Femer  Spon^trum.  Amphigastrum. 

S/fheeropleum  und  Botrydkanf  sw«i  a«ae  Gmttungen  von  BSbrcnberg 
m  Aagyytqi  giafimden.   Sie  vraduen  lMi|le  anf  dsr  Endo. 

Saccidiwn  Sc/imidt,  habe  ich  nicht  gesehen. 

Dichosftf^num  Nf^es.  «'ine  <;ondei-bare  FoiiQ»  inwcnd^  mit  FInMht* 

köniem,  äulserhch  mit  KeJink. urnern. 

£s  ist  zweifelhaft,  ob  bei  allen  diesen  die  Unierlage  Fruchtbefail* 
tnr  |pcvfOi*den> 

Mit  ganaem,  TailtoUtam  Fracbifachatar. 

^pkuporium  Kze  ist  noch  nicht  gana  vtrluihlt. 

Prrtsthernhim  Kz  i^i  eine  Stilbospom  mtar  der  UäUe,  oder  Stähf^ 
SfOra  ist  ein  Prostfirmiinn  olmr  HüHe. 

Spemtodesmui  Kze  isi  mu-  nicht  genau  bekannt,  so  wie  PäHaM'e/. 

Ckaetomuim  bt  ein  JBxo^torütm  wo  die  Unterlage  tidi  nun  Fmdl»- 
bebllur  anagfebiUet  bat,  die  anltere  baanbnlicbe  Umgdning  dagegen 
oalimditbar  geworden  ist. 

Stegia  Frist,  Cjrlo^mu  Ehmüt.,  Sphoenwma  lind  Anfange  von 
Spkaena. 

DoÜüdea  pjrrenophora  Fnes,  ist  eine  eigene  Gattung  (Pjrenochia). 
Daa  Aeolsere  i^dit  eber  ßphaeria,  daabnere  bendit  aua  einer  wdfiwn» 
erweidibaren  MaMe,  daa  Lmeratn  eoa  einnn  Haufen  idnvafser  pnlTerip 
gar  KSmer» 

Y  2 


I<  I  V  K 


JElpidophora  Ehrenb.,  eine  sondurbare  Gattung  aul  den  Paimenblat- 

tem  in  Ae|grplen. 

Sebisodemta,  Hieilwr  müNcn  die.  RfTBiena  Fi",  gelmdit  urenleii, 
vddie  eine  bestimmte  Gettalt  aber  luine  Schlümche  babcn»  iioiideni  ot 
deren  Sutt  Frnchlkörner. 

IV.  i  Str.  +  i  F  +  If-h  i  S/J. 

Keine  Unterlage,  innerhalb  de«  gröfsern  Fruchtbehaiicrs  kleine, 
runde  Fruditbehalter.  Hiedikcr  «eilSi  ieh  nur  Po/jarigium  m  feehnen. 

V.  iStr.  -h  IF  +  lf+  6Sp, 

Keine  Unterlage.  Die  Fruchdidmer  in  ScMünchen  (lkeeae)t  Wehe 

dar  Fruchibehitller  umscbliefst. 

Sphaena.  Da  diese  Cnttung  noch  einmal  in  der  Heihe  anzufüh- 
ren ist,  welche  mit  2  Sir.  anlangt,  oder  wo  eine  wii'kiiciic  Lnierlage 
voiliamlen  isi,  m>  wH  idi  dort  rtm  ihr  reden.  . 

Z^ium  F^.  gdiört  hierher»  halt  «war  lilaaaa  irie  J^raimumt  aber 
die  Gattung  ist  wohl  anzunehmen,  da  die  Substanz  des  FmdhÜMfaSUen 
wie  das  ZeiTalicn  der  Scbläache  zu  Pulver  sie  auszeichnet. 

Dothidea  Fr.  Nur  D.  Ptlns,  Sambuci  und  einige  verwandte  gebo- 
ren hierher,  deren  Inneres  mit  dem  Innern  der  Sphürien  überein- 
kommt. Ke  untendbdden  ikh  wxt  durdi  die  Gesiak  der  Erachthdbfller, 
msUdie  in  der  Jngend  der  Lange  nach  einm  Eindmek  und  immer  eine 
mnxliche  OberHacbe  haben.  Einige  sind  «dion  oben  von  dieier  Gat- 
tung g«iondart  -worden ,  andere  werden  noch  in  der  Folgie  getrennt 
werden. 

Hjsteriiun,  Hierher  geboren  nur  die  Arten,  welche  das  Innere 
caner  ^fSuuiia  haben,  und  cidt  nnr  durdi  die  iufsere  Form  de«  Fmdit- 
hdiidiei«,  den  fitng^eiien  Eindruck  namlidi»  unterscheiden.  Audi  ser- 
fallen  die  Sddiuche  nicht  zuletzt  in  PolTcr,  welches  bei  vielen  Sphäriea 

der  Fall  ist.  Man  erkennt  das  wahre  fljsterium  durch  die  Lupe  schon 
an  dem  weifslichen,  dichten  Kern;  die  übrigen  von  Fries  zu  Ifysterium 
gebrachten  Pike  (M.  Huhtet  affinta)  müssen  eine  besondere  Gattung  unter 
dem  Nauen  Schiwaimmui  ausmachen.  Sie  gehören  au  der  IU3in  mit  3  Sf. 
oder  Fmchtbehälier  mit  Kdnacm  ohne  Sehlinche. 
A&idium. 

Cctjrn^Fr^  ( CtUieium  co^wn/«*  ji^ar,)  kenne  ich  nidit  genan. 


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Btamuf  «MM  pfyloiogiii^  j;fiuu0H^yHems,  173 


VI.    iSlr.  +  iF  +  i/+ 6Sp,  . 
Dar  Ifan^el  «n  thueriag»  (4er  mir  «ine  Spar  dtttalben  in  liiar 
aufc  cmem  Fradbdidbiiher  Tcrimndea,  dewea  SchUncte  «ofMriia]]»  nA 
befindftn  und  einen  Ueberzug  bilden. 

Peziza.  Mufs  hier  angeführt  werden ,  da  man  nicht  von  allen 
Arten  sagen  kann,  daüs  die  Unterlage  xum  Frachtbchäher  überG;egangen 
sei.  Einigen  scheint  die  Unterlage  zu  mangeln,  und  andere  haben  eine 
daadidke  Spur  doMObeB»  s.  B.  P,  «muginosa,  roatSm, 

Paleäana  Friet,  Der  Ghnakter  nadk  Fries  i$t  Mee^ttaadum  mar- 
gduriwn^  paiellaeformef  epidermide  contigua.  Hymmuum  laeve,  st4lfWnUm$, 
sed  ex  asconun  dissolulione  pulvcrulentuin.  Asci  conruiU  ahsqitc  paraphy- 
sibiLs.  Aber  ich  ünde  den  Fruchtbehälter  oft  in  der  Jagend  geschlos- 
sen, wie  bei  den  Pezizen.  Die  Oberfläche  ist  zwar  matt  und  gleich- 
Mm  «twei  iörnig,  aber  nie  bebe  idi  g^seben,  dai«  die  Schtmcbe  in 
PkilTerierAdleii.  Andi  tiod  allerdiiigs  genüg  Pbrapbyeen  oder  SeUSncbe 
ohne  FruchiLörner  Torhinden.  Durch  zwei  Kennzeichen  unterscheidet 
sich  Palellana  von  Peziza,  1)  dafs  der  Fruchtbehälter  aus  dem  Innern 
des  Holzes  oder  der  Rinde  hervorbricht,  und  2)  durch  die  schwät  z  gfv 
iaibte  Materie,  welche  die  Spitzen  der  Schläuche  färbt  und  Terbmdei, 
wie  in  den  Lii^en,  wodorcb  die  matte  Oberfläche  der  Fnubtbdiälier 
enistdit.  KeScbKiicbe  toiidertt.eich  m  Wataer  und  werfen  dieFmdit- 
kdmer  an»,  wie  Nees  heobechtec  batj  docb  eenreilMn  die  SchÜtiflhe 
dabei  nicht. 

TynijHinis  Fr.  Der  Charakter  nach  Fries  ist  Receptacidum  marni- 
natuiHj  tyalhtfannef  epuivrnude  coriiea,  Jljnienium  laeve  l.  rugtdosum,  pnrno 
vth  paitkUi  teotum,  demum  una  cum  ascis  tenudtus  Jixis  ßtUscens,  Sporidui 
fbnM  0t  mmwro  varut  seeedtaUk.  Aber  der  bonürtigp  UdMimg  ist  ebi 
echwer  zu  unterschddende«  Kennteichen.  Daft  die  Sdiläuche  verschwii^ 
den,  ist  hier  nicht  mehr  der  Fall  als  an  allen  Pezi/enartigen  Pilzen.  Das 
vdum  partiale  kenne  ich  nicht.  Ich  würde  hierher  T.  conspersn  Fr. 
rechnen,  welche  eine  sehr  deutlidie  Unterlage  hat,  worauf  die  Frucht-. 
beUÜter  mit  einander  Terbunden  stehen.  Die  Haufen  dringen  unier 
der  Obeibant  der  Binde  berror,  «wosanf  de  wacbaen:  Zn  dätst»  eo 
hMtimmtea  Gaicnng  g^ieren  aadi  Ceaangiiim  I&u  -  Ft»  (P«aa  Mi* 
fem  Pan.)» 


I7i 


Li  ■  K 


Cenangium  Fr.  Eine  «ehr  ziuanunengesetae  Gattung,  welche  Fries 
durch  den  anders  gefädMcAiUabmug  ua|«lidMHdet|  4m  Luiere  ist  näm^ 
lieh  weifs,  daa  AfloAeie  tdtKVMS.  Die  erste  Ahthdlung  Sekrodufü  Fr, 
niBcfat  umticliig  eine  Lcsoudere  Gattung  au»,  -  weMiQ-  «ich  dadurdi  un« 
tendietdet,  dafs  viele  Fruditbehälter  beim  ersten  Hervorbrechen  einen 
Körper  ammacben.  Daher  möchte  ich  Coenangiwn  sagen,  denn  C<y- 
nangiimi  von  tiiuem  leereu  Gciafs  hergenommen,  ist  unpaasend.  Die 
ScÜäudie  sind  von  einem  schwanen  Ud>ersa^  -wie  PtOiMtna  urnge« 
ben,  dpcli  dad  sie  iveislidi  nidie  Inrann,  wie  dorc,  und  entwickdn  sidi 
mit  denk  Alter. 

Trj^Udaim  koBUnt  allerdings  Coenangium  nahe,  mufs  aber  doch 
imtersrbieden  werden.  Oft  iheilt  sich  ein  Fruchtbehälier  in  zwei;  ge- 
wuhniicU  entsteht  abei*  nur  der  Anfang  einer  Theilung,  welches  sich 
durch  eine  eihabcne  Falte  auf  der  Oberfläche  zeigt.  Der  üeberzug  iat 
wA-nttn,  des  Lmere  ifflib  md  die  Sddüiidke  etttwidudn  sich  denn.  Zup 
weilen  aoUiigt  sich  der  Ucbemig-  so  hemm  deis  der  Pik  im  Innern 
schwarkömig  ewiieint.  Uniei'  der  Schlauchscbidit  ist  oft  ein  gelidicfaffr 
Kern,  die  eingewachsene  Unterlagie.  Die  Abilidlnsig  CUtkru  «ron  Ccnen- 
gümi  Fr.  i^ehurt  hierher. 

Schisoxjrlon  sieht  TijbUdäun  am  nächsten ,  aber  die  Fruchtbe- 
faiher  theilen  sidi  nidtt,  sdadem  die  Srhahenheiten  des  Fhichih»> 
hülters  stellen  die  Anfinge  nnn«>:Firndkihsfaiiker  der.  In  fihngens  »ar 
Abänderung  von  Ledde»  iiyma  nnd  leigt  wie  nahe  die  Pike-  den  Fled^ 
len  stehen. 

Phacidhtm  gehört  hierher.  Die  \  on  dt  i  Si  hlaucbsubsianz  gans 
venchiedene,  aufsere,  veriiüiiite,  auisprmgende  Ijmgebuug  wacht  das 
HraptLeaaaeiebctt,  sie  mag  in  «ehr  oder  weniger  Lappen}  oder  gst 
Bidii  serreilMn. .  ffjrOarwm  fiMmMian  ist  hieilMr  ml  redincn,  wons 
Man  es  £U  keiner  besunderen  Gattung  erhdMB  will» 

Stic  t/s ;  Spluiembolus  Tode  ist  gewifs  des  sonderbaren  Randes 
^n  8U  trennen,  der  eine  wahre  äufserc  Hi'ille  biWft. 

£xcipuia.  Hierher  würde  ich  uur  die  i^ezizen  und  üysLencnarugeu 
Mae  wichnea,  in  weichen  man  Jaine  SchMnchff  entdeckt  hat,  Sie  s»* 
hfiren  m  der.Reih«  3^, 

Die  Foim  1  iSb*.  4*  i  ^  H-  1/ 7      ist  nicht  Toriianden. 


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Entwurf  emM  p^rlobgbdit»  Pßaiamsystans.  175 


•i.    '.  ya.    2Str.  +  iF-^  1/^  l  Sp. 

Die' Unterlage  ^ ui>  < daiiilMh  entwid^,  aber  noch  tod  unbe- 
•linimter  'GtMak>  geitölnftiiiliem  Stai  iufterlich  wifgoftnitiai 
FrudttLömem . 

Trichostroma.  Ein  brasilianischer  Pilz,  die  Unterlage  floclig  aber 
mit  steifen  unge^edfiirien  ^'w DemaUmn.  DieEtuch^nier  oben 

dick  aufge8U*eut. 

'  Conüf^hnt  IhCaitd*  Die  .Unterlage  schwammig  von  dichtem  Gevre- 
1m9i.  IKe  AnditkütiMr  oben  fein  aufgestreut. 

Sarcopodium  Ehrenb.  Die  Unterlage  ichiieMmig,  die  Fmcfatköraer 
ling^ch  mit  Qncrweiiden,  festgewachsen. 

Gjmnosi>omngiuni.  Die  Unterlage  gallertutig  trie  Trau^laf  Fincbtp 
kömer  wie  Pucdnia  fest  aufgewaciisen. 

Tjphodium  (Sphaeria  tjphma  Pen.).  Eine  sonderbare  Form.  Die 
Mbwamnigte  VDieilege'  het  mndlicbe  Erhdhiiiigai,  «eldie  mit  Fmdit- 
lUmiem  bedeckt  lind.' 

Vm,    2Str.  4-         +  1/+  2Sp. 

Die  Frucbtkörner  sind  in  der  ileutliclieB  unbestimmt  gestalietea 
Unterlage  innerlich  zersireot. 

Aeufserlich  verkohlt  ist  der  Fruchtbehalter  in  LeptostromOf  WOTIB 
imii  keiae  Praditk6nier  etltennen  kean;  Sderotktm  dessen  Gestalt  «ich 
einer  bestimmten  nlhert;  doch  m  Sda/rmiktm  SBmem  imd  ceniftauMm 
ganz  atuzuschliefsen ;  Rliytisma  Fr.^  dem  Sclerotiiun  nahe  verwandt,  un- 
terscheidet sich  von  Po/j  sligma  durcli  den  IMangcl  an  Schlauchen.  Coc- 
copleuni  ]iJirenh.  ebenfalls,  doch  sind  die  Fiuchtkürncr  deutlicher,  ge- 
häufter als  in  Scleroüum;  Schizoderma  Elmnb.  nähert  sich  der  bestimm- 
len  Gestalt  nnd  be|preift  die  ffj  stena  Pr.  ohne  SeUSnche;  Emif^Fr. 
nhert  tich'  der  heaiimmien  Gestalt  'von  JPgana,  ist  eher  ohne  Schlflbcbo» 
daher  gehören'  nicht  alle  £xctpidae  Fr.  hierher ;  Xflo^'lossum  eine  son- 
derhüre  Gailling  Ton  einer  Gcsiali  welche  sick  Chtvaria  nihert,  auch 
ial  ein  wahrer  Sprofsiheil  vorhanden. 

Mit  schwammiger  Unterlage.  Hjmeneila  Fr.  vielleicht  der  Anfang 
einciMUldsm  KIms.  UypocknmtFf,  vielleicht  nnvoOkommen»  Thelepho- 
Nn.  ^wkmiAmw  hat  eine  ftsi  bestimmte  Gesielt.  Der  Name  ist  alt,  nnd 
ExUia      igt  keine      henaunnle  Oattnng. 


176 


Ii  I  ■  K 


Mit  gallertartiger  Unterlage.  Coccosphaerilonf  Aüosphaeriwn,  'wohia 
Bhiioclonia  muscorum  Fr.  gehört.  TVmmU»,  Enctphalusm,  (der  N«ine  ist 
'  fdiladit,  ■ber  IfemaleBa  F^»  ist  ausht  Iwtaei),  DaetyomyaeMy  DaaytUum, 
Jgjrnumf  leotere«  kenne  ich  nidtt. 

Ich  setze  Schwammig  dem  Verkohlt  entgegen.  Die  galterurtige 
Unterlage  hesteht  gröTstenilieil«;  aus  weicheo,.  sehr  ungteicheo«  rnndi 
liehen  Zellen,  mit  wenigen  Tascrzellen.  ■  - 

Die  Verbindang  dw  luiliMttiiiAt  gestalteten  UmsdAg»  mSx  emem 
beMmdem  Fmchtbebäller,  weldier  die  Fi-aditkStner  dntcUsdst  (^ZS^) 
ist  mir  nicht  Yorgekomment  «od»  atcht  mit  einenL  maaniinengeMlen. 
FruchthduUior  = 

IX.    2Slr.  +  \  F  -k-  if  SSp. 
Die  deutliche  Unterlage  von  unbestimmter  Gestalt  mit  einem  Fruchl- 
behfilter,  welcher  Schlauche  enthalt. 

.  ISßtAet  ySaSat  die  Gattung  ^Aatri»,  welche  aUeia  eine  gnue  Fa- 
milie efwmimmL  Ea  itt  daher  wohl  zweckmilsig,  davon  zu  trennen  was 
sich  trennen  lafst.  Zuerst  lassen  sich  die  in  andere  Reihen  gehörigen 
Gattungen  wobl  sondern,  Conljrliaj  Hjpoxyhn,  Pnronia.  Dann  könnte 
man  die  mit  einer  haarigen  Unterlage  trennen,  obgleich  die  Gattung  in 
lUe  baarigen  Sphärien  übergeht.  Sphaeria  ovina  und  ckionea  unterschei- 
den «ich.  von  den  ^rigen  dnrdi  ihre  «cbwamaiige  nieht  •▼erkohlte  Be- 
fdufGanbeit  und  ihre  grolsen  Scklinehe.  Ich  urfirde  sie  Megatheaum 
nennen.  Die  Pezizenartigen  ^ihärien  mit  nicht  verkobltem  Fruchtbe- 
halter  welcher  becherförmig  einsinkt,  dessen  Schläuche  bedetilend  jj^roTs 
sind,  nämlich :  Sph.  Pezis^,  episplmeriaf  könnten  vielleicht  auch  gesondert 
werden*  Aber  eine  sehr  gute  Gattung  würden  die  Spbarien  machen, 
deren  Fniehtbdialler  oben  abspringen  (circuamk»)*  Mw)iom»*  Auch 
möchte  Depazea  WO  der  Sproliidieü  dordh  einen  Ffedcen  in  der  FAuie, 
worauf  die  Sphärle  wächst ,  dai^;estellt  wird ,  wohl  au  trennen  seyiu 
Endlich  können  r.iuh  die  Spbaricn  {,'K'«innrlprt  werden,  welche  in  der  Qetf- 
ntmg  Flocken,  gleichsam  als  Ueberbletbsel  des  Sprofstbeiles  haben,  s.  B. 
<!^Aa0f1tt  snngw'nea. 

Poljrst^md,  DieM  Gattung  von  DeCaadolle  amfii  wieder  bflrge> 
stellt  und  von  Dothidea  Fr,  getrennt  werden«  Sie  untendiaidet  sieb 
leicht  rwt.  Sf4umut  dadnreh,  daft  die  FkiebtbeMlinr  keine  beMnd^re 


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Sxüvwfenef  pk/iohgiid^  JtfinueiujrUtiiu,  177 


HüUe  (peridium)  haben,  midmi  Kern  mit  seinen  Schliudira  von 
«kr  Unterlage  geradem  ungeben  wird.  Von  den  fibrigen  Dothideen 
iit  lie  durch  den  Bau  gehörig  unterschieden. 

So/enan'um  Sprengel  Glonium  Fr.  eine  ausgezeichnete  Gattung. 

Die  Verbindung  der  deutlichen,  unbestimmt  gestalteten  Unterlage  mit 
einem  Fruchtbehälter,  den  die  Schläuche  übei-dehcn,  ist  mir  nicht  bekannt. 

X.  280-.  ^  2F  +  if+  l  Sp. 

Die  Uniedbge  cxlubt  «di  in  einem  rundlichen  Kopf»  mid  ist  mit 
den  nackten  FmdhlLömem  flbetifareat,  oder  iie  sind  duenf  angiewacluett. 

Ueberstreut :  TuierctJanaf  Fusariumf  l^rmosporütmf  Epicocctun. 

Aegertla.  Die  Fruchtkömer  liegen  einzeln  und  lentreiU  anC  der 
Unterlage,  nicht  haufenweise,  wie  an  den  vorigen. 

Angewachsen:  JExospon'um,  Corjmeum,  Seirülium. 

lyjtiodkim  (S^diaeria  tjpfuna)  ein«  susemmei^metMe  Form.  Die 
ünteilsge  isi  schi?emnii§»  unbesümmt,  erhdil  iicli  enf  der  Ober- 
fläche in  kleinen  rundlichen  Erhabenheiten»  «eiche  mit  Fmchikömem 
dirhi  bedeckt  sind,  yne  Dermotpormm,  Ist  slao  von  ^thaeria  «ehr  nn- 
lersciiieden. 

Höhere  Formen  des  FrucbtbehäUers  in  dieser  Verbindung  mangeln. 

XI.  2Älr. -I- 3F+  1 

Die  UngUdie,  iLenlenförmi'gie  oder  Gaiwien-Unterlafe  hat  nacLte, 
«mfllcgende  Fruchikörner.    Hierher  g^hAren  Uaria  und  Ceraüum. 

-f-  if  +  2Sp.  Die  T^nipilnrie  ist  z«rt,  gröfstentheils  flockigi  die 
Fruchtkörner  schcint^n  ihr  eingestreut  zu  seyn.  Solem'n. 

+  if  +  äSp.  Em  deutlicher  Frucbibehiilier  mit  Kümern.  StMwn. 
Des  nähre  Kemneidien  dieser  Gattung  liegt  in  dem  snerst  flüssigen 
IWachibehiltcr.  Sie  steht  also  awisehen  dieser  vnd  der  Torigen  Ilnteü- 
ordnnng  in  der  Mitte. 

-+-  2  /'-t-  1  Sp.  Die  Unterlage  Kf'srelu  ganz  aus  gleichlaufenden  Fa- 
Sertellen  mit  wenigen  rundlichen  ZcHi  n  :  Periconin  und  Coplutiotrichum. 
Letztere  bat  an  der  öpiize  der  Unterlage  einen  Haarbüschel  mit  Frucht- 
hSmem  bmtreot»  und  ist  gleidimm  eine.  T^ehia  ohne  Fmchthflllft 
(^fdätns),  doch  scheint  ve  nldit  flussig  in  entstehen. 

+  2/-f-  5.^.  Chonhi^ilum  Toda,  Ist  in  der  folgenden  Reihe  nocb 
einmal  aufzuführen. 

Phjs,  Klasse  1824.  Z 


XU.    2Slr.  +        +  If  +  5^ 
Die  itüge  Unterlage  bringt  Spbiäfiaiartige  FiWffhdkhSltar  hervor 
«K  dm  8oaderi»ren  7%aiuiomps«t» 

+  2/  +  6  Sp.  Chordostyltan  Tod»,  Hierher  die  Spharien  mit  dfin* 

nen,  fadenförmigen,  glatten,  MÜgen,  selten  einfachen  Stielen.  Der 
Name  von  Tode  ist  der  älteste  von  den  vielen,  welche  man  dieser  Gat- 
tung gegeben  hat,  obwohl  Tode  unter  dieselbe  allerlei  Gestaliea  braciite, 
ifddie  nicht  dahin  gdioren,  und  die  F^rochdiehilter  dgentlidi  nicht 
hennte. 

-H  3y-f-  7t^?  Rhizomorpha.  Die  K5mer,  welche  Herr  Eschweiler 
in  den  Anschwellungen  der  Unterlage  entdeckt  hm,  scheinen  mir  Kpim- 
kömcr.  Ir  !i  2:!;nil>i',  dafs  Pnlissot  de  Beauvois  recht  beobachtete,  als  er 
einen  Fruchtl>chuiier  von  Fotia  (^Hoietus)  daran  sah.  Die  Unterlage  hat 
Udienenhen,  und  ut  an  den  Spiiw  mit  einen  iraihren  flockigen  Sprob- 
th^  heieisi. 

Xm.    +  3  Str. 

W^enn  die  Unterlage  selbst  zum  Fruchtbehaller  wird  ,  kann  von 
ihrer  Gestalt  F  nicht  mehr  die  Rede  seyn,  sonderu  F  verwandelt  sich 
in  Sp.  Der  Bau ist  an  allen  diesen  Pilzen,  soweit  wir  sie  kennen, 
immer  derselbe.  Es  koiamt  also  alles  auf  den  Frachtbehilter  an,  und 
hier  mub  allerdingt  die  «ete  Fotm,  wo  nachte  FruduUmer  auf  der 
Unterlage  sich  befinden,  iregfallen.  Aber  2  Sp.  ist  vorhanden,  wo  die 
Frticliikörner  nicht  lose  zusammen  liegen,  sondern  im  Innern  des  Frucht- 
behiiliers  zerstreut  sind.  Hier  gehören  :  ^»rmomorphia (Sclerotium  Semen) , 
Pjrenium  Tode  weiches  ich  nicht  genau  kenne,  Acinula  Fr.  und  Pe^ 
fiiA$Fn  ebenfalls  nicht,  Acrospvnmm  Tode,  vieUeicht  auch  JlJUiKWttiRib 
muomm,  welche  mir  eher  ungeachtet  aller  Beiner  Bemtibangen  nieht 
m  Gesicht  gekommen  ist.  PaehjrmmF^,  aweifdhaft. 

Etwas  mehr  ausgebildet  ist  Tuber^  welches  runde  Schläuche  (jyo- 
rangida)  in  Adern  enthält.  Hieher  g^ört  auch  wol  Bkucffogon  Fr,  und 
Poljgaster  Fr. 

•+-  'S  Sp.  Zusammengehäufte,  lose  Frucbtkomer  sind  in  cineni  Be* 
heller  eingeMhlowen.  Onjgena,  Ljcoperdouj  Bovista,  TViJbwftMw,  ßqjth- 
Moma  (Tiüostonuitquttfhonu»),'  G^sntm»,  CtOadvytm,  eine  neue  Oattnng 
Yon  Ehrenherg  in  Nobien  entdeckt,  n.  a*  m. 


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EtOmurf  «wot  ffylebgkikui  ^namwyüam,  179 


Kaan  «i<Mamenge»etiten  gradhtliebatBr  luübcm  die  PkaUotdeii  Cla- 
Iftm»,  Phaäua,  igrmnu  Pt,  Jtetüi  Fr,  «le. .  Mlim  aich  7i^. 

JlHBropfiora,  eine  höcbst  sonderbare  Form;  die  GMUalt  Yon  ^ffiu^ 

aUß  Abäsen  Hitt  in  den  Zustand  eines  Ljcoperdon  zurückgegan||es  WL 

4-  4 Kleitierc  Fi'uchibebält«r  jimeriudb  der.  GrofiMii»  Die 
FruchtLömer  sind  darin  zerstreut. 

NUidanaf  Amsihnim  Fr»  Idi  förchte  sehr,  meine  Endogone  ist 
eine  uaeniwickehe  Nüidaria.  CnrpeMut,  Jinetotebi$7  TkeMolusll 

+  5  Sp.   Innere  Schläuche  «ind  in  einan  Fniclitl»dMlter 

qhiie  Unterlage  nicht  Torhonden. 

+  6  Sp.  Dei-  Fruchtbehülter  i«t  gms  oder  an  der  Spitae  out 
Schlauchen  übersogen. 

Stktüf  wovon  ^haerabobu  Tod,  zu  unterscheiden  ist,  Peztia,  As- 
eoiebtt,  Ba^Bria  jPr.  ist  woU  anr  durd»  Awwerfen  der  VratkOOnm 
TOB  Asaa  TencbladeB»  (O^Aaffit  ,k«ne  ich  nadit)  X^rau^  Fit*  «t». 

G^soglossiun,  Ditiola  Fr.  Leotia,  VSkrima,  Fir.  ^mtutßfi»,  Mitmla, 
Mdvellaf  f^erpa  Fr.  MnrcfiyNa,  etc. 

Theiephontj  Stereum^  Merismuj  Ciavaria. 

+  ']Sp.  Die  Schläuche  (tlu!cae)  sitzen  atif  besondem  Theilen  des 
FmcbdMhiken  selbst^  z.  B.  wddieD  Sukchebt  -RSbren^  fiUttem.  In 
jeder  dieMr  Gattung  iet  dendick  beeeidinct*  ine  bei  der  Beständigkeit 

des  einen  Theils  jeder  andere  Mine  Reihe  durchläuft.  So  hilt  der  dicht« 
gewebte  Sprofstlieil,  der  nun  den  FnicJitbrlialter  vorstellt,  einige  weiche 
SlacUeln,  Würm  die  Schläuche  siaen;  dann  krümmt  er  sich  an  einer 
Seite  um,  und  ist  ein  seitwärts  angehefteter  Pikj  dann  verlängert  sich 
der  Stiel,  und  endlieh  i««^  der  FrachibehSlter  «nf  die  Hiue  dee  Stieb 
ab  ein  Kit.  So  heiielA  jede  Gatrang  ana  mdiretai  aoklifln  Sipp- 
idiaften. 

Hrftnunif  Sistolrenia,  Daedalea,  Fistulana,  Poiyftonu,  Boletus,  ete, 
Xy  lophaguSf  Mcru/ins,  Srluzophflhts,  Copn'nuSf  AgaricuSf  Amanita.  Mit 
dieser  Gattung  eudigi  sich  die  Ileibe  der  Pilze  sdir  schroiT,  tind  hart 
ebgeeetu  gegen  die  übrige  Naior. 

J&t  iit  ednnsr  dieae  Reihen  in  natarUdie' Familien  «u  verwandebi. 
Die  Unterschiede  zwischen  der  nur  angodeuteten  und  wirklieb  entmk- 
kdten  Unterbge  sind  acbwer  an  hmta,  und  wo  die  Unterlage  iid>  w 

Z  2 


X  I  H  K 


den  I'rudubehäiter  verwandell,  Terechwinden  die  Kennzeichen  von  üu" 
hemeaommai  fras  und  ga.  D»  die  Untarlage  MÜMt  idur  imbattimait 
ondteint,  so  mab  diese*  «acli  in  ROeluidit  md  ihre  Gestalt  und  ihren 
iniicrn  Bau  seyii.  Wir  mfissen  slso  die  R«iih«i  umkehren  unil  den 
FrucLibchalter  zum  ersten  Clicc^e  machen»  dann  werden  wir  wenignens 
genau  bestimmte  Familten  erhallen. 

I.  Die  Fruchikuruer  sind  äuiserlich  auf  eine  Unterlage  auf^ge- 
streut,  oder  «n&eilidi  angewachsen,  (i  Sp.)  Epiphjti.  Diese  Fvaitie  eni^ 
hSlt  die  Anfinge  vieler  andern  Familien.  Kleinere  Banfen  sind.  1)  Vm- 
dmm,  wo  die  Fruchikömer  auf  lebendigen  Pflanzen  ohne  bedeuieilde 
enfwickehe  Unterlage  hervorkommen:  Caeoma ^  Croiutritum ,  Spilocaeay 
SjJorLsiinum ,  S^ptaria ,  Triphraginium  j  Puccinia,  Phmgmidium.  2)  6'///- 
bosporeij  wo  die  Fruchtkörner  auf  trockenen  PflanEentheilen  ohne  entwik- 
hdte  Unterlage  herroifcomm«!:  Cryptosporiunij  Fusidium,  Jljpodenmm, 
MdaneonAm,  JXdjrmo^mnim/Sl^o^foiv,  Phoma,  JSMamowium*  3)  21«- 
beretdanact  i ,  wo  die  Fruchtkömer  auf  einer  gewölbten  UnteHage  lose 
aufliegen:  Tuhcrcularia,  Fusarium y  Aegeritay  Dcnnosporium ,  Epicnccttm. 
4)  Isanaceij  wo  die  Fruchtkörner  auf  einer  Clavarien- Unterlage  lose 
aufli^en:  Isaria ^  Cemämt.  ö)  Exosporeif  wo  die  Fruchlköi'ner  auf 
einer  T«riLoblten  Untolage  tnl^twMhaen  sind:  S^andnmiam,  JSaroijpo- 
riumf  CorfneiUHf  Semdäim.  6)  'Ptiecaniutnj  wo  die  PncdnieiMirtigen 
Fruchtkörnei*  auf  einer  gallertartigen  Untedage  angewachsen  sind :  Po- 
(iisonui^  Gj  mnosporangium.  Als  einzelne  Gattungen  —  Anfänge  von  Fami- 
lien —  sieben:  Myjcos/xiriitm,  eine  verstümmelte  C/tospora;  Conisporium 
zweifelhaft;  Coniophora  eine  unentwickelte  Thelep/tomj  Tjphodium  eine 
meniwickelle  ^ihaeriaj  Pendamd  dne  wnoÜimdei0  Amotuta,  C^ha- 
htriehum  eine  utaToUendeie  TViDhut,  Chranmtatm  ein  «usgdifldeies 
Dematium. 

II.  Die  Frachtkörner  liegen  innerhalb  der  nicht  gallerlarligen  Un- 
lei  lage,  oder  des  Fintel) thehalters  zerstrenl.  (2  Sp.)  Sclerotiaceae :  Spfuie- 
iio//wipiiiwn,  Coccopleum,  S//erniomorphiurn,  ElpidopfiOra,  Sclerotium^  Ex- 
cipulüj  Sehisodemia,  IVtj  tisma,  Leptostroma.  Alle  &ind  nttciitwlck^ 
S|^iiiri«n^  Hysterien^  Fesisen;  jMMuh^  'Xyb^ßo$mm,  Jt^o^emaim  sind 
unientwickelte  Qavarien,  Ifypoehhttstmß  unentwiekdie  Itielephoni, 
mMgl&  bleibt  zweifelhaft.  '  ' 


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III.  Die  Frachtkorner  «ind  innerhalb  der  gallertartigen  Unterlage 
•srabMut,  (2^)  Trtmeiloideis  Coeeo^kaeritun,  AUosphacnionj  TremMa, 
EmtfhiUmm,  BmtjomjeBs,  DaajtUum  mA  ntMSitiridLiBltiB  GoHamu, 
flberhanpt  Lichenosae;  Amieulana  euM-uncntwi^lte  Thelephora. 

IV.  Die  Fruchtlorner  sind  innerhalb  eines  Fnichibehälters  ge- 
häuft (ZSp.).  Man  kann  hierher  auch  die  Form  A  Sp.  rechnen,  wo  der 
Fruchtbehälter  Schlauche  voll  Fruchtkörner  enihali.  Gaslromj  cctes. 
Auch  diete  Familie  ist  ans  ndireren  Ueineni  ftiuf«!!  atuammengesetst. 
I)  Dimidiaiu  JX/e  Fmchlkönier  liegm  auf  einÄr  mebr  oder  weniger 
deutlichen  Unterlege  und  sind  nur  mit  der  Fnicfathülle  (pcridäm) 
bedeckt-  Pnisüiemium ,  /irfinf.tJiyri'um ,  Leptothyrium.  2)  Mehrere  ein- 
zeln siehende  GatUmgen  müssen  liier  aufgefiilirt  werden :  Taphrta  ein 
innerlich  ausgebildetes  Cncomaj  A piosporium  ein  innerlich  ausge- 
bildetes Sf>oriietim»mi ,  rjicnxK^wum  eine  nneusgebildete  Sphärie^  Sit^ 
jjw  efaenfells  eine  nicht  -röUig  entwidLdte  Spbirie,  ChaeHamkm  ein 
innerlich  ausgebildcri  s  T' xospomm»  3)  Kleine  zusammenstellende  Fracht- 
behälter ,  welche  die  FiuchlkÖmer  in  eine  Gallerte  gehüllt  auswer- 
fen: IS eiiKiaporei.  Hierher  Cjrlospora,  SpJtaemnemn .  4)  Kleine  zu- 
sammenstehende Fruchibehaltei-;  die  Fruchüiüllc  eine  zarte  Membran. 
Sporigastrei:  Sporigaslnwif  Spfiaeropleum ,  Botr^dium,  Poljangiump 
Ampki^tmmm,  Dkhoipaiwm,  6)  Der  FrachtbehKiter '  ist  niMt  floMig- 
Stiliacei.  Die  Gettang  St^um  kenn  nach  der  Beschaflenhcit  der  Un- 
terlauf» in  mehrere  getheilt  »Verden.  6)  Lycoperdei.  Die  Fruchtbehäl- 
ter stehen  einzeln  ohne  Unterlage;  die  Fiiichihülle  ist  aus  Faseru  und 
rundlichen  Zeilen  deutlich  zusanunengevvebt:  Onj-gfiiUf  Ljcapcrdorif  Bo* 
pitUtf  Sekarodermm,  TVUaaotna,  Dip/ostrmta,  Geastrum,  Calachj  on.  7)  Cjn^ 
thoid^i,  Fradttbehaker  lind  ▼ob  endem  nm^ben^  ßfiihUarm,  JrteknkM, 
8)  Carpobolei.  Der  innere  Fruchtbehälter  wird  von  dem  äufscren 
heratisgeschnclh:  Carpnlolus.  9)  Tubcracci.  Die  Fnichtkömer  «txen 
in  Ädern.     Tubcr  et  nffhi.    10)  Asleropitom  s'ehr  allein, 

V.  Der  Frucliibehälier  umschliefst  8cbiiiuche,  Sphaeriaceii 
Deptmt»,  PmUdariaj  MegatkeeMom,  Po/jrstignu>,  Triel»«miia,  Sphaeriay 
Sbluutrüan,  Potäma,  Hjrpoxyimy  Confyik,  Ckärdoäyhmy  Tkamnangreti*  "■ 

VI.  Der  l^ruchtbebälter  ist  mit  Schlauchen  bedeckt.  Sareomjr- 
1)  Mit  'grdMa  SchGiadMl»  niut  indir  oder  weniger  becfaerföi^ 


183  L  I  K  K 


miger  Gestalt.  Peuimüidtit  SAtis,  Sphaanbobu  Tod.  Pausa,  Jscobo- 
hu,  Bidgaria,  Bkauua,  3)  MU  pofim  SchUnchm  md  dma  geeon- 
denen- Stiel.  Helvellacei:  Ditiola,  Leotia,  VibrUsea,  Spatxäana,  Mi- 
tnda,  HelveUa,  Verpa,  MorcheUa.  3)  Mit  grofsen  Schlauchen  und  keulen- 
förmiger Gestalt:  Geoglossei,  Geoglossu/n.  4)  Mit  kleinen  Schläuchen 
und  üacher  Gesuli.  Thelephorei:  Thelephora,  Steivuni.  5)  Mit  klei- 
nen Schläuchen  und  mehr  oder  weniger  erbfilktmr  Gestalt.  Clavariacei: 

YIL  Die  IVnchtkönier  sind  in  einen  Schleim  gehüllt,  befinden 
lidi  auf  einem  besondem  Tliailie  intteriudb  dm  Fhicktbcliilten,  PkaU 
ioidei:  Phallus  et  äff. 

Yin.  Die  Schläuche  befinden  sich  an  hesondem  Theilen  tuid  die- 
ser wird  von  dem  Fruchtbehälter  getragen.  Agaricini:  Hjdnum  etc.  v.s. 

O.  2.  Lichenes. 

Der  Sprofstheil  ist  r;einmenariig  oder  blattartig. 

Es  ist  durch  die  neueren  üniei'suchungen  der  Heri^  G.  F.  W. 
Mejrer  und  Wallroth  aufser  allen  Zweifel  gesetzt  worden,  nicht  nur, 
dais  die  krostenförmige  Gestalt  des  Sprofstheik  eine  unentwideüe  Mattp- 
fönnige  ist,  sondern  auch,  dab  in  einer  und  derselben  Art,  Yerwande- 
lung  dieser  Gestalten  in  einander  Statt  findet.  Wir  wollen  daher  von  die> 
ser  Verschiedenheit  für  die  Unterabtheilungen  keinen  Gebrauch  machen, 
zumal  da  die  Verknüpfungen  dieser  Formen  schon  oben  dargestellt  sind. 
Auch  die  übrigen  Verschiedenheiten  des  Sprofstheils,  welche  auf  Man* 
gal  und  UdMiflnla  bemlmt'  VJSmma  hi«r  nidxt  in  Belndtt  konunaD. 
Der  tonderbii«  Ban  der  Gattung  Usaea,  da  er  nur  «n  einigen  Arten 
Statt  findet,  darf  bietr  ebenfalls  vemaoUabigt  imdmk» 

Aher  es  scheint  mir  zu  weit  gfgani^en,  wenn  man  die  Verschie- 
denheilen des  S})rofsiheils  auch  aus  den  Kennreichen  der  (Jatiungen  aus- 
•chlielsen  will.  Dean  wie  will  man  die  Gattung  f^errucaria  voa  •^fßhaeria, 
oder  Pmim«,  hmnkst  Pßidknt  Piitß  tfln  Lmit»  DnWadMwfan.  wo» 
man  nicht  den  |5}ira6theil  in  HÜfia  ni^t?  Ja  flebt  es  ein  Kcu». 
zeichen,  wodurch  man  die  Lichenen  überhaupt  von  den  Pilzen  unt«^ 
scheiden  kann,  anfiwr  der  Besohaffenbeit  des^SprofstlMils?  Wir  nüMeniiet 


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Entwurf  eines  phjtoiogaehen  Pfiansens/stemt.  183 


der  licgel  bleiben:  was  besuindig  i&L,  ktuan  ein  uaterscheidendes  Merk- 
mai l'üi'  dio  Gauungen  gebm. 

D«r  Fruc^ibeUOtcr  ttiuiut  «vf  tSn»  mbe  niAIlcnde  Wei#e  mit 
dem  nnchtbebiatflr  dar  Pike  iOmtin,  md  dnrdiliuft  dJeadbe^Reiim 
mit  dem  einzigen  Unteitdiiede«  defii  in  der  Folge  der  Lichenen  ei- 
nige Zwischenstufen  fehlen.  Wir  haben  nnr  drei  Hauptsiufen  in  der 
Reihe  der  Lichenen:  1)  Fruchtbehälier,  worin  die  Fruchtkorm  r  rnthal- 
ten  sind,  ohne  in  Schlauche  (ütecae)  eingeschlossen  zu  scjn  =  -iSp. 
der  Pilse;  2)  Fraehtibehiater,  weldi»  die  SdUlncSie  eimdblieilMn»  s  6 
der  PÜse,  3)  Fraditlidiilter,  welche  Ton  ocilUinclMn  fibenogen  sind, 
s  6^.  der  Pike.  Wir  Lönnen  also  gei«dem  die  drei  Mcycrischen 
Unterordnungen  hier  nTifnohmcn,  da  et  Vot  dio  Bxlhe  der  fiüduilgen 
des  Fruchtbehälters  allein  ankommt. 

Zuvor  jedoch  über  einige  Gauungen,  welche  an  sich,  oder  in  Rück- 
tieiit  amf  ihre  Stellung,  sweifiühaft  nnd.  Die  Geuung  Leprarin  tat  den 
Pilaan  ^eieh  m  eetien,  wddie  häat  Phubtibebilier,  tondero  nnr  Keinh 
kÖmei'  tragen.  Die  Uebereinstimmung  geht  so  weit,  dafs  ich  Lepraria 
laiebiarum  und  chlorina  zu  S/>omtrichum  gebracht  habe;  der  Bau  ist  völlig 
derselbe  und  allerdings  von  dem  Baue  der  flava  Ycrschieden;  dort  ge- 
gliederte Faden,  hier  unregelmafsig  gehäufte  und  gebildete  Kömer.  Nach 
Fbeiie  V/l  Z.  Attefirwnun  eine  ansgdbleichte  £.  Marina, 

Ton  den  Geltungen  Spt^ma,  Imäaun  nnd  Fönb/ofw  heben  nni 
die  Herren  Mejer  und  Wallroth  befreiet.  Es  ist  ohne  allen  Zweifel, 
und  zuweilen  sehr  deutlich  wahrzunehmen  >  dafs  die  Variolarien  verän- 
derte Purinen  oder  Parmelien  Äind.  Aber  die  Art  der  Veränderung 
scheint  mir  nicht  die  von  jenen  Untersuchem  angegebene.  Die  wahren 
Keimkömer  der  Lichenen,  welche  an  bestimmten  Orten  herrorkimunen, 
s.  B.  en  der  SUtia  wmomin  AA,  jSU  nmtumji*  tt^nmlina  Jarinacea  Aiik, 
finde  ich  immer  unter  dem  BEkrockap  swar  klein»  eher  doch  bd  wei- 
tem grSfser,  deudicher  gerandet  und  |^chfdrmiger,  als  die  Kömer, 
wehho  auf  dem  Variolarien  hervorkommen.  Diese  gleichen  völlig  den 
Leprai-ien.  Ich  kann  daher  nicht  umhin,  diese  Kömermasse  für  parasi- 
liscfae  Leprarien  zu  halten,  welcLe  die  Flechten  eben  so  zerstören,  wie 
der  Brand  die  ^lieien  Gewiidieei  oder  irill'  mim  nodi  eine  nähere 
Teri^eicfanng  heben,  ein  Septätmiam  dl«  grtÜMm  Pflae.  So  Uftt  neU 


184 


L  I  ■  K 


die  sonderbare,  und  doch  äufserst  häufig  Torkommende  Veränderung 
der  Liehenen  «rkliroi,  da  tonsc  die  MonttntdläMii  im  ofguaiadiai  Rndi«. 
viel  idtener  gefbnden  werden.  Benn  hier  ist  nicht  blols  Fehlgdmrt,  son- 
dern wirkliche  Umgestaltung  oder  Monstrosität.  Andh  het  die  Veränderung 

der  Parmclicn,  das  Aufscliwellen ,  die  Etiifarbung  eine  grofse  Aelinlirhkpit 
mit  den  Veränderungen  »1er  Blätter  durch  Rost,  z.B.  der  Hirnhljiicr 
dtu*cli  JRoestelia  canctUuia.  Ich  mochte  drei  Arten  TOn  parasiusciien 
Leprsrien  wilendifliden:  «mtUbh  die  graue  bitlere  Art  mit  etwas  grois»- 
ren  K5nieni,  sweitens  die  weifae,  nnscbmadthafte  Art  mit  Ueineni 
K6nieni,  und  drittens  die  gelbliche  cheafells  nidit  bittere  Axt.  Die 

letitere  bildet  Isidimit  pltymatodcs  Ach. 

Spilonia  verrucostim  Flocrke  ist  ein  parasitischer  Pilz,  Torula  nahe 
verwandt  oder  eine  Art  dieser  Gattung.  Diese  PiUe  kommen  zuweilen 
pacadtiscli  Tor,  wie  TtUvealaim  ThAwßdaria»  ceigt. 

Für  leptaim  ratow  bsibe  ich  ein  Gewiehs  gellen,  wetcbes  nm 
BerÜB  «tt  Tannenbinmen,  an  Bretterzäunen,  wo  sie  feucht  sind,  häufig 
wächst.  Frisch  isi  es  orangefarben,  trocken  gelblich  grün.  Herr  Wall- 
roth bat  davon  umständlich  geredet.  Er  bringt  doliin  Torula  crocea  Mart, 
welche  ich  also  unrichtig  unter  Oidium  in  meiner  Fortsetzung  der  tSywc. 
ji,  TOQ . Willdenow  eoij^ffibrt  hebe,  weil  ich  sie  nicht  get^ieii.  Idt 
weiis  nicht,  ob  ich  dasselbe  Gewächs  TOr  mir  bebe,  weldies  Herr  Well- 
roth  cODUnentirt  bat,  aber  meines  ist  gewifs  nicht  die  Ausgeburt  einer 
Flechte;  dafür  bürgt  der  Bnu,  wie  er  unter  dem  Mikroskop  sich  zeigt. 
Es  besteht  nrimlich  aus  vielen  grofsen  und  kleinen  in  Wasser  aufschwel- 
lenden und  dann  gallertartig  erscheinenden  Bläschen,  welche  sehi'  we- 
nig Aehnlichkeit  mit  den  Krimkömem  der  IJdienen,  xsaA.  dien  so  wenig 
mit  den  Leprarien  haben.  Bs  sieht  Tielmdir  den  TVemellenai'tig^  Pilsen 
nahe,  Coccosphaen'um  oder  AUosphaerium,  und  vermuthlich  gehört  dahin 
der  Pilz,  welcher  den  Schnee  in  Grönbnd  roth  färbt.  Auf  meinen  £x- 
cursionen  um  Berlin  habe  idi  es  den  Zuhörern  als  Coa^phjrsiim  nov» 
Gen.  angegeben. 

Snbordo  1.  Ccnioearpim 

Der  Fruchtbehälter  schliefst  —  vteaigMM  im  Anfange  —  die 
Fmchtkfoxier  obm  Sdiläncfae  (thacae)  an. 


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i 

Caljvitm.  Die  Gattung  Conioeyie  Ut  nicht  gehörig  gesunden..  Bei 
allen  OJjdeD  «ind  «üe  FmchtheliillMr  mit  Kfliiiiküinieni»  -wenigstens  ia 
iar  ht^fiad  äMantmit,  nnd  di«  wihien  FnichtLorner  finden  ridi  nmer- 
bdb  dlier  dkAlMi  zeUigen  Maue.  Cal.  tympanellum  und  albo-atrum  Ft. 
gehören  keineswegs  hicher;  sie  haben  Schlauche  und  C.  tjmpanellum 
deutlich  dopj>elte  Fruchikömer ,  C.  albo-atrum  weniger  deutlich.  3Ian 
könnt«  sie,  wegen  de$  nach  unten  verlängerten  Fruchibeiioltcrs ,  und 
der  grofMB  Iddit  dch  «ondcraden  KSnier  ca  emer  berandeni  G«t- 
tniig  «Kfaeben.  t^^trt  tnäukn  anek  dahin  an  gdiSreB.   Ist  C«l, 

roscidum  ein  aligeinderter  Zosiaad  der  LteUm  ^byrna,  $o  gdtön  es  dien- 
fidls  dahin. 

Siibordo  2.    M)  clocarpi. 

Die  Schläuche  sind  von  dem  Fi-uchtheh;dicr  eingeschlossen. 

ChudeDton^  jtfürocarpiuni,  Poix>phora,  M/coport'umj  Oee^^aria,  Stig- 
nmlidüum,  Famotria^  T^yp^kdiam,  PpvMutnam^  Sl^natuUum,  Bnda- 
carpim.  Oft  üdik  die  Ftnchthfille  (panUuiin),  dann  machen  die  Schlinohe 
einen  Ken* 

S  u  I»  o  r  d  0  3 .    II}  II  im  oeavpi. 

Eine  Schicht  von  Schlauchen  ubci'zieiii  die  i  ruciiibeiiaker. 

Bs  ist  woU  m  merken»  dafs  diese  Gestaltung  sidt  mit  mehr^der 
mri^  nifaert,  als  in  den  Piken.  Die  Spitsen  der  SchlSnAe  sind  durch 
eine  oft  ziemlich  dicke,  gefärbte  Materie  bedeckt,  welche  sie  von  oben 
einschliefst.  Die  Schläuche  enihahfn  oft  noch  andere  Schläuche  (asci)^ 
in  welchen  sich  die  Körner  als  ein  schwarzes  Ptiivpr  befinden,  und  wer- 
den dadurch  den  Schläuchen  der  vorigen  Unterordniuig  »ehr  ahnlich. 
In  Opegrapha  neigen  cidi  die  Rinder  so  nuanunen,  dals  sie  fint  Hyste- 
rien sind.  Man  nmis  dso  die  Griinse  in  der  Ordnung  der  Liehenen 
etwas  anders  sieben,  als  in  der  Ordnung  der  Pilze. 

Cnnininmn.  Die  Gattung  gehört  hicher,  denn  es  sind  walire 
Schläiiclie  (ihecnc)  vorhanden.  Sic  fallen  an  der  Oberfläche  endlich 
zusammen,  und  werden  gleichsam  pulverig,  auch  fallen  die  Körner  in 
Säten  m  einer  puhrerigen  Shssa  insaninien. 

<^>^ppapka  (dieser  ilteste»  Ton  Humboldt  g^gsbcne  Herne,  'ver- 
dient den  Vonng  tw  Cmpkit),  JmAavaa,  Laaeagramma,  Pbajrfftmma, 
Glypliis. 

Pkys.  Kiasse  1824.  Ae 


186 


L  I  H  K 


Gn^thidäm,  la  dner  AUndhiaig  In  SdmderVlI.  Jbam.  d.  Bottb. 
3.Bd.  S.  1.  liabe  ich  die  adir  abweidieDden  asei  you  ZanUb»  «irav»- 

rens  vorgestellt,  abor  nur  nach  einem  Querschnitte,  in  einem  libigB- 
sclinillc  sind  sie  länglich.  Deutliche  thecac  habe  ich  nicht  gese- 
hen ,  und  das  Gewächs  gehört  also  in  Rücksicht  auf  den  innem  Bau 
in  die  Nähe  von  Porof/ftora,  Da  die  Art,  wie  der  Fruchtbebälter  auf 
den  SprofttheU  aufgeseut  ist,  zu  diMBi  SnüeoäKeammAm  dionai  liMun, 
to  raUie  ich,  diew  Fledite  unter  den  mifgMlellteB  Ifoiaen,  ab  Gettung 
zu  sondern.  Denn  jeder  Fmchtbehälter  mdit  mit  dem  inliiitgeBdew 
Slücke  des  Sprofiitbeils  ein  Individuum  aus. 

Urceoiaria.  In  der  erwähnten  Abhandlung  hal>c  ich  die  anfseror- 
dentlich  grofsen  Frucblkörner  dargestellt,  in  der  Meiniui^,  ilaU  sie 
Schlfittdie  (thecac)  seyn  möchten.  Aber  die  inlsenm  fMdlnehe  dnd 
illewUBg»  TQchanden.  Auch  in  U*  cäserae  (öee&te)  Vind  die  B^vehtlLSr« 
n«-  sehr  frole,  oimoU  nicht  to  grob  ab  in  CT.  eamtaiia.  Diese  Flech- 
ten könnten  gar  wohl  in  eine  Gattung  susammengestellt  werden,  deren 
Sprofstbeil  in  Felder  (areas)  zerreifst,  so  dafs  jedes  Feld  einen  oder  meh- 
rere TersenL-te  Fruchtbebälter  enthalt.  Jedes  Feld  macht  mit  seinen 
FrttditlMlidtem  ein  Individuum.  Urcttdant  tengnmf  vnd  -vemendie  find 
«•hte  Zeeonone. 

Lacidea,  Patellaria.  Hätte  Meyer  die  Gattung  Lecidea  mit  dem 
Namen  Pateltaria  belegt,  und  umgekehrt,  so  könnte  man  Patdiaria  Fries 
geradezu  vereinigen.  Denn  dieses  Gewäclis  muf&  doch,  als  wahres  Ver. 
bindungsglied,  sowohl  unter  den  Flechten  als  unter  den  Piken  anfge- 
f&Hurt  werden.  Der  Unterschied  zwischen  Ltddea  and  Paldkuia,  wie 
ihn  Heyer  bettimmt,  het  iehr  mdeadidie  GeKneen. 

Lecidea,  Psonma.  Dfeie  lettlere  Geltung  wird  ganngNU  dnreh 
den  Sprofstheil  ausgezeichnet.  Er  entwidwlft  aich  getrennt  von  dem 
Fruchtbebälter,  und  beide  Theile  sind  von  einander  fnst  unabhängig. 
£r  enthält  statt  der  faserigen  Masse  eine  pulverige,  und  die«e  besteht 
anter  dem  Mikroskop  aus  sehr  ungleichen,  grofsen  und  kleinen,  lom 
Zellen.  Hiefaer  gehonn  Psonmm  dtdpiens,  btmemm,  kiriimm  und  w 
wasdte  Arten. 

Gjrrophora.  Wenn  auch  in  den  Fruchtbebältem  kein  Gattungs- 
kennteicben  liegt,  so  findet  man  es  doch  in  dem  SproCuheilef  der  nnr 


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•US  dem  Uebenu^e  besteht,  und  icinen  faserigoi  oder  palverigeii  Mit- 
«dthefl  cndiiau 

laeanan.  Es  ist  sJMings  riditig,  dsls  der  Uatiariige  SprolsilMa 
nimtwicksh  ddcn  genurnttBrugen  oder  krustenfömiigpD  darsuilu  Abor 

man  erliennt  einen  solchen  Sprofsilieil  selir  Lald,  mag  er  nun  eine  wirk- 
liche Frachtbildung  wie  die  Variolarien  zeigen,  oder  ein  Mangel  an 
Entwickclung  seyn,  wie  wir  die  Pamtelm  parietina  in  den  jugendlichen 
Ztatindan  fis^a.  Die  Gettung  Leeemtm  baa  «bo  redit  -woU  getrennt 
irerden,  wenn  nuoi  die  Tertoderlidieii  GeslsluuigeB  des  krusuttforaugen 
^praftthflOs  aniscblielst.  Den  Uebergang  der  Lecidea  auranV'uca  in  Par- 
meli'n  parietina  habe  ich  oft  beobachtet.  Es  wird  der  Rand  der  Frucht» 
behäller  heller,  schwillt  an,  und  wächst  zur  blattartigen  Gestalt  au». 
So  deutlich  dieses  auch  ist,  so  bleiben  mir  doch  noch  Zweifel,  ob  nicht 
dm  pansitiscber  Znstsimd  luer  linsclien  kSaine.  Ptvmdm  pviHum  dringt 
ans  dem  Innern  der  Barem  temUa  bertor,  und  Terwichst  mit  ihr  so 
sehr,  dals  man  gewifs  behaupten  würde,  eine  Art  verwuidcle  sich  in 
die  andre ,  wenn  nidii  übrigens  beide  Gestellea  su  sdur  tob  einender 
Terscbieden  wären. 

ParmeUa.  Diese  Gattung  hat  drei  Abtheilungen:  Piacoätum, 
WO  du  Innere  des  Sprofetbeils  wie  an  Psonma  bescbafien  ist,  mir  mUr 
■wickdlt  eich  der  FradttbehÜter  auf  die  gewSbalicbe  Weise;  Parm^li», 
Ton  gewöhnlicher  Bildong  des  Sprofstheils ,  obae  Wornlzasem,  doch 
angewachsen;  und  Borrera,  mit  Wurzebasern.  Die  meisten  Arten 
gehören  zu  der  letzten  Ahtlieilung.  Meyer  und  Wallroth  haben  sehr 
treffend  das  V'erwandiungsspiel  der  Borrem  tenelia  gezeigt.  Hier  ist  alles 
deutlich  ohne  Verdacht  einer  parasitischen  Veränderung.  Wenn  man 
auch  diese  Ablbeilnng^  nidit  tiennak  ynS^  ee  kann  man  doeb  die  fiolU 
genden  unbedenUicb  m  eigenen  Gattungen  machen.  Euernia.  Der 
Sprofstbeil  nur  in  der  Milte  angewacfasen«  sonst  nicdorhegend,  mit  einer 
obem  und  untern  Seite  ohne  Wurzelzasem.  Hieher  Liehen  furfumceuSf 
glattem  u.  8.  w.  Cetraria.  Der  Sprofstheil  ist  an  der  lksis  in  die  Erde 
eingewachsen,  oder  in  der  Milte  angewachsen  ohne  Wurzelzasem,  mit 
amn  i^din  Sdien.  Hieher  C.  uhnÜM,  wala,  euaiäaia,  tfu^ima, 
iuh^fenaa  u.  s.  w.  avcib  Ccrmadtna  «eufeete.  Mamalima:  eine  scbildföi^ 
mige  Wund.  Bieber  R,fimaemea,  pupvima,  pofymotpha,  Prunastri  v.s*  w. 

Aa  2 


188 


L  I  ir  K 


Comiculaiia.  Eine  schildförmige  Wurzel,  und  runde  Sprolstheil- 
zweigc.  Hieher  C.  trisUs  und  Roccella.  Ich  besitze  Parmelia  stj-^a  mil 
aoigewachsener  C*  bmatn,  vom  Bant,  and  babe  dieie  inuner  Äir  pu«F 
iiüaeb  gelMli«ii,  doch  ttell«  ich  die  S«die  anheiin. 

Sticta.  Die  beiden  Aiten  pubaonaria  und  %>errucaria  haben 
(lurohrms  keine  wahren  Cyphellen,  auch  ist  der  Bau  des  Fruchibebälter» 
anders j  als  an  ^SV.  aumta,  wo  er,  wie  gewöhnlich,  sich  vei'hält.  Beide 
'WÜi'de  ich  daher  unter  dem  Namen  Lohaiia  trennen. 

P^ttdt».  Die  Gettnn^iVIqDiArama  und&i&wnM  titid  nicht m  tminen. 

Cemontjregf  oder,  ^e  Meyer  richtig  iagt,  bewer  CiadoiiM» 

Sphaerophonis.  In  der  oben  angeführten  Abhandlung  in  S(£c«» 
ders  Journal  habe  ich  gezeigt,  dafs  dieses  Gewächs,  wie  die  verwandten 
Gattungen,  wahre  Schläuche  (theaw)  niii  anoinandergcreihien  Fiucht- 
Lömer  hat.  Aber  man  mufü  die  Fruchtbehiiller  in  der  frühen  Jugend 
nnienodien,  -die  die  Körner  tchnerz  gefäil»t  dnd,  nm  dieM  m  «eben. 
Zur  Zeit  der  Reife  idiwinden  die  ScUSm^»  und  die  FruditLonier 
bilden  eine  pniTerige  Masse. 

^Ifctnn'ii.  Hieher  rechne  ich  nnr  Usnrn  harbatd ,  uiit  der  geglie» 
daten  Kinde  des  Sprofslheils.     Vsnca  iithuta  gehört  zu  Cornicidtiiia. 

Vsnea.  Das  Innere  des  Sprofslheils  ist  durch  sein  Holz,  uämlich 
dnrdi  ein  Bnndel  von  gletehlenfenden  Feeergefiii«en  oder  Feeendlen 
edur  emgesetchnet.  .  Du  Fasergewebe  der  fibrigen  Lidienen  i«t  ein  ver- 
yidtidtet  Gewebe,  wie  der  flockige  Sprofsiheil  (ler  Pilze  es  meistens  isu 

Colleniu.  Der  ganx  cigenthüraliche  Bau  des  Sprofsilieils  zeichnet 
diese  Caiiung  sehr  aus.  Der  rindige  Theil  ist  aufgeschwollen,  Termehrt 
und  hat  dadurch  den  faserigen  Theil  auseinander  gedrängt.  Daher  hndeu 
•idi  eintelne,  einfaicfae  oder  wenig  ästige  Faieni  mit  viden  Querwfiiden 
innerhelb  der  gBllertarügen  adligen  Biuee  senirent.  Oh  «ind  dieie  Fb^ 
eera  knrK  und  ft*t  epinddfönnig.  So  nähert  sich  der  Bau  gar  sehr  ei« 
nemNostoch,  und  diese  Flechten  machen  das  Vt  rbindungsglied  zwischen 
beiden  Ordnungen.  Dieser  Bau  ist  selten  gehörig  und  in  seiner  Yer> 
binduug  dargestellt  worden. 

Coem^iomum,  Ist  dem  Fmditbehalter  nach  ein  wahrer  lidiai« 
und  «war  ans  dieser  l^tenUnleinbtheiknig;  dem  Sprofstbdfe  nadi,  da 
hödüt  sonderiieres  Gewicfaa.  ■ 


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EiUwwrfeuut  jffytologaehm  Pßcaaeniy$km*  109 


O.  3.  jßgae. 

Dar  Spiofrtluil  itt  entweder  inwendig»  eelnttin  Btue  nach,  glefcii- 
ftmig,  oder  er  betlebt  «ne  gewundenen  (jdlcitutigen  FeiendUen,  mit 
einem  Bebermge  Ton  mndHcben  Zellen.  In  seltenen  FJillen  besteht  er 

gimz  aus  gewundenen  Pasern, 

Alle,  welche  sich  mit  diesen  Pflanzen  hcsch'äftigt« n,  muisien  auf 
den  Sprofstheil  zuerst  und  vorzüglich  Rücksiciii  neUmeu,  weil  die  i'^rucbt- 
behäko*  selten  gefunden  werden,  und  im  trockenen  Zustande  scbwer  sn 
wntMsndhen  sind.  Es  ist  dahor  mnch  nnr  enf  den  Stand  der  FrttehdM* 
biOter  Rücksicht  genommen  'worden*  Sebr  selten  hat  man  von  dem  In- 
nern der  Fruchtbehülter  Gebmncb  gemadit)  mn  deduroh  die  Gaunngon 
SU  bezeichnen. 

Die  Abtiiciiungcn,  welche  iicrr  Agardii  ungiebt,  sind  so  vorirefi*- 
iicb,  dels  wir  sie  mit  einigen  wenigen  Abänderungen  geradem  anlneb> 
men  dfitfen» 

Subordo  1.  Diatomeae, 

Der  Sprofstheil  theilt  sich  in  Terschiedene  StücLe  und  vennehrt 
sich  dadurch.  Diesp  Gewächse  stehen  am  Kunde  des  Gewachsreiches, 
und  bilden  das  Luckenglied  zwischen  den  Pflanzen  und  Zoophyten.  Os- 
«äklond^  gsbSrt  bieber;  sie  ferfällt  nach  den  Btobaebtnngen  des  Herrn 
Dr.  Leo  in  Badllarien.  Die  Gatinngen  sind  voinAgiMrdb  gnt  bestimmt. 

Subordo  2.    Nostochnae . 

Der  Sprofstheil  besteht  äufserlich  aus  einer  gallertartigen  Hülle, 
innerlich  atis  einem  gegliederten  einfachen  oder  ästigen  Faden. 

^otoeoeau  jimUüf  der  rolhe  Schnee»  ist  ohne  Zweifd  ein  Pili, 
nnd  gdiörtf  wi«  idi  schon  oben  erwUmt  habe»  in  die  Mähe  von  Coe- 
cophjsium,  oder  ist  eine  Art  dieser  Gaitnng.  Pnt,  vmdstjägandh  ist  ein 
sweifelhaftes  Gewächs. 

Palmella  sin^  liöchst  wahrscheinlich  die  Anfange  anderer  Algen; 
ohne  Zweifel  isl  dieses  von  Bjssus  boujoides,  aus  welchem  Ljngbya  mur 
rmld  ffoc  oft  denilicb  herrorgebt.  Einige  mSgsn  siudi  lo  den  Tremel- 
lenartigen  Pilsen  gAören.  EehmeO»  und  Giaionema  sind  an  der  TOfli> 
gan  Ordnung  sa  bringen. 


190 


L  I  V  K 


Alc/onidium  wt  ein  ssweifelbafier  Korper,  vielleidit  zoophjüsch. 
Nome  oder  b«wflr  NoOoe^tm,  Der  ^xan  Sprolctbeil  wt  in  dne 
Uatiunige  Form  «ugttUmt.  Die  FaMReUen  liiul  Ton  «nnider  dardfc 

die  gallertailige  Masse  gesondert,  und  dai  Ganse  glicht  eioeitt  CaUtma 

so  sehr,  dafs  nur  die  Fruchi  das  letztere  unterscheidet.  Etwas  Terschie- 
den  ist  der  Bau  der  kugelförmigen  und  unförmigen  Ao«tocb«.  Die  Fa- 
serzclien  sind  ebenfalb  von  einander  gedrängt  durch  die  g^ertartige 
Mute,  isüg,  gegliedert,  und  adbwdkn  hier  «ad  da  in  groiae  helle  KSf« 
aer  anf»  Dteae  FaMnellen  aanunlen  aieh  auf  der  Oberfliebe  von  iV.««fw 
rucosuntf  dessen  Warzen  dadurch  entstehen,  und  Tertnuililich  schli^>leB 
aus  diesen  kleinen  Erhabenheiten  jene  grodMn,  bdlen  Küroat  hervor 
um  das  Gewächs  forlzupilnnzcn. 

Die  Gallerte  vermindert  sich  immer  mehr  und  mehr ;  in  Rivularia 
und  Chäielo^iora  ist  <ie  aohon  hk  einer  treit  geringem  Uenge,  als  in 
Ji/hsloduum,  und  endlidi  dhersidit  iie  nur  ab  ein  larter  Schleim  die 
Faden,,  vrelche  dadtutdl  acbl^pfrig  annfassen  sind.  Batmchospermum, 
Dmparnaldia f  ThoreUf  müssen  hierher  gebi-aclit  weixlen.  Die  Glieder 
sind  nicht  mit  einer  äuCsem  Haut  überaogen,  wie  an  den  wahren  Gon- 
ferven.  Hier  erscheinen  zuerst  wahre  Fruchibehalier ,  da  die  Kömer 
der  übrigen  wohl  nur  KeimlLoiner  liad. 

Subordo  3.  Cnnjttgatae. 

Die  merkwürdigen  Algen,  deren  Faden  sich  mit  einander  ver- 
knüpfen, müssen  in  einer  besondern  Ordnung  zusammengestellt  werden. 
Sie  haben  alle  Querwände;  in  einigen  hallt  sich  die  grüne  Materie  zu- 
aaauMtt»  und  geht  in  einen  andern  angeknüpften  Fladen  äbcr  j  in  andern 
hellt  aie  aidi  snaanunen  ohne  Udwrgang,  und  in  noeh  andere  Ist  eme 
Yei^üpfung  ohne  Zusammenballong.  Es  Ufst  aidi  erwarten,  dafs  auch 
der  vierte  Fall  vorhanden  seyn  werde,  eine  Znaammenballung  ohne  Vei^ 
knüpfung.  Der  erste  Fall  bestimmt  eine  Gattung,  welche  Agardh  nicht 
getrennt  hat,  und  welche  ich  Spirogyra  nenne,  wegen  der  im  Anfange 
qiiralfönnig  gewundenen  Fäden.  Der  andere  Gndet  sich  in  den  ührigen 
Arten  von  Zypunui  Jgardh  (heiser  Zeugnema).  Der  drille  ist  MmigMti» 
Jgardk>  Der  vierte  Sphaeraplea  Jlg,  (besser  Sphaerxtgona^,  welche  den 
UebergHBg  anr  folgenden  Unter-Ordnnng  macht,  daher  man  das  Kcntt- 


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seichen  dieser  AbUieilung  ao  ÜMsen  mufs:  der  Sprofsibeil  Terknüplt  sich 
mit  dem  Sprofsdidle  diMi  Mkdem  Xadindnaoi»,  oder  der  gefärbte  Stoff 
im  fonem  Iwlh  lidi  mammen. 

Subordo  4.  Confirvaeeae. 

Der  Sprofstheil  erscheint  mit  Querwänden  durchschnitten,  und  hat 
innerlich  keine  ^dlertani^  Faserzeilen.  £s  fehlen  die  Kennzeichen 
dar  Torigaii  Ordnang. 

Wm  die  Qacrwünde  in  den  F&deii  der  Gmferrcn  Itedenien ,  hat 
Roth  tebr  gnt  geMigc,  und  die  Algologen  Inben  in  der  Anphft  dar 
Kennzeichen  nicht  genug  darauf  Rücksicht  genommen. 

Die  Gattungen  Bjssofladium ^  Syncollesia ^  Mjrginema ^  CfimofcpuSj 
Trenteffohiia  f  Scjtonema  j  Sügonema,  Protonemay  Hygrocrocis  unü  Z<y>- 
taadbu  erfordern  noch  eine  genaue  Durdnidit*  Tide  «nd  P9m$  die 
Getning  ByuadaJ^am  gewifo;  S^meoBaum  mehata  fallt  alt  MmätamUair 
Hata  beim  flüchtigen  BUcke  aof;  die  ganze  Gattung  Hjgroeroas  idldDt 
mir  nichts  als  der  Sprofstheil  von  Pemeillätm  gbateam.  Von  Protnnenia 
hat  Ac;ai  dh  selhii  bemerkt,  dafs  darunter  -viele  Samenblätter  von  Moosen 
voi'kommen  muchlen.  Trentepokiia  ist  eine  wahre  Alge.  Die  JBatmcho- 
Mfumam»  mA,  wie  oben  erwähnt  worden,  axuaiucbliefaen,  andi  wohl 
JVodiiAim  mit  änen ;  itto^käa  gebjhrt,  irenigfiieiia  die  grflfsem,  zu  den 
Wltcoideis. 

Die  im  beweglichen ,  nicht  in  Bacillarien  sich  sondernden  Oscilla- 
torien  machen  eine  Familie  aiu.  Bnu^a  Terdient  eine  genaue  Revision. 
Einige  Arien  gehören  zu  den  Ulvaceen,  andere  Tieileicbt  zu  den  Con- 
jugaten  oder  Diatomeen. 

Die  neisfBnaigai  Gonfervett  maehen  eine  beto^n  Familie,  be- 
aiebend  aus  zwei  Gettmgen. 

Die  Gaunng  Confviva  steht  alle»  in  ihrer  Familie.  Man  konnte 
sie  wohl  in  zwei  andere  trennen;  eine  wo  der  gefärbte  Stoff  sich  ge- 
gen die  scheinbaren  Zwischenwände  legt  und  diese  färbt,  und  eine  an- 
dere, wo  er  sich  in  die  Mitte  lieht,  und  die  Zwischenwände  hdl  nnd 
dndiaichtig  läfti.  I)ooh  emhlilt  dio  tettte*  Geitang  bei  weitem  die 
nwiiteii  Arten» 


192  L  t  X  K 

Die  Familien  Ceramiaceae  und  Sdoetupta»  bOden  eigenUidi  nur 
«ine  IVmuBe,  in  wdcher  die  FruditbelMilier  «ufcarludb  «u  S^btheile 
wsli  befinde.  Die  Konier  Uegm  in  denselben  cerstreut»  «bo  iit  die 
Foiw  =  2      -wenn  yrir  die  Beieichnung  der  Pilze  beibehalten.  So  ist 

es  auch  an  Batracliospermum.  Die  doppelte  Fruclit  von  Ffutchinsia  be- 
stelii  in  Fruchtbehältem  und  Haufen  von  Keimköraeru.  Die  £ctocar- 
peae  machen  eine  Unierabiheilung  dieser  Familie.  Uebrigens  folgt  Agardh 
in  der  ZuemmensteUung  meiitens  Lyngbye,  decwn  AiialjM&  in  diäter 
Femilie  TonflgGdi  sind. 

Subordo  5.  Ulv/Jccae. 

Der  Sprofstheil  hat  keine  öpur  von  Querwänden;  enthilt  auch 
keine  gallertartige  Fa^erzeUen. 

CodUm  geb6it  obae  Zm&SA  su  den  FaiaddeaB,  Der  Muigd  der 
Froobt  luom  Idnen  üntersdbied  maebok.  Audi  Catdapa  idieint  eine 
Fucoidea.  Solenia  ist  eine  'wabre  VlvaeeOf  aber  der  Niune  kann  nicht 
bleiben,  da  schon  längst  eine  Solaua  unter  dfln  PUien  Torhanden  iM. 
Also  Enterotnorpha. 

Zonaria  gehört  hierher.  Die  Fruchtbehälter  sind  äu£ierlich  zu 
aeunan  und  enthalten  rowiwmengdiiiufte  Komer»  alao  eine  Bildong 
=  3  Herrn  Agurdb  acheiat  meine  Aaaljae  In  den  Born»  Stnimau» 
nicbt  b^annnt  geworden  sn  aejn. 

Subordo  6.  Spongiaceae. 

Gewundene  Fasern  ohne  Ueberzug  bilden  die  Sproüstheüe.  Aeufser- 
lidie  Fhidttbehfllter  mit  nuanunengehäuften  FmehOidniem« 

Spatgia  hemtrii,  ifie  ieb  acSum  oben  erinnert  habe,  iit  eine  vrtiue 
Alge,  und  lebr  Ton  den  Zoophjten  entfernt.  Ob  die  übrigen  Spongiae 
sidaebenso  Terhalten,  weifs  ich  nicht;  die  Gestalt  der  Fruchtbehä!ter  ist 
B  3  Dieses  Gewächs  besteht  aus  den  FaseraeUen  der  Fuc(Hdeae  ohne 
ihren  Ueberzug. 

Subordo  7.  Uteotitae. 

Der  Sprobtbeil  ist  mit  einer  GaUecte  angefiOllt,  wdcbe  aus  FbMv 
aeUen  beataht. 


• 


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Enimufwm  pkfnol^iiek»m  lißanamsjrstem,  193 


Da  in  der  Familie  der  Eucoideae  so  viele  Gestalitingen  des  Frucht« 
bebUten  von  Agirdh  angenommeii  werden,  «o  riebt  nun  »ieht  ein, 
tvenutt  die  etim  weniger  entwidLslten  Gestehangen  des  Fruebtbeliällen 

i^^hrideae  trennen  sollen.  (Jeberhaupt  mufs  man  bedenken,  dafs  der 
innere  Bau  der  FruchlbeliHlter  in  allen  diesen  Gcwäclisen  nudi  ^venig 
uutersuclit  ist.  Agardh  hat  nach  der  Sleiluiig  und  der  iiufsein  Gesiali 
der  Fruchibcbälier  sehr  geschickt  die  Gattungen  bestimnu,  über  die  An- 
gaben Tom  inneni  Ben  sdbeint  er  neistens  Ton  Turner  genommen  ra 
beben,  and  dieser  wandte  TieL  su  geringe  YergFÖfsemagen  an.  Aach 
liyngbj  nniersucliic  mit  y*A  su  wenig  Tergrörsemden  Werkzeugen.  Idi 
habe  nur  wenige  Tangarten  genau  untersuchen  können ,  denn  In  allen 
den  Sammlungen,  welche  mir  otlen  sunden,  fehlten  die  FruchtbebäUer 
nur  zu  oft.    Indessen  will  ich  einige  Bemerkungen  beifügen. 

Daft  die  doppelten  Frficbte  Keimkomer  nnd  Fknditkönier  tefd 
mSgsn,  wird  min  bald  -venuaiben.  An  Detesiend  bebe  ich  euch  die 
ücbercinatimmung  mit  den  Keimkörnem  der  Lichenen  sehr  auirallend 
gefunden.  Nur  ist  es  merkwürdig ,  dafs  die  Keimkomer  auch  oli  in 
b'^sondere  Bclialter  eingeschlossen  erscheinen,  wenn  sie  mit  den  Finchi- 
behaitem  an  einer  Püanze  sich  betindcn.  Dann  sind  sie  in  den  weifsen 
IVOiAten  den  läudomela  jmuuaniies  in  längliche  Sddäuebe  da^Sichk»- 
een,  da  hingegen  in  den  Itagelfönnigen  Pniditbduiltani  längliche,  gestielte 
Behälter  (sporangiola)  liegen,  mit  einer  körnigen  Masse  erfüllt.  Die  SpJiac- 
rococci  haben  gröfstentheils  grofse,  gestielte  Körner  in  ihren  Fruchibehal- 
tem,  Termutblich  jy70/Ti/7^b/^< ,  ungeachtet  ich  kleinere  Körner  nicht  darin 
gefunden  habe.  In  Sphaerococcus  rubcns,  Gitjfitsiae,  stnatiis  sieht  man 
sehr  scbSne  bOnddförmig  zoianmengestellte  Sdiläuche  (thecae)  wie  in 
den  Penien*  Sie  gdien  vom  Htttdpttnlite  nach  den  Umfange.  In  Po- 
fyiiet  kmArkah's  sind  die  Behälter  wie  sie  rieh  in  den  wahren  Spluiem- 
coccis  finden ,  mit  den  Schläuchen  der  übrigen  vereint.  Furcelliiriti  hat 
Belülter  mit  einer  kömigen  Masse  erfüllt.  In  Pr/rw  gehen  die  Schliuclie 
Tom  Umfange  gegen  die  Mitte;  sie  sind  in  Fuctis  r'esiculosus  so,  wie  ich 
rie  in  Schräders  Jonmal  vorgestellt  habe;  in  F.  cantJißidatat  ftnd  idi 
iber  diese  Form  mit  wahren  Schiincben  lusemmen,  so  dafe  joie  wohl 
anr  «ine  jugendlidie  Form  sdieuit.  In  Citiomm  fimd  ich  sehr  deut> 
Pft/«.  Khttte  1824.  B  b 


194      L  I  H  K   Enimuf  emes  phjrtokgu^tm  Pßuutetu^siam. 

lidie  Schlauche,  alle  gefüllt,  also  keine  ftla  iattermixta.  An  einem  andern 
Orie  ytetds  idi  diete  Untersndiungen  mitdicilen. 


Subordo  S.  C}iaracea0, 
Eine  wahre  und  regelmafsigc  Verüsicluug. 

Diese  Gewächs«!  hahen  den  innem  Bau  der  Algen;  dem  äufseren 
Baue  nach  schUefsen  sie  sich  an  die  mehr  entwickelten  Gestalten  des 
Fflaneiwddu  an«  und  beMtiliafaep  lUe  Rcihfln  der  Ki'yptopbyteii. 


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Ueber  die 

Antilopen  des  nordlichen  Africa, 

'  besonders 
in   Beziehung   auf  die  Kenntnifs,    welche   die  Alten  davon 

gehabt  haben. 

Von 

H™  LICHTENSTEIN. 


[Gdtsm  itt  dar  AkidMiia  dar  mmeaa^bdita  am  11.  Müs  1834.] 

XTnier  den  Schätzen,  wetdie  die  Ktfni^icheii  Sammlungen  dem  Eifer 
der  Docloren  Ehrenberg  und  Hemprich  zu  verdanken  haben,  be- 
findet sieb  auch  eine  bedeutende  Zahl  -von  Antilopen,  welche  ein  Stretf- 
zug,  den  di^  unermüdlichen  Sammler  im  Pommer  des  Jahrs  lä22  von 
Dongola  am  iiadh  Sennaar  miienuihmen,  ihnoi  vendiafl^, 

Wiedarkimende  Thiece  aw  bisher  nnmiffaifliehen,  wenig  belwiiii- 
im  lindem  haben  immer  ein  eignet  Intercate»  luofem  tie  als  die 
gi'öfseren  üiierischen  Fomien^  zu  den  am  mchrsten  in  die  Augen  fal- 
lenden Walirzeicben  solcher  lioider  gehören,  und  über  iU>r<ni  Fnichl- 
bai-keit  und  sonstige  naiürlic^he  Beschaffenheit  mancherlei  bchius&e  zu- 
leiten, ^  is  ZnennineBetdliing  mit  andem  Betteadthdlen  der  dort^en 
Fanna  dn  nngefähiea  Büd  von  dem  natürlichen  Geiamusiiancter  det 
Landes  geben.  Hier  mufste  dieses  Inteiette  um  so  grofter  aena,  alt  eben 
jene  Gegenden  den  Griechen  und  Römern  zugänglich  gewesen  sind,  und 
die  auffallenderen  Thierformen,  welche  dieselben  bewohnen,  in  den  auf 
uns  gekommenen  Werken  ihrer  Schriftsteller  sich  hauhg  genannt  und 
betchneben  finden  und  alt  dicte  An^en  in  der  neueren  Zeit  to  oft 
aa  gelehrten  Untertadinngea  Yeranlattung  gegdien  haben. 

Wenn  solche  Untntuehnngen  im  Ganzen  der  WiNenschafl  v  cnig 
Gewinn  gebracht  baben,  so  liegt  die  üwache  davon  theils  in  der  Man- 
^eihafiigkeit  nnd  Kurte  dar  alteren  Angaben  »eUwt>  theils  in  der  be- 

Bb  2 


196 


IiiCH.TantTBitt 


schlank  ten  Kenntnifs,  welche  die  gelehnen  GommenUtoren  Ton  den  Din« 
gen  hatten,  fibermdclie  et  «ich  hendeli»  und  -wenn  sollend«,  wie  nidtt 
zu  läugaen,  «elbst  durch  die  besten  unter  dieaen,  tiA  imhümlidke 

Vorsteliungen  Terbreitet  worden  sind,  so  kann  man  dies  nur  dem  aller- 
dings verzeihlich  tili  Wahn,  in  welchem  die  naturhislorischen  Schrift- 
Steller  der  leuivci-ilo&jienen  Jahrhunderte  befangen  gewesen  sind,  zu- 
schreiben, als  seien  ihre  Kenntnisse  von  den  natürlichen  Erzeugnissen 
der  Erde  inr  Genüge  erschöpfend  und  »1s  mässe  der  Anfidiliils  m  jeder 
nainrhistorischen  Frage  des  Alterthums  aus  dem  Votrath  der  bis  dahin 
cur  Kunde  gekommenen  Thatsachen  zu  entoehmen  sein ;  der  nicht  mm» 
der  erheblichen  Schwierigkeiten  gar  nicht  zu  gedenken,  welche  sich  aus 
dem  hei  den  Alien  so  häufig  zu  findenden  willkührlichcn  oder  doch 
wechselnden  Gebrauch  gangbarer  Namen,  aus  der  etwanigen  Gonoiption 
des  Textes»  ans  dem  Yerlusi  der  eigendidieii  Qaellen  und  Haiipi-B^ 
wetsstellen  u.  s.  w.  ei^eben. 

In  keiner  andein  Ablhellung  der  Thierkunde  aber  hat  man  sich 
ängstlicher  bt^mülii.  die  ?famcn  der  Allen  auf  Bekanntes  und  Gegebnes 
SU  deuten  aU  hei  den  Wiederkäuern,  und  in  keiner  Gallung  ist  dies 
sclilechter  geltmgen  als  in  der  der  Antilopen,  die,  ihnen  hauptsäcUich 
nur  ans  dem  ndrdlidien  Afnca  begannt,  je  nachdem  ihre  Gestalt  es  tu 
fordern  schien,  bald  dem  Rinder-,  bald  dem  Zii^eng^scUeebt  auge- 
selh,  bald  unter  ganz  eigenthümlichen  Namen  bezeichnet  wurden.  Jede 
Zeit  hat  es  sich  erlaubt,  diesen  Namen  beslimmf»'  Dentun!!;  711  gehen; 
die  mehrsien  derselben  Laben  aber  ibrc  Bcsiiüiiuun^  iiaulig  gewechselt, 
und  man  lindel  sie  seil  Linne 's  Zeil,  von  aiimiihhch  zunehmender 
und  berichtigender  SachLenntnil«  der  Wahrheit  immer  näher  gefOhrt, 
in  den  systematischen  NamoiTeneichnissen  bald  als  spectfiscbe  Naaacn 
bald  als  Synonyme  von  einer  An  auf  die  andre  überuragen.  Tiale, 
die  noch  jetzt  nicht  genügend  erklärt  werden  können  ,  stehen  längst  in 
mifshrüucliliclier  Anwendung  in  den  Handhüchein,  selbst  in  den  Schrif- 
ten zum  Untenichi  für  die  Schuljugend  da,  und  jedem  Anfänger  in  der 
Zoologie,  wenn  sich  Ihm  die  Sdirifien  der  Alten  fdir  dieses  Studium 
auch  nie  geöffnet  haben,  sind  die  Namen  Bubmtut,  Ikon»,  (hyx,  Sli^ 
sicrros,  DoiTtis^  Cci\'icajira ,  Trof^flaphus  u.  s.  w.  wohlbekannte  KIMnge, 
mit  welchen  sich  ihm  freilich  selten  andre  als  sehr  dunkle  Vontellungsn 


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fifor  «fo  Jntäopen  des  nSriUehen  Afika. 


1« 


verbinden.  E»  ist  der  Zweck  ^genwänigcr  Abhandlung,  den  mehrftten 
dieser  jN'amen  eine  sichere  Erklärung  dadurch  zu  geben,  daHs  sie  zeige, 
irie  die  Angtben  der  Alten  lo  ToUkommen  «uf  die  HiieM  sntMffen, 
d!e,  neehdem  aie  seit  den  Kiaitpfrpielen  der  R6mer  nicht  mehr  in  tlm- 
ropa  gesehn  worden,  snent  durch  jene  eilirigen  Semnler  meder  eafr< 
deckt  worden  sind. 

Der  Ente,  der  es  ■TCrsncht  hat,  die  gröfstenthcils  wiilkuiulicben 
Deutungen  Ton  Gefsner,  Aldrovand,  Bochari,  Linne,  Shaw 
(dem  Reuebeicfarelber),  Bnffnn  und  Pennent  zu  siditen  und  v^Sb^ 
^jere  Becidningen  su' finden»  nt  IPella«,  der,  indem  er  diese  ^nie 
nerkwärdige  Sippschaft  der  Wiederkäuer  zuerst  einer  gesonderten  Be- 
trachtung untenvirft  und  ihr  den  Namen  Anlilopc  (')  beilegt,  zu- 
gleich das  Irrige  in  vielen  jener  Deutungen  nachweiset  und  mit  einer 
umfassenderen  Kennlnifs  von  den  Tbieren  selbst^  nicht  nur  die  Namen 
welche  Griechen  und  Römer  dai&r  anwenden,  sondern  euch  die,  welche 
sü^  in  den  hefligen  Sdirifien  und  bei  den  anbischen  Scfariftstellem 
dafür  Torflndcn ,  zu  erklären  bemüht  ist.  Ihm  waren  nämlich  die  da- 
mals im  südlich.  II  Africa  entdeckten  Antilopen -Arten  ein  Gegenstand 
genauerer  TlnteiMi' Imng  geworden.  Viele  derselben  h  n  in  ihrer  Bil- 
dung manches  Gemeinsame  mit  denen,  die  das  nordiiclie  Aftica  erzeugt 


(']  Pallas  erklart  sieb  libci- die  Anwendung  dieses  Namen«,  indem  er  (.$/»'d7.  XII,  ^.l-) 
anführt,  was  Bochart  bei  Gelegcnbeit  des/üftiRiu*  UUSeuM  von  dem  Namen  Antholops 
und  AHtkalopus ,  »Up  Ix-i  dfn  KirclirnTStmi  TorVommcn ,  tagt,  daf«  sie  nJlmlicb  nicht 
griechiwb  «ondcm  viclmt-hr  koptiscli  M-ion  und  liincbälmlicbe  Tbicrc  l)«deuteii.  Erfig^ 
Um,  Ltaa^  habe  .Uvon  dm  \amfn  Antilope  gt-nooMM,  dsB  CT  1»  der  «TiMn  Aufpiie 
saiDM  SjtlcnM  einem  der  fabclliaftcn  Tbicre  beilege. 

In  der  ersten,  erst  spät  so  berühmt  gewordenen  Ausg;ib«'  seines  Systems  hat  Liaa^ 
indeaaen  die  Antilope  noch  nicht  in  das  Veraeichnifs  der  pnr.ido:((  n  I  liiere  aufgenommen, 
•Oodcm  dies  geschieht  erst  in  der  tweiten  (Holm.  1740.kl.8vo.)  mit  den  Wortens  AluUopft 
Jkeiejcrac,  pedibus ptvoris,  cornibus  caprae  terratis  ;  (ganz  nach  Eustatbius  im  Äe*a^ 
meron).  Von  da  an  wird  d<T  Name  Antilope  bald  in  seiner  ]'iulj;ru  liedeulung  gebranchl; 
SB  findet  er  sich  bei  französichen  und  englischen  Scluriftstellem  derselben  Zeit,  x.B.  in  Shaw's 
BfliseB  avwohl  in  der  engtischen  als  firansäslachen  Ausgabe  (1743}  wo  die  Gaxelle  {Dorcas) 
V Antilope  commune  genannt  wird.  In  der  neunten  von  Gronov  besorgten  Ausgabe  des 
Liondiscbn  SjSMais  (1756)  welcher  die  franxiVsiscbea  Mamea  beigefügt  sind,  ist  Capra  Goe 
telAi  dufdi  l'AHlibpe  wiedergegeben.  Welcher  SobriHstelkr  aber  ihn  suerft  im 
aisefaea  vor  1740  gdifMidn  Mbe,  ist  aiir  noch  aidit  fdimgn  anfadiadm. 


198 


LlGBTBVtTSXV 


und  man  wird  es  Pallai  veiseihn,  dafs  «r  lich  danach  dieselben  Formen 
dw^  diMi  ffmtm  africantadbe»  Gontinent  Terbreitet  Toxatellt«,  wenn  mm 
bedenkt,  da£i  wir  ja  jetti  Ilbhib  erst  axkfangen,  das  Wesen  der  staticnärat 

Thiere  auf  ihren  naiürlichen  Standort,  auf  dessen  Erhebung  öber  der  Mee- 
resfläclie,  Khenlielt,  Trockenheil,  mitilerc  Temperaiur,  vegctabilischea 
Reiclillium  ii.  s.w.  in  bestimmtere  Beziehung  zu  bringen  und  dasselbe 
als  abiiangig  von  diesen  consianten  Bedingungen  zu  erkennen,  mithin 
danach  auch  jelst  erst  einer  jeden  Thiisnort  em  viel  enger  umschriebenei 
cögendiches  Vuedend  anwwsen ,  ab  man  sonst  su  ihnn  gewohnt  wer. 
So  mufiite  also  andi  Pallas,  nisleiiet  ron  dieser  eineigen  unrichtigen 
Towwisseuung  in  öfteren  Irrtlium  verfallen ,  aber  or  iiTt  nach  gründ- 
licher üniersuciiung  und  seine  Iri^ümer  bleiben  belehrend,  indem  sie 
es  ztmaclist  sind,  die  uns  auf  den  merkwürdigen  Parallelismus  der  bei- 
den afriwmWhen  Faunen  diesseits  nnd  jensdis  des  Aequators  m  den 
Breiten  der  Wendekreise  aufmerksam  anehen.  Wie  in  so  fielen  an- 
deren Gattungen,  SO  hat  andk  nnter  den  Antilopen  fast  jede  der  nord- 
africanischcn  Arten  ihr  Entsprechende  an  der  SiiJsjiiiye  ihres  vaterlän- 
dischen Weltiheils,  ein  zunächst  Verwandtes  nacli  Lcibesgcstalt,  Haar-, 
Huf-  und  Ilürubiidung,  das  meistens  nach  allen  diesen  Ptincten  eben  so 
isolirt  unler  den  GattnngsTerwAndten  seiner  Gegend  dasteht,  ab  sie 
seihst  unter  den  andeni  Arten  von  denen  sie  sunidist  umgehen  ist. 
Wie  nahe  aber  auch  oft  sdche  sich  entsprechende  Arten  einander  ver- 
wandt sind,  sie  tragen  immer  jede  die  bcslimmtcsten  spccifischen  3Ierk- 
male,  von  denen  die  mehrsien,  indem^  sie  zugleich  andern  Arien  der- 
selben Gegend  zukommen,  zugleich  einen  gewissen  Local-Cbaracter  in- 
Tolviren,  der  für  die  oben  angedettteten  Gcsidiispnnete  g^Us  nidht 
ohne  biieresse  sein  kann.  So  ist,  um  Seupidshalber  nur  Einiges  ansa» 
fiihten,  unter  allen  Antilopen -Arten  die  den  weit  ensgedehnten ,  tr04^ 
nen ,  lichtreichen,  in  unermcfslichen  Ebenen  sich  ausbreitenden  Raum 
des  nördlichen  Afrioa  hewolnipn,  keine  von  dunkler  F;ubunji,  manche 
vom  reinsten  Weifs;  im  südlichen  Africa  dagegen,  das  sich,  immer 
schmaler,  iwisehen  grofsen  UeeresrifaMMB  hin  ettMdtt  nnd  nm  der 
fiCtM  gegen  die  Küsten  in  hretim  Abstufungen  nnd  ohne  daswischen 
liegende  eigentliche  Wüstensb'ecken  abdacht,  kommt  diese  helle  Fai^ 
hang  ab  Gesamrotfrrbe  des  Leibes  auch  nicht  ein  eiMigiesmal  vor;  die 


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mar      Amtikfen  de*  mönOiehen  J/nen.  f  99 


in  den  waldigen  Gegenden  des  Kafferlaudes  sind  tiefbrann^  jdtU.  sylvaüca 
cndlidi  fiMt'Mkwan. 

Dm  Ibar  4er  nordafricanisdieii  ist  knn,  dfinn,  ^ttnaliegeiMli  cIm 
der  sudafricanisciwil  dicht,  meist  lang,  znweilen  woUig  und  «&  der  eiina 
An,  die  <lle  Iiöhet'cn  Ge?birgsiü^e  bewolint,  dorn  sogcnnnnten  Klipp- 
springer y^/i^.C>reo<r»^°ta  das  dicbtestc,  $tnipp}t;sie  und  elastischste,  das 
wrir  überhaupt  an  einem  wiederkauenden  Thier  kennen. 

Die  einander  eottprectmiden  Artoi  der  Astilope«  in  4iem  bddoi 
gemilflgwn  Zonen  Afinca's  nukwen  blofi  ffir  llintttisdie  Yerieiiien  «n- 
Busehn,  hindert  uns  niclit  allein  die  Unkunde  Ton  dem  gro&en  dazwischen 
Hegenden  lieifsen  Eitistrich  und  die  Vermuthung  von  dessen  ganzlicher 
Unwirtiibarkeit  für  so  grofse  Wiederkäuer ,  sondern  auch  die  so  sehr 
bedeutende  anderweitige  Verschiedenheit  derselben  von  einander.  Nach 
nntern  jeuigen  Amialunett  fiber  den  Begriff  der  Spedc«  können  iie  dom^ 
nach  nidit  anders,  dam  als  Ymehiedene  Arten  hetraditet  werden,  und 
ich  stelle  nidit  an,  »i  b^upten,  dafs  nicht  eine  einzige  Art  dieser  Gau 
t«ng  beiden  Gegenden  gemein  sei,  dafs  alle  nordafricanische  Arten  we- 
sentlirhe  Verschiedenheiten  von  den  südafrieanischen  haben.  Demnach 
Ware  die  Bezi^ung  der  alten  griechischen  und  lateinischen  Namen  auf 
die  sfidalneBniBbhen  TUert  £eser  Gauung  durdians  nnndilHtg  und  nm 
so  «rahr  an  Terwerlien,  ais  sidk  irigen  lafsi,  dsls  jene  Namen  gHHsten- 
theils  nur  auf  die  jeut  erst  wieder  entdeckten  und  liier  an  bescbtei-* 
banden  Antilopen  des  nördlichen  Afrka  passen. 

Vor  Tielen  andern  hat  mir  daher  dieser  Gegenstand  würdig  ge- 
schienen, dafs  er  der  Akademie  vorgelegt  werde,  und  ich  mufsie  tun  so 
mobr  Beruf  zu  seiner  Bearbeitung  lühlen,  als  ich  nicht  nur  dne  Ver- 
fflidHwig  bebe',  den  Vevdianiien  der  «ackeren  Natoiforsdier,  denen 
wir  diese  Entdeckung  yerdsnlEian ,  die  gerecbf«  Aneitennnng  an  «nr> 
sdbaflen,  sondern  auch  zur  AufkUirung  eines  Gegenstandes  beiznu-agen, 
der  in  der  neuesten  Zeit  die  Aufmerksamkeit  d'^i-  /^oolnfi^pn  in  beson- 
derem Grade  in  Anspruch  genommen  hat.  Die  Gattung  der  Antilopen 
ist  nütnlich  seit  Pallas  zuerst  von  mir  selbst  ('),  dann  Ton  Hentt 


(')  Maffsm  der  G«sellsdiaft  KatorfandMider  WtauA  CJalu^fiang  I81S  6.147. 


300 


Ll.GBTSV*T«tV 


Goldfafs  tan»  -rtm  Herrn  G.  GuTier  (^),  d^miuielitt  nm  Herrn 
Afselin«  (^),  und  Bokttt  tob  den  Herren  Blainville  und  Dee- 
marets  (*)  einfl^  neuen  Bearbeitnng  nmerworfen  woi*den,  ohne  dafa 

sich  Einer  von  uns  rühmen  Ttonntf^ ,  gerade  für  diesen  Tlieil  derselhen 
etwas  geleistet  zu  haben.  Eine  neue  ZusammcnsicUung  der  Arten,  die 
Ich  beahsidite  und  zu  welcher  mich  der  hcsondere  Reichtham  unsers 
Muteonu  vorzüglich  in  Hinsidit  euf  die  «fidelmenwclien  eufibtdert,  in 
«ddier  eher  auaffihriidiere  Untersnduingen  -wolil  sieht  Flau  finden 
duiften,  wünsche  ich  durch  gegcnirariige  Abhandlung  yorzubereiien. 

Es  scheint  mir  geralhen ,  dem  was  ich  über  jede  Art  zu.  sagen 
habe,  eine  kurr-e  Beschreibung  derselhen  voranzuschicken ,  nnf  welche 
sich  die  Yergleichtuig  der  anderweitigen  Angaben  dann  desto  leichter 
bestehen  mag. 

1.    AMILOPE  LEUCORYX  Fall.  '  Tab.  I. 

Von  der  Gröfse  des  Hirsches,  weifs  Ton  Farbe,  am  Halse  mit 
leichtem  eisenrostfarbigen  Anflug;  ein  Fleck  auf  der  Stirn,  Milte  des 
Nasenrückens  tmd  Scitensu-eil'  des  Kopfes  (von  der  Wursel  de»  Horns 
durch  das  Auge  bis  fast  ziun  Mtmdwinkel)  matthratin,  Schnauze  rein> 
iteif«.  SdiifUH  ^le  beim  Rind,  mit  einer  iteilMn  Bnd^piaste,  die 
an  der  S^use  achiwn  ist,  bis  an  das  Htdkengelenk  reioibend*  IKmer 
Ton  der  halben  Länge  des  Leihae»  rund,  säbelförmig  gekrfinunt,  bit 
in  die  Mitte  mit  (26-40)  Ringeu  umgeben,  0»-suilt  zugleich  zierlich 
und  klüftig,  wenn  gleich  nicht  schlank,  sondern  wohlgenährt  und 
rund,  doch  feiu  im  Knochenbau,  nur  mit  etwas  aufgeu-iebenem  Fuf»- 
Gdenie.  Das  H«ar  aelir  knn,  grob,  diehl  anliegend,  nur  auf  der 
Ifitte  de«  RAdtena  läng^  und  etwas  fettnnbl.  Auf  der  iCtte  dea 
Kreuzes  itt  ein  Haai^irbel  und  Ton  diesem  bis  an  den  Hals  haben 
diese  längeren  Haare  sammllich  die  verkehrte  Richninc;  nach  dem  Kopf 
hin.  Von  Miihnc  Hals-  oder  Kniebüscheln  ist  keine  Spur  da.  £Me  Knie 
sind  vielmehr  uacki  uud  schwielig. 

(')  Sc!ircl)crs  Säugclliiere,  Forlsetzunp  1817. 

(')  Diclionnaire  tUs  Sc,  naturvUej,  vol.  III,  pag.  223. 

(*)  JVbc.  AeL  t^toL  2bN.7.^.2«7. 

(*j  Uhu».  Buikdm.  AttAc,  pkUom,  1816.  vad  Mkmmalotie  II,  ^.4«». 


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äfof  dw  Antilopen  des  nördli^en  jißiea. 


201 


Aufmcssuug  aacb  iwei  gleich  giofjen  Exemplaren  ('); 

Ganze  Länge  von  der  Schnauze  bis  zur  Schwanzwurzei  6  Fufs  6  Zoll. 


uuigB  aes  ikopi€t  o»  mimai  swucnen  mhi  vclioffa«  •  •  > 

M 

»Ain  nn  ntA  SM  UM  lnriJ1JM*fe^A# 

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34-- 

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1^- 

Es  leidet  keinen  Zweifel ,  dafs  dieses  Tliier  der  Oijx  der  Alten 
•ei«  Das  Epitheton:  Cetulus,    Jas  er  hei  so  Ti'clen  Scinifistellern  (^) 

(*)  Für  die  lüngntiiwAe  lam  ich  mit  aiemUehar  KäwAeit  eiutahii;  der  Viefang 
des  I/rfbrs  kann  iliircli  das  AlUStopfen  der  tehr  irrscljossctieii  Haut  etwas  verloren  liaben. 
Auch  die  nach  dieiem  autgcttopftea  fixempkr  verÜerügte  Abbildung  enchüat  daher  etwa» 
MÜMldrfiger,  ab  daeTUcr  «irUielk.  Min  awg. 

(•}  Juvenal  XI,  140.  MartUlZIU,». 

Phys.  Klaste  1824.  C  C 


202 


Licht  b'«  ST  um 


trägt  und  das  Zetignifs  der  Aegypter^  atif  das  man  sidi  bei  den  Anga- 
ben über  ihn  stets  beruft,  beweisen  wobl  rar  Genflge,  dais  das  Thier, 
da«  man  darunter  verttdm  soll,  in  derselben  Gegend  sn  sndien  sei»  die 
uns  die  oben  besdmebene  Art  geliefert  hat.  Unter  den  Inden  Stellen 
bei  den  Alten,  wo  des  Orjx  erwübnt  \viix],  und  die  Gefsner  ziemlich 
ToHständig  gesammelt  hat,  sind  wenige,  die  bestimmte  Kennzeichen  von 
ihm  angehen.  Der  langen  Ilurner  und  des  manchfachen  Gebrauchs 
dersellien  wird  am  häufigsten  gedacht,  doch  ohne  irgend  etwas  davon  zu 
sagen,  womis  sidi  ein  Beweis  fifir  meine  Behauptung  enindimen  Uefse.' 
Schon  wichUger  ist  was  PUnins(')  Ton  dem  Haar  sagt,  indem  er  rich- 
tig bemerkt,  dasselbe  sei  auf  dem  Mitl^ildteii  in  tseiiiehiter  Richtung 
gegen  den  Kopf  hin  gewachsen,  welrhes  nach  oben  ^gebener  Bo'^cbrci- 
bung  auf  unsre  Antilope  vollkommen  zutrifl\.  Nur  hat  freilich  die 
capische  Antilope,  welche  Pallas  Orjx  nannte,  dieselbe  Haarbildung, 
und  diese  war  ihm  dn  Hauptgrund  ilv  dtm  alten  Namen  nwnwenden. 
Dasselbe  findet  lidi  aodt  an  einigen  andern  Antilopen,  namenilich  an 
Am  EleotraguSf  aoch  das  Zebra  hat  etwas  ähnliches. 

Die  Hauptsielle  über  den  Orjx  findet  sich  hei  Oppian  («univ« 
Ubr.HL,  Z'.  446-488.).  Was  davon  bieher  gehört  lautet  also: 

*EdPr(  hl  T»s  h^XitAÖiri  ira^tTTtas  S^vrtgat  Sh^g- 
«ypwdufM«'  e^v^,  Mgvifo«  3r^rm  ftafjffm' 

Tevo    r,TOI  y  :.zfr  niv  «t    ji«.ii  ;io  yn/  tixrc--, 

MIM  ^(fihnS  dqMraib,  niigw  n  MfWgßt, 

xtT^e'j  T   eHgictvrcf  afciorifm  jntpx/ami', 
UifiegM'  Mmqv  i*  ^nv  lugätwt  /j<y«vn  ('). 


(')   Idb,  VUl,  «^.53.  Caprac  in  plurimas  thnüitudimts  tnaufiganrnttir.  SuM  eo- 

/irriir ,  sunt  nipiriiprtic ,  sunt  iliiccs  pcrnuitcitis  mii  tuu!<tc,  sunt  )  t  Or  ygcs,  svli  tjiii- 
buidam  dicti  contrario  pilo  vesliri  et  ad  Caput  verso.  Sunt  et  Damae  et  P^gargi 
et  Strep*ic*rotet  immlUupie  aUa  tumd  dUdmiiim,  SeJ  Ulm  jBpa,  hmeo  tnuumarüä 
tilus  mütunt. 

(')   in  Sobneidei''»  U«benelsuog:  Eu  a^ttem  yuaedam  tjrivarum  inoolm,  meutit 
«ornUusJirm,  saams  Oryae,  Jbrmiattdti»  ttMÜt  maxtme,  MbUiu  coht  yuiiiiw 
ftumvmdlaedtf  t«Mt  U/käe  m^iemiiiaiu  §emU*  Dufltm  mUem  ^  pant  dot§tmh  ^ 


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fiSer  die  Jntäapea  de$  nörilkhe»  Jßiaa. 


Diese  poetische  Schildeniog  enthüll  nichts,  das  nicht  voUkommen 
auf  nnire  Antilope  pafitc}  die  onlehweiiM  Farbe,  die  nnr  .an  den 
Wangen  dbinkler  ist»  da«  au  beiden  Sdten  des  HmtenrOduais  liegende 
Feist  und  die  spilsen*  kogen,  harten,  schwarzen  Hörner,  Ton  denen 
der  Dichter  sogar  die  ganz  richtige  Bempikung  erfahren  hat  ,  dafs  sie 
hohl  sind  ('),  dies  Alles  IrilFt  vollkoinmen  zu  und  man  hat  nicht  mehr 
nüthig,  wie  bisher,  eine  dichterische  Ueberlreibung  anzunehmen,  um 
eine  Deaamg  dieser  Sidle  an  finden. 

Wie  der  Name  0*7«  mit  dem  Gebraudt,  den  das  Uder  sdbet 
▼en  seinte  Henwis  niadit»  oder  au  dem  man  es  beim  Ackerbau  an- 
wendeto  und  wonach  man  später  selbst  einen  Theil  des  PHnges  so  be- 
nannie,  z,usammenhängt,  ist  eine  Fiage,  zu  deren  Erörterung  ich  mich 
nicht  hinreichend  gerüstet  fühle.  Aus  allen  Stellen  aber,  die  dafür  au- 
gefübrl  iferden  können,  a.B*  bei  Agatharehides,  Strabo  nnd  Lam> 
pridins,  gdbt  herror,  dals  diese  Eimer  durch  ihn  Linge,  S«diMifis  imd 
Hute  ansg^aeicbziet  seien  j  nur  erwähnt  Niemand  der  Ringe,  mit  welchen 
sie  an  der  unteren  Hnlfte  umgeben  aurli  wird  nirgends  gsngt,  ob 

sie  völlig  gerade  oder  etwas  gebogen  sich  zeigen. 

Ilerodot  erzahlt  {Lib.Vi .')'.  Bei  den  aiVicanischen  Hirtenvölkern 
^Sbm  es  nnier  andern  Tielen  wilden  Tbieren  die  Orygn,  Yon  der  GrSlse 
des  Rindes,  aus  deren  HSrnem  die  Atm^  der  mnsicaliscben  Saiieo-Lii- 
■immente  vcrfei  ligl  werden  (TWf  mt  tu  yA^ui  reuri  fwt^iv  m  Slf^m  ewnnrftti) 
zu  welchem  Gehrnuch,  rben  wegen  der  Ringe,  die  Uömer  nnsefs  Oryx 
sich  auch  vorzüglich  zu  eignen  scheinen. 

Aristoteles  (')  erwähnt  beliannlhch  des  Oijj:  als  einhor- 
nig nnd  Plinius  sdiö^  aus  ihm,  wenn  er  sagt  (^):  Solütn  lot- 

ntuiii  aiUpe  :  Acuti  porru  cornttuiii  alle  promiiu  nl  miicrnnrs  tetri,  uißri  specif,  qui  acri 
acuio,  Jhrro^ue  atroci,  siucoque  duro  praestant,  vencaati;  cmM  «wro  caraua  natura 
me  aümr. 

('}  Es  wird  hier  wohrschcinlicb  nur  im  Gegensatt  gegen  solides  llirsclipcwrih ,  das 
Uarn  bultl  genaoBU  Doch  wäre  vielleicht  auch  möglicb,  dafo  den  Beobachtern  die  an- 
•dmUdiea  iimeren  KnoohenbSlilai,  die  «idi  bi«  nutt  sifeiMi  DnttheQ  der  Lia'gs  in  «hat 

Stirm^ipfini  liinaiif  erslrectcn,  aufgnfallim  wären. 

(*]    Aritt.  hut.  anim.  Lii.U,  cap.i,  und  de  pari,  anim,  Ub.VH,  cap.2. 


304 


LlCTKSSTBIK 


gida  et  bioome  wuBam,    Ümam»  ttmm  toiÄiiK  mdkuM,  uniumte  et 

Wöiig  Vorstellungen  aus  dem  Tliierreich  haben  zu  allen  Zeitea 
so  sehr,  zugleich  den  Wunderglau lien  iles  Volkes,  die  Phantasie  de« 
Dichters  und  den  Forschungsgeist  der  Geiehrieu  in  Ansprnch  gcnom- 
mon,  als  die  vom  Einhorn.  Ich  >vill  den  Streit  hier  nicht  anregen, 
dar  wenigstens  durch  P.  Camper  (')  nicht  geschUchtM  lu  sein  scheint, 
ob  man  das  IXisein  eines  Tierffifsigen  und  xwar  ein»  oder  aweihnfigen 
Thiers  mit  einem  wahren  von  Homnuuse  fibenögenen  Stimzapfcn,  der 
nach  ursprünglichem  Bildungsgesetz  immer  nur  in  der  einfachen  Zahl 
vorhondon,  in  der  Mille  des  Kopfes  stehe,  aus  physiologi'^cfien  Gründen 
für  uu&taiihafi  halten  solle  oder  nicht.  Mag  man  die  Entdeckung  tXMH 
solchen  Wesens  immerhin  noch  von  der  Zulonft  enmurten,  sovid 
sdieuit  mir  gewtfii,  dafs  man  die  Stellen  der  hciUgan  Sdmftj  so  wie 
die  mdirsten  bei  den  Prolanscribmteii,  wo  des  Einhoi-ns  erwähnt  wird, 
nicht  anders  als  von  diesem  unserm  Oryx  verslehn  könne.  Namentlich 
bezeichnet  das  Wort  Cin  oder  "T^-  (Hecm  oder  Bern)  in  der  Bibel,  das  von 
allen  Uebersetzern  durch  Einhorn  wiedei-gegeben  zu  weixlen  pHegt, 
wie  sdion  Bochart(^)  sehr  gelehrt  erwiesen  hat,  unläugbar  ein  Thier 
«its  der  AntOopen-Gettong  und  die  arabischen  SdhriftsteUer,  deren  Zeug» 
nifs  hier  die  mehrste  Gültigkeit  hat,  erklären  das  Won  Htm  (^j)  ge- 
radezxi  als  den  Namen  einer  Gazelle  von  rein-weifser  Farbe,  die  sich 
in  sandigen  Gegenden  aufhalte  (').  Bochnrt  gelangt  in  seiner  Unter- 
suchung zu  dem  Resultat ,  diese  Gazelle  kuuiie  keine  andre ,  als  eben 
der  Orjrx  der  Alten  sein,  und  derselben  Meinung  sind,  wenn  gleich 


( ' )  SclirciLcn  an  dio  Ccscikchaft  NaturfondMad»  nnude  an  Bcrlm,  ib  4e«eB  Sdvi^ 
lenT'Buid  (oder  Abhandlung.-n  rB,in(1)  S.  219. 

(*)  Hierozoicon  Lil.lU,  cap.  2G  27.  I^cUlcrcs  fuhrt  die  Ucbenchrift :  Prubalur, 
Reem  non  esse  Alonocrrolem  tue  Urum,  sed  bicornis  capreae  speciem  aut  Orjrgem, 

lo  dw  Rosciimüllfi -Stilen  Ausg:»ln:  (II,  S.  v  irr!  S'!rnn  dn«;  /f/rH  der  Ar«bcr  durch 
die  Pallassclic  ^-iiu,  Leucoiyj:  erklärt.  iMau  vciylticiu:  aucw  hurxitatcon  Lib.W,  cA2^ 
de  Monoceroif. 

(*)  So  z.B.  Alcamus,  Giggeju;,  Damir,  Alaamajui  u.  A.  Vgl.  Niebuhr 
Bctdiretbung  von  Arabien,  Vorbericbt  ü.  3Ö,  wo  crubll  wird,  d«A  noch  jettt  zu  Uakl» 
wter  dma  iIVwta  Jim  eine  wdlie  Gieelle  TenMadot  veirde« 


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rl^  dh  JiUäopM  de»  nSnBkhm  Jßioa, 


306 


unter  mancherlei  Bedenken«  Michaelis('),  Waliher  (-)  und  Meyer  (^), 
bei  weldien  alles  su  finden  ktf  ym  sidi  Aber  dieaen  GeijenMend 
fieft»  M  hnge  da*  Thier  leUwt,  um  «didiea  et  dch  handdt,  aar  «ut 

den  Sdbriftcn  und  nicht  in  der  Natur  hekannt  war. 

Die  Haupt  -  Bedenlvcii  und  Zweifel  gegen  die  obige  Meinung  mufs- 
tcn  nämlich  immer  daraus  entspringen,  dafs  sowohl  dem  Orjjc  an  eleu 
mehrsien  Stellen,  als  dem  Bhit  der  Araber  zwei  Höraer  beigelegt 
werden»  dat  einhofnigp  Ream  abo  von  beiden  gana  verachieden  sein 
müsse,  was  denn  zu  der  Annahme  führte,  es  habe  mindeatena  aweierld 
Landihiere  (^}  g^gilieni  welche  beide  von  den  Allen  (hjrx  gienannt 
worden  seien. 

Diese  Zweifei  lösen  sich  dahin  auf.  dai's  der  Orjx  in  einem  un- 
gewöhnlichen Falle  von  Verstümmelung,  der  aber  im  Alterthom  nicht  ao 
«ehr  idten  gewesen  sein  nag,  aud»  als  einhorniges  Thier  vorkommt. 
Vermuthen  lieJ*  sich  dieses  «ciion  aus  der  Analoipe  mit  ähnlichen  Er- 
scheinungen, z.B.  an  der  Jnt.Saiga,  deren  Beispiel  Pallas  zui  Be- 
gründung seines  UrrlipiN  über  tla«;  Einhorn  als  fabelhaftes  Thier,  zu 
Hülfe  ruft  (^).  Dieselbe  Vermuihung  habe  ich  in  meiner  Abhandlung 
über  die  Antilopen,  bei  Gelegenheit  der  Jnt.  Leucor)x  ausgesprodien. 
Bestätigt  aber  wird  sie  aus  den  büdfichen  DsrsteUnngen  Ton  nnsrer  An- 
tilope* die  sidk  in  den  inneren  Riuiaen  der  Pyramide  von  Mem|i]ua 
finden  (*).  ISler  werden  Beschäftigungea  des  Landlebens  Torgestclli,  un- 
ter andern  Manner,  die  <len  Oryx  theils  an  den  Hömcni,  theils  nn  um 
den  Uals  geworfenen  Seilen  führen,  theils  mit  Stecken  vor  sich  her 

■  ■  ■  -  '  ■■  t. 

(')    SuppUm.  ad  lexica  hebmica.  Parsyi,  />.2213. 

(*}  In  Eiekliorn'a  Aepertorium  für  BibU  Litleratur.  l6'TbeU  S.  101. 
'  (*)  Vanuefa  über  Jm Tierfüiiiigc  Säugetliier  Herrn  der  Mligea  Sdirift,  vom  Dr.  F.  A.  A. 
^Ti  v  er,  Leipsig  1796.  Die  Nachrichten  vom  Oryjc  sind  hier  sorgGilti^'  zum  im"  !i;;c- 
stellt,  auck  die  Meinimgen,  daf»  unter  itm  Eioboni  dar  Rhinoccros  oder  eine  liimler- 
Axt  mMndea  aetB  lütane,  geprüft,  wediatb  liier  di«  Alle*  übergangen  und  auf  dieie 
Sclirifi  rrrwicsen  werden  kann. 

{")  Der  Oi^xmariiuu  des Strabo  mag  wohl  wie  Schneider  annimmt,  Narvai 
aen,  wma  ander«  Gcftner  nkHu  Bcdbt  hat,  dar  «nea  Delphin  (Oraa)  danmer  wr> 
miitlict ,  uns  wL'nigstrm  tu  ilrr  Gcgand,  WM  wddMT  dic  Bade  IM  (den  fdliMbaa  oad 
tpwiitchen  Küsten)  besser  pafst. 

(*)  SpUt/apoL  Ik0),iU,p,i5H6i,  .  . 

(*)  Oncriittioit  dtVtgffttt  F^i^y»  ZVi*.  18.^9  er  10.  .     .  ' 


206 


LiCHTBMSVBIff 


treiben,  wie  wenn  sie  mit  seiner  Bändigung  oder  Zähmung  beschäftigt 
^i«n.  Unter  den  fönf  Gruppen  dieser  Axt,  die  unter  der  su  dicaer 
AMbendlung  geherigen  AltUtdiuig  dea  Orjrx  (Tab.I.)  viedergegdMn  amd/ 
stellen  zwei  das  Thier  mit  dem  Doppdluxn  Ten  natärlicher  Gestalt  und 
Richtung  dar,  die  drei  nndem  da^e^cn  mit  einem  einzigen  Hom  das  auf 
verschiedne  Weise  gclvrümmi  und  verdreht  ist. 

Die^e  Dai-stellungen  sind  unläugbar  von  grofser  Wichtigkeit  für 
die  Torliegende  Frage.  Defs  der  Oijx  mrklidi  damit  giemeini  sei,  lafic 
sidi  ans  der  üebereinstimmnng  mit  der  Gestalt  unsers  Exemplars  leicht 
danhnn,  denn  dafs  sie  etwas  plumper  von  Gestalt  und  von  kürzeren  Lau- 
fen sind,  liegt  entweder  an  der  IJnbeholfenhett  der  aTtorcn  Plasük  oder 
daran,  dafs  das  ausgestopfte  Exemplar  tusers  Museums,  dessen  Haut 
sehr  zusammengeschrumpft  war,  etwas  zu  schlank  gerathen  ist  (' ).  Dem- 
aichst  scheint  mir  die  Hsupistelle  der  heiligen  Schrift,  ans  wdcher  man 
die  Unblndigkeit  des  ISnhoras  beweisen  wül  nidit  sowohl  aiundenr 
ten^  dafs  es  uberhanpt  nidit  gezähmt,  als  nur,  da(s  es  nicht  zu  den  Ge- 
schäften de«  Aoli'ibaue«  abgerichtet  werden  könne.  Selbst  die  Ausführ- 
lichkeit mit  welclier  der  Dichter  solchen  Versuch  als  vergeblich  schil- 
dert, läfst  voraussetzen,  dafs  ihm  Beispiele  davon  vorschwebten.  An 
einer  andern  Stdle  (^)  werden  die  nnhömer  geradesn  unier  den  Hans- 
thieren  genannt.  Wiedernm  ist  einmal  (*)  bUdlicherweise  die  Rede  von 


(')  Herr  Dr.  Ehren berg ,  der  eben  beim  Abdruck  Jirser  Abbandlung  wieder  Iwt 
Vitt  eintrifik,  erkllürt,  du»  letstere  sei  der  Fall  «ad  die  Antike  gdie  die  GeMDBlg^t 
des  Thiers  «dir  ti«u  wieder. 

(')  Buch  Iliob  Cap.  39.  Ts.  13-15.  „Meinst  du,  das  Kinhom  trerde  dir  dienen 
und  werde  bleibeo  an  deiner  Ibrippen?  —  Kamut  dn  Uun  dein  Joek  eBknüpfen,  dio 
Vtedien  su  naeben,  daTa  ee  Unter  dir  hmdtib  in  den  Grfindea?  —  Htg^  HA  tat 
rs  YcrlMjen,  daf«  es  so  stark  ist?  Und  wirst  es  dir  lassen  arbeilca?  —  IVlagst  du  tbm 
trauen,  daft  es  deinen  Semen  dir  wieder  bringe  und  in  deine  irlmiiir  snminle?" 

(')  Jeteia  Gip.34.  Ts.?.  „Da  werden  die  EinUrner  «anmt  ümm  (den  Umnera 
tind  Bäckcn)  hrninlcr  müssen  und  die  Ferren  rammt  den  gemästeten  Ochsen."  Auf  ibn> 
liebe  Weise  wird  des  Otyr  als  eines  Uausthieni  gedeobt  bei  Heliodorus  [Hiu.Aeihiop. 
LüAO,  der- von- der  Penina,  KSnigin  der  Aelhio|te  äte  babe  lu  Opfern  ml 

Gnstniiilci  n  an^t  wi'ndrt  ßowv  t»  «Jv/Xrtc,  «Ms  Snnwir  Mtl  w/tßimvf  tfuym  n  um  yfvwwt- 
(Nach  Bochart's  Vcrbciserung  a.a.O.) 

(*)  Psalm  89.  Vt.  6.  »«Uad  (die  Stiviiu  de»  flerm)  madit  «is  leokea  (hüpfen, 
^ingei^  wi«  ein  Kalb,  Libanon  ond  Jtrian  wia  eb  jimgea  Palwca... 


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übgr  d»  JnUkften  de$  näuMiehen  Aßiea, 


307 


der  Zieilichkeit  des  jungen  Einhorns,  und  daraus  zu  sdiliefsen,  Jas 
Thier  mü^e  in  diesem  seinem  jugendlidien  Zustande  bekaani  genu^ 
fpwcMD  sdn,  um  ein  •Hflemcwi  Tenühidlidiet  Bild  davon  «ntlebDen 
Mi  kdmien.  Wurde  es  dao  jung  eukgefimgen  und  gesahm?  Die  con- 

deribare  Hörnerform  der  einhornigen  auf  unserer  AUnldting  lafst  dies 
fast  Termuihcn.  Dorm  solrlie  Verdrehung  der  Homer  geschieht  nicht 
in  naiürhchem  Waclisüuim,  sondern  kann  nur  durch  die  Hand  des  Men- 
schen gesch^hn,  wie  noch  heule  die  Kaffern  ilu-em  Iliudvieh  die  son- 
dedbaratcB  Gestalten  des  Gebfims  gelien,  um  ihten  Slob  minder  gefähr- 
lich zu  nM^ctt»  >iraldke  Absidit  aadi  dbcn  bei  der  Zibnung.  des  Otyx 
sehr  nahe  gelegen  haben  mufs. 

I  t'bt'rhrmpt  Ist  an  keiner  Stelle  der  heiligen  Scliriff  von  dem  Heeim 
geradezu  beliauptet,  dafs  es  nur  ein  Horn  habe,  an  keiner  (mdei  sich 
etwas  zu  seiner  bestimmteren  Charakteristik.  Der  Hauptgrund  ein  ein- 
bomiges  Tbier  unter'  dem  Jlsem  in  Terstehn,  liegt  Icdiglidk  darin, 
dal«  die  Septaaginta  dieies  Wort  dnrcb  ^annm^  üfaerietaen.  Wie 
aber  an  dem  Ort,  wo  die  Uebertragung  der  heiligen  Bücher  der  Isnidi- 
ten  in  die  gincchische  Sprnche  geschah,  der  Oryx  zugleich  den  Namen 
des  Monocpms  gehabt  linliL-n  könne,  scheinen  mir  die  mcmpliischen  Bil- 
der ieiclii  £u  erklären,   indem,  sie  liin  sowohl  einburuig  als  zweihornig 

TovMdlen.  • 

Indem  ich  gelebrterai  Sp^cbfonebem  uadAkeribuoiaLennem  die 

Prüfung  dieser  Meinung  überlassen  nmfa,  bcmaflte  ich  nur  nodir  dafs  die 

beiden  Finhorne,  welche  Ludovico  Barlbema  oder  Variomanus  (') 
im  Anlange  des  secliszchnien  Jahrhunderts  zu  Meckba  gescbn,  höchst- 
wahivcheinlich  nur  solche  einhornige  Orj-ges ,  gewifs  aber  i  liiere  aus 
der  Anüloiien-Gatuuig  gewesen  seien.  Sie  waren  dem  dort^en  Sultan 
als  ein  kostbares  Gesdienk  ton  einem  Könige  aus  Aetbiopien  gesandt 
worden ,  also  africanischen  Ursprungs  und  auch  in  ihrem  Vaierlande 
Seltenheilen.  Die  Abbildungen  des  Einhorns  welche  Bochart,  wo  er 
des  Barthema  erwähnt  (^),  ohne  weitei-e  Elrklarung  hinzufügt,  lia- 
ben  gar  keinen  Werthj  denn  sie  sind  ganz  offenbar  aus  blofser  Vor$iel> 


(*)  Bein Ramasiol«^.  1634.      rMM«.tM3,  auch belBPurelia«  l'ii^r.p.  1480. 


308 


LiCa  TXKSTBiV 


lung  eniworfm.  silmraen  nicht  zu  Barlbema's  Be&chreiHving  tind  sind 
auch  nur  Üupicn  einer  alten  italienischen  Kupferiafel,  die  iSochart  von 
dem  g^ldirien  PhiloU^(e&  Huet  erbaltcn  haue.  Dieie  AbbiUung  ynr 
es  daher  wohl  kaum  wenh,  daft  oe  Meyer  tu  seiner  Sdirift  Öher  das 
Jfeem  nodi  eimial  oopiren  liefs. 

Wenn  man  ein  grofses  Gewicht  darauflegen  will,  dafs  Aristoteles 
und  Plinitts  den  Orjx  cinhornig  nennen,  so  darf  man  daeccen  auch 
nicht  uncrsvahnl  lassen,  dafs  er  sogar  auch  Yierhornig  gcnaujit  wird. 
Aelian  (')  ffihn  tokhe  Tierhornige  Or/get  miier  anderen  grofson  8el- 
tenheiten  aut  dem  Thieneidi  (uhme  Tigpr,  gefaSndif^  Buder,  tdinell- 
füftige  Rinder^  g^be  Tauben  und  weifse  Afien)  m,  welche  die  Indier 
ihrem  Könige  bringen.  Gewifs  ist  hier  von  einer  ungewöhnlichen  Aus- 
nahme.  ton  einem  in  der  Rec;el  zwcihomigen  ^  nur  in  sellncra  Naiur- 
spiel  vier  Hörner  ti'ageudeu  ihier  die  Rede,  wie  denn  auch  Pallas, 
dMD  in  der  Toriun  angplnhrtan  Stdle>  dme  Benehnng  aof  diese  An- 
9^  Aelian*^  tob  der  AmOSib^  Sa^  enihlt,  ee  gebe  davon  H&mchen 
mit  überzähligen  Hörnern.  Wir  kennen  swar  auch  eine  Antilope  qun- 
dricomis ,  eine  neuerlich  entdeckte,  wegen  natürlicher  Yierhomigkeit 
höchst  merkwüiidige  Art,  von  welcher  sich  ein  Schädel  in  der  Samm- 
lung des  Dr.  Brookes  zu  London  befindet.  Diese  abei-,  da  sie  in  litnier- 
Indien  sa Hause  gdiort,  wird  wähl  sdnrerlich  toh  Aelian  gemeint  ge- 
wesen sein  hSmien. 

Künftige  Beobachter  werden  an  unserem  Otjx  noch  Gelegenheit 
3EU  mancher  inleressanien  anatomischen  Untersuchung  finden.  Denn  so 
ganz  ohne  alle  Begründunc;  kann  doch  die  vielbesprochene  Stelle  bei 
Plinius  (-)  nicht  sein:  Orjgem  perpeluo  siüenlta  jijrtcae  generant  et 
twüiiu  loa  ffom  eatmtmn  et  am^ät  modo  ad  nmedia  mlim^uat.  Namqm 
GüetuU  laitomes  eo  dunutt  mixähj  repertu  ewpore  eonan  sob^errÖHt 
liquorü  vetkü,  Pallas  (^)  ist  geneigt  dies  daraus  zu  eiU&vn,  daft  dw 
Aniilopen  viel  an  Hydatidcn  im  Netz  leiden,  die,  inr int  er.  nn  einem  SO 
grofscn  Thier  nicht  unbedeutend  sein  können.  Mau  muis  gesteUn,  dalit 


(')   De  natura  animatium.  Lü.XY,  oy.  14. 

(*)   £t».X,  cmp.n* 

{*)  •1^7.s0o<.XlI,;r.64. 


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ähr  die  Jntäopen  de»  nÖrdiieken  Jfnea, 


30». 


dies  wenigstens  immer  noch  eine  naiürlichere  Ei'kljSrungsart  ist,  als  wenn 
nu  anndinien  wollte ,  '  diese  Antilope  komle  einen  Kamelmagen  mit 
Wusenellen  balicii. 

Widbtiger>  imnal  für  die  Benrilidlung  der  Meinungen,  welche  die 
Aegypter  selbst  von  dem  Orjrx  gehabt  zu  haben  scheinen,  ist  folgende 
andre  Stelle  bei  Plinius  (*):  Orjgem  appellat  Ae^plus  femm,  qtmm  in 
«xoiiu  ctutkulae  contra  siare  et  cotUueri  tradit  ac  velut  adorare  cum  sler- 
MMf«r.  Fett  miK  denselbeB  Worton  gedenken  dieier  ägyptischen  Sage 
Demeeciii»  beim  Photia»  und  Aelieii(*).  Leuterer  fögt  nodb  bäum; 
die  Libyer  rühmten,  dafs  ibre  Ziegenbeerden  den  Aufgang  des  Sirius 
vorherwüfsten  und  den  Regen  vorempfanden.  Es  ist  bekannt,  wie  wich- 
tig den  Acc;Yplern  der  hcliakalische  Aufgang  des  Hundslcins  wegen  sei- 
nes Zusammeaireflens  mit  dem  Anschwellen  des  Nils  war.  Alle  Naturer- 
edbeinnngen,  die  sn  diecer  Zeit  eidi  zeigten,  erhielten  dednrdi  eine  ge- 
wiese  Wicbti|^t  und  wurden  euf  du  Sec|eitt>Geitini  bezogen.  Mendie, 
nunil  m  der  belebten  Natur,  mochten  auch  wohl  in  ziemlich  nahem 
Zusammenhang  mit  den  Ursachen  der  Nil- Ansdiwelliing  stelni.  Die 
Menge  des  fallenden  Regens  in  den  inneren  Gebirgsgegenden,  selbst  die 
berabströmende  gi-ofse  Wassermasse  im  Nilibale  mochten  durch  ibre  Ver- 
dunstung Verändertingen  in  der  Atmosphäre  berrorbringen,  dw  ttcb  mi^ 
teilt  der  perioditcben  LulbtrSme  weit  in  da«  Innere  Libyens  foitpflenEUm 
nnd  eben  auch  in  dem  Leben  der  dortigen  Thicre  ]>eriodi$c-Iio  Ei'scbei* 
nimgen  bedingten.  Viele  Antilopen- Alien  des  südliclien  Africa  wan- 
dern alljährlich  in  gewissen  Jahreszeiten  nach  bestimmten  Richlungon, 
nämlich  dem  Luftsirom  entgegen,  der  sie  einmal  (zur  Zeil  des  Südost- 
passets)  an  die  waldigen  Küsten  lockt,  in  der  enlgegengesetsten  Jebn« 
•eit  aber,  bei  dem  Regen  bringenden  Noirdottwind,  au  den  dann  reicber 
begrasten  Karroo- Ebenen  hinzieht.  Sollte  bei  den  nordafricanischen 
Antilopen  der  überhaupt  bei  den  Wiederkäuern  so  stark  cntwickehe 
Gernrlissinn  und  diP  FnipGndlichkcil  gegen  Wasserverdunsiuiig  in  dci- 
Atmosphäre  (^),  schwacher  sein,  als  wo  ich  jene  periodische  VVandc- 

(•)  Lih.U,  capAO. 
(0)    JL««.VU,  ««91.8. 

(*)  In  inckM  Unten  wittwn  Biate  uni  Xamde  die  FMiw  «d  QmHoi  nif 
MsilsBweite  Znlinnnig. 

Pkj».  Xktte  1S24.  D  d 


310 


LlCHTBMCTBJH 


i-ttngen  beobacbieie?  Es  UUi  »ich  gewiTs  denken,  dafs  der  anschwel- 
lende Kü  und  die  stt  dieier  lebnceit  reichere  Tegeietion  ednet  Tliat 
wegee,  dieThiere  der  lil>yiehen  Wfiste  von  weit  her  herbeflodit}  deren 
Zfi|p  gdin  dann  von  Westen  nach  Osten,  lie  fdheinen  alle  nach  Mor- 
gen zu  schauen,  das  aufgehende  Gestirn  anzubeten.  Auf  den  Or/x  hat 
dann  der  veränderte  AurcnthaU,  vielleichl  die  Z^ahrung  von  fri^chea 
Kräutern,  noch  andere  Wirkung.  Mtcrouri  ^  ot  auroi  ^t^amuTcu  reu 

raAifir  fj|ir  nv  nkUu      nprtii  ins  iäurtS  hi3^ßttM  'AiyJvvMi 

Einen  andern  Grund  dieses  Hasses  giebt  Orus  (')  an.  „Yfauk  der 
Orjx"  sagt  er,  ,,in  der  Wüsle  an  einen  Ort  kommt,  wo  \Vn<<'?^'r  ist,  so 
trübt  er  dasselbe,  nachdem  er  geüunken,  mit  seinen  Lipj  i  n  und  vertin- 
reinigi  es  mit  seinem  Unraih,  scharrt  auch  Staub  mil  deu  iufsen  hin- 
ein,  dds  es  anderen  Thieren  nun  Trank  nldit  »ehr  tangt.  Und  weil 
ttiin  die  Göttin  (Im)  allee,  was  in  der  Well  Nfiialiehee»  lengi,  trermdirt' 
und  belebt ,  so  mnfs  der  Orjx  woU  flottloe  und  imdanlher  f^goi  eie 
erscheinen  (^)." 

In  der  That  lernt  man  auch  aus  den  bildliclien  Dai'stclluugen  der 
Aegyptcr,  dafs  der  Oijx  ein  unheiUges  Thier  gewesen  sein  müsse.  Auf 
keiiMr  Abbildiing  in  den  Teoipdn,  Grabnileni  und  an  den  Todun^ 
Listen,  «nf  keiner  dei*  Papyma-RoUen,  die  jetit  unire  Bifalioth^  sieren 

und  so  reich  an  UUHichen  Darstdlmigen  sind,  ist  eine  Spiur  Tom  Orjx 
oder  dessen  Hörnern  anzulreffen,  so  hiinfig  sifli  auch  die  Horner  der 
Gazelle  {Anl.  Uorcas)  darauf  nachweisen  lassen.  Jene  oben  angeführten 
Bilder  aus  den  memphischen  Pyramiden,  die  nur  die  Geschäfte  d^  Land- 
lebens danasidlen  idMinen,  aind  die  dnugen  mir  bekannten  auf  wdeben 
der  Oryx  vorkonunt,  nnd  wenn  bei  den  früheren  Erktucni  agjpiiicber 
Bilder  so  oft  von  Oi-yxhiimem  die  Rede  ist,  SO  beweist  dies  nur,  dafs 
mau  sich  eben  nichts  h^^u'mmtes  bei  diesem  Namen  gedacht  nnd  ihm 
eine  ganz  allgemeine  Bedeutung  g^ehen  habe. 

(')    Ael  ian.        X,  28. 

coft. 

(')  Propier  hacc ,  immuruhtiei  et  turpitudinis  kürrogijphon  atifue  in  lanlum  odio- 
sum  habcbatur  aiummtt      tobtm  jkgfpU  imtnbtiku  ü»  «Ü— i  attet  «faMM<IMi.  Altf. 


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fiiWA  m  den 

XiM»|ilipic3en  der  Römer,  lebend  in  Enropa  gotAxt  worden  «ad  die  von 

mieni  Reisenden  übersandten  Exemplare  unlaugbar  die  ersten  tbld 
ans  welclien  sieb  sein  Vorhandensein  in  dem  HegrifF  der  Alien  erwei- 
sen läfst,  so  ist  doch  schon  Kunde  dayon  in  vielen  Werken  der  letzt- 
Terflossenen  Jahrhunderte.  Au£ser  den  schon  oben,  bei  Gelegenheit  des 
Eiidumit,  erwühnten  Zeagnisten  «nd  nodi  folgende  irichtig  genug,  um 
•nupftüirt  na  werden.  Der  Fiter  Yineeat  Marie  sagt  ün  12^  Gap. 
seiner  ReiM:  »«Ich  habe  m  lÜMOat,  einer  Stadt  des  steinigen  Arabiens, 
eine  Art  -wilder  Ochsen  gesehen,  von  glattem,  weifsen  Haar,  wie  das 
des  Hermelins;  so  wohl j^eh:>ut ,  dafs  es  mehr  einein  Hirsch,  als  einem 
Ochsen  glich.  Nur  waren  die  Beine  kürzer,  aber  fein  und  zum  schnet 
ktt  Laufe  geschickt,  der  lU*  inner,  Kopf  nnd  Schwws  im  beim  Bind« 
aber  aehöncr  jidiant,  mit  swei  adiwanen,  harten,  dflnaen  uul  buigien 
Hörnern  Ton  drei  oder  yier  Palmen  Länge,  mit  Ringen  umgeben,  die  wie 
gedrechselt  oder  schraubenförmig  gestaltet  aussahn."  Diese  Beschreibung 
pafst  genau  auf  unsern  Orjx.  So  erwähnt  Jablonsky  (-)  bei  Gelegen- 
heit einer  Erklärung  des  vermeintlichen  Oryx- Opfers  auf  der  Bembi- 
niedien  Isit-TafSrf  d«  Beriebtee  von  Paul  Lncaa,  der  in  der  Beschnei- 
bong  «ciher  drillen  Rdee  dwdi  Aegypten  (1714)  folgendes  ersibk:  E* 
finden  sich  dort  viel  wilde  Ziegen,  die  bei  Jlh  Allen  Oiygea  biefsen.  Sie 
wandern  heerdenweis  durch  die  Berge.  Im  Haar  und  Schwanz  gleichen 
sie  den  Ziegen,  in  den  Vnrdjirfüfsen  aber,  die  etwas  kurz  sind,  den 
Dammhirschen.  Der  Hals  ist  lang,  ohne  Bart  und  schwärzlich.  Sie  haben 
gerade  HSzner,  die  aber  gegen  die  Spitce  bin  etwaa  gekrfinunt  lind. 

Im  Jahr  1717  fand  Herr  Jobn  Lock,  Afont  der  OitindiMben 
Gompagnie  zu  Ispahan ,  in  den  Pkrii  des  penlidicii  Sultan*  au  Kassar« 
zwei  Antilopen  dieser  Art,  Ton  welchen  er  Abbildungen  verfertigen 
liefs  und  nach  London  übersandte,  wo  Herr  Pennaui  sie  im  Briiii- 
schen  Museum  fand  und  zu  seiner  S/nopsit  oj  Quadntpeds  benutzte.  £r 
nadit  lie  dort  unter  dem  KuMn  der  weifaen  Antilope,  unter  Beda- 


[ ' )   Später  ist  «neb  diese  Amtilap« 

furt  gesandt  -wortlcu. 

(')    Optueul  U,  p.  234. 


Rüppcl  an 


m  Frank- 


Dd  3 


313 


LiCHTIMSTBIV 


Inuig  uof  die  dUge  Stdle  beim  Oppian,  bdunnt.  Patlaa  bMiA  in- 
swuchen  in  den  Peienborger  GonuncnUrien  (>)  ein  Horn  betduneben 

ind  a1ige!)iK1et ,  das  er  in  der  dortigen  Kaiserlichen  Sanmlung  gefunden, 
uncl  für  das  Horn  des  O/y  x  ertennt,  und  auf  diese  unterschiedenen  Data 
gründet  er  dann  die  neue  Art  jint.  leucoiyx,  die  im  12'"  Fascikel  seiner 
Spicilegien,  unier  Anführung  Oppian's,  zuerst  erscheint.  Lock's  An- 
gabe, dieie  Art  aei  auf  der  Uetnen  Imdl  B^k^äa  im  Golf  T«k  BiMore 
sn  HauM  und  die  Naduridit  de»  Pater  Vincent  Marie  TeridtaMn  in- 
dessen  zu  der  Annahme,  es  sei  ein  asiatisches  Thier^  mewolü  sie!)  Jeut 
leicht  annehmen  läfst,  dafs  es  als  seltnes  Geschenk  den  asiatischen  Für- 
sten BUS  Africa  zugesandt  worden.  In  Show's  Zoologe  (f^n/.H,  P.II, 
p.Sib.)  ist  dann  dos  in  London  befindliche  Üiid  im  Kupferstich  wieder- 
gegeben, nnd  Herr  Flrofes»or  Goldfnfi  hat  dawdbe  in  teinar  Foir^ 
setnmg  des  Scbrebe rechen  SSugetUerweilcee  danach  copirt  nnd  colo- 
riren  lassen  (Tab.  166  B.),  Anf  diesen  Bildern  ist  das  Thier  liegend  Tor- 
gesttdlt,  in  der  Ansicht  ron  vorn,  so  dafs  die  Verkürzungen  kein  siche- 
res Unheil  über  die  Körper -Verhältnisse  zulassen.  Die  Zeichnung  des 
Kopfes  stimmt  wohl  zu  unserm  OrjrXf  nur  reicht  der  üackcnsiL-cit  nicht 
gms  bis  an  das  Horn  und  das  Diukel  ist  viel  starker  aufgetragen.  Auch 
findet  sidi  ein  breites  dunkles  Querband  fiber  jedem  Yorderlanf ,  das 
uhsre  Evemplare  nicht  haben.  Die  Horner,  da  sie  fast  gans  aus  dar 
▼ordern  Ansicht  gezeichnet  sind,  erscheinen  fast  gerade,  beifsen  aber 
in  der  Beschi-eibung  leicht  gekrümmt.  Die  Ringe  an  der  untei'«n  HalAe 
sind  nur  leicht,  angedeutet  und  spiralförmig  geführt. 

Wiewohl  viele  der  hier  augeführten  Abweichungen  von  der  Bit 
dung  nnsers  Oty»  es  sweifelhaft  machen  können,  ob  man  ihn  in  dem 
Leucoryx  des  Pallas  wieder  erkennen  solle,  so  sind  sie  doch  nicht  er- 
heblich genug,  um  beide  für  Wesen  unterschiedener  Art  zu  halten,  und 
namentlich  ist  die  stärkere  oder  schwächere  Krümmung  der  Iliinier  kein 
Grund,  eine  solche  Verschiedenheit  anzunehmen.  Unsre  ReisenUcu  ha- 
ben nSmltch  aufser  den  beiden  ganzen  Exemplaren  noch  einige  lose 
HSrner  miigesandt,  dte  im  Allgemeinen  ganz  vwi  dertdiben  Bildung, 
dennoch  in  dem  Grade  der  Krümmung  und  da>  Zahl  der  Ring^  von 

('}    Nov.  Commeiuarii  Academüte  Pttn/foiUanae  ^o/.XJli,  />.468. 


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äfer  di»  AMtäopen  de»  JwnfiSbAeit  Jfika» 


313 


einander  eben  so  versciiieden  sind,  wi«  von  den  bei  Buffoa  (*)  und 
Pallas  (^)  abgebildeten  Höincni,  m>  da£>  ich  nicht  zweifelii  ^xnif  « 
nfiMOft  diese  «immdich  einer  nnd  deradbcn  Thiefart»  nSmtick  eben  dem 
OrpE  der  Alten  angdiAren.  -  Die  mindeste  Krümmung  ist  die  eines 
Hanu  Ton  36  Zoll  Länge,  das  auf  der  Sehne  3-i  Zoll  miist  (beinahe  wie 
das  von  Pallas  abgebildete);  die  stärkste  dagegen  ündet  sich  an  dem 
einen  ausgesLupficu  Rxeraplar,  dessen  Hörner  ebenfalls  36  Zoll  messen, 
aber  in  gerader  Linie  zwischen  dem  hintern  Rand  des  ersten  Ringes 
und  der  S|ritie  nur  einen  Rmnm  Ton  33  Zoll  haben.  An  dem  andem 
ausgestopften*  aoiist  ganz  gleichen  Exemplar»  sind  sie  merUich  gerader. 
Beide  haben  eine  gleiche  Zahl  der  Ringe,  nSmlich  26,  deren  letzter 
noch  nicht  die  Mitte  des  ganzen  Horns  erreielit.  Unter  den  losen  Hör- 
nern, die  zugleich  die  ansebnbchen  Höhlungen  der  Siirnzapfen  geMvah« 
ren  lassen  und  unter  einander  in  den  Verhältnissen  des  Umfangs  zu  der 
Länge  ganz  nbereinsiinmen*  hat  eint  33,  eins  40,  eins  sogar  43  Ringe, 
Ton  denen  aber  dennoch  der  lettte  nichl  weit  Aber  die  Mitte  des  Homes 
binawgdht;  der  geringelte  Theil  des  Horns  ist  also  kaum  gröfser  als  bei 
den  Torigen ,  nur  stelm  die  Ringe  gedrängter,  sind  aber  in  demselben 
Yerbähnifs  auch  weniger  erhaben  und  kräftig.  Ans  diesen  Verschieden- 
heiten lassen  sich  also  aucli  die  abweichenden  Angaben  über  die  Richtung 
der  Homer  erklären,  die  so  mandieriei  Zweifel  und  selbst  den  IIaiip(> 
nilsgnff  in  ^  Erklärung  des  (hjrx  der  Alien,  dnrcb  den  oq>isc]ien  so> 
genannten  Gemsbock  veranlafst  haben,  der  von  Pallas  unter  dem  Nt" 
nun  Ant.  Oryx  in  die  systemati<;chen  Verzeichnisse  eingeftlhrt  ist. 

Beide  aber  unterscheiden  sich  wesentlich  in  folgenden  Punkten. 
Der  südafricanische  Orj  x  oder  Gcm&bock  ist  erstUch  wohl  reichlich  um 
das. Doppelte  grölser,  nnd  dabei  sind  die  Horaisr  an  .sieb  schon  ikiiner, 
also  nocfa  vid  nebr  im  Verbilmifs  aar  Vorperl&ige.  Beim  agyptisdien 
Oryx  messen  sie  fast  die  Hälfte  der  Leibeslänge,  hier  kaum  ein  Vier>, 
thcil.  Sie  sind  ferner  liier  fast  gerade ,  auf  der  vorderen  Krüm- 
mung Z2\  Zoll  lang,  auf  der  Uinterseite  nach  der  Sehne  gemessen 


(•)  JITwi.  iHtf.  FW.XU.  M*.3i,/.l. 

(■)   JVoc.  GHXMtf«.  A«ny*.  riA.  XUI,  yik.  10.  «ad  S^tpot.  FaiSiXUt 


314  .  LroKTBWsTsiv 

nicht  weniger  ab  31~Zoii^  dabei  unftcholich  dicker  und  ihr  Umiang  ist 
an  ^  Basis  64-  ZoQ,  in  d«r  Mitte  4^  Zoll,  Yor  der  SpiUe  6  Zoll, 
iNnm  Oijrx  dagegen:  an'  der  Beaie  5  ZdU  iu  der  Mitte  4  ZoQ,  vor  der 
Spiiae  24-  Zoll.  Die  ZaU  ihrer  Ringe  wechselt  an  vier  Baaren,  die  Ich 
zTir  Vergleichung  vor  mir  habe,  zwischen  neunzehn  und  Tieinndsmiii^. 
Der  letzte  derselben  reicht  aber  immer  weil  über  die  Mitte  hinaus  und 
die  TorleUieii  sind  yveit  von  einander  absiebend,  breit  aber  ilach ,  die 
mitereit  vonäglich  kräftig  und  hoch  gegen  die  dazwischen  liegenden  ge> 
furchten  Vertiefimgen.  Die  oben  «ogefühne  Knpfertefd  bei  Bvffon 
(Xn,  33.)  stellt  die  Horner  beider  Arten  neben  einander  dar.  Die  flüch- 
tige Vergleichung  lafst  keinen  Zweifel,  dafs  sie  unterschiedenen  Thie> 
ren  angebown,  wie  Buffon  auch  selbst  annimmt.  Femer  ist  der  ca- 
piscbe  Oiyx  in  Farbe  und  Haar  auffallend  vom  ag^'ptischen  verschieden. 
Die  einzige  Ucbereinstimmung  in  Hinsicht  auf  dem  ersten  Punkt  ist, 
daf«  andi  hier  dae  Haar,  -wie  edion  oben  erwähnt,  lingp  dem  Rüokpat, 
Tont  Krenz  bis  zum  Kopf  rfidtwarts  läuft.  Das  Haar  ist  fibri^na  aber 
dnrchgehends  länger,  reicher  und  dichter.  Die  Farbe  ist  rothgitiUy  anf 
der  Milte  des  Rückens  dunkler;  ein  Streif  von  den  Weichen  bis  zum 
JEllenbogeu ,  der  Scitenstreif  des  Kopfes  vom.  iJoru  zum  Mundwinkel, 
der  Nasenrücken,  ein  Sumfleck  in  Gestalt  eines  V  und  der  Untorhole 
•ittd  ediwarzhrana,  desgleichen  eine  breiie  Binde  fiber  jedem  der  Yor- 
dersdienhd.  Wenn  mm  |^di  in  dieser  Zeidbnong  des  Leibes  10  viA 
Aehnliohkeit  mit  dem  Orjrx  li^gt,  dafs  man  daraus  Gn-vier  entschtil- 
digen  mufs .  wenn  er  sie  beide  nur  nls  Varietäten  einer  und  derselben 
Art  ■will  gehen  lassen,  so  sind  doch  die  übrigen  Punkte  völlig  entschei- 
dend und  wem  noch  Zweifel  bleiben,  der  vergleiche  die  oben  ange- 
gdbenen.  Dihnensionen  mit  den  Teihaltnissen  des  cspschen  O/^-r,  die 
in  den  nenem  systenatisdicn  Werken  angeg^tei  sind,  und  betradite  sicfa 
.beide  Arten  neben  einander. 

In  Hinsicht  auf  die  systematischen  Namen  beider  dieser  Arten 
wird  sich  wohl  jeder  Zoologe  mit  mir  dahin  vereinigen ,  dafs  es  bei 
den  von  Pallas  gegebnen,  nun  schon  ein  halbes  Jahrhundert  gültig 
fewescnen  Benennungen  verbleiben  müsse  und  dab  der  Name  Oiy» 
also  nicht  wieder  in  sein  ursprüngliches  Redii  dngesetat  weiden  könne, 
wenn  mdu  eiae  Verwirrung  angeriditet  worden  soU,  die  durch  die  ge- 


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i&p  dia  jimtibpen  das  nöndlk^^  Jjrkm*  316 

tol^iol  y<MrdMiI«  euer  toUkommcn  ridiUgea  Anweodung  jcbm  Namens 
ichwerlidi  aofgewitgen  wetden  ilOrfle. 

Schließlich  hebe  idb  noch  zu  bemerken,  da&  diese  Aniilopo 
nadt  Herrn  Docior  Hemprich*«  Bericht  bei  den  ArabcA  de»  Sudtat 
den  Nemen  Aiu'harie  lübri. 

n.   A]ST1L0P£  ADDAX  k.  (*)   Tab.  U. 

Di^  Art  iit  Ton  GrSfre  und  Grcstilt  eines  Esds  (über  6Fafii 
hag  und  3  Fufs  hocb)  von  feistem  Kötperbau ,  ganz  Kreiit  'von  Fexbe, 

doch  am  Oberhals  mit  biitmlirher  Beimisrhnnf^  mid  f'Mi  cnnr.  brRiincnn 
Kopf.  Dieser  hat  nämlich  eint  ii  dunlteliülhbrauin  ii  >elK  iielfleck ,  der 
Lioier  deu  iiurnern  einen  Halbkreis  von  6  Zoll  Haibdurciimcsser  ein- 
nimmt, ywa  aber  tvnidien  den  Hörnern  b»  €ber  die  SUrn  in  bogen- 
förm^em  Umrift  (44- Zoll  weit)  vortritt;  -vor  den  Ao^en  siebt  «di  ein 
(in  der  Mitte  l  Zoll  breites  und  7  Zoll  langes)  schneeweÜMi  QnerbMid 
bis  an  die  Wangen  hin  ,  die  dann  seihst  samt  der  Schnauze  maltbrann 
\on  Farbe  sind.  l  eher  den  Mundwinkeln  wird  die  Farbe  wieder  liel- 
lei'  und  zu  beiden  Seiten  der  Nase  zeigt  sich  über  den  Lippen  ein 
cdimuzigMveifMr  Strien.  Der  Sohirans  iat  10  ZoHi  lang,  an  der  Spitz« 
mit  einer  3  Zoll  lang^  Qomte  von  «dmeeweifaen  Haaren  beaetst.  Die 
Bdiaaning  itt  Itnn,  grob,  dicht  anliegend,  nur  der  dunkle  Stimfleck 
trägt  längeres,  sich  von  d(>r  Milte  gegen  den  Umfang  aufkrümraendcs  und 
die  Wurzeln  des  Cehorn«  deckendes  Ilaur.  Die  Oiiren  messen  6  Zoll 
Länge  und  nach  dem  mittleren  ümfimg  3-g-  Zoll  Breite,  sind  aufsen  mit 
dicbt  anliegendem,  innen  mit  längerem,  abatehenden,  weifiMn  Haar  be- 
kleidet nnd  mae  an  der  änftereten  SpiiM  echmntzig  roatferbai.  Die 
Hörner  liegen  in  der  Ebne  dee  NnaenrAcbsns,  sind  lang,  spiralfdmug 
gedreht  und  mit  Ringen  umgeben,  und  zwar  unt«r  folgenden  gcnnueren 
Bestimmungen  An  der  Wui/el  ei-Kcheinen  sie  nicht  ganz  rund  .  son- 
dern von  vorn  iiach  hinten  untncikiicli  zusammengedrücki,  nach  der  in- 


(*)  Der  Sirrpticens  und  Adiiax  des  Pliniu*.  Nur  der  leute  jdic«er  bvidca  Namw 
laoB  tur  BcMidiang      Art  i«  SfMeni  gilmnAt  mitJea,  ila  der  «ata  beraHa  einer 


316  -  LiakVBXtvsin 

nem  SeH«  ntdintcn  Ton  d«r  krewimdeii  Gcttak  d«»  XJtahnfgn  ab. 
weiehend  («Iso  hier  «tnmpf  gekaniet).  Bb  4  Zoll  tfiber  der  Wnnsd 
•ind  sie  von  idunntsiggdber  Farbe  und  fast  glatt,  dann  wird  die  Farbe 
allmablig  dunkler  und  es  zeigen  sich  immer  bestimmtere  und  durch 
tiefere  Zwischenräume  gesonderte,  Tvellenförmige  Hinge,  wäliren«!  jedes 
Horn  in  seiner  Krümmung  nach  auisen  und  hinten  eine  mäüsige  öpiral- 
Ume  bescbreibt  und  iidi  dibei  gleichzeitig  halh  am  «eine  eigne  Z^ngen- 
Adbse  dreht,  to'  dafs  wenn  die  erste  Wlndnng  vollendet  ist,  die  hintere 
weniger  von  den  Ringen  umfafstc  nnd  fast  flache  Seite  die  vordere 
wird.  Nun  folgi  noch  eine  zwcile  Windung  mit  deren  Ende  das  Horn 
Sich  einmal  ganz  um  seine  Ach<e  ^^edrebl  hat,  und  von  hier  an  werden 
die  Hinge  tlacher  und  weiter  und  von  dem  letzten  derselben,  welcher 
«n  «msem  BKimidir  der  aditnidiwviiigMe  iit,  Tcxlanft  das  Ebde  ridi 
▼fillig  genide  (der  Lingeoachse  der  SpiraUinie  paralld),  f^tt  und  sdiwais 
in  eine  immer  dünnere,  zuletzt  scharfe  Spitze.  Die  Länge  jedes  Horns 
Von  der  Wurzel  bis  zur  Spitze  in  gerader  Linie  ist  27-5-  Zoll,  nach  der 
Krümmung  auf  der  Vorderseite  gemessen  aber  3.3  7011;  der  Umfang 
an  der  Basis  beuä^  öZoU,  in  der  Milte  öZoü  vor  der  SpiUe 
34-  Zoll*  UmnittdlMur  an  der  Wnriel  ist  swisdien  den  Homeni  nur 
l-f  Zdl  Zwiscfacnrautt.  Wo  aie  in  der  enten  Windung  sich  am  wei- 
tetlen  von  einander  entfernen ,  beträgt  der  Zwischenraum  1 2  Zoll ;  sie 
treten  dann  aber  in  ihrer  ferneren  Windung  noch  auf  eine  Nähe  von 
9  Zoll  wieder  zusammen,  gchn  von  hier  an  aber  immer  weiter  auseinander 
und  zwischen  einer  Spitze  und  der  andern  ist  ein  Raum  von  2ü  Zoll. 

Anüier  diesen  Hauptmerkmalen  sind  noch  folgende  charakteristisch: 
<)  ein  Haarwirhel  im  Nacken»  3  Zoll  hinter  den  HSxneni,  von  welchem 
eine  kleine  Mähne,  aus  dünnen,  etwa  2  Zoll  langen  Haami  «usammcB- 
gesetzt,  anfängt,  die  fast  bis  an  das  Widerrüst  reicht  und  welcher  an 
der  TTnterseiie  des  Halses  ein  ganz  ähnlich  gebildeter  KehUchopf  ent- 
sprich i;  2)  sehr  hochliegende,  schräg  gestellte  Augen,  die  vorzüglich 
duu  beitragen,  dem  Thier  in  der  Bildtuig  des  Kopfes  eine  gewisse 
Aehnlichkeit  mit  dem  Ziegenhod  so  gehen;  3)  auÜMroidentlich  breite 
und  platte  Hufe,  besondons  an  den  Vorderfüfsen,  wo  sie  mit  so  weit 
'überstehenden  Rändern  vortreten,  dafs  die  Spur  3-^  Zoll  Breite  hat,  in- 
dessen der  Durchmesser  der  Fessel  dicht  über  dem  Hof  nur  2  Zoll  be- 


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317 


tragt ;  an  den  Hinterffttsen.  nnd  alle  diew  Tbeile  um  ein  Yiertheil  klei- 
ner. IXe  Gdtnke  der  Ffibe  «ind  etwas  «uigetridieii  und  geben  den 
Laufen  ein  etwai  plumpes  Ansehn ,  das  diese  Art  Ton  dam  mdirMea  m 
ungemein  zierUdl  gebauten  GatUmgs -Ver^yandten  unterscheidet. 

Das  einzige  Exemplar,  welches  nnsre  Reisenden  iihersanHt  haben, 
ist  ein  weibliches.  Es  laCsi  sich  veriuuihcn,  dafs  die  männlichen  ludi- 
▼iduen  noch  grölser  und  stärker  und  von  ansehnlicherem  Gehörn  sein 


Game  liSnge  von  der  Schnause  bis  aor 

Sohwanzwtirüel  6  Fufr   »  Zoll 

Liii^  des  Kopfes  bis  mitten  zwtsciien  dem 

Gehörn  1  —  »  —  »»  — 

—  Ton  da  bis  mm.  Widerrfist  1  —  8  —  « 

—  —  —  —  sur  8diwBnnnuiid>>.'>  3  —  4  —  »  — 
■r-   dis  Sehmnaes  «•  —  11  —  n  ^ 

—  des  üben")t<;fnden  Haars  an  daaien 

SpiLze  »  —  1  —  M  — 

Höbe  vom  Widcrrüst  bis  ziun  Boden  3  —  „  —  „  — 

—  Yont  Evern  Ihs  anm  Boden  3—!-  1  —  ,»  ~ 

Uaafing  des  Hskes  tn  der  MtUe  1  —  9  —  »  — 

—  des  Vorderleibes  >  3  — -  6  —  «» 

—  des  Hinterlieibes  . .....r.***f*'>^«>*  3  —  6  —  „  — 

Länge  der  Scapuia  (')  1....  0   —  9-y—  »  — 

Breite  derselben  0  —  6  —  »  — 

Hobe  der  Spina  •.•'•••>.<.•••••.•••>••»••(•  —  1  —  »  — 

des' Ofaerambejos  »  —  8  —  »  — 

desUnierarmbeins  vom  Ellenbogen  an  M  —  12  —  »  — 
der  Röhre  vom  Handgelenk  bis  zur 

Fessel  «m  —  7  —  »  — 

der  Fessel  .•••»»'  —  3  —  4  — 

der  yorderhnfe  eben  v«.  •»  »  3  —  m  — 

—        —       onten  »—  4  —  5'  — 


(*)   Dir  Miiafs«*  sind  tod  den.  Ja  dar  fibanandtaa  Haut  atackeadcD  Knocbea  \ 
Phjs.  Klasse  1824.  £  e 


318 


LlCilTSVSVBIII 


Linge  der  Afteritufe  »Fufs   1  ZoU  „  Linien. 


—  9  — 

gg 

10 

—    der  Schiene  vom  Knie  bis  zxun  Hacken 

9»  ~" 

11 

-  6  - 

—    der  Röhre  vom  Uftckm  bis  xor  Feuei 

«*   

12 

w» 

3 

M  ^ 

3 

—  3  — 

w  — 

3 

—  »  - 

Breite  derselben  ...i..-  —     1        »  — 


Die  BeschaOenbeit  der  Ilöiner  an  diesem  Thier  führt  auf  die  sehr 
mhe  liegende  Vermuthung»  es  sei  der  Suvpsiceros  des  Plinius,  der 
allein  imter  den  shen  Sdurilhttellem  dieiea  Nanea  gebmncht  und  ans 
dessen  Angaben  man  schon  «cIif  vidorlei  andre  TUere  daffir  gebalten 
hat.  In  der  dben  (S.202)  angeführten  Steile,  nennt  Plinius  nSmh'ch 
auch  den  Strepsiceros  unter  den  wilden  Ziegen ,  die  jenseits  des  (miiiel- 
hindischeu)  Meeres  zu  Hause  gehöre».  An  einer  andern  Stelle ,  wo  er 
Ton  der  Verschiedenheit  der  Honbildn&g  spricht  ('),  bezeichnet  er  den 
Stnpfieepes  genauer,  nnd  olii^ch  nur  mit  wenigen  Worten,  doch  so 
deuiÜdk,  dala  man  sich  btlÜg  wundetu  mnCi,  wie  imne  Worte  so  arg 
haben  gemisdeutct  werden  können.  Ware  unser  Thier  früher  bekannt 
gewesen,  so  hätte  es  keinem  einfallen  können,  das  kreiischc  Schaf  oder 
die  indische  Cervicapm ,  oder  das  südafricanische  Kitdu  eins  um  das 
andre  für  den  Strepsiceros  des  Plinius  zu  haltca;  denn  seine  Ausdinücke, 
die  durch  die  besUmmten  GcgensSiae,  in  denen,  sie  gdhraudit  werden, 
gans  den  Werth  Ton  Kunstansdrücken  gewinnd» ,  lassen  sich  Tollioin- 


0)  Za.XI,  eap.Z7.  Contmt  mubit  ^uidem  •  vatüs  data  nmt  modis.  Nee  mtiU 

maiur  nutiinir  lil^cn'ia.  Sparsit  hacc  in  nimut,  ut  cervorum.  Altiy  simpUcia  Iribiiit  ut 
in  eodem  genere  subuionibus  «f  argumento  dicfit.  AUorutn^fitucit  in  pafmas,  digiiotque 
9müitae.äi,  unde phtfeerotas voeant.  DedA nmom mpni» wed pan>a.  CbmolHMi'» 
anfractnm  aridiiin  p  lu-i  ! ,  ri>u  cacuus  darrt ;  infcsdi  iiiuris.  —  Riipiccapris  in  dorsum 
adunca^  damit  in  atlversum.  Erecta  autem,  rugarum^  ue  ambitu  contorla  et 
in  laeve /'attigtum  tjfaeutn  («(  lyrat  dicerci^  StripsUtrotip  f  nein  Add»- 
cea»  ^rica  «ppcttai. 


219 


men  ab  DiagMM  VOMICS  ThuNTN  anwenden:  Comm,ereeta,  mgarum 
miäu  Mmtorkt  et  »iacpe/ul^ium  egeaeukt,.  Beim  Itratiidun  Sdiaf  nfai» 
lieh  sinil  sie  nicht  engta,  bei  der  Ceivietq>m  £eUt  das  iaeve  fatttgiuih 
da  sie  bis  an  die  Spitze  geringelt  sind»  und  am  Kudtt  Ibklen  die  Run« 

zeln  und  die  gerade  Zuspitzung.  Obgleich  wir  also  keine  genauere  An- 
gabe von  den  übrigen  Merkmalen  des  Slmpskeim  haben,  stehe  ich  doch 
nicht  an,  sowohl  wegen  des  Fondoites,  als  wegen  der  Merkmale,  die 
kcMwr  ab  hier  nii^gend  sutreffiM  IbSluiea,  zu  glauben»  Pliniut  habe  das 
liier  beichriebeBe  Thier  mit  dem  Namen  Sinpiieerot  gemeiiit.  Dook  KÜae 
die  Fi-age  allerdings  noch  eine  nähere  ErSrterang  zu.  Denn  obgleich 
der  Name  bei  Niemand,  aufser  dem  Plinius  Torliommt,  so  finden  sich 
doch  noch  auch  sonst  Uindeatungen  auf  ähnliche  Thiere^  z.  Ii.  beim 
Oppian  (*):  . 

AJyA*  9*  mSm  miku  irfsßwnf  t»  rnrnm^fm  ^SXat- 

cv  iroAXtfr  toCtdiv  otaiv  >mti<mv  t$  yjaoi^iv 

wo  nur  freilich  sicli  Lben  xiiclu  laol  i  Ijuw eisen  lafst ,  als  Oppian 
habe  nicht  das  krcüsche  üchal  damit  gemeint,  da  er  hier  von  wilden 
Arten  redet  und  eine»  »hnea  hretitdieB  Selwfea  ipiier  (t.377.)  au- 
luhilidber  gedenkt»  das  er  ab  gelbnMk  von  Faibe,  ^^«d»baari§  und  Tlefw- 
bSniig  betcbreibt.  Man  sieht,  der  Dichter  hat  kein  aehr  bestimmtet 
Bild  von  diesen  Thieren  mit  gewundenen  Hörnern,  und  es  würde  kaum 
der  I\Iühe  werih  sein,  diese  Stelle  anzuführen,  wenn  sie  nicht  spiiier 
zur  Ei-klärung  des  Strepsicerot  beim  Piinius  so  oft  mit  zu  Hülfe  ge- 
nommen wire. 

Der  Bctttt  der  eine  tokhe  Deuinag  vanmchi^  «ar  Pierre  Ballon, 
als  er  a«f  Minar  Reite  im  Okimit  (von  1546-49)  auf  der  ioeal  Kreta 

Mhme  Schafe  mit  gewundenen  Hörnern  an2;etrotren  hatte.  EHe  Hirten 
am  Berge  Ida  nannten  diese  Striphoceri,  wodurch  Bellon  zuerst  verlei- 
tet worden  sein  mag,  si«  für  einerlei  mit  dem  Süvpticeros  zu  halten. 
Seine  Beaehreilwmg  und  e&i  beigefügter  Holaichnitt,  die  ron  Gefener, 
AldlroTand  und  Arielen  andern  wiederholt  lind,  beweiten  indetten  dent- 


(<)  m^rf  0,  t,m. 


£e  2 


220  Lic»TXii»TBiir 

lieh,  dafs  dies  kretische  Thier  nicht  das  oiisrige  gewesen  sein  könne,* 
ja  es  wrd  daniu  sdir -walineliefiilich däfs  Bei lon-^  noch  «twas  ganz 
andres  vor  sich  gdiabt  habe,  als  was  seit  BrUvons-Zeic  das  fcietiscte 

Schaf  genannt  ist  (*).  Indessen  giebt  Gefsner,  nachdem  er  in  seiner 
HistoHa  animalium  (1,^.323)  den  StiTpsirems  mit  \venigen  Worten  ab- 
gchandeh,  in  den  Iconihiis  antmnlium  qundniptuium  (p.37,),  das  ver- 
gröfserte  Bellonsche  Bild  nebst  den  Hauptsachen  der  Beschreibung, 
Älgt  noch  die'Si^e  aus  dem  Plinius  bei,  und  redet  nah  Ton  einer 
•ndem  Ai-t  Str^meenut  von  deren  Gehlirn  ibu  Job»  Cajne  AbSnUnng 
«nd  Beschreibung  aus  England  übersandt  hatte  und  die  er  ensföbrlich 
mitiheilt.  Dieser  Slrepsiceros  des  Ca  jus  (wie  er  seitdem  genannt  wird) 
ist  kein  andrer,  als  der  iicbtc  de»  Plinius,  und  die  ganze  Stelle  lim 
SO  wichtiger,  als  es  beinahe  die  einzige  Noii^  von  dieser  Antilope  ist, 
die,  bis  auf  die  oben  von  mir  gegebene  Bescbieiboi^  derselben,  sieb 
in  irgend  einem  Boche  vor6ndet.  Denn,  ob  das  einsdne  Horn,  nach 
dessen  Kenntnils  Herrmann  (-)  seine  Antilope  lordcomis  nufsiellte,  für 
das  des  ächten  Sdypsireros  zu  halten  sei ,  läfst  sich  aus  der  km-zen  Be- 
schreibung niclil  mit  Sicherheit  abnebrnm.  Aber  wahrsrheinlicli  wivd 
es  allerdings  am  üei  L>leichheit  der  angegebeneu  Verhällnisäe.  An  der 
Uflbereinstimmung  jenes  Ar^ni»ros  des  Gajus  mit  muermjiddaxi  läfst 
sieb  dagegen  auf  keine  Weise  svreifdn,  da  nieht  nur  die  Abbildung  de» 


(')  £•  Iieiürt  oimlicb  aiudriicUich,  dio  Homer  seien  nicht  inficxa  nec  conlorla,  ttä 
omnmo  erecta,  ut  Unieornu,  in  tmiftu  eatmUtutatm,  aber  m  End«  desCapiteb:  eonw^ 
recia  canaliculala,  cl  corh/rae  in  mtxiuiu  ir.niurtn.  Die  ALIiIIdmi^  vuti  wrlrli  tr  n.-llott 
amdrücklich  vmicbert,  d«fii  sie  nicbt  von  einem  aiulera  Autor  eutlelint,  alio  von  ihm 
nädi  der  TCatur  gegehra  id ,  atdU  an  emer  gewShnliclien  Sebafgestalt  die  Hümer  ge> 
radi',  ilick  ,  siiini])!*,  kurzi'r  aU  der  Kopf  \md  »dir8ii!>cnrimiig  tlar.  Gm»  wilUtihrlich 
aclst  UrisAon  seiner  L)ia{;aose  die  Kehenbeatimmung  hinsu,  die  Uwoer  seien  spiralOr- 
itt!g  gcwtmden,  womit  er  vielleicbt  nicht  mehr  als  eben  das  SebnmbeafSnnige  gimietiil 
hat.  Aber  dieser  Ausdruck  ist  Urs-ulic  1:1  ivorden,  dafs  man  da»  unj;aii.st )»■  ScIuiT  [den 
bekaoDtea  Zackelhock),  für  einerlei  mit  dem  kretischen  Schsf  gefaxten,  was  aber  immer 
mir  naebgesprocfaen,  nirf^ends  erwiewn-tst,  denn  oadaes  WimeiM  bat' iriv  Bell« b  His^ 
mavii!  aus  eigner  Anslclit  von  i!(-r  Schafrace  am  B<rge  Ida  berlcliü-t.  Eine  Jcr  BeHon- 
schen  sehr  ibnlichc  Darslclhuig  j^eradhüniiger  äcbafe  liadet  sich  ja  der  DcscripUon  lie 
t'J^gfpie  AndquiUs,  f^ot.  IT.  Mfc  68»>:  13. 

(*)    Ottervationet  tookthitt  p-W,  v  ^ 


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Hier  iia  Jnläapa^  d$»  MoMifieA«»  Afrka»  321 

G«&Si«ta:Voltt<MiiiiMB  «itriSk,  «mdectt  «äuäk  ilie  toii  Ga)ü8  angegebeaen 
Ifaaiiie  dieaelbca  Mnd,  di*  ich  id»«t  von  dem  GthSni  dm  Addax.  ge^ 

gdMB  liahc. 

Nichtsdesioweniger  hat  ebeo  diese  Stelle  zu  neuer  Misdeutung  Yer» 
aDlnssnnrr  c!<"ct']icn.  Denn  als  Kämpfer  (der  bis  1694  reisie)  die  ei"Ste 
NMciirichi  vun  der  schönen  indischen  Antilope  gegeben  die  er  Ca-^ 
jaieerva  -^aA.  Cervicafun  wnal  und  die  nachmals  unter  letzterem  Namea 
in  die  Systeae  eingefilhrt  worden,  ^ubten  Alle  dem  den  Sirepneant 
Cm  ma.  erlteBnen -tmd  es  ward  Gebrauch,  sie  gemeinschaftlich  zu  den 
Namen  zu  cilii'«n,  die  man  für  die  unbekannten  indischen  \rilden  Zie- 
gen bereit  hatte.  Man  darf  nur  die  unterschiedenen  Ausa'.ilten  des 
Linne'sclien  Natursystems  unter  einander  vergleichen,  um  sich  zu 
überseugen,  wie  sdiwankend  imd  tmsich^  das  Urlheil  über  diesen  G«* 
genttuid  daiinls  gewesen  nnd  wie  wenig  es  der  Mübe  werth  sem  kfinna, 
die  vidfaeben  Irrthflmer  und  ihre  Ursachen  nodi  genauer  zu  erörtern. 
Genug  die  Cwvkapra  yrard  mit  dem  Stfepaceros  verwechselt,  weil  man 
auf  die  Gestalt  iinrl  die  Veithellunt;  iler  Ringe  an  »lem  Gehörn  zu  we- 
nig acliiete  und  entweder  den  iiesclii  oibungen  luid  Abbildungen  der  bei- 
den alten  Reisenden  zu  wenig  Genauigkeit  zutraute,  oder  avcli  lelbM 
mehl  genau  genug  in  der  Vergkicbai^  ibrer  gans  bestimmten  und  ridh- 
tigen  Ausdrücke  war.  In  diesen  Fehler  Teilallt  audk  Bnffon ,  indem 
er  ein  einzelnes  Hon  nnsers  achten  Strcpsiccros ,  das  sicli  im  Naturalien- 
kahinct  des  Königs  von  Frankreich  vorfand,  neben  dem  Gehörn  der  in- 
dischen Cervicapra  beschreibt  und  abbildet  (^)  und  es  als  eine  blofs  zu- 
£allige  Abweidituig  betrachtet,  ohne  der  ganz  übereinstimmenden  Abbil- 
dung bei  Gefsner  daneben  tu  erwähnen.  Buffon  kennt  auch  schon 
das  Gehom  des  capiscbeD  Kudu  (irrig  von  ihm  Condoma  genannt) 
und  bäh  nun  dieses  aus  vielen  -jetzt  leicht  zu  widerlegenden  Gründen 
für  dem  Slrefpsirfm-!  fh-s  ajus  angehörig  (*),  als  wenn  es  unmöglich 
noch  eine  drille  vun  beiden  luterschiedeue  Art  mehr  geben  könnte. 


(')  Amoenilales  exolicar  p.         vi  p.hffj./.l. 

(*)  Uist.  nat.  Xli,  p.  275.  tab.  3ö.  /  2.  ,  ' 

n  Mm  >F«r^eidw  Pallas  ^fieO.  »oot.JktcTaf  p.0. 

(*)  iiwi.iMi.3U]»  p.aei.4yu8f.-       .   i  i 


23d 


LlO* VBVSTBII 


So  beii-achiet  es  nun  auch  Pallas,  al»  «r  «ui  vollständiges  Fell 
dieaes  sfidfincaniaehcii  Thieces  hdtwamt  xatA  diaadi  'diu  «utüBliKlick«!« 
Bescbieilrnng  dcwelhen  (a.  a.  O.)  entwirft.  Er  macht  dabei  den  FdUer, 
dafs  er  dasielbe  mit  dem  Namen  ^nt.  Strepsieeros  belegt ,  der  ihm  )eiit 

nicht  mehr  ru  nehmen  ist,  aber  Torsichtiger  als  Buffon  beii;innt  er 
seine  Beschreibung  sogleich  mit  dem  Zvveiiel,  sein  Stre//sicems  sei  wolil 
nicht  der  des  Plinius,  doch  passe  auf  keine  andre  Antilopoi-Art  die 
Bedeatmg  do  Hamens  beeser  auf  dieae.  In  der  ^stomaiitcliea  Zn- 
f mwi^MM^BMug  wird  dann  von  ihm  kiaeh  Buffonscber  Weite  der 
Sireffsiceros  des  Gajus  bei  dem  capischen  Kudu  citirt  und  die  Beschrei- 
bong  des  PHnin«;  auf  diV  inrIiscLe  Antilope  angewendet,  sutt  dafs 
eine  genauere  Vergleiciiun^  sammtiicher  Angaben  hier  schon  hätte  leh- 
ren können,  dafs  es  noch  eine  eigene  Ton  beiden  unterschiedene  Art 
0abe,  auf  «eldw  die  Worte  des  Pliains  besser  lanifen,  als  auf  «ane 
der  beiden* 

Alle  diese  Irrthümer  sind  nun  durch  das  erste  voUsiÄndige  Esem- 
plar,  das  seit  den  Zeiten  der  römischvti  Irnjxrjuoren  nach  Europa  ge- 
kommen ist,  hinreiciiend  berichtigt.  Abei  es  ergieiit  sich  daraus  noch 
ein  andrer,  für  die  Alterihumsforscher  wichtiger  Aufschlufs.  So  ver- 
gdtlidi  icb  mich  wiailidi  aoch  liemfibt  bebe,  in  dar  reicbam  Sammlung 
alt-i^(yptisehttr  bildiklier  Dantdbmgeii,  -welche  di«  K5m|^iehe  BiUio- 
eine  ganze  Abbildung  des  Slrepsiceros  zu  finden»  witt  sie 
vom  OryXf  Tragflaphus  und  der  Dörens  so  hiiuCg  voikommi ,  so  viel- 
fäliig  Stöfs«  icli  in  diesen  Abbildungen  auf  die  Vorstellung  der  Horner. 
Die  sogenaimtcn  ßoci^süurucr  uumlich,   die  ilurnei*  des  Mendes,  die 

inf  den  Hanpiem  des  Ammon»  Pbre,  Tbeatb,  Mars,  OslHs» 
Horns  nnd  T jpbon  so  biufig  eKsohemen,  auch  iroU  Priester  md 

nige  zieren  sind  unläugbar  nichts  andres  als  die  Horner  nnscn 

Strvpsicems  oder  Addax.  Sie  erscheinen  immer  deutlich  gewnnden,  nie 
geschweift,  wie  die  Horner  des  europäischen  Ziegenbocks,  immer  in 
dem  nciuigen  Yerhältnifs  ihrer  üröfse  zur  Menschengestalt ;  nur  ist  ihx'e 
Riditimg  verändert,  sie  sind  mit  dm  Wundn  gegen  einander  in  eine 
gerade  Linie  gmteOt,  das  eine  nach  binlen,  das  andere  nadi  vom  gp- 

('}  TcrgLTölkea,  vom  Tnapd  Jm  Jnpiter-JwM^'&tKk 


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Ufer  d£»  Ataättpat,  du.iionBkh«H  Jfnem, 


233 


wendet,  was  entweder  geschebn  sein  miig,  damit  die  Kroaen  und  andere 
»fttboUiche  ZaiciMD  dvfiber  Raum  lultteii»  od«  wwl  aadi  im  «lu 
igypIiMihai  Cidta«  cU«  mit  dm  Wundn  suMmmoiTexliaiidiiaii  Aatilo* 
penh5rDer  Waffen  tmd  Attribute  der  Priester  wuen,  wie  in  Indien, 
Dafs  diese  Ricliumg  nicht  die  natürliche  sein  könne,  sicllt  sich  leicht  dar, 
luid  selbst  wenn  man  sie  für  Bocksbörner  Imlten  will,  mufs  man  eine 
Tersnderte  SteUung  derselben  zugeben,  und  annebmen.  Die  auf  der 
swciien  IVfd  miter  der  Abbildung  de«  jiddax  Unzugefügten  Göttar- 
Ulder  mögen  mr  Venimilielrang  dieser  Bemerimn^  dienen. 

Da  die  Griechen  den  Mendes,  Pan  nennen,  so  möchte  es  die 
Unlersuchiipf^  Her  Alienhumsforscher  verdienen,  ob  des  leiztem  Gestalt 
nicht  vielmehr  von  unserm  yiddax  als  vom  Ziegenbock  entlehnt,  schei- 
nen dürfe.  Mir  kommt  es  wenigstens  vor,  als  biitten  die  Bilder  des 
Pen  mehr  AefanUchkcit  mit  jenem;  faeeondere  peeten  die  plumpen  bvei^ 
ten  Ha£s,  die  «cbiefie  Stdlusg  der  Augen»  die'  beiiaarle  Stirn»  nnd  itur 
da£i  der  arkadische  Gou  die  eigentlichen  ßockshömer  trlgi,  ist  widersu  ei- 
lend. Sollte  nicht  vielleicht  in  dem  Bilde  dieses  jüngsten  aller  Götter  der 
uralle  Mendes  wiederholt  und  seine  Gestaltung  nur  der  in  (triecbenr 
land  bekannteren  Form  des  Bockes  näher  geführt  worden  sein  .'  ^ 

Audi  der  Apis,  «ngt  mwdkn  ndbeii  seinen  oder  4sn  Widdedböi^ 
aeni  noeh  die  des  Jdiax,  -Auf  einer  der  FspyrunKtollea  .nnsfer  Xfiing- 
lieben  Bibliothek  ist  ein  solches  Bild  des  Apis  in  bunten  Farben,  en 
wplchem  dabei  zugleich  der  Kopf  schmaler ,  die  Hufe  breiter  wie  ge- 
wöbulich  vorkommen,  und  wo  die  Gesuüt  des  Stieres  mit  der  de* 
4ax  gleichsam  verschmolzen  erscheint. 

Wir  Beutzen  Ulm  »udi  die  Joagea  oder  Kllber  dieser  merkwürdigen 
An,  Ae  ven  ermi  vier^  :dM  m^ere  vte  vierlebilb  FnA  Lfoge.  Uan  mnlf 
sie  sehr  genau  betndiien,  um  in  ihnen  den  AM||^iM9imi«  itt  erkennen,  und 
wir  hahcn  '^fe,  ))f>vor  die  Felle  ausgestopft  waren,  eine  Zeillang  ftlr  eine 
eigne  Art  angeselin.  Indessen  nämlich  Am  Haar  viel  weicher  und  fei- 
ner, die  weilse  Farbe  retner ,  und  der  ivurpeibau  scliianker  und  z^er- 
liobcr  ist»  xeiQBD  bemndeisidie  IHcmt  yrdi«  V«iebi«dcnheit.  Sie  sind 
Tellig  gessde.  «n  dem  gtöfeertin  9»  en  dem  Ifcinwnn  74ZoU  leng»  olAe 
Ringe  «nd  Runzeln,  doch  Lnineswegse  ^au,  eendem  unregelmifsig  bin 
nnd  wieder  eufgetridiMn»  nnd  bestehen  wm  warnt  meichenen  Hwunesse» 


224 


LlCHTBir«TBf« 


die  ein  blHttnges  Oefnge  und  wenig  Glanz  zeigt ;  an  ihrem  Ende  erschei- 
nen sie  aufFnllend  sluinpf,  verlaufen  sich  übrigens  fast  parallel  und  sind 
an  ihren  S^itien  nnr  5  hu  6  Zoll  «oseiränder.  Unsre  Exemplare  '•diei' 
neu  einige  Monate  dt  za  «dn  und  die  Milcbsäme  itdan  TOÜMändfg  in 
Unterkiefer.  Die  diagnosüschett  Art^Kenoxeicben :  der  donUe  Sdidtd- 
fleck,  der  Haarwirbel  im  Nacken,  von  welchem  die  Mähne  aus£»eht,  der 
Kchlschopf,  die  aufi^ctri ebenen  Gelenke  und  die  breiten  Hufe,  verraihen 
dcuiiich  genug  die  Abstammung  vom  j^ddax,  von  welchem  sie  uui-  die 
Sptdser  sind.  Sie  haben  Werth  für  die  Nami^chidite,  inaofem  aie 
das  frfihe  Entatebn  des  Gehfiraa  bei  dieaen  Thierea  bewdien  und  von 
dessen  Anfangs  unvollkommner  Gestaltung  einen  Betriff  geben,  aber  sie 
schein OT^  mir  auch  nicht  gleichgültig  für  die  Alierthumskunde.  Solche 
Thieic  nauilich  kommen  auch  in  den  ägyptischen  Bildwerken  vor  und 
unter  Umsländen,  die  es  interessant  machen  können,  in  ibueu  die  Jun- 
gen andrer  bedenuingsToQer  Thiere  triedersufiuden.  So  stäUt  i.  B.  die 
fiembinisdb«  Isistafel  (in  der  sweiten  Flgor  dd-  ersten  Tafd  bei  P%nori) 
d«i  Morus  vor,  wie  er  ein  afanlidies  Thiör  opfert.  Jablonsky  h«k- 
es  für  den  Oryx ,  doch  ist  es  dafür  viel  zu  klein  im  V<«rhiillnifs  CDT 
Gestalt  des  Gottes.  Es  ist  olienbar  ein  solches  Antilopenkalb,  und 
zwar  wahrschciulicber  vom  Addax  ak  vom  Orjx ,  weü  dieser  als  un- 
rein woU  nicht  snm  Opfenhier  gewählt  sein  nag.  Der  Horns  hilt 
ein  Instrament  in  der  Rechten,  dM  Jablonsky  iwieder  ffir  iaui  Oryx,* 
iiorn  ansieht,  es  soll  aber  inrobl  unstreitig  ein  langes,  schmales  Messer 
Torstellen,  wie  man  nus  ahnlicbun  Daislcllungen  von  Opfer-Scenen  in 
der  Descr.  dr  /'}::iyplc  sieht,  wo  es  deutlicher  die  l'orm  des  Opfenne»- 
aers  hat.  Uebei-all  aber  sind  es  junge  Tbiere,  die  geopfert  werden, 
«um  Theil  noch  ohne  HSner  nnd  statt  dendben  mit  dem  befcannttin 
Symbol  der  doppdten  Strau&feder '  geschmöclt  Es  ist  wenipteiM 
wichtig  zu  wissen«  -dals  man  sich  der  Homer  wegen  die  Op£enhiera  ' 
nicht  nls  ausgewachsen  zu  denkf-n  braucht,  noch  dabei  auf  ganz  neue 
und  unbekannte  Thieie  zu  mulhmiifsen  hat,  wenn  ihre  Grofse  und  die 
Gesult  der  Hörner  von  Bekanntem  abweicht,  liittte  Salmasius  diese 
"    Antilopenkälher  gekannt,  sie  wfitden  ihm  sehr  willkommen  gewesen 

(*)  Haa  w(^iAs  ifewn  de  f^^/He,  roLh  M«b59'/&  ■> 


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ilher  die  jinläopen  des  nSnffieken  jijriett. 


326 


sein,  um  seine  Meinung  zu  unlcistiitzen,  dafs  der  Subulo  de»  Pliniu»  (*) 
eiwas  \oiu  Hirsch  - Spiefsei'  Terscbiedeacs  sei. 

Der  Widenpruch  dem  di'ew  Behauptung  gefunden  (vonHardnin 
und  «ndenn),  hat  dem  Seindo  «iiie  gröf«ere  Cdebrital  venduifil»  »1e  er 
Terdient,  (k  Plinius  nichts  weiter  tob  ihm  Wft»  «b»  er  liabe  gerade 
Horner,  da  also  wenig  damnf  ankommen  \-w\v\,  ob  man  dies  TOn einem 
jungen  Hirsch,  oder  von  einem  unbeLauntcn,  sonst  durch  gar  nichts 
bezeichneten  Tliier  wisse.  Unter  den  vielen  Worterklarungen  des  Su- 
kdo,  bd  weldiem  Pliniut  -wohl  oflbnbar  nur  •»  die  Pfdeme  (»SkAula) 
denkt  (suhdimet  ex  arptmento  diett) »  kommen  die  felelirten  Gommeuttii- 
toren  and»  dennf,  dafs  Subulo  tuscisch  ein  Pfeifer  geheilten  beben  «oU» 
etwa  weil  man  aus  den  Röhren -Knochen  solcher  Thiere,  PfeiTon  ku 
machen  Tcrstand.  wozu  sich  hier  die  geraden,  hohlen  Homer  wohl  eben 
so  gut  geeignet  hatten  (-).  Mich  wundert  aber,  dafs  keiner  daran  ge- 
dadit  half  den  Svshdo  TOm  &ibus  hennleiicn,  den  Oppian('),  eb  etn 
littet,  vreilset  Ibfer  mit  brSnnlicbcm  Kopf  und  starken  HSmem  über 
der  breiten  Stint  beschreibt,  indessen  er  nachher  noch  fabelhaft  KÜn« 
gendes  von  seinem  Amphibienleben  und  seiner  Befreundung  mit  den 
Fischen  hinzufügt.  Das  mnfs  wenigstens  ein  mit  unscrm  AddHX  nahe 
verwandtes  Thier  und  im  jugendlichen  Zusiaud,  kaum  von  dessen  Kalb 
lu  nntetscbciden  gewesen  aein.  Ich  irülate  aber  kaum  eine  Form  eigent- 
licher Homer,  die  mit  dem  atumpfronden  Geweih  des  Spiebers  mehr 
übereinstimmte ,  als  die  dieser  Kilber ,  daher  eine  gleiche  Benennung 
'  oder  eine  Uebertragung  des  Namens  mir  wohl  denkbar  vorkommt. 

Es  i<it  endlich  noch  zu  bemerken,  dafs  Ant.  Oryx  und  Addax  zu 
einer  und  derselben  natürlichen  Sippschaft  iu  dieser  Gattung  geköi'en. 
Beide  haben  dieidbe  Körpeibildnng,  kleine  Tbrenenwiche»  keine  Knie- 
bfisehel  noch  Leistengruhen,  auch  in  der  Gestalt  und  länge  des  Schwan- 


(')    Nämlich  in  der  angefuhrlen  Stelle  Zii.  XI,  cap.Zl. 

(*)  £iiie  Anfrage,  dt«  kb  tregoi  die»  GegouUiuks  an  neiiiea  GAimer,  den  Hem 
HoiSiaidi  BSttiger  in  Dreiden,  richtete,  veradafile  detten  BegtadungeB  m  dm  iSbfo- 

Ionen  d«a  Pliniut,  in  der  Amaltbea  (3' Band,  S.  191).   Sic  kam  mir  su  spit  su,  um 
sie  noch  fiir  die»  Abbaadlung  bcsatsen  tu  kdanea.   Einigie  fiemerkting»  in  fietreff 
diam  Punktet  mBgen  aadilier  «b  Ajüiong  folgen. 
(>)  KviTv.       II,  «^.382-392* 

Phjt.Kiasse  1824.  Ff 


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236 


LiCHTSHSTE I« 


zes,  der  BeschafTcnhcit  des  Haares,  »elbsi  der  Farbe  summen  sie  über- 
ein und  stud  endlich  beide,  sowoUl  im  weiblichen  als  matiulicbeu  Ge- 
geblecht,  gehörnt  (').  * 

ni.    A>TILOPE  DAMA  Fall. 

Tab.  1£L  MUnndien  und  Jnngta.      Tab.  lY.  Weibdien  und  Jniifet. 

Plinius  fobn  die  Dorna  unter  den  afrioaniadben  viMen  Ziegen  (-) 
an,  nnd  becei'cbnet  sie  (')  sehr  dentlicfa  im  Gegensats  gegen  die  Gemse: 
Comua  nipieafUtt  öi  dorsum  adunca,  damis  in  adversum.  Es  ist  also  zu 
tadeln,  dafs  man  später  den  Daniinbirscli  mir  diesem  Namen  bezeich- 
nete, der  bei  den  Alten  (auch  bei  Pliniusj  immer  Platjceros  tind  £u- 
rjceros  beifst. 

Ein  Thier,  aiuf  welches  des  von  Plinius  angegebene  duursLteri* 
süsche  Merkmal  pefsie  und  anf  weldies  man  auch  die  andern  gelegeni* 

Uchen  Erwähnungen  der  Dorna  bei  Horas,  Virgil  und  Martial  be- 
ziehen zu  können  schien,  wanl  erst  im  Jahr  1750  von  Adanson  am 
Scncgnl  entdeckt  und  nach  der  von  ihm  gfqehnen  Abbildung  und  Ife- 
scbreibung  von  Buffon  zur  allgemeinen  Kunde  gebracht.  Adanson 
nannte  es  Nanguer,  nnd  Buffon  fügt  hintn,  dafs  dies  die  Dorna  des 
Plinins  sein  mfisse,  weshalb  denn  audi  Pallas  es  als  jäntäepe  Dorna 
in  sein  systematfsdies  VeRseicbnirs  der  Antilopen  aufnahm.  Seit  dieser 
Zeil  ist  -weiter  nichts  davon  bclvannt  geworden  und  seihst  die  neueren 
naturhistorisdien  Werke  (/..  Ii.  Desmaresi's  Momnuth^te  von  \^'2\) 
geben  nur  Jiuffon's  Bescbi-eibung  wieder.  Untre  Exemplare  sind  also 
die  eisten,  aus  denen  eine  bessere  Kenntnils  dieser  merkwürdigen  Art 
benrorgeht. 

Zuerst  ist  es  nölhig  zu  bemerken  .  dafs  der  neue  Fundort  dieser 
Art,  Nubien,  indem  er  eine  allgemeine  Verbreitung  des  Ntui^ucr  durch 

(')  Wio  sich  die  neulich  Ton  Herrn  Otto  beschriebene ^a/. /ttlürpiia  m  d«m Addax 
verlinlto,  wird  in  dem  Anbaoge  OfMert  twrdeitv 

(»J    £tt.XI,  vap.  37. 

n  Büf.  jwf.  f^«/.Xir,  pag-tli.  to«.a8./l.  naa  l««.34. 


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337 


ganz  Nordafrica  beweist,  Buffon's  Yermutbung,  es  sei  die  Dama  des 
Plinittt,  allerdingt  besUitigi,  denn  aar  aus  dieser  Gegend^  nidit  Tom 
Smepl*  konnten  die  Römer  sie  kennen»  und  audi  hier  iii  keine  andre 
Art  ansutrefibn,  auf  welche  jene  wenigen  Worte  des  alten  Natur-Be- 

schreibers  besser  zuiiäfen.  Aber  sehr  unvollständig  ist  trotz  der  ge- 
nauen fiescbreibung  die  Kenntnifs,  die  uns  Adanson  und  Bnffon 
TOD  diesem  Thier  gegeben.  Denn  der  Nanguer  ist  nur  ein  halb  ei*wach- 
•enee  Junges  Tom  der  mmhmafslidien  Ahm,  an  Wehem  dien  erst  die 
^tie  de*  GeihömB  herrorgehrochen  ist.  Daher  und  die  Homer  so  kur« 
und  ghu  und  mit  so  wenigen  Ringen  um|ehen,  daher  an  der  Wunel 
noch  80  weit  hinauf  Tnit  flaut  und  Haor  umgeben.  Das  i>rvvnchseiie 
Thier  ist  aber  gar  anders  gestaltet.  Es  hat  fast  die  doppelle  GrÖfce, 
nämlich  5  Fufs  uud  4  Zoll  ganze  Lange,  bei  einer  Höhe  von  3  Fufs^ 
eina»  ungemein  dOnaen  und  hingen  Bbls,  Ton  hrannrother  Faihe  mit 
dem  dbankteriaiisdien  weifsen  Flai^  des  Nrnguer  auf  Mitte  deasd- 
Ben.  Auf  dem  Widerrüst  steht  ein  Haarwirbel,  von  welchem  aus  das 
Haar  gpjren  den  Nacl.en  in  einer  Streclie  von  8  Zoll  in  verkehrter  Rich- 
tung hinauivk.i'  Ii  .1  :  di^»  roilibraune  Farbe  des  Kückens  ist  nur  eiwas 
beller  als  die  des  liul^es,  sie  uimmt  die  Schuliergegend  und  auf  dem 
Rdcken  dne  Brdte  von"  8  bis  9  2SoU  ein  und  reicht  etwa  bis  auf 
tor  der.  Schwenawursd  hin.  Diese  Gegmd  des  Binierrnckens,  so  wie 
die  Seiten  des  Leibes,  die  Brust  und  die  Beine,  mit  Ausnahme  der  Vor- 
derseiten der  Laufe,  sind  vOn  dem  reinsten  Weifs.  Die^f  FurTie  hat 
auch  Aet  ganze  Kopf  und  Oberhak  nebst  den  schwarz  gerandeien  Oh- 
ren, indessen  bei  den  Jungen  dae  Öüiii  bis  etwa  4  ZuU  vor  den  HÖl> 
nem  dunkelbraun  eitchdnt,  was  sich  aUmäblig  mit  annehmender  Aus» 
bildnng  des  Gdiöras  Terliert.  Der  Schwans  ist  9  Zoll  hing  und  er* 
scheint  auflallcnd  dünn  ,  weil  er  auf  der  ganzen  Untersdte  nackt  und 
nur  oben  mit  kurzen,  absiehenden  Haaren  bedeckt  ist,  Ton  welchen  die 
äuf&crsien  an  Länge  nur  um  weniges  die  inhileren  überlreflen.  Am 
Handwurzelgclenk,  dem  sogenannten  Vorderknic,  siehn  dicLe  Büschel  von 
längeren,  Ton  den  Seiten  gegen  die  Mitte  gerichteten  Hoemif  swisdien 
weh:hen  sieh  du  Ohrensdinialzahnlidics  Cenoueii  in  Menge  absondert. 
Die  Hern  ist  hier  sdiwammig  und  aufgelriehen  und  ihre  Querdnrdi- 

Ff2. 


228 


XilCHT  BVSTBI  IT 


•duiiite  zeigeil  uniw  dem  Mikroskop  «iik  iehr  adUge»  Gefüge  (').  Die 
Hofe  Kind  von  der  nerltcbften  Beschaflenhdt,  sabr  schmal,  platt  Ton 
denSeken  tuMmmengedrückt,  kui-z,  doch  vorn  scbarfwinklig  zugespilst 
und  vom  feinsten,  glänzend  schwarzen  Horn.  Die  Afierhufe  sind  aus- 
nehmend klein  tind  platt ,  bp<;nn(ler8  die  vorderen ,  die  nur  in  die  Haut 
eingewachsenen  kleinen  iloinschwielen  ähnlich  sehn. 

Am  mehi'sien  aber  unterscheiden  «ich  die  erwachsenen  Elxemplare 
von  dem  Nangtwr  des  Buffon  durdi  das  Gdi^rn,  das  wohl  die  nfr- 
^eich  zierlichste  und  kräftige  BildttPf  hat,  die  'die  schöngehömte  Gau 
tung  der  Antilopen  aufweisen  kann.  Bs  erhebt  sich  von  der  Slim  in 
einem  Terhältnifsma'fsig  dicken,  siarkgeringelten  Stnmm,  der  sich  gleich 
von  der  Wurzel  nach  hinten  und  aufsen  biegt,  und  allmählig  dünner^ 
mit  immer  flacheren  nnd  irciier  Ton  einander  abstehenden  Ringen  um- 
gaben, dem  Umrifs  des  Kopfes  in  mäfsigem  Abstand  fo%t.  Wo  die 
Rin^  auiboren,  krümmen  sieb  plötzlich  beide  Homer  ihren  Wup> 
zeln  entgegen  nacb  TOm  und  innen,  und  strecken  die  schön  gematteten 
schaafen  Spitzen  vorwärts. 

Auf  der  vorderen  Seite  nach  der  Krümmung  gemessen,  haben  sie 
124- Zoll  liinge.  Die  anfsersie  Spitze  selbst  ist  in  gerader  Richtung  nur 
9  Zoll  Ton  der  Wunsdi  entfernt.  An  dieser  haben  sie  44-  Zoll  Uinfang, 
in  der  Mitte  3^^  Zoll,  in  der  Gegend  der  leistm  Krämmnng  nur  2-f  Zoll. 
Dies  sind  die  Maafse  des  Männchens.  Am  Weibchen  ist  das  Gehom 
kaum  kürzer,  aber  viel  scblankcr  und  dünner  und  mil  weniger  auffal- 
lend zurückgebogenen  Spitzen.  Die  Zaiil  der  Ringe  i&i  an  beiden  lä  bis 
19,  doch  sind  sie  am  Manneben  ausgewirkter  und  tiefer. 

Gaaancra  Aa«nc»tttB|. 

1)  De»  Maondicns. 
Länge  des  Kopfes  bis  zwischen  das  Gehöltt. 

Von  da  bis  zwischen  die  Ohren  .  

Yon  da  bis  zum  Widerrüst  

Von  da  bis  sur  Schwanswund  


(')  Wahrscheialidi  Baden  ilialidie  AlMOBdenuiim  bei  allen  Aatilopen  aiit  Kaie- 
büsdieln  i»utt. 


.  „  Fufs  S  ZoU. 

.  „    —  4  ^ 

.  1  —  8  — 

'2  8  — 


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über  d»  JMtäepa»  da»  nonUidien  4JHea,  329 

Ganze  Lange  5  Fufg     4  Zoll. 

Umfang  des  KopfM  dnrdi  die-Aiij^  « . .  1  —  6   

—  dM  HalMS   114- — 

—  des  Vorderleibca- .   '.,  3  —  »  — 

—  des  Hinterleibes   .  .      3  — ■  P  J  

Unge  des  Horns  auf  der  Knimmiing  „  —  I2-y-  — 

EntfeniDiig  der  Spiuc  von  der  Wuixel   —  9  — 

AlMUmd  bdder  Hörner.  «n  der  Wiirael.  «  —  1^  — 

—  faddor  Homer  in  der  Gegend  der  etiribsteii 

Krümmung  .  . .  ♦  ■.....,,.«,,..  „  ^  ö-y  — 

—  der  beiden  SpittOi'  TCII  ffiMüder  «•.«,,;.,»  —  -  7  — 
Länge  der  Oliren  '  .•,.,.'.  „   —  6  — 

~    des  Schwanzes  w  „  —  9  — 

Vordere  Hohe  .  ^  3  —  ..  — 

Hiniere  HiÜie  . ,  ....3  ^  .  1  — 

lünge  des  Unterarms  ;  1  — i  — 

—  des  Laufes  „  ~.  10  — 

—  der  Fessel   .1. —  3  — 

—  der  iiufe  (unten)  ,  ....„    1-j  

—  des  Untendieiiids    1_  3  — 

—  des  lAufes   1  _  3  — 

—  derFeiiel.,   3  - 

2)   Des  Weibcbciu. 

Lange  des  Kopfes  bis  zwischen  die  Homer ......  „  Fufs  74-ZoU. 

YoB  de  bis  ewiedieii  die  Ohren  „_  ^  — 

Voti  da  Ins  snm  Widerräii  i  ^  7  — 

Von  da  bis  vsa  Schwant WTxncl. . . .     3  —  74-  — 

C anze  Länge  •»•••••»i.»*«*,. .......  6  —  2  — 

Umfang  des  Kopfes  *  ,  ,  1  —  3  — 

—  des  Halses  1  —  „  — 

—  dee  Tofderfeibet  2—  8  — 

—  des  Hinterleibes  .  3  —  3^^  — 

Länge  dee  Gdiöms  enf  der  KTünnniiag   1   j,  -« 

Entfenrnng  der  Spitse  von  der  Wiinel ..  .  ~    10^-  — 


230» 


LiOH>TXJI»TSI« 


Entfernung  der  Spitzen  Ton  einand«r.  Fufs  ö-|-ZoU. 

Longe  der  Obren  . .  •  »  —  6  — 

—    des  Schwanzes  .......m  —  8  — 

Die  LSd^  der  Extremitäten  um  ein  .Geringe»  Uei- 
ner  ala  iieim  Männchen. 


So  wie  es  nach  Obigem  nur  atis  der  zur  Zeit  noch  fortbestehen- 
den Unbekanntscliafi  mit  «inem  Uner,  von  ehnlidier  Geetalt  der  Wiv- 
nat,  gereditferiigt  iverden  kann,  wenn  .iaaa.  diet  Huer  fftr  die  Ihm« 
des  Plinius  zu  halten  fortlahrt«  so  ist  es  nun  freilich  auch  gar  vohl 

inogli«,li,  dals  unter  dem  P^^a/giit  der  ahen  Schriftsteller  wiederum  nur 
dies  nämliche  Thier  zu  Tprslehen  sei.  Unter  den  nordufricanisclien 
Antilopen  ist  mir  weiter  keine  bekannt,  die  Anspruch  auf  den  Na- 
men Pjßargu*  madien  konnte,  nnd  eine  näbere-Beadtreibiing  defielhen 
fchk  na«.  Dafo  «ber  Pjrgwptt  und  Itama  bei  Plinina  etwai  nnteiv 
schiedene»  Bedeuten,  wxd  freilich  daraus  wahrscheinUch,  dafs  er  beide 
einander  entgegensetzt,  wenigstens  sie  neben  einander  nennt.  Auf  jeden 
Fall  ist  indessen  gcwifs  mit  Unrecht  der  Name  P)gafgiu  auf  den  süd- 
africanischen  Jiicjsbock  angewendet,  der  selbst  dort  einen  sehr  einge- 
echvinkten  Standort  einnimmt  nnd  sich  venigstoi»  nickt  weit  nadh  Nor- 
den Terbreitet.   

Nnr  cdten  ergcheint  in  antiken  Darstellungen  eine  Thiergestah»  in 
der  man  unsrc  Dama  wieder  erkennen  könnte.  Man  darf  wenigstens 
wohl  nicht  jede  Antilope  mit  langem,  dünnem  Hals  dafür  halten,  da 
dieses  Kennzeichen  auch  zu  oft  einem  Fehler  des  dai'stelleoden  Künst- 
lers Bttgeschrieben  werden  mnJs,  wenn  tonst  Grünile  nun  Yerdadit  ge* 
ringerer  Treue  vorlienden  dnd»  Am  un-verkennbeveien  ertduini  die 
JDtuna  in  einem  antiken  Cameo  aus  der  Sammlung  des  Herrn  Grafen 
von  Ei n s i edel,  von  welchem  Gay  lus  schon  vor  sechszig  Jahren  eine 
Abbildung  lieferte  ('),  den  mir  aber  Herr  Ilofrath  Bottiger  in  einer 
besseren  Zeichnung  mitgethcilt  hat.  IJier  ist  der  Orpheus,  von  vielen 
Thieren  um^ben,  vorgestellt,  die  seinem  Spiel  an  leaschea  adeinen. 
Die  hinier  dem  Ko^  des.OipAetts  siehende  Figur,  nnmittellMr  dber 


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331 


dem  Pferd  (es  ist  die  fünfte  toiu  Löwen  aufwärts  gezählt),  hat  in  ih- 
rem  VeriiäUnifs  zu  den  übrigen  Thieren,  in  den  Unnssen  de»  Kopfe», 
in  dem  Sdiwuag  des  Gehdrns  und  der  Ltege  det  Habe»  soviel  Uebeiv 
einstiminendes  mit  der  Gestak  luasrer  Dorna,  dels  wohl  kaum  ein  Zwei> 

Csl  übrig  bleiben  Innn. 

Noch  kann  ich  nicht  mit  Stillschweigen  Übergehn,  dafs  derNamei 
den  P 1  i  n  i  n  8  diesem  TLiier  giebl,  auch  bei  arabischen  Schriftstellern  äha^ 
lieh  klingend  vorkommt.  Unter  den  drei  unterschiedenen  Arten  von  Ge- 
scUen,  welehe  der  arsbisdie  Schriftstdler  Da  mir  anffihrt,  ist  eine  von 
vfeileer  Faxlie  mit  »ebneeweüsem  Bradi  tmd  hngem  Hals,  (also  hodist 
wahrscheinlich  die  Z^enn»)  und  diese  heifst  ^dam  (<).  In  den  hand- 
schriftlichen Narlii  icltton,  wolche  die  Herren  Hemprich  und  Ehrenherg 
uns  über  die  nubischen  i  iiiere  miti^eibeilt  liaben ,  lauiel  der  arabische 
Name  der  Daum :   yiddra.    Man  könnte  auf  ein  Mifsvei*sländnirs  muth- 

maisai,  wenn  der  Name  jidam,  der  »onst  bdianntUcii  andi  im  Arsbi- 
sdictt  Mensch  bedevtec,  nicht  «udt  bei  den  Lexieogniiihen  In  Üin- 
lidicr  Bedeutung  vorkime  (^). 

IV.  ANTILOPE  DORCAS  Paul.  Tab.  V. 

Eine  der  nerlidisten  «md  sowohi  tou  Seiten  der  Ru'he  ab  des 
Gehfims,  schSnsten  Alten  der  Gattung  und  sogleich  die  am  weitesten 

im  nordlichen  Africn  verbreitete  und  in  den  nhlreichsten  Heerden  an- 
zulrefTendc  Art,  daher  auch  am  häufigsten,  sowohl  lebend  als  todt  nach 
Europa  {»ehracht,  in  allen  Werken  deutlich  beschrieben  und  von  Linne 
zuerst  richtig  mit  dem  Namen  Dorcas  in  Beziehung  auf  die  Ilaupi&ieile 
bei  Aelian  (^)  iu  das  Sjetem  eingefühlt.  Die  Beschreibung,  welche 
Aelian  von  seiner  Dwcas  giebt,  ist  so  deutlich  nnd  vollständig,  dab 
«ie  keine  Müdeutimg  eilanbt.  Was  Plinine  (^)  bei  den  Thiersn  die* 


(*)    Bochart  Bkro-joic.  Ub.Wl.  cap.27,  p.962. 

(*)    Z.B.  Bei  Giggejui,  Meninskj,  RiabACdson,  Wilkiat.   Auch  Adra 

wird  bei  diesen  durch:  ^^ifse  Zie^  überMtit. 

(')   D«  Hat.  anim.  Lib.  XIV,  c^.  14.   

('}    Bist,  mim,  £».VIU,  ca^.SS.  £«».XX\'IiI,  cap,il.  H  mSUXclXXZ. 


233 


LlCilTBKSVB'lS 


«es  Namens  aolüJirt,  widerspricht  wenigstens  nicht  der  allgemein  ange- 
nommenen TennuShung,  dafs  er  ihnelbe  dimnter  ▼erstehe;  es  b^eht 
tieh  fibrigens,  yn$  er  »gt,  hampttädblicfa  nnr  «itf  Our  Valerland,  «Is 
W^kfaei  er  auch  gpns  richtig  Klein -Asien  angtebt  und  die  schon  im  N*> 

men  ausgedrückte  Eigenschaft  des  hellsehenden  und  klaren  Auges,  wes- 
halb denn  vorzüglich  in  den  letzlen  Büchern  unter  den  Ileilmitieln  ge- 
gen Augenkrankheiten  u. w.  häulig  der  Dorcaden  gedacht  wird.  Was 
andere  Sdu'ifiatdler  unter  den  yliwli^ti  Uii^endeii  Ibmen  Ü^kk,  ^o^kos, 
iofitmt  Av^MoAov  imd  Se^^  venftebn,  vi  nicht  leicht  ansnimitidn*  Die 
Mehrsten  mögen  sich  eben  nichts  andres  als  die  Dören  dabei  denken, 
doch  wird  auch  zuweilen  bestimmt  Untersdiiedenes  darunter  verstanden. 
So  ist  der  /askcc  dps  Oppian  {Cynpf;.  II,  r>s.  296,)  sehr  deiillich  der 
den  Römern  wohibekannlc  Axis  oder  Gangeshirsch  (man  sehe  Plinius 
Lib.'SVÜL,  cap.  31.),  den  Oppian  auch  unter  den  Hirschen  aufführt, 
Schneiders  Uebenelaung  dnidi  Ahm»  also  falsdi,  indem  weder  die 
Dama  des  Plinins,  noch  der  unmittelbar  vorher  beschriebene  Damm- 
hirsch (Ewrjrceros)  darunter  versianden  werden  kann.  Weiterhin  (i/i;3i5,) 
meint  Oppian  mit  io^Kos  unleugbar  das  Keh,  indem  er  sagt,  es  sei  die 
Aj't  muihwilliger  (wxurarctiv)  Thiere,  die  Allen  nach  Gestalt  und  Gröfse 
hinreichend  bekannt,  keiner  Beschreibung  bedürfe.  Ucberall  slofst  man 
antdi  sonst  auf  Verw«dhsdnng  der  Dweas  mit  dem  Reh ,  besonders  in 
den  Uebersetzun^n  der  Bibelstdlen,  die  dieses  Thieres  gedenken.  Zu- 
weilen scheint  auch  sogar  ^o^kwv  und  ^cmw*  verwechselt  zu  werden,  und 
in  dieser  Beziehung  isl  es  imerf^ssont  ,  ddfs  bei  Plinius  eweimal  uoier 
den  aberglüubigcu  lleiluiiUelu  dus  iierz  uud  der  Schwanz  des  Drachen 
in  der  Haat  der  Dorcas  mit  Hii'schselinen  avif  den  leidenden  Theil  zu 
befestigen,  Torkommen  (').  Das  Uehrige  ist  bei  Bnffon  (unter  dem 
Abschnitt  Gazelle)  und  bei  Pallas  .su  finden,  welche  beide  noch  die 
schwächw  gehörnten  Weibchen  als  besondre  Arten  unter  den  Namen 


(')   Sehr  deadich  ist  die  Ycnreehselung  ron  hi^mw  va^  ^ätm»  In  te  ««■  Boebärt 
(i/Ä  III.  CO/;. XXVI,  ^.933.)  angeführten  Nachricht  des  Phi  lo9tor(;iu*        III,  c<ip. 
über  da«  tod  demidlMD  in  GoosluitiBopel  geiebaif  £iiiliom,  wddies  den  Kopf  eina 
^MMMr  gehabt  Umb  loll. 


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ähr  die  jiKläopen  det  JidnUieken  Jßie». 


233 


Kevella  und  Corinna  aufliuhren,  was  ich  sdion  Tor  zwülf  Jahren  berich- 
tigt babe  und  seitdem  sUgemeta  ■!»  irrig  angenommen  worden  ist. 

Untere  Rdsende  haben  nns  achtiahn  Exempfam  dieser  Art  tngie> 

schickt,  was  beweist,  dafs  sie  in  Nubien  sehr  häufig  und  in  grolscn  Go- 
seUschaften  7.u  finden  sein  mufs.  Es  sind  Männchen,  Weibchen  nnd 
Junge.  Letztere  sind  aus  drei  untewchiedenen  Zeilen  des  Jugendlchpus 
in  der  Abbildung  Tab.  V.  dargestellt.  Die  ganz  jungen  Kälber,  bis  sie 
ein  Drittheü  der  ihnen  besiimmten  Leibcsgröfsc  erlangen,  sind  un ge- 
hörnt und  so  kommen  eie  in  den  Bildwerken  eucli  Inuner  alt  Opfer- 
thiere  vor,  s.  B.  in  der  Opfertcene  an  den  Ruinen  des  Tempdb  von 
Edfou  {JpoUinopoh's)  die  ans  der  Descr,  de  l'Eg^pt.  F'ol.  I.  t/tk  69.  ßg.  5. 
unter  unsrer  fünften  Tafel  zur  rechten  Seite  wiclerlioU  ist.  Vor  dem 
thronenden  Sonnengott  (Plire)  opfert  hier  ein  .jiini>ling,  dessen  ilaupt 
die  Mende&börner  zieren ,  eine  junge  Antilope ;  statt  der  Üömer  ti'agt 
dien  auf  dem  Koj^  den  bekannten  heiligen  Schmuck,  in  welchem 
Hirt  und  Tölkan  eine  rückwärts  gekrümmte  Strau&feder  eikennen. 
Bei  den  halberwachsenen  Jungen  sielin  die  Horner  mit  den!  letzten  auf- 
wfirts  und  Torwiirts  geLrümmien  Enden  aus  der  Stirn  Tor  und  scheinen 
auf  den  ersten  Anblick  diese  Thierchen  zu  einer  nun?.  «?ipncn  An  zu 
machen.  Man  braucht  aber  die  Sache  nur  genau  ^u  erwägen  und  uut 
der  Anabildung  des  Gdiönu  an  uniem  wiederkioenden  Haosthiexeo  an 
Terglachan,  um  steh  an  flberaengen,  daft  du  sehone  leierförmige  Ge- 
hörn der  Dorcas  in  seiner  ersten  Enlwickelung  nicht  anders  ausseben 
könne.  Vollends  beweisend  ist  dann  ein  hoiniycr  Rast,  der  die  Wur- 
zeln  dieser  jungen  Horner  umkleidet  und  aus  welchem  nach  und  nach 
die  Ringe,  zumal  an  den  männlichen  Individuen  deutlich  hervorbrechen. 
Die  YerachieJenbeit  dee  GebSrm  nad»  dem  Geidilecht  i«t  auch  wnet 
durch  die  Klanhett  und  Dünne  dctselben  m  den  weiblidien  Thieran, 
gleicii  in  der  Jugend  ersichilich.  Es  ist  dies  übrigens  ein  Punkt,  der 
von  den  neueren  Sysiemaiikern  noch  gar  nicht  berücksicliiigl  worden 
und  viele  der  von  Herrn  Blainvillc  zum  Theil  nach  hlofser  Ansicht 
des  Schädels  als  neu  beschriebene  Arten  z.B.  Ant.acuUcornist  naso  ma- 
eulata  und  Zoin/ania  dürften  bei  genauerer  Unierinchung,  sich  als  Käl* 
ber  sdion  bekannter  Arten  nadiweisen  bssen. 

Pfyt.  KUu*9  1834.  -  G  g 


334 


LlCBT«ll»«BIII 


Die  Donas  war  das  der  Isis  geheiligte  Thier  Wir  finden  sie 
daher  in  den  ägypUtehen.  Bildvmiea  bSufiger  ab  irgend  eüw  andere 
ToqpateKt,  kavier  in  riditigem  Teiliiilimfe  au  den  MenaduingasialteQ 

und  durch  die  Hömerform  so  bezeichnet  dafs  sie  auch  ohne  Andeutung 
der  Farben  überall  leicht  zu  erkennen  ist.  Die  schönste  Vorstellung 
dieses  Thiers  finflpt  sich  aber  auf  einer  der  Papyrus -Rollen  unsrer  Bi- 
bliothek in  eiacoi  farbigen  Bilde  nach  ziemlich  grofsem  Maafsstab.  £s 
ttt  dn  mlmJiclMS  Tbier  dai  enf  d«t  Hinlerföliea  bockend  vorgestellt 
vH,  mit  aufgeriditeteBi  ]>ibe»  die  Vorderßlfte  frei  sehweiiend.  Diese 
gezwungene  Stellung  und  den  beigefügten  symboliecihee  Spitabart  abge- 
rechnet ,  ist  die  Abbildiug  in  allen  Theilcn  so  getreu  wie  man  sie  in 
wenig  nalurhistori^rhon  Kupfervrerken  findet.  Dafs  es  die  Homer  die- 
ses Thiers  sind,  weiche  sich  als  Attribut  an  dem  Kopfe  der  Isis,  die 
Sirina-Scheibe  umiaMend,  so  häufig  finden  imd  die  in  Besiebong  auf 
diese  GSiiin  andi  voU  an  andern  GSttergestalten  Todkonunen,  ist  all- 
gemein anerkannt.  Ware  noch  ein  Zweüid,  SO  würde  er  durch  eben 
jene  Papyrus-Rolle  gehoben,  auf  welcher  nicht  weit  von  dem  Thier  die 
Göllin  mit  dessen  ganz  gleicl)!?»"bil(leten  Horncin  geschmückt,  erscheint. 
Diese  Darstellting  ist  mir  merkwürdig  genug  vorgekommen,  tim  sie  auf 
der  V-  Tafel  unter  dem  Bilde  der  Dorcas  zu  wiederholen. 

Eine  der  ßoreas  sehr  ihalidie  Art  Idt  im  sfidlidien  Africa:  der 
sogenannte  Springbock  Ant.  JSu^on  FortL  Sie  ist  durch  viele  Kenn- 
zeichen unterschieden  hauptsächlich  aber  wieder  durch  die  fast  doppelte 
Gröfse  und  durch  viel  Iieslimmtere  und  an  den  dunkeln  Stellen  gesau 
tigtere  Färbung. 

Eben  so  scheint  euch  die  millel-asiatischc  furm,  die  der  Doivas 
entspiidit,  die  nandidi»  welche  Gflldenatedt  zuerst  unter  dem  Namen 
Jnt.  suhgutturota  iMkannt  madite,  wirklieb  eine  wesentlieh  Tersebiedene 
Art  zu  sein,  wenn  es  |^ch  schwer  halten  möchte,  aus  den  mangdbaf- 

ten  Besclu-eibtuigen,  die  davon  voiliegen,  eine  recht  bestimmte  Diac^nnse 
zu  stellen  (^).    Gewifs  aber  von  beiden  Tersclücden  ist   eine  zierliciie 


(')    Aelian       noi.  anim.  Lii.X,  cap.2Z.  HorapoUo  NiengLl,  49.   Vgl.  Tolken 
Tom  Tempel  det  Jupiter  ANunon  in  Minatolii  Relie  S.1S7. 
(*)   Man  vergliiiclM  Deaaiarets  Mammidotle  ^499,  wo  «nsdrückUGk  aa^hrt 


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mer  die  AnOaptn  iea  nörOiehM  Aßka.  336 


Art,  welche  untre  Reisenden  an  der  Osiseite  des  roüien  Meereft  ent- 
deckt nnd  mit  dam  Nftmen  AniL  tmtbka  belegt  habon.  Eine  dnnUers 
Farinmg,  du  mch  VerhUtnifii  h6lieret,  gestredites  GdiSin,  mit  weiter 
von  einander  abstellenden  Ringen,  besonders  aber  ein  grofser  schvraraer 
Fleck  mitten  auf  der  Nase  sind  die  Ilaupikennzfichen ,  diu  aber  erst 
nach  einer  genauen  Vergleicbuug  mehrcj-er  Exemplare  in  recht  besiiinmtea 
Ausdrücken  angegeben  werden  können.  Die  Herren  Hemprich  tmd 
Bhreoberg  mrea  sogar  Anfangs  geneigt,  mehrere  Abweiebnngm  in 
der  Linge  nnd  Stibke  dee  Gdijlnia,  die  sie  an  den  Doroeden  in  Sen^ 
naar  bemerkten,  ale  Kennseichen  mehrerer  darunter  versteckt  liegender 
Arten  anzunehmen ,  knmen  indessen  nachmals  von  dieser  Annahme  zu- 
rück und  machen  jetzt  nur  darauf  aufmerksam,  wie  sehr  die  Uornhil- 
dung  und  Färbung  dieser  zierhchen  i  hiere  innerhalb  gewisser  Grenzen 
wanddbar  sei.  Die  genaueren  Angaben  dieser  Varietäten  müssen  also 
qpSleren  MitdicilnDgen  Torbdnllen  bleiben,  de  sie  erst  ane  doi  nvBnd- 
lidben  Berichten  unsrer  Fkrennde  Tollstiindig  in  schöpfen  sein  «erden. 


«nd,  Hnr  Cuvier  bähe  die  KenaiaidNn  dar  ^.  «nigiflf juvm  nicht  f9r  iMtinat  gB> 
■ng,  an  «w  daaacb  ton  der  Jiwtca»  an  unlendMidfln. 


Anhang. 

Gg  2 


236 


Anhang. 


E$  sei  mir  erlaubt,  bier  einige  Bemerkungen  folgen  zu  lassen,  die 
«ich  mir  'wührend  des  Druckes  dieser  Aljlinntiliing  aufdi  angien  .  die  ich 
aber  nicbl  einzustreuen  wagte,  weil  mir  daran  liegen  inufste,  dais  meine 
Ai'bnt  dieselbe  bleibe»  die  ich  vor  mret  Jmhren  der  Akademie  vorgelegt 
und  deren  BekanninMchung  «ie  bescbloMen  haue. 

Znerct  ist  mir  schon  damals  von  einigen  Freunden  der  Torworf 
Henacht  worden,  dafs  ich  bei  den  Zweifeln  an  der  Existenz  eines  nach 
seiner  urspriingli  cIilmi  BiUiing  clnbornigen  wiederkäuenden  Thieres, 
der  neueren  Angaben  von  einer  Wiedeieniücckung  des  wahren  Einhorns 
hätte  erwähnen  sollen.  Ich  kann  aber  diese  in  einigen  englischen  Zeii* 
tdiriften  enthaltenen  Nacbricbten  nicht  ffir  beweisend  ansefan,  sondern  nnr 
(wie  ich  ench  geiban)  tageben»  dafs  man  Jeden  gewähren  lassen  mfisie» 
dersidt  auf  eine  solche  Wiederenideckung  noch  Hoflnung  machen  will. 
Die  eine  dieser  Naclirichten,  miigeiheilt  vom  Majdr  I  [itler(*),  bei'ubt 
ganz  auf  Aussagen  von  wonig  nniei  ricliielcn  Eingebüi  nen  in  Nepaul,  die 
ein  zweihufiges  Thier  von  der  Groise  des  Pferdes,  mit  einem  langen  ge- 
ItrÜmmtoi  Horn  an  der  Stirn»  kennen  wolien»  das  weit  von  ihrem  Woh&» 
ort  (30  Tagereisen  von  Lana)  in  der  gro&en  Tartarei  heerdenweise  1^ 
vnd  sehr  wild,  aber  efsbar  sei.  Die  rohe  Abbildung,  die  ein  Tibetaner 
aus  dem  Ced.Tclitntsse  tu  seinem  Bcriilii  entwarf,  kann  unmöglich 
grofsen  VVenh  für  d'w  Naturgeschichte  haben  und  die  Vcrmmhung  liegt 
sehr  nahe,  dafs  uuiii  dieses  sogenannte  tibetanische  Einhorn  nur  eine 
mfiiUig  einhornige  Antilope  sei»  wie  sie  schon  PaUas  kannte.  Die 
andere  Yon  dem  Missionar  Campbell  (')  ans  dem  Innern  Afnoa's  her* 
rfihvende  Nachricht  spricht  ganz  deutlich  von  einem  sehr  grofsen  Rhi- 
ttoceros,  denn  des  Tlu'eres  Kupf  liaiic  fast  3  Fufs  Lange  und  das  gerade 
Horn  safs  10  l'inger  breit  über  der  ^ascj  auch  nannten  die  Eingebor- 
nen  es  ein  Nasliorn. 


(')  qtmnerfy  Seittew,  Av.  1820.  nad  AsüOie/omnul,  rot,  XI,  jMf.  154. 
(■)  AiiathJSaunmtt  p^Z6, 


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(Oer  dk  JttUbpm  des  monBkhen  Jfrha. 


287 


2)  Eine  unserm  Jddßx  sehr  nahe  Terwandte  Antilopen -Art 
i»t  im  Torigea  Jahr  Ton  Hetm  Otto  unter  dem  Kamen  j4nt.  suiurosa 
Iwfduiebai  und  alig^iUel  vordon  (').  Sie  Jmt  tmr  geringere  GrSlin, 
aber  dietdbeD  YeriitfltmMe  und  ut  dem  jiddex  in  der  HomlNldiuig  vttd 
dem  charakieristiscben  weifM»  Querstraif  öber  dem  Nasenrücken  so  aliii* 
lieh ,  daf»  man  sich  bald  dazu  verstchn  würde ,  beide  für  Wesen  einer 
und  derselben  Art  anzuci  kennen ,  wenn  nicht  das  Haar,  sowohl  durch 
seine  dunkle  Farbe,  als  auch  durch  »eine  ausnehmende  L.'inge  und  die  sehr 
in«  Auge  faUenden  Naihe  die  es  bildet,  die  anfßdlendsteii  Abwcidumgen 
dailiöte.  Indessen  6met  dabei  niebt  vei^essen  werden»  dafs  dieses  Thier 
in  einem  früheren  Aller  aus  Aegypten  nach  Europa  gebracht  wurde. 
Der  Tliierhrmdler  Advinanl  kaufie  es  im  Jalir  1822  in  Venedig  von 
Pilgnmcn  ,  uie  über  Alexandrien  aus  Palästina  zurückkelirtcn.  Dei-selbe 
hat  mir  noch  bei  seinem  letzten  Besuch  in  Berlin  (April  iS26}  erzählt, 
dafs  das  Thier  damab  awar  sdion  dnakd  gefärbt,  aber  mir  scAifodi 
behaart  gewesen,  jedodi  schon  im  ersten  Winter  eine  reichere  Bdiaa- 
rung  gewonnen  habe,  wobei  die  so  cbarakteristisdien  Haamatbe  simt 
Vorsclicin  gekommen  seien.  Zu  Anfang  des  Jahres  1824  kam  er  daittift 
niif]]  Breslau,  wo  Herr  Otto  es  sah  und  das  Versprechen  erhielt,  es, 
faüs  CS  stürbe,  für  das  dortige  Museum  zu  bekommen.  Der  Tod  des 
Thiers  erfolgte  im  Sommer  desselben  Jahrs  su  Marienwcrder ,  Ton  wo 
ans  CS  nach  Bresk«  gesandt  wurde,  wo  es  geschielt  ausgestopft  ist  und 
meinem  Freunde  tn  der  oben  erwähnten  Ahbandinng  gedient  hat. 

Est  ist  kein  tmgewdhnUdiff  Fall,  dab  dOnnbiihaarte  Säugethiere 
aus  warmen  Ländern  in  unserem  rauheren  Klima  sich  mit  reichem  Pela 
bedecken,  und  besonders  scheint  dies  die  Wieilerkimer  zu  irefleo. 

Der  Irt  Italien  fast  nackte  Büffel  gewinnt  in  unserm  Lande  ein 
langes  gÜnsendes  Haar,  wie  die  schönen  BsempLire,  wekfae  auf  BeTeU 
Seiner  Majestät  nnsers  Königs,  auf  der  Pfauen-Insel  änierbalicn  wur- 
den und  von  welchen  das  gröfste  noch  jetzt  im  zoologischen  Museum 
aufhewahri  wird,  beweisen  können.  Zwei  baetrische  Kamele,  die  der 
Kosacken-IIeitmann ,  Graf  Pin  low,  im  Jahr  1809  Ihrer  Majesiai  der 
rerewiglcn  Königin  verehrte  und  die  schon  im  Frühling  1810  in  lieriiu 
—  '      ■'  ^—  II  II  I      I      II  II 

(')   Nam  meta  Aemi,  Cm.  LeepoU.  Wat.  Curiot,  f^oL  XU«     2,  jMf .m. 


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23S  LicaviwsTix« 

starben  m\d  seiuieiu  ebenfalls  das  zoologische  Museum,  ziei-en ,  zeigen 
einen  so  reichen  Pelz,  wie  mm  wa  doiMlbai  Tbieren  in  ihrem  Vater* 
lande  nie  en  sehn  bekonunt.  Die  Beispiele  der  veredelien  Seheefe  tad 
Ziegen,  deren  Zoeht  bei  uns,  und  was  letztere  betrifH,  betoiider»  in 
Gebirgsgegenden  so  Torzüglich  gelingt,  beweisen  die  vom  Klint  ebbin» 
gige  Veränderung  des  Haarwurlise«  eben  so  sehr,  als  die  entgegengesetzte 
Erfahrung,  dafs  europaische  i  hierlonnen  in  den  Steppen-Gegenden  dünn- 
hehaart  und  schmächtig  erscheinen,  so  dals  man  z.  ii.  in  dem  Fuchs,  der 
K*tze>  den  Heien  der  libjicfaett  Wfitie«  die  nnidgen  trieder  loeAennen 
eieb  nicht,  leiclit  entadilietst. 

Es  ist  daher  wohl  glaublich ,  dafs  diese  j^nt.  suturosa  sich  zu  dem 
Adddx  nur  als  Varietät  verlialle;  I  m  Ii  w'Al  ich  dabei  nicht  verschweigen, 
was  sich  auch  gegen  diese  Meinung  beibringen  läfst.  In  der  Abbildung 
nämlich  zeigt  jene  nicbi  die  breiten  Ilufe  des  Adäax.  uud  lu  der  Be* 
•cbfeibung  wurde  ein  so  trefSücher  Beobeduerf  wie  Otto  iit,  devon  in 
bestinunteren  Anadrficken  gnprochen  beben,  ifrenn  diese  ßreite  der  Hnfe 
vorbanden  wäre.  Demnächst  finde  ich  an  unsem  Exenij)lar  des  Addax 
aiieli  iiiVJii  eine  Spur  von  den  Näthen,  die  hier  so  sehr  bezeichnend  er- 
schcmeu.  Alles  iiaar  auf  dem  Rücken  und  an  den  Seiten  ist  glatt  an- 
liegend, mit  den  Spitzen  nach  hinten  gerichtet  und  der  erwähnte  Uaei> 
-wirbd  im  Nacken  der  einiige,'  den  idi  an  den  Tbier  entdecken  kann. 
Die»  mag  com  Theil  wobl  der  nngameinen  Dünne  nnd  Kfinw  dn  Haare 
mit  zugeschrieben  werden  müssen,  iml]efan|pen  finde  ich  aber  auch,  dafs 
die  Haarnüthe  an  den  andern  Antilopen  varüren.  So  hat  das  männliche 
Junge  der  Dama  am  Oberhals  nicht  das  rücklaufende  Haar,  auf  dem 
Widerrüst  nicht  den  Wirbel,  den  die  andern  drei  i£xemplare  zeigen, 
nnd  eben  m»  iat  Yendiiedenbeit  der  WirbeUiellcn  bei  einigen  sfidafrica- 
niMben  Antilopen.  Man  bat  neb  daber  wabnclieinlidi  wobl  in  Adtt 
an  nehmen ,  dafs  man  die  Haeniitbe  nnd  Wirbel  nidit  ubereil  au  diei> 
gnosiischen  Merkmalen  erbdw. 

Nach  Allem  diesen  mufs  es  nun  fürersi  noch  zweifelhaft  bleiben, 
ob  die  Ant.  suturosa  als  eine  eigene  Art  betrachtei  werden  dürfe.  Wie* 
wobl  mir  gleich  bei  den  ersten  Mittheilungen,  die  mir  Herr  Otto  dai> 
äber  madkte,  die  fiberwiq(enden  Gr&ide  liOr  dn  Gegentbeil  en  stim^ 
men  schienen,  eo  mnCite  n  mir  dodh  «ehr  willkonnen  nin,  dalt  mein 


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ül/er  che  Antilopen  des  nördlichen  Africa. 


239 


Freund  seine  Beobacbtimc;  öfTenlllcli  begannt  inarlitp,  und  Jcli  ricth  selbst 
dazu,  sie  fürersl  als  neue  Species  aufzustellen,  damit  die  künfiige,  ge- 
nauere Untersuchung  dadurch  um  so  mehr  angeregt  inrerde. 

3)  Die  (S.336.)  erwihnie  AUiandlung  dea  Hm.  Hofniili  Bottiger 
ia  Dvesden  äbcr  die  S^Mbimn  des  Pliaiu«  entblk  mebrera  Fin- 
gen, die,  soweit  sie  nicht  jM^um  dorch  einzelne  Bemerkungen  in  der  TOr> 
stehenden  Abhandlung  beantwortet  äind,  hier  noch  eine  kune  Erörte- 
rung finden  mögen. 

Zuerst  wiederhole  ich  hier,  überzeitgt  zu  sein,  dai's  Plinius  mit 
dem  ifiifaftr  tiicibt»  enderei»  eis  den  Biiscb-^iefsv  gemeint  haliett  könne. 
Demnichtk  eher  saheint  es  mir  in  Tider  Äoidtung  wditig»  nimmelir 
unleugbar  annehmen  zu  dürfen,  es  gebe  Spiefser  {Subidones  mit  geradem 
pfriemenförmigen  Gehörn)  auch  in  der  Antilopen-Gattung.  Darauf  be- 
Sf)ndei-s  habe  ich  den  Scblufs  gegriinrlet  ,  die  auf  antiken  Darstellungen 
vurkomiuenden  Opferthiere,  mit  pfriemcn förmigen  Ilümern,  seien  weder 
HtnchspieCMsr,  noch,  ausgewachsene  Antilopen  (denn  für  beides  erschei- 
nen sie  SU  Udtt  im  Verbtlcnifs  >a  den-Mcas(Aengestelten)  .sondern  Anulo- 
pen- Kälber.  Es  ist  mir  Lftum  gUnbUeli,  dab  die  en  ihren  Beden  sehr 
knorpligen  Röhrenknochen  solcher  junger  Thieie  ein  gates  Bfisierial  eor 
Verfertigung  von  mnsicaiischen  Blase-Insinnuenten  sollten  ahge{»ehen 
haben;  wenigstens  mufsten  sich  die  harit  n  J  ibien  erwachsener  Wieder- 
deikaner  viel  hesser  dazu  eignen.  Und  nuu  fragt  es  sich :  können  die 
Ton  Natur  hohlen  Ittmer  aoldier  Suhdomm.  nidit  euch  su  ihnlidiem 
Zweck  benatzt  worden  sein  und  finden  sidi  im  Alterthnm  Spuren  des 
Gebrauchs  von  Wiederkäuer- Hörnern  zu  Blase -Instrumenten? 

Die  berühmte  Barberinische  Mosaik  von  Palcsin'na,  /n  deren  ge- 
naueren Erklärung  von  Seilen  der  darauf  abgebildeten  Thiere  mein  ver- 
clurter  Gönner  mich  am  Ende  seiner  Abbandlimg  auifordert,  enthalt 
wenig,  was  dem  ZweA  der  TOrstdienden  Ahlwndlnng  nahe  läge  nnd  wor- 
fiher  sidi  suf^ek  Bestiounies  aussagen  lieise.  Ueberhanpt  mBcbte  ee 
schwer  halten,  ohne  Ansicht  des  farbigen  Originals  oder  einer  sehr  vott» 
ständigen  Abbildung,  sich  mit  Sicherheit  über  die  wenigen  Thiergestallen, 
die  zweifelhaft  bleiben  (denn  bei  den  meisten  ist  die  Erklärung  schon. 


340  Jjteuv ST n i»  üier  d»  Jnläepen  du  nördä^en  jißiea, 

durch  den  hinzugefügten  Namen  gegeben)  zu  rersundigen.  So  wichtig 
dies  merkwürdige  Denkmal  dem  AlterüwiiMforseber  in  so  vieler  Hinsicht 
■udi  idii  mag,  so  glaabe  tch  dcniuicli  kann,  dal*  dem»  ünteraudiiuk- 
gen  durdi  den  Beistand  eines  Zdolog^  hier  auf  eioe  irgend  ei'heUtche 
Weise  gefördert  werden  können.  Die  mehi-sten  Tbiergcstalien ,  die  ee 
enihah,  sind  unverkennbar,  und  die  übrii^cn  fast  sämmllich  entweder  fa- 
belhaft oder  nucU  bei  der  strengsten  Vergleichung  nicht  mit  Sicberbeit 
»u  bestimincu. 

4)  Herrn  Dr.'Bhrenberg'i  nnninehr  erf'olgte  Rfidkckr  setsie 
midi  in  den  Stand,  ihn  wegen  der  Namen»  wddie  die  Eii^diOTnen  den 

bir  i  bt  schriebcnen  Amilopen-Arten  geben,  näher  befragen  zu  können, 
und  er  ist  so  gefällig  gewesen,  mir  das  folgende  Verxeicbnils  sor  Ver« 

Tolistündigiinq  meiner  Abhandlung  niitzutheilcn : 


Vr^^t  ■^i'U  har6  ist  der  aiabiscbe  Name  des  Orjx. 

u^^t  jihuAhMeh  ......  —         —    —  Addax. 

i^Jk«  Addm  —  —      —         —  der  Dorna. 

^  AHA  —  —       —  —     —  Darens, 

^  Anse  helfst  das  W^eibchen  derselben  Art. 

^^J'^^  GiomI  oder  GataL  £ane  nahe  damit  vtT.vnndie  An  iu  Arabien 

führt  dort  vorzugsweise  diesen  Namen. 

tj*».....i9SNiini  faflifti  eime  in  Noblen  adtne  An,  welohedfe 

Darw  an  Grefte  eifm  flberuiflfk,  roib 
Ton  Farbe  und  von  schwachem  Gehöra. 


Die  zuerst  von  Salt  erwähnte,  ungemein  zierliche  Modoqua-AxAi' 
lope  aus  Abessinien  fülirt  dort  seltner  diesen  Namen  als  den  Namen 
Addrot  und  die  Oijx  helfet  dort  Hakaba.  in  Syrien  aber  werden  die 
nil  der  Darca»  Yerwandien  Arten  sämmtlich  mit  dem  Namen  Arid  bc- 
leidMiet,  den  aogar  hin  und  wieder  der  DammfairMh  trig^. 


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Verallgemeinerung  einiger  in  der  Abhaiullung  über 
die  ausfuhr  Höhere  Bezeichnung  der  Krjslallflächen 
(s.d.Abh.d.phjs.Kl.a.d.J.  181 8  u.  1 9, S. 270-50*.) 

Toi^trageoen  Lehrsätze.  ; 

Von 

H™-  C.  S.  WEISS. 


[Geleaea  io  der  ÄkaUemie  der  W'iMcjuchaften  ua  26.  Februar  1524.] 


L  VblktiindigeFer  Ausdruck  des  a.a.O.  S.277.  aufgestellten 
Lehrsatses  fiber  die  Theilung  der  Dreiedce. 

thetUoi  ein  Dreieck  j4IiC  (Fig.  1.)  beliebig  durch  zwei  Linien 
yiD  und  CE,  aus  den  Ecken  y4  und  C  nach  beliebigen  Punkten  D 
und  £  der  gegenubeilii  n  Im  Seilen  gezogen;  wir  bestimtnien  durch 
die  eLufachsten  Formeln  das  Verhaluaifs  der  Siücke,  suwohl  der  gctiicil- 
ten  Seiten  Dreiecks,  als  der  sieh  daaiidar  «chiieideiiden,  theilenden 
linMn  tdlut,  indem  von  iwei  gegebenen  YerhIihaiMen  toldier  Paare 
die  beiden  andern  abhingig  «md.  Wir  «eben  jetst  am  der  driim 
B  dnrcb  den  Schneidnngipiinki  F  der  Lim«  JD  und  CJB  die 
Linie  BQ,  so  entstehen  uns  sechs  Paare  toii  Stfleken»  sowohl  der  Sei- 
ten des  Dreiedu,  als  der  theilenden  Linien  jiD,  BQ  und  CE ,  Ton 
welchen  immer  das  gegebene  Verhahm'fs  zweier  solcher  Paare  die  übri- 
gen bestimml.  Es  irrten  daher  für  jedes  Paar  zehn  Gleichungen  ein ; 
denn  es  wird  z.  B.  für  jede  getheilie  Seile  des  Dreiecks  das  Vcrbällnifs 
der  Stücke  gefolgert^  entweder  aiis  dem  gegebenen  Verhaltnifs  der  Stücke 
Ph/s.  Klasse  1824.  H  b 


242 


Ws  I  8  st 


in  den  lMtd«n  •ndam»  oder  «ns  im  in  dner  rcea  fluten  und  einer  der 
drei  inneren  Linien ,  oder  endlicb  mu  den  dreieilei  GonilwMtionen  der 
gedieilieii  ianeren  Lbien,  irann  für  «wei  von  ihnen  du  YeifaÜiaiiii 
.ihrer  Stüde  .hAnint  iftj  und  M».nV|pkekrt  dttrdi  lebii  ihnlidie  Fo»> 

aeb  das  Verbältaifs  der  Stücke  einer  inneren  tbeilenden  Linie. 

Es  ergeben  sieb  für  die  Bestimmung  der  Stüde  einer  Seite  des 
Dreieck?  <liircli  die  gegebenen  Vcrblltnisse  der  Stücke  der  beiden  an- 
dern, und  eben  so  für  die  einer  inneren  getbeilten  Linie  dui-ch  die  bei- 
den andern  liberuus  einfache  Lehrsätze  j  die  übrigen  Bestimmungen  las- 
sen sieb  fügUcb  nur  durch  die  l<'ormebi  selbst  aussprechen. 

Es  find  »dimlick  die  ProdoLie  je  dreier  ebwecbselnder 
Sificke  der  getheilten  Seiten  des  Dreiecke  sich  gleich,  also 

JE  X  BD  >c  CQ  =  EBx  DCx  QA 
folglich   AE  :  EB  =  DC  x  QA:  BD  x  CQ 

oder  es  verhalten  sich  die  Stücke  einer  getheilten  Scite^ 
wie  die  Produkte  der,  einem  jeden  anliegenden  and  gegen- 
überliegenden Stücke  der  beiden  andern. 

Der  Beweis  ist  eben  so  leicht  zu  führen,  als  der  des  früheren, 
e.  a.  O.  S.  277.  aufgestellten  Ldmaues  selbst.  Wir  ziehok  aus  C  so- 
wohl CG  parallel  mit  jiD,  ab  CS  parallel  mit  BQ,  beide  his  um 
Dnrchsdbnitt  mit  der  verlängerten  JBi  so  ist,  wie  dort  erwiesen  wurde, 

CD\DB  —  AE,CF'.FE,AB 
Ans  der  Aehnliclikeit  der  Dreiedte  ABQ  nnd  ABC  aber  Ibigt 
CQiQA^BBxAB,  oder  BH^  —qJ^' 
und  aus  der  Aehnlichkeil  der  Dreiecke  FEB  und  CEB, 
CPxFE»BBlBB as  -^-^^  : EB* 


243 


Ako  ist  CD:  DB  ^  JE,  ^^S^j^  xEB.JB^AE  ,CqiEB  ,  QA 

folg^di  JE  .  Cq  .  DB  ^  EB  .  QJ  ,  CD,  wie  oben. 

-  iDie  ä]|ri§aft  Formeln  abzukürzen  und  illKirKthwilkfcor  <a  ttichen» 

benennen  wir  ^ffieder  die  einzdben  Stüdie  der  getheüten  Linien  mit 
einfachen  Buchstaben  ,  Tind  um  der  Anschauung  bei  der  Auflassung  der 
Bedeutung  der  einzelnen  Ausdrücke  soviel  als  möglich  7,11  Hülfe  zu 
kommen,  gebrauchen  wir  für  jedes  Paar  too  SUicVcu  einen  Vokal  mit 
dem  aui  ihn  folgenden  Gonsonanten  in  der  natürlichen  Folge,  so  dafs 
w  die  Stdcke  der  getbeilten  Seiten  des  Dreiecks,  a,  b;  e,  /;  t,  k  nen- 
iMB,  die  alnret^liidA  Siidbe  nitTokakii,  die-  mk  ihuHi  lAwedwIi^ 
dm  ant  den  GonMNMnim  heBddmend.  Wir  mmii  ÜBr  die  StlUike  det 
geibeilien  inneren  linien  dieifllbe  Rdfae  der  Yekele,  mit  den  «nf  ne 
folgenden  CkwscMMnten  so  fort ,  dafs  wir  die  Vokale  o,  u,  j  den,  den 
Ecken  zugekehrten  Stücken  beilege,  die  ihnen  folgenden  Consonanien 
p,  V,  s  den  den  Seiten  7.ugekehrten  Stücken,  so  dafs  o,  p  der  gegen 
die  Seile  a  +  l/;  u,  i>  Aev  til  gen  e  •\- f\  und  /,  3  der  gegen  die  Seite 
i-k-  k  sich  richieudoi  Linie  zukonmii.  Wir  setzen  also  für  AE,  a,  a.s.f. 
wie  die  Fig.  1.  zeigt. 

Wir  geben  die  Formeln  für  eine  getiieflte  Säte  det  Dreieeke  mtier 
da-  Fenn  de»  YerbifltniMes  a\h,  und  die  fdir  eibe  getiieilte  innere  Linie 
vnter  der  Fem  oxpt  und  fügen  jeient  den  entspcedienden  Werdi  lel* 
net  Gemen»  d.i.  a^h  und  o-^p  bei»  de  ec  inktvefantneh  dken  eo  oft 
Torkommt,  dafs  das  Yerhältnifs  eines  Stücke  zu  seinem  Ganzen  das  uUp 
mittelbar  gesuchte  ist,  als  de«  der  ^ücke  zu  einander,  und  da  bald  in 
einem  der  ersteren ,  bald  in  einem  der  anderan  Ycrhaitnitte  die  ein» 
Cscbere  Regel  immitielbar  sich  ausspricht. 

Von  den  je  zehn  Proportionen  für  die  Bestimminig  der  Stücke 
einer  aufscren  sowohl  als  einer  inneren  Linie  des  Dreiecks  konutca  drei 
•OS  demLdbrsau,  wie  ivir  ihn  in  der  früheren  Abhandlung  Tortrugen, 

Hh  3 


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2U 


•    W  s  I  • 


unmittelbar  abgdeitet  werden  (');  dni  andon  lind  die  nemUchen  Fro- 
portionai,  mir  du  dritte  f^ebertige  Elemeiit,  lei  es  SeiCe  des  Draedts 
oder  theilende  linie,  emem  der  beiden  cnten  sabsiatnirt.  Von  den  vier 
fibrigen  Propordtwen  sind  iriederam  iwei  abnliebe  Goigansincke  in  «n- 
endei*  mit  Austauseh  endog  liegender  Theile  als  gsgebener;  drei  aber  sind, 
iresentlich  Terscbieden  unter  «ich  und  von  den  ersten  aechs,  Folgen  der 
Erweiterung  des  Lehrsatzes.  üeh<  ilianpi  also  sind  von  den  zu  gebenden 
je  zehn  Proportionen  sechs  wesentlich  verschiedener  Cnnstruction,  Tier 
aber  als  Wiederholungen  von  vierf'n  der  sechs  anzusi  lu  u. 

Die  Art  wie  wir  aus  den  ersten,  durch  die  geometrische  Demoo- 
mvdan  rmimSMt^t^  eAehonen  IkY^portionen,  die  übrigen  finden,  bederf 
beiner  «nslihrlichen  Erortening.  Wir  sodtan  K.a  die  Tbeflnng  eiMr 
umenn  Unie.  wnn  — »■  die  dar  »miI^mwh  jnneni  TJü«—*  ammAggt 

&t.  So  fgubt  w»  der  frfibere  Lehnets  nnmitieliier  {*) 


('}  AUe  IVoportionen  nemlich,  wie  lie  in  dem  frilher  vorgetngBnea  Ldinau  direct 
tMgfäaJflt  wwcD,  «D  wir  /  od  »  vmuom^  was  jetet  c  mAf,  n  od  as«  was  jaw 

'o  und  Pf  obA  tf  uad        was  ]«t>t  u  und  v  genannt  ist ,  waim  ToDsttadig  dlcsa: 

(na  l  m{a-¥b)  ;  na  ■+•  «  (a  •♦■  6) 
s:jr;«e-l-Jf     J«»:*ir  -       :  ^ 

|.nv— nnv:  m  (f+w)  :  t»  ffi -»- m) 

ff*  :  w  (x+j')  :  t/jt  +  w  {i' ■♦■/•)  ' 
mx : —  Our  :  ny 
nv—mw  :  w  (n  -♦-  fli)  :  »  f i'  4-  <v) 

(X  :  ^«  :  j'a -♦- a:       fr)    -   •   >  -  •  ■ 

w(a+i)  :  vA  — wa  :  *(k  +  w) 

(»+-^)  :  fcr  :  te  ♦  «  («  +y)  ' 

Jä  df«!  soldw  sbd  «s,  wcieba  sicli  io  dar  eu— slrigSB,  venllgeBieinarMi  Anfitdi- 

lung,  unter  TPränJcrten  Buchstiibcn,  wicderfinJcn  ;  sie  benilien  auf  folgenrji-n  vier  Grand- 
gleicbangeo:  l.  njra^mx{a-t-h)i  Ii.  fAxatva (s-l-/-) ;  III.  vbn^wian-^am-^Mii 
cdcriv(a-HA)(«i*Hi»)i*Aii(«^4Mv);  Vftt^tmm^mH'XW^jfwii  «dar  (i^*f4»>}M 

'jrvin-i-m). 

' '  (*)  E<  in  die»  die  Uebersetsung  der  Foraiel  n:  m.^  vx w  {x  +jr)  :  «7,  wis  tie  ia 
d»  mrign  Haie  Idaft,  fai  dia  fiiiaawli'Üfi  BMaidwaB(. 


■  Wir  müssen  jeut  e  und  J  in.  u  und  v,  und  ^  tmd  «  auflöten. 
Ute  gesdüdit  durch  Ain«Midang  einer'  mSnetn  Formel  des  nemliffhim 


e      e.  +/=  ujr-fz:»  (u+v)  :  u  O'+a)  ('). 
So  ilt 

•  ■ 

FolgMidee  sind  nitn  die  Proportioiiien  rar  Anffindang  dei  YcdiSlw 
niaies  der  ScOdie,  ed  es  einer  geüiditea  Sute  des  DceiedLSt  oder  euier 
gedieiltai  innefen  Unie  desMtDwi«  sn«^  iwei  gegdisnen  wdeni. 


f/ki^i  ei  ♦/* 

tl^  l  »(»■*■/)  i  uf-¥v{e-*-/) 
:  yi  :  j'j  +  «  (i  -♦•  *) 
|j>  9  w         :  «o  •■ 

fz-.fy-et.    ■./y^i(f-c)  .    ^  . 

oli pv  ;  V  (f> -»-/?):  f#  («-♦• 
x(o+^)  :  oj-  /Ji  {>-♦-*) 

:  M  :  M  +/(«■♦•*) 
ir(«-f-») :  M  !(«-•-£) 

+  f I  :  ek  :  ei  +Ä  («■♦-/} 
v{<u-¥h)  ;  Iii  — :  A(u  +  i>) 
:  ^a  — x(  :  «(y  +  j) 

^/.♦v  (»-♦-/)        (u  +  i»)  («•♦•/) 

♦  •  i  fr»-  +*(«-^*):r*:0'+»)  ('■**) 

-  "  :  «  :/Cr+«) 

Die  leute  Fonnel  führt  ofiW»r  auf  den  Aufdruck 


1 


(*)   Dm  Formd  dar  vorigen  Note 

«  :  * : « -f- » s»    —  mw :  w(»t+ffi) : « (v-*-«») 
#ird  bier  ao  angewendet,  d&fs  e  für  a,  /  Cät  b  geieut  wird;  dann  muf«  u  See  H,    für  ^ 
y  und  s  iwr  w  goaeUt  werdcBi  und  ao  in  ihalirtmi  Flllen. 


345  ^W»l..»« 


welches  in  Worten  aosgeclr&ckt,  forid.lMi&i'dft  tom  «iaar  geth«il' 
«•A  iaaer^BLivie  ist  daa  gegen  4i«'Bfrke  gekehrte  Stfipk  .to» 
•einem  Ganten  der  «o  Tielste  Theil,  al»  die  Snmae  der 
Theile,  -welche  die  gegen  die  Seiten  gekehrten  Stfieke  der 
heiden  anderii  Innern  Xinien.Ton  ihren,  Gänsen  ti^d. . 


,0 

« 

V 

U  +  V 

+ 

p 

_  /> 

V 

X-hz 

M»  ttt  andi 


Es  ist  also  offenhar 

it-^v  J^+« 


oder:  die  Sonune  der  QnotienM^  ireLche  die  g^en  die  Bdtcn  gdiehr> 

ten  Stfidce  der  getheilieit  innem  Linien  Ton  ihren  Ganzen  ausdi-ücken, 
ist  doppelt  so  grofs,  als  die  Sutane,  derer,  welche  die  gegen  die 
Seiten  gekehrten  Stöcke  aatdrfieken.  - 

Da  aber  faner  und 

s  o  o         j     ■      V  O  Z 


oder 


o-t-p        U"*:»  .  B-t-f        o-t-p  y-h 


■»•|>r.     .  /-h«  .     •  ■  o*»>/>.     o^l-^      y+»  T*» 

koB  + 

mit  Worten  ausgedrückt:  Die  Summe  der  Quotienten,  welche 
die  gegen  die  Seilen  des  Dreiecks  gerichteten  Stücke  der 
getheilten  inneren  Linien  im  Yerhältuifs  zu  ihren  Ganzen 
ausdrücken,  ist  Eins;  die  Summe  derer,  welche  die  gegen 
die  Beken  gerichtetisn  Sitücke  anadrueken,  iit  gleich  Zweij 
dn  Sats,  der  dwdt  «eine  Allgemeinbeit  — ■  denn  bidier  kannte  van.  üm 


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247 


wolil  nur  beiläufig  för  den  Fall,  wenn  dje  theilenden  Linien  aus  den  Ecken 
nach  den  Mitten  der  gegenüberliegenden  Seiten  gezogen  sind  —  in  seiner 
hier  erwiesenen  Allgemeinheit,  sage  ich,  gewiss  nicht  minder  merkwür- 
dig ijt,  als  jener  m«r«t  vorgetragene,  ifddier  dfe  gedieOWn  Seiten  de» 
Dfeieeke  betmf,  and  die  OleidUieit  der  Frodidite  je  dreier  ebwechoeln- 
der  Stficke  derseUbeii  ettniMnHili.  ' 


IL  Verallgemeincrun^j;  der  in  der  angcfiihricn  Al  handluag  S.275 
und  300  ge^^i  benen  auslührlicben  Zeichen  der  Krystall- 
flächeo  des  sphäroedrischen  Systems. 

Iii  jenen.  Zdchen  geben  -wir  en,  leidfiel  eine  FlidM,  Ten  -«ddMir 
bekennt  in,  wieviel  de  abuiuieidet  in  jeder  der  di«i  Gnmddiewnnoiien 
deiSyatems,  d.  i.  in  den  gröfsten  Octaederdimensionen  oder  den  auf  diett 
Wfirlelflachen  senkrechten,  xugleich  abschneidet  in  jeder  der  sechs  mitt* 
leren  zv^isdicn  je  zwei  der  vorigen,  d.i.  in  jeder  der  sechs  auf  den  Gra- 
notoederfl.ichen  senkrechten ;  femer  in  jedei'  der  vier  kleinsten  Octawler- 
dimensiunen,  oder  der  auf  den  Oclaederüiichea  senki  cchien ,  d.  i.  der  mitt- 
leren zwischen  je  drei  der  ersten;  endlich  in  jeder  der  zwölf  avS  den 
Flächen  des  Leacitköipers  senkrechten,  d.  i.  der  mittleren  zwischen  den 
iMteren  nnd  den  eMlerw,  eo  wie  zugleich  udecben  je  nrei  benedi- 
berteift  der  sweiien  GalMng.  Ob  nim  gleich  nidit  eOcin  von  eilen  den» 
genannten  fÜnfnndzwnBg  0inienfienen  Reehaiadnift  >  gcybew ,  eondeni 
«ndi  poiiÜTtt  und  BegetiT«  WaBihe  in  3iiien  unianebieden  werden  mnl*> 
ten,  so  vereinigte,  sich  doch  in  dem  gegebenen  I)ildlic]ien  ZeMshoi  di« 
bestimmte  Beziehung  jeder  möglichen  Stelle  im  Bilde  auf  alles  zu  un- 
tersclieidcndc  in  den  Dimensionen  mit  der  höchsten  Einfachlicit  aller 
auszudrückenden  Wcrthe  und  ihrem  harmonischen  Zusammen h  mf:^  hin- 
tereinander so  glücklich,  dafs,  am  h  aht:»  vi  lifj«  von  den  mannichlaliigen 
Vorlheilen,  welche  ein  solches  Biid  für  die  Berechnung  der  Küip«  des 


345  W  k  1  •  •: 

sphäroedn&cben  Systems  und  ihrer  Eigenschaften  gewährt,  ihm  sein 
geometrisdiei  IftieraM«  für  «dfc  Udbt.  '  Es  idiainl  mir,  dafs  eben  in 
dieMn  die  Anffiwdamng  liegt,  den  Bilde  die  §rolMaiS|^Uclie  AJÜfjsmmaf 
hat  tu  geben,  und  es  enf  die  antsprechenden  Werthe  in  allen  nitd 
jeden  erdenMidwn  yiriwhenlitiynden  Dtmeosionen  anisndebnen.  IKei 
gelingt  in  ilinlicher  Einfachlieit,  yiie  sie  sich  schon  in  der  ersten  Gettalt 
des  Bildes  ankündigte;  und  ich  erlaube  mir,  es  hier  schrittweise  bis  wo. 
seiner  allergencrellsten  Gestalt  fortzuführen  ,  da  Jede  der  Stufen  seiner 
Verallgemeinerung  ihr  eigentbümiiches  Interesse  hat. 

Sneboi  vir  fibs  eiMe  die  WerA* .  in  den  »witdienliegeHden  IX- 
menciaiMn  iwiccben  |encn  «edis  mittleren  Oetaederdimettsionen  nnd  den 
drei  Gmwddimenilonen >  eo  iind  dies  soldie,  imd^  tenkrecbi  nAm 
ireidai  «nf  den  Flidien  der  Terscbiedenen  mSg^ehen  Pyramiden- 
wärfei.  Es  ist  klar,  dals  ihre  Stellen  in  tuuenn  Bilde  liegen  musaen 
in  den  Seiten  des  Dreiecks  und  deren  Verlängerungen,  immer  je  zwei 
SU  beiden  Seilen  einer  solchen  Stelle,  wie  ,7^7-  u.  s.  f.  .  welche  der 
auf  der  Granaloi-derfläche  senkrechten  Dimension  uir^Lhörle,  d.  i. 
zwischen  einer  solchen  und  den  Stellen  der  drei  Grtihddimensionen  oder 
ihrer  Entgegengesetzten ,  d.  i.  der  negativen  Werthe  der  Grunddimen- 
dmen  (deren  Stellen  im  Bilde,  in  der  Yeriangerung  im  Pnendlichca  Ii» 
gen  wvolil  Tom  den  Seiten  des^Drejedu»  ab  von  jeder  Biditnng,  die  von 
den  Stellen  der  drei  Granddimenrieiien  ans  iigend  wohin  gnogen  wir^. 
tn  den  Granatofderflichen  lidlen  ^  »wei  Pyramidenwarfclflacfaeii  m  Eme, 
nnd  so  die  entsprechenden  Stellen  in  unserm  Bilde  ebenfalU. 

Es  sei  nim  die  Pyramidenwürfelfläche ,  in  deren  Normalen 


Senkrechten   die  verschiedenen  Werthe  gesucht   werden  ,   narh  einem 


allgemeinen  Ausdruck  =  \  u  :  z  .  a  :  00  a    ,  und  irgend  eme  gegebene 


Fläche,  deren  Werthe  in  den  auf    a :  z  .  a  '.  00  a  I  senkrechten  Dirnen 


sionen  gesucht  werden,  heifse  wiederum,  wie  wir  sie  früher  bezeich» 
•BM  haben  [a:±-a:-^,a  \ ,  so  fltadet  sidi,  wenn  als  Einheit  in  der  Benen 


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Dimension  angenommen  -wird  die  Linie  im  Octaeder  aiu  dem  Miiiel- 
pnnkt  udi  demjenigen  Pnnkie  der  Octaedeikioite  gezogen,  in  -wdeham 
die  OciaSderiumte  von  der  neuen  (durdk  den  HittelpmilLt  des  Odelderg 
^l^len)  Dimensioii  ychnitmm  wird,  die  gnachte  GrSlse  eb  diete  Ein- 
heit mnllij^rt  mit  einem  Go£ffieieniett  Ten  der  Form  *** 


U.S. f.  —  man  vergleiclie  Fig.  2.  —  so  dafs  der  Zähler  des  Bruches  allen 
m  unterscheidenden  achuehn  Wertben  (')  gemeinschaftlich  ist,  der 
Nenner  aber  die  Summe  der  Produkte  der  Divisoren  in  den  Wer- 
thiMi  der  Cnmddimensionen,  zwischen  welchen  die  gcsurli!«  liegt,  der 
Divisor  der  ihr  zunäclist  liegenden  multipliciri  mit  s,  der  andere  muU 
upliurt  mit  1.  Die  Einheit  dci  xieucu  Dimension  ^  über,  ausgedrückt  in 
der  Einheit  des  ganzen  Systems,  d.i.  der  Gmnddimeuäion  selbst,  oder 
die  halbe  Oeieedenate  s  i  gesetst,  itt 

.  _  y?T7 
*-  -r^r 

Daher,  wenn  man  eine  jede  der  gesuchten  Gröfsen  unmittelbar  in  der 
Einheit  des  Systems  »usdrfickeM  «rill,  der  gemeinscliafiliche  Zahler  aller 
CoefTieieiiten,  s-t-  i  ,  nur  zu  vertauschen  ist  mit  Vs'  -h  i  ;  die  gesuch- 
len  Werihe  sind  also  in  dieser  Einheit  '    u.».f.  Indem 

Bilde  selbst  aber  werden  wir,  wie  bisher,  die  CoeflTicienten  der  n^ien 
Dimensionseinheit  ab  solche,  im  Zähler  mit  2  +  1  schreiben. 

Wird  s  s  1  geseut,  so  haben  wir  offenbar  die  mittleren  Octaeder» 
adbst,  oder  die  senltrechtsn  auf  den  Granatoederflgcfaoi 
tfUteoe  j ;  und  je  swei  Werihe,  wie  die  oben  geschriebenen,  fal« 


insammen  in  den  Werth  -^^  ,  d.i.  in  den,  wdchen  unser  fni> 


(')  T«n  Jen  swiHf  aenen  Dhnea^onCtt  sind  wiederam  in  tedisai  die  der  gcacSwie- 

heacn  FUche  Kukommendca  Wertite,  an  den  Stellen  ncmlicli ,  welche  innerkalb  unSOS 
Dreiecke  liegen,  nothwendig  pofitiri  ihre  neptiven  find  daher  im  Bilde  aiicgetcbkum. 
lu  den  sechs  andern  aber  kann  der  {geschriebenen  Fläche  der  Werüi  sowohl  in  pofitivem 
als  in  aegstifCm  Sinnr  tukomnien;  daher  li.<t  unser  Zeichen  S^IS}  d.i.  achtsehn  tci^ 
»cbiftlene  Stellen,  welche  sich  auf  dic&c  Dinicnsionrii  hetichen,  zu  uatVlcfaciilcn ;  uad 
eben  soviel  wirklich  corre^ndirende  Stellen  giebi  es  in  demselben« 
Phja,KlaMM  1834.  Ii 


360  W  B  I  s  s: 


hnm  Bild  ffir  dem  Werth  In  einer  mitderan  OsM^aihunmau,  «hren 
Einheit  wir  d  nannten,  «ngihi  der  Werth  ya*  +  i  wird  s  Vt,  wie 
die«  die  GrSAe  wer,  welche  den  Zlhkm  der  Gofiflidenien  der  nunle- 
reu  Ociaederdinieiinonen  iabtlituirt  werden  konnte^  um  diew  QaBB^ 
denten  in  die  abaolnten  Werthe»  wenn  die  Giunddloiennon  i  §b> 
aeist  ist,  überzutragen. 

In  der  Fig.  2.  sind  die  achtzehn  verschiedenen  Wevtlie.  welche  einer 
und  derselben  Fliiclie  [  «  :       :  j  a  ]   in  den  verschiedenen  lliclitungen 


zukommen  , 

die  senkrcdn  sind  auf 

a-'.z.  fi"  :  oo  a"' 

,  1  s .  rt- :oo , 

I 

oo  «• :  rt" :  s .  fl— 

femer  auf 

u- : 

—  3 .     :  oo  a*" 

— a. 

a-:a":ooA-~|  u.a.f.,  die  leuteren 

poudv  oder  negativ  genonmen,  an  den  entqpnN^caden  Stellen  in  den 
Seiten  det  DreieclLB  nnd  deren  Veriinganmgen  gatehrieben. 
Der  Beweis  für  die  Rtc1ui|sKeit  des  Schemata  ist  dieser: 

Es  sei  in  Fig.  3.  C  der  Mittelpunkt  imsrer  Construction  ;  Ca  und  Ci 
tvfci  halbe  Axen  des  Octaeders,  also  (i/>  die  Kante  des  Octacders,  dessen 
Mittelpunkt  C  ist.  Es  sei  CF=^z.  Cö  =  z  .  Ca,  also  aF  der  Duich- 
schnitl  einer  Flüche  \  a:  z  .a:  oö  mit  der  Ebne  Cab;  so  ist  Ct,  aus 
C  senkrecht  auf  aF,  zugleich  senkrecht  auf  der  Ebne 


a  l  »  ,  a  l  CM  a 


also  eine  der  auf  den  Flächen  des  Pyruirudenwutfcls  a'.z.a'.OQa^ 
•enkrechten  Dimensionen.  Wir  fragen  zuerst:  in  welchem  Pimkte  o 
eduMidet  diese  Dimension,  die  OctaedcilLante  oft?  und  welches  ist  der 
Werdi  von  Co,  d.i.  der  £inheii  dieser  neuen  Dimension  ffir  das  Oclee* 
der,  deasen  halbe  Axe  C« » i  ?  So  haben  wir  «cfFs«';  s*a*st 
und  nadi  unaerm  Lehnatz 

00:0^  =  1: « 
wodurch  der  Punkt  o  bestimmt  ist. 

So  wie  nun  ob  ss  — 4-r  '^t  =     '  .  al/ , 

so  ist  auch  Ck  b       -  Ca,  and  Ao  s  —~  Ca}  fol^ich 


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Co  -  K(C*)-  +  (*.)-  =  )/(Ti7)'+(TiT)*- 


Die  Einheit  der  neuen  Dimension  ist  also  im  Ocueder  =  ^**"***. 

»•1-1 

wie  ifjr  ob«n  sagten. 

Bs  «ei  nmi  eiiw  Fläche  gegeben  s  [-^gi^gi^ä]  mit  bdieingm 


Wer^liflii  in  den  drei  Grmuidimcniionai ;  ihr  Werth  mGawA-^  Cm; 
ha.  Ci,  4r  ^B'i'^  «i*  dnreh  den  Kidpiiiikt  «  der  enieren,  m» 

dafs  ag  ihr  Durchschnitt  mit  der  Ebne  Cab  i»t;  90  itt  Cg  ^  Ch, 
gi  SS  (i  — —  ■"""*  CA,  also  :  ^  =  TO  :  /I  —  in  und  wir  ha- 
ben nach  unserm  Lehrsätze  o:  0'+p=f(a  +  l>)iea  •^J^(fim^iy 
in  Fig.  3. ,    Cr  :  Co  —  Cg  .  ai  :  f>lf  .  ao+  Cg  .  nb=: 

I»  .  (z>«-i)  :  (n—m)  1  -4-  /»  (a-4-i)  =  «i  (a  +  l)  In  .  t  +  m  ,  z 

Cr:zz  Co 

Aber  Cr  »t  der  Werth  in  der  Dimension  Co,  wddier  der  flidie 
d.i.  der  obeDgenamiten  Fliehe,  dnreh  den  Endpunkt 


«  in  der  Einlieit  gelegt,  mkonunl;  der  entsprechende  Werth 
für  die  Fteche  R  « :T«T>än  also  ist       .  Cr  =  „         .  Co. 


Mit  s  ist,  wie  wir  sehen,  im  Nenner  des  Bnicfae  der  DiTimr 


desjenigen  n  der  gegebenen  Fläche  lai  l  ai  ~a  |  7.u  muhipliciren, 
welches  in  der  Fläche  |  a:  z  .  fiioca^  in  der  Einheit  angenommen  wurde, 
und  senkrecht  war  auf  dem ,  worin  die  letztere  mit  z  .  n  genommen 
wui-de;  mit  i  umgekehrt  der  Divisor  desjenigen,  welches  für  die  Fläche 
als  2 .  a  genMnmen  wurde,  und  senkrecht  war  auf  jenem. 


alz  .a'.OQa 


n  ndchem  für  iie  «  * «  genommen  wer. 

Seüen  w  ann  fOr  uuer  Schern,  FSg.  3.  in  der  Formel  dei 
Goelieienten  ^'ZmVi  ^  ^*  ^  w^cnindert  jb,  d.i.  eteu  der 
Fom  j  ^ai^ai^a  \  nnaer  gewöhnliches  Zöchen  [aT?ÄT^a]  (also 
n'  für  p) ,  so  wird  der  Go^cient  =  wie  ea  der  Stelle  unsrM 


Schema,  welcher  die  Pyramidenwürfeltläche  |  a',s.a\ooa  entspricht, 
der  in  dem  ersten  a,  i«,  während  ihr  in  der  Richtung  d»»?  —  "  =  «  zu- 
kommt. Wir  unterscheiden  also  die  drei  a,  so  ist  iüt  den  gegenwärtigen 

Ii  2 


262 


Fall  der  gel  tindene  Coeflicient  der,  welchei  der  Fläche  «  :  ^o-;  y«"*  j  i» 
der  Rithluog  senkrecht  auf  ^a-'.  s  .  «  •  :o&«— j  zukomml. 

Seuen  yrir  umgekehrt  in  dnn  allgemeinon  Goeffidenicnfar  m,  das  n 
untrer  Fliehe  \a:i-a:  j-g],  und  fOr  Jt,  1,  to  ymd  der  Goeffident 
s  —  ,  vrie  an  der  Stelle  msets  Sehen*'»,  welche  der  Pvi»- 
mideBwürfdflidke  mit « . «  im  ortten  a,  und  mit  i  •  a  im  swdien  nmrer 
Fläche  a'.^a'.-^a    gekört ;  oder  der  gefundene  GoeCBcient  ist  der  der 


Fliehe  |  <y |  in  der  Riditniig  «cniureebt  euf  \».vivX9Qaf"\ 


cukommende. 

Seuen  wir  für  m  wiederum  « ,  und  für  n  unser  n,  so  haben 
und  dieser  Coefficient  gehört  der  Fläche  \a' '.  ^a- : 


■wir 


m 


der  Richtung  senkrecht  auf  \ooa''.a"'.z  .a- 


Oder  setzen  wir  für  m 
für  n  ungeändert  n,  so  erhalten  wir  ^'^"^'^  ,  als  den  Coeffi» 


denien  ffir  die  FUcbe  \ari-^arlif  a-\  in  der  Richumg  senluredit  auf 
|ooa';».tf-;#y|.  Ibn  lieht  dieie  Werthe  in  niuefm  Seheae  tn  den 
Stellen. 


Ist  die  Rede  von  einer  Dimennon,   senkrecht  mf  der  FUdie 
und  dem  Werthe,  welcher  der  gegebnen  Fliehe 


—  a-'.z  ,  a"'.oc a- 


in  dieser  Dimension  zukomml,  so  wird  z  mit  dem  Di- 
visor des  ersten  a  im  letzteren  Zeichen,  d.i.  mit  1,  das  n  oder  der  Di- 
visor des  zweiten  a  aber  mit  —>  i  zu  mullipliciren  sein.  Im  Coefticienien 
'  wird  also  «  .  i  zu  — «,  und  m  .  z  zu  s :  er  wird  also  zu  r*^- 


Ist:  die  Rede  von  der  Dimension  senkrecht  auf 
SO'  ist     s  mit  n  sn  multiplidren  oder  im  allgemetiM»  Goefficianten  ffir 
'  mz  lu  seuen  — ns,  ffir  n.  t  eher  1.  Der  Goeflident  also,  der  ffir  die  WSkäm 


in  der  Richtung  settkrecht  auf 


—  s  .a-'.a'-'.coai 


3  f^* 


ist 


»•»1 

I  — n« 


Da  die  beiden  Gröfsen  s  —  n  und  i — nz  negativ  sdn  kdnnen,  d.i. 
die  Werthe  der  Fluche 


auf  \-~  a- :  : 


odi 


in 

V  ^ —    .  a- :  tr- :  c>c«— 

in  umgekehrten  Richtun- 


gen Stau  (indeu  können,  so  unicrsclieidel  unser  Schema,  wie  das  frü- 
here, diese  umgekdirte  Lage  eines  solchen  Werihes  diu'ch  die  dersel- 


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363 


ben  Dimension  auf  der  Yerlängerung  einer  Seite  des  Dreiecke  nacli  ent- 
gegengeseuter  Richlong  zukommenden  zwei  entgegengesetzten  Stellen; 
an  der  diien  üt  der  Dituor  .de»  CoSflkiemen  der  oben  geschriebene,  «n 
der  andern  aebi  entgegengeeeuier  »  — «  oder  ni — i.  Dereistere»  d.i. 
der  oben  geichriebene,  wird  der  Seile  eni^oien,  wo  das  evMe  «  poei- 
tiven  Wenk  bat»  der  nmg^ehne  der,  wo  das  erste  •  im  negattren 
Warthe  genommen  ist,  oder  deren  Stellen  Richtungen  bezeichnen, 
weldie  zwischen  dem  swdten  a  im  poaitiTen  Sinne,,  und  dem  Meg^ 
tiven  des  ersten  liecien. 

Dieselben  lieirachiungen ,  welche  anstatt  der  für  die  einzelnen 
Falle  angepafsicn  geometrischen  Consuuctionen  dienen,  wiederholen 
sich  in  Bezug  auf  alle  übrigen  Stellen,  die  uiiser  Schema  in  den  Sei- 
ten des  Dreiecks  und  üim  Vetlängerimgen  angiebi.  Die  gegenseitige 
liBge  je  zweier  Stdlen  fär  die  swiscben  denselben  zwei  6mnddimea> 
simen  liegenden,  je  nadidem  nendicb  eine  bestimmte  von  beiden  der 
einen  Gmnddimanston  atter  U^,  oder  der  aiidem,  entspdebt  der 
Lage  der  Diaaensionen  im  lUnme  selbst  unter  der  Voraussetztmg ,  da(s 
s>i.  Nähme  man  2<i,  so  wurden  die  entsprechenden  Stellen  mit 
ihren  Coeflicicnten  ihre  Lage  je  z\vcl  Ycitauschen,  SO  wie  in  dem  Fall 
s=i  sie  je  zwei  in  Eins  zusammen  fallen. 

S.  3. 

Die  Flacben  der  PyramldenwaiAd  gehftren  beltauididk  der  K«k< 
des  Wflrfds.   Wir  wenden  uns  jeizt  zur  Entwidduig  der 


Wsrdm,  weldie  der  Fliehe  \a:^a'.-h-a\  in  «olcben  Bidttungan  zukam» 


I ,  wdcbe  senkreebfc  sind  «nf  FJicfaien  an«  der  Hauptsone  des  Octs»- 
ders,  d,i.  der  Ecken-  oder  Dtagonalzone  des  Wfirfids. 

Es  werden  also  die  jeut  zu  untersuchenden  Dimensionen  senkrecht 
sein  auf  den  Flächen  der  Leucitoide  mit  Inbegriff  des  Leucitoeders, 
oder  auf  den  Flächen  der  Pyramiflen  -  Octaeder,  je  nachdem  sie 
liegen  zwischen  den  Grunddimensionen  und  einer  kleinsten  Octaeder- 
dimension ,  oder  zwischen  einer  kleinaten  und  einer  mittleren,  die  auf 


S54 


W  B  I  •  •! 


ihnen  senkrechten  J<  lachen  also  zwischen  einer  Würfelilüche  und  Octae- 
derfläche,  oder  swischen  einer  Ociftgdar-  nnd  Gnmetoederflädie.  Die  all- 
ganMui»  Eifj^ntcbafc  «uier  FladM  tm  d«r  Baupmae  dei  Oetafidei*  igt, 
dalt  in  Bif «Ä  iiiimr  GnmddiiiMMkMicn  ihr  i^dw  Wenba  ndunoaMii, 
ym  wir  im  allgemeiiien  «iMdrodken  Lonmn  mit  der  F<Mni  {z.a:z.aia\, 
Ilt  « >  1 1  M>  haben  wir  Leacitoldflächen ;  ist  s  <  i , 


derflCcheD.  Der  Fall  sssi  iai  der  des  Ocuieders  seihst,  als  di«  Bütte 
zwischen  jenen  beiden  Abtbeilungen.  Die  GrenzgUeder  wären  2  =  00, 
cl.  i.  die  Würfelfläche,  oder  z  =  ~,  die  Gi-anatoedcrfläche,  So  war 
im  vorigen  die  allgemeine  Eigenschaft  einer  Pvr  nnidi  iiwiirfdfläche 
^a'.s  .«  :oofl|  der  Parallelisuius  mit  einer  der  Gnindclimensioncn,  oder  00 
als  Coeßicient  von  einer  derselben ;  die  Mitte  3  —  i  war  der  Fall  des 
GnnstoSd«»,  die  baden  Endglieder  xsm  imd  ssso  bddenial  der 
FkU  doe  Wüifek;  and  am  wiid  nicbt  «Ueiii  auch  dieae  Greoifiaie  in 
den  Formcitt  mkaen  SdimaV  niit  hegiriffi«i,  Mndem  anch  bei  der  ai- 
hem  Vorgleidinng  beaiiti^  finden,  waa  wir  voiliin  von  dem  TkbuA 
der  Stellen  sagten,  wenn  z,  was  wir>i  annehmeti,  <i  geseut  wird. 
Die  Fig.  2.   enihik  neben  den  vorigen  Werthen  zugleich  die 


(21)  neuen,  welche  einer  Fläche  [al-r«:-^  <i]  in  den  zwölf  gleichar- 
tigen Dimensionen  senkrecht  auf  beliebigen  Flachen  der  flauptzonc  des 
Ociaeders  zuLommL'n,  drei  derselben  innerhalb  des  Dreiecks,  dpien  ne- 
gative Werihe  ausgeschlossen  sind,  wenn  die  Werihe  in  den  Gruad- 
dimenrionen  positiv  gegdben  waren,  die  aaaii  übrigen  mit  den  negativen 
Werthen  denwlbeo,  ^  hald  die  einen,  bald  die  andeni  der  FÜche 


o :    « :  ^     sQgehSren  ktanen,  «n  enupreehenden,  lidt  antgegcay 


•eisten  SieUen  anfierhalb  des  Dreieeiw  in  den  «odia,  dnrdt  die  verlängea^ 
ten  Seiten  gesonderten  Bäunea«  IKe  einundzwanzig  neuen  Warthe  sind 
sogleich  kenntlich  durch  ihren  gemeinsehaftlichan  Zähler  2-4-2,  welcher 

sie  wieder,  wie  die  vorigen  der  Zähler  s-l-  1,  auszeichnet.  Die  Stellen, 
die  wir  ihnen  geben,  entsprechen  wieder  der  Vnrausseszung  s  >  i  in  der 
Fläche  [2  .  «  ;  ;  .  ff ; /r  I ,    in  deren  Normalen  die  der  Fläche  ja         ;  -y  a 


"  zugehörigen  brücke  besümmt  werden  sollen;  und  so  entspricht  diese 


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366 


Voraimeuung  dem  Fall,  dai«  es  Leuciioide  sind,  denea  die  Flachen 
angehören;  es  ihid  daher  die  ikemliduii  SluSkn,  die  -wir 


\%,aX»,a'.a 


für  die  Wcrtbe  m  den  Ridiunig^  loikreebt  raf  den  ilS^en  des  I«Bii- 


dloedei«  tdbM,  d*l.  «uf  den  Riidten  \2a  :  2a  :  g]  in  den  Sdieme  der 
Mberen  AMwndliing,  S.300.  ndl  den  Coefficienlen  bcedchnet  haben, 
wdche  den  gemeimchaftlichen  Z&Uer  4  hatten.    Wenn  s  =  i  vrird,  so 


ist  es  die  Octaederfläcbe  a'.a'.a  ,  yon  deren  Normalen  die  Rede  ist; 
der  Coefficient  bekommt  zum  Zahler  3  ,  wie  in  den  fmheren  Schemen 
die  GoeAtcien tcn  rler  auf  den  Octaederflächen  senkrechten,  d.  i.  der 
kleinsten  Ociaedcrdimensionen ;  und  je  drei  unserer  neuen  Coc^Kcienien 
ait  den  Zälüern  x  +  2  fallen  dann  in  Eins  zusammen. 

Wird  2<i,  sind  es  also  Pyramiilenocuederflachen,  in  deren 
Nennalen  die  der  Fladie  {ai—a:-^^  zugehörigen  Stfioke  betüttiint 
werden  soUen,  so  vüiAt  die  ki  dem  Schema  einer  jeden  derselben  ge> 
bohrende  Stelle  Über  den  Punli,  wo  je  drei  tussmmenfielen,  fiacfa  der 
entgegfli^iaMHxlett  Sttte  binnber,  und  die  drei  innerhalb  des  Drneekt  a.B. 
Uzenden  Werthe  bilden  in  demselben  ein  umgekdurtea,  mit  den  Spiiatn 
gegen  die  Seilen  des  groCien  gerichtetes  Dreieck ,  statt  dafs  in  unserm 
Schema  es  ein  gleichfürmig  in  das  grofse  eingeschriebenes  Dreieck  ist, 
welches  ihre  Stellen  unter  sich  bilden.  Von  je  drcieu  in  einem  Aus- 
sciiniit.  aufscrbalh  des  Dreiecks  gescliriebenen  Coeflicienten  mit  den  Zäh- 
lern z-i-  2  gilt  ganz  das  analoge ;  sie  fallen  auch  je  drei  in  Einen  Punkt 
und  Eilten  Werüi  zusammen,  wenn  «=si  ist,  und  treten  in  entgegen- 
geseiaien  Richtungen  wieder  auseinander,  wenn  »<i  wird* 

Li  den  Nennern  der  CoelBoenten  siebt  man  im  Schema  mdk  die 
flewobnte  Einfacbbeit,  und  ewir  mit  e  Immer  den  Divisor  derjenigen 
Gmnddimension  tSx  |a;-f  a;-jr<«]  multipUeirt»  wakhe dem  gesduiebenen 
Go^cienten  am  nächsten  liegt,  die  beidoi  andei-n  Divisoren  unverin- 
dert  oder  mit  1  mulüplidrt }  die  Summe  der  so  muliiplicirten  Divisoren 
aber  macht  den  Nennqr  des  CoefTirienfen  aus.  Die  gröfscrcn  Ausschnitte 
haben  zu  ihren  Grenzen  zwei  Grundtlimcnsfonen  in  den  positiven  Wer- 
then  des  Dreiecks,  die  dritte  im  negativen  VV  erth,  die  Grenze  des  Aus- 


266  W  B  I  •  t  i 

scliniiu  im  Unendlichen  bildend.  Die  Lldneren  Ausschnitte  liaben  zu  ih- 
ren Grenzen  nne  der  GmüddimeBnoiiMii  des  ThtnA»  in  positivem  Sinn, 
beide  andr»  im  negkliTen  in  den  Vetiangerungen  der  euudilieAenden  Sei- 
ten im  Unflodlichen  li^end.  Wddie  Granddimemioneii  cor  BUdnng  dei 
einen  oder  des  andern  Auudhnitte«  in  negitifem  Wertlie 
dieie  g^en  nbenll  in  demselben  negativen  Werthe  auch  in  den  Nenner 
des  CoSBcienten  ein,  mulüpUcirt,  wie  vorhin,  mit  deosdben  Factoren* 

Die  Einheit  in  der  n^uipn  Dimension ,  womit  die  CoofRcienten 
sammt  und  sonders  wieder  /u  multipliciren  sind  ,  ist  nbcrmils  die  dem 
Octaeder  zukommende  ,  also  die  Linie  au»  dem  MiueipunLi  des  Ociac- 
ders  nach  demjenigen  Punkte  der  Oberflache  daa  Ociaeders  gezogen,  in 
welchem  dieselbe  von  der  neuen  Dimemiön  geschnitten  vrird.  Diese 
Linie  X,  ausgedrudtt  m  der  Einbeit  de»  gnuen  Sjtten»«  d.  i.  die  halbe 
Oetaedcme  s  i  gatetal,  ecbilt  den  Auedrock 


«  -f-a 

und  so  verwandeln  sich  'wicderam  eile  neuen  Goefficienten  in  ihre  wah- 
ren Werthe,  die  halbe  Octaederaxe  =  i .  wenn  statt  ihrer  gemeinschaft- 
lichen Zähler  -  2  gesetzt  wird  Vs*  -+-  2.  In  dem  Schema  für  die  atxf 
den  Lencitflachen  senkrechten  Dimensionen  (wo  2  =  2)  war  der  so  in  die 
absoluten  Werihc  überscute  gcmciDschafdiche  Zähler  \ 2'  +  2  s=  V6,  und 
die  Einheit  in  der  entsprechenden  Octaederdimension  war  —  y 
Wir  Hellen  et  indeb  iriedemm  vor,  in  dem  Selienia  die 


cientea  ab  lolche  m  schreiben,  da  e  -f-  s  fttr  diesen  Zwet^  ein  kfir- 
aerer  nnd  bequemerer  Werth  ist  als  y»*+s. 


Der  Beweis  für  die  Hiehtigkeit  der  angegehnen  Werthe  ist  wie- 
der dien  so  einfach  als  im  vorigen  FalL 

Es  sei  in  Cnd,  Fig.  4.  Ca  eine  Linie  aus  dem  Mittelpunkt  C  un- 

Srer  Consiruciion  oder  des  Octaeders  nach  der  Ecke  desselben,  also  Cn  = 
einer  halben  Octaederaxe  —  ~  '  :  d  sei  die  Mitte  einer  Octaederkanie, 
welche  die  Endpunkte  der  beiden  andern  Grunddimenslonen  a  verbindet; 
■Im»  Cd  =       =  k-i-j   so  wird  eine  Flache  \z  .a'.z  .a:a\  dm*ch  aF 


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267 


gehen,  'wenn  FC  =  z  .  Cd,  Cd  aber  die  zwischen  s.a  wnd  z.a  liegende 
mildere  Octaederdimension  ist.  Die  Linie  Ct  senkrecht  auf  aF  gezo- 
gen, steht  dann  auch  senkrecht  auf  der  Fläche  |a .a;g.a:a  .  Wir  setzen 
wieder  die  ente  Frage;  welchei  m  der  Punkt  o  m  der  OctaederdngQ- 
nele' «d,  ia  wddien  die  leietere  von  der  auf  senkrech- 
len  Ct  ffiuktAwtn.  wiid?  femier:  wdcbei  ist  der  Wenh  Ton  Co,  d.i; 
der  Einbeit  in  dieaer  C^etaiderdiineiwioik?  So  ist  füln  erste 

ferner  Cd'.CF  ^ilu 

ond  nach  anserm  Lehrsatz  o  :  p  ::=  t  (a-^lf^i  kb 

ao'.odisat  .  CF tF  .  CD  —  2  .  z  :  a*  ,  i  Bttz 
also  die  Octaederdiagonale  getheilt  im  Verhälmifs  -2 :  z 

^co.  v(c»)-+ (/■»)•= V(.;T)V(^y.i. = '5|f 

also  die  Einheit  der  neuen  Dimension,  wie  ohen  gesagt  war,  =:  -L.^t. 


Non  nehmen  -wir  vrieder  statt  der  Fläche  a:-l^ai  einen  noch 
allgemeineren  Aasdruck  |-s-is;-jpa :  -yn   ,  so  dab  ihr  in  der  Richtung 

Ca  der  Fig.  4.  ~  a  zulomme.  Wir  legen  sie  durch  den  Endpnnlt  a 
der  Linie  Ca,  d.i.  wir  nehmen  sie  in  den  Abständen  vom  Mutelpimkt 
=  [g  ;  ^  g  ;  «•  g  j  ,  80  kommt  ihrem  Durchschnitt  ag  mit  dei'  Ebne  Cad 
der  Werth  Cg  —  ~-  Cd  in  dci-  mittleren  Udaedetdimension  Cd  zu, 
wie  aus  dem  frühei-en  Schema  einleuchtet;  und 

Gesucht  wird  nun  zunächst  ,  wenn  r  der  Durchschnitt  von  ag 
mit  Ct  ist,  das  Yerhüitni£i  von  Cr  la  Co»  Dieses  giebt  nach  unserm 
Lehrsatz  die  Formel 

Olo^p  ^f(a+b)  :  ea  +/(a+l>) 

Denmacti  Cr  :  Co  =  Cg  .  ad  :  dg  .  ao  -t-  Cg  .  »d  ss 
*m  (s-fr-2)  :  {n  +  p  —  tm)  s+ti»  («-!-<)      jn  (z-fs):  It  +  ^'f 

also  6V  =  Co 
n-i-p  +  mt 

Pfyt.  KlMM  i92A,  Rk 


Nun  abev  kommt  der  l'iaciie  ^  -j-  a :      :  -ya  )  m  der  Dimension  Ct 


nicht  Cr,  sondern  ^-  6V,  d.i. 


Co  xn. 


*+0  +  mt 

Hit  s  ^ird  im  IVeniior  4ct  Ck)efRdeaten,  wie  mui  ridit,  der  Diii* 


nr  deij«ugen  Gmiddioieniioii  der  Fliehe  |  ■ir»  l-^lT'^  1  multiplicirt, 
i!«lcfae  in  ^'eber  Bibhtnag  ffnaimmok  «müde  »tt  dar  dat  i  aim  Zeichen 


dw. Fläche  |  z  .a:z  .aia  i.  Schreib«!  wir «lio mit  Unterscheidung  der« 

die  eivtere  [j^a'i-r«":-^«"']?  «o  ist  es  die  Flache 


<r":«i* 


oder 


.  a" 


in  deren  Nonnale  ihr  der  Werth  — —  Co  zu- 

  n  +p  -♦■  ms 

liommt.    Und  damit  'werden  wir  vrieder  die  Regel  der  Entwickelung 
sammtlicber  Coeflicienten  für  den  Werth  der  Flüche 
in  den  Richlungett  senkrecht  auf        z  .<i-:  z  .  auf 
\z  .a''.z  .a"',a-"  \  ,  j  —  a''.z  .  ti  -'.z  .  a-- 1  xi.  s.  f.  habuii ,   ohne  der  specicllen 


3  .a''.if  '.z  .  II- 


Aasführun|(  der  geumetrisclien  Cunsiruciioueu  für  die  Fälle  der  ver- 
schiedenea  Gomhinetioncn  nt  bedürfen. 
.  .  Genauer  auigedrfidtt,  würde  indeb  .die  Regel  diese  seins  Wir 
un«  beide  Fisdien  TorEUSidllen  unter  der  Form        :^  a  -'.  ya-] 


and 


•  t 


o.  s.  f.,  d.  i.  alle  Dimennonsgrofsen  unter  der  Fonn 
dnes  Brucbea  mit  dem  ZSUer  1  gesduirfian}  ao  der  Nenner  det 
Go€ffi.eienten  die  Summe  der  Produkte  der  beiderlei  Nen- 
ner der  gleichliegenden  Dimensionen  in  den  geschriebenen 
Flä  chen ,  mit  demZeichen-f-  oder—,  als  eben  fa  Iis  dem  Pro- 
dukte der  Zeichen  der  nemlichen  Dimensionen;  der  Zähler 
des  Co  ef  f  i  ci  en  ten  aber  ist  die  Summe  der  ]\cnner  der  dreier- 
lei Dimensionen  der  Fläche       a-'.-~  a-'.--  tv  ('). 

Es  ist  also  der  Cocfficient  für 
aenlpedit  atif  !<!•;».«" ;«.<r~ 


n^Hf  p  =  t^  geaetst. 


in  der  Riohtnng 
denn  ea  iat  das  obige  ms l» 


(')  So  Ausgedrückt,  umCift«  «acb  die  Regel  den  firültcrea  Fall  für  die  DimcntioDen 
ssobeoht  «Ulf  J«i  Pfia^jlBwriiriaflicbea;  dena  dicM  M»  «ir  .uas  sn  dsahsn  anlar 
der  Fom  j-j-«' ;       ;  so  ist  wiste  d«r  »U»  das  CniÜBismwi  «s4*t'«>«« 

nad  der  Msancr  —  s.l^*«  .««f-O.  »'«s«!- n.  n.s.f. 


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I 


Lehnatte.  259 


In  der  Hicbiung  senkrecht  auf  |s.o*:a":  z .  a— '  ist  er  = 


denn  es  ist  &iatt  des  obigen  m  zu  setzen        statt  a  und  ^,  /i'  und  i. 
In  der  Richtung  smkrecht  auf 


ist  er  = 


d«iin  iiall  «•  itt  u  Mtam  it',  »Uitt  »  und  pt  "  vnd  i. 


In  derBiAtiiiig  taalcreAt  «nf  |~<s';  »,arl»a^  ist  der  GoABdeitt  ss 


,  weil  in  der  iIIgeBiMBeB  Foraid  deeidbeB  m  sa  i  geworden, 
len  Prodnki  vit  m  aiwr  mit  dem  ZeiAen  —  la  Tcrielien  iet,  wdebee 
an«  der  Bfnlliplieetion  der  Zeielwii  -1-  und  ^  herrmrgJit»  i&r  n  und  ^ 
•ber,  n  und  n'  gesetzt  ist. 

Wird  dieser  Coeflicient  negativ,  so  gilt  er  in  der  umgekehrten. 
Richtung,  d.i.  in  der  nomliclien  Dimension,  vom  Mittelpunkt  aus  gcrich* 
tet  gegen  eine  Flache  \a';z  . — a"'.z. — «— |  =  ]4  n-  l  —  a  - :  —  welches 
Zeichen  den  Coefficienten  giebt  =  ^^i±!L-  da  jetzt  auch  m  zu  i,  und  n 
und  p  zu.  n  und  n'  geworden,  aber  die  beiden  letzteren  das  Zeichen  — , 
aU  da»  Ptodoki  von  -f-  mt(  tragen,  während  das  Produkt  ms  a  i . « 
dae  Zefchen  -»•r  ele  das  Frodidtt  von  +  wh bdidt. 

Unser  Schema  zeigt  beide  nmgekebrte  Warthe  de»  Goeffidemen 
en  den  entapredienden  Steilen,  nenUck  den  eraten  in  dem  Anwehniu 
svriadien  und  —  «•»  den  iweiten  in  dem  entgegengeaeuUn  «in- 

tdien  «• ,  —       und  —  a— , 

Auf  gleiche  Weise  ergiebt  sich  der  Coeificient  in  der  Ridiinng' 
senkrecht  auf  ^— s  .  a'iariz .  a—  \  =  [  —  w  :  -^a":  a-"    als  -    *     — ,  und 


für  die  umgekehrte  Richtung  q/egen  [<rt— -y-a": |  senkrecht,  al» 


Eben  so  in  der  Richtung  senkrecht  auf  |  —  s.a''.z.n"  = 
{— g'Io";  -yq-'-j  wird  der  Coeflicient  vi'V^^^  '         *'™gel''ehrte  in  der 


gegen  |ir:^<r:'-*.-|ra-|  senlundktcn,  ^J^tj 


d  üdD  »o  alls  fibrig»  dar  Oednong  miel,  wie  sie  iafidMnur 
nach;  da  Torawactmng  a  >  i  geueilt  »nd.  ' 


Kk  2 


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260  Ws  t  • 

§.  3. 

Wir  gdiea  endUck  unserm  Schema  die  grSfsest«  AUgemeinlieit, 
indem  wir  «ag^ben,  wie  eine  iiiehe  |«;-rg;-7 ä]  jede  eadre  Art 
Dimensionen  icbneidet,  senlieoht  a«f  Fliehen,  die  weder  in  der  Henptp 
wne  de«  Oetaedci«*  noch  in  der  Kantenetme  deg  Wfiifeh  Uegen»  alto 
weder  Leuctloidflachen  nodi  Pyzemidenoctafder- ,  nocb  Pyramidenwfir» 
felflächen  «ngehÜK-n  ,  sondern  den  SecLsmalachtflicfanem  oder  Hexakn* 
octaedcrn,  ^velcIles  bekanntlich  die  allgemeinste  Form  der  von  gleichar- 
tigen Flächen  hegrenzten  Körper  des  spliäroedrischen  System»  war,  die 
gleichartigen  Tollzählig,  und  in  der  Begrenzung  des  Körpers  im  Gleich- 
gewicht unter  sich  genominen. 

Wir  geben  der  bcliubi^eii  i' lache  des  Systems,  in  deren  Normale 
der  einer  FlSdie  \a:  j-  a:  -yä]  zukommende  Werth  aUgemdik 


werden  «oU,  den  Ansdmck  la:-paii-a\ ;  ne  wird  einen  SeditmehAl- 
flicfaner  geben,  wenn  jr  und  e  endlidie  Grdfsen,  verschieden  Ton 
der  wid  Tcrschieden  von  1  sind.  FiUl  eine  oder  mehrere  dicaei 
gungen  weg,  so  redndrt  sich  der  SecbsmaiRchtflachner  auf  einen  der 
durch  das  Zusammenfallen  mehrerer  Flächen  entstehenden  Körper  mil 
•werundzwanzig,  zwölf,  acht  oder  sechs  Flächen. 

Das  Maximum  der  Anzahl  gleichartiger  Dimensionen  ist  also  -'i, 
in  welchen  wieder  entgegengesetzte  Richiungen  oder  Hälften  zu  unter- 
scheiden sind.  Die  entgegengesetzten  von  seclis  werden  wieder  von  den 
Wenhen,  welche  einer  Flache  [ft  :—<''.  j  zukommen  können,  ausge- 
scblossett,  nemlich  Ton  denen,  weksbe  gegen. Fliehen  ^kehrt  sind»  in 


deren  Zeichen  \a:  j-ai-^a  \  die  Werthe  Ton  a  in  gleichem  positivem 
Sinn  Terstanden  sind,  wie  für  die  Fläche  \äl-i  a  i^a].  Diese  sedis  je- 
deneit  in  positiTem  Sinne  der  letsteren  Flädie  safshörigen  Werthe  in 

sedis  der  zu  untersuchenden  Dimensionen  zagt  unser  Schema  innerhalb 
des  Dreiecks ;  von  den  übrigen  achtzehn  gleichartigen  Dimensionen  kön- 


nen &er  Fläche  \a  :    n :  \- n  \  Wcrlhe  bald  in  positivem  bald  in  negativem 


Sinn  zukommen.  Die  secb'innd  ]t(  ifsig  daraus  entspringenden  Gröfseu  vcr- 
theilen  sich  je  sechs  in  die  sechs  Ausschnitte  aufserhalb  des  Dreiecks,  tind 


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folgen  in  der  Lage  ihrer  Stellen  einer  eben  »o  festen  Ordnung  im  Schema, 
wie  die  zu  unterscheidenden  Dimensionen  mit  ihren  entgegengcseuien  Rich- 
umgen  ia  Räume  fttttt.  Vmm  Sdiema  b«nlit  dao  'meder  xweiiiiidf ier^ig 
lür  die  m  unteneheideiideii  swdoadTieRig  Werthe  geeignete  Sidlen;  et 
lind  tu  ellgemeinen  die  Rläme  cwiiciieD  je  drei  beneelilMirtaBf  einer 
den,  einer  niitleren  und  einer  ^l»ten  Ociaederdimemioin»  eo  wie  die 
neuen  Dimensionen  zwischen  je  drei  solchen  liegen.  Die  Formeln  für 
die  verechiedcncn  Cocilicienten  sind,  wie  die  Fig.  5.  iie  darstellt,  in  der 
Thal  Ton  ähnlicher  Kinfachheit,  wie  die  rorigen;  jn  aus  der  TOrliin  aus- 
gesprochenen Regel  llif^f";' n  ^ie  wirklich  sammt  und  sonders.  Die  Zähler 
sind  wieder  allen  ccn  einst  liat dich  —  y  -\-  z  +  \  =  der  Summe  der  Nen- 
ner in  den  als  Bruche  mit  dem  Zahler  1  g^hriebenen  dreierlei  Werthen 
ui  den  Gnmddiniensionen  für  die  Fläche  \a',yai       ;  die  Nenner  rind 


die  Snnunen  der  Produkte  der  Nenner  von  den  Werthen  der  beideriei 
neek  derselben  R<^  geschriebenen  FlScben  jtf;-g-a;-i^<s|  und  [a :  \  a: 


in  deneelben  Granddimennonen,  die  tngekSrigen  pontiven  oder  negitiven 
Zeidien  gleichfalb  mit  einender  nraltipltcirt,  und  da»  denitu  nch  eqje- 

hende  Zeichen,  dem  Produkt  su  welchem  sie  gehören,  beigefügt.  Wenn 
also  die  beiden  so  eben  geschriebenen  Flüchen  in  gleicher  Folge  der  « 

zu.  verstehen  sind,  so  ist  der  Goeflirient  —  u.  s.  f. 

Die  Einheit  7  in  der  neuen  T>iriiension  aber,  wiederum  am  Octae- 
der  als  die  Linie  au»  dem  Mittelpunkt  nach  demjenigen  Puiiki  der  Ober- 
flache  gezogen,  in  ^reichem  dieselbe  von  der  auf  \a'.ya:  -jr^  senkrech- 


ten Ricbuing  gesebnitten  vird,  findet  «ich  in  der  Binbeit  deredbcn  Oo- 
taederaze  wiederum  ao^edridit 


so  dafs  abermals  der  Goefficient,  wenn  sein  gemeinschaftlicher  Zahler 
^  +  «  -I-  1  mit  Kr*+  s*  1  Tertauscht  wird ,  in  den  absoluten  Werth 
der  zu  bezeichnenden  Gröfse  in  der  allgemeinen  £inheit  des  Systeme» 
fihei^euragen  ist. 


363  W«i«*; 

£ls  wird  jedoch  nöthig  sein,  von  der  Richtigkeit  der  oben  aiuge- 
sprochenea  Fonndn  noch  boMDuleM  Bechmiditft  w  ^/^hm, 
Bi  MD  dto  in  Fig. 6.  Cj  =  ^CJ^-^at 


nndj^s  dift  Zinie,  welche  einer  FlÄdie  (a:^«  :  |a}  in  der  Ebne  C^i? 
snkonunt,  wenn  «•  in  der  «nf  dieeer  Ebne  in  C  (*k  dem  Xlittelpnnkt 
der  GoneimctiMi)  eenkrechten  Bidbumg  dwdi  enien  Punkt  |$eht»  der  am 

Ton  C  ebstcht,  wahrend  und  die  beiden  andern  Grtmddi- 
mensionen  a,  a,  folglich  y^B  eine  Octaederkante  beseichnet.  Wir  fällan 

das  Peiyvondikel  Cp  aus  C  senkrecht  auf  j  z,  und  verlänc^orn  c«.  hin  e<? 
die  (!>claederkanie  JB  in  D  schneidet;  so  wird  in  einer  durch  CpD  und 


die  auf  C^Ii  in  C  senkrechte  Linie  gelegten  Ebne  die  auf  \a  l-~a  :  -\-a  \ 
senkrechte  Kichiuug  liegen;  und  wenn  in  Fig.  7.  CpD  die  vorige  Linie, 
OC  ab«  die  auf  CJR  in  C  senkrecbte  GronddinenMon  •  ist,  so  wird 


Oj»  der  Darebecbiiitt  von  \a',-ja'.-ja\  mit  OCDp  OD  aber  eine  von  O 


nacb  i>  in  dar  OetafdeHUehe  JBO  geiogene  Linie  sein;  und  das  Per- 
pendikd  Ct  ans  C  auf  Op,  verlängert  nach  F,  als  dem  Dundudmitt 


mit  OD,  wird  die  auf  | o ;  ^  <i : senkrechte  Dimension,  mid  CF  die 


Sinbeit  derselben  für  das  Octaeder  sein,  dessen  halbe  Axe  =  OC  ist. 

Um  zuvörderst  den  Punkt  D,   oder  das  Verhäknifs  AD:  DB  in 
der  durch  CpD  getheilten  Octaederkante  zu  kennen,  ziehen  \'iW  in  Fig.  6. 
aus  A  die  Linie' -3^  paiallel  m\\.  j»;  sie  schneide  die  Linie  in 
so  ist  C-^  =  -^CB,  oder  CS'.CB=j^:z\  femer 

:  :  ^3  =  {Cj  f  :  (Cs)*  =  -jr  i  -jr  =  »* 

und  narli  der  Formel  a'.  b  =  uj  :  v(e+J)  ist 

JD  :DB  =  Ar  .  Cb\ .  CB^x,*j  Ij'z  =  a  :^  =  ^7/  :  Ca 
ferner  ist  nach  der  Formel  e:o-l-;»ss/(a-Ff) -1-/(4+^) 
Cr :  CD^C&.  JB :  ^B.AD+C9»JB  ssj         :  (»— j)  a  +jrO^+«)  s 

al«>  Cr  «  r^,^-»-,'^  C/> 

Aber  C/>  ra      Cr  s  4±V  Ci' 


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raithia  Cp ;  CD  =/  •4-2:7'  +  »* 

^  ^  =  i7^^  ^  "17^ — r  = 

Daher  ist  CZ^,  in  der  Einheit  der  Grunddimension  a  amgedi'ücit, 


CD  = 


.r'     »"   ^    _  g  Vjr*  -t-  »' 


Sadioiitir  jetit  mFig.7.  daaPttaktFiiiderliiiie  Oi> auf  «ierOotafider- 
fläche^irO,  M  üt  für«  entc 

o<:i/^=(ca)':(C/>)«e«':j^sr'+«':t 

nnil  »adi  der  Formd  a : &s  s  (iH-iE) : 7<»  oder  & s^i ;  s  {i+k)'  ifet 
OF;  Fi>=  Of.  Cp :     C/?=(f*-i-««)  : '  (/*+»*)  =7  +  5:1; 

und  suchen  wir  die  Einheit  der  neuen  Octaederdimennon  CFf  eo  iii. 
iMch  der  Formel  o:  o  -i-  p  =  i(a-t-b)  :  ib  -+-  t(a+Ä) 

:  CF:=  Cp  .  OD'.pD  .  OF+  Cp  .  0D  = 

0+*)  (;  +-  +  >) :  0-*+*"— (7+2)  +  Cr+«)  O'+2-*-0  = 

7  +  3  +  »  :  (7*+a*— 7— a)  +7  +  2  +  1  =s7  +  a  +  1 :7''+a*+ » 
«Im  CF=t^ 


Aber         «  = 


folglich  die  Einheit  in  der  neoen  OeuifdMdimenstoii  CF  oder  nie 
oben  annfniin  wer,  ,   .     .  - 

Wir  eucben  «ber  »nundir  den  Werth  Cx  Fi§.  9,  weklien  eine 
durch  O*  ($ehende  Fläche  [a:-^4i!^a|  von  der  Riditoag  CP,  Ton  C 

«nt  gemeaeen,  abtdmeidet.  Wir  substltuiren  dieser  Flache,  um  das  all- 
gemeinere Gesetz  jenes  Warthes  deutlicher  zu  machen,  den  noch  allge- 

m«neren  Ausdruck  \-ja:~a:^a\,    so  dafs  yrir  das  ~  n  dersellien  in 


dei-  Richtung  des  la  der  Flache  \a',-^ al-ra  \ ,  also  in  der  Kichuing 


364  W  B  t  s 

CO,  das  -^a  m  der  Richtung  des  -y  a,  also  in  C^/,  Fig.  6  und  8.,  und 
das  a  in  der  Richtung  des  a,  d.  i.  in  CB,  Fig.  6  und  Ö.  nehmen. 
"Wir  l«g«B  di«  Fliehe  |  ^a:  j-a:  -^rt  j  durdt  dn Eadponkt  O  der  efftea 
Gwmddimcnsioit  CO,  also  in  die  Lage  |  a ;  -fg ;  -gTI ,  so  imrd  sie  TOn 
den  Xinlen  CJ  and  CB»  Fig.  8.  Sifidie 


C»  =      CA,  uad  Cm  =  CB, 

t$  lü 

Der  Diüdisehnitt  der  Linie  nm  mit  CD,  irddice  die  vorifpe  Bedeninng 
beHndt,  sei  s.  Wir  uehen  J^  panlid  mit  nm;  der  Dnrdiscluiitt  von  Jf 
mit  CZ>  sei  u;  so  ist  C^  »      .  Cm  s      CB,  nnd 

Cfl  ;  g£  s='  -2-  :  1  =  n  :  m  —  n 

feiner  ist  nach  der  Formel  oio^p »/(a-F^) : m ^/(a+g) 

Cu:  CDs»  Cf.JB:fB,M>'*'  C^,JBssH(jr+a) :  (m^n)  s-f-n  0^s)~ 

aUo  *         Cu  =  "^T*^  CD 

Aber  C*^-^  Cuz=z  P^-l±^  CD 

n  ny  -f-  MS 

Wenn  nun  in  Fig.9.  Cä:  CD  =ip(j+ z)  :  nj -h  mz,  oder 
C*  :  </)  =  ^(j-t-s)  :  «j+ /na  — ^(/-i-s),    so  ist 
nach  der  Formel  0:04-//  =  i  (« -t-i)  :  Ai»  +  i(a+i) 

Cx  :  Ci^  =      .  OD'.sD  .  OF  +  Cj  .  OZ)  = 

Jia  '     Car  =   ^^-»-"^'^  CF 

B_f -I- WS -H .  1 


0.  war  das  Stück,  das  auf  CF  durch  [«:  a:  '  fll  abgeschnitten 
wui-de;  folglich  ist  das  Stück,  welches  duich  [ya; ya:  abge- 
schnitten wird. 


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366 


urenn  a  ss  i  geacuA  wird. 


So  lebon  wir  «lio  wiederam,  dafs  in  dem  Gocfficieni«n 


der  Zähler  die  Summe  Jet  Nenner  ist  von  den  einzelnen  Werihen  in 


I  Jf-a  :~n'.  g  /t  [ ,  Wt^hrend  der  Nennei*  des  CoetTicienten  die  Summe  ist 
von  den  Produkien  der  Nenner  in  den  Ausdrücken  heider  Flächen, 
'  ;  '  ti :  y  ft  '  lind  T-i,  //  :  ~  :  ',  a  '  ,  jede  so  gcschriohcn  ,  dafs  die 
DiiiU'iisiunswcrilu;  Uiüchc  siud  mit  dem  Zahler  1  ,  und  je  zwei  Nenner 
mii  «inander  uiuUipliciri,  welche  den  in  gleicher  Richtung  genommenen 
XKmenM'diMwerdiea  der  bddeifei  Fläcben  «ukoumieii.  Ffigen  trir  socb 
binzOf  .dab  dieee  Nenner  «ngleich  die  posititren  oder  negativen  ZeiclieB 
4er  DiiDMisionswerthe  iregen,  deoe».  sie  engeliöMn,  «o  beben  wir  die  Re- 
gel für  die  Bildung  der  sämmdidieB  iweinndviersig  Coeffidentenf  w^cbe 
wieder  nur  .die  vencliiedenen  m6glicben  ComhinationeuTon  i»»  ei,/»,  mit 
±  1,     z  enthalten  und,  wie  immer,  enchöpfen. 

Kehren  viir  also  zurück  zu  unscrm  von  Anfang  gewählten  Aus- 
druck einer  Fläche  |rt:vrt:v«],  setzen  wir  sie  an  die  Stelle  der  vo- 
rigen  \  -f- II '.  ir 'i  l "  \  und  unterscheiden  wir  ihre  verschiednen  a,  die 


sij  bald  mii  den  einen,  Imld  mit  den  andern  a  einer  Flache  {a ;  ya :  -^a 


in  gemeinschafilicber  Richtung  hat,  so  iat  fflr  [a-:-^a-:  y-a-]  in  der 


Ricbtung  senkrecht  auf  \'i-:y  a-:  -g  a-\,  %  als  IBinheit  dieser  Dimeniioik 
genonnnen,  der  Goelficient  »  _J^^^Li-p;  denn  es  wnrde  für  -^^  i, 
für  m,  n'  gesetzt,  n  aber  in  der  voiig^  Bedeatung  des  allgemeiiien  Goi& 
ficienten  gelassen. 


So  wird  für  ["  a-  :  -^r  a-  :  v *»*"  i    in  dtr  Richtung  senkrecht  auf 


Ii»* :  -i  a  - :  7"       der  Coefficient  sss  — Z±±±J. — ;  denn  n  steht  für  /», 


»'  für  n .   1   für  p. 


So  wird  ferner  für  [«• :  -5-«"  i  Richtung  senkrecht 


auf  [ya  iH-i-^a-  I  der  Go^lcient  as   .  .jtn^i^nT ' 
in  der  tenltrecht  anf  [jra  -.  -.  a-'.a  -    wird  er  =  — iL* •  *  ' 


1  .jr*itt*-  . 


Pfys,KUuse  1834.  LI 


366 


W  B  I  s  s: 


acnlirvclit  auf  {i-a-ia-:  j-a  - \  wird  er  =  ri^'r^vr, 
und  tenkrecht  «uf  [y  o-;-f  a-ia-  |  wijfd  «r  =  - 


n.jr-t-n.'i  * 


wie  diese  Goeflicienien  id  der  Fig.  5.  an  den  Innerhalb  des  Drmdu  lal» 
kttdo»  Stellen  sich  finden,  dnrdi  wekhe  Richtungen  beieidinet  wei^ 
den,  die  Kwischen  +  a*,  <|>  «r  und  -|-  a"*  liegen. 

Wa«;  die  zwischen  —  a-,  oder  —  n",  —  n-"  und  eine  oder  iwei 
■+•«....  fallenden  PiicliUinqpn  lieirift,  so  isi  der  der  Fläche  {«• :  ^  :  -f^/-  [ 
in  Bczui;  auf  sie  zukuüHiuiuie  Coeflicient  auch  klar  durch  das  vorige 
he»Ummi;  er  wird,  wie  man  sieht,  wenn  die  Rede  ist  von  der  Richtung 
senkrecht  auf  1 — a-i—a-i-^      I  kein  andrer  sein,  als  — .  u.8.f. 

Die  Steilen,  wdefae  dm  eintdnen  Go^cienien  in  uniem  Schena 
getohren,  werden  im  allgemeinen  abhängig  »ein  toh  der  Rdaiion  der 


Werlfae,  wddie  man  dm  Gröften  t,  n  «nd  n'i  i,  jr  nnd  s  gicbt.  Wenn 
wir  Mtten  m'>  m>  i,  yiie  vir  in  den  früheren  Sdiemen  geiban  Imhen, 
so  liegt  die  Flüche  ^i-^4H-jfa  dem  Mittelpunkt  der  ConstmcUon  am 


nächsten  in  dt  in  Tiaum« ,  welcher  in  nnsei-m  Dreieck  eingeschlossen  iit 
zwischen  dem  Mittelpunkt  desselben,  der  MiUc  der  Seite  zwischen  ~- 
und  —,-  ,  und  der  mit  -ji-  hezeichnelen  Kcke.  Der  Coeflicient,  welcher 
in  diesem  Rattrac  steht,,  mufs  also  unter  jener  Voraussetzung  immer  der 
kleinste»  sein  Nerniei-  folglich  der  gröfste  sein.  Dies  ist  für  die 
■Summe  der  drei  Produkte  Ton  drei  gt^bnen  GrÖften  is,  nV  mit  einer 
anderen  von  drei  gegebenen  änderen  i,  »  nur  dann  der  Flall,  wenn 
die  gröfaten  mit  den  grölsien,  die  miuleren  mit  den  mitilmif,  die 
kleintten  mit  den  kleinsten  mnkijdidrt  werden. 

Setzen  wir  also  2  >  j-  >  i ,  so  ist  die  Summe  der  Produkte  die 
gröfsesie  von  -f-  nj  -f-  i  . «.  Es  gehört  also  unter  dieser  Voraussetzung 
an  die  genannte  Stelle  in  nnserm  Dreieck  der  Coeflicient  ^^j^'^y— 7 .  Dies 


ist  aber  die  Formel  für  den  Coeflieienten,  welcher  der  Fläche  a''.  -i;  a" '.-^a'" 
in  der  Richtung  senkrecht  auf  |a- :  -j-«  •  l^a—\  zukommt;  und  es  ist 
klar,  daft  an  dieser  Stelle  der  kleinri»  GoBJEdent  liegen  mufs, 


für  die  FÜehe  [aiy die  kktnsten ,  mittleren  , und  grSfscsten 


2d  byt  Google 


Werihc  in  den  Gruntldimcniioncn  la  dcriieiben  Fol|^  liegen«  wie  in 
der  Flache  ^a;~  a:-jia\. 

Di«  ülirigea  Stilen,  ani  ««Idw  GoABeienten  ihaen  MifdiioreB,  fol^i 
dar  Besitnuming  d«r  emm.  In  dem  AasschmU  swiadMB  dem.  ICtMt' 
paolU  dw  Dreiedb»  der  UUie  swiwihen  1  mad  und  daar  EeLe  v  mnfi 
der  GoUBdeni  tu  «le^ai  kommen ,  weldicr  der  Fttcbe 


in  der  Riehtuiu;  senkrecht  auf  derjenigen  Fläche  , 
ivdche  mit  der  Torigen  {«' :  -j-a- :  \  a  -'  gemein  hehäh  das  «•■*,  mid 


tauscht  das  w  und  a-,  also  auf  ~w\ä"  \  xa"'i ;  för  die«e  Rjchlmig  aber 

iM  dei"  Coefficienl  ---  ^^"^^ '  . 

Die  beiden  Ck>ellicienten  und  ji^Tlis  wei-den  cleich 

odet'  lallen  in  Einen  zusammen ,  wenn  =  i ;  und  ihr  gemeinschaft- 
lieber  Ansdrudt  imrd  — ^yv-'^-,-  ,  wie  in  3.  Dort  afaer  wer  et  der 
dee  Gi>£0ieienten  ffir  \v\-^ar\-^a"'\  ia  der  Riditmig  Mnlwedit  euf 


<r;<i":-i-g'^,  Mf  wddun  letcierev  Anedracfc  lidb 


jetst  die  Fläcb»  ^yvivV^mr-X  redudrt,  wenn     =  t. 

Fernei*  mnfs  in  dem  Ausschnitt  zwischen  dem  Mittelpunkt  des 
Dreiecks ,  der  Ecke  ,  und  der  Mitte  zwischen  -~  und  derjenige 
CoeOicicnt  stt-licn  ,   welcher  der  Fläche  \rf  \\ u"      a—   zukommt  in  der 


Richtung  seiikiecla  auf  einer  Fläche  a'.-fa  ,  die  mit  der  Fläche 


(a-  i  '-j  u  - :  -rfl^  vertauscht  ihr  und  a-,  und  gemeinschaftlich  behalt 
dee  d.  i.  in  der  Richtung  «enkrecht  auf  \a' :  ra-  :  -ya'"j  i  wir  wissen 
aber:  ffir  dicee  Ricbinng  gilt  der  Co<MBdent~  y ^ ' —  Dieser  CodflU 
dent  wird idemtii«^  mit  dem  «».ten  1^.-4. «^77 1  wenn  Diee  wird 

der  Fall  lein  mfiwmi,  der  iii^  anf  eine  FprenideB-OctadlerflKclie 
seht,  wenn  ss^>  1.  Dafs  auch  dieser  Fall  mit  dem  in  der  Fig.  2.  ihm 
eorrespondirenden  CoclTicicnten  .-^^^^  stimmt,  sehen  wir  leicht.  Hier 
wurde  die  Fluche  gedacht  als  \  <r  :  z .  a-'.z  .a-"  ,  in  unserm  jetzigen  als 
\a- :    g  - :  ^g-j.    Setzen  wir  aber  in  den  Werth  -j^vis»  "3"  *» 

SO  ist  4-4-^  r  =  — r^^^-rr-    ^nd  wenn  wir  in  den  obigen  zwei 

identitch  werdenden  Co^cienten  «od  v«>jiy*t » 

LI2 


268 


Wb  I  s 


Gleichung  2=7,  für  ^  auch  i  schreiben,  60  verwandeln  sich  beide 

»(«'-♦-«}  +  1  i  +  (n-«-rt')s' 

£s  ist  dnlenchlend ,  dafs  alle  sechs  Goefficienten  im  Innern  des 
Dreiedit  in  Einen  Weitk  znaammenfBlleAi  wenn  sss^^si,  d.i. irnFsU 
es  die  Oetaederflädie  irird»  enf  welcher  die  gesaebte  Richtung  senkrecht 
steht.  Und  denn  redudren  sich  die  sedis  Ausdrücke  ini  den  Einen»  schon 
•ns  nnsem  frühem  Schemen  bekannten,   „,. '    . . 

Es  ist  nicht  minder  deutlich,  dafs  an  der  Stelle  aufserbalb  des  Drei* 
ecks,  vrelche  in  der  Linie  von  der  Ecke  —  bis  nach  der  Glitte  zwischen 
und  —  an  die  rr<;U'  bezeichno'ie  Stelle  grenzt,  d.i.  in  dem  Aus- 
scliniu,  welcher  sich  ^tsischen  den  bezeichneten  xwei  Punkleu  und  einer 
Milte  zwischen  — ,       uud  — 1  beßndet,   ein  Coeflicient  stehen  mui». 


der  tidi  euf  die  Richtung  bezieht  senkrecht  auf  —  a'i  -j-n" ;  -y  a—  ;  denn 
die  bdden  letsidren  Werthe  nrafs  diese  Fladie  gemein  heben  mit  der, 
anf  wdche  der  erste  CoelEcienl  skh  hcK^,  der  für  \a- :  y  a-:^^ 
gpdkj  den  Werth  in  «r  aber  mufs  sie  inl  negaÜTCn  Sinn  mit  derselben 
g^ein  hahcn.  Der  Coeflicient  aber,  der  der  Fläche  [«• :  -7 «"  1  y 
sukommt  in  der  Richtung  senkrecht  auf  [— «-ly«-:  ^  «-J,  ist^^±^~j. 
Auch  dieser  CoefTicient  wird  mit  dem  ersten  — i±Z±!^  znsammenfal- 
len,  wenn  in  dem  Ausdruck  |  ]  «  :  -f  « :  ^  «  [  der  Divisor  des  ersten  fl=Null 
wirf,  d.i.  wenn  die  Reiic  rsl  von  einer  Kicliinns  senkrecht  auf  einer 


Fläche  00  w  l  ^  a-  ;  g  rt— |.    Man  sieht,  dal's  dies  die  Fläche  eines  Fyra- 


mideowäifeU  wäre,  und  dafs  die  beiden  erwähnten  Goefficienten  werden 
würden  ä  vlt"^  •     Fig.  2.  eher  hieb  diesdbe  Fläche  fooy 


Poa';e-;>^<r"].    Seii^  wir  aber  slau  y  «"  im  ersten  Ausdruck 


10",  also  für  Yt  i,  so  ist  der  Goefficient    *-y  aa  f*'   ,  wie  er 
Fig.  2.  hiefs. 

Wir  überzeugen  uns  eben  so,  dafs  in  dem  benachbarten  Aiu- 

fw  lmiit  links  vom  vorigen  in  tmserm  Sdiema,  der  Coeflicient  stehen  mufs, 
wi'lc  hci  Sil  i)  befiehl  auf  die  Richtung  sciikrecül  auf  j — </•  ;  ^  a-- : <i-\ . 
Dies  gicbl  ihn  ==  n'^'^irr*  Wiederum,  wenn  für  1  ,  iNull  gesetzt, 
er  also  in  den  verwandelt,  wird,  welcher  sich  auf  die  Pyramidenwürfel- 


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fläche  |0O^f  ;  -yrt"  ;  ~a'"  beiiehi,  so  wird  er  mit  dem  in  aosenzi  Sdbema 


Sber  ibm  «teilenden  Go^lBdeiiten  ,  identisch,  imd'keide  cu  -^^^^ 

Dieser  Autdmck,'  vei^chen  mit  defi  ihm  ccMfespbBdjrenfai  ia  Fig.  ^ 
löset  sich  in  denselben  Waih  auf»  wenn  d«s.  FIfiche  [ooa- :  ;  a-  •.  -fa^-\ 
auf  denselben  Ausdruck  zurückgeführt  ^vi^(l,  der  ihr  in  Fig.  3*  gegeben 


vrar,  d*i.  auf  foo «■ ; g" : { ■;p  JoQ'rr-fs^'^g^j.a  wenij.^Äi 
gesetEt  %vird. 

All               "/r  ■    .        x  +  >  -M        x*r+i  ;       »  +  »  •♦•1         j  s+.r 
Alle  vier  Coemcienien  — r-r^^  •         ,  ,  — - — ■— und— — 


müssen  in  Einen  Werth  zusammciilallen,  wenn  t  -  i»,  und  -  —  r  isescizi 
wird.  Die  vier  Flächen,  auf  welche  sie  sieb  beziehen,  fallen  dann  zusam- 
men in  die  Granaioederflüche  [oo  \  a-  a-  \  =  so  :  -y  a- :  <ar"-j  ;  der 
Mmeittschafdidie  Werth  des  G6elKdeni«i  ist  s=  .  =  ,  wie  er 
aus  dem  ersten  Schema  belumm  ist. 

^  -  :    •      't  •:;t! 

Nach  diesen  Regeln  geht  das  Sdiemt  .misrer  Fig.  6.  ans  der  Vor- 
ausseuung  s  >f>  t  und  t  hervor.  Seuta  man  hingegen  jr>z>i, 

"während  ininiL-r  /;'>«>!,  so  tauschten  je  zwei  Co*?flicienien  wie  ^-^^^^y^ 
und  ^^'„y^,  ihre  Stellen.  Letzteres  würde  dann  wiederum  der  kleinste 
«ein,  welchor,  so  lange  ft'>/i>i,  immer  an  der  nemlichen  Stelle  un- 
sers  Dreiecks  stehen  mufs.  Nach  den  verschiedenen  möglichen  Voraus- 
setzungen z>j  >i,  j  >z>i,  j'>i>z,  z>t>x,  i>j  >a,  t>s?*-^ 
würden  der  Reibe  nach  alle  die  sechs  CoclUcicnien  innerhalb 


Ihviecks  an  die  Stelle  unsers  -J.yi^l        sieben  kommen;  nnd  im- 
.  geksihn  würde  dieser  Werth  forlrfidLcn  in  der  so  dien  angefasg^en 
Bichtnng  nach  der  Reihe  der  Vorausseixungen  a>^>t^  ^>a>i, 
7>i>a,  i>jr>a,  i>»>j\  und  »>t>j, 

W  ir  können  c)hne  .Schwierigkeit,  was  wir  von  dem  splia'roedriscben 
Sys»era  hiei-  umwickelt  hubcu,  auf  die  übrigen  «Systeme  auwcntien,  welche 
auf  drei  tmter  einander  recht winkltchen,  aber  ungleichen  Grunddimen- 
sionea  beruhen.  Wir  setzen  fho  dj«  drei  a  TerscfaiedeD ,  als  a,  b,  c, 
und  fudien  die  Werthe  in  deä  Ridunogen  senkrecht  auf  diier  FUdie 


370  Wbss«: 


[^•;i-*;ui  fiBre8pe  ge^boi« Fliehe  [TäTJÄTJ^.  So  ist,  mitBeibe» 


luJtaiig  f^na  d«r  TOiigai  GputmctioA,  in  Fig.  6,  CAm,  CB^h  Cjr^ 


aber  auch  Cp^-  ** 


^P^-  im*iyP       "   T  

In  Fig.  7.  I«t  ferner  CO  sc,  und  Ot;tp  =V ;  ,i  y 

Ct:CF=Cp.OD:pD.OF-\-  Cp.OD^{za' +  rb')  {a'b'+za'c'-k-jh*c*  : 
Aber        :  Ci^«a'i'-t-  za'c'  +  jrb'c*  i  a' i' +  -4- J* b'c'  = 


Nun  ist  C<  =  = 


ahc 


r 

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ftra^smemenaig  amiger  Lehnätae.       ^  37i 

äl$o  ist  CF  oder  dit?  Einlieit  in  deat  Dimension  senkrecht  auf  {-ya  ',^b'.c\ 
in  dem  Oclaeder  {  a'.it'.c  \  , 


Wen»,  min  wiederum  für  die  Flüche    -yg;  j^i^^fe\ ,  durch  den 


Endpunkt  Ton  c  gelegt,  milhin  als  [^«t :  :  r|  nngesehen,  in  Fig.  8. 
C«  =  ~C^  =  -f-  <z  und  Cm  =      C7/  sst-^r  i  ut,  und  wiederum 


folglich  der  der  Fläche  -Ira'.^ö:  yc  selbst  in  der  Richtung  Ci>  Ange- 


hörige Warth  =  ^     =  Ti^l^-^T  CZ? 

Und  ia  Fig.  9.  %»ird,  da  C«:«/>s;»  (w'-fjO :  C'*^)  aa'+{m^)j^, 

((jj|-^)»'4-{«-/')^*0c'  (w*-Hjr*')-h;»(*i*+^*)  (n'/,'+za*i''^fc*)ss 


So  wie  aber  Cx  der  duirh  O,  d.i.  dui<li  den  Punkt  \  .c  gülegten 


Fläche        :  -»r  ^  i   I  »n  der  Riclilung  CF  zuLtm,   so  kuiiiint  der  durch 


y  c  gelegten  Fl£die  {i-ai—l:  -~c\  in  dieser  Richtung  der  Werth  zo 


^»  j».i.«'t'+/»r6'c'-»-»iM'e»  i.o     n.r     in  .  s  '''^ 


Und  dies  ist  der  gesuchte  Werth  in  dor.  Richtung  Kukrechl  auf 
[X^-L.^:r]  für  die  Flache      a'.^hl^c].  ; 

Wegen  der  Ungleichheit  der  Dimensionen  a,  b,  c  ist  auch  eine 
Flache  1^«":  y//:c[  als. f.  d«r  vorigen  \-yn'.\b',c\  gans'  ungleicliartig, 


und  dabier  die  Wiederiiolmi^  MMloger  Hachen  durch  Umtamch  der 
GoeffieieriteD  m  den  venebiedenartigen  Gmnddiineniii9B«n  in  der'  Natur 
•oldicr  'Syateme  nidit  gegründet.  Ffir  «i«  wüixie  daher ScheaM 
Fig.'6.  »ich  vereinfoclicn  in  das  Fig.  10.,  wo  blofs  der  Unterschied  posi- 
tiTcr  und  negativer  Gröfsen  in  den  Dimensionen  a,  b,  c  bleibt,  die  Coefli- 
cien(cn  «  iner  jeden  übrigens  unverändert  gelassen  werden.  Die«  gicbt 
im  allgemeinen  acht  zu  unterscheidendti  Richtungen;   senkrecht  gegen 


'^  a'.^b'.c    oder  gegen  [— ya:  — c]  ;    gegen        :  \b\ — c\  oder 


gegen  \—  -^-a\  —  -t  b\c\  ;   \-ya  \  —  \b'.c\  oder  f— -j-«  ;       —  cj ;  und 


—  ja  ;  -\b\c\  oder      g-.  —  \  b'.  —  c\. 

Von  den  lauteren  secha  Werths  leigt  das  Schoma,  Flg.  10.  die  drei, 
weldie  des  gröfseren  AuBSchniiieii  a«6eriia]b  des  Dreiedts  tngdbdrenj 
ihre  negativen,  in  den  entgegcngeseut^n  kleineren  Aniachniwen  hinsu- 
siifugen,  würe  überflüssig.  Für  den  entgegengesctzien  des  ersten  bedarf 
CS  im  Schema  wieder  keiner  Stelle,  da  er  nes;irl  ist,  wenn  in  beiden 
Flachen  -^vi:'/<:r^  nnJ  '^7/ :  ^Ji :  die  entsprecliendim  JLKipeiuioneii 
alle  in  gleicher  jiüb,liivcr  llieUuinu;  genommen  weixlen, 

Iis  ist  an  sich  klar,  dafs,  wenn  eine  der  Gröfsen  ^,  s,  oder  1  (als 


Divisor  des  £)  im  Zeichen  \ya'.\b\c  —  ]XuU  gcaetal  wird,  der  Go£ßicient 


inoerhslb  des  Üreiedts  mit  einem  der  angrauenden  au(icrhalj>  identisdi 
wird ;  seine  Stelle  rfickt  dann  in  die  zwischen  beiden  Ui^jende  Seile  des 
Lreiccks,  und  die  gemeinte  Riditung»  in  vrekher  er  den  Werth  der  Fläche 

:  ~b'.  yc  j  angicbt,  ist  dann  senkrecht  auf  einer  Fläche  aus  einer  der 
drei  Zonen ,  deren  Axen  parallel  sind  mit  einer  der  drei  Grunddimen- 
sionen  «,     oder  «. 

Der  Fall  des  viergliedri-^en  Systems  ist  bekanntlich  der,  in  welcher 
zwei  der  rechlwinklichcn  Grunddimeiisionen  luiter  einander  gleich  sind. 


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yemUgemeinemng  cuiiger  Lehrsätze. 


273 


aber  Terschieden  von  der  dritten.  Wir  setzen  also  a  =  5 ,  so  Terwan- 
dell  sich  in  der  Form  des  Coeflicienien  der  pcmeinschafiliche  Zähler  in 
■^^-^  H-  ,  der  Nenner  aber  in  die  Terschiedenen  Werlhe,  wie  sie  das 
Schema  Fig.  11.  giebl,  mit  Weglassung  der  entgegengesetzten  von  den 
geschriebenen.  Es  verdoppelt  sich  nemlich  vrieder  die  Zahl  der  gleich- 
«rt^en  Flächen  gegen  die  vorige;  «lie  beiden  gleichen«  Yertemchen  ihi« 
Co^flidenten  wedbsekweüe  und  geben  dann  mit  dem  nnTerinderten  e 
Tollig  n^die  FlSdien ;  et  nnd  die,  welche  tttiantniai  einoi  Yiernadner- 
kantner  bilden.  Sie  U^en  um  die  Endspitze  c  t^nunetriteh  hemm« 
-wddkes  in  Fig.  1 1 .  unmiuelbar  dnleuchten  würde,  vrenn  -wir  nicht  der 
Bequemlichkeit  des  Raumes  ^vcgcn ,  statt  der  in  den  kleinen  Atisschnitt 
an  c  gehörigen,  die  ihnen  cntgegengcsclzlcn  im  unleren  c^rofsen  Aus- 
schnitt, geschrieben  hiitien.  Im  sphäruedrischen  System  stellen  sich  um 
jede  Ociaederecke  drei  Reihen  solcher  Yierundvierkantner  und  bilden 
den  Sechsmalachtflachner.  Welche  je  acht  nebst  den  ihnen  parallelen 
es  nind,  riebt  man  jelift  in  der  Fig>5.  sebr  leidit.  Nur  die  änfjwme  der 
drd  um  die  obere  Ec&a  dm  Dreiedui  bmumliegpnden  Reiben  bat  uni 
ihr  GefensiAek  in  Fig.  1 1.  g^gdben;  wir  bitten  jede  der  beiden  «nderen» 
die  mittlere  oder  die  innere  Reibe  ^Men  können ;  aber  wenn  w  iederum 
»>/>!,  und  m>n>p,  so  sind  theile  die  Stellen,  theils  die  jedes- 
maligen Combinaiioncn  der  Gröfsen,  aus  welchen  der  Nenner  des  Coefl'i- 
cienten  zusammengeseizt  wird,  an  den  Terschiedenen  Stellen  als  dieje- 
nigen bestimmt,  welche  die  Fig.  1 1 .  darl^. 


Phjs.Küute  1824.  Mm 


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Verbesserungen. 

'Mit  79,  Mle  timiZ.  v.u.  sutt  der  IVorte:  dafi  La^raagc  nad  bocIi  weniger 
seine  Vorgänger  eine  u.a.w.  Ii«:  dnfe  laagraag«  und 
■eine  Vorginger  keine  u.*.ir. 
-    92,    -    4.       ttaitt  dritte,  lis!  sweil«* 


Dtt  Lw  Mitte  Ja  den  AUmdiiiBB»  d«r  flyrikditclMB  XImk  Und  182S- 1823. 
Saite  109.  Zrib  23.  t.o.  atatt  Grand,  Grad  an  laaea. 


1 


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I 


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AbjbaadluDgeii 

der 

matheaiatischen  Klasse 

der 

K6ni9lielie& 

Akademie  der  Wissenschaften 

zu -Berlin. 


Am  dem  Jahr« 

1824. 


fiadnickl  im  <kr  Drocbnl  itr 

dfr  Wittenieliallgii. 


Berlin. 

bmi  dar 

VittCDiel 

1826 


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Inhalt. 


Bessel  Uiit«nuchuii|j;  den  i'beil«  der  planetartscfaen  Störungen,  welcher  avu  der 

Bewegung  der  Sonne  enutehl  Seile  1 

ETTBbWBn  von  der  IntegnlioD  der  Uaencii  Glndmngea  nie  pwtiellai  cb1> 

liebtB  DifetnUB   -  53 

Qtnm»  mbcr  die  ßatdudlmiif  iMMoaiiMlNr  Figunii  m  die  KegpiMimiUe  ....    <-  83 


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Untersuchung 

des  Theils  der  planetarischen  StöruDgen,  welcher  aus 
der  Bewegung  der  Sonne  entsteht. 

V<m 

H™  BESSEL. 


[Uer  Akademie  der  W  iasenschal'ten  vorgelegt  am  39.  Januar  i834>l 

i. 

Die  Störungen  der  elliptischen  Bewegung  eines  Planeien  durch  einen 
anderen  bestehen  aus  vwei  Theilen:  der  eine  rührt  ron  der  Anziehung 
^uv,  wcldM  der.  fettorte  Ptaoet  dnrcli  den  ttSrenden  erfährt;  der  andere, 
'Ton  der  Bewegnog  der  Smine,  ivdctie  der  letxiere  erseugt.  Beide  Theile 
tdid  in  den  bisherigen  Eniwickelungen  der  planetarischen  Störungen  eo» 
sammengenommen ;  allein  es  ist  zweckruafsiger,  jeden  derselben  abgeson- 
dert zu  untersuchen.  Der  letztere  nämlich  kann,  wie  ich  in  gegenwär- 
tiger Abhandlung  zeigen  werde,  dii^l  und  ToUständig  entwickelt  wer- 
den und  verdient  dealielb  eine  Trennung  Ton  dem  enteren,  bei  wdehem 
dieses  noch  aidit  geleistet  worden  ist;  die  Trenmiog  mrird  sogpur  noth- 
wendig,  wenn  man  die  bisher  allgemeine  Annahme,  dafs  der  stäMttde 
Planet  nur  I  n  gestörten  und  die  Sonne  mit  gleicher  Muse  tdfltt, 
einer  Prüfung  unterwerfen  will. 

Diese  Annahme  ist  eine  Folge  des  Satzes,  dais  die  Körper  ihren 
übuen  proportional  ancieben.  Newton  leitete  denadben  bekanndich 
aus  BrfthmngMgBen,  verbunden  mit  der  notbwendigen  Gleicbheit  der 


Mathemat.  Klasse  1824. 


A 


3 


B  JE  S  S  B  L 


Wirkung  und  Gegenwirkung  ab.  Aber  abgesehen  davon,  dafs  die  tA- 
Mmmgu&vu  innerlialb  gemMer  Gremen  Beswdfelt  wnnkii  kAmen» 
'  Ikom  nun  »nch  ittdiiNpeiMn«  dafs  die  D»u>  «ddie  Newton  seiiier  An- 
nahme zum  Grunde  legte,  andere  Systeme  keinesweges  ausschliefsen,  so 
dafs  also  anderweitige  Erfahrungen  entscheiden  miissen,  ob  der  Satz  Ton 
der  den  Massen  proportionalen  Anziehung  der  Körper  'wirklich  das  all- 
gemeine Gesetz  der  Natur  isu  Da  dieses  den  angenommenen  Vorstelluii* 
gen  entgegen  ist,  io  imd  c*  mir  erkubt  «ein,  diese  Abhandlung  durch 
eine  nähere  ÜnieniiGb.11119  der  Grände  m  eroflnen,  wodnrdi  Newton 
diesen  Theil  seines  Systems  unlerstüizte. 

TTm  dieses  kura  und  dputlich  thim  zu  können,  werde  ich  die 
beschleunigende  Ki-aft,  mii  weicher  der  Körper  x  in  der  Entferaung  1 
«uf  den  Körper  j  wirkt,  durch  (!!)  beadehnen.  Nftdi  dieier  Bewidi« 
nnng  bat  man  die  Sitae,  auf  weUaie  Newton*!  Annahme  sidi  griindet» 
iolgendetmalten : 

'  C)=(0.=  (5)  =  "••"• 

.  wo  o  die  S<mne  und  1,  3,  5  . . .  Ranetcn  bedeuten:  denn  da» 
dritte  Kepleracbe  Geseis  erfordert,  daüi  die  besddeonigende 

Kraft,  M  oiiiii  die  Sonne  auf  die  Planeten  wirkt,  auf  gicidte  Bäatc 
fevnnng  reducirt»  gleicb  ist; 

'  G)=a)=a)  =  "••«• 

wo  p  den  Jupiter  oder  Satunt  und  /,  IT,  nr. , . .  ibre  Monde 
bezeichnen:  dran  audi  bei  diesen  bewabrt  sidli  dasadbe Kepler- 
»cbe  Geseta; 

-  (:)=(;)=(:)=-'»•=(;) 

m 

wo  <  die  Erde,  u,v,w,..  irdisebe  KSrper  und  /  den  Mond, 
bedeuten:  denn  Newton's  Versiebe  über  die  Pendelschwin- 
gungen -verschiedenai-iiger  Körper  und  die  Vergleichung  der- 
selben mit  der  Bew^ung  des  Mondes,  zeigten,  dafs  die  be- 


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üter  die  pianetanteken  Stonmgen. 


3 


•wäcSana^guM  Knft»  -wonitt  die  Brde  uf  diese  Köiper  ^AAx» 

*  C)=(/)=G)  =  ^  . 

denn  wenn  diese  beseUeamgeiideD  KrÜfie  nidu  wfiren, 
so  müfsien  die  BevNigangen  der  Monde  üng^chheitcn  «eigen, 
welche  die  Bew^;iingeBi  nicht  Tcmthoi. 

»  O^-(0' 

■wo  jr  und  jc  die  Massen  der  Körper  j  und  j:  bezeichnen ;  die 
Gleichheit  der  Wirkung  und  Gegenwirkung  ei^ordeit  dieses, 

.   -von  i/veldier  Beschaffenheit  aueh  die  Wirkung  sein  mag. 

Dafs  diese  f&aS  Sixte  nidit  allein  mit  der  Annalune  der  Ansie- 
hiing  im  Yerhälinifse  der  Massen ,  sondern  nodi  mit  anderen  'Hypoth^ 
sen  vereinbar  sind,  glaube  icli  am  besten  zeigen  zu  können,  wenn  ich 
eine  dieser  Hypothesen  mit  denselben  vergleiche :  ich  nehme  die  Körper 
als  aus  verschiedenen  Elementen  b,c  .  .  .  zusanunengesevzt  an,  so  dafs 
a  nur  a,  h  nur  h,  n.s.w. nicht  aber  das  eine  Element  dM  faulere 
ansieilt;  Ton  diesen  Elementen  entlmite  die  Sonne  gleiche  Quantitäten, 
und  alles,  was  zu  einem  Hauptplaneten  gehört,  sowohl  seine  einzelnen 
Thcilc  als  seine  Monde,  sei,  in  Heziehong  auf  -diese  £iemente,  ähnlich, 
wenn  auch  nicht  gleich  gemischt. 

Denkt  man  sich  zwei  Körjier  x  und  deren  erster  von  den  ver- 
sdiMdenen  Elementen  die  Quaniititen  l,t,Z,..  ehthilt,  der  andere  «... , 
so  ist  die  Ansiehnng  des  einen  dwdi  den  anderen 

xy  xy 
»»-hhk -hoch  m  » »  * 

allgemein  übereinstimmend  mit  der  fünften  Forderung;  die  bcschleuni- 

f^ende  Kraft  ,  womit  der  erste  Köi-per  auf  den  nnderen  witkt,  ist  diese 
Anziehung  dividiri  durch  die  Masse  des  angezogenen,  oder 

xy    xy  xy 

y)     "7     7  ~ 

a        b  -t-  c-i-.,.. 

A2 


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4 


B  S  •  ■  B  L 


Bohi^  BMii  nuB  diA  oben  sdhon  uifpmmAm  Pawichimiiyn  der  Sonne, 
der  Planetan,  Hbiide  md  irdiidben  KSiper  bei,  uid  aetst  nuan,  der 
HjpoAete  infolge, 

o    o  o 

a  1=  b  =  c  im  v.i.w. 

«;«;«;. ...•*i;A:f:>>>>«e:c;e:....viiktiW* 

t  I  u        t  I  u        t  r  u 


«o  b«i  meii 


Ol         Ol  Ol 


t)  t        I  i 


also  den  ersten  Erfehrungwatt 

C)=(:)=a) 

ierner  hat  nun 

pT  pr  pi 

/ p\         aa  -h  b  b-t-  ee-t-  .» 

l       I  l 

p  I    p  I    p  I 

weldie«,  mit  axm^hxhwmxc^ ii.i.ir. B I : X  verbundeD, 


(;>\  _  (g)  X-i-  (0  X«!-  (c)  ^^H^xx   (a)  -I-  (0  -t-  (c)  -4-  .... 
i)         p             p             p  p  p  p 

und  daher  den  zweiten  Eifahrongssatz 


=  u.  e.  w. 


gicTit :  der  dritte  und  viei  te  Erfahrungssal*  folgen  aus  denselben  Be- 
trachtungen, wodurch  die  Behauptung,  dai«  die  Hypothese  denselben 


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6 


Gründen  entspreche,  aus  nelciieii  Newton  die  seinige  ableiiete, 
xcditfertigt  ist.  Dieselbe  Hypoüiese  giebt  aber 


(:) 
C) 
(:) 


o  /ji     n     n  \ 

~  ,     o      o  o 

.... 

ta     iit  iit 

I        I  I 
o  +  Ä-hc-f-.,.. 

an    SR  9Jt 


a       a  3 


n.  s.  w. 

also  die  beschleunigenden  Ki-afte,  womit  der  Flsoet  n  vat  die  Sott&e  und 
die  übrigen  Planeten  >virkt,  im  Allgemeinen  verschieden. 

Die  Hypothese,  vermöge  welcher  hier  den  fünf  Sätzen  genügt  wor- 
den istj  verwandelt  sich  in  die  NewtonscLe,  wenn  man  utu*  ein  £Ie> 
ncBt  nwiimmt?  sie  ist  so  gewählt,  daJs  sie  der  leisieren  so  stsbe  sie 
uo|^idi  kömmt,  übrigens  aber  nur  sls  ein  Wxbd  enfgestellt,  wodnrdi 
gesetgt  werden  sollte,  dafs  Newion's  Hjpotbese  nicht  eine  Folge  der 
fünf  Sätze  ist.  Ein  Planet  kann  also  so  viele  verschiedene  Massen 
(um  den  gewöhnlichen  Sprachgebrauch  beizubehalten)  zeigen,  als  Kör- 
per vorhanden  sind,  auf  welche  er  wii'kt;  betrachtet  man  aber  die  ge- 
genseitigen Bewegungien  von  h  Flaneien  «ncl  der  Sonne,  so  finden,  ver- 
möge des  fünften  Sataee,  unter  den  n  (n^t-i)  Massen,  ^n  (s— i)  Be- 
dingungsgleichungen statt,  imd,  wenn  man  auch  den  ersten  Satz  als 
wahr  annimmt,  J,  n  (n-f- 1),  so  dafs  nur  -^n  Massen  unbekannt 

bleiben.  Seut  man  z.B.  für  drei  Planeten 

(:)=-■-•{;)="•■' 


6 


B  ■  •  i  m  L 


«o  hat  nun  die  Glddttfngtfi 

wodurch  die  Zahl  der  unbekannten  Gröben  yon  9  auf  6  reducirt  vrird. 

Es  !^»  ViHrifrens  Uar,  dafs  man  die  vier  ersten  Sätze,  welrbo  durch 
Erfahrung  gegcbeu  sind,  innerhalb  gewisser  Grenzen  bezweifeln  kann, 
welche,  namendich  Lei  den  beiden  ersten  derselben,  vielleicht  nicht  so  eng 
aiad^  ab  der  Schirfe  der  heutige  Beobecluiiiigen  angemenen  uriie.  Ob 
aller  die  attronomischen  Theorien  allenthalben  in  so  grofser  Udierein- 
ctimmnng  mit  den  Beobachtungen  sind,  dafs  dadurch  jeder  Zweifel  an 
der  Wahrlieit  der  Ncwienschcn  Annahme  zurückgewiesen  wird,  dieses 
ist  eine  Frage,  weiche  wohl  INiemand  bejahen  wird,  deren  genaue  Erör- 
terung jedoch  Mir  nichtig  ist  und  die  grSfatm  Fortadhritts  der  Wii> 
MDM^ft  Terhetitt. 

Der  Ente  neldier  die  Anziehung  im.  Verhältnisse  der  Massen  be- 
zweifelte, ist  Johann  Tobias  Mayer  (');  ich  habe  aber  geglaubt, 
eine  von  der  seinigen  verschiedene  Ansicht  aufstellen  zu  dürfen,  weil  es 
mii'  wesentlich  zu  sein  schien,  zu  zeigen,  dafs  unter  den  WerUien  von 

(:).(;).(;).0).- 

Yerschiedenbciten  Min  können»  nicht  etwa  nur  -von  der  Ordnung  der 
PlanetennttMen,  Mmdem  Ton  jeder  beliditgqft  CrSfse. 

2* 

Den  Planeten j  dessen  Be«re|puig  untersucht  werden  soll,  werde 
ich  im  Folgenden  durdi  p  bewidmen>  den  ttörenden  durch  p'}  alt 
Einheit  der  Ibräfte  werde  ich 

0)*(?) 

annehmen,  lutd,  in  diesem  Mafse  ausgedrückt,  ^ 
durch  m  und  m'  andeuten. 


( ' )    Comment.  Soc.  Reg.  Scknt.  Gotüngensü  ad  A.  MDCCCIF-  h  ilf. 


Hier  die  pkmatanaAen  Störungen,. 


7 


Wenn  x^j-,  z  die  rechtwinkligen  Coordinaien  und  /■  den  Radius* 
Vecior  von  p  bedeuten,  x'^  j ,  z',  r'  dsMeDie  ffir  p'  und 


7 


id*x\  ,    x    ,  /dR\ 

•  ■=  (tf)  +  p  +  hii 

Die  ttSmideii  Knfte,  pai«M  mit  dem  Radius-Vector,  Mukredat 
ftllf  denselben  in  der  Ebene  und  nacb  der  Richtung  der  Bewegung,  und 
senkrecht  auf  diese  beiden,  bezeichne  ich  durch  A' ,  B',  C'j  die  Iptzie 
ist  positiv,  wenn  sie  von  oben  nach  unieu  t^erichlel  ist,  für  einen  Beob- 
achtet- -welcher,  von  der  Sonne  aus,  die  Bewegung  des  Planeten  von 
der  Rediten  nach  der  linlm  rieht.  Ich  irerde  stierst  die  Antdrucke 
dieiar,  Krüfte  dnrdk  die  DjflTerenüalqiiadeateii  von  R,  in  Besielnng 
auf  die  Hemcni«  von  p,  eneelieik  und  dabd  folgende  BeteichimiigBn 
emranden* 

Lüge  des  Mifsiei^enden  Knotens  » 

Neigung  der  Balm  ••••  ' 

Enifernuiig  des  Perihels  vom  Knoten  w 

Excentricitat  e 

helbe  groCie  Axe  •  .'.......»..  a 

Va(i.—ee)  * 

wahre,  excentrische,  miulere  Anomalie  ^>  c,  iu. 

lor  den  störenden  Planeten  .......  n',     m\  e',  a',  h',  f'» i«'. 

Man  hat  hcJua&tlich 

dC  =  r  I  Cot  n  Coi  (t«  -i-     —  Sin  n  Sin  (tu  -+-  <p)  Co»  t  | 

y  =  r  I  Sin  «  Cm  {w-^<p)  -h  Om  «  Sia  {m-i-^)  Coai  | 
a  =  r  Sin  (w-i-^)  Sin  / 


8  B  S  S  »  S  L 

{f)m  -  mm  -  (^^)(^) 

rC  =  (3^)  '*  Sin  «  Sin  <  —  {^^^  r  t^oi  »  Sin  1  +  r  Cos  1 

also 

(^) 

Mulüplidrt  man  den  Ausdruck  fui*  r  C'  mit  Sin  (»«f-^)  und 
seut  man  in  dem  Producte  für 

rSin    +     SinnSiniV — rSin  (w-t-f)  GMRSini./''Sin  (M-t-f)  Gos< 

ihitt  Aiudrficke,  nimlich 

( ^r)  ^*  ("^f  )  ^'  (  jt) 

[3]...rC'Sin(«  +  ^)  =  (4?-) 

Man  bat  femer  die  Gleicliuiigea 

(^)  -  (^)(^)  *  im^)  *  (^)(^) 

und 

(^)  Co.  f  -  (4^)  «  rCo.  (•+f)  Sin  »  Sin 

(■^)      '  ~  ( i!ir)  =  -  Cos  (a,  -I-  ^)  Co«  »  Sin  i* 
CJo»  i -(—-)  =  r  Cos  (»+^)  Co»  i  Sin  * 

also,  wenn  man  ^-5^^  n"*-  tios  *  muitiplicirt  und  (-j^^  davon  abzieht, 

[4] . . .  r     Co.  (coH-^)  =  (4f  )  Cot  I- -  (4^)  C««» < 


so  erhalt  man 


über  die  planetarischen  Störungen. 


9 


Mehrerer  Einfitclibcit  halber  werde  ich.  im  Folgenden,  die 
Bahn  des  störenden  Planeten  zur  festen  Ebene  \>ulilen,  die  Winkel 
ta  und  (u '  von  dem  aufsteigenden  Knoten  der  Bahn  des  gestörten  auf 
dimer  Ebene  anrecliitai,  imd  muer  /  die  Jüeigung  dandben  Bdm 
gegpn  die  leste  Ebene  Teniefaen,  wtdureh  maa  eriük: 

{5]...  r  6' Sin  = 

[6]...       C!o.(«+^)  =  (^)  Cotg  /  +  (4^)  Com«/ 

3. 

Durch  diese  störenden  Kräfte  B',  C  habe  ich  früher  (•) 
die  Veränderungen  der  Elemente  von  p  ausgedrückt ;  jetzt  werde  ich 
unmittelbar  die  Störungen  des  Kadius-Veclors  är,  der  wahren 
Lange  in  der  Bahn  =  i»  nnd  der  Breite  über  der  mittleren  Ebene 
der  Bahn  s  i$  angeben,  dabei  aber  nur  die  ente  Potent  der  atS- 
renden  fSimt  berüduiditigen.   Man  bat  (') 

dl  a  r 

wonm,  unter  "VenaachlüaMgnng  too  ^i^  q.s.w.,  * 

d  f  a 

Setzt  man  für  ä  ^  seinen  Ausdruck  durch  die  störenden  Kräfte, 

nämlirh 

-  •/{         -  (^)     =  ./{(^)    -  (^)  -} 

oder,  da  das  in  Bendrang  enf  die  Goordinaten  von  p  genommene 
Differential  tob  R 

-(^)'"-(^)''-(^)''.' 

.    {')    Lotemiehungen  öber  dm  XnMlMk  MB  1607.  II.  AlKtsBliag* 

(«)     l:l>cnda.sdbH  S.  5a. 

Matiteamt.  Kituae  1824.  B 


10  B  B  S  9  B  L     '  ' 

so  liat  man 

nelcbe  Glddniiig  Mie.  Cä,  Buch  II.         folgendenuiMB  inte» 

yfto,  um  abzukürzen ,  O  für 

gcschnelMiii  ist. 

Dan  AmdrudL  von  ^»         Hcir  Ijaplmce  dnida  den 
ir;  ich  werde  ihn  aber  immiüdlMr  mat  die  Mörendan  Xxifte  eu* 
rnckfuhrea.   Mm  hat 

oas  — ri7',  oder 

0=  rr        +  2r      .  ^ +/r>rf«,  ■ 

und  ivcim  man  mit  ^  multiplicirt  und  ini^rirt 

=  -  a  /•il  rfv  -        /Vi?'  rf/. 

Du  ersie  Glied  dieie»  Ibitegcds  findet  man,  wenn  nun  für 
leinen  Anedmck  {7]  aeist, 

=  — r-  {(2  Sin  <p  +  —  Siu  2  <^>^  /*-^   ""^  , 

+  (i-.H- .  Cef  H-iO» 

Wenn  man  das  letzte  Gh'ed  dieses  Attsdmcks  mit  den  leii> 
ten  Gliede  de*  Anadmck«  Ton  ^1»  vereinigt,  so  ist  die  Svnune 


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üier  dm  ploMtantdim  Si&foigm.  11 

und  vrcnn  man  für  Q  und  J?'  ihre  WerÜlA  «ettt,  auch  (-4^) 
durch  die  Gleichung 


-  -  -i7^/<? ''''  +  -iT^f'  (af) 

Bim  hat  daher 

Die  Breite  über  der  mittleren  Ebene  der  Bahn  ist 
h  s  ii  Sin  (w^.^)^  »j»  Cm  (M+f)  Sin  ' 
Ibn  hat  aber  (a.a.O.  S.56) 

(^)  =  - -i- Cos  (u^-h^.) 

und  wenn  man  [5]  und  [4]  sobsUtuirt 

(^)  — t(^)  i(4r) 

Ba 


ii  B  X  •  •  B  L 

welch*  Atiidrfidkie  üih.  ia.dm  ToxtBeflidien,  von  Herrn  Laplace 
dem  Bureau  des  Lm^iade$  am  17^  August  1808  Yorgelegten  Ali- 
handlung, nicht  in  ilicser  Fonn  fiudaa.  Seist  nun  die  Luegrele 
denelbea  ia  deu  Auadmek  ^ran  i»,  ao  erliSk  nun 

*"-f^  Sin  (»  +  *)/{(if-)Co,g,-(^)Co«c.]<;M 

+7pi^C"(-+f>/(-3r)'''' 

oder,  nach  [5]  und  [6] 

*• 

Der  Theil  der  Störungen  des  Radius -Veclors ,  der  Liinpc  in 
der  Ikhn  und  der  Breite  über  der  minieren  Ebene  dcrseibeu, 
wdidier  den  Gegenstand  dieser  AUandlung  ausmadit,  eniatdhi  an* 
dem  ersten  Theile  Ton  A;  idi  ^erde  daher 

H=jj  |Goa  («-1-^)  Cos  -4-  Sin  Sin  {m'+f)  Goe/j 

aeiaen  und  diesem.  Ausdruclte  die  Form 
[  I  o] ...  Ä = ^  |Co»^  /*  Cos    — f  +  w— w')+Sin^/*  Cos  (^-hf 
^dben» 

Die  Entvritikelung  dieses  .fi  in  eine  Reihen  wddie  nach  den 
Goeinossen  der  Zdt  proporiioaial  wadisender  BSgen  fortgeht,  hfingt 
von  den  Entwi^lungen  tou 

rGosf »  rSin^,        Cos^',  Sin^' 

abi  diese  letzteren  werden  aus  einer  besonderen,  unten  folgenden 
Umecsuchung  hervorgehen;  für  jetzt  aber  werde  ich 


r  Cos  ^  =  ac  Cos  ifi}  r  Sin  f  =  as  Sin  </k 

.Si^^f'a^^GM»!»';     ff  Sin  f r  Sin  V 

und  unter  <  und  ^  alle  ganze,   sowohl  positive  als  uega> 
ausgenommen  ^  vontduu*    Snnncrt  wui 
ndx  an  die  Bcmerkmig  im       Satte  des  s***  Budu  der  Mietmijue 
CäMtof  fo  findet  mm  Imcht 

Cos  {f  —  <p'+w — w')  =  ^  (y4- <r)  (c+*)  Cos(    i> — ^fx -l-w — ui) 

k     k    i  i 
+  i  (V+  »)  («— ')  Cw  (— 1>  —  *^'+  »— aO 

k    k    i  i 

+  -1:  (y— ^)  (c— *)  Cos  ( — tfjL-i-ifji'-k-u—ui') 

k    k    t  i 
+  ^  (y— *-)         Gm  (    t>        +a»  --i/) 

E»  in  aber 

j  f        «»•   *    -*   *  -* 

und  daher,  am  nn  mau,  um  abzuLürzeilf 

^      A  k     i      i  i 

y  «t*  0*  dnidi  a  >  c  Hh  '  dwck  « 

bemdhiietf 

*        *       —ki        i        —  I 

y  —  (T  =  a  ,  c  —  s  =  a 
vrodnrch  der  gegebene  Autdinck  die  BeMmdmimg 

k    i  k  -  i 

a  a  Cos  (       — iii'-t-u — «')+-^  a  /t  Cos  (— <M — ^f*-»-^  — w  ) 

-k  i 

'  ^  m  a  Cos  (— /^^.ilfiif^w.H')     |>  «  a  Cos  (  iii-^kfi^+m^«^) 


erhSk.  Da  er  für  alle  pnae  <  m  nehmen  iit^  so  tliid  da»  erite 
vnd  eweite»  lo  in»  da»  «kitte  and  Tiene  Glied  daaiider  gleicii,  ao 
daft  man  ihn  «chreiben  kann: 


k  i  -k  t 

\  aa  Cos  (ifi  —  A/*'  +  w  —  w')  ■+-     a  «  Cos  (*>  +  Aft'  +  w  —  w) 


H  B  B  s  •  ■  I. 

und  da  aucli  diese  beiden  Glieder,  für  alle  ganze genommen, 
einander  gleidk  find,  60  liat  man  den  Atudrack. 
k  i 

=  a  «  Co»  {i\L  —  kid    w  —  w') 
und  dien  to  dut  sweite  Glied  von  JI  [10]^  fblg^ch  ist 

k  i  r 

[11] . . .  Ä  Ä  aal  Cos  -i-  /"  Cos  (i>  —  fca'  4-  ü/  _  w  ) 

+  Sin  4-  i'  Co«  (/>  +  Äfi'  -1-«  +  «')  J 

Hiemu  &lgt 

[.,],..„  (g)=.ji 

=  —  -2^  » .  «  fl  (  Cos  V  /•  Sin  (/>  _  A  u'  +  w  —  «') 
-I*  Sin -i- /*  Sin  (if*  +     + "  + ««^)| 
and  imm       s  ir  gesetst  ^rd, 

./(^)         ^  i-{Co.i/'.j^  Cos  + 

+  Sin^-     j^he;  Co*  (*>+V +  •»+»')} 

woraus,  nach  [7],  folgi, 

(i3]...Q  =  Ay-Jli{co«4'/«-  4Sfr     0>»-V+ «  - 

+  Sin  4      4^^.  Cos  (r>  +      +  "  +  «')} 

Muft  hat  femer 
[.4]...(^)CoHj/+(^)Co«c/ 

=T7  Ii  j-Sin/  |sin(*>--Af*'-4-«  — »')  — Sin(*>+*M'  +  «  +  «')| 


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iOer  ih  pbnetarnehe»  SionmgM,  15 
5. 

Die  Stürung  dar  Radius-Vectors  «eist,  nach  [7],  die 
Intentionen  vun 

du  und  du 


— 3— - — r-  0''  Sin  d>  du  und  — ~ — r-  Or  Cos  *  dpi 

ToisQs.  JSech  der  im  Torigen  Artikel  angewandten  Beacichnnng  ift 

k  k 

r  Sin     B      Sin  k^.\  r  Cos  <p  =s  ae  Cos  Afc 

wo  h  alle  ganze  Zahlen  bedeutet;  rei'bindet  man  dieses  mit  [i3], 
so  erhilt  man 

_HSiii-i-/«.^Jl  .  -j-Sjy  Co» +  Sin*».} 

wenn  man  mit  (/u  muliipliciri  und  inicgrlrt ,  aurli  mit  dem  »Wei» 
ten  Tbeile  des  Ausdrucks  [7]  gjanz  äbnlicU  verfährt: 

A 

•  3i3L?«^^«n((*^^),^' W)} 

Seist  man  nun  noch  ^ 

g 

Cos  f  =  C  Co»  giJi,  Sin  f  =  .S  Sin  ^'/x 


16  B  B  S  •  B  I. 

und  vei'einigt  maxi  die  Glieder,  welche  gleiche  Ck>smus  enüialteB, 
to  hat  man 

Setat  man  «ndlidi 
M>  ei1»lt  man 

Die  Bei^echnung  des  Goeffictenien  eines  besümmten  Gisinus,  für 
vrelchen  also  /  und  k  gegebene  Zahlen  sind,  erfordert  dne  dop- 
pelte Sununaiion  des  Ausdrucks 

Mwohl  für  I  alt  für  gi  man  kann  für  i  nach  und  nach 

'  —  I,  —  a,  —  i,  U.S.W. 

«eisen  imd  für  jede  dieser  Vocanwetzangvi  alle  g  ndmien.  Diese 

Rechnung  läfst  sich  erleichtern ,   wenn  man  die  Logaritlunen  der 

wiederhok  vorkommenden  Cröfscn  in  Tafeln  hringt,  so  daf»  die 
ei'Ste  derselben,  mit  den  Arguiucolen  k  und  i, 

Lob  [  '  i  •  •  Co.  4;/'l 

die  andere«  mit  den  Argumenten  x  und  g 


angiebl.  Wenn  der  in  Cos  /'  multiplicirte  Theil  bereite  berech- 
net ist,  so  findet  man  den  in  Sin  ^/*  mulUplicirten  dadui'ch,  dafs 
nun  don  erttcn  mit 

4  Tan«  i/' 

mnltijplidrt  und  unter  dem  GosinusKeiclien  m'  in  —  tt'  verwmddt. 

Man  rei^inet  aber  noch  leichter,  wenn  man  in  [16]  <  A 
=  n  und  h  =  n  —  /  setzt,  >vodureh  num  den  Cbefficicnten  von 
Co«  ^  Co«  («#4  —  itf*  •♦•«  —  »') 

und  den  Coeffidenien  Ton  Sin  f  SHn  (jtfi — kfi'+m  —  <•') 

findet,  bdde  durdt  eine  Sununation  in  Beziehung  auf  i  allein; 
nennt  man-  dieie  Coeffidenten  J^*  und  B^,  «o  sind .  die  beiden 
ersten  Glieder  von 

SS  ^ Cos  f  Cos  (ntt—kfi' +»—»*) 
+  Sf^Sia  ^  Sin  (a|u— »  — m') 

und  ergeben  daber,  ivenn  man  »  -t-  g  —f  setst,  den  Goeffidenien 
Yon  Co«  (/"m  —  ifi'+u>  —  0)') 

C  +  H-y/^^  ')  C  ^  (./'^-"  -I-  ^*'))  C  ti.s.w. 

i/t/)  i  _  (^--)  _^*o)  ^  _         —jffy*'^ )  i  —  U.S.W. 

0je'  bdden  leuten  Glieder  erhalten  einen  gana  ähnlichen  Auidrudi. 

6. 

Die  Siöriing  der  Lange  in  der  Bahn  findet  man  auf  gras 
ähnliche  Art,  aus  dem  Ausdrudte  [8];  * 

Mathemat,  Kiaue  1024.  G 


16  B  s  •  S  8  t 

Seilt  nun  hier 

<Sui^H--f-Sia<fs(i  -.m)     Sin  ^ft 

umi,  so  w  bei  der  -rorigni  EnivricVelung»  i+  k+gstf,  m  er- 


_^  *-r  »f—tkt 


^|«iiC/j.-4 


Von  iler  Bcrecliming  dieses  Ausdrucks  gilt  alles  das,  was  bei 
Gclcgt'nhf.'it  von  gesagt  worden  ist ;  der  Vortheil ,  «ucli  hier 
nach  [läj  zu  recbuea,  wird  noch  dadurch  Tcrgröfsert,  dafs  die  bei 
der  Berechnung  von  ir  «dion  engemndhen,  durch  ^  mxi  o.«. w. 
beseiehneien  Somnen,  hier  wieder  eine  Anwendung  finden. 

7. 

Die  Störung  der  Breite  ist,  nach  [9],  wenn  man,  am 

abzukürzen,  für 


P  und  ichTCilkt, 

**  «  -  -^TjiS^       ^>'n  (^^  +  <f)  -      Co«  iu^  +  4>)] 

Nach  [i4]  tind  [i5]  ist 

P'  —  ^l^  .  X-Sval  •  aa  Sin  (i> - +  w  -  ai') 

aa      ^  Ii  — *>»  ' 

—  Sin  (i>-f.A^*'-*-«  +  «')| 

Wenn  nm  dieict  in  dm  leisten  Ausdradc  Ton  is  »etst,  to  ynti  er 

*  '■  (     Sin  4»  f<^0>  —  Co8  (im -fr- >*'-»■  wQ' 

k    Sin/     «a        Om^t        f— /-l-ii» 

"  i—kv  1  + 


usd  wenn  mnn  Sin  tp  und  Cos  ^  nach  der  oben  schon 
wandten  Bezeiclinung  entwickeU, 

-7^17  Sin  ((*+^) 
Seltt  man  m  dieiem  AnadmdLe  i     g  —J,  i  ^s^f-'g,  ao  wird  er 

l      J  «-UY  {!-«■)         2      «  '\     f-g-k»  f-g^kf  f 

Hill  erfordert  daher,  für  gegebene  /lind  A,  nur  eine  Sununation^ 

in  Beziehung  auf 

C2 


B  S  •  •  S  L 

8. 

Diese  Tollsländi'gc  Auilösung  der  Aufgabe  erfordert  nun 
noch  die  Bestimmung  der  durch  c,  y,  C,  C  und  s,  S,  S'  be- 
attduMien  GocfficienMiii  num.  «rhilt  diMdbe  nach  der  Mmluide, 
wdciie  idi  der  Aikademie  «u  Jidint  1818  Torgdi^  lube.  Bba 
hat  iMmlidi 

S9  c  =s Cos  ^  Gm  i>  • 

37  ^  SS Sin  ^  Sin  zft  •  rf/* 
a»  y  =  /  4^  Cos  ^'  •  Cos      •  dyl 
i  =  Sin  4k'  .  Sin  ly  .  rff»' 

»T  S  ^ ^ Sin  f  •  Sin  i/«  • 

%K  S  —  y^sSin  ^      4"  *  ^^^T^i» 

limmdiche  Inte|ple  von  ^,  t  oder  fi  =  0  bis  <v  genommen. 
IMe  wd»  ersten  denelbcn  Immo  «ch  Icidit  anf 


•  J^Cm  t'ii  •  Co»  td*  vBoA^'Sm  ii»  •  Sin  nd* 

zurückführen,  die  beiden  leuteu  auf  die  CoeiHcientcn  der  £nt- 
tridielnng  der  MiudpunLtsgleichung.  Denn  man  Eat 

1.,..—  Cos  f  =  Cos  e  —  e,  also 
e  ^J\p09t~.ey  Goa  i>  dß  =  <|.Sin  f>  (Go»»-e)  +  -^Sin  ift .  Sin  tdt 


lifol*  dig  plmelmn^em  SlSrmffm.  21 

•   yio  das  erste  GUed,  ausgenommen  für  i  =      yä:vcliwiii<]et;  daher 
0  i 

[si] . . .  tff-c  aa  —  »90}  iwc  =  -^Sin  iß  •  Sin  i^i 
a....~Siii  ^  =  >'(!—«•)  Siitt : 

»WS  s  y(i—ee)Jhm  <>  Sin  •  •  dpt  —  - Cos  i>  Sin  t 

_^  2l0zfSLyCo«  *>  Cos  e  </« 

[22]...  «»-*=3  0  ;  2»#  =  lii^:^:^Iy"Cos  /fx  .  Cos  £  <ie 
S  =  y^^zz^.  oderCJos  ^  =  ■  ''^^    ^  -  * 

Das  allgemeine  Glied  von  Sin  ^  ist  =  s  Sin  ,  also  das  allge- 
mdne  Glied  Tom  Co»  ^  9  i  •  i  )^(i~ee)  Co*  im»  daher 

[23]...  a»  C  =  —  s»ff;      C  =  (1— <?tf) /Co»  IM  •  Cos  i  «^t 

 dir-^=  V(t-^)  '  oder  Sm  ^  =  -  V{i-ee)  -^^^ 

Das  aUgcmoine  Glied  Ton  ^  Cos  ^  ist  =  J  Cos  iu ,  also  das  allge- 
meine Glied  Ton  Sin  ^  s=  *  •  c  K(i  —  ee)  Sin  /f*  j  daher 

,  [24]...  2  T  i-rs  )/(>— tYr)  /Sin  i\x  Sin  c  rfe 

[a«]...  «rv  s  «ysin  ly  Sin  t'^l*' 

6.„.^^=-.^y(,^e.)Sin^  oder^Sin^.=^.il^,  folgüch 

i 

[36]...  «»(T  =  *•  K(t— eV)y^ Cos  ifi'CM^ä^ 


i%  B  B  s  s  a  I, 

7""  t  — ee  e(i— efGMf)*  "~  T 

{t-eCmty  *  «w»™!" 

■^«■•♦-aCo»^-f-4'gCo»2»    v^(t— ec)        «r<^  I 

t  — ee  e  '  rfw  « 

Wenn  man  dalur  die  Hittdpunku(|^kialuni§  durdi 
^  —  K  =s  tA'  Sin  ^  +  tjf  Sin  Sf(  +  ii<i.w. 
beteicluiet,  so  W  man 

[37]..,  C'  =  c'  -  jin 

[a8J...i'= 


de 

r>te  b«idtt  in  d«n  ««cb«  eni«n  Fonneln  Torknmmmdfin 

Integrale 

^ Cos  <ft  •  Cü&  t  ät  uju^Sia  <jü  •  Sin  tdt 

luoMk  man  leicht  auf^  Got  (At — ASinc)  reduciren,  wo  h  dae 
§Miiae  Zaiil  liadeaiei}  dieses  letzte  Integral  «erde  ich  dnrdi 

y* Cos  (J^t  —kSint)  dB  SS  IJ 

besddmen.  Mm  bat  nSmli^ 

^Coi  i/M  '  Co»  e  dt  =yGos         —  (" — «Cosi)^  —- 

as  -l/Cee  4> .  d* ^  -^/bosii»  .  d/t 

ym  der  leiste  Tlieil».Ton  n^o  hm  iisstw  geoonunen,  Ter> 
sdkwindet}  also 

(29]  .JboBt'iA  .  Ooettftssir  .  ^Ij, 

Ferner  hat  man 

.  ^ySin  ift  •  &a$dt= ^^o*t>  •  Cos c -^^00» (t^i»  <fe 


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oder 

[5o]  y*Sin  ifjL  '  Sin  tdt      zr-^  Ij,  —  2ir  • 

Die  Reibeaentwickclung  von  IJ  erhält  man  auf  die,  in  mei- 
ner Abhondluiig  über  die  Kepler  sehe  Aufg^ibe  angewandte  Aia(*), 

ISO.... U  -  .  - Ti^(±)V  ..,;t^-.)(.^.)  (4y 

woraus  also  folgende  Formein  für  die  Berechnung  der  Coeflicienten 
^  obigen  Aiudrficlw  lierrorgplien ,  wobei  die  Reiben 

der  Kfine  vcigSB  durdt      und  ^4  beeeicbaet  aind: 

'      (")'"'  f  1 

i  =  4ir- '^(»-**>  ■  ' 


j = 


( ' )   AbbaoJluBgea  d«r  Altademie  »816  - 19.   Mallieiml.  KImso  S.  55. 


34 


B  B  •  Ii 


a 


-  -  wr  {(•  +  "C-'O)    -  ^     ,  i— 

Die  ZaIUcnwcrthe  von  C  und  S"  leitet  man  aus  den  bekannten 
Goeffictenten  darReilicnaitwickelung  derBCttdpunLtti^dniiig  nach 
und  998]  ab. 

9, 

In  den  meisten  vorkommenden  Fallen  werden  die  Ausdrücke 
von  <$r,  8s  sehr  schnell  convergiren,  wenn  man  sie  in  Reihen 
entwiclielt ,  ^velrhe  nach  Am  Potenzen  der  Exccntricitäten  und  der 
!Neigun:j  lurt&chreiten ;  diese  Reihen  erhalt  man,  wenn  man  die  eben 
bevtimmten  Coefficienteii  nach  den  Potensen  von  e,  e',  /  sehreibt 
und  in  die  A.iudrücke  [>7]'  C>9]  Dnrdi  eine  dop- 

pelt, sowohl  nach  dieser,  als  noch  nach  ciaer  andern  Art,  ge- 
führte Rechnung  hohe  Icli  diese  Reihen  bis  zu  den  Gliedern  der 
zweiten  Ordnung  incl.  entwickelt,  und  führe  das  Be<inliat  davon 
hier  an ;  wenn  die  höheren  Ordnungen  noch  merkliche  Werlbe 
haben ^  so  iat  et  bequemer,  nadi  der  oben  entwickdien  strengen 
Methode  zu  rechnen. 


1 

*—  I 


-|-Co$(  —  |u  -f-oi  — w')  |e 
•4-Gos       — fi'-h  (0  — »')  \e 


p—1 


i 


I  W  3  6  \ 

»  —  I      i»— 2      »•—3  {»— 


IT— I 


3v  — f 


j 


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dAer  dia  pltiBHOnscken  SkSnaigem* 


36 


'  i  •_   n  9_       M  \ 

9.4  9      .     4S  16  24 

— — — 


Cos  (    —  2fx'+u)—u')  ^  ee'* 

+ Cos  (      3         lO  g  •'«'■ 
[53]. . . .  Äi-  =  /»  •       Cos    /•  f  (iWe')  X 


._!_  +  _!  L_+   

 i  £_  ^  < 

1        2^  —  1        »»  —  3  """(»(!»— 
4       .  » 


3»  — 1 

4 


3r  — a 

a 

I 


^)} 


Sin(  fi+  (•)')  I  ee' 

Siii(— jbi 


«5  < 


—  1     f  —  2      f— 3       (i— 0"  C 

.  i.  2  \ 


4 


6 


2  1  ) 


_;.H.„_aA4-ee{--i  '-^'±  '^-r^ 

+  S.n  (  3K-  i  "{t  -  F—  -  Pili  -  F— -  F— + 

— X  —  --^  i  IT-^ 

r  llF       3f  — I        Jv  — S       Jf— 3       Pf  — !)■ 

+  8in(  |»_3m'+«— «OV«'«^ 


-+-  Sin  (  — 


W  Sin  (m + m'-I-  w  +  w')  Sin  -i^  /*(_  i- 
MaÜtenutl,  Klasse  1824. 


F  ^  F-l-l  ^  F+3  ^(..+ !)• 

1.  D 


26  B-  s  »  •  B  V  ' 

Obgleich  die  immer  conveigirecde  Keili«  [3i]  zu  der  Berech- 
mpng  der  Zahlcnwerthe  von  l^  hinreidit  und  daher  für  die  Auf- 
ffhe,  wdicihe  anfplSBet  wcnieii  tollie,  .von  dieser  Seite  iiidiis  m 
Tffinscben  übrig  Ueibt,.  to  glaube  ich  doch  diese  Gelegenheit 
mUMn  zu  dfirfen,  um  über  die  be^mmten  Iniegnle»  vfdche  hier 
angewandt  worden  sind,  et\vn<i  zu  wgen. 

Nicht  nur  die  MiuelpunLtsgleichuog  und  die  GroSaw 

Gosf ,  Si&f,  rCosf,  «-Süftf ,  ^Goef ,  ^  Sinf 

fähren  in  ihrer  Entvickidung  auf  diese  besummtcn  Integrale,  son- 
dern dieses  ist  audi  der  Fall  bei 

logr,  r",  r^Cosm^,  r"Siiim^,  r"G(Wi»f,  r"Sinmt 

immer  wenn  n  und  m  ganze,  entweder  positive  fxicr  negative  Zah> 
kn>  0  nidu  ausgeschlossen,  sind.  Da  die  meisieii  PkraUaiift  der 
^ysisdiai  Aitrpaoniie  atif  «oldie  Reihenentvlokeliiiigen  nirfi.«^ 
führen,    so  ist  dite  genavetre  Kemitiyft  dieser  Iniegra^  irfiO' 

sdiensweiiJi . 

Ich  weide,  der  Kiir?«  »cgen,  die  vier  Integrale^  von  0  bis 
2»  genommen,  folgendiriualsen  hezciclinen : 

^ L=y*,Cos i> Cos « ^h'^J* Sin ifi-ßmßdt  , 

3v  ■»       /»  Co»  iu  Cns  r  f/j        3a-    /*S'm  i'n  Sin  » f/s  ' 


Digiti<::cü  by  GoOglC 


Hier       plamtari§^em  Sl&to^m.  27 

und  zuerst  zeigen ,  dafs  di«  JBuwickfliimg  dar  an^^ährten  Gröüieii 
von  denselfaea  abhängt.- 

SewidhneK  •  man  d«n  GodBcivttiBi  toa  Gm  i>  m  der  Eist- 
trickdung  dea  Logarithmen  von  rdnrdk  A  und  nimmt  man 
danelben  to,  daft  die  Reilie  nidiit  nor  alle  foudvm  ganxen  iV  «m- 
dem  andk  die  negativen  cndillt»  ao  Iiat  man 

sirHs ^ log  r  Goaif«  •  dfi 

alio,  mit  AjMnahue  von  i  ss 

[$5]  H^-jif' 

Für  /  =  0  erhSIt  man  einen  bgttidmusehea  AvadradL; 
liat  nämlich^  ivenA  man  < 


dnrch  X  haadchnet  nnd  die  halbe  grofte  Aze  =  i  annimmt, 
nnd  wann  anut  mit  dr  ^  0  Sin  « dt  mnlii|dicirt  nnd  intcigrirt 

lur  Beadmmnng  der  Gonstante  e  ist,  für  f  s  0 

log  (i  — e)  =«— '«     +  4- V  +  4-  A»  + . . .  .J  =  <f +«/  («— *) 
also 

logr=/y£p^Jj-  —  3  |AGü«t-i--|-MGo«st+4'X*Goa3<-i- 

und  \vcnn  man  diese«!  mit  dfi  s  (i'— tfCoa«)  moltiplicin  und 
von  0  bis  2  7  integi'irt 


[36]  A  =  /-^^+Xa-/-iJ^ 


D2 


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38 


B  ■  8  S  B  I. 


Don  (^oef ifienten  vnn  Gü8  ifJi  in  der  Kntwickelung  der  gan- 
zen Potenzen  des  iladiusreciors  =■  r",  bezeichne  ich  dui'ch 
i  ich  ^ide  raent  die  vkv  btegrale  durdi  dicw  Coefficienten 
amdruckak  imd  daan  eine  ellgemieine  RekUon  swiMben  den  sa 
venduedenen  Potenzen  von  r  gehörigen  C  geben,  vroraus  denn  her- 
vorgehen Avird,  daüi  .0^>  jedesauü.  »u£  diese  Integrale  snrüdkgefubrt 
werden  kann. 

JAIbh  hat 

i ...  .y  Goa  r>  Gm  t<^t  =  ^  f  Gm  i>  (i— r)  dtss^  C«-»> 

»'  ''• 

iroTon  1  =  0  ausgenommen  i^t. 
s . . .         4»  Sin  i  Sin  4x— Gm  ifAdks-. I  C<<> 

Wenn  man  im  leiztcn  Glicde  •\yir\Hcli  tlill'ereniiirt  und  Sin  t*  durch 
/■  elimiuji't,  so  erhall  man,  mit  Ausnahme  von  i  s=  o. 


oder 


Die  oLlh  erwähnte  allfjcmeino  Rchktion  erhält  man,  wenn 
man  den  zweiten  Dilierentialquoiientcn  von  r",  vor  und  nach  der 
Eiuwickeluug  in  die  Reihe,  vergleicht  j  man  hat  nämhch  dadurch 

s  _  R  .  (ff— i)  r^"  +  »  (m— 3)  r— * — «  («— 2)  (i— «*) 
a  — Sil  CM  Gm  i>« 

'  folgücfa 

[37]...»=«C«— «(«— j)  C^"-"+  n  (Jrt-J)  C<— »>— n  («-2)  (i-#(>)<3e-« 


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über  die  planeiariscken  Störungen.  29 

und  diese  Relation,  verbunden  mit  den  vorher  gegebenen  vier 
Säuen,  besiiount  alle  C^'K    Für  vmcbiedene  Werthe  von  n  lindel 


man  nämlich: 

n  =  —  2 . . . . 

8(1 

—  ee)  Cf-*) 

A  ^=  —  1  •  «  •  • 

3(1 

MSB  O.*.« 

A             ^  »  «  •  « 

0 

—ee)  C-» 

0  B  M  C«  —  «  <7»  +  »  C«-> 

* 

A      "f*  S  <  •  •  • 

0  =5  iV  C<"  —  6  Cto  +    C<*>  — 

3(, 

— e«-)  et-) 

B           4*  ■  >  « 

0  =  H  C<«   —1«          4.  20  C<'>  — 

«(1 

n.  t.  w. 

Ferner  hat  n 

lon  die  t ier  Sitie 

fL=     et-'5  ;  L'=-/  Cf" 


+  Ct->  i  M'=  y  3C'-'J  +  a  (i-tfe)C'-^^J 

M»  dali  die  YaUndmig  defselfacn  mit  6m.  dien  engefuhrteii  Glei- 
draagen  «owohl  hinnidiend  al»  nodiwendig  ist,  um  alle  C  su 


=  {(»-f-e«) L ^ I iL' + M ^  1  (1— m) M'}  : 2 (1  — «e)' 

b{L  +  iL'-f  M}  :  {i-ee) 

C<-»>=  L+M 

C'-)as  L 

C<'>  SS-4-L' 
i 

<« 

II  p 

-  u. ».  ir* 

Für  /  s  0  hat  imn,  Matt  der  Rdation  [57],  die  folgende 


30 


6  G  S  S  B  L 


£39], . .  0  SS  («+!)  C^-^  —  {2n-\-\)  Cf-'^  +  (i— «e)  j»C<^> 
und  diese,  verbundea  mit 

giebt  alle  äbrigeu  C, 

Dafs  auch  r'Cos         und  r'Sin         Ton  den  vier  Inte- 
gnloi  abhäiigeii, .  lafit  «ielk  «m  kidttetteu  dadurdk  zeigen, 
■  man  diese  Ausdrücke  TOifc  ^  befreiet  und  dagegen  r  einfäliit.  Min 

hat  Dimlich  Cos  m  <p  gleich  einer  ganian  rationalen  Function  Ton 

Cos*  =   woJuroli  /"Cos  m<^  sicli  in  eine  Reihe  von 

er  I' 

Gliedern ,  von  der  Form  F  -      verwandelt ,    deren  jedes  daher,  in 
seiner  Entwickelung ,    den  Coeßicienteu  von  Cos  //x  =  F  • 
giebt;  r*  Sin       ist  dagegen  gleiöb  einer  Reihe  von  Gliedern  Toa 
der  Form  F    Sin  ^,  oder 

nnd  der  Goeffidcnt  von  Sin  ifi  daber 

Ehen  so  wie  r"  Gm  und  r"  Sin  Inf  verhalten  stdi  in 
dieser  Beziehung  r"  Cos  und  r"  Sin  mt.  Es  geht  also  hieraus 
hervor ,  dafs  alle  Eniwickelungcn  der  ganzen  Potenzen  des  Radius- 
Tectors,  oder  der  Producle  dieser  Potenzen  in  Cosinusse  oder  Si- 
nn«« der  VieUachen  der  Anomalien,  von  den  vier  Integralen  ab* 
hängen.  Die  twecitnuifsigsten  Arten^  die  Rednction  wirUich  an 
machen ,  wird  man  aus  den  unten  ToAommenden  weiteren  Untere 
•ucfanngen  über  die  Iniegrale  ableiten. 

Was  die  beiden  ersten  Integrale  L  nnd  JJ  betrifll,  so  ist  ihre 
Reduciion  auf  oben  [29]  und  [3o]  schon  gegeben;  wir  werden 
also  nur  diese  tvanscendente  Fvnctioa  näher  nntevaacben  dürfen. 


Man  hat 

Cos     + 1)  £  —  A-  Sin    -+-  Cos  ((i— i)t  —  A  Sin    =  sCcw  (ü— ^Sint)  Cos  e 
und  wenn  man  das  leuie  Glied 

Cos     —  k  Sin  s)  1-  Cos  (/■  e  —  /i  Sin  e)  (/  —  k  Cos  «) 

•dbnibt,  mit  ä$  mnliiplicirt  und  Tan««  Ins  intogriit 

[4o]  0  =*rr'-«/i; 

Am  dieser  Glddinng  geht  herror,  4«li  nein  durdi  swei 
FuncUoBOB  dieser  Art  alle  fibrigeii  enedrüdcn  Icann,  und  dafe  mm 
daher  nnr  iwe!*  z*B. 

T*—    -  **  -1. 

SU  kamen  Imncht»  um  alle     dadurch  su  fiodcs;  temer  dafa 

[4»].  i7'=(-iyii 

iatf  M»  daCi  abo  nur  poaitiTe  gniae  £  beiiBchtet  ^fferden  därfen. 

Dan  Anadrocfc  Ton  ^  dur^  I*  und  I*  «1^31  man  durch  die 
Eigenachaftan  der  EueuenbrÜdie.  Ibn  hat  nimlich  aus  [4o} 

ft^=-  II  


,  A  Ii*' 
'-Ii 

und  wenn  man  dieses  fortsetzt 


r/.i  ^ 


t— rr 


TT 


I  — 


-1  ^-  » 


1  — 


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33 


B  s  •  »  II  !• 


Für  A  s  00  giebt  dieser  Kettenbnidi  das  YetUlinils  iweier 
«nfeurander  folgenden  Functionea  wiahhinyg  -nm  «nderenj 

für  I  is  1  lud  A  as  I  —  1  gpebt  er 


[43]. 


IS 


Jk_ 


=  - — Et 


I— - 


tl— *.tl  — ■ 

» I  - «    Ii  • 

Verwandelt  man  diesen  Kcucnbruch ,  bis  7.u  einem  Gliede 
1  —  incl.  genommen ,   in  einen  gevrühniiclien  Bruch  und 

bezeiclmet  man  Zahler  und  Nenner  dess^ben  dnrdi  ^***uiid  ß**', 
M  hat  man  [45] 

ahnlidie  Ausdrficke  bat  »an,  wenn  man  cnooetHTe  i  in  i  —  u 
i—*t  1—1....*  verwandelt i  muliiplidrt  man  dieMÜhon  miteinan- 
der^  CO  ist  daa  Product 

oder 


[44].. ..I,  =   -»  »4„_..«i-»|^«r^..       _  ^  -o  I  j 


Eliminiri  man  I"  imd  I,'  aus  drei  Anadrficken  dieser  Art  für 

Iii  Tl.  T/,  so  crliiili  man  eine  Gleichung  zwischen  diesen  drei 
Functionen,  welche  durch  Berücksichtigung  der  bekannten  Eigen- 
schafica  der  Keltenbrüche  ^  auf  ihre  einfachste  Gestalt  gebracht 


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33 


werden  kann.  Wenn  aber  i  ein  kleiner  Bruch  ist,  so  ist  weder 
[44]  >  nod»  ein  anderer  endlidier  Ausdmdt,  treldier  ein  liClieree 
1^  tau  swei*  niedrigeren  ergtebt,  snr  Rechnung  bequem;  denn  dm 

I;  von  der  Ordnung  von  ist,  so  isty^"  ~"I°  —  B^~'^ll  Ton  der 
Ordnung  von  und  wir  '  Jui  h  den  Unlcrschied  zweier  Oröfscn 

von  der  Ordnung  von  X  gehmden ,  also  mii  desto  geringerer  Ge- 
nauigkeit, je  kleiner  A  und  je  grufser  i  ist. 

Von  dieeer  Unbequemlichkeit  frei  ut  ein  anderer  y  shsr  üb* 
endlicher  Ausdruck  T<m  »  welchen  man  leicht  aus  [44]  ahlciten 
kann.  Eliminirt  men  nämlich  an*  den  AnedrfidMn  Tun  und 
1;"^%  ao  erhllt  man 

—  ~-  ff      4-     -"  l;^'=  -"ji; 

und  nach  den  bdkannten  Eigenacheften  der  Ketienbrüehe  hat  man 

«eist  man  dieses  in  den  eben  gefundenen  Ausdruck»  so  ^rd  er 

-H-B^'-v.  +  B—'ir 

k  I " 

und  nach  [4l] 


145]. ..Ii  =  ,  ,  4'!'.,.,<  •  ^.■._?iri.-.» 


2(  >  3«-|-  1 


Diese  Tersdiiedenen  Ansdräcke  kAnnen,  wenn  man  nidbt  un- 
mittelbar nach  der  Reihe  [3)]  reebnen  wiU,  benutzt  weixlen,  um  I]^ 
aus  1°  und  \\  zu  erhalten;  [44]  niii  desto  geringerem  Nadubeile« 

je  grofser  k  ist. 
Mathenmt.  Klasse  1824.  £ 


34  B  B  s  I  «  s. 

12. 


D^^MBlUre  man  st  I«  =  f  Cos  (it  •  A  Sin  •)  dt  ia 
Irnng  vai  k,  »o  erliiilt  man  J*Sin  (tt  —  j|  Sin  t)  Sin  <  dt»  «lao 
mich  Ißo] 


=  i-  i;  -  r,*S  oder 


^  -  T    -  "3r 

,  10  «i|pebt  sie 


oder 


iMMM^erer  Fall  i»t 


''''  

Vergleicht  man  [/jo]  und  [46],  so  erhält  man  die  Diffisreniial- 
gleicbung  der  zweiten  Ordnung,  welcher  entspricht: 

Die  durch  [46]  angegebene  Verbiadimg  der  vctidiiadeMn»  su 
einem  gleichen  Ai^nmeate  k  gehörigen  Fimciionen,  ergiebt  die 
endUcbe  Veiänderung  einer  derselben ,  -vvolcbe  dadurch  oiUteht, 
daft  Ic  sich  in  A  ^  »  Terwandeli.   Man  hat  nämhch 


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älter  die  pJmmlameheH^  Störungen.  35 


Ii 


-(t)  (t) 
.  r» 


1^ 
w_  Ii« 

U.  8.  W. 

«Iio  nach  dem  Tayloncbeu  Lehrsaue 
oder 

welche  Reihe  zur  B^Mrohrnnc:  und  InierjtulaiiDn  einer  Tafel  dieser 
Functionen  angewendet  wcideu  kann  und  bei  der,  dieser  Abhand- 
lung angehängten,  von  k  =  9  bis  ü  a  3, 2  gehenden,  Jt  und  I^' 
cttduitenden,  benutst  woiden  ist. 


45. 

Aui  di«  Function      lasten  sich  noch  andere  Integrale  z\x- 
rfidtfiahren,  "wie  aus  den  folgenden  Beispiden  bervorgehen  'wird. 

[5o]...         Cos  (tt— m  Gosi  — II  Sin«)  dt  sb  Cos  ia  l'^„^,,t 

Bewei  s.    SeUA  man  m  =  A  Sin  « ,  USA  Cos«, 
so  wü-d  der  Ausdruck 

£2 


36  B  B  «  •  B  X. 

=  ^yCm  (.1«^. f«^a  Sias) S^±1JCm (f»-a Sia s)  dS> 

+  üiLifL y (/s  -«Sin»)  rf» 

Das  letzte  GHefl  dieses  Atisdrucks  verschwindet  aber,  wenn  man  es 
von  0  bis  2v  nimmt;  denn  Sin  (<2 — aSin;;)  läfst  $ich  in  eine 
Rdhe  yoa  Sinussen  der  VidfiidieQ  toj»  9  Terwancleln.  Also  Ueibt 
nur  da«  ente  fibrig  und  dieses  gidit  ■ 

Cos  I«  11  =  Cos  ia  l; 

[5i] . . .  -^^'Cos  tt  Cos  (/«Cos  e  -t-  n  Sin  t)  dt  =  Cos  la  für  ein 

gerades  i  und  =  «  ffir  ein  nngendes* 

Beweis.    Das  Integral  ist 
Cos  (/ £  —  m  Cos  «  —  «  Sin  «)</«-*- -^^'Cos  (— «— «Cos c — « Sin £;  <^€ 

also  nach  [4i3  und  [So] 

^  Cos  /« + (-ly  rft..+.„}  ^.  Ä 

[Sa] Sin  /  £  Sin  (m  Cos  e -h  n  Sin  e)  rfe  =  Gos /«  I;,..^..,  für  ein 

ungerades  /  unil  =  o  für  ein  gerades. 

Beweis.    Das  Luegral  ist 
.  JLy* 2«$  ((«— m  Cbss^»  Sin«)  dt  ~        Gos(^»— mCoss—nSine)  A 
also  nach        und  [5o] 

^  Cos  /« -  (-0'  J;-.-.*...}  ^-  ii'.  ^. 

\SS\...^  fCo»i"  Cm  (kSint)  dn  llhi^^^Lv, 

Beweis.    Durch  thciiwcisc  lutef^ratiuji  erliult  man  das  Integral 

Sin  s  Cos  ••  -•Co»  (ASins)  —  Cos        Sin  (ÄSint) 

+  (c/-  ))yCos«"-'Cos(<Sine)rft-(3/-i)^yl;o«t''Co8(*Sins)<ft 


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üier  die  plaiietarischen  Störungen.  37 

WO  die  beiden  ersten  Glieder,  toü  <^o  bis  ts»v  fftOsanaaK^f 
verschwinden  ;   mau  hat  also 

uad  wenn  man 

yfc»     .  Cw  (*Sini)  if<  dvrdi  '''  y'*"* 

bezeichnet 

0  s         — i)  —        (')  +       ('  +  0 

Diese  Kelaliuu  blirnint  mit  [4o]  überein;  allein  für  <  =  0  and 

/=si  findet  man  ^o=iJ'  und      =  i;,  aUo  euch      as  If*  ii.a.w. 
E»  D, 

Bewei».  Cus  c*' Cos  (X-Sin«)  enthält  nur  gerade  Potenzen 
von  Cos  £  und  Sin  t,  also  mir  Cosinusse  der  geraden  Vielfachen 
von  c;  y  Cos  £*'  •  Co»  (X  Siiis)  dt  also,  aufscr  dem  iu  i  muliipli- 
cirieu  Glicde,  nur  Sinusse  der  geraden  Vielfachen  vuu  e,  vrelche 
daher,  von  o  bis  -J:  V|  v<»i  ^  9  \Aa  Ton  t  bis  <|-  und  von 
ir  bis  s  V  ueDommen«  vecschwinden.  '  Man  bat  daher 

/k,s    Cos(ASine)  dt  =  i/^«»    ^o«  (ÄSiu.)  '/^GJ.T,  J 

—  i-a-— i;  nach  [65] 

Schreibt  man  z  füf  Sin  e ,  so  erhält  man  dt  =    .-v^ -y  , 
Cos      =  1  —  zz  und  liuuiii  duu  6au. 

[55]...  '-^J^r^'  Cos  («Sias)      »  I»,.  

Beweis.  Die  linkenden  Potensen  toh  Cos  «,  in  der  Ent> 
widulung  der  Bzpona&iisl^ise  TendnHnden  aus  den  Iht^raki 
man  hat  dassdbe  daher 


38  B  B  s  5  I  I. 

-4-  ~  Sia«*  —  ete...^ 
und  das  aUg^ndiie  Glied  des  Pradoct»  diecer  beiden  Reibai 

allein^ /-Co,  Sia  ,"ä.  =        .  ^^^^j^  und 

her  das  allgemeiiie  Glied 


Das  allgemeine  Glied  von  1°  ist  =  ( — i)'  ■^s^^ggf» 
wenn  mau  y{nun—ntt)  für  A  schreibt,  der  Satz  fol^ 

Man  könnte  die  Anzahl  dieser  Sätze  noch  sehr  vermehren, 
auch,  durch  VerwerliM  lun^'  der  Sinas  und  Cosinus  Ahänderangen 
derselben  machen ,  allein  ich  glaube  nicht  länger  daHel  verweilen 
zu  dürfen.  Ich  bemerke  nur  noch,  dafs  die  llcilienentwickelun> 
gen  von  Cos  k  •  1^  und  Sin  it  •  1/  nach  sehr  einfachen  Gesetzen 
fortadireiten :  man  hat  nimlich 

i;  =         Co«  (*Co»s)        0  ^-—J^Saa.  (ACose)  dt; 

dui-ch  Muluplicaiion  dieser  Gleichungen  mit 


Cos  k 
Sin  k 

findet  man 


Sin  k 
—  CosÄ 


Cos  .  i;  =  -^J^CMi/t-kGMt)  dt=  -^JCM(iASin-^t*)dt 
Sin  *  .  If  =  Sin  *Co«»)rfta=  J^ySin  (j^Sin  -W»)  <is 
und  vrenn  man  die  beiden  leisten  Auadrücke  in  die  Reiben 


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«ntwickalt  mid  jede»  Glied  deneUben  von  o  bis  sir  ntramt, 

{_       •       m        .  »        I«  1.».?  5. ».7. ♦.II,- 


Die  Function  J°  hat  mit  den  Sinussen  und  Cusinussen  die 
merkifärdige  Eigenschaft  gienieiii,  imuMr  irann  ihr  Argumoit  k 
Ton  snir  Us  ux  (an«!-«)  t  'widttt,  swamal  zu  'MMchiffinden  und 
diiim  das  ZeicLen  zu  indem.  Idi  iverde  seigeBf  d«fi  I*  Ton 
k  =  m-  bis  (m  +  ^)  T  immer  positiT  »t,  wenn  jn  eine  gmde  Zabl» 
und  negativ,  vrenn  /n  luigerade  ist. 

Wenn  man  Sin  t  —  z  imd  k  =  l"***  •  7  setzt,  wo  m'  ei> 
-aen  eigentUdben  Bmch  Itedeutet,  w»  hat  man  nadi  der  bei  [54]  ge- 


;  =  Co.— 5 — ,5.  -pjr3=rli...Ji 

«chreibl  man  »  für  (sm^m^s»  so  verwanddt  sich  dieser  Aus- 
druck in 

Das  Integral,  von     =  a  bis  p  s  &  genommen,  ist,  wenn 
man  A      k  für  1»  schreibt 

nimmt  man  mm  /<  nach  und  nach  =  1,  3,  . . . .  :m —  1  und  a  und 
it  immer  s  A  —  1  und  A  ^  1,  so  ei^iidn  der  ieuie  Ausdruck 


B  B  »  8  B  I. 


|^(w»-(»lii-3+«)«)      y(w»~ßll»>14.|f)')|  LW«  »— l-lj 

/    Cos  — ■  **  •  «  -. 

^yo  iJi  für  sni  m'  geschrieben  isi.  Die  einzelnen  Glieder  dieses 
Aufdnicks  sind  paaitiT,  in  leiste  oflenlMr  ireil  j>  u  immer  Ideiner 
üt  alt  »  die  filirigieii,  weil  ilur  poritiTer  Theil  fpeöiust  iat  ab  der 
negMUTej  denn  man  hat 

/Sin  —  u  •  du      _                   _  ^ 
 L  -  1  =  /Sini»   ?  

i  1  rron  M=o"i 

>'((uu— (»—«)•)/  Lw«  *«— u 

wo  der  Nenner  des  positiven  Theils  sicis  kleinei'  ist  als  der  des  ne- 
gaUTen.  Femer  ist  jedes  folgende  Glied  gi'öfscr  als  das  vorherge- 
bende,  wegen  der  immer  abneluttendeii  Neoner;  die  Sunine  iweier 
«ufeiiModer  folgenden  hat  daher  das  Zetchen  de*  leisten  derselben. 
Wenn  m  gerade  ist,  so  ist  das  leute  Glied  in  der  Klammer  poai- 
tiv  Tuul  daher  die  Summe  aller  Glieder  positiv;  •wenn  m  ungemde 
ist,  so  ist  das  letzte  Glied  ue^uiiv  und  daher  die  Summe  aller  Glie- 
der bis  zum  zweiten  negativ  und  das  erste  Glied,  so  wie  das  Glied 
av&er  der  Klammer,  sind  gleich&Ils  negativ« 

Diese  Eigenscbaft  kommt  der  Fanctioo  I?  nicht  atletn  su, 
sondern  alle  besitaen  eine  ähnliche.  Han  hat  nämlich  [46], 
wenn  man,  Kärw  wegeni  Ii  durch  (4)'  A'"  und  durch  »  be- 
zeichnet 

^    -  -  mr  * 

voraus  folgt»  dafs  iP'*^"  Tersch^det  wenn /{'"an  Maximum  oder 
Minimum  ist;  allein  zwischen  zwei  Werlhen  TOn  i  oder  x  für 
welche      '  Terschwindet,  li^  sothwendig  ein  Mnimiun  oder  Mi- 


41 


niranm,  also  auch  ein  verschwindendes  R^**\  Es  ist  daher  klar, 
dufs  Ij  eben  so  oft  —  0  wu-d,  so  oft  1°  ein  Maximum  oder  Mini- 
mum, ist;  s^misdieii  iwei  Wothen  k  f3r  vddifl  11  rvnAmib- 
d«,  li^  immer  ein  Bbximilm  oder  Miiiirnnm  TOn  II' ,  dshcr  dn 
veradirnndendes  If ,  u«  c.  w. 

15. 

Die  Leiden  im  lo*"  Artikel  durch  M  unrl  M'  bezeichneten  In- 
te£!;rBle  sind  weit  zxisanimcngescir.ter  als  die  beiden  anderen  L  und  L'. 
Eine  criiilichc  Keiaiion  zwischen  einem  derselben  und  der  trans- 
.  cendenten  Function     ccbdnt  niclu  Torbanden  su  teynj  allein  nun 
Luui  «ehr  Idcht  zdg^,  dafs  beide  aieh  auf  Lttegrale  von  der  Fonn 

1  — e  GcM<         ^  Ijmi  «  —  2trJ 

«orückfübren  laaaen.  Beseichnet  man  dieie«  Integral  durch 

so  hat  man  nämlich 

X    /.Cos  (/.  -  A  s;„  oj:o|^  ^      .      ^  +  ^ 

wocans  ffir  i(  s  ie  die  Ausdrücke  Ton  H  und  M'  folgen*  nSmIidi 

:  Man  liat  fcmer 

««^  1— «Gm«  .  ^  ' 

t— eCoii  c    *  ^    «  ' 

und  die  Terhindung  dieses  Ausdrucks  mit  dem  vorher  für  dasselbe 


1.*' 


Integral  gefundenen  giebt 
Maüiemat.  Klasse  1824.  F 


43 


B  ■  8  S  «  Ii 


m  

woraus  alao  hervorgeht,  dafs  jedes  /«  durch  1° ,  ,  und  Jl  ge- 
Imiden  werden  kann.  Es  wäre  also  nöihig,  noch  /*  wod  Jl  nü< 

her  m  untersuchen,  alhnn  es  ist  mir  nichi  gelungen »  diese  beiden 

Imnscendenien  Funciionen,  welche  die  bei-ien  Ar!];innenie  e  und  k 
haben,  auf  andere,  nur  von  Einem  Argumente  abhängige,  weiche 
in  eine  Tafel  gebracht  werden  küniueu,  zurüdwzuführen. 

Die  Methode,  das  Integral  in  dne  Reihe  zu  entwickeln, 
habe  ich  in  mdner  Ähbandlung  fihei*  das.  Keplersehe  Problem  ge- 
geben; hier  theile  ich  eine  zweite  Reihenentwicklung  mit,  wdche 
die  Tafel  für  I,"  und  Toniusetzt  und  in  allen  Fällen  conTer|pit. 
Man  hat  beLaniiüicii 

t-etotn     Vii-^)  {*  +     Cos  t  +  a A*  Cos  «« + «X* Coe »« 
wo 


mulUpliciri  man  diese  Reihe  mit  Gos  (i<— ASint)  dt  und  inti^rirt 

von  0  bis  2}r,  80  erhalt  man: 

~  |/(|— er)        "**  ^         *  Hh...« 

oder  anders  geschrieben 

£ö9j  j;  =  TW=^      +  A'-'i; 

^  X'+*  i;  +  X'*«  ly^  X'+»  I.*  ^  eic. ... 

+  X      +  x«  r,*' +  X»  1;+»  +  olc.... J 

wo  die  beiden  unendlichen  Eeihcu  nul  einem  Gliede  der  i  +  s" 
Ordnung  anfangen.  'Will  man  tob  zu  dem  fdg^den  J*,**  fihei^ 
gehen,  so  erbilt  man  eine  dasa  dienlidie'Formd,  wenn  man  den 
dien  gegebenen  Ausdruck  mit  X  muliiplicirt  imd  das  Product 
dem  ähnlicshen  Ausdrucke  für  J',* '  absiditj  man  hat  dadnroh 


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fool.»J;*'  =  A  .  j;  ^—^—^\^**  +  A +  A*  l;*^  +  eic....J 
Win  mm  «He  bddoi  üiM^ 

2irt/     1  — eCk»s«  2ir  t/     J— cCo«« 

«nf  die  Goeffiaenten  der  Reihe  für  die  Mittelpunkn^eichimg 

^  s  ft  +  a^'Sin  \i  +  2y/'  Sin  2^  +  elc.,.. 
surödittltten,  ao  geacbieht  diese«  io^endemwiteii: 

-1-  /"-^ ' "     '  rf.  =  ^  /•Co.     rfe  +  -1-  r<^i^;^* 

tro  das  leute  Glied  der  Au«drack  von  ■  jj* — r  i&t*  man 
bat  daher 

£6i]  lS.^yj^A'^'-%,', 

ferner  hat 


4^  ^  Si^*  Cos*)  =  f-i— +  ?  1  i 

^       \-er^*^^^^'^f  l-eCk»i«     \  1  -  «  ^  i -e  Cm«  J  ' 

entwickelt  man  diesen  AiudrucL  in  die  ReÜie 

«^'SinM-l-*-B"Sm«M  +  «B'*SiiiSfi4-etc...  , 

so  isi  einerseits 

und  andrerseits 


■an  hat  also,  nach  [3u], 

[63]... M'  =   _  i;.  +  _ 

Bei  tl<;r  Auflösung  der  Aufgaben  clor  plivsisclien  Astronomie, 
welche  auf  I;  uml  aturückf üliren ,  wird  A  meistenthciU  nicht 

F2 


U  B  X  •  •  S  Ii 

■ehr  gi'ofs  seyn;  dann  iit  der  Gdmuob  dar  Tcfd  üSr  die  erste 
dieser  Fonciioneii  nicht  so  swedunÜsig  und  bequem,  ab  die  di- 

recie  Berechnung  des  Reihenausdrucks  denslben.  Um  aber  doch 
Ton  der  Anwendung  der  »in  Ende  dieser  Abhandlung  abgedruck- 
ten Tafeln  Beispiele  zu  geben,  werde  ich  den  Coefficienien  von 
Cos  4 /LI  in  der  Entwickelung  von  r'  und  den  Coellicienten  voa 
Sin  4M  in  der  Entwickelung  der  Mitlelpunkugleicbung,  beide  für 
eine  Ellipse,  deren  Ezoenirieität  as  o,  3i  ist,  mittebt  der  Tefeln  be- 
stimmen. 

Der  Cocflkient  von  Cos  iu  ia  der  Entwickelwiig  Ton  ist, 
nach  dco  Formeln  im  lo""  Artikel 

also  f  ör  t  =  4 , 

und  nadi  [39]  und  [3o] 
=  V(t-ee)i:,,-^i:,,4.^el,».. 

Aus  den  in  der  Tafel  enthaltenen  Werthen 

I'  t  =  0,  566*5  51M4  und  I],  4  s  0«  S4l9l  77ia9 

findet  man 

I*^,  SS  0,  00906  «7t7  und  I*,«  SS  0,  00iS9 

und  damit  den  gesuchten  GoeflScienten  =s  +  0,  0006«  3sm ,  wobei 
EU  bemerLen  ist,  daft  man  ihn  verdoppebi  'mufs,'  wenn*  man  nur 

die  positiven  Vidfacben  Ton  ^,  in  der  Entwickelung  haben  will. 

Der  CoeOicient  von  Sin  ift  in  der  £btwicLeliuig|  der  Mittdp 
ptuiktsg^chting,  ist 

y{i—ee)       i     r  Co«  iV  •  dl  _  ]i^(t— j, 

/  *   2ir  «/     I  —    Co»  t  f  '  • 

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— 

370 

37845 

— 

1  80362 

2,99 

— 

0,25664  274 1 4 

— 

3iO 

.92135 

+  3 

73069 

0,  34278  076.92 

— 

372 

18107 

— 

1  77027 

i,00 

0,26005  l.'1^49 

.117 

19066 

-»-  3 

74822 

0,31905  89585 

373 

95114 

1  73782 

iJ,01 

_ 

0,26  »42  3S615 

_ 

III 

44244 

-♦•  3 

76545 

0,315)1  94451 

375 

681' H) 

1  70522 

1,02 

— 

0,26675  82S59 

— 

329 

67699 

-»-  3 

782 14 

0,  31156  25515 

377 

V-i  1  ( K 

1  (i725S 

1,01 

- 

0,27005  50558 

- 

325 

S9465 

-•-  3 

79889 

0,32778  86097 

II i 

- 

1  1)  !?<t4 

J,o4 

— 

0,27331  40023 

— 

322 

09576 

-•-  3 

81513 

0,32399  794o4 

— 

3  Hü 

1  UÜ6S2 

;3,os 

0, 27651  49599 

318 

28061 

-»-  3 

83103 

0.  32019  08737 

382 

31349 

1  57381 

1  »,06 

_ 

0,27971  77662 

_ 

314 

44960 

-♦-  3 

84660 

0.  lUi!f.  TTfiS 

IS  i 

St(7l2 

1  54070 

1 1,07 

— 

0,28286  22<)22 



310 

60100 

-»-  3 

861^5 

II,  ii2:i2  S^itj.iii 

,3s ; 

i.^802 



1  50750 

J,  08 

0,28596  S2922 

306 

74US 

-1-  i 

87675 

0,30867  45S54 

— 

386 

91532 

— 

t  47419 

3.09 

- 

0,n90J  57017 

— 

502 

86440 

*i 

29154 

0*50420  52J02 

388 

40971 

1  44079 

'  1,  10 

0,  29206  34  «77 

298 

97106 

+  3 

90556 

0,30093  113)1 

389 

85050 

1  40732 

,J,  II 

0, 29505  407«3 

295 

067.50 

3 

91948 

0,29703  26281 

.391 

«5782 

1  37372 

.1,12 

0,2V^00  475  U 

2^t 

14802 

+  3 

93 104 

0,29311  00499 

392 

61154 

1  340O9 

1.11 

0, 10091  62115 

287 

21498 

■+■  3 

94627 

0,28918  37345 

391 

97161 

t  30614 

i.  14 

0,  30378  iis  n 

281 

26871 

-t-  3 

95918 

0,28524  40182 

395 

27797 

1  27253 

J,  15 

_ 

0,  10662  10704 

279 

30953 

-»-  3 

97173 

0,28129  12)85 

3.96 

55050 

1  2)864 

3, 16 

0,  30941  41657 

275 

5J780 

5 

!«8i9i 

0,27712  57115 

.597 

7«9l4 

1  20468 

3.17 

0,51216  75447 

27t 

55587 

5 

9958» 

0,27114  78421 

398 

:•»>  (82 

1  1706S 

3,18 

0,5t4M  10924 

567 

55204 

■1-4 

007 15 

0,26915  79«  »9 

4oo 

16447 

1  13657 

3,  19 

0,51755  46628 

265 

55Q6» 

•1-4 

01855 

0,26535  62592 

4oi 

50104 

1  JOMI 

3,20 

I 

o,i2tift  ticinr 

0,2(154  52422 

Von  der  Integration  der  linearen  Gleichungen 
nut  partiellen  endlichen  Di£[erenzen. 


Von 

H™-  EYTELWEIN. 
[GdMM  iD      AiMlouB  im  WiaaMBbfttt  w  3.  Joai  ISSI.] 

jßedeutet  'G,  irgend  eine  unbekannte  Funkzion  der  veränderlichen 
GrSfien  m  imd-r,  wo  m  und  r  jeder  ganzen  Zahl  oder  o  gleich  seya 
lidnnen,  °n>  hcifst  jede  Gleichung  in  weldier  diese  Funkslon  für  ▼er* 

8chi<-(lonc  Werihe  tob  m  und  r  vorkommt,  eine  Gleichung  mit  partiel- 
len Difleienzen,  und  man  ist  im  Stunde  diese  Di [T'fienzgicitliiing  zu  in(e- 
griren  ,  Avcnn  tler  Wei  ih  der  unbekannten  Funkzion  'G,  angegeben 
Mrerdca  kann.  Dergleichen  Diflerenzgleichungen  gehören  zu  den  dop» 
pdt  vMderhehfeikdefi  odeiF  iMunro  •  racDireriten  Reihen  t  und  sowohl 
Loplace  {Menmiret  wr  k$  milet-riewro-riemTeniu,  M^.  de  Mh^daUtt. 
Tom.  VI.  Paris  1774.  —  Eechreches  sur  l' integralion  des  etfuations  dif- 
fervntwUcs  ßnics,  Mem.  de  Matlu'mnt.  Anncf  1773.  Park  1776.)  als  auch 
Lagi  jinge  i^üecherches  sur  1' inlvgration  des  etjuations  litie(tircs  aujc  di//c- 
rences  finies  et  parUedles;  JS'ouv.  Mem.  de  V  Acad,  deBcriitif  Annie  1775.) 
haben  xoent  dher  dieae  Reihen  ansgeccidineie  Untersuchungen  ange> 
aiallt,  ohne  jedodi  die  eneagende  Funlzion,  aus  welcher  'G,  enutan» 
den  ist,  näher  zu  bestimmen.  Man  findet  awar  in  ^riogast,  Calcul  d«9 
düwatum,  («Stmu^oufy  1800.)  de>|gleidiea  Unnaiwchiingm ;  aUetn  abg»- 


6A 


sehen  von  Jer  dortigen  Bezeichnung,  wird  es  nicht  unwichtig  seyu,  die 
luarlier  gelifirigai  Entwidielungen  nodi  »uf  eiiiem  anderai  Weg^  in 
erhalten,  von  welchem  ich  mir  sdbmeichle,  dafs  auf  demselben  die  ^ 
rachten  Ausdrücke  einfach  imd  übersichtlich  dargestellt  werden. 
Weil  die  pertieUiBn  Diflerenzgleicbungiui  von  der  Form 

am  meisten  vorkommen,  wenn  hier  f  {m;  r)  irgend  eine  gegebene  Funk- 
zion  von  m  und  r  bcdculcl  und  a,  l,  c  \villküLrIiche  besuindigc  Koiif- 
lizicnten  sind,  welclic  auch  einzeln  —  o  soyn  können,  so  wiiti  man  sich 
hier  vorzüglich  auf  diese  Diilerenzgleichung  bescbriiaken;  es  wird  sich 
ttber  Kehr  leidit  ubersehen  iMseUf  daft  mit  Auwendiuig  des  polynomi« 
sehen  Lehrsatses  txbA  einer  einfachen  Beaeiehmmg  der  Bolynonialkoef' 
&eienten,  die  T^terauchmig  euch  lelcbt  auf  jede  andere  gegebene  Dif- 
ferenzgleicbung  angewendet  werden  kann.  Uebiigens  ist  bei  df-n  von 
Lagrange  nniersucbicn  J^ifftnenzgleicbmii^en  durchgängig;  fda:  !-)  =  d 
angenommen,  wogegen  hier  dieser  Ausdruck  jede  bebcbige  i  uxikzion  von 
JR  ond  r  beaeidinai  lumn. 

Bei  den  folgenden  Untersoduungen  trird  euerat  die  Entwickelung 
gebroohener  Funkzionen  mit  zwei  Tcranderlichen  x  und  /  auseinander 
gesetzt  und  hicrnüdist  hcsiinamt,  wie  gegebene  Koeffizicnlcngleichungen 
welche  mit  den  angeführten  Differenzgleichungen  einerlei  sind,  inl^rirt 
werden  können. 

Noch  bt  SU  bemerlieni  dal«  hier  lur  Vereinfadinng»  Binonial' 
koefißaienten  wie 

(I)   <.(«-!)  («-.,^^„-3)  («^n  +  t)  ^ 

lieeeifihnet  werden.   Ferner  wird  man  von  einer  Reihe 

-P  =  ^  +  ^,  a:  ■+•  .rff,  X*  +     x'  -♦-  -f-  ^.  o;"  -t-  

den  Kocflizienlen  J ^  durch  PK,  bezeichnen  ,  nm  datlurcli  niiber 
anzudeuten,  zu  welcher  Keihe  TorkonuncnUc  Koefliuenicn  gehöi-en. 

lyiau  erhall  daher  auch 

(U)  P  «i»/:,  +  PK,  .  X  -i-  PK,  .  X*  +  PK^ +        PK, .  *'  +  


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«a»  der  Inti^nlioiii  der  Uimrm  Gleiehui^M,  55 

Man  setze 

A     ■+-    JtJT     -t-   A.x*  Ayx'^     ■+-  -t-   A,af     -f-....=  P 

''^^-=-+-  «.^.xy-f.  '^,.t\?'-f-....-+-  »--^,^'.r«-4  ^P«^ 

^Ay^ -i-  ^A,xy-^  'Atx-y-*-  'A,x'y -t-  H  A.x'y  +....^Pijr* 


vai  es  Mi  ^  gebrochene  Fanknon 



2u  entwickeln»  lo  ttt  dte  allgenMiniie  Fotm  weldie  der  Zähler  i" 
erhalten  Laim 

P'=p+p,^+i>.r'+/'.r'+....+-P.r+  [I] 

Mrenn       P,;  P^; ....  die  oben  gegebene  Bedeutung  behalten* 
Setzt  man  nun  fernen 

•C/-  + 'C,  j:^  +*Cgx*^  -f-'CiJrV  -»-....-4- 


und  bezeichnet  durch  Q'  die  jSntwickelnng  der  gegebenen  gebroclie> 
nen  Funkzion,  also 


***** ' *  i+ax-^by-^cxy 

SO  ist  die  allgemeinste  Gestalt  Wehe  diese  Eatwickeluug  erhal- 
ten kann 


66 


BTTBI.WBIH 


YioJi  J^i  A^i  A^i  gegebene  und  G;  G, ;  G,;  C,;  

nfilMr  Ett  bettimniende  KoelSsienten  iMdeoten. 
Nun  werde  i  4* s  «  und  hArOxssß  fioetit,  co  eiliili 

0) 


oder  «tott      aus  [I]  den  eDtspiechenden  Wertk  gesetst,  gidrt: 


0'  =  — 


a 
Pß 


ddker  wird  aeeh  der  Begeidwung  %.  1.  (II) 


V  *-=-S  +  — ^i— 


Denkt  man  sich  diese  Glieder  in  Reihen  aufgelöst  und  nach 
den  Potenzen  von  x  geordnci,  so  findet  man  den  zu  x'  gehörigen 
KoefBuenten  oder 

iQ'K^li.^{^)X,-(£=^)K.^!=^)X.  ±^)K.  m 

Nun  ist  P,=  'J  +  'A^  a  4-  'A^x^  -h  "  A ,     +     4- "y^^x  .also 

und  wenn 


+  [IV] 


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57 


■i-'—yi    .  'B, 


X  -f.  daher  §.  1.  {O) 


^  A,_^  .        +  .  "jff,  -f- ......... 

und  man  findet  hieraus,  wenn  o,  i,  z,  3,  ....  statt  n  gesetzt  wird 

(^)  K.^-'A. .  .       +  .   

(^jr,=-rf,.-Ä+^,.,  .--».H-^,..   * 

+  J  ,''B,  odor  nadi  [DI) 

±  (    wrf,  .-iB  ■+-     ^,  _ ,  .-ü,         ^,  _  ,  .'Bt  -K...-»-     i#  .-A  )J 

WO  du  obere  Zdchen  Inr  dn  grndiM,  da»  untare  für  ein  un- 
ji«des  m  (plt. 

Iffadi  [n]  in  Q'JT.  s  QL-  Aller  mich 

g>.  <8i  -C,  «  +  "C,  «*  +  "C,  «•  +  +  +  

daber  wird  «ucb  Q,E,  s  *C/oder 

Femer  wird  mit  Anwendung  des  binomischen  Lehrsatzes  nach  [IV] 

(II)  "Ä,  SS  ±  [(f-t-  m).  a'     —  (r  +  m  -  1).  m  «' "  ■  b'-'  r 

+  (P^m  — s).  Jii.a—  b'-*  c*  —  ±  ii»,       c  ] 

Malk0mat,Klku9  1824.  H 


wo  das  obere  Zeichm  fSr 
des  r  ijUt.  Hieroadi  irird: 


|pr«dct,  ^  untere  fÜir  mm  ungra- 


'B,=  ± 
*B,=  ± 


(r+ i)  o'i — raC"* 

(r-h2),  a'Ä»— 2(r4-i).  a'-*c'] 

(r-l-  3),     A'—  3  ('-4-  2),  «'    '  i  ('•-♦■0»  " ' 

u.  8.  w.  Ferner 

-Ä,  a=  e*  —  (/«+ 1)  m  «*^'  c  +  (jM-4-a),  «'  IT 

-Ä,  s=     IT-»  c'  -  (m-n)  »..«ir-«  c«  +  (»+«),  »«•4^-*  <r^(M-l-s), 

tt.  t. «. 
Es  ut  daher  (Q<  iC.)  JiC,  oder 

^  -  m         -A«f    «■  ^    •^(-0'  «^ 


wo  dasi  obere  Z«icli«&  liür  «iiL  gK»deSj  du  untere  für  ein  un- 
grades  m  gilt. 

Hienoadi  ut  num  üoi  Stande,  weil  'J,  gegeben  itt  und  'B, 
nach  (II)  ras  j>  c  fdfonden  weiden  lumn,  die  Tolbtündige  Sbtp 
widLdmig  tou      sa  finden. 


g.  3. 


1.  Znsats.   Sucht  msa  die  Entwickduf  von  -  , 


wenn  P'  und  Q'  die  bisherige  B^cutung  ]>eli#Iuui,  so  wird  hier 
c  =  0  alMJ  =  ±  (/•-*-!»),  o'*",  daher  jB,  =  ±  a  ;  '/f,  =  ± 
(r+i)  fl'Ä;       =  ±  (r+a),   ond  man  findet 


«QU  dgr  Inlegntkm  dtf  üuäfim  Gluekungcn.  59 


-b  [--'-*,-..  —'A,_,  a  +  j,  .  — a» (r-n)  .— 

WO  das  obere  Zeichen  iSat  du  grades ,  dw  untere  für  ein 

de$  IN  gilt. 

Für  /n  =  3  und  r  =s  3  wird  hiernach 

■ 

I  +*■  -  3  .        «  +4,  .  «^a«]! 

-i«  [  ^,  .  4  .  ^,  a-i-s.  .  Aa*U 

2.  Zusatz.    Für  die  Entwiclelung  fon 

*JB,=f:f:r^a'-^  und  fiberlunpk  •^,=±(-.i)*r.«'— «r,  wo  das 
obere  Zeichen  für  ein  gyadet*  das  untere  fGr  ein  "»^pnwlw  r  gilt. 
Hiemiich  findet  man 

Ä,  =-a;  =.  a»;    J?,  =-     n*»;  /?.=«';   

•Ä  —  Oj'i»,  -       e  ;  £,  ^ 2ae  ;  '^ßj         im*  c,         ^— i  a*  c  ;  ........ 

•BmB$i»M,m      Ol  «Ä,  -       c«;  «Ä,  *-3,«c*;  •i»«=.  4,a«c»;  

—      'i,  —  «  ä  »Ä,—      «»  ;  e»; ...««. 

*9  —       -       —  .  0;  «.a,  »  e*}        »  .     «(f*i  iblgUeh 

[— —V,  _»«+»,  .  —  *(-0''-i .  — '^«'-'j/ 

I  +  c«  (— V*#^ . - », . «■»■«« .  —*J, _«  +  (-1)'  r. . — U«r  -  •] I 

I  -       ["-'A  —«4,  _»  *+T,  .  — - .....  ♦f-l)'  fi,  ,  —  «^^  -  «7 1 

H  2 


60 


Pur  mssti  vad  rsss  wird 


-c   CA -2  •  '^1  a-*-"-*  «•) 


3.  Zusats.  Sacht 


II  die  Entwidkttlimg  von 


ao  wird  hier  a  =  o  also,  "/^.  =  m,b'-'  d  ,  daher  "iB,ÄO  für  r>Jii; 
wegen  des  Factors  /n, .    Hiernach  erhält  man 


Für  m  =  4  und  r  =  7  wird 


Ar-t  tr-'    -t--.^/»,  Air-  c  )J 


*A  i«       2  .  i  c  -t-  C» 

-       *'  -  3  .  'At  i'c  -  3,  .  'At  *  e*  -  «» 


g.  6: 

4.  Zusatz.  Für  diejenigen  Falle  in  «eldieii  der  Nenner  dei-  gege- 
benen gdwoebenen  Fonknon  nur  ans  einer  cweii]iei]i9e&  Grefte 
beeldit,  erhält  man  für  Q'  sehr  einfache  AniddücLe. 

Wäre  die  gegehcne  Fnnkdon  zu  entwickeln,  W  iCtte 

man  ^  =  o  in  §.3  oder  c  =  o  in  §.4.    Dies  giebt 


Digiti<::cü  by  GoOglC 


von  der  ItUegtaUim  dtr  iätaanm  Gkkhwtgen. 


61 


daher  ündet  man  nach  §.2. 

t  ■  . 

A-k-[/4^-    Aa)  T     (  .4,  ~  v*a')i'  +  (^,-    A,a+    A ,  a*  ^  Aa']r'- 

'J-t-{'A,-  'Ja)  X  ^  ('^,  ~'J,a-*-  'Ja')x'  •*.  {'A,-  'A,a-t-  'W,a>-  '^«'Jx'- 

u.  8.  w.  Hieraus  folgt 


i  +  a  j 


-f- 

( ^. 

-     ytf  «)  «  ^  (  ^.  - 

.4,  a  -♦-    ^di«)  *« 

—    y^t  o  +         a*  — 

-       a)  x  -h  {'At  - 

'A,  a  -t-  'A  a*)  X* 

-  'At  a  -h  'A,  a*  - 

'A  a")   ]  X 

-  *Aa)  X  -f  {*A,  - 

*A,  a  +  'A  a*)  x* 

-  »^«)  «  +  - 

»At  •          a«)  «« 

Zui'  Entwickelung  der  Funktion   ^  J^^y    setze  man  a  =:  o  in 
§.'3  od«r  es«  in  §.  ö,  «o  wird 

Hiernach  dia  Werdie  Q,  Q^,    bestimmt,  so  eriioit  man 

A'^  At*-hAtJi*'4-AtX*'i'AtX*'hAt**-l-A»»*^ 

+  A',x'  ...».»...«..... 

\'4'[*A  -    Ak  -h  {'A,  -  J,  b)  X  -h  {*A,  -  Atb)  x« 

-h  (*A,  -  Ai^b)  x^       («^,  -  A,  b)  x'  -h  .......]  jr 

]+•  ['A  ~  'Ab  ^  Ab'  -H  ('A,  -  'A,i-h  At  *•)  Jt 

1  —  <  {'^i  -  'A,b  -h  A,  h')  r«  +  ]  j*] 

|-*-['^  -  *Ab  ■+.  *Ab*  -  Ab'  +  {'A,  -  "A^b-t-  'Ali* 

-^.*')  «+......,«  :  .]  y\ 

l'A  ~  »Ai -i- »Af  ~                        r  A  -  *A,i 
^•Att^-       »•  +  At  *♦)  »  +  «.]  ' 


$2  BVTBI.WBtV  ... 

Die  Funktion  - eiuwickein,  seUe  man  a  s  o  in 
§.  4  oder  Ä  =  0  in      5 ,  so  eAllt  null 

ttna  wenn  UeniadL  die  Warthe  .  Qt   besümmt  wer» 

den,  M  findet  man 


-  ]r 

•  





 ']r 

Besteht  der  ZaLler  F  =P  +  P,J  +  P^j'  +  i*,/'  +  

eiu  eine»  beiiimntten  Anselil  Glied«»  to  lifo  «ck  Iddu  nbenebn, 
da&  abdenn  die  gefundenen  Ausdrücke  noch  sehr  TeNtniadit  wer- 
den k6nnen.   Sncht  man  s.B.  die  Entwiduiniv  "roa 

SO  sind  hier  eofser  A%  A,i  J^i  'Ji  i  'Jt  die  nhngen  Koef- 
fizienten s  Oy  daher  eihÜtt  man 


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von  der  Int^ftatk»  4»  /«mwii  6fe«?At(^f«». 


6a 


Den  Zusammoihaiig  der  eingetübrien  KoeflQxienien  zu  über- 
•eben,  di«neii  tcAf/en^  Auseinandersettoogen.   fii  mr 

P'  =  (1  +  rt    H-      -h  c  .r  r). 

«der  aus  ^.  2  die  entsprechenden  Wenbe  für  P'  und 
und  nach  den  Potenzen  von  /  geordnet,  gjd>i 

-p + + j^tV* + ^»y +  HK  -P-  = 


«Uier  irird  nach  der  Lehre  von  den  unlieitiininten  Koeffizienten 

-^  (i-^-ax)  Q_  ■+■  (b  +  c.r)  Q__,,  oder  wenn  man  für  P^, 
und  Q^^f  die  enuprechenden  VVerthe  nach  §.2  setzt: 


'6-*- i.—'G,      +  *  .  — «G, 


•t-a  .  -G,_, 
-I-  *  .  — 'G, 


64 


.  Bttblw  >1B 


daher  nach  der  Lehre  von  den  onbestimmten  KoeflkieDten 
(I)  'A,  ="G,+a.  4^*.— G,  -l-c 

Nach  einander  o,  i,  »,  3, ......  stau  r  and  m  g^seut,  ao  yiivd 

wegen  =  o  and        «  0 

-^y  —  -G,-t-a.    'Gt      -J-i      'Gj-*.c  'C, 


—  G,  ■<-«  .  G,_, 


Uieraiu  erhält  man  ferner 


■To  =  C. 

I  SB  G|  -i-  nG 
jig  M  Gy  +  «C| 
AtimG,  +  mGa 


A.ttfgabe.   Die  gegebene  petticUe  Diffcnsosgleiektiiig 

zu  miegrireu  uder  den  VVerih  von  finden,   wenn  J^iftff'') 

irgend  eme  Funktion  von  r  qnf  im  »t.    .  , 

Au€l5«ttng.  Man  vei^^eiclie  den  gegebenen  AuedmiA  nii  (I)  $.  6 
«o  tfird  'A,  —  f(r,  m),  und  man  kann  biemacb*li^,  für  alle  Wertbe 
von  r  und  m  finden,  daher  erhält  man  'Q,  nach  (III)  ^2  wenn 
zuvor  der  VVerüi  von  'B,  nach  (II)  §.  2  bestimmt  ist. 

Beispiel.    Die  zum  integriren  gegebene  Diflerenzgljeichi^ig       -  .  ^  .' 


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tJon  der  IiUegrathn  der  linearen  Gleichungen.  65 

so  wird  hier  a  =i  b  =  c  =s  t  und  'ji^  =s  mr,  «lao     2  (II) 
=  ±  [('•+'»).  —  (r+m— 1).  m  +  (r+m—i)^  m,  —  ±  »,] 

oder  weil  nach  den  EigoNcbafuii  der  BinomiolkoeifitMnten  dieMr 

Ausdruck  =  dt  i  wird,  so  erhalt  man 

"JB,  ==±1,  wo  das  ohere  Zdcbm  für  ein  grades,  das  untere  fÜir 
ein  ungrades  r  gilt.    Hieriiach  Üiidt :  man 

"-ff,  =  i;  -J?.  =-1}  "ß^szii  'ü.^-ii          daher  §.2  (III) 

wegen      =  o 

m  —  (r— !)  +  (r_2)  _  +  i±o] 

-  ("»-0  lr-ir-l)-h[r-.%)  :pl±o] 


(r-(r-|)-».(r-»)  ^i±o] 

oder  weil  [r  —  (r  — i)  +  i)'  £— i +a— 3+„.„±rJ 

s  '""^'"^^'^         80  erUilt  mui  mndk 


Für  m  =  r        SS  t  wii-d  'G,+ 

G 

 Ahw'G^aaii 

G 

=  0J 

daher  i  + 

0  + 

0 

PfiriWBSiiiidrsa  wird 

=  3.2. 

Aber 'G.B«; 

»G,  - 1; 

Äi; 

'iaher  » '  -f* 

•  -1- 

t  + 

1 

s«. 

Fär  msrniMlrs«  wird 

Aber        =  12; 

=«i 

daher  i2  + 

12  + 

9  + 

SiK-hi  man  die  Funkzion  aus  welcher  die  gegebene  Different- 
gleichung  entstanden  ist  und  bemerkt  daf«  hier  as^ascaai  ist, 
so  wird 


Mathemat.  Klasse  1824. 


66  EyTBtwBtN 

^  j  die  gesuchte  ei-zcu§eiide  Funkuon,  und  man  findet  nach 

§.2  wegoa  "^=0  und  ^,  =  o 

■» 

iM  .  t  x.r  -H  J  .  2  j:*^  1  3  -r' j  -f-  1  .  4  x  V  +  l  -  S  .  x*y  ■+■  ■ 
2  .  1  jcy'  +  >  .2  x'y  +2.3  X  V  +3-4  +  i  .S  x'y  ■+-  
J  .  1         +  3  .Z          -«-3.3          -1-3.4  Jf  V*  H-  3  •  *  *  V*  +  

Ffir  Tenchiedene  Weitb«  toh  'G,  erhSlt  man  ntchstdiande 
T«fel  mii  dopfMlten  l^gittg^ 


0 

1 

3 

3 

4 

5 

7 

S 

0 

0 

0 

0 

0 

9 

0 

0 

.  0 

0 

\ 

0 

1 

1 

2 

n 

J 

i 

•i 

2 

0 

1 

1 

1 

3 

.J 

0 

-t 

■i 

u 

6 

s 

s 

■l 

0 

a 

a 

4 

4 

< 

6 

• 

S 

5 

0 

3 

3 

6 

6 

9 

9 

IS 

M 

6 

0 

3 

i 

6 

6 

9 

9 

ts 

12 

7 

0 

i 

4 

s 

s 

12 

13 

16 

16 

* 

m 

§.10. 

Zusatz.    Es  lassen  sich  nun  noch  die  r;illc  einwickeln,  wenn  von  den 
Koeftizienteu  a,     c  einer  oder  zwei  =  u  werden,  und  es  witxl  bin- 
'  i«iehsnd  »ejn\  den  Fall  a  ='o,  »oieihsiider  zu  seiMn.   Bi  sei  da- 
her die  Gleichung 

•C,  -I-  A  .  -V;  -t-c  .'-'G^_,  =  f  (wi,  r) 
xum  integriren  gegeben ,  so  erhalt  man  hier, 

s  /  (m,  r)  und  negeu  s  s    'B,  as     ^"^  c!' ,  daher 


von  «Ist  /tUifgnUion  der  lumann  Gkiekiaiigen» 


67 


r4- 


*  [*"/(•.  1  +  "»'^'  */  {•>  i^O*"»  «Vh  »^«J  + — -».III,  •)]] 
angemnclt,  gjc3»  f(m,i^  s  («••!- i)  i%  daher  ivird  hier 

L[r»  +  (i-i)  c]  « 

Y[rb^ +1  (r-i)  b  e        (r-i)  c»](m-t) 

'* [rlf  4-  m  (r-0        e  -i-  m,  (r-t)      »  «»  +  im  _ ,  < .       ♦«  «'  - '] 

Nim  »t  nach  dea  Eigeudiafien  dbr  Reihen  mit 

fiii'enten 

4*  m  (r— i)  4— »  *  +  »,  (r— a)      •  c'   +  m  _  .  «  .  r  '  *'     "  ' 

=  (rb  -t-  rc  —  mc)  (Ä -!-<?)■"* 

Hierin  nach  einander  i,  2,  3,  <4,          stau  m  geseut ,  >o  erhalt 


aüdi 

S(|||^l)j'~< 


—  (rb-t-re  —  tc)  (i-f-c)  (m-^l) 
■4-  (r»  -I-  re  —  3c)     -f-c)«  (m  —  l) 


Die 

der  ivfiien  Chdwttg»  ^Änute  imr  andi  funüniit  weiden,  weil 

aber  dadurch  för  die  Berechnung  keine  AbkfinEung  CBttldlt,  lO 
"wird  solche  unverändert  beibehalten  \verden* 
AU  Beispiel  zur  Berecbnung  sei 

gegeboi,  ao  wird  hier  itzs2  und  c  =  A,  datier 

I» 


68 


ETTBtWBIM 


=  —  (5r— 3)  m+  (jr— 6)  5  (m— i)  —  (5;-. 9)  5*  (/»  — 3) 

Hh  (jr— 12)  5»  (m  — 3)  —  

ffiemu  folgt  " G,  s  !•  und       «=e o} 
"C,  Ml  (m^i)^  am—  f (m'i)  +  m(m— 3)  —  flK(m->3)^«M (»— 4)  -^m«. 
•C,        («■|>l)—  »■  +  »(»«  — 1)  —  2s(m  — ^  —  M  (m  — 3)-t>Jt»(jR— <0 
"Gl  =  ?  (m-»-i)  —  i2m-+-45  [m  — 1)  —  1»  (m  — z)  -|-  17s  (m  —     —     ft(m  — 4)  — 
"C^  =4  (m  +  1)  —  iTm  +  n  (nj  —  1)  —  275  (m  —  2)      kiuu  (/»  _  .1)  —  iiss  (m  —  4)  •«-..«. 
"C,  a=  5  (m  +  1)  ~       +  M  (m  —  1)  —  400  (m  —  3)  -|-  162S  (m  —  3]  —  fiCSO  (m  —  4} 

n.  c.  w.   Man  erlüilt  dilier  mcbttefaeiide  Tafd. 


'G, 

0 

1 

8 

s 

4 

5 

6 

0 

0 

+  1 

+  « 

+  3 

+  4 

^  6 

1 

0 

0 

—  3 

—  6 

—  9 

—  12 

—  13 

2 

i) 

—  6 

+  12 

+  30 

+  48 

+  66 

+  84 

i 

0 

+  «8 

+  2 

—  «4 

—  170 

—  256 

—  342 

■1 

0 

—  &i 

—  83B 

+  m 

+  .6i* 

>|-I047 

5 

0 

+  47T« 

— mi 

—  3900 

—  AN» 

m 

Für  verschiedene  Werihe  voa  m  und  r  erhält  man 

-t-  Ol  -t-  2  .  177  —  1  .  Mala. 

—  fi0tt-f-2.t4n-|-3.l047  B3«, 


Aufgab«.  Die  gqjdime  ipartadle  DififbratfeMcliiiiig  -  ■ 

au  ini^ren,  wenn  '6  und  G,  gegeben  «nd,  oder  iviULflbi^idi 
ang^omniflU  «erden. 

Auflösung.    Die  gegebene  Gleicinmg  mit  (I)  §.  S  verglichen,  giebt 
hier  "yf  —  1,  dagegen  wird  nach  dei*  dorti^m  Batwickelung: 

'A  =.'G      b  ."^GvcadA,^  G,-¥  a  .  * 


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69 


daher  nach  2 

_  j-H  'A.B.-  — .<  .  'B,     "-'A .  *B,-  -I-  (-1)-  .  A  .  'ß,  1 

'"1+  (-1)-  [A,  ."B-hA,.,  .'Bt-1-A,_t  ■  'Bt+  -+-  A,  .  'B.  _  ,]J 


wo 


'B,  *  (—0'  [(r-t-  m).  a  b'  -  {r  +  m  - 1), 

-1-  (r^-m— 2).  //I,  ß'  - '  <^—'  c*  —  ±  m,  ä —  c'  j  ist. 

Aach  et'bilt  man  für  den  Zähler  des  erzeo^enden  Bruchs: 

_,  {A^  A,x+  AtJc'-t-  AiX^+  A,x*-t-  At  x*  ^ 

l  -t-*A  y  -i-'A  y*  +  *A  y  +  *A  .r*     'A  y  .....} 

Beitpiel*   Die  zum  iiuegnrcn  gegebene  Differeuxgleichung  sei 

Femer  aei      =     und  G,9sr*  g^dwii»  ao  wird 

"^s'^  +  '^'C^m  +  iw  —  i  =  «»—«, 

A,=  G,  +  C_,  =  r*  -k-  (p—i)*  =  2r  (r—t)  -|-  i  =  ^  /„  -h  i  und 

'B,=  (—1)  [(r-Hm).  —  (r+m— i).  -f.  ±  m,]  =  (— i)'  daher 

1  }         =  —  1 ;  'B,  =  i;  'B,——i;  U.  8.  W. 

Ferner  ist  nach  §.  8.  'G  und  ^«  s  G,  daher  "AsaJ^st  o, 

folglich 

-hi—iylfiM  —  i)  —  (2m— 3)  +  (am— 9)  —  (zm  — 7}  +  -»-3 .  (— i)—* 

-»-(-0"  {(^'«-i-O-  [^{'^0«+']  +  [''{'^-)i-»-0         [*  •  ^«  "♦•']  ~* 


Dordi  Sunainimng  dieaer  Rethen  erhilt  man 


^  _  S=±±.  ^r,-^  (r-  0.  -  +  +2,  (-  •)'  und 

jsi  — i^i^i^t  — ui-  -Kl  .  (— «y~S  daher  wird  aucti 

■ 

■C,  =  m  (_!)'  +  [r*  —  '"1"^]  (-i)"-*-  <—«)"  o*^*"  «"<^ 

*C,       (-0  H-'^  (— 0"  • 


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70 


Bei-ecbnei  man  hiernach.  verschJedene  Wei'the  von  'G,,  so 
entsidit  folgende  TftfeL 


0 

f 

3 

3 

4 

5 

6 

0 

+  1 

+  4 

9 

+  1« 

4-fS 

l 

1 

—  8 

—  3 

10 

—  IJ 

—  ;6 

—  55 

2 

rv 

—  1 

+  6 

+  IR 

-•-21 

•+-  38 



1  ' 

3 

—  4 

—  1 

12 

—  13 

—  28 

—  33 

1  m 

1 

Für  den  Zihler  des  erxeugenden  BradM  erfaHt 


s-  «• 

Zusaix.   Werden  mdi  «neiider         c  as  o  gesetzt,  m  entstehen  fol- 
gende Ansdrficke* 

Für  «  =  0  triid 

(I)  "G, -«- Ä  . +  c  .  SSO 

'B.  =m,b—'c' ,  also =      "Ä.  ==  "i?,  =  m,  A""*  c";  

=  f" ,  wogegen  "i?,  Ä  0  für  r  >  m  wird.    Hienudi  eclifilt  mal 

(-1)' [— ' ^ . ' i,-  —  -    . ' 'Är •♦-  ^  . '  ♦  ^ -  I 

-H  (-1)  -  .  ^  -^  ^V  odei- 


+  (-0""' <^-^H 


#1         '  • 


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wm  der  Inteffnüm  der  Unearcn  Gleichungen.  71 
Für  b  —  Q  wird 

(O)       +     -C,..  -I-  c  .  — G^.  =  0 

as  "C  j      =     4- «  .  C-,  j  JV  =  ar  (—i)'  j  «2», »—rar-  e (— i)'  j 

'Ä,  =  r.  a'-  C  (— i)';    'B^  =  <f  dlld  -J?^=o  fttr  ro  >  /  folglich 

-C,=      .  -ff,  —  — ^  .      +  "-V/  .      —  +  (_  i)'  ."-'J.  B,  oder 

"C=(— 0'[«'  .  "6f  +  rar-  c  ,  — <?  +  j.,  a"-'  C  .  "•-G  +  

-I-  c' .  "*- 'C]  oder  auch 
-e,=  (-«)'[-C4T-i  .  — G+r.  ^  .  — G  +  .   

Für  c  s  0  wird 

(m)  -G,  +  i»  ,  -C^,  +  h  ,  — C,  Ä  0 
=  -C  +  *  .  — Cj  ^,  +  a  .  *J  =  'tt. 

SS  (—1)"  (r+iK).  folglich 

r+  (-«)'  [»^  -  (r^-l)  »  .  —«vir  -h  (*•+«),      .  -~*A  

_  )  +  (-er  (IH-*»)-  1^  . 

)•+■  (-*)-  [wt  -  («»•♦.1)  +  (m  +  j),  «*   

-  (-0'  (i»-Hr_l)_,  «--'  .^,]J 

In  (I)  Äso  oder  in  (II)  «so  g^teist,  ^ebt 

(IV)  -G,     r  .  "-  G^  =  0 

*C,s5(— 1)'.  c'.'-'C.  , 

1.  Beispiel.   Die  Gleidnmg. 

tu  intcgrireu,  wenn  "(^=1  und      =  o  gegeboi  ist,  wird  hier, 
i  aa  —  I S  C  SS  —  1 J        =  0,  ^Z,  =  u ;  *^  s  I  «bo 

-G,     (-1)'  (- 1)-* (- 1)—     1)-  folglfch 
""G,  sain,,  'Wie  bei  L'egreage  §.  10  '«.«.  O. 


Der  erzeugende  Brucb  ist  hiei-  =  - — ^ — 


I 


72 


2.  Beispiel.    Die  Gleiciiung 

zu  integriren  wird  hier  nach  (Ii)  a  =  —     —  -j^  und  ö  = 


—  sss  — I—  daher 


— ^  b1»o 


wie  bei  Lagrange  §.  64.  a.a.  O. 

§.  13. 

Es  bleibt  nun  noch  eine  scheinbare  Schwierigkeit  für  den  be- 
sondem  Fall  zu  heben,  dafs  die  parüelle  Oifferenzgleichung 

+  i  .  —  G,      c  .      G.  _ ,  =/(»;  r) 

zum  iniegriren  gegeben  ist,  weil  diese  Gleichung  aus  den  rorher- 
gchcndcn  Entwickelungen  nicht  abgeleitet  weixlen  kann.  Wird  hier- 
nach die  Gleichung  ^^^^^^  ^  Q'  Grundlage  zur  Ent- 
wickelang angenommMt ,  lo  kämi  P*ssP  +  R^j-  +  P^*  4.  P^y 

+  od«  ^*  =  <?  +  Q,j  +  Q^y  +   «1» 

▼omMgwetit  iradiflD.  Ei  md  daher 


so  erhilt 


/  G-f*  <S»s'-l>  .  ^ 

(•C-i-'C,  «-*-«G,  »*-|-«C,   )/ 


f  ©  +-Cr  •  »«  -»-  +  )  y  -  ^. 

nan  biu  (« -l* +         ^  sstp*^  oder 


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tiof»  dw  Inliegnüan  der  Immre»  Ghkhut^sn,  73 

Man  setze  b  +  cx  =  ß,  so  wird  Q*  =  ^-^ßy 

^  -P  +   ^+  +(-0    ^STT-+  J 

daher  eben  so  wie  §.  2  der  zu  j'  gehörige  Koeffizient  Q'  oder 

Q,  =  P.       —        i8jc-*     P._,  /3'  X-»  —  -4-  (-      P  G"  X — '. 

Diese  Glieder  in  Reihen  aufgelöst  und  nach  dcu  ^^tfigeaden 
PoieiuaB  von  x  fpas^M»,  lo  findet  man  den  in  x'  gehörigen  Koef« 
fiiiaatta 

W.)  K.  =  (A)         (%^)      +  (^ß^)  K.,.  

+  (-<)■  (|^.)*~.  LI] 
Feniflr  ist,  ^ronn  n  eine  porilive  gfoue  Zahl  bedeutet,  oder 

—  b'  +  ca:~"  +   

4-  n        '  C  x'  —  -'  +  +  ».  c"  JC-' 

oder  warn  man  n,       c'  =  ' B,  setzt 

Dieae  Reihe  mit 

a  — ^  .       —  +  — .  -f.  —vif,  — 

multiplizirt  und  ntcih  den  steigenden  Poieuen  von  x  geordneti 
giebt  den  su     gehörigon  KorffisMaiten 

und  lüena» 

(~)        =         •  ^ 

oder  ntdi  fl]  und  wil  (Q.)  if,  =  "C,  m 
Matheautt.  Klasse  1834.  K 


74 


ETTBIiWSIir 


Feiner  6ttdet  man  ans  P*  =  (ir-t>5;^+0x/') 


-c  . 


-i-c  — a-, 

-I-  "C, 


•f-      "C  -c, 

+  «*  +••*•— •  +  *^,+,_t  JC'  +  .......... 

•0  folgt  tm  der  Vergleidning  beükr  Aiudrficke 

andi  ^enn  mrai  in  (I)  die  entsprechenden  Wenhe  B=\;  = 
*Bt  =c;  'JB,  =»he}  •Ä,=  i»,*""<f  tettt,  so  fin- 

det man  auch 

(HI)     —  J  '  •  — 1 

§.  14. 

Aufgabe.    Die  g^ebcnc  partielle  Differcnzgleichung 

zu  iniegriren,  wt'nn  f{m,r)  irgend  eine  Funktion  von  m  und  /  ist. 
Auflösung.   Mail  seue              =/("','),  so  wird           =J \m,i-^i), 
— = /(w— l,r+Ä);  =/(m  — 3, r+3);    'v/.^. 


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von  der  Int^nttion  der  Imearen  Gletßkwigen.  76 

=  /ih'n+r)  i  A.^r  =  /  (p,m+r+i).  Diese  Wenhe  m  (HI) 
§.  13  getetst,  geben 

H.[*«/(i»-^r4.J) *«*/(«-i.r+|)] 

j-  (-0"  [^•'-'/('. «»-»-r)     (m-i)  i-»  c/(l. m+r-l)   +c-'/(i.r+l)] 

+  c*/(o,  w+r^l)  H  

Bei«pi«l.  Die  DiCferenzgleichuDg  " 6^, +  +     G,_,  =  w  .  r 

sa  üu^ren,  inkd  bier  bssess  t  ii]id/(m,r)  =  m  .r  abo /(o,r) 
«so»  dilier 

(r+0 — 0»—*)  (iM-3) + 4  (m— «)  <m-«)  —  4  (m— »)  (*r+*) 
16  (m^A)  (r+s)  —  iti  (m— 5)  (2r-|-7)  +  ....«...« 
and  es  trird  Juenadi 

C,=Oj  «G,»!--!-!;  'G,B-.i;  >G,^ir'hSi       =  — «r—^j 

For  m  s  5  erhalt  man 

■+-  *G,  4-  =  5  .  r  oder 

9r>^ii;  —  «r  — 9->  sr  — rss  .r 

ftodi  entstellt  ISBr  vencfaiedene  Werthe  von  rn  imd  /-  nachste- 
hende Tsfel. 


0  t  S  »  4  5  6  7 


0 

1 

2 
3 
4 
5 

7/1 


0  0       e       0       0       0       0  0, 

»—  1  —   i—  fr-«  —  1—  *. 

j    +  8  +11    +  t\  +17  +  «    +  26  , 

ii     —  II  —  13     —   15  —  17  19  _  21     —  23  , 

«    +  34  +  43    +  53  +  61     +  70  +  7P  +88. 


K2 


76  Etifblwbih 

§.  15. 

Aufgabe.    Die  gegebene  partielle  Differenzgleicbung 

zu  integrireu,  wenn  Her  Werth  für  G,  gegebei^  ist,  oder  wiUkühr- 
licb  angenommen  wird. 
Aiiflö«ii]ig.  £«  ist  nacb.  (II)  §.  13.  »  +  k  . 

+  c."^'£r,_,  wd  wenn  man  hierin  mso»  dann  rsso  Mtst,  so 
findet  mnt 

^,_,  =  G,_,  und  C, 
daher  wenn  =  n  gesetzt  wird,  so  \vird  zugleich  erfordert, 

dafs  A,_y^  lind  die  vorsiehende  Weribe  bebalien.    Man  er- 

hllt  daher  nach  (III)  §.  13. 

oder  wegen  A,=  G,  ;  ^^,=  G,^,>  

-G,  =  (-1)-  [i-  .G.^,+inA—  c.C.^,..+».         .  G.  , ,  _ , 

Hieraus  fandet  man 
G,  -  G, 

•ft  —  —  *  .  G^^t—  e.G, 

*G,  -     4*.  G,  +  ,-l-2Ä  c  .  G,^,  +  c'.G, 

»C,  =-  -3**c.a+,— 3*c*.ft+,  — c'.C, 

u.  s.  w. 

Beispiel.    Die  Differenzgleiciiung  'G,_,  +  2  .  "~*ö,  +  »  .  ""'G,_, 
s  0  zu  intcgrii-en^  wetm  (7,  b  4r  gegeben  ist,  mrd  hier 
'C,sas  ^  4(s+5r);  'Gi«  M  (*+sr)$  im  (6-l-5r);  u.».W. 

ako  für  m^i 

•G,_»  +«-•<?,  +  a  .  s  0  oder  andi 

—  100  (t^sr)  ^  a  .  M  (4 -I* 5r)  -H  3  .  w  (ir —  i)  =  «. 

§.  16. 

Die  vorstehenden  Untersuchungen  lassen  sich  nodi  dvrch  eine 
ihnliche  Behandlung  auf  partielle  DiCfereiugleichang^  anwenden. 


«o»  dar  Inteffntioii  der  Unearmt  Gieiehwigen.  77 

deren  Index  m  und  r  noch  in  andern  als  den  gegebenen  Beziehun- 
gen gegen  dnmider  iieiiai.  Seist  man  den  Nenner  der  erteugen- 
den  Pnnkxion 

SS  (i  -l-ax-l-  -H  ex*  +  +  (d+ex  4-  ga'  -h  hx*  ".".«)  jr 
so  imA  dien  so  ivi«  $.  8 

P*ssJ^i  +  ax-^bx^  +ca:* + .......  •+- (d+ex^gs^         +  ^' 

und  wenn  "A^  den  zu  or'  gehörigen  Koeffizienten  der  Reihe  be- 
aeidinet 

^.a  .  +  *  .  "G,..  +  «  .   

-hrf .  -»Ö,  +  e .  —  C,.,  +^ .  *-* 4-  

woraus  der  Znaammcnlmii;  swisdien  dem  Nenner  der  eraeugenden 
Funkaicm  und  den  Gliedern  der  DilTerenzglcichang  hervor  gdiU 
Sucht  nun  daher  das  Integnl  der  Gleichung 

'G^  +  b  .  'G,_,  +  d  .         +  A  .  —C,  =/(«.,r) 

10  iit  der  Nenner  der  erzeugenden  Funtzion  =  i  +  l/x*  -§-  (d-k-  h  .r")  j. 

Eben  so  wird  für  -i- . +g  ,  — *  ssf(m,r) 

der  zugehörige  Nenner  =  x  -t-  ^jc') 

§.  <r. 

Aufgabe.    Die  puriicUe  DifTerenzgleichung 

-H  h  .  c  .  — 'G,..  =:f(m,r) 

SU  iniegrireo ,  wenn  y  (m,  r)  ii^end  eine  gegebene  Funkzion  Yon 
m  und  r  bedeutet. 

Anflösung.    Man  setze 

"^^tt/lO, =  <?'  =  <?+  Q.T  *  Q.r'  +• 

^.  ss-C+'Ö,  «+       «•  +  .  ao  findet  nun  wie  §.  13. 

P.  =  "A        4-  "-rf,        +  'A^  OS»—  -I-       «*-'  H  nnd 

wenn  man  h  h-  cx'  a  /3  aeat 


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7$  EVTBLWSI« 

daher  eben  so  -wie  §.2  den  iny  gehörigen  KoefBsienien  Q'K^  oder 

-  P,  ic-'  -       Q;xr'  +  P^,  ß'  ar'  n  (-1)-  Pßr  ar—K 

Die*«  Glieder,  in  ReOien  eufgdSiC  und  nedt  den  steigenden 
Potenzen  von  x  geordnet,  geben  den  sn  of  geb5ri§en  KoefBsienten 

(QJ  K.  =  (^)         -  H-  (^)  A-„,  -  

Bedeutet  n  eine  positive  ganze  Zahl,  so  wiixl  ^^^^^  ^ 

s  A*  "+■  nb'~*  cx*~*  -f-  «,         c   x^~'  •+-  »•• 

+  /»,  i*-'c' «»'-'-+  +  c-«— * 

lind  wenn  man  /?,  h""  d  —  ' B,  setzt 

Diese  Reihe  mit  . 

JP^.  =  — ^«r**— +  —-i^.        —  4.*,        — H  

multiplisiit  und  nftch  den  Potenten  von  »  geordnet,  gjebt  den  xu 
gehörigen  KoefBtienten 

+  .  "Ä,  +  

WO  die  Reihe  entweder  bei  *B,  oder  andi,  wenn  «  +  r  gerade 
ist,  bei  ""y/  oder  wenn  iM<|-r  ungerade  isi,  bei  "'At  abbridit. 

Hiernach  wird 

(^)      JC*,-  Ä  ^ 

-+-  A^^,  _  <  •  "^i  -f-  

daher  wegen  (^,)  Ä^,  =  "G,  nach  [I],  wenn  man  zuvor  stoU. 
Bi  'B;  *Bti  *Bi         die  eabprechenden  Werthe  setzt 


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von  der  IntegmtioH  der  /ÖMsran  GMekmigen.  79 


- (-«)"  [*"-' •         +  ("«-') c. ' ^. H., _ ,  +(fl»-i),  4--'  c».         - ,  +  ]| 

Ferner  findlec  nun  nu     s  (?* 
P.  «  «  ^.  4»  daher 
(H)  V.,,.,  »  -c,  +  b  .  — +  c  .  — C,.. 
und  tveim  man  s /  (m,r)  seist 

(in)  "C,  =  ^.  {m-\)  y-*  c/{t.iFH.r-»)( 

|.^(^]r  [A^/(o,  #71  +  r  -»-  i)  -4-  mir-*  cf  (0,  m  -4-  ;  -  t) 

+  m,  Ä"- *  c*/(o,  w-(-r— 3)H-m,        c'y(o,m  +  /-— s)  -<  

Beispiel.    Die  gegebene  Gleichung  "G, _,  -f-  -»-  ""'G, _^  =  wi./- 

za  integi'iren,  wiixi  hier y  (»>,r)  =  m  .  r  also (0, =  0  u.  ».  w. 
daher  Gndet  man 

"G,  =  ('•+0  £««  —  2  (m — 1)  -+-  i  (jn—2)  —  8  (m— i)  -4-  16  (m— -i) 

—  3»  (m— s)   ] 

aliO<;,»o;  'G,=:/-+i;  *Gr-  ,  'G,==3(/+i);  •G.  =  -3(m-0j 

*G,s»(r^i);  •6,=— tt(r— 1)?  «,«.w. 

Für  JM  s  s  und  m  s  5  findet  man  hienneh 

■G,.,  -•-  '0,+  'C?,_,=«i-  und  'G,.,*  •C,+  *G,_,  =  sroder 


Aufgabe.  Die  parddle  DÜfarongleichung 


80 


zu  integriren,  wenn  die  Wcrüje  "O  und       gegeben  sind  oder 
angenommra  werdni.' 

Auflösung.    Nach  (11)  §.  17  ist 

--rf....,-.  «  "<?,-i  +  *  .  +  e  .  —  also 

=s-Gj+*."-'G, +  u.  8.  w. 

Settt  nu  niuk  'G,_t       •  —^G,  +  «  .  ""'C,.,  =so,  <o  vird 
"-'iM.»  =  =  •  i  y.*»  =  o;  «.  •.  w. 

dagegen  aber  crlultai  A, ;  *<<^._i  vaid  "J,  bestimmle  Werthe  und 
man  findet  nach  §.  17.  (I)  in  der  Vonituaetsiiiig,  dali  nur  diese 
Werthe  beihdialten  Verden,  alle  «ibrige  aber  wegfellea 

[4-  [*»  .  —*A^,  +*b^C.  '-'A^^r  _  ,  -f-  4,     C«  .  — _  » 


oder  wegen     =      und  vrenn  man 

+  w,*— *  c'  .  G,^,_,  +  Mttt 


»C,»»^^.,  — C  .  ♦^^.j^J*«,  »^^j+^e*  ^Ü€*.*Ar^t  —        •  •■4—1 

*»•«•  .  *^,*«  -#-4»«».  U-,  +«*  .  - 

U.  8.  W. 


Zur  Bestimmung  der  Werthe  ;  ;  ;  • 
entwickele  man  hiemu 


^  j  .  d  by  Googl: 


-  — *a  ■■'  ^  -    .  •  .   >       -   .         -v.  1 

^/»s^.'G;  , 

lud  rau  aan  statt         "JT;  'J^i.;.,^..  die  entsprechoid«!! 


—  -  i . 

—  c.C 

*G,  B  j'.G,V           — c 

—  -  A  .C, 

—  c.G, 

*Ct  =     .G^  +  2bc  .G,+c* .  G 

—  —  *.G, 

-~  c .  Gg 

^Gi'^s  b"  .Gt  -i-tbc.Gt  +  c* .  Gt 

— e  G, 

*G,  w»*.««H>aAp.«t^«** 

--*'.C, 

•G. 

— -*'.G, 

—  3** c.  G,  —  a*c«.  G|  -4-  e*.  >G 

»ff,  — — *». a,  —  3*«». —  3*««. G,  —  c*.  6, 


♦C,  —  Ä'.G» -t-Si'c.Cj -»- ^Ä^c'.G,  -  Ae«.*G  — c  .  G 
*C,-iÄ\G»-»-4*'c.G4+sA''c'.Gt-#-i*c».  C  ^c^'G 
•G,  -  ^44>e.«,  +  «»V.G»  •^^*c».  Gl  -  e» ,  'G 
♦C,  ~H  i*V  .C. -+-c4«c».G,-t-4*c«.  G,  +  c».  G 

*G»  —  *\G, -♦-4ä'c.Gt +6**c*.G,-#-4*e».  G,<4-c*.  G. 


•G, 

..Kg«  - 

4**0.  G« 

—  iiß^.G, 

—  3**e*.G 

-  ^e«.«G  -tf  .«G 

•G. 

--*».Gt  - 

s**c.G, 

-  9*'c*.C, 

—  5i*tf».G, 

-+-2*c'.  'G  -H  c«.»G 

•G, 

-i-A*.G,  - 

5**  c.G» 

—  9*«e».G« 

-3*c*.  G  -  c».«G 

•G» 

^-KG,  ^ 

Si*«.G, 

—  W4»<:*.G» 

—  W*»c'  .G, 

-44c*.  Gt-t.«*.'G 

-o»*.G,«^ 

•**e.G« 

-»i*«*.G« 

fic**  Ga— e*.  G 

MathenuU.  Klaue  1824. 


Ii 


*<5g=Ä*.G,      6b*c.Gt  -t-i*b*c'.G^-t-uPc\(;,-  sb^c".  6  -t-2hc\'G  -hc'.*G 
U.8.  W. 

Beispiel.    Die  DifTerenzgleichung  "C,.,  +      C,  =  o  zu 

integriren »  'wenn  '*  <^  i=     =  i  g^eben  sind.  Weil  ^  hier  ^  =  p  s  i 

hende  T«fd:  ^     *    '  *^  ' 


'G, 

0 

1 

2 
3 
4 

S 
6 

m 

+;1         t#:,i.^-ii.rt-=»«.  +  «f  *  if     if. ....... 

\i   .   ■_,   .    ,1    .  •    '  1 


Durch  Sehnen  in  Kegelschnitten  gleich  grofiw  S^mente 
abzuschneiden)  und  isotomische  oder  äquisegmentarische 
Figuren  von  beliebiger  Seitenzahl  ein«u«chreiben. 


6  R  USON. 


CGdsNM  in      AttJhwh  dar  WiwiMCilMflii  mi  28.  April  1824.] 

idi  TOT  mehrarcii  Jahrett  mvani  1809  «ndiittiie  Geodine  beMtikei- 
UMt  ▼evuklai«!«  mich  dia  Anfgpbe: 

.In  einem  gegebenen  Winkel  durch  ein«  gerade 
Linie  einen  Triangel  Ton  gegebenem  Inhalt  ahtn* 
schneiden, 

den  geometritdien  Ort  Ton  den  MUidpunktan  alkr  L&iien  m  betitm- 
nien,  die  yoo  einem  gegebenen  Winkel. einen  Triangd  Tcn  gegebenem 

und  immer  gleichem  Inhalte  abschneiden. 

Diese  Uoteraucbtuig  führte  auf  die  verwandten  Aufgaben : 

Den  £TPomptrisch  i>n  Ort  von  der  Milte  aller  Sehnen 
zu  bestimmen,  die  in  den  Kegelschnitten  gleich 
•  grofse  Segmente  abschneiden. 

Diese  Untersuchungen  wurden  von  mir  anfäughch  mittelst  der  hS> 
hem  Analysis  ausgeführt,  aber  die  Einfachheit  der  erhaltenen  Resultate 
Bcla  mich  ahnden,  dafi  clemeniamcbe  fietinehtongen  nun  Ziele  Inhren 
k&mten,  wodurch  diefter  Gegenstand  ffir  mich  lim  so  mehr  an  Interesse 
gewonnen  hat,  to  dad  ich  nidil  anatehe,  diwe  iufaerst  einfadwaa  und 

L  2 


ladiieB  Auflösungen  einer  vaS  den  entea  AnUick,  selbst  durch  die 
höhere  Analyst»  fnr  AnfSn^r  «ehwierig  ediehieiideii  Aufgabe»  hier 

miuutheilen. 

I.  Aufg.  Den  geometrischen  Ort  von  der  Mitte  aUer  zwischen 
den  Schenkeln  eines  gegebenen  Winkels  gezogenen  Linien  zu  finden, 
wodurcli  dem  Winkel  immer  gleich  ^pofse  Triangel  Ton  gegebenem^  In- 
halte abgeschnitten  werden. 

AufL  1.  Der  gegebene  Winld  i«y  der  Kobalt  de»  ahanichneideiidett 
Triangels  gleich  F;  bezeidmet  man  die  abgeadmittenen  Scheie' 
kd.diesea  Triaiigdb,a|nt      und  tft  io  bat  aian 

— — ^.amsss/*; 

3  ■   

hieraus  x  .y  .s\ma=.-^- F, 

Diese  Formrl  drnrkir  den  consianten  Inhalt  eines  Pamllelo- 
gramms  aus,  dessen  Seiten  x,  j,  und  2a  der  von  diesen  Sei- 
ten eingeschlossene  Winkel  ist. 

2.  Diese  Gleichm^  wird  sogleich  ala  ebe  Gleichung  zvnsehen 
den  Assympioteii  dner  Hyperbd:  erkanni»  denn  AatympioteB- 
winkel  2a,  x  und  ^  die  Coordinaten  sind. 

3»  xr  =  — ^ —  ist  hekanntlicli  "Icich  der  Polenz  de?  Hvi  i  rbrl 
=  ^—^ —  ,  wenn  2a  und  zb  die  Quer-  und  conjugirten  Axen 
bezeichnen. 

4.  Zur  Bestimmung  dieser  Axen  dienen  die  Gleichungen 

a*  +  6'=  und  2a.bsz2F, 

woraus  i 

«  +*  =  )/(^ +i)  «JP  und  4» _ }/(-J5- -i) »Fi 
folgtieh  a^±y('+i)2F  +  ±Y(^  i)»F 


] 

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und       iiV^  ^AiF  -  1  VY-^-iW 

5.  Durch  eine  reine,  geometrisch  abgeleitete  ConBlruction  ergeben 
sich  die  Äxen,  wenn  man  .von  dem  Winkel  2a  einen  gleicU- 
acbanUigen  THangel  .  «n  aa  si!*abidiiidJ«i.  Auch  wfir- 
dai  sieb  hier  die  Wwdie  Toa  «  md  4  Iciciiter  alt  in  (4)  fin- 
den, YTcil  ^  =  o:  sin  a  und  a=x  cos  a  ist. 

6.  Zeichnet  man  die  daza  gehörige  Hyperbel^  so  ergiebt  sich  80> 
gleich,  dafs  alle  Linien,  welche  von  dem  gegebenen  Winkel 
gleich,  grolse  Triangel  abschneiden  sollen,  Tangenten  von 
der  fnciduieten  Hjperibel  weiden/  und  dft  bdiHmtHdk  alle 
swis^eB  den  AMymptoien  Upende  Tangotten  Ton.der  Hyper- 
bel-im  Berahrungipunkte  halbirt  werden,  so  folgt:  dafs  der 
gesuchte  geometrische  Ort  eine  Hyperbel  ist,  de- 
ren Assympioien  Winkel  sa  und  deren  Axen  2a,  2i, 
wir  in  (4)  beslimmi  haben. 

7.  bt  «  die  Alwine  fOr  den  BerfilirangtpttnLt,  so  ergebau  nda, 
wenn  men  an«  den  Eadpunkien  der  TMogente  Perpendikd  auf 
die  Queraxe  und  deren  Verlängerung  fallen  läfsl,  durch  die  da- 
durch enistpTienden  ähnlichen  Triangel,  die  drei  Seiten  A,B,  C 
des  in  Kede  stehenden  Triangelt,  nemlidi:. 

die  lAoge  der  Seile«  wddie  die  Tankte  bildet, 

die  Seit«  Ä«i£±E 

nnd  die  Seile  C  =  lliil±±l  («  — . 
Da  nun  bekinndidi  - 


^  j  .  .  y  Google 


Also  (J?+C)*— 

— •■  ST — rj  ~  "sr        ~  » 

Folglich  Fstc-^  K^a'.Ä^^  af  4>i^>  w^ch«ft  nit  (4)  ctimni. 

'  8.  Im  nk  maakt  geraden  Ke^cl  der  Scüritd^kel  Jgi-.A»«itfffam> 
gdt'sssstt»'  und  mui  echiMiddt  dieafln  Xegd  pualld  mit  dem 

Axentriangel  in  der  Entfernung  6,  SO  ei4i£lt         die  Hjper- 
•  bei,  deren  Queraxe  =  2a  und  deren  conjupirte  Axe  =  und 

'    denlt  jnan  die  Ebene  dieser  Hvperhel  projicirt  auf  die  Ebene 
•        des  parallelen  Axentriangels ,  so  leuchtet  es  &ugleicli  ein,  dafs 
die  Seiten  dieeei  Axentriangelt  die  Assymptoiooi  gedachter  Hy- 
pcrbel  nad; 

9«  Denkt  man  sich  einen  solchen  hohlen  Kegel,  und  giefst  irgend 
eine  besiimmie  Quantität  Flüssiges  hinein,  so  'werden  die  dlip- 

'  •  •>  liscTion,  hoiMontalen  W  nsserspicgel  die  tansfeniirenden  Ebenen 
yoa  »olcben  Hyperbeln,  also  auch  Ton  der  iiyperboloide,  die 
dtinji  eine' ealidie  Hjperbd  cneugt  irird,  deren  belbe  Qiiep> 
axe  in'^der'  Veiriicalib  Sielliang  d^'K^la  die  EniferoiiDg 
der  Kegcispitze  vom  ^Wasserspiegel,  und  deren  o(mjug|rle  Axe 
gleich  dem  Durchmesser  des  Wasserspiegels  ist. 
n.  Aufg.    Den  geomeirischen  Ort  TOn  der  Mitte  allei-  Srlmen  zu 

bestimmen,  die  in  den  Kegelschnitten  isotomtscbe  Segmente  abschueidea. 
AufL  1.  Wie  die  faöliere  Analysis  dergjeicben  Aufgaben  auflfiet ,  will 
ich  hier  übergeben,  und  erlaub«  mir,  dedülb  auf  Braadjea 
treflUchag  Ldu'bnch  der  hohem  Geometrie  7,11ieil  §.  239-242. 
zu  verweisen.  Ich  werde  hier  nur  die  ungemein  einfodie, 
ekmeaure  Auflösung  davon  geben» 


GOO; 


2.  Bekannilich  kann  jeder  Kegelschnitt  als  irgend  eine  Pcojection 
des  Kreises  beirachi^t  werden ,  :  und  nin§ekehri  i  der  Ki'eis  ab 
wiguid  dm  jpM»jeetib»>eiiiiM  bdBebigcn.  Kegabchnittf*  —  Hie« 

'"«»tt-iifaar^  wäk  orfthograj^iwAer  FrbftdiiMi^ials  'die  leichteste  die 
Rede  Mint  und  um  die  Sacbe  in  der  Vorstellnng  zu  erleichtern, 
wollen  Wir  ur»t«;r  tl^n  Kci^elschnilien  die  FIlips«  wählen. 

3.  W'll  man  in  einer  Ellipse  dnrt  li  eine  8eline  em  Segment  von 
gegebenem  Flächeninhalte,    oder  ein   Segment  abschneiden, 

•  ivdciMe 'an  -deriFladie  der  gmien  EUipce  cfa  gcgebcnce  Vw- 
bUndb  l»t,  •»  wfii<fe'6ft  Um  dannf  ankoinnieli;  ta.dem  fiber 
'  'der  kkinen  Axc  beschriebenen  Kreae' ein  KreUiegment  alwa- 
schneiden ,  welches  ra  Hem  r^amen  Krcfse  in  dem  ^gebenen 
Verhältnisse  stehet.  —  Sieht  man  nun  die  Ellipse  als  die  Pro- 
jeclion  die&es  Kreises  au ,  so  ziehe  man  uur  durch  die  End- 
'  pmikie  der  Kreiicehiw  BuelUen  tnh  der-  ^«Aeb  Ax»,  und 
verbinde  die  DarcfasduniUfninlite  dieser  HuelleleBCntit  der  El- 
lipse dtu'ch  eine  Eilipieiiiiebie»  bo  bet'nan  der  Projeoiionslehre 
gemäf^  ein  Ellipsensegment,  wplrfies  zii  seiner  Ellipse  Hasselbe 
Verhältnifs  hat,  wie  das  Kreissegment  zu  seinem  ivicise. 

4.  Soll  man  in  einer  Eliipae  z.B.  ein  Sechsseit  einschreiben,  des- 
sen' Segmenta  isokomisql)  eind,  so  bqidiroibe  man  in  dem 
Kre^  über  der  tleineB  Aj»  ein  regdUves  Seobsseit),  ziehe  me 
(3)  darch  alle  Winkelspitzen  Parallelen  mit  der  grofsen  Axe, 
und  verbinde  die  Diuchschnilispunkie  dieser  Parallelen  mit 
der  Ellipse  durch  gerade  Linien,  so  ist  die  Auf^'abc  gelöst; 
weU  nach  (3)  jedes  entstandene  Ellipsensegment  zur  ganzen 

'  BIKpee  immer -desiidbe  ▼«fUltinlki'  ikie.  du  «ogebförige  Krei»- 
ssgment  mm  ^mun  Krdse'rhdMn  mdev- '«ed 'de  -im  Krieise 
die  Segmente' eile  ^eid»  eindv'' M>'.n|id'!iMi'endi';die  in  der 
Ellipse 

d.  Denkt  man  sich  nun  einen  Bernhrungskreis  in  dem  im  Kreise 
<    (4)  eingescfaneben^ ,  regulären  SecLaseit , so  ist  dessen  Pro- 
'-•'feetifln-  oflim11er<iineidet<imM«m:'liinUalm  Sl%kt,ndie  jede  EI* 
I'  lipseMsfari^  del>  isoivmisebdn  Seeksisilstin  «kerlifiMe'berabrt. 


i  ^     6.  Der  gesachte  geometdache  Ort  von  der  Mitte  aller  £Uipsea- 
•   sduiaii;  dw  ni  iiMiloiiiiidken,8«gineBleii'  fßhSnn,  M  alio  dne 
"  '     -  der'  wabvm  ElÜpie  .ihnlicbe  und  concisnirische  Ellipse,  4l.h. 
deren  Asien.  Jnl  beiden  RHipeai  einedei  TcrliiUtnüii  cn  einni^ 

der  haben. 

7.  Die  allgemeine  lugenschaft  der  ihnlicben,  concenirischen  El- 
lipsen ist  also  einzig  die,  daTs  alle  Tangenten  der  innera  Ellipse 
in  der  infaen  Ulipie  iioioiniiolw  EUipeensegmimi«  dbeduiei- 
den.  .  Aber  eo  ivenig  jeder  innere  coocctttmdi^  Kreie  fleeig» 
'  net  ist,  dnidi  ifline  Tangenten  den  infeem  Kreis  in  gleich 
Theile  itn  theilen  »'Ken  ho  wenig  ist  datM  jet^e  m»icre  COUCCD* 
irische,  ahnliche  hllipse  geeignet,  die  Peripherie  der  äufsem 
'  -  ElUipse  genau  so  zu  iheilen,  data  eine  ganze  Anzahl  geirennlor 

'  ieotomiidier  EUipeeneegmente  entatiafaeD. 
•  fi.  Bei  den.  Shnlichä  .conceniriiehnn  Hyperbeln  baeen  lidi  die« 
selben  Schlüsse,  'wie  oben  bei  der  Ellipse  machen.  Es  ist  nur 
■    '     -    nocAx  zu  bemerken,  dnfs  bei  den  Hyperbeln  diejenige,  %velelie 
die  gröfsern  Axen  hat,   die  innere  wird,   und  ihre  Convexität 
'  der  Goncavitit  der   aufsem  Hyperbel    zukehrt.  Uebrigens 
'  iiriid  man  gleichllllt  eehen«  daf»,  da  jede  Tangenie' der  inneni 
'    '  Hypetbd  m^^adi  .  eine  .doppelte  Oidinaie  so  einem  Dnndi- 
meeier  der  aufsem  Hyperbd  i«»  eie  nbthw^ig  m  dem  Be- 
rührungspunkt halbirl  ist. 
'•I       9.  Da  eine  Parabel  als  eine  Ellipse  angeschen  werden  darf,  deren 
:  .-    ■      grofst;  Axe,  und  folglidi  auch  ihre  Haliie,   oder  die  Eutfer- 
nnng  des  SefacitelpmdLte-.vom  Mittelpunlu  vnendbeb  iat»  eo 
'  fblgt  bierana ,  idab  in  ider.  Paraiid  Äe  Oianwier  nnr  Axe  pa- 
:       nllel  werden.   Nun  mufs,  wie  in  BetrefT  der  Ellipse,  der  Dia- 
i'ilf  IM  :,iiieter  die  Tangente  der  innern  Kurve  halhiren  ,   und  folglich 
diese  Tangente  paiallel  zu  der  Tangente  der  äufscrn  Parabel, 
'V.,     >..  oder,  welches  «anerlei  ist,  die  corrcspoudii^enden  Bogen  ähu- 
-(-.<i  I.  liUt^iem,.  iind  -jellotmndi  die.  Abectenl  >iind:  die  Ordinaten 
>h'-\  '▼te.  difnäi  ««ei"Bo§ett:eieb'-wie.-die  FSRmtneieris:d^aer  awei 
'  t  PenAdia  «tirhälieär>  '0a.  aber  w^a»;  der  üeMlelMf  C  der  Dia- 


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gleich  gixtße  Segmente  abzuschneiden.  89 

meter  mit  der  Axe  die  zwei  zu  den  Berührungspunkten  gehö- 
rigen Ordinai.<*n  j^leich  sind,  und  also  die  beiden  Parameter 
auch  gleich  sem  mü»$en ,  oder  beide  Parabel  sind  nicht  wie 
■II«  Pknbdn»  Mos  ähnlich»  «ondeni  Töllig  einaiider  gleich,  so 
liegt  der  Sdidtel  auf  der  Am  da,  "vm  dne  «vf  die  Axe  per- 
pendiLulare  Sehne  ron  der  gegebenen  Firabd  eine  Ftüclie 
Ton  verlangter  Gröfse  abschneidet. 
10.  Ist  ein  hohler  Cylinder,  dessen  parallele  und  cougrucnte  Grtmd- 
flachen  Ellipsen  sind,  mit  einer  bestimmten  QuauüUit  Flüssig- 
keit gefüllt,  so  schneidet  jede  in  eine  Lage,  wo  die  Gnmd- 
fläcben  vertikal  •tehca,  i«o(oiiiitcbe  KeifMnqpnenie  ab,  dereo 
Wasserspiegel  immer  Yon  concentriaefaen,  den  GmadflSdieii 
ähnlichen  EUipsen  beräbrt  weiden. 


MailtetHot.  Klasse  1834. 


M 


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Verbesserungen. 

SetlftlB»  Fwawlflf]«  Aucli  die  TOD  <  unabhÜDgigen  Theilc  der  Coefficienten  von  Sin 
(/itt— A^'-f•W'— m')  und  Sin(/|f*>ilM'<f>«>«4-«i')  «ind  mpactitw 
in  Cm       und  Sin  \P  ni  imiltiplidMB* 

Seile  26.  Formel  [341  Zeile  3  i<t  Mau  Sin  (ii* -i- u')  2e'  {~ — — — i — \ 


I 


! 


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Abhandlung 

da 

philosophischen  Klasse 

der 

Königlichen 

Akademie  dei'  W  i>senscha(len 

*  zu  Berlin. 


Aus  dem  Jahre 

1824. 


Berl  in. 

Gednickt  in  der  Dnickcfei  der  KSniglidwn  Atadtmif 


1826. 


.  1  y  Google 


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Versuch 

fiber  aie 

wissenschaftliche  ßehandlmig  des  Pflichthcgi'iffs. 

Von 

H""  SOHLEIERMACHER. 


[G«lcm  w  4er  AkaacBie      WiMudidkMi  UB  11  Angort  l8Si] 

Indem  ich  damit  anfange  eu  erklären,  dafs  diese  Abhandlung  als  eiB 
Gegenstück  xm  betndiifla  in  la  dar  frfih«r  ToigdeaaiBB  nbar  dk  Bs» 
huMUnng  de»  Tugaidlwgriflk :  to  gilt  mm  wm  dort  ▼orgsredet  im  ^ 
^T-f— ^  ffir  diMen  AufsaiK  eben  so  gut  ^ie  für  jenen ;  und  ich  ItMUl 

oTinp  weiteres  xur  Sache  scllreilenf^  auch  hier  wie  dort  die  Behauptung 
»um  Grunde  legen,  da(s  die  di-ei  Bi  i^n([e,  Gut,  Tugend  und  Pflicht  jeder 
für  sich  in  seiner  Ganzbeil  auch  das  gante  sillhche  Gebiet  darstellen, 
jednr  aber  dicica  thnt  auf  ane  eigenthfimliche  Weite»  ohne  d»£i,  yn» 
dnrdi  den  einen  geiegt  -wird,  in  der  WifUicUcit  jemek  Uante  ge- 
trennt eein  Yen  dan  durch  den  andern  geaegien.  Wenn  daher  in  dem 
grasen  mensrhh'chen  Geschlecht,  von  welchem  hier  nur  die  Rede  i§t, 
alle  Güter  Torhanden  sind,  so  müssen  iiurli  alle  Tugenden  in  Allen 
Mrirksau  sein;  und  umgekehrt,  sofern  alle  Tugenden  in  Allen  sind, 
mäieen  endi  «He  Gäier  voriianden  eein,  indem  dieee  anf  ieine  andere 
Wdee  .weder  durch  Zulall  nodi  ale  ein  gottliche»  Geadienk  aondem 
mir  als  die  Thaiigkeit  eo»  der  noiliwendig  enaanBMMtinmienden  Wirk- 
samkeit aller  Tugenden  entstehen  können.  Eben  so  nun  ,  denn  Pflicht 
ist  der  dritte  zu  jenen  gehörige  Begriff,  könucn  lutlit.  ]ene  beiden  ir- 
gendwo gefunden  werden,  ohne  dafs  eben  da  auch  alle  PÜichicn  waren 
eilullt  werden,  jo  wie  «nniSgUch  all»  PiiehieB  tw  ADcn  können  er- 
.fUIt.  werden»  ab  nur  eofern  auch  alle  Tug^den  in  ihnen  geeetit  sind, 
und  nicht  ohne  dafs  zugleich  dadurch  auch  der  menschlichen  Gesell- 
»chaft  nlle  Güter  müCsien  erworben  werden*  Die  Yenchiedenbeit  dieier 
FMosoph.  Klasse  1824.  A 


3 


SCHLBlB&HACVBm 


iBegriile  aber  zeigt  sich  darin,  da(s  kein  einzelnes  Gut  eiwa  entsteht 
durcU  Erfüllung  einer  und  dendben  tondem  Tenchiedener  ja  genau  ge- 
ttommeii  alkr  Pflkitteii,  iua4  dafr  lidiie  IMlicht  erfüllt  'werden  kaDm 
durch  die  Thitigkeit  Einer  sondern  nur  aller  Tugnoden,  wie  auch  jede 
Pflichterfüllung,  sofern  die  Tugend  als  Fertigkeit  ein  'werdendes  ist,  nicht 
itum  Wachslhum  nur  Einer  Tugend  sondern  aller  als  Uebung  beitrügt; 
und  nicht  nur  auf  die  Entstehung  lud  Erhaltung  Eines  Gutes  hinwirkt, 
fondem  aller. 

Hieraus  nun  geht  auch  schon  hervor,  anf  welche  Weise  der  Pflicht- 
begriff  das  sittHche  darstellt.  Denia  wenn  es  in  dem  Tugendbegriff  dar» 
gestellt  wird  als  die  Eine  sich  aber  mannigfaltig  verzweigende  dem  Men- 
schen als  handelndem  einwohnende  Kraft,  in  dem  BegrilF  des  Gutes  aber 
•Is  dasjenige  was  durch  die  gesammte  Wirksamkeit  jener  Kraft  wird  und 
•WttdeB  mul«:  «o  Itanii  es  in  dem  PflUditbiegriff  nur  dargestellt  aiSu  all 
•dae«  was  zwischen  jenen  beiden  liegt,  d.h.  als  die  sittliche  Handhing 
selbst.  Die  Entwicklung  des  PflichtbegrifTs  mufs  also  ein  System  von 
Handlungsweisen  enthalten,  welche  nur  aus  der  sittlichen  Kr;<ft  nnd  der 
Kichtung  auf  die  gesammte  sittliche  Aufg^e  begnÜen  werden  künnen; 
.eine  Entwicklung  dieses  Begriflb  kann  es  aber  wiedemm  nur  geben,  so- 
fern in  den  sitdidien  Handinngen  die  Beriehung  auf  die  Geaaoainibeit 
der  sitilichen  Aufgabe  nnd  auf  das  Begründetsein  in  der  Gesammtheit  der 
Tugenden  sich  als  eine  verschiedene  zeigt.  Indem  nun  eine  jede  Pflicht 
eine  ^fnldip  Besiimmthett  der  Handlungswei^^e  isl:  ao  kann  sie  nicht  anders 
ausgedruckt  werden,  als  durch  das  was  Kant  eine  iVlaAiuie  uetmt,  welches 
Wort  wir  aber»  weil  et  in  dem  allgemeinea  Spcaehgefarancli  m  dendieh 
dem  Stempel  der  SubjeetiTitSt  an  «di  trügt,  mit  dem  Worte  Foriaol 
^mrtauschen  wollen. 

Ehe  ich  aber  dazu  schreite  ein  genügendes  Piincip  zur  Entwick- 
lung der  Pflicht-Formeln  wo  möglich  atifzustellen ,  mufg  ieh  noch  einige 
Bemerkungen  voranschicken.  Zuerst,  wenn  dei'  BegriiT  einer  Pflicht 
'die  ToUkommne  aittlidie  Ricfaiigkeit  einer  Handlung  anedfdckt;  so  kommt 
hier  der  ITnitenchied,  den  man  biaweilett  ^wisdicn  der  Geieizliehkeit  nad 
Sitdichkeit  dner  Handltuig  gemadlt  hat,  in  gar  keinen  Betracht,  weder 
-so  ab  ob  die  Pflichtmifsigkeit  die  blofsc  Gesetxhchkeit  sei,  die  Sittlich- 
keit also  etwas  höheres  als  die  Pflicht,  noch  auch  ao,  al$  ob  die  Pfliditp 


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nui£ugkeit  vmt  die  fillltdbUil  «ei,  dicsa  Am  mash  «ol  ungeaetzliek 
Moi  könne.  Denn  An  Gcsett  telbtt  ftt,  d«.ja  ^  diflsen  ZaiMomeiilMiig 

dur  Ton  einem,  äufseren  Geiets  die  Rede,  sein  kanin»  idlMt  nur  durdk 
menschliche  und  ihrer  Nntur  nach  sliiliche  Handlungen  geworden,  und 
kÖnnie  also,  ob  es  richiig,  dns  heilst  durch  pflichtmäfsige  Handlungen 
Ml  Stande  gekommen  ist  oder  nicht,  niemals  heurthdlt  werden,  hätte 
al«o  fw  Ib^M  nkcnnbMre  -Sittliefalivlt,  ven»  Fflidunrnftiokcit  aeUnt  im« 
mar  nur  Gctelsmüitigkeit  wii«»  und  »Im»  der  Pflicht  allemal  ein  Geiett 
adum  voranagehen  müfste.  Eben  so  aber  ist  auch  das  Gesetz  als  eiil 
sittlich  gcwordncs  und  selbst  wieder  auf  dem  slillichen  Gebiete  wirksa- 
mes, noihwendig  ein  Gut;  und  wenn  jede  püiciiimafsige  Handlung  auf 
die  gesamuiie  siuhche  Aufgabe  aUo  auf  alle  Güter  Besag  nehmen  mufs: 
aa  mnCi  «ndk  jede  auf  das  Oeaett  Bezug  nehmen,  tmd  keine  kami  deM^ 
nadk  nng^idicb  aein(<).  r-  Zweiien»,  wenn  der  PfliehtbegriiT  anf  di« 
angegebene  Art  seine  Stdiung  hat  swiatihan  dem  Tngeod begriff  und  dem 
BcgrilT  der  Güter:  so  sollte  man  denken,  die  allgemeine  Pnieliiformel 
sei  schon  gegeben  in  dem  Ausdruck:  ,, Handle  in  ;  >rJf  m  Augenblick  so, 
daü  alle  Tugenden  in  dir  thatig  sind  in  Bezug  au!  alle  Uüier."  Allein 
aineaiheili  ist  dicae  Focmd  an  und  ffir  aich  rar  immittdbaren  Anwen;» 
ditng  nicht  geaddckt,  weder  um  ffir  ii^end  einen  Augenblick  ein  he* 
^mmtcs  Handeln  an.  entwerfen,  noch  um  ein  schon  entworfenes  danach 
zu  prüfen.  Letzteres  weil  das  Verhiillnifs  einer  Handlung  zu  dieser  For» 
me!  TTichl  unmittelbar  erkannt  werden  kann.  Denn  wenn  ein  entworfe- 
nes 1  landein  Doch  so  klar  vur  Augen  liegt:  so  kann  weder  bestimmt 
hcliaiiqrtet  werden,: «g.  aUeGüter  fördern  mfiaae,  noch  aiMäi  mit  redh 
i«ai  Grunde  gel&agnet,  da£i  ee  dieaea  ni^t  leiaien  kSnne.  Und  dien  «o 


(l)  Auch  für  da*  Gebiet  der  bürgerltchcn  Ge*ell»chaft,  für  «ddiM  er  dgBBtlich  ge> 
■ladit  ist,  hat  <l!ran>  Uotcrschird  wi-it  weniger  B^-dcutiing  als  HUB  gewflltttlieli  gUtlbt. 
Hon  audi  dem  Oesetageber  kann  «n  der  Moüwt  OewtsUcbkdt  wenig  gelegn  sbib;  in» 
ieai«  wön  das  Gcasta  nidit  in  den  Mrgon  IdbraJig  nad  ako  je  linger  je  mclir  !lm 
eigene  Siulichkeit  wird,  e*  auch  in  jedem  Falle  wo  es  mit  etwa*  in  ihnen  lebendigem 
in  Strr tt  kommt,  immer  wird  öbertrelen  wmlen,  w  daf«  et  »einen  Zw«ck  nicbt  emächea 
kann.  Nor  für  jlea  llielitn>  iit  der  ITntersebi«!  eis  Kanon',  daTs  nimlieb  die  nmelion 
lirr  vergeltenden  Gerecht i(;keit  nnr  da  l>rginnt,  wo  da*  Gearts  iat  irerlelct  worden,  hfai 
Briohnung  und  tembmg  mit  der  SittlicbiMit  ia  gar  keiner  Besiebung  *telm«  . 

A  2 


4 


l^t  den  Tugenden.  Vielmelir  wen»  mir  dieYimtellang  einer  bestimmten 
EbncUung  Torliegl,  diie  wsh  nidit  «dum  gteicb  ab  niMittiieh  su  erkenmm 

giebt:  so  kum  et  mir  nur  als  ein  sofeUiges  erscheinen,  ob  sie  in  Imk 
den  Suickcn  unserer  Aufgabe  entsprecben  wird  oder  nidit.  Nocb 
niger  kann  durch  diese  Formel  allein  ein  Handebi  bestimmt  werden; 
sondern  es  lassen  sich  von  derselben  Voraussetzung  gar  mancherlei 
Hemllungen  eniwerlen,  dcpea  mit  gleidiem  Redite  die  B'fögUebkeit  ui- 
Itlme  ihr  su  coUpredien.  E*  ist  eher  g|uii  Torsüglidi  die  Anwendliei«* 
Iteit  in  dem  lieben  selbst,  sowol  %vo  die  Consiruciion  der  Zweckbegrife 
schwankt  oder  stockt  als  auch  für  die  Beuriheilung  des  Geschehenen, 
welche  der  Pflichienlehre,  dieser  den  Ahen  fast  «nbckannicn  Behand- 
lung der  Eüiik ,  in  der  neueren  Zeit  eine  so  gans  voraügiiche  GunK 
gjBMudft  hat.  Andemibflib  wenn  man  «och  die»e  dlgneMiw  Formil 
veiter  entwielLeln  wollie  um  dn  System  der  einulii'en  Formdn  daraiM 
sa  bilden :  so  scheint  sich  unmittelbar  kein  andeivr  Einihcilungsgrnnd 
in  derselben  darzubieten  als  entweder  nach  den  Tugenden,  welche  ihiuig 
sind,  oder  nach  den  Gütern  welche  angestrebt  werden;  dann  aber  wiire 
diese  Behandlung  keine  selbständige  Darstellung  der  Sittlichkeit ,  son- 
dern gern  abhängig  von  der  Ldhre  vem  hSdbeien  Gm  und  von  der  Tu- 
^dldire,  vnd  somit  veilfire  die  PfUehlenlelw«  alles  was  sie  der  Wi^ 
sensdiaft  empfehlen  kann.  Denn  für  diese  hieibt  immer  die  objecUTste 
Ihrstellung,  also  die  aus  dem  Begriff  der  Güter,  die  erste  und  für  sich 
hinreichende;  die  beiden  andern  dienen  jener  nur  gleichsam  nls  Rech- 
nungsprobe ,  welches  sie  aber  ntu*  in  dem  Maalä  leisten  können ,  als  sie 
nidit  nnmitidbar  ans  ihr  endelinen.  Wie  mir.  also  die  TogendlehMi  g^ 
soidu  haben  an  gestalten  ohne  von  einer  der  beiden  andern  Formen  un- 
mittelbaren Gebrandi  daf&r  an  machen:  so  darfauch  für  die  Gestahung 
der  Pilidilenlchrc  von  den  anderweitig  festgestclhcn  fiegriifen  von  Ttt* 
gen  den  und  Gütern  kein  Gehrauch  gemacht  werden. 

Demohneracblet  können  wir  nicht  läugnen,  jener  Ausdruck  Han- 
dle in  jedem  Angenbliek  mit  der  ganaen  aosammsiigpCaiinen  sittltditt 
Kraft  und  die  gsnae  ungetheilie  siiiiidie  Aufgabe  anstrebend/*  stdlt  den 
Einen  das  ganze  vollkomuien  sittliche  Leben  bedingenden  Entschlols  dar» 
unter  welchem  alle  einzelne  pflichtmäfsige  Handlungen  schon  so  be- 
griflen  sind,  daüs  kein  neuer  Entschluls  geEaüst  zu  werden  braucht. 


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iA«r  d»  wa»eiudkofilibh»  B^handiia^  des  PßichütegHffi,  6 


wenn  immpr  das  rechte  geschehen  soll,  dafs  aber  durch  jede  pflichtwi- 
drige Haudiung  dieser  gewifs  gebrochen  wü'dr  Daher  bleiben  wir  doch 
an  diesen  Avidfvck  gpwiMn»  imd  ov-lwnBt  nur  duraaf  «n,  dab  wir 
ilui  andBivifie  alt  mdi  AnlMtnng  der  Btgi^flRs  tod  Togeaden  und  Gfl- 
tem  spaltend  auf  das  einzelne  anzuwenden  iriiaen. 

Von  diesem  allgemeinen  Entschlüsse  aus  läfst  sich  aber  das  ganze 
sittliche  Leben  betrachten  nach  der  Analogie  zusammengesetzler  Handlun- 
gen, welche  auf  Einem  £nuchiu£s  ruhend  dennoch  aus  einer  Reihe  von 
BUo—inen  liMtdi«iif  ao  dafr  fBr  diu«  asdi  noch  untergeordnete  En»^ 
«cUtme  aber  ftvdioh-  in  cdtr  fendiicdaNNii  Vorihaltuir»  su  den  ran 
Gnmde  liegwden  allgemdnch  Entschlufs  gefafst  werden.  Wer  «ch  nie- 
dei'setzt  zum  Schraiben,  wenn  sein  Entschlufs  nur  nicht  etwa  noch  ein 
nnbesiitnmter  ist,  sondern  er  schon  seine  volle  Bestimmtheit  hat,  dessen 
Handlung  besteht  zwar  aus  einer  Beihe  von  Momenten,  aber  ohne  dafs 
«iiM  MO«  Bomihnng  oder  Wahl  «mitinid«}  beini  Feder  einiauchoi,  bau« 
Bktt  lUBwendaD  lind  wir  um  lumor  «iner  Yolitimi  bewoftt,  «ondmi 
alles  geht  aus  dem  Einen  Entschlufs  hervor»  der  allein  das  Bewufstsein 
beherrscht.  Hier  also  verschwinden  die  untergeordneten  Entschlüsse  fast 
ganz  sowol  ihrer  Form  nach  ins  Bewiifsilose  als  auch  ihrem  Inhalte 
nach,  indem  sie  sich  nur  auf  die  unbedeutendsten  Kleinigkeilem  bexie- 
beii.  W«r  ndti  hiogegaa  ra  ciaar  baitinuinwi  Ldboiiweice  «msehlieTtty 
HBr  dim-  cnUtchi  aus  diesem  •IlgmeuieDEalMsblura  andi  eine  Reihe  Ton 
'Handlungen,  welche  zosammengenommen  die  Ausführung  desselben  biU 
den  und  also  Eines  sind ;  aber  wiewol  Eines  gehört  doch  hier  zu 
jeder  einzelnen  noch  ein  besonderer  Entschlufs;  die  einzelne  Wollung 
tritt  stark  hei*vor,  so  dals  der  allgemeine  Entschltifs  wiewol  die  fort- 
ivirbendk  Utnehe  dieier  vmtdmm  dodi  ii  im  Hintetignind  si»ih&tritt, 
and  also  hier  da*  umgekehrie  Vcriillliiire  eiauiuime  dort.  Der Ktfaeder 
endlich,  weldier  das  Urbild  seines  Gemäldes  ▼oUkomincn  in  sich  trägt, 
gleicht  im  ganzen  während  der  Ausführung  jenem  Schreibenden;  allein 
bei  welchem  Theile  er  anfängt  nnd  in  welcher  Ordnung  und  Folge  er 
foitarbeilet,  das  ist  in  dem  allgemeinen  £ntscfalu£i  nicht  mit  gesetzt,  und 
•oAm  diew  Ordnung  audi  dordi  dn  technisdien  Regdn  -»auf  -welohe 
irir  hier  ehnedies  aidit  Rüehticht  adiaea  dfirfin  —  aidit  voOitiiiidjf  fmd 
aidu      Alle  aaf  |Mche  Weiee  heiiimmt  in:  eo  fdit  der  BWuahwH 


tung  aliei'dings  jed^mal  eine  einzelne  Wollung  'voraus,  die  aber  nicht 
eigendich  einea  Gegenstand  beslinunt,  sondeiioi  nur-  die  Pnoriüt  eioea 
tdbott  bettimmteii  Gegenstandes»  •  deren  Werth  «|iQ:  TOnfigtieh  dmnC 
boniht,  defs  sie  ohne  Vevduiikd.iuig  wie  ohne  fremde  Ebmiadioiig  eb 
die  Tollkonnunttie  Fofiwiilung  des  ersten  Entschlusses  erscheint.  Ans 
der  ZiTiammeimtf-llunc  dieser  drei  Fälle,  welche  gleichsam  als  Typen  die^ 
nen  koniieu,  erlielit  demnach,  dafs  die  Vereinzelung  der  Momente,  aus 
denen  eine  tusammengesettte  Handlung  besteht,  etwas  durchaus  relative« 
ist,  und  es  ist  Idcht  su  Mhlie&en»  dab  eine  dnCw^  und  «dünnet»  ,  gfik 
dge  Regel  ffir  die  Richtigkeit  der  Handlung  nw  in  dem  MmCi  gpg^ben 
werden  könne,  als  der  einzelne  Moment  mit  Nothwcnd^^eit  «tts  ddm  Qr« 
sprünglichen  Enucülurs  hervorgeht,  das  heilst  als  man  einer  besonderen 
Kegel  nicht  bedarf.  Suieim  wir  also  das  ganze  sittliche  Leben  ansehen 
können  als  die  Ausführung  Eines  allgemeinen  Entschlusses,  also  als  Eine 
wenii  i^idi  suMmmengveetcle  Tbat;  «o  wird  deaeelbe  «Ach  hier  gehen, 
nnd  «•  sdidnt  da&  '^r  mit  dem  Gcstindni/s  anfangen  mÖNCttt  daii 
Fflicfatftnrmeln  nur  da  recht  vollkommen  und  befriedigend  sein  können, 
wo  der  Handelnde  ftelb<-t  ilircr  nicht  bedarf,   und  demnach  dei 

Nutzen  der  vollkommeiisten  sich  am  meisten  auf  die  blolse  Beuriheilung 
beschränkt.  Wenn  hier  also  eine  vorzüglkhe  Sicherheit  allen  denen 
Momenten  beigelegt  wird,  in  weldien  der  besondere  Entsdilvle .  «m 
meisten  schon  mit  dem  allgemeinen  geyhen  ist;  eo^eehedet  dies  Wenig» 
stens  der  Freiheit,  welche  wir  für  da«  sittlichen  Handlinigen  postuliren; 
keinesweges;  denn  diese  besteht  am  wenigsten  in  einer  vor  der  Ent- 
scheidung hergehenden  und  mehr  oder  weniger  willkührlich,  das.  heifst 
durch  subjectivea  Zufall,  abgebrochenen  Unentschiedenbeit,  sondern  nuur 
in  der  SeUMith&tigkeit  welche  4em^f£nt8dhln^s  in.  ednemlemten  Bmtoc* 
toMen  sowol  ab  in  seiner  Fciriwiiinng  emwohnl.  >  .    .  , 

Um  nun  zu  bestimmen,  «ie  Vreit  «rtr  eslmst  der.B^iaudlung  de« 
PfhchtbegrinH«!  bn'njreii  können  ,  im'd  wie  wir  sie  dem  gemäfs  einzulei- 
ten liaben,  muls  unsere  näcltöie  I'iage  die  sein,  weiulier  Ton  den  drei 
aufgestelllen  FaHen  uns  die  genaueste. Analogie  dai-'bieiei .  mit  >dem  siun 
Kchen^Ldien  ab'  einer,  nvabfen  8baf[.ini:eittei  Reihe  fVO«  sich  «düUT.WB»« 
sondernden  HomteiMi  «crOittten  Ehdbnii.  £liWirii«(wdddQlch»aefai  ^  . 
Beuswortnng  .dieser  ^^ci  milk  .üncf  Fietfon..  artM^foj^n. .  .Wenn  Md« 


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iU>er  tli»  wiuentabißl»ke  'Sehatldkmf  des  ^ßcMbegr^.  % 


uns  einen  einzelnen  Menschen  denken  für  sicli  allein  die  gesammte  silt> 
liehe  Aufgabe  de«  gansen  Menschengeschlechtes  auf  ihn  gelegt  oder  we- 
Bigsleiis  etn  UahiMccr  v«llfainB«Dr  'abgesdiIoiMoe*  Odiiet  ihm  bingeg»- 
teiiy  iaailMlb  -fleiwB  er  lie  Iom»  aoll:  «o-wurd*  dlenr  licb  vastvaltig 
la 'dm <mUler«n  Falle  des  Künstlers  befin^n.  Nämlich  neues  entstände 
ihm  nichts,  was  nicht  in  seinem  ni-spmnglichen  Entschluß,  welchen  wir 
tm«:  die  ganze  sillb'che  Aufgabe  omfnsscnd  zu  denken  haben,  schön  liegt, 
wie  auch  die  ganxe  Ausführung  schon  in  dem  Uri>ilde  d«s  Künsilers 
liegt;  afaw  er  könnt»  itt  fAdm  llDiMiin  nnr -eiMii  TfacU'Mnier,A«%*b» 
-IfiMh  j  obw  'daT«  jtibth'^  OrdMng,  in  vrdcher  er  m  -verfefainn.liM, 
ihm  mit  aMlj||^gdbcn  wäre.  Denn ^^rtiken  wir  uns  das  Ganze  in  verschi»- 
doie  Regionen  getheilt  so  wird  es  an  sich  gleichgültig  sein ,  und  dies 
iÄTÄre  doch  der  stärkste  Gegensati  der  sich  darbietet,  ob  er  erst  eine  Region 
ganz  zur  Volleadung  bringt,  .und  dann  zu  einer  andern  übergeht,  oder 
ob  er  DBüh ' einandw^  allaiaa  bearbeHMS  beginnt,  und  sie  nach  und  naeb 
«Imi  M>  imiier  -föMderi, •  «ilem-ehr  m»  in  dem  leulen  Falle  »tuli  genug 
Itt^  defs  er  nicht  etwa ^  über  dw>glrfchniäfsigen  Steigerung  den  ursprüng* 
lieh  mit£;edachien  Grad  der  Vollkommenheit,  gleichend  der  Starke  der 
Färbong  in  dem  UrbiWe  des  Künstlens,  vergifst,  xind  in  dem  ersten  dafs 
ihm  nicht  über  der  beharrlichen  Beschäftigung  mit  dem  einen  Theile 
dis  BOd  der  fibrigen  Theile  allniMidi  eilMdit  md  tiish  henieeh  «ndew 
«eprMnoiri«  Sted<iilni 'die»- beiden  Hetbodcn  an 'sieh  ^(äA  gut:  lo 
wild  end»-  vniel^- denselben  Bedingungen  jeder  Wechsel  zwischen  Leiden, 
wie  er  nur  immer  gedacht  werden  kann,  gleich  gut  sein  ;  und  also  wird, 
sobald  irgend  eine  Handlung,  die,  mit  welchem  Rechte  darf  uns  hier 
nicht  kümo^n,  als  «in  discreter  Tbeil  des  Ganzen  gesetzt  war,  vollen- 
dst  ist,  unddn  nnftlSiOmmti  bcftmam  eiU,  ancli  eoM  Wehl  dnirai«*, 
.«renn  -gleif^  nvr  dbevOrdnraif  'nMi  Folge.  •  Wenn  nun  dkee  doMli'den 
ttnprdngIidien.Bn^ohIufs  nicht  beeUiüMi  und,  wodurch  können  sie  jedes» 
•iul  bestimmt  werden?  Offenbar  nur  entweder  durch  eine  ühei-Nvi'  ^cndc 
aber  für  den  ursprünglichen  Eutsclilufs  gleichgültige  Hinneigung  des  Uan- 
deloden  zu  einem  ihdle  der  Aufgabe  vor  dem  andern,  oder  durcb  eine 
inftent  .Mabiiuif'  «md  Anflbrdntug,  wdefae  yenl'iaiMnk  Theile  ene  4ßilg- 
.Iw  .Ott  den.  HendehMfan  ergelN,  «l»  -foa  dar tibrighi.  ■  Ünd  jede  diei^ 


8 


Denn  jene  innei-e  Hinneigung  ist  7vrar  für  den  ftitllichen  Willen  zufällig; 
«ber  witre  sie  auch  dag  allsnufalligste  innere,  wir  I^une  nennen,  da 
de  eiiiai  Tbeil  der  Aufgabe  mliiict  in  eiaeBa-Manumt,  in»  MNWt  ans  Maa^ 
{(bI  einet  anderen  Bestinunungpgrtindes  keiner  wäre  reaÜstrt  worden,  tö 
ist  sie  eine  richtige  Deslimmung,  und  wir  könnten  hierüber  folgende  Foi^ 
mel  atifstfllen:  ,,Thue  in  jedem  Augenblick  dasjcninc  tittliche  Gute, 
vrozu  du  dich  lebendig  aafger^  fühlst."  Und  da  die  Hinneigung  den 
•iulidien  'Willen  dodi  fremd  iatx  ei»  hma  ei  euch  gleich  gelten,  ob  tie  eine 
wapriing^idi  einfädle  iat;  oder  ob  swd  veieehiedene  innere  Anfragm^Bn 
vorhanden  mann,  aus  deren  Streite  nur  ein  Uebm«elHifs  der  einen  nbar 
die  andere  turück  geblieben  ist.  Denn  die  Bestimmung  kann  doch  erst 
eintreten,  nachdem  dieser  Streit,  für  den  in  dem  ursprünglichen  sitt- 
lichen Entschlufs  kein  Entscheidungsgrund  liegt,  irgend  anderswie  «Ur- 
-adiieden  und  die  GoUiaioii  der  Neigungen  gtt<^lidktei  itt.  Eben  ao  od 
«na  demaelben  Grunde  ist  die  äufaere  AuiRudening  an  und  &ut  sieh 
ein  richtiger  Betiimnumgagrund ,  und  es  wäre  die  Fonnd  aufzustellen; 
,,ThTic  jedesmal  dos,  woiu  du  dich  bestimmt  Ton  aufsen  aufgefordert 
findest."  Nur  dafs  hier  nicht  gleich  gilt  ob  die  Aufrorderiuig  eine  ein- 
fache ist  oder  nicht.  Denn  die  äufseren  Aufforderungen  reduciren  sidx 
nidbt  wie  die  Erregungen  Ton  aclbn  enf  «um»  UdbenebnAj 

eondeni  ein  Streit  swiaeben  ihnot  Unnte  Har  dnreb  ein  Urtbeil  dce 
Handelnden'  g^hlicluei  Averden,  welches  anderweitig  erst  mit  Rücksicht 
auf  den  allgemeinen  Entschlufs  müfsie  begründet,   und  demnach  eine 
andere  Formel  um  die  Dringlichkeit  dei'  AuUbrderunf^pn  r.n  messen 
sucht  werden.  Beide  Formein  aber  sind  nur  wahre  EuLsclitjidungen,  die 
-eine  wenn  keine  auf  einen-  andern  Theü  der  Getammtaufgabe  geridip 
täte  infaere  Aufibudernng  aieh  einer  iunem  Hinne^ong  entgegen  aldlit 
lind -die  andere  umgekehrt.    Sobald  abet    ImmlIcs  gleichzeitig  diflTenrt, 
entsteht  auch  dem  so  allein  Handelnden  ein  Zwiespalt,  den  wir  eine 
Goilision  nennen,  die  aber  nun  keine  Collision  der  Neigungen  mehr  ist, 
•aondeisi  eine  CoUision  der  Bfonimen.  In  solchem  Falle  beben  sich  beide 
tFöroMfai  nnf,  und  «t  aiufi  .daa  Veilengen  ewweben  iiacb  eineoa  driiian, 
•«eidu*  die.  EntadbaidMMg  bewirite.   De  .  nun  die  tM6glicblMit.  dieiea 
•ßtreites  zwischen  der  innem  Neigung  und  der  äufscren  Auifordttung, 
.Haka.  'beide  nicht  daaielbb  «ittlicbA  Handehi  lonkni  woUcn,  inuner  g^ 


über  die  wuieiuehi^khe  Bthaulhmg  de$  Pßckthegrijffs.  9 


geljpn  \sr\  so  sind  auch  eigentlich  die  beiden  aufgestellten  Formeln  nie- 
mals >vabre  Pflicbtformeln,  sondern  nur  diejenigen  sind  solcbei  welche  die 
Lösung  dieses  Stmtn  in  th^  «BiInlteR»  Itenm  Pffichtfonneln  selbst  dürfen 
»idit  mit  eiinndtr  im  Str«iie  Mm.  Dodi  vriid  der  Knialntf  die  Ltenng 
in  sich  tcUiM  finden,  und  immer  sagen  können  er  hebe  pflichtarilfsig  ge- 
handelt, wenn  er  weder  die  Neigung  der  Auflbrdenuig  noch  umgekehrt 
aufopfert,  sondern  sie  in  dem  beiden  gemeinscbafllicben  verbindet.  Denn 
der  Neigung  soll  man  folgen,  weil  das  am  besten  geriiih  was  mit  Lust 
geschieht;  vnd  der  Aufforderung,  weil  di«  an  liesten  geräth,  was  im 
glOnstigen  Augenblidi  geachielit,  Ver^^eicbl  er  alio  beide  nur  in  dieaer 
HiBaicht :  so  hat  er  nach  einem  Kanon  gehandelt,  der  über  jenen  bei- 
den stehend  so  lautet:  ,,Thue  unter  allem  sittlich  Guten  jedesmal  das, 
WkS  sich  in  der  gleichen  Zeit  durch  dich  am  meisten  füiirdern  läfst." 
Nur  giebt  es  hier  keine  objeciivc  aUgemeingüllige  Entscheidung  sondern 
flnr  die  aubjeciiv*  der  nngethiiilien  Znitimmung.  Bö  diemr  werden  wir 
One  also  anch  hegnfigen  mäsaen  in  dem-g{e|^wariig^  Znaiand  ffir  daa« 
jenige  Handeln  dei  Einzelnen,  und  zwar  gleichviel  ob  von  einer  natär> 
liehen  oder  einer  moralischen  Person  die  Rede  ist,  welches  ebenfalls  so 
vreii.  menschliche  Einsicht  reicht ,  als  ein  ihm  ganz  eignes  abgeschlos- 
'seoes  Gebiet  erscheint.  Nicht  also,  als  ob  es  auf  diesem  Gebiet,  wie 
et  bänfig  nicbt  anr  im  Leben  aendem  auch  wisaenadiafilich  angenom- 
men wird,  gpr  kabie  Pßicht  vnd  nichts  pflScbtmäftigM  aondem  nur  er^ 
laubtes  gäbe ;  sondern  nur  dals  die  Fflidilmtfaigkeit  einzig  auf  des  Han- 
delnden subjeciiver  Ueberzeugting  von  der  gröftian  Zatragiicfakeit  der 
Handlung  für  das  ganze  sittliche  Gebiet  bei-ubt. 

Allein  der  grödite  Thdl  des  sittlichen  Lebens  wird  dieser  Kegel 

nrvr  eine  Fioiioii.kt,  dab  der  Binmine  Henadi  allein  die  gance  «IttlldM 
Aufgabe  oder  auch  anr  einen  Theil  derselben  wirklich  abgcacbloiaiw 

für  sich  allein  vor  sich  habe.  Vielmehr  ist  die  Aufgabe  eine  gemein- 
srhnfdiche  fics  men^cblicben  Gcsclilcclits.  Jeder  Einzelne  findet  sirli,  so- 
bald die  Möglicliieu  eines  sittlichen  iJundeins  in  ihm  entsteht,  ja  immer 
adion  yAA  fieober  niaalida  'am  Anfange  adnea  Lebana*  in  diaaar  G«- 
«iwinaebiaft,  nnd  wird  von  deaaelbeB  ao  fsttgelialijm,  dalä  keiner  in  Bang 
■nf  irgend  einen  Theil  seiam  aitdidwi  t^ii^f  aich  so  voUbMnman 
Fhiloiopk,  KUute  1824.  B 


10 


Söst. a-l  ■    H  A. Q  SB  R 


uolircn  kann,  dafs  er  nicht  immer  durck  diese  Gemeinschaft  mit  be- 
stimmt wäre,  ffindamli  nun  wird  dkt  MtUiche  Hnd^  d«r  Bointadug- 
"ktk  der  fauher  nun  Gmnde  yi^wi  ilbr  ridi  tellMl  aidit  -weiter  tlieillM,'- 

ren  Formel  entzogeD,  und  es  enislehl  eine  andere  Noth wendigkeit  als  nur 
die  bisher  bemerkte,  welche  war  innere  Neigung  und  äufsere  AufTorde- 
rung  gegen  einander  auszugleicBbn,  nämlich  füe  einer  gegenseitisf'n  Ver- 
sliiDdigung  über  die  Theilung  der  Aufgabe  und  das  Zusammenwirken  zu 
Huer  LMnn({k  De.  mm  eber  edier  dieHv  käme  ndere  4mt  ntdicben» 
Hinmyin  dei  Einzdien.  vonngdieade  mii  ee  eciioit  sam  voraiu  lieilin»* 
mendc  Naiur Voraussetzung  Todumden  ist:  so  müssen  aufser  jener  dem 
einzelnen  Menschen  für  sich  zum  Grunde  liegenden  alle  andern  Pflicfat- 
formeln  sich  »uf  diese  Voroussetzung  bezichen,  und  die  Nothwendigkeit 
ein  System  derselben  aufzustellen  kann  nur  in  diesem  Gemeinschaft*^ 
eottand  gegi'undet  aein,  wie  denn  eudi  mm  jen»  enien  'Forndl  keiiM 
elgntlifiinliche  Theilnng  kerrergdieii  will.  Auf  der  endem. Seile  aber 
de  wir  jeden  einzelnen  siidichen  Willensact  nur  ansehen  können  idi 
einen  Ausflufii  aus  jenem  allgemeinen,  der  das  ganze  siiiliche  Leben  con- 
Stituirl  und  auf  eine  wahre  Totalität  ausgeht:  so  inufs  zuf^leicf)  eben 
dieses,  dals  jeder  Einzelne  den  Gemetnschaftsziuiaud  siiiiich  anei-kennc 
ftaC  jene»  meprimgUche  Fflidiifmmel  imädtgeffilin  waA  ab  em  Akt  ab- 
iofaiter  Identität  der  innem  Ndgang  und  der  eufaeren  AuAenlenuig  ge- 
setzt werden ;  welches  auch  schlechthin  postulirt  weivien  kann^  md 
niclits  anderes  aussagt  als  die  Elhisirung  der  geselligen  Natur  des  Men- 
schen. Hierdurch  ist  aber  zugleich  hevorworioi,  dafs,  da  der  Kinrelne, 
fofera  er  durcii  einen  freien  Wiiieosäci  dm  Gemeinsdaafiszusunrl  aner- 
kennt, endl  wieder  über  demadken  aialit,  imd  daker  Buck  die  m:sprüng- 
Ucke-Bflicblfbrniel  nur  modificin  dardi  dieie  Aneikemimig  fibanU  gnltig 
bleibt,  tum  jede  einzelne  aus  dem.  Gemeinschaftszusland  sich  erf^Mlde 
PÜicblformel  auch  immer  jene  ursprüngliche  ,,nach  eigner  Ueberzeu- 
gung  jedesinnl  das  sittlich  gröfste  zu  thun"  in  sich  schliefsen  mufs. 

Zu  allererst  also»  und  die  wir  weiter  gehen,  müssen  wir  untere 
•neben»,  ob-  aiokt  etwa  ench  dieme  beidm  in  Wider^r«ic£  mit.  einander 
kommen,  kann,  imd  alao  beide  Fotmehi  uob  ench  al*  PflicütfomHdn 
evibeiben  und  eine  dritte  nöthig  machen.  Et  erledigt  sich  aber  die- 
Mn  Bedenken  icboB>  dedarcb,  dela  die  Ancrkemrang  dm  Qememiehaft»»  ' 


mstandes  selbst  nur  als  eine  pfliclumäfsigc  Handlung  zu  Stande  kom- 
men kann,  und  dals  sie  also  nur  möglich  ist  unter  der  Form  der  sub- 
jeedvea  Uebenw^ng,  dam  Anettemniig  d«t  «tdichen  Gemeinsdiaftnu- 
Maadci  mit  flllem  im  nur  die  iddiciu»  BntwicUimg  dUrtdbca  itt,  «d 
ein  für  «Uemal  das  sliilicb  grötiite,  'was  der  einzelne  Mensch  thua  kann» 
und  er  würde  also  durch  alles,  was  mit  dieser  Anerkennung  im  Wider* 
sprucli  stelifTi  würde,  allemal  wenigstens  da«;  sittlich  kleinere  ihnn  und 
also  pllichlwidi'ig  handeln.  IHfs  nun  im  wu-idicben  Leben  diese  Ueber- 
KUignng  ümner  Tadiarncht,  und  da«  Gegienilidl  aur  als  ein  partieller 
Wahnriwn  inTige  kommt  oder  ab  eine  Teriidwte  und  irrtlianilichtt  Fonn 
dar  Rageoention  des  Gemeinschafiszustandes,  dies  bedarf  hier  nur  angp 
deutet  zu  werden.  Eben  so  aber  auch  auf  der  andern  Seite,  wenn  wir  OD* 
denken  die  Gemeinschaft  schon  bestehend,  und  nun  den  Kinzelnen,  no- 
-bald  diesei^  sie  anerkennt,  zugleich  in  sich  aufnehmend ;  so  kunn  t,i*i  ihn 
nur  H»  aufnehmen»  wie  er  sie  anadkemity  also  mit  seinem  wsprüog- 
'  liehen-  der  Anerkennung  adlwt  anm  Grunde  liegenden  dttliehea  Willen. 
Wie  nun  aber  das  Eintreten  des  Einzelnen  in  die  Gemeinschaft  ein  Miv 
liebes  ist,  also  ein  Werden:  so  ist  auch  die  Identität  der  Ueberzeugung 
Aller  über  die  successive  Losung  der  silüicben  Aufgabe  mit  der  eines 
Jeden  ein  Werden}  und  daüs  sie,  sofern  sie  noch  nicht  ist  immer  ins 
Werden  Meibe»  und  zwar  als  eine  Wedbsdwirkvng  zwisdien  Allen  and 
Jedem»  ist  die  Groadbedingung  aUas  aiuliohen  Gemeinleiiens,  indem  nur 
auf  diese  Weise  ■W^iSMig  ein  raasMuiensiiiMHiiBi  in  der  Anwendung  der 
Pflicbiformcln  entstehen  wird. 

Nachdem  dieses  vorausgeschickt  ist,  werden  "svir  nim  versuchen 
können  die  allgemeine  Pflichtformel,  >, Jeder  Einzelne  bewirke 
jedesmal  mit  s«:iner,gatt«ea  sJulichen  Kraft  da«  m&glieh 
frfifsto  avr  LS'atin^  der  aittliehen  Gasammtanfgabe  in 
der  Gemeinschaft  mit 'Alle». ,"  ,  an  einem  das  ganze  iittliehe 
Gebiet  erschöpfenden  System  von  untergeordneten  Formeln  zu  ent- 
wickeln. Es  ist  jedoch  gegenwärtig  meine  Abeicht  nur  diejenigen ,  die 
der  aUgemeinen  am  nachaien  sieben,  zu  verzeichnen,  wodurch  schon 
eine  Ucbienidit  des  Ganaen  -gewonnen  wird,  weitem  Brorienm^eh  aber 
nnd  grüliMre  Yerrineehing  auf  eioA  cweiie  AUbandfaiag  au  Tatspaxen. 
Uk  bemerk«  aar,  dals  wmm  wir:  ^bieh  yvm  einem  Wedtsebmiiiliaift 

B  2 


13 


S  C  V  L  B 1 B  B  M  A  C  H  «  K 


zwischen  der  (Tomelnschaft  \ind  dem  Einzelnen  ausgelien,  wir  dennoch 
in  der  Consirucuon  d«i'  Pilicbtenlehi^  nur  den  Einzelnen  als  iiaudeln- 
-dM  Sobiect,  welche«  die  Fflichtfonadn  in  Aitwendui.<^  hrlngea  «oU,  bo- 
UBditeii.  Dieae»  nAiheügt  «di  eiäandit  dadareh,  ddii  dw  afaeolai« 
G«aieinsdiaft  Aller  in  «mein  besummten  WecfaselTcrluUtnili  adl  jedem 
Einzelnen  in  jedem  Falle  noch  nicht  besteht,  sondern  immer  nur  wild« 
und  also  auch  nicht  als  w'rlHch  schon  einzeln  handelndes  Subject  auf- 
geführt werden  kann,  sondern  nur  als  das,  welches  werden  soU  und 
■&a£  denen  Weiden  gehaadeli  wird.  AndrsneilB  raditfeHigt  ei  eidi  di^ 
.dnrdh,  deli  imtergeocdneier  «ad  wirkÜdi  tdioa  beetdiendflr  GfleeUp 
Schäften  sittliches  Handeln  doch  immer  nur  au*  dem  pflichtmäfsigen 
Handeln  aller  Einzelnen  herrorgehn  kann,  aho  eigner  Pflichiform*>lo 
nicht  bcdfli-f ;  "sofern  ober  solche  Gemeinschaften  andern  gegenüber  selbst 
als  Einzelne  crsclicmeu,  muCs  auch  für  sie  gelten  was  von  den  natür- 
lichen Fernmen  gilt.  Hierstt  gdidrt  frefUch  «iif  der  endeni  Seile  «b 
firegenet&ek  audi  noch  dieee».  dafs  wenn  der  Kiaelne  angeadben  wird 
als  in  die  lehon  bettelmade  Gemeinschaft  eintretend,  sein  sittliches  Han- 
deln Viherall  nur  orsrheint  als  ein  Anknüpfen  an  das  schon  bestehende, 
mithin  mehr  durch  die  Gemeinschaft  be&iimmt  »Lg  durch  ihn,  so  dafs 
ilas  G^entheil  des  eben  gesagten  rathsamer  scheint,  nämlich  die  Ge- 
meinicliaft  als  daa  ursprünglich  handelnde  Snlijeot  in  der  Fflictuenlebve 
Bmn  Gmade  an  legen.  iüQein  die  Gemeinadnft  besteht  nur  dnrdi  das 
fortwährende  Handdn  der  Eiwelnen  in  ihr,  tud  ist  ulso  selbst  nur  als 
deren  Thnt  anzusehen,  ?o  dafs  jedes  nnknüpfende  Handeln  eigentlich 
docii  ein  die  Gesellschaft  stttleudes  und  in  jedem  AugenblidL  wieder  er» 
zeugendes  ist.  , 

Ana  diesen  Bamditnngen  nnn  gehen  vim  BmdMSungsgründe  her* 
vor  für  daa  gpUHte  Gebiet  des  {ifliehinittsigak  Handelns.  Der  erste  >iän^ 
lieh  ist  dieser.  Eine  Gemeinschaft  könnte  nicht  bestehen,  wenn  nicht 
die  sittliche  Kraft  in  allen  Einzelnen  dieselbe  im  !  die  sitilirbe  Aufgabe 
für  Alle  dieselbe  wäre,  und  dadurch  also  ist  bedingt  ein  in  Alien  gleich- 
ansetzendes  Handeln.  Aliein  sofern  der  sittliche  WUle  jedem  Binzel- 
nen  einwohnet  m  aemer  Peiaoa*  nnd  jeder  ab  ein  schon  irgendwie  ge> 
wordener  die  Ansiahmng  dieses  WÜlsna  hegbnt  auf  den  Grand  aeiaer 
UdMraengnng,  weldie  der  Antdradt  ist  seiner  von  allen  Andern  vnttr* 


i2fer  dÜB  wissetueiui^Uibhe  B«luindbtng  des  Pßichthegriffs.  13 

schledenen  sittlichen  Person,  und  jeder  nur  so  in  die  Gemeinschaft  aaf- 
genommen  ^rd:  ao  bedingt  d>en  dieses  ein  fm*  jeden  ei|(entbumliches 
-vob  ABai  Mmn^anadid«*  Hmdieiki.'  "Vl^r  ii«niiai  TodÄufig  jenM 
■du  «mürMidle'  imd  dielte  das  hidmdadkf  Gdbidl.  In  der  allgenMinien 
iPflieklfonMl  liiMl  beide  itieinandei-  geseut,  miifaiii  itl  jede»  nur  ein  sitt> 
licfaeft,  •wenn  es  zuglelcli  auf  das  andere  heiogen  wird,  und  es  enistehn 
uns  für  diese  beiden  Handlungsweisen  aus  der  uraprünglichen  allgemei- 
nen Pilichtformel  zwei  besondere  und  abgeleitete.  Die  erste,  „Handle 
<jede»ni«l  gemäfi  deinelr  Identität  mit  And«rn  nnr  to»  daft  d«, 
•«gl<i(»]i-ftttf  die  d«v'»ttgeme«sen«  «igentlifimliche  Weise  han- 
delet/* Die  Nothwendigkeit  dieser  Foivul*  wenn  ein  vollkommen  slti- 
liches  Handeln  zu  Stande  kommen  soll ,  wird  schon  jedem  daraus  ein- 
leuchten, dafs  ein  in  Bezug  vmS  die  ande  rn  YoÜkommcn  richtiges  Han- 
<leln  doch  als  ein  relntir  leeres,  also  unvollkommncs  erscheint,  wenn 
ihm  das  Gepräge  des  eigentbAndiehen  jg^na  abgeht,  indem  dnrek  die 
-Fordenuig  auf  UeberdoMinmumg,  wekbe  die  Andern  madien  kSnnen» 
die  Ai>t  und  Weise  der  Handlung  doeb  nie  ▼oHkonunen  bmtimmt  irird. 
"Will  aber  di«  Gesammllieit  ihre  Anforderungen  bis  zu  einer  ganzlichen 
Unirri^riir'knnr»  df<?  eigf'nihümlichen  steigern:  so  "wird  der  Finrclne  nur 
uoToilkommen  anerkannt,  die  Pflichtmäfsigkeit  ist  von  der  Ge&ammtheit 
TeHeist,-  «nd  das  Resultat  Ist  eine  MeebMrisirnng  des  guiaen  Gesammt- 
leben«,  wosn  das  Ghinesisclie  eüne  bedentende  Annlbenng  chntdlie.  Die 
andre  Formd  hütet  so:  „Handle  nie  als  ein  Ton  den  Andern  un^ 
terschiedener ,  ohne  dafs  deine  Uebereinsiimmung  mit  ihnen 
in  demselben  Handeln  mitgeset/t  sei;"  denn  ohne  diese  Bedingung 
wäre  aus  dem  eigenthumiichen  Handeln  alle  Anerkennung  der  Gemein- 
sehaft  Tertilgt,  und  das  Reniliat  wOide  «ein  die  Verwandlung  des  situ 
liehen  in  ein  YÜOig  lioeniiSeM  Ldian^ 

Der  zweite  Eintbeiloi^grund  ist  dieser.  Der  urs})rüngliche  sitt- 
liche Wille  des  Einzelnen  für  sich  betrachtet  schliefst  in  sich  die  Ancig- 
nunt;  der  pnnzen  sittlichen  ATif«abe.  Indem  aber  der  Einzelne  die  Ge- 
sammtheii  der  handelnden  äubjecte,  mit  denen  er  sich  in  Verbindung 
findet»  anerkennt:  so  stiftet  er  mit  ümoi  die  Oemeinschaft.  Dieste 
des  nun,  Anei^ien  tmd  Gemeinschafittifwn  ist  in  der  «ipnin^iciiett 
Eflichtibnnd  als  Eines  gsseist*  Abo  ist  ancii  jedte  für  tidi  nur  siti^ 


14 


lieh  in  Beziehung  auf  das  andere ,  und  es  entstehen  daher  durch  die 
beiden  Momatte  det  ursprünglidieik  litdicliem  Willeni  mm  der  fllgp- 
neineii  Pflidiifonnd  swei  betonden  einuidar  etjglimeiide  FoimdB.  Die 
erste  „Eigne  nie  anders  an,  als  indem  du  tvgleich  in  GeaieiB- 
Schaft  trittst."  Diese  schliefst  alles  egoistisrli«  aus  Ton  dem  sittlichen 
Handeln,  und  schliefst  den  Einzelnen  so  aunz  in  die  Gemeinschaft  ein, 
daft  er  nie  einen  Theii  der  sittlichen  Aulgahe  ausschliefsend  für  sich 
nehmADi  nodi  andi  irffiüA  envM  den  dnrdi  siulidiet  ffT^deh  imd 
sww  (^eichviel  ob  dorcb  Mtn  eignes  oder  dnreh  Iremdes  gebildeieii  ük 
Beziehung  auf  sich  allein  hahen  und  behalten  darf,  sondern  immer  nur 
in  Bezug  auf  die  Gemeinschaft  und  für  sie.  Die  andei-e  ,, Tritt  immer 
in  Gemeinschaft,  indem  du  dir  auch  aneignest."  Diese  sichert 
dem  Einzelnen  in  der  Gemeinschaft  seine  sittliche  Selbständigkeit ,  damit 
er  Ewer  immer  in  der  GemeinMibeft,  in  ibr  aber  andi  iriiUidh  eo  bändle. 
Denn  et.giebt  Isin  andere*  Aneignen  ab  nur  dee  wenn  icb  w 
darf  rittlicben  Stoffe«,  um  ibn  aiun  Gut  aber  inuner  wieder  nen:  Ge^ 
neingut  zu  bilden. 

Wie  nun  in  diesen  vier  Formeln  das  Ganze  erschöpft  sei,  so  dals 
es  auljs^r  iiinen  kciae  weiter  giebt,  sondein  nur  wie  sie  selbst  ans  der  all- 
gemeinen als  ihr  untergeordnete  Entwicklungen  dednreb  entelenden  wnd» 
defrs  die  allgemeine  NatnrromnieelsQng  dee  aitiliebcn  HerkMne  mit  in 
Betrachtung  gelogen  wurde,  eben  so  auch  alle  anderen  nur  untergeordp 
nete  Entwicklungen  von  ihnen  sein  können  entstehend  aus  einer  nahem 
Beü-achtung  der  sittlichen  Gesammtnufgahe  und  ihrer  Beziehung  auf  jene 
Voraussetaung;  dies  kann  vorLiulig  bis  auf  nühere  Erörterung  einigerr 
meGien  geprüft-  werden,,  theib  wiAin  wir  anf  uneeve  anfingitehc  Fiettott 
«purfickgeben,  vnd  nneere  .Formd«  mit  ibr  Tergleicbend  findeni  da£i.  lie 
OM^ts  anderes  bin  I  ils  die  Verlhejlnng  derselben  Momente  auf  die  Ge> 
sammtheit  der  Einzelnen ,  von  denen  bei  dem  Einen  die  vollkommene 
Lösung  der  sittlichen  Aufgabe  abhiug.  Theils  wird  auch  dasselbe  er- 
hellen, wenn  man  heurachtet,  'wie  die  beiden  Einiheilungsgründe  ein- 
ender fobneiden,  co  daf«  ee  giebt  em  nniveffadUce  GeueinecilaflbiUen 
mid  ein  eben  «oMiea  Aneignen ,  to  wie  ancb  ein  cigenlbfinilidiee  An- 
eignen und  ein  eben  solches  Gemeinscbafibilden.  Die  beiden  Gemein- 
•cbadegebiete  sind  die  de«  Hecbie»  nnd  der-JUdie,  die  beiden  Aneig* 


Hier  die  wissenschaftliche  Beitandlung  des  Pflichtbeffiffs.  ib 

nvttgsgebiete  sind  4ie  dei  Berufs  und  des  Gewissens;  letztttM  «uf  be- 
sondere Wei';e  so  genannt,  weil  in  der  Aneignung  ia  Bezug  auf  die 
Eigenlliümlichkeit  das  urspningliclie  Verhältnifs  des  Einzelnen  zur  Ge- 
wmmtheit  der  siidichen  Aufgabe  wiederkelirt,  und  ai&o  über  die  Pflicht- 
ailtigkieit  in  WnieliMwi  dieies  G«ibietM  nichts  anderei  «uticiieiden  kuin 
ds  dieselbe  tnbjeistiTe  Ueberaeugiing.  Diese  Gdnete  bediii{|en  einsinder 
gegenseitig;  und  die  Bcxagnahme  auf  alle  übrigen,  indem  man  voiiüg* 
lieh  für  eines  von  ihnen  !iandoU,  mufs  die  Sicherheit  geben,  dafs  keine 
CollisioneQ  enlslehen  können.  Wir  wollen  daher  sagen,  der  Aiii'dnick 
,,Begieb  dich  unter  kein  Kecht  oline  dir  einen  Beruf  sicher 
SU  stellen  und  ohne  dir  des  Gebiet  des  Gewissens  Torsu» 
behaUen;**  sei  die  eUgemeine  CoUisiensfipde  VwmA  der  Bediiapfliditi 
die  gleiche  aber  für  die  Liebetpflicht  laute  so  ,,Gehe  keine  Gemein« 
Schaft  der  Liebe  ein,  als  nur  indem  du  dir  das  Gebiet  des 
Gewissens  frei  behallst  und  in  Z  usa  mm  e  ns  t  i  m  mu  n  g  mit 
deinem  Beruf."  Und  ahnliches  wird  von  den  beiden  aiKlrni  gegen- 
fiherftidienden  Punkten  an  ooastruirea  sein,  so  dafs  alk  sich  gegenseitig 
mäxr  oder  weniger  unmittelbar  bedingen.-  Alles  aber  wobei  irgend 
Fflichtfonndn  in  Anwendung  kommen  können,  wird  in  einem  von  die* 
sm  Gebieten,  wenn  die  Ausdrücke  in  dem  angegiebenen  Sinne  genom- 
men werden,  auch  gewifs  enüialten  sein. 


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Abbandlungen 

historisch-philologischen  Klasse 

der 

Königliehen 

Akademie  der  iVisseosehaflien 

zu  Berlin. 


Ans  den  Jahre 

1824. 


Berlin, 

Otdfwkt  fe  4w  DfMkMri  dar  Xte%lidMi  Abtaue 
dv  WiMenidiafliB. 

1826. 


Im  C«i 


DigiiL 


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4 


Inhalt. 


8i^fIBRill««idgB]lI■lori■dMmdpolit^ache  Anspidimgeoiadop«^  Siit*  1 

BoKKa  fibar  die  AntlgoM  dai  SofhoUiM..  *   -  41 

BurrMAMn  Erklirung  der  gricGhuchen  Bdidirift  auf  einem  SgjptKifliNB  Plipjyjflll  •  Sft 
Bow  T«f|iliBidieade  Zergliedanng  dm  Smukn»  und  dar  aU  Sm  ytrwmuSm 

Sprachen   -  117 

Hjub  über  den  Farnesitdieii  Congiu*  im  &önig;licbeD  AntiLen-S«aIe  tu  I>resdea  -  149 
Wiunui  T.EiunoL»  fibir  dieBaabitdwaictrift  uad  ttf  Za— itnlmg  nit 

(IflB  SpnddMB  161 

Bmaa  Zur  Geicliiclitc  ät»  Petffiidmi  Ardblen«  vai  wdm  Bewohner   -  180 

Bmcu  Kacihtifgliche  Bcmerkonini  tu  dar  Abhaadhmg  ülMr  die  Autiipiie  dea 

SopboUea  SüS 


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Digiii^cü  üy  Google 


einige  historisdie  und  pofilische  Anspielungen 

in  der  alten  Tragödie. 

To» 

H"*  S  Ü  V  E  R  N. 


(G^flMB  ia  der  Alrrfnnif  ia  Vfimeaadtaitm  «n  i3.'  Jamr  tSM«  *^] 

jßekanntlich  ist.  die  alle  Tragödie  und  die  alte  Komödie  voll  toh  Ne— 
benzügen  und  Anspidungen ,  welche,  gleicherweise  wie  die  in  die  Dra- 
men Shakctpeas«*«  (*)  hfiufig  dn^pstieiieteii  tcmporeUen  Ndbenbenclnm- 
ffia,  m  historischen  und  «ntiqaKriMlMn  Fonchungen ,  oder  mr  Zeitbe- 
stimmung der  Stücke,  worin  sie  vorkommen,  vielfach  benutzt  werden. 
Wie  manche  schiitzljare  Notizen  durch  deren  Beachtung  aber  auch  schon 
gewonnen  oder  noch  zu  gewinnen  sind,  so  ist  doch  Vorsicht  und  Se- 
hntaeinkeit  dabei  nöthig,  um  nicht  zu  viel  zu  sehn,  oder  su  yiA  und 
▼«neflig  sn  folgern. 

Wenn  man  gleich  z.  B.  aus  Arietophanes  sehr  Vieles  zu  ge- 
nauerer Kcnntnifs  des  attischen  Gerichtswesens,  der  Gesetze,  des  Hergan- 
ges bei  den  Volksversammlungen,  und  andrer  ufFenillchcn  Verhälmisse 
schöpfen  kann,  so  wird  man,  um  den  reinen  und  zuverlässigen  histori- 
•dhen  Brti^  an»  den  betreffenden  Stellen  zu  eriialteo,  dodi  nie»  in  ynt 
tnii  eie  in  die  kerrikirende  und,  g^  aadt  Art  der  Redner,  im  Grolsen 
wie  Im  lüeuien  Übertreibende  Tendenz  der  alten  Komödie  fiberhaiipt. 


*>  lUeM  AMiwadlang  Iud«  als  AiUMrkwt|;  odarEacnn  au  «mar  vicinäcilit  iiafUgao 
tipfpniilen  griifsern  Tcnfandun  UmUm  KaMduat  iraidai,  i*wm»  sie  arndi  in  dar 

Tliat  enutandeii  ist. 

(i)    S.  u.  a.  Drake's  Shakespeare  and  kis  times  Fol.  II,  /r.  356.  4i9-  4^5  u.  a.aB. 

Hiü,  fthäol,  Kla$te  1824.  A 


2  S  6  ▼  B  H  n  üfor  wiige  historische  und  poetische 

oder  in  die  jecicsmalige  satiiis.chc  Absicht  des  Dichiers  verflochten  sind, 
in  Aosdilag  zu  bringen  vergessen.  So  w  inl  u.  a.  niemand  mii  Aristo« 
phADCs  in  den  Acbarnem  Ys.  529.  fg.  (Leipziger  Ausg.)  und  im  Frie- 
den Vs.  610.  dw  Ursprung  des  Pebpwmesisdbicn  Krieges  von  der  Feind* 
Schaft  der  Athener  mit  den  Utegurem  nnd  dem  bekannten ,  von  PeriUes 
bewirkten.  Volksbeschlusse  gpgpn  Megara  allein,  noch  diesen  Beschlufa 
insontlei  luMt  ^viede^  mit  dem  Komiker  in  der  erstem  Stelle  von  der  wech- 
seUei Ilgen  Ileiät'eucnü.idiruu^  lustiger  Gesellen  aw»  Athen  uud  Megara, 
und  der  EAUtO'ung  der  Aspasia  darüber,  odfr  der  in  der  «weiten  an- 
gegdinen  Veranlassung,  in  Bmst  ablrifen  wollen,  da  es  jenem  an  beiden 
Stellen  sichtlich  nur  darauf  anltommt,  die  Unacb  des  grofsen,  über  ganz 
Hellas  und  seine  Inseln  so  lange  und  heftig  wülhenden  Krieges  als  recht 
geringfiigig  und  von  hiofscn  Persönlichkeiten  des  Perikles ,  nicht  von 
der  Voiksneigujig,  ausgegangen  dai^ustelleu ;  sondern  man  wird  vielmehr  ' 
Tim  dem  erwähnten,  ans  der  Sage  der  mit  jener  Stdle  der  Adiamer  den 
Athenern  seihst  wieder  entgegenapottenden  Ulegarer  (*)  g^böpften  Um- 
stände nnd  der  Müglichkeit,  dafs  solch  ein  Gcrfidit  nnr  hat  entsteha 
können,  als  siclirc  historische  Thaisachc  nur  den  so  oft  von  den  Komi' 
kern  hespiiitclven  auch  politischen  Einflnfs  der  Aspasia  auf  Perikles  ent- 
nehmen, welchei  sich  auch  in  der  weil  starker  begründeten  und  auch 
Instorisdi  hexciigtcn  (^)  Nachricht  Ton  ihrem  Antheüe  an  Erregung  des 
Krieges  g^gen  die  mit  ihrer  Vaterstadt  Milet  w^pm  Prione  cntswncien 
Semier  kund  giebt  (3).  Eben  so  wenig  wird  man  auf  der  andern  Seite 
in  der  bekannten,  wenn  gleich  für  tlie  I^in'lieilung  der  attischen  Staats- 
einkünfte (')  und.  selbst  gciicn  die  Aiiijulje  eines  Historikers,  für  deren 
jährlichen  Ertrag  auiserst  wichtigen  SicJle  tlt-r  Wespen  Vs.  676.  fg.  einige 
,Uebenreibuttg.injdem  letztem  nitfiöckh  (')  anznerkesinen»  Bede^mi  tra» 

(t)  J'&iasJvA.  Pirid.  «.  So. 
(a)  fbtuuvk,  Le,c.^9, 

(3)  Anders  ist  aucL  die  N«»ti»  eine»  Lexivi  Seguerinni  Im  !  Hokkcr  /Inecd.  graec. 
J' ol.  If  ^.453,  l4-  AsKii  i>t  ^  ATirana)  övsü'  rndJU/M»  airut  yiyn4iiatf  ni  ts  XaiuamC  m» 
TW?  JbdmrnmvumaSt  wM.  nicht  au  «cntdm. 

a 

(4)  -  B6ckh  ätaatduiuhalt  der  AtlMBCr.  Hl.  h  S.  5ao. 

(5)  a.a.O.  S. 465. 


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Anspielungen  in  der  aütn  2^t^6d», 


3 


gen,  da  rs  liier  dem  Komiker  nflTenliar  darum  su  thun  ist«  eine  mög- 
lichst ausehnlidie  äumme  licivor/.urcclineu. 

Weim.  und  in  ifia  \rtii  hingegen  dei^leicheti  hklioriftcbe  und  anti- 
qmrisehie  Nebensfige  durcb  ihnlidh«  Alwichten  dea  Dichten  nicJit  bec 
jrfihn  imd  ron  ihnen  modifidil  sind,  gehüln't  ihnen  gcwifs  alle  Alifr 
merksamkeit  und  Beachtung.  So  hat  der  Ausfall  auf  llyperholos  in 
den  Wolken  Vs.  623  folg.  hauptsä'cljlifl)  nur  satirischen  Werth.  Wenn 
aher  Tittmann  (')  in  derselben  Stetie  nur  das  'djre«  beachtet  hatte,  so 
wurde  er  sie  vielmehr  zu  Bestätigung  der  aui  AUchines  Ktesiphonti- 
•dier  Rede  —  woraus  di«  a.  a.  O.  in  Beiidtiiiig  auf  die  Fylagoren  ang!»- 
führte  Stelle  dben&Us  mirsvcrstaudcn  ist,  in  ivflldier  indefs  Bekker  erst 
die  richtige  Leseart  du  für  CiVoci  gegeben  hat  —  hervorgehenden  (-)  nur 
jährigen  Datier  der  Function  eines  Ilieromnemon  in  Athen  benutzt,  als 
aus  dem  Schoiiasten,  welcher  da«  t^rc«  auch  nicht  einmal  ül>ci*s«hn  haue, 
ciiM  klMniUmglMjM  Dauv  demdben  gefolgert  haben.  Aber  andi  lelbac 
diei  klBtere  mit  Unredu»  da  der  Sdioliaai  nur  «agi»  kein  Ge$diidilp 
echreiber  habe  der  Hieromncmonie  des  Hypcrbolos  in  dem  Jahre  gedadit, 
-weil  diesei-  hei  Lebzeiten  des  Kleon  nicht  hervorgeragt  habe,  keineswegs 
aber,  da(s  Kleon,  der  ja  auch  erst  Ol.  89, 5,  also  zwei  Jahre  nach  Auffüh- 
'  rung  der  Wolken,  bei  Amphipolis  gebUeben  ist,  sein  ^uizes  Leben  hin» 
durdi  Hieromnemon  und  Hypetbolos  «ein  Nadifo]^  biarin  gewesen  «et. 

Adinlicber  BeispielB  liefaen  sidi  mebrere  aufstellen.  Im  Allg»- 
meinen  aber,  und  in  bescmdier  Hinsidit  auf  die  alten  Ti'ugiker,  sdimnt 
wohl  bedacht  werden  zu  müssen,  dafs  alle  solche  Anspielungen  auf  Be- 
gebenheiten und  Vcilialtnisse  erst  durch  die  Zeit  eine  hisionsclie  Be- 
deutung gewonnen  Laben,  tia^s  sie  ui-sprüngUch  auf  den  lebendigen  Kin- 
drudt  auf  das  Volk  bei  Anffulming  der  Stücke  bere<Anet,  ocfer,  am 
midi  'eines  guten  Ausdrucks  des  alten  Scbioliasten  zum  Sophokles  su 
be^enen,  xtvyiTtxal  reu  ^tarfn  waren,  dafs  sie  der  allen  Komödie^  welche 
gans  in  der  Gegenwart  steht  und  sich  vielfach  mit  ihr  TeiwMngt, 

(i)    Heber  il*-n  Hund  der  Ampbiktyonen.  S. 

(a)    S.  Van  l)alc  dtssrrtatt.  p.^'iS,    Vcrgl.  Sie  Croix  sur  ies  goiivfrnciiie/u fidc- 
ra^s.  p.  So. 

(9)  Zum  Oediptu  l^mmu  Ts.  a64. 

A2 


4 


S  ti  T  B  m  H  äfor  hutorische  and  politische 


durchaus  natürlich  sind,  die  alte  Ti-agödie  aber,  welche  sich  ihi*em  in- 
nersten Wesen  nach  weit  über  die  Gegenwart  erhebt,  durch  dergleichen 
Züge,  und  die  Nebenbeziehung  auch  ganzer  Stücke  auf  bürgerliche  und 
SlMiiBmcrhlUiijMe,  flure  populäre  Neigung,  sicJi  an  dieadbe  wiedn  an- 
zmchliefsen,  oflenbai-t.  Woraus  folgt,  dafs,  wenn  eine  angenontmoie 
Anspielung  Ton  der  Art  ist,  dafs  sie  das  ein  durchaus  öffentliches  Staats* 
leben  führende,  mit  der  frühem  wie  mit  der  Tagsgescfaichte  vertraute 
und  aufgeweckte  Volk  gleich  treffen,  von  ihm  ohne  vieles  Nachsinnen 
TCistaUen  verden,  und  eine  schlagende  Wirkung  Terbreiten  konnte» 
sie  dum  als  eine  tolclie  «netkannt  «erden  mag,  wenn  aber  ihre  Be- 
ziehung so  versteckt  ist,  dafs  deren  Verständnifs  auch  dem  damaligen 
Volke  nicht  ohne  vieles  und  gekünsteltes  Suchen  klar  werden  konnte, 
sie  nb  eine  achte,  vom  Dichter  beabsichtigte  An^iefaing  mit  Grund  be- 
zweifelt werden  kann. 

Eine  ächte  Anspielung  scheint  mir  z.  B.  nicht  zu  veriiennen  in 
den  swei  Stellen  der  Fierwr  Ys.  8a.  und  »Sa.  (nadi  der  neuesten  Schfiiii> 
sehen  Ausgabe)  und  Aischylos  eni  Tollkonunen  Tentindlich  sn  wer* 
den  durch  Entdeckimg  der  Beziehungen «  worin  diese  Stellen  auf  die 
beiden  kurz  vor  dem  Finfallc  des  Xerxes  in  Atlika  den  At1u'n<-tn  i!Oi;e- 
benen  und  von  llcrodotos  (VTE,  i4o  und  aufbewahrten  Ui-akel 

und  die  den  Entschlufs  der  Athener  über  die  Art  der  Kriegführung  eni- 
sdieidende  Erklärung  des  llieniistokles  Ton  dem  Sinne  des  letttem  stehn. 
Indem  er  nehmlich  in  jener  ersiei-n  Stelle  das  in  dem,  von  mir  schon 
langst  dazu  angemerkten,  imd  jetzt  auch  von  Blomfield  zur  Bestäti- 
gung der  Lesart  angefülirien,  Vs,  6.  des  erstem  Orakels  vom  Aics  prädi- 
cirte  St^flfyev«;  a^fm  iiuitiwv  in  den  Worten  "Xu^uv  ^'  o^^m  ^tiiKwv  auf 
den  Xenes  selbst,  es  erklärend  (<},  überträgt,  und  In  der  zweiten  den 
die  Nachricht  Yon  der  Persischen  Niederlage  nach  Susa  uberhrinynden 
Boten  anumfen  ISfst: 


(i)  Vcrgl.  Ifcrwiot.  fll,  loo,  wo  Li'rirliitn  wird,  Xcries  habe  das  Uccr  nach  dem 
Uebergange  über  den  Helirspont  bei  Doriskos  gemuäU,Tt,  htt^OjfLvttv  in'  «^««toc.  Wenn 
IHD  die  Scliildening  de»  Pmitchen  Heere«  in  den  Persem  Vs.  1 1— 85.  mit  Hi-roilni.  VII, 
Oo— ISO.  vergleicht ,  so  drangt  sich  die  Vermuthuiig  auf,  dafs  dem  Dichter  besonders  jene 
Mmiemng,  wovon  er  audi  obue  llerodots  fieschreibung  Kcnnlnifs  haben  konnie,  TOr  Augen 


JnspiehmgM  m  der  ahen  TmgÖdiß, 


5 


zXui-ov  t-^^it  svcua  Xa/iOiiives  xkuttv, 
erinnert  er  das  VoUc  nicht  nur  an  die  Erfüllung  jener  Orakel  iüjerhaupi, 
eondeni  TOHUtliBilidi  andi  darin,  daft  die  Erklärung  der  Auu-ufung  u 
BtBi  XtAoftk  im  Ya.  11.  des  sweiieni  Qrakeb,  wodurch  ThemittoUea  (*) 
•einen  Rath,  den  Schüfen  da»  Bdl  der  Stadt  antavertnuen ,  rechtfer- 
tigte und  vvider  die  Gegner  durchsetzte,  die  wahre  gewesCT,  und  für 
die  Perser  durch  den  Erfolg  alle  Ursach  eingetreten  sey,  die  Insel  Sala- 
mia  zu  Terwüu&chen,  wie  für  die  Athener,  nach  dem  Vorgänge  des 
Onikde,  sie  sn  preisen.  Die  Hindeoinng  auf  diesen,  für  das  gesammte 
Schicksal  des  Persiadien  Unternehmens  gegen  HdDas  entsdbeidenden,  Um<- 
stand  durfte  bemah  in  dem  jene  g^mxe  grobe  Begebenheit  imd  die  darin 
zur  See  wie  zti  Lande  verrichteten  Grofsthaten  der  Hellenen  feiern- 
den Drama  nicht  fehlen,  dessen  Tendenz  nicht,  wie  der  Verfasser  der 
Meletematu  critica  in  AeschjfU  Persas  (f^mtislav.  1818.^  annimmt,  dem 
Tkemisioklas  wd  d»  diuvh  dm  wo  nidii  gewedtten  —  denn  dies 
schetnt  bereits  dureh  Hiltiades  See>Expeditioa  gesdiehn  cu  seyn  (>)  — 
doch  emisdiieden  verstärkten  Riditung  der  Athener  auf  das  Seewesen 
entgegengesetzt  sejn  konnte,  schon  aus  dem  allgemeinen  Grunde  nicht, 
weil  ijcwifs  niemand,  um  einen  Andern  von  irgend  einem  Besti-eben  ab- 
zuiualuien,  diesem  den  eignen  guten  £rfolg  solches  Bcsuehcns,  wenn 
auch  das  Ungludt  der  Gegner  in  demsdben,  veninnlidiett  wird«  daher 
audi  AischyloB,  dei'  ja  selbst  in  den  beiden  §^rretcben  Sdilachten 
hei  «Salamis  und  hei  Plataia  mit  gefocliten  hatte,  um  jene  vermeinte  Ab- 
sicht zu  erreichen,  seinen  Landsleiiien  vielmehr  eignes  Unglück  ziii-  See 
und  Sieg  2u  Lande  aüein ,  nicht  die  gänzliche  "Niederlage  der  Feinde 
auch  zu  Lande  als  diu'ch  den  ersten  Sieg  der  iieilenen  zur  St;e  hei  bei- 
gefährt  (^),  bitte  TOrstdlen  müssen,  «od  wdl  er,  die  KriegsUst,  wo> 
durch  ThemistoUes  den  Xerxes  zur  Seescbladit  verlockt  (4),  als  den 
ersten  An&ng  des  Ptersisdiai  Unglödta  so  siaxk  berroibdbend  (Vs.  3Si 

(1)    Hrrodot.  FII,  145.  PluUirvh.  Themisto<  l.  10. 

(a)    Vergl,  Uceren  Uandhuch  der  Geschieh der  Siaalcii  des  Allrriluims.  S.  ai»). 

(3)  VcTgl.  Pers.  45a  fg.  4**o  Ig.  559  ig.  ^a5.  ravToce*  rgnTts  xaxj.'i'us  «licv  ai>.tTt  fforü. 

1006. noil  nilMit  Bodk  am  ScUii&  V«.  iofl6  n.  tvßj, 

(4)  Bend.  FOr,  76^  Dmbr,  Xl,  19. 


6 


S  V  V  B  n  R  fther  einige  htstonsche  und  poUitsehe 


folg.),  auch  den  Themisiokles  selbst  nicht  undeutlich  rühmt.  Hieimil 
stimmt  zusammen  die  Erinnerung  an  des  Letztern  Erklärung  des  Ora- 
kels. Diese  konnte  das  Volk,  dem  das  Andenken  an  die  acht  Jahr  vor- 
her gewonnene  Sdftininisciie  ScUftcbt  mit  aUen  danmf.ttdi  heüehenden 
Vorgängen  ohne  allen  Zweifel  gagenWartig  -war,  lebhaft  ergreifeit»  und 
dem  cT  xXfirov  i'/p6<;  ovoua  SaXaiuTve«  xAuEtv  des  Persischen  Boten  mofste 
in  den  Gemiilhern  des  athenischen  Volks  gleich  das  SeiV  XaXaius  des 
Orakels  entgegentönen.  Dai's  übrigens  der  Dichter  seine  Mitbürger  dorch 
die  Perser  habe  erinnern  wollen,  nicht  die  Schiffe,  sondern  die  Männer» 
nicht  Stärke  sur  See  allein,  sondem  andi  Kraft  cu  Lande»  aejr  es»  wor- 
auf das  Heil  der  Stadt  beruhe,  will  ich  mit  Obigem  nicht  bestreiten. 
Am  meisten  verwies  er  sie  jedoch  auf  den  Schuu  der  Göiier  (Vs.  345.)* 
welche  des  Xerxes  IJchermulh  tuid  Vertrauen  auf  aiifsre  StSrke  durdl 
die  schnelle  Zertrümmerung  seiner  ungeheuren  Macht  gesirafi  hatten. 

Dagegen  wird  meines  ^achtens  die  Uinweistmg  auf  Perikles  und 
Anspielung  auf  den  Einfall  der  Pdoponneaier  und  mit  ibnen  verbflnde- 
ten  Boiotier  in  Atiika  im  ersten  Jahre  des  Peloponnesischen  Krieges  und 
ihren  Rückzug,  welche  Reisig  (*)  in  den  Venen  i5a6-i5So  des  Otdi* 
pns  auf  Kolonos: 

Ai  ^  iMj^tai  ireAtK, 
lenr  tu  TK  cä^,  ffMts  ntbd^^W 

Ta  '  äiptig  tu;  tk  ra  ixtuvtr^ut  t^cit;^, 
sieht,  imtl  wonach  er  die  erste  Aufführung  dieser  Tmgödic  schon  zwi- 
scheTi  (ins  erste  und  zweite  Jahr  des  Peloponnesisclien  Kriegs  setzen  zu 
liüiicn  glaubt,  schon  deswegen,  weil  sie  zu  gesucht  und  zusammengesetzt, 
dafs  ich  nicht  sage  verwoiran,  und  in  m  unbedenteBide  Anknüpfungs- 
punete  verhüllt  ist,  um  ytm.  Volke  fßtidk  -Terstanden  werden  su  k&t- 
nen,  nicht  zuzugeben  seyn,  wenn  auch  euie  soldie  den  Worten  wie 
der  Sache  nach  in  der  Stelle  liegen  konnte.  Dies  ist  aber  nicht  mög- 
lich. Den  Worten  nach  nicht,  weil  in  dem  üatz.e  Kctv  tv  tk  euif,  der 
auf  Periktes  gehn  soll,  bei  Tis  nicht  avjig  —  wenn  gleich  Musgrave 
und  Brunei.»  weldter  letttere  avdi      durch  &Miq|  erkifirt»  hierin  toi^ 

{»)  Enamaio  Oed^  Cohmi  p.  riUtq. 


Digiti<::cü  by  GoOglC 


7 


gehn  —  sondern  aus  dem  ilaupuufa^ctc  s^f^'.sw  nichts  anders  als  irÖÄi; 
varMMndten  «erdm  kniii,  und  di«  BridArpiig  d«  Saum  nacb  dem  be- 
knutteii  und  gpr  nicht  adtenen  ^»  luüJSk»  lumSs  cbai  von  einer  gut 
oder  schlecht  tettUßtea  und  vci  walieten  SuiJi  keinem.  Bedenken  untei-- 
worfen  ist;  sodann  auch  nichi ,  weil,  wenn  in  dem  Salze  ü-s;!  yü^  tl 
füv,  oyl/f  d',  fiVc^as  das  sv  darauf,  dafs  die  Pelopornicsier  hei  ilirem  Ein- 
falle in  Attika  die  Ohvcubäume  Terscbont,  und  das  övj/c  auf  ihren  Kuck- 
sug,  bdde»  ielir  gezwungen,  bezogen  werden  kSnnte,  ^^Sg'  m  zvrie« 
lädier  Bedetttung,  in  Veribindung  mit  tS  von  obwelteader  Ffirsorge,  mit 
e^-f  von  Rache  der  Gdtier  genommen  weixlen  müfste.  Der  Sache  nach 
nicht,  weil  die  Peloponnesicr ,  da  sie  ihe  Ohvenj»fl;in/.uni^cn  verschon!, 
nicht  Göttliches  aus  den  Augen  geseut  hatten,  deswegen  auch  nicht  dem 
auf  Frevel  gegen  jene  Ptlanzungen  gelegten  Fluche  imd  götilichei'  Sti'afe 
mheün  gefidlen,  «ondera  DrdwiUig  an«  AtUha  »rnckgezogen  waren.  Der 
vttliannte  ihdianiadM»  BüSnig  Oidipn«  ytiH  in'  jen«a  Worten  nur  den 
Ummus,  nicht  zu  verrathen,  sondern  dafür  an  sorgen,  (Iar'>  ioi^iei' 
dem  Ersten  der  SiaJt  als  heiliges  Geheimnifs  anvertrauet  bleibe  was  er 
von  den.  L  instanden  i^eines  Todes  sehen  werde  ,  mid  so  die  Stadt  Athen 
(T>ivö«  roAiv)  vor  feindhcher  Verheertmg  durch  die  Thebaner,  als  stra- 
fender Folge  des  Verratba,  zu  iichem,  durch  die  allgiemieine  TonteUnng 
vratsen,  daÜi  iinrÜhligB  Siidte»  wenn  auch  enie  wohl  regiert  sejr,  leicht 
fehlen  durch  Frevel  und  Ilintansclzung  höherer  götdiclier  Verhiltniwe, 
die  Einer  aus  ihrer  Milte  Ijcj^elic ,  nnd  weklie  <he  Cutter,  wenn  auch 
spät,  (lofh  stets  ireffead  ahmlcn ;  und  die  einzige  iiücksichi,  welche  da- 
bei auf  Xhebe  genommen  wird,  liegt  nicht  in  dieser  allgemeinen  Voi^ 
•(elliuig,  soudeni  in  der  YerMcherung,  daf$  Theseua  Athen  frei  von 
«obher  gotdichen  Strafe  durch  Veriberänng  von  den  Uannern  an»  der 
Saat  der  Drachen/.iline  bei  «htfurchtvoUee  Bewahrung  det  Gdicimnic- 
ma  da*  Todesart  des  Oidipus  regieren  werde. 

Wenn,  wie  Reisip  f  )  saijt,  die  Aeufseruugen  im  \  s.  :k}8.  Oog. 
910.  fg.  und  löuü.  des  Oediptu  Cidonnis  beinah  in  der  Mitte  deü  i'eio- 
ponneaiachen  Kriegs  oder  um  Ol.  89,  4»  wohin  Böckh  (>)  die  erste  Auf- 


(a)    Graeeae  tn^,.pri»e,  p,  187. 


8 


S  9  T  K  A  V  iifor  m^ge  histem^  und  piJüitehe 


fühi*ung  dieser  Tragödie  setzt,  zu  spät  kommend  und  unpassend  seyn 
-wordm,  to  würden  sie  dies  nichi  nundar  sdion  im  enien  vnA  sweiteit 
Jahre  des  gedachten  Krieges  seyn,  da  es  beraiis  Ol,  80, 4  m  einem  hefti* 

gen  Kriege  zwischen  Athen  und  Thebe  gekommen  war  {*).  UnmögUdt 
ist  es  auch  dmoliaiis  nicht,  dafs  Sophokles  durch  die  Weissagung  dm 
Oidipjis  V.  fi(Kj-f)i3.  die  Thebaner  würden  einmai  das  gute  Venieh- 
men  mit  Athen  unter  unbedeutendem  Vorwaade  brechen,  an  jenen  er» 
'sten  oflixen,  von  den  Tbehmem  TemnlaliMen,  «her  durch  die  grofsen 
Siege  des  Myronides  an  ihnen  gesurften,  Anshnuh  der  Feindseligkel* 
ten  zwischen  Athen  imd  Thebe  nach  den  medischen  Kriegen  (-)  hat 
zurückerinnern  wollen.  Allein  mit  Gewifsheit  läfst  sich  dies  nicht  be- 
haupten, da  nicht  alle  die  feindseligen  Aeufsemngen  über  'Ibebe,  ^vol^he 
neben  manchen  auch  günstigen  —  z.  B.  Oed.  Cohn.  915.  folg.  und  in 
den  Ghorgesüngen  der  Antigene  Ts.  100.  und  1103.  fg.  —  in  der  at> 
tisch«!  Tragödie  nicht  selten  votkonunan,  nothivendig  inqfeer  in  hesom- 
drer  Beziehtmg  genommen  werden  müssen,  sondern  sich  oft  aus  der  bUf 
gemeinen  ,  durch  das  Betragen  der  Thebaner  in  den  medischen  Kriegen 
genährten  und  von  Sparta  angefachten,  Eifersucht  zwischen  Athen  und 
i'hebe  genügend  erkläi-en  lassend 

Nicht  anders  verhdt  es  sich  mit  den  günstigen  Aeufsemngen  der 
atu'scSien  Tragödie  über  Arges,  wddke  ebenfidis  durchaus  nicht  immer, 
sondern  nur  in  wagieieidlBCten  Füllen ,  eine  besondre  Bedeutung  haben 
können.  Den  Athenern  war  es,  seit  sicli  ihr  Mifsverhalmir';  mir  den 
Spartanern  entsponnen,  angelegentlich  um  Freundschaft  mit  .^gos,  >vic 
den  Spartanern  mit  Thebe,  zu  tbtm.  Ein  Bündnifs  zwischen  Athen 
und  Arges  wurde  OL  79,  4  geschlossen^  imd  die  in  Aisdhylos  Bume» 
niden  Vs.  285-287«  liegende,  schon  Ton  dem  Schol&Mien  erkannte,  Be- 
sidtung  auf  dassdbe  ist  auch  von  Böckh  p)  für  die  Annahme,  dab  die 
Eumeniden,  wilfhe  wir  noch  besitzen,  die  Ol.  80,  a  mit  der  ganzen 
Oresteia  zusammen  gegeJ)ne  Bearbeitung  dieses  Stücks  sey ,  in  Anschlng 
gebracht  worden.  £s  mufs  aber  mit  dieser  Stelle  die  von  Apoilou,  dem 


(()   Tln^.  I,  107. 108.  Diadbf.  IT,  8t  Mg. 

(a)  Denn mäton Tor denwlben war Iiieg iwitcfaen bekkm gefihrt.  HtroituF,  77^ 
(3)  /.c.  1^.45. 


Anspiehmgm  m  der  atlm  IVf^ötUe, 


9 


Sachwalter  des  Orestes  vor  dem  Gencht,  kurz  vor  der  Entscheidung 
Vs.  G59.  fg.  erklärte  Absicht,  worin  er  diesen  zur  Stadt  der  Pallas  ge- 
taadLf  um  ndunlidi  sirisdien  dieser  und  seinein  Scbfitzlinge  und  dessen 
Machtommiwi  eine  ewige  Bwndese^ossensdrtft  ta  begrfinden,  vnd  dann 
fimer  der  feicrlidic  Eid,  «oniit  Orestes  Ys.  752-764  Ajrgos  den  Adie> 
nern  7,u  solcher  Bundesgenossenschaft  verpflirhici ,  zusammeDgenommen 
wci"dcn ,  lim  die  dem  Aischylos  bei  den  Eumeniden  mit  Torschwchcnde 
Absicht  zu  erkennen,  jenes  Bündnifs  als  durch  die  von  der  Schutzgöiiin 
Axliens  den  Orestes  ftuf  sein  Bitten  meigte  grofse  Wobldmt  und  des« 
sen  GegenTerpflidbnmg  ondi  begründet  dannsteUen.  Aodi  für  die  Öko- 
nomie der  Eumeniden  sind  jene  Stellen  von  grofser  Wichiigkeit.  Denn 
die  Dazwischenkunft  der  Göttin  bcrxihl,  wie  diese  Vs.  Sgi  selbst  er- 
klärt, .auf  dem  Gebet  des  Orestes  und  dem  Versprechen,  unter  welclicm 
er  Vs.  285.  fg.  ihren  BeisUmd  crileht,  und  die  feierliche  Vollziehung  der 
«US  jenem  und  der  darauf  erlangten  Hulf«  flieisenden  Yieipflichiung  steht 
ihm  noihwendig  gegenfiber.  Spfiier  eingel^  werden  konnten  also  jene, 
in  die  Ökonomie  des  Ganzen  wesentlich  verilochtenen,  Stellen  nicht  auf 
gleiche  Weise,  wie  vielleicht  mit  dem  Chore  eine  Veränderung  bat  voi^ 
genommen  werden  können.  Daraus  fitk'f  sther,  dafs  die  Eumeniden  nicht 
schon  vor  dem  Jahre  des  Bündnisses  mit  Argos,  oder  Ol,  y^,  4>  schon 
dnmal  gegeben,  und  d«is>  wenn  auch  die  Ton  Hermann  (*)  aas  an- 
dern (Bränden  bestrittene  Hypothese  einor  iweiiachen  Bearbeitimg  und 
Aufifihrung  der  Eumeniden  dennoch  angenommen  werden  müfste,  ihre 
erste,  von  den  beiden  andern  Stücken  der  Orcsieia  abgesonderte,  A'^if 
führung  auf  keinen  Fall  schon  Ol,  77,  4  gescheim  sevn  kann.  Bcincr- 
kenswerth  ist  es  nun  zwar,  dafs  nicht  allein  die  humeuidcu ,  sondern 
auch  die  beideii  «ndecn  Theile  der  CVesteia,  eine  deudtche  durchgehende 
Besiclinng  nidut  Uofs  auf  das  Agamemnonisdie  Haus,  sondern  audi  auf 
Arges  haben.  Im  Agamemnon  woden  nidit  nur  Argos  tuid  die  Argeier 

als  Zerstörer  von  Ilinn  in  mclircrrn  Stellen  verherrlicht ,  sondern  der 
Sehlufs  dreht  sich  ganz  um  die  dem  feigen  Aigis'hos  vom  Choic  streitig 
gemachte  (V.  i655.  iboö)  Herrschaft  über  Argos.    ia  den  Choephoren 


(i)    De  choro  Eumenidum  Aetchyli  disscrt.  U,  p.  FllI sq. 
HüLphäol.  Klasse  1824. 


B 


10 


treibt  es  den  Orestes  nicht  blofs,  den  Tod  «dne»  Vaters  an  dessen  Mör- 
dern za  riehen,  Moidem  auch  die  gloireidien  Zcntorer  Troja's  t on  de> 
reu  UeiTsdbaft  in  befreien  ( Vs.  9^.  fg.)»  nachdem  er  die  hdden 
Tyrannen  des  Landes  todt  dargestellt  (Ys.  960.  fg.)  wird  er  ab  Befreier 

Ton  Argos  anerkannt  (Vs.  loSg).  In  den  Eumeniden  wird  er,  gegen  den 
Einspruch  des  enisten  strengen  Chores,  6ak  er  nicht  in  dem  mit  dem 
Blute  seiner  Mutter  von  ihm  benetzten  Lande  wohnen,  nicht  die  Ge- 
meinschaft der  Bürger  in  Argos  theilen  kSnna  (y».643.  fg.),  durdi  die 
Gnade  der  FaUa»  nicht  blols  entsfiniligt,  aoodem  aadi  «einem  Yaierlande 
viederfaergestellt  (Va.  744*  fjSO  (')>  dieses  durch  ihn  den  Athenern  zu 
ewiger  Bundesgenossenschaft  yerpflichiei.  So  hängt  die  ganze  Oresteia 
auch  in  dieser,  dem  spätem  demokratischen  Cliarakter  der  Verfassung  von 
Argos  (^)  eben  so  sein-,  wie  das  Benehmen  des  argeiischen  Königs  Pelasgos 
in  Aischylos  Supfjitcibus ,  zusagenden,  Beziehung  zusammen,  lud  nidit 
auf  die  Eumeniden  allein  iat  leuiere  bcachrSnLt,  aoDdem  en-eicht  nur 
in  diesen  ihr  Ziet  Hiwraua  lafst  aidi  aber  »idit  folgern ,  dafs  die  Eu- 
meniden nur  mit  der  ganzen  Oresteia  Kusammen,  und  nicht  schon  ein- 
mal vor  derselben  besonders,  gegeben  seyn  können.  Aticb  der  Ocdipus, 
Coloneus  steht  in  innerer  Beziehung  mit  der  Antigone  —  wie  diese  mit 
Aiachjlos  Sieben  gegen  Thebe,  an  welche  aie  sich,  wie  ich  schon  an- 
derswo (3)  bemerLt  habe,  unmittdbar  ansdiliefat  —  und  weiset  dnrdi 
die  Bitte  des  Polyneikes  an  seine  Scbwesteni  (Ys.  i4oo.)f  «cnik  «einet 
Vaters  Fluch  an  ihm  Erfüllung  habe  und  sie  selbst  nach  Thebe  zurück- 
kehrten, seinen  Leichnam  zu  brstatten,  so  wie  durch  den  Schlufs,  worin 
die  Jungfrauen  den  Tiieseus  um  Geleit  nach  Thebe  bitten  (Vs.  1760. fg.) 
und  ditter  es  ihnen  gewihn,  selu-  bestimmt  und  gewissermafsen  Torbe- 
reitend  auf  die  Ai^gone  hin.   Demohngeachtet  ist  nicfais  gewisser,  ab 

(1)  Dafs  liier  dip  ron  FuripKlcs  in  ilrr  Klrctra  Vs.  it;'"».  l)cfi>I(;U:  S.igr,  worach 
Orestes,  vom  Arei)p,ig  lusgc&pi i>cl»'n ,  nacii  ArLaJicii  gtwonUcrl,  -wuliiii  er  Lei  cLetukm- 
•Slbcn  im  Oreslts\s.  1667.  gleich  n.i(')i  dem  Morde  der  Klytaimncstra  und  de«  Aigislkos, 
und  noch  ehe  er  sicli  noch  Athen  kegiebt,  fielangcn  «oll,  nidit  eingemiicht  werdsB  dürÜt, 
Terslehl  sich  von  selbst. 

(a)  S.TUtmann'a  StaaltfSflks&migm  des  JJUflrdMius  fg. 

(S)  In  der  Sdirift  über  Sckiller's  Wdlnsiein  in  Hiaiidik  auf  die  «riechiselw  IVa- 


Digiti<::cü  by  GoOglC 


Anspielungen  m  der  absn  Tn^Sdie. 


ii 


dafs  die  Antigone  mehrere  Jahre  vor  tiern  (»uiipus  auf  Kolonos  z\im  er- 
sten JVIale  gegel>eu  ist.  Der  scbon  oben  angciührie  Verfas&cr  der  melc- 
^tomola  mUEa  »  AetekjrU  Peruu  Mtst  (p.  i^)  die  ertte  AaffiBhnittg  der 
Enmenideii  in  Ol.  79»  4  >^l»t,  alldn  aus  .kdnem  andeni  Gmnde,  ab 
-VN'cgen  ihrar  Beziehung  dttlf  die  durch  Perikles  und  Ephialtes  bewirkte 
Schmälerun ij;  des  Areopag,  und  nicht  übereinstimmend  mit  der  gleich 
darauf  folgenden  Angabc,  dafs  letztere  ein  Jahr  vor  der  ersten  AuÜüh- 
rung  der  Eumeniden  —  also  obiger  Annahme  zufolge  Ol.  79,  5  —  gft> 
•chcbn  sey,  da  tie  bekanndidi  mt  Ol*  9o,  1  tw  «tch  ging  (i).  Es  lifct 
«ch  indefs  eine  Shnlidhe  Benandnilii  mit  den  Bumeniden  denken,  itie  ei 
mit  den  'Ix^j^  des  Enripides  gehabt  haben  kann,  die  wahrscheinlich 
in  demselben  Jahre,  worin  das  zehn  Olympiaden  später,  nehmUch  Ol. 
89,  3,  mit  Argos  unierhandelie  ljündni£s  zu  Stande  kam  (-),  nnd,  nach 
Hermanns  VermutJiung  (■*),  vielleicht  in  Gegenwart  der  argeiischen  Ge- 
•andten  gegeben  imrden,  iiin  die»  Bündnilä  beiden  Thdlen,  Tonidhni]icli 
den  Argeiem,  als  auf  alten  VeriMudlieUeiten  berulieBd,  nnd  duidi  «ae 
geheiligt,  danuitellen.  Es  ist  nicht  zu  läug^aen,  dal*  die  Annahme  ei- 
ner i^dcif-hen  Absicht  des  Aischylos  bei  (^cn  Fumeniden  in  Hinsicht  auf 
das  Iruhere  ßündnifs  zwischen  Athen  und  Argos,  nnd  die  darauf  ge- 
stützte Folgerung  über  das  Jalir  einer  ersten  Autiulirung  der  Eumeniden, 
iiei  iveldber  jedoch  avch  vonatugeaettt  werden  mnl«,  daf»  die  Sdimale» 
rang  de»  Areopagos  avch  »ehon  Ol.  7g,  4«  bctridien  mj  und  der  Tragjl- 
\cT  durch  die  Darstellung  der  uralten  Wfirde  tmd  HeiB^eit  dieaee  Tri- 
bunals davon  habe  abmilmpn  wollen,  etwas  fiir  sieh  hat  —  wenn  nnders 
eine  solche  frühere  Auliulnung  des  biürls  noch  aus  andern  Gründen 
behaupiei  werden  kann,  was  ich  der  nahern  Prüfung  uusers  geehrten 
Herrn  CoUegen  BocLh  <Üierla»»en  mvit,  da  e»  mir  nur  daranf  ankam« 
die  Bei  dieier  Frage  nodi  nidit  geungfam  erwogene  Beuehnng  der  Ore- 
»ida  lud  vornehmlich  der  Eumeniden  auf  Argoe  mdir  heranetnheben 
und  zur  Spradie  au  bringen. 


(1)   Diodor,  Xt,  "ji. 

(a)  Bdekk  /.  e.  p.  187. 

(3)  Pn^,  md  fitK^.         p,  IF. 

B2 


12 


S  6  V  8  ft  a  äSer  «oi^S*  histotüek»  und  politiieke 


Euiipides  hat  aber  seine  Supplices  ofieofaar  ganz  auf  das  spatere, 
«Udn  nach  kuner  Zdt  scboin  jnedet  gebrodme,  Bündnifii  mit  Argos, 
witi  Aiidiylo*  die  BuiiMnideii  .auf  das  frOhei«,  gqjrdiidet,  mhnchein- 
]iclk  nicht  obne  Rücksicht  auf  diesen.  Es  kuinmt  nehmlich  jenem  au- 
genscheinlich darauf  an ,  einerseits  eine  sehr  alte  Feindschaft  zwischen 
Thebc  und  Argus,  und  andrerseits  eine  eben  so  alte  Yeibiiidlichkeit  der 
Argeier  gegen  Athen,  nachzuweisen.  Indem  er  nun  die  letztere  Ton 
dam  Adrastos  imd  den  Argdcni  dnreh  Tfaineiia  erwigten  WoliL 
«  tbat  mtd  dem  dafür  diesem  auf  Yeriangen  der  Athene  getasteten  Eide 
(Ys.  1201.  fg.  1323.  fg.  taSg.  ed»  fferm,)  in  ihnhcher  Form,  wie 
Aischylos,  ableitet,  führt  er  sie  in  eine  noch  frühere  Zeit,  als  dieser, 
zurück,  jn  knüpft  sie  an  die  älteste  nach  Athen  gekommene  ixema  eines 
Fremden  i^),  imd  wollte  -vielleicht  Jenen  dadtu-ch  überbieten.  ' 

Es  kann  indefs  auch  Aischylos,  welcher  äberhaupt  auf  das  giue 
Vemdinien  swiscfacn  nnd  Athen,  auch  nadi  seinen,  so  anfseror- 
dentlichc  Lobpreisungen  und  Segnungen  der  Argeier  enihalcenden,  ihren 
König  Pclasgos  als  ausnehmend  fromm  und  bürgerlich- gesinnt  (-),  bei- 
nah wie  der  Oidipus  anf  Kolonos  den  Theseus,  darstellenden  und  des- 
baU>  gewifs  nicht  toi*  Schliefsung  des  Bündnisses  Ol.  79, 4,  sondern  wahr- 
st^nlich,  wie  sclion  Joh.  v.  Müller  gemuilunafst ,  tun  die  Zeit  des> 
sdben,  gegebenen  (3) ,  *l«trm  au  urthdlen,  groiaes  Gewicht  gelegt  an 
halun  scheint,  in  seinen  'V^jeuvinm  sdion  dbenfalls  die  von  Adrastos 
diiK  h  Hülfe  des  Theseus  erlangte  Bcstatiimg  der  in  dem  Kriege  der  Sie- 
ben vor  Tliebe  Gcblieboiion  /yir  Xachwcisung  einer  noch  vor  der  Zeit 
des  Orestes  begründeten  VcipÜichiung  der  Argeier  gegen  Athen  benutzt 
haben,  woraus  sich  denn  muthmafscn  lief&c»  dafs  die  'EAnMrimi  etwa 
gletchzeitig  mit  emer  ersten  Anfffihnmg  der  Enmeniden  und -den  'Iiwnn 
««yti  mügten.  Eine  Yerwandiscbaft  des  Inbalts  mit  Euripides  'hdnn» 
s(  heincn  sie  auf  jeden  Fall  gehabt  zu  Iiaben ,  aber  «nch  eine  Versdiie- 
deuheit  von  diesen,  beides  nach  Plourdi  im  Theseus  c.  39.,  wo  es  bei 


(l)  r.  Panegy-^r,  r.  t5. 

(a)    Aesclij'l.  Suppi.  50^^  fg.  4oo  fg.  48J  fg.  5a6.  608  fg.  g^j  fg. 

(S)  Jok,  M&lUr  null  ArgiuuQie  von  AitelfykM  S^^tUces  bei  Butler.  Bftelh 
Le»  p,Sg. 


jinapulungm  m  der  aUen  DwgSdb. 


den.  Woiten:  Karafia^rv^ewrt  ^  rw*  Ev^rtSeu  'Luniuv  ei  Ai(rxjji^v  'EMvTtvm, 
Iv  e%r  Koi  tmha  X/ywv  o  Qnnus  nvaturtu,  mlirMiMiiiJIdi  i»,  difii  die  Ver- 
■Aiedenhctt  darin  iMStand»  d«&  nadi  AiM^ylos  die  Gdieiae  der  ^ 
USebeBen  Anilfilurer  bei  Eleusis  begreben  inirdeii,  wclclie  bei  Earipidei 
(Ys.  1160.  laoo.  laiS.)  deren  Söhnen,  um  sie  nach  Argos  zu  bnngen, 
überlassen  wei'tlen.  Sie  konnte  sich  indefs  noch  weiter  und  anch  darauf 
ausdehnen,  dal's  Aischylos  da*  aJlgemeineiTi  Sage  gefolgt  war,  nach 
«dcher  Theseits  die  LeicIiiiaaM  der  Gebliebenen  tob  Kreon  durch 
Udwrredmig  und  Yermg  erlangt  hatte,  die  Enripidcs  ihn  dnrdi  Kri^ 
gewinnen  läfst. 

Die  Vermuthung  kann  ich  hier  aber  auch  nicht  zurückhalten,  dafs 
Aischylos  Eleusinier  auch  zu  Sophokles  Oidipus  atif  Kolonos  in  ähn- 
lichem Yerhältnifs  gestanden  haben  mögen,  wie  die  Beziehung  zwischen 
Alben  und  Arges  zu  der  zwischen  Athen  und  Thebe.  Denn  wie  im 
Oidipiu  auf  Kolonoe  der  in  attisdiem  Boden  ruhende  Leichnam  des  vom 
Thcscus  aufgenommenen  Schätzlin|^  Oidipus  Athen  tum  Segen  und 
feindlich  gegen  Thebe  (Vs.  393.  fg.  6t5.  781.  fg.  1327.  i5a6.)  wirken 
soll ,  so  konnten  in  den  Eleusiniern  die  in  Attischem  Boden  ebenfalls 
durch  Vergünstigung  des  Theseus  bestatteten  Gebeine  der  vor  Thebe  ge- 
blidienen  Argeier  als  ein  religiöses  Band ,  Argos  wie  magisch  an  Athen 
tu  hnfipfen,  vorgeMdlt  aeyn.  Zu^ch  ist  es  mir  nicht  unwahrsdiein- 
lieh,  dai«  wie  Sophokles  durch  den  Oidipus  auf  Kolonos  seinen  Demos, 
so  der  aus  Eleusis  gebürtige  (')  Aischvlos  durch  die  Eleusinier  schon  den 
scinigen  hat  einen  wollen.  Die  Verherrlichung  der  Mysterien  in  fliesen 
lag  zu  nahe,  als  dafs  es  unwahrscheinlich  wäre,  dafs  die  beiden  von 
dem  Scholiasten  des  Sophokles  zu  Oed/f).  Colon.  10^7  u.  1049  (Urunck) 
eriialtcnen  Fragmente  des  Aischylos  ihnen  an^Srten  (*). 

Wie  leicht  aber  das  athenische  Volk  politisdie  Reflexionen,  An- 
spielungen und  Beziehungen  der  Tragödien  fafste,  beweiset  die  aus 
Plutarch  bekannte  sclincUe  yVnwendung,  die  es  von  Vs.  .I77  fg.  in 
Aischylos  Pei'sem  auf  Ariütiiltii»  uiuchtc;  und  was  der  Eindruck  solcher 
Baiidiungen  zu  wirken  vermogte,  kann  vor  Allen  das  Beispiel  der  So> 


( I )  fi.  ButUr  M  Wims  detehyU  ad  Biu  a. 
(a)   Btttlar  i'a  Äu^ig^/n^»  imoerUi  CXIV, 


phokleischen  Aniigone  zeigen.  Schon  der  nun  auch  Ton  Hermann  zu 
-Ys.  175  der  Antigone  angeführte  Demoithenes  (>)  wendet  die  Vf.  175-190 
von  Kreon  gespiodbnen  Worte  «nf  seine  Mitbfiifier  än  und  sag^,  na 

Seyen  schön  und  recht  su  ihrem  Frommen  gedichtet.  Diese  Rede  de» 
Kreon  enthält  zwar  nur  eine  nllgempine  aber  für  Athen  sein-  gehörige, 
Erinnening  nn  rlie  Pflicht  der  Obrigkeiten,  das  Interesse  ihiTS  Vater- 
landes für  ilir  eigenes  höchstes  zu  hahen ,  und  alle  andern  ^  cxhaitmssc 
ihm  «nienuordnen,  und  die  Anwendung  >  ivddie  Demoethene»  davon 
macht»  giebi  zu  crltenwlBB,  wie  gut  dergleichen  verwanden  wurde*  Aber 
eine  bestitnmtei'e  und  in  ihrer  Beziehung  auf  die  damaligen  öflfenilichen 
Verhältnisse  in  Athen  vom  Volke  leicht  zu  benunkende  Anspielting 
scheint  mir  in  den  Ys.  Goj-Gya  zu  hegen.  T)Ie<;e  snnze  Rede  des  Kreon 
für  die  Tugend  des  Gehorchens  und  gegen  die  Auuichie  im  Staate  pafsie 
▼onrefllich  auf  die  im  Gedränge  der  Funden  kws  vorher  nodbt  achwan» 
hende  Siadt,  in  der  endlich  Pieriklea  dnreh  VertreilMUig  des  Thukjdidet 
seinen  letzten  Gegner  besiegt  nnd  sich  zum  alleinigen  HavqMe  des  Volks 
erhohen  hatte  (-),  -welclir^  sich  ntm,  wie  Plutureh  ('"i  ,  ..mehreo- 
jjthcils  willig,  durch  Helciinmg  nnd  Ueherredung  von  ihm  lenken  Uefs, 
zuweilen  aber  auch  recht  sehr  sperrte  luid  dann  von  ihm  scharf  ge- 

,,zügck  und  mit  Zwang  angetrieben  wurde."  Gewifs  ist  in  jener  Stelle 
der  Antigone  eine  weit  klarere  und^nnsweideniigere  Hinweisiing  snf 
Perikles  und  das  Verhältnis  des  Volks  su  ihm  zu  erkennen,  als  in  der 
oben  angeführten  nns  dem  Oed^US  CulomUS,  Vomchmlich  konnte  Sie 
in  den  Worten  des  Ys.  666. 

oÄA'  (SV  TToAic  nj^etc  Towie  xAv«» 
gleidi  deutlich  und  f  ählhar  werden.  Dsft  Kreon',  der  ds  despotisdi  voir^* 
gestdlie,  jene  Rede  «pricht,  ist  nidit  hiegegen.  Auf  die  fietsan,  wekber 
die  allen  Tragiker  irgend  eine  zeitgcmärsc  Lehre  in  den  Mund  legen, 
kommt  CS  häufig  nicht  nn.    Die  von  Dcniosthcncs  für  heilsam  rli n  Bür- 
gern erklärten  Verse  werden  ebenfalls  von  Kreon  gesprochen,  mit  dessen 


( I )    De  falsa  legal,  p.  J  i8. 

(a)    S.  Dodwell  annal.  Thuej^.  ad  OL  85,  4  — b4,  i.  iui<l  die  daselbst  commentirt« 
Stelle  des  Itutadi. 
(S)  i^iwl.  «.iS.  cT.  2%M0«I.  IT.  65. 


Anspieümgen  in  der  alten  Tragödie. 


15 


dramatischem  Oiamctor  es  im  Ganzen  wohl  übereinsiimmt,  auf  Ordnung 
tmd  Gehorsam  im  Staate  zu  dringen.    Auch  ist  Her  Vs.  666. 

Nein,  wen  die  Stadt  geordnet,  dem  gehoixhe  man, 

ganz  dem  demokratischen  Geiste  des  Perikle'ischen  Athen  angencSMlly 

und  nur  in  dem  Schlüsse  des  darauf  folgenden : 

Im  Gulou  und  (^^Tt^'-htcn  uml  im  Gegeutheil! 

Bpricht  sich  despotiscUer  biiin  aus. 

Wenn  man  nun  fragt,  was  denn  das  ron  Perikles  geleitete  Volk 
bewogen  haben  könne,  den  Sophokles,  und  zwar  um  seiner  Autigoue 
vriUeUi  Mne  der  GnmunAtiW  AxisioplMneft  in  sefnem  Argamnctie  der- 
•dben  bexengt»  dem  Perikk»  «k  Sti«t«geik  snr  Fübniiig  des  Smij«dbe& 
Kriegs  beizugesellen,  so  darf  man  woU  zweifeln,  dafs  sich  diese  Frage 
durch  die  künsilcrischc  VorirefTlicltkcü  Tragödie  allein  genügend  be- 
antworten lasse,  da  dieser  Giund  \üx\  semer  Wirkung  gar  zti  verschie- 
den, ist,  auch  kein  andres  noch  so  vortreillicbes  Stück  eines  alten  Dra- 
matikers fibnliciheii  Erfolg  bewirki  bat«  Der  einuge  mir  Indtamite  Fallt 
weläier  aicih  mit  dem  da»  Sophokles  vetgldchen  lieTw,  würde  der  toh 
Adian  (<)  enählie  seyn,  daJf  !Hiiynichos  wegen  setner  Tragödie  Ilv^^at 
zwm  Strategen  gewählt  sei,  wenn  nicht  in  Aelians  i  iVhif^.  dessen  Un- 
Kuverlassigkeit  sich  schon  durch  die  Ei'W'Shnimg,  l'lu  y uichus  sei  auf  der 
Stelle  nach  Atifluhrung  des  Drama  von  dem  yersamiuciien  Publikum 
gewihlt  worden  {wrm  aqa  ntmxTf/fmo  tl  ^tar^ev  xal  ex^dni/n  nhr  «v^w- 
taw,  wtff  va^KXffiiM  dSriv  «^vr»  r^arv^),  an  erkennen  g^dbc,  der  Straiag 
Fhiynidutt  mit  Pfarynidios  dem  Dichter  der  Tragödie  Uv^^r/jou  (-)  offen- 
bar Ewsammenqe70£>en  wäre.  Und  doch  solltf»  er  auch  nicht  wegen  die- 
ser Tragödie  im  Allgemeinen ,  sondern  um  einer  in  ihr  liegenden  be- 
stimmten Veranlassung,  nelimlich  um  der  in  ihr  vorgekommeneu  kriege- 
nsdien  Gesänge  und  Täiv«  willen,  die  Strategie  erkalten  baben.  Das 
«tbeniscbe  Volk  mnfs  also,  avfser  dem  Konstwartbe  der  Antigone,  wobl 
nodi  einen  beatimmieren  in  ibr  liegenden  Gnmd  gdiabt  haben,  den 


(i)  rar.  nisi.  m.s. 

(a)   Schal.  Arisioph.  ad  Fespas  i58o.  ^.  Sehoi.  ad  Aves  749  ed.  Lipt. 


16 


■ 

S  ü  V  s  n  BT  Sfer  ebiige  hutonsehe  und  polituehe 


Sophokles  zum  Strategen  mit  Perikles  zu  erwählen,  und  in^orin  er  bestan- 
den darüber  giebt  meines  Erachtens  nebst  der  bemerkten  Hinweisiing  auf 
Perikles  dt«  in  den  beid«n  angeführten  SteUmi  tusgesprochne  politisch« 
und  disciplinarüdi«  Gesinnung  und  die  pragmalisch«  Haupt  -  Tendcms 
dieses  ganztm  Drama,  vorin  dieselben  wesendidh  eingreifen«  befriedige 
den  Aufschlurs. 

Die  Handlung  der  Antigonc  besteht  nehmlich  in  dem  Conflicte  des 
gölllichen  Rechts  mit  dem  mcnscbiichen^  motivirt  in  der  Antigonc  durch 
Bleligion  und  Brudedüdie,  im  Kreon  durch  Gefühl  für  Königspflicht  und 
Hemcherwflrde,  aber  gereist  und  getriehen  von  beiden  Seiten  dnrdi 
Leidenschaftlichkeit,  trottigen  Eigenwillen  und  Abweichimg  Ton  der  den 
Menschen  ziemenden  irui^^aT!»n\,  deren  Folgen  auch  beide  treffen,  den 
Kreon  jedoch  schwerer,  weil  nicht  menschliche  Gewalt,  sondern  die 
Msdit  der  Gölter  selbst,  deren  Recht  er  verletzt  hat,  ihm  entgegen  steht, 
auch  seine  Gemüibsart  die  der  Axfügone  an  Heftigkeit,  rascher  Unbeson- 
nenheit und  Terblendeter  yermessenbeit  yrnt  ühertrilft. 

Dafs  hierin  die  Handlung,  bä  der  ich  mir  etwas  zu  verweilen  er- 
laube,  in  Hinsicht  nxif  dir  in  ihr  mit  einander  entzwcieteu  Kräfte  richtig 
gcfafst  sei,  geht  schon  1  u  lus  hervor,  dafs  weder  die  Eine  noch  die  An- 
dre der  dieselben  \crtrcienden  Ilaupipersonen  blols  aus  persönlichen  An- 
trieben, sondern  als  Repräsentanten  der  höhem  Motive,  die  in  ihnen, 
wirksam  sind,  handelt.  Demi  nicht  durdi  peraSnliche  Neigung  und 
Brudei-liebe,  obwohl  diese  sehr  grofs  ist  (Ys.  45*  73.  8i.  Sog.  fg.  SgS.fg. 
in  welcher  letztem  Stelle  jedoch  das  von  der  Frau  des  Intaphemes, 
wahrscheinlich  aus  mündlicher  Tradition,  cnllchnte  Argument  in  dem 
Munde  der  Anügone  ein  etwas  sophistisches  Anselm  hat),  allein  getrie- 
ben wagt  es  Anügone,  des  Königs  Befehl  verachtend,  ihren  Bruder  zu 
bestatten,  sondcni  «dt  mehr  aus  Gehovsain  gegen  die  ewigen  G«setM 
der  Gölter  und  aiu  Sdun  TOt  don  hdligai  Recbte  der  Unierizdisdien, 
das  ihr  höher  gilt  als  Kreons  Machtspruch  und  ihr  eignes  Leben.  Das 
bekennt  sie  von  Anfang  (Vs.  j^.  \m\  89.),  am  bestimmtesten  aber, 
als  Ki-eon  sie  wegen  TJeberlrclung  seines  Verbots  tviv  Rede  setzt,  stellt 
sie  ihm  (Vs.  44^'fg")  «las  Recht  der  Götter  der  über-  luid  Unterwelt 
entgegen : 


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jittspidungm  m  dof  alten  TiugSdh. 


17 


IVicht  Zou  ja  war  es,  der  den  Hcroldsruf  gecandt, 
Midit  DU»  ittdi,  Milwolueim  der  Unft^rwelt, 

Die  Rcclit  und  Oixluung  bei  dm  Menschen  stifu-tcn  ('); 
Noch  meint'  ich  habe  dein  Gebot  so  grofsc  Kraft,  • 
Da&  über  ungeschriebnes  {-)  cw'gcs  Göltcrrcchl 
Ich  Sterbtidie  vemaBgle  leck  hinwqpmgehn. 

Denn  hoiilt  tiiclit  uiul  grsti  i-ii ,  sotidern  ewiglich 
Lebi  dieses,  niemaml  kündet  wann  es  einst  erschien. 

Und  Dünid  adneneiid,  hA  dm  Göklen  BbIk  mir 
Veiacbukleii  u.  a.  w. 

Und  in  dieser  Gesinnung  beharrend,  nodi  am  Ende  (Ys*  916  fg.)  ihre 
Sache  den  Cöttern  anheimstellend,  ^eigt  sie  sich  als  ganz  und  gar  dem 
Grundaiotiv  angehurend  \ind  in  ihm  aufgegangen,  >velches  durch  sie 
virlUi  und  gewinnt  dadurch  auch  für  den  angeborenen  (Ys.  4O7  fg.) 
Ti'OU  and  Eigensinn»  der  iich  in  aDea  ihren  Reden  und  Handlungen 
ansdrAckc,  einen  edlan  CberBCter* 

Gegcnseits  gjebt  Kreon  euiili  nichts  von  persönlichem  Hasse  gegen 
Polyneiiet  £U  erkennen,  sondern  untersagt  dessen  Bestattung  lediglich. m 

(1)  TmV«.  4<7  !«l  bei  »vJ*  n  ^vmmw  He.  aus  'Vs.  .{46  w  wieierlwle»  ^»limttinfi- 
Trtä^.  Sixl.imi  i;i  lit  si  im  V».  i^.^fi  nicht  auf  tsTi- xäru)  ^iwv,  sonclrm  aul  Zitc  und  ^i'xx 
Msamnien.  Oie«c  heifst  hier  ^virttxot  rwf  lumu  SniS»,  theiU  weil  äberhaupl  auch  in  der  Un- 
lerwek  üedil  und  Cercditif^eit  hnnclit,  theib  nnd  TOfnehmlicli  in  wi«  fern  sie  die  Aceftte 
der  Todtcn  wolirtiimmt  nach  dvm  Fragim'iili'  ans  Alwlivlns  Phrv);I(  ni  Lei  Sli  hanis  Scrrn- 
elh.  CXXFl.,  wo  «  nm  ihr  heifst,  dafs  sie  des  uubeirdigtcn  iVidlrn  Zorn  vollstrecke, 
wf  dttp«>T»v  4  ^«xf  «fayw-fi  minv.  Diese  Dile  soll  mcli  bei  Aitchylos  Oiaifph.  40 
AfiaiucTiinon  nu's  der  Unterwelt  seinen  Kindern  zur  lliilfr  si  nJcii.  T^  iili  ii.  nirint  AntignDe, 
dem  i&eits  und  dieser  Dike,  also  dem  Rechte  der  Götter  der  Ober-  und  Unterwelt,  sind  die 
aMaschlichen  Hccbl«  iumI  OrdauBgcn  iiberbBU|il,  sowohl  die  über  die  LelMiideik  als  audi  die 
til»T  die  Todten,  entstammt.  Ich  kann  daher  ni<  Iit  .imlrrs,  als  im  Vi.448  "»'1  Ei  fm-d  t  r;  'v- 
lesen  Tür  dos  immer  sweideutige  rev«^'.  Jenes  iKantwortet  Kreons  Frage  im  Vs.  44  '>  nocli  tref- 
fender und  stellt  den  rtAti»  mW  !■  derseUien,  wosaiuf  lidi  das  nfS»  Ts.  44^  olndiiB  sehen 
hixieht,  dcmwillkührlielicn  Gelwte  des  Kreon,  das  allgemein  nii^uscMIilif  ("esftr  ontfjrgcn. 

{%)  Zu  den  cryfa bt«  ^t£v  viium  i«rdient  auch  verhieben  m  werden Oedip.  tjran.  B58fg. 
und  Geerv  pro  Mikme  eap.  41.  Est  igttnr  haee  —  mm  teripta  sed  natm  frur,  ^iwjn  itoR 
i/ii/ii  i'min ,  an  rpiriiii  ^ ,  l<gimus,  verum  <  .r  i'/i.ui  miiii'n  nrri/itiimus,  hausimus .  farpresn- 
rnui,  ad  quam  non  docti  sed  facU,  noit  insiituti  tcd  imbuti  -sumuj.  Einen  andern  Sinn 
lieben  die  Ayfi,^  rif^t  in  den  HTStericn  (Wytuabaeh  mt  PHitahn.  p»  i38.)  und  der 
myga<t<oe  ,        l»n  Plalo  dt!  Legib.  Flll^  p,  84f, 

Uiit.  plUhl,  KUtsse  1824.  G 


ift 


S  d  ▼  B  R  H  afer  «n%»  histoniehe  und  poSti»^ 


der  Ueberzeugung ,  ein  guier  Bürger  und  König  müsse,  gerecht  gegen 
die  Freunde  wie  gegen  die  Fein^  dos  YateilaiidM,  dem,  der  eich  ab 
Y>terhiid>feind  bewiesen,  euch  mit  Feindlichem  Tcrgdten,  und  ihn  im 

Tode  noch  von  dem  hei mtsdieii- Boden  vei bannt  hallen,  den  er  im  Le- 
ben bcki-iegl  hatte.  Das  bezeugt  aufs  deutlichste  die  Reilc,  'vvomit  er 
seinen  Befehl  ankündigi  Vs.  i()2-2io.  vergUchen  mit  Vs.  284  fg.  und 
Ys.  5i4  fg>  Nocli  auch  »>eiu  Verfahren  gegen  die  Antigone  geht  von 
personlidter  Feindschaft  ans,  sondern  Ton  Behauptung  de«  Belidils,  den 
sie  fibertreien  (Vs.  44* -44$)-  Brst  als  jene,  in  der  YorauMetning, 
Kreons  Befehl  sey  hauptsächlich  gegen  sie  und  ihre  Sdiwcsicr,  die  ihres 
Binidci-s  Leichnam  nicht  unbcerdigt  lassen  würden,  gemeint  (Vs.  3i), 
gleich  mit  Trotz  und  Hohn  (Vs.  4G6.)  gegen  ihn  auftritt,  mischt  sich 
in  sein,  schon  von  Anfang  au  sich  als  üufserst  cmpfmdlich  zeigendes, 
Geftilil  der  Heraschenmirde,  mit  wddMr  ungesu-afte  Verletzung  der  St- 
fentlicben  Gebote  nicht  besiefan  kdnne,  auch  persönliche  Erbittenu^ 
(Vs.  476  fg.  64g  ff;),  die  ihn,  immer  mehr  gereizt  dorch  den  Wider- 
stand der  ihn  Abinalincnden ,  so  Veit  forlreifst,  dafs  er  nicht  mir  über 
die  öffentliche  Meinung,  welche  das  Haus  des  Oedipus  zu  hegünsiigea 
scheint  (Vs.  390.  5o5.  686  fg.),  die  er  aber  als  Uemcher  nicht  glaubt 
beachten  su  dfirfen  ( Vs.  j5o  fg.) ,  sich  wegsetst  imd  die  Juaigfntt  ni 
schwerer  Todesstrafe  -verdammt,  sondern  auch  der  Wemungszeichen  der 
Götter,  von  denen  er  solion  früher  sich  nicht  überreden  konnte,  dals 
sie  eines  Vatorhindifeindes ,  der  auch  iiire  Heili^iliümer  zu  zerstören  ge- 
kommen v>Mn  ( Vs.  282  fg.),  sich  annehmen  würden,  nicht  achtend,  und 
den  Teiresias,  der  dui'ch  Vcrit^ündung  dei'  Unglückszeichen  ihn  zui*  Zu- 
rfidtnahme  seiner  Befehle  su  bew^jcn  sucht,  schniahend,  die  Ycrmefsne 
Erwiederung  der  ilun  YerLündeien  Augurieik  (Vs.  looS  fg.)  ausstölst 
(Vs.  10S7): 

Iticht,  wollten  gar  Zeus  Adler  rauLead  ihn  hinweg 
Zum  Frafs  sich  aufwärts  tragen  an  des  Gottes  Thron, 
Glicht  daau  auch  vrenl'  ich,  der  Eatweihung  sonder  Scheu, 
BtjgtiilMiifi  ihm  gesiMien, 

weU^  aticb  bei  dem  gleich  angefügten  Grunde: 

da  mir  wohl  iMwafit} 
Ms  GOtler  nie  ein  SmiUidln  euiweiben  kann ! 


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Anspielungen  in  der  alten  Tragödie, 


19 


nach  (1er  Voltsrolif;ion  fi cigcisterisch  und  frcveuillch  bleibt.  Auf  diese» 
AeoTserste  bricht  dann  auch  der  Fluch  der  Guiici-  durch  den  Mund  ihres 
heiligen  Sehers  unverholen  gegen  ilrn  aus  (Ys.  loui.): 

So  ytvs&'  auch  da  nua  «eher,  da£i  nicht  oft  sich  mehr 
Des  Sonnenwageo*  RMenwttbnlf  dreben  wird  (<) , 
Bis  deines  cigDOn  Blutes  einen  Spröfsling  du 
Ttxlt  Todten  lur  Ycrqeltung  wiedergeben  wirst; 
Weil  du,  nach  unten  stofsciul  aus  der  Oberwell, 
Ein  Ldben  ■dimiltlidi  in  die  QnSt  gebettet  baat, 
Dagegen  einen  Leichnam  hier,  des  Todtenrciclis 
Untbeilbaft.,  onbealana,  mgeweibl  bewabnt! 

Und  so  wird  denn  auch  Kreons  eiserne  Halsstarrigkeit  durch  das  eiloidi 
über  ihn  kommende  göttliche  Strafgcriclii  gebeugt  und  gebrochen. 

Das  allgemein -Tragische  der  Handlung  in  der  Anligone  liegt  also 
%ytax  in  dem  Doppelzwiste ,  worin  subjeciive  Freiiieit  nut  objectiver 
Nothwendig^t,  -rerbleadeter  Eigenwille  mit  dneot  hobem  Willen  und 
Geseue,  in  der  Antigone  mit  mensdiiiciiem,  im  Kreon  mit  göttlichem, 
ttch  gestdlt  hat«  «ber  ilir  eigenihttmliclier  Ldnlt  iMsieht,  wie  eudi 


(i)  Erfnrdk  leheint  mir  liier  doch  ganz  richtig  *(e%Fiw  «tolt  *p%«^<i  geschrieben  ni 
haben,  da  das  letztere  wn  «Iitu  M.\afso  der  Iladerkretse  .mf  dpn  Raum,  fl<'n  sie  in  ihrem 
Umschming  durchlaufL'ii ,  nud  dann  vrciter  auf  die  dario  zurückgelegte  Zeit  uljertragen 
weiden  müfste,  das  erslere  aber  gleich  metonymisch  Ton  dieser  genommen  werden  kann. 
Jenes  bedeutet  RaduinJk-luvingungen ,  Rotailüiicn ,  wclclic  ixjmische  Dichter  freiUcfa  nur 
durch  rata  ausdrücken  konnua,  wie  Virgil.  G<\»g.  If.  J.  Irionei  rata  orbis,  wo  Vof» 
uaclixulesen  ist,  welclicr  auch  diese  Sii-ll<-  drr  Aniigimc  nnfuhrt,  aber  rfoy^n^  m  lesen 
scheint,  wenigstens  das  r^.  äfnK.  'H>Jn  von  Tagen  erklärt,  wie  der  Scholiast,  der  «*  durdi 
f,uufa<;  gieht.  Aber  VDBlJmliufen  des  Sonnenvagens,  also  tod  Tagen,  kann  hiorTevesiaS 
nach  Ys.  94)6.,  den  auch  Scbaefer  anführt,  nidit  reden,  und  auch  nicht  wenig  Tage,  sun- 
dara  Augenblicke,  nachher  tödtet  sich  Habnon.  XKeie  «ber  werden  durch  die  geneinsaiBen 
UniAwingungen  (äiu^r.rri^  A.  i.  am  bXefAtw«.  Zu  vergleiehen  Ist  Aisebylos  Premetk. 
i5o.  imjvya'i/  ^eaS\-  diu».«!«)  der  Räder  am  Wagen  des  Helios  bezeichnet.  TOmv  (das  Fu' 
turum  aitieum)  bat  der  Dichter  gesetat  fwr  &«cf«>«r  oacb  dem  Begriff  von  |W)  miKvn  'ij^»», 
der  dem  u^i  in  rf.  uft.  'HX.  ualeriiegt.   Du  wirst  nicbt  rielb  Raduntiinringungea 

des  llelin:^  (1.  Ii.  die  7jeit  der  Radumschwingungen  seines  Wagens,  mehr  ztdlringen»  IJdin- 
ßca»  rergl.  iüjer  rgiyt^s  und  r^x^  aucJ)  Elmslej  sa  Eurip,  Medea  45> 


20^  SvTBHW  iiier  ernfge  hisiorisehe  und  poKtisehe 


Solgcr  (')  anerknnnt  bat,  in  der  Entzwciuni;  und  livm  Coiiflictc  der 
Religion  mit  dem  tiechtei  des  göiüiclicn  absoluten .  und  unbedingten  Ge- 
seiKS  nit  «km  nwiwAlicbqi  vdaiiven  und  liedingten.  Eine  «n  ticli  er» 
liabe&e  und  heilige  Sache  sondert  »di  hier  toh  der  hShem,  deran  Atis-. 
flufs  de  ist,  und  von  tvdcher  sie  nie  gelrennt  seyn  sollte,  VOtd  dieser 
Gegensatz  Avird  fMnjiörang.  Der  liüliern  Saclit:  niininl  <'iii  Vi'^P'^cn  sich 
an,  das  jener  unicryeordnet  ist,  und  so  edel  es  selbst,  so  grofs  und 
schön  die  Sache  ist,  die  es  veririit,  doch,  jener  mit  Heftigkeit  und  Trotz 
entgegenkümprend,  ehenlklls  in  Empörung  erscheittt.  Von  beiden  Thei- 
len  isi  der  Kampf  gegen  ein  den  Miensdben  Heiliges  und  Ehrwürdiges, 
der  Freiheit  Schranken  Setzendes  geridltet,  \un  jedem  gegen  eine  der 
zwei  Seiten  desselben.  In  welclie  nur  menschliehe  Willkühr  solche  Spnl* 
tung  und  Enigcgcnsol/.ung  bringt  luid  dadurch  Überali,  wo  dies  geschieht, 
Unheil  und  Verderbeu  lüftet.  Kreon  hat  einmal  den  Befehl  gegeben; 
dessen  Uebertretung  ungesti«ft  lassen,  würde  faeifeen,  die  Majestic  des 
auisem  positiven  Redits  und  der  KSnigswütde  aufopfern ,  auf  weldie 
die  Ruhe  und  Sicherheit  des  Staats  ^grÜTidet  ist.  Allein  dieser  Befehl 
schmälert  das  hülicrc  Rocht  der  Götter,  das  Redl i  selbst.  Die  Bande 
des  Bluts  bieten  für  dieses  eine  muihige  Veriheidii^e!  in  auf,  die  sich 
durch  keine  YorslcUiuigeu  der,  zwar  ihre  Schwester  liebenden,  aber  be- 
sonnener und  Torsicbtjger  auch  auf  der  Seite  des  weltlichen  Gesetzes 
sich  haltenden  Ismene  (*),  ahmabnen  lifst,  su  ihnn  was  Religion  und 
Bruderliebe  ihr  g^eten.  Als  diese  Tor  den  Herrscher  gesiellt  ihn  durch' 
troiziijpn  vSinn  reizt,  stirbt  es  thn-ch  Vorstellung  aller  auf  jenen  7.11  wir- 
ken get'igneien  Gründe ,  erst  mittelst  der  Ismene  durch  die  Liebe  des 
Haimon  zur  j\jitigoue,  einen  harten  Beschlufs  über  diese  zu  -verhin- 
dem,  dann,  ab  Kretfn  denaodi  «&sen  solchen  ÜUt,  nutteUt  sehies  eignen 


(1)  Sow«U  ia  dcrYomdenir  üciMrMtMiii^  dm  Sopliokla«  S.XXXI.,  dtwidi  ni 

der,  mir  erst  vor  Rur/cm  LtJ^aiinl  pnvordencn ,  Rccension  von  Schlr Reis  Vorlp^mgcn 
über  dranuliwlie  Kunst  und  ijtieratur  in  den  Wiener  JuhrbSchern  Bd.  YIIl,  .S.  loa. 

(a)  Der  Zweck  lolclier  Gogmisäiic  der  Charactere,  -wie  »ich  liier  twisclien  der  Aotigonfi 
und  Itmene,  der  Ohrysotliemi»  und  Elektr.i  in  der  KlektFüt  Vcrschmiutbeit  desOdysseus 
und  der  Ing^nuiUt  de*  Keoptolenios  im  l'Iiilokictes  u.  a.  m.  finden,  ist  nicht,  wia  der 
Sdtoluun  Mir  Ekitm  Vt,  3a«.  «ngicbt,  auf  blo(»e  rlietori<dbe  Antitbesea  (ii^ww  tiri»  ftt»' 


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Anspielungen  ui  der  allen  Tiu^ijie 


21 


für  (las  Recht  der  UnierirdisHicn  nicht  minJor  (Vs.  7  (5.)  als  für  Hic 
Verlobte  sli*eilent!cn  und  für  den  Vater  besorgten,  IiaupisSchlich  das 
Urllieil  der  Itürger  und  die  allgemeine  Tlieilnabme  an  dem  Schicksale 
der  Antiipwia  ihm  Torbkltenden,  Söbnes,  ihn  rar  Zarüi^ahine  desselben 
zu  bewegen,  endlidi,  de  «eme  VorsteHungen  u!nd  Bitten  die  Vollziehung 
der  scliwcrcn  Strafe  att  'der  Antigone  nicht  hemmen,  diese  vielmehr  dem 
wcliliclicn  Rccliic  nnd  der  wcltlirlun  IMacln  triit'gen  iimf^,  iriti  es  selbst 
durch  seinen  unmittelbaren  Boten  Teiresias  ein,  der  den  ieizicn  Vcisucb 
macht  gegen  die  Schmälerung  des  Rechts  der  Gölter,  und,  als  auch  die- 
•V  mifslingt,  ibr  Strafgpridkl  enkundigi,  dessen  ToUfireckang,  vom  der 
nnerwarteten  Sdbstratleibiuig  der  Antigone  ausgebend,  dann  den  Iloimon, 
ikrenf  die  Etirj  dike  ergreifend,  Kreon  sJs  ilir  Ziel  umschlingt  und  durdk 
ibr  gsn7.es  Ccwiclii  nJeikidi iicli. 

Man  kann  daher  der  so  t;cf;ifsicn  Handlung  nicht  die  Einlicii  ah- 
iqprechen,  nicht  sagen,  die  Ti-agudie  sei  in  dem,  was  sie  nach  dem 
Abginge  der  Antigone  nodi  autführt,  über  die  Grensen  der  Handlung 
hinausgegangen*  Vielmehr,  wenn  sie  mK  dem  Ende  der  Antigone  sidk 
schlösse,  wäre  die  IlandliHtg  unTollendet  gebiiehoi,  indem  das  menscb- 
llclie  J\eclu  dann  Jen  Sieg  davon  gelitij'cn  liiittp  und  der  Gcgcnlwnmpf 
des  gi)(ilichen  nur  webrlus  und  ohnmächtig  hervorgetreten  wäre,  der 
grofsere  Sieg  des  letstern  aber,  der  ?ialtu*  der  Sache  nach,  erst  die  Mand- 
Itutg  eredkdpft.  Dar  Schein  ihrer  Duplicitiit,  weldien  man  darin  er* 
blic^  könnte,  dafs  das  Geschick  dner  andern  Person,  als  detjenigen, 
wovon  das  Drama  den  Namen  hat,  und  welche  man  daher  als  Haupt- 
person betrachtet  ,  die  Handliuig  endigt,  entspringt  f»l??o  nur  aus  ihrem 
Gange,  den  aber  Sopliokles ,  um  ihren  Grundgedanken  auszuführen, 
nicht  anders  anlegen  konnte,  indem  Kreons  Urlheil  gegen  die  Antigone 
nothwendig  erst  ToUtogen  seyn  mnfste,  ehe  die  Götter  sdbst  ffir  ibr 


««M&^  Tiw  mm^^iinn  ra  h^tiiuna),  aocli  aklit  darmf  »Btm  besdirliikt,  idkAuAim 

firgi'ns.iiz  Ji-(li-r  CKaracter  in  sein  eigenlhümlicliis  Litlii  f^usielli  Mfixlc  (J.n-nlis  in  den 
Nachträgen  zum  Salter^Xh.  4t  loB.),  Kuidern  liegt  xunädut  in  der  JJutimmung, 
«ddw  jed«  Penon  in  m-  Rradling  lut,  vni  -wdidie  mir  durch  die  theMimialB  BÜdiMg 

ihres Characler*,  Ycrmögc  Ji  n-n  sir  a-iF  ciiiw  iikfn  miU,  crn-Iihl  werden  knnii,  worau« 

dran  die  Contrafte,  ihr  gegenteilig  crh^Ucudcr  ECEecl,  und  alles  Andere,  Ton  selbst  tlid'sen. 


22 


SüTSRir  ä£er  «nc^  hüUtriseh«  und  poBtuche 


zwiefach  beleidigtes  Reirlii  eiiuieicn  (')  und  durch  die  Folgen  der  Ver- 
uitheilung  Jener  ibn  selbst  strafen  konnten.  liientit  lial  also  eine 
ganz  «ndre  Bewandbifs,  «Is  man,  nundum  StiUAeii  det  Eunpides,  e.  B. 
der  Hekabe,  in  iwelcher  die  Radie  der  Hdube  •m  FblyviMtor  mii  der 
Torhergegungenen  (^pfeniDg  der  Polyxena  nicht  den  mindesten  inncrn 
Zusammenhang  hat.  Ahpr  Aehiilichlcii  mit  der  Form  der  Handlimg 
in  der  Antiyone  liul)en  ilic  rraohinieririnen ,  wo  auch  aus  dem  T.^iiheil, 
welches  Deianeira  dem  Herakles,  jedoch  unwissentlich,  bereitet,  ihr  eig- 
nes Verdeilien  entspringt,  nnr  mit  dem  nicht  unwichtig  Unteridiiede, 
dafs  jenes  spiter  vollen  Erfolg  ;  luii,  als  dieses,  bdefs  ist  eben  dies  audi 
{j^ttdelt  und  bekanntlich  Aon  A.  W.  v.  Schlegel  mit  als  Grund  angefühlt 
uroiden,  die  Trachinierinnen  dem  Sophokles  abzusprechen.  Ich  süinme 
Hermann  {^)  darin  völlig  hei,  dafs  es,  \\m  Sophokles  zu  verihcidigcn, 
nicht  ndthig  ist,  mit  Jacob  (^)  —  der  überhaupt  zu  sehr  geneigt  ist,  in 
den  SophoUcSsdien  Tmgodien  nur  eifaische  Allegprieen,  worin  dodi  nnr 
ihre  untergeordnete  Bedeutung  liego»  lunn«  tu  erbUdtcn  —  die  grofae 
lind  nnbeiUmngende  Gewalt  der  Liebe  als  Hauptinhalt  des  Drama  anzu> 
nehmen,  und  das  EnJ«  der  arbeitvollen  irdischen  Laufbahn  des  Heros,  do 
rcn  Kj>eis  auch  hier  vor  ilirem  Schlufse  noch  in  der  Erinnerung  durchlau- 
fen wird  (Trachin.  Vs.  loÖD  fg.  und  loöo  fg.^,  als  solchen  aufzugellen. 
Dies  leixtere  mtd  in  seinen  naher  und  entfeitMer  liegenden  Unachen 
in  der  ersten  grofsem  Hälfte  des  Stdickes  voUsUbidig  entmciteh,  und  ist 
Herakles  dabei  audi  nidit  selbst  auf  der  Bühne  gegen\vürtig,  so  Ist  doch 
alles  auf  ilin  gerichtet ;  erst  Sagen  tmd  Gerüchte  über  ihn ,  dann  die 
lebendigsten  Berichte  stellen-  ihn  der  Phantasie  immer  t^ef^cnwärtiger,  bis 
er  selbst  erscheint  und  die  Krone  der  Üandiuug  sich  nun  vor  den  Atigen 
entfallet.  Hiite  aber  der  Dichter  bis  dahin,  wie  Hermann  meint  da£i 
habe  geschdm  kdnnen,  Deuneira  anibewahrt;  so  enistand  ihm  die  grobe 


(i)  Ycrgl.  «ach  Jacob  Quant.  SafAod.  p.  35a  fg.   1Tnrichti((  ist  indefi  waut  B»- 

nierkuiig,  KrtKin  hüfve  nicht  weil  er  die  BcstatiLiiig  ilrs  Polyncikcs  yrrboten,  sondern 
weil  er  die  Aatigone  so  iurt  ^traA.  Dafs  er  für  beide«  liüijrt,  g^bt  atu  der  obea  ao- 
«efilirtai  Stdk  ^«1%,  }oS5.  i«S6.  harvor. 

{»)  Pnt^,  ad  TVwcÜM.  p,  FliFt^. 

(S)  /.  c.  p,  aßH  fg. 


jintpiglwigeH  in  der  düteA  Tragödie. 


33 


Schwierigkeit,  wie  er  sie  enden  lassen  solle.  Nach  dem  Beispiele  des 
Lichas  konnte  sie  selbst  sclion  vorhei'selm ,  was  iht'  in.  diesem  Falle  be- 
TOtsidtkd,  und  dafs  der  Dichtet-  d«m  ungehenreit  Uebdstande,  es  dahin 
luMlIitaien  m  lanen,  durch  ihren  InIhArn  freiwilligen  Tod  habe  Torbeugen 
wollen,  giebt  er  deuüich  genug  duixh  die  ErLIitt-iung  des  Hyllos  selbvt 
gegen  seine  Mutier  (73 1  fg.  8o4fg.)  ehe  er  durch  ihren  Tod  den  Zusam- 
menhang ihrer  That  erfahrt  (928  fg.),  dann  noch  mehr  dun  Ii  die  natür- 
lich gegen  sie  allein  gerichtete  heftige  Stimmung  des  lieraklcs  selbsi  zu 
eAennen,  -  womit  er  diesen,  che  er  seines  Geschickes  inne  wird,  einffihit 
(Vs.  loSi-'ioSS.  1097 fg.).  Jetst  hat  ihr  Bode  nichts  Widrige,  nodi 
erfolgt  es  auf  eine  empörende  Weise  oder  unter  widerwärtigem  neuen 
Zwiespalt  zwischen  Hyllos  lud  den  Ansprüchen  seines  Vaters  und  dem 
Mitleid  gegen  seine  Mutter,  wovon  bei  andrer  Oelcononiie  des  Drama 
das  Eine  oder  das  Andre  schwerlich  zu  vermeiden  war.  Dadurch  dafs 
aUnn  die  grofaariige  Erge'bung  des  Herakles  in  sein  Geschick  imd  der 
freie  ISntschlufs,  womit  er  dessen  infsem  Erfolg  cu  seiner  eignen  That 
macht,  an  den  Schlufs  des  Stückes  tritt,  wird  «nch  dessen  Hauptwirkung 
in  einen  relnern  Toialeindruck  versammelt,  in  welchem  nach  der  Absicht 
des  Dicliters  das  Schicksal  der  Deianeira  nur  ein  tintergeoi-dnetes  Ele- 
ment seyn  sollte  (').  In  der  Antigunc  dagegen  lalst  sich  nicht  läugnen, 
dafs  dei'  Eindrucl,  den  der  Todesgang  der  Jungfrau,  von  dem,  welchen 
das  Schicksal  des  Kreon  madit,  sdir  Tendiieden,  und  mdm  der  nie» 


(l)  Man  Vdrintc  .ilü  nirlif  Snplioklnsrli  iin<l  der  gcliAhnm  FaMilDg  de»  Hrrnllrs  nicht 
entcprechend  auch  rügen  die  gereizte  und  erbitterte  GianiitliMtiiiunung  des  Hollos  noch 
Vs.  ia5.(-t364.  Dine  i>i  jedoch  Qot  dem  mtürlidien  Gciübl*  de*  JiagUngt  hei  den 
'jiliitzliclicn  vr-rli.iiii^iiifsvoncn  Fndo  i!i  r  Miiltfr  und  des  Vaters  zugleieh  (Vs.  o''»-)  t- 
idurtiu  und  Leweiset  so  ivenig,  als  die  von  der  gcwüUnlichcn  Sopholleisclun  vcrscliiediie 
Form  des  Prolftg*.  Veberdeni  weitet  y*.ia6o.  ni  wc  »Sii  iii»j>i^'  eCitU-  >  r  :^^;  aus  dem 
Luiden  der  Gegenwart  auf  die  dfm  Hrros  in  spinmi  Flnmmi'nt'Mlf  be»orstehende ,  jedem 
Griechen  bekannte,  Vergötterung  hin,  in  wclclwr  vcrkldri  ihn  .SoplioUe»  im  PLiloWtete« 
auf  Lemnos  ersclicinen  läfst.  Aueh  tm  dkr  AehnlichLeil  «inigar  Stdka  Iwi  Euripides 
mit  andern  in  den  Trachinierinnpii ,  wovon  Ruck  Ii  «clion  fprarc.  tra^.  princ.  p.  xJÖ.J 
verglidien  hat  Orcst.  i3a-i73  mit  J>{«.7«/rt.  <j64-9yi>  m»!  Ahni.  ij.J-ii|(>  mit  Trachin. 
^Oi^ißt  ™d  wovon  noch  verglichen  werden  kann  Trarhin.  tio'i  u.  iio5  mit  Hippolyt, 
l457ll<l4S8t  und  Trmchin.  4t><>  mit  fieraclid.H,  wo,  auch  nach  jener  l'orallelstelle,  wohl 
w>ttrm  Ilatt  trXiwwr,  wdcfacs  £lmsley  liat,  bergcslelU  werden  mtifs,  itt  aichu  gegen 
die  A«cfatbeit  dieses  Uttum  su  feigem. 


24  S  ii  T  ■  k  X  ü&er  ea^gs  kistontdta  uad  iiolilt$ehe 

derheiigcndc  durch  den  erhebendem  und  beruhigendem  am  Schlüsse 
des  Siücka»,  'wie  in  den  T^adumerinnen,  beüegt  und  Tenchlungc^ist. 
Bradite  dies  «ber  der*  nach  dem  oben  Benerltien»  oidkt  andeii 

gendc  Gang  der  Handlung  schon  mit  sich ,  so  -wird  es  überdem  noch 
\vahrschcinlich .  dafs  Sophokles  tiiescn  für  eine  hc'iolulie  Absicht  seiner 
Anu^one  bcnntn ,  und  deren  Ausdruck  Tomehmlich  noch  in  ihren 
Scblufä  gelegl  liabe. 

Wenn  nchmlich  die.  Handlang  dieie»  Dnua  twar  den  allgemei- 
nen ajrmboliieheo  Sinn  der  Tca^die  äberiianpi,  welcber  in  der  Bar- 
sielhing  dea  Vcrhähnisscs  der  Freiheit  zu  den  nidkt  Ton  ihr  abhängigen 
Schranken  einer  höbern  OrclntiTig  gegründet  ist,  und  daher  aiuli  die 
Warnung  vor  verblende! cm  Eigendünkel,  vermessener  Selbstüberhebung 
und  trotzigem  Starrsinn,  ihcilt,  so  liegt  doch  in  dem  ihr  eigenthümlichen 
Inhalte  anch  noch  ein^i  betondre  Bedeutung.  Diese  geht  faerror  aus  den 
Charakteren  der  Hauptpersonen,  -wdohe«  iivenn  gicacb  in  den  jMSecten 
nur  dem  Grade  nach,  doch  in  den  Motiven  wesentlich  verschieden  und  , 
ganz  den  Sachen  s^emafs,  die  sie  vertreten,  gebildet  sind,  indem  Amigone 
die  Siichwnlterin  der  Il^ligioii  und  Ihudeiliche ,  voll  Begeisteriuig  und 
mit  einem  über  ihr  Geschlecht  sie  erhebeuiicn  Mulhe  liandelt  und  leidet, 
den  Kreon  hingegen  das  Rodht  der  menschlidien  Gewalt  und  Ordnung, 
dessen  Sache  ei-  führt,  nvr  mit  hochCahrendem  fe'stem  Sinne  und  Eifer 
eifnllcn  kann,  den  Widerstreben  erbittert,  Ei  kenntnifs  der  Gefahr  schnell 
zur  neue  bringt  fVs.  1082.)  und  das  Unglück  bricht.  Ferner  aus  dem 
Gange  der  Ilandhing,  wie  er  oben  im  l^mrifs  gezeichnet  ist,  indem,  als 
die  Person,  weiche  diu  Saclie  des  gutilichen  Rechts  geführt,  dem  welt- 
lichen nur  zu  schwer  gehüist  bat,  jenes  s^st  eingreifi  nnd  den  lieber- 
treter  noch  schwm»*  sddigt  durch  die  Folgen  der  über  jene  Terhäng- 
len  Strafe.  Endlich  erheih  sie  aus  dem  versdbiednen  Geadiicke  beider. 
Amigone  biifst ,  denn  auch  dem  menschbeben  Gesetze ,  das  sie  positiv 
übertreten .  nuif?!te  Genugibuung  werden.  Aber  gegen  sie  persönlich 
streitet  nur  dieses,  nicht  die  ei^zürnte  JLicht  der  Götter.  Sie  ist  ver- 
flochten in  die  von  Latos  anhebende  Entzweiung  ihres  Hauses  mit  der>  ■ 
selben,  und  auf  thr  ruht  dessen  hieraus  enispruttgencs  Geschick,  dessen 
Wirksamkeit  sie  selbst  durdi  ihre  That  gegen  sich  aufregt  imd  dem 
Kreon  Erfüllung  giebt,  und  der  Dichter  hat  auch  nicht  übersehn,  dies 


^  j  .  Li  by  Google 


Anspielungen  in  der  alten  Tragödie. 


25 


Drama  mit  dem  Kreise  der  gröfscm  Handlung,  der  es  angehört,  durch 
Lerrlielie ,  gleich  von  Anfang  an  (Vs.  2  fg.  4«)  fg.')  vorspielende  ,  aher 
eher  nicht,  als  da,  sso  sie  voUe  Wirkung  thun,  nehmÜch  in  der  ge- 
•td§enen  Kritii  (Y».  589  fg.)  und  in  dem  K«iiuipiiiicie  der  Hendlan^ 
(Vf.  849-860)  recht  Juerrortmende  Qndeittnii^  su  yerwdMn. 
Ihr  Ende  ist  darum  nicht  fürchterlich ,  oder  niederschlagend ,  sondern 
die  üher  sie  verhängte  Todesstrafe  in  ein  Dnnkel  gehüllt,  das  sie  mit 
einem  Schein  von  Heihgkeil  uuigiebt,  wie  denn  dieselbe  auch  im  Alier- 
thume  nur  iiher  Personen,  die  man  unmittelbar  zu  lüdicu  niciu  wagte, 
Terltingt  «oide,  und  «udi  funi  Kreon  so  gemeint  ist  (Vs.  771  fg.  876  fg.). 
Wider  dteien  streiiet  degq^  der  Zom  der  Hwnmlischen  und  vecfafiagt 
jüher  ihn  ein  Strafgericht,  das  schwerer  als  der  Tod  ist.  In  der  Anugone 
kann  die  heilige  Saclie,  die  sie  Tfirtrilt,  und  das  Erkcnntnifs  ihres  Ge- 
sohiekf't  dpTi  fiüliem  Trotz  auch  wieder  mildem,  ihr  Gemüih  zur  Ruhe 
stimmen,  und  dieWehmuth  darüber  ausgiefsen,  womit  sie,  ihre  Schuld 
irie  ihr  Redit  den  Göuem  «nhcunsteiUend  (Ys.  916  fg.)  ('),  sich  ei|p«bc, 
und  den  Tod  nicht  tcheuet  bei  aller  Lidte  siutt  liCben*  Kreon  •  ivio*  * 
irohl  nicht  für  Schleditigkeit  gerechten  Lohn  emdtend,  kann  doch, 
im  entschiedenen  Bewufstsevn ,  dafs  iiehülirende  Strafe  der  Götter  ihn 
treife  (Vs.  i258.  i5oifg.),  sich  niclu,  wie  Antigene,  üher  sein 

Schicksal  ci-heben,  sondern  nur  einen  durch  jene  gebeugten  imd  zer- 
knirtchtan  Sinn  leigen.  bot  Todeagpnge  der  Aniigone,  weüdior  irfuip 
streitig  das  JTaweel  diceer  Tingfidie  ist,  wirket  der  Jungfrau  Ton  lind« 
Sehnsttcht  nach  dem  noch  kenn  genoesenen  Ldien  (Vs.  807  fg.) ,  aher 


(l)  Die  liier  in  Vs.  'JI7.  yorg('S<:lil.igcin:  Acnderung  de*  Ktt^ivrt^  in  ua-r-ciric  vrr- 
•uttet  den  G«danLea  und  scrstürt  du  durch  %a^vm  im  ^yffMttt*»  ausgedrückte  <o  oft 
TorlLoiiniMnde  «pridiwaiiliclie  m&wru  m&A  oder  'gtwm,  worober  i.  Matthiae  mitceL 
philol.  T'ol.TI,  p.  \  und  BloiuficlJ  III  .'frschj'l,  Agam.  170,  ■welcher  aber  iinriclilig 
cilirt  Oed.  Col.  i.{5.  anstatt  Trac/iin.  i43.  Dem  ttebt  das  rö^«»»  und  i^üo-a  Ts.  gig 
fei^fiber,  wddwt  auf  das  dieiifiillR  spricliwörtKelie  igarmm  wtt^iSt  fSloi.  Ect.  phyt.  tV^ 
■i.I-  i'i! .  ürirrn.    Ai'schyl.  Choiph.  Agam.  i565.  Sop^j      s  Tx'im  Theophilus  ad 

AuioljKum  IX,  54.  ed.  fVolf.J  anfielt.  Svyyra^i>  braucht  nicht  nothwendig  in  der 
IMUtuag  des  «ufieni  EingMtdiU  f^CMHiiiiwii  cn  -wodai.  E>  ut  diW  mkIi  «iiAl  iiA- 
thig',  n-a&oiT«;  stif  cinf  Strafe  in  der  I'iUrrsvnlt  zu  hriiclm  ,  an  wrlrln  Anti^^  iiir  nach 
V*.  65. 73  fg.  455  u.  8Bg  fg.  auch  nur,  wenn  sie  die  Bettattiuig  ihres  Bruders  uiitcrUM«ii, 


Büt^  fMol.  KlaUB  1834. 


26 


S  V  T  B  K  n  über  etn^  histeraehe  und  ptMtuehe 


auch  von  der  Crulse  ihrer  That  und  Strafe,  •von  dem  Gesrhirk  ihres 
Haust»  uiid  der  Eriniicrung  an  ikrc  Yorang^angcnen  von  ilu-  bestaiietcn 
Lktoi  dnicbidnuigeiie  Gcmfltliifassuiig,  von  dw  Cborei  Gesängen,  die 
an  yendualdang  und  Redit,  an  Unaliinderlidikeit  des  YeiliiafiiuaMt  und 
alte  Beispiele  erinnern,  nmtönt,  und  eine  Fülle  der  zartesten  Bilder  und 
Worte,  -wodurch  sie  die  Vorstellung  der  Todesart,  mildem,  da  die  Jung- 
frau (\'s.  8i  1  fg.)  iTihmToIl  und  mit  Lobe  gekrönt,  nicht  Ton  nässender 
Krankheit  verzehrt,  nicht  vom  Schwerdte  hinweggeraflt,  sondern  iVei  und 
Ulieiid  und  in  ahgeidaedener  EinninLait  cum  Hadca  hinalMteige  (*) ,  ja 
Alles  slinunt  snaaninieo,  deni  an  «idi  bejaiiiiiMnMwfinltgeifc  Falle  das 
derschlagende  7.\x  benehmen  und  ihn  in  einem  rührendall  ttnd  zugleich 
erhehenden  Lichte  darzustellen.  Der  Schlufs  hingegen,  vvelcher  den 
vorher  so  hochfahrenden  und  halsstarrigen  Kreon  tief  gebeugt,  ja  zer^ 
knirschi,  als  ein  Bild  des  tiefsten  Jammers  darstellt,  hat  nichts,  das  Ge- 
atfith  am&unchten,  sondern  wirft  es  nieder  dnroh  daa  adiwere  8Mi%e- 
rickt,  über  welches  andh  Kveon  aidi  tanäoi  in  erlidien  ttaema^t  nnd 
überläftt  es  dem  Gefühle  der  Nichugkeii  menschlicher  IVIacht  und  ihrer 
Gebote  gegen  die  evvige  Ordnung  und  Macht  der  Götter.  Und  so  kann 
Aniigonc  Bewunderung,  Kreon  nur  Mitleid,  aber  auch  nicht  weniger  als 
dieses,  da  er  wohl  durch  Schuld  und  Verblendung,  aber  nicht  dtu'ch 
Sefalechiigkeit,  in  diesen  Jammer  versenkt  ist  (^),  erregen. 

An«  dieser  ^tung  beider  Sadien  gegen  einander  g^t  henrorj  dafs 
SopboUea  smur  einerseits  deoa  weltlidien  Rechte  und  der  lifii<geifidien 


(i)  Gegen  die  von  Erfurdt  aupjcnommone  unstalüiafte  Erlilänuig  dra  ne;r  Sij  Svarüv 
in  Va.  8i5.  durch  daa  löi^  um  xatfip  des  Sclwliuien,  welche*  auch,  wie  Uermana 
bemerkt »  nicht  lu  MWnr,  «Hiileni  zu  ndiiMtm  gebart,  heuA»  idi  ideb  auf  T«.  878  and  91«. 

und  vcrglrirlic  Trachin.  2*8,  wo  nj-Trci'  i'r.'^yjrrj  i-  "-i.-'i  lirilst  ,,Ton  Mrnsrhen  abgesclilcdcn", 
wie  Phitociet.  «S3.  fuCvot  ös-  «A>,»r.  Uebrigen*  iHDieikc  ich,  dal*  hier,  wie  oft  bei  dem 
Alten  (Sebeneraa£i,pjiocl.£befniV«.456>.  Buschk9mmketitentieap.i^tg)  tet 
Begriff  de«  Iladcs  und  de«  Grahc$  niMIiilDeDgcflos«cQ  i»t. 

(a)  E«  darf  aber  nicht  überscjjii  wprden,  dafs  der  DicIittT  nicht  ohne  RücLsicht  Ml( dCA 
■einer  Stadl  eingowurzeiten  Tj riumeiiliafs  die  Ainigonc  mag  gehoben,  dagegen  im'SiMB 
dm  ailgeRieinen  Typus  fiir  die  Charactere  der  Tyrannen,  wie  er  «ich  wuälk  im  AigiclhM  IB 
der  Miektra,  im  Agamemnon  im  Aias ,  im  Oidipus  im  Oedipus  lynuaiUS  findet,  dufdi 
Boncbersiolz  und  selbst  den  Göttern  Trotz  bietenden  hochiaLicnden  Sinn  mag  auagedrAcbt 
bihea.  IMeNr  Eialbilii  aatioadcr  Aifeeli«n  anf  di«  Bildung  tddasr  Omaai«  i»  dan 


Anspielungen  in  der  alten  Tragödie, 


27 


Ordnung  nichts  hat  vergeben,  aber,  in  ihrer  Collision  rntt  dem  göttlichen 
Rechte  >  ein  bei  'weitem,  gröf»eres  Gewicht  uui  diesem  hat  legen  wollen. 
DieM  idhdnt  «idi  am  Sdduaae  nödi  «m  itirksten,  und  in  dielterstdhiiig 
des  Kreon  zwisdien  den  LncSicn  aetnea  Solmes  und  seiner  Gattin  zwmu* 
mengedrängt ,  auszudrücken.  Jene  geleitet  der  Ton  der  Gruft  zurück- 
kelirende  Vater  selbst  (Ys.  12/(2  fg-)>  diese  erbbckt  er  vor  sich  ia  dem 
nach  der  Bühne  geüifneten  Hause  (Vs.  i265fg.  1279.  12S1  fc;.). 

Solche  Ausstellungen  auHser  der  Seen«  gelüdiciur  Pcisoucn  iu  der 
■Iten  Tragödie  haben  in  Allgameinen  den  Zwe^  der  Yerunnliclniiig»  Ei 
itt  nekmlich  bcSiannt,  dafi»  in  dendben  oft  die  wichtignen  Eretguisae  einer 
Handlimg,  selbst  die  faciischen  Resultate,  in  denen  «e  alUinfk  und  ticb 
erschöpft,  nui-  diuch  den  Mund  von  IVliiielspcrsonen  vor  die  Zoschaucr 
gebracht  werden.  Die  Gründe  hievon  sind,  so  viel  ich  sehe,  nach  den 
jedesmaligen  ümsiänden  verschieden,  bald  weil  die  iumordimg  der  Kin- 
der durdh  thte  Mutter,  des  Gatten  dvrcli  die  Gauin«  der  Hntier  dnrcli 
den  Sohn,  sn  vnnatflrlich  und  giifslidk  war,  nm  dffigilich  TOrg^tellt 
Stt  werden,  bald  tmd  tlieils,  ^vciI  eine  solche  Tliat,  oder  eine  Selhst- 
enlleibung,  auf  dem  oireniüchen  Platze  und  in  Gegenwart  des  Chores, 
wo  die  ganze  Handlung  vor  sich  ging,  hatte  verhindert  werden  müssen, 
bald  weil  der  Ort  ihrer  Vollziehimg  schon  der  Umstände  wegen  von 
der  Scene  entfeint  isjn  mnlste.  Denn  daft  es  nidit  immer  zur  Ab- 
wendung des  Uutigen  Sdianqpids  geschdu  sei,  ifaräi  stiumie  väk,  wenn 
es  ^cb  unnmstoftlidi  ivahr  bleibt,  dals  die  griediisdie  TragSdie  nicht 


TngSdia  Si^liokles  ist  sichtbar  aucb  darin,  daA  der  Kreon  in  der  AntigHMidCBlliB* 
lidiar  tst»  inldMir  im  Oediptu  Cohneut,  ab  deaii  ireldier  in  Oedipus  ij-rannua  vorgs- 
•tellt  wild.  Demi  in  Xmem  craelMUBt  er  nodi  nicht  nur  Bemdiaft  gelangt,  darum  aoek 
gcmifiigter  und  bürgerlich  gesinnter,  und  im  GegensaU  mit  Oidipu«  die  IlerrschaA  gar 
TerNbrnähead  ((M.  {yr,  SSa  tg^.  Im  Oidipos  auf  KolonM  dagegea  «ind  drei  FücMen,  awei 
«bdhamwlie,  deren  Elaer  IBr  twwi«ettdiclieB  Vitfd  des  Tbrones  beranbt  und  in  tiefM 
Elmd  vi-ratofscii,  aljer  nun  sur  Entsiindigung  und  rum  Ziele  seiner  Lerden  wallend,  der 
Andre  durch  da»  Geioliick  des  Entern  den  Throne  ichiain  nahe  gebracht,  aber  mit  aller 
Hiltt  und  herrisAea  mULihr,  die  ihn  lur  Üngereditigkeit  binreiften  und  den  2Som 
der  Himmlisolifu  über  ihn  bringen  kann,  angethan,  und  der  Driuc,  dur  {^erteilte  und 
fromme  athenische  König  und  Laodmhenw  Tiieieui,  mlng  die  Bahn  der  Religion  und 
da»  RMtbts  «aoddndt  imd  damai  g^tüdier  Gnade  gewürdigt,  iJwiclilTidl  und  muifeiA 


38 


durch  i>arstelliing  physischer  Leiden  ihi-e  Wirkung  erreichen  vrollie, 
Jacob  (')  nicht  minder  ah  darin  bei,  dafs  die  Aufnahme,  welche 
SopbdJcs  inAstdiiiiig  dcsAias  mBcht,  ob  loldie  nidit  getaddt  «erden 
liämie.  Dtü  aber  den  Soj^oUe*  —  und  dies  «ei  mir  hier  gdegenüicli 
in  bemerlien  vergönnt —  Rücksicht  auf  frühere  Bearbeitungen  desselben 
Gcgensiandps  zu  dieser  Aiisnahini;  bewogen  habe,  mutbmafset  der,  nicht 
nur  von  mir  in  der  ohnehin  maiiyt-lliafien  Pm/usio  de  S^fjihoclis  Aiace 
Jlagellifero  (Thorun.  i8oo^_,  sondern  auch  von  Böttiger  m  der  Fiu'ien- 
muLe  S.  ii ,  nnd  noch  anlangst  von  Osann  in  der  Sdurifi  über  des 
SophoUei  Aias  S.  Sa.  fibendiene ,  Scholiast  vom.  Aieat  Vt» 
Loitck),  aus  welchem  sich  nicht  nur  ergiebig  dafs  Aischylos  die  SelbsU 
entlctbung  des  Aias  iiirhl,  wie  Sopholvles ,  nnf  der  Bühne  vorgesteHl, 
sondern  aucli  folgt,  dafs  er  das  Ende  desselben  in  zwei  Tragödien,  nehm- 
lieh  wie  in  der  bekanntem  'CniMV  k^Itk  dessen  Yeraobssung,  den  Streit 
mit  Odysseos  mn  Achilleus  WaOborustung,  so  in  den,  «ahrseheiwlich 
Tom  Chore  thrakiseber  Weiber  so  benannten,  Bf^vm  (')  des  Aias  Tod, 
umfalft  habe.  In  diesen  konnte  dem  Sophokles  die,  nur  durch  einen 
Boten,  «ie  der  angeführte  Scholiast  ausdrücklich  bemerkt,  berichtete 


(i)   QuaesliMmr  Si^koeteaB  P,  /,  ^.901. 

(a)  In  ctifseu  Löniitf  d.is,  dm  GcdanVm  wie  der  Spraclic  -nach  dem  Cbaraclrr  dr-» 
Aischylui  ggtiu  oiUprccIicndc  und  dem.  lubalt  der  B^tjrrm  voUkoounco  aagemessene.  i^Vag- 
ment  einet  nngeiHiaiit«n  Tngüen  woM  leine  Steile  |plia]>t  iMbeik,  traldiM  Clemens 

AI  f  \  ,1  n  d  r  i  n  u  s  (Xlmmal.  IT,  f).  cd.  M)!liurfiJ  ('Y\i:ihc-n  hat,  B  run ck  zu  «Scy/iix 

Aiax  \s.  j  jiü  anfuhrt,  und  Osann  in  der  oben  angeiiiiirteu  Schrill  p.  70  miudir  pas- 
send dem  Aia\  des  Rbelor  Theodektes  suschreibt.  Clemens  legt  es  ausdrücklich 
dmi  Aiji  in  <irn  ^Inini.  T)if  Ton  I.obcel  [/niii  .//.  Flug.  Vs.  laS)  als  ron  Bothc  her- 
rührend, gfliiUigi«!  ijucudation  im  Vs.  5  dit"«-*  iVagnu  nts,  TtJU^B^ä>i  fiir  Ti/itipifir\  wird 
nun  schon  in  der  obm  «ngefnlirten  Protus.  de  Aiare  ß^ffW^,  ft.  V.  fimkn.  Es  wSre 
nämlich  ßa^ün  xr>Ji  für  sich  iTrnr  TPrst.inillich,  indem  man  gleich  an  die  th-iutn  im 
Vs.  a  dabei  denkt.  Sophocl.  Oed.  Tyr.  iJ.S^.  Tci«i'i"  /-/»j  «rj.iÄa  ui:i-iIt«v  «Vi;»',  wo  der 
Stholiast  xr^iha  crkljrl  durch  o^£i6ov%  7ux<^^U\:  Eurip.  Hippolyt.  8ao.  Kr>jv-  äi^^mt-t  <C 
tüjtre^<xsv  Tii'ow.  Xflioph.  Hellen.  III,  1,  9.  "O  haxii  xv^m  unu  reJ«  TirevSmoic  rwi'  AaxfSm- 
(MNici-.  Aber  T^n^^tZj  gicljt  keiueii  Sinu  und  das  on  dessen  Stelle  gesellte  Tu\k^B^äs 
wild  ImtUigt  durciii  das  auch  tob  Lobeck  angcführti'  -r'J  ■  <  t  u,/  :;.?.  Im  Oed.  /^r.833, 
welohes  man  ebm  so  wenig  für  eine  H}-pa)lagc  mil  Brunck  neiimen  kann,  als  den  Au»- 
dnidi  bei  £uc(a«.  Fu%Uiv.  Opp.  2'.  yil,  p.  307.  ed.  Bip.  »ijr  mgXiScc  iirmisi'  r^c  iy/uif*. 


Anspielungen  m  der  alten  Thigodie. 


29 


Thnl  in  ihren  Triebfedern  nicht  so  genau  und  vollständig,  und  in  ibi*er 
Ausfühning  nicht  so  lebendig  motiviri  scheinen,  als  er  für  nütbig  hi«lt 
und  in  idiiem  eiffou  Aktt  dnrA  deatcm  lettts  Reile  und  di«  Anrnnf  ua- 
miudlMr  «riblgaide  Ydkiebung  des  (jefUsteii  EntMUaMM  gesdidm  ist. 
Dk  diese  nothwcndig  ohne  Zeugen  vorgehen  mufsie ,  so  konnte  ein 
Bote,  oder  wer  sonst  den  Leichnam  gefunden,  nichts  weiter  melden, 
als  die  einfache  Thatsache,  dafs  jener  in  sein  Schwcrdt  e;efalU'n  sfi  und 
nun  todt  da  li^e.  Sophokles  dagegen  woUte  nichts  Termisscn  lassen, 
ym  die  Thet  ToULeiniiiiieii  be^reiflicb  und  enaduulich  wo.  uuidieii  er- 
fovderiich  ^r. 

Damit  aber  der  aufser  der  Bühne  vollbrachte  Tod  nicht  ohne  Auf- 
druck und  Bezeichnung  bliebe,  lassen  die  Tragiker  oft  Ausrufungen  der 
Sterbenden  hören ,  wie  Aisclivlos  irii  Ai^amRmnon  xmd  in  den  Choe- 
pboren,  Sophokles  in  der  Kicktra,  welche  die  mit  dem,  was  hinter 
der  Scene  vorging,  besdilftigte  Pbeniasie  der  Ziuchauer  »uvk  genug 
treffen  Lonau»,  und  fahren  die  Versiniiliehmig  solcher  hinter  der  Seien« 
▼OijgefsUllett  Ereignisse ,  sie  mögen  auf  die  bemerkte  Art.  vorlicr  ange> 
deutet  seyn  oder  nicht,  durch  nachherige  Darstelliwg  der  Todten  ent- 
weder auf  der  Bühne  oder  mittelst  des  hmvtiioiiia,  im,  Innern  des  Hauses, 
vollends  dmch. 

Es  liegt  indefs  in  diesen  Derstdlimgen  oft  noch  ein  tieHerer  und 
mit  der  HandluDg  nSher  »nMmm  enhangendbr  Zweck,  als  der  der  blofsen 

Versinnlichung  einzelner  Thatsaijien,  Sie  sind  auch  sinnliche  Zeichen 
des  nun  mit  Aufhebung  der  Person,  worin  er  seinen  Silz  hatit",  durch- 
geführten Conflicics.  und  des  völligen  Ablaufes  der  Handlung.  In  den 
Sieben  gegen  Thebe  erklärt  sich  das  Sinnbildliche  der  ausgestellten  Leich- 
name der  beiden  Bruder,  -wie  die  im  Leben  feindselige  mm  dnrdi  den 
Tod  Tertragen  sind  und  in  diesem  ihres* Vaters  Fludi  sich  erfällt  hat, 
sdir  deutlich  in  den  Schlufsatrophen  des  Chorgesangs  ys.9to-c)37.  Im 
Airs  versammeln  sich  um  den  Todten  auf  der  Stelle,  wo  er  gefallen  isi, 
seine  Freunde  wie  seine  Gegner,  imd  es  erfolgt  in  der  ihm  nach  heili- 
gem Streit  von  Agamemnon  gewahrten  Bestattung,  tmd  in  CKlysseus 
höherer  Aussöhnung  mit  den  JUbnen  des  Bdden  über  dessea  Leachname, 
die  Attflüsmg  der  guuen  Entaweiimg,  'woraus  die  Handlung  entsprun* 
gen  -mr,  nnd  somit  derai  YoUeiidaDg.   Auf  Oidlpiis  als  BÜd  des 


so 


S  9  ▼  B  H  «  ükr  eu^ga  hittoiiaehe  md  poCtüd^ 


•clmell  wechselnden  Lebensglückes,  in  des«eii  Jammer  die  Götter  ihre 
Wahrliafti^ikeit  der  MenMben  kumicbtige  Sdfaf  uimdmiig  bethi* 

dgt,  weiset  der  Chor  nodi  am  Sdiluit  des  Oed^ms  tyratmu»  Ys.  tSii  fg. 
hui«  Ib  der  Antigone  sind  Haimon  und  Eurydikc  nur  die  Opfer,  durcli 
welche  Kreon  die  Strafe  IrifTl,  die  er  sich  selbst  bereitet.  Aber  der  tief 
gebeugte  und  gebrochene  Herrscher  selbst  ist  das  sinulicbste  Bild  des 
über  ihn  ei'g^genen  göttbcben  Strafgerichts  und  des  nun  völlig  aufge- 
löseten  Zwiespaltt  xmvkm.  den  Reckte  dnr  Memchen  und  Gatter,  der 
Ton  ihm  etugegfuigen  wir.  Wie  er  die  Handluiig  verudalit  batte»  w> 
en^eint  er  nun  als  das  Ziel,  an  dem  alle  ihre  Folgen  sich  ei-sehöpfen. 

Indem  nun  der  Dichter  die  Person  des  thchanischen  Königs  in 
ilirem  so,  wie  oben  bemerkt,  gebaluieu  Character  durch  die  ganze 
Handlung  des  Drama  durclifübrt  (*),  und,  wäbi'end  Antigone  in  der* 
•dben  untergegangen,  so  bedeutsam  smseheik  den  Letchnaipen  aemea 
Sobncs  und  seiner  Gattin,  niedcfnesdimettert  dorcli  den  Untergang  iei> 
nei  Ebttsetf  Mine  Schuld  ei^eunend  (Vs.  i255  fg.  i3oi  fg.  i3ai  fg.)  und 
unter  ihrem  und  seines  Leidens  Gewicht  erliegend,  an  deren  Sclilufs 
stellt,  spricht  er  aufs  deutlichste  die  ihm  bei  dieser  Person  und  ihrer 
Rolle  vorschwebende  Absicht  aus,  in  ihr  ein  warnendes  Beispiel  für  die 
Madithabenden,  nidit  ihren  Eigenwillen  den  Willen  der  Götter  huri^ 
oidiig  entgegenaasetxen,  die  anf  ihnen  beruhende  bürgerHcte  Ordnung 
und  ihi'  Gebot  nwht  mit  der  von  IMens(  hen  nicht  ei'sonnenen  des  ewi- 
gen Rechts  zu  entzweien,  damit  sie  nicht,  Andre  zu  TJeberlrclungen  da- 
durch reifend,  ihnen  und  noch  mehr  sich  selbst  Vei"dcrben  bereiten, 
recht  lebhaft  vor  Augen  zu  bhngen.  '£s  vereinigt  sich  also  in  der 
Antigone  Amnabnung  an  die  Obrig|Leiies.snr  Unterwfirfigkeit  unter  die 
göttlichen  Gesetze  und  an  die  Bürger  xum  Gehorsam  gegen  die  (Mbrig- 
ieit  und  ihi«  Gdiote»  so  wie  an  Beide  su  der  den  Ifensdien  in  aei- 


(1)  Dafs  diM  liervorlrelPiitli!  (h  v,  i  I.t  ic^  Kreon  im  Innern  <lcr  Handlung  nicht  die 
iuliere  AangonLnung  seiner  Rolle  bestimmte,  da  die  Rollen  der  Tjnumak  den  dritten 
Ra^  liitlai  «nil  den  metw^us  lertuna»  partium  (pgeben  imkleii,  ist  ans  der  «Ihb  ■ngS' 
fiilirten  Stelle  des  Dcniostlicucs  bekannt  und  Iial  Jeu  Redner  xu  einer  witrigen  Ziuanuncn- 
stellung  feines  Gegners  Aisdiiaes  ntt  dem  Kreon  in  der  Antigene  Teronlafsl.  Die  Roll«  der 
ABAiganewor  umncvdiacRiliB.  S,Bitti%9T  Frotush  de  mmntm  prmarwntieiPidi^ 
nm  «t  KrfMnoit^Mftiiijn  (Fimv»  1797«^  /»» i5  « 


Anspielungen  in  dft  tUlut  T^agotUe. 


3t 


nen  Sohranlcn  hallenden  Besonnenheit  und  Mäfsigimg.  Und  aus  dieser 
dem  Character  des  bürgerlichen  Lebens  in  Athen  so  sehr  angemessenen 
prtgmatbdwK  Gniidi0Bd«BB  dn  Dnmn,  irotin  die  oben  angemerkioft 
AnqtidiiiigeD  enagrei&n»  eiUSrt  «ich  die  Wirkiuig  Telisilndig,  dals 
SoplioUcs  um  dieser  Tragödie  'willen  tum  Strategen  im  Samischen  Feld- 
zuge mit  Perikles  gewililt  ist.  Man  siebt,  wie  schön  und  irini^  die 
höhere  symbolische  mit  der  moralischen  und  politischen  Bedeutung  der 
Antigene  verschmokeu  ist,  durch  deren  Vereinzelung  bei  Erklärung  der 
allen  TragSdioi  häufig  ge£aUt  ivird. 

Eine  fleidie  Ridituiii;  komue  der  Tedoroi  gegmgenen  Biiripidci> 
idieik  Antigone  nicht  anders  als  fremd  Mjfii,  nedh  der  in  dem  Argu- 
mente f\i's  (^.iiammaliLers  Arisiopbanes  zur  Antigone  des  Sopbolles  und 
aus  ihm  bei  dem  alten  Scholiasien  zu  Ys.  i553.  erbaltnen  Kolix,  welche 
auch  unter  den  Beispielen  von  der  bckanuten  Weise  des  Euripides,  in 
versdüedeaen  Stücken  Y<m  einander  ebweicftenden  Sagen  filw  dieaelben 
Gegenatinde  lu  folgeUf  oder  diese  urillkiUujidi  Tcndiieden  eu  geatalien, 
angemerkt  zu  werden  verdient.  Da  nchmlich  dieser  Tragiker  die  Antigone 
in  den  Phoinissen  den  Ilaimon ,  welchem  sie  dort  verlobt  ist  (Vs.  796. 
958.  ed.  Porson) ,  aufs  bestiuuniesie  vfM-'schmahn  und  dann  von  ihm 
gebn  Viäiii,  um  ihren  Vater  in  die  Verbannung  zu  begleiten  (Vs.  1686  fg.), 
•o  hatte  er  hingegen  in  ieiner  Antigene  auf  ihre  nnd  dea  Haimon  Iddie 
ihre  Begnadigung»  nachdem  tie  hd  der  Bestattung  ihres  Bruders  eruppt 
worden  (*),  g^r^det,  und  «e  dem  I&imon  vermiUen  Jassen, 


(1)    Zwischen  den  de«  ArlstopiKinc*  und  des  Scholi-istcn  ist  in  diesem  Piincte 

eine  Vcrscliicdenheil.  Das  ^^üra  des  I.«Ulern  kann  von  nicbu  anderem,  «IsTon  der 
Ertappung  der  Antigone  bei  der  Bestattung  ibres  Bruders  verstanden  werden.  Aucb  Apollodar 
(III,  -  ,1}  druckt  die  Sache  eben  so  einfacli  dtuxrh  iptu^a^üra  aus.  Dafs  M  mif  die  Ertitppung 
liei  der  BeeidicMOg  gebn  soU,  aeut  dieaer  nach  dem  Zuaammenhaoge,  joxr  nach  fie- 
sidbmig  tdoet  SclMlion  auf  die  Begebenheit ,  wie  sie  in  der  Sophokletiehen  AatigooC  dar- 
gestellt wird,  voraus.  Aber  l)ci  dem  iftw^r^uTit  uira  toJ  Afuei-o?  des  Arislophanet  lüfst  sich 
an  nichtt  Beittmnies  denken.  Daiii  bei  £uripidea  Ilaimon,  der  Sohn  dee  JLnon,  den  eei- 
■em  Taler  ftindlidtatt  Pbijndkes  gemeliwibiftUcii  mit  der  Antigene  aollte  baetaltet  baben, 
ist  gar  nicht  anzunehmen.  Auch  bei  Sophokles  rnuweit  er  sich  mit  sdnem  Vatei  niclii 
de»  Poljnetkea  •ondera  der  Amigpue  wegen.  Die  allgemeine  &ge  war  auch,  die  Jungfrau 
bebe  aUeia  dblbat  veriUbt  aiaVHumiae  {ß^  aS,  3)  berichlei  «agar,  wie  «e,  der  tbdbat> 
«iidwB  TMiüeamiMgStddi  dabei  gmlbthrik.  Jfwdjenae  AlMraichiinglMBmtbai 


32  Sutern  über  eot^  histoHseke  und  poläitch« 

0  Die  AntiVonc  cIl's  I'uripides  konnte  in  mancliem  Einzelnen  mit 

der  des  Sophokles  lüieieinsiiramen.  So  trat  in  ihr  höchst  wahrschein- 
lich der  Antigene  anj^ebomer  Trott  eiienfalb  hervor,  'wie  sich  unter 
andern  am  dem  FVagmente  im  Stoiaem  p,  600,  4*>  Gesner 

vergl.  mit  Ys.  4^5  u.  46B.  und  dann  mit  Ys.  467  u.  468  der  Sophokld^ 
sdien  Anügone: 

AiiXet  TO  ymrifx'  wfiiv      wueZ  Tarnet 
T^«  TratSi«,  uxtiv  i'  cvk  ivirtam  Mutett, 
vddie  dem  Euripides  liei  jenem  Fragment  im  Sinne  gelegen  zu  beben 
adieinen,  und  m>nach  in  dem  Fragmente  für  «uro  zu  lesen  ist  aui^, 
gieht.    Allein  aus  der  Wendtmg,  welche  die  Handhmg  in  ihr  nahm, 
folgt,  dafs  die  LicLo  des  Haimon  und  der  An'fEjonc  in  ihr  ganz  anders 
behandelt  seyn  inuinie,  ah  in  der  Antigone  des  Sophokles,  worauf  auch 
einige  Fragmente  hindeuten,  von  denen  ich  jedoch  das  beim  Scholiasten 
de»  Pindar  (^)  erhaltene 

welches  Ruhnkon  und  Valckenaer  (-),  dem  auch  Cren^er  (^)  bei- 
tritt, mit  Aendeiuug  des  t^owTt,  in  einen  an  den  Eros  gcrichicien  Aus- 
ruf verwandeln,  durch  Böckh's  Gegengründe  überzeugt  (^),  jetzt  aus- 


Hygian*  (Fab.  LXXIl.)  vor ,  dafs  ihr  von  Polyneiket  Gattin  Argeia  Hülfe  dabei  gekisMt 
»y,  aus  welcher  Statins  (Theb.  XII,  4^0  fg.J  <o  viel  entnommen  eu  Itaben  scheint,  dafs  er 
der  Argeia  «Ikio  die  Uamdhing  beilegt.  Deren  Itieilnahme  daran  bat  auch  etaen  aator* 
lidieB  Gnmd,  der  aber  for  eine  Hillfleistung  An  Haimon,  wovon  a^  «neh  aomat  kdae 
Spur  zeigt,  nicht  vorhanden  ist.  Va  scheint  daher  die  von  Hermann  angemerkte  Lesart 
<lea  Dreadener  Codex,  und  bei  Turaebu«  ^^odiw«  rp  A^tm  üa  Ariatopbanea,  wobei  aber 
die  beiden  Telitm  Worte  nit  VHttm  Terbuadea  vrerdea  mfliwn,  oad  woaaek  daaa  AriaMn 
phAcos  mu  drm  Sclioliasiai  andaiit  Apollodioir  TÜlUg  ubeMtBiliBiait,diaiibbligt(»B^. 

(1)  lyxPylh.UI,xii. 

(2)  Diatribe  etc.  p.  i54  fg> 

(3)  Dionysus  p.i^i.    Vergl.  indeft  Svinbolik  Th.5,  p.  375,  wo  die  MaiBoag  sa 

schwanken  scheint. 

(4)  Ruhnken  will  statt  ätomn  lesen  inu-it  n,  Valckenaer  im'mc  ti  dfqrsw  uäii^ 
pideiSir«r«cr«¥,  gegen  welche  letztere  Conjectur  insonderheit  manchca  zu  erinoem  i*l<  Taa 
der  YocanMlnBig  Beider  aaegebead,  dea  Amraf  iadeft  aidn  fgenin  der  Aatigoae  iah 


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Jnspiduf^w  «  dw  adat  ThigSÜB. 


33 


nehme.  la  Sophokles  Antigone  macht  diese.  Liebe  kein  Motiv  aus, 
wdclm  die  BCmdliiiig  entsdieulet  und  urorauf  sie  beruht,  tomdeni  das 
nur  dnerwits  ihr  EkttmwigieB  mug^iangBum,  «ndreneiis  sie  treibt, 
jenes  indeDi  Dnnene  dadurch  den  Kreon  «btttbalten  sucht,  die  Antigene 

EU  ▼crdnmmcn,  diesfö  iriflfm  TTaimon,  als  er  den  V^ii^r  durch  Vorstel- 
lung andrer  Gründe  zu  besaiüiigeu,  der  Vater  ihn  inngegcn  von  der 
Sache  seiner  Verlohten  abzumahnen,  vergebens  sich  bemitlit,  und  die 
Hendbuig  schon  in  der  VoOstreeknng  des  UrtheÜs  und  in  Kreons,  selbst 
deni  Gölten  in  ihrem  Seher  Tewenes  e&i§egei^|eieiiier,  lUss^urii^t 
sich  entschieden  hat,  duj*ch  seine  Liebe  zu  der  That  hingerissen  \vird, 
mit  welcher  das  göttliche  Strafgericli»  iihev  Kreon  anhebt.  Im  Haimon 
spricht  sich  diese  Liehe  nur  durch  Andeutungen,  so  weit  es  zur  Erklä- 
rung seines  l^nehmens  erforderlich  ist,  in  der  Antigone  nur  leise,  so 
Ticl  nöihig  war,  nm  HiimoiM  Yeihalten  nicht  durdi  eine  TfiUige  Gleich' 
gfilligkeit  Ton  ihrer  Seite  gens  vnbegreüich  eradbeinea  su  ksaen^  ena  (*). 


Valckenaer  in  clea  Mund  legend,  trag  idi  Iwi  Torleiung  dieser  AUiuidluBg  rann«  Com* 
jeetur  in9u!«  n,  SMirew  r  iS.  vrer.  ror.  Dia  miKw  n  kirne  dem  Sinne  nach  der  Ruhnken- 
•dm  Gufflctur  am  nädisirn.  Suidas  liat  «Mir  r^tt/S«.  In  die«  Bedeutung  kommt 
«11611  sonst  liei  Euripidt^  TOB  EitM  mul  der  AilaMUte  (a.  Taleleaaor  und  Monk 
tu  Hippolyt.  Vi.  I  und  Vs.  443)i  •uch  ron  Menschen  (x.  B.  im  Orestes  V».  rd. 
Porton,  ri  «ytSw  iin  vaXvr  woff  vom  Menelaoe)  for,  und  würde  sidi  in  dem  Fragmenie 
adw  peiaend  nut  dem  &t>>fr^  /  «SitiitSf  ^iwanaif  fcritinden.    Ueberdem'  lief«  lieh  die 

F.utslchung  des  vTi  d.nr.-ms  Iciclil  rrklarrii.  Bock  Ii,  ivcldicr  schon  in  Sri  iiir  Anmer- 
kung sum  Scholiattcn  des  Pindar  den  Dionysos  jenem  Fragmente  Tindicirt,  hat  mich  aber 
imA  srine  ianrisclien  in  der  KSoi^.  Akademie  vorgetngene  AMwMllwng  älur  Sephokiw 
Antigone  voUcnda  ibcneugt,  dsb  kein  Gnmd  m  einer  Aendarang  in  demielbcn  vor* 
banden  ist. 

(i)  Nehmitch  in  Vi.  568,  wekben  Brunek  der  Ismen  ntheik,  der  aber,  meiner 
Heinnog  nach,  der  Antigone  nadi  Aldus  und  Turnebus  wiedcrgegdben  werden  mnft. 
Denn  daa  Z  iptXTa^'  Aauev  paftt  »ich  nur  in  den  Mund  der  Antigone,  und  das  «7«!  7» 
)w*tSe  in  der  Antwort  darmil  kann  licon  nickt  Yon  der  Ismene,  sondern  nur  ron  der 
Antigone  Mgen,  denn  jene  krbdite  den 'Haimon  nic&t  dadurch,  dafa  sie  sidi  ihrer  Schwester 
.mnalim,  wohl  aber  lionnte  Kreon  meinen,  Aniigf/ne  und  (Iii-  Vcrl)in(liinR  mll  ihr  Irankc 
jenen,  weil  sie,  dem  Verbote  seines  Vaters  suwider  den  Fciod  des  Vaterlandes  besuttct 
habe,  i«T|^.  Ys.  655  fg.  Oeg^  BrnackV  mti  des  Scholiasten  EiUttnug  des  t«  rfe Kix«s 
lir»t  sich  cwar  grammatiadi  aidMs  criancan.   AUeia  natsr  den  imriihligen  nUen,  wo 

Hut*  phäoL  Kia$»  1834.  E 


84 


S   T  B  m  ■  ükr  eätigf  hütmitcMe  und  politische 


Die  Erklärung,  welche  IVIohnike  (')  hievon  giebt:  Gleich  als  hielte  es 
,idie  JmigCtau  für  Sünde»  «mr  ndisdicn  Neigung  Kaum  so  gebea,  jeut 
,,da  ihr  GemAtli  mit  BrfUlhmg  dar  Irommen  SchwestapAidit  erffiUt 

„vrar",  ist  in  Beziehung  auf  dok  glmclieil  Zug  im  Haimon  nicht  genü- 
gend, >  u;Inielir  scheint  aus  dem  Zusammenstimmen  heider  Personen  hierin 
hervorzugehn,  dafs  dies  nicht  ztifallig,  sondern  mit  Bedacht  vom  Dichter 
$o  angelegt  sei.  Den  Grund  hicvon  kann  man  nicht  darin  suchen,  da/s, 
nie  auch  wohl  gesagt  ist,  die  liehe  der  griechitcheM  Tmg$die  Ikemd  gp> 
weten  id.  Sie  trar  ce  in  der  That  nicht»  nnd  es  hedaif  bierfiber  nicht 
der  Anführung  von  Beitpifiien«  Aber  freilich  konnte  die  griechische 
Tragödie  von  der  romantisch  seniim(!iiialeii  Liebe  der  nenern  Zeit  noch 
nichts  wissen.  Auch  kannte  sie  erhabnere  Themate,  als  d;ifs  sie  jedes- 
mal zu  zerstöiner  Liebe,  ^e  zu  einer  unentbehrlichen  Würze,  ihre  Zu- 
flndit  hStie  neliraea  motten.  Denn  den  tiefen  Geiat  und  den  groben 
Gong  da  Leben«  und  der  GeMskidiie  -verriunbiidet  sie  dnrdt  ihre  Mri- 
«terwerke,  wollte  nicht  den  engen  Krdft  des  Htnses  und  die  Ereignisse 
des  Tags  wiederliolen.  Nur  in  wie  fern  jener  auf  der  Liebe  als  Trieb- 
feder beruht,  wie  in  den  Tradiinicrinnen ,  henschi  diese  in  der  Hand- 
lung mit  vor,  wie  auch  in  den  Tragödien  der  grülsten  Meister  neuoi*er 
Zeit.  Romeo  und  Julie  s.B.  ivnrde  «ich  «uf  der  griediischen  Sühne 
nicbt  ohne  die  Liebe»  obwohl  in  andrer  Pom»  haben  bestehn  kfin- 
nen«  weil  um  diese  der  historische  Inhalt  des  Stückes  und  seine  entge* 
gcnpiesetzte  Wendung,  nehmlich  die,  die  junge  Liehe  zerstörende,  Ent- 
zweiung der  iiuuser  Montecchi  und  Capuleili,  und  gegenilieiLs  ihre, 
durch  das  tragische  Ende  der  beiden  Liebenden  herbeigeführte  Aussöh- 


llMv,  Ter,  7:1  c>  >i'3(_af  Torkomml,  ist  auch  «chw(^^lich  ciiiM-,  wo  es  in  einem  antlern,  als  dem 
{^öbolicbcu,  Sinn«  gemomineD  venkn  künnle.  So  adb»t  in  <I<*r  Aniigooe  Vi.  6a6  Ki^w 
le.  'Aumyovitc  und  Vs.  fs8S.  rtS  dnMirrM  Mtyuflm  tOiMwiv  >ix«^>  wddhe  Lmrt  nidit 
mit  >.«x,o*  )\Mf  veriaiiüclit  werden  dürfen,  cLt  der  hier  genannte  Megarcus,  wie  Böckli 
bemerkt,  kein  Andrer  ist,  ab  der  «uch  in  Aitcbjrlos  Sidben  gegen  lliebe  Y^iSgig. 
vodtmiBHid«  Solm  des  Kfm,  iteldm  «ndk  «a  der  Zeit  «eiaer  ITeilabvBgt  iria  jeitt 
dm  Ibbifln,  lerknn  lu  luibeB,  Eiujdike  tKU.1agt. 

(1)  GeKUdrte  der  UUenMor  der  Gricdim  uai  Bdeecr,  Hui,  S. 57B. 


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Anspielungen  m  der  alten  Tragödie. 


35 


nung  — welche  letztere  ich  demnach  nicht  mit  Solger {')  für  einelronisi- 
nmg  der  ganzcu  Handlung,  sondern  nur  in  dem  von  A. W.Y.Schlegel  (^) 
ang^ebnen  Sinne  nehmon  luntt  —  sieb  dreht.  Wo  aber  Liebe  nur  ia 
die  HancUniig  -verflochten,  mxia,  die  Hsnptiaehe  darin  ist,  da  komiie  die 
sor  auf  die  Hauptiache  gerichtete  griechisdie  Tragödie  sie  mucii  nidtt 
weiter  hineinziehn.  Und  so  hat  Sophokles  sie  in  der  Anügone  behan^ 
delt.  NicTjt  ob  die  Liebe  des  Haimon  und  der  Antigene  zum  Ziel  kom- 
men, sondern  ob  das  Recht  der  Götter  oder  das  menschliche  Gesetz, 
den  Sieg  daron  tragen  werde,  tvar  hier  die  Frage.  So  weil  Haimon 
m  ifaier  Lfieung  mttwiriut,  ist  er  in  die  Hendiiug  verwcln.  Sein  Yeiv 
hUmifs  zur  Antigione  ist  smr  der  Faden,  der  ihn  an  dieselbe  knüpft, 
aber  ihr .  TöUÜg  untergeordnet.  Und  um.  die  Haapthandltmg  nicht  ira 
mindesten  durch  ein  sernndärcs  Interesse  zu  stören,  noch  Hie  Beirach- 
timg  auf  dieses  abzulenken,  hat  der  besonnene  Dichter  jene  Liebe  als 
selche  tn  motiviren  in  dem  Grade  vermieden,  dafs  er  sidi  begnügt,  sie 
■b  Tridiifeder  in  Hainums  Bendlungoi  nicht  im  DunLdn  xa.  bssen, 
(Vs.  564  fg«  6i3fg.  674.  74>  fg«  75s.  75(^,  solche  Aeiiliwninflni  der- 
ielben  aber,  welche  ihr  Gewicht  über  diese  Grenze  hinaus  verstärken 
könnten,  Tom  Haimon  wie  von  der  Antigone  entfernt  gehalten  hat.  So 
liÜst  sich  auch  was  II  er  mann  (-*)  an  der  Person  des  Ilaimon  gerügt 
bat,  dafs  sie  nehmlich  keine  besondre  Tlieilnahme  für  sich  erwecke, 
wohl  nur  ab  chanutteristisdi  hemerlien  und  erkhiren,  «her  Von  dem 
Gesichtspunkte  des  Sophokles  hei  der  Handlung  dieser  Tragödie  «ne 
nicht  tadeln.  Euripides  hing^en  kann  sieh  bei  selnei-  Antigone,  nach 
ihrem  Ausgange  zu  xxrlhcilen,  die  grofsc  phiU)Sf5{ili^' he  Aufgabe  des 
6opbokles  gar  nicht  gemacht,  sondern  muh  die  Gcüchichie,  nacli  seiner 
Art,  rein  psychologisch  behandelt,  imd,  hat  er  dabei  auch  in  den  Reden 
*  und  Gegenreden  des  Kreon  und  der  Antigone  leoen  sein  Redit  ab  Henv 
«dier,  diese  das  Recht  der  Rdigiim  und  Bniderlidie  behaupten  bssen. 


(1)  WienarJahflMdier  a.a.O.  S.  «35. 

(9)  Chaneieritlikai  ndl  Kritihea,  Tb.  I,  S.  3o8. 

(3)   Tn  der  CommioiMaU»  de  «wfiM  et  ^ka  pagsi  UnUr  der  AoipdM  der  Fbttik  des 

Anstoteks,  S.  »Sif. 

B  2 


36 


SvTBBH  fifor  einige  hisimisehe  und  poKti$ehe 


so  mufs  er  doch  den  Sireit  durch  seine  Beilegung  miitolst  der  Tleiraih 
nicht  so  vrohl  gelösel  als  ge&chlichtci  haben.  Bei  ihm  mulsic  auch 
die  Lidbe  des  Hunon  imd  der  Anügone,  ^  von  ibr  die  KatMtroplie 
der  HmdliiDg  aUung,  ab  solche  ToDstandig  moriTirt  sejm,  und  lieide 
werden  wahrscholnlicli  nicht  verfehlt  hab«[i,  die  Thcilnahme  für  selbige 
rhcion';"!i  genug  in  Anspruch  7.11  nehmen.  Was  also  hei  Sophokles 
in  den  ilintcii^rund  gestellt  ist  tiai  hei  ihm  mehr  hervor,  hielt  seine 
Antigone  zwar  Ton  der,  in  der  Sophoklc'ischen  oben  bemerkten,  Verschie- 
denheit det  Etndmdtes  der  Miue  und  de«  Bode  frei,  die  er  audi  vid» 
leichi  hat  vermeiden  wollen,  gab. ihr  aber  «nen  gun  andern  weit  im* 
tergeordnetem  Gbancter  nnd  beaonden  ihrem  SdduNe  eine  weit  min* 
dere  B<;Jeutnng. 

Die  durch  Sophokles  Antigone  herbeigeführte  gemeinschaftliche 
Siiaiegie  desselben  mit  Perikles  im  Samischcn  Ki-iege  dient  nun  auch 
ak  SMnm,  d»  Zeh  der  eratm  Anififihrung  dicsei*  Tragödie  ta  bettlnuuen, 
welche  nachher  noch  Tide  Haie  gegeben  cejn  mag,  da  Demoathenes  (') 
bestitnmt  angicbt,  es  bitten  Theodoros  und  Aristodemos  in  ihr  oftmals 
die  Rolh?  der  Antigone  gespielt,  nui*  nicht  gerade  zwciunddreifsig  3Liile, 
wie  es  in  den  Nachträgen  /um  Sulzer  (^)  hcifst ,  aus  Mifsversiandnifs 
der  Worte  in  dem  Argumente  des  Arislophanes  ^iAtxTOi  öi  70  ^ofjta  revro 
TfuataFw  ituri^svt  welche  nur  T<m  der  Stelle  der  Antigone  in  der  Zeit- 
folge der  Sophokläisdien  StficLe,  wovon  sie  andi  Böckh  ('}  mch 
Casauhonus  eiLlürt  hat,  verstanden  werden  können.  Zu  TCrgLeichen 
ist  der  Ausdruck  in  dem  dritten  Argumente  vor  Ainstophancs  Vögeln 
naeli  der  Aldina  tfi  seif,  ro  ^aaa,  Ae,  ^velchen  Samuel  Petit  (')  eben 
so  von  der  Stelle  der  Vögel  als  des  fünftmddreifsigsten  unter  des  Komi- 
ken Staden  veniela.  £brao»  eridSrt  «ch  auch  die  eigne  Beuächnung 
der  vevlorenen  Aristophanischen  KomSdie  T9if«s  dnrdi  'A^foMic  h  f$r 


(1)  «.  a.  O.    Kincn  andern  Grund  s.  bei  Böckli  gratx.  irag.  priiic.  p.  iSy. 

(a)  111.11,8.943. 

(S)  43nKr.  rnif.  f^rite.  p,  i«8. 

(4)  Mi$nH,  t,  e,  ia,     4»>  ' 


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Anspielungen  in  der  alten  Tragödie. 


37 


5  TTjcr,  -welche  sich  in  einem  Lexico  Segueriano  (')  findet,  da  sonst  ge- 
wöhnlich 'Aji-fi(^aVjf<  fv  TW  Ti[^if  oder  sv  Tvi^a  (-)  eitert  wii"d.  Jenes  5 
scheint  aber  die  neunte  Stelle  in  der  von  den  Grammatikern  bestimm» 
ten  Zeitfolge  in»  Aristophantsdie&  Kookjtdien  sn  beseichiieB,  «O'defr 
im  h  tif  5^  Terttamdoi  Verden  mnft  i^&fum  imd  (bun  W^fe  cpexe^ 
getncli  fol($t. 

TJeber  Jene  Zciiho^iimmung  hat  jetzt  ausführLch  gehandelt  Sei  dl  er 
p.  XVII  fg.  der  Ilcrmannlschcn  Ausgabe  der  Antigene.  Zu  den  Re- 
sultaten seiner  Uniersuchuxt^  woi-  ich  bereits  vor  mchi'em  Juluen,  wor- 
filicr  idi  micb  «of  Hm.  Bnttmatiii  berole,  grdfctenthcgg  «ut  dcmelben 
Gründen»  mit  Avunahme  der  von  BeltLer  aMdedcten  entscheidenden 
Vervollständigung  des  Scholien  zu  Aristophanes  Wespen  Vs.  283  —  in 
welclieni  noch  die  L(?!|)zi'ger  Ausgabe  fVi  Wi^w.yi^z  usyjvrc^  bat,  da  doch 
Pcrikles  zur  Zeit  des  Samischen  Keldzugcs  Strateg  und  nicht  Archon 
war,  welches  er  auch  nie  gewesen  ist,  und  schon  aas  Diodor  das  nun 
in  der  Tenetiemickett  Hendsdirift  geftmdene  T^ukkug  här^pndh  wer- 
den könnt«  —  nur  in  andrer  Zusunmenstenmig  dendben,  geUoigt,  und 
•timme  daher,  yn»  die  Zeit  doa  Samiidien  Kriegs,  seine  Theilung  in 
zwei,  von  Diodor,  -wie  er  auch  sonst  nicht  selten  thut  (^),  in  ein  Inhr 
zusammengedrängten  Feldzüge,  deren  Zusammenhang,  und  die  Strate- 
gie des  Sophokles  im  zweiten  derselben,  also  Ol.  85,  i,  beirüFt,  mit 
Seidler  überan  (*). 

Alleitt  darin»  daft  in  demsellien  Jahre,  worin  der  aweit«  Samiacbe 
Fddrag  nnd  Sophokles  Su'at^e  wahrscheinlich  fallen,  auch  die  Antigene 
ram  ersten  Mde  gegeben  sey»  h«nn  idi  ihm  nicht  beistimmen.  Da 


(i)  la  Bekker^a  i^iiecdiMM  fTHWiV,  fW./,;».45o,  i6« 

(a)  S.  die  Fragnenle      Braa«k.  V«r|^.  •ndiBekkct'«  Amedota  t.  e.  p*  i5* 

(3)  M  itford'i  Geschichte  der  Griechen,  üben,  toxi  Eicbstafdt  Th.  II.  S.  .{gS» 

die  Anmerkung.  W.  Krüger  io  Seekode's  Arcbiv  fir  Pbilulogie  und  Pädagogik', 
Jaiirg.  I,  Heft«, 9.  lao. 

<{)  Idi  Inlw  Uer  und  in  Folgndo»  iam  niiiiidlich  Yorgetragieiie,  in  Utaiicbt  anf 
A'ic  von  n (")<'  Ii  Ii  in  aeiiMr  mImni  crwünilai  AMmiiliing  angeitdlte  neDMian  Vainsnehaiigi 

•ehr  abgekunt. 


38 


8  ü  ▼  B  a  w  äfar  «o^g»  hüionsehe  wid  politische 


nehmlich,  wie  bekannt,  immer  zebn  Strategen  auf  ein  ganzes  Jahr  cr^ 
wählt  'wurden,  die  Wahlen  der  Beamten  für  das  nächste  Jahr  auf 
jeden  F»U  iintiier  geg^n  dtt  Ende  dM  attiidica  Jabret  gdidtai  seyn 
mdnen»  die  groben  Dionysien  aber,  an  wddben  die  Dichter  mii  nenn 
Tragödien  auftraten,  um  mehr  «k  drei  Monate  vor  dem  JahreMcblnfr 
in  den  Elaphebolion  fielen  ('),  so  konnte  Sophokles  wohl  in  einem  imd 
demselben  Jahre  die  Antigonc  gehen  und  zum  Strategen  für  das  nächste, 
unmöglich  aber  mehr  für  das  nehmliche  Jahr  gewählt  werden.  Dies 
hnngt  die  eraie  Auffuhrang  der  Antigpae  auf  jeden  Fall  in  ein  frühe' 
te»  Jahr,  ab  -weichet  mit  grolier  WahnciidnliGhkdt  Ol»  84*  k*  ange- 
nommen werden  kann,  da  der  ^OndmcL,  ireldier  die  Ertheilimg  der 
Strategie  bewirkte,  noch  frisch  gewesen  seyn  mufs,  als  diese  erfolgte, 
welclipi-  ^'oraussetzung  auch  das  oben  bemerkte  Zeitvei'hältnifs  entspricht. 
Da  überdetu  die  Meintmg ,  wonach  die  Auifühining  der  Antigene  schon 
Ol.  84,  3.  geschehn  seyn  soU,  auf  die  Vorausseuung,  Sophokles  Stiate- 
gie  gehöre  Nh<m  in  Ol.  84»  4»  ndi  nätne,  <o  mnfa;  wenn  diese  om  ein 
Jahr  weiter  rückt,  anch  jene  nm  eben  so  Tiel  -vorrücken. 

Auch  Seid  1  er s  Gon'ectur  in  der  alten  Biographie  des  SophoUee 
TT^h  'Xa^iS'j'i  statt  des  gewöhnlichen  x^o(  'Xvatav  halte  ich  für  so  un- 
zweifelhaft lichtig  nicht.  Ist  nehmlich  nach  Brunck  die  Lesait  gu- 
ter alter  Handschriften  s-gos  'Ava>ms,  so  liegt,  da  nach  Stcphanus 
Bjzantinn«  'JkfüSts  nd»t  'Anihiic»  nvilches  letstere  sich  hei  Thnkydide» 
m,  19.  findet,  da»  ist,  offenbar  irfos  'A»«Ave  weit  nlber,  da  das 

erst  von  Turnebus,  wahrscheinlich  nach  der  Recension  des  TriclinittS, 
deren  Ton  Brunck  benutzu-r  Codex  T  irfoc  hat,  aufgenommene 

imd  nachher  auch  von  Joseph  ^Sca liger  in  die  DescripUo  OljiHfMulunt, 
allein  erst  zuOl.  85, 3.  gesetzte,  und,  wie  es  danach  scheint,  mit  den  un- 
ter Ol.  84, 4'  gebrachten  Theten  dea  Perikles  hn  Samisdien  Kriege  auTser 
aller  Verbindung  gedachte,  'Aidov  oder  die  oben  ervfihnte  Gonrectur, 
io  sdieinhar  diese  auch  ist,  da  es  allerdings  auf&flen  amCi,  einen  so  be> 
dealenden  und  bekannten  Krieg,  -wie  der  Samische,  tou  einen  so  -wenig 


(•)  Böckh  über  die  Ijenfi^n,  Anüicsicricn  und  nionvsicn  in  den  Abhiuidlungcn  der 
luHniniih-phUol.  Kluse  der  K.  Akademie  ton  den  Jahren  iHitiuod  t8i-,  S.  59u.^. 


Anspielungen  in  der  alten  Tragödie. 


39 


beltnnnten  Orte ,  vi\c  Anaia ,  benannt  zu  sehn.  Allein  die  Biographie 
isi  aus  guten  alten  Quellen  geschöpft,  und  der  Verfasser  derjenigen, 
woraus  die  Notiz  über  Sophokles  Strategie  entlehnt  ist,  konnte  guten 
Grund  halMa,  swdien  Samiseheii  FeUfOg  dnrdi  h  «ji?  'AMotw  irS' 
A^M9  la  beseicliiicin.  Dem  Anaia  —  ij  'Ahm  und  *äima  {*)  — •  an 
der  kleinamtischen  Küste,  Snn<M  g^g^über  gelegen ,  und  durch  einen 
Theil  der  von  den  Ephetiem  ans  Samos  Ycrtriebncn  unter  ihrem  König 
Leogoras  bcfesiigt  (-),  fehlt  zwar  im  cI'Anville  und  Mannert  und 
auf  unsem  Chanen  vom  allen  Kleinasien  uiid  Griechcnlaud ,  audt  auf 
der  naueyua  Kroieschiin,  itii  aber  in  der  Geadiiclite  Ton  Samot  nidu 
unividuig.  E»  war  itnmer  der  Znfiaclusorc  der  aristobratiadifln  Partei 
auf  Samot,  welclie,  so  oft  die  demokratische  mit  Hülfe  der  Athener  die 
Oberhand  gewonnen  hatte,  von  dort  aus  ilir  auf  alK;  niu-  mögliche  Art 
entgegenwirkte,  auf  Samos  Unruhen  unierlueli,  die  Fliichilinge  von  da 
aufnahm ,  die  Peloponuesicr  mucrsiüizie ,  wie  aus  mehrem  Stellen  des 
Thuk^didea,  Toraebmlich  aus  IV,  76.  erhelh  (3).  Ancb  auf  dieaen  Sami- 
•dm  Kriflg  hatte  «ie  bedeutenden  Einflnfs.  Thukydide»  (I,  iiS)  aagi 
ausdrücUich,  dafs,  als  die  Athener  im  ersten  Feldzuge  die  Demokratie 
auf  Samos  eingerichtet  hätten,  einige  Samier  nicht  da  geblieben,  son- 
dern auf  das  feste  Land  gctlüchtct  wären,  dafs  diese,  nach  dem  Abzüge 
der  Athener,  sowohl  mit  den  Vornelimsien  in  der  Stadt,  als  auch  mit 
Piffuthnet,  dem  PertiMhen  Suithalter  tod  Sardea,  nch  Tereinbart,  nacli- 
dem  sie  nSditUdber  Weik  nadi  Samoa  fibergeseiat  wiren,  die  Demo- 
Iciatic  wieder  gestürzt  und  so  den  zweiten  Samischen  Fddaug  herbei- 
geführt hätipi!.  SrTion  in  dieser  Beziehung  konnte  dieser  zweite  Feld- 
zug, als  gegen  die  vom  lesien  Lande  Klcinasiens,  also  hauptsächlich  von 
Anaia  aus,  seine  Veranlassung  herbeiführende  Gegenpartei  gerichtet, 
i  9^  'AvttHN«  wSfittus  genannt  -werden,  auf  ihnlicbe  Art,  wie  Thnkydides 
ni>  Sa.  dieadBie  den  Feinden  der  Athener  immer  Vorschub  lastende 


(i)  Jm^, an  21kn9«f.  JZT,  19a. fto. 

(a)    Paiuan  FH,  4,  5. 

(3)  VpTgl.  Lettin  g  im  Leben  drs  Sophokles  in  scinni  sämmllicbcn  Schriften,  Tb.  l4i 
S.  S91  fg.  und  Kriiger  iuDionytii  Uatkarmstensit  kisloriographicis  p.  5a8. 


40  SStbrh  iiier eiH^ldstorüeheu.poliliieheJntpiatim^ 

Partei  Xaulew  «|  'Xvcuujv  nennt.  Ueberdem  gebt  aus  Thukydides  weiterem 
Berichte  heiTor,  dafs  sidi  der  Krieg  nach  den  ersten  Siegen  des  BeriUe» 
zur  Sw  und  auf  SmiM  eine  Zeidang  „gegni  Kmumm  und  Kmen'*  Mg. 
Hier  in  Karten  lag  aber  eben  noch  Siephanus  Byzantinu*  Anaia. 

Es  kann  als«)  die  Bezeichnung  des  zweiten  Samischen  Feldzugs  in  der 
Biographie  durch  h  w  xsU  '/^va!o'j^'  -ahl^'M  als  von  jener  spedellen  Be- 
stehung desselben  hergenommeu  erklärt  werden. 


Ueber 

die  Aliügoiie  des  Sophokles. 

Von 

H™  BOECKH. 
Ercte  Abhandlung. 


[Celawn  in  dar  Akadbnie  der  Winmwihailtt  um  sq.  Jaiubr  oad  la.  FabniMr  1894«] 

Hellenische  Altenhiun  liegt  als  eine  uns  fremde,  bis  auf  einen 
fewiMOk  GiMi  in  tick  aligeadilosiene,  eigenth&nlkibe  Wdt  vor  tiiw,  in 
der  jegUcbe  bedeotende  Ersdidming  eine  Unendlichkeit  von  Aufgdben 

darbeut,  an  denen  wir  beraiti  etliche  Jahrhunderte  lösen,  ohne  dafs  ein 
Einzelner  behaupten  könnte,  viel  gelös't  zu  haben.  Denn  kein  Beson- 
deres kann  ohne  das  Allgemeine,  und  das  Ällgcmeine  wieder  nicht  ohne 
alle  Besonderheiten  begrüTen  werden;  und  was  die  Alten,  weil  ihnen 
des  eine  wie  du  «ndefe  tinnitttelbar  gegenwärtig  war,  too  «eUiM  ein- 
$ü»m,  mäMen  w  durch  Ventand  und  Kunst  emiSherungnfiRie  er- 
rdehen,  indem  wir  aus  serstreuten  Rin»*! die  allgemeinen  Yomus- 
seiTimgen  des  Verständnisses  wieder  zu  ei-zetigen  suchen,  dumii  wir  dann 
auch  das  Besondere  Icbhafier  und  inniger  erkennen.  So  wird  derje- 
nige der  Wahrheit  am  nächsten  kommen,  welcher  bei  übrigens  gleicher 
Kunscnbung,  gleklier  Gabe  der  Amchanung  und  Foisdrang,  die  grdfste 
Uebenidit  des  AUgaaeinen  und.Cansen  o^ovben  bat,  weil  dieaer  die 
meisten  Voraussetzungen  zum  Verstandnifs  mitbringt;  ein  solcher  urird 
nicht  leiclii  auf  die  Klippe  der  Scharfsinnigsten ,  dit:  leere  Spiufindif»- 
keii,  siofsen,  noili  aus  sich  herausspinnen,  was  nur  au»  der  Verbindung 
mannigfadier  Uebcriitileiungen  gewonnen  werden  kann.  Wer  durfte 
sich  jedoch  rnhnen,  ebe  genügende  Udieraidtt  des  Garnen  in  heben? 
Ehe  diese  errdcht  ist,  nmli  der  eine  den  andern,  und  diesen  wieder 
ein  anderer  ergänzen ;  und  so  wild  «•  suirigUdt  sein,  die  Gegenstiwdw 
mt,  phibi,  Kiatte  1S24.  F 


42 


B  O  c  c  K  R  öS*r  die  Antigone 


so  oft  zu  erwägen,  bis  keiner  nielir  ciwas  Lin^utliun  kam,  Zufällig 
kam  ich  ungefähr  zu  gleicher  Zeit  mit  unserem  Süveru  aul  den  Ge- 
danken, meine  Ansiclu  fiber  die  SophokklBohe  Antigme  dmulegen; 
nachdem  ieb  dnen  Hmü  seiner  AlAandtung  gekört  bettet  ick»  d»b 
trir  in  einem  Haaptpunkie,  der  Zeit  des  Stückes,  wenn  auch  nidit  vtl- 
Hg,  doch  nnhc  zusammenstimmten  f'j;  Jafs  er  ferner  Melireres  behan- 
delt habe,  was  ich  nielu  in  den  Kreis  meiner  Hetraclitunü;  gezogen  halte, 
Anderes  von  mir  weiter  ausgefühi'i  war,  als  in  seinem  Zwecke  lag:  ich 
^abte  »Iso  t  defi  aueh  hier  der  Eine  den  Andern  wechtdaeitig  ergän- 
len  könne,  und  da  ick  überdies  dieser  ersten  Abhandlung»  wdche  steh 
nur  auf  etliche  allgemeine  Verhältnisse  der  Aniigone  bezidit,  in  einer 
zweiten  Bemerkungen  liher  einzelne  Stellen  beifügen  wolhe,  mochte  ich 
auch  die  erstere  nicht  imterdrücken,  weil  sie  den  Heiz  der  £(ettheit 
rerloren  habe. 

3.  Die  Antigonc,  nadi  ^  Ordnung  der  Zeit  das  tweittuddreifsigite 
SiQ<^,  und  wie  Anatopkanes  ron  Byians  riditig  urthdlt,  eine«  der 

schönsten  (^),  soll  dem  Dichter  wegen  des  dadurch  erlangten  Beifalles 
die  Stelle  eines  Feldherm  in  dem  Samischcn  Kriege  erworben  haben: 

6i6atTKa>da  -nj? 'AvTivci»))?  (•*).  Aufscr  der  ailgemeineu  Uunsi,  weiche  der 
Dichter  senkos  liebenswürdigen  Wesens  hallier  genofs  (^),  halte  hieisu 
^ewifs  das  StfidL  selbst  beigetragan;  aber  sogar  bei  der  böchaien  Mei» 

nuig  YOn  dem  Geschmacke  der  Athener  ist  man  schwerlicl»  zu  der  Vor- 
aussetzung-hen-chtigt ,  dafs  das  dichterische  Verdienst  der  Tragödie  ihn 
dieser  Aiiszeicluuing  werth  zu  ni:i<  V>icn  schien :  ihn  deshalb  ziuu  Feld- 
herm zu  wählen,  wäi«  sogar  lachiiilidi  gewesen.  Die  Alten  waren  ge- 
wohnt, jHDt  den-  Gedichten  nidit  blofs  den  künstlerischen  Woth  an 
achten^  sondern  auch  den' mensehlidien,  för  die  Sitien  und  den  Staat; 


(t)  Von  der  äsllutiiclim  ÜMrachtiing  knnnltr  oben  nicht  grsprochen  werden,  «fil 
ia  danof  besägUche  llieil  der  AJiimidliiog  nemcs  Vorgiagm  beim  Yormge  anug«- 
Imn  var. 

(a)  Argmn,  AtUig.  TS      hfSim  7m  mMinw  Xa^nA^nf. 
(3)  AtistofA,  Sjjfz,  dtaad«. 
'  (4)  8.  dea  Voeeunnlan  Leben  dai  SoflnlilM. 


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43 


und  gerade  die  in  der  ^iiiiigonc  dargelegten  Grundsatze  waren  sehr  ge- 
eignet,  uxksem  Dichter  fiii-  ciu  bedeutendes  Ami  zu  cinpfeblen.  Mit 
fi«clrt  hftt  «an  auf  die  Lebreo  «ii&u»4uwn  geamdit,  welche  Kreon 
dber  die  Fflicbten  des  Staettmaanet  tind  der  Bätger  in  Yeriilltiiil«  sa 

dem  Herrschenden  anfltdk  (l6«  ff.  6S5ff.}(i):  auch  im  Munde  des  Al- 
leinherrscliers  mufslcn  diese  den  entschiedensten  Beifall  der  Zuschauer 
hervorlooLeu,  dcrcTi  Sinn  ganz  nuf  diis  ölf'eniliche  Leben  gerichlet  wai'. 
Doch  verstand  Sophokles  seine  Zuhörer  zu  gut,  um  Kreons  Vei'langen 
dee  Gdionaou  nidat  wa  nüdemj  Mikr  weU  bat  er  da»  Tyiaiudadie  ia 
der  Person  de»  Alleinhemehers  herronnhefaen  gewofst,  und  in  den 
Reden  des  Ilaemon  ein  demokratisches  Gegengewicht  gegeben;  sehen 
der  eine  Vers  desselben,  Nicht  Staat  jn  ist  es,  welcher  Eines  Mannes 
y,nur  (IIcAic  va^  :vk  {tS"',  »i'tk  liiwsc  fx-S"'  tvs'c),"  mufsie  ein  unauslösch- 
liches Rravo  hervoiTuieu  j  und  auch  die  übrige  Umgebung  jener  Stelle 
(731-733.)  ist  auf  daHelben  ISndmck.  beredinet.  Allerdings  sind  dic« 
nnterfeoirdnete,  tut  möchte  man  yerfiilvt  sein  an  sagen,  Ewipideiiische 
SdlMiheiten;  doch  sind  sie  in  diesen  Stücke  keine  Iccrc  imd  für  das 
Ganze  unpassende  Gemeinsprüche,  wenn  sie  gleich  mit  fiir  den  Beifall 
geschticbcn  sind.  Sollte  man  aber  nicht  den  Athenern  zutrauen  dür- 
fen, dafs  sie  noch  etwas  mehr  von  der  sittbcben  V  orireülichkeit  dieses 
Stfidtes  begiriflen  hatten?  Wenigpiens  ist  der  Grundgedanke  desselben 
ein  sirfdber,  der  das  grSlste  Zutrauen  au  den  Dichter  erwecken»  ja  so- 
gar den  Wunseherregen  mufste,  ihm  einen  Aniheil  an  der  Staatslei- 
timg  gegeben  zu  sehen  ,  indem  die  Tragödie  fast  in  allen  ihrt-ii  Thcilcn 
darauf  hinarbeitet,  besonnenen  Bulh  und  IJeberlegimg  {ivßovÄta)  im  < n  - 
gensau  gegen  die  Leideuschaft  als  das  Höchste  und  Glückseeligste  atuz,u- 
stdloiy  die  Abmessung  der  Befugnisse  su  en^ifehlen,  und  su  zeigen, 
wie  heftiger  Eigenwille  und  kOhne  Uebertretung  gottlidien  oder  nensch- 
icn  Gesei7.es  ins  Verderben  siüj-ze :  worauf  ich  luiten  zurückkommen 
werde.  Lebrigcns  war  Sophokles  gewifs  kein  grofser  Feldherr.  Wir 
haben  hei  ihm  gerade  diK  sritciif  (Jliick,  das  Lrtheil  eines  sehi*  verstan- 
digen Zeilgenossen  tibei  scuitn  l-lnrakier  in  dessen  eigenen  Worten  tu 


(1)    Die  Vene  aiad  imoMr  nach  Hermann'*  Züblung  angegeben. 

F  2 


44 


B  o  E  c  &  H  äAer  «Ue  Anügone 


besiizcn.  Ton  von  Ckios  (•)  giebt  uns  einen  nterlimh'dij:;cn  I3erichl 
über  itcm  Zusammensein  mit  Sophokles :  er  habe ,  sagt  er ,  einen  beim 
Weine  lustigen  und  artigen  Mann  (irai&w^  to^'  tum  koi  j^^ioy)  gefun- 
den; er  erzllilt  des  Sophokles  Gespriidi  mh  einem  kriiisdien  Schul- 
meister,  der  dnen  Yers  des  PbrynidMi»  tadelte,  dessen  sich  unser  Didi- 
tcr  beim  Ansdisuen  eines  Ueblidien  Kjiaben  bedient  halte ;  ivie  dann 
dci-  Knabe  einen  Halia  aus  dem  Becher  habe  nehmen  wollen ,  «nd 
Sophokles  ihm  sngtc,  er  möchte  ihn  heratisblasen,  damit  er  den  Finger 
nicht  benetze;  indem  nun  aber  Sophokles  den  Becher  sich  näherte  imd 
der  Knahe,  um  den  Halm  wegzuUasen«  «adi  nahe  an  das  Gesicht  des 
Feldhemk  gekommen,  habe  er  ihn  gekäfst.  Da  nun  alle  lachten  und 
Beifall  klatschten,  sagte  Sophokles:  „Ich  übe  mich  in  der  Strategie,  ihr' 
^, Männer;  diewcil  Periklcs  sagte,  ich  verstände  uolil  die  Poesie,  aher 
nicht  die  Strategie:  ist  mir  nun  dies  mein  Stralei:;em  nicht  recht  gut 
„gelungen."  Wer  sollte  ihn  richtiger  beurlheilt  haben  als  Pcrikles? 
Znm  tJdieiiliiis  sagt  Ion  nodt  aus  dgener  Person:  ,,In  Staatssadhen 
»»war  er  ireder  weise  nodbi  üuukriifiig,  sondern  wie  der  erste  beste  der 
„guten  Athenischen  Büi^er."  Sdiweilich  duifle  ihm  also  Perikles  uv 
gend  eine  kricgcrisclic  Uniemehmting  übertrafen  lial)en ;  aber  als  ein 
Mann,  der  sich  beliebt  maelien  und  Menschen  ijchandela  konnte,  war 
er  zu  Unlcrhandlimgeu  sehr  geeignet,  welche  in  allen  Zeiten  des  At- 
ttsdien  Staates  einen  sehr  wichtigen  Theil  der  Feldheimgesdülfte  aus- 
machten,  und  in  denen  sich  nachher  AUdbiades  und  Tnnoiheos  Konon*s 
Sohn  auszei(^eten.  Unstreitig  luhrle  Sophokles  gerade  die  wichtigsten 
Unterhandlungen  mit  den  BunJcsgennssen,  Le^hos  iiinl  Cliin*  :  mid  wenn 
es  wahr  ist,  dafs  er  sich  im  Samiselien  Kriege  bereichert  habe  (-},  gaben 
jene  Unterhandlungen  die  beste  Gelegenheit.    Indessen  glaube  icli  jene 


( I )   Bebi  AOtett,  XO!,  S.  Oo4  L  «u  det  Iva  *£)nW««^ 

(a )  Scbol.  ArlMopb.  FriedenCgS.  Avymw  fn  w  t^«  vtftmfpiK  rfc  Zi.«u^  rfyjfiraTB. 
Periklcs,  «Ifr  rlmi  Si)])1m)11os  in  Frnmtllichkrit  I,f}iiTn  gab,  «cheint  ihm  (l<Tj;lolclieii  nitlit 
verwic«en  lu  luLeu,  wokii  aber  iurchtctc  rr  »eine  Verliebtheit,  indem  er  ilui  iluiaut  aiü- 
iMriknm  mohle,  daft  da  FeMlierr  nidit  blolii  «ndwltcane  HUttle,  Modem  auch  enthalt- 
»amc  Augen  taltrn  luüue.  Gc.  Off.  1,  -Jo.  Fat.  Majc.  IF",  3.  rjct.  i.  Plutarch.  Periet.  8. 
In  der  AaUgooe  spricht  er  «cUwt  gegen  besiechlichc  Habsucht  ic^  tT.  loao  ff. 


des  S^ihdkks, 


45 


Saeie,  die  nur  der  Scholiasi  des  Arisiophancs  anführt,  nicht  ohne  Grund 
bestreiten  zu  können ;  denn  sie  kommt  nur  bei  Gelegenheit  eines  Aristo- 
pbanischen  Stichelwortes  gegen  untem  Dichter  vor,  und  scheint  nur  eine 
Vemraihiiii^  cur  Eritlimiig  dcttclben  su  «ein.  Antu^hane»  lifst  nehm^ 
tich  durch  den-Hermes  eine  Anfrage  bestellen,  yras  Si^hxdJes  mache;  es 
M-ird  gcaniworiet,  es  gehe  ihm  Tortrefllich :  er  sei  aus  einem  Sophokles 
ein  Simonides  geworden,  weil  er  alt  und  ranziji  um  tlen  Gewinn  wol 
selbst  auf  einer  Binsenmatte  schüTte.  Da  jedocii  dci-  Arisiopliauische 
friede,  worin  diese  Posse  enthalten  ist,  erst  Olymp.  90, 1.  etwa  zwanzig 
Jahre  nach  dem  Samisdien  Kri^  aufgefflhrt  worden,  «o  erkennt  man 
leicht,  dafs  Aristophanea  an  jene  angd>liche  Thataadw  nk^Lt  gedacht 
haben  kann.  Dafs  auch  Xenoj^ianes  den  Sophokles  wegen  des  Geizes 
getadelt  habe,  ist  blofs  ein  MIfsvf»rst;indnifs  des  Florens  Christianus: 
Xenophanes  sprach  vuu  scincni  Zeitgenossen  Simonides.  Aristopbanes 
dagegen  giebt  dem  Greise  Sophokles,  wie  klar  ist,  allerdings  Gewinn* 
andu  schuld ;  anscheinend  im  Widerspruch  mit  der  bekanntem'  EntSh- 
limg,  wonach  Sophokles  Yon  seinen  Söhnen,  vnd  namentlidi  ton 
lophon  wegen  Vernachliissigung  seines  Vermögens  belangt  woi-den  sein 
soll,  mit  cU'iu  Intiiige  ibm  als  geisicsscliwach  die  Verwallimg  desselben 
zu  neiimen :  bei  welcher  Gelegenheit  er  sich  durch  Vorlesung  der  Pa- 
rodos  des  Oedipus  auf  Kolonos  venheidigt  haben  soll  (').  Mir  scheint 
jedoch  dieser  Widospruch  so  wenig  yon  Bedeutung,  dafs  idi  sogar  die 
Yennttihung  wage»  der  Geis  des  Sophokles  habe  nüt  seiner  Verschwen'» 
dung  sehr  nalie  zusammengehangen :  denn  da  er  unlänab«»-  seinem 
Aller  wie  in  der  Jugend  der  Livhi-  ^i'hr  unifiihan  war,  mcigeri  ihm  die 
Damen  nicht  wenig  gekoüici,  die  5olme  aber  zugleich  seine  Kargheit 
em|tfiinden  haben;  dadurch  gereizt,  konnten  w»  aUetdings  eine  soldie 
Khge  ansteOen,  um  in  den  Besitz  des  Yenndgens  m  kommen,  und  ge> 
radc  bei  dieser  Gelegenheit  konnte  Sophokles  su^eidi  als  Verschwender 
und  als  hiibsücluig  in  Übeln  Ruf  gt'koraraen  sein.  AulFallend  stimmt 
.gerade  die  Zeil  damit  fiberein,  welche  ich  (*)  dem  Oedipus  auf  .Kolonos 


( t )  Cicero  de  scnect.  7 .  der  Ungeoannle  im  Leben  d.  Soph.  SchoL  Arutoph.  Frütclie  7}. 
tMom».  MmcnA,  a4.  Pluuirdk  An  aeni  tU  resp.  ger.  S. 


46 


B  o  £  c  K  u  über  die  Antigone 


anzuweisen  versucht  habe,  Olymp,  89, 4-  Wenn  diese  Best iiumung  auch 
unsicluT  ist,  80  halte  ich  sie  dennoch  durch  das,  was  Reisig  (')  dage-  * 
gen  hemerkt,  nicht  für  widerlegt;  wogegen  Suvern,  wie  ich  glaubet 
richtig  gezeigt  hat,  dsb  Reisig'fi  eigene  Annahme  nnhalilwr  iit.  * 

3.  Geleitet  von  dem  Semiseheit  Kriege  habea  Petitus('),  Bentley  (^)» 
Husgrave  (^),  die  Aufluhrung  der  Antigone  in  Olymp.  84 >  3.  geseut,- 
wplchen  ich  (*)  so  weit  heigeireten  bin ,  dafs  ich  diese  Bestimmiuig  als 
eine  ungefähre  anerkannte,  und  die  Aniigone  zweifelhaft  in  Olymp.  84,3. 
ja  noch  unbestimmter  ff  circa  Olymp.  84'  exeuntem"  stellte.  LHe  sorg- 
liSltige  ütttertttclniiig  Ton  Seidler,  bei  weldier  encb  Henaenn  «tdk 
bernhigl,  liefert  dagegen  das  Ergdmib,  daft  sie  in  Oiymp>  85»  1  <  geh5n> 
Gesetzt  ancli^  dal«  Seidler's  fienimmnsg  der  Zeitan  des  Samischen 
Krieges  sicher  wäre,  so  würde  er  dennoch,  wie  Süvern  bereits  be- 
merkt hat ,  das  Stück  ein  Jahr  zu  spät  setzen ;  nachdem  ich  aber  den 
'  ganzen  Verlauf  der  Samischen  Feldzüge  von  neuem  genauer  erwogen, 
nnd  die  Zeiten  derselben  an  bestimmen  gesucht  habe,  sehe  ich,  dafs  die 
Atttigone  eben  so  gut,  ja  besser  iwai  Jahre  frdlier.geietat  iwerdso  kamt; 
dies  zu  zeigen ,  bedai>f  es  freilich  einer  grS&em  Aulfuhilichkeit ,  als 
die  fieiingfügigkeil  des  Gegenstandes  vielleicht  verdient.  Nach  dem  Eu- 
böisehen  Kriege  schlössen  die  Spartaner  imd  Athener  den  bekannten 
drcifsigjährigen  FriedensverU-ag ;  im  ftmfzehnten  Jahi'c  desselben  beginnt 
dem  Tkukydides  zufolge  (')  der  Peloponnesische  Krieg,  im  Frühjahi' 
C^tep.  87,  X.  zwei  Rfonate  ehe  der  Ardion  Pydiodoros  sein  Amt  nie- 
derlegte« Dtk  Thukydides  sagt,  irieraehn  Jahre  sei  der  Vertrag  gehalten 
worden,  im  fünfzehnten  aber  seien  Feindseeligkeiten  ausgebrochen,  hat 
Dodwell  von  der  angegebenen  Zeit  gerade  vierzehn  Jahre  zurück  ge- 


{ I )  Ord,  Col.  Enarr.  S,  VH. 

(•i)  Muc.  IIT,  r8. 

(5)  Eptsi.  ad  MtU.  S.Saö.  Lifts, 

(4)  Chronol.  scenic. 

(5)  Gr.  irag.  pr.  S.  107.  108.  iS}. 

(6)  Tomd«  s.  Aatig. 

(7)  Ä*. 


47 


rechnet,  und  seizi  daher  die  Abscliliefsung  des  Verirnges  Olymp,  ^"y,  3. 
um  ilcn  zehnten  Olympischen  Monat.  Worin  Liegt  aber  die  Gewahr- 
leisiiuig,  doDs  beim  Atuibrach  der  Feindseeligkeiien  gerade  mir  Tierzehn 
Jahre  seit  joiein  BOndiUMe  Terflotten  vartn?  TlnikjdidM  neiikt  ofilm« 
bar  nidits  wmer,  ak  dab  dar  Vermg  «o  fiel  Tolla  Jahre  gdialtm  und 
im  folgenden  verlettt  wurde;  ^ie  viel  Monate  des  funfgehnten  Jahres 
bereits  abgelaufen  waren,  dies  zu  bestimmen  lag  nicht  in  seinem  Zwcrl,«*. 
Eben  so  gm  kann  luau  daher  annehmen,  dafü  dm-  Friedemveiirag  sciiou 
sechi  Monate  früher,  im  vierten  Olympischen  Mouai  geschlossen  'war; 
ja  man  Lum  nodi  vide  Annafamen  sntti  (^nnde  legea :  aher  um  die 
VorBUMetmng^  nicht  su  vernclfiHtigen,  wellen  wir  nvr  'vom  diese» 
beiden  ausgehen ,  dafs  der  Friedensvertnig  Olymp«  BS,  3.  «Diweder  im 
Frühjahr  um  den  zehnten .  oder  schon  im  voiherf^egangenen  Späijahr, 
um  den  vierten  Olvmpisciicn  Monni  geschlossen  war.  Wir  lassen  jeut 
aber  die  letztere  Voraussetzung  vor  der  llaud  aus  den  Augem,  um  auf 
de  spfiter  lurficksukiommeD,  teoA  haltCB  unt  ledi|(ltc]i  an  die  cvame,  um 
nach  dieser  die  Zeiten  der  Samiachen  Kampfe  an  beBtimanen.  Im  eecbsieii 
Jahre  jenes  Vertrages  nchmlich  entstand  der  Ki  ieg  der  Samier  und  Milesier 
über  Prione  (').  welchen  anfser  Thukydides  f^iodor  (-)  nnd  Pluiarch  (') 
mit  ziemlicher  Uehereinsiimmiing  erzählen  ;  dies  sechste  Jahr  wüitle  nach 
der  erstem  Annahme  im  Frühjahr  Olymp.  84,  4*  heginoen,  füi*  welches 
Jahr  Ttmoltle«  als  Archon  angegeben  itixd,  £he  wir  aber  einen  Schiitt 
weiter  in  dieser  vennekeken  Untenudiung  geben  können»  müssen  tnr 
tms  über  die  Zeit  des  ArchontenwechseU  in  Athen  verständ^5<^n,  indem 
wir  sonst  hr\  der  Nennung  eines  Archon  nn«;  <i!^  ^eit  nicht  mit  Be- 
stimmtheit denken  können.  Denn  da  der  Sciialtmonat  nach  dem  Po- 
ieideon  folgt,  hat  mau  nicht  uhue  Gnind  angenommen,  dafi  dw  alm 
Attische  Jahr  mit  dem  Gamelion  begpnnen  habe;  nnd  weil  der  Meio- 
niscke  Gydus  gerade  mit  <^jmp.  87»  1.  anfangt,  nnd  dieses  Jahr  das 


(1)   Thukvd.  I,  nSf. 
(^)   XU,  27  f. 
(3)    P«nU.  aJff. 


48 


B  o  B  c  K  B  öfoi*  dis  AlUigone 


.erste  ist,  von  welchem  man  weifs,  dafs  es  mit  dem  IlekaLombjioii  an- 
fing, haben  Dodwcll  und  Corsini  (')  dieses  Jahr  als  den  Wendeptmct 
des  Aiüschen  Kalenders  angesehen,  und  lassen  die  Jahre  vorher  mit  dem 
Gamdicm  beguuMn.  Mni  kommt  hierbei  io  die  Verlegenheit,  oh  man 
dem  leuten  Ardicm  -vor  Pythodaroe,  ndmdidk  i^weodes»  «achs  «kter 
achtzehn  Honate  geben  «oU;  wodurch  sich  alle  frühere  Archonten  QU 
ein  Jahr  weiter  herunter  oder  liinauf  schieben;  D od  well  thui  jenes, 
Corsini  dieses;  des  erstem  Annahme  hat  Corsini  (-)  him-eichend  wi- 
derlegt, und  die  letztere  halte  ich  schon  darum  für  grundlos,  weil  die 
demokratische  Eifenudit  ihv  Athener  echweilidi  dner  Kelenderrerfin- 
derung  saliebe  die  Archonten  ein  helbee  Jehr  über  ihre  Zeit  im  Amte 
gdUssen,  sondern  sie  heber  für  diese  «edis  Monate  neue  Archonten  ge- 
setzt haben  würden.  Indessen  quälte  mich  die  Unentschiedenheil,  ob 
zur  Zeit  der  Samischen  Kriege  die  Archonten  mit  dorn  Gamelion  oder 
HeLatombäon  eintraten,  luigemein,  weil  die  chronologischen  Bestimmun- 
gen darnach  sich  ganz  verschieden  gestalten,  bis  ich  endlich  bemerkte, 
dafs  ich  diese  S«che>  die  für  die  Attteche  Ghrondogie  nidit  unwichtig 
ist,  längst  selber  ohne  es  au  merken  entschieden  hatte.  Ich  habe  nehob- 
hch  unter  der  Voraussetzung,  dafs  das  Jahr  mit  dem  Hekatombäon  be- 
ginne, gezeigt  (^),  dafs  die  Marathonische  Schlacht  in  der  Mine  des  Mo- 
nates Metageituion  geliefert  wnrde,  und  zwar  in  der  zweiten  Prytanie: 
dahin  führen  auch  unabhängig  von  jener  Voraussetzung  die  übrigen  Lm- 
stibde:  hütte  aber  das  Jahr  damals  mit  dem  Gamelion  begonnen,  so 
fieHe  dii  /.r.«ite  Prytanie  in  den  Winier,  in  welchen  das  Treffen  au 
setzen  ohnehin  unmOgUdi  ist,  da  die  Perser  nicht  im  Winter  angrifijstt. 
I>aher  ist  schon  für  das  Jahr  r>lvmp.  ^2,  3.  bewiesen,  dafs  das  Attische 
Jahr  mit  dem  Hekatombäon  begann;  die  Attischen  Archonten  stimme 


(t)  Ihnen  bittid»  Midi  im  JVoo«iii.J>äMr.'ni.n.  ]li.II.S.  iS.fgMpi  wasiehbicv 

mit  luriicVnehme. 

{1)    /-..-/.  Hü.  I*S.  93. 

(^5)  Vorrede  z.  i^ectioiUTeneichiiif*  der  hiesigen  UniTersität,  Sommer  ibi6.  Der  Tag 
der  SdOMibt  ist  jedoch  m  lMridili«ai;  w  Doknlidi  dar  16.  «dar  17.  Mut  dw  16.  ni 
N4Mn,  ireU  der  TaUawad  dn  tS.  «dtr  i4.  «iatrill. 


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des  Sophokles. 


49 


also  schon  seit  die<?cr  Zeit  mit  den  Olympischen  Jahren  uberein,  und  wir 
können  bei  unserer  Hetrachiung  die  gewöhnlichen  Angaben  der  Archonten 
für  die  Olympischen  Jahre  uubesoi-gt  befolgen.  Wenn  nun  das  sechste 
Jalir  de»  dreifsigjährigen  Wfindtiiiiw  ent  mit  dem  Frühjahr  det  Jähret 
Olymp.  84»  4>  b^mm  der  Samiecfae  Krieg  aber  In  diesem  eafibigt,  und 
wmK,  Diodor  und  der  Scholiast  des  Arittapbanes  uns  bezeugen, 
imtcr  dem  Archon  Titnokles:  so  mufsie  dieser  Kampf  gerade  niclii  frü- 
her und  nicht  später  als  in  dem  Finiblingsviertel  jenes  Jahres  beginnen, 
in  "vrelchem  man  auch  die  Kampfe  anzufangen  pflegte:  nicht  früher, 
ynSL  er  gomt  ins  fünfte  Jahr  des  Bündnisse»  zurückreichte;  nicht  später, 
ivdl  er  soiut  ntelftt  mehr  miter  lümoUes  fiek.  Zuerst  nmi  worden  die 
Milesier  tod  den  Samicnk  besiegt,  vnd  wenden  sich  von  den  Samischen 
Demokraten  unterstützt  an  Athen;  die  Athener  ziehen  daher  mit  vierzig 
ScliilTen  gegen  Samos ,  setzen  dort  eine  Volksherrschaft  ein ,  nehmen 
fünfzig  Minner  und  ebensoviel  Knaben  als  Geisel ,  welche  sie  nach 
Lemnos  bringen;  in  Samos  lassen  sie  eine  Attische  Besatzung,  und 
ndimen  nadi  Diodor  achtzig  Talente  Gontribntion.  Ak  AnlObrer  wird 
FeriUes  von  Fiatardi  uul  Diodor  genannt,  toh  letzterem  mit  den  'Wor- 
ten: Byw^ie  Tgox^i^tn^^ifW  a^^anr/iv;  alles  vollendet  er,  vrie  Piodor 
sagt .  in  wenigen  Tagen ,  und  kehrt  nach  Ailien  zun'ick.  Ich  wüfste 
nicht,  was  dag'egcn  wäre,  dafs  alles  dies  in  den  drei  Frühlingsmonaten 
nnter  dem  Archen  Timokles  geschehen  wäre;  ja  es  bedtirfte  nicht  ein- 
mal so  langer  Zeit.  Aber  Einige  der  Sanier,  ndimlich  die  oligarduacb 
Gesinnten»  waren  nacb  dem  fetüm  Lande  in  die  Vedbsnnn«6  gegangen, 
machten  Bundesgenossenschaft  mit  Fissutbnes  i**  O^tdes,  und  nachdem 
sie  siebenhundert  Mann  Hülfsirnppen  zusammengebracht,  bemaehtigten 
sie  sich  ihrer  Vatersudt  bei  Kaciit,  stahlen,  was  natürlich  sehr  rasch 
geschehen  mufstc,  die  Geisel  von  Liemnos  weg,  lieferten  die  Attisdie 
Bemtnmg  nnd  BefeUUmber  dem  Vissntbnes  aas,  nnd  rüsteten  sich  als- 
bald gegen  JffilM.  Dafs  dies  alles  schnell  geseheben  mnisie,  liegt  in 
der  Natur  dei«  Seche;  zum  Ueberflufs  bezeugt  Plutarch,  gleich  nach 
Periklf^s  Ah7ijg  seien  die  Samier  abgefallen,  Wollen  wir  «Inher  «liese  Be- 
gebcnheiten  nicht  noch  unter  Timokles  setzen,  so  muisien  sie  wenigstens 
in  den  Anfang  des  Archon  Morychides  Olymp.  85,  i.  fallen.  Nunmehr 
togen  die  Athener  ,znm  iwaiten  llak  nnter  BariUe»  (iritXiir  «yoxinfmU 
Müt,  pkHoL  Kbmt  1834.  6 


60 


Bob  CK  H  äfor  dh  Antigane 


fjLtvei  vr^an^av,  sagt  Oiodor)  mit  sechzig  SchilVcn  gegen  Samos  (');  sech- 
xehn  derselben  wurden  versandt,  theüs  nach  Kurien,  um  die  Phönicische 
Flotte  tu  beobaduen,  tfacil»  a«di  Gliios  und  Letboi,  um  ffiüft  von  dort 
aturawirken;  PatUc*  «Jier,  d«r  «ie  Tluikydide«  tagt,  iwlhwlmt  FdU» 

hacr  vrur,  griff  die  eben  sdbon  von  Milet  her  kommende  siebzig  Schiffe 
starke  Sttmische  Flotte  mit  seinen  -vierund vierzig  ^^fflfcn  bei  der  Insel 
Tragi»  an,  und  besiegte  sie.  Die  Samier  mochten  vorzüglich  durch  die 
Schwere  eines  Theiies  iluer  ödulfe  im  Nachiheil  sein;  denn  zwaui&ig  der 
ihrigen  hatten  Landungstruppen  an  Bord.  Hernach  kamen  von  Athen 
nodi  vierzig,  von  Ghiös  und  Leaboi  lunfundsmiuig  Sdiiflb;  «o  rtt- 
•tirkt  laudeft  die  Athener»  und  üuigen  nach  einem  siegreieben  Gefedhfee 
•By  die  Stadt  aut  drei  Befestigungen  und  mit  den  Maschinen  des  Ar- 
temon  zu  belagern,  zu  Limde  und  zugleich  zu  A"S^asscr.  Da  wurde  dem 
Perikles  herieliun.  «lafs  l'luininisclie  Sclulle  im  Auzug  waren,  welchen 
Stesagoias  von  ÖaraüS  mit  luni  ^cliilTen  und  aufserdem  Andere  etitgc- 
gcgcngefahren' waren:  daher  sog  er  In  Eile  («orA  7a-/jK  Thukydides), 
einif^  Tage  nach  Anfang  der  Bdagemng  (fwnf  nmv  «i^pw  Diodor),  dem 
Feinde  g^  Katuios  und  Karien  entgegen.  Die  Grüfse  dea  Vergebene  der 
Samier  gegen  Ailicn  und  die  damalige  Schnelligkeit  der  Athener  läfst  an- 
nehmen, dals  dies  alles  in  kurzer  Zeil  bewirkt  wurde;  und  wir  wnxlen 
viel  zugeben,  wenn  wir  da/u  die  ersten  drei  Monate  unter  Mor^cliides 
einriamen.  JNacb  dem  Abzüge  de»  Farillet  mechen  die  Sanier  einen 
AnaCuU,  dnrehbredien  die  Mobade  und  idikgsn  die  Atbeniacbe  Flotte 
unter  der  A^ührung  des  KiikMophen  Meliiaos,  der  schon  früher  mit 
Tonibcrgehcndcm  ILifolgc  gegen  Perikles  gefoditen  hatte;  yierzehn 
Tage  sind  sie  nun  Herren  des  Meeres  und  verprorianiiren  die  Stadl. 
Aber  Perikles  kehrt,  sobald  er  ISachrichi  von  den  Vortlieilen  der  Samier 
erballen  bat,  sogleich  in  Eile  lurfick  ( iv3vs  u1nW^^^(  Diodor,  ißvit^ 
eere  nfx^  Hutarcb),  und  scMiefu  Semos  von  neuem  cur  See  ein;  dem> 
nächst  kommen  noch  vietiiig  Scbifie  von  Athen  unter  Thukydides, 
Agnon  und  i'iiormion ,  und  zwanzig  unter  Antikles  und  Jdepolemos, 
dergleichen  thcifsig  von  Tesbos  und  Gbios;  Diodor  lafsi  sie  alle  sehnell 
und  bald  nach  Perikieä  llückkehr  von  Kitrien  eintreüen  oder  absenden. 


(i)  J%ufyi.  I,  I1& 


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51 


Noch  versuchen  die  Snmipr  e\r\  kurzes  SeetrefFen,  und  werden  im  neun- 
ten  Monate  durch  Iklageruog  bezwungen,  ihre  Mauern  geschleift,  die 
Holte  genommen ;  »ie  geben  G«iid  wid  verpflichten  sich  zur  Zahlung 
der  Kriegskotten  in  bciUmimen  fVitten.  Am  natfiiliehiien  rechnet  men 
iene  nenn  JAnmte  t<ui  der  Schlacht  bei  Tragia  an:  nnd  so  wnrde  die 
Unterwerfung  von  Samos  in  das  Frühjahr  Ofyn^«  8Sr  l*  fidlen.  An 
ein  Hiiisclilepp<m  durch  mehrere  Jahre  ist  um  so  weniger  zu  denken, 
da  Perikles  wegen  der  Kürze  der  Zeit,  \Yorin  er  so  Grofses  Tollbracht, 
sich  rühmen  konnte;  und  wenn  wir  auch  nicht  mit  Dodweli  an  die 
VoUendnng  beider  FeUsüfe  unter  Einer  Stniqpe  denken  möehtoi»  in- 
dem der  SchoÜest  des  Aiistoplisiies  ansdrfickBcli  bemerkt»  dals  der 
Senrische  Krieg  unter  zwei  AjrdMmten,  Timokles  imd  Morychides  §e(ohrt 
wui-<lf,  sio  können  w'w  ebenso  wenig  Seidler'n  zugeben,  dafs  was  vor 
der  Belagerung  vorfiel,  nicht  habe  in  drei  Monaten  geschehen  können, 
„praesertim  si  tjuis  locorum  intervaUa  caeäque  et  tempesialiun  fjermutaüones 
ptoliaque  kuäucemodi,  qua«  autnu  i^inmt,  oiUtte«Ut  Mom  pmfmiai^* 
im  Gegentbeil  liegen  alle  Orte  nicbt  veit  enseinaBdery  imd  die  Jahve»- 
acit,  wie  sie  nach  der  bisherigen  Voraussetzung  angenommen  wordeUf 
ist  vorzüglich  günstig,  da  wir  den  Anfang  der  Feldzüge  in  das  letzte 
VifrTcIjpht  (l<  q  Archon  Timokles  setxten;  endlich  geben  die  Sckriftsteller 
gei-adczu  uhcraii  an,  dafs  alles  rasch  auf  einander  folgte. 

4.  N«dh  den  bisherigen  Annahmen  fide  also  die  Hauptmasse  der 
Kbnpfe  nnter  Morydudes,  mid  nur  der  erste  Lüne  Krieg  unter  TimoUn* 
Wiewebl  mm  Diodor  binfig  Begebenheiten,  die  uiter  sw»  Archonten 
vorfielen,  imter  Einem  zusammenfefst,  weil  de  Zusammenhang  der  Er- 
■Jiiirnisse  nicht  unterbrochen  werden  sollte,  die  Hauptkämpfe  vom  Fnih- 
juia-  bis  ztun  Spätjahr  aufeinander  folg^  und  gerade  in  der  Mitte  die- 
ses Zeitraums  die  Archonten  wechseln:  so  bitie  dodi  Diodor  «dir  nn- 
goseUdit  enihk,  wenn  die  bisberigsn  Toraussetsongen  ridiiig  «irsn. 
Denn  du  die  IlB«pdiegd>enlieiten  unter  Bloirychides  fallen,  und  nur  der 
erste  Feldzug  vBter  IWokles:  so  war  es  ungeschicktt  alles  unter  diesem 


(1)  Annal.  Thur.  S.  68;.  in  der  Lcipz.  Ausgabe  de»  Thukjd. 

(2)  Wespen  a85.  aus  Bekker**  Vcaei.  Handschrift:  tu  it  7i;t  Z^ie»  itv$mmiaiiiTf 

G  3 


53 


zu  erzählen;  vielmehr  mufste  er  entweder  alles  unter  Morychides  brin- 
gen, oder  wenigstens  den  zweiten  Feldzug,  da  der  erste  für  sich  ein 
Ganzes  bildete,  was  leicht  abgesondert  werden  konnte.  Dies  überzeugt 
inicli»  daf»  trir  die  andere  Vomnuelaiing  ergreifen  mflaien,  ivonadi 
der  drdffigjSbrige  Vertrag  ediche  Dfonate  firdher  ala  Dodwell  awnitet 
geschlossen  war:  wir  wollen  ihn  in  den  vierten  Olympischen  Monat 
Olymp.  83,  3,  setzen,  das  heifst  ins  Spatjahr.  Dann  würde  der  Streit 
zwischen  Samos  nnd  IVIilet,  benaclibarleri  Staaten,  die  in  jeder  Jahres- 
zeit sich  angreifen  können,  ins  Spaijahr  Olymp.  84,  4>  hinaufgerückt; 
der  aveite  Zug  der  Adiemer  fide  dann  auf  jeden  Fall  noch  vnter  den 
Axchon  TinoUesj  aber  die  Btnnalinie  nnd  gBnsliche  Unterwedung  Ton 
Samos  erst  imter  Morychides.  Man  wende  nicht  ein,  dafs  hierdnrdi 
Winierfeldzüge  entstanden;  auch  tmter  der  erstem,  Ja  unter  jeder  mog- 
hcben  Voraussetzung  mufs  ein  Winterfeldzug  angenommen  werden.  Wir 
wollen  die  Zeiten  der  verschiedenen  Begebenheiten  nadi  dieser  Voraus- 
aetanng  nidit  bta  ins  Einielne  verfolgen;  nvr  «oviel  bemerke  idij  daft 
nadi  ibr  der  Anbng  des  f «dien  Kriq^es  fiS^ch  Ende  Winten  oder  im 
Anfange  des  Frühjahres  Ofymp.  84*  4«  setzen  seni  wird ,  da  wir  im 
vorhergegangenen  Winter,  eben  weil  die  Witienuig  ungünstig  ist,  die 
Begebenheiten  sich  nicht  so  sehr  dürfen  drängen  lassen.  Dann  hnt  :\her 
Diodur  sehr  versündig  erzählt;  denn  dafs  er  den  erst  unter  Morychides 
erfolgten  Ausgang  des  zweiten  Krieges  nut  unter  Xlmokles  erxaUte,  ist 
vMfididk,  weil  der  Anfioig  imier  diesen  fid.  Unter  dieser  Yotansseismig 
nnn  ist  «mIl.  die  Untersuchung  ganz  unwidktig,  ob  Sophokles  beim 
ersten  oder  zweiten  P^Uzvinc  Feldherr  gewesen;  doch  wollen  wir  auch 
diese  benicksichugen.  Schon  Lessing  (')  hat  bemerkt,  daf?  seine  Stra- 
tegie in  den  zweiten  falle;  und  Seidler  hat  diesen  Punkt  genau  erwo- 
gen. Die  meisten  Zeugen  sdiweigen  zwar;  Thukydidcs  und  die  Haupte 
stelle  des  Hntardt  erwShnsn  den  SopboUes  g»r  nicht,  ebenso  wenig 
Diodor,  den  man  aus  Versdnat  eingenusdit  bat;  Justin  (^)  weils* 
dafs  unser  Dichter  Feldherr  mit  Pei'ikles  gewesen,  spricht  aber  von 
einem  Kriege  gegen  die  Spartaner;   der  Scholinst  zum  Aristophanischen 

(i)  UtaidesSoflHiU.8.157. 
(a)  m,  6. 


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63 


Frieden  (•) ,  Cicero  (*)  Pluurch  in  einer  andern  Stelle  (^) ,  Valerius 
Maximus  (^)  erkläan^  «ich  d>e&  so  vrcnig  über  Sophokles  Samische  Stra- 
tegie, ob  sie  in  don  amen  od«r  iwwtoi  F«ldzug  gehörte.  Xhet  lom 
von  OuM  uigmAi  den  Sophokles  ab  FflUhemi  in  Quo«  teDm,  ab  «r 
aacb  Leibot  acbilAe»  oflenbar  auf  dem  zweiten  Zuge,  indem  Sc^IifiUai 
sn  jener  Sendung  nach  beiden  Insehi  gebraucht  wurde,  und  Strabo  (') 
seizt  seine  Strategie  in  den  Feldzug,  der  durch  die  entscheidende  Bela- 
gerung beendigt  wurde :  'aJ^vqm^  —  %t)i>parrti  erT^aryiyov  Yli^tnXsa  koI  avv 
avnff  iofoxiJa  res/  rotitnjv  xo^^mf  tuucias  ^eSuiiUiv  UTrti^awTCK  rtw  Xa^uouf. 
Endlich  ist  Xhukydida»  MitÜBldhatr  behn  xveilan  Znjje,  und  der  ünge- 
nannie  in  lieben  des  SophoUes  bebanpiet»  der  Diditer  ed  mit  FariUee 
und  Thukydides  der  Strategie  gewürdigt  worden.  Aber  die  letztere  An» 
gäbe  läfst  sich ,  ync  ich  unten  thon  weixle ,  beseitigen ;  die  beiden  an- 
dern zeigen  unstreitig,  dafs  Sophokles  im  Anfange  des  zweiten  Zuges 
Feldherr  war,  ohne  jedoch  zu  beweisen,  dais  er  es  zur  Zeit  des  ersten 
Zuges  nid»  war:  denn  fid  der  Anfang  des  sivdten  mit  dem  cnien  in 
daseellM  Bflrgedidie  Jahr,  so  war  SopheUes  snr  Zdt  beider  Fddherr. 

6.  Um  ntut  auf  die  An(ir;oiir  zui ückzukommen ,  so  hat  unser 
Süvcrn  schon  gezeigt,  dafs  Seidler  diejenigen  mit  Unrecht  verlafsi, 
welche  die  Antigone  in  das  .TaTir  vor  dem  Samischen  Kriege  setzen,  da 
es  nach  den  Alüsdien  Yerhaiuu&seu  anders  gar  nicht  möglich  ist.  Wir 
finden  im  Attiedmi  Staate  nwdeild  Geltungen  -v<m  Fddhemi,  aufeer- 
ordentliche  nnd  ordentliche.  Jenen  wurden  finiMilne  UntaiiMh» 
mungen  des  besondern  Zattanens  W^pn  äbertraDSn,  wie  JUe^axa&tA» 
Feldzug  dem  Nikias  und  seinen  Amtsgenossen,  Kleon  die  Bt'lage- 

runp  von  Pylos;  ihrer  waren  gewöhnlich  wenige,  und  es  ist  mir  nicht 
erinnerlich,  dafs  dies  vor  dem  Peloponnesiscben  Ki-iege  gieschehen  sei, 
in  wdchem  der  Di-ang  der  Umstünde  daau  nothigen  nniltte*  Die  andern 
wnan  eine  Behftrde  von  sehn  Minnera,  wddie  im  Voraus  für  das 


(1)  V«.  6g0. 

(2)  Ojr.  I.  4o. 

{^)  Perill.  8, 

(4)  ik',  3.  ext.  I. 

(5)  jr£r.&4«o. 


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64 


BoBCK-B  Üher  <fo  ^ntigone 


nächste  Jahr  vom  Volke  durch  Cheirotonie  erwählt  wui-de  (•).  Dafs 
SophoUes  auiser  der  Ordnung  zum  Feldhemi  erwaliit  worden,  ist  selbst 
dann,  wenn  dies  •dum  daauk  GewohniMit  flewown  iem  eoUie,  nicht 
l^nfalidi,  dn  er  irader  knegsLimdig  nMh  thidg  war;  woU  aber  konntt 
man  flun  die  gewöhnliche  Magistratur  der  Strategie  erüieilen,  bei  weldlCT 
er  mit  neun  Andern  nicht  viel  schaden  konnte,  da  man  ohnehin  nicht 
wufstc,  ob  gerade  das  Jahr  eine  bedcnrende  Kriegsuntemehmung  herbei- 
führen wiiiclc.  Doch  Thukydides  i)rmgi  die  Sache  einfather  zur  Ent- 
scheidimg. Perikles,  sagt  er,  schlug  bei  Tragia  vr^vnm  ÜKant  aCräi. 
Hidit  ab  ob  or  in  dieicaa  Treflen  mit  aeon  Andam  befehligt  hatte; 
SophaKle»  «eDwt  -war  nic^t  bei  dieier  ScUaaht,  aondern  aadi  Chio«  mui 
Leabos  getchiokt;  ein  Anderer  mufste  nach  Kaiien  abg^ndt  sein,  nnd 
waren,  wie  man  aimimmt,  ich  aber  bezweifle,  Thukydides  Melesias  Sohn 
und  die  vier  Andern,  die  mit  und  nach  ihm  kamen,  damals  seine  Amts- 
genossen gewesen,  so  würden  auch  diese  gefehlt  haben.  Der  Geschieht- 
tditeiber  wiXl  abo  nicbtt  weiler  «agen,  als  Periklet  «n  einer  der  sehn 
«ttdendidien  IVldherm  dea  Jahres  gewesen}  und  ein  tdthae  war  also 
MMdi  Sofihokles.  Diese  traten  ihr  Amt  ohne  Zweifel  im  HekattnnbäoD  an: 
zwar  konnten  dadurch  die  Sommerfeldzüge  in  der  Mitte  unterbrochen 
werden ;  aber  eben  so  schickte  man  ja  beim  Jahreswechsel  den  Trie- 
raicben  INachfolgei-  (diia&'xovs)  (2),  und  selbst  die  Truppen  wurden  ufi 
ahg^V  {ht  &a^x^f)  Aber  auch  wenn  die  Feldherm  ihr  AwA  ha 
FroakUng  angetreten  hiitien,  was  ich  nicht  gbnhe,  w<irde  das  &||dHufe 
üBr  S-eiaIe>!«Jkletniing  nicht  gönsi^er  ansfiillen»  IS»  kommt  eigendioh 
darauf  an,  wann  sie  gLtrahli  wurden;  imd  ob  wir  gleich  nicht  wissen, 
wann  die  ä^/jai^ifiPMu  gehalten  wurden,  dr\  (  Ipirm'«  Angabe  darüber  er- 
wiesen falsch  isl(^),  so  fallen  diese  docii  oiine  Zweifel  in  das  letrte  Vier- 
tel des  Jahres  oder  bm  forfaer.  ünd  in  dieser  Zeit  mufs  Sophokles 
aaeh  owShlt  worden  son.  SdNmqpieb  worden  an  Adben  nnr  Tont  Fo> 
seideon  bis -zum  BUphebolion  gegsben;  in  PoseidaoB  «n  den  lindlidien 


(i)  Schömanii  de  connd.  S.  5i3ff. 

(a)  StoaUliaushaliun-  Iia.  II,  S.  5a. 

(3)  S.  meine  ALii<iauiung  über  die  Efbebie. 

(4)  StHtAradwItuag  Bd.  n,  S.  176.  SeltSmaaBA«ioM«i«.8.59SlL  ■ 


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des  Sophokles. 


55 


Dionysicn  niemals  neue;  im  Elaphebolion  dagegen  an  den  grofsen  Dio- 
nyftien  die  meisten ,  und  zwar  neue  (') :  folglich  konnte  Sophokles  nur 
in  diesen  auf  den  Frühling  losgehenden  Wintermonaieii  siegen.  Am 
•ffihnifliflMilMiht^f".  kbctf  ist',  die  Antigone  an  den  grofaen  Dionysicn  ge- 
geben; en. diesen  wwen^aueh  die  Bundesgenossen  in  Athen  'vecwnimelt, 
die  um  diese  Zeit  die  Tribnte  abliefeni;  und  wenn  mm  Sophokles 
damals  gerade  sich  grofscn  Beifall  erworben  hatte,  -war  er  auch  in 
den  Alicen  der  Bundesgenossen  gehoben,  worauf  bei  einem  Feldherrn 
viel  aiikomiui:  und  so  wuitie  er,  vermuihlich  gleich  darauf,  in  den 
Wahlcomitien  zum  Strategen  ernannt,  als  das  Andenken  an  die  Antigone 
eben  pock  gus  frisiEii  vrer.  Wer  ann  der  sw^ite  Zug  gegen  Semos» 
neck  dar  enim  unserer  Voieasseiswigen,  erst  Olymp.  85,  i.  nnteraonir 
nun,  so  ist  iüe  Antigone  Olymp.  84,  4*  eu%efÖ]ut;  fidit  aber  jener 
Zug,  wie  uns  wahrscheinUcher  erschienen  ist,  schon  in  das  Ende  des 
Winters  oder  den  Frühling  Olymp,  8/»,  4.  s*>  "w'»»*  Sophokles  schon  dies 
ganze  Jahr  hindurch  Feldheir,  und  die  Tragödie  ist  Olymp.  84>  3-  g^* 
geben.  An  die  Aoffilhnmg  derselben  in  Olymp.  85,  i.  ist  nidit  mebr 
la  deobett!  selbst  bei  der  imivahrsdieinlidiai  Amialinie,  defc  die  l'olA- 
henm  ihr  Amt  schon  im  Frühjahr  engetreten  hätten,  nnd  abo  Sophokles 
im  Frühling  Olymp  84,  4-  eben  erst  erwählt,  den  zweiten  Feldzug  an- 
getreten hatte,  würde  man  die  Antigone  doch  iinmer  schon  Olymp.  84,  4> 
setzen  müssen.  Da  jedoch  diese  Annahme  zu  wiiiii.uhi-iich  ist,  miisseu  wir 
dss  Stück  in  Olyn^.  84»  3.  rOcLen,  sokeU  w  der  Ssnüsdten  K»»ipfe 
leiten  schon  im  FrOhjehr  Olymp.  84»  4«  sm&ngen  lassen;  um  letir 
tere  Ansicht  theils  zu  unterstützen,  theils  vo»  scheinbaren  Schwierige 
keilen  zu  befreien,  erlaube  ich  mir  noch  einige  Bemerkungen. 

6.  Setzen  wir  den  zweiten  Augritl  auf  Samos  nicht  nach  der  ersten 
Voraussetzung  in  den  hohen  Sommer,  in  den  Anfang  von  Olymp.  85,  i. 
tauimu  schon  in  das  ^hergehende  Frfihjekr  Olymp.  84»  4*  eo  begreift 
men«  iMSUm  di«  nbSnicMcbe  Flotte  noch  nicht  da  mr;  diese  fnhr  irie 
gewöhnlidr  im  Frfihjahr  aus,  und  die  Athener  kamen  natürlich  ihr 
leidit  zuTor«   Eben  als  PeriUes  die  Schlacht  bei  Tmgia  lieferte,  wir 


(i)  S.  mOm  AJihudluig  tob  dso  DiooTtifla. 


56 


B  o  r,  c  K  II  über  die  Anügane 


Sophokles  in  Chios  {');  beim  Gasimalilc  siclit  der  weinschenkende  Knabe 
am  Fcvier,  \Vo7.u  das  Feuer  im  Klima  von  Chios  im  Juli  oder  August? 
und  zwar  im  Speisesaal?  Etwa  blofs  der  Heiligkeit  der  Ilestia  wegen  oder 
zur  Getrinkbereitung?  Ich  denke  div  der  Fruhlingsnachtfrösie  wegen ; 
denn  dbft  ne  bei  Kedit  cclmuiiuen,  Tcnulit  «idk  von  «dlM,  ^venn  e» 
«ndi  nidtt  dunma  eilidOte,  dafs  der  Knabe  durch  das  Feuer  sichtbar 
vnrde.  Wie  aber?  Wenn  Sophokle»  «dum  Olymp.  84.  4*  Feldherr 
war,  so  ist  er  des  Perikles  Amtsgenosse  schon  beim  ersten  Zuge ;  in 
der  Mitte  des  zweiten  Ztiges  aber  wechseln  alsdann  die  Strategen,  und 
Sophokles  war  dann  nicht  mehr  Feldherr,  als  Samos  eingenommen 
wurde?  Allerd&igi;  aber  e»  «tdit  nirgends  getdirieben,  daft  Sophokles 
nidht  Strat^  mr,  ab  der  ente  Zog  unteniooimen  wofde;  nnd  wenn 
er  es  war,  kann  er  dabei  gewesen  oder  zu  Hause  gtMieben  sein;  imd 
Tor  der  Beendigung  des  zweiten  Feldzuges  mag  er  abgegangen  sein,  da 
er  schwerlich,  wie  Perikles,  wieder  erwählt  wurde.  Denn  aus  Strabo 
wird  man  schwerlich  erweisem  können,  dafs  Sophokles  bei  der  lieber^ 
gäbe  -vom  Samos  unter  HtnTclkides  (Olymp.  85,  i.)  nodi  bom  Heere 
wer;  atus  ihm  folgt  weiier  nicbts,  ab  dab  er  eine  Zeitlang  beim  awei- 
ten Feldzuge  des  Perikles  AmtSgenesse  gewesen.  Wenn  ferner  Diodor 
die  Sti-aiegie  des  Perikles  in  dem  eweiten  Zuge  durch  die  Worte,  TruAi» 
l\.i^i%hi<t  v^oxei^Krdfjuvei  rr^art^ylv,  als  eine  neue  zu  bpzcirhn<"n  scheint, 
lasse  man  sich  dadurch  nicht  tauschen.  Diodor  wagt  seine  Worte  nicht 
«r  jgrill  nur  sagen,  dafs  Perikles  auch  diesen  Feldzug  wieder  dber- 
uegen  erbielr;-^««^  }uaai  daber  der  Anfang  dessdben  in  dieselbe  jähr- 
liche ScTBti^e  mit  dem -feMiAn  Fddsnge  ge&llen  »eitt.  Aber  nach  dem 
Ungenannten  ist  Sophokles  auch  mit  ITiukydides  zusammen  Feldherr  ge- 
wesen; und  Thulydides  kommt  doch  erst  in  dem  zweiten  Feldy.uge  nach 
der  zweiten  Einschliefsung  tou  Samos  Ton  Athen:  begann  der  zweite 
Zug  mit  dem  FMibling  Olymp.  84, 4*  so  ist  es  wahrscheinlich,  da£>  jene 
Sdiiflb,  wddie  Thnkydides  führte,  erst  um  dm  Anliaig  von  C%nkp. 
8S,  1.  abgingen;  und  so  würde Tbukjdides  Fddberr  Ton  Olymp. 85,  i. 
werden,  wührend  SophoUes  Strategie  von  uns  Otymp.  84,  4*  gp«ettt 


(0  loa  beim  Albm.  Xm,  8. 6«4.  T. 


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des  SopJioAles, 


67 


wird.  Dieser  Einwurf  könnt«  als  der  hedculendste  erscheinen;  allein 
ThulcytUdes  konnte  ja,  wie  Perikles  es  ofTcnbar  war.  nls  ein  angesehe- 
ner und  bewährter  Staatsmann,  in  beiden  Jahren  FekUicit-  gewe$en,  und 
Anfangs  in  Athen  zurfickgebalten,  und  wie  oft,  erst  spater  nachgesandt 
MUi.  Und  war  b<ii||t  dafOr,  daf«  Thuliydidcs  iimUkh  der  AmtsgenoMe 
dos  SopboUes  war?  Man  wufste  aus  den  gleichnamigen  Geadiicliischrei'* 
hWf  dafs  Thukydides  mit  Pcrikles  gegen  Samos  Fddherr  ytar;  dasaelbe 
war  von  Sophokles  bekannt :  wie  leicht  war  th"e  Zusammenstellung,  dafs 
nim  auch  Sophokles  mit  Thukydides  zusamiaeu  im  Amte  war,  wenn 
auch  Thukydides  erst  im  folgenden  Jalu-e  Feldherr  geworden  sein  sollte? 
Ja  ist  e»  nicht  auifidleiidj  dab  nach  der  sweiten  BinschliefMmg  yoo  Sa- 
«MM  dne  lo  liedeatende  Zabl  Sduffe  imd  fünf  neoB  Fddherm  ait» 
kommen,  desgleichen  andi  neue  Schiffe  Ton  Lcsbos  und  CShioe?  Sollte 
dies  nicht  eine  Andeutung  sein ,  dafs  diese  fünf  Ffldhcrrn  neiicnvählie 
sind,  welrhe  zur  Ablösung  der  ausiretondi'n  kommen,  und  dnfs  sie  das 
Aufgebot  des  nächsten  Jahres  mit  den  neuen  l'rierarcheii  bringen  ?  Dies 
wären  also  die  Fddhen»  von  Olymp.  85,  i.  und  da  SpphoUes  sdiqn 
zur  Zeit  des  SeetreflSms  bei  TVagia  Fddherr  wer,  iide  dann  seine  Stra- 
tegie nothwendig  in  Olymp.  84t  4-  und  die  Antigonc  in  Olymp.  &4>  3. 

7.  Noch  eine  Angnbc  über  den  Feldhcrrn  Sophokles  enthält  die 
Lebcnsljeschreibung  des  Ungenannten  :  Ktti  'A-S-rva?;!  r5f  aÜTov  i^t^tcovra  Trtvn 
iruiv  ovra  Tx^ry^ov  uAevro,  ttjo  rwv  lliXßitwvuvtaKm  irtTw  eirr«,  iv  s-^o* 
*AMt£w  mA^f*  woraus  Scaliger  in  der  *OAuy«irj(übv  ovayga^  geschöpft 
hat.  Dafii  er  sieben  Jahre  tot  dem  Pdoponnesischen  Kriege  zum  Feld- 
herm  erwählt  worden,  dabei  will  idl  midi  eben  nicht  aiifliiilten;  denn 
die  Angabe  ist  auf  jeden  Fall  ungenau:  wenn  aneh  Seidler  bemerkt, 
dafs  7.\vischcn  Morychides ,  unter  welchem  er  des  Sophokles  Strategie 
»eut,  und  Pythodor,  unter  weichem  der  Pcloponnesischc  Krieg  anfangt, 
sidm  Archonten  liegen ;  so  mufsie^  der  Un||en«Bnie  dodt  immer  neun 
Jahre  sagen,  wdl  das  Jahr  des  Mmydiides  und  audi  des  Pythodor  su» 
gezählt  wcixlen  mufsie:  denn  Pythodor  hatte  schon  zehn  Monate  regiert, 
ehe  der  Krieg  begann.  Aus  einer  so  tmgenaiien  Angahe  läfsi  sich  of- 
fciibnr  für  so  feine  T  iniersuchungen  nichts  folgern.  Das  Lel)ensjnhr  des 
Sophokles  soll  düi  llLiiXui»l9ccl»ig»t«  oder  nacL  einer  andern  Leseart  gar 
das  nennundsechzigate  sdn :  das  wahre  mrtißmta  -nim  bat  sdion  Iieissing 

Hut,  phM.  Klasse  18.94.  H 


fi8  B  o  E  c  K  H  Hier  die  Antigone 

vorgeschlagen,  und  •wir  wollen  i^lfifli  Lernach  durcli  dem  Sophokles 
selbst  unicrstüizen ,  Für  jetzt  bemerke  ich,  dafs  es  nicht  allein  nach 
der  Rechnung  des  Ungenaimien ,  soadern  überhaapl  und  schlechthin 
ndht^  ist.  Seidler  ond  Reisig  (')  ictieik  srnv  das  Gdnuta}^  det 
Sophokle»  in  C^mp.  70,  4-  wie  es  sdieint  ans  cn  gra&er  Veicliniiig 
der  Parischen  Chronik,  die  nicht  mehr  Glauben  verdient  als  jeder  alte 
Chronogiapli ;  nach  aller  historischen  Kritik  verdient  die  Angabe  des 
Ungenannten,  dei-  des  Diclitcrs  Geburt  in  Olymp.  71,  %.  setzt,  gröfseiii 
Glauben,  da  ausdrückhch  der  Archou  des  Jahres,  Philippos  genannt 
ist;  in  der  FarisdMn  Slciiudkrift  ist  dagegen  nur  die  Msduncht,  dafii 
SoplioUes  Olymp.  77,  4*  acbtttndswaiuig  Jahr  alt  ^gewesen  sei,  und  dies 
kann  auf  iwgenauer  Rechnung  beruhen.  Den  Tod  des  Sophokles  setsi 
Diodor  (^)  in  Olymp.  gS,  3.  und  er  soll  nach  ihm  neunzig  Jahr  all  ge- 
Mroitien  sein;  aber  neunzig  ist  eine  runde  Zahl,  und  rechnen  wir 
neunundachtzig,  so  ist  die  Rechnung  riclitig,  wenn  man  von  Lllymp. 
71,  a.  ausgeht;  selbst  neunzig  kommen  heraus  wenn  man  das  Ceburts^ 
nnd  Todeqabr  iiuaUt:  iviewoU  idi  äberaen^  Iwa/  dals  SoplioUes  scImni 
ein  Jahr  froher  geatoirbea.  Gemis  ist,  dafs  Sophokles  Olymp*  7$»  1. 
bei  dem  Salaminischen  Siegesfest  Tortanzte :  welches  für  einen  funfadin» 
jährigen  Knaben  besser  pafst  als  für  flnen  fast  adi (zehnjährigen  Ephe- 
ben  (^).  Indem  wir  also  die  Geburl  des  S  jpliukli  s  in  Olymp.  71,  2. 
setzen,  und  zwar  aus  Yermuthung  in  den  Anfang  des  Jahres j  so  wird 
SophoUe»  Olymp.  84, 4-  io^  fünfnndfnnfiugstcn  Jahre  aein:  so  ^s  wir 
also  auch  nadi  dieser  Nachfkfait  des  Sophddes  Strategie  eben  in  dieses 
Jahr  setzen  könnoi,  uns  ansdiliefsend  an  die  natürlichste  Verilwssemng 
der  Worte  des  Ungenannten.  Sophokles  soll  aber  Feldherr  gewesen  sein 
m  dem  Kriege  7:^09 ' Avaiav ,  wie  Tumchus  richtig  liest:  hieraus  ist  in  der 
TriUinisch-Brunckischeu  Handschrift  'Avovmev  verderbt :  Andere  lesen  'Afo- 
»6t«i  das  kt'AMMi«,  was  anf  daseeD»  hamvtkommt.  Die  mifsgegriffinie 
Verindeniag  %aylmit  hat  SfiTern  mir  sn  wideriegen  erspart;  das  Wahre 


10  Otd.a>LEnarr.&.Xl. 
(a)  XUl,  io3. 

(3)  Es  sdMiBt  iMihadiob  akbt  ein  HUnaar*  aoadkm  da  tashwifhor  gewetasaaMio. 


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des  Sophokles. 


69 


Mkh  Lessing  schon:  ich  füge  nur  Eine  Bemerkung  hinzu.  Obwohl 
Anaea  im  Peloponnesischen  Kriege  fortwährend  im  Besitz  f^er  Samischen 
Ai'istokratea  erscheint,  so  müssen  doch  die  Athener  im  Saoiischcn  Kriege 
auch  dagegen  ihre  Angriffe  gerichtet  haben,  und  nahmen  es  entweder 
nicht  ein  oder  vadaren  et  epiter  wieder.  Ich  gelie  su»  dafe  dies  eben 
■o  gm  im  sweiten  als  ersten.  Fddzage  geschehen  mofste,  weil  Anaea 
ein  widit^nr  CoMer  Pmkt  war:  aber  dafs  beim  zweiten  Zuge  gerade 
Sophokles  gegen  Anaea  aufgestelli  war,  finde  ich  dnrnm  nirlit  nothwen» 
dtg,  weil  mir  folgende  Ansicht  leichter  scheint.  Sollte  nehmlich  wohl 
irgend  ein  Gnunmaiiker  eine  Begebenheit  des  bekannten  und  in  der 
GriediiMhen  Geediichte  eehr  widuigen  sweiien  flamisciien  Krieges  den 
Krieg  g^gen  Anaea  genannt  bdben,  ohne  fibeihai^  den  Saaiidien 
Feldzug  didiei  zu  erwllnien?  Naifirlicher  scheint  mir,  dafs  «in  gpleh^ 
ter  Chronograph  d^n  ersten  Zug  mit  diesem  Namen  im  Gegensatz  gegen 
den  eigentlichen,  bekannten  Samischen  Krieg  bezeichnete.  Der  Kampf 
zwischen  Milet  und  Samos  war  um  das  Gebiet  Ton  iViene,  gegenüber 
von  Samoe;  hier  liegt  gerade  Anaea.  Was  ist  einlacher,  ala  da£i  die 
Ton  Idet  SU  Hälfe  g^rnftncn  Athener  samt  daa  heeiritteDe  Gebiet  den 
Samiem  zu  entreissen  suchen,  nm  ce  den  llilesiem  zu  gdian?  Imrie- 
fem  also  Annca  und  die  Umgegend  die  erste  Quelle  des  ersten  Feldau- 
ges >Ynr,  und  di^er  sich  darum  dichte,  mochte  dieser  Krieg  mit  ßecbt 
der  Auai&chc  heifsen,  wenn  auch  6amos  in  dessen  Folge  eine  Besatzung 
erhidt.  Und  so  machte  SophoUes  audt  hd  diesem  enien  Zuge  ge- 
wesen eein, 

8.  nntardi  (>)  tlieilt  uns  den  Anfang  einet  I^%rammes  mit,  welches 
anerkannt  von  SophoUes  wi:  Tsufi  &  iiulhfgwyiim$  Ifi^uLkiMs  in\  n 

'CUÜiv  'H^eioTf  rmifyt  %e<poM>Sfi  htm  m 

Da«  %HgprBnim  ist  wahrsdidnlich  Tcntflaundt;  nnd  da  Flntardk  gerade 

von  KmktleUtungen  in  bedeutendem  Aller  &pri<  I  i.  ist  es  eben  nicht  be- 
sonders wohl  angchracht,  da  fünfund fünfzig  Jahre  ehen  kein  hohes  Al- 
ter ist.     Indessen  scheint  di<-  Strüe  clnch  nicht  cin£;i";f  hohen :    das  Epi- 


( i)  An  satt  nt  rejp.  ger.  3. 

H  3 


60 


B  o  E  c  K.  n  Hier  du  ^nUgone 


qi-amm  selbst  aber  sdicint  ein  Xcnion  zu  eiaer  fibcrgebenen  Ode  zu 
seiu;  wie  man  bei  dieser  Ode  an  die  Antigene  oder  den  Ocdipus  auf 
Kolonos  dcnkeu  kauu  hegreife  ich  mcki.  Mit  Reclit  denkt  man 
aber  wohl  «k  du  GeschidiUehrdber  Herodot:  er  mr  ein  Homeride  vrie 
SophoUes,  und  sie  noditini  «ch  aniiehaft.  Henidbt  ut  aber  nach  gp- 
iröhnlidber  Ansidit  OIvmp.  84,  i.  nach  Thurii  gewandert,  nachdem, 
er  sclion  vorher  einen  TLeil  seiner  Ccschicliie  in  Allien  gelesen  haben 
soll  (-).  Wird  ihm  denn  Sophokles  die  Ode  nach  Thurii  geschickt 
haben?  Ich  zweiüe;  es  hat  viehoehr  den  Anschein,  dads  aus  Freund> 
•dinft  bei  einer  pertonlieheu  ZuMunmenLunft  Sophdiki  dem  Gefehjcht- 
•dtreiber  ein  Gedicht  lom  Andenhett  madite.  Dafs  Berodot  gerade 
Olymp.  84,  1.  nach  Thm-ii  ging,  ist  eine  hiofse  YorauMettung,  weil 
Thurii  damals  von  den  Aihenera  colonisirt  wurde  (^) ;  er  kann  auch 
später  hingegangen  sein;  die  Zeit  der  Panaihenäischen  Vorlesuni^  »lier 
ist  völlig  unbestimmt.  Herodot  lebte  und  schrieb  in  Samos:  Sopltukles 
war  fonfundfiuifzig  Jahr  alt,  als  er  FcldheiT  im.  Somischen  Kriege  vrar; 
wie  einfach  itt  nicht  die  g«f  Tiii»f«*nill™g ,  da£i  er  gerade  bei  dieier 
Gdqienbeit  mit  Herodot  bekannt  wurde,  dafs  Herodot^  vielleicht  schon 
TOT  der  grofsen  Bclagci-ung,  Samos  verlieb',  da  er  wohl  beurdieilen 
Itonnte,  dafs  dieselbe  unglücklich  für  Siimos  sein  -werde,  und  dann  nach 
Athen  ging?  Gerade  um  die  Zeit,  als  nach  unserer  zweiten  obigen  An- 
nahme die  grofse  Celageriuig  auiing,  im  Frühjahr  Olymp.  84,  4* 
Sophokles  sdion  siemlidi  in  seinem  fünfundfonfsigsten  Jahre  vorge- 
rückt, wenn  wir  der  obigst  Berechnung  seiner  Lebensseil  fcl^n:  der 
Ausdi-uck  ^e'vr'  cVi  Trevr^'MDTtt  hw  uv  setzt  aber  keinesWCges  die  Vollen- 
dung des  letzten  Jahres  voraus.  Ich  Imbe  dies  hier  ausgeführt ,  nicht 
weil  auch  daraus  folgte,  dafs  Sophokles  nicht  Olymp.  85,  i.  Feldherr 
gewesen,  sondern  nur  um  zu  zeigen,  wie  alles,  was  nur  irgend  aufzu- 
bringen ist»  sich  mit  «der  A«»*»!!—  seiner  Strategie  in  Olymp.  84t  4> 
sdir  wohl  vereinigen  libi* 

(i)   Vgl.  Jacob  Qu.Soph.  Bd.  j,  S.349r.  S.364. 

ist.  Kim$t  d«T  Gr.  S.  95.  um  nirlit  aii.^fuhrliclier  daron  «u  reden. 

(3)  Sirabo  und  Saidas  sctieinen  ea  «cliou  so  genommen  ut  babca;  doch  ist  di«» 
aidbt  iich».  r 


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9.  Ob  Sophokles  selbst  seine  Animone  später  noch  einmal  habe 
auliuiixeu  lassen  wollen,  und  ob  er  zu  diesem  Zwecke  Einiges  übei'ar- 
beitet  habe,  M  idnrar  mt 'Sidbertteit  m  bettJanmen;  doch  führen  d- 
mge  Amdgeik  sa  dieser  Yemuiihiiiig,  dfe  ich  sdion  irfih»  aufjgestelk 
habe.  Ys.  io3i.  ist  nehmlicb  ro  (iw/^inuv  8"  eilie  metmche  Eigcnthüm- 
lichkeii,  der  sich  Sophokles  nicht  toi-  Olymp.  8-,  i.  bedient  haben 
soll  (') ;  Satyras,  ein  unverachtlicher  Schnfisieller,  behauptet,  er  sei  beim 
Vorleben  der  Antigone  gestorben;  Andere,  nach  dem  Vorlesen;  und  sein 
Tod  ifinl  auf  die  Ghoen  gesetzt  (-).  An  den  Gboen  hielt  min,  wie 
«•  adbeinc,  Schenqnclpiobeii;  an  ebendensetbeo  iniitIeD  Todtenopüar  ge- 
hndit,  und  Sophokles  soU  den  Tod  des  Eiu-ipides  in  einem  Siüdke,  irodn 
die  Schatispfelei'  in  schwarzen  Gewändern  anfimien,  haben  belrauem  las- 
sen. Alle  diese  Umstände,  so  rälhselhaft  sie  zum  Thcil  erscheinen,  stim- 
men luteivinander  mei'kwürdig  übercin;  welches  Stück  endijcb  pafste 
«idi  beicer  rar  Weihe  der  Todtenopfer  ak  Antigone?  Es  scheint  daher, 
dafs  SophoUes  in  seinem  Todesjahre  Olymp.  gS,  a.  (^)  eine  Wiederholung 
der  Antigone  vorbemtct  hatte;  aber  ich  möchte  von  diesem  Gedanken 
in  der  Kritik  des  Stückes  keinen  Gebrauch  machen;  denn  scliwankende 
Vermuthungen  sind  schädlicher  als  nülzhch,  und  zu  sichern  Kennzeichen 
späterer  Zusätze  oder  Umarbeitungen  kann  man  nicht  gelangen. 

10.  Die  Fabel  der  Antigone  ist  wahrsdieinlich  aus  dei'  kjklischen 
Thcbais  oder  einer  Oedipodie  entlehnt}  und  da  gerade  aus  dem  Epos 
auch  Apollodor  geschöpft  bat,  wd  es  swedmalsig  sein  mit  Ueber- 
geliung  des  Hygin  die  Worte  desselben  anzuführen  {*):  K^»  ^  rift 
<r)Y,Qaij:'  ßaTi>.ft'av  Tra^aXaß'l-  ravv  twv  'X^uuiv  vtH^oue  f^^iN^f  arafev?, 
x«u  KJi^u^u»  /AjjöfVa  ^UTT-niv  <p\>KcMw;  ytariTTHTiV'    'AvTiyoV»)   di  (jua  twv  üiüi- 

^Ara  vvh  K^turoft  f$  riuftf  ^üra»  htxfiivin.    An  diesm  bhalt 

scUidst  sich  die  SophoUeische  Tragödie  genau  an.    Mit  ihr  stdien 


(i ) '  4Sr.  m^.  /MS  S.  (38  ff. 

())  Die  Sii;]lcn  habe  itli  Cr.  trag.  pr.  c.  ATT.  genuanwlt,  aber  in  dar  AMundlug 
«be*  dk  Dionjaico  §.  ai.  die  Sache  ander«  gectellu 

(3)  Tj|.AM..T.d.  I>i<>uy ti<>n-.  Aauark.  - 

(4)  m,  7, 1. 


62 


die  beiden  Oedipe  in  einer,  jedoch  niclit  unmitielbarea  Verbindung; 
in  weiter  Entfernung  reihten  sich  daran  die  Epigonen.  Letztere  könn- 
ten in  der  ang^iUiclien  Weissagung  des  Epigonenkrieges  (Vi,  1067  ff.) 
YoriMdentct  scheuien;  aber  iäk  ImSe  in  der  zwaten  Abhandhmg  za 
zeigen,  dafs  diese  Weissagung  ein  MifsTerstindnifa  der  Ausleger  itt. 
Dafs  jedoch  auch  dif  Arfx  nndem  Stücke  ni'cTit  tu  einer  Tetralogie 
hönen ,  sondern  Amigüiie  besonders  (und  wahrscheinlich  einzeln  j  ge- 
geben, die  Oedipe  aber  bedeutend  später  sind,  ist  gewüil.  (*)  Dagegen 
«cheint  w3k  die  Aniigone  nad>  der  Amidit  de»  SophoUei  nnndttcÜer 
an  die  AeadiyleMchen  Sieben  gegen  Theben  ■niiwcbliefcen»  nie  de* 
Boripides  Anügone  an  aenie  INiloinen,  worin  das  folgende  Schauspiel 
schon  Torhereiicl  ist:  (')  gerade  wo  da?  Aeschylelsflie  Drama  aufliörl, 
knüpft  das  Sophokleische  mit  einer  geringen  Verintkiung  an.  Beim 
Aeschjlos  erscheint  die  Stadt  aU  gerettet;  Polyneikcs  und  Eteokles  sind 
todt,  aber  nocb  aidtt  beptbeBi  dieiei  rind  die  Yommeiningen,  die  in 
dem  Prolog  und  in  der  Farodoe  von  SophoUea  gegAen  iverden,  nnr 
dafs  EieoUes  schon  beerdigt  ist.  Andi  die  durch  Heroldsmf  wlataenw 
Bekanntmachung  (Kyi'^vyaa)  des  Kreon,  welche  in  der  Antigone  voraus- 
gesetzt wird,  ist  in  den  Sieben  gegen  Theben  gegeben;  nur  stellt  es 
Aeschylos,  dessen  Gesinnung  minder  demokratisch  ist,  als  Yolkswille 
dar»  Ifiai  die  Andgone  dem  Herold  gleich  ihren  Yorsats  erklären,  den- 
noch den  Bruder  su  beerdigen,  und  dte  IBIfie  des  Jungfiwundiöres 
eniadiliefst  sich  alsbald  ihr  beinuiehen;  denn  dies  aei  der  Stadt  ein  g»> 
meinsames  Weh,  und  Anderes  sei  zu  einer  andern  Zeit  dem  Staate  Recht, 
Sophokles  dagegen  stellt  Kreons  Befehl,  den  Poljneike«  unheerdipf  zu 
lassen,  als  tyrannische  Gesetzgebung  dar,  in  welche  das  Volk  sich  mur« 
rend  füge :  so  heiastet  er  den  Kreon  mit  Schuld,  und  milden  den  scluxtf« 
fen  Spruch  des  Aeidiylos,  dem  Staate  sei  Anderes  sn  anderer  Zeit 
Recht,  durch  Uebertxagnng  auf  dm  Einnbrilkn  des  Ifachthaben.  Ver' 
bergen  will  Antigone  auch  bei  Sophokles  ibi«  Hütt  nidu;  indem  ihr 
aber  dieser  jeden  Genossen  des  Vergehens  nimmt ,  filiebt  er  in  ihr  das 
st<)lze  SelhstTCrtrauen,  welches  für  den  Gedanken  des  Stückes  wesentlich 


(1)  Tfl.  Gr,  tmg.  pr,  s.  i«f .  tsa. 
(a)  S.  dMBdu.  S.  970. 


des  Sophokles. 


63 


ist.  Kaum  toiiulc  Aeschylos  die  Anligone  gröfscr  axüTa<;«t<!i .  als  Sophokles 
gethan  hat.  Aber  die'^or  hat  auch  die  menschlicljt;  Knischuldigung  ihrer 
Xhat,  dafs  zu  anderer  Zeit  Anderes  dem  Staate  Recht  sei, 
ndfteilnft  ergriflen,  and  den  Gedanken,  der  im  Aesdhykw  nur  ab  gir«f*> 
«rtige  Aenfeennf  eines  edlen  Unwillens  erMbemt»  in  der  Entwicklung 
des  Gegensatzes  zwischen  götdichem  und  mwiidilichem  Gcsets  Ins  kw 
pllilüsophischfu  Klarheil  gestaltet. 

11.  Ein  Inhalisverzeichnifs  eines  Kunst ^v*'t•kcs  ist  zwar  jammer- 
ToUe  H«ndai*beit,  -welche  der  bessern  Philoiugie  fremd  ist;  aber  als 
VoAnacatam^  ram  Au&idea  der  Enbett  vnd  des  dkrundgedankeni  eines 
Stfickes  bedarf  es  doch  einer  Uebersidit;  wddie  ich  um  so  mdur  nur 
mit  Ueberwindimg  gebe,  >veil  ich  nachher  Wiederholungen  nicht  ganz 
werde  Tenneiden  können.  Nachdem,  in  der  letzten  Nacht  das  Heer  der 
At^iiver  versdiwunden  (Vs.  i5.).  ci-zälJt  Antigont:  üuer  Schwester 
Kicon's  Verbot  den  Polyueikes  zu  beerdigen ;  exii^-hlot>s>en  den  Bruder 
stt  bestatten»  fordert  sie  Ismenen  zur  Theünahme  auf.  Diese  verweiset 
ihr  den  Gedanken,  gegen  des  Hemcbecs  Befiehl  dies  au  wagen,  stdlt  es 
ab  eine  Hioriidt  dar,  Unmögtidies  tu  untonehmen:  Jedoch  akennt  sip 
das  edle,  den  Freunden  acht  ergebene  Gemüth  an.  Antigene  dagegen 
will  den  Bnider  nicht  veiTalhcn  (Vs.  46.),  erklärt  Kreon's  Gesetz  als 
nicht  bindend  liir  üich,  da  es  ihm  nicht  zustehe,  sie  von  dem  Ihrigen 
absuhalten :  wenn  ihr  Ismenc  die  schmählichen  Folgen  ihrer  That  voi^ 
hik  (Ys.  59  (T.)  und  sie  erinnert,  dals  sie  als  Weiber  und  Schwichere 
dem  Stiu-kttn  weiehen  mfiCMn,  wird  sie  hart  von  ihr  tonkkfesiolwn; 
Anügone  fordert  von  Ismenen  nicht  mehr  Hülfe  noch  Mitleid  noch 
Fürsorge,  ^vill  ihre  Thal  nicht  einmal  TCjrheimlicbt  wissen;  denn  sie 
will  gern  sterben.    Vs.  73. 

Schön  ist  zu  sterben  mir  n»ch  dieser  That. 
Beim  lieben  Bruder  lieg'  ich  dann  geliebt  ^  dicwcil 
ich  fronuncn  Frevel  übte ;  denn  den  Uatn  HI16  . 
idi  fiiBg*»  Zeit  gefallen  als  den  Hiesigen* 

Vs.  96»  Nichts  irlcidcn  kann 

so  grofses  ich  ,   dafs  nicht  tia  fdlcr  TckI  mir  bleibt. 

Dann  besingt  der  Chor  dl«  Errpiumg  d^r  Stadt  «md  der  ArgivcT  Unter* 
gang,  deren  übennöthigen  Angriff  Zeus  und  die  Götter  gestraft  haben. 


64 


Bob  CK. H  idier  die  Antigonc 


Kreon  erscbeinl,  und  setzt  von  dem  Standpunrte  des  Herrschers  und 
d('s  Stanfp«  Tiiii  piner  Gesinnung,  in  welcher  sicli  'lic  Gerechtigleitsliebe 
njclu  vcrkfujien  iäfsi,  auseinander,  vrarum  er  den  Tolyneikes  niclit  be- 
graben lasse;  dodi  tiiu  er  als  Machthaber  stark  und  liurt  auf.  Der 
Chor  unterwirft  sich  der  IMbcht  (siS  ff.)»  dodi  nicht  olme  Terhwgene 
Abneigung  gegen  die  Harte  des  Befehls: 

Jidwf dv  Satianf  Hebet  dir  m  gdiea  fici, 

der  TütliLu  iv^-n  und  uns,  die  am  Leben  sincl. 

Daher  will  der  Chor  auch  keinen  thätigcn  Anibeil  an  der  Sache  neh- 
men, suuUcrn  entschuldigt  sich  mit  dem  Alter;  und  nachdem  der  Wäch- 
ter die  geschehene  Bestattung  des  Fblynelkes  Terkündet  hat,  wagt  der 
Chor  sogar  den  Gedmken,  dies  sei  Ton  den  Gdtiem  angeregt  (s?^.). 
Kreon  darob  ei^rimmt,  beLält  folgerecht  seine  Härte  auch  gegen  die 
W^äcliier,  denen  er  flie  Schuld  beimifsi.  Hiemächst  siellt  der  Chor 
(332  fr.)  das  Gcwnltiyc  der  menschlichen  Natur  dar;  diese  unterwirft 
sich  alles;  sie  hat  auch  das  Staats-  tmd  Yeraunftleben  gegründet;  aber 
der  Blensdi,  in  seinem.  Sirdien  hald  das  Gute  bald  das  Böse  eigrei" 
fend,  geht  auch  Aber  göttliches  und  menschliches  Redit  hinaus;  solchen 
wünscht  er  sich  fem  (362  ff.)  (*).  Da  sieht  er  Aniigonen  bringen,  tmd 
^fürchtet  gleich,  sie  sei  auf  duirichiem  Ueijinnen  betroffen  worden  (079.). 
Sie,  das  ILuipi  i^esenkt,  gesteht  alsbald  ihre  That;  begeistert  von  der 
Schönheit  derselben  zeigt  sie,  wie  sie  das  göttliche  Geseu  befolgt  habe, 
wdches  nicht  Ton  heute  und  gestern,  s<mdem  Ton  £wigk.eit  her  sd; 
tttcfat  so  grofs  sei  Ki^eon's  Gebot,  dais.  er  ein  Sterblicher  das  ungeschrie- 
bene und  sichere  Gesetz  der  Götter  übertreffen  könne;  nidit  habe  sie, 
irgend  einen  Menschen  fürchtend,  das  göttliche  Recht  übertreten  wol- 
len, obwohl  sie  den  Tod  vorhergesehen;  das  Leben  habe  für  sie  keinen 
Werth  mehi  : 

Denn  wer  in  niannigikcher  Kotb,  der  meinem  gleich, 
leibt ,  ww  TOfMiwflb  dioon  nicbt  der  Tod  Gaprian? 

So  zeiht  sie,  wenn  sie  ihSrich't  erschiene,  den  Kreon  selbst  der  Ihor* 

heit  (465.): 


(i)  Hier  und  andarcr  Orten  «ind  Itxktarungen  der  Stellcn  cum  Grunde  j^gt,  die 
küi  m  der  twetlen  AbliaiuUung  recbt£ertigen  werde. 


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65 


Wenn  aber  üuiricht  jeUo  dir  mein  Thun  crtcfaieint, 
iBif  wohl  der  Thorlieit  nudh  du  llior  beittchtigen. 

Ihr  verweiset  der  Chor  ihie  Wildheit  und  dafs  sie  nicht  verstehe  dem 
Unglück  stt  veicbea.  Beide,  Kreon  und  Antigene,  cntwickdn  ihr 
Bedit,  .diese  «ch  auf  das  natfiiliche  und  religiöse  Todienrecht  beru- 
tead,  i^er  des  Polyneikes  Vergehen  gegen  das  Vaterland  herrwliebend, 

und  der  Anti£»one  Ueberli'elung  des  positiven  Gesetzes  uml  unmäfsige 
Uebcrhebimg  öchuld  gehend,  da  sie  ihv^r  Tliat  sich  sogar  rühme  und 
den  König  verhöhne  (469-521.):  wogegen  Antigune  behauptet,  auch  das 
Volk  billige  ihre  Handlung,  und  schweige  nur  der  tyrannisdien  Gewalt 
«reichend  (So4>  SoS.).  Der  Kifinig,  seine  Harte  fortseisend,  inriU  audi  die 
schuldlose  Ismene  ins  Verderben  ziehen ;  diese,  ihre  sch^^  csterliclie  Liebe 
«art  bcwülircn«) ,  mifst  sich  selbst  Anibeil  an  der  Schuld  bei  (022  fV.), 
und  wünst  In  miizusterbcn  ;  aber  sie  \\  ird  \on  der  stolzen  Anügoue  mit 
grausamer  llurie  und  beifseudeu  Realen  zurückgewiesen;  Ismene  seihst 
Yeriiert  ihre  Besinnungj  denn  im  Unc^ficik  vei^ieren  nvir  auch  die  Ver* 
Aunft,  die  wir  lutben  (SS9.)*  UnwidemifUdIk  bnehliebt  Kreon  den  Tod 
der  Amigohe :  denn  die  Weiber  sollen  in  ihre  Grenzen  zurückgedrängt 
werden;  auch  die  Kühnen  fliehen,  wenn  sie  den  Tod  vor  Augen  sehen 
(574  ff-).  Jclzi  eniliülh  der  Chor  das  Schicksal  de<!  Labdakidenhauses : 
ein  Lnheil  zieht  das  andere  nach  sich;  die  Gutler  diuugeii,  und  keine 
Ii5suiig  des  Verderbens  ist  mögUdi:  des  Hanses  letales  Ltcbt  Tertilgt 
der  Unieigötier  blutiger  Sunb,  „des  Bathes  Unsintt  und  der  Seel*  firin- 
nys"  (599.):  welche  Worte  der  Aniigone  gehen.  Kein  Sterblicher 
■ühtTirilTt  in  frevlem  Uebenmube  der  Cüiier  Macht;  aber  der  Menschen 
Leidenscliaft  führt  sie  zu  Le]>e]thaten ;  die  lloilnungen  tauschen  sie, 
lujd  Büses  ergreift  statt  des  Guten,  wem  der  Gott  den  Sinn  verwirrt. 
Diese  -Betrachtungen  gehen  aus  dem  Schicksale  der  Jiuigfrau  hervor; 
eher  sie  bereiten  sogleich  auf  Kreom's  nahen  Fall  vor.  Nun  ersdeint 
Haemon ;  der  Vater  crinalmt  ihn ,  dafs  er  ihm  folge  und  die  Braut  auf- 
opfere, und  spricht  weise  und  slaaisUugc  Reden  -  6^6.),  welche 
ttucli  der  Chor  anerkennt;  dodi  sind  sie  strenp,  und  unbiegsam,  ohne 
Rücksicht  auf  feinere  und  mildere  Gefülile.  liaemon  selbst  kann  sidi 
der  Wahihei»  dieav  Ijehran  nicht  eniai^en  (Ga»  ff.) ;  aber  in  .aller 
Ehmhietung  macht  er  den  Vater  damuf  atifnieiksam,  man  mflsse,  nicht 
Mut,  phäol,  Klasse  1824.  I  . 


66 


B  OS  c  K  H  äfer  die  Antigone 


eigener  Weisheit  allein  veriraumd,  auch  Anderer  Einsicht  in  Eliren 
hallen.  So  ermahnt  er  ihn^  der  grofsherzigen  That  Verzeihung  auge- 
deihien  sa  Ibsmd;  «udi  die  Bürger  sdienktcn  der  Jungfrau  Bd&fl  vBftA 
Mitleid,  ww  frdlicli  dem  Hemeher  nicbt  ni  CMiren  komme«  Auch 
dies  erkenni  der  Chor  als  Avohlgesprochen  an.  Kreon  degq^en,  ndi 
selbst  vertrauend,  will  nicht  der  Vater  vom  Sohne  belehrt  werden, 
nicht  seine  Handlungen  sieb  vom  Volke  vorschreiben  lassen;  er  ist  fifr 
einzige  Herrscher.  Also  gerathen  Vater  und  Sohn  in  heftigeQ  Öuciij 
dieser  wirft  sdbst  die  Gotdongkeit  und  UnTerstind  tot,  indem 

er  seine  Reden  nicht  melir  mSlsigt.  Kreon  fefst  den  ^nseneu  Beschlnfs» 
die  Bruui  vor  des  Verlobten  Augen  sterben  ZU  lesseu;  Ibemon,  der  schon 
angedt;uici  hat,  dals  ihr  Tod  noch  Einen  verderben  werde,  entfernt  sicli 
zornig;  Ki'eon  meint,  er  möge  thun  was  er  wolle  (764.),  und  befiehlt 
Antigenen  lebendig  zu  beerdigen,  nicht  ohne  Verachtung  der  Unter- 
gutier,  wdcihe  sw  dm  (768  H*.).  Der  Chor  besiegt  die  Gewalt  der 
liebe  (776  ff.),  die  snr  Raserei  führe;  sie  hat  andi  diesen  Kampf  des 
Vaters  und  des  Sohnes  erzeugt;  sie  zieht  auch  gerechter  IVIänncr  Sinn 
zur  Ungerechtigkeit  hin.  Bald  entlucki  ihm  der  Antigene  Schicksal  Thrä- 
nen  (796  tf.);  sie  selbst  beweint  auf  dem  Wege  zu  dem  Todipnhraut- 
gemach  ihr  Loos;  der  Chor  gesteht  iiir  zwar  deu  llulim  eineä  neuen 
Todes  xn;  dals  sie  Göuergleichen  sich  vergleicht,  verweiset  er  ihr,  wie 
sie  es  selber  nimmt,  spottend  (811.  728.):  er  mifsbilligt  ihre  Thal, 
indem  er  ihr  der  Kühnheit  Aeufsersies  und  d«  Geseizes  Uebertretong 
vorwirft  (846.) :  dafs  sie  einen  Titerlicbcn  Kampf  ausbüfsc.  ist 
kein  Hauptgedanke  ,  sondern  nur  eine  A'^ergleichang  mit  dem  Schicksale 
des  Vaters.     Denn  der  Chor  selber  sagt  Dieb  stürzte  eigen- 

wili'ger  Troizsinn:  und  wenn  er  (864>)  ihre  Frömmigkeit  anerkennt, 
schärft  er  ihr  dennoch  wieder  ein,  dafs  sie  dnrdt  Bebertretong  -  des 
Geseues  sidi  eine  Blaeht  angemaist  habe ,  die  ihr  nieht  gdiflhre.  Die 
Dulterin  tröstet  sich  mit  der  Frömmigkeit  ihrer  Handlung  und  der  Liebe 
der  Todlen  (882  ff.);  dafs  sie  gegen  den  Staatswillen  prlirmdeli  habe, 
erkennt  sie  an  (Bcß.) ,  und  sucht  dies  noch  durch  euien  besondem 
Grand  su  euisehuldigen ,  auf  welchen  ich  zurückkommen  werde.  Im 
Gänsen  bc^mrrt  d«  auf  ihrer  Udierzeugung :  doch  min.  leisem  Zweifel 
sielk  sie  den  Göttern  das  Unheil  anheim.   Der  Chor  taddt  offenbar 


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des  StphoMea, 


67 


diese  Hartnäckigkeit  (920  ff.).  Ebenso  beliam  Kreon  in  seiner  Leiden- 
schaft, die  sich  gleich  in  den  Drohungen  gegen  die  Langsamkeit  der 
YoUatnckr  db»  Unheils  avaqkriclu:  walcfae  ein  Bewei»  ies  Büdodef 
für  die  Jungfmtt  ist*  Neck  des  Wegfuliniiig  der  AnUgone  besingt  der 
Chor  (935  ff.)  ähnlidie  Fälle  der  Myihcngescliichle,  in  welchen  Schicksal 
und  Wahnsinn  die  Menschen  ins  Verderben  geführt:  unter  welchen  des 
Dionysos  Veriichtei'  Lykurg,  ohgleich  in  anderer  Beziehung  aufgeführt, 
nicht  ohne  Bedeutung  für  Kreon  ist.  ISun  aber  verkündet  Tiresias  die 
Zeidiett  der  Gducr»  leQit  in  milder  Rede  und  ohne  Ud»ennttdi  den 
HeRMher  des  Iradninis,  in  ivdcheni  er  gegen  die  Todten  Wfithe,  und 
exmthnt  ihn  ca  dessen  Einsicht  und  Terb^erung.  Kreon  Termifst  sich 
auch  gegen  den  göttlichen  Seher,  und  zeiht  ihn  der  Geldsucbt  und 
Lüge,  bis  ihn  endlich,  da  Tiresias  die  göiilicbe  Strafe  verkündet,  die 
Angst  erfafst,  und  er  des  Chores  Hathe  folgend,  nicht  ohne  Ucberwin- 
dung  sich  cnisdiliefst,  den  PolyneÜM  lu  beerd^en  und  de»  Hügdlein 
■n  befirden;  denn  er  liirditet  jeat,  et  möchte  du  Besie  sein»  den  be- 
•tdienden  Gebrauchen  (rot«  xo^to-rwaw  v^tug)  in.  folgen.  Der  Chor  ruft 
den  Dionysos,  den  Schutzgott  Thebens  an,  dafs  er  lielfe ;  dodi  plötzlich 
erscheint  der  Bote  mit  der  Nachricht  von  Haemon's  Selbstmord;  ein  Be- 
weis ,  dafs  unverständiger  Rath  (ö/SouAia)  dem  Manne,  hiei'  dem  Kreont 
der  Uebdi  achlinunstes  (1337.).  Haemon's  Tod  ist  höchst  letdoischaldicji: 
fldbtt  gegen  den  Vater  bat  er  das  Schwert  gezogen ;  dum  eretidbit  er 
dch  verzweiflungsvoll,  und  indem  er  sich  noch  im  Sterben  um  die 
Braut  hcrumschlüdgt,  röthet  er  ihre  bleichen  Wangen  mit  seinem  Blute. 
Antigonc  selbst  hatte  sich  mit  ihrem  Gürtel  erhangt.  Bald  bringt  der 
Herrscher  die  Leiche  des  Sohnes,  nicht  fremdes  Unheil,  sondern  Folge 
eigener  Schuld  (1242.):  er  bejammert  seine  verkehrte  Klugheit  (jkMil9M>- 
Ami);  xu  spat,  sagt  der  Gbor»  erkennt  er  das  Recht.  Sdndl  folgt  die 
zweite  IVauerpoet,  r<m  Enrjpdtkene  Tod,  wddbe  im  Sterben  den  Ge- 
mahl verwünscht  mid  Haemon  s  Tod  prent  (1387  ff.).  Der  Chor  achlielst 
mit  dem  bedeutungsvollen  Spruch  : 

Wohl  ist  Wci«lteil  cL-i  Gliuiiset^l^keit 
Um  Viele»  das  Erst' ;  und  das  gBulichc  Recht 
Darf  keiner  vcrschmäfa'a :  denn  gnnltige  Wort' 
In  eMniltiscm  Schlag  dodi  btttieM  danal« 

Hochmüthiger  Art, 
Sie  lehren  im  Alter  die  Weisheil. 

I  2 


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68 


B  o  B  c  K  H  üier  i»  AnHiffmB 


12.  Wir  haben,  so  weil  es  in  f!cr  Kürre  möglich  isi,  iic  ii  uipi- 
abschniue  der  Haiidlung,  die  bedeuiendsicn  Beweggriiuiie  und  uucli  die 
wicbu'giteii  Urthdle  berfikrt,  irdche  in  dem  Stäcke  oithaliea  suidi  und 
CS  kommt  mm  darauf  an,  die  ESnlieit  sa  finden,  «na  weldier  ndi  alle 
emidnen  Theilc  erkl.iren.  A.  W.  Schlegel  (*)  erklärt  sich  darüber 
nicht  nusführlicL  ;  er  bemerkt  nur,  daf?  diese  Tragödie  sich  auf  die  hei- 
ligen Rechte  der  Todtcn  bcziclie,  vind  ein  weibliches  Ideal  von  grofser 
Strenge  darstelle.  Indessen  vereinigt  sich  hiermit  der  Antigone  zweimal 
heftig  herfortrelende  Rauhigkeit  gegen  ihre  Sdiwester  gar  nicht;  diese 
Hfirte,  die  überdies  durch  das  ganze  Stuck  durchgeht,  ist  gewiis  nicht 
icht  weiUlch)  -wenigstens  einem  Ideal  unangemessen.  Sehr  fein  ist  die 
Bemerkung .  der  Dichter  habe  das  Gcheimnifs  gefunden,  das  liebevolle 
weibliche  Cemüth  in  eirirr  einzigen  Zeile  zu  oHienbaren,  wenn  sie  dem 
.Ki-eon  auf  die  Vorstellung,  Puljneikcs  sei  eia  Feind  des  Vaterlandes  ge- 
wesen, emiedert:  „Nii^t  mitanhaasen,  mitanUdiai  hm  ich  da'*}  aber 
so  unTcrgleicUidk  achün  auch  ^eser  Vers  ist,  ersdieint  er  dodi  mehr 
als  eine  eristischc  Wendung,  da  eben  in  jener  Stelle  der  in  den  Tragi- 
kern so  gewöhnliche  Wertkampf  der  Parteien  dargestellt  ist  (5 19.).  Die 
Klagen  der  Antigone  vor  ihrer  Wegführung  sind  menschlich  und  na- 
türlich: für  die  Darstellung  eines  Ideales  a]>er  haben  sie  doch  gewifs 
keine  Beweiskraft.  Geistreich  bemerkt  Schlegel  über  die  Schwäche 
des  CSiors:  indem  er  sidli  ohne  Widerrede  den  ^raunudien  Befehlen 
dm  Kreon  füge,  luid  nicht  einmal  eine  Vorstellung  zu  Gunsten  der  jun- 
gen Heldin  versuche,  solle  sie  mit  ihrem  Enlschlufs  imd  ihrer  Thal  ganz 
allein  stellen,  um  recht  verherrlicht  zu  werden;  die  Unterwürfigkeit  des 
Chores  vermehre  den  Eindruck  von  der  Unwiderstehlichkeit  der  könig- 
üdmn  Befehle.  Aber  die  Aeuiscnmgen  de$  Chors  über  die  liandlimg 
der  Antigone  enthalten  etwas  mdtr  als  Unterwvirfigkeit,  und  düiftco 
schwerlich  anders  eridirhar  sein  als  aus  einer  ganz  vmcfaiedenen  Ansicht 
des  Dichters  von  der  Antigone.  Recht  schön  spricht  auch  Solger  (•*) 
über  die  Antigone:  „In  ihr  und  der  Elektra  offenbarten  sicli  die" höchsten 
„sitdichcu  (besetze  in  ihrer  erhabensten  und  sclu-eckenvollsten  Würde; 


(1)  Drani^iU  LiU.  lid.  I,  3.  »e^  ff. 
(»]   VoRtde  s.  Utben.  S.  xzx  ff. 


uiyiii^cü  by  Google 


de»  SophK^t, 


69 


„das  Werkzeug  ihrer  IlanclKabung  ist  in  beiden  eine  Jungfrau".  Denn 
, ,  rn  edlen  Frauen  lebe  am  kräftigsten  und  als  ein  Crunduieb  ihres  W  e- 
„sens  das  allgemeine  Gefühl  der  höchsten  Sitte  im  ursprünglichsten  und 
„erliabeittiea  Sinnej  statt  ibo  dem.  Dichter  -vonuwerfen,  dait  er  die 
t,WeiUidikeit  im  bnt  vaoA  «toplich  behipddt  btltoi,  afitte  nun  ihn 

vielmehr  haiwimdeni,  dafs  er  sie  so  {^orreich  erhoben  habe  zu  ihrer 

höchsten  und  heiligsten  Bedeutang".  Hierdurch  ist  n1>c!'  die  HSite 
gpgeti  Ismencn  aiif  keine  Weise  f^enügcnJ  ciklarl;  nocli  weniger  sind 
damit  die  V'unvürfe  der  Vermessenheit  und  Leidenschaftlichkeit  vei>ein- 
bar,  wek^  wutidtig  in  dent  StOdw  liegen.  Solger  sdbet  kann  einen, 
Tidel  in  das  Lob  der  JnngCra«'  an  mischen  nidti  mnbin,  irann  er  for^. 
fahrt:  ,,In  dem  adkvDen  Gemüthc  der  Antigene,  wiewohl  sie  mit  allen 
,, Bürgern  dem  gcsetzmufsigen  Könige  des  Landes  Gehorsam  schiildit^  ist, 

siegt  die  ewige  Macht  heiliger  Sitte  über  ein  Gebot  von  blols  mensch- 
„ lieber  Abkuufi.  ik'i  allen  Holluungen  und  allem  Wimsche  jugend- 
/fUcfaer  EVenden  geht  sie  freiwillig  in  den  Tod;  doch  stirbt  sie  in  der 
4,hödbsien  Glorie,  wihrend  der  K6nig,  der  sich  Ton'iafserer  Hadhc 
»yUnd  endlicher  Khogheit  au  mreit  verleiten  liefs ,  seinen  Frevel  mit  der 

Ausrollung  seines  ganzen  Hauses  büfst.  Aber  dafs  wir  auf  keine  Seile 
,,die  ganze  Schitld  des  Verderbens  werfen,  beide  büfsen  gcmcinsrliaft- 
„Lich  die  nie  zu  vereinende  Spaltung  zwischen  dem  Ewigen  und  Zcit- 
„lichen".  Ich  gestehe  nidit  eimnseiiett,  dafs  Ani^one  mit  so  grofser 
Glorie  sterbe;  umgsikcibrt  bat  der  Dichter  ihren  Tod  weit  weniger  Ter- 
herrlicht  als  man  enrarten  sollte.  Ueberiianpt  kann  es  sein  höchster 
Z^^eck  nicht  gewesen  sein,  eine  Apotheose  der  Antigene  zu  geben,  oder 
auch  nur  die  jungfräuliche  Gr.ifse  der  Antigone,  also  im  Grunde  eine  be- 
schrankte Charaklerzeichnung,  darzustellen;  sonst  mufste  er  von  Vs.  631. 
und  nodi-mdir  von  Vs.  974*  an,  ganz  anders  dichten.  Denn  der  Stnn 
des  Kreontisdien  Hanaes  hat  mit  der  GrSfse  der  Antigone  nichts  gmein, 
wenn  ei*  auch  die  Vergeltung  für  die  an  ihr  vernbie  Thut  ist. 

13.  Jacob  (')  giebt  als  den  Grundgedanken  des  Stückes  an:  ,,der 
,. Götter  Gesetze  mVisse  man  fromm  ehren,  imd  schwer  würden  die  be- 

straft,  die  durch  ihre  tijyenen  neuen  Satztmgen  deien  UeiÜgkdt  vei'- 


(0  Qu.        Bd.  I,  8.  S5i. 


70 


B  o  B  c  E  R  Mer  die  JiUigone 


..letzten".  Diese  Vorstellung  enthalt  allei'dings  etwas  Bestimmteres,  und  ob 
sie  gleich  zunächst  nur  auf  einen  einzigen  Spruch  aus  den  Auapästen  am 
Sdiluft:  '/jgn  Si  rd  y  ^  •My  M«^  anwtm,  und  dum  ntf  etUdw Sid]«! 
de»  Stficka  {445  f.  740*  98$ ff»  1100  ff.)  von  üiu  gattuist  inrird,  geht  sie 
doch  durch  die  ganze  Tragödie  durch»  Da  nun  der  Vormirf,  das  götthche 
Recht  Terletzt  zu  haben»  Antigonen  nicht  trifft,  soll  sie  blofs  als  dessen 
Vertheidigerin  erscheinen,  und  Kieon's  Unglück  nicht  die  Strafe  für  den 
Frerel  an  Polyneikes,  sondern  für  die  Grausamkeit  gegen  Antigone  sein. 
Dies  ist  aber  eine  willkührhche  Voraussetzung;  Tiresias»  der  bernfene 
Anwald  des  GSttlidien,  hebt  Tiehndir  am  meisten  herror,  dals  .die  AhBn 
der  Götter  durch  den  unibeevdtgten  Tifidmsm  vemnreinjgt  -würden:  gpni 
he^onders  tadelt  aber  auch  er  den  Huogel  femfinftigen  Rathei  (läSaA^ 
und  den  Eigenwillen  und  das  Selbstvertrauen  (o'jSaMa)  des  Kreon;  welches 
nicht  zu  übersehen  ist  (Vs.  1 010  ff.  11 35  ff.).  Da  überdies  Jacob's  An- 
sicht den  andern  Griuidgedanken ,  der  ebenfalU  duich  das  ganze  Stück 
dnrcbgcht,  nehmlidi  das  Unrecht  der  Antigone,  nicht  in  sidt  aufneh- 
men kann,  «md  nach  ihr  eine  ywA  grofsere  Veiheirlidrang  der  Antigpne 
gegeben  sein  müfste:  so  ist  auch  diese  Ansicht  einseitig  und  unbefrie« 
digend,  und  es  ist  daher  nicht  zu  verwundem,  dnfs  er  eine  tibriijcns 
schon  von  Aristoteles  (')  als  Sophoklcisch  anerkannte,  scharfsinnige  irnd 
antik  schöne  Stelle  hat  ausmerzen  müssen  (^),  weil  sie  der  Handltmg  der 
Antigone  das  VerdieBsi  sdaalßeti,  und  also  nidit  su  der  Tonntgeset»- 
ten  Einhdk  des  Werlus  stimmt  (Vs.  89$  ff.).  Aber  man  stelle  nor  den 
Cesichtspunct  des  Kunstwerkes  anders;  so  ^rird  sidk  auch  jene  Sidle  in 
das  Ganze  fügen. 

14.  Das  Verhängnifs  oder  Scblrk<!)l  spielt  in  der  .\ntigone  eine 
sehr  untergeordnete  Rolle;  tmd  niemand  kann  in  diesem  die  Einheit  des 
Stfidtes  sudien.  Alit  der  Brüder  Wechselmord  ist  der  Lahdakiden  Vcr- 
hingnifs  und  des  Taters  Finch  getilgt;  nur  inwiefiem  alle  menschlich» 
Thal  vom  ewigen  "Willen  bedingt  ist,  hat  dieser  auch  der  Antigone  und 
Kreons  Fall  enengt«  Allerdings  ist  jener  Loos  dem  Unglücksverbäng- 
nii's  des  Hauses  ang^essenj  es  erwachen  die  aken  Uebel  der  Labdakidcn 

(i)  Kbct.  m,  lo. 
(a)  S.  S.SAI-S«. 


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d»$  SopkMts. 


7i 


(689  lY.),  vmd  Antigene  kämpft  einen  väterlichen  Kampf  (8^9  fl'.);  a^cr 
dies  sind  blofs  Vei'gleichuogspuncus ,  auf  welche  bedeutungsvoll  liinge- 
iricten  tnrd;  dat  heA»  LeidMi  der  Ant^one  vrird  newiawmiBiien  da- 
durch {pmildcrti  d«b  es  ihr  nicfau  BSgenilifiinlidiM,  sondern  in  ihrem 
Hause  eiahefaniidi  ist.  Wenn  die  Menschen  sündigen,  hat  der  Gott 
ihren  Sinn  Tcrblendet  (619  (T.) ;  wenn  sie  Unheil  irifli,  hat  es  der  Gott 
gethan :  der  Gott  begräbt  Antigonen  in  dem  steinernen  Hause ,  -wie  er 
die  Niobe  versteinerte  (8a6.).  Wer  sieht  nicht,  dats  dies  blofs  allge- 
menie  Ansichieii  sind»  die  in  die  Hmdlung  selbst  nidit  weiter  einpwi- 
fen?  Eben  dahin  gelaSrt  die  Aeofsenmg  des  Chores  (i5i6.),  Kreon  solle 
nicht  weiter  zu  den  Göttern  fleihen;  denn  dem  Yerhängnifs  könne  man 
nicht  entgehen :  und  so  weiset  der  Chor  noch  öfter  auf  die  Macht  des 
Schicksals  hin  (94t-  QjS.).  Dagegen  ist  es  wieder  hlnlanplirb  mtspf 
^rochen,  dal's  Antigone  tud  Kreon  mit  sclbstgewahluiiu  Enuclüuü  ibr 
Veiderben  herbeiführen;  Haemon  und  Eurjdike  'werden  durch  jene  und 
durch  mgeae  Leidensebiift  oder  Sdmidbe  nadigesc^jien.  Alles  geht  rein 
menschlich  zu. 

15.  Unbekümmert  um  diejenigen,  welche  tiefer  liegende  Gedanken 
und  eine  durchgreifende  Ansicht  in  einem  Ktinsiwerkc  der  Hellenischen 
Tragiker  nicht  suchen  wollen,  weil  Aristoteles  darüber  keine  Auskunft 
giebt,  wollen  wir  nun  diu-ch  Zusammenhaltung  der  Hauptmassen  und. 
hinfig  iffiederk^hrender  Andentungen  die  GnuuÜdee  finden,  in  wdcher 
das  Ganze  als  in  seiner  Einheit  aufgebt:  nur  Ton  diesem  Piuicte  aus 
kann  auch  das  Einzelne  vollständig  begriflen  werden,  l^onderc  Wicli- 
tii^keit  li.'iben  aber  hier  die  Andeutungen  des  Chors,  der  über  der  Lei- 
deiiÄchalt  der  llaiideludeu  siebend  da«  allgemeine  Uriheil  für  den  Be- 
trachtenden zieht,  und  den  geistigen  Inhalt  der  Handltugen  ausspricht, 
als -Organ  des  seines  Zweclm.  sieh  ivoU  bewnfsten  Dichters.  Das  ivahre 
dramatische  Knnsiwerit ,  das  1  Weifc  eines  durdb  die  hSdiste  Beson- 
nenheit ansgeKeichneicn  Dichter*,  wird  Eine  Idee  in  Emei*  Handlung 
abspiegeln  wie  reich  die  letztere  auch  gegliedert  sei,  und  wie  viele 
untergcürdneic  Gedanken  auch  in  jener  wieder  enthalten  sein  mögen : 
dennoch  finden  sich  scbeinbu*  zwei  iiandluugeu  in  der  Aiuigone;  ja 
aum  kfinme  sogar,  wie  J«cob  bemerkt,  die  Person  der  Antigone  weg- 
nehmen, und  es  bUebe  .cin«  Tkagddin  Kreon  fibrig.  Der  Antigpne  Ent> 


72  BoBCKS  ubar  die  JnUgon» 

schlufs  nnd  dessen  Ausführung  bis  zum  Tode,  also  Vorsatz,  Thal  und 
Foigea  der  That  bilden  iur  sich  eine  Handlimg,  welclter  die  Kreon- 
tische  gegennlicr  steht.  Aber  mit  Redit  Sehlegel:  „Et  köimie  kdit 
,,K&<»ten  des  Stiiclies  ohne  Widerstreit  Stau  finden,  und  dieser  cau 
y^Biidit  meistaM  »us  den  entgegengesetzten  Vorsätzen  und  Absiebten  der 
„Personen,  ^^'en^  wir  also  den  Begrifl*  einer  Handlung  auf  Entschlaft 
,,imd  Thal  In  l  , anken,  so  wii-d  sich  meistens  eine  doppelte  oder  mehr- 
j.facbe  llandhing  im  Trauei-spiel  zeigen.  Welciies  ist  nun  die  liaupi- 
^.handlung?  Jedem  scheint  seine  eigene  die  vrichtigste;  denn  Jeder  ist  sein 
„eigener  Mlttelpunct.  Kreons  EniscHnfs  sein  kSniglidies  Ansehen  an 
„demBeevdiger  des  Polyneikes  durch  Todeasirsle  so  heben^Aif  isi  dwn 
»,S0  fest  als  der  Entschlufs  der  Antigune,  eben  so  wichtig,  und  wio  Ifir 
„am  Schlüsse  sehen,  eben  so  gefahrlich,  weil  er  den.  Siiirx  vom  ganzen 
, »Hanse  des  Kreon  nach  sich  zieht."  Offenbar  ist  aber  der  Kampf  beider 
gegen  einander  die  Eine  aus  zwei  Gegensätzen  entspi-ingende  ilaudlung; 
in  dieser  liegt  das  iufiwre  Lehen  des  Stückes.  Aher  in  demselben  stdlt 
sich  Ein  Gedanke  dai*,  der  auf  Terschiedene  Weise  steh  an  den  hdden 
entgegengesetzten  Kräften  der  Handlung  bewahrt:  Ungemessenes  und 
leidenschaftliches  Streben,  welclies  sich  überbebt,  führt  zum 
Untergang;  also  messe  der  Mensch  seine  Befugnifs  mit  Heson- 
ncnhtiit,  dafs  er  nicht  aus  heftigem  Eigenwi^icn  menschliche 
oder  göttliche  Rechte  überschreite,  und  aar  Bufse  grofse 
Sehlige  erleide:  die  Vernunft,  ist  das  Beste  -der  Glueksee- 
ligkeit.  Wir  wollen  diesen  Gedanken,  der  seinei*  GHedcrung  un^- 
achtet  nttr  Einer  ist,  in  einer  nochmahligea  Betrachtung  des  Werltes 

hewähren. 

16.  Kreons  Verbot,  den  Polyneikes  zu  beerdigen,  ist  ungeachtet 
des  AngriiTes  auf  sdn  Tattt-land  hart  und  tymnis^  und  als  Bdeidi-. 
gung  der  UntergStier  imligiSs;  er  greift  in  das  Recht  der  Antigene  ein, 
indem  er  sie  Terhindert,  das  Ihrige  zu  tfann,  wie  sie  gleidi  toi  Priilog 

sagt  ,*  er  hat  sich  also  gegen  die  Götter  und  die  Todten  vermessen. 
Antigone  erkennt  die  innere  und  natürhche  Pflicht,  ihren  Bruder  zu 
bestatten;  aber  durch  Uebertretung  des  Staatsgesetzes  lös't  sie  den  gesell- 

(i)  Vgl.  A.W. Schlegel  DmhC  Litt.  Hb  n,  Bd. I*S. 88.    '  '         •     '  x 


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des  Sophokles. 


73 


schaftlichen  Verband  auf,  und  indL-ui  süi  (ion  eigenen  Willen  mil  Ge- 
walt diirrhsetzcn  will,  ühersclireiiei  sie  die  Grenzen  ilires  Geschlechtes 
und  der  Lintertbanin.  Sie  mufsu;  den  Göttern  des  Polyncikes  Bestat- 
tung anheimsteUen;  Tiretia»  Mirt  spater,  dab  audi  da  dieae  fordern: 
tuul  nur  durch  ihre  Zeichen  ist  sie  suletzt  hewlit  worden.  Nidkt 
umsODat  «talk  SophoUes  auch  sie  als  vermessen  dar.  Schon  im  Prolog 
Htgt  Ismene ,  sie  Bififtten  als  Weiber  und  Beherrschte  der  Ufadit  wot* 
eben,  imd  lönnien  nur  die  Todten  um  Verzeihung  flehen;  es  sei  eine 
Thorheit  LielH-rmafsiges  (TTEjjffTa  Vs.68.)  zu  unternehmen,  und  gegen  des 
Herrschers  Ikfehl  zu  handeln.  Dahin  gehört  auch  Vs.  U^,  79v  yvuiyofi 
«wr*  iT*  Vt.  g8.  &*9vf  fiiv  ifxfl,  rvk  ftW  ^  i^^Sk  <p^  Zmr  k&mte 
nun  ngen,  auf  solche  Worte  sei  keiik  Gewicht  ni  l^jon;  auch  Ghry- 
iOlheniis  werfe  der  EIcLtra  Unvei-stand  vor,  rathe  ihr  ab  von  Unm^ 
liebem,  und  ermahne  sie  als  Weib  imd  Beherrschte  den  Mächtigem  zu 
weichen  ('):  allein  in  der  Elekira  greifen  jene  Reden  auch  weniger  in 
den  sittlichen  Werth  der  Handlung  ein,  weil  dort  nicht  wie  in  der 
Anttgone  em  Kampf  enigcgcngeseater  Rechte  dargestellt  wird;  und 
Chrfsothemis ,  obgleich  in  wmt  gunsiigerena  Verhaltnifs  mr  Bfaitier» 
ist  dodi  weit  mehr  dem  Thun  der  Elektra  zugewandt ,  dn  sie  ihr  sogpur 
darin  narhgieht ,  dafs  sie  das  ihr  aufgetragene  Todlenopfer  luilerlafst. 
f^Tchrn  wir  auch  7.u ,  dafs  wie  Cbrysothemis  zur  Elektra,  so  Ismene  zu 
iiiiiigoncn  den  Gegensatz  bilden  soll,  damit  der  Andern  Kraft  stärker 
herroftocte ;  so  weiset  demodi  Ismene  au^ch  der  Schwerer  den 
Siandpvmct  an,  welchen  sie  als  Weib  mit  Besonnenheit  wädem  sollte. 
Ismene  verkennt  deshalb  das  Edle  und  Liebevolle  der  Antigone  nicht| 
Antigonc  dagegen,  ofTenbar  sich  überbebend,  slöfst  die  sanfte  und  lieb- 
reiche Schwester  rauh  von  sich,  trotzt  mit  stolzem  Sinn  auf  den  Edel- 
muih  ihrer  Thal,  mit  welcher  sie  einen  grofsen  Tod  gewinne,  und  will 
der  Sdsweeicr,  nadi  der  «rsien  Weigerung,  audt  ferner  »idht  den  min^ 
desten  Antheil  mehr  daran  geben;  ne  solle  sie  und  ihre  Unklugheit 
Vs.  9.*).)  gewidiren  lassen.  Weit  entfernt  die  erhabene  Natur 
der  Antigone  herahaeisen  an  wollen,  behatqftten  wir  nur,  dafs  auch  sie 


(1)  Ekktf«  386  ff.  gSo  Ii; 
ffitt/pkaol,  Kium  1624. 


K 


74  B  o  B  c  K  K  fiter  die  Ant^one 

mit  leiJf'nicKnftlicher  FeindseeUgkeit  vermessen  dem  vermessenen  Kreon 
entgcgeninu,  und  so  den  Keim  des  Unterganges  in  steh  tragt,  den  alle 
sterbliche  ünvollkommenheit  als  Bufse  der  Ungerechtigkeit  zahlt.  Ln- 
sere  Fflidit  ist  et,  det  Dichten  geheimen  Gänge  nadumipomt;  crwoiUie 
AndgooeB  grob  xaA  edd  iddiaan,  aidift  gsmdu  ntid  aehledktj  «her 
zugleich  sollte  sie  des  Mafses  unkundig  erscheinen,  welches  ihm  die 
Höchste  ist ,  der  auch  im  Aias  den  das  Mnfs  überschreiicndcn  und  der 
Bcsonnenl^'i!  {n'Md^^iTjVf,)  eniberiicndcn  Jlclden  dem  Zorne  der  Aihena 
ausätzt,  wahrend  diese  mit  Vorliebe  für  den  Odjsseus  auitriti:  denn 
die  Besonnenen  liehen  die  G6tter:  r«iW  ^  vwfftms  9tt»  ^thmin 
Mi  TnvoSvi  nöf  nMuuf  (Aj.  iSi.}.  Bbemo,  -wer  wollte  •ageo«  Kreon 
sei  als  ein  schlechter  Tyrann  dai^tdlt?  "Wie  Aniigone  einen  weiblidl 
frommen ,  hai  Kreon  einen  männlich  sirengen ,  dem  Staatsmann  ange- 
messenen Beweggrund ;  selbst  die  Götter  glaubt  er  nicht  zu  verletzen 
(282  ff.),  sondern  giebt  deren  Verleuung  vielmehr  dem  Polyneikes 
«ehuld  (199.);  «vfih  er  konnte  faeiriidk  wiriten,  frenn  ihn  nicht  Eifer 
für  du  Yeteiland  und  seine  "Würde-  snr  Leidensdwft  führte,  bis  xor 
Geringpchlimg  des  Gcittlidien  und  cur  Tyrannei.  So  bcAväljrt  der  Dich- 
ter an  edlen  und  ueülichen  Natiu'en ,  wie  eigenmächtige  Yermessenlieii 
und  Mangel  an  Besonnenheit  beide  im  Wechselkampf  vernichtet.  Wie 
die  Beu^achttmgen  des  (jhors  in  tmsercm  Stücke  öfter  die  nachfolgende 
Hsndlmq}  nun  Tom»  heonhetlen,  so  bemerkt  schon  hi  der  Burodoe 
(137.)  der  Chor  in  Besiehong  «of  die  Argder,  dafs  Zens  der  gewal- 
tigen Rede  Prahlerei  hasse:  welches  tun  so  weniger  für  die  Hai^tp 
handlung  bedcutimgslos  sein  kann,  de  auch  am,  Schlufs  die  gewal- 
iif;en  Worte  der  Hochmüthigea  in  Besng  auf  die  Erfolge  dieser 
Handlung  genannt  werden. 

17.  Den  im  Prolog  ausgesprochenen  Widerstreit  beider  Krifte  seiat  . 
das  gMue  Stück  bis  zur  iuftersten  Bartniekiglkeit  fort,  indem  gleichen 
Schrittes  das  Aechte  und  Wahre  der  Oesummig  der  Handdnden  und  da* 
Harte  und  Heftige,  Vermessene  sich  entwickelt.  Zunächst  zeigt  sich 
leuteres  an  Kreon,  dessen  Härte  der  Chor  nicht  billigt;  aber  ihr  wei- 
chend zeigt  er  das  wahre  Mafs.  Als  In  i  nnch  der  Chor ,  da  die  Bcei"^ 
digung  dm  Boljneikeg  verkündet  worden,  diesei*  eine  gottb'cbe  Yeran* 
lassang  unteilegen  will,  offenbart  sich  in  Kreon's  Zorn  des  Tyrannische 


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des  Sophokbs. 


76 


und  (las  kühne  Selbstvertrauen  gegen  fromme  Anmahniing.  Dur  nacliste 
Chorgesang,  der  das  Gewaltige  der  menschlichen  Nattu-  schildert,  welche 
in  ihrem  Streben  sich  Jh$  imtenrirft,  und  iraBraid  rie  odi  dn  Ver* 
mmft-  und  StMtaIciMn  enchaffl,  doch  ineder  in  ihrer  Lodenidufk  §6tt- 
lidiet  und  —f"»**»***^  RMht  niedertritt,  wixft  eiif  Kreon'«  und  der 
Aadgone  Handlung  eine  doppelseitige  Beleuchtung.  Da  nun  aber  Anti- 
gone  gefangen  gebracht  wird,  fürchtet  der  Chor  alsbald,  dafs  sie  auf  thö> 
richtem  Beginnen  (iv  cup^otrvvji)  ergriiTen  sei  (Sjg.);  und  wenn  sie  (465.) 
den  Kreon  der  Thurheit  zeiht»  weil  etwa  ihr  Thun  ihm  thöricht  er- 
acheiaef  ktnn  man  die»  fHt  wSitlich  ak  de»  DidiieM  Uebeneugung  ans» 
bfittp  weU  liaide  kidenjcliaMdi  handdn.  Grofii  enchdnt  m/tf  da  «le  ihre 
Thal  alsbald  gestehend  dieselbe  mit  dem  göttlichen  Recht  veilheidigt; 
herrlich  Tci^i  '^ie  des  Königs  Vcrmcsscnhcil,  dafs  er  ein  Sterblicher  nicht 
könne  das  ewige  und  ungeschriebene  Gesetz  dpr  r,otier  überircfTcn  (4oo.): 
dafs  ihr  das  Leben  werthlos,  ist  eine  Alüderung  ihi'cs  ScbicL^ls,  welche 
ihr  grolM»  Hen  veidient.  Aher  «taa  durch  aanAe  Ergeining  oder  Untei^ 
werfnng  in  willen»  fordert  aie  den  Konig  hemn»;  «ae  hat  das  Verfjdien 
nicht  aUein  begwigeHf  aie  lacht  nach  der  That  noch,  und  reizt  den  Herr- 
scher in  stolzer  Ueberhebung.  Aucli  hier  zeigt  der  Chor,  die  im  Besiue 
der  wahren  Besonnenheit  ruhigen  Greis«»,  dp'^  Dichters  Urtheil  (466.): 
lUuh  sei^t  $idi  von  raulteiu  Vttlcr  die  Natur 
der  Haid:  in  ndehen  mifi  n«  nMrt  dem  M'ftp^j^- 

Kreon  leigt  ihr  ihre  Yerletanng  de»  Staatt§e»etie»,  ihren  Uebcrmmh 

(476  ff.)',  aber  da»  härteste  Eisen  bricht  am  häuügsten,  und  die  Hart- 
nackigsten fallen  am  meisten.  Er  'vennifst  sich ,  nicht  solle  er  mehi'  ein 
Mann  sein,  aber  sie,  wenn  diese  Anmafsung  ihr  tmgcstraft  hingehe. 
Sie  aber  rühmt  sich  vuu  iSeoem  ihrer  edleu  That  (49^  ff')y  wirft  dem 
KSnig  Tyrannei  vor;  jeder  wiederholt  erneut  seine  Ueberzcugimg,  und 
deckt  das  fremde  Unredit  auf,  ohne  das  eigene  am  eritennen.  Um  fie- 
le» andere  7.11  übergehen,  wSl  ich  nur  eine  treffende  Bezeichnung  des 
Eigenwillens  beider  herandlcbeD,  indem  Antigene  dem  Kreon  einwirft, 
alle  sähen  ihr  Recht  ein,  und  schwiegen  nur  aus  Furcht,  er 
aber  ihr  entgegenhält,  ob  sie  sich  nicht  scheue,  ihren  besondern 
Verstand  ohne  die  übrigen  Kadmeier  zu  haben  (9^  ^  tiit  ieniAft 
rSvAt  %p<^  d.^ftnk}  5o6.). 

K2 


76  BOMCE.U  ^»  dh  Jmt^one 

18.  Beider  Harte  untl  Leidenschaft  ofTcnbart  sich  zunaclist  auch 
au  Ismeneu,  die  Kreon,  obgleicli  sie  uuscliuldig  ist,  mit  in  cW  Ver- 
d«ilien  wl^f  Anügome  aber  aodi  nuliei*  «U  Toriier  tou 

«dl  •teilt,  dab  me  wie  an  ihrer  Thtit  «o  auch  am  Tode  keinen  Anthefl 
habe.  Istnencn  selbst  bat  man  fabch  beurtheilt,  wenn  man  glaobte,  sie 
bereue  ibi  t;  Scliwäcbe ;  sie  bewalirt  nur  ihr  lieheTolle<;  Gcmüdi  ,  iind 
will  sich  selbst  Schuld  beimessen,  iim  nicht  ulnie  die  Schwester  zu  leben: 
auch  ihr  hat  jetzt  das  Unglück  die  Besinnung  geraubt. 

SeDMt  da,  o  Kfinig,  IVO  .Veiaund  cotsproft,  ToUBibt 
er  Dieht  dea  Un^ückied'gen:  Noth  KRUltet  ihn. 

.Indem  sie  dies  Ton  sich  ausspricht,  enthüllt  sie  vorausgreifend  hierin 
auch  des  Kreon  SchicL&al.  Man  überechaue  das  Folgende:  immer  viird 
man  denselben  Criindgcdanken  fcst£;ehalien  finden.  Sich  leidenschofilicli 
Tcrmcs&eud,  über  uiu  die  Weiber  m  ihre  Grenzen  zunlckzufüliren 
will  Kj<eon  die  Aniigone  tödten,  ohne  auch  nur  des  Sohnes  Liebe  za 
•dumen;  dodt  i«t  «dner  HSne  die  Gerechtigkeitsiidw  bdgemisdit:  „wer 
,,den  Staat  bdienedien  wiB,  mufa  suerBt  sein  Ibas  beherrachen  können**, 
zu  wdchem  auch  Anugone  gehört  (vgl.  auch  Vs.  482.).  Aniigone  stirbt 
zwar  nacli  dem  dunklen  Gange  des  Labtlakiclenscbitksals :  aber  ist  es 
nicht  narb  des  C.'liore«?  Urfheil  des  cicjncu  Raiiies  (  iisinn  und  der 
Seel'  ErinnySj  was  sie  ins  Verderben  führt?  Der  Götter  Macht 
kann  kein  Sterblicher  frevelnd  überwinden;  der  Menach 
ergreift  atatt  des  Guten  daa  Böse,  von  Iddenachaftlidien  Hoff- 
Biingen  verleitet;  denn  die  göttliche  iMachi,  das  Recht  wah- 
rend, bestraft  ihn.  Dieser  Gedtinkc  lies  Cboies  leidet  auf  beide  Theile 
AnwcndiMii;,  indem  er  rückwärts  sich  auf  AnUi;one  bezieht,  und  vorwärts 
Kreons  i'ail  andeutet;  der  Hauptinhalt  desselben  ist  aber  wieder  eben 
dieier:  daf«  die  Leidenachaft  dea  Mensdien  Sinn  verwuTt  und  den  Un» 
«erguag  herbdföhrt:  und  Kreon  adbat  wendet  diea  am  Ende  (isSS  ff.) 
auf  sich  an.  Um  nun  hier  gleidk  alles  vorwegzunehmen,  was  tur  Bi»* 
iMibeibini^  der  Tbat  der  Jungfrau  gehört,  so  ist  der  Dichter  weit  enlp 
fernt,  sie  uiilK'dingt  zu  verberrlicben ;  nur  die  Gr"(se  und  Festigkeit 
ihres  Vorsatzes  und  ihre  Frömmigkeit  wird  gereclit  bervurgehoben,  aber 
CS  feUt  nidit  an  Andeutungen  des  Tadda.  Wenn  wir  gteidt  ihre  Kla- 
gen ober  den  Veiluai  der  Ld»ensfreaden  und  des  didichen  Glfidbea, 


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de»  S<^3hokles, 


77 


über  ihi'en  lebendigen  Tod  im  Grabet Tnacli  als  rein  mensdib'cb  erken- 
nen ,  und  daran  sehen ,  dafs  Antigene  nicht  durchaus  rauh  isi ;  wenn 
wir  auch  zugleich  gestehen,  die  Aechllicit  ihres  Entschlusses  bewähre 
nch  dien  dadurch  j  dab  sie  d«n  bittero  Kelch  des  Tode»  auch  bitter 
empfindet:  «o  ist  doch  auch  ihrem  Tode  die  heftige  Leidemchafe  beige* 
mi»dit;  eie  endet  in  Verzweiflung  ihr  Leben  selbst  mit  dem  Strang. 
Man  entgegne  nicht,  dies  sei  nolhwendig,  damit  dem  Kreon  und  Kaemon 
der  ßückschriti  nicht  oÜen  bleibe;  denn  das  sehe  ich  wohl  ein,  dafs  Hie 
Leidenschaiiiichkeit  nölbig  war,  damit  diese  Tragödie  enutehcu  konnte, 
die  je  schmi  früher  eine  andere  Wendung  bitte  nehmen  mnsaen,  wenn 
Kreon  und  Antigone  milder  wiren  aU  «e  sind:  aber  vn»  ffir  die  Ein- 
richtung des  Stücke  nöthig  ist,  muf$  eben  auch  schon  in  der  Sinneiart 
der  Han<!clndcn  liegen ,  wenn  das  Stück  wohl  eingerichtet  sein  soll  ; 
und  so  bleibt  jener  Tod  immer  nur  nus  leidenschaftlicher  Veiv.weiflun^ 
erklärlich,  die  auch  ihre  Gesänge  athmen.  Noch  bleibt  sie  zwar  bei  der 
alten  Ueheneugimg  j  aber  sie  erkennt  docU  (898.),  dais  sie  den  SiaMs- 
willen  Teriettt  habe,  und  steih  aweiÜeind  dm  Göttern  anheim,  sie  su 
richten.  Gerade  de  sie  auf  diesen  Punct  gdkommen  ist,  legt  ihr  der 
Dichter  etwas  unter,  was  nur  von  unserer  Ansicht  aus  erklärbar  ist. 
Sie  entschuldigt  nehmlich  ihre  Handlung  damit,  dafs  den  sie  beerdigt, 
ihr  Cr u der  sei:  wäre  es  ihr  Gatte,  ilir  Kind,  würde  sie  es  nicht  ge- 
than  haben;  denn  ein  andenr  Gatie,  dn  anderes  Kmd  könnte  ihr  wie- 
der werden ;  aber  Vater  und  Untter  todt  sind,  bann  sie  keinen  Bru- 
der mehr  erhalten.  Mit  Recht  bemerilt  Jftcob,  dafs  diese  Stelle,  auf 
wclclie  ich  im  zweiten  Theile  zurückkommen  werde,  die  Gröfse  ihrer 
Handlung  aufbebe;  aber  der  Dichter  wollte  eben  ihrer  Handlung  keine 
unbedingte  Grüfse  zuschreiben,  und  läfst  sie,  da  sie  eben  an  die  £r- 
kennttiifB  ihres  Unrechts  angrenzt,  nach  Siüizpimcien  suchea,  wie  die' 
Sopbistik  der  Verzweiflung  sie  daibieiet:  dodi  erkennt  Kreon,  -vdlkom- 
mcii  im.  richtigen  Vei4iiltnifs,  seine  Hiorheit  schirfer.  VöUtg  über- 
einstimmend mit  jener  Zeichnung  der  Antigone  ist  endlicJi  auch  das 
Urthcil  des  Cboi-es.  Thränen  zollt  ei-  dfv  grofsherziyen  Tbat  der  Jiuig- 
ürau,  dem  frommen  Frevel,  wie  sie  es  Jieiini:  doch  sagt  er,  sein  Mitleid 
fulive  ihn  Aber  das  Recht  hinaus  ('(jo.);  ei'  verschweigt  nidlt 
ihre  Vermeasenheii,  wenn  sie  sich  Göitergleicboi  irergleidit  (820  fH), 


T8 


Bob c EH  fiter  dia  Afnt^ima 


sondern  ^cht  bi^  zui'  lliüte  des  Spottes;  endlich  hebt  er  ihxe  Schuld 

ilax  hei'voi-  (846.  864-)  • 

Vonclircitcnd  bis  zum  Acuüentea 

der  KiOiiiliritt  stiefot  dn,  mem  Kind« 

itMk  ML  u  Dike*s  hAam^  Hwoh. 

Und: 

Wohl  heilig  Todu^r  Heiligung; 

doch  dcs«-n  Marht ,    deiu  lyiadtt  gebfilut, 

KU  Übertreten  ziemet  nicht. 

Dick  stiinle  «igein«iO*fBr  TnMaiiiii. 

Und  nicht  tadellos  hebt  er  ihre  Hartnäckigkeit  heraus  (930.) : 

Dfgtnlhigea  SUunu  wiidstrümendc  Fiat 
folgt  mA  noch  jetso  da  Midilient  GmäÜt. 

Per  Chorgesang  906  iT.  worin  Danae,  Ljkurg,  die  Fhineiden,  ztmachst 
nur  vegea  der  Aehalkihkeit  flim  SAtdaalet,  der  Wi>kBm%  im  Gnbe, 
Terglidien  werden,  gie^t  dem  Vet^iingmfo  nur  den  ellgenieineD  Andieil 

an  dem  Leiden  der  Antigene,  und  yei-gifst  nicht  den  Mangel  der  Weis^ 
heit  anzudeuten  ,  der  -svcnigstens  den  Lykurg  atdlSle,  wdcfacm  Kreon  in 
«»Der  gewissen  i3e7.i(!hung  sehi-  ahnlich  ist. 

19.  Wir  haben  die  Schuld  der  Antigone  mehr  als  ihre  TreÜlich- 
kcit  hervorgehoben,  weil  vm  Binder  aneilbnuit  iit;  dab  wir  aber  Üire 
Grofthersig^t  nicht  Ungnu,  hrauchen  wir  kaum  an  wiedeiholen.  Ehe 
ihr  Schidual  vollendet  itt,  legt  der  Diditer  den  Gmnd  der  Kreontischen 
leiden,  um  die  Hauptmassen  des  Drama  inniger  zu  veiilechten  und  zu 
▼erwickeia.  Dei-  Sohn  vorrüglicli  konnte  das  Vaterherz  durch  eine  Vor- 
stellung zu  Gunsten  setner  Verlobten  rüliren,  und  zeigen,  dafs  der  Herr« 
•ciMr  au  hart  und  Uoft  «ich  aeÜMt  Tertrauend ,  nicht  auf  das  göttliche 
Recht  noch  der  BOiger  Gefühl  achte.  Haemon  «pricht  «ehr  müde  mid 
bescheiden ;  er  unterwirft  dch  dem  Urtheil  und  Willen  daa  Talen :  in 
Unangenehme  erzählt  er  ab  Anderer  Rede»  damit  die  seinige  «ntprlhä- 
niger  sei  (') :  er  entwickelt  jedoch  die  Schönheit  der  Thnt,  \md  stellt  das 
Mitleid  der  Bürger  mit  der  Juugfniu  dar.  Aber  der  Vater  vcrschlieCst 
aieh  dagegen;  niu*  eigener  Weisheit  folgend  kt  er  dem  Thoren  gleich-: 

(1)  ^ivf.iUe<./i7,t7.  T^SdMd.Va.OB. 


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des  Sophokles. 


79 


die  Siimme  des  Volkes  ist  ihm  7.uwid«rj  er  der  Herrscher  erkennt  allein 
das  Rechte  und  ■will  es  durchführen.  Umsonst  macht  ilm  der  Sohn  dar- 
auf auü&erkMm,  dafs  es  oicht  blofs  Einen  Verstund  gebe,  dafs  Starrsinn 
ins  Verderben  stüne  und  maU  ventdun  mäue  «u  ^idienj  -wie  der 
Snim,  der  den  Weldsiinom  «idbi  entgefSMUtoBUBt,  «ntwunelt  -wird,  der 
incllgei>ende  stehen  bleibt}  irie  der  Steuermann,  der  im  Siimn  die  Segel 
nicht  einzieht,  das  Fahrzeug  Preif;  giebt  (708  iF.),  Auch  hier  ist  Alles 
auf  den  ßegriß"  dpi-  Wrnunfi  und  Besonnenheit  berechnet.  Der  Ver- 
atand, sagt  Haemon  gleich  im  Anfang  (6790.),  ist  aller  Dinge  höchstes; 
und  neckdeoL  der  Streit  cnitfliidet  »t,  gehen  die  Tonvfitfe  dei  Sobnc» 
den  dehin  weit  mehr  eis  eof  die  Gottlosigkeit  (710-755.).  Schon  «m 
Schlosse  Miner  Hisuptrede  sagt  Haemon:  „Es  ziemt  von  dem  tu  lernen, 
,,der  verständig  spricht";  imd  hernach:  „Bin  ich  jung,  so  miifst  du 
„mehr  die  Sache  als  die  Jahre  schaun".  Erkennst  du,  dafs  du  dieses 
„allzujung  gesagt"?  „Unsinnig  schält'  ich,  wärst  du  nicht  mein  Vater, 
„didi".  Zuleut  (761.)  zeiht  er  ihn  des  Wahnsinns.  Kreon  Temlftt 
ndk  von  Neuem,  indem  er  den  Sohn  im  Zone  aobeiden  Ufat  tmd 
meint,  er  möge  thim,  was  er  wolle,  setzt  seine  Hartnäckigkeit  g^gflik 
die  zögernden  Vollstrecker  des  Urlheib  fort,  verschliefst  sich  dem  gött- 
liclien  Seher  und  veTgeln  siel»  an  ihm.  Auch  Tircsias,  obgleich  er 
nach  der  jSatur  dei-  Suche  du»  Religiöse  hervorhebt,  führt  ihn  auf  seine 
•elbstgefimige  Halsstarrigkeit  {au^a^a),  welche  Verderben  bringe  (101 5.); 
audi  ihm  itt  aller  Guter  bette»  weiser  Rath  (cüiISoiAms  to37.);  audi  er 
wünacht  ihm  bessern  Verstand  (1077.).  Dafs  Ton  ihm  das  Begribnift 
det  Pioi]riieike>  sofort  gefordert  wird,  liegt  im  Weson  des  Gegenstan- 
des; aber  immer  wird  niif  die  Besonnenheit  als  den  eigentlichen  Zweck 
zurückgegangen.  ,,Des  weisen  Rathes  l>edarf  es",  sagt  auch  der  Chor 
(io85.),  imd  selbst  der  Bote,  welcher  Haemon's  Schicksal  erzählt,  schliefst 
damit,  dies  zeige,  dafo  unriditiger  Batb  {4i3eu^)  dem  Manne  der  Uebel 
schhmmstes  sei  uiid  der  Sinne  VetUendung,  die  unglfickseeUgen 

RatbscUlüsse  bejammert  Kreon  zuletzt  selbst  (i247>  ls5a  ff.).  Die  Un- 
besonnenheit des  Kreon  zeigt  sidi  auch  in  dem  Uebersprincren  von  ei- 
nem Entschlufs  zum  andern.  Nadi  dem  Prolog  soU  derjenige,  welcher 
den  Polyneikes  besiuitei,  die  Steinigtmg  erleiden;  756.  will  Kreon 
die  Antigone  im  Angesic^  des  Sohnes  sterben  lassan;  cndlidi  soU  sie 


80  BoBCK.li  (der  dia  jfnt^gtm» 

lebcnJia  begraben  •werden.  756.  "will  er  beide  Scliwesiern  lödten  lassen; 
erst  der  Chor  mxih  ihn  wieder  erinnern,  Ismeue  sei  unschuldjf^,  und 
sogleicli  ^csiolii  der  Konig  seine  Lebereilung  (*).  Wer  siebt  uicbl  aus 
«oidieit  Zügen,  dafs  die  YetleanDg  des  Göttlidken  dnrdi  Kreon  nur  ein 
Uniergeordnetet  ist,  der  nmfaswnde  Gedanke  ebev  auf  «eine  Veraaeiien 
hdt  und  Unbesonnenbeit  sieb  leiidit?  Ei-st  nadideln  die  Hülfe  zu  spat, 
fübrt  ibn  die  Notb wendigkeit  zum  Bewufstsein ;  aber  weder  Antigene 
nocb  Haemon  ist  luebr  zu  retten.  Indem  der  Chor  (i256.)  sagt,  Kreon 
erkenne  zu  spät  das  Recbl,  verurilieili  er  iim-  den  Kitson;  die  Tbai  dei' 
Aniigone  ist  dadurch  nocli  nicbt  gebilligt^  wcA  tie  darum  nicitt  Redkt 
liat,  wenn  Kreon  Unrediu 

20.  Uebngens  ist  auch  Haemon's  Tod  kdnesweges  blofs  ein  Theil 
dei  Bufse  des  Vaters,  sondern  trägt  zur  Anschauung  des  Grundgedanlvens 
bei.  Auch  er  ist  von  Leidenschaft  erginffen,  erhebt  sich  über  das  Mals 
des  Mannes  (7G4>  f^ovel  (uT^ov  ^  Kar'  av&^a),  vergeht  sich  in  Reden  gegen 
den  Vaier,  und  scheidet  rasch  im  Zorn  (76a.).  Ja  er  zückt  sogar  dae 
Sdiwert  gegen  den  Yater,  wdeher  entflieht,  und  stiilit  in  rasender 
Verxweiflung.  Aristoteles  (^)  verwirft  es  als  etwas  Untragisches»  dais 
einer  ^visl^cnl1icb  eine  That  begehen  wolle,  und  es  nicht  thue;  es  ent- 
halte das  Schändliche  fro  txia^iv)  und  bringe  doch  die  tragische  Wir- 
ktuig  nicht  hervur :  daher  handle  JNiemand  so,  auiser  selten,  wie  in  der 
Antigene  Haemon  gegen  Kreon.  Mit  Recht  haben  Tyrwhitt  und 
Nike  (3)  diese  SieUe  hierher  bezogen ;  audi  der  sdir  aditnngswerthe 
Scholiasl  sieht  sich  gcnöthigt,  das  Ziehen  des  Schwertes  gegen  den 
^'^ater  zu  entschuldigen :  er  habe  es  nehmlich  gesogen,  um  sich  selbst 
zu  tödten;  der  Bote  aber  liube  f^emeint .  er  ziehe  £;ec;en  den  Vater, 
tmd  erzühle  es  daher  so.    Wahrscheinlich  meinte  es  aber  Kreon  auch. 


(i)  Die  Brmcrliung  des  Iclrtrn  TlfraiisgrlxT«  Ts.  -^Ci-.  Vr»«  hoc  arquitatis  aliquo 
„ientu  ftermotus  dicit  Creon  ;  sed,  quo  acrrbius  laedal  Jilium  Antigpna  cottdemnatuia, 
i,pareit  ümmtae^,  iat  eto  rein  wnikuhflidier  Etafellf  dar  den  Wonea  des  Kmn  dm 
w    Iii  .iK  Jini  Zwrcke  dc4  Stückes  widenprlehl.  lIclwrliMift  sind  die  Andeger  wenig 

lu  .Soplioklc«  üt^Ut  gingicdninyai. 

(a)    Poet.  14. 

(S)  V«mde  s.  Bonner  y«w!ciniA  d.  Todes.  Min  i8sS. 


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das  SapMifos. 


81 


da  er  entflieht;  und  so  Mvird  es  denn  auch  Sophokles  gemeint  luthpn. 
Eben  so  geringfügig  ist  der  von  Hermann  angegebene  Grund,  Iluemün 
hihe  dem  Yater  drolien  mÜNcn,  damit  er  nicht  am  Sdbstmord  ver- 
hindat  ifiirde!  Dev  treffliche  NSke  findet  den  Tadel  des  Amtotelee 
gerecht 8  ffSi  nAä  aliud,  certe  inutile  erat,  tarn  atrocem  conatum  cotf 
firre  in  Hticmoncm."  Der  aufserordentliche  Verstand  der  alten  Dichter, 
vorzüglich  aber  des  Sophokles ,  isi  über  solchen  Tarlei  erhaben,  der  auf 
die  Ausleger  zurückprallt.  Sophokles  wufsie  wohl,  was  er  dichtete 
und  warum.  Aus  zwei  Gründen  zieht  Haemon  das  Schwert  gegen  den 
Vater»  einnnl  damit  sich  zeige,  wie  Tediaiet  Kreon  idbet  den  niefasten 
AngdUtrigen  g^ordan;  wie  Eoxydike  ihm  flndit:  sodann  nnd  vor^ 
züglich,  damit  man  erkemmi  dafs  Haemon  seihst  in  rasender  Leiden- 
schaftlichkeit, durch  den  Mangel  der  Be«nnnenhoit  sterbe.  Auch  hier 
herrscht  der  heele  Erinnys.  üehrigens  zweiÜc  icii,  dals  Aristoteles  den 
Sophokles  hierin  tadelte.  Was  er  im  Allgemeinen  \erwh>ft,  kann  im 
Rnieinen  wohl  angdbmcht  sdn;  und  ivean  er  sagt,  dal»  SophiAles 
hier  eme  Aosnahme  von  der  Reg^  madie,  ist  die  Ausnahme  nodi 
nidit  durch  die  Regel  Tcrworfen.  \A''odurch  ist  aber  Haemon's  That 
erzengt  ?  Durch  die  Liebe.  Sie  ist  unbesiegbar  im  Kampf  ;  sie  heiT5cht 
selbst  über  die  Gesetze;  sie  bat  auch  dieser  Miinncr  Streif  cncgt,  indem 
sie  auch  Gerechter  Sinn  zur  Ungerechtigkeit  hinüberzieht;  der  sie 
hat,  raset.  Dies  ut  das  ITrthdl  des  Qiors  (776  ff.).  Also  auch  den 
Hsemon  hat  die  Leidensehaft  fortgerissen;  auch  an  ihm  erscheint,  dafs 
Mangel  der  Besonnenheit  ins  Verderhen  stürzt.  Nur  Eurydike  stirbt 
rein  schuldlos,  ein  Opfer  der  Kreontischen  Thorheit.  Sie  hat  freilich 
aucli  die  Fassung  des  Gemütlies  verloren;  aber  ihr  macht  das  Zartge- 
fühl luiaeres  Dichters  keinen  Vorwurf.  Man  glaube  nicht,  es  könne 
nher  dies  nidit  voUsiindig  getmheilt  werden,  weil,  wie  Hermann 
Um,  nach  ia86.  eine  UokSU  sei;  denn  die  Annahme  dieser  Lficlte  ist 
ungegründei.  Eurydike  hat  schon  früher  den  einen  Sohn  durch  hel- 
denmütiiige  Aufopfeinuig  verloren;  den  andern  hat  der  Vater  jeut  in 
den  Tod  getrieben.  Warum  sollte  sie  noch  leben?  Wer  wollte  ihr 
mülterUches  Gefühl  mit  dem  Tadel  der  Unbesonnenheit  und  Leiden- 
achafkliclikeit  bidasten?  Aber  je  schuldloser  Eurydike  sUrbt,  desto 
sdunenfaafier  mui«  ihr  Tod,  m  wddiem  sie  nodi  den  Kreon  Teiv 
Hut  phäol,  Kkuse  1824.  L 


83 


BoscKB  fiter  die  jint^gone 


wiinschl,  diesem  selbst  sein.  Er  aUdii  bleibt  übrig,  in  Verzweiflung 
die  Folgen  seiner  Vermessenbeit  und  TTnbesonnenbeit  überschauend. 
Der  Chor  aber  fafse  bedentim^Toll  die  allgenieiiie  Lehre  de»  DnmB 
nuBAiiMn! 

Wohl  ist  Weisheit  der  Glücksccligkcit 
am  vieles  das  Erst' ;  und  das  güttlichc  Recht 
düf  keiner  verscbniahn  ;  (knu  gcwalllge  Wort* 
in  ge^valiii^'m  Schlag  doch  biüiend  einnul, 

hochmiithijer  Art, 
tie  Idum  im  Alter  die'  Weidiett. 

Hodimttdi  mid  gewaltige  Wone,  irie  gewaltige  ScUi^,  sind  an  beiden 

Theilcn  sicliibar  geworden;  beide  waren  nicbt  unedel,  beiden  schenken 
wir  das  tragisclie  Miilcitl :  ahi;r  Aniigone  ist  ,  weil  der  innere  Grund 
ihrer  Tliat  fromm,  durch  das  Gotlesuiilicil  an  Kreon  gerücht,  imJ  wie 
ihre  Sciiuld  geringer,  da  sie  nur  menschliches  Gebot  verletzt  hat,  ist 
Ibre  BuIm  minder  bari,  «ol  ibr  der  Tod  erwfinsdit  enMäieüat:  Kreon, 
da  er  gegen  das  gSttliche  Reebt  gefehlt,  und  Uibdier  mid  Vollender 
des  Unheils  ist,  wird  empOndlicher  gestraft  duicli  verzweiflungsvolle 
Erkcnntnifs  meiner  Thorheil.  So  ist  an  beider  Mafslosigkeit  das  Mafs 
der  Vergeltung  recht  klar  pewoi"den :  für  Aniij^one  ,  als  die  minder 
schuldige  tmd  über  ihr  Geschleclit  erhabene,  bleibt  unser  Gefühl  ent- 
acfaieden ;.  Kreon"*  Vergehen,  als  das  grofste,  bleibt  in  neuerem  Anden> 
ken,  und  wird  eben  darum  auch  Jn  den  Sdilufsanapssien  des  Chores  noch 
besonders  berficknchtigt :  'xj^  &  rd  y*  k  •Sieu;  inwvA,  Die  guie 
Tragödie  aber  erscheint  als  ein  höchst  mdsterhafles  und  mit  derselben 
Besonnenheil,  tÜc  der  Diehier  verlangt,  entworfenes  Kunstwerk:  nirgends 
hat  er  seinen  Zweck  aus  den  Augen  verloren,  sondern  alle  Charaktere, 
Handlipgen,  Erfolge  auf  den  Einen  Gedanken  bezogen,  aus  welchem 
«Hein  alks  Binadne  verstindlicb  ist,  und  worin  nir  also  übeneugt  sein 
können,  die  wahi«  Einheit  des  Siüdtes  gefunden  zu  haben.  Wir  haben 
nebmlich  durehaus  nichts  in  den  Dichter  hineingetragen ,  sondern  aHes 
nur  nn^  ilim  lierausgeholt ;  ja  wir  hnbcn  nirlit  einina!  alles  bcmitzl,  was 
aiil  den  Qi  iiiulgeilankcn  des  .Stückes  bezüghch  ist,  um  nicht  zu  weil  ins 
Einzelne  zu  gehen :  sondern  ein  aufmerksamer  Leser  wird  noch  vieles  ent- 
dedcen  können,  was  ron  unserem  Standpuncte  aus  ins  lidit  tritt.  Denn 
der  IXdiier  bat  jede  Birtbie,  fast  mochte  idi  sagen  jedes  Wo|t,  so  auf 


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des  SophMes. 


83 


das  Ganze  bercclinet,  dafs  man  die  gcsammie  1  ragoclje  abschreiben  müfsie, 
wenn  man  alles  nachweisen  woliie.  iJjc  vullendeie  Tragödie  der  Hellenen 
nie  die  ToUendete  Ljrnk  des  Findar  i*t  eben  so  wm^jeuanhain  durdi  di« 
Tiefe  des  Ventaaides  th  der  PluatBsie. 

21.  Da  die  Charaktere  der  Personen  grofsentheik  schon  dllrdt 
den  Gl undi^edanken  des  Stückes  und  die  folgerechte  Ausführung  des- 
selben bestimmt  sind,  so  bedarf  es  fur  sie  nur  weniger  Bemerkungen. 
In  Ismenen  ist  Zartheit  lud  Saalimuth  hervorstechend,  womit  auch 
die  Zeidmang  im  Oedlpo»  «nf  Kolonof  übereinstimmt.  Dort  erscheint 
Antigene  als  die  lidiräidie  Helferin;  und  audi  in  dem  ihr  {^eidwah- 
nugen  Studie  ist  sie  nicht  schlechthin  ab  rauh  und  hart  gasdiildert. 
Wenn  ich  auch  den  Vers,  Nicht  miisuhassen ,  mitsulieben  hin  ich 
da",  in  seiner  Stelle  mehr  für  eine  Wendung  des  Streites  halte,  da 
Antigene  eben  so  sehr  hafst  als  licht,  so  zeigen  docii  ihre  Klagen  über 
den  Verlust  des  ihr  verheissen  gewesenen  Glückes  der  Ehe  und  sog^r 
der  Kinderpflege  (909.)  auch  ohne  Ruckeidkt  anf  die  lidbe  für  den 
Bmder  em  jedem  Zartgefiihl  offenes  Gemflth.  Du«  Lidie  zu  Haemon ' 
dagegen  ist  ganz  entfernt  gehalten,  wie  auch  Haemon  selbst  dieses  Yer^ 
liiilinisses  nicht  ausdrücklich  gedenkt.  Mit  Acscliylcischcr  Strenge,  will 
Sophokles  hier  kein  liebendes  Weib  dichten;  die  Leidenschaft  fiü-  ilire 
That  hat  der  Antigene  Geist  ganz  ergriilen  und  ilu*e  Liebe  verschhingen. 
lühr  eine  £rwlAinimg  des  Hnemon  entkM^t  ihr  die  Edutierung  gegen 
Kreon  ($68.):  O  liebeter  Haemon,  wie  entehrt  der  Vater  dich! 
denn  dafs  dies  Antigene,  nicht  Ismene  spricht,  läfst  sidl  leicht  zeigen. 
Dem  Euripides  blieb  es  überlassen,  den  grofsartigen  Gegenstand  in  eine 
Liebelei  rn  Terwnndeln ;  denn  in  dessen  Amigone  wird  der  Jungfrau 
wegen  Haemon  s  Liebe  verziehen;  sie  hciraihet  ihn  glücklich  und  ge- 
biert den  Uaemon  {*).  Wann  auch  diese  Nadiricfat  nic^t  erhahoi  nvire, 
•o  bitte  man  eine  solche  Bdtandhing  der  Fabd  nadi  Bnripdea  Eigen- 
thümlichkeit  schon  erwarten  müssen,  und  die  Bmchsificke  bestätigen  et, 
dafs  in  Euripideisclien  Stück  viel  von  Liebe  gesprochen  wurde.  Eben 
dieselben  beweisen  aber,  dais  Kreon  nicht  minder  als  bei  Sophokles  gegen 


(i)  Arwtopb.  Bjrs.  im  labalt  der  Sopk.  Aalig.  und  danuu  ia  einem  ipiteni  ZuMts 
I.  Sdml«  Aom.  Ts.  tSaS. 

L  3 


84 


'  BoBCSH  Hier  die  jM^pme 


Antigene  und  Haemon  harinacLig  ankämpfte;  dies  zeigen  viele  der  ei>- 
halieuen  Bruciistücke ;  und  ein  g^nz  kurzes,  'Ev  cm^v  nxo/wv  y^t^^uiv  ho- 
«m,  lehn  duk  «och  Eari|ndM  die  Sedie  th  auf  die  Spitce  trieb.  Kxeoik 
mnft  tho  bei  Euripide»  dofcli  eine  bSbere  Mtdil  ungeMimmt  ymrien 
seia;  und  welche  war  dazu  passender  geweilt  als  Thebens  Schutzgott 
Dionysos ,  der  auch  im  leuten  Chorgesang  des  Sophokle'ischen  Stuckes 
angerufen  wird,  dafs  er  der  Stadl  helfe?  Hierher  beziehe  ich  nun  das 
Bruchstück  keim  Scholiasteu  des  Pmdai'  ('): 

Dafs  DionjMM  ein  imwiderstehlicfaer  Gott  sei,  ist  ein  vielfach  bewährter 
Gedanke:  wenn  er  aber  dem  Kreon  crsc}}cinenJ  dessen  Halsstarrigkeit 
brach,  war  der  Gedanke  $ehr  wohl  angebracht,  mag  er  nun,  wie  ich 
Andern  folgend  zu  rasch  angenommen  habe,  von  der  Antigone,  oder 
was  wabracfaeinlicher  ist,  von  Kreon  oder  den  Chor  gesprodmi  wop- 
den  sein.  Ruliaken  ondTalckenaer  rind  oATenliar  im  Irrtbum,  wenn 
sie  diese  Verse  auf  den  Eros  beziehen  wollen.  Der  Scholiast  des  Pin- 
dar  sagt  zu  deutlich  ,  dafs  Dionvsos  der  Sohn  der  Semele  gemeint  sei, 
und  es  ist  eine  viei  zu  kühne  Voiaussetzung  zu  glauben,  der  Scholiast 
habe  sich  durch  eine  falsche  Lcseari  täuschen  las&ca;  denn  dazu  gehörte 
dodi  dn  hober  Gfad  von  VerblüilVheii,  wenn  der  Grammatiker,  der 
das  Stdek  seihst  ror  sich  hatte,  nidit  bitte  sdien  sollen,  von  wem  die 
Rede  sei;  ja  ich  behaupte  geradeia,  dals  es  nach  dem  Zusammenhange 
der  Stelle  unmöglich  sein  mufste,  eine  so  ganz  yerschiedene  falsche  Lese- 
arl,  wodurch  Eros  in  Dionysos  verwandelt  wurde,  selbst  nur  aus  Ver- 
sehen in  den  Text  zu  bringen.  Eher  könnte  Atävni  aus  (äbmr,i  verderbt 
aeinj  aber  der  Scholiast  fand  das  Erstcre  sicher  vor;  und  dafs  die  Alten 
eine  Nadiridii  über  den  Namen  Dione  fflr  Semek  hatten,  üAt  man 
deutlich  aus  Hesychios,  wo  9«ui^  Amnie  erkl&rt  wird  Baitx>f*i]$<<w 
ufAr<;  welches  nur  unter  der  Voraussetzung,  Semele  sei  auch  Dione 
genannt  worden,  crkliirbsM-  i't.  Doch  um  wieder  auf  die  Sophokleischen 
Charaktere  zurücLtukommeu,  so  ei"scheini  Kreon  als  ein  iliiiiigei-  Staats- 
mann voll  Weltklugheit  auch  in  den  beiden  Oedipen,  übereinstimmend 

(i)  i^rtli. m,  177. 


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86 


mit  der  Aniigone:  den  Tiresiri?  hat.  Sophokles  würdig  gezeiclmet,  nk 
den  wahren  Gouespriesterj  er  konnte  es  um  so  leichter,  da  ur  selb&i 
«tu  f^ierdiim  iMite.  Hftemon't  GhmlMr  &t  WBgemdn  USm,  baredi- 
net  uad'üirolil  gehdten.  Die  Boten  lutben  nichtt  AutgeEcidnietas;  aber 
der  Wächter  ist  eine  langhindehnende,  adunmig^f  ^tzfindige  Person, 
aus  dem  gemeinen  Volk,  nnd  demnach  von  gemeinen  Ansichten ;  eine 
fast  Shakspcarischc  Zeichnung.  Der  (Jhor  endUch  ist  mit  Absicht  aus 
den  edlen  Greisen  dei-  Sudi  zusammengesetzt,  einmal,  weil  das  Alter 
nicht  zum  Handeln  geeignet  ist,  und  gerade  ein  sehr  thatloser  Chor 
Hier  vorzuglich  pafct,  damit  die  Imtdebden  Krifte  -völlig  unabhängig 
ihre  zerstörende  Laufbalin  verf(dtg^;  sodaim  weil  das  Aller  den  im 
Besitze  der  vollkommensten  Besonnenheit  und  Weisheit  ist,  wie  audi 
der  Schlufs  ausdrücklich  sagt.  Was  Jncoh  über  den  Charakter  des 
Chores  bemerkt  (•),  läfst  sich  grofseuiheils  unterschreiben;  nur  scheint 
er  seine  Bedeuttmg  für  das  Wesen  und  den  Gedanken  des  Stückes  nicht 
angeschlagen  wa  haben}  er  aieht  ihn  an  adbr  ala  Uofa  willkOhilich  ge- 
setzt an;  mnigsiens  habe  ich  in  teimr  DarsteUnng  nidit  angezeigt  ge- 
funden ,  \(-arum  denn  gerade  der  Chor  so  und  nidu  anders  in  dem 
Siücke  ist,  welches  aber  auch  von  seiner  An'^irhf  ans  gar  nicht  erklärt 
werden  kann,  so  wenig  als  des  Chores  Uiiheile  mit  der  von  Jacob  voi'- 
ausgesetzten  Einheit  des  Drama  übereinstimmen.  Lcbiigcus  stellt  der 
Chor  eine  von  Kreon  berufene  Versammlong  (Aarxn  v($oWwv  160.)  vor: 
denn  wie  der  Scfaoliast  Tortreflüdk  bemerkt,  die  ESnffihmng  de»  Chorae 
mufs  begründet  sein.  Seine  Zahl  war  ohne  Zweifd  fünfzehn.  Der 
Schauplatz  ist,  wie  Anstophanes  auch  sagt,  vor  Kreons  Pallast;  in 
der  Feme  waren  vielleicht  die  Oi  te  any^deiUet.  wo  Polyneikes  Leichnam 
liegen  sollte,  und  wo  die  Gruft  der  Auiigone  bereitet  wiu'de. 

23.  Die  Theile  der  Tragödie  gieht  Aristoteks  O  im  Allgemeinen 
an :  w^tkayes,  nrwaftar,  «jgc^,  %o^«cw«  Wehres  in  wu^oitf  nnd  vrmnim 
zerfüllt.  Der  Prolog  ist  ihm  ßi^et  oAov  T^ayM^las  ro  t^o  %e^dO  To^e^sv, 
Hpcisodion  |u/^c,-  oXc</  T^ay^iiicu  ro  (xtra^l  c'/uy  /^c^ixai  yit/.ur;,  Exodos  ix/^o« 
o'Mv  ractyMiai;,  ueS'  c  oCk  iTTt  yj^zZ  UfZ-t--.     Parodos  ist  >i   -^■J.tvi  As^k'  sÄeu 


(i)   S.  358  ff. 


86  B  o  B  0  K  R  dkr  die  AiOigime 

yß^m,  Stasirnon  ^fAsf  y^sjau  to  ofo»  avanal7ro\}  ksu  r^cy/uw.  Dafs  bei  leu- 
tei'«m  der  Ciioi*  siillsieht,  ist  wolil  gewifs  (').  Hierzu  koouuea  noch 
ib  iMtondere  EigemhOmliclikcitai  rii  Sg^  nafnib  die  Gesänge  der  Schan" 
qiMkr,  und  die  HOfifuU,  da»  ist  d|^M  nmmI  lud  ^  «winfsi  weU^ 
beide  aber  in  die  vorhergenannten  allgemeinen  Tlieile  eingelegt  werdeo« 
Die  Anti!:;one  zeifalll  bioinach  in  dreizehn  sehr  beslimmic  Abschnitte, 
welche  weder  mit  unsera  Aufzügen  noch  mit  unsern  Auftritten  ver- 
glichen werden  können;  es  sind  nehmlich  darin  aufser  dem  Prolog  und 
der  Gzodos  die  fkrodot,  -rier  Steiiim  und  ein  fänfier  CSiorgesang,  und 
fünf  Epeisodien.  Nie  sind  mebr  ds  drei  Sdunispider  auf  der  Bahne. 
Alle  Chorgesänge  sind  an  aoldien  Stellen  eingelegt,  in  mldwA  die  Bande 
iung  auf  der  Bühne  stillsteht,  um  für  das  Raiun  zu  lassen,  was  aufsei^ 
halb  geschehen  mxifs.  Wir  beschränken  uns  auf  eine  kurze  AniD;?»he  der 
Haupttheile.  1)  Wenn  die  Bühne  sichtbai'  -wird,  stehen  Anligone  und 
Ismene  schon  da;  diese  bilden  den  Prolog,  allein  und  ohne  Zeugen. 
Es  ist  frOher  Blorgen  (2),  vieUddit  noch  INhnmening;  mrie  diese  darge- 
•tollt  wnrde,  mdgen  die  Alten  cngeidien  haben:  in  Enripides  Iphigenie 
in  Aulis  ist  es  Anfang«;  sogar  Nacht.  Antigone  geht  ab,  die  That  an  voll' 
enden,  Ismene  in  den  Fallast  (i-Q«).)*    ^)  c^"""  angekommene 

Chor  singt  und  tanzt  die  Parodos;  die  Sonne  isl  bereits  um  Himmel; 
der  Chor  bcgrüist  ihren  Strahl.  Die  Parodos  schliefst  mit  Anapästen, 
in  tvdchen  der  Kcnjphaee  die  Ankunft  des  Königes  -verbändet«  Diese 
mit  der  Ankündigung  der  aulkretenden  Penonen  Tünbundc^sen  AnapaWen, 
urdchs  nur  der  Ghoifdhrer  vorträgt,  scheinen  immer  mit  einer  marschp 
artigen  Bewegung  des  Chores  Tcrbnnden  zu  sein,  der  hei  dem  Auftreten 
einer  Person  natürlich  in  Bewegung  gcrälh  (100-161.).  Sehr  regel- 
mäfsig  ist  übrigens  die  Parodos  hier  gleich  nach  der  ersten  Ankündi- 
gimg des  Inhaltes  gestdlt;  Msweden  folgt  sie  spät,  wie  im  Oedipus 
auf  Kolonet     und  in  Euripides  Orsst       3)  Im  ersten  Epeisodion 

( t )  Schol.  Eur.  Pioat»  at«.  Ucbcr  die  gue  fiacha  vgL  nadi  Barmaa«  B.  D.  M» 

S.  734  ff.  S.  73^. 

(a)    S.  Vs.  a53. 

(3)  Vi.  «08.  T«}.  Plntucb  An  »ttd  Ot  re$y.§tr,  5. 

(4)  T«.6o5.  YgmeraMaa  JB'.O.JT.S.  7a5. 


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des  Sophokles. 


87 


tritt  Kreon,  immer  von  Dienern  gefolgt,  später  der  Wächter  auf ;  beide 
gehen  wieder  ab,  Kreon  zuerst  (i62-33i.).  1)  Bis  der  \Vachicr  Anii- 
gone  gefangen  bringe,  singt  der  Chor  das  erste  Stasimon,  -woran 
sich  bei  der  Erscheinung  der  Antigene  Anapästen  ImÜpfeB  (333-379.). 

6)  Im  I weiten  Epeiso dion  eradidiit  anfaer  der  Antjgone  und  dem 
Wächter  Kreon  i  «du»  iit  Mittag  vorbei  Ta.  44s<  gdxi  der 
Wächter  ab.  Später  tritt  Ismene  auf,  die  der  Chor  in  anapästischer 
Bewegung  ankündigt.  Am  Schlafs  wei'dcn  die  Jungfrauen  abgeführt 
(380-078.).  Der  König  dagegen  bleibt;  denn  er  ist  622.  noch  da; 
ohne  Zweifel  siui  er  auf  einem  Thronsessel,  von  den  paradirenden 
Dienern  nmgeben,  wihrend  6)  da»  i weite  Stasimon  gesungen  wird» 
bis  Bacnion  benaebriditigt  von  dem  Verhandelten  Itomme.  Ihn  kündigt 
der  Clior  in  Anapästen  an  (579-626.).    Hit  seinem  Erscheinen  beginnt 

7)  das  d  litte  Ep  ei  so  dion  zwischen  Kreon  und  Ilaemon  (627-770.); 
)>rif)e  gehen  ab,  Kreon  in  den  Pullast,  um  im  befehlen,  dafs  Antigone 
zuui  Tode  gefiihrt  werde.  8)  Bis  sie  erscheint,  singt  der  Chor  tlas  dritte 
Stasimon,  und  sie  eililidkend  settt  er  sidi  m  anapasitsdie  Bewegoag 
(777-799-)<  9)  Antigone  wird  gd>nicht  um  zum  Tfide  geführt  au  wei^ 
den;  mit  ihr  kommt  Kreon.  Antigone  singt  irKiiviic.  mit  ihr  wech- 
seit  der  Ohor;  heide  bilden  zusammen  den  ersten  Kommos.  Ein 
Theil  der  Worte  des  (Iliores  und  der  Anugonc  ist  in  Anaj>usten  geseilt; 
anderes  ist  von  Antigone  in  Trimeiem  gesprochen;  Kreon  tragt  Trime- 
ter  und  AnapSsien  Tor.  Alles  zusammen  ist  das  vierte  Epeisodion 
(8oo-g340>  Uebrigem  sind  die  kkinen  Fsrthien  des  Chores  hier  nur  Ton 
Einzelnen  Tm^uragc-n.  10)  Um  der  auswärts  forigchcndcn  Handlung 
Raum  zu  gel>en,  folgt  das  vierte  Stasimon  (gSS-g^ii«)*  Wahrend 
desselben  ist  Kreon  anwesend,  Antigone  dagegen  wird  nur  als  Abwesende 
angeredel,  oder  ist  nur  noch  in  der  Fei-ne  auf  dem  Gang  zum  Grabe 
ridilbar.  il)  Das  ffinfte  Epeisodion  beginnt  mit  ^m  Ertcbeiuen 
desTiresias,  und  qpidt  zwischen  ihm  und  Kreon  (97s*!  111.).  Tirestts 
geht  1077.  ab,  Kreon  geht  am  Ende  dieser  Abtheilnng  mit  allen  Die* 
nem,  um  den  Polyneikes  zu  beerdigen,  und  dann  Antigone  zu  befreien: 
Ersieres  scheint  darum  zuerst  zu  geschchprv,  weil  der  Scher  besonders 
daivuf  gedrungen,  und  um  der  Handlung  der  Antigene  und  des  Haemon 
im  Grabe  Zeit  zu  lassen.    12)  Wahrend  die  üühue  leer  ist,  singt  der 


88 


B  o  E  c  K  H  über  äie  Antigonß  des  SaphMes* 


Chor  einen  Flehgesang  an  Dionysos  (i loa-i iSg.).  Dieser  kann 
Lein  Stasimon  sein;  sowohl  der  Inhalt  als  die  Rhythmen  erfordern 
Ijewegung:  oiTenbar  tanzt  und  schreitet,  der  Chor  beim  Dionysischen 
iUtar.-  Eben  so  ist  in  den  IVadüneinniicn  nadi  der  Fsrddos  «in  Tm- 
lied  der  JiiB§6«iien  dnfleky-  (soS.),  nie  dort  der  Sdidlket  bemerkt. 
Lft  cweiten  Theile  werde  idi  ««ywoU  die  Rhythmen  jenes  Dionysischen 
Gesänge?,  welche  noch  sehr  verworren  sind,  riduiger  ahthellen ,  als 
auch  die  Grunde  des  gegebenen  Urtheils  entwickeln.  13)  Die  Ex o dos 
(i  t4o  S.)  bilden  zuerst  ein  Bote,  dann  Eiu-ydike ;  letztere  geht  bald  wie* 
der  ab.  Der  Bote  Ueibt;  is4s>  kündigt  der  Chor  den  Ksnig  en,  der 
mit  dem  Leichnam  des  ÜMmon  kommt.  Kreon  siiigt  iLvl  rieiivic  und. 
T(mi  Chor  unterbrochen  ;  so  sind  hier  die  mtOB  Parthien  des  ivoiton 
Komm  OS  eingelegt.  Der  Bote  wird  unterdessen  zumckgetreten  sein; 
es  kommt  dann  ein  zweiter  (e^ayytÄa?)  aus  dem  Hause ;  dann  die 
Leiche  der  Eurydike  gebracht.  Es  beginnt  die  Fortseutmg  des  Komraos; 
Burischen  Kreon*s  Gesmig  sind  Trimeter  des  GImh«s  und  des  Boten  ge- 
legt, mt  den  SdilqfsanepSsien  sdieint  sieb  der  Chor  cum  Abmandi  in 
Beweggsg  m  setien. 


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Erklärung  der  griechischen  ßeischrift  auf  einem 
ägyptischen  Papyrus 

•u»  der  Miiiatoir»chen  ISammlnng. 

Von 

ff»-  BUTTMANN. 


[GekMn  in  dar  Almtemi«  der  WiwemdMftain  m  a4.  Juimt  i8a4<] 

iZlu  dem  kostbaren  Schau  ägyptischer  jUienhümer,  welche  Herr  von 
Minnioli  so  uns  herüber  gebracht,  und  unser  König  zur  Bereidierung 
nuerer  Jurrlidieii  Knmu  imdi  ^rineittcliafUkliett  Sammlungen  angekauft 
hat;  befindet  sich  audi  eina  «ehr  betridididie  AmaU  Ton  Papyrus- 
Kollen,  -welche  einstweilen  auf  der  Berliner  Königlichen  Bibliothek 
niedergelegt  worden.  Dort  ist  man  schon  seil  einiger  Zeit  beschäftigt 
diese  Papyre  mit  gehöriger  Sorgfalt  zu  entrollen:  aber  eben  diese  Sorg- 
falt nacht  dafs  das  Geschäft  ntu-  langsam  vorrücken  kann :  indem  jedev 
entwidkclte  Papyr  zugleidi  für  das  Ang  nnd  6m  Gebrandi  des  Gddinen 
ehigeriduet,  tuid  gegen  kfinltigp  oder  aUinddiiAe  ZentSning  giesidiert 
Virerden  mufs.  Nachdem  bereits  mehre  auf  diese  Art  behliddt  wor- 
den, deren  einige  theils  bieroglyphisch-mythisclie  Vorstellimgcn ,  theils 
Hieroglypheuschrift,  andere  aber  eigendichc  Schrift,  nehmlich  alt-ägyp- 
tische Sprachschrift  enthielten;  so  fand  sich  auch  eine  welche  aufaer 
der  gewöhnlibhen  ägyptisdien*  nodi  eine  griechische  Schrift  darhot. 
.  Naafiilich  cog  diese  -vonngsweise  die  Aufnerfcsainkeit  der  Alierdinns^ 
forscher  auf  sich ,  theils  weil  sich  hoffen  liefs ,  dafs  diese  YeilHndung, 
welche  ja  schwerlich  ohne  irgend  eine  wirkliche  Beziehung  sein  kann, 
irgend  eine  Beförderung  des  anziehenden  Gegenstandes,  womit  die  Ge- 
lehrten dreier  Nationen  jetzt  beschäftigt  sind,  der  Eutbüllung  alt -ägyp- 
tischer Sprühe  und  Schrift,  gewihren  iffirdej  dieik  aber  auch  nnd 
Mut,  phäol,  Kksu  1834.  M 


90 


BuTTMASW:  Erhlärunß  der  griechischen  ßeischnji 


füritzi  noch  haiipisäclilich,  weil  diese  in  einer  bekannten  Sprache,  un- 
miiiclbar  von  einer  Geschäflshand  in  den  Zeilen  vor  Clirisii  Geburt, 
in  einem  so  interessanten  Lande  geschriebenen  Worte  für  sich  allein 
•dKm  auf  mehr  ab  eme  Art  su  Bereichenui^  nuMrar  KanntniMe  di^ 
neu  mfissenj  so  wie  die«  durch  die  vor  tw«  Jahren  von  nnaerer  Ak»> 
demie  besorgt  Herausgabe  des  gm»  griechischen,  den  Kaufbrief  des 
N c  c Ti  II  t e 9  enthaltenden  Papyi-s ,  mit  B  ö  c k li's  Leii^efüyier  Ertlärting, 
schon  Tielfültig  bewahrt  und  daduieh  jeder  ithulichen  Arbeit  auf  eine 
sehr  bedeutende  Ai-t  die  lialm  gebi-ochen  worden  ist. 

Ehe  daher  dar  fSiitEt  noch  YerscUeierle  Theü  des  emSkubok 
i^tisch-griediischea  Phpys  mit  der  erfoderliehen  Genaui^it  der 
"Well  vor  Augen  gelegt  werden  kann  ,  ^vird  es  zweckmäfsig  sein  den 
Tcrstandlichen  schon  jetzt  den  Gelehrten  in  die  Hand  zu  geben,  da 
die  mögliche  Aufklärunr^  der  darin  enthaltenen  Sachen  auf  jeden  Fall 
eine  sehi'  dienliche  Vorbcrciiung  auch  jenes  gröfsern  Unternehmens 
▼erapridit> 

Es  ist  SU  bedaueni  dafs  fiher  den  Fundort  der  einsehi  Rollen 
dieser  Sammlung  so  gar  nichts  sich  angeben  läfst.  Wie  bekannt  sind 
die  ersten  Finder  gewöhnlich  jene  Katakomben  durchwühlenden  Araber, 
welche.  wie  sich,  so  auch  dem  m  den  Wurf  ihnen  kommenden  Eu- 
ropaer vollkommene  Genüge  zu  leisten  glauben,  wenn  sie  ihm,  ohne 
alle  weitere  Nachricht,  das  Kleinod  vei-kaufen.  Herr  ron  Minutoli 
follend«,  der  die  meUten  dieser  Rollen  als  dne  roa  andern  nadk  und. 
nach  sdion  gemadue  Sanunfanig  erwarb,  hoxmte  TOn  dieser  Seite  «och 
nicht  den  mindesten  Aufschlufs  erlangen*  Wir  müssen  uns  also  mit  der 
allgemeinen  Notiz  bchelfen ,  dafs  diese  Rollen  gewöhnlich  in  den  Mtt- 
mien-Särgen  und  in  den  Urahftlbtngen  des  Leiclinams  selbst,  vielleicht 
aimh  bisweilen  in  andern  zu  dem  äarge  in  die  Grabhölung  gestellten 
Gegenstünden  sidi  befinden.  Auch  sind  sie  snweüen  in  dem  Innern 
gewisser  Idole  Terborgen :  wie  hiera  in  der  MinutolTschen  Sammiwng 
noch  jetst  ein  Deipid  vorhanden  ist.  'Aber  andi  diese  Idole  pflegen  bei 
den  Mumien  gefunden  zu  werden. 

Wir  fangen  also  sofort  mit  der  anfsern  Beschreibimg  unserer  Holle 
an.  Sie  war  unentwickelt  etwa  zwei  Zoll  dick  und  etwas  über  einen 
Fnis  lang,  was  aUo  jeut  die  Ikeife  oder  Hohe  des  ausgespannten  f9nC 


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at^eNtem  ä^ptiaeheH  Putput. 


91 


Fufs  Jaiißcn  Papyi'S  ist.  Per  obere  Theil  emlialt  flie  agvpiiscbe  Schrift 
in  fiinf  Zeilen^  >vuvoq  die  vier  ersten  die  gaoze  Lauge  des  Papyrs  ohne 
dMÜHredMa  tiumehmeD,  «o  dal«  jikle  dieser  vier  Zetlea  bdmh  fBnf  Fuft 
hng  ist.  Die  fünfte  wd  laute  hridit  etwas  nedi  dedi  entmi  DriuheS 
der  Lange  nb.   Alle  gehn,  wie  bekannt,  von  der  Rechten  zur  Linken. 

Kiuc  Handbreit  tinlev  der  ägypiischen  Sclnifi  isi  die  giiecbiscLc, 
bestehend  aus  vier  Zeden.  Diese  erfüllen  aber  niclii  die  ganze  Lange 
des  FapyrSi  sondern  kaum,  die  Hiilfie,  und  liegen  in  der  Mitte.  Die 
vkrte  i»  von  Tencliledeiier  Huid  und  liegt  etwa*  tieÜer.  Aus  «Ueoft 
diesen  liefe  sidi  sonel  sdion  mit  xienlicher  Gewifsheit  scbliefsenj.  dab 
^  griechisdie  keine  Uebersetzung  de$  agypUsdien  sein  kann. 

Unser  gegenwärtiger  Zweck  erlaubte  Tin?  auf  die  Bequemliclikeit 
des  Lesers  Rücksicht  zu  nehmen.  Wir  haben  daher  auf  dem  beifolgen- 
den Abdruck  jede  Zeile  in  mehre  Theile  abgebrochen,  die  man  in  Ge- 
danken dicht  ansemmen  sdiiebeB  anila* 

Sie  Schrifi  ist,  wie  man  aidit»  zwar  durch  die  Gestalt  der  eiUr 
sein  Bnduiabcn  und  durch  ihre  Verbindungen  und  Windungen  nnaenn 
Auge  sehr  fremd ;  aber  die  Züge  sind  so  rein  und  klar,  dafs  von  dieser 
Seite  diese  Schrift  weit  dentlicher  ist,  als  der  von  Böckh  erklarte  Katif- 
hrief  des  Nechules.  Da  ich  der  erste  war,  der  die  gegenwärtige  Schrift 
T or  Augen  bcflunn,  so  war  idi  es  auch  dem  es  anerst  gelang  den  gröis- 
ten  TlmA  der  Worte  iwd  einzeln  ZiuaaunenluLage  zu  lesen.  Hierauf 
hat  auch  Böckh  sie  vorgenommen;  und  sobald  wir  zosanuaengetteten 
"waren,  auch  Rekker  noch  eine  Revision  gemacht  hatte,  so  w«r  die 
ganze  Sclu-ifi  von  grammatischer  Seile,  wenn  auch  nicht  ganz  eigentlich 
begriflen,  doch  mit  Sicherheit  gelesen.  Nui-  einige  Ungewisse  Stellen 
hiidien  ^ibng.  Aber  auch  diese  wiuxlen  aufgeklart  tc»  einer  Seite  wo- 
her wir  es  nidit  erwarten  konnten« 

Spohn  in  Leipzig,  von  desscu  FoNchungen  über  die  alt-agjrp- 
tische  Sprache  wir  die  Resultate  begierig  envarten  ('),  hatte  von  dem  libe- 
ralen Sinn  der  mit  denselben  Lntersuehiingen  beschäftigten  Pariser  Ge- 
lehrten, zu  seinem  Gebrauch  dabei  das  Facstmiie  eines  dort  befindlichen 


( 1}  Gegenwärtige  Abhandlung  ist  nicht  lauge  vor  dnaen  beklagcnawerthem  frübea  ToAs 


92  BvTTXMiir:  ErMSning  der  grutMse^en  Beischriß 


Papyrs  erhalten ,  von  welchem  bereits  bekannt  war  dafs  er  ebenfalls, 
aufser  der  ägyptischen,  griechische  Schi'ift  enthalte.  Ohne  an  diesen 
Umland  m  dfinken,  hAtte  ich  eine  Abichrift  innerer  griedusdiai  Zei- 
len in  geiw{»1mliclien  Ghankteien»  Spohn  sngeadiidu«  weil  der  Inhak 
ihm  von  Nutten  sein  konnie.  Und  so  entdeckte  er  sofort,  dafs  das 
Gricciiischc  auf  Her  Parisei'  ,RoUe,  das  aber  weit  undeuilicher  und  in 
uureinei'en  Zügen  geschrieben  ist  als  das  unsrit^e.  genau  dasselhij^e  ent- 
hält,  was  unsere  drei  ersten  Zeilen  j  uur  dui:i  an  einer  Öicüe  die  ich 
nnten  bemerUidk  machen  'werde»  in  dei*  Patiier  Schrift  etwae  mehr  enu 
halten  »t;  wogegen  der  Ihhak  xmatac  vierten  Zeile  dort  fdili.  Und 
zwar  geht  diese  Ueberdnsiunmmtg  nicht  hlofs  auf  das  Ccschäfi  und  die 

^'^orle  worin  es  vorgetragen  ist ;  sondern  die  Namen  der  handelnden 
Personen,  imd  Jahr  und  Monats  tag  sind  dieselben.  Was  hieraus 
über  die  Natur  dieser  griechischen  Beischritt  hervorgehen  mag,  i«t  ober^ 
flfichiicli  leidit  m  entnehmen.  Befriedigendes  iet  nmr  -von  der  Zulumft 
zu  erwarien  nnd  Yermnthungen  li^en  kslUkt  nnsenn  demudig^  Zwedt, 
Genug,  Spohn  ilicilte  mir  eine  Kopie  des  Pai-iser  Facsimile  mit,  durch 
dessen  Hülfe  die  wenigen  noch  ungewissen  Stellen  aufgebellt  -wurden. 

Mit  dem  Vorbehalten  also  der  MögUchkeit,  dafs  ein  oder  der  an- 
dere imbedeutende  Irrthum  noch  verborgen  sein  könnte>  kann  ich  gleich 
damit  anfangen,  die  game  Schrift,  so  wie  sie  auf  dem  Berliner  PSspiynu 
steht,  in  gewöhnÜdieB  Ghavakteren  hiebennseisen,  jedoch  suvSrderst 
ohne  Acoente,  Spiritus  und  Interpunction,  damit  auch  dem  der  sidk  mit 
den  ungewohnten  Schriftzugen  nicht  befassen  will,  in  allem  was  Ansle- 
guog  imd  Zusammenhang  betnfli  nicht  von  uns  vorgegriflTcn  sei. 

(1.  Zeile.)  Etou«  Ar  xeiw/^  5  TtroKTcu  tm  nfv  ev  ^ffroAei  t>)»  neyctÄm 

«TM^  xe*  ^nuniK  nihavm  i|r  inny|paftt  «tiA^MM»  0  wmv^tfmf 
(3.  Zeile.)  h{k        %"^v7itv  wnns  rmr  ^it^twat^m  ^  murw 

T«y  KtifjLtvmv  vcx^uv  tv  oi;  fjgpiMW  W  TSV  ^Mpcravciets  t>)?  >Jivrtt 
Tou         By^ßa?  ratpcK  av&       iretovvTM  ^trev^ut?    (3.  Zeile.)  a 

(4.  Zeile.)  AnMuntt  o  v^ot  rcot  y^aftm  rau        J^nßa«  MiniTtti^  W 


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auf  einem  ägyptischen  Papjrrus. 


93 


So  gevfifs  nun  aber  die  Lesuncr  dieser  Worte  ist,  so  stellt  sich 
doch  ein  deiulicliei*  Sinn  nicht  so  leicht  dar  ,  indem  wir  ^vcgen  allzu- 
grofser  Uubekannt5chaft  mit  den  Gegeusiänden  auch  mit  den  Ausdiückeu 
nidit  fibmll  dctatUdie  YorateUmigen  -vorbinden  kSnncn.  Dieten  das 
aachlidie  Ycriilltiiü  mfUSroiidMi  Btupttlial  dar  Unteirachiiii^,  der  oh- 
Bedas  erst  durch  Komhinining  rieler  aolchcr  Monumente  gehörig  toh 
stntten  gelm  kann,  Töllig  zu  führen  ist  auch  meine  Absicht  nicht;  son- 
dej-n  ich  werde  das  Dokument  zunächst  aitf  grammatischem  W^ege  so 
klar  zu  machen  suchen  als  möglich,  auch  hierin  Böckh's  grössere 
Teiti«nthett  mit  den  wchliclien  Gcgensiioden  dieter  Ait  su  Hülfe  nehr 
moid.  Und  to  will  idh  nnn  die  §anse  Schrift  betont,  und  nadi  meiner 
Einttdit  unterschiedMi,  hiefaer  aetien. 

"Etsvc  ?.r'  Xflidx,  ^'  riranrat  iir)  ty.v  iv  A/erTTsXft  rr  aiyd>.r  r^ä- 
TTt^av,  i<p'  AvTi'uayji,  uks^,^  i-/KVK?'J3'j,  Kct-a  &tuyB(i<pr,v  Atk^- 
viaiov  Mu  Zfjuvioi  nXxvuv,  vip'  iff  uTroy^a^ct  IlroAfjLuubf  e  dvrty^a^ 

Um  ach  «m  dieaem  Gtnmr  Ton  Zwiaclien-  und  Hdienaatten  su 

helfen,  mufs  man  bedenken,  dafs  man  Kanzlei-Stil  Tor  ridl  het, 
und  dafs  in  diesem  ron  jeher  ein  Streben  ist,  alles  was  zusammen  Eine 
Handlung  ausmacht,  auch  in  Einem  vSaiz  dai-zuslelleu  ,  folglich  alle  Ne- 
benbesüounungen,  von  denen  keine  darf  ausgelassen  weixlen,  wie  sehr 
die«  auch  die  DeaiUchkeit  endiwere»  überall  einkiuchalien ;  indem  der 
Gesdiifttknndiga  ja  doch  die  Hauptponkie  der  Handliiiig  |^ck  beraiit 
findet.  Als  Beispiel  dieses  Geschüft- Stils  aus  dem  Alterthum  dient 
schon  der  Kaufbrief  des  Neehutes:  denn  über  den  dort  Ton  dem  Ei'- 
klärer  zur  Erleichterung  angehrachien  Absatz  mufs  man  dem  Zusam-  • 
menhang  folgend  weglesen  bis  in  die  zehnte  Zeile:  wu  dann  nucii  die 
fihriyn  Betlimmnngen  angehängt  werden.  Die  gegenwärüge  Schrift  gibt 
«in  swar  kfiiieras  aber  nödi  amchanlicheres  Bdspiel;  worin  sidi  amh 


.94  BuTTVAMir:  Eil^&wig  der  grieekueheH  Beuehriß 


als  Grundlage  eines  solclien  grofsen  Satzes  deutlich  zeigt,  dafs  zu  An- 
faAg  die  Handlung»  dann  nach  den  dazu  gehörigen  JSebenbesümmun- 
gttft  die  PertQii  die  et  angeht,  und  B«dh  dien  übrigen  Ndienbcstim- 
nmigen  znletit  des  etgendidie  Objekt  der  Hendliing  steht.  Ich  ver> 
binde  also:  ,,An  dem  und  dem  Tage  rtnucm  — »  rbia^,,.**. 
Und  gewifs  gehörte  es  zu  der  schicklichen  äufsem  Form  einer  solchen 
Akte  dafs  der  Name  der  Person  in  der  Mitte  zu  Anfang  eines  Absatzes 
stehe,  wie  hier  zu  Anfau^  der  zweiten  Zeile,  wohin  also  der  Blick  de» 
die  Akte  brauchenden  sogleich  sich  wendete 

Nur  mit  Annahme  dieses  Zusammenhanges  scheint  mir  auch  das 
Wort  mroMTai  erklärt  nverdm  xu  kennen :  es  steht  nehmlid»  nach  der 
Analogie  Ton  rterropMi  <f>i^tu  ^o^,  mir  wird  Steuer  auferlegt.  Der  Infin. 
ist  nicht  ausgedrückt,  weil,  so  wie  man  sagt,  rarru  rm  (pooev,  die  Sprache 
auch  mit  sich  bringt  tuttoimu  ^e^ov.  Das  iiri  mit  dem  Akk.  aber  kann 
nicht  anders  gefaüst  werden  als  diu-ch  Bezahlung  wohin.  Die  Zeitbe- 
stimmung endUdi  bei  einem  Perfekt  kann  nicht  Ttm  dem  Tage  der 
Handlnng  dieses  Veihi  gelten:  demt  tu  diesem  Sinn  mfifste  es  heiften 
hax^n.  Es  ist  also  Termin.  Und  so  fasse  idi  den  Zusammenhang  auf 
dic<;e  Art:  ,.Auf  den  9.  Ghoiak  ist  Oros  angewiesen  su  zahlen  an  Zoll 

„so  und  so  viel". 

Dies  wie  gesagt  mufsle  ich  vorausschicken.  Lud  nun  will  ich 
das  Ganse  wörtlich  und  in  der  Folge  der  Sitae  des  Originals  lObersetaen; 
wobei  ich  )edo«ih  das  was  den  Zusammenhang  des  Gduien  su  sdir  unter- 
bricht, biols  füi'  das  Auge  in  Klammem  etnschliefsen  werde. 

Auf  den  9.  Cboiak  des  T\C>.  .Tahres  ist  angewiesen  7.«  ent- 
richten (an  das  in  Diospoiis  der  Grofsen  befindliche  unter 
Lysimachos  stehende  Zollamt  des  gewöhnhchen  Zwanzig- 
sten), nad»  schriftlidier  Angabe  der  Zöllner  Asklepiades  und 
Zminia»  weldbe  Ptolemios  der  Gegiensdireiber  untersdireibt. 


(i)  In  dem  Kaufbrief  de»  NfclnitcH  Ift  ein  «oldier  Ahsclinitt  n.u-h  rler  fünften  Zeile: 
nur  ist  dort  die  Ycrsclüadenhett  dafs  die  fiinf  erttm  ZeUcn  das  JUaiuiu  und  die  KuriaUen 
CBthiJten,-  und  dam  cu  Anfimg  dct  Mmbtes  sogleich  die  Handlung  und  die  erste  HsMpt- 

pcrson  zusaminrn  strlm  in  den  Worten  'An-i'Äsra  nauxi-^r;.  Rcss<t  wei  Jpn  wir  diese  An- 
ordaxiag  untea  bei  nochmaliger  Unlersudluog  der  Nebeoschrifl  auf  der  Ncchates-Urkunde 

^  — »-^  1-  »■  - 

INOMCDMn» 


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auf  einem  ägyptischen  Papyrus. 


95 


||Oros  der  Sohn  des  Gros  der  duddiyte  von  dem  Kaufpreis 
des  von  ihnen  Verrechneten  (von  -wegen  der  ToH'cii ,  die  in 
den  Gräbern  liegen,  vrelcbe  sie  besitzen  in  den  >IeiuuüXiien 
des  KU  dem  Nomos  von  Theben  gehörigen  Libyens  als  Sold 
fSr  ihren  Dienst),  ||  -ms  er  ^/kmah  Ym.  von  Onnopkrit  dm 
Soline  de» Orot,  iSr  Brt...,  ZoE...  uuBlmikdert... 

Lysimadios . . . 
Icli  Apollonios  der  SchrciLrr  Hc^  N^nmos  von  Tlieben 
habe  dies  übernommen  zoi'  Aufzeichnung  im  Jahre  56.  den 
6.  Tybi. 

Wir  woHen  mm  du  Eiude  io  iveit  «s  mit  mö^^idk  ist  erSnem« 
1E«rw  Ar'  Xmi^        Dm  streite  ZaUcddien  is  der  Jahnahl  auf 

Fapyr  ist  das  Episeoutii,  woffir  wir  itzt  v  brandieik,  das  aber  auf 
Stein-  \m\  nn;!ern  Srhriffen  sehr  gewölmllcli  so  erscheint  wie  wir  es  hier 
sehn,  nebmlici»  einem  runden  Sitfina  ähnlich  nur  mit  verliingmem  obei  n 
Sclienkel.  Dafs  hier  eine  Jahrzahl  genannt  ist  ohne  den  Kunig  zu  nen- 
nen neeh  detieii  Re^iertug  sie  sihlt,'*des  komait  sudi  in  LuchriAen  an» 
Acgyptäi  Sfiers  vor  In  einer  kunen  Beischrift  irie  die  nnsrige 
ist  dies  noch  weniger  befremdlich.  Dasselbe  sehn  wir  auch  in  der  Ne- 
benschrift zur  Nechutes- Urkunde:  wo  freilich  die  ILuiptschrift  die  Be- 
Slimraunf»  desto  ansführlichcr  enthält.  Auch  hier  laifst  sieb  die  aus- 
diückiichc  Angabe  von  der  darüber  beßndlichen  ägyptischen  Schrift  er- 
mrten*  Ob  nun  gleich  Spohn  mir  sagt,  dofs  vai  dem  Pariser  Ptipyr 
diese,  zn  setner  Verwundarnng,  in  gar  koner  sichiliaren  fieiiehuttg  au 
der  griediischen  Schrift  stehe;  so  können  vjr  dodi  wohl  anttdimcn 


(i)  Mao  sehe  s.  B.  in  der  Inichrift  Ton  Phitae  bei  Letronne  (Retherehes  p.  S,  h 
fk,  d'Eg/pleJ  p.  46i.  iM  nAXBK  Tv  (Aat  Zeichen  L  bedmitct  bekanntlich  das  Jalir) ;  und 
in  der  Iiudirift  ILjreDe  bei  DeUa-Cella,  Reise  von  Tripoli  nach  AegjrpMn  p.  i43« 
da  iiaL  Oripnali  (vgl.  Explie.  ad  Find.  P^ih.  4.  exir.):  emllidi  «ine  mir  wn  Herrn 
Jonard  eben  jctat  vttgetheilte  rür  die  Descr.  de  l'Egypte  (AtU,  2*.  f^  UA,  55,  l8^. 

nTEN2JIN'£ie£&iM£l'UT»I 
OTOAEMMOZOrPAMMATnS'nilf 

ENTfiinEPIEaVE+AJJTlNHN 
AtKAMfißN  LAK  EIIEI« 

das  kttie  für  *fin^  BSekh. 


96  BiTTTic Airir:  BrMSrwtg  WSpr  grieekisekeH  Beiaehtiß 


dafs  der  König  Ptolemäus  E  u  e  r  g  c  t  e  s  II.  oder  P  h  y  s  k  o  n ,  welchen 
nach  desselben  Versichening  die  obere  Schrift  nennet,  auch  dieses  grie- 
diiidie  Dkitam  bettimnie.  Yediilt  dies  fidi  ¥>,  ao  dnf  ms  du  uidit 
hren  dafs  in  der  Rdh«fo1{|e  der  Könige  Buergete«  II.  nur  neonimd« 
zwanzig  Jahre  cinnimt:  denn  Porphyn'us  (bei  Euseb.  Ed.  Scalig.  p.6o.) 
belehrt  uns,  dafs  da  dersclhe  schon  als  Knabe  w.i'luend  der  Gefangen- 
schaft seines  Bruders  Philoinctor  zum  König  war  ausgerufen  worden,  und 
seitdem  abwechselnd,  bald  mit  jenem  zugleich  über  Aegypten,  bald  allein 
in  Libyen  geherrscht  hatte;  er  bd  adn«m  eigcnüidiai  imd  vollständigen 
RegierungMntritt  dieae  ersten  fSnfundswanrig  Jahre  nittmiUcn  befob- 
len.  Also  lallt  das  Datum  imscrer  Schrift  in  Ol.  161,  3.  oder  das  hun- 
dert und  TienuddreilSugiUe  Jabr  vor  Chr.  Geb.  auf  dessen  %.  Januar  oder 
9.  Choink. 

Der  Monat  welcher  sonst  Xokcx  hei/st  ist  bei  tins  und  auf.  der 
Pariser  Rolle  deutÜch  geschrieben  Xet(cx,('). 

iiKdfiiff  lyKviAwu.    SSmtUdw  Worte  sind  deutlich  zu  erltennak:  nur 

die  Endiing  cv  des  letzten  ist  ein  flüchtiger  Schinftzug,  den  jedoch  wei- 
tere Vergleichung  (s.  unten  'A/rKXtiirt(t^:\<'^ .  der  Sinn ,  und  endlich  die 
Pariser  Schrift,  wo  diese  Buclistabcn  deuüicU  ausgeschrieben  sind,  aufser 
Zweifel  seuen.  Die  Worte  rrroxroi  ivi  rti»  haben  wir  bereits  erklärt. 
Tfim^  ist  jeder  Uscb  oder  Stidbe  yro  Geldnblungeu  geschehen.  Es 
ist  wol  keine  andere  VeHnndung  mogUdi  als  die  von  uns  angenom- 
mene, dafs  die  Genitive  e/xer?«  eyxvx^v  zu  r^aVe^a  gehören.  So  itt  tin 
Lysimaelios  ih'r  Oberbeamte  in  dem  Zollamte  wo  diese  Steuer  ein- 
genommen Nvud.  Der  Zwanzigste  ist  eine  aus  griechischen  und  römi- 
schen Steuer -Systemen  hinreichend  bekannte  Abgabe  vom  Werth  dei' 
Kattf-G^enstände.  Den  Zusao  iyxJxAM«  habe  ich  durch  gew6hn-> 
lieh  gagehen,  Tollkonnnen  faefiiedigt  dnrdk  Böekh's  hier  folgende 
DanteUung. 


( I )   Eben  •»  siebt  aneh  in  der  AefjfiiaAai  laadifiik  liei  BanOton  jiegypt,  p.  fj^. 

öbcreinstimmMnl  mh  Pocu  Ac  Dt'scr.  Or.  f.  p.  io4.  Freilich  in  d/er  Descr.de  TEgypUt^ 
Antiqtf.  T.  U.  p.  111,  ist  Xwot  gegeben,  aber  ohne  ZweiCel  nur  »m  £iiieadatioa. 

Baekk. 


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auf  einem  ag^pUschen  Papy  rus. 


97 


,,'Eyy.vxXta  sind  nach  Hesyctius  ra  tyKinO^utva  t5  QI'jj  koi  avr^^f\. 
,,Neh]nlich  eyxvxXtsa  ist  alles  wns  in  dem  gcwohnliclien  Kreise  ge- 
,,wiftser  Gegtsnstande  enthalten  ist.  Daher  ryxuxAio«  -stu^ua,  eyKvx^ua  jua^if- 
,,fMra  der  gewölmlidie  Kreis  der  Bildung:  so  bei  Stnbo  L  S.  aS.  B.  fy> 
y,«MAio?  mi  9w^^^f  aywn  d^m&^pa«  teo}  rdSg  ^Atn^wrm»  So  aiiid  Am- 
,,rev^uu  lyxuxAtot  nicllty  wie  Schneider  im  Wörterbuch  es  darstellt, 
,,dic  bei  den  Bürgern  im  Kreise  herum geli enden,  sondern  die  im  Kreise 
,,dcr  gewöhnhchcn  jährlichen  Leistungen  begrifl'enen  .  kui-z  ,  liie  ge- 
„'WöhnlicheDj  s.  ff^'oif.  ProU.  ad  Lcpt.  p.  8y. ;  meine  Staatsh.  I.  S.  4^3. 
„  AmtiMdet  nemt  die  gewdlmlichen  täglicheB  Bfanste  lymic^  ftoxMnwMmt, 
„iuaimK  lymiAMw  n,3.)f     htcäiAMi  die  ordiniren  Gesdiiftfl 

„des  täglichen  Lebet»  (ib.  II,  7.):  und  damif  kommen  auch  die  voa 
Schneider  im  Wörierbuche  aus  Tsokrntes  und  Demosthencs  ange- 
,,führtpn  Sil  llrn  hinmi'^.  Ehen  80  beifsen  die  Einkünfie  von  dem  ge- 
,,wöhnhchcn  Ycrkchi'  ütto  tüv  eyKVK?uuv  oder  eyKuxAjjjuarcuv  j  -wie  ich  die 
„SuXiea  des  fidsciiea  Aiiitoieles  in  mdiMr  Stseuh.  L  S.  5a5.  erUice. 
„Hienack,  denke  idi,  ist  «ficBni  lyMwAm  der  ordinire  Zmndgste;  also 
t»eiBe  ordinire  indirekte  Steuer,  ^ie  in  Rom  die  centosima  remm  ve- 
,,nalhim;  im  Gegensatz  gegen  einen  aufserorden iliclien  besonders 
,, aufgelegten  Zwanriri'^Tfn  ,  Air  z.B.  eine  Vermögensteuer  "sein  konnte. 
,,\Yic  diccixoin)  wol  vorkommt  z.B.  in  Athen  als  tirfe^d:  ».  6uai&h.  Ü.  . 

„S.  67.,  oder  als  ZoH,  dbend.  L  p.  348. 432." 

Die  Stadt  T1id>en,  wo  dies  ZoUamt  ist,  steht  hier  saTörderst  mit 
ihren  SoHenncn  oder  diplomatischen  Namen  AtinroKK  4  |My*'^>  den  sie 
in  Gegensatz  Ton  Klein  -  Diospolis  führt ,  das  weiter  unten  lag. 

Karä  iucy^a<t^,v  'ATicKmtaiov  koJ  Zfjuvios  reXwviSiv.  At&yoatttr  ist  die 
Handlung  eines  Verzeichnenden ,  Berechnenden ,  und  was  er  I>ei  der 
Bekoide  «inveidit  ist  eut  ^^ynu  Vgl.  Böckfa's  Staatih.  IL  S.  70. 
Dal*  es  hier  au£  die  Handlung  des  rvnnmn  le.  r.  ^  sich  besidit,  tmd  des 
Oros  Zahlting  darauf  gegründet  ^ar ,  ist  \yo\  oflenbar. 

Die  beiden  Namen  sind  undeutlich,  besonders  der  erste.  Die  Silben 
'Ao-kAj)-  sind  gewifs.  Dann  folgen  zwei  flüchtige  Züge,  wie  es  bei  einem 
langen  Namen  begreiflich  ist.  Nehmen  wir  die  Endung  o\t  dtutJi  Ver- 
gleichnng  mit  den  obigen  «vxt^xAiou  als  gewifs  an,  so  steht  dicht  tot  der^ 
Sellien  em  Ring,  der  wdier  nidiis  ist  als  das  in  der  schnellen  Schrift 
SiU»  phiol.  Klatte  1824.  N 


rund  gewordene  A  (vgl.  vorher  öMtyja^'i/);  der  vor  diesem  stehende  Winkel 
aljcr  ist  das  a  wie  es  dften  in  der  Verbindung  erscheint.  Man  sehe  das 
drille  a  in  Araypa^v  in  der  Tiarten  Zeile.  Sind  wir  loweit,  to  ymA.  men 
leicht  die  sduidl  gescbnebene  Sylbe  m  erkennen,  beeonden  irann  man 
das  TT  in  dem  f o1gendfll|  iHnv^«  und  unten  2»  4>  in'AToAAuW  vergleidit« 
Den  andern  ISamen  würde  man  Zurre  lesen,  und  dies  könnte  als  inde- 
llinablcr  äf^vpiischcr  Name  nicht  belremden.  S.  Böckh  zu  der  rVechutes- 
Urkuude  ig.  Aber  auf  der  Pariser  Schrift  steht  deutlich  Zju/rt«;,  so 
mrie  nnten  ir<^*  'Onti^^m.  NehmliGli  dat  o  iit,  tvie  man  in  dieser  Sdirift 
Lesonders  häufig  eleht,  meist  nor  ein  sehr  kleiner  Bing,  der  rieh  Sfien 
an  den  vorbeigehenden  Buchstaben  anhingt,  und  alsdann  im  Schnell- 
schrciben  bald  in  einen  Pinikt  zusammen  (liefst ,  bald  auch  wie  ein 
flaches  u  zum  folgenden  Huchsuben  übet^eht,  wie  wir  eben  in  der  En-  , 
dung  w.  und  hiex-  in  oi  sehn  (^). 

yfl  itvoy^cüpu  HnXtiJuSb«  i  amy^a^tuc^  Die  Sübe  mit  edMU 
hinanfsidg^en  Final-N  hat  sicli  achon  in  tta/j/^afiif  kund  geihant  aoa 
ifi*  Ijf^  ergibt  sich  also  uTcy^a^ei  von  selbst,  obwohl  das  vv  nachlässig 
gezogen  und  das  iibrii^e  durch  Fehler  im  Papyr  undeutlich  ist.  In  dem 
jNamen  IlroAefutis«  ist  das  *r  gezerri  und  das  «  auf  die  ebcnenvahnie  Art 
fast  verschwunden ;  aber  das  übrige  ist  deuthch  genug.  Die  ünterscbrift 
des  GegcDschreibers  diente  war  KontroQe:  s.  Bockh  Siaatdi.  I.  S.  198  ff. 
Da«  Präsens  vwty^d^  steht,  weil  er  es  nidit  hlof»  hier  gedian,  sondem 
auidi  in  allen  afanlidien  Sachen  thut. 

*Sl§o<  "n^ev  XeXyjuTii)9  uvri«  twv  ?\xiyevonawv  carrm.  Man  lese  nicht 
Xo^^usTvtc  r  das  Ringlein  zwischen  v  und  t  dient  blofs  die  zwei  Buch- 
staben in  zwei  Züge  deuthch  zu  ti-ennen. .  Uebrigeus  ist  die  Benennung 
ohne  Zweifel  von  dnem  Wohnort  oder  Demos  Xo^x»^  gebildet. 

Der  Genit.  Aüe  kann  wieder  nnr  in  Vediindnng  mit  der  gansen 
Bbudbittg  gedacht  werden:  TvroNVw  so  und  so  -riol  Am  ,,ihin  ist  anfer- 

(1  ]  i'ur  den  Namen  Zftivtg  gibt  vielleicht  eiue  Analogie  der  .\ame  Mii^at  Ztuvfjfvaußiat 
in  der  Frankfunar  Iiu^rift       der  KaiarriiaklieB-IiHd,  Fbnd^.  dm  Qr.  V,  4*  ?•  4^3. 

Letraniic  Hrf  hrrrhrs  p.  t.  tt  rhist.  tl'  Fi^yjytr  p.  (S«,     /-var  Iie«t  Gau  X'i-  ■  abiT  iu 

eiucr  vuu  Ucrrn  Uliden  mir  miij^i  tlu-iltcn  tx>llatiou  la  Uoni  Abdruck  in  dtoi  t-uiul gruben, 
ist  nichu  TOD  einem  %  *un  Z  beniciki.  Dieses  2^nt<Xf»iß»t  iit  nun  frflisnbK  cia»  Conifai. 
■lit  %inßßist  M»  wie  dort  mcii  ein  fiygfovßtf  vocionuBtt  imd  wkder  «in  Ysramuif^ 

BScLb. 


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io^emtm  Sgypdsdien  Papjrrut, 


99 


legt  2U  zahlen  .  .  .  von  dem.  Kimt  i  i  ei^".  Dies  letzte  Wort  erfodert 
aber  sellMt  wieder  einen  Gegensund  im  ücuiuv  wovon  es  der  Preis  ist; 
dM  iit  rfi»  XoYcufifvvur  ein  IVsiimni.  Du  Teilnnit  iit  neu,  «tdtt  aber 
dien  to  deotlidi  auf  dem  Pineer  FtpTnit.  GlfiiiUidierweite  lifst  weder 
die  AUeiding  noch  der  Zusammenhang  uns  ungewifs  über  die  BedeUp 
tung.  Aev«J«if  mufs  licifsen  ,,in  einem  hcyoc,  Reclinung ,  Berechnung, 
aufführen"  (•).  Die  Worte  d«'  avrw  gehören  nidit  dazu  und  können 
nur  auf  die  beiden  Zöllner  »ich  beziehen.  Also:  ,,von  dem  Kaufpreise 
der  Ton  ünen  TcneeidinMeD  und  in  Redinung  gebraditen  Gegenaiande"; 
nnd  dies  Bendi«  sidi  aetflrlidMrwdse  elien  auf  jene  von  ihnen  ge- 
niichie  ht^fftuffi. 

Xa^iv  Twv  xtifAevuv  vex^mv  k.  r.  X.  Dies  ist  der  schwierigste  Theil 
des  ganzen  Zusammenhnnc;« ,  der  völlig  befriedigendes  T  iehl  nur  durch 
Vergleichung  weiter  zu  eutdeckeudci'  Urkiuiden  erhallen  kann.  Das  Wort 
'Xfif  ceUbet  ist  hier  dunkel :  ich  habe  es  einstweilen  eben  so  übersetzt, 
Ton  wegen;  nnd  so  mag  nn«  fürent  genügen  cu  sehn,  dab  der  ge- 
madile  Kauf  und  dessen  Verrechnung  in  Zuaammanhang  atehn  mii  ge- 
wissen  Leichen  und  Begräbnisstaten  ;  worüber  wir  nun  femer  sehen 
müssen  was  aus  den  W"oricn  hervorgeht. 

Xäjiv  rwv  Ktifitvie*  vtx^unv  h  eis  tj^pM*!»  h  ttk  Mejixvovu'oc«  rijs  kS\nfi 
«aS  «a^  ^Ißa/t  rAfots  ^  vominat  Mmvfvtiit,  Was  die  Deutlichkeit 
der  Zöge  betriflt  so  will  idi  auf  das  dn  paarmd  tut  Tersehwundene  • 
nidit  weiter  anfmerksam  machen.  Das  r  in  t^/b  sieht  fremd  ans,  aber 
mir  weil  die  twdte  Hillie  des  -  Queniridis  etwas  tiefer  angesetst  ist. 


(i)  HifT  ist  ein  onJcrci  aus  il.rii  <]tir  Ge^niA  kommendes  Beispiel  Jrs  VerM  ^ayivitv 
und  seines  mit  Xoyt^trQat  übereinkoinmenden  Gebrauclu.  £s  ist  der  Sckliiüs  einer  liuchrift 
M»  itr  Tbebuiitchen  One  fLetronite  Den»  Iiucripttoru  Groc^ues  grmitt  *ttr  fc  Pykme 
d'un  trmplc  Fg^jftien  dazu  In  gründe  Oasü.  S,  auch  Cltiss.Journ.  T.  9^1.  Cr.iUau.-f  mh. 
Xm,  n.J.  Die  Kode  i>l  dort  davon,  daft  den  too  den  reitenden  Milit^-l'crM>ucu  gewuhn- 
lieli  gwmaclitai  Fodemagen  ta  LeisMugen  aieht  femer  aolk  mdifegelieB  wcideiii  dhni 

Lbon  sü  sollten  auch  die  Behörden  du  widerrechtlich  erprefste  auUeichnen  und  einr«icben, 
trorauf  im  Verfolg  geMgt  wM,  4ab  ^bb  dieie  ktk^a^m       ^  Uiftt^fm  geHibickt  wei^ 

den  «ollen  und  1«  toC  J.syis-rj-i'o'j  iVi  ra  'i.-  i>0.cywa<:  :  tum  Schltifs  «agt  der  PrSfekt :  o  Uof 
(oder  0  ti  ttr)  Koftt  r»  ömcuov  ht?.oy*tii*ivev  ^  icrtcgcrflüifCv  ^  nCt»  ^g^a>rs|uii  öfMuiif. 

BSakh. 

N3 


100         BoirvHAaiit  EHäbuHg  der  gruMteknt  Bmehr^ 


J^Ierkwüidig  ist  das  ß  in  dieser  Schiuft,  iadem  die  beiden  liaihzirkel  recUis 
in  Einen  Suich  sich  abgeglättet  Laben,  i/vie  nun  hür  in  hißiim  und  unten 
in  tW3i  am  dentUclistcn  lieht ,  «udi  in  dem  Worte  94|3m  der  vierten 
Zeile;  denn  in  demselben  Worte  im  iut  voiiiegenden  Zusammenbang, 
ist  der  eine  Strich  durch  Fehler  des  Papyrs  unkenntlich.  Das  Wort 
irffi  ist  hlofs  durch  das  x,  das  hier  wieder  verzeiTt  xmd  ganj!  in  zwei 
Theile  zerfallen  ist,  undeutlich.    Zweifel  kann  nirgend  entstehn. 

Desto  schwieriger  sind  die  Sachen.  Unter  der  Benennting  Ms« 
iwsnsv  oder  MqiMNiov  (denn  auf  beide  Arten  -wird  es  getduieben«  und 
auf  beide  Arien,  n«ch  der  Anab^  anderer  griechischer  Manien  TOn 
Tempeln,  Monumenten  U.  d,g»,  richtig)  kannte  man  bisher  nichts  an- 
ders als  ein  Monument  des  Memnon,  das  bald  als  dessen  iiraher  Kö- 
nigsitz bald  als  dessen  Grnhmal  genannt  ward,  wie  davon  die  Stellen 
beisammen  stehn  iu  der  Abhandlung  über  die  Memnonien  von  Jacobs. 
Solche  GdMtude  warm  in  Aegypten  hdanndich  in  Abydos  und  inXbdwn, 
Ton  wdcher  bMatem  Stadl  dar  guiae  Theil  am  linken  Ufer  so  ^eoMom. 
ward.  Andre  waren  in  Aeihiopien  und  in  Asien,  von  deren  Bedeutung 
und  Zusammenlinng  hier  nicht  die  Rede  sein  kann.  In  unserer  Schrift 
lesen  wir  tüu  ..den  M£(uv;nj:(?  des  zu  rhrliLii  gebörigen  Lihvcns".  Ganz 
Aegypten  ward  bekaundich  durcli  den  iSii  m  die  arabische  luid  libysche 
Seite  gespalten,  und  jede  Seite  wird  auch  Tidlldtig  kurzweg  Arabia  nnd 
Libya  genennt:  in  wdchem  Fall  libya,  ab  ein  geoigiraphisdier  Hauptp 
Theil  von  Aegypten  nicht  zu  verwechseln  ist  mit  Libya  im  gewöhn« 
liehen  Sinn  als  Theil  des  Ptuiemaisehen  Reichs,  wie  wir  es  of)en  £;enannt 
haben.  ,,Das  Memnonium  auf  der  hbysrhen  Seite  von  Thebeu"  wiiie 
also  ein  ganz  richtig  bezeichnender  Ausdruck  von  jenem  berühmten  the- 
hüichcn  Gebinde.  Strabo  17.  p.  816.  sagt  ausdrücldidi,  ein  Theil  too 
Hieben  liege  h  if  *^aß{^  h  ^  %  wihs,  ein  Theil  h  ^  «sfonr  hm 
Hs|irsrfsr$  wo,  durch  Gegensatz  von  Arabien,  Libyen  so  gut  wie  ge- 
sannt  ist.  Auch  der  Plural  ra  ^'{'.vsvtui  in  imsercr  Schrift  könnte  nicht 
befremden.  Derselbe  Strabo  17.  ]>.  8i5.  nachdem  er  das  Memnonium 
in  Abydos  erwüiint  hat,  fahrt  fort:  «  o  üsi  fairiv  e  M^/llkuv  vvo  twv  Aiyv- 
wtntif  l0)ii(vAfr  A^ytroi,  aoi  s  Aaß/^v/^ot  McjLtvoVnov  «r  eSi  Mn  tov  ovrav  i|yay 
tSnn  KOI  fil  er  *A0ufy,  xoi  tv  t»  &iißatf  mti  yilp  Ixn  Arynrn  rnm  VbimMUt, 
EBer  geht  das  hcm  Uois  auf  Thdienj  denn  von  dem  diydeniscben  Mem^ 


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eintm  ^yjiUtt^en  Papyrus. 


101 


tmywwiiM  handelt  er  dien;  iwdk  Theben  alier  ist  aeme  fieschieibiiiig  noch 
nicht  gelangt. 

Ist  also  Ton  Grabent  die  Rede,  die  in  diesem  Memnonium  sidk 
be&nden?  Dm  «ire  etwM  nnedi6rMi.  Des  Meimnoninm.  gStj  we  g»- 
«1^,  dlecdingi  hiufig  für  dn  B^rfibnis,  aber  det  alten  Odden,  Königt 

oder  Gottes  selbst.  Nirgend  liest  man  auch  nur,  dafs  eines  andern  Kö- 
nigs Leichnam  in  dif^sem  Gebäude  bestallet  woi-den  sei :  und  hier  waren 
Graber  gewöhnliclier  Menschen  iu  demselben,  mit  'welchen  ein  gemei- 
ner Geld  verkehr  getrieben  Mrurde. 

Je  mehr  ich  die  Worte  «nache  je  gewisser  wird  es  mir«  das  hier 
unter  rd  M^'rata  etww  ändert  verstanden  vrird.  Td  BbiuvianiM  ^  A<|3vife« 
dies  ist  kein  Ausdradt  für  ,,das  Memnonium  das  auf  der  Lil^rMhen 
Seife  liegt":  und  wozu  in  aller  Welt  Avürdc  diese  Bestimmtmg  hinzu 
gefügt.  Hier  ist  oirenbar  der  Pltu-al  von  Bedeutung:  es  sind  Gegen- 
stände, Lokale,  die  in  Menge  auf  der  Libyschen  Seite  sind:  kurz  es 
sbd  die  Begribnis-PIitxe»  die  KatsLomben  sdbst«  Es  ist  brennt  und 
verstdu  sidh  ans  der  üfamr  des  Ifjptischen  lindes  ▼<»!  sdfasi»  dbCs  alle 
Begräbnisse  in  den  unfruchtbaren  Anbdhoi  fiber  dem  Nil  •  Thal  sind. 
Diese  weilen  unfruchtbaren  Strecken  nannte  man  Arabien,  Ubyen;  und 
zu  jeder  Stadt  am  Nil  gehörte  der  daran  stofseiule  Theil  davon.  Dorthin 
begrub  jeder  Ort  seine  Todien:  und  das  also  sind  die  Memnonien  in  dem 
SU  Theben  gehörigen  Dbyen,  Dafs  sie  M/ww»sm  heiliwn  lerne  ich*  wenn 
van  midi  nicht  groÜMsn  Irrthums  bdehrl,  ans  dieser  Schriftj  und  hoffe 
dafs  es  aus  den  neu  erSiheten  Quellen  ägyptisdien  Alierthums  noeh  nvcir 
icr  hervorgehen  soll :  ahne  auch  den  Zusammenhanp;  dieser  Benennung 
mit  dem  Namen  des  ätliiopischen  Helden,  der  ühei-all  nur  genannt  wird 
um  von  seinem  Tod  zu  reden,  und  dessen  Monumente  und  Wohnungen 
s&DMlich  audi  sein  Grabmal  hdfsen.  8.  Jacobs  AMi.  S.  94ff> 

Auch  den  Ausdruch  AtlSdq«  s&  n^t  OijiSa»  müssen  irir  nodi 
näier  betrachten.  Man  vrird  den  zweiten  Genitiv  für  das  Neutrum 
nehmen  wollen,  re  ttsjI  ©n'Öac:  aber  dies  prtC'ii  niehf  recht  zu  der  nn- 
teisten  Zeile  wo  derselbe  Ausdruck ,  Ikacunung  einer  liehörde  ist  die 
einen  Schreiber  hat:  denu  so  allgemein  „einen  Schreiber  der  Gegend 
«,um  Hibben"  hat  es  wol  nidit  gegeben*  Sdi»  wir  dagegen  ans  der 
Nedautea-Uffcnnde  und  BöcLh's  EfrUntemngen  davon  S.  i8.  daCi  d>en 


102         Bvrru kW :  EHUmmg  der  grigdku^e»  Beüehr^ 

so  elliptisch  gesagt  ward  tov  To^^t«;,  tbu  'OfxßttTcv,  von  den  IXomen 
oder  Kreisen  dieses  Kamens,  so  kann  wol  kein  Zweifel  sein  dafs  auch 
liier  »opv  m  Tentehen  ist,  und  ddt  da»,  yn»  der  Geograph  Piolemiiu, 
•Inreiehend  toh  dea  dbrigen  Nomos-fiennuMBiqieii,  weldie  fast  alle  «a£ 
TiB  amgehen,  &nßwv  viius  nennet,  hier  e  ire^i  idi^ßwt  heiTst.  So  entsteht 
aber  wieder  eine  Scliwierigkeit,  indem  hier  ein  Theil  von  Libyen  als 
zum  thebäischen  Nomos  gehörig  genannt  wird,  während  nach  Piole- 
maus  dieser  Nomos  ganz  auf  das  rechte  ISilufei',  yio  das  eigentliche 
Thdien  lag,  beschränkt  ist*  Denn  das  Menmoniuni,  das  bei  Ptolenilns 
den  Namen  o  Vl^m»  führt,  vnd  das,  wie  oben  erwShnt,  dem  eigenu 
liehen  Theben  gegenüber  lag,  dieses  sdbst  gjsliSrte  nach  Ptolemäus  nicht 
«um  thebäischen  Nomos  sondern  zn  dem  atif  der  libyschen  Seile  liegen- 
den vötiK  TtvTV^lv/fi.  Auch  (Vic  Annahme  dafs  dies  zu  verschiednea  Zei- 
ten Terschieden  könne  gewesen  sein,  hilft  uns  nichts;  denn  in  der  fast 
^diaeitigen  Nechutes- Urkunde,  die  ^enfiJb  lanier  Aeb&bhe  Leate 
beirifll,  und  die  Ton  Grund  nnd  Boden  der  Memnonier  (rfir  Mvawww) 
handelt,  wird  dieser  au  dem  Nomos  Tathyritcs  gerechnet.  Den  Ort 
Tailiyris  kennen  wir  aus  PlolemSus  als  nahe  hei  Memnon  landein- 
wärts  licf^ond :  aber  ein  davon  benannter  Nomos  ist,  wie  Böckh  be- 
merkt anderswoher  nicht  bekannt.  Indessen  halte  schon  Danville  aus 
der  Folge  der  Nomen  bei  Plinius  geschlossen,  dafs  dar  blofs  bei  diesrak 
Sdirifistdler  Twltommende  Nomoa  Phaturites  au  diesem  TatHyris  ge- 
höre. Dies  ist  so  e?ident»  dals  BÖckh  nnd  idi  es  unbedenUich  an- 
nehmeik.  Der  ägyptische  Name  wird  auch  0arv^ic  geschrieben  ifpeden 
sein,  woraus  durch  eine  sehr  gewöhnliche  Verderbung  ^aru^'c  ward. 
Tochon  d'Aunecy  in  seinen  Rcclier-chcs  sur  /es  Medaüles  des  Nonies 
d^Egypte,  ging  noch  weiter.  Da  der  Nomos  Phaturites  bei  Ptolenuus, 
und  was  allerdingi  sehr  wichtig  ist,  der  Thebiiache  bei  Plinina 
fehlt,  so  vannttlhet  er  mit  groiÜMr  Wahmcheinlichkmt  daJs  beide 
nennungen  einem  und  demselben  Nomos  gehören.  Es  ist  gar  nichts 
seltenes  dafs  eine  Ilaoplstadl  in  einem  Distrikt  lieqt  der  ans  irgend  einer 
Lokid-L'rsach  von  einem  geringem  Ort  dt  n  Namen  fuhrt:  wobei  es  aber 
eben  so  natürhch  ist  daLs  die  Bezeichnung  nach  dem  liauptort  auch  üb- 

Bdi  ist.  Die  beiden  Benennimgen  Nomos  Tathjfntes  und  Noou»  von 
Hieben  haben  gani  das  Ansdm  niä  so  tn  Terib»ltcn;  und  die  Dffoens 


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auf  einem  ng^ptisehen  Paffjrntf,  103 


zwischen  jener  Urkunde  und  unserer  Schrift  wiirde  so  am  einfachsten 
gehoben:  zwischen  PtolemÜus  aber  und  den  altem  Monumenten  wäre 
abdmn  mnuMkBin  daif  nx  des  Geographen  Zeit  wiiUidi  MmuMXk  oder 
HemnoiiiuiB  von  Theben  imd  Tathyri»  in  dieser  Beridiiiii|;  getramt  und 
dem  boudibarten  Tentyritischen  ISfoniOf  sugetheOl  gewesen  sei  (')■ 

Ich  stelle  diese  Veimulhung  eben  so  unentschieden  hin  wie  Tochon 
that.  Findel  sie  Hindernisse,  so  müfste  man  für  den  vorliepen'len  Fall 
annehmen  dafs  die  Libysche  Strecke  hinter  Memnonium,  eben  zu  die- 
sem Zweck  der  Bestattungen,  und  wana  tt  noch  andre  gab,  zwudieii 
beiden  Stidm  getheilt  muri  «odiurdi  «idi  der  Ausdruck  HStitmma 
Aißun?  roZ  vtfi  Qt^as  dann  eben  so  gut  erklären  lie&e. 

Wir  kommen  nun  auf  die  Worte  rw¥  xsifievuiv  vtK^m  Iv  eV;  t%e\iVt 
—  rdipcte.  Das  Subjekt  von  tyjsvri  waren  nach  der  einfachsien  Konstruk- 
tion freilich  die  vot^oi  selbst:  aber  da  dies  eine  Abgeschmacktheit  (und 
selbst  wenn  man  die  Familien  Terstebn  wollte,  ein  albernes  Gewäsch) 
«ire;  so  nrafne  gleicli  jedermann  das  Wort  mit  den  beiden  ZfiUncfn 
verbinden,  deren  Erwidmnng  ja  auch  in  dem  Ai*  v&rm  wiederholt  war: 
und,  dafs  ichs  kurz  mache  auch  <das  folgiende  d*>&*  ifr  irsMtwrai  Xnrw^v&w 
bezieht  sich  auf  dieselben,  und  gibt  nun  auch  dem  Ganzen  Gehalt  und 
Zusammenhang.    Aetrou^ia  heifsi  in  diesen  Zeilen  weiter  gar  nichts  als 

(l)  Selir  befremdlich  Ut  eine  Einwendung  gfgru  die  Vciaiutluiiig  ibf«  der  Phalurite* 
und  der  Tatbyritcs  eins  icicn,  welclie  der  Herausgeber  des Tocbonschcn  Werket,  J.  Saint 
Martin,  aus  der  Necbutes  -  Urkunde  sclh«t  nimt.  Er  meint  nach  derselben  habe 
PtalaKais  im  Talhjrrltes  gelegen,  der  also  ein  woii  Meh  Norden  gelegener  Kreit 

geweaen  sein  müsse.  Geselat  dies  wäre  so,  wie  half  er  dann  dem  UntsUnd  ab,  dais 
Tathjria  Tun  Ptolemjius  wirklich  in  die  Nähe  ron  Mcmnon  und  södlicb  von  Tenlji* 
gesetzt  wird?  Duck  die  Aaiiahme  ist  ja  ganz  irrig.  Die  Worte  r\Zv  oertHr  in  tvT^v  iv  Ilrw» 
Aifia£&i  gehören  cusammen  noch  tu  den  Kurialien  der  Jahres  •Bestimmung,  worauf  der  M«^ 
BBllUg  folgt  und  dann  erst  alles  übrige.  Eine  Ort-Destimmung  ist  dort  gar  nicht  geg^ 
lien,  iPCil  sie  sich  aus  der  Nennung  des  Magistrats  Tom  Tathyritet  tuid  aus  der  Lage  des 
GmiMbtickt,  in  der  FeUnark  der  McanDonicr,  von  ceUtsi  eir|pb.'  UuBöglidi  konnte  also 
die  8eeae  da*  YerhaMlliinf  in  Pt»l«nait  a^n  tondero  nur  in  oder  \m\  Theben.  Mi  innfile 
diesen  Fehlgriff  rügen,  «eil  eine  •»  blsclic  VorMeliung  von  jener  Urkunde,  wenn  ne  «cb 
UMMKXaoL  «olhe,  dem  lueloriidien Gchraudi  denelben  sdir  im  Wege  lein  würde;  und  in 
der  Tbai  liat  lie  ttdi  ediaa  fcttgeietrt,  da  die  trefflichen  FtmoSttadien  GdefarMa,  midie 
sich  über  jene  Urkiutde  ge&ulsert  haben,  sie  immtr  tlcis  tiontrAt  von  Ftolcmais  nennen: 
ein  Miüifriff  woaa  die  Berliner  £rkllnuig  duwham  otcla  TemUaüft  bal,  wie  wlmB  S.  i5. 
aias.i8l.  dcneOMnUwt.  . 


iOA  BvTTXAHir:  ErManmg  der  gneetust^at  Beisehrift 


Amt,  Dienst.  Also,  diese  Zöllner  liaben  diese  Gräber  inne,  als  eine 
Art  Sold  für  ihren  Zöllnerdiensu  Sie  sieben  also  einen  Voriheil  von 
den  Peiwmen»  Wdie  ihre  Todten  in  dieien  BegnibniittiteB  bep»« 
ben  ]bm(hi(<). 

cuv^tToro  na^  *Onu^^  fni  "O^ev.  Das  Subjekt  kann  nur  Oros 
der  Sohn  des  Oros  sein:  und  was  er  gekauft  hat,  mufs  in  Jen\  Genitiv 
bei  dem  obigen  u)vr,c  liegen.  Also  bezieht  sich  ii  auf  to.  ?^cysaefMva,  von 
welchen  Gegenständen  wir  nur  wissen,  dafs  sie  mit  der  Leichenbesiat- 
ning  in  jenen  Menmonien  in  Verbindung  iiebn.  Oroe  beuft  «ber  dai, 
w«B  er  bier  kauft,  nicbt  von  jenen  zwei  bbebem  dieier  Begirfiboi»* 
Hitie,  aondera  von  seinem  —  Bruder  oder  Vetter  —  Onnophris  dem 
Sohn  des  Oros.  Also  sind  hier  Familien  -  Besitze  und  Hedite  die  ein 
Individuum  dem  andern  überlassen  kann :  so  jedoch  dafs  dieser  Besitz 
untergeoi'dnet  ist  einem  allgemeinem  der  gesamten  Begräbnis  -  Siaten 
eines  Beurk«,  -wdeber  vtm  Snatiwegen  gewiuen  Tfvmmta.  suerkannt 
ist,  denen  deber  eine  Einnabme  von  den  Yeibandelnden  sosteht.  Und 
von  jeder  solchen  käuflidien  Verftufserung  bekommt  die  Staats  -  Verwalk 
tung,  nach  Verhältnis  des  Werlhes  (xt?'-)  eine  Abgabe:  wobei  es  jenen 
Inhabern,  den  Zöllnern,  nhhegt,  von  jedem  solchen  Kauf  ein  genaues, 
von  einem  andern  Beamten,  Ptolemäus  hier,  vidimirtes,  die  Gegenstande 
aami  dem  Pk«is  angpfaendca  Yeneidinis  einznreidaca  (r«  A«yevo|Mva). 

ünd  so  glaubt  B5ckb  den  Znaats  yjifw  rS*  «.  ntifS»  tc.  r.  ^.  am 
env&cbsten  so  zu  erklären ,  dafs  diese  Worte  den  Grund  der  Berccbti« 
giing  der  beiden  Zöllner  zur  Siay^aipr)  enihalten.  Sie  sind  Inhaber  der 
Gridjer;  der  Kauf  beiritlt  Besiatiimgs-Gegensiünde:  daher  gel>en  sie  an, 
dafs  vermöge  dieses  Rechtft-Titels  sie  die  ^«ry^o^  gemacht  haben  und 
nicht  ein  anderer.  In  wdcbem  Sinn  denn  fiwilidi  der  Gelmncb  des 
Wortes  %^  von  dem  wie  er  in  der  guten  %iracbe  statt  findet,  anf 
eme  jedoch  sehr  begreifliche  "Weise  abweichet. 

Hätten  wir  nun  hier  den  Kauf  -  Kontrakt  selbst  vor  uns,  so  ver- 
stellt es  sich  dafs  der  Gegenstand  desselben  genannt  wäre:  aber  lu'er  ist 
nur  die  Zoll  -  Akte.    Auch  in  dieser  vrürde ,  wenn  z.  B.  was  man  zu- 

( I )  In  der  Tor  mir  liegenden  Abcchrifl  dc<  Pari«cr  PBpjnu  Steht  deutlicb  troiirroi.  Ich 
nehme  darauf  als  »vif  cinrn  blofsen  Fclilt^r  keine  Rücksiclii :  denn  rom  Oros  ist  dufciHM 
nicht«  UB  TorhcTgehendeii  gesagt  ^  womit  mau  dieset  <<i^'  ijv  —  verbiiulen  köiuiie> 


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auf  einem  äg)'pü^chen  Pa^j  ms. 


105 


nächst  erwartet,  eine  Grabstate  gekauft  wäre,  dieser  Gegenstand  mit 
einem  Worte  genannt  sein.  >Lin  sieht  also,  es  ist  hier  -wenn  ic)(  sn 
sagen  darf  eine  ganze  Bestattung» -Gelegenheit  mit  ihi*cm  Inventario  ver- 
kauft iivordflm,  »Mtl  weldie  su  nennen,  «  in  der  ZollaLte  Uof«  eof 
ctea  K««f|«eit  ankommt,  dnrch  den  Ansdradt  rk  XaßjfwSfmti  auf  daa  bri 
den' Akten  gleichfalls  liagende  YeweichwiB  yerwieaen  msd. 

Von  dem  Oros  unserer  Akte  müs5en  -wir  ntm  noch  bemerken, 
dafs  wir  iut  schon  drei  Pnpyre  kennen  die  sich  anf  ilni  beziehen.  Denn 
aufser  diesem  un&ngcu  und  dem  Pariser  mit  gleichlautender  grjechj<>cber 
Beiachrift,  ist  unter  der  ACnutoliidien  Sanimhiiig  noch  einer,  auf  wel- 
ehern,  im  zugerollten  Zoatande,  auawendig  mit  grieehiKiieik  Bndistap 
ben  nt  leaen  ^r,  Q^t  Sl^ev.  Bei  der  Entvtrickelung  zerfiel  deraellie  in 
twei  in  einander  gesteckte  Blätter  oder  Rollen,  jedes  mit  einer  äg}'pti« 
schm  Schrift:  mit  deren  Bekanntmachung  Spohn  itzt  beschäftigt  ist. 
Oros  war  also  der  Bc&iizcr  eines  solchen  Begräbnisses  in  einem  der 
Memnonien  bei  Theben ;  imd  ein  Theil  der  RoUen  die  kürzlich  nach 
Ftaria  mul  Berlin  g^unnmen  aind,  aind  alao  olme  ZwfA  ana  diesem 
Begriffaniaae»  ^rclehea  die  Araber,  wie  ao  Tide  andre  durdutebert  haben, 
gienommen  und  an  dortige  Europäer  verkauft  tvorden. 

Gleicli  nnf  die  Namen  'nwjiti^ic^  tcZ  'Sl^ov  folgt  in  der  Pariser 
Schrift  einiges  was  in  der  unsngcn  fehlt.  Ich  kann  aber  auf  der  vor 
mir  liegenden  Kopie  nur  etwas  über  die  Hälfte  davon  lesen:  iv  rif  7s' 
L'Adwf  —„im  36sten  Jahr,  Aihyr  —  Vielleicht  wird  der  aa  ec^ 
wartende  Bmaer  Abdmck  .andi  daa  nbi^  erkennen  laaaen.  Einair 
weilen  gibt  uns  daa  Gdesene  wieder  eine  Zeidiestimmang ,  nehmlich  die 
der  Kaufhandlung,  und  diese  stimmt  sehr  am.  da  sie  in  desselbigen  Jah- 
res Monat  Athyr  fallt  der  dem  Choiak  uitmiitelbar  vorhergeht ('). 


( I  ]  Ich  will  über  da«  unkaerlicbe  nach  dem  Namen  'A.&vf  doch  eine  Vermuthung  auf- 
tulko.  t»  feUt  Sit,  BeKidmiuig  deaMooata-Tliget:  nt  mrafi  alm  atatt  der  Kahl  durch 

Worte  ausgedrückt  aein.  E»  »teckl  als«  wol  in  diesen  Zügen  der  bcsontlrf  IV.Ttne  des 
Tages,  wie  wena  wir  sajieii  Johannis-  oder  Michaelia -Tag.  Dalä  bei  den  Acgjrptcm  eine 
dieser  cntipvwlMiMl«  Sitt«  geweiCB«  baue  leli  Ilngat  bomeikt:  adir  iMfiMigend  ist  die 
Sache  aber  mn  Lclronne  in  seinen  Torlreffliclirti  Brihmhfs  S.  if>6  ff.  ;ui5etn;it<'l  ■'•  L"-fiit. 
So  in  Dekret  des  Tib.  Aleunder :  ^mwi^  Ä  'Uv>Mf  Xtßttfr,,  und  in  der  inschrifi  Ucs  i'rupjr* 
liiRW«  Ttatfrit:  eaifid  Si^wjr.  Bftokh. 

HtMt,  fMol»  Kbum  i%2k,  O 


i06  BvT  TU  JLVv:  Erklärung  der  grigchäekm  Bew^r^ 

Es  fols^en  nun  die  Geldbestimmungea  aiu  Worten,  Zahlen  und 
Zeichen  bestehend.  Wir  wollen  abei'  zuvörderst  nur  die  ausgeschrie- 
benen Worte  und  der^  VerbinduDg  noch,  berühren,  und  alles  wa»  Geld 
and  Redmung  Iietrifil  auktzt  nehmen.  Die  Worte  xirXmu  und  tä^at 
die  in  imscnii  B^iyrus  tmdwidiwh  ind,  'wurden  dnidi  den  BwiiiadicA 
gewifs.  Und  so  ergab  sich  auch  sogleich,  dafil  du  Wort  'x/ihuS  sdt 
der  dabeistehenden  Bestimmung  die  zu  ewntVaro  gchnric^c  Kaufsumme  ans- 
dräcken ,  tsKos  aber  nebst  dorn  wa<5  darauf  folgt,  in  den  Zusammenliang 
Ton  Anfang  an  gehören  mufs:  TeroKrai—  iiqes  —  reXac  — .  Also:  „Oros 
kait  SU  heiithlim  far  den  KHilpreie  vtm  to  «ad  umA  Ki^erwcrth,  die 
Abgabe  Ton  lo  und  «o  viel**. 

Dicht  nach  diesen  ZaUen  folgt  die  Untendirift  des  ObersoNbe* 
amtcn  Lysimuchos.  Sie  war  wegen  Zmammcnziehtmg  der  mittlem 
üuchstabeti  in  weci^  nachLis!>ige  Züge  auf  der  BcrUner  Schrift  nicht  zu 
erkennen.  Die  Pariser  hat  sie  deutlich  gegeben.  Mach  diesem  Namen 
ist  ein  Sdirifiang,  und  eben  so  enf  dar  Bariser  Scbrift.  Aber  beide 
Züge  rind  sidi  dnrcbMS  onSbnlidi.  Der  Ikriser  ist  da  r  mit  einem  i» 
me  mir  scheint,  daniher.  Vielleicht  rcAwW.  Den  OBsrigea  lumn  SMUI 
ei»  auch  v<o\       lesen.    Vielleicht  d^TfAww)?. 

Unsere  vierte  Zeile  die  auf  dem  Pariser  Papyrus  fehh,  zeigt  durch 
Verschiedenheit  der  Hand,  dafs  der  welcher  in  der  Ersten  Person  darin 
fgnda.  sie  wirklich  eigenhändig  geschrieben  bat.  Der  Kantt  *äanMatint$ 
'ist  wieder  dnrdi  flüditige  Sduift  imft>lIkicnnnMn«  V<ni  den.  v  bebe  idi. 
cibea  bei  'Jknihpnaiitu  geq»rodieaf  das  m  und  v  ist  ia  einen  einaiyn  Zog 
snsammen  geflossen. 

'O  r^of  TW  y^cufHii)  tov  reji  0>t'Ga?.  Von  Ttei  ist  das  i  deutlich  genug 
um  das  Substantiv  ,  dessen  i  ciucm  u  ähnlich  geworden  (so  dmU  man 
suent  T^off  TSV  y^cuplsv  lesen  wird),  zu  berichtigen.  S.  die  Nechutes-Ur^ 
luinde  Z.  5,  toS       t$  dyo^avofttf.  Tigcms  Inbrt  ans  Herodian  an:  «* 
nSk  MuXfgjv,  die  Schenkoi.  Also  ist  p  yftfSff  der  Sdireiber; 

und  zwar  ist  er  es  von  dem  Thebaisdken  N<Hnos.   Das  Wort  m^i  und 
besonders  0r'3as  wüi"den  kaum  zu  lesen  sein,   wenn  die  Vergleicbimg 
mit  der  zweiten  Zeüe  nicht   Gewifsfioit  pibe.    MtrfiXjj^a  tk  dvay^aipr,v. 
An  die  Stelle  des  die  schnelle  ^ciu'ifi  hemmenden  N  in  ava  ist  ein 
gsni  wülkfirUdier  Scbriftzug  getreten»  den  nur  die  EbdAendiaft  benat- 


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auf  einem  ägyptisüten  Pt^ms, 


107 


lieh  tnachi.  'kvay^a^  ist  die  Aufzeichung ,  Einret'istiiinnf?  der  Hand- 
lang, wozu  dem  Schreiber  diese  Akie  mitgciheili  woitien  (utrttXr <?>«)('). 
Von  der  Fonik  des  ß  in  Tvßl  habe  ich  schun  oben  ge»prochen.  Der 
lyiii  folgt  «af  dai  Ghouk. 

Also  gesc^h  dar  Ktiif  im  Ajdiyr.  Der  iieanM  des  fol^den  tSn^ 
mtt  OHw"^  war  dem  Kiufer  anberaumt  zur  Entrichtung  der  Steuer 
davon:  und  »echsnndzwanzig  Tage  darauf,  den  5.  Tybi,  eiTolate  die 
Einregistrirung.  Wahrscheinlich  galt  diese  und  die  Vermerkuog  dersel- 
ben  unter  dieser  Schrift,  als  Quittung. 

Nachden  idt  mS  dicie  Art  faanptaidiliiili  toh  gwmmatiTJwr  Seiae 
Am»  y.«iJM»«nm>i>K>ir>g  iitui  Siwii  dci  GkuueB  bflff'^**'*»»— **  gemcht  batity 
übergab  ich  mein  Resultat  meiaem  mit  Gegenstanden  des  rrnrhÜfiegMi 
ges  bei  den  Ahen  •weit  vevti-nnteren  Freimde  Böckh:  der  denn  meine 
Darslellunf;  m  mehirii  Punkten  modificirte.  Obwohl  ich  mm  wen?» 
CeiieniLca  trage  diese  Modiiicaiioneu  gröfsteutheiis  anzunehmen,  so  habe 
idi  e»  doch  för  bcaier  cndiict,  l>ei  cnieu  Gegemtaade  der  ao  mit  eioem» 
male  mr  GeiriMwit  aidkt  gebraciht  iverdett  kam ,  den  Leser  deDselbea 
Weg  gelm  su  lassen.  Idi  habe  daher  nur  in  NdienpimLiieii  B5ckh*a 
Bemerkungen  und  Zusätze  oben  überall  ^ttch  heigefögti  und  Uge  mm 
da«  Yor,  was  das  Ganze  beirillt. 

Dafs  diese  fieischrift  dem  Inhaber  als  Quittung  dienen  mufste, 
•tdlta  aiGb  mir»  ao  bald  idi  nur  «nigen  Blick  in  den  Zuaammenhang 
gewoifan  haue,  gldeh  dar;  da.  aonat  der  Z^neck  aner  aoldhen  Beudurift 
auf  einer,  irie  man  deutlich  sieht,  von  dem  Oros  soi^ltig  bewahrten 
Sdinft,  nicht  lu  begpmfen  war.   Eben  ao  fühhe  idi,  dafa  diea  nicht 


(i)  Böckk  swei&U,  ob  nkht  aanffu^  su  ksea  lei.  Er  meint  Apolloniua  ki  der 
ObmdMilMr,  der  dioc  von  andanr  Und,  admilieh  wi  daaii  sfliaar  Laute,  MmlMr 

gBWilfitbene  Kopie  ,  statt  UnSCrCC  m  Jidcmcopiar,  so  lliitcrziMclino  uireiActfi«  uzcyjtitpry 

gb«  „ich  habe  lu  der  Alxcbrift  tbeilgetMMiimeii"  d.  b.  babe  sie  besorgt :  und  dann  möchte 
das  Pteiaer  Eiemplar,  wo  diewr  BeiiMa  itidrt  iat,  das  Original  sein.  Br  erkeant  aber 
euch  an,  daT«  ein  anderes  Yerlkalten  der  Soclie  und  der  Exemplare  gedacht  werden  kaaa» 
Ifib  kiM  mieb  vob  der  Lesung  atfoy^u^  noch  nicht  trennen.  Nicht  dal*  der  wundep* 
Uflte  flakifkang  dar  weder  da  a  Bodi  dB  V  iat,  nidit  baidaa  adukaonla;  Madam  weil 
idi  in  dem  rückwürisgchenden  spiueu  "VViniel  vor  dem  -/  ein  d  utücltt«  a  erkenne;  WM 
dem  0  bia^gen  keine  Spur;  da  diea  doch  nur  dann  su  Tenchwinden  pflegit  wenn  ea  aas 
Ende  afBM  wiiM0*daa  AridMi  hmgaa  «oU. 

O  % 


108         BüTTKANv;  Eriltlärw»^  der  grieehueken  Brnsehrifl 


füglich  nnrlcr';  der  Fall  sein  konnic,  als  wenn  die  ganze  Schrift  eine 
Art  Protokoll  war.  Nach  meiner  von  dem  Worte  rrroxrot  gefafsten 
ayniikdiGlicn  Amidht,  koiukte  «e  «Imt  mir  eimi  vor  dem  Termin, 
wnraaf  os  ankam  abgefafste  Sclirift  «eiiki  und  «o  kunni«  sie  freflick 
nnr  durch  die  nntersic  spiter  gesdinelie&e  Zeile ,  mit  gewissen  nicht 
eben  vahrscheinlfcliea  Voraiissetzungcm ,  Qniiiungskraft  erhalten  liaben. 
Bückh  Iiingegen  gibt  zwar  zu  ,  dafs  das  Perfekt  tetoxtcu  zu  dem  Datum 
tmd  zu  dem  iitl  TTiv  —  ungefähr  in  der  Beziehimg  stehe  die  ich  oben 
dargelegt  habe;  aber  dem.  Gedinken  aadi  beddit  er  es  nicht  cnnidist 
auf  die  su  entrichiende  Summe,  somdenk  auf  den  Mum  und  das  ihm 
anbefohlene  Ersdiei&en.  (allerdings  zur  Entrichtnng  der  Steuer)  an  je« 
nem  Teimin  und  in  dem  Zollamie.  Freilich  fehle,  grammatisch  be- 
U'achtet,  aurb  so  eigentlich  die  Erklärung,  dafs  er  anrh  frsrliionen  sei: 
es  lasse  sich  aber  wohl  denken,  ciais  wenn  in  einem  Pruiokoil,  dessen 
Torausgeschicktc  Zeitbestimmung  noihwendig  auf  den  Tag  der  yeihattd> 
lang  gehe ,  es  heifse  lO^f  rhtutim  HA  ^  "^T^Sar^m,  dies  (wenn  nicht 
etifan  ■ausdrücklich  hinsugefüg^  ^re,  dafs  er  nidit  giAommen  sei}  eben 
so  Tiel  gegolten,  als  wenn  es  hiefse,  rtra^yxveg  ira^ft  ,,es  stellt  sich  der 
erhaltenen  Anweisung  gemäfs  Oros  in  dem  Amte"(').  Alles  übrige  fügt 
sich  dann  eben  so  wie  ich  es  oben  gestellt  habe;  nur  dafs  man  in  sol- 
chen Abfassungen  nicht  syntaktisch  vollständige  Ausdrücke  erwarten 
mUfs.  Die  Wcnrte  also,  (iv^  »»Ton  dem  Xau^prdae"  und  -rikog,.*  „an 
Steuer  so  und  so  fiel"  Terbinden  sich  dien  so  gut  mit  lirmrm  l*i  tifi 
^fam^wi  weil  dieser  Sata  den  Begriff*,  dais  er  dahni  aaUen  mah,  noth" 
Trendig  in  sich  schliefst. 

Was  niui  diese  Böckliische  Darstellung  theils  besiäiigt,  theils 
neues  Interesse  ihr  leiht,  ist  die  von  demselben  entdeckte  meikwürdige 
Udiereinstimmung  unserer  Sdirift  mit  der  Kdienschrift  su  dem  von 
ihm  erklärten  Kaufbriefe  des  Nechutes*  Au<di  diese  nehmlidi  ist 
oAnbar  ein  soldies  als  Quittung  dienendes  Protokdl;  aber  viele  Stdleu 

(i)  Den  Gebrauch  des  tirt  Tfimiav,  wie  er  sowohl  ia  meine  erste  Danlelliing 
ala  in  diese  von  BAeLh  gefr&le  pAt,  fcelegt  deiwOw  dnirdi  Stellen  ans  Itanosdieaes 

wie  f.  Apatitr,  p.  goo,  14.  amn^rrai  to  im  nj«'  r^ÖTct^air  y^ltti«  .,(1I<-  dahin  tu  tahlendc 
Schuld"  und  ebend.  895,  i5.  r^«  lyyvq«  ngr  im  njr  rfowt^a»  „die  Biirgichaft  toidö^ 
itcldier  iHtt  B»  die  Hwilihing  an  die  WscWlhiak  haften  aaift ;  »|^  fir  «;p(^<m»^t»7* 


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ax^  mum  ägyptitehen  Pttprjrmt» 


waren  wegen  des  höchst  undeutlichen  Ciekriizcls  und  unerraUibarer  Ab- 
bi^viaturen  gar  nicht  zu  enuuiTeni.  Die  Bemerkung,  dafs  einige  Worte 
und  Wortfragmente  gerade  80  auf  eJnaiMiar  folfpn  irie  in  muerer  Sduük,- 
waifon  mf  cuuimI  licht  auf  mdire  aiidere:  und  so  geling  es  ihm,  den 
gröfiten  Tlieil  dui-ch  Fortsetzung  der  Vergleichung  ToUends  cu  enti  ätli- 
seln ;  was  er  mir  aofgeixagea  hat,  hier  a]s  Nadiürag  m  seiner  £rklä« 
mng  beizubringen. 

Am  spafshafiesien  ist  das  Schicksal  de»  in  Berlin  zur  Welt  ge- 
kommenen Aegypters  Xurr^vibc/»;«-,  welcher  der  Viertheilung  nicht  bat  eni* 
g^üen  kSnoen.  Das  darauf  folgende  wtvt^  'fll^(nA«At«  hrr/^  leigie  nehm- 
Uch,  dais>  ynt  in  unserer  Oros-Sdirift,  so  auch  hier  v^'  Torher^ 
gehe:  und  da  dort,  nodi  weiter  surAdt,  die  Worte  Sidm  y.ara.  ^ay^- 
ipvtv  A.  Kai  Z.  TtXwvSiv,  80  ergänzte  sich  nun  mich  hier  augenscheinlich  xara 
Suxy^a(f>i\v  v<f>  vjv  — ;  woraus  sich  nunmehr  ei^b,  was  ohne  diese 
Hülfe  kein  Mensch  hatte  errathen  küniieu ,  dafs  blofs  Xui  der  Name  ist ; 
wenn  man  will,  als  Abkünungi  TieHdcht  aber  audk  em  tlgyptischer 
Name,  Xvr  Gen,  Xw;  das  darauf  folgende  aber  tAmmu  heifat.  Doch 
wir  wollen  nun  von  vom  anfangen.  Gleich  auf  die  Zeitbestimmung, 
TSV  KOi  &' ,  ia^uvSl  k' ,  folgt  nach  ein  paar  kleinen  Zügen 
ganz  deutlich  fr«  rr.v  (nicht  wie  wir  früher  zu  lesen  glaubten  fTi  ■nf?); 
dann  folgt  etwas  unleserUches ;  und  zu  Anfang  der  folgenden  Zeile 
hatte  BScLh  sdion  firfiber  die  Sif^  der  Silbe  ^  erkannt.  Mit  Sicher- 
heit liest  er  iist  wenigstens  sori«!:  .,.hA  iijß„.T^  (das  beifst  t^iania») 
1^*  Aio . . .  und  danli  das  obige  xara  hwy^oi^v  Xw  reAcuVw  ^*  vt:- 
•^l^cupu'n^aKku^i  0  avTiy^aftvi:  alles  also  selbst  hiichstähllch  cntsprecliend 
den  Worten  in  unserm  Gros  -  Protokoll :  denn  der  Arfikfl  o  vor  ttVT»- 
V^o^evV  war,  uis  ein  blufser  Punkt,  bei  der  ersten  iuiuiileruug  ühersehn 
worden:  die  AbLärningen  Oiroy^  tmd  dmyjpa.  aber,  welche  BocLh 
schon  damals  richtig  beurdietlt  hatte  (S.  33«),  ergänzen  sich  nun  mit 
Sicherheit;  wobei  es  nicht  überflüssig  ist  zu  bemerken  dafs  in  dem  Pa- 
rhov  Exemplar  unserei-  Schrift  gi-nde  auch  vWf^  und  dvffyjß«»  eben  SO 
mit  darüber  stehendem  a  abgekürzt  ist. 

Vergleichen  wir  nun  auch  die  noch  übrig  bleibenden  undeuthchcn 
Stellen  mit  unserm  Oros-Papyr,  so  entspridit  die  zwischen  ^a^t»^  » 
und  M  n|v —  dem  TfnHcr«t;  aber  ich  kann  in  dem  was  da  au  sdut  ist. 


110         BvTTKAVir;  Erklärung  der  griechiaeken  Bmekriß 

oiul)  als  Ahbreniatur  ppriommen,  was  es  ohne  allen  Zweifel  ist,  keine 
Spur  von  jenem  Woric  erkennen;  und  nehme  also  an  da£s  hier  dn 
aiMk«r  tcdmiielMr  Aindnu^  n.  glcichaii  Zweck  gestanden.  Dm 
raktara  zwiftehen  hA  xcaA  rfiw^m  ent^redb«»  den  cv  Aitmih» 
lUya^  Auch  hier  will  es  nicht  gelingen  weder  Ir  Bi^aif^  nodk  6i|- 
ßauiv,  noch  rv  earv^ei  zu  lesen :  die  Buchstaben  stehn .  auf  unserer 
Abschrift  wenigstens,  zu  klar  da(').  Zwischen  it}>'  vc  Ai;.  und  xara  &«- 
y^<f»riv  stehn  Zeichen  und  Züge  die  dm-chaus  uncrkiariich  waren,  Ih» 
die  Vergleichimg  des  Gros -Protokolls  ergib  daf«  lie  gnd  an  der  Stalle 
stdin,  wo  dort  <»Mnfv  lymMdiüw:  iriewoiil  diese  Worte  seilwt  sich  nicli» 
darbieten  wollten.  Wir  werden  sie  also  gladi  nachher  mit  den  übri- 
gen Geldsachen  behandeln. 

Dafür  will  ich  einstweilen  den  Namen  des  Beamten  rervolkiün- 
digen.  Ich  l^e  und  deute  ihn,  mit  dem  Abkürzungszeichen  dar» 
über,  ^vva-us.  Dasselbe  N  haben  wir  in  der  -vierten  Zeile  in  Kcx^unjc 
und  in  mm  vnA  ivdierlttii  meiunuls* 

Wir  kommen  an  den  ScUnfs  dieses  mten  Absataea»  wo  anms 
deuthch  steht.  BScIih  meinte  das  u\n^  unseres  Papyrs  zu  erkennoi: 
aber  dies  steht  dort  im  zweiten  Absatz,  der  mit  dem  Namen  Oros  bd" 
ginnt;  und  eben  so  künnte  er  auch  hier  scliweiiich  .inders  als  nach  dem 
Namen  des  Nechutes  angebiacht  sein.  Dazu  kommt  dafs  zwischen  dy- 
•ny^  und  mnis  nodi  etwas  atebt,  was  ich  weder  für  die  Bndnng  tut 
nodi  ffir  erkennen  kann,  awiaehen  welcben  beiden  firkÜrnngen 
Böckb  mifewifs  war.  Ich  lese  avTty^(up^  r^ur/s,  welches  letzte  Wort 
hier  ausce^eh rieben  ist,  weil  Platz  übric;  war,  da  der  Schreiber  mit 
dem  Namen  tlei*  Haupt  -  Person  Nr/sviTc  die  neue  Zcüc  :inf':!ni:eji  \Yollte. 
Wir  werden  dieselbe  Sigla  ri  für  te/.  unten  noch  naciiia&siger  geschrie- 
ben finden,  wo  ancb  Bdekb  eie.edion  ericanm  hatte. 

4 


(i)    Auf  dem  veiter  nntea  von  mir  nnzufubrcnden  neu  entwickelten  Papyrus  ist  in 

demanllH'n  Zus.ininienhang  ku  lesen  {tt]  rrj  ti'  'Ejuat-S-ii  TsccTnia:  -.  c»  i't  clThrr  uns  hciJcn 
aogleicli  sulix  walirsciieinlick  gewordeu  ikik  aucli  Licr  w  mit  (km  Abkurumguicichca 
daraber  so  tu  ttfjbutm  SsL  Hermonthis  war  der  Hauptort  des  zunächst  an  Memnonim 
grenxenJcn  >>>m"s  imfl  ?wir  Ton  der  Südseite:  also  grade  w oliiniu  dos  Ominlslück  lag. 
Wir  küaiicu  uuinuglich  über  die  Anlasse  urtheilea  wcg^  derer  ein  solches  Steuer -G«- 


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mtfemem  ägyptischen  Pnffjrna, 


III 


Die  syntalLÜsche  Crundlac^e  des  ganzen  Zusammenhangs  läfst  sich 
von  diesem  Nechutes- Protokoll  noch  nicht  angeben,  so  lange  wir  nicht 
vrissen  was  oben,  stau  des  in  unserm  Papjr  zu  lesenden  riraxTat  sieht. 
Ick  nwche  nnr  nodk  maiEmtAtam.  darauf,  dafii  in  diesor  Ndienschrift, 
die  vonngUck  führ  dat  Ango  eingpriditet  sem  maSgie,  nicbt  nur,  "me 
oben  bemeriLt»  Nedrates  die  vierte,  sondern  eben  so  die  andre  Haupt- 
person, Pamonthes,  die  siebente  2^ile  beginnt,  da  doch  in  der  sech- 
sten zu  Ende  Platz  genug  war.  —  Noch  mufs  bemerkt  werden,  dafs  wo 
Böckh  die  ungewöhnliche  Form  iwvr\^yi  zu  lesen  geglaubt  hatte,  das  von 
Bekker  anarkoiint«  lunfErtt»  nunmehr  durch  uumi«  Sdirift  bestätigt  ist, 
«ad  andi  von  Bockb  «nfAmpwit  yngd. 

In  dei'  Namens -Unteisdirili  haben  Böckh  und  ich  unahhängig 
von  einander  die  AbLrevIatur  Al  erkannt.  Es  ist  nehinh'cli  ein  in  zwei 
Stücke  zerfallenes  A  mit  einem  i  darunter.  Also  die  Sigla  jenes  Atzvtj- 
ffuf,  der  an  der  hier  genannten  r^a^c^a  war,  so  wie  an  jener  andern 
XyriaMchoi.  Und  auidi  davon  hat  Bdckh  midi  Übenengt  dafii  das  ne- 
ben dieser  Sigh  »tehand«  mit  einem  Zug  darüber  T^am^mi«  sn  lesen 
ist;  was  also  hier  die  Benennung  eines  Beamten  zu  sein  scheint,  da  es 
sonst  nur  den  an  seiner  eignen  r^airt^a  sitzenden  Wechsler  bezeichnet. 
Auf  keinen  Fall  lüf^r  sich  diese  Sichln  mit  den  beiden  vergleichen  die 
wir  oben  beim  Lysimackos  gesehn  iiabcn. 

Was  nun  endlich  die  Bndmungt'Gqjenstand»  betnfl^i  so  hatte 
natürlich  die  von  Boekh  entdeckt«  tJebereinstimmung  der  beiden  Pro- 
tokolle auch  eine  neue  Betrachtung  der  in  der  Nechutes -Urktmde  befind» 
liehen  Zahlzeichen  reranlafst.  Und  so  crgpd»  sich  zuvörderst  dafs  in  dem 
ei i^fTit liehen  Kauflnlef,  wo  wir  zu  lesen  geglaubt  hatten  yß}.y.iZ  vcai'r- 
.\A,  was  die  freilich  befremdliche  Summe  von  scchshundertutideiiicm 
Stock  Kupfenmünze  gab,  das  was  wir  für  ein  X  hielten  dieselbe  Sigla 
sein  soK,  weldbe  in  dar  Oros-Schxift  nach  dem  Worte  ^tflkMÜ  suent 
steht:  ferner,  dals  in  der  Nebenscbrift  dort  nicht  XZ4.  zu  lesen  ist,  son- 
dern über  dem  X  ein  a  steht:  also  yjaXHiSi  wcwanf  das  was  uns  ein  2 
schien,  wieder  die  eben  er\vahnte  Si^l;?  i^t .  nur  auf  eine  andere  Art 
verzogen,  auch  wol  in  der  uns  zu£,'t  kuiiiuienen  Abschrift  noch  mehr 
entstellt;  wie  von  diesem  allen  cm  jeder  durch  Vcrgleichung  der  drei 
Sdhrifi«n  (den  beiden  von  Nedbuies,  und  der  unsrigen)  sogleich  sidi 


H2  Bc  TT  mann:  Erklnnmg  der  griechisclien  Beischriß 


öberzeugen  \vm''1.  Dline  Zweifel  ist  mm  diese  Sigla  ein  Gewicht  das 
durch  das  daraul  loi£;cndc  Zahlzeichen  bestimmt  wird  ;  in  der  Nechutes- 
Urkuude  durch  ciu  A,  bei  luis  aber  durch  ein  deutliches  F.  Folglich 
liabeii  die  GegenstSnde  von  Oros  Kauf  dreinud  sovid  gpliostet  tlt  du 
GmiuUtfidi  des  Nechule«:  vddie»  un*  andi  nicbc  wandern  kann^  da 
jene  Gegenstände  nnbekanni  sind,  und  Oros  zu  einer  rdchen  mit  präch- 
tigen Bci^riibnissen  prangenden  Familie  gehört  haben  kann,  das  Grund'» 
Stück  aber  ein  Stückchen  unhebatitcs  Land  von  wenig  mehr  als  zwei- 
hundert Ful's  Länge  und  einhundert  Fufs  Breite  war;  vermuthlich  eine 
Itehle  Banttelle. 

Niin  folgt  in  der  Nebouchitft  toh  Neehntes  eine  Abkfinnng 

mit  einem  X.  Böckh  hat  das  schnellgeschriebene  uXk  darin  erkannt,  das 
auch  in  der  Oros -Schrift  gleich  auf  die  Kaufsumme  folgt,  und  wo- 
von wir  die  Silbe  TtX  so  geschrieben  nun  zum  vicrtcnmai  sehn.  Also 
entspricht  das  t/Ac?  X  in  der  Nechutes- Schrift  dem  rt^of..  ivaKoirla«..  in 
der  Oros-Sdirift;  imd  es  kommt  also  nur  noch  avf  die  ErUärung  auch 
dieser  Zeichen  oder  Siglen  an. 

,,Aus  dem  bis  dahin  enthüllten",  sagt  Böckh,  „ist  soviel  sdum 

völlig  klar,  dafs  die  Nebenschrift  der  Nechuies- Urkunde  ein  Proto- 
,,koIl  ist  über  die  hczahlie  Abgabe  von  dem  verkauften  Grundstück 
,,und  ztigleich  die  darüber  gegebene  Bescheinigung:  wonach  also  das- 

jenige  zu  modificiren  ist  was  in  der  Erklänmg  jener  Urkunde  S.  54.  ge- 
„sagt  ist,  und  damak  nidit  anders  gntellt  vrerden  konnie,'  da  ea  un- 
„möglich  war  atts  den  dunkeln  Sdiriftsfigen  irgend  wm  Ton  einer 
jjbeMthlten  Kaufsieuer  zu  errathen.  Uebrigens  wird  man  noch  bemer> 
,,ken,  dals  nach  beiden  Aktmstücken  die  Steuer  von  dem  Kaofer  er* 
.   , liegt  wird". 

Soweit  waren  wir  iu  unsem  Entzilferungen  gekommen ,  als  ein 
neues  Ucht  sidi  «uflthai.  Bei  der  fortgesetaten  Au&öUung  von  Minuto- 
lisdien  Plapyren  auf  der  Königlielien  Bibliodiek  war  wieder  dnes  an  den 

Tag  gekommen,  das  eben  so  wie  das  von  Oros,  unter  einer  ägypti- 
schen Schrift  ein  griecliischcs  Protokoll  enihäh.  Die  Entzifferung  des 
Ganzen  ist  mir  in  dem  Augenblick  da  ich  dies  schreibe  noch  keines- 
weges  gelungen,  aber  natürlich  bot  sich  sogleich  das  übereinkommende 
im  'Sdiema  mit  jenen  bdden  mdem  FkoudtoOen  dar,  und  die«  war 


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tMfmnem  ägyptischen  Papyrus. 


113 


hinreichend  um  über  die  noch  zweifelhaft  {gebliebenen  Geldpunkte  soTiel 
Aufschlufs  zu  geben,  dafs  —  noch  ehe  jener  neue  Papyr  dem  Publi- 
kum mitgetheilt  vrerden  kann  — .  diesea  Ergebnis  hier  noch  beigebracht 
iverdoi  nuls. 

.El  ttt  dort  «vch  Tom  Kauf  und  Al^dia  die  Riede;  bBa  darauf  sieb 
bendi«Dde  Bwiirnnmifipa  sind  dieselbigen  wie  im  Onw-FroiokoU;  und 

in  dem  Zusammenhang  wo  dort  satetT\?  iyxvKXi'ev  sieht,  steht  hier  k  tyn 
mit  Abkürzungszeichen  daKiber.  Also  dasselbe.  Ferner  liest  man  in 
dem  neuen  Papyr  unten  bei  den  Geldbeslimmungcn  t^axotrias,  worauf 
dendbe  vorwärts  geneigte  Strich  und  ein  x  folgt.  Da  nun  dies  die 
Ziflcr  der  ZaU  aedishimdert  ist,  so  ergab  sidi  sofort  dals  das  an  der- 
selben Stelle  im  Oros -Papyr  stehende  Zablsddien»  das  dnrcb  den  dort 
allzudicbi  davor  stehenden  Suich  nur  rälhselliafior  erschien,  eine  Form 
des  Episcraon  Snnpi  J  =  neunhundert  ist;  und  wir  also  hier  schon  den- 
selben bei  luis  üblichen  Gebivuch  vor  uns  haben,  die  Summen  in  öflent- 
lii^ien  Schriften  dnrdi  Zsblworter  und  Zahlasidien  oder  Ziflem  ndien- 
einander  auisudrückcn.  Der  sdviige  Strich  daawischen  ist  unser  ,,sagp*'. 

Der  Kaufpreis  im  Oros-FirotokoU  ist,  wie  wir  gesehn  haben 
durch  die  Zahl  5  besummt ,  im  neuen  Pupyr  ist  es  die  Zahl  3  mit 
derselben  Sigla  ;  nho  richtig  dasselbe  Verhältnis  wie  zwischen  der  bei- 
de&maligen  Abgabe:  neunhundert —  sechshundert:  und  von  der  Einheit 
im  Kaufpreis  ist  also  die  Ahgsbe  dreihundert  kleinere  Einheilen.  Da 
nun  in  beiden  Dokumenten  die  Abgabe  der  Zwansigste  ist,  so  folgt 
dafs  die  grofse  Einheit  sechstausend  mal  die  kleine  ist.  Dies  ist  aber 
das  Verhältnis  vom  Talent  zur  Drachme.  So  enlräthselt  sich  nun 
alles.  Zu  fvdxoxiW  und  zu  ffaxw/a?  gehört,  was  diei?e  Endung  schon  er- 
warten hefs,  das  Substantiv  ^o^/ua;.  Die  erste  Sigla  vor  der  Zahl  drei 
(im  neuen  Papyr  zwei)  ist  ein  A  mit  dem  Strich  eines  r  darfibers  t*> 
Aomr:  weU^es  Gewicht  sonst,  wie  man  bei  Hontfaueon  sehn  kann,  rX 
bezeichnet  wird.  Die  andre  Sigla  aber  TOr  rvoxcTirtc  ( neu.  Vwpt^HMsirlaf) 
ist  (las  Drachmen- Zeichen,  wofür  man  ein  sehr  ähnUclies,  nur  rechts 
gedrehtes,  bei  Eisenschmid  finden  wird,  das  man  aus  oXx»?  entstanden 
glaubt.  Also  ist  der  Kaufpreis  in  unserer  Akte  drei  Talente  Kupfer 
oder  (wio  4S  m  der  Nechutes-Akte  vollständiger  beifst)  Kupfermünze ; 
und  dSe  Abgabe  davott  neunhundert  Drachmen  desselben  Metalls. 
Mitt,  fMd,  Kbut9  1824.  P  ^ 


114  BvTTKAirw:  ErklSnuig  der  grieehueken  Bttisehrifi 


Gehn  \\\T  liicrnif  zu  der  Nechutes  -  Akte ,  so  ist  der  Kaufpreis 
dori  ein  1  alcDi  Kupiermunze  und  die  Abgabe  %  i  denn  der  Schreiber 
dM  Protokolb  Int  di«  Zabl  dMt  Uoft^duMii  di«  Sffer  ausgedrückt: 
«bo  leduliiiiidcrt  Kupferdyadmini  toh  «iiiem  Kupferudeat,  wddMS  dm 
doppelte  von  jener  Abgabe,  also  der  Zehnte  ist.  Doch  dies  geht  sieht 
hlob  BUS  der  Rechnung  hei-vor:  es  sieht  da.  In  dem  neuen  Papyr  ist, 
■wie  oben  erwähnt,  die  immtii  bezeichnet  durch  ein  k,  und  dieses  hat  ei- 
nen Aufsatz,  der  dn  rechtshin  geschweifter  krummer  Su*ich  ist.  Ver- 
gleichen wir  die  Züge  an  derselben  Stelle  des  Nechutes-Protokolls,  so 
findon  -wir  tot  einigen  Buduteben,  «rorin  man  ntuk  mudiwer  dietehlecht«' 
geacbriebeiie  Abbueriatiir  ayit  «i^emiea  urird,  einen  kngen  gefrandeneik 
Strich ,  dessen  oberste  Hälfte  ebenfalls  rechtshin  geschweift  ist :  sehn 
wir  diese  obere  Hälfte  als  den  mit  der  Zahl  (durch  den  Schreiber  oder 
Abschreiber)  in  eins  gezogenen  Aufsatz  an,  so  bleibt  unten  ein  i.  lm 
gleichem  Zweck  wie  dort  das  tu  Also :  ^xanfv  eyxvxAMu.  —  Einen  Grund 
sa  dieser  Yendiiedenheit  der  Ahgahen  jenem  nnd  dieteni  Kauf 
mülaie  man  iist  nur  raihen:  er  wird  rieh  vieUeicht  hefiriedigoid  ergehen 
wenn  wir  erst  mehr  Fille  vor  uns  haben. 

Es  wil  d  nicht  unzweclniäfsig  sein  nun  atich  das  Steuer -Protokoll 
des  ^echuies  noch  einmal  vollständig,  mit  Andeutung  des  wenigen  was 
noch  unleserlich  oder  zweifelhaft  ist^  hieher  zu  setzen, 
^tersw  D  nv  Jttd  d  #fl^fwS2  K ...  Ii2  riiv  'E^jMydsi 

Oavyipa^  'li^axAn'^^  amty^atfitw  rtkAnift 

rrlc/jis:  EN  tcv  h  rS  aro  rSnu  fuj^li 

Mtfivaviwv,  ig  IT  iwtn^TaTo  vu^a 
'nofuwdit«,  rou  Kai  'Evar/j)\i»im( 

Bückh  macht  bei  diesen  1  ii>kiiiiienten  noch  die  cinleiichieniie 
Bemerkung  dafs  die  Kupfermünze  und  das  Kupfer -Talent,  die  wir  hier 
im  gewölnJidken  hOrgeiiichen  V«k«hr  afletn  sehit,  ihre  «dir  natfilrUdie 


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«X^  einem  ägyptischen  Paftput, 


115 


ErUfiraog  finden  in  dem  alles  Verhältnis  ittwffBteigenden ,  tod  Athenäus 

u.  a.  uns  gesctilderlen  Luxus  der  Ptolemäer.  An  ihrem  Hofe  iin«^  des- 
sen nächsten  Umgebungen  war  alles  Gold  und  Silber  ihres  Reichs:  üjre 
Pracht  und  ihr  WoUeben  war  die  Frucht  von  Erpressungen,  die  im 
bmem  ihxM  Sttnts  dBen  Znttuid  beimiien  desien  treues  Symbol  die- 
ses Knpfergeld  wmt. 


V.W.  nachdem  ein  Theii  dieses  Auisaizes  schon  seHrurkt  war,  wurde 
icii  duraul  aulmerksam,  dafs  von  dem  bald  anfangs  crwuiinicn  mit  dem 
ansrigsB  fltownstlwimeiWkw  Pariser  Papyrus  eine  Toriinfige  Notis 
schon  gagaliett  ist  toh  J.  Samn-Mtertm  in  dem  Jmunal  da  Saiotm»  Ton 
1833.  ^. 56o.  Da,  wie  itir  sdion  bemerkt  haben,  jem  Schrift  tisI  na- 
leserUclier  ist  als  die  unsere,  so  hat  Hr,  S.  M.  sie  nur  zum  Tlieil  lf*?en 
können  und  mit  Iixungen,  die  zu  vermeiden  uns  leicht  war.  \\  n  er- 
wähnen nur  noch,  dafs  dei'selbe  au«  der  Jahreszahl  über  das  Datum  der 
Sdurift  eiiM  nriefadie  lleiinnig  «lAidk,  wosvischen  er  ongernils  bleibt. 
Die  eine  davon  ut  die  anf  Eaei||^ies  II.  gehende,  wcldie  von  ihm  in 
wesentlichen  auf  dieselbe  Art  historisdi  entwickelt  worden  ist  wie  von 
uns;  und  wclclie  wir  allein  vorgetragen  bähen,  einer  Angabe  von  Spolin 
einstweilen  vertrauend,  über  deren  Zuverla8si|^t  sich  hofientlich  bald 
wird  unheilen  lassen. 


«MAMMAE 


P  2 


\ 


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4. 


f 

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5   '      *  - 


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Vergleichende  ZergHedening  des  Sanskrits  und 

der  mit  ihm  verw  aiiclLen  Sprachen. 

Erste  Abbandlnng. 
Tob  den  Wuneln  nn4.  Pr«aoiniB«n  tttttv  «ikd  iweiter  Person. 

Von 

H"    B  O  P  P. 


[GeUaeu  in  der  AksAemie  der  V\  i^osciMficn  am  a4>  April  i8a5.] 

In  nidistcm  Chrsde  der  Yerwuidtteliaft  sa  der  Spi-ache,  «ddie  wir 
j«tat  als  die  geheiligte  der  üadier»  unter  dem  Namen  der  vollkommenen, 

Sanskritii,  keimen,  tmd  welche  in  den  Zeiten  des  hdfJisteil  Alterthums 
eine  weite  Verbreitung  im  Orient  gehabt  haben  mag,  stehen  vor  allem  die 
Griechische  und  Lateinische  unter  den  Sprachen  des  al?pn,  die  Gennnni- 
schcn  Mundarten  tmlcr  denen  des  neuen  Europas,  und  unter  den  Asia- 
tisdieii  %mdien  die  Persische.  Die  Uebereinsümnumg  dieser  Sprechen, 
und  was  anflallend  ui,  am  meüien  die  der  genannien  Borofrifachen  mit 
dem  Sanskrit,  ist  so  innig,  so  tief  in  die  feinsten  Gewdie  der  frühesten 
SpracheiUwicklung  eingieifend ,  dafs  es  beinahe  leichter  scheint,  ihre 
mannigla!^i^<'^  IkTÜhrungspunkie  aufzudecken,  —  die  bis  zu  dem  min- 
der Wes^uiiu  lien  ,  bis  zu  dem  was  man  für  specielle  Diaickteigenbeit 
halten.  m5chie ,  ja  oft  bis  sn  den  imgeregejiten  Abwnchnngen  toiT  dem, 
was  die  allgemdiie  Analogie  erwarten  lafst,  sich  erstrecken,  —  als  in  dem 
FormenoVorraih  der  einzelnen  Sprachen  Tieles  nnwidersprechlicli  Eigen» 
thümliche  aufzuGnden,  was  sich  nicht  entweder  unmittelbar,  oder  durch 
mehr  verdeck tlicgen de  Mittelglieder  dem  Gemeingute  anreihen  liefse. 
Neben  den  obengenannten  Sprüchen  gibt  es  andere,  die  zwar  nicht  in  so 
darch^neifeadem  Verhüluilssc  zu  dem  Sanskrit  stehen,  aber  noch  gerade 


118  Bopp:   yergfeichende  Zer^iedenmg  des  Scinsknts 

in  denjenigen  Theilen  ilires  Baues,  die  am  meisten  der  Vei-änderung  und 
ünicostfiluiiig  trotzen,  und  worauf  also  bei  \  onvandiscliaftsbesiimmimgen 
am  meisten  ankömmt,  die  unzweideutigsten  Beweise  ihrer  Abdämmung 
aus  einerlei  QoeUe  dai4biei«n.  Bi  Mnd  diMM  di«  liihttiiisclie,  Lettische 
und  Alt-Frenftisdhie  Spradie»  and  die  ▼ewchiedenen  Shwisdiai  Mandaib 
teD.  Diese  Spoidkm  thelleD  nicht  nur  riele  der  urasentlichsien  Berüh- 
rungspunkte der  erstgenannten  mit  dem  Sanskrit,  sondern  bieten  deren 
auch  solche  dar,  welche  jenen  entgehen,  und  diese  besonderen  Uebei^ 
einsiimmungen  mögen  zum  Theil  daher  kommen,  dafs  die  Völker,  welche 
den  nordöstlichsteu  Thcil  Ton  EuixjpA  bewohnen»  in  viel  späiann  Zei^ 
ten  ihre  A«iati»che&  Unitse  vcrleHen  habetti  cu  einer  Zdt,  wo  die  Ane- 
tiadbe  Siamnapnche  durch  Veränderungen  und  neue  Getteltnn^en  sich 
mehr  dem  Zustande  genähert  hatte,  in  welchem  sie  unter  dem  Namen 
Sanskn'tn  liekannt  ist.  Das  Grif rliisclie  und  Lateinische  bieten  nir-hr 
seilen  Formen  dar,  welche  groiseren  Anspruch  auf  die  Aufbewahrung 
der  Urgestalt  machen  können,  als  die  entsprechenden  des  Sanskrits; 
weldies  nüiuaier  «ut  den  WoUkntigeseieai  tidi  crfcUfaren  Utftt,  die  in 
allen  ^redten  im  Laufe  der  lebriiiindcrte  «ch  Indem,  md  iioibnftn> 
digenreise  dne  veHbodcnc  Gcsuilt  der  grammatischen  Formen  Tcranlas- 
sen,  von  welcher  man,  ohne  diese  Berücksichtigung,  keine  Rechenschaft 
zu  geben  vermag.  Die  Indischen  Grammatiker  habt  n  Jit:  riijiliDiii.schcn 
Einwirkungen  der  liuduugen  und  Suffixe  auf  die  iindbuchstabeu  der 

Sliiniiie  oder  WnrMb>  wddieD  ne  aidi  ansdilielMa,  eo  wie  die  dei 
Aiiiangilwidimben  efaies  Wotne»  auf  den  'fc««iiiM^»iift*iifn  dei  yoAa^ 
henden,  genau  beobajchtet  und  vollständig  eniwixMt;  aUdn  «o  weit  gin- 
gen diese  GrtimTTiBtiker  nicht,  dafs  sie  die  grammatischen  Formen  seihst 
als  unter  dem  Eintlus«;e  der  ^Vohllaulsregeln  erzeugt  oder  uingesiidiet 
betrachteten.  Dieses  kommt  daher ,  weil  sie  sich  nicht  mit  dem  Ur- 
spmnge  der  gramnuMitclMB  ForaMD  beCdiwea.  Es  genügte  ihnen  1*0. 
m  wiaaen  und  amugaben*,  daft  an  «fie  dritte  Plnralpenon  in  teiedue* 
denen  Zeitformen  bezeichne.  Woher  dieses  an  komme,  yras  es  in  di^ 
ser  Gestalt  bedeute,  darnach  fragten  sie  nicht.  Hätten  sie  darnach  ge> 
fragt,  so  lag  es  wohl  in  dem  Bereiche  ihrer  Mittel  zu  ercjründen ,  dafs 
an  für  anl  stehe,  imd  zwar  m  Folge  einer  in  ihrer  Sprache  zum  Gc- 
niae  gewordenen  Gewohnheit,  Ton  awei  Endconsonanicn  dea  letatctt  ak 


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und  der  mA  Am  venvandten  l^irachen. 


119 


tuwerfen,  was  auck  immor  seine  Bpdeutiin^  seiP).  Trli  [glaube  tndesseili 
dafs  solche  Wohllauisge^eine  erst  zu  tum  Zeit  ihie  volle  Ki'aft  gewin- 
nen koouteu,  alt  die  ^ahi-e  Bedeutung,  oder  der  Crund  dei*  Bedeutung 
giamaifttiadiar  Formen  aidu  nulir  ganz  Idwndig  ergriff«»  wurde.  J« 
weittr  di«  Spmchai  von  ibnm  Unpronge  »di  enifernoi,  dcMo  mdir 
gewinnt  die  Liebe  zum  Wohllaut  an  Einflufe«  veil  de  nicbt  melir  ia 
dem  klaren  Gefühle  flcr  Bedeutung  der  Sprachelemcnte  einen  Damm 
ündet,  der  ihrem  Anstreben  sich  entgegenstellt,  und  weil  die  gleichsam 
in  der  Lebensfülle  der  Sprache  wie  organisch  enisprolsten  Aesie  und 
Tenweignngen  nadi  mid  ueb  afcnertoi»  und  sa  diier  todtn  Mmw 
gevovdcD»  «bigdSst  wefden  Lüniim,  ohne  daft  di«Mr  Verlott  von  denr 
aodi  lebenden  Körper  i^uhlt  -wird. 

Das  WofaUautsgesetz ,  von  zwei  Endconsonanten  den  letzten  ab- 
zinvci  fcn,  welches  in  der  Sanskritsprache  viel  gröfscrcn  Einflufs  hat,  als 
man  in  den  besiehenden  Grammatiken  erfahrt,  und  woraus  viele  als  ge- 
Mulofe  WiUkübr  erscheinende  Fälle  erklärt  weixlen  müssen,  wird  toa 
den  LiieiiiMciien  aaidit  «nerltaniit,  denn  es  litt  jii  in.  der  drillen  niinlp 
perwm,  mit  dem  dieser  Person  sdb*  wesentlichen  t  (*).  Im  Griedutdien 
entspricht  zwar  die  Endung  ov  dem  Alt-Indischen  an,  aher  tlm  rli  Ver- 
unlnssuDg  eines  anderen  Wohllautsgesetces ;  denn  das  Griechische  duldet 
zwei  Consonanten  am  luide  eines  Wortes,  insofern  der  letzte  von  bei- 
den  SU  denjenigen  gehört ,  die  überliaupt  (auch  einzeln)  am  Ende  »lehen 
kfinnen,  wdches  in  Besag  enf  das  r  nicht  dar  Fall  iM.  Auch  die  San> 
ikriiqnadie  duldet,  ohne  jedoch  hierin  w  weit  su  gehoi  ab  die  Griedti" 
sehe,  manche  einfadie  Consonanten  sehen,  andere  aicnuila»  am  Ende  ei» 
nes  Wortes,  und  hieraus  ei-klüifn  sich  wiederum  viele  grammatische  Ei"- 
scheinungcn,  die  ohne  diese  Berücksichtigung  im  Widei'spruch  mit  der 


( I )  h-i  raulile  aUo  in  I'olge  die«e«  VVulilUuUgeaelseft  von  aai  gerade  das  weseailicb»ie 
Ekmmt,  nlmlirh  Jii  iltn  rriiiin  1ininirimi«<r,  wvgfrBoi,      «s  Uiek  mv  dUt  d«a  FImI 

MB  tet  Singular  untencheideode  n  iUiri|{» 

(9)  UMne  der  tlteron  Gcrmaniaeben  Manlarten  erkeaaen  diese»  Geaeu  nur  theihvaisa 
aa,  dmi  im  der  dritten  Pluralperaon  de«  Prtterituma  kaben  cie  allerdinga,  in  VdMMH^ 
ttimmuDg  mit  demSansLnt,  ein  blofw«  h,  iadtn  der  l'rrsnnalclurakter  fiehh;  allain  im 
ftaaimi  lodlic.  W  da«  Gotbiiche,  nd.  da«  Ah-  waA  Mittd^Hadidsimdir,  die  Vifana  ^ 
dkserBccidniBg  nocb  treuer  aufbewahrend,  nt. 


120  BoPi":   yergleichcnde  Zerg/iederwig  des  Sanshnts 


aUgemeinen  Analogie  sielien  vniif^f'n.  Zu  den  Consonanten.  welche  am 
Ende  eines  Wortes  dem  Indischen  (Jhr  keinen  angenehmen  Eindruck 
machen,  gehört  z.B.  das  n;  man  lindet  es  zwar  am  Ende,  aber,  wenn 
muk  faienuf  «ditAt,  meistens  nur  di>  iro  ursprünghch  nodh  ein  ttaidacr 
Gbnsoiiaiite  dannif  folgte ,  und  wo  e»  der  Geist  des  Wohlhmes  niciit 
vennocliie,  iwei  Laute  zu  verdrängen,  sich  begnügend,  dafs  ein  snde- 
•  res  Gesetz  seine  Kraft  behalte,  nämlich  dasjenige,  welches  von  zwei 
Endconsonanten  den  letzten  ausstöfst;  so  heifst  z.B.  ahan  entweder  er 
tödtete,  für  ahantf  oder  du  tödtetest,  für  ahans.  Da  es  aber  im 
Sanski'it  sehr  früh  zum  Prinzip  geworden  zu  seyn  scheint,  den  Nominen, 
ifdcbe  mit  Consonanten  enden,  im  Singuhr-Nosunatir  kein  Csensseichen 
beisofiS^Oi,  so  i?ifdi  bei  denjenigen,  milche  anf  n  ausgehen,  dieser  End- 
laut im  SJngnlar- Kominati V  abgeworfen  (').  Die  Lithauische  i^|MacIie 
bietet  in  diesem  Punkte  eine  höeh<it  auOallende  Uebercinstimmung  mit 
dem  Sanskrit  dar,  denn  wenn  man  in  dieser  Sprache  ebenfalls  eine 
Grundform  annähme,  zu  welcher  der  Nominativ  wie  die  übrigen  Casus 
als  abgeleitet  lieh  Terhidie,  ao  mäfrte  s.  B.  aihien  (Stein)  als  eine 
soldie  Gnmdfimn  angeadien  iverden.  Im  Sanskrit  hat  asman  (mit  pt- 
ktinem  s,  welches  gerne  in  k  übergeht)  (-)  dieselbe  Bedeutimg«  und  büp 
det  mit  Abwerfung  des  schliefsendcn  n  im  Singular  -  Nominativ  asmä. 
Im  Liiliauischcn  kommt  von  akfwn  I  r  Sinf^ilar-Nominaiiv  (tJ<mu.  In 
allen  übrigen  Casus  tritt  iu  iieidcu  6pracheu  das  hier  abgewurienc  n.  vvie- 
der  hervor,  so  lautet  im  Dnal  dar  Ntaiinativ  «mänau  im  Sanskrit, 
und  aim^tu  im  Lithauischeik,  im  noral  asmäms  im  Sandurit,  md  «Iw 
menj's  im  Lithauischen.  Ich  brauche  hier  nidit  sn  bemerken,  dafs 
auch  die  Lateinisdie  Sprache  die  AbwerAmg  des  n  am  Ende  der  Wör- 


(i)    Im  Vocativ,  wcldiiT  gcwöhnllcli  mit  ()rr  Grundform  identisch  i»t,  bat  sieb  jedoch 
n  Qiclu  verdrängen  lassen,  auch  steht  n  als  Comwgicben  im  Pluralaccuwtiv  der  Maacu- 
IbMB,  d«Ma  GmadAina  aiit  «mm  Ittnwa  Yocat  endet. 

(a)  Das  palalinc  s  wird  mit  einer  sanften  Aspiration  ausgebrochen,  und  noch  beslimm- 
lon  WnhlUutsregeln  in  m  ▼mrandelt ,  t.  B,  die  Wunel  Dris  bildet  mit  Jjdmi-tlmk- 
ictijami,  ich  werde  sehen,  luid  leigt  hierdurch  ihre  Verwand»chaft  mit  dem  Griechi- 
•chcn  fü^oi.  Schlegel  flihrt  in  seiner  lodiieliea  BiU.  B.  t-  S.  3-jij.  nucli  mehre  andere 
interesaante  Beispiele  an ,  wo  ein  sanskritildlC«  paUtiaft  «  ins  Cmdiiacbett  durch  «,  und 
iai  Itfldiiiadien  durch  e  vertreten  wird. 


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und  der  nu't  ihm  verwandten  Sprue  licn. 


131 


ter  liebt,  woher  sich  s.  B.  sermo  aus  der  Grundform  sermon  eridirt* 
Auch  glauhe  ioli  Ix-hrmpten  zu  dürfen,  dafs  in  den  Germanischen  Mund- 
arten bei  der  schwuclicii  Deciination  die  Bildung  des  Nominntivs  auf 
dem  Prinzip  der  im  Sanskrit,  Lithauischen  und  Lateinischen  herrschen- 
den Neigung  zur  Abwerfung  eine»  Mihlie&enJen  n  beruht.  Dicw*  n  ge- 
hört zwar,  samint  deu  ihm  TOKhergehenden  Yocal',  niemals  sur  eigentH' 
lidhcnü^'^urzel,  es  gehört  aber  ziu>  Grundform  des  Nomens,  und  schliefst 
dessen  Ahleiiungssuffix,  Avie  z.B.  in  dem  Sanskritisclien  Worie  mdschan, 
König  (Nominat. /Y7</ir///T)  'tnr!  in  dorn  Lateinischen  <ic/{o/i  (iNom.  «r//o), 
das  schlieTsende  n  nicht  der  Wurzel,  sondern  dem  Ableitungssufiix  an- 
gehört (*).   Doch  möchte  idi  nidit  unbedingt  bdiaupien,  dal«  dieae  in 


(l)  Die  MascuUna  und  ^'eutra  haben  die  Uoregelmifugkeit,  d«r*  der  dem  n  vorherge- 
beiule  Voeal  vecSnderlieb  iit,  to  daft  im  GMhucbcn  der  Genitiv  und  Dativ  Sing,  mae  anr 

Arve  nriindforni  aU  die  übrißfn  Cisns  dailiiclr  n.  D.-iS  Fcmlniniini  ist  in  tlirsrr  ßezicLung 
einfacher,  von  der  Grundibrm  dauröa,  t.B.  kommt  der  Nomiiuit.  daurö  und  alle  obli- 
tfoüa  Canii.  SoUt*  »aa  fragaa,  ntmm  hn      tcInnelM»  DeeUnalii»  der  Singvlanioni- 

natir  ila«  schHefscndc  n  nicht  ertrage,  \VciVirend  es  doch  dem  D;illv  und  Arciis-itlv,  rhrnfalls 
am  Ende,  erhalten  hkibt,  so  gUuhe  ich,  dafs  der  Gr\md  in  nichts  anderem  liege,  aU  dals 
diese  Casus  ofi^rmigUdi  nit  den  ihnen  tokonmenden  Endungen  wraelien  -mven,  dk  daa  » 
der  («rundform  Tor  s«>incin  l'ntprgang  srhütrlrn.  T)rr  Nominativ  ciher  entl>ehrte  bei  den 
meisten  Wörtern  auf  n  schon  von  Anlicginn  eines  Casusteicbens.  Im  Säii&krit  ermangeln 
alle  mit  Consonantn  endigende  Wörter  des  den  SinguIamominatiT  charakterisirendcn  s,  so 
dafs  dieser  Casus  rntivrtlrr  mit  dpi-Cnindform  idrntisch  ist,  oder  nur  Jiircli  Hcl'ulf;un}^  der 
Wohllautsgeseut:  «ich  von  derselben  unterscheidet.  Im  Clriechischcn ,  l^aleluischen  lUid 
(iothischen  haben  zwar  auch  die  in  ilirer  Grundform  mit  (/insonanten  endigenden  Wörter 
ein  j  im  Nominativ ,  allein  die  auf  n  3ii":rfl;'  nden  Wörter  fnlri  n  r!'T  Annlogie  des  Sanskrits, 
mit  der  toi'SclirHnkung,  diifs  im  Gricc1n.se hcn  mit  dem  Monnnaliv-i.harakter,  nicht  xu^leicit 
das  ('  al>geworfen  wird,  und  dafs  bei  den  wenigen  Wörtern  welche  das  e  abwerfen,  das  g 
des  Nominativs  beibehalten  winl ;  femer,  dafs  im  Gothiscbfn  viele  Worter  auf  n  der  star- 
ken Ueclination  folgen,  und  dciu  Endconsonanlen  der  Grundform  d;is  >  des  Nominativs  liei- 
fugen.  Dafs  bei  d<T  Germanischen  schwachen  Declinstion  «las  Ni-utrum  auch  im  Accusativ 
des  Singulars  das  schlicfsendc  n  alnvirft,  geschieht  ebenfalls  im  Kinklang  mit  dem  Sanskrit, 
WO  der  Accusaliv  des  Neutrums  kein  < i^iüusxeichen  bat,  und  Wörter  auf  n  ihren  Endbuch- 
staben, wie  im  Numinntiv,  abwerten,  z.B.  ndman,  Namen,  bildet  im  Nominativ  und 
AcouMtiv  Hanta.  Kann  es  eine  auffallendere  Uehereinstimmimg  geben ,  als  dals  in  Go- 
tbisehea  die  gleidibedeutende  Grundform  namAn  (ein  Neutrum)  im  Noroinatif  und  Aocn^ 
satiT  namd  bildet?  Ich  furchte  daher  nicht,  dafs  mau  es  unbegründet  ßndcn  könne,  dals 
i«b  die  Gemanische,  besonders  Gotbisclie,  schwache  Dcclination,  mit  dm  ecwihaten 
Saubritiiebfla,  Laleblidien  nnd  Lithauiicben  Wörtern  anf  n  in  ein«  KlsM  ftdle. 

m$t.  pkäot,  Khu»  1834.  Q  ' 


122  B  o  p  r :   yergieichende  Zergliedenmg  des  Sanshnts 

■vier  Sprachen  sich  darbietende  Uebci'einsilmmun^  aU  Folge  von  deren 
Stammverwandscliaft  aozusehen  sei,  weil  Uebereinsiimmimgen  in  Wohl- 
lautsgesetzen  sich  auch  in  Spraciieu  zeigen,  die  sonst  in  gar  keiner  Be- 
rührung mit  t»i*Mil^  gtAeUf  ne  findtn  ifaran  Grund  in  dm  Spfsdioiy 
gmcn  MÜMt.  Wenn  dier  in  den  meisien  mit  den  Sansluit  swunmen* 
hinwenden  ^mtduen  die  Yerwandschaftiwörier  gnu  besonders  überein- 
stimmen und  gröfsteniheils  mit  r  enden,  wenn  im  Sanskrit  und  Litliaui- 
schen  nur  der  Singular -Nominativ  mit  einem  Vocal  endet,  wahrend  in 
den  übrigen  Casus  ein  abgeworfenes  r  wieder  bervortriu,  so  kann  ich 
kaum  imterlasten,  dioies  im  Idthaniachen  ffir  dne  ant  dem  Orient  m^ 
gdmclite  Eigenibfimlichteit  noBotAm,  Es  heiftt  s.  B*  im  Sansbit  di^ 
hitdf  die  Tochter,  duhttänu,  die  Töchter,  im  litbauischen  steht  guix 
analog  dugie  und  dugtetvs.  Mala  heifst  die  Mutter  im  Sanskrit,  ww- 
laras,  die  Mütter,  im  Lithauischen  ist  analog  iitotc  das  Weil)  niotcrfs, 
die  Weiber.  Ebeu  so  entspricht  das  Lithauischc  sessu  Schwester,  im 
Hör.  festeres,  mehr  als  die  gleichbedeutenden  Formal  im Laieiniichen 
und  Gennmitchen,  dem  Alt-Ihdischen  swatäf  twaairas»  Bs  ist  indes» 
sen  waltncheinlidi»  def»  die  Eniian^ung  des  sur  Gmndform  gdiören» 
den  r,  in  dem  Indischen  SingiJar-Nominaüv,  nicht  zu  dem  ältesten  Ztt> 
Stande  der  Sprache  gehöre,  welchen  in  dieser  BezielnuiL'  d;ts  Griechische, 
Lialcinische,  uud  die  Germanischen  Mundarien,  geireuei  atiibewahrt  ha- 
ben. Wenn  aber  die  enviihnte  nähere  ZusammeDsiiiumung  des  Lilhaui- 
schen  und  des  SMuIuits  «ne  einer  gemeinschaftlichen  Quelle  fliebt,  und 
sich  nicht  in  hei^m  Sprachen  unabhin§%  Tön  einander  enengt  faati  so 
folgt  daraus,  dafs  der  Lettische  Volkssunun  zu  einer  Zeit  seinen  Asia« 
tisflien  Wohnsitz  ^cilassm  habe,  wo  die  Asiatische  Ursprache  schon 
muneiie  Veränderungen  erlitten,  und  dem  Zustande  naher  gekommen 
war,  in  welchem  sie  durch  eine,  eben  so  sehi'  durch  Reichtiium  als 
durch  innere  VortrdBidhkeit  hewnndeningpwürdige,  litteratnr  lestgehsl- 
len  wurde. 

Die  vei^leiidiende  Zergliederung  grammalischer  Formen,  welche 
wir  hier  eroflnen,  wird  nicht,  nur  das  nübeix*  oder  entfernlcrc  Vcrbält- 
nifs  der  obengenannten  Sprachen  zu  dem  Sanskrit  entwickebi,  sondern 
auch  zeigen,  in  »iefeiTi  mehrere  unter  ihnen  neben  der  allgemeinen  Ver- 
wandtschafi  noch  durch  dn  näheres  mehr  spesidles  Band  an  einander 


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und  der  mit  ihm  verwandten  Sprachen,  123 

geknüpft  werden.  Hierbei  aber  snll  nnf  eine  cröfsere  oder  geringere 
Anzahl  gemdnsthafilicher  Wörter  kein  hesondei  >  s  Gewicht  gelegt  wer- 
den, denn  ein  Jaiuiiundert  ist  oft  ixiareichend,  um  die  Spraclie  eines  in 
Cohiir  noch  aidit  weit  gedidwnen  VoUms  mit  Wörtern  «u  Spmhm 
mn^auüAar  Völker  m  en  übcrfülleii,  dala  man  nur  mit  Mfibe  ihr  Bi* 
genthümliches  an»  dem  Beigemischten  hervorztuuchen  Termag.  Sehr 
richtig  bemerkt  IL-.  W.  v.  HumHnlJt  in  seiner  gehaltvollen  Abhand- 
lung, über  das  vergleichende  Sprachstudium  (S.  aä^-)'  >>l^>c 
„Hauptelmente  der  Sprache,  die  Wörtei',  sind  es,  die  von  Nation  zu 
,,Nelion  überweadem.  Den  grammattidien  Foraen  wird  dieit  lehwe- 
„rer»  de  «e,  to&  feinerer,  intelldiindler  Netnr,  ndir  in  denkTevetude 
»»ihren  Siu  hdien»  ab  nmtertdl  nnd  aieh  aellttt  erUireDd  en  den  Leu- 
„ten  haften." 

Es  liefse  sich ,  aufser  den  oben  erwähnten  mit  dem  Sanskrit  su 
vergleichenden  Sprachen,  noch  manche  andere  der  gegenwärtigen  Unter- 
eucLung  anreihen,  wenn  e»  unsere  ABadit  wäre»  eU*  diejcnigoi  SpFadieb 
tu  wmfewcn»  weldie  einelne  Spuren  der  VerwandischBlt  nii  deinSenekdi 
an  sich  tragen.  Es  finden  sich  deren  mehrere  in  der  Celüechen  Speeds 
familie,  und  dus  Finnische  und  die  verwandten  Mundarten,  so  wie  das 
Lngariscfie  und  Alhani'srl!«*,  bieten  ebfiifjdTs,  besonders  in  den  Pronomi- 
nen,  den  treuesten  Auibcwabrem  altenbüuiiicher  FoiTnen,  überraschende 
AeHnlinMreitim  der.  Umer  dun  A« aiieehem  S^predmi  hebe  ich  eudi  im 
Annenitclien  ähercniiiimniende  AnMünge  gefanden»  dodi  heachrinken 
eich  dieeelhen  laet  einsig  auf  die  Pronominal -Stämme  und  die  Beeeidip 
nung  der  ersten  imd  zweiten  Singularperson  des  Praesens  durch  m  und 
wie  pn-nvtcm  ich  lobe,  gricwies  du  lobest.  Im  Plural  wird  dem  Kenn- 
seichen  rn  ein  aspirirtes  zur  Bezeichnung  der  Mehrheit,  beigegeben, 
daher  gimviemAk  wir  loben.  Ich  behalte  mir  vor,  von  diesen  Sprachen 
hei  einer  anderen  Gd^enheit»  und  ans  einem  mdam  Geaidi^uakte 
tu  handeln ,  da  «ie  in  dem  Zwedte»  der  hier  der  Torhentdiende  i*t* 
—  durch  Zusammcnstdlung  der  Sprachen»  die  ein  eidieres  Gepräge  ge- 
meinschuf tUcher  Abktmft  tragen  dem  Ursprung  und  Entwicklungsgänge 
ihrer  übereinstimmenden  l  ormen  so  viel  möglich  anf  die  Spiu*  zu  kom* 
mmi  —  Vickl  wesoitUch  beitragen  können. 


124  B  0  p  p :  Fei^ichenJe  Zer^Uedenmg  des  Sanskrits 


Von  den  Wurzeln. 

Da  ich  die  Natur  der  Wuixeln  oder  der  einfaciisieu  Grundbe- 
•tamitlieile  der  Worter,  in  Bezug  auf  du  Suubrit,  Grieehiic^,  Latet- 
nifdie  und  GeniiBiuiehe,  bei  einer  anderen  Gd^ienheii  m  «eigen  toe^ 
sucht,  und  Einsylbigkcit  als  deren  vvesenttidbcn  Charakter  aufgestellt 

habe,  so  Wcibi  hier  blofs  noch  beizufügen  übrig,  dafs  auch  die  Wur- 
zeln der  Lettischen  und  Slawischen  Sprachen  einsylbig  sind.  Diese  eine 
Sylhe  mag  nun  so  viel  oder  so  wenig  Buchstaben  enthalten  als  mög- 
lidiy  ein  einziger  Vocal,  und  ein  Ton  süiammengeielBten  GoDMmanten 
einyaclilowener  Vocal,  sind  die  entg^engeseixien  GrSnien.  Ich  habe  i, 
gehen,  als  Beispiel  einer  Wurzel  angeführt,  welche  blofs  aus  eineoa 
Vocal  besieht,  eine  Wurzel  welche  im  Griecliischen  und  Lateinischen 
sich  wiederdntlei ,  wie  sicli  ergibt,  wenn  man  Aon  intus ^  iuev  (Dor.  ifit») 
dem  Sanskritischen  imas  entsprechend,  die  Personal  -  Endung  ablöst. 
Auch  hn  Alt-^'wicdien  und  Liduniischen  findet  «eh  diese  Wuml  mit 
dendben  Bedeuuu^.  1^  AJuSlawisdifln  wird  ans  i  durch  Ansetsnng  da«. 
Suffixes  ti  der  Infinitiv  ili  gebildet,  welchem  das  Lithauische  eiti  ent^ 
spricht,  im  Präsens  einiij  ich  gehe;  denn  die  A'ocnlvcrstiirkung,  welche 
im  Griechischen,  in  Analogie  mit  dem  Sanskrit,  nur  im  Singular  statt 
findet,  erstreckt  sich  im  Litliauischen  über  die  ganze  V\  ui'zel.  —  Vom 
Fsrtisehen  kann  nicht  so  unbeschränkt  behauptet  werden,  dalli  alk  Yfw- 
idn  einsylbig  seyen,  es  finden  sieh  in  dieser  Sprache  nicht  wenige  pri- 
mitive Yerba,  welche  sich  nur  auf  nidirsylbige  Stamme  sui'Ackfnhren 
lassen.  Diese  Erscheinung  läfst  sich,  nach*  meiner  Ansicht,  aus  verschie- 
denen Gründen  erklären.  Der  wicluigsie  ist,  dafs  die  Persische  Sprache 
keine  zwei  verbundene  Consonanteii  am  Anfange  eines  Wortes  duldet; 
wenn  nun  eine  Wtirzel  in  den  verwandten  Sprachen  mit  zwei  Gonso» 
nanien  anfingt,  so  wird  sie  im  Perstschen  daduurcfa  mehrsylbig,  daüi  ent- 
weder ein  Tocal  zwischen  beide  Aniangscoosonamen  eing^sdioben,  oder 
dw  Wurzel  vorgesetzt  wird.  Im  Sandcirit  ist  z.B.  Stu  eine  Wurzel, 
welche  preisen,  rühmen  bedeutet,  woraus  im  Persischen,  durch  Ein- 
schiebung  eines  suUiu  entsteht,  wovon  der  Jatimtiv  suthtMien^  loben, 
lautet.  Der  Alt-Indischen  Wiu-zel  dschmi,  womit  das  Griechische  i/vw, 
das  Uiteinisdie  ffumu  «nsammenhtngen ,  oitaprichi  die  Fernsehe«  ab 


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und  äer  mit  ihm  l  envanäten  Spraclien. 


125 


Imperativ  gebräuchliche,  Wurzel  schemh  einsehen  (Inf.  schenäch^n). 
Ein  Beispiel  einer  Wurrel  -welchei'  im  Persischen  ein  Vocal  vorgesetzt 
wii-d,  ist  das  vielverbreitete  slhd  stehen,  welches  im  Persischen  isthd 
iMUiet,  wovon  der  InfiiiitiT  i'sM^den.  Aucli  ohne  die  Y«mdMnmg, 
die  Hirie  eines  infangendan  sataammengeseiiieii  Conwmaaten  lu  tai^ 
meiden,  werden  den  ursprünglich  cinsylbtgm  Wurzeln  Vocalc  vorge- 
setzt, daher  lautet  die  Sanskrit -Wurzel  misr,  mischen,  im  Persischen 
amti,  (Inf.  anitc/t-ten).  Diese  Wurzel  ist  allen  mit  dem  Sanskrit  vfi-- 
wandten  Sprachen  gemein,  und  selbst  die  Semitischen  Sprachen  bieien 
Bier  eine  aulfallende  AehnUchkeit  dai'  —  im  HebruBchen  heilst  wasach, 
und  im  Arabiidieii  matadteh^  mischen»  tmd  «och  du  Syrische  tmd 
Cbaldäische  nehmen  an  dieser  Wnrsd  Theü«  Ein  anderer  Grund  welcher 
Mehrsylbigkeit  der  Wurzeln  Teranlalst,  ian,  dafs  Budutaben  welche  im 
Sanskn'i  zu  <lfn  Ableitung5sylben  geliören,  im  Persischen  zu  der  Wur- 
zel gezogen  werden ;  so  ist  schunUj  welches  als  Stamm  von  schtmä-dfifif 
hören,  anzusehen  ist,  oiienhut-  durch  AussioCsung  eines  r  aus  sru  cnt- 
•landen,  wddies  nu  sur  Ableitangssjibe  hat«  und  im  ImperatiT  srAut, 
höre,  in  der  enten  PluralperMm'dea  Priiens  kvuühm,  wir  hören» 
bildet.  Auch  mögen  im  Persischen  nidlt  selten  Partikeln  imd  Priposi- 
tionen ,  die  aber  nicht  mehr  solrtte  erkannt  werden  können,  mit 
Wuraein  verwachsen  seyn ,  die  inenlurch  den  Charakter  der  Mehrsyl- 
.  bigkeit  gewonnen  haben.  Icli  glaube  dafs  man  z.  ß.  die  Sylben  Jer 
Qttd  ftei  für  solche  Fartikeb  anidten  kSnnie ,  wddie  sehr  -viden  Zeit- 
wörtern vorgesetzl  werden.  Wenn  man  aber  von  peunU'dm,  pmiSff 
die  SyUbe  pri  ablSst,  so  trifik  man  mit  der  gleichbedeutenden  Indischen 
Wurzel  mä,  messen,  zusammen.  Audi  im  Sanskrit  gibt  es  einige 
Zeitwörter,  mit  deren  Wurzeln  i'räposiüoneu  so  verwachsen  sind,  dafs 
sie  in  der  Flexion  wie  Kadikalbuchsiuben  erscheinen,  und  von  den  In- 
disdicn  Grammaiikeni  mil  aar  Wunel  geredmet  weiden.  Man  «iEcnnt 
in  $aH§rim  und  ««odftft*  leidit  die  Pkipoattionett  »am  und  a»aj  diese 
Zeitwörter  bilden  aber  im  vielförmigen  Präteritum  asasangrnnutm  und 
aimvadhtram j  wodurch  die  Sprache  die  beiden  Pi^apositioneu  t;leichsam 
zur  Würde  der  Kadikaibuchstaben  erhebt,  denn  sonst  würden  die  er- 
wühuicn  Zciiwurier  durch  die  mit  dem  Augment  verbiuidene  Redupli- 
haiion  ammgaßnimam,  avSeUdhl^.  bilden. 


136  Bopp;  Fet^eichenäe  Zer^liadenmg  des  SHmshits 


Der  wahre  Charakter  der  Wurzeln  d^s  Sanskrits  und  der  mit 
ihm  verwandten  Sprachen  zeigt  sich  am  deuthchsten  durch  Entgegen- 
stellung der  Wurzeln  des  Seoiitischai  SpmhlaiBme».  Diese  erfodem 
drei  ndilcale  Goauottauten,  —  ao  da6  eine  m»  dnfadie  Wand  -wie  i, 
geh«n,  im  BUiriisdiflii  und  in  dea  verwandten  Mtudefieik  aidii  infig* 
bell  wäre  —  nad  and  siveisylbig,  wenn  gleich  ihre  sweisylhige  Natur 
durch  Beugung  zuweilen  versteckt  liegt.  Da  aber  ein  vertrauter  Ken- 
ner des  Semitischen  Sprachstamms  die  Zweisylbigkeit  der  Semiiischen 
Wtu-zeln  in  Zweifel  gezogen,  tuid  sie  als  einsylhig  zu  beweisen  vei-sucht 
]»t  M  Ml  es  mir  liier  vergüimt,  iQ>er  diocD  Gegportend  meine  An« 
«du  etvim»  muÜDbilidier  «nssiu|Hredken,  mdem  diardi  dieee  ^firternn^en 
zugleich  die  Nemr  der  Sanilrit -Wurzeln  tiefer  ei^rundet,  und  in  ihrem 
ToUkommensien  Gegensatz  z'i  den  ScniiiJschen  Wurzeln  erscheinen  wird. 
Koseganen  stützt  seine  ilchaupiuiig  vorzü^^lirh  rtiif  die  Clialdaischen 
und  Syrischen  Praterita,  wie  krab,  klob,  weiche  aiierdmgs  eben  so  eiu- 
sjlbig  scbdnen,  ak  die  v<m  ibm  entg^engeetellte  Saaeltrii-Wiinfll  lavm 
•ebreiten,  die  LeteiniiMlie  dam  rufen,  und  die  Dentscbe  klag;  feiv 
ner  auf  den  HeT^räischen  Infinitiv,  im  Status  eonstructus,  tmd  ImperatiY, 
wie  ktol.  Ich  glaube  dagegen ,  dafs  man  nicht  Prinzip  aufstcll«! 
könne,  dafs  gerade  die  küi  zesie  Fonn  einer  Wonlainilie  als  \Vurzcl  an» 
zusehen  sei;  es  hrauchen  vielmehr  die  Wurzein  in  der  Spi-ache  gar 
nicht  voinulciommem,  und  kommen  in  den  meiaten  Sprachra  urirklidt 
nicht  TOT.  Die  WnrEel  -wird  gefunden,  -«lenn  man  Ton  dnem  Worte 
alles  ablöst,  was  irgend  einem  grammatischen Ndienbegriff  andeutet,  wie 
die  Casusenduugen  des  Nomens  und  das  Ableilungssiiffiix ,  wodurch  es 
zu  einer  besonderen  Kiasse  von  ^omin^  gestempelt  wird,  die  Personal- 
endtmgen  der  Zeitwörter,  und  das,  was  die  Tempus-  und  Modusverhältr 
nisse  beaeidinet,  und  wenn  man  überiaaupt  nur  daa  fibrig  liTst,  wa«  die 
von  einer  QueUe  auagebende  Wörter  mit  einander  gemdn  beben.  Im 
Griecbiadien  kommt  gar  keine  Wurzel  als  Wortform  vor,  im  Lateini- 
schen nur  einige  abgekürzte  Imperative  und  Adjectivformen ,  die  jedoch 
ntu*  in  Zusammunsetguogen  vorkommen,  wie  ger,  fstf  in  armigBr,  ^fruff- 


(■ }  S.  Kosegarten's  Rezeunon  der  AnnaU  ^ orienlat  liurature,  in  der  Jenü'ichcn 
littcnintMttaBf  4.  i8st.  Sc^.  S.  SgS. 


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ufid  der  mit  ihm  verwandten  Sprachen. 


127 


^r.  Im  Sanskrit  kann  jede  Wurael  in  ähnlichen  Ziisammenselznngcn 
»!s  Adjectiv  gcbraiichi  weiden,  und  dieses  ist  der  einzige  Fall,  wo  eine 
SaQskiii-\V  urzei,  ohne  fremdartigen  Zusatz,  ins  Leben  einu-ilt.  Im 
Golliilcfaan  Uetet  die  sogen wnite  »uurke  Gonju^don  in  der  i^ien  Sinp 
fOibippcrM«  da»  InpaiMm  die  reine  Wni«!  dar;  aber  um  nun  ineder 
zu  dem  Hebräischen  ImperatiT  intfick zukehren,  so  kann  ich  deswegen 
f[tol  nicht  als  Wiuzcl  anerkennen,  weil  diese  Foim  offenbar  das  Resultat 
einer  grammatischen  Operation,  die  Folge  einer  Zusammenzieliung  ist. 
Man  vrird  dieses  leicht  zugeben,  wenn  man  auf  den  wichtigen  und  auf 
die  ganze  Spnduntfaltiuig  UkSut  ciulttfinidifln  BBterscliied  aehiei» 
'wdeW  Bwisdien  den  Semitiidien  Terlmndenen  Gonsonanten,  (wie  in 
dem  Hebräischen  Impei^tiv  ktol,  in  dem  Chaldäiscben  Prateriuim  kkU), 
und  denjenigen  statt  findet,  womit  im  Sanskrit  und  den  venvandten 
Spraciien  eine  Wurzel  anfängt  oder  endet.  In  der  S;inskrit -\Vurzel 
kram  schreiten,  in  der  Lateinischen  dam  rufen,  in  dem  Griechischen 
wenden,  bilden,  wie  in  allen  ähnlichen  Wurzeln,  die  beiden 
"verlrandenen  Consonanten  gewiMeraiafien  eine  granunaiisdhe  üinheit; 
•ie  «ind  wie  von  Natur  sosanunengewaeliaett,  nnd  können  dnrdi  keine 
grammatische  Umbicguag  geti-ennt  werden,  —  to  dals  etWA  «nt  inuHj 
karam ,  korarn  oder  etwas  ähnliches  werden  könnte  —  sie  werden  viel- 
mehr ganz  wie  einfache,  uniheilbare  Elemente  behandelt.  Wenn  aus 
kram  die  Formen  karam,  koram  und  ähnliche  kommen  könnten,  so  wü'^ 
den  nadi  meiner  Meinung  die  ladiiciien  Gramnuitiker  Unredit  halien  ee 
als  Wurael  aufzustellen ;  es  wurde  da,  wo  et  alt  Wortform  Ywckime, 
für  eine  Zusammenziehimg  gelten  muMeu}  et  w&w  ein  gebogenes  Wort, 
denj>  Beugung  besteht  nicht  hlofs  in  Erweiterung,  sondern  auch  in  Zu- 
sammenziehung eines  gegebenen  Sprachclements.  —  Ganz  nndcrs  >-erhält 
et  sich  mit  zwei  verbtuidenen  Consonanten  der  Semitischen  Sprachen; 
et  gibt  eigenilieh  in  dietera  Spracbsuinnie  keine  radikale  Verbindungen 
Ton  Goosonamen,  wobl  aber  gdiSrt  sn  dem  Umfange  seiner  organiifiben 
Flexionen  die  Fähigkeit,  zwei  durcb  Yocale  geschiedene  Consonanten 
durcli  Schnelligkeit  der  Aussprache  7.11  A'creinen.  Durch  eine  solche 
gianunatische  Opeiatiun  entsteht  der  Imperativ  ktol.  Duft  nher  /  und  / 
nicht  von  Natur  vcrbiuiden  sind,  imd  wie  kr  in  der  Sanskiii-W  untel 


128  6  o  p  p ;  Fergleiekenäe  Zer^hdmvng  da»  StttukriU 


kram  gleichsam  eine  Einheit  darstellen,  sieht  man  aus  den  meisten  Wort- 
formen welche  mit  ktoi  einerlei  Stammes  sind.  Die  zweite  Singularper- 
wm  des  Imperatin  ttt  gröittakdidls  idoititcb  ttH  den  ünfiniUr  im  Status 
eonstructuSf  dieser  aber  ist  falofs  die  Ya-kfinung  des  timlus  aUobttusj 
aus  hilf)/  ^vird  klo/,  -weil  das  regierende  Woit  und  das  i^egierte  im  He* 
hräischen  in  so  inniger  Verbindung  stehen,  dafs  sie  gleichsam  eine  Art 
von  Compositum  zusammen  bilden  ;  mm  eilt  daher  so  schnell  als  mög-  ' 
lieh  von  dem  ersten  zum  letzten,  denn  biofs  durch  diese  Eile  wird  das 
grammatische  VerhaliniTs,  in  welchem  beide  Wörter  lu  einander  stehen, 
ansgedrficLt.  Weil  es  aber  andi  in  der  Natur  der.Saefae  liegt»  dafs 
nnn  bei  einem  Befehle  seimm  Willen  so  schiull  als  möglich  ausdrückt, 
so  erkürt  es  sich  hieraiis,  warum  der  buperativ  in  Sprachen,  deren 
W^urzcln  eine  Verkürzung  zu1a«s«;en ,  von  derselben  Gebrauch  macht, 
und  warum  in  Sprachen,  wo  eine  \  erkürzung  oder  Sylbenverminderung 
der  Wurael  unmöglich  ist,  nicht  selten  die  unveränderte  Wurzel,  ohne 
Beifügung  eines  FersooaldiarBkte»,  als  zweite  Singularpei  son  des  Impe- 
ratiTS  sidit.'  Im  Syrisdien  und  GbaUtiUsdicn  findet  «war  eine  Verbin- 
dung des  ersten  und  zweiten  Radikalconsonanten  auch  in  der  dritten  Sin- 
giilarperson  rnasc.  des  Präteritums  statt,  allein  es  Ififsi  sich  liiermtt  eben 
so  wenig  die  Einsvlbigkcii  der  Wurzel  beweisen^  weil  diese  Zusammen- 
Ziehung  nicht  auf  alle  abgeleitete  VVorilormen  sich  ersu-eckt,  weshalb 
da«  Ghaldiisdie  und  Syrische  ktal  nidit  mit  der  Indischen  Wund  kmm 
verglichen  werden  kann. 

Wenn  man  beredbtigt  wire  su  behaupten,  dafs  der  erste  Vocal 
von  kaüil  nicht  zur  Wurzel  gehöre,  weil  man  in  allen  Semitischen  Mtmd* 
arten,  bei  gewissen  Woriformen,  so  schnell  darüber  hinauseilt,  dafs  er 
keine  Syibe  bildet,  so  könnte  man  mit  gleichem  Rechte  sagen,  dafs  der 
i(Wdie  Yoeal  nickt  aur  Wurzel  gehöre,  indem  er  nidkt  mmder  baulig 
«nsgesiofsen  wird.  Es  kommt  s.B.  Ton  dem  Hebräischen  ftrtisip  Aott/ 
tödtend,  das  Femininum  kotiah  durch  Ausstofsung  des  zweiten  Vocals» 
während  kttilah  .  ans  ktitut  {^eiüJiel,  durch  Auüslofsung  des  ersten 
kömmt.  Auf  welche  Zusanmif  nziehuug  i»oll  man  nun  ein  gröfseres  Ge- 
wicht legen,  um  aus  den  l'aruzipien  die  Einsylbigkeit  der  Hebräischen 
WuTMdn  zu  beweisen?  Oder  ntfiiste  man  vkdbx,  um  konsequent  su  seyn. 


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und  der  4mt  ihm  %'envandien  Sprachen. 


129 


auf  beide  Yerkürznngen  ein  gleiches  Gewicht  legen ,  woraus  herroegelMB 
wurde,  dafs  eine  Hebräische  Wurzel  gar  keine  Sylbe  bilde  ('). 

Ich  möchte  jedoch  keineswegs  behaupten,  dafs  in  den  Semitischen 
Sprachen  die  dritte  Singularperson  masc.  des  Präteritums ,  z.  B.  katal 
im  HdirÜschen,  die  WuniBl  aniuMlMB  cei,  dorn  hto^,  hatul,  und 
jede  «ädere  Wonfonn,  Wehe  weder  am  Anfange  noch  am  Ende  der 
Wund  etwas  beifügt,  noch  im  Innern  eine  nicht-radikale  Einschiebung 
hat,  aber  and»  keinen  Wurzelvocal  verschluckt,  Imt  ein  gleiches  Recht 
für  die  Wurzel  zu  gelten,  insofern  man  nämlich  eine  in  der  Sprache 
bestehende  W  ortform,  und  nicht,  wie  die  Indischen  Grammatiker  gethan 
haben,  ein  rmm  Abfttactvm  ab  Wmel  aiifttellen  will  (^).  Man 
könnte  Mgen»  dab  die  Semidsdien  Wnndn  eigendich  l^ine  Stammvo- 
cale  haben,  und  hierdurch  in  einem  entschiedenen  Gegensatze  zu  den 
Sanskrit-AVurzeln  stehen.  In  dieser  Spraelie  tiiipt  n'mlich  der  Vocal 
sehr  wesenthch  zur  BestimmTinc  der  Gnindh«  dfutun";  hei,  und  wenn 
man  ihn  mit  einem  andern  als  nahe  verwandten  vertauscht,  so  entsteht 


(i)  Wlhrend  der  Hebr&ische  Infinitiv  im  ttatus  conslructus  den  enten  ToaJ  der 
WuRel  auwtöfct,  gelangt  der  Arabische  auf  dem  entgegen geaeuten  Wege  cur  Einaylbig- 
keit,  indem  nlmlich  dw  Yo«al  de»  Eweitea  GoDfonanten  der  Wund  «lagpstefteB  wwd; 
nun  vergleiche  das  Hdirtiiclie  IM  mit  dem  Anbiacben  ktttt-un.  Es  Itaim  biennis  dhoi 
•0  maig  die  Einsilbigkeit  der  Wurzel  bewiesen  weiden,  da  in  anderen  Wortformen 
dar  nreite  WundTOGal,  im  AnbiKben,  «eine  Recbte  uir  OtaSigt  geltend  au  machen 
wei»,  and  im  AUgeaMnien  viid  tdlcaer  als  im  Hehrtieebea  sich  wdifagm  Uftt*  Msa 
vergleiche  t.B.  das  AmhiickB  iatafal  sie  tadkeie,  ait  AaffaA,  JhtfoJw,  aie  tödte- 
ten,  mit  kaüu. 

(a)  Die  IndiicLcn  (^rammaliker  sind  offenbar  durch  Abstractioa  ru  dem  Begriffe  ihrer 
Wurccln  gelangt.  Denn  wenn  gideh,  wie  bereita  bemerkt  worden,  eine  jede  Seadtri^ 
tische  Wurxel,  nach  Analogie  der  Lateinischen  Adjcctive  frr  und  gr,  in  Zusammnuctiim- 
gen  vorkommen  kann,  »o  »ind  doch  nur  wenige  Wuneln  auf  dicae  Weite  in  gcwöhn- 
lidna  Gebiaiiidw.  Wem  «ad  b.B.  die  Wurxebi  «f,  ••«ea,  tu  «ad  Mtf,  aeya,  dt, 
•  itsen,  swap,  srhlafcn  ti.  «.  w.  jemals  in  Zusammenaetxungcn  der  erwähnten  Art  voi^ 
gekommen  ?  Auch  sind  dit  EndbucliStaben  der  Wurzeln,  wenn  sie  ohne  Anfügung  eine* 
Suf&s4»  ab  Wortformen  gebraucht  werden,  den  Wohllautaregeln  unterwürfen,  worauf 
aber  bei  der  AuCrtellung  der  Wuneln  die  IndiKhen  Grammatiker  keine  Rücksicht  ge- 
nommen haben;  s.  B.  duh  wird  aLt  Wurxel  gegeben,  welche  brennen  bedeutet  (W») 
denn  obwohl  der  Couaonante  A,  den  man  nicht  mit  dem  tpiiifiu ßnalis  verwechieln  darf, 
im  Sanakrit  niemal«  am  Ende  eines  Worte«  atebai  kaaa*  S»  c^kt  sieh  doch  dak  leicbt 
akWnnekjlbe  von  «fsAoit  er  brennt. 

HkLfhM,  Kk9t9 1834.  R 


130  B  o  l>  p :  Fei^leiehmde  Zergliederung  de»  Santknts 

eine  panz  andere  Wurael,  aufser  allem  Zusammenhang  der  Bedeutung. 
Es  diückt  z.B.  die  Wurzel  Tup  die  Begriffe:  beleidigen,  Terwun- 
deu,  tödien  aus,  und  der  SuimmTocal  u  Laan  mir  in-^  und  au  über* 
f/Atm,  aber  dnrdi  d«aB«n  YmSndernng  in  i  oder  a  entstehen  neue  Wuiv 
zdn  Tom  gms  ▼ewchiedener  Bedeuiung;  heifst  namUch  besprengen» 
und  lap  brennen.  In  den  Semiuscben  Sprachen  ist  es  anders,  ein  je> 
der  Vocal  kann  in  jeden  verwandelt  werden,  und  die  Vocale  gehören  in 
diesem  Sprachsiamme  mehr  der  Bestimmung  grammau'sclier  jSebenbegriire 
aU  der  Festsetzung  der  Gruiidt>e«Ieuiung  an.  Aus  dem  Hebräischen  Italal 
kann  durdi  kdne  VocakerSndenug  dn  Wort  g^ldet  trerdent  wddies 
nichl  mit  dem  Begriffe  iSdten  cusammenhinge,  und  es  gehören  in  den 
Semitischen  Sprachen  von  einer  Axtzahl  \oi\  Wörtern,  ohne  Rüclisiclu 
auf  die  Voralc,  iiUe  diejenigen  zu  e i ii er  Wurzel,  welche  dieselben  Golli- 
sonantcn  m  derselben  Ordnung  aufweisen.  Eine  Semitische  AVurzel  ist, 
in  Bezug  aut  die  Vocale,  so  unbestimmt,  dafs  sie  eher  gedacht  als  aus- 
gesprodten  werden  kanni  dal«  sie  aber  alt  tweisylbig  gedacht  weiden 
mfiuej  erhellt  dareus,  dafs  vom  ihr,  ohne  fremdartigen  Zusats,  und  ohne 
Wiederholuiig  der  Radikalbestandtheile,  sweisjUnge  Wortfwmen  am- 
gehen  r>). 

Wenn  aus  dem  Gesagten  Iiervorgeht,  dafe  man  von  gewissen  ein- 
silbigen Wortformeu  des  Semitischen  Sprachstamms  nicht  atif  die  Ein- 
sylbigkeit  der  Wnradn  tdiHefsen  düife,  weil  man  hieriiei  die  Zusam- 
meniiehnng,  deren  Kesuliat  sie  sind,  äiersehen  wfirde,  #o  mSehte 
ich  doch  dem  entgegengesetzten  Verfahren  derjenigen  nicht  heistimmen, 
weiche  im  Griechischen  alle  zusammengesetzte  Consonantcn  aus  Zusam- 
menziehtmgen  oder  auf  andere  Weise  zu  erlvlärpn  sucLea,  und  nirgends 
zwei  verbundene  Gonsonaniexi  als  Urbesuudtheil  einer  W^tU'zel  gelten 
lassen.  Bs  mag  seyn ,  dafs ,  wenn  ww  uns  in  die  Zeit  der  Irühesien 
Spradientwicludnng  Tersetsen  könnten,  wir  keine  sttsammengesetxie  Gon- 
sonanten  finden  würden;  aQein  in  dem  Zustande  äer  Ausbüdung,  in 


Duft  4mt  ZaMflnde  worin  wir  di«  Seautiiclita  Spradiat  kenam,  «in  Shov  vor* 

ausgeben  koanle ,  in  welcliem  das  Ci-srli  der  Zwrinylbigkril  nocli  niclit  aiugebildet  iv  ii 
aoU  hier  keineswcges  bestritten  werden,  und  mit  dem  was  Oeseniua  in  «einm «uitubr- 
Udwa  Uktgääai^  S.  tSS,  iS«.        bm  idi  raUkMiaiMi  «amMmdm. 


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■ 


und  der  mit  i/tm  i'envandten  ^rochen,  131 

^fdchem  sich  uns  dns  Sanski-it,  Griechische  und  andere  rerwandte  Spntdiax 
«eigen,  läfsi  sich  der  Grand,  aus  welchem  verhundf-ne  ronsonanien  in 
den  Wurxehi  gleichsam  eine  grammalische  Einheit  vertreten,  uichi  mehr 
erkennen,  und  sie  lassen  sich  Ton  den  Grundbesumdtheilcn  der  Wurzeln 
nidit  »ttSBcblieftea,  ymm  man  nidit  cn  fguu  iviUköIirlidieii  und  gezwoa« 
goien  BrUftpoi^en  seine  Zuflucht  nelmieik  ifill.  Wenig  Befnedigendet 
gpivifalt  S*B.  Lennep'»  Erklärung  von  ttow  aus  raui  duri  h  ein  \OPfi^ 
seictes  0";  ran},  welches  nichts  erklären  AvTude,  <;nll  nämlich  einerlei  seyn 
mit  rm,  welche?  das  Primitivura  von  «iVw  seyxi  suU ,  um  so  anf  langem 
Wege  von  dem  Begriffe  des  Streckens  zu  dem  des  Stehens  zu  gelangen. 
Dft  eher  das  GriecAisdie  vtm»  mit  der  Alt-Indiidien  gleidibedeateiMkn 
Wunel  stM  zttsmmientriflft,  eine  Wunel,  weldhe  sich  in  den  mMSten, 
wo  nidit  in  allen  Tennindten  Sprachen,  erhalten  hat,  so  folgt  daraus, 
wenn  man  dieses  Zusammentreffen  nicht  für  ein  Spiel  des  Zufalls  an- 
sehen will,  dafs  die  Vereinigung  des  <7  und  t  in  Träu),  'irr^m  sclir  idt, 
ja  älter  aU  die  Griechische  Sprache  sei,  denn  sie  bestand  in  einer  Zeit, 
WO  man  nodi  nicht  Sanslrit,  GriediMdi^  Lateiniadt  n.s.w*  untendiied. 
Eben  so  Tedidt  es  sidi  nüt  mandien  andem,  der  Griediiachen  mit  der 
SanskriiifNnehe  gemeinschaftlidien  Wurzeln,  die  man  gleichsam  ans  ih- 
ren Fugpn  reifscn  müfste,  wenn  man  den  Griechischen  Priminven  Iveine 
zur  Einheit  verbundene  Consonanten  zuerkennen  will.  Lennep  erklart 
Tt^m  aus  Ti^w.  e'^TCd  aus  l^eai;  die  Indischen  Grammatiker  stellen  richtiger 
tr^  elrfrenen  vccA  »ip  sich  bewegen  als  dnfedie  nntheillMre  Wniv 
ad^lben  auf,  wddie  in  der  Flexion  in  larp  and  iarp  iibergdien,  cB. 
tuptUi  er  erfrenty  sarpati  er  bewegt  sich. 

Valflt enacr  theilt  die  Griechischen  primitiven  Zeitwörter  in  bili- 
terae,  Irililrrni^  und  qitadräiteme  ein,  und  «lle  Verba,  welche  in  der  er- 
sten Singularperson  des  Präsens  mehi-  als  vier  Buchslaben  enthalten,  SO 
wie  die  mit  Vocalen  anfangenden  qtuuby^itsratt  werden  von  ihm  ans  der 
Zahl  der  PriniitiTe  ansgesdilosaen.  Es  mülsten  also  nach  dieser  iiner* 
wiesenen  Theorie  ZeitwCrtelr  wie  t^Itw,  <i>>Jyuit  rqpv,  efiru,  tknu,  wenn 
auch  verbundene  Consonanten  als  Radikahhcile  primitiver  Zeitwörter  zu- 
gelassen wüi^len,  schon  deswegen  als  al)geleiiei  gellen,  weil  sie  mehr  als 
vier  Buchstaben,  oder  unter  vier  Buchsutben  einen  Aniangsvocal  haben. 
Dodi  ist  andi  Valcienfter  kein  Freond  Ton  Tedwindenen  Gbnsonanten, 

R2 


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132         B  o  p  p :  Fer^ei^mde  Z^^g^bimu^  des  SntMt 


dM  er  auch  in  qimdnlileris ,  wie  xXacij,  tX/j  ,  tX««,  für  Zusammen 7 iVTmn- 
gen  erklärt.  Es  mag  s«ja,  dafs  itham  wirklich  aas  rcXo^u  cnisiunden  sei, 
denn  die  Bedeutungen  beider  Zeitvröi*tcr  sprechen  für  diese  Ableitung, 
et  folgt  tbet  «kmitt  nicht,  daA  vuSx  «Aiw  und  T>im  die  SjrOie  «1^  nur 
Wnivd  hilMn.  Warum  aoUle  et  nidbt  im  Gneehitdicn  dne  WumI 
geben  können,  die  mit  MtCmge  und  r  oder  a  zum  radilwlen  Endvocal 
habe?  Im  Sanskrit  isi  P/u  eine  Wuraelsylbe,  yrelche  Bewegung,  beson- 
ders auf  dem  Wasser,  wie  schwimmen,  fliefsen,  ausdrückt ;  mit  /j/u 
hängt  die  Lateinische  Wurzel  JIu  (JIuo,  ßiwien) ,  das  Deuuchc  liicfsen, 
und  offisnW  andk  das  'Griediisclie  vAcw  und  ir?Jm  «iwammcn,  als  derca 
Wunein  man  vA/  und  «A^  ansehen  mnb*  Wenigiteiu  erbcUt  ana  der 
erwähnten  Uebereinstimmung  mit  dem  Sanskrit,  data  die  Vereinigung  der 
Buchstaben  -  und  X  eben  so  alt  sei  als  die  von  r  nnd  t  in  der  Wtu*- 
zel  Tra,  und  dafs,  wenn  v\iw  und  vXow  dux'ch  Zusammenzieliung  ent- 
standen sind,  dieses  keine  Griechische  Zusammenziehung  sei.  Urne  Noth- 
wendigkeit  w?iiu  und  tXsm  liSr  Alikömmlinge  toh  wiKu  an  erklären,  wuide 
eher  nur  dann  bestellen,  wenn  es  erwiesen  wäre,  dafs  die  ^wnchfamille 
die  uns  hier  bescliaß^t,  mit  der  Semitischen  die  Eigenheit  llldlte,  dafs 
CS  bei  einer  Wurzel  einzig  auf  die  Reihefolge  der  Consonanten  ankäme, 
und  dafs  die  Vocalc  eine  gleich  imiergeordneie  Rolle  spielten.  Ich  habe 
bereits  das  Gegentheil  zu  begründen  versucht,  durch  die  Erscheinung, 
dals  CS  im  Sanskrit  Worisilmme  gibt,  die  mit  gleichen  Gonsonanien  a» 
langond,  mit  gleichen  endend,  wegen  der  Verschiedenheit  des  StanunTO' 
cals  nl^  M  rschiedene  von  einander  unabhängige  Wui-zelu  bestehen,  die 
in  der  iiedeutung  keine  Berührung  haben.  Xun  bleibt  mir  noch  übrig, 
einige  Beispiele  All-Indischer  Wurzeln  anzufübrrn,  vrplrhe  wie  TeA«  und 
wJJa»  im  Griechischen,  bei  gleicbeu  Siammconsonantcu ,  und  gleichem 
StammTOcal,  durch  die  Bedeutung  gänzUch  gesdiieden  smd,  weil  der 
SiammTocal  der  einen  ron  den  swei  Slanmiconaoiianien  eingesdilosscn 
ist,  wahrend  der  der  anderen  am  Eiulr  -steht,  und  zwei  zur  Einheit  rer^ 
hundene  Consonnntcn  vor  sicli  hat.  So  heifsi  sur  glänzen  und  sni 
fliefsen,  pul  heifsi  grofs  werden  und  p/u  schwimmen,  rfkur  heifst 
tSdtcn  und  J/tru  fest  stehen.  Vielleicht  würde  sich  bei  ahnlichen 
Pillen  hier  und  da  nodt  cum  «mfamie  BerOfarung  der  Bedeutung  auf« 
BaAn.  lasten,  aUdn  wenn  man  auf  au  entfernte  Besiekungen  ein  Ge- 


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und  der  mit  äm  verwandten  Sprachen^ 


133 


widit  legt,  welche  Wörter  waren  dum  nicht  yerwandt?  So  lange  vmi 

"Wöriei-  niclil  ganz  das  Gegentlipil  von  einander  ausdrücken,  müssen 
ihre  Bedeutung^  irgend  einen  Berühi'UDgspimkt  darbieten;  es  ist  sogar 
nicht  selten  der  Fall,  dafs  ein  Wort  ««ine  ursprüngUche  Bedeutung  mit 
der  entgegengeaatecB  «wtovacbt« 

Von  den  Ptonominen. 

Die  Pronomina  sj  ii  kn  eine  so  wicliiipu  Holle  In  dei"  Formenlehre, 
sie  haben  einen  so  grofscn  i:4xiiluls  aul  die  gratajiiaiische  Gestaltung  an- 
derer Redetbeile,  def«  ea  swedtmafsig  ist,  in  der  Terf^eichenden  Zei;^e> 
demng,  die  niu  hier  betdiiftig^,  von  dner  Bfluren  Beuaditiiiig  derwl- 
lien  ttorngdieo.  Nicht  nur  auf  die  Personalbcsümmungen  der  Zcitwör» 
ler,  sondern,  aller  Wahi-scheinlichkeit  nach,  auch  auf  die  ^Vrlialtnifsfor- 
men  des  Nomens,  äufscrn  die  lladikaltheile  der  Pronoimni  ihren  Ein- 
ilufs,  und  es  verdankt  ihnen  ein  grofser  Theil  der  Conjunciionen  seinen 
Ursprung,  m»  wenig  ludi  bei  dau  enten  Uieke  die  BedeufllBg  dendp 
lien  M  dieier  Vermudiung  Anlal*  geben  mag* 

Die  Lidischen  Gnunmatiker  iind  mit  den  Europäiscben  Etymolo- 
gen in  einerlei  Fehler  verfallen,  wenn  sie  die  Pronomina  von  denselben 
Wurzeln  ableiten  ,  woruu«;  \  erba  und  andere  P<eHctheile  entspringen. 
Wenn  sie  z.B.  da^  Inierrugativ ,  welches  k  zum  radikalen  Gonsonanten 
bet,  Ton  der  Wunel  hat  tdnen  eUeiten«  «o  findei  nen  hierbei  eben 
10  wenig  Befriedigimg»  eis  wem  man  bei  Lennep  lyiJ  ich  aui  einenn 
Verbttm  lyw»  für  oyw.  ich  thue,  mit  Zuversicht  abgeleitet  sieht.  Das 
Zusammen t reffen  des  Lautes  scheint  zu  solchen  Ableitungen  die  einzige 
Veranlassung  gegeben  zu  haben ,  und  die  Bedeu? unj^  wenic:  berücksich- 
tigt zu  seyn.  Den  Benennungsgrund  der  Pronomina  aufzudecken  ist 
nacb  meiBer  Udieneiigung  nicbt  nichr  mSg^ch;  wir  mdMen.niis  damit 
begnügen  ibrar  iltnien  Form  nachsofoiichen»  und  ihre  Radibaltheile  an 
efkenncn,  ohne  auf  deren  Zusammentreflen  mit  den  UrflleuMOteB  ande>' 
rer  Bedetheile  ein  Gewicht  zu  legen.  —  Was  die  Beugung  anbelangt, 
M>  weichen  die  Pronomina,  in  der  äanskritsprache  wie  in  allen  mit  ihr 


134  Bofp:  Fe/^ichende  Zergiiedenmg  des  Sanskrits 


verwandten/  von  dem  allgemeinen  Declinationsti'ptis  in  nulhrfacher  Be> 
Ziehung  ab,  welches  wohl  hauptsüchllrli  daher  kommen  mag,  dafs  sie 
tretier  als  andere  Wörter  die  ältesten  Fonnen  der  Sprache  aiifHewnTiren , 
weshalb  auch  verwandte  Sprachen  gevi'öhnlich  in  den  Pix>nominen  die 
meisten  und  anfillendtten  lldberainffinimungen  dailneten.  So  haben  im 
EngUsdien  nur  die  Prononuna  nodi  Spuren  von  De«lnntu>n  aufbewahrt, 
und  sich  hierdurch  in  näherem  Zusammenhang  mit  dem  Deutschen  und 
den  alteren  Germanischen  Mundai-ten  erhalten ;  in  den  SemitisdwnSpm^iett' 
weisen  die  Pronomina  auf  einen  Urzusuuul  <icr  Sprache  hin.  in  welchem 
sich  das  Gesetz  der  drei  radikalen  Cunsonanten,  oder  der  Zwcisylbigkeit 
der  Wurzeln,  noch  nicht  ausgebildet  hatte ;  wenigstens  haben  die  Prono- 
mina eich  diecem  Geietse  nidit  unterworfen. 

Wir  betrachten  coerst  die  PronomiiMi  erner  und  sweiier  FerMin; 
diese  stimmen  im  SsnAnt  in  ihrer  Dedination  eben  so  sehr  unter  sieb 
überein,  als  sie  von  denen  der  dritten  Person  abweichen.  Sie  haben 
beide  die  merkwürdige  Eigenheit,  welche  auch  die  verwandten  Sprachen 
theilen,  dais  der  Singular  mit  dem  Dual  und  Plural  in  keinem  giamma- 
tisdien  ZAiimnenhange  stdil,  d.  h.  m  hemem  mit  diesen  fläneinichiaftF 
Uchen  l^mme  surfidtgeffihrt  werden  kann.  Diese  Stanunvericfaiedepheit 
zwischen  Sini^ular  und  Plunl  (an  weldMU  sich  auch  der  Dual  anschliefst) 
hat  bei  dem  Pronomen  der  ersten  Person  seinen  pliilosopliischen  Grund. 
Man  kann  ja  niclu  mit  vollem  Hechte  saß'ni,  dafs  wir  ,  selbst  dem  Sinne 
noch,  der  Plui-al  von  ich  sei,  denn  ich  kann  weder  einen  Dual  noch 
«üaen  Mural  heben;  es  gibt  nur  dn  einziges  ich  im  UniTenun.  Das 
Won  hm»  heseielmet  cme  Mehihcit  von  Individiieii»  deren  ein  jedes 
in  dem  Gesichtspimkte  des  Sprechenden,  oder  in  seinem  Verhältnifs  zu 
ihm,  ein  Löwe  ist,  aber  nos  bczeii-lmef  nicht  eine  Mehrheit  von  Indivi- 
duen, deren  jedes  in  seiner  Beziehung  zu  dem  Sprechenden  ein  ich  ist. 
Unter  dem  wir  ist  zwar  meine  Ichheit  mitbegrüFen,  aber  nur  insofern 
kum  wir  gramuMtisch  der  Pfairal  Ton  ich  seyn,  als  idi  midi  selbst  ab 
den  wesentlichsten  Thdl  des  wir  betrachte,  oder  ab  idi,  indem  ich  wir 
sag^,  mehr  von  der  Idee  meiner  eignen  Persönlichkeit,  als  von  der  eines 
Gegenstandes  auf?er  mir  dtnchdrimgen  bin.  Es  ist  daher  noch  ein  Grund 
vorhanden,  warum  in  Sprachen  wir  der  grammatische  Plural  von  ich 


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und  «far  mä  i'hm  verwandteH  Sprachen. 


13^ 


sevn  könne ,  und  auch  5m  Sanskrit  ist  dieses  bei  den  Zeitwörtern  der 
Fall,  wo  Singulat*  und  Plural  m  zum  Fersonalcharakier  baben.  Der  Dual 
bingegen  hat  w.  ■  . 

Vn  Pfconomm  dar  «wbm  Penon  lifo  in  «tiner  Dadination  'vier 
Tcn^edene  Stibame  ivpicitdieiden  (nebat  einei'  Nebeoform  Tom  StaaaiA 
m)t  indem  die  NowimiiiiTe  det-  Singulare  und  Kunls  eben  so  wenig 
unter  »ich,  als  mit  den  obliquen  Casus  ihrer  respektiven  Zahl  zusam- 
menhängen ;  das  Pronomen  zweiter  Person  hat  deren  nur  7,wei  (nebst 
einer  iNebeni'orm  vom  äiamme  wa).  Der  Singular-^^omiuaiiv  dei'  beiden 
EroBominiin  Imiiei  im  Sanskrit  aham  md  twam,  Ton  weldien,  nach  Ab- 
lösung dar  gemaiMghafiHc'hatt  Buduag  am,  ab  und  m  StSnuna  übrig 
bleiben.  Der  Siaiutu  tu  findet  sich  im  Lateinischen,  Litbauiscben,  Leu 
tisdien,  Ali-Preufsischen  und  Persischen,  ohne  Jieifiigung  irgend  einer 
Endung,  im  Nominativ  wieder.  Im  Gothischcn  hat  hlos  <las  t  eine  As- 
piration angenommen,  und  im  All-Slawischen  steht  tj-  £ixr  tu.  Im  Griechi- 
•eben  kt  t  m  ^  fibergegangen.  Scbaidiu«  hfik  du  blolw  v  für.  den 
Siamm,  und  arklai«  da«  o-  aus  cinan.  brigefilgiaK  ^räus  a^ter,  Durdi 
diese  Voraussetzung  bringt  er  den  Singnbir  in  nähere  Verbindung  mit 
dem  Plural  xtfiut.  Allein  gegen  diese  Erklärung  erheJbi  sich  die  Stimme 
des  Sanskrits  und  aller  verwandien  Spraclicn ,  welche  dafür  sprechen, 
dafs  TU  die  ursprüngliche  Form  sei,  und  dais  die  Form  <n*  aul'  eine  im 
Griechisdien  «dir  gewöbnlicbe  VerSndemog  von  r  in  «■  sich  grändei  tv 
aber  bann  meine»  Emdiien«  nur  iaMfem  ala  •«Mtunrerwandt  mit  vitäs 
angesehen  werden,  ab  man  annimmt,  dafs  der  Pronominalstamm  tu  wäk 
srlion  in  den  ältesten  Zeiten  im  Plural  in  ju  erweicht  habe,  eine  Form, 
in  welcher  das  Sanskrit  mit  mehreren  der  verwnndien  Europäischen 
Sprachen  zusanunenu-iiTi,  und  da£s  das  j  von  ju  im  Griechischen  ver- 
Irnvn  gegangen  oder  in  den  ^müus  asper  sich  verändert  babe.  Der 
Sianun  eh,  tou  oftoDi  ieb,  findet  sieb  mit  der  Yerwandlung  tob  h  in 
k  (eine  Veränderung  die  auch  im  Sanskrit  sehr  gewöhnlich  ist)  in  dem 
Gothischcn  ii;  das  Alt- Hochdeutsche  hat  das  h  unverändert  gelassen, 
und  lautet  ih.  Im  Lettischen  steht  es,  im  Alt  -  Prenfsisifhcn  fis,  deren 
schliefsendes  s  der  Charakter  des  Nominativs  scyn  kumiie,  denn  s  be- 
leicbnct  in  dicMai  Sprachen  den  Nominativ;  es  daif  abo'  die  Yerwandtp 
«diaft  xwiidien  j  und  h  nicht  übendien  vrerden.  Im  litbanischen  ist 


136  Bor»:  Fer^g^&ichaide  Zergßadermtg  des  Sansints 


I 


Ä  in  ys  übergegangen,  daher  a/z  (').  Im  Alt -Slawischen  steht  az  im 
Nominativ,  der  hier,  wie  in  den  bi!>ber  erwähnten  Sprache,  nicht  den 
geringsten  Zusammenhang  mit  den  obliquen  Ganu  dail>iet«i. 

Im  Sanskrit  lassen  ridi  ma  md  mi  als  alnrecbseliMfe  Stamnuylben  der 
.Miqatm  Gmus  dtt  SnifulaTs  annehiuen,  und  alle  fei^ahdie  Spraehen, 
Griechisdi,  Latdpisdt,  die  Gennanischen ,  Lettischen  und  Slawischen 
Sprachen,  bieten,  in  Uebereinstimmung  mit  dem  Sanskrit,  m  als  den  radi- 
kalen Consonanten  in  allen  obliqtien  Singtilarend«nge«  dar.  Im  Persischen 
Steht  dieser  Stamm  schon  im  iNominativ,  welcher  men  lautet,  und  am 
nidisten  mit  dem  Sanskritisdien  AocnsatiT  mim  ansammentrifik.  Dns  Jhth 
aomcn  svretter  Pemm  lautet  im  AocnsatiY  tiväm,  wdelies  aus  tu-dm  an 
erllfiren  ist.  Der  AccnsativdMrsiter  m  kann  jedoch  bei  diesen  beiden 
Pronominen  nuch  abgeworfen  werden ,  wodurch  eine  nähere  Ueberein- 
stimmung mit  dem  Griechischen  und  Lateinischen  herrorgebracht  wird, 
wo  diese  Pronomina,  im  Singular,  stets  des  eigentlichen  Accusativcharak- 
lers  entbdhven.  Am  nidisien  hangt  jedodi  mit  mS  und  Hvd  das  Ali^ 
Skimche  tiifß  und  ^  susammen  (f»  ist  nur  ein  einaiger  Yoeal).  In 
den  dbrigpi  obliquen  Casus  liegen,  im  Alt- Slawischen,  men  und  icl>  als 
Stammsylben  zum  Grunde;  ersteres,  welches  im  Dativ  und  Locaüv  in 
nin  zusammengezogen  wird,  erinnert  an  den  Persischen  Xominntiv  men. 
Das  i  Ton  teb  hängt  oflenbar  mit  dem  alten  Slammvocal  u  zusammen, 
der  im  Samlurit  nach  bestimmten  Wohllmisregdn  in  w  übergeht,  wddbce 
in  den  Slawisdien  Dialekten  sich  in  h  ctbirtet  bat,  iwie  dieses  durch  die 
Betrachtung  des  ReüexiTpronomens  der  dritten  Person  noch  mehr  stdi 
besuirjf^t'n  Avii-d.  Der  Locativ  lautet  im  Alt-Slawischen  tob-oju,  welches 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  aus  teb~ofu  durch  den  Finfluf«  des  Yocals 
der  Endung  auf  den  der  Stammsylbe  entstanden,  TeioutieUi  einer  Assi- 

(i)  Jaküh  Grimm  gibt  in  «einer  deutacben  Gramnutik  (tweite  Aufl.  S. 71.)  meh- 
rere Bei^iele  wo  auch  am  Anlmge  der  Wörter  das  Lithauiiche  da^  an  der  Stelle  einet 
deutschen  h  halt.  In  nrei  der  tob  ihm  «ngefabrten  Beispiele  cutaprieht  das  lAthmä»Ae/k 

einrin  SansVntiM.'hfn  polatineu  *,  welche«,  wie  achon  frülier  bemerkt  worden,  gerne  in  k 
äber^t;  n&mlichysa  {ffeß.Juuu),  Hund,  lautet  im  Suuiait  twä  {Geu.  tuaas) ,  und 
ßdmUttt  hundert ,  lautet  mta  (Nom.''M{»m).  Eine  üLemtdieBde  Adndidikeit  dieser  Ait 

fincict  sich  noch  twisc!i<-n  dem  l.Ill)auisc1ien  fzakii ,  rin  Ast,  und  Jcra  SanslriliM-hai 
glei<dibcdeatenden  sdkhd.  Dage^  bat  in  dem  Worte  Uers,  IjS^mÜM^/ürdis,  auch 
das  Sadkrit  da  A,  bIibUcIi  hrid. 


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Mind       mit  ihm  venvandien  Spmeke». 


137 


nulatioii ,  wie  sie  im  ^i-HodidettMdteii  TOfloiiimK,  «bmlil  ia  di«Mr 
Spncbe  der  Vocal  dner  Endung  nur  den  Vocal  eines  vorhergehenden  Ab- 
leilungssufßxes,  und  nicht  den  der  Slainmsylbe  sich  assiinlh'ren  kann('). 
Im  Pohlischen  «igt  -^irh  jedoch,  durch  eine  spatere  Entartung,  rJpv  Vo- 
cal o  an  der  Stammsjihej  auch  ohne  die  hier  vermulhete  Yeranla&sun^. 
Mit  dem  Shwiadm  steht  des  Lilhsiuisclie  und  Lettische/  in  Betreff  der 
PtwomineMecliiietioB ,  in  niduter  Yerlnndung;  beide  Spiedien  gdben 
in  der  ersten  Person  mm  el«  Stammsylbe  der  obliquen  Casus,  und  in 
der  sweiten  Person  erweitert  sich  der  Ursiamm  tu,  im  Lithauischen  in 
taw,  und  im  Lettischen  in  te\v.  Was  die  Germanischen  Sprachen  an- 
behuigt,  so  mufs  besonder»  das  k  oder  h  unsere  Aufmerksamkeil  in  An- 
spruch nehmen,  wdches  im  Sing;ular-AccusatiT  den  Stämmen  der  ersten 
und  Eweitcn  Person  *  so  irie  dem  ReflnÜT  der  driiieit  Person »  sich  en« 
sdiliefst.  Dieses  k  oder  h  findet  sidi,  in  dem  entspredbenden  Gesas,  we* 
der  im  Sanskrit  noch  in  irgend  einer  anderen  der  verwendten  Spredien, 
und  ich  sehe  daher  keine  genügende  Veranlassung  mit  Rask  anzunehmen, 
dafs  das  Gotbischc  und  Isländische  tnik  älter  sei  als  das  Griechische  fu  oder 
ifii,  und  dafs  die  letzteren  Formen  sich  dadurch  erklären  liefsen,  dafs  die 
Griechen  y  oder  x  em  Ende  eines  Wortes  nidit  aussprechen  konnten. 
Stände  des  k  oder  h  bei  den  Gennentsdien  Sprechen  nur  im  AeeusetiT 
des  Pronomens  erster  Person,  so  mochte  ich  in  dem  Gothiscben  miJc,  in 
dem  Ah -Horhdcutfirhen  fnih,  lleher  dii^  Vereinigung  von  zwei  glcichbe- 
dcvui  nden  Pronomuialstammen  erkennen,  nämh'ch  des  IVoniinalivsuinmes 
ik^  ih^  und  des  Stammes  der  obh<£uen  Casus,  welcher  m  sum  radikalen 
Consonetttak  hat  (^).  De  aber  des  k  oder  h  andt  bei  den  beiden  and^ 
ren  gesdikdkdosen  Pronominen  sich  Torfindet»  eo  urird  es  stveckmafsigsr 
seyn,  an  das  Lateinische  hic,  htv'c,  hwic  u.  s.  w.  ZU  erinnent,  wo  ein 
unwesentliches  c  den  charakteristisdien  Casusendungen  sich  angeschlosssn 
hat;  ein  solcher  ursprünglich  bedeutungsloser  Buchstabe  konnte  später 
den  Charakter  eines  Casuszeichens  anuehmen. 


(i)    Orimin'*  Deutsche  Gramnuitik,  rMcitc  Aull.  S.  ii5-ii8. 

(a)  Bri  dem  Pronomen  der  dritten  Penon  lU  die  Vereinigung  too  swei  vendiiadeaMI 
Stämmen,  im  Sanskrit  wie  in  Im  vcnraeAtm  Spidhcn,  m  «iaem  yMSililchsfllhiiea  Gta^ 
sen,  nicfau  ungewi^Iichea.  ' 

Hist,  fjhäol.  Klasse  1824.  S 


138  Borr:      erreichende  ZergUederuag  des  Saiukrits 


In  deni  Ottiv  blcici  die  SansLritsprache  eine  höchst  aufTalleiida 
Ueberemstimmung  mit  dorn  Lateinischen  dar,  und  lii'ffr»  die  Formen 
ma-hjam  mir,  tu-blijam  dir.  Am  erscheint  im  Sanskrii  hei  den  Pro- 
nominen  sehr  häuüg  als  eine  Art  bedeutungsloser  r^achschlags^lbe ,  und 
I  innl  TOT  lieierog^nen  Vocakn  in  der  Rcfjpl  in  /  TerwaniUt;  «  libt 
sidi  daher  n»~h/«m,  lu-Utfam  in  ma^hi-am,  tu^i^-am  nuflöfcn»  'womii 
das  Ijiteinische  mihi  und  tibi  beinahe  identisch  ist.  Man  braudit  also 
diese  Lateinischen  Formen  nicht  mit  Scheid ius  aiif  eine  sehr  gezwun- 
gene Weise  aus  u-ci  und  Tol  ZU  erklären,  und  in  tibi  ein  eingescdiiiehenes 
Digamma  AeiUwum  %\x  erkennen.  Die  Endung  bhjam  ist  zwar  im  äaiiskrit, 
im  Sing,  auf  das  einzige  tu-hhfam  besdirankt«  hängt  aber  anf  das  in- 
nigste mit  den  gewilmlidien  Pluralendaug^  des  DaÜT-AbktiTS  und  In- 
su-umentalis ,  bpü  (iM-a$)  und  bltis,  und  mit  der  dualen,  dem  Dativ» 
Ablativ  und  Instrumentalis  gcmeinsoluifiliehen  Endung  blijuin  zusammen, 
so  dafs  bhjam,  bh/as,  bfu's  und  bhjdm  als  Sprofslinge  einer  und  derselben 
Wurzel  angesehen  werden  können.  Ganz  anders  verhält  es  sich  mit 
der  Endung  h/am  in  muhjam,  mir;  sie  steht  gun  isoUri,  und  es  wird 
dadurch  irafaischeinUc]!,  dafs  sie  eine  Ventämmelnng  ihrer  primiiiTcn 
Form  erlitten  habe.  Sollte  etwa  k/am  aus  bh/am  entstanden  seyn»  io 
dafs  von  dem  aspirirten  ö  nur  die  Aspiration  übrig  gelassen  worden, 
auf  eine  ähnliche  AVeise  wie  die  Wurzel  dfui  dvu'ch  eine  imregelmäfsige 
Bilduxig  di|s  Farticipium  iiita  hervorbringt,  und  wie  das  Lateinisdie  /<u- 
nuu  wphrscheintidi  einerlei  Ursprungs  ist  mit  dem  Sanskritischen  Mdmt 
Srde,  nnd  ^e  das  Lateinisehe  f,  wddies  so  häufig  die  SidUe  dm  San* 
skritischen  bh  vertritt,  im  SpanMdien  in  h  übergeht?  —  Die  Aehnlidi» 
keil  des  Alt-Preufsischen  Dativs  te&bei  oder  tebbe  dir,  mit  tulthjam  und 
tibi,  ist  mehr  zufällig  als  auf  gemeinsamen  Ursprimg  gegründet,  denn 
es  ist  einleuchtend,  dafs  hier  blos  et  uder  e  als  Endung  zu  betrachten 
eeif  indem  IaM  an  dem  Alt-Slawischen  Stanune  leb  imd  dem  Lettischen 
iew  sidi  Terhilt,  wie  mam,  von  mews-et  mir,  su  dem  oben  erwfiho- 
icn  mcn  luid  man* 

Der  Instrumentalis  hat  im  Sanskrit  ä  rur  charakteristischen  En- 
dung, und  der  Localiv  hat  das  Kennreichen  des  Griechischen,  Latei- 
nischen und  Alt-Nordischen  Dativs,  nämlich  /.  Aus  dem  oben  erwähn- 
ten Stamme  tne  imd  dem  aus  tu  in  twe  erweiterten  Stamme  der  zweiten 


jjigmzeci  by  Google 


und  der  mit  ihm  verwandten  Sprachen,  139 

Fetvon,  kommt  daher,  mit  Befolgting  einer  Wohllautsregel,  welche  vor 
Vocalcn  die  Verwandlung  des  e  in  a/  erfordert  (denn  <^  gilt  im  Sanskrit 
ah  eine  Zusammenzichung  von  a  und  /) ,  ma/ä  für  mß-n ,  durch  mich, 
twofd  für  tw^-ä,  durch  dich;  nuiji  für  m^-i^  in  mir,  twaji  für  twi'i, 
in  dir.  Mafi,  twaji  laMcn  nc&j  m  Betreff  der  Endung»  mit  den  Griecfai> 
•eben  Dativen  m«  und  W  Tei^leichen.  Für  den  Abkttv  und  Geniti^r 
des  Siognlan  hat  des  SentLrit,  in  der  tiVgSL,  das  genMinediaftliche  Kenn- 
zeichen v.  Nur  die  Wörter  anf  a  und  die  Pronomina  imterscheiden  beide 
Casus,  und  geben  dem  Ablativ  die  Plndung  at,  daher  ni^t  von  mir,  h\>-nt 
Ton  dir.  Für  den  Genitiv  haben  die  Pronomina  erster  und  zweiter 
Fenon  eine  Endung,  vreldie  lOiMt  bei  dieieni-Guttt  nienael$  vorkommt, 
nimlidfat  hierbei  aber  hat  der  Stamm  der  enten  Perton  eine  Art  von 
Rodupiication ,  und  bildet  mam-a,  der  Stamm  tu  ervrdtert  nch  in  tott^^ 
und  wird  dadurch  dem  obliquen  Stamme  des  Lithatu'schen  ganz  iden- 
tisch :  man  vergleiche  tnvv-ä  mit  tmv-e^.  In  der  Endung  stein  jedoch 
das  Gothische,  wo  nicht  das  Ali- Slawische,  dem  Sanskrit  am  nächsten« 
denn  im  Gothischen  mub  in  der  zweiten  Person  und  bei  dem  geschlecht- 
loten Pronomen  der  dritten  Penon  da»  dem  «  vorhergehende  n  befirem^ 
den.  0ie  Vergleichung  von  mema,  thema,  sema  mit  dem  Santkrititdien 
mam-a,  taw-a  und  mit  dem  All -Slawischen  men-e,  telhe,  seihe,  führt  zu 
der  Vermuihung,  dal's  im  Cothischen  die  Analogie  der  ei-stcn  Person 
auf  die  zweite  und  dritte  eingewirkt,  und  die^n  das  nur  der  eratett 
Perton .  zukonuncnde  n  mitgeiheilt  habe.  In  diesei'  Vermutbang  wiid 
man  durch  die  Vergjksiehimg  der  enupreehcnden  Lithanitcben  mid  Lei- 
titdien  Pennen  qpdi  mehr  beeifirku  Was  den  Antgang  a  anbelangt, 
so  ist  er  im  Gothischen,  tur  BezeifJmung  des  Genitivs,  eben  so  selten 
als  im  Sanskrit,  und  zwar  ebenfalls  nur  auf  die  gcschlecli'lospn  I'rono- 
mina  beschranki.  Für  den  Genitiv  und  Dativ  der  beiden  Personen  hat 
die  Sanskritsp räche  noch  die  Nebenformen  nUi  und  te,  welches  man  fOr 
ungebengie  Gmndfonnen,  ohne  Casniendung,  su  halten  hat;  tß  eher 
sdieint  den  Veilatt  einet  w  erlitten  lu  haben  und  fflr  twi  tu  atAen, 
am  welchem  Stamme  wir  den  Instrumentalis  twnjä  und  den  Locativ 
twaji  sich  haben  bilden  sehen.  Auch  das  Slawische  hat  im  Dativ  der 
beiden  Pei^sonen  besondere  abgekürzte  Nebenformen,  welche  mit  den 

*  ' 

S2 


140  B  o  p  p :  Ferfjkk^nde  Zer^Uedermg  des  Sanskn'is 


erwähnten  Sanskritischen  in  ii^^hcm  Zusammenhang  sieben.  Sie  Jaatca 
nämlich,  im  Alt-Sla^\)schell ,  mi  und  Ii. 

Wir  wenden  uns  nun  zu  dem  Pliual,  in  welcher  Beziehung  das 
Sanskrit  kfidist  uriditige  Anfsdddase  liber  die  ▼erwandun  EorojpSiscIien 
Spndien,  Jwaonders  über  das  Griediiaclie,  liefert.  Der  Nomin« Itutet 
wa/am  wir,  jüjam  ihr;  am  ist,  wie  im  Singnl*''»  gemeinseliiltfidift 
Endung,  und  nach  den  Wohllamsgeselzen  liifÄ»  ^irli  wajam  aus  \v6-am 
erklären.  Der  Siamm  u  e  ist  insofern  als  unlt  lu  lubai  .m/usehen,  als  er 
im  Plural  hlos  auf  den  rSominaliv  beschrankt  isi,  und  uniei'  den  vielen 
verwandten  ^raidien  findet  er  sieb  nur  bei  der  Germaniscbfln  wieder, 
und,  was  in  der  That  auffallend  ist,  dienfalls  dem  Anscheine  nach 
auf  den  NominatiT  beschränkt.  In  dem  Gulhischen  weis,  wir,  isi  das 
schliefscude  s ,  welches  in  mehreren  IMundarien  in  /•  übergegangen  ist, 
der  Chaj-akier  des  Nominativs;  im  Angelsächsischen  fehlt  die^^er  Charak- 
ter, und  es  ist  daher  gcwi&scrmalsen  idenliscii  mit  der  Sjlbc,  welche 
sidi  im  Sansktk  ab  Sinnm  ergeben  bat.  Die  Verwandscbaik  zwisdien 
r»  nnd  m,  und  der  Umstand,  dafs  diese  beiden  Budistaben  in  Tielen 
Spiadien  sich  gerne  mit  einander  verwechseln,  darf  hier  nicht  über> 
sehen ,  tmd  eine  ursprfinghche  Einerleiheit  der  beiden  Sanskritischen 
Stämme  w6  und  w?<*^  nicht  geradezu  gelaugnet  werden.  Merkwürdig 
bleibt  es  aber,  dafs  nicht  ein  einzigesuial  im  Singular  das  m  dem  W 
iweielien  mufste,  und  ich  glaube  behaupten  zu  dürfen,  dafs,  wenn  auch 
nn|ivün(^bdi  der  flural  Tom  Singular  nicht  so  streng  geschieden  wer, 
der  Genius  der  Sprache  dodi  scbom  sehr  firihseitig  einen  Drang  ffiblte, 
den  Plural  tob  dem  Singular,  selbst  ^tem  Stamme  ntch,  nnabhingig  la 
machen. 

Was  ntm  das  Pronomen  der  zweiten  Pei"son  anbelangt,  so  wird 
man  TOn  jHfomf  ihr,  sofern  mau  auf  diu  ohli<^ucn  Casus  Rücksicht 
nnunt,  die  SjUm  fu,  mit  Luraem  u,  als  Stamm  ansdien  mfiisen.  Der 
Vocal  hat  sich  im  Nominatir  verüngert,  und  das  f,  swisdien  f&  nnd  um, 

kann  für  eine  euphonische  Einsdüebung  gelten,  wie  in  hhawc - j - txm, 
ich  möge  seyn.  Dieser  Pronominalstamm  ju  hat  sich  bei  weitem  frucht- 
barer gezeigt  alü  we ,  denn  er  erslrtxrkt  sich  über  den  ganzen  Plural  und 
Dttal,  und  auch  in  den  verwandten  Sprachen  erfreut  er  sich  einer 
grofaen  Verbreitung.  Du  Gotbische  seat  ihm  im  NominaiiT  des  Phinls 


üiQUizea  by 


tmd  der  mit  ihnt  verwandten  ^rochen. 


141 


das  gewöhnlidbe  Kenniddien  s  ha ;  das  Englische  bietet,  ohne  den  Zunts 
einer  Endung,  den  reinen  Stamm  dar  (fou).  Im  Lilhauischen  erstreckt 
sich  dies;er  Stamm  über  den  ganzen  Plural  und  Dual,  wie  /us ,  ihr, 
/udii,  iiii-  beide.  Letzteres  ist  oßenbai*  nichts  anderes  als  die  Ver- 
Irindung  des  Stunmet  mit  dem  ZaUwori«  du^  swei ,  midies  im  Fe- 
imnimim  di¥i  hcaMt,  und  in  Veriandmig  mit  /u,  fudwi  bildet.  "Vau  die» 
fem  du  und  dwi  scheint  auch  das  in  den  älteren  Germanischen  Mund- 
arten, bei  den  neschlechtlosen  jhronominen  im  Du«l-£(omiiuitiT  steheiide 
t  oder     zusammen  zu  hangen. 

Das  Lettische  und  Ait-Pretifsiscl^  haben  den  Stauim  yu  ebenfalls 
im  Ftnnl,  demi  dieie  Spcsdicii  babeii  keinen  Dual.  In  JLBteinitdkMi 
und  Skwttchen  Im  dier  der  Stemm  pi  keine  Sporen  «urftckgelmwi} 
im  Feiwschen  hängt  damit  ohne  Zweifd  die  Sylbe  «c/w  von  schwnä, 
ihr,  zusammen,  da  das  m  in  den  obliquen  Casus  des  Sanskrits  und  an- 
derer yerwandtcn  Spi-achen  eine  so  bedeutende  Rolle  spielt,  dafs  man 
über  die  Sylbe  md  von  schumd  nicht  in  Verlegenheit  zu  sejn  braucht. 
Den  Uebergang  von  /u  in  $chu  wird  man  nicht  anstöfsig  finden,  irenn 
nun  die  Aueepndie  des  FnnaiSsisdien  mit  der  des  Lsteinisdien  /  Ter» 
gleicht.  Im  Griechischen  seigt  die  Sylbe  u  oder  ti  von  iftm,  v^xk,  oder 
dem  Acoliscben  iy^uf,  eine  zu  auffallende  Ärmlichkeit  mit  dem  vielver- 
bi-eiteten  Stamme  /«,  als  dafs  es  nöthig  wäre,  darauf  aufmerksam  zu 
machen.  Dafs  das  fx  von  ü/xci«,  ü/m«,  oder  die  iieideu  yi  vuu  ufi^t;,  nicht 
Sun  Stamme  gefaöroi,  ergibt  sich  schon  aus  der  Vergleichung  mit 
qfMir»  d^,  djMfM».  und  vrird  ens  dem  Folgenden  noch  deutiidier  hervor^ 
gehen.  Um  nun  Mrieder  sum  Sanskrit  zurfidumkekren,  so  stehen  «Mi«» 
imd  juschntdn  als  Accusative  für  uns  und  euch.  Die  Sylbe  sma ,  als 
nicht- radikaler  Bestandtheil ,  ist  bei  dem  Indischen  Pronomen  eine  zu 
gewöhnliche  Erscheinung,  als  dafs  man  hier  ihr  Eingreifen  übersehen 
könnte*  Sie  tritt  gewöhnUch  zwischen  den  Stamm  und  die  Gasusendnn* 
gen,  so  dafs  diese  dem  eingeschobenen  tma  angdifingt,  oder  damit  ver» 
schmolzen  werden;  idi  erUire  daher  Uumaif  (ihm),  aus  SMin«-^,  (denn 
^  welches  der  gewöhnliche  Dativ -Charakter  ist,  geht  mit  einem  vorhcr- 
geheudea  a  nach  den  Wohlkutsregcln  in  ai  über)  tasmaf,  (von  ihm), 
aus  ta-sma-atf  und  tasnuiif  (in  ihm),  aus  ia-sma-ütj  durch  EUsion 


142  B  o  p  p  :   Verziehende  Zer^icderung  des  Sanskrits 

des  a  von  sma  (^).  Bei  den  Pronominen  der  ersten  und  zvraitai  Fenon 
wird  nvar  die  S>Ibc  sma  im  Singular  nicht  eingescIioKcn ,  um  so  häu- 
figer aber  im  Plunil ,  wo  sie  einen  Beslandilieil  alier  oblit^uen  Casus 
au&macht.  Unmöglich  isl  es  asmdn  und  juschuan  gegeneinaudcr  /.a  stel- 
len» in  der  Abticbt  die  Radikakheile  beida*  Formen  «ufcofiiiden,  und 
juaehmin  in  derselben  AJbiidbt  mit  seinem  Nominetiv  ft^mi  sn  vov 
gieicben.  oline  an  die  Sylbe  snta  zu  denken,  iffddie  in  allen  Fronomi« 
nen  der  drillen  Person  in  mehreren  obliquen  Gmos  des  Singolars  ein«' 
geschoben  wird.  Die  Aspiration  <ios  s  von  Juschmän  kann  keine  Schwie» 
rigkeii  maciieu,  da  die  Veiwandluug  des  dentalen  s  in  das  sogenannte 
cerebrale  oder  aspin'rte,  nach  einem  jeden  anderen  Vocal  als  a  oder 
im  Sanskrit  jpinz  gewöbnlieh  ist:  es  TeiUklt  sieb  deber  /fudbniU  ta 
asmän  wie  mmöchmai,  (Tem  Stamme nmu)  jenem»  VAtamm,  diesem. 
Es  dürfte  also  für  erwiesen  angMel^cn  werden,  dafs  a  und  /u  die  Stämme 
von  asniitn  und  /uschnui/i,  von  asinuhkis  und  jusclimnhltis^  und  allen  übri- 
gen obli([iien  Pluralendnngen  seien  Vergleichen  wir  nun  mit  aswan 
und  juschmän  die  Aeoiiscbeu  und  Alt-Epischen  Dative  a\x(uv  und  u^pv, 
obne  jedoch  auf  die  Casuscudung  ein  besondei'cs  Gewicht  zu  legen,  de 
es  bier  mehr  auf  die  Ansmitldang  der  Sifimme  ankommt»  so  wird  man 
dtenfalls  n  und  v  ab  die  wesendidisten»  mit  dem  Sanskrit  beinabe  idcn- 
tiscbctt  Radikaltbeile  ansehen  mfissen.   Denn  was  S^itut  und  tj^fw  mit 


(  I )  Die  Abwerfung  ein«  kunen  oder  langen  a  vor  grammatisclien  Enthingrn,  welcite 
mit  Vocaieu  anfangen,  ist  etwas  «ehr  gewdbwlidw»»  wieidtin  netnem  Lelirgiebinde  der 
Ssukiitipadie  K.  4;.  gezeigt  habe. 

( a)  Sollt«  cwiM^WB  tum^y  ttsmdHt  u.  $.  w.  noi  dm  HoiiinMti«  wafam  (am  W-afli) 

eine  urspriinnliolie  SinmmTcrwandtscbaft  bestanden  haben,  wm  ich  keiju'swpgej  kugnco 
will,  so  iuü£»te  mau  anoehmen,  dafi  die  Austtolniiig  welche  das  ioUache  Diganuua  so  baulig 
am  Anfrn;^  der  Wämer  bit  erfiihren  müsieD,  bier  nidi  das  faidiiclie  w  getroflen  halte, 
tind  (l.'ifs  (Icninach  a-jma«,  a-smal/hi's  u.  ».  vr,  ein  älteres  M'n-jmWn,  wa-  <rii<ifiis  vorrms- 
«etxe.  Es  würde  alao,  ao  wie  die  Caaiu  deiSingMlar«  theib  aus  mr,  dwib  aus  ma  «ch  ent- 
wiekelii,  dem  Pttinl  die  verwaadlok  Slimne  W  oad  Mm  tum  Gnmde  liegen.  Dem  sei 
wie  ilini  wolle,  in  dem  Zustande,  worin  das  Sanskrit  erhallen  worden,  ist  das  B.ind  /erstört, 
weicht»  hei  dem  Pronomen  enter  Person  den  Nominativ  an  die  obliquen  Caaus  anknüpfte. 
Im  GriediiidMm  kettAt  e»  dadiudi,  daft  der  ffooraiiitiv  der  Analogie  der  SamkriUsdieB 
oliUfMB  Garns  gefolgt  in. 


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und  der  mit  ikm  vertvandien  J^meken, 


143 


cinaiuier  jinnetn  baben,  lunn.  nidii  der  Badchiraiig  der  venduedencn 
Gmndbepifie  angdiSrai.   Hier  ist  es  petwnd  sa  berfick«icihtt^,  daft 

im  Griechischen  t  sich  gern  einem  folgenden  fi  assimüirt,  wie  denn 
diircli  eine  solche  Assimilaiion  das  Dorisclie  tßfj.!  ofTcnbar  atis  trtM  ent- 
standen ist,  'welches  dem  Sanskritischen  asnii,  ich  bin,  entspricht.  Es 
wird  daher  die  YeriauLhung  nicht  befi-emden,  dafs  durch  eine  solche  As- 
aimitau'on  äfifu»  und  ujufuy  aus  otiju»  und  vritu  entstanden  seien.  Diece 
Tennuthung  geivinnt  ^dadurch  an  WahrsdidnUehkeit,  dafs  andi  in  den 
Bnmominen  anderer  nut  dem  SaatLitt  venvandier  Enropiiacher  Spfadien 
sich  vieles  durch  die  erwähnte  Einsdliebung^ajlhe  sma  erklären  WtU 
Ich  habe  schon  hol  einer  früheren  Veranlassung  die  Vermtithung  ausge- 
sprochen, dafs  mm  in  den  Gothischen  Singular -Dativen  der  Projiomina 
und  Adjective,  wie  thantnuif  diesem,  kweunnta,  wem,  imma^  ihm, 
u.e.w.,  diudi  Aadmiladon  am  der  Sylbe  tma  «ntMinden  sei,  und  mit 
dem  Indiecben  ma  «usammenhänge ,  so  da&  ^kamm»  dem  ^idiaehen 
gldchbeJeutandeo  tasmaif  hwamma  dem  Inditehen  komm,  wem,  und 
ininta,  ihm,  dem  liidiacben ' MRiffi^  diesem,  entspräche  (').  Ich  wie- 
derhole hier  mit  um  so  gröfserer  Ziivfr^irln  dieselbe  Vermuthung,  in 
weicher  auch  Jakob  Grimm  eine  btiricdigende  Aitfkläiimg  des  Go- 
tbiscfaen  Dativs  anerkennt  (-),  als  ich  seitdem  durch  Yater's  Alt-Preu* 
Jsisdie  Grammatik  erfabren  babe,  dafs  in  dieser  mit  dem  Gotbiscben 
nabe  verwandten  Spncbe  alle  Pronomina  der  dritten  Person  im  Sin- 
gular-Daiiv  mit  xmu  enden.  Antar'smUf  dem  anderen,  ihs-MUt^ 
wem,  entsprechen  den  Sanskriiiscben  gleichbedentenden  Fonnen,  «iittiw< 

snudj  ka  -  Sinai. 

Ich  glaube,  dafs  nach  dem  Gesagten  es  kaum  mehr  eines  Uewei- 
tet  bedürfe  für  die -Behauptung,  dafs  die  Aeolischen  Formen  ofi^iw  nnd 
iWuv  ilter  seien  wmI  ToUstindifer.  als  die  Doriadien  djuir  nnd  vfur,  und 
dafs  diese  aus  jenen  hervorgegangen,  nd  nidit  umgdbdirt,  da  man,  wo 

nicht  sehr  trifiifi^e  (Gründe  für  das  Gegeniheil  spredien,  bei  obwalten- 
den Dialektverschiedenheiicn  im  Griechischen,  diejenigen  Formen  für  die 
Uis>prünglichcn  halten  mufs,   welclie  am  n;enauesien  mit  dem  Sanskrit 


(»)  DsaUBfccCwmirtit,  iwri»  Auflage  S.  SaC 


144  BoF»:  y«qßekAetuk  Z«f§liBdening  det  SanshitM 

und  anderen  Yerwendten  Sprechen  wuamwienhtngen.    E»  jcheuiea  eiier 

überdies  die  langen  Yocale  der  Dorischen  Formen  dfiiv  und  t)mj»  fSx  die 
Ausstofsung  eines  folgenden  Consonanien  su  tpredien,  da  auch  der  To- 
Cal  von  t}xyn,  nach  Ausstofsung  des  einen  ^,  in  «i  erweilert  wiirde,  und 
da  das  o  von  ruinwri,  nach  Ausstofsung  des  v,  in  b  üljergelii,  denn  auf 
die  Vertauschung  des  r  mit  v  kommt  hiei*  nichts  an.  Unter  den  Ger» 
manigchen  Mniadarictt  hat  audi  nur  die  Godiiiclie  dn  doppeltet  m  in 
dem  erwihnten  Singnlar-Detiv  der  Firanomina, '  wahrend  siboimdiche 
jüngere  Mundarten  das  eine  m  abgeworfen  und  aidi  hierdurch  von  der 
Urform  weiter  entfernt  haben,  indem  sie  sich  zur  Gothischen,  \vie  die 
Dorische  zur  Aeolischen  Form,  verhallen.  Wamm  sollte  man  nicht 
auch  in  dem  Plural-Dativ  der  Pronomina,  obwohl  hier  auch  das  Go- 
thiache  nur  Ein  m  hat,  —  wie  thatm,  diesen,  —  einen  Zusammenhang  mit 
der  Indiidien  Eimchiehungs^lbe  sma  finden  LSnnen?  Vom  Uthaniachen 
▼erdienen  hier  die  Flural-Diative  jiamu,  eneh,  und  muinuv,  une,  en» 
geführt  zu  werden.  Im  Dual  lautet  der  Dativ  /K/n^  mum,  und  der  Ge- 
nitiv fitniü,  mwnÜ.  Bei  Betrachtung  des  Ah-Preufsischcn  Daiivs  r^nii- 
mans,  uns,  gerath  man  leicht  in  \>r=;nrhnnf;  zu  glauben,  dafs  hier 
zwei  Pronominal -Stamme  mit  einander  verbunden  seien,  nämUch  noUj 
welches'  mit  dem  Lateinischen  noSf  dem  Alt-Indischen  und  Slawischen 
am,  nuammenhangt  (wovon  no  und  na  als  Stämme  anenseihen),  und  man$ 
welches  für  aidi  allein  als  Flttral-Accnsaiir  steht,  und  als  solcher  mit 
den  obliquen  Casus  des  Singulare  einedei  Ursprungs  ist.  Wenn  man 
aber  nouniansj  (uns),  mit  joumanSj  euch,  vergleicht,  so  erkennt  man, 
dafs  mans  in  beiden  Formen  als  Endung  angesehen,  und  lolgiich  mit  der 
früher  erwähnten  Singularendtmg  smu,  mit  dem  im  Sanskrit  eingescho- 
benen sma,  und  mit  dem  doppdien  m  des  Gothischen  und  Aeolischen 
in  eine  Klasse  gestdlt  werden  müsse.  Um  nun  wieder  an  dem  Griedbi- 
ftchen  zurückzukehren,  so  ist  es  kaum  a6th^  zu  bemerken,  dafs,  was  von 
dem  doppelten  fx  in  ayifuv  und  uju^uy  gesagt  woitlen,  auch  auf  den  Accu- 
sativ  a\x^^,  vpLfii,  (welcher  eigentlich  dem  Dual  angehört)  und  den  Nomi- 
nativ aiJLfus,  CfxfjUi,  anzuwenden  sei.  Im  G  euitiv  kommen  zwar  ififtuv 
und  vf4fu«y  nicht  vor,  ihr  ehmaliges  Dasein  läfst  sich  aber  aus  der  Ana^ 
lo^e  der  übrigen  Casus  TermaiheD.  Mit  dem  Dorisdien  PlnnJ  ofUf 
sehehit  der  SingiiTar-AccumtiT  4*^  für  ^  in  Berävung  an  sidien,  unt 


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und  der  mit  Arn  verwandte»  Sprachen*  145 

^Uieh  legt  Scheidiu«  mnf  dicMS  Ziiwiminentreflcn  an  so  gro&es  Ge- 

wicht,  dafs  er  sich  einen  NominatiT  d/xic,  (ifui  bildet ,  'woraus  er  beid« 
ableitet.  Allein  es  ist  offenbar  dieser  Zusammenliang  nur  ein  scheinbarer, 
es  sei  denn,  dafs  man  beweisen  könnte,  dafs  in  dem  Singular- Accmaiiv 
a  und  nicht  (xi  der  \ve$eutÜch&te  Bestand ibeil  sei;  denn  duin  in  utus  und 
vfus  die  erste  tind  nicht  die  letzte  Sylbe  radikal  sei.  Liegt  am  Tage,  und 
M-  bedaif  bienu  nidit  der  EiklirtiDg,  irodiirdL  ich  Tenacht  habe,  das 
den  beiden  PhuaUbmen  ymeinsdiaftlidie  ft  aus  den.  Sanskrit  und  «O' 
deren  verwandten  Sprachen  nadintweiaett.  •  Dafs  aber  in  den  obliquen 
Singularcndungen,  des  Pronomens  der  ersten  Person,  u»  und  nicht  iu5, 
IM  und  nicht  i/xe  oder  aus  die  ursprüngliche  Form  sei,  wenn  sieh  gleich 
keine  Zeit  nachweisen  laUt,  in  welcher  nicht  auch  die  letztere  Form 
im  (kiedbisdien  gebrihidUitii  geweien,  erhellt  ans  der  Vergleidiung  mit 
den  Terwandieii  Sprachen,  wddie  sSnunüidL  die  emtsprecbenden  Casus 
mit  m  anfim^,  femer  aus  derNrignng«  weldie  die  Griechische  ^rache 
zeigt,  den  mit  Ckwisonanien  anfangmden  Wörtern  einen  Yocal»  ^  «,  « 
oder  0,  Torzusetzen. 

Wenn  meine  Ansichten  über  den  Plural  der  (irieehischen  Prono- 
mina erster  und  zweiter  Pei'Son  richtig  sind,  so  folgt  daraus,  .daiüi  man 
nicht  mit  Scheidius  das  AfloimatiT  jmv  oder  pmf  der  Zeitwörter  T«a 
«ide  ableiten  dürfe,  denn  es  könnte  ja  sonst  mit  gUdiem  Rechte  die 
zweite  Person  mit  im  oder  pu9  enden.  Viel  richtiger  wird  ai'ch  ptcv  oder 
fjLt?  zugleich  mit  ui  und  dem  in  /  verweichlen  ij.  des  Imperfccts,  Plus- 
quampeifecl$  und  zweiten  Aorists  von  dem  obii({'ipn  .Singularstamme  ab- 
leiten lassen,  wie  ja  das  Aiformativ  rc  der  zweiten  Person  nicht  aus 
CßttSf  wohl  aher  ans  dem  Dorischen  Singular  n,  dessen  Aecusativ 
erUfirt  werden  kann.  Auch  mödite  ich  nicht  mit  Raak  das  Lithauisdie 
me$,  wif.  mit  dem  Dorischen  iitk  snsammenstellen ,  oder  danüt  ver- 
gleichen, denn  die  A<^U"l;rlikeil  beider  ist  mehr  zulallig  als  wirklich,  da 
das  Ldlhauischc  mit  dem  Sanskrit,  Griechischen,  Lateinischen  und  den 
Genuanischen  Sprachen  nicht  die  Eigenheit  theilt,  dals  das  Pronomen 
erster  Person  für  den  Plural  einen  eigenen  Stamm  habe,  sondern  der 
Suunm,  welcher  im  Singubr  den  obliquen  Guus  zum  Grunde  liegr,  ei^ 
streckt  sich  über  den  ganzen  Dual  und  Plural.  Es  wirc  Sa  der  That 
ein  sonderbarer  MifsgrilF  der  liihauischen  Spradie»  wenn  sie  von  efw 
Hist,  phäol,  KiMte  1S24.  T 


146 


Borv:  ytrgbuchmde  ZergUederung  des  Stnukritt 


gerade  diqcB^fs  Sjlbe  IcMgeritMü  hatift,  iraniif,  rar  BcEdduiiuig  der 
Penoiii  am  wenigBien  ankommt.  Auch  konnte  Rask,  Weher  in  sdp 
nen  Untersuchungen  über  die  Thnkisclie  Spracliklasse  viel  Scharfsinn 
und  gründhehe  Beobachtung  bemkmidct,  nur  msofem  tu/c  mit  dem  li- 
thauischea  mes  vergleiche,  als  er  das  fi  von  u^ui  iiu-  i-adtkal  hielt. 

Dt»  Sanckrit  hai  im  AceuMtir,  DfttiT  und  Genitiv  dai  Hnnb, 
ndien  den  ans  «  ond  /»  gdnldeteu  Formen,  aodi  die  gleicbbedeoieit- 
den  Formen  nas  und  was.  Ali  Stimme  sind  na  und  tM»  anuuehen,  -wie 
nu  der  Yergjleidnmg  mit  dem  Dual  mmu  wid'waii  eijgObtj  aber  da» 
*  iet  gcvrissermafsen  mit  dem  Stamme  verwachsen,  da  na.t  und  was  sonst 
auf  den  Accusaiiv  b<>schränkt  seyn  müfstcn,  im  Falle  sie  nicht  schon  im 
^Nominativ  gebrauchijch  vvurcu.    Auch  zeigt  sich  in  dem  Lateinischen, 

io  eniblleBd  mit  dieaen Nebenfogmen  nherrinttimwendm  m»  nad  vos{*) 
dag  t  dendidi  ab  Gastuieidien.  Daa  Griechiaclie  bai  dieae  Siiaune  anf 

den  Dual  beschränkt,  denn  ein  Zntammenhang  zwischen  vfSi  vfd  und 
was,  wau  lafst  sich  kaum  TerlteUMn  Das  Slavrische  bildet  den  ganzen 
Plural  und  Dual,  mit  Ausnahme  des  Nominativs  der  ersten  Person,  aus 
ähnlichen  Stammen,  daher  die  Genitive  nasj  was^  die  Dative  nam,  warn 
s.  w.  Das  Alt-Preufsische  zeigt  diese  Stämme  ebenfalls  im  Plural.  In 
den  Gerauaiit^en  SpndMn  ist  e«  »ckiwr,  im  Plonl  und  Dual  den  reeb- 
len  ZuiammeiAang  swisclMn  den  obliquen  Ganu  und  ibrem  NominMiT 
wifiw finden;  au«  der  Yergleichung  des  GotluMhen  mit  den  andei^n  Ger- 
manischen Mundailen  glaube  ich  jedoch  mit  Zuversicht  folgern  zu  dür- 
fen, dafs  die  Halbvocalc  iv  un<l  /  der  Nominative  Tvr«  und  fus  in  den 
obUcpien  Ca&us  m  ihre  entsprechenden  Vocale  u  und  /  übergegangen 
riad.  Im  Alv-Hochdeutadifln  ist:  diese  Yeriademng,  bei  der  sweiien  Bn*- 
ton,  acbon  im  NominatiT  eingetreten,  und  da»  ti  dea  Stammei  bat  sieb 
in  diesem  Caans  verdringai  laasenj  daher  aiebt  ji*  fftr  daa  Gotbi«^  /w* 
In  den  übrigion  Casus  hat  sich  jedoch  das  n  stanJL«i^cr  gereigt,  indem 
es  entweder  unverändert  geblieben,  wie  in  dem  Dativ  in,  oder,  vor  Vo- 
calen,  in  seinen  Halbvoral  w  übergegangen  ist,  in  Liebereinstimmiuig 
mit  einer  im  Samki-it  lierri»chenden  WohUautsregei ;  daher  der  GenitiT 
der  AoeuMtiv  m4h*   Yergleicbt  »an  biennit  die  eniaprecfaendcn 


.(■)  HaditeyOüdwr  JuM|ncbewiid««f  ludwM 


wul  der  mit  ihm  verwandten  SpracJien. 


147 


Gothüchen  Formen  izwara,  izwis,  so  erhebt  das  wie  ein  gelindes  s  aus- 
lusprechende  z  einen  Zweifel.  Ob  dieses  a  für  eine  unwesentliche  eu- 
phonische Einscbahung  zu  halten  sei,  oder  ob,  was  mir  weniger  wahr- 
scheinh'ch  ist,  zw  mit  der  SansLriiisdiflii  BiBsduiltMiiysylbe  sma  zusam- 
jimli&iMa  dfluck  61118  mdiA  imgewfthnlirfift  Venmidliing  Toa  m  ia 
odor  awf  yuMat  «ndeie  WoM  Tdn  dmca  Form««  Reehaudiaft  ^egfliiai 
werdn  müsse,  vermag  ich  nicht  sa  bestimmen.  Soviel  aber  halte  ich 
für  ausgemacht,  dafs  das  i  von  izwam,  izwis,  ehcn  <;n  »ohl  wie  das  der 
entsptwhenden  Alt-Uochdeutschen  Formen  iwar,  mus,  von  dem  /  des 
Stammes  ju  herrühre,  und  dafs  das  w  der  Gothischen  PluraUormen 
akihtt  mit  dem  det  Dualis,  ig^wara,  igqwis,  gemeiii  balle}  denn  hier  wifgi 
die  Tergteidiaiig  mit  den  «gnSchst  Terwindieik  Mandenen,  deb  da«  w 
dem  q  blos  als  ein  euphonischer  Znmis  bei^Bgdboi  sei.  Dbmnf  eber, 
da£i  ^  im  Gothischen  durch  einen  einzigen  Buchstaben  geschrieben 
wird,  kommt  wenig  an.  Mit  Jrjltol»  Grimm  bin  ich  sehr  geneigt  an- 
zuneiimeLi  ,  dafs  bei  iJcm  Pronumen  erster  Person  das  ns  von  urisara, 
(nos(ri),  luisis ,  (noUs  und  ws  ah  Accus.^^  nichts  anders  als  eine  ur- 
sprün^die  AcensnitiveiidnBg  eei  6ie  aber  mit  dem  Sctnme  ao  tm^ 
mcbaen  und  in  Ein»  lendmiolsen  ist,  dal«  öe  «elbar  zum  Radifcaltbeile 
TWUrde,  lo  dafs  dem  uns,  als  einem  erweiterten  Stamm  der  Urform  u, 
neue  Casusendungen  sich  angeschlossen  liaben.  Was  den  Dual  anbelangt, 
so  scheint  das  k  (im  Gothischen  </»'),  wie  ebenfalls  Grimm  Tcrmuthet, 
mit  dem  k  des  Singtilar-Acctisativs,  miA,  thuMf  einerlei  Ursprungs  zu 
seyn,  und  iveui  mein«  Aniidit  gebrandet  iic,  dafi  diems  k  ukaan  Ui<- 
•prange  nadi  Itein  dgentlidier  AccomiiTdiarakter,  Mudem  wie  e  in  dem 
Lateinischen  hic  paragogUdk  Ml»  80  gewinnt  diese  Erklärung  an  Wahr- 
scheinlichkeit. In  Betreff  des  dem  GuUural  vorhergehenden  Nasals, 
welcher  im  Gothischen,  nach  dem  Beispiele  des  Griechischen,  mit  g  ge- 
schrieben wird,  zu  berücksichtigen,  dafs  n  sich  gern  mitten  ia  eine 
WuRebylbe  eindränge,  wie  z.B.  im  Lateinischen  in /i^ngo,  tango,  im 
Sanaltrit  in  hhmka,  er  ifat,  von  hhtuUeh,  welche»  mit  dem  Griedii- 
•cben         verwandt  ist;  Uehmtati,  er  dankt,  von  ttekä, 

( I )   DartsAe  Granmatik ,  zweite  Aafl«ge  S.  8ia.    unsara  scheint  aut  dem  AccunliT 
„uns  abgeleivet ,  nicht  andcM  4er  Dativ  untit,  wtkte  adm  natiw  Aai  Dativ Sagnlir 
ponllel  auslaiMM." 

T2 


148       Bopp:  ^erreichende  Zergliederung  des  Sanskrits  u.s.w. 

Zur  Erklärung  des  Sansliritischcii  Duals  bleibt  nun  noch  zu  be- 
merken übrig,  dafs,  wenn  gieicb  äwiini,  wir  beiden,  und  jmvnw,  ihr 
beiden,  den  gemeinschafUichen  Ausgang  warn  haben,  dennoch  das  w  in 
bnden  Formen  au»  gnaz  Y«rMUadnMn  QneUoi  0ie(«e.  Denn  äwam, 
wir  beiden,  hingt  ofiedMr  mit  dem  ¥1qx«1  w«^^  cnsammen,  ao  ddt 
dem  radikalen  fi^  ein  A  vorgetreten  ist,  etwa  wie  bei  den  Femmalen- 
dungen  der  Zeitwörter  im  Doal  des  Mediums.  Man  vei^ddie  adiwtch' 
dtArn ^  die  beiden  hafsten,  mit  dem  Aciiv  ndwisch-tnm.  Das  xv  von 
fuwiitii,  ihr  beide,  ist  aber,  mit  dem  vorhergehenden  z/^  die  euphonische 
Veriiuderung  des  Vocals  der  Stammsylbe  ju,  denn  u  geht  in  der  Mitte 
eines  Wortes  vorYocalen  selir  hiufig  in  im'  fiber»  wahrend  es  amBnde 
äck  blos  in  fv  vci'  wanddt« 

Die  folgenden  Tafeln  gehen  einen  zusammenhangenden  Ueberblick 
der  Declination  der  Pronomina  erster  und  zweiter  Person,  im  Sanskrit 
und  den  verwandten  Sprachen.  Die  Casus  folgen  in  der  in  den  San- 
skrii-Grammatiken  üblichen  Ordnung.  Von  den  Slawischen  Mundarten 
geben  wir  blos  das  Alt-Slawische,  luid  von  den  Germanischen  das  Go- 
tbiidie,  Alt-Hodidentsehe  .und  Alt^Sidisisdie. 


Tafel  I. 


Nom.  1^«^  ahar, 

I  Aociu.  qf ,  j 

AUat.  ^fj^iiMC 

Loe.  Sff^  «w^» 


LtUifcb. 


AU-SlawivtU. 


az 

mnje 


Accus.  ?n^.  ^ 

Inslr.  4JHI^77f 

Dat.  ?n^p3f:rfi 

Gen.  mSPftW« 


nama 
luuna 


na/u 


Nom.  wajai 

Accus.  5IFTF][. 

Rh. 

Ahlat.  ^44^fj^a^ 

Gen.  9ER^T#r, 
Loc. 


mults 
imuiu 
muhsu 


m 


tmumans 


IUI.  jMA.  U 


men 
merd 
merd 


mdrd 
mdri 


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Tafel  n. 


Lettisch. 

Alt  -  Preufsuch. 

Alt-Siawj*cti. 

Pemsch. 

Nom.    3  fw'diM  . 
'  Accus.           rälT  ^' 
1  Insir.    p(m  twajd 

AblaU   (D|f][^  (ti^ . 

tu 

tu 

Ü 
ia 
iobtyu 

tu 
twnl 

tum 

tew 
tewis 

tWOMV 

Nom.    ^c|}  Juwän 
Accus.              elf  j 
Inslr.    rfcTP^lf  ;u 

l 

watna 

WORM 

waju 

Dal.       ^cfR^t,  ? 
AblaU  M':^!^!/« 
:  Gen.  >jc4M 

Nom.  jüjam 
Accus.    (|^|rj|^,  c 

inür.  jonfn^. 

Abbt.  tJWjfjl^ 
Gen.     ^f^n^,  c 
Loc.  ^^tHItj^MJ 

julis 

jom 

■WMU 

wi 

•m 
wuni 

warn 

mu 

WIM 

JcAillMt 

schumdrd 

jums 
juhsu 

jumaru 

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Udber 

den  Farnesischen  Congius  im  Königlichen  Antiken- 
Saale  zu  Dresden. 

Von 

F"'         H.  HASE, 

[Der  AkiMlwnwi  der  Wiwcinchaflea  vorgelegt  m  18.  Mlix  1824.] 

tJZjVi  den  adkSttbänidi  und  merkwürdigsten  Udkerresten  des  Akerthmn* 
„gehört  der  unter  Tespuiaii  auf  dem  KepittJ  au^geatdlie  NormaUGoiif 

,,gius,  jetzt  gewöhnlich  der  Farnesische  genannt,"  sagt  Hr.  Ideler 

in  seiner  AhlianiHung  üLer  die  Langen-  \in<l  Fliicljenmafse  der  Alten  ('). 
Er  ahnete  nicht,  dafs  dieses  Gefafs  sich  in  Deutschland  und  ziemlifii 
nahe  dem  Orte  befinde,  wo  er  diese  Worte  aussprach.  Denn  selbst  die- 
jenigen, die  sidi  aus  der  WackerXiipsiusschen  Beschi^ibung  der  Dresdner 
Antiken^Gellerie  (S.  465.)  erinnerten»  daf«  es  dort  als  ein  Eigentlram  die- 
aer  Sammlung  erwähnt  sei,  konnten  sich  bei  dieser  Anfähmng  eben  so 
wenig,  aln  hei  dem  Kupfer,  das  Leplat  davon  gegeben  hat,  nhei-zeu- 
gen,  dafs  hier  von  dem  wahren  Farnesischen  Congius  die  Rede  sei.  So 
sehr  hatten  sich  Abbildner  und  Beschreiber  vereinigt,  ihn  unkenntiich 
SU  machen.  Doch  hoHeu  wir  zu  einweisen,  dafs  der  dort  gemeinte  der 
ächte  sd. 

In  einer  IBdie  eines  der  SdirSttke  Terstedit,  die  im  Mnmietiiimmer 

des  Augusteuru  aufgesteUt  sind,  schien  sidi  das  GefaTs,  welches  uns  be* 
scbäfti'c^t,  absichilich  den  Blicken  derer  entzogen  zu  haben,  die  so  manches 
lateressaute  dieser  Sammlung  zu  allgemeinerer  Kenntnifs  und  Würdi- 
gung gebracht  haben.  Iknuf  und  AufmeiUamkeit  auf  alles,  was  auf 
die  Ifslse-  der  Alten  Bezug  hat,  veranlafsten  den  Verfasser  dieser  Zeilen, 


(i)  AMna«l«k(«acrSAaigKcih-1WhieebcnALdeMkderir^^ 
ans  dsa  J«k«n  1812-1814.  Vi«.  fUld.  XImw,  S.  154. 


150  Hase:  über  den  Famesisclien  Congius 

das  Gefäfs  genauer  zu  prifen,  und  lielimi  ihn  bald  das  unbesweiftlt 
idite  darin  erkennen. 

Der  Congius  der  Dresdner  Sammlang  ist  von  Messing,  nach  dem 
Sprachgebrauche  der  Väter  Jesu  von  Oridudco»  im  Aeufsem  zwei  ab- 
gdtänten  Kegeln  giddi,  die  mit  iluw  untere  GrnadfiSdMn  durch  Lo- 
ünmg  «ufeiiMiider  gepalitt  thid.  Oben  um  läuft  ein  Bend  (x^Xor,/)iAnini), 
der  breit  überragt,  und  die  Genauigkeit  der  Messung  «idicrtt  ohne  selbst 
hei  der  Bestimmung  des  Inlialis  ia  Anschlag  zu  kommen.  Ganz  flach 
imd  ohne  alle  Zierlichkeit  ist  der  Fufs  anrjeset/t ;  ein  Umstand,  der  defs- 
halb  zu  bemerken  ist,  weil  die  meisten  davon  bekannt  gemachten  Ab- 
bSduD^en  >hn,  um.  der  gefälligem  Fonn  friUeil,  wnlttarUgier  zeigen. 
Noch  henerLt  nun»  heeonden  an  der  Seite  des  F^ses»  die  anfand 
und  daher  vor  den  Eimrirknngen  der  Luft  mehr  gesdmtst  ynr,  Spuren 
ehemaliger  Vergoldang,  die  seine  Tortrefiliche  Erhaltung  erklären;  denn 
förmllc-li  müssen  wir  Hm.  Tfl^>ler's  Behauptung  (a.a.O.)  widersprechen, 
die  aiicii  IL*.  AVurm  (')  wiedeiiiohlt  hat,  ..dafs  dieses  Gefiifs  vom  Grün- 
,,span  nicht  wenig  zerfressen  sei."  Ivirgends  zeigt  sich  davon  eine  6pur. 
Nur  die  Löthung  hatte  ^tten;  aber  nne  AnflSsang  von  SiegellatÄ»  in 
Alkohol  veidite  hin,  alle»  Sickern  an  heben.  Nirg^tds  am  §auen  Ge> 
fifse  sind  Beulen.  Auf  jeden  Fall  war  es  früher  an  einem  Orte  aufj^ 
stellt,  wo  es  geehrt  war.  Seine  Masse  reiizte  keine  Habsucht.  Seit  seine 
Wichtigkeit  für  wissenschaftliche  Untersuchungen  anerkannt  war,  wurde 
es  pfleglich  behandelt. 

Anisen  herum  laufen  in  das  Meudl  eingeiitate  Ringe,  zwisdien 

denen  die  hdbannte«       fibn.  Ideler  nicht  sehr  genau  iriedergegdiene, 

Inschrift  steht,  die  den  Ruhm  dieses  Gefäfses  he^rundete: 

IMP-  CAESARE 
VESPAS  VI 
T.CAES.Avr,.F.iiil*^* 
MENSVRAE 
EXACTAEIN 
GAPITOLIO 

PX 


(i)   De ponderum^  «nawriH»,  «HMiMWlaM,  m A ani »wfa— dg rmitaidkir  (Sau- 


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im  Köni^,  Antikan'Satde  zu  Dntdeu, 


161 


Die  Worie  der  Inschrift  sind  so  leidit,  dds  nan  kaiua  betraft, 

wie  Yillalpandi  in  ihrer  ErklSmBg  irren  konnte,  yiare  er  nicht  von 
der  willkührlichen  Annahme  auegp^ancen.  dafs  durch  die  Höhe  des  Con- 
gtus  und  die  omlaulVndf  n  Mfiti  n  Maise  htsu'mmt  ^T^rden.  Dieser  son- 
derbaiw  Voraussetzung  xul'olgc,  die  sich  m  den  ivopfen  der  Italiener 
Iiis  euf  Bayardi  herab  (')  eiugenitiet  hMit,  mJam  er  die  W^irter  mem- 
«ura»  exaeiae  für  NonunatiT«,  da  de  doch,  irie  schon  Greaves  (*)  vaA 
Eitentchmid  andeoien,  als  Genitive  zu  verstehen  sind ,  vom  ausgelas» 
SOMD  Gongius  regiert,  welchen  die  pondo  decem  bezeichnen.  Dus  Juhr, 
wo  Vespasian  zum  sechsten  und  sein  Sohn  Tittis  zum  vierten  Male 
Consuln  waren,  entspricht  dem  Tösten  unserer  Zeitrechnung  und  dem 
828sten  seit  £i*bautmg  R<Kns. 

Die  Diwifflisioiiftti  des  Gongias  sind  naqh  genaiier  Mearang:  (^) 


A  Bf  Durduneaser  der  «ttf- 

einnidflr  gepafsten  untem 

Kegelgrimdflächen ,  .  .  .  72,6  itvo».  timea. 
C  D,  Durchmesser  der  obe- 

ren  Grundilacheo,  .  .  .  36, 0  • 
EF,  Hihe  dw  ohem  ab» 

gdtttmen  Keigeb,  ...  62;  5 
FG ,  Höhe  des  miteni  «h- 

geLursien  Kegds  ....  60, 6 


Sovid  sor  Beschreibung  eines  OdSüies,  dn  Tom  eisten  Augen« 
blicke  seines  Bekeimtwerdai«  an  die  Anfimet&ttnieit  der  Gddhiien  er- 
regt hat.  Ziuiächst  wirkte  dazu  wohl  ein  Umstand  mit,  der  der  Prafnng 

Werth  ist.  Drei^Uiin  nämlich  sprachen  die  iiahenischen  Gelehrten,  welche 
diesen  Congius  nniersuchten,  die  Yermulhung  aus,  dafs  er  das  auf  dem 
Kapitol  aufgestellte  rsormal-GeTäfs  gewesen  sei.    Da  auch  Hr.  Ideier 


(t)  JntidUtk  d'EnoUmot  T.l,  p.ySi. 
(a)   Mise*  fTorh,  S.  108. 

(S)  Die  mAaMOiaiäe  Wj^g»  ist  btof*  ab  «ine  MrtliqBatiscl»  m  hetnOam, 


152  Ha  SB:  über  den  Farnesischen  Congius 

sich  dieser  Voraussetzung  bequemt  hat',  so  ytixd  sein  Ansehn  für  Viele 

hinreichen,  dieser  Annahme  Glauben  zu  verschaffen.  Der  Beweis  dafür 
möchte  aber  schwer  zu  fVilm  u  sein.  Die  indirekten  Zetignisse,  dais  auf 
dem  Kapitoi  ein  pontlei anuiii ^  wahi'scheiniich  bei  der  Münze,  gewesen 
sei,  sind  so  oft  beigebmcht  worden,  am  besten  von  Wernadorf  (*}, 
dals  man  ihrer  Wiederhohlung  fiberhoben  sein  Lann.  Das  direkteste 
Zengnifs  ist  die  Inschrift  bei  Fahre tti  die,  nach  den  Worten  oii- 
ctore  sancU'ssiino  Aug.  N.  nohilissimo  Cafis  z«  schlielsen,  wohl  erst  der 
zweiten  Hälfte  de-»  diiucn  Jahrbunderia  christHrhrr  ZeitTochnung  ange- 
hört. Denn  wenn  auch  der  nobilissintus  Caesar  Iriihcr  vurkommt  (•'),  SO 
scheint  doch  der  sanctistimus  Imperator  erst  eine  Erfindung  dei'  Zeit  des 
Probos  au  sein  {*')*  Die  Hengp  Ton  Stellen  und  Denknäetn»  fro  nach 
den  kapitolinischen  g^cbte  Malse  v«»Loinmiett,  lassen  keinen  Zweiüd 
fibrig,  dafs  daselbst  ein  Depot  der  Mustermafse  war;  eine  Einrichtung» 
die  abermals  an  das  Vorbild  athenischer  Verhältnisse  erinnert  (*).  Nur  sagt 
wohl  keine  Inschrift,  eben  so  wenig  als  die  unseres  Congius  selbst,  dafs 
das  Denkmal,  das  sie  trug,  als  Muslermalis  gedient  habe.  Wernsdorfs 
sonst  wahndteinlicher  Vermutbimg  dals  wohl  erst  nach  der  Her» 
ateOung  des  vom  «weiten  Müe  abgdbrannten  Kapitels  unter  Vespasian  ka- 
pitolinische Mafse  'vorkommen  möchten,  widerspricht  ein  von  dem  Co' 
talogo  de'  monumenti  di  Ercolano  (J)  angeführtes  Gewicht,  welches  dem 
drillen  Consulal  des  Tiberius  Claudius  (J.  d.  Si.  799.  n.Chr.  46.),  so 
wie  eine  Öchnellwage  ebendaselbst  gleichfalls  exacia  in  Capit.  cum 
Äe^,  du  demselben  Ilegierungsjahre  des  K.  Glandins  ang^ört. 


( I )   XIV  Exeurt,  üd  poet.  lat,  ndnor.  T.  V. 

(3)  Inscr.  velt.  c.  Flti  11.^380. 

(5)  Ec  lhei  z).  iv.  yin,  S.  ^■'O. 

(4)  Man  TCrgleiche  Salmasius  ad  Bist.  Aufust.  II,  629  und  647,  imd  «lie  lo- 
■eintft  au»  Tlrnnbni  in  LechcTalier'a  Relae  nach  TroH  Ton  Leus,  Altaaburg  imd Erfurt 

lS<vi,  s.  'Ol,  <1ie  V i ilo isoti  U0I1I  zu  spai  ans<?izt,  Ja  sie,  wabEsdieialidMr  «If  CT 

nimoit,  <ieni  J.  d.  St.  10^0 ,  nach  Cbrisius  2S7  ,  zustimmt. 

(5)  Vergleiche  Böckh 's  StaatahatuhaltuDg  der  Athener,  U,  348  IT. 

(6)  Exeurt,  tauit.  p.  610. 

(7)  r.  /,  ^.355.  N.  CCF, 
(9)   N.  CCXl,  S.  356. 


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tm  Königi.  Antiken- Saale  m  Dresden.  1^ 

Kon  Lucas  Patus^  der  unsern  Congius  zuerst  anführt,  ist  uns 
den  Beweis  schuldig  geblieben,  wefshalb  er  ihn  für  das  kapitolinische 
Normal -Gefäls  selbst  erklärte.  Die  Inschrift  i-eidu  dazu  nicht  hin. 
Wahrscheinlich  fand  ihn  der  Kardinal  Alexander  Fftrnete«  als  des- 
sen EifBiMlinm  er  uns  nuni  hAauM  «ivd,  in  «ner  Kircihe  Itsliens»  tro> 
bin  nftd»  der  jViNwAi  des  Justinien  128  e.  15^  ab'  die  Pipsie  nnd  der 
Senat  die  Anfbewahrung  der  Mafse  und  Gevidiie  Übernommen  bet- 
•  pn  C).  Gefafse  der  Art  gebracht  worden  -waren,  um  mit  dem  Ch'le  der 
Aufbewahrung  das  heilige  Ansehn  zu  tlicikn.  In  der  Anführung  dieser 
Novelle  durch  Lucas  Patus  möchte  für  Hiuchscbliefsende,  die  sich  um 
die  .fttwehimg  nandwr  berflbmten  liahheber-flimnilmigen  bekünncr» 
bdwn,  ein  Grand  an  dev  Yennnthwig  Uegen,  dab  ibn  der  Kewiinel 
tm  dem  Staube  wenig  beachteter  Saknsteien  in  das  Licht  seiner  ]Mu- 
seen  versetzt  habe.  Alexander  Farnese  -war  Papst  Paul's  III.  Enkel, 
Erzkanzlcr  der  Römischen  Curie  und  npbrnbei  so  reich  an  Pfiünden 
und  Kirchenwürden ,  wozu  hcLanndich  auch  die  Curatel  der  iürchen 
gdiSrt,  dafii  sein  Titel  länger  ynr,  als  der  seines  Zeitgenossen  Karl*«  Y. 
Anfitterlnmkdt  «nf  «inen  Sdiats  der  Art  und  Idebfaabera  darf  man 
einem  Manne  wobl  «nibmienj  der  mit  Pieuro  Aretinn,  Aldo  Mantizu, 
Paolo  Sadoleto,  Pietro  Vittorio  in  der  engsten  Vei'bindung  eines  vid- 
vennügenden  Patronats  stand,  der  fünfundfnnfrif^  Jahre  lang  als  Kardi- 
nal zu  einer  /Ceu  lebte,  wo  die  1  hk  rsuc  Imn-  aUci  hauslichen  Verhält- 
nisse der  Alten  mit  einem  fast  zu  weil  geiriebeucn  üifei'  alle  Leiue  von 
Bildnng  nnd  Geist  beiekifkigie. 

Bhsn  in  der  Erforschung  der'  ahen  Msfse  b^prifien»  tagt  Lnca« 
Patus  in  seinem  Werke  (^),  nnd  iize  geworden  in  sein«!  Rechntuigen 
diut:h  neuere  Angaben,  erhielt  er  aus  der  kosibai"cn  Sammlung  des  Kar- 
dinals Farnese  einen  (Jongius  von  Messing  oder  Bronze,  den  des  ali- 
waltenden Gottes  Güte  (dies  sind  seine  Worte  S.21.)  vor  den  ünhaiden 
der  Baibsoren  und  der  Zsit-  besdiüict  batte.  Er  sei  sebr  wohl  ahahtm. 
gnmen,  anber  dals  er  an  der  SidQe,  wo  er  die  Erde  berührte,  Tom 


( 1 )  S*  J  Mti  niui'a  fragni.  Saaetion,  deren  Anfang  pro  petUione  FigtUi  e.  19. 
(a  )  De  mauurif  tt  pomttmu»^  V^n.  ofmd  AUom  i5n,Jbi. 

Hut.  phUol.  Klatte  1824.  U 


154  Hase:   iiier  den  FamesÜKhea  Congim 

Roste  geliiien  hatie.  Besitzen  wir  dasselbe  Exemplar,  das  Lucas  Paius 
in  der  Ifiind  haue,  was  wir  glauben  dürfen,  so  könnea  wir  uns  über- 
zeugen, dafs  diese  Kostsielleu  selu-  unbedeutend  waren.  Die  Zeichnung» 
die  er  leineu  Werke  beigefügt  hat,  kt  mit  cuuerm  Gefüw  ftst  v6Ilig 
fiberemitiiiiiiicBd;  doch  sei  nidii  TcrtdmMfl|ai*  dafr  der  Foiii  des  Ge- 
faf»e$  wulstiger  gebildet,  und  über  der  Schrift  mii  Punkten  eine  Itnas- 
artige  Verzierung  angebracht  ist,  die  auf  unsenn  Gefafse  eben  $o  fehh, 
wie  auf  dem  Kiipfersticlie  bei  Yillalpandi,  der  cjw  kein  Bedenken 
trtlg,  das  Gefafs,  das  er  mafs,  für  jenes  ächte  Farae&iscbe  zu  halten. 

Aus  dem  Besiue  des  Kardinal«  Alexander  Farnese  ging  der 
Congpna  aindieb  ia  die  Sammlnng  seine»  Grofmeffen  de«  Kai^nala 
Odoerdo  (aecfa  Bonanni,  Recardo)  Farnete  über,  ebwi  Sohne  je- 
nes Fddherm  Alexander  Farnese,  der  in  derGeMdudtte  der  Vereinig' 
len  Provinzen  «o  berühmt  ist.  Von  ihm  erhielt  der  gelehrte  Jesnii  au» 
Cordova,  Johann  Haptist  Viilalpandi,  der  damals  für  sein  Werk 
Über  den  Tempel  zu  Jci'usalem  sammelte,  die  Erlaubmi^,  den  Cougius 
auf»  neue  su  aMMen. 

Mit  einer  FeierlicUteit,  die  konmch  sehdnen  kitnntie^  wenn  die 
Almcht  der  ichlauen  Väter,  dem  erlauchten  Besitzer  dadurch  ein  Com- 
pliment  zu  machen,  nicht  fast  zu  deutlich  durchblickte,  ging  diese  wich- 
lige  Messung  vor  sich  (*).  Ihr  Ergebnifs  war  für  die  Mefroloeie,  wie 
sie  jetzt  ist,  ohne  Bedeutung;  denn  die  vuruebmc  Gesellsckal't  halte  mit 
GiitenenwnsMr  gemessen  und  aufserdem  fidtcb  gewogen.  Doch  gab 
Yillalpandi  der  Beicbreibnng  jener  lleaning  eine  AttÜdnng  de»Ge> 
iafte»  liei,  die  et»  TQlitl&idig  mit  dem  nurigen  in  allen  Klein^Leiten  flber^ 
einstimmt,  da(s  wir  nicht  zweifeln  dürfen,  dasselbe  zu  besiuen.  P(ach 
seiner  Behauptung  ist  es  dasselbe,  das  Lucas  Patus  in  der  Hnnd  hatte. 
Gar  kein  Zweifel  könnte  bei  un<«  "«laii  finden,  hätte  fler  gute  Mann  vor 
lauter  Zierlichkeit  bei  seiner  Erklärung  »icli  niciii  höchst  ungeschickt 
ausgedrüdu.  Nach  ihm  ist  da»  Bäd  mt  eMplar  tbmwn,  ^m»  Anim» 
hAuimm,  ex/meata  ob  al^r  die»e  Biemplave  und  worin  sie  di- 
widien ,  hat  er  nidit  für  g^t  gi^nden,  zu  enfiblen.  Das  Fanesische 

( I )  Die  BcKbreibung  dsfon  im  Apparat,  urtit  ac  lempli  MinwtJ-  T.  ///,  P.  2.  p.  351. 
(a)  S.499. 


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im  Koni^L  A/üikeji-  &iaie  zu  Dresden, 


156 


war  Messing ;  das  andere  (was  freilich  nach  der  Unbestimmtheit,  die  ihm 
beliebt  h;it,  auch  dei"  Sextarius  sein  kann,)  war  Bronze  lind  schien  in  der 
Erde  gelegen  zu  haben.  Und  so  müssen  wahr&cheinhch  seine  Worte 
auch  verstanden  worden.  Denn  auTser  dem  envabmai  Conans  befindet 
tieb  in  ilcr  luesigen  Semnlnng  «w  Se&Uriite  TOa  Bronae,  der  jeAcn 
«nf  dem  VUlalpmn.diedie!B  Km^iler  abgdnläeicn  vÖUig  fjbick  und 
swftr  dni-ch  Grünspan  auf  der  Oberfläche  geUtton  hat,  aber  Leineswe» 
ges  so ,  dafs  er  zu  einer  sehr  genauen  Messung  untauglich  wäre.  Herr 
Geb.  L<if;.  Rath  Beigel  bat  sie  nui  Jur  iLm  eigenen  Gewissenhaftigkeit 
versucht  und  das  Kesuiut  derselben  sull  weiterhin  folgen.  Dieser  Sexta* 
nneifltzu  gleicher  Zeit,  gleich  lorgfältig  gepflegt,  aaeliaUen  xwch  Dref> 
deik  gcluNBiiieii,  and  beititigt  durdi  diesen  Umsiaad  die  VcrBittlhiai§|', 
defi  er  schon  damak  au  dem  Famesischen  Gongius  mit  gehört  habe. 
>  '  Beinahe  gleichzeitig  mit  Yillalpandi's  Nachricht  von  dem  Far- 
nesischen Gongius,  die  um  das  .Tabr  1604  bekannt  vrurde,  nämlich  im 
Jalu-c  1602,  gab  Gruier  im  IVtesaurus  Inscriptionum  Nachricht  von 
einem  andern  Gongius,  der  viel  Verwimmg  in  die  Geschichte  dieser  Ge- 
fitfw  gdRMiht  hat.  DiMer  irar  vom  Kardinal  Paolo  Ceti  m  Tedi  aul^ 
gefunden  ivoidonf  und  hanef  wemk  hier  iufiMre  Zeuiien  entaduedenf 
beinahe  eher  als  unserer  Mr  dai  kapitolinische  Normal  -  Gefafs  gelten 
können  :  denn  eine  der  unsrigen  völlig  gleiclxlautcnde  Inschrift  war  mit 
sUbeinen  linciislaben  darauf  angebracht.  Gruter,  der,  wie  mau  leicht 
merkt,  von  der  öache  mcht  genau  unterrichtet  war,  buii  ihn  für  den, 
wddien.Villalpandi  mala,  und  fügt  hinzu:  putantque  suppositUmmtst». 
Dia  leuMre  Behanpumg  mag  auf  aidi  bemhen;  iam  eraiere  iat  itrig.  Di» 
aer  Gesische,  in  der  Form  von  dem  unsrigen  sehr  abweichende  Gon* 
gius  kam  in  die  für  Metrologie  SO  wichtige  Sammlung  des  Alexander 
Colozzi.  Was  spater  aus  ihm  geworden,  lädst  iich,  trotz  fiayardi's 
langem  Geschwätz  über  ihn,  nicht  angehen. 

Der  EWnemche  Gongius  blieb,  so  darf  man  annehman,  einlBi- 
gmihnm  der  Familie  Fajrneae}  wenigsienf  wur  er  in  der  ecaten  BUfte 
des  17ten  Jahrhunderte,  vrie  man  am  Peireac*»  lieben  von  Gassendi 
ersieht,  fortwüuend  im  Famenschen  FamiÜenmnseun  m  RoiU. .  Ja, 


(i)  T.I.  II.CCXXIU.  a».3. 


U2 


166 


Hase:    über  den  Famesischen  Conßius 


Peircsc  licfs  sich  1617  durch  Aleander  eine  genaue  Nachbildang  diese» 
Farnesischen  Congius  machen  (*),  die.  vielfach  ver£;Hchcn ,  keine  Ab- 
weichungen zeigte  und  später  in  dem  Kabmcider  Biblioihek  S.  Genevieve 
fett  Buri«  «mfgiettdlt,  in  Moliiiet*t  Bsidmibong  aufgenommen  (S.  43) 
und  endlich  daMÜMt  §ur  obigdUldtt  »t  (').  Hefltirfirdig  genug  siininft 
■her  diese  Abbildung  mit  der  Form  des  Q^ischen  Gongiuü  überein.  Man 
kommt  auf  die  Vermuthung,  dafs  die  Kupfer  zu  den  Werken  jooer  Zeit 
von  Leuten  qezoirhnci  seien ,  -welche  die  Gegenstande  niemals  gesehen 
hatten,  die  sie  darsieÜeu  sollten.  Oonsl.  Landi  gibt  1695  nachGruter 
wieder  den  Cesischen  (^);  Fahre tii  (*)  1702  den  Famesischeo  nach 
Lue««  Pitu«,  und  Boaftnni  hn  Jalir  1709,  mit  Bemmung  der 
Villalpandischen  Kwptaiu^U»,  im  Muiaum  Küvk^,  x,  L'VIIeiiMttGQii» 
gius  und  S>  xtirius,  die  mit  den  vnsrigen  ganz  übereinstimmen.  Abzüge 
derselben  Kupferplaiicn  benutzte  auch  Montf  aucon  Alle  diese 

letztem  Anführungen  sind  mii  Bezug  auf  das  Famesische  Gefäfs  tra- 
ditionell imd  nicht  aus  Selhstan schauung.  Derletue,  der  uns  besummic 
Nachiidu  von  ihm  gibt,  ist  der  gelehrte  loha  Greevei,  VaXmtft  der 
Geometiw  im  Greeham-GoUege  sn  Lomdoii»  der  auf.  einer  Reue  mA. 
Italien  und  dem  Oriente  im  Jahr  1637  sich  als  strenger  Mathematiker 
mit  der  genauen  Untersuchung  der  Denkmäler  beschäftigte,  denen  -wir 
unsere  Kenntnisse  de?  römischen  Fufsmafses  Tei"danken.  Auch  unsem 
Gon|pus,  denselben,  den  wir  besitzeu,  wie  man  sieb  dui'ch  das  Kupfer 
in  •seinen  MisceHanetms  Works  zu  S.  277  überzeugen  kann,  now  extant 
m  Home,  so  luglUy  and  so  j'usäj  niagmßed  by  yUlalpandus  (S.  225),  land 
er,  durch  baondere  Begfinetignng,  ' Gelegenheit  su  meeaett.  Die  Zeidi- 
nung  zu  dem  Kn]  rcr  bei  Greavettlet  nach  dem  Gefafse  uid  Inmr 
nach  tuitenn  gemacht,  wie  das-  ZinamnMäireffim  aller  Kleinigkeiten  eatr 


( I )  S.  98  seiDC«  Werls. 

(a)  Eine  iluüicha  KacbbiUlung  des  Faruesi«cUii  Congius  besaJs  die  im  Jahr  1822  su 
AaModan  ventaigBFU  Y«»bBBM«*sdie  Smnlimg.  S.  dan  CMMg  dmaUtm  ^-  887. 

N  5'> 

(3)  Seitcia  mtmism.  ejcpos.  p.  79.  i  ■ 

(4)  Inser.anf.  f>.52f>.  e.FTir.  N.:^~2.   

(5)  Aiai^.explujuik.  ruUUI.  pLLXJCJiyll. 


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im  Köm^.  Antiken-Saale  zu  Druuicn. 


167 


weiset.  Aber  mit  Grcnres  rerscliwinden  auch  alle  Spuren^  durch  deren 
Hülfe  man  die  Geschichte  dieses  Gefabes  weiter  geben  könnte.  Viel- 
leicht kam  es,  wie  Eisenschmid  yermuthet,  mit  der  reichen  Münz- 
sammlung d^  Familie  Fftrik«ie  iiadi  Parma.  In  Dresden  war  unser 
Gongius  und  der  amifaBte  Scsuanat  als  Getcheitk  «dum  vor  den 
November  1731 ;  denn  am  17.  NoTember  1731  wurden  sie  tob  der  Biblio- 
theL  wieder  in  das  Königliche  Kabine'i  abg^;d>en,  wie  eine  Nachriebt 
am  dem  Archive  der  Bibliothek  (')  beweiset,  die  ich  der  Miitheilung 
des  Hrn  Ih.  Ebert  verdanke.  Die  Akten  Ult  f>ber-Kämmei*ei  sagen 
nichts  weiiei'  aus,  als  dafs  dies  Gefafs  Sr.  i^laj.  (AugusiH.)  vom  Pater 
Selerni  QbenvidK  werd,  md  noch  beeilst  die  Antiken-Semiiibiiig  die 
Faiterele  mit  oumoifbiradiem  Lederfibemg,  inwendig  mit  Semmet  gefiStp , 
tert,  die  beide  Gefafse  auf  der  Reise  geschützt  hallen.  Leplat's  Marian 
<lc  Drrwlr .  /.  i84,  4,  gehen  den  Congius,  aber  bis  zur  Unkenntlichl^pii  eni» 
Stellt,  un  Jahr  1733  als  eine  Merkwürdigkeit  der  hiesigen  SummluiiL'. 

Die  Verwicklung  der  Geschichte  dieses  Gefalises,  das  lange  Zcii 
für  dae  enitige  leiner  Art  gegolten  bec  und  idion  eo  fiele  Beredmon- 
gen  verenbiftte»  mag  die  Anaföhiüdilteit  cniichaldieen,  mit  der  wir  sie 
gegdben  haben.  Seit  wir  um  fibcneugt  belten  durften,  den  äcbten  Con- 
gius zu  besitzen  ,  schien  er  uns  zu  einer  Messung  aufzufordern  ,  nach 
den  <''rundsäizen,  die  in  der  neuern  Metrologie  gelten.  Hr.  Geh.  Leg. 
llatli  Bei  gel  war  so  gütig,  sie  in  meiner  Gegenwart  mit  einer  Genauig- 
bdt  Tonunehmen,  die  der  grSfsten  AengsiÜcbkeit  nidtts  zu  wünKben 
fibrig  ksien  wfirde.  Hier  siöid  kons  die  Resukeie  derselben. 

Die  Scbwere  des  leeren  Congius  betrug  318$7, 5  gmins  der  fran- 
zösischen  Commisiun  für  Mafs  und  Gewichte.  Der  Inhalt  des  Congius  an 
destilh'rtem  Wasser,  bei  13*  R.,  einer  Tempei*atm-,  die  am  21.  Junius 
1820  die  natürliche  war,  =  63460,  6  Crnn.  Da  nun  die  Schwere 
des  französischen  Cubikftifses  an  desuiüncm  Wasser  bei  13*  R.  SU 
1117, 9434  ImnsSsiscben  Unsen  ftetgemut  ist,  to  liefe  ddi  «udi  die  Sd- 
tenlunge  einer  Ampboiu  finden,  .die  naeb  der  metrologisdien  Tradition 
zugleich  als  die  Länge  des  römischen  Fufses  zu  betrachten  ist.  Sie  er* 
gab  sich  bd  der  Beredinung  :9  133,  03  französischen  Lpnien. 


(i)   yol,  I.  No.  102. 


168 


Hase:  üiar  dm  FaniHkehan  Ctngüts 


StcTf^ometriscli  wurde  der  Inhalt  des  Gongitu  aus  der  Me«!sun^ 
der  Durciime^sci  seiaer  Grundflachen  und  der  Höhe  der  abgekui*zien 
K^ei,  diu  jhu  i)ii(ku,  gefunden.  Er  ergab  sich  nach  den  oben  ange- 
liifaiteD  DuBUMiflntt  as  395037  SumMbrn  Cnh,  Uukn,  und  4w 
Ktnd$A»  Fnft  vriie  diesem  Jakdt»  sofalg»  gewMA  s  133, 14  fnnifiii* 
tdien  Linien. 

Der  Sexlarius  ward  am  29.  Julius  1820  untersucht  und  gemes- 
sen. Die  Schv.ere  des  leeren  Gefäfscs  war  =  7835,4  der  angeführten 
Grane.  Der  Inhalt  des  Sexlarius  an  destülirtem  Waaser  hei  15*^11.  na- 
tüiücher  Temperatur  s  I0$iü,  6  .Dv  tStmA»  ¥uU  eifab  sich 

hieniMh  m  134,06  ftnuCiiicfaai  linm,  iral  derBwiNr  GnbiUblii  d». 
.  ttilUrtcn  Wmhr  h»  Ift^'R.  m  1117,  6264  Uhmd. 


Bestimmung  des  rttmischen  Fuldes  vermittelst 

des  G>ii^i]s. 

1.    Auf  hydrostatischem  Wege. 

öch^ere  des  leeren  Congius  =  21857,  5  Gran  Pariser  Muttei^ewicht 

(grains  des  50  marcs)  (*). 
Inhalt  dtt  Congius  an  dtiMflUrtem  Wfsser  bei  13°  K.  =  63460,6  Gnn, 
«bo  blnit  des  edttflMlkan  Gongiitt  oder  der  Attphdi«  «  607634, 8  Gnn. 

Bei  13°  R.,  einer  Temperatur,  die  sur  Zeit  der  Abwägung  (am 
21.  JTinids  1820)  zufällig  die  natürliche  war,  wiegt  ein  Pariser  Gubikfttis 
destiUirten  Wassers  69,871-1  Pfund  =  613934,8  Gran. 

Da  nun  uacU  der  Xradiuun  der  rönusche  Fufs  die  Seile  der  cu- 
IhicIl  gesielteien  Amphora  -war,  so  hat  mim,  wmm  jb  die  Gröfiw  des 
rSniscben  Fo/ses  in  Pteiser  Limen  beseicbieit, 

■    V643934,  8  :  ]  507684,  8  —  144  :  x. 
Die  Rechnung  gibt  133,  03  Pariser  Linien.  j 

(i)  Aa«  (imbig  alMn  n  Paris  SHflwmkrtCB  MaAfSwidhlsn  gefolgert  (1SS2~,  15 
d!e«erGr«nc  geLen  ein  Kilogramm  des  nrn<n  fnnroifscben  Ccwirttsrstems.'':  S.  Bi  r  s  tn's 
Jrutruelion  sur  les  poidt  nouv*«uje  cmnp^tnij  au.«,  tnesures  et  poids  anciens.         15u0,  lä. 


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tm  Kön^l,  j^nüken- Saale  zu  Dresden. 


Beim  Abwägen  -wurde  alle  die  Sorgfalt  angewendet,  die  bei  dem 
jetzigen  Zustande  <ler  Metrologie  in  LntersiichuQgen  dieser  Art  zu  brin- 
gen ist.  Das  gebi-aucbte  Grammengewiclit  ist  von  einem  geschickten 
französischen  Mechanico»  gemacht  und  zu  wiederhohlten  Malen  wissen- 
•cbifUidi  geprOft  wofdea. 

Nach  der  Inschrift  (s.  ehcn&lSO)  eilUuclt  der  Gongiiif  X  Pondo 
oder  römische  Pfund.  Obiger  Abwägang  snfolge  g^iai  demnach  auf 
da«  römische  Pfund  63  i6,  06  Pariser  Gran. 

Nach  der  Metmlofie  von  Kome  de  ri<i!c  (')  haben  ältere  Me- 
trologen  mit  Ilulii^  uriicis  CJongius  das  ruousche  riumi  besUnunt 

Dupnj    zu  6300| 

Attköut   «tt  6302>  grämt  d»  pMü, 

Paucton  m  63i3) 

Wer  die  Gestalt  dee  hiesigen,  d.  i.  dten  des  Ton  diesen  JHstrolo- 
gen  gemessenen  Gongius  und  die  Verschiedenheit  der  Gewichte  nftch 
Ort  und  Zeit  kennt,  wird  unsere  Angabe  zu.  6346,  06  Gcam  weder  he- 
sonders  lobenswerth  noch  tadelhaft  finden, 

2.    Auf  stereom«triieh«a  W«ge. 

Man  vergteidie  ohige  Figur  und  die  daneben  stehenden  DImcnsicK 
nen.  Isl  =  a,  CD  =  b,  EF  —  h,  so  ist  bekanntlich  das  Vo- 
lumen de«  abgeküi-zten  Kegels  ABCD  =  ,V  (a*  -i- -f  ^'')t  wo 
7  die  Ludolphische  Zahl  3,  141592  ...  bezeichnet. 

fl*  =  5256,  25 
ab  =  2610,00 

a*  J^uh-^  h*  =  9162, 26. 

Oberer  Theil  des  Congius. 

ig  9162,25  =  3,  9620022 
ig  62, 6  «1, 7958800 

ig         —  0.4179687  —  i  

6,1768509  s     14991 7. 


( I )    Paris  1789,  /ni/iux  /i.  Xril* 


160 


Hast:  üier  den  Fametisehen  Coagius  u.  s.  w. 


Unterer  Theil  des  Congius. 

Ig  9162,  26  =  3,  9620022 
60,6    =1,  7817ÖÖ4 
lg  -i^  ie   =  0,  4179687  ~  t 


6, 1617363  s:  ig  145120. 


GulnkilibBlt  des  Congius  a  296037 
Gnbiluiihalt  der  Ampho»  s  2360396 

HierDMli  hlk  der  rtmisdie  Pole 


1^2360296  s  133, 14  Mm  JUnifln. 


Diese»  Bemlut  ist  nüiider  nmMmi^,  ab  du  vorige,  da  die 
Ungenanif^t  m  der  änlseni  Forat  des  Oongii»  keim  guu  «chaxfe  aie* 
reometriiclM  AmunaniBg  raliele.  . 


Sdiwen  de«  leeren  Sextariu  ss  7836, 4  Pax&er  Gran. 

Inhalt  dfli  Seuariiu  en  deedllirMn  Waiaer  bei  16^'Ji.  (<)  s  10819, 6  Gnn. 

Hiernach  hält  die  Amphora  10819,6  x  48  =  519340,  8'Gran. 
Das  Geyricht  eines  Pariser  Cubikfufses  desüllirten  Wassers  hei  obiger 
Temperatur  beträgt  69,  045-1  Pariser  Pfund  =  643695,  4  Gi-an.  Hieraus 
ergeben  sich  für  den  römischen  Fuls  134,06  Parisei*  Linien. 

Dies  Resnliat  ist  iiocb  nnsotarlissiger,  ab  das  auf  steicoBe- 
trisehem  Wege  ans  dem  Gongliw  hergdeitete;  denn  es  ist  in  der  Me- 
trologie Gmndsats,  tom  Ganaen  auf  die  UmAb,  nidu  nngekebrc  sa 
«chliefsen» 


Bestimmung  des  römischen  Fufses  yermittelst 
des  Sextftrins* 


G.W.S.  Beigel. 


(i)   Dw  Altwigiing  gMdiah  am  29.  Juliut  1620. 


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•  ■  Ueber 

Sie  Buchsl^benschrifi:  und  ihren  /,ii-<aTntnpnliay^g 

mit  dem  Spradibau. 

Von 

WILHELM  TOH  HUMBOLDT. 

[GdcMB  in  der  Akadcnic  der  WuNnidnfleii  an  20.  Hai  16S4.] 

JEiS  hat  mir  bei  dem  Nachdenken  über  den  Zusammenhang  der  Buch- 
«labenschrifk  mit  der  SpracSi«  inimer  gnchieneii,  ab  wenn  die  «rstet« 
m  genaiiem  VetbSltnift  mit  den  Vonligeit  der  letxteven  ttSnde,  und  «b 

Mrenn  die  Atmahme  und  Bearbeitung  des  Alphabeta,  ja  selbst  die  Art 
und  vielleicht  auch  die  Erfindung  desselben ,  vom  dem  Grade  der  Voll- 
komtnenheii  der  Spracha,  und  noch  nr^rünglicher,  der  Sprachanlagen 
jeder  INatiun  abhinge. 

Anhaltende  Beschäftigung  mit  den  Amerikanischen  Sprachen,  Stu- 
dium der  Ak-IbdiiclMn  und  einiger  mit  ihr  Terwandten,  und  düe  Be- 
trachtung det  Baue*  der  Ghtnedttdien  ichiaien  mir  diesen  Sats  auch' ge- 
schichtlich ta  bestätigen.  Die  Amerikaniecfaen  Sprachen,  die  man  zwar 
sehr  mit  Unrecht  mit  dem  Namen  roher  und  wilder  be^piflmcn  würde, 
die  aber  ihr  Iku  doch  besiimmt  von  den  vollkommen  gebildeien  unter- 
scheidet, haben,  soviel  wir  bis  jetzt  wissen,  nie  Buchstabenschrift  be- 
MMen.  Mit  den  Scmilndien  md  der  hdachen  ist  dieee  so  innig  ver- 
vracbsen,  daf*  audi  nicht  die  «mfemtcite  Spur  ▼«nhanden  ist,  daf»  sie 
sieb  jemals  einer  anderen  bedient  bätten.  '  Wenn  die  Chinesen  beharr- 
lich die  ihnen  seit  so  langer  Zeit  bekannten'  Alphabete  der  Europäer 
»uriickstofsen ,  so  liegt  dies,  meines  Erachtens,  bei  weitem  nicht  blofs 
in  ihrer  Anhänglichkeit  am  Herj^ebrachlen,  und  ihrer  Al>n«igung  gegen 
das  Fremde,  sondern  viel  mehr  darin,  dafs,  nach  dem  Mafs  ihrer  Sprach- 
«nlagen,  und  nach  dem  Bftu< ihrer  Sprache,  noch  gar  nicht  das. -innere 
Bedfirfnib  nach-  tiner  Budmabetticlirift  in  ihnen  erwadit  ist.  'Win 
dies  nidit  der  Fall,  so  würden  ne.  durch  Qtn  dgeme,  ihns«  in  hoheMi 
Mut.  phiht,  Kiasse  1824.  X 


162 


HVXBOLDT 


Gi-ade  beiwohnende  Erfind  nnl  ii,  und  durch  ihre  Sehrt ftxeicheii  seUwt 
dahin  gekommen  soyn,  nicht  blufs,  we  sie  jetzt  ihun,  Lautzeichen  als 
Nebenhüli'e  zu  gcbraiicUen,  spudorn  ein  wahi'fis«  voUftäodijjes  usd  rei- 
nes Alphabet  zu  ]>ilden. 

Auf  Aegypten  «eSaen  diese  YorttellaiigpBrt  nichi  redit  m 

passen.  Denn  die  heutige  Goptische  Sprache  beweist  ttnliugber,  defii 
auch  die  Ah-Aegyptische.  einen  Bau  besafs,^  der  nicht  Yon  grofsen 
Spracbanlagen  der  Nation  ceugt,  und  dennocli  bat  Aegypten  nicht  nur 
Bucbsiahenschrift  besessen,  sondern  nnr  so5;ar,  nach  kcinesweges  Tcr- 
WcrfliclKMi  Zeugnissen,  die  Wiege  tiersclbcn.  Allein  auch  wenn  eine 
Nation  Erlindcrin  einer  ijuclistubenschriri  ist,  bleibt  iljre  Art,  dieselbe 
sii'  hrfiwiideln»  ihmr  Anlage  cntipüedbeiid,  den  Qedanhtn  eii&nraMeii 
md  dttfch  SfNtacheiztt  fmOAta  uad  «MatiilMldeiif' und  die  Wahcheik  die- 
itr  Bebauptiuig  lencbtei  -gärede  recht  aus  der  wunderbaren  Art  her^ 
vor,  »ie  die  Aegypiier  Bädär-  und  Bnchatthenachrift  in  eiiMinder  über* 
gehen  liefsen. 

JBuchstabenscbrirt  und  Sprachnniage  stellen  daher  in  dem  engsten 
Znsammenbange ,  und  in  durcligiingigcr  Beziehung  auf  einander.  Dies 
weide  ich  iniefa  bemühen,  hier  mw«^  «us- Begriffen,  «k,  mnA  et  in 
der  Kfirae  gesehehcB  hum,  wdche  diesen  Abhendlnngan  gesiemt»  ge- 
schichtlich zu  beweisen.  Die  Wahl  dieses  Gegenstandes  hat  mir  aus  dem 
zvriefacben  Grunde  angemessen  geschienen,  daCs  die  Natur  der  Sptacbe 
in  der  Tbat  nicht  vollständig  eingesehen  weiden  kann,  wenn  nuin  nicht 
zugleich  ihren  Zusammenhang  mit  der  Bucbslabenschril't  uulersucfat,  und 
dab  gierade  jene  neuesten  Beschäftigungen  mit  der  Aegypiischen  Schrift 
den  Äniheil  an  Untdrsudiungen  äbci-  Stdirift^Brfindnng  und  Aweignang 
in  gngenwürtigen.  Augenblicke. TeidoppdD; 

Allna»  'WBf'sioh  auf  die  anlaeren  Z\vocke  der  Schrift,  ihren  Nuuen 
im  Gebrauch  für  das  Leben  und  die  Verbreitting  der  Kenntnisse  be- 
zieht, übergehe  ich  gänzlich.  Ihre  Wichtigkeit  von  dieser  Seile  leuch- 
tet zu  sehr  von  selbst  ein,  und  nur  Wenige  dürften  in  dieser  Hinsicht 
die  Vorzüge;  der  Bnrhsiabrnschrift  tot  den  übrigen  Sdunftarien  ver- 
lenMBh.  Ith.  WschxÜnU  mich  Uolt  «uf  den  Einfinis  dar  alphabettaefac» 
atiT  die  Sprache  und  ihre  Bdiandlnag.  Ist  dieser  'nirküch  bedeutend, 
iai  dar  ghwmpnhang  der.  Sjpihdie.  aaU  deu  Gebrauche  einaa  Aljihahein 


über  die  BitcJutuhensekriß* 


164 


innig  und  fest,  sa  können  auch  die  Ursachen  begieriger  Aneignung  der 
Buchsttbenschrift,  oder  ka|tef.  Gkjchglütig)it^it  ^gen.diesC|Lbe»  i^cl^l  liMl- 
^er  sweifeiiiaft  bleiben. 

Wie  «ber  oft  von  den  Sieben  idbit  behauptet  wird,  d»fi| 

ihre  Vertchiedenliek  «jctit  TOfi  grolter  Widiti|^t  sei»  de,,  wie  auch 
der  Schall  laule,  und  die  Bede  sich  verknüpfe,  doch  endlich  immer 
derselbe  Gedanke  hervortrete,  so  dürfte  die  Ai-l  der  Scbriftzeichen  noch 
für  bei  weitem  gleic^iijnUjger  gehalten  werden,  wenn  sie  nur  nicht  gar 
zu  grofse  Unbe({ueiuiiijlikeit  mit  sich  führe,  oder  die  ^aiion  sich  ge- 
wühiu  habe,  die  mit  ihr  verbundenen  zu  überwinden.  Auch  m^ch^ 
diejenigen,  welche  eidi  der  Scbiifi  häufig,  ttad  noch,  yeit  .ine!ir,.^uh 
jenigen,  welche  sich  derselben  auf  «ne  sinnige  Weis«  bedionen,  sminfv 
und  von  jedem  Volke  einen  kleinen  Theil  aus.  Jede  Sprache  hat  also 
nicht  blofs  lange  Zeit  ohne  Schrift  bestanden,  sondecn^  leb|;  auch  grolscn« 
tht^ls  beständig  auf  gieidie  Art  fnrt. 

Allein  das  tönende  Woil  i&i  glcichsaiu  eine  Verkorperuug  des 
Gedanken,  die  Scht:ift  «ine.  dcs  l^ons.  Ih^v  attgeneniste  Wirkw^g  i&t, 
dafs  sie  die  Sprache  fest, 'heftet,  «nd  dediin?b  ein  gan^  endciipB  {fei^ 
denken  über  diesdbe  mogHch  macht,  als  wenn  das  Tethallende  Woft 
blofs  im  Gedäcbtnifs  eine  bleibende  Stätte  findet.  Es  ist  aber  auch  zu- 
gleich unvermeidlich,  dafs  sich  nicht  irgend  cme  Wirkimg  dieser  Be- 
Kichnung  durcii  Schrifi,  und  der  bestimmten  Art  derselben  überhaupt 
dem  EinÜusse  der  Sprache  auf  den  Geist  beimischen  sulltc.  £&  i&t  daher 
heiseswegcs  gleichgültig,  wehdie  Art  der  Anregung  die  geistige  Thäüg- 
VmpX  dnreh  die  besofidere  Natur  der  SdirilUieseichnnng  erbült.  Es  liegt 
in  den  Geseuen  dieser  Thitigktitf .  ^«  Denkbare  und  Anschauliche  als 
Tf'\rhrn  und  Bezeichnetes  zu  betrachten,  wechselsweise  hervoi-i^u rufen, 
und  in  verschiedene  Stellung  gegen  einander  zu  bi  iTK^en ;  es  ist  ihr  eigea, 
bei  einer  Idee  oder  Anschauung  auch  die  verwauiiien  wirken  zu  lassen« 
und  so  kann  die  Ucberumgung  des  erst  ab  Ton  gehefteten  Gedankoi 
auf  einen  Gegenstand  dey  Auges,  nedi  lUUisgBbe  der  Art,  -wie  sie  gf- 
sohieht,  dent  Geiste  sehr  Terscfaiedene  Biclitnngen  gAen.  Ofienbar  ab« 
müssen,  wenn  die  Gesamntwirkung  nicht  gestört  werden  soll,  das  Den- 
ken in  Sprache,  die  Bede  und  die  Schrift  ülieretnsiinunend  gebildet,  und 
wie  aus  Einer  Form  gegossen  seyn. 

X2 


164 


H  U  M  B  O  Ii  D  T 


Darum  «Iffs  die  SolinTl  nur  immer  Elgentlmm  eines  Lleineren 
Theils  der  Nation  bleibt,  und  wohl  überall  erst  entstanden  isi,  als  der 
schon  l'csibesiimmte  Sprachbau  nicht  mehr  wesentUche  ümandcrungen 
zuliefs,  ist  ihr  Eioflufs  auf  «le  niühl  minder  uricktig.  Denn  die  gemdn- 
•chaftliche  Rede  nnütlilingt  doeli  (freili^  in  dner  idAeauSwm  wenignr 
ids  in  der  andern)  dag"  gueze  Tolk,  und  wni  euf  «ie  bti'EEntdhMn^ 
wirkt  ist,  geht  doch  mittelbar  auf  Alle  über.  Die  feinere  Bearbeitung 
der  Spi-ache  aber,  für  welche  der  Gebranch  der  Schrift  eigc^nilich  erst 
den  Anfangspunkt  bezeichnet ,  ist  gerade  die  wicblif^stc,  und  uuterscbei- 
det,  an  sich  und  in  ihi-er  Wirkung  auf  die  Nationalbildung,  die  Eigen- 
thÜmlichkeit  der  Spradien  bei  treitem  mdur,  als  der  gröbere,  ursprüng- 
Ecbe  Bau. 

Die  Eigen thfimlichkeit  der  Sprache  besteht  darin,  dafa  «ie,  reN 

mittelnd,  zwischen  dem  Menschen  und  den  aufseren  Gegenständen  eine 
Gedankemvelt  an  Töne  henft  Alle  Ei^'ef!«;cbuften  jeder  einzelnen  kön- 
nen daher  auf  die  beideri  groiscn  llaupi punkte  in  der  Sprache  überhaupt 
bezogen  werden,  ihre  Idealität  und  ihr  Tonsystem.  Was  der  ersteren 
an  Yollsllndigkeit,  KlaHielt;  Bestimmtbeil  und' Reinheit,  denoi-Uizteren 
an  YoUkomnienheit  abg^t,  sind  ihra  Mängd,  das  Entgegengesetzte  ihre 
Vorzüge. 

Diese  Ansicht  habe  ich  in  zwei,  dieser  Yei'sammlung  früher  vor- 
gelegten Abhandlung^  aufzustellen  und  zu  i'echifertigen  Tersucbt,  mich 
bemühet  zu  zeigen : 

dafs  das,  auch  unverknüpfte  Wortsystem  jeder  Sprache  eine  Ge- 
dmkenwelt  bildet,  die,  gSnxlidi  beraustretäid  aus  dem  Gebiet  -wiliktihr^ 
lidier  Zeichen,  für  sidfa  Wesenheit  imd  Selhetlndigkelt  besitzt; 

dafs  diese  Wortsysteme  niemals  einem  einzebien  Volk  allein  an- 
^hörcn ,  sondern  auf  einem  ^Vege  der  T'eberlieferung ,  den  weder  die 
Geschichte,  no(  h  die  Sprach  forsch  luig  gnnz  zu  verfolgen  iin  Stande  sind, 
zu  dem  Werke  der  gcsammten  Menschheit  alle  Jahrhunderte  ihres  Da- 
•eyns  hindurdi  werden,  und  dafs  mitbin  jedes  Wort  ein  doppeltes  Wl- 
dnngsdement  in  sich  trigt,  ein  phytiologischet,  aus  der  Natur  des  menscb* 
Hidlen  Geistes  henrorg^bendes,  und  ein  geseincbtlicbes,  in  der  Art  sei- 
ner Entstdivng  liegendes;  ferner: 


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über  die  Buclisutbenschnft. 


166 


dafs  der  Ghai-akter  der  vollkommener  gebildeten  Sprachen  dadurch 
besiimmi  wird,  dnfs  die  TV;>im-  ihres  Baues  beweist,  dnfs  es  dem  Geist 
nicht  h}oU  auf  den  Inbali,  sondern  vcn^üglich  auf  die  Form  des  Gedan- 
ken ankommt.  ■  •■ 

Ich  glaube  «Uesen  Weg  audi  \awe  verfolgen  xn  konDen,  und  e» 
leuehlet  nun  Ton  aelbst  ein,  dafs  die  Bnohstabenschrift  die  Idealiiät.  der 
Spreche  schon  insofern  negativ  befördert,  als  Sie  den  Geist  auf  keine, 
von  der  Form  der  Sprache  abweichende  Wdse  anr^j  dafs  aber  das 
Tonsystem,  da  Lnuibezeichnung  ihr  Woccn  ansmaclit,  ersi  durch  sie 
Festigkeil  und  Vollständigkeit  erlangen  kann. 

Dnfs  jede  Bilderschrift  durch  Anregung  der  Anschauung  des  wirk- 
lichen Geg^standes  die  Wirkung  der  Spra<Ae  sifiren  mnls,  stttl  sie 
SU  untevstutten,  fällt  von  selbst  in  die  Äugen.  Die  Sprache  verlengt 
ancli  Anschauung,  heftet  sie  aber  an  die,  vermittelst  des  Tones«  gebun- 
dene Woriform.  Dieser  mufs  sich  die  _  Vorstellung  des  Gegenstandes 
unterordnen ,  um  als  Glied  zu  der  unendlichen  Kette  zu  gehören ,  an 
welcher  sich  das  Denken  durch  Sprache  nach  allen  Richtungen  hin- 
&chling;t.  Wenn  sich  das  Bild  zum  Schrifizeichen  aufwirft,  so  drängt 
es  unvrillLfihrlich  dasjenige  snrfick,  was  es  beseidinen  will,  das  Wort. 
Die  Henm^ft  der  Subjectivität ,  das  Wesen  der  Spradie»  wird  ge- 
schwächt, die  Idealität  dieser  leidet  durch  die  reale  Macht  der  Ersehet- 
nung,  der  Gegenslmid  ^-^h-Vi  nach  allen  seinen  Beschnllenheilen  auf  den 
Geist,  nicht  nach  denjenigen,  welche  das  Wort,  in  Ucbercinsiimnuing 
mit  dem  individuellen  Geiste  der  Sprache,  auswählend  zusammenfafst^ 
die  Schrift,  die  nur  Zdchen  des  Zeichens  s^n  soll,  wird  «ogteich 
Zdchen  des  Gegenstandes,  nnd  schwächt,  indem  sie  seine  unmittelbare 
Erscheinung  in  das  Denken  einführl,  die  Wirkung,  welche  das  Wort 
gerade  dadurch  ausübt,  dafs  es  nur  Zeichen  seyn  will.  An  Lebendig- 
keit kann  die  Spraclie  durch  das  Bild  nicJit  gewinnen,  da  diese  Gat- 
tung der  Lebendigkeil  nicht  ihrer  Naiur  tntspricht,  tind  die  beiden 
verschiedenen  Thätigkeiten  der  Seele,  die  man  hier  zugleich  amegen 
«bÖchte,  lojinen  nicht  Yerslirlung,  sondern  nur  Zmtveuung  der  Wir> 
kung  zur  Folge  haben. 

Dagegen  scheint  eine  Figurenschrift,  welche  Begiifle  bezeichnet, 
recht  eigentlich  die  Idealität  der  Spfftche  «n  befördern.    Denn  ihre 


f66 


Humboldt 


■willkiilirlich  gewählten  Zeichen  haben  ebensowenig,  als  die  der  Buchsta- 
ben, Miwas,  das  den  Geist  zu  zerstreuen  vermochte,  und  die  innere  Ge- 
seumalsigLeit  ihrer  Bildung  lülirt  üaa  Denken  auf  sich  selbst  zurück. 

Dennodi  wirkt  aucli  eine  «oldift  Schrift  gerade  der  idealen,  d.  h. 
der  die  Aubeiwell  in  Ideen  Tenprandelnden  Natur  der  Sprache  entge- 
gan,  wenn  sie  auch  nach  der  eirengsten  Gesetzmäfsigkeit  in  allen  ih- 
ren Thcilen  zusammengefügt  wSre.  Denn  für  die  SpnM:be  ist  nicht 
blofs  die  sinnliche  Erscheimm;^  «lonkrtig,  sondern  auch  da«  nnHestimmte 
Denken,  inwiefern  es  nit-lii  iesi  und  rein  durcb  den  Ton  gebunden  ist; 
denn  es  ermangelt  der  ihr  wesentlich  eigenthümlichen  Furm.  Die  In- 
dividualiiäi  der  Wörter»  in  deren  jedem  immer  nodi  etwa»  anderea»  ab 
Uttta  aeine  lo^ache  Definitimi  liegt,  iat  inaofem  an  den  Ton  geheftet, 
als  durdi  diesen  unmitielliar  in  der  Seele  die  ihnen  cigenlhümliche 
Wirkung  geweckt  wird.  Ein  Zeichen,  das  den  BegnlT  aufsucht,  vnid 
den  Ton  vcrnacbl;issi|];t,  knnn  sie  mithin  mir  iinyoUkommcn  ausdrücken. 
Ein  by$ltiin  solcher  Zeichen  giebt  nur  die  abgezogenen  Hegriile  der 
«nlEieren  und  inneren  WeU  wieder;  die  Sprache  aber  aoU  diese  Welt 
aetbat,  iwar  in  Gedanlbenaeicben  ▼orwmdelt,  aber  in  der  gansen  Fidle 
ihrer  reichen,  bwiien  nnd  lebendigen  Manni^Mti^eit  enihdten. 

Ea  hat  aber  auch  nie  eine  BegrifTsscbrift  gegeben,  und  kann  keine 
geben,  die  rein  nach  Begriffen  gebildet  wäre,  nnd  auf  die  nicht  die  in 
besUmmte  flaute  gefafsten  Wörter  der  Spraclie,  £ur  welche  sie  erfun- 
den wurde,  den  hauptsächlichsten  EinQuTs  ausgeübt  hälien«  Denn  da 
die  Sprache  dodi  Tor  der  SAxih  da  iai>  ao  aodat  dieaelbe  natnriidi  für 
jede*  Wort  ein  Zeichen,  und  nimmt  diese,  wenn  aie  auch  durch  qrate- 
matiadie  Unterordnung  unter  ein  BegriiTs&ystem  fom  JmuI  unabhängige 
Geltung  hätten,  doch  in  dem  Sinn  der  ihnen  untergelegten  Wörter. 
Daher  ist  jede  DegTifTsschrift  immer  zugleich  eine  Lautschrift,  und  ol» 
sie,  nebenher  und  in  \velchem  Grade,  auch  als  Nsahie  Begrillsschnlt 
gilt?  bangt  von  dem  Grade  ab,  in  welchem  der  sie  Gebrauchende  die 
agraiemaiiadie  Unterordnung  ihrer  Zeidien,  den  logtadmn  Sdiläaaail  ih- 
rer Bildung,  kennt  und  beachtet.  Wer  die  den  W6rtem  entaprechen- 
dcn  Zeichen  nur  mechaniscli  kennt,  beeilst  in  ihr  nichts,  als  eine  Laut- 
schrift. \\  enn  eine  solche  Schrift  auf  eine  andere  Sprache  ühergclit, 
findet  der  gleiche  Fall  statt.   Denn  auch  in  di^r  mufs  der  Gebrauch, 


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167 


vrend  die  Sdivift  wirklich  Schrift  seyn  soll,  doch  jedem  Zeichen  seine 
Geltung  in  Eioetii,  oder  mehreren  bestimmten  Wörtern  amveist^n.  Die 
Schriftxeicben  sind  aUo  in  beiden  Sprachen  nur  insofern  gleichbedeu- 
tend, ab  es  die  ihnen  nntei^elegten  W6iier  and,  und  dn  Jjemt  dat 
m  einer  beider  Spneben  Geidbriebeneni  wird  fax  den-dieier  Sfireolie 
Unkundigen  immer  tu  einem  Ueberscizcn  ,  in  welchem  die  Individuali« 
tat  der  Ursprache  allemal  aufgegeben  wird.  Es  geht  also  bei  dem  Gc' 
brauche  Einer  solchen  Schrift  unter  ▼crscbiedcnen  Nationen  immer 
hauptsächlich  nur  der  Inhalt  über,  die  Form  -\vird  wtsentiich  vei'äii« 
dert,  und  Aet  unlatigbere  Vorzug  einer  Begrilfsschrift,  Kationen  Ter* 
febiedener  Spradicn  ■  venÜndlidi  en  teyn,  wiegt  die  Nedidieile  nudtt 

'  auf,  «ddbe  «fr       anderen  Seiten  her  aut  eich  fährt. 

Als  Lautschrift  ist  eine  Begriffi^schrrft  unvollkommen,  weil  sie 
Lame  für  Wöi-tfr  tmniebt,  mitliin  der  Syirache  allen  Gewinn  entrieht, 
der,  Nvie  wir  seilen  werden,  aus  der  L  uibczeichnung  der  Wortele- 
menic  entspringt,  Sie  wirkt  aber  auch  niemals  rein  als  Lautschritt. 
Th  man  da*  Gelmng  und  dem  ZiMenunenb«^  Ihrer  Zeidien  nadbi  Be- 

-  griAhn  nadigehen  kann,  den  Gedanken,  gleidiiam  mit  Ueberg^nng  de» 
Lautes,  unmiiiclbar  bilden,  so  wird  sie  dadurch  zu  einer  eignen  Spndiei 
und  scinvächt  den  natürlichen,  vollen  und  reinen  Eindruck  der  wahren 
und  nalionellen.  Sie  ringt  auf  der  einen  Seile,  sich  Ton  der  Sprache 
überhaupt,  wenigstens  Ton  einer  bestimmten  frei  zu  machen,  und  sctuebi 
auf  der  andern  dem  natürlichen  Ausdruck  der  Sprache,  dem  Ton,  die 
inel  mreniger  angemessene  Anscfaenttng  durch  die  An^e  unter.  Sie  ba»- 
ddt  daher  dem  insiineianigen  Sprachsinn  des  Mensdien  gerade  entg^ 
gen»  und  zerstört,  je  mehr  sie  sidi  mit  Erfolg  geltend  macht,  die  Indi« 
vidualität  der  Spraclibezeichnung,  die  allerdings  niclu  blofs  in  dem  Laut 
einer  jeden  liegt,  aber  an  rirnselben  durch  den  Eindruck  gebimdeu  ist, 
den  jede  bestimmte  Verknüpiiuig  articulirter  Töne  «nlatigbar  specifisdi 
hnTVorbnogt. 

Dm  Bemühen,  sieb  tom  einer  bestinotten  Spnehe  unebhangig 
M  macheik,  mnfs,  da  das  Denken  ohne  ^rache  einmal  unmii^'ch  ist, 
nachtheilig  und  verddend  voi  den  Geist  einwirken.  Bine  Begriflsschrifl 
ülu  diese  Nachtheile  ntu*  Insofern  nicht  in  dem  hier  geschiUerten  Grade 


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168 


H  O  M  B  O      b'  T 


aus,  als  ihr  System  nicht  consecpient  durchgeführt  ist,  und  ais  sie  im 
Gebrauch  phonetisch  aufgenommen  wird. 

Die  BttdutaboMeltr^  wt  toh  clietto  Fdtlam  frei,  einfaches,  dweeh 
keinen  Nebenlwgrifi'  «enireuendes  ZeidiMi  d«  Zddkcn»»  die  Spnche 
^lieniU  begleitend,  obne  sich  ihr  Tonudrängen,  oder  lur  Seile  zu  sidr* 
len,  nichts  hervorrufend,  als  den  Ton,  und  daher  die  natürliche  Unter- 
ordnung bewahi'end,  in  welcher  der  Gedanke  nach  dem  durcli  den  Ton 
gemachten  Eindruck  angeret^i  werden,  und  die  Schrill  xbu  nicht  an  sich, 
sondern  in  dieser  besiimmteu  Gestalt  festhalten  soll. 

Durch  dk»  enge  Amdilie&en  an  die  ei^enthüDilidie  Natnr  der 
Spradie  Teratirkt  sie  gerade  die  Wirltung  dieier,  indem  sie  euf  die 
prangenden  Vorzüge  des  Bildes  und  Begriflsausdrucks  Verzicht  leilteU 
Sie  stört  die  reine  Gedankennatur  der  Sprache  nicht,  sondern  vermehrt 
vielmehr  dieselbe  durch  den  nüchternen  Gebrauch  an  sich  bedeutungs- 
loser Züge,  und  läutert  imd  erhöht  ihi-en  sinnlichen  Aufdruck,  indem 
sie  den  im  Sprechen  verbtmdenen  Laut  in  seine  Grundtheile  zerlegt, 
den  ZuMmmenheng  derMlIwn  unter  einender»  und  in  der  Verknüpfung 
sum  W<»rt  ensdutulidi  macht,  und  durch  die  Fiximng  vor  den  Avge 
auch  auf  die  hörbare  Rede  zurückwirkt. 

An  diese  Spaltung  des  verbundenen  Lauts  ,  als  an  das  Wesen  der 
Buchstabenschrift,  haben  wir  uns  daher  zu  halten,  wenn  wir  den  inne- 
ren i:,inlluls  derselben  auf  die  Spruche  beunheiien  wollen. 

Die  Rede  bildet  im  Geiate  de«  Spredienden,  bis  sie  einen  Gedan- 
ken erschöpft,  ein  verbundenes  Ganses,  in  weldiem  erst  die  Reflexion 
die  einzelnen  Abscbuttie  aufsuchoi  mufs.  Dies  erfährt  man  vomfigUch 
bei  der  Beschäftigung  mit  den  Spradien  ungebildeter  Nationen,  üan 
mufs  theilen  und  theilcn ,  und  immer  mistrauisch  bleiben,  ob  das  ein- 
fach Scheinende  nicht  nucli  noch  zusammengesetzt  ist.  Gewissermafsen 
ist  freilich  dasselbe  auch  bei  den  hocb^^ebildeteu  der  Fall,  alieiu  auf 
Tcnehiedene  Weise}  bei  diesen  nur  etymologisdi  aum  Behuf  der  Ein- 
ttdil  üi  die  Worientstehung,  bei  jenen  pwnmaiiseh.  und  qrnuktisch  smn 
Bdinf  der  Einsicht  in  die  Verknüpfung  der  Rede.  Das  Vciiiitnden  des 
zu  Treimenden  ist  allemal  Eigenschaft  des  ungeübten  Denkens  und 
Sprechens;  von  dm  Kinde  und  den  Wilden  erhält  man  schwer  Ww> 


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üÄfr  die  Buclistabensciwijt. 


169 


ler,  statt  Redensnrten.  Die  Sprachen  Ton  «nvollkommnerem  Bau  über- 
»cKrcitcn  auch  leicht  das  Maafs  dessen,  was  in  einer  grammatischen  Form. 
Teibunden  seyn  darf.  Di«  logische  Tlieilung,  welche  die  Gedankeo- 
Terknüpfung  auflöst,  gdit  aber  nur  bit  «uf  du  dnfadM  Wort.  Die  Spal- 
tuikg  dietes  is(  das  Gescbüft  der  Bachsubensdu'ift.  EiDe  Sprache,  die 
sieh  einer  anderen  Schrift  bedient,  vollendet  daher  das  Theilungsgesdiift 
der  Sprache  nicht,  sondan  raedit  einen  Stilkitand»  wo  die  VenroULomm« 
nUg  der  Sprache  ■weiter  zu  gehen  g«biciet. 

Zwar  ist  die  Atilsuchung  der  Lauielemenle  auch  ohne  den  Ge- 
brauch der  Buchsubcnschrift  denkbar,  und  die  Chinesen  besitzen  na- 
menlUcb  eme  Analyse  der  Terbundenen  Laute,  indem  sie  die  Zahl  und 
Vcndbiedenbeit  Ihrer  Anfang»-  und  EDd-Articulationen  und  ihrer  Wort- 
betonungen bestimmt  und  genau  angeben.  Da  aber  nictits  weder  in 
der  gewöhnlichen  Sprache,  noch  in  der  Schrift  (insofern  sie  nemllch 
wirklich  Zeichpuirlii ift  ist,  da  die  Chinesen  bekanntlicli  dieser  auch 
Lautbezeichnung  beimischen)  zu  dieser  Analyse  nüihigt,  so  kann  sie 
schon  darum  nicht  so  allgemein  seyn.  Da  femer  der  einselne  Ton 
(Gomoiiant  und  Yocal)  nidit  durch  ein  nur  ihm  angehörendes  Zetches 
isdirt  dargestellt,  sondern  nur  den  Anfingen  und  Endigungen  verbun- 
dener Laute  abgehört  wird,  so  ist  die  Darstellung  des  Tonelements  nie 
so  rein  und  anschaulich,  als  durch  die  nuchsl;<lM'tmchrift,  und  die  Laut- 
analyse, wenn  ihr  auch  nichts  an  Vollsiandiyti.eii  und  Cenauigkeit  ab- 
ginge, macht  nicht  auf  den  Geist  den  Eindruck  einer  i-ein  vollendeten 
Spi-achtheiiung.  Bei  der  inneren  Wirkung  der  Sprachen  aber,  welche 
allein  ihre  wahren  VorsOge  bestimmi,  kouunt  Alles  auf  das  volle  und 
reine  Wirken  jedes  Bindrucls  an,  und  der  geringste,  im  aufseren  Er- 
folg gar  nicht  bemerkbare  Mangel  an  einem  von  beiden  ist  von  Erheb- 
lichkeit. Das  alphiiil)etische  Lesen  und  Schreiben  dagegen  nölhigi  in 
jedem  Augenblick  zum.  Anerkennen  der  zugleich  dem  Ohr  und  dem 
Auge  fühlbaren  Lautelemenic,  imd  gewöhnt  an  die  leidite  Trennung 
und  Zniaminenseuung  dersdben;  es  uiacht  daher  eine  vollendet  riditige 
Ansicht  der  ThcObarkeit  der  Sprache  in  ihre  Qemenie  in  eben  dem 
Grade  allgemein,  in  welchem  es  selbst  über  die  Nation  verbreitet  ist. 

Zunächst  aulserl  sich  diese  bericljligte  Ansicht  in  der  Au'J«;prurhe, 
die,  durch  das  Erkennen  und  Ucben  der  Lauteiemenie  in  abgesonderter 
HisL  jjluloi.  Kinsse  1824.  Y 


170 


HVVBOX.OT 


Gestalt,  befestigt  und  geläutert  Avird.  So  wie  für  jeden  Laxit  ein  Zeichen 
e»'^f*hfn  ist,  gewöhnen  sich  <l;is  Ohr  untl  die  Spra(:hoiü;ane,  ihn  immer 
genau  auf  dieselbe  Weiüc  zu  fordern  und  wiedei-zugeben ;  zugleich  vrird 
er,  mit  Absebneidung  des  uabettimmtco  Tönent,  mit  denii  tm  ttnodiil^ 
deien  Sprecbcn,  ein  Laut  in  den  andern  fiberfliefsi,  edtSifer  und  ricb- 
tiger  begränzt.  Diese  reinere  Ausspracbe,  die  feine  Ausbildung  des 
Ohrs  und  der  Sprachwerkzeuge  ist  schon  an  sieli ,  und  in  ihrer  Wir- 
kung auch  auf  das  Innere  der  Sprache  von  der  äufseisien  Wichtigkeit; 
die  Absonderung  der  Lnutelemeuie  übt  aber  auch  eineu  uucb  tiefer  in 
das  Wesen  der  Sprache  eingehenden  Einflufs  «lU. 

Sie  ffihit  nemlicb  der  Sede  dJe  Articabtiion  der  Töne  ror,  in> 
dem  sie  die  artieulirten  Töne  vereintelt  und  beteicbnet.  tKe  alphebe- 
titebe  Sdirlfi  thot  die»  klarer  «nd  anicbaDlicher,  als  es  auf  irgend  ei- 
nem an<!eren  Wege  geschehen  könnte,  tind  man  behauptet  nicht  zu 
viel,  wenn  man  siii^i,  d;il"s  durch  das  Alphabet  einem  Volke  eine  ganz 
neue  Einsicht  in  die  ^alur  der  Sprache  aufgeht.  Da  die  Arlicu]ati<m 
dae  Wesen  der  Sprache  aoamadii,  die  olme  dieselbe  a^t  einmal  mog» 
lieh  s^n  wärdc,  und  der  Begriff  der  GUederung  sieb  fiber  ibr  gmaes 
Gebiet,  auch  wo  nicbi  blofs  t<Hk Tönen  die  Rede  ist,  erstreckt;  so  mala 
die  Versinnlicbang  und  Vergegenwärtigung  des  gegliederten  Tons  ror- 
lugsweisp  mit  der  ursprünglichen  Ru!nii"krit  »nid  der  allmählichen  Ent- 
wickehing  des  Spi'achsinne'?  in  Zusnniitienliang  stehen.  W^o  dieser  stark 
und  lebendig  i&i,  wird  ein  VuiL  aus  eigenem  Drange  der  Eriindung  des 
Alpbabeia  entgegengehen,  nnd  wo  ein  Alphabet  einer  Nation  Ton  der 
Fremde  her  «ukommt,  wird  es  die  Spracbaiisbildiuig  in  ibr  befördern 
nnd  beschleunigen. 

Obgleich  der  aniculirte  Laut  körperlich  und  instinctartig  hervor- 
gebracht ist,  so  stammt  sein  Wesen  doch  cTgcnilicli  nur  aus  der  inne- 
ren Seelenanlage  zur  Sprache,  die  Sprachwerkzenge  besitzen  blofs  die 
Fähigkeit,  sich  dem  Drange  dieser  gemäfs  zu  gestalten.  Eine  Definition 
des  artieulirten  Lauts,  blo&  nadi  seiner  physischen  iBeschaiTenbeit,  ohne 
die  Absiebt  oder  den  Erfolg  seiner  Uerrorbringong  darin  anfzunebmoi, 
scheint  mir  daher  unmöglidl.  Er  ist  ein  sich  einzeln  abschneidende 
Laut,  nicht  ein  ■verbundenes  und  vermischtes  Tönen  oder  Schmettern, 
wie  die  meisten  GefühUauie.    Sein  chai-uktcrisUscher  Unterscliied  liegt 


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tiber  die  JDucfistabenschrift. 


171 


nicht,  musikalisch,  in  der  Höhe  und  Tiefe,  da  er  durch  die  ganre  Ton- 
leiter hiiiduich  angesiimmt  werden  kann.  Derselbe  beruht  ebensowenig 
aut  dei  Delmuiiy  und  V^Lürzung,  UcUigkeil  oder  Dumpfheit,  Härte 
oder  Weiche,  da  diese  Verfchicdenfadien  ibetb  Eignitchifttn  aller  ard« 
eulirieii  TÖtie  Myii  können,  theib  Gaitnngen  derselben  bilden.  Yersudit 
mm  ntin  «ber  die  Uniencbiede  swiidien  a  und  e,  p  und  k  u.  i»  w.  enf  ei» 
nen  ollgemeincn  ttnnUcben  Begriff  zurückzuführen,  so  ist  mir  wenigstens 
bis  jetzt  dies  immer  mislungen.  Es  bleibt  nicliis  übrig,  als  überhaupt 
zu  sagen,  dafs  diese  Töne,  unabhängig  von  jeoen  Kennzeichen,  dennoch 
specillsch  verschieden  sind,  oder  dafs  ihr  Unterschied  aus  einem  bestimm- 
ten ZiuemnieBwirken  der  Organe  eatiiebt,  oder  eine  andere  ühnlicbe 
Betdireibnng  m  Tersncben,  die  «bei-  nie  dne  wehre  Definition  gidM. 
Erschöpfend  und  aussclilicfsend  wird  ihr  Wesen  immer  nur  dadandl 
geschildert ,  dafs  man  ihnen  die  Eigenschaft  zuschreibt ,  unmittelbar 
durch  ihr  Ertünen  Bc^rilTe  hervorzubringen,  indem  theils  jeder  einzelne 
dazu  gebildet  ist,  Uieils  die  ßildung  des  einzelnen  eine  in  besiimmba- 
ron  Classen  bestimmbare  Anzalü  gleichartiger,  aber  speciüsch  vcrschi&- 
dener  ni«(^ich  mecbt  nnd  fordert»  wdebe  aoihwendige  oder  wiUitfihiw 
liehe  Verbindun^ien  mit  einander  einaiig^Mm  geeignet  kbA,  Hierdttcch 
ilt  jedoch  nicht  mehr  geMg^,  ab  dafs  articulirte  Lauie  Spradilanie  nnd 
wngekehrt  sind. 

Die  Sprache  aber  lie<;t  in  der  Srele,  und  kann  sogar  bei  wide»'- 
strebenden  Organen  und  fehlendem  äubfreu  6inn  hervorgebracht  wer- 
den. Diet  M<lit  man  bei  dem  Unterrichte  der  Teubsinnunen,  der  nnr 
dudnrdi  möglich  wird»  dab  der  innere  Drang  der  Seele,  die  Gedanlien 
in  Worte  SU  kleiden,  demselben  cntg^nkommt,  und  vermittelst  er- 
leichternder Anleitung  den  I\lungcl  ersetzt,  und  die  Hindernisse  besiegt. 
Aus  der  individuellen  OcschaÜ'enheit  dieses  Dranges,  verständliche  Laute 
hei'vorzubringen,  aus  der  Individualität  des  Lauigefühls,  (überbnupt  in 
Hinsichi  des  Lautes,  als  solchen,  des  musikalischen  Tons  und  der  Arti* 
CidaÜon)  nnd  endlich  ans  dei*  Individualität  des  GehSr»  und  der  Spradw 
Werkaenge  entsteht  das  besondere  Lantsystem  jeder  Sprache,  und  wird, 
sowohl  durch  seine  urspi  ün^li(-l)c  Gleichartigkeit  mit  der  giansen  Sprach* 
anln^'e  i\fs  Individuums,  als  in  seinen  tansendfaclien,  einzeln  gar  nicht  zu 
T.erfplgtiuUen  Einfltisten  auf  alle  Tlieiie  de»  Sprachbaues,  die  Grundlage 

Y2 


172 


HV3I>0X.DT 


der  besonderen  Eigenlhümlichkeit  der  ganzen  Sprache  «splhst.  Die  an« 
der  Seele  beraustönendc  specifische  Spracbanlage  vei-starkt  sich  in  ihrer 
Eigenihümlichkeii,  indem  sie  wieder  ibr  eigeoM  Tönen»  als  eiwas  frem- 
det Erklingendes,  Terninunt. 

Wenm  glaidi  jede  wilirfcelt  menscUidie  Tbiügliflit  der  Spimehe 
bedarf,  und  dieie  cogar  die  Grundlage  aller  ettsmacht,  so  kann  doch 
eine  Nation  die  Sprache  mehr  oder  weniger  eng  in  das  System  ihrer 
Gedanken  und  Empfindungen  verwehen.  Es  beruht  dies  aucb  niclit 
Uob,  wie  man  wobl  zuweilen  zu  glauben  pHegt,  auf  ihrer  Geisiigkeit 
uberlianpt,  ihrer  mehr  oder  iiveniger  sinnigen  Richinng,  ihrer  Neigung 
sa  Wiwenichaft  and  Kvnst,  noA  wenigier  auf  ihrer  Gnltor,  dnen 
höchst  Tl^eotigen,  und  mit  der  gröfsesten  Behutsamkeit  sn  brauchen- 
den Worte.  Eine  Nation  kann  in  all«  diesen  Rücksichten  vorzüglich 
sevn,  und  dennoch  de»*  Sprache  kaum  das  ihr  g^ührende  Recht  ein- 
räumen. 

Der  Grund  davon  liegt  in  Folgendem.  Wenn  man  sich  das  Ge- 
biet der  Wissenschaft  und  Kunst  auch  völlig  abgesondert  too  Alhna 
denikti  was  sich  auf  die  Anordnung  des  physischen  Lebens  iicsidbt«  so 
gisbt  es  für  den  Geist  doch  mehrere  Wege  dahin  zu  gelangen,  von 
denen  niclil  jeder  die  Sprache  gleich  stark  und  lebendig  in  Anspruch 
nimmt.  Diese  lassen  sich  theils  nach  Gegenständen  der  Erkenntnifs 
bestimmen,  wobei  ich  nur  an  die  bildende  Kunst  imd  die  Mathematik 
Hl  «rinnem  brauche,  theils  nach  der  Art  des  geistigen  Triebes»  der 
aulir  die  sinnliche  Anschauung  suchen»  trockenem  Nadidenken  nachhin- 
gen, oder  sonst  eine,  nicht  der  ganaen  Fülle  und  Fdtnheii  der  Spradie 
bedürfende  Richtung  nehmen  kann. 

Zugleich  liegt,  wie  schon  oben  hcmerki  ist,  auch  in  dei-  Sprache 
ein  Doppeltes,  durch  weiches  das  GemüiU  nicht  immer  n  dcv  noih- 
wendigen  Vereinigung  berührt  wii'd;  sie  bildet  Begrific,  führt  die  Herr- 
schaft des  Gedanken  in  das  lieben  ein»  nnd  ibut  es  durch  den  Ton. 
Die  geistige  Anregung,  die  sie  bewnkt»  kann  dahin  führen,  dafs  man, 
vorattgsweise  von  dem  Gedanken  getroffen,  ihn  zngleidi  auf  einen  an- 
deren, unmittelbareren  Wege,  entweder  sinnlicher,  oder  reiner,  unab- 
hängiger von  einem,  als  zuHillig  erscheinenden  Schall,  aufzufassen  ver- 
Micht;  alsdann  wird  das  Wort  nur  als  Nebenbülfe  behandelt.    Es  kann 


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itber  die  Buchslaberuchriß. 


173 


aber  auch  g«rade  der  iai  Tone  gekleidete  Gedanke  die  Hauptwik-kung  auf 
das  GemuiU  ausüben,- gerade  der  Ton,  «um  Worte  geformt,  begeistern^ 
und  alsdann  ist  die  Spmche  die  Hm  |itsachc,  und  der  Gedanke  erscheini 
nur  aU  herrorspriefsend  aus  iiir,  und  uuuennbar  in  sie  -verschlungen.  . 

'  Wenn  nuoi  daher  die  Spiadien  mit  -dar  IndmdDiililit  der  Natio* 
neu  Ter^tesdii,  m  mnfa  man  sviar  suerat  die 'geistige  Riebtong  deradben 
überhaupt ,  nachher  aber  immer'  VOnfigUch  den  eben  ei'wäiinten  Unter- 
schied beachten,  die  Neigung  zum  Ton,  das  feine  Unterscheidungsgefühl 
seiner  nnemHicIum  Anklänge  an  den  Gedanken,  die  leise  Regsamkeit, 
durch  ihn  gesiimmt  zu  werden,  dem  Gedanken  vauscndfachc  Furmen 
zu  gehen ,  auf  welche ,  gerade  weil  sie  in  der  Fülle  seine«  sinnlidien 
Stoßes  ihre  Anregung  finden,-  der  Geist  von  oben  liecab,- durch  Gedankcnp 
dntheiliing  nie  an  kommen  Termöefate«  Bs  litfse  sich  leidit  aeigen,  dala 
diese  Ricliiung  fnr  alle  geistige  Thatigkeiien  die  «m  gelingendsicn  zum 
Ziel  führende  seyn  mufs,  da  der  Mensch  nur  durch  Spmche  Mensch,  und 
die  Sprache  nur  dadurch  Sprache  ist ,  dafs  sie  den  Anklang  zu  dem  Ge* 
danken  «Hein  in  dem  Won  sucht.  Wir  können  aber  dies  für  jetii  über- 
gdten,  und  nur  dabei  Stäben  bleiben,  dafs  die  Sprache  wenigstens  auf  kei» 
nem  Wege  eine  gi^fsere  Yollkommenheit  erlangen  kann»  ab  anf  diesem. 
W<SS  nun  die  Ariiculaiion  der  Laute,  oder,  wte  man  sie  auch  nennen  kann, 
ihre  gedankenhildende  Eigenschaft  hervorhebt,  und  ins  Liebt  stellt,  wird 
in  dieser  ycisnY'en  Stimmung  begierig  gesucht  oder  ergriffen  werden,  und 
so  rouls  die  J$uchsiabenschrift,  Avciche  die  Artirnlation  der  Laute,  zuerst 
bei  dem  Aufzeichnen,  hernach  bei  allgemein  werdender  Gewohnheil,  bei 
dem  uinersten  HerTorbring^  der  Gedanken,  der  Sede  unablamig  fw- 
fllhrt,  in  dem  engsten  Zusammenhange  mir  der  inditridttdieB  Spradianhige 
Jeder  Nation  stehen.  Auch  erfunden  oder  gegeben,  wird  sie  ihre  volle 
und  eigenthiimliche  Wirkung  nur  da  ausüben,  wo  ihr  die  dunkle  Empfin* 
dung  des  Bedürfnisses  nach  ihr  schon  voranging. 

So  unmittelbar  an  die  innerste  Natur  der  Sprache  geknüpft,  übt 
•m  BOlhivendig  ilnvn  Einflufs  auf  alle  Tbeile  dei*selbcn  aus,  und  wird 
▼Ott  allen  Sdien  her  in  ihr  gefordert.  Idi  mit  jedoeh  nur  an  «wei 
F'nnkie  erinnern,  mit  weUihen  ihr  Zammmenhang  Torsfiglidi  dnleaeh- 
lend  ist,  an  die  rhythmischen  Yorafige  der  S^nedienf  -und  die  BiMwig 
der  grammaliscben  Formen. 


174 


Humboldt 


lieber  den  Rbythraus  ist  es  in  dieser  Bo/.ieliung  knum  nölhig,  et- 
ytm  In'nziizurügcn.  Das  reine  und  volle  Hervorbringen  der  Laute,  die 
Sonderung  der  einzeloeo,  die  sorgfältige  liencblung  ihrer  ei^cuUuim liehen 
Yei-schiAdenkeit  kam»  da  niahi  anthehrt  werden,  wo  ihr  gegenseitiges  V«^ 
biltnilli  die  Regd  ibrer  ZuMamenmhang  bildet.  .Es  bat  pswifs  i-hyth- 
misebe  Didunäg  bei  «Ileii  JÜsiioiften  tot.  den  Gdwavcib  «iikei»  Sebrift 
gegeben,  auch  regelmäfsig  sylbenmessende  bei  einigen,  und  bei  wenigen, 
vorxüylirh  glücklich  orgahisirien,  höbe  VorirenTlichkeit  in  dieser  Behand- 
lung. Iis  mufs  diese  über  uiil;ii.i[;bar  Hmrh  das  Hinzukommen  des  Alpha- 
betes gewinnen,  und  vor  dieser  Epuciie  zeugt  sie  selbst  scbun  vuu  eiuem 
•olcbai  Gefühl  der  Naiur  der  eiicelnett  Spreeblettie,  defs  aigemlidi  mir 
das  Zeichen  dafär  noch  mangdi»  wie  andt  in  anderen  Besuebiuigen  dar 
Mensch  ph  erst  von  der  Hand  det  Zufalls  den  sinnlichen  AusdracL  füi 
dasjenige  erwarten  mufs ,  was  er  geistig  längst  in  sich  trägt.  Denn  bei 
der  Wüixiigung  des  lünflusses  der  ßucbstabenschrift  auf  die  S[)rache  ist 
Torzüglich  das  £u  beachten,  duis  auch  in  ihr  eigentlicii  zweierlei  liegt, 
die  Sonderung  der  articulirten  Laute,  und  ihre  ä'ufsercn  Zeichen.  Wir 
haben  schon  oben,  bei  Gelegenheil  ^er  Chinesen,  bemcrki,  und  die  Be« 
ha«]»tQii'g  Uüi  sidi,.  nntcc  Unstünden»  audt  auf  wahrheft  elphebetiidie 
Schrift  ausdehnen,  dafs  nicht  jeder  Gebrauch  einer  Lautbezeichnung  den 
entscheidenden  Einflufs  auf  die  Sprache  hervorbringt,  den  die  Auffassung 
der  Buchstiibenschrifi  in  ihrem  wahren  Geist  einer  ISaiion  und  ihrer 
Sprache  allemal  zusichert.  Wo  dagegen,  auch  noch  ohne  den  iksiu 
älpli^betisdicr  Zcichai,  dnrcb  die  hetvorsiiechende  Sptadtanlage  ehiei 
VtXk»  jene  innere  Wafamdimung  des  aniculinen  I^iuts  (gleichsam  dar 
geistige  Theil  des  Alphabets)  vorbereitet  und  entstanden  ist,  da  geniefst 
dasselbe,  schon  vor.  der  Enutebung  der  Bucbaiabaischrift,  eines  Theils 
ihrer  Vorzüt^c. 

Daher  sind  Sylbenmaafse,  die  sich,  wie  der  Hexameter  und  der 
sediszehnsylbige  Vers  der  Slocaa  aus  dem.  dunkeistcn  Aiterihum  her  auf 
um  erhalten  haben,  und  deinen  bloßer  Sjibepibtt  noch  jctal  das.CH>r  IQ 
einen  vnnacliahmlicben  Zanbtr  wi^»  vieUeicbl  noch  slürkere  und  sieb» 

rere  Beweise  des  tiefen  und  feinen  Sprachsinns  jener  Nationen,  als  die 
Ucbcibleibsel  ihrer  Gedichte  selbst.  Denn  so  eng  nuch  diu  Dichtung 
mit  der  Sprache  Tcrschwisiert  ist,  so  wirken  .dctch  natürlich  .mehivr« 


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175 


Geistesanlagen  znsammen  auf  sie;  die  Auffinclung  einer  harmomscfaeii 
Verflechtung  von  Sjlben-Lingen  und  Kürzen  aber  zeugt  von  der  Lnipßn- 
dung  der  SpiMche  im  ihrer  ivahrcn  Eigentb&mlichkeil,  von  der  Kegisain- 
lieit  des  Ohrs'  Bud  des  Gcnfliht,  durcK  das  VevbaltaiCi  der  Anieuhtib^ 
nen  der|{e«ialt  geinten  und  bewegt  sb  -werden,  dab  nan  die  eiosdnci» 
in  den  Tcrbandcmn  nmmefaflidcc»  und  ihn»  TengidiMg  bettimmt  und 
licbüg  erkennt. 

Dies  liegt  allerdings  xum  Theil  auch  in  dem,  der  Sprache  nicht 
unmittelbar  angehörenden  musikalischen  Gefühl.  Denn  der  Ton  besitzt 
die  ^fii^cbo  SigeDtbumlicbLeit)  da»  Ideal&die  auf  swei  Wegen,  durcb 
die  Muiik  und  die  Sprache ,  berfibn»,  und  diese  beiden  mit  einander 
verbinden  xu  können,  froher  der  Ton  Worten  bcgldiete  Gesang  wohl 
Yinbesireitbar  im  ganzen  Gebtete  der  Kunst,  -weil  sich  zwei  ihrer  bedetv 
tendsien  Formen  in  ifim  Tereinen,  die  vollste  und  erhebendste  Empfin- 
dung  hervorbringt.  Je  lebendiger  aber  jene  Svlbenmiinise  auch  für  die 
ainaiLalische  Anlage  ihrer  Erfinder  sprechen,  desto  mehr  zcugea  sie  von 
der  Starke  ihres  SprachsinneB,  da  garade  durch  «ie  den  arlicaliittD 
lAQt,  also  der  Sprache«  neben  der  binretfaettden  Gewalt  der  Musifc,  sein 
Tolles  Recht  erhalten  wird.  Denn  die  antiken  Sylbenmaalse  niiterschei- 
den  sich  phf>n  (];idmch  am  allgemeinsten  von  den  modernen,  dafs  sie, 
auch  in  dem  musikalischen  Atisdnick,  den  Laut  immer  wnhilian.  a!« 
Sprachlaut  behandeln,  die  wiederkehrende,  vollständige  oder  uiivoli&tan- 
dige  Gleicbbeit  TerbondoMr  Laute  (Reim  und  Assonam),  die  auf  .den 
blolMn  Kbn»g  binanslluft,  TersdimSfaen,  und  nur  sehr  sdten  die  Sjlban 
gegen  ihre  Natur,  h\oh  der  Gewalt  des  Rhythmus  gehorchend,  zu 
dehnen  oder  zu  verkürzen  erlauben,  sondern  genau  dafür  sorgen,  dals 
!;if>  in  ihrer  natürlichen  Geltung,  klar  und  tuvcriuidcrt  anstönend^  har<> 
monisch  zusammenklingen. 

Die  Beugung,  auf  welcher  das  Wesen  der  grammatischen  Yor^ 
nun  beruht«  führt  nothwendig  auf  die  Unterscheidang  bod  Beachtung 
der  dnidnen  Arucnlatiencn.  Wenn  eine  Sprache  nur  bcdeuisaaie  Laute 
an  einander  knfipft,  oder  es  wenig<itens  nicht  versteht,  dt<3  granmMiischen 
Bczpichnnncen  inii  den  Wörtern  fest  zusammenzuschmelzen,  so  hat  sitj 
es  nur  mii  Laulganzen  zu  iliun,  uiul  wird  nicht  7m  <hT  Unlerschcidung 
einer  einzclnea  Ariictilation,  wie  durch  das  Erscbeineu  des  nemiicheo. 


i76 


HirMBOLDT 


nur  in  seinen  Beugungen  Terschiedenen  Worte«!  angei-egi.  So  wie  da- 
her Feinbeil  und  Lebendigkeit  des  Spracbsiunes  zu  festen  grammatischen 
Foimaa  ffihmi^  ab  befS«d«Ri  dktw  die  Anoiennung  des  Alphabetes, 
«b  liBiili,  imldbcr  henucli  Idchtsr  di«  Effinduogp  oder  frudittierere 
Bemitsimg  der  «ichiberen  Zeidien  folgt.  De&a  wo  sicli  ein  Alphabet 
sn  einer  jgrammnmch  noda  unvoULommeneren  Spreche  go<ielk,  kann 
Beugung  durch  Uinziifüpung  und  Umänderung  einzelner  Buchstaben 
gebildet,  die  Torhnndenu  t>H:iifrcr  bewahrt,  und  die  nocb  halb  io  Anfü- 
gung begiüfeue  reiner  abge&cliieden  werden. 

Wodurch  eher  die  IkidialBfaemcbrifk  noch  vid  «ewndidiM>  ob- 
gleich nicht  M>  richtlich  an  elnielnen  Besi^eflenheiten  erlenaber,  auf 
die  Sprache  wirkt,  i$|  dadurdi,  dafs  sie  allein  erst  die  Einsicht  in' die 
Gliederung  derselben  vollendet,  und  das  Gefühl  davon  allgemeiner  ver- 
breitet. Denn  ohne  die  Unlcrscheidung,  Bestimmung  und  Bezeichnung 
der  einzelneu  Ai  iicuiaiionen,  werden  nicht  die  Grundiheile  des  Sprechens 
erlumnt,  und  dei*  Begriff  der  Gliederang  wird  nicht  durch  die  ganse 
Sprache  durdigeffilirt.  Jeden  in  einem  Gegenstände  liegenden  Begriff 
aber  ToBeiindig  durciianfnhren,  ist  nberiiaopt  und  überall  von  der  gröft^ 
stcn  Wichligjteit,  und  noch  mehr  da,  wo  der  Gegenstand,  wie  die 
Sprache,  ganz  ideal  ist,  und  wo,  thetls  zui;lcich,  theils  nach  einander, 
der  Insiinct  handelt,  das  Gefühl  nhnrlci,  der  Vei-siand  einsieht,  und  die 
Yerslandescinsicht  wieder  auf  das  üclühl,  und  dieses  auf  den  Insiinct 
beHchiigend  «nrOckwirkt.  Die  Folgen  des  Mangels  davon  erstrecken 
sich  weit  über  den  miTollendet  bleibenden  Theil  hiimis,  bei  den  Sprachen 
ohne  Buchsiabenschrifi,  und  ohne  sichtbare  Spuren  eines  nach  dersel- 
ben empfundenen  Bedürfnisses,  nicht  blufs  auf  die  richtige  und  voll- 
ständige Einsidit  in  die  Arliculation  der  Laute,  sondern  über  die  gante 
Art  ihres  Baues  und  ihres  Gebrauchs.  Die  Gliederung  ist  aber  gerade 
das  Wesen  der  Sprache;  es  ist  nichts  in  ihr,  das  nicht  Theil  tmd  Gan- 
ses scyn  konnte^  die  Wirkung  ihres  beständigen  Geschäfts  beruht  auf 
der  Leichtigkeit,  Genauigkeit  und  Uebei'etnstianittng  ihrer  Trennungen 
und  Ztisaamensetzungen.  Der  BegrlfT  der  Gliederung  ist  ihre  logjscbe 
Function,  so  wie  die  des  Denkens  selbst.  Wo  also,  vermüt^e  der  Schärfe 
des  Spi-dchsinnes,  in  einem  Volk  die  Sprache  in  ilirer  arhu-n,  geistigen 
tmd  tünenden  Et^nihümlichkeit  empfunden  wiid,  da  wud  dasselbe 


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über  die  Buckstabenschrifi. 


177 


angeregt,  bis  zu  ihren  Elementen,  den  Grundlautim,  Toi-^ndringen,  die^ 
•elben  zu  unlers^rlieiHim  und  zu  be/.t.'ichnen,  oder  mit  anderen  Wor- 
ten, Buchstaben&ciirüL  zu  erüodeu,  oder  sich  darbieiende  begierig  zu 
ergreifen«  ' 

RiditiglLeii.dcr  intsIlBctudlfla  Anddit  der  Spradw,  roa  Ldten» 
di|jkeit  und  Feinliflit  keugenda  Bearbeitung  ihrer  Xftutet  und  Buchstaben- 
MÄrift  erheischen  und -bafönkcn  sich  daher  gegenseitig,  und  vollenden, 
▼ei-^Ini.  die  Auffassung  und  Bildunc;  rlor  Sprache  in  ihrer  dchten  Eigen- 
ihuiuiu  hkeit.  Jeder  Manf^el  an  einem  tiieser  drei  Punkte  wird  in  ihrem 
Bau,  *i<ler  ihrem  Gebrauuiae  fühlbar,  uud  wo  die  naiüriiche  Einwiriiung 
dtt  Dinge  nicht  durcb  besondere  UnutSnde:  Abweidumgen  erfährt,  de 
darf  mttik  «ie  vereint»  nnd  noch  virbunden  mit  Festi^t&t' grammeiisdicr 
Pomnen  und  rhythmischer  Kunst  anzutrefTen  hoflen. 

Die  hier  gemachte  Einschränkung  beugt  dem  Bestreben  vor,  das- 
jenige, was  sich  theoretisch  crciebt,  nun  auch  durch  die  Geschiehir  fler 
Völker  (sollte  man  «s  ihr  auch  iiutüringen  müssen)  sogleich  beweisen, 
oder  voreilig  widerlegen  zu  wollen.  Darum,  darf  aber  die  EntwicUtmg 
aue  bloÜMtt  Be^lfiki»  wenn  tm  nur  eotut  richtig -und  Tplltandig  iit, 
aidit  unu&is  genannt  'werden.  Sie  nkuft  vielnidir,  wo  es  mir  irgend 
angehl,  die  Prüfung  der  Thaisachen  begleiten,  und  ihr  d>c  Punkte  der 
Untersuchung  bestimmen  helfen.  Nach  dem  im  Vorigen  ühfr  <h'u  Zu- 
sammenhang des  üpi'achbaues  mit  der  ßuchsiabenschn'fl  Cesaßicn,  wer- 
den erschöpfende  Unterauchungeu  über  die  Verbreitung  der  letztere 
nicht  Tom  der  Geediichie  der  Sprachen  aelbsi  getrennt  «erden  dürfen, 
und  et  nvird  üherall  auf  die  Fia^  ankooiinen :  'ob  et  die  B^achafrenheit 
der  Sprache,  und-  dift  tich  in  .ihr  atud rückende  Spnichanlage  der  Nttioa, 
oder  andere  Umstände  waren,  welche  wesentlich  auf  die  Art  der  Erfin- 
dung oder  Aneignung  eines  AI{ihabeta  einwirkten?  inwiefern  diese  Ent- 
stefaungkwei»e  Uio  Bcschnirenbeii  desselben  bettiimmta  oder  venindeite, 
und  welche  Spuren  es,  bei  allgemein  jgewordeoem  Gebrauch,  in  der 
Sprache  «irAcUiela? 

•  :.Bs  bon  hier  niobt  awtne  Abridtt         nnehtdci»  btt  jeiat  Ter> 
suchten  Entwicklung  aus  Idieen,  noch  in  eine  historische  Untersuchung 
der  Sprachen  in  De/.iehung  auf  die  Schriftmiuel ,  deren  sie  sich  bedie- 
nen, ciazugeben.    INur  um  im  GanMu  dea  behaupteten  Zusammenbaog 
Uis(.  PMol.  Klasse  1824.  Z 


178 


-'H  V  M  9  O'i  » 


Ewisclien  der  Buclistnbensclirift  und  der  Sprache  auch  an  einer  Tbat- 
sacLe  7,u  erläutern,  sei  i's  mir  erlaubt,  diese  Abhandlung  mit  einigen 
Bcirachtungen  über  die  AuierilianisclieD  Sprachen  in  dieser  Hinsicht,  zu 
betdiliefaeii. 

Bbn  kaim  0»  ab  «ine  Hwtsadbte  aftodmen,  lAib  neh  in  lainem 

Theilc  Amerika  8  eine  Spur  einer  Buchttabenschrift  gezeigt  hat,  obgldeb 
CS  bisweilen  behauptet  oder  -vermulhet  worden  isi.  Ünier  den  Mexica- 
nischen  Hiero<^lyphen  findet  sicli  zwar  eine,  zum  Theil  den  Chinesischen 
Coua'$  äiailiche  Gattung,  die  uuch  nicht  genau  erläutert  ist,  und  dies, 
bei  den  wenigen  voHiandenen  Ueberbleibieki,  auch  wahrscheinlich  nicht 
■ttliUft;  TrSrea  aber  darin  auf  Ir^genA  dae  Weiae  lamadch^j  io  vfiv- 
den  dta  Naduriduoi,  die  nir  fiber  das  Land  und  seine  Gesebichie  be- 
tttien»  davon  Spuren  enthalten.  Man  könnte  zwar  hier  die  iSinwen«' 
dung  machen ,  tlafs  auch  von  Bnchstabenz.eielien  in  den  Hieroglyphen 
das  Alierihum  schweigt.  Allein  hift  ist  der  Fall  durchaus  anders.  Dafs 
Aegypten  BuchstahenschrÜi  besaü,  üng  nur  in  den  allerncuesten  Zeiten 
an  bezifeifdt  an  v«id«n,  ab  man  aoeh  die  demotMehi»  Schrift  für  Be- 
ffifliaeichen  «rUirte»  sonst  gab  ca  eine  Menge  von  Zeugnissen,  die  es 
bewiesen,  oder  termuthen  liefsen.  Nur  darüber  stritt  man,  wddie  wi> 
ter  den  Acgypiischen  Schriftarten  die  alphabetische  gewesen  sei,  oder 
suchte  vielmelir  den  Sitz  dieser  blofs  in  der  obengenannJen  demotischen. 

Dafs  in  Amerika  ein  Znstand  früherer  Cullur  über  die  äU<  sU  ii 
Anfange  der  uns  bekannten  Geschichte  hinaus  untergegangen  ist,  be- 
Vfeist  eine  Reihe  von  DenltuiSlein,  thdls  in  Gebinden,  theib  in  kfinst- 
licher  Bearbetuuig  des  Erdbodens,  die  sidi  Ton  den  grofsen  Seen  des 
nördlichen  Theilet  bif  aur  südlichsten  Granze  Pcru's  erstrecken,  von 
welchen  ich  zu  einem  anderen  Zweck  theils  aus  der  Reise  meines  Bru- 
ders ,  der  ihre  Grannen ,  die  Mitfelptinkie  dieser  Civilisation ,  und  den 
Sti'ich,  dem  sie  foigi,  genau  angiebt,  und  die  Ursachen  des  letztei'en 
sehr  glücklich  nachweist,  tlieils  atis  anderen  Quellen,  vorzüglich  den 
^Werben  der  erstm  Broberer,  ein  Veneidmifs  susanunengeiragen  habe. 

Meine  Aufntertsamiteit  bei  der  Ualiertucfaung  disr  Anenkanisehen 
9|pradien  ist  daher  immer  zugleidil  darauf  gerichtet  gewesen,  ob  ihr 
Bau  Spüi*en  des  Gebrauchs  Tcrloren  gegangener  Alpliabetc  an  sich  trage? 
Ich  habe  jedoch  nie  dei^eichen  angelrofiea  j  vielmehr  ist  der  Organis- 


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nm  dinier  Sprachen  gerade  TOa  der  Art,  dafs  man,  von  den  obigen 
nllgemeinen  Beti-achiungcn  üt»er  den  Zusammenhang  der  Sprache  mit 
der  ßucbsiaKenschrift  au&gehend,  recht  füghch  begreifen  kann,  dafs  we- 
der sie  zur  Eiüaduug  eines  Alphabets  führten,  noch  auch,  wenn  sich 
ein  solches  dUrgdMMA  Litte,  fine  teuäxt  «ds  gleichgültige  Aneignung  d«»> 
•diM»  arfolg^  Myn  .w<|rdep  i  Die  Anfitahm«  dar  nacli  Aiqeri)»  ^koiyi' 
mcncn  Europäischen  Schrifit  bietst  indefs  freüidi  hierfür  nichu.  Denn 
die  unglücklichen  Nationen  wurden  gleich  so  niedergedrückt ,  und  ihiT 
edelsten  Stämme  gro&eßibeils  dergestalt  ausgerottet,  dafs  :in  keine  frei«, 
wenigstens  keine  geistige  nationelle  Thätigk^il .  lu  denken  war.  Einige 
Me^icaner  ergriOen  iiber  wirklich  dw  Qeoe  Aiif«>chnunggmittel ,  ttQ4 
hujteriieCiai  Werie  in  der  einheiiaiiehen  Sprache. 

AUe.!VteÜieile.  de*  Gdmiidis  der  Bachiuhauchrift  beuflhen  nch» 
wie  im  Vorigeik  ^wrigl  Ist,  bauptsüchlich  auf  die  Form  de*  A;ii*drucks, 
und  vermittelst  dieser,  auf  die  Entwicklung  der  Begriffe,  und  die  Be- 
schäfil^unij  mit  Ideen.  Darin  liegt  ihre  AVirkimf^,  f!ai-;nt<;  entspringt 
das  iiedurlnils  nach  liu'.  Gerade  die  l'urm  des  GcduiiLem  über  wird 
dmch  den  Ben  der  Awerikenitehen  Sprachen,  die  evrar  bei  iveitem 
nieht  die  bisweilen  bdiaapiece,  aber  dodi,  und  eben  hierin»  eine  auf* 
fallende  CleicharUglLdt  haben«  nicht  vorzüglich  begünstigt»  eft  durch- 
aus  vemaelilässigl,  und  die  AmerikaiiiscLen  Volksstämmc  standen,  audi 
bei  der  Erobertmg,  und  in  ihren  Iduhendsten  Reichen,  nicht  uufderStufa» 
WO  ip  Menschen  dcnr  Oedanke,  als  überall  herrschend,  hervortritt. 

An  die  Sehenbeit  und  sum  Thetl  den  giünzUcben  Blangel  aolcber 
grammatisehcr  BeMichniui|^,  die  man  adite  yammaiiiclie  Formen 
nennep  kömiiei  will  ich  hier  nur  im  VochaigehcB  noch  emmal  ennr 
nern.  Aber'idi  gbube  mich  nicht  vx  irren,  wMin  idi  endi  die  nur 
durch  höchst  seltene  Ahweff luingen  unterbrochene  strenge  nni!  eiiiför- 
mige  Aniilc)i;ic  dieser  Sprachen,  die  llfiufung  aller  durch  einen  licgriff 
gegebenen  JNebcnbcslimmungen,   auch  da,   >vo   ihre  Erwähnung  nicht 

aothwendig  ist,  die  Torhertfcheade  Neigung  don  beaenderen  Adi» 
dnioL,.  *uu  de*  aU^amdDereo,  hierher  aähle.  Der  dauernde  Gdimvch 
einer  alphabeüschen  Schrift  würde,  wie  es  mir  scheint,  nicht  nur  diese 
Dinge  abgeändert  oder  umgestaltet  bähen,  sondern  lebendigere  natipoe|le 
Gei«iigkeit  Lüiie  sidt  audi  dieier  unbehülflidien. Fesseln  zu  entledi^Bn 

Z  2 


ISO 


HüMBOLDt 


gewiifsl,  die  Begriffe  in  ihrer  Allgemeinheit  «ftfgfefäfilt,  die  in  dem  ^Ge- 
danken und  der  Sprache  h'ciicnde  Clif  'icning  enerj^fsoh^T  uml  ani^'^^mc«;- 
sener  ancrffwantlt,  und  den  Dinng  gelultlt,  das  :inysiliche  Aufbowaiiren 
der  Spi-aclie  im  GeUächtnifs  durch  Zeichen  für  das  Aug«  zu  sichern, 
dkmit  <die  Refinion  vuhigor  <4lidr  ihr  'vnÄken,  tnA  4er  Gedanka  flSdi  m 
faimm,  abei'  numlii^fältigel'  Vrectifcindfen  imck  'fivieMyi  Pormen  liew^ 
gen  könne.  Denn  wenn  di«  DiU^iäjMnSGfanft  nicht  die  BeNrtflkerang 
Amerika's  begleitet  halle  (insofern  rndn  nemh'ch  überhaapt  eine  von  der 
Fremde  hm'  annimml)  <?f>  waren  die  Amerikanischen  Nßtionen  wohl  nur 
auf  eigne  Erfindung  dersclbeu  zurückgewiesen,  und  da  diese  mit  unge- 
nicinen  Schwierigkeiien  verbünden  ist, '  so  mag  die  lange  £ntbeiit*ung 
einer  BiidutabeiMcfarift  atcht  ttniwdeüiteiMl  auf  de»  Bau  ihrer  Sfirachett 
ebgawirkt  haben.  Diese  Einwirkiutg  konnte  aueh  Aoich  dadurch  besoo* 
ders  modiftciri  werden,  dafs  aucli  die*  Cauung  der  Schrift,  weiche- einige 
Amerikanische  Völker  wirklich  besafscn,  nicht  von  der  v\rt  war,  bedeu- 
tenden EinUnfs  niif  die  Sprache  tind  das  Gedanken  System  «iiszuübcn. 

Ich  berühre  jedoch  dies  nur  im  Vorbeigehn,  da,  um  wirkHch 
darauf  fufiwn  zu  können,  e*  eine  Vergleiebuog  der  Spi^aefaen  Ametila*« 
ittit  denen  der  Vdlk^tvtSmme  anderer  Wektheile,  -  die  eich  gleidi&lfa 
keiner  SdiriAaeich^  -bedienen  und  mit  der  Gbitiekitchcnv  der  wenigitena 
alphabetische  fremd  sind«  ndthwendig  maehen  ■Wfirde»'  cu  weicher  lätt 
nicht  der  Ort  ist. 

Dagegen  liegt  es  den  hier  anz.usieiienden  Beirachlungen  näher,' 
und  leuchtet  von  selbst  ein,  dafs  lange  Entbehrung  der  Schrift  die  re- 
gelmibige  Einlonnigkeil  des  Spracbbauet-,  die  taian  labchlidk  för  einen 
Vonsug  fajHt,  befördert.  AbVröichungen-  weite  den  Gcdücfatnifs  nAhc 
Teller  auftubc wahren,  vomlglich  wenn  httch  nicht  himrteichendei  Nieh- 
denken  über  die  6{>rache  erwacht  ist,  um  ihre  inneren  'Gründe  zu  ent- 
decken und  zu  würdigen,  oder  nicht  t^enng  Forschiingsgetst ,  ihre  blofs 
geschichtlichen  aufzusuclien.  Das  Vorlierrschen  des  Gedächtnisses  ge- 
wöhnt auch  die  Seele  an  das  Uervorbringen  der  Gedanken  in  möglichst 
l^eicfaem  'Gt^prHge,  und- der' auf  genaue  Sfiivchnttterrachung  gcrichteiea 
A^merkaamkeit  -endlieh  irind  die  Fille-  nicht  fremd,  wo  die  Schrift 
idbn/  das  Aneinandcrrdfate  der  ftwfasiabeii,  Abkfirtnngen  und  Verin- 
deningen  hervorbringt. 


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über  die  Buckstaherischrifl,  'i61 

-  '  Mnn  darf  lilcrmit  nicht  Terwecliscln ,  dafs  die  Schrift  Jen  For- 
men auch  mehr  Fesiigkoil,  und  daduicb  in  anderer  Riicksicbi  mehr 
Gleichforrnigkeil  giebl.  Dadurch  vvirki  sie  vorzüglich  mir  der  Spahung 
in  zu  vielfälügä  Mundarten  entgegen,  und  schwerlich  vvüvden  sich,  bei 
uluhcDdcm  6c)iRflQBbiilttcli,  M£e"de&  meisten  Amerikaiusdien  Sprachen 
«ig^ne*  VetwdiiedeiAeheii  def  AmdWteW  der  Bfibmer  und  Weiber,  Kior 
dear  und  Enreeluenen,  yomehuen  und  Gcivigen  erhalten  haben.  Da 
demselben  Stamm  und  derselben  Classe  zeigen  sonst  gerade  die  Ameri» 
ftamis'ehen  Nationen  ein  bewunderungswürdiges  Festbalicn  dei-  eicichea 
Formen  durch  die  blofse  L  eberliefemng.  Man  hat  Gelegenheil,  dies 
durch  die  Vergleichung  der  Schriften  der  i»  die  ersten  Zeiten  der  Eu- 
Topaischen  Andedielungen  fallenden  Mbn'onarien  mit  der  heaügen  Ali 
au  sprechen  au  bemei^en.  Yorsflglich  bietet  «ch  dieselbe  bei  den 
Nordainerikanischen  Stammen  dar,  da  man  sich  in  den  VereinigteA 
Sianten  (und  jetat  leider  nur  dort)  auf  eine  höchst  bcifallswürdige  Weise 
um  die  Spiarlie  und  das  Schicksal  der  Eingsbornen  bt»mübt.  Es  wäre 
indefs  sehr  zu  wünsc  iu-n,  daCs  sich  die  Aufmerksamkeit'  noch  besiimm- 
ler  auf  diese  Vergleichung  derseliien  Mundarien  in  Terschiedenen  Zei- 
«on  richiece.  Die  darch  die  Sdirifi  herrorgebmcliie  Festigkeit  ist  da^ 
her  melir  ein  VcMlIgemeineni  der  Spradiay  wvlcbes  nach  und  nadi  in 
die  Bildong  eines  eigenen  Dia]ect<;  ilber^ht,  und  sehr  verschieden  Toa 
der  Oinchftih'runi^'  Einer  Rcrjel  durch  eine  Menne  zwar  ähnlicher,  doch* 
Begriil'  und  Ton  genau  beachtet,  nicht  immer  ganz  gleicher  Falle,  von 
der  wir  oben  i-edeten. 

Alles  hier  Cesogte  findet  auch  auf  des  ZusanmeuhäufleD  su  victe 
fiestinurangen'^hi  Einer  Form  An^ivendung«  mid  ivenn  man  den  Grfin^ 
den  tiefei'  nacl>geht,  so  bangen  die  hier  erwähnten  Erscheinungen  sämmt* 
hch  von  der  mehr  oder  weniger  stark  imd  eigenlhümlich  auf  die  Sprache 
gerichteten  Regsamkeit  des  Trci^ie«;  ah.  von  welcher  die  Schrift  zugleich 
Beweis  tind  befüixiernde  Ursach  ist.  W  o  diese  Regsamkeil  mangelt,  zeigt 
es  sieh  in  dem-unt^jUkommeren  Sprachbau;  wo  sie  herrscht,  erfahrt  dlcM 
Mr  eine  beibeese  Umfomuuigr  oder  ki»amit  tob  AMmg  an  aiclM'tuM 
Vufscheinr.  Ifit  dem  «ehien  und  Midcreil  Zustande  abepEist  di»  Sehrifti 
das  BedürfbiTs  nach  -ilir,  die  Gleidigaliigkdt  gegen  =  sie,  •  in  besittiidigMP 
VerbinduBg.  • 


182 


HVKBOLDT 


Bei  dev  Aufzahlung  der  Ursachen  der  Eigenthümlichkeit  der  Ame- 
rikanischen Sprachen  darf  man  aber  auch  die  oben  erwähnte  Gleich- 
artigkeit dersdiben,  so  wie  die  Ab&onderung  Amerika'»  von  den  übrigen 
Weliiheilen  nicht  vergessen.  Selbst  vro  entsclüeden  verschiedene  Sprachen 
igMtt  mhe  bd  «i—Bdar  w«n&«  wie  im  heuff^m  Nen-Spanien,  lüdbe  vjk 
in  ihMm  Bau  m  «na  beldMud«  oder  .geMalteiidti  Bnwjtliiisg  der  dnen 
auf  die  andere  an  ii-gend  einer  sich«r8A  Spur  bemerken'  k£!|llien.  Die 
Sprachen  vorzüglich  gewinnen  aber  an  Ki*aft,  Reiclithum  und  Gestal- 
tung durch  dos  Zusammenslolsen  grofser  und  selbst  coniraslirender  Ver- 
schicdcnheii ,  da  auf  diesem  Wege  ein  reicherer  Gehalt  meu schlichen 
Xliieyns,  schon  tn  Spvache  geformt,  in  li«  vberf^.  Dom  4iee  nur 
ist  ihr  rcAler  Gawitm,  der  in  ibum,  vri«  in  der  Nainr,  mw  der  FOlle 
schafTender  Kräfte  .entetdit,  ohne  dals  der  Verstand  die  Art  dieses  Schaf* 
fens  ergründen  kann,  aus  der  Anschauung,  der  Einbildungskraft,  dem 
Gefühl,  Nur  von  diesen  hat  sie  SiofT  und  liereicherung  zu  erwarten; 
von  der  Bearbeitung  durch  den  Verstand,  »enn  dieselbe  daiüber  hmiius- 
^eht,  dem  Stoff  seine  volle  Geltung  in  klarem  und  bestimmtem  Denken 
«n  'vencbalfen,  eher  Troeienheii  und  Dftrftigkeit  in  lülrehiaii.  Di« 
Sdirift  nun  Im»  eidi  leiditer  whnitcn,  idbei  leiditer  enmahan, 
Yenchied^ae  Volkereigenihümlichkeit  sich  lebendig  gegeneinander  bewegt; 
einmal  entstanden  und  !ni';j^cbi!rli»i .  knnn  sie  aber  auch,  wie  die  logische 
Bearbeitung,  m  der  «ie  am  m n  In i-sien  mitwirkt,  der  L^l>endigkeit  dev 
Sprache,  und  ihrer  Einwirkung  aut  den  Geist  nachiheiiig  werden. 

Bei  den  Amerikanifchen  Yülkentimmen  kg  aber  dasjenige,  wai 
•ie»  da  ihnen  Bochaiahenschnft  einmal  nidit  von  aufsen  «mdkommen 
ivar,  von  derselben  fern  hielt,  freilich  vorfü^ch  noch  im  Mang^  gei> 
•tigei*  Bildung,  ja  nur  iniellectueller  Richtung  überhaupt.  Davon  geben 
die  Mexicaner  ein  auffnllcndes  Beispiel.  Sie  b^afsen,  wie  die  Aei^vp- 
tier,  Hieroglyphen- bilder  und  Schrift,  machten  aber  nie  die  beiipn 
?H^ehtigen  Schritte,  wodurch  jenes  Volk  det-  alten  Welt  gleich  seine  ucie 
GcSatigheii  hvinin,  die  Schrifi  von  dem  Bilde  au  sondern,  und  das  Bild 
als  sinniges  Sypebol/Bn  behandeln,  Schritte,  welqhe,  ans  4er  geisiigan 
Individualität  des  Volks  entspringend,  de«  gsn#en  Aegypti^iclicn  Schrift 
ihre  bleibende  Form  gaben,  und  die  man,  wie  es  mir  scheint,  nicht  ala 
blofs  stufeuweis  fortgehende  Entwicklitug  des  Gebrauchs  der  Bildei'schrift 


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über  die  Buchstabenschriß. 


183 


•Bsehen  darf»  MNüdcrn  die  geistigen  Funken  gleichen,  die,  plötzlich  um- 
ge<i»filt(>nd .  in  piner  Nation  oder  einem  Individuum  sprühen.  Die  3Iezi- 
canische  ilieroylyphik.  gelangte  ebensowenig  zur  Kuusiform.  Und  doch 
scheinen  mir  die  Mexicaner  unter  den  uns  bekannt  gewordenen  Amerl> 
kmiMiiM  NatÜMea -an  Ghankter  mul  Geist  'die  TonngUdntien  su  seyn» 
Ulli  nuBentUch  die  Pcnuuter  weit  fiberirofiSm  sn  lieben^  so  wie  ich  «ndi 
gUttbe,  die  Vorzüge  ihrer  Sprache  vor  der  Peruanischen  beweisen  itt 
können.  Die  Gräfslichkcii  ihier  Menschenopfer  zeigt  sie  allerdings  in 
einer  unglaublich  rollen  und  abschreckenden  Gestalt.  Alleitt  Jio  kalte 
Poiiiik,  mit  welcher  die  Pcrtianer,  nach  blofsen  Einfällen  ihrer  K^eOr 
ten,  unter  dem  Schein  weiser  Bevormundung,  guize  Nationen  ihren 
Wobnsitaen  emiriisen, ■  und  blutige  Kriege  fibrten»  um,  soweit  sie  Sil 
reichen  vermochten,  den  V6lkem  ds«  Geprilge  ihrer  «umcbisdien  Einp 
förmigkeit  aufzudrücken,  ist  kaum  weniger  grausam  zu  nennen.  Inder 
Mexicanischeii  Gesclilcliie  ist  regere  und  individuellere  Bewegung,  die, 
wenn  auch  die  Leidenschaften  Kobbeit  verralben,  sich  doch,  hei  hinzu- 
kommeudcr  Bildung,  zu  büberer  Geistigkeit  erhebt.  Die  Ansiedlung  der 
Uexiomer,  die  Reihe  ihrer  Kin^e  mit  ihren  Nadibarn,  die  uegreidm 
Erweiternng  ihres  Reldis  erinnert  an  die  Rdmisehe  Geschichte.  Von 
dem  Gebrauch  ihrer  Sprache  in  Dichtkunst  und  Beredsamkeit  lilst  sich 
nicht  genau  urtheilen,  da,  was  auch  von  Reden,  im  Rath  luid  bei  liäu^ 
liehen  Veranlassimgen,  in  den  Srhriftstellem  vorkommt,  schweilicb  hin- 
lünghch  treu  aufgefafst  ist.  Allem  es  lafst  sich  sehr  wobi  denken,  dafs, 
vorzüglich  in  den  politischen,  dem  Ausdruck  weder  Scharfsinn >  -  noch 
Feuer,  noch  hinreifsende  Gewalt  jeder  Empfindung  gefehlt  haben  mag. 
Findet  sich  dnch  dies  allet  nodh  in  unseren  Tagen  in  den  Reden  der 
Bäu|Miinge  dei-  Nord-Amerikanischen  wilden  Horden,  deren  Aechtheft 
nicht  zu  bezweifeln  scbcini,  und  wo  diese  Vorzüge  gerade  nicht  können 
aus  dem  Umgänge  mit  Europaern  abgeleitet  werden.  Da  Alles,  was 
den  Menschen  bewegt,  in  seine  Sprache  übergeht,  so  mtifs  man  wobi 
die  Slirke  und  Eigenthümlichkeit  der  Eropfindungsweiie  and  des  Ghcp 
raktenr  im  hAm  dlierhaupt  von  der  'inteUeometlett^Riehtung  und  der 
Msignng  EU  Ideen  unterB4:heideD.  Beide»  strahlt  in  dem  Ausdruck  wie- 
der, aber  auf  di«  Gestaltung  tmd  den  Bau  der  Sprache  kamt  doch» 
«hne  !das  letktere,  nicht  müditig  und  dauernd  gewirkt  werden. 


184 


Humboldt. 


Es  ist  sehr  walirscheinlich ,  Haf? ,  wenn  nuch  das  Mexicanische 
und  Peruanische  Kcich  noch  Jahrliunderte  hindurch  unerobert  von 
FKmden  bestanden  bätte,  diese  Naiionen  doch  nicht  vfurden  aus  sich 
««ilMt  zur  Bndutabanichrift  gelangt  seyn.  Ilie  OBÜdceidirifi  vad  dl» 
KwotMUcbtttüre,  iralcibe  beide  befafieiii-  tob. vdcfcen;.«ber,  «u'  noch 
nicht  gehörig  Idar  g^ordeiien  Ursachen,  jene-liei  den  Mexicanem,  diese 
bei  den  Peruanern  •mschliefslich  im  Staats-  und  eigentlichen  Naiiouul- 
gebrauch  blieben,  erfüllten  die  aufseren  Zwecke  der  Gedanken- Au f- 
zeicbnuug,  und  ein  inneiies  IkdüHaüii .  nach  vollkommeneren  Mitteln 
yräre  schwerlich  erwacht.         .'j  .  , 

Uefaei-  (Ke  KüOuaidmtM,  die  «udi  ia  endoen  Genendea  Ameri- 
ka*», aofseriialb  Fem  und  Mexico»  liUidi  wren,  und  die  «uf  Ycnmi- 
thungen  eines  Znsammenlianges  der  Bevölkerung  Amerika's  mit  China, 
so  wit!  die  Ilieruglvphen  mit  Aefrv'p'en  geführt  haben,  weixle  ich  an  ei- 
nem anderen  üi  te  die  iSachrichten ,  die  sieb  von  ihnen  finden,  lusam- 
menstellen.  Sie  sind  allerdings  sehr  mangelhaft,  aber  doch  hinrdchend, 
einen  bestimmteren  und  genaueren  Begiiff  Ton  dieaer  Geltung  Ton 
Zeichen  xu  geben,  aU  mm  durch  Robertson't,  und  anderer  neuerer 
ScbrifUteQec  Berichte  erhalt.  Ihre  Bedeutung  lag  in  der  Zahl  ihrer 
Knoten,  der  Verschiedenheit  ihrer  Faibtoj  und  Termutblich  auch  der 
Ar*  ihrer  Verschlingung.  Diese  Bedeutung  war  jedoch  wohl  nicht  überall 
dieselbe,  sondern  verschieden  nach  den  ( ieijenstanden ,  und  man  pinkie 
vermuihlich ,  um  sie  zu  erkennen,  wissen,  von  wem  die  IVlitihciiung 
berrAbrie,  nnd  yn*  ne  betraf.  Denn  et  uraren  «neb  dei*  Anfbewal^ 
mng  dieaer  Schnürie,  nach  der  Versehiededieit  der  Verwaltang^Eweige» 
versdiiedene  Beamte  vorgesetzt.  Ihre  Enicifferung  endlich  ^ar  künst- 
lich ,  und  sie  bedurften  eigener  Aush>ger.  Sie  scheinen  daher  im  All- 
gemeinen mit  den  Kcrbstöckcn  in  Eine  Klasse  zu  gehören,  allein  durch 
«inen  Grad  sehr  hoher  Vervollkommnung  künatliche  Mittel,  zuerst, 
tenemonischf  der  Erinnerung,  hernach,  wenn. der  Schlüssel  des  Zusamr 
«Mudiangea  der  -Zeicben  .mii  .dem  BeiieübMien.  bi^Mint  imr, .  der.  IMib- 
ibeilni^  ganresen  xn  iejinu.  .Ea  lileibi<  nur.  aweilelheft«  i*.lvcldMaa  Gnde 
«ie  sich  von '  anbiiicüven  Verabc^ungen  Jür  bestimmMb'tilid' genau  be- 
dingte  Fälle  zu  wirklichen  Gedankenzeicben  erhoben.  Dali  sie  beides 
zttgleich  waren,  ist  ofieuhor,  da  z.  B.  in  denjenigen«  durch  welche  die 


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üi&'  die  £ueh$labenschrifi,  18fi 

lUchter  von  der  Art  und  Heng«  der  verliitiglen  Besiniftmgen  Naebricitt 

gaben,  die  Farben  der  Schnüre  die  Verbrecfaen ^  die  Knoten  die  Arten 
der  Strafen  andeuteten.  Ob  aber  in  ihnen  aurli  ein  allt^emeinerer  Ge- 
dankenausdruck  muglicK  war,  ist  nicht  klar,  und  sehr  zu  bezweifeln, 
da  4ic  Verschlingung  auch  lurbiger  Schnüre  keine  binlanglicbe  Mannig» 
faltigkeit  von  Zeichen  zu  gewahren  ecbeint.  - 

Dagegen  lagen  i»  ^cser  Kunst  der  Knotensebnfire  -vidleidit  be- 
sondere Methoden  der  Gedachinilshulfe  oder  Mnemonik,  wie  sie  eucli 
dem  detsisdien  Aiterthum  nicht  firemd  waren.  Diese  scheinen  bei  den 
Peruanern  wirklich  üblich  gewesen  zu  seyn.  Denn  es  wird  er/idili,  dafs 
Kinder,  um  ihnen  TOn  den  Spaniern  miigetheilie  Gebetsformcln  zu  be- 
halten, farbige  Steine  an  einander  reihcten,  also,  nur  mit  anderen  Gegen- 
Stünden,  dn  den  Rnoienscbnfiren  ibnliches  Verfahren  beobaehteten.  In 
dieser  VorauMeunng  waren  die  Knotenadinfire  allerdings  Schrifi  im  weit- 
läufigeren  Sinne  d^  WorU,  entfernten  sich  doch  aber  sehr  von  diesen 
BegriflT,  da  das  Verstandnifs  bei  der  Mittbeilung  in  der  EAlfernimg  auf 
der  Kenninifs  der  äufsercn  Umstände  bei-ubte,  und  wo  sie  ru  geschicht- 
licher Lieberlieferung  dienten,  dem  Getlachinifs  doch  die  hauptsächlichste 
Arbeit  bli|;b,  der  die  Zeichen  nur  zu  Hülfe  kauien,  die  Fortpflanzung 
mfindUcher  Erklärung  binzau«ien  mnbte,  und  die  Zeidien  niclu  eigenip 
Udt  und  vollständig  (wie  es  die  Schrift,  wenn  nur  der  Schlüssel  ihrer 
Bedeutung  gegdien  ist,  dodi  thnn  soU)  den  Gedanken  durch  tidi  sdhst 
aufbewahrten . 

Mit  Sicherheit  lüfsi  sich  jedoch  hicrühfr  kein  Urlheil  fallen.  Ich 
bin  auch  nur  darum  in  die  vermuihliche  Deschallenlieii  dieser  Knoten- 
schnüre,  von  welchen  sidi  noch  im  Torigen  Jahrhundert  einer  (aber 
ein  Mezicaniseber)  in  der  Boturinischen  Sammlung  befand»  eingegangen, 
um  zu  seigen,  auf  wdche  Weise  die  Vdlkor  AmeriLa*s  die  doppelte  Art 
der  Zeicljen  kannten,  zu  wdcber  alle  Schrift,  wie  sie  seyn  may,  ge- 
hört, die  durcli  sich  selbst  verständliche  der  Bilder,  und  die  durch  wiü- 
tührlich  für  das  Cedächtnifs  gebildete  Ideenverknüpfung,  wo  das  Zeichen 
durch  etwas  Drilles  (den  Schlüssel  der  Bezeichnung)  an  das  ikzcichnete 
erinnert.  Die  Untenchddung  dieser  hdden  Gattungen,  die  da  in  einan- 
der iU>ergehen,  wo  die  allegoristrsnde  Bilderschrift  auch  ihre  unmiltd 
baie  Verstsindlichkeit  anfgjebt,  und  die,  dar  Muse  nach,  und  Im  ForU 
m$t.  fhOol,  Klß»t«  1834.  .An 


186 


schreiten  willkührlich  scheinenden  Zeichen  zum  Theil  iirsprönglidi  Bü- 

der  waren,  ist  nber,  und  gei-ade  in  Rücksicht  auf  die  Spnulie.  von  er- 
heblicher Wicbti^Leii|  wie  man  an  der  Meucanischen  und  Peruanischen 
zeigen  kann. 

Die  Mexicmischeii  Hieroglyphen  betten  einen  nicht  geringen 
Grad  der  Yollkommenheit  erreicht;  sie  bewshiien  olßnliar  den  Geden- 
ken durch  sich  selbst,  da  sie  noch  heule  versiütiJIich  sind,  sie  tratet^ 
schieden  sich  :ui(h  bisweilen  deuilich  \on  hlofscn  Bildern.  Denn  wenn 
auch  z.  B.  dc.i'  Ik'i^i  iir  der  Eroberung  in  iUnen  meistcniheils  durch  den 
Kampf  '/.weiei-  KiifgLT  voi "^Lsicllt  wird,  SO  findet  man  doch  auch  den 
sitzenden  Künig  inil  seinem  iNamens^'ichen,  dann  Waflen,  aU  Tropheen 
gebildet«  und  das  Sinnbild  der  eroheiten  Siedl,  weldiet  unsammenge- 
nonmen  die  deutliche  Phrase:  der  König  eroberte  die  Stadt»  und 
eine  viel  bestimmter  ausgedruckte  ist»  als  die  berühmte  Saiiiscbe  In- 
schrift, die  als  die  einzige  angeführt  zu  wei-den  pflpj^t,  %vo  sicli  in  dem 
Zeugnifs  des  Aitertbums  zugleich  Bedeulung  und  Zeichen  erhallen  ha- 
ben. Man  sieht  auch  aus  dem  eben  Gesagten,  dafs  es  niciit  an  Mitteln 
fehlte,  auch  Namen  zu  schreiben,  and  man  daher  auf  dem  Wege  war, 
Lautzeichen  in  der  Art  der  Chinesischen  zu  besitzen.  Dennoch  ist  sehr 
sn  beewdleln,  ob  die  Meaticenisdie  Hieroglypbik  jemab  wahre  Schrift 
gew<wden  ist. 

Denn  wahre  "Schrift  kann  man  nur  diejenige  nennen,  welche  bo* 
stimmie  VVöner  in  besiimmier  FoIu;(!  nndciiiei ,  was,  auch  ohne  Buch- 
staben, durcii  Begrili'szeiclien ,  und  selbst  durch  Bilder  möglich  ist. 
Nennt  man  dagegen  ScbHI^  im  weitläuligsten  Verstände  jede  Gedanken- 
Milibeilnng,'  die  durch  Laute  geschieht,  d.  b.  bei  Weber  der  Sdirei- 
•bende  sich  Worte  denkt,  uod  tfvdcbe  der  Lecende  in  Woiie,  wenn 
gleich  nicht  in  dieselben ,  übersetzt  (eine  Bestimmung,  ohne  die  es  gar 
keine  Gränze  zwischen  Bild  und  Schrift  geben  würde),  so  liegt  zwischen 
diesen  beiden  Endjiunkten  ein  weiter  Raum  für  mannigfalligc  Grade 
der  Schrifivüllkommenheit.  Diese  hangt  nemlicb  davon  ab,  inwieweit 
der  Gebrauch  die  Beschafihnheit  der  Zeidien  mdir  oder  ipeniger  an 
bestimmte  Weiter,  oder  auch  nur  Gedanken  gebunden  hat,  ond  mitbin 
die  BnlzinTerung  sich  mehr  oder  weniger  dem  wirklichen  Ablesen  ni^ 
bert,  und  in  diesem  lUum,  ohne  den  JBegnif  wahrer  Schrift  w 


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ülier  die  Buchstabenschriß, 


187 


vm^ien,  allein  auf  einer  Stufe,  die  sich  jetzt  nicht  mehr  besiimmen 
lafst,  scheint  auch  die  Mexicaiiische  Hieroglyphcnschrifl  stehen  geblie- 
ben zu  spyn.  Ob  man  t..  13.  Gedichle,  vun  welciien  es  bemlimic  und 
naraentlicli  aageführle  gab,  hiero^yphisch  aufhewabi-en  konnte?  da  die 
PiMsie  einmal  UR^wtiiemifUdi  an  be»timmie  Worte  in  be«timinter  Folg» 
dnrch  iltite  Form  gebunden  isl«  lafst  «ich  jetzt  nicht  mehr  entedieiden. 
Wer  e«  nicht  ni8g{lieb»  so  Wanden  sich  die  Pemaner  hierin  in  einer 
Toi'lhciihafteren  Lage.  Denn  eine  Schrift,  oder  ein  Analogon  dersd- 
bcn,  das  nicht  die  GegensianÜL'  selbst  darstellt,  somlern  mehr  innerliches 
Gedächtnifsmiiiel  ist,  kann  sich,  wenn  auch  wenij^cr  Aihig,  auf  ein  an- 
deres Volk,  oder  eine  entfernte  Zeit  ui>t:rzu<>eben ,  der  Sprache  ganz 
genatt  ansoblia&en.  Indeft  darf  man  freilich  nicht  Tergeisen,  dab  ein 
Volk,  wdchcs  eieh  einer  loichen  Schrift  in  solchem  Sinne  bedient, 
nicht  sowohl  wirkliclt  eine  Schrift  besitzt,  als  vielmehr  nttr  den  Zu- 
stand, ohne  Schrift  auf  das  blofse  Gedüchinifs  verwiesen  zu  seyn,  durch 
künstliche  Mittel  in  holiera  Grade  vervollkommnet  hat.  Das  aber  ist 
gerade  der  wichtigiite  Unierscheidunijspunkt  in  dem  Zusunde  mit  und 
ohne  Schrift,  dafs  in  dem  ersieren  das  Gedächtnifs  nicht  mehr  die 
Hauptrblle  in  den  geistigen  Bestrebungen  spielt. 

Welches,  indaf»  auch  die  Vonnge  ond  Nacfathefle  jedes  dieser  bei- 
den Schriftsjsteme  seyn  mochten,  so  genügten  sie  den  Nationen,- wdche 
sie  sich  an!»eeii;net  hatten;  sie  hatten  sich  einmal  an  dieselben  gewöhnt, 
und  jedes,  vorzügiicli  aber  das  Peruanisclie ,  war  sogar  in  die  Verfas- 
sung des  Staats,  und  die  Art  seiner  Verwaltung  verwebt.  Es  isi  dahor 
nicht  ahzusdien,  wie  eins  dieser  Völker  von  seihst  auf  Bocbstahenschrift 
gekommen  seyn  würde;  die  Möglichkeit  liifst  sich  allerdings  nicht  b» 
Streiten.  Das  Beispiel  Aegyptens  aelgt  die  nahe  Verwnndischafl  von 
Laut- Hieroglyphen  und  Buchstaben  und  aus  der  graphischen  Darstellung 
der  Verschlini-nngen  der  Knoienschnüce  konnten  Zeichen  enlsielten,  die 
in  der  GesiuU  den  Cliinesisciu'n  i^hcljcn,  sich  aber  phonetisch  bebandeln 
lieisen.  £^  haue  aber  daatu  eine  aiudiclie  geistige  AulHge  gehört,  als 
die  Aegypiier  schon  so  frOhe  vcrrietben,  dafs  anch  die  «lieiie  Uebet^ 
liefernng  sie  nns  mdit  enden  darstellt,  nnd  es  ist  allemal  ein  nngnnsd- 
ges  Zeichen  -für  die  künftige  Entwicklung  einer  Mation,  wenn  sie,  ohne 
daCi  jene  Anlage  sogleich  ans  Licht  tritt,  schon  einen  i^n  bedeutendca 

Aa  2 


188 


HtmaoLDT  flfor  die  Buckstaiensehrift, 


Crnd  der  Cultar,  und  so  mannif^fnclie  und  fesie  gesellschaftliche  Formell 
rrn  icht,  als  dies  in  Mexico  und  Vai  ii  der  Fall  war.  Vermmhlich  hätte 
man  sich  in  heiden  licichen,  so  wie  heute  in  China,  den  Gebi-auch  der 
BochtulMiucbrift  aiuinidimen  geweigert,  weno  er  aicb  fffeiwülig,  und 
nieht  auf  dem  nöthigenden  Wege  der  Eroberung  dargoboun  baue. 

'So  wie  ich  versucht  habe,  bei  den  grammatischen  Formen  sn  ael- 
gen,  dafs  auch  blofse  Analoga  ihre  Stelle  vertreten  können,  ebenso  ist  es 
mit  der  Scbrifi.  Wo  die  wahre,  der  Sprache  allein  Rnt^pmessene,  fehlt, 
können  auch  siellvertrelcnde  andere  alle  auTseren,  und  bis  auf  einen  ge- 
vrissen  Grad  auch  die  inneren  Zwecke  und  Bedürfnisse  befiiedigcn.  JNur 
die  eigentfaümlicbe  Wiriiung  jener  wahren  und  angemeiaenen,  ao  wie  die 
eigenthfimliche  Wirkung  der  achten  gramroatiadaeo  Form,  kann  nie  und 
durcli  nicliis  ersetzt  werden;  sie  liegt  aber  in  der  inneren  Auffassung 
und  der  Behandltmg  der  Sprache,  in  der  Gestaltung  des  Gedanken,  in 
der  Individualität  des  Denk-  und  Empfindungsvermögens. 

Wo  jedoch  solclie  stellvertretende  Mittel  (da  dieser  Ausdruck  nttn> 
mdir  verständlich  seyn  wird)  einmal  Wursel  gefafst  hd)en,  wo  der  inatine^ 
attig  in  der  Nation  auf  das  Beaserc  gerichtet«  Sinn  niebt  ihr  Emporkommen 
verhindert  bat,  da  stnmpfcn  sie  diesen  ^un  noch  mdir  ab.  eibalum  iha 
Spradl'  und  Gedankensystem  in  der  falschen,  ihnen  enuprecbcnden  Ricb> 
tung,  oder  gehen  ihm  dieselbe,  und  sind  iiiclil  mehr  zu  verdrängen,  oder 
ihre  wirkliche  Verdrängung  übt  nun  die  ei  svm  lel«-  lieiisaine  Wirkung  viel 
schwacher  und  langsamer  aus.  Wo  also  die  Ikichsl.abcnschi'irt  von  einem 
Yolke  mii  fivndiger  Begierde  ergrilfMi  und  angeeignet  werden  toll,  da  mula 
sie  demselben  fi-Ob,  in  seiner  Jugendfriscbe,  wenigsiens  au  einer  Zeit  dar» 
geboten  werden,  wo  dasselbe  noch  nicht  auf  künltllichem  und  mühevollem 
Wege  eine  andere  Schrifigatlung  gebildet,  und  sich  an  dieselbe  gewöhnt 
bat.  Noch  weil  mehr  wiid  die.«»  der  F»!l  s*"yn  müssen,  wenn  die  Buch- 
stabenschrift aus  innerem  IJediii  fnifs,  und  «ei-adezu  ohne  duich  das  Me- 
dium einer  anderen  hindurclisugeiien,  erfunden  wei-den  soll.  Ob  dies  aber 
wiriJicb  jemals  geschehen  seyn  mag,  oder  so  unwabrseheinlicb  isl,  dals 
es  nur  ab  eine  entfernte  Möglichkeit  angesefa«B  werden  darf?  darauf  be> 
balle  ich  mir  vor,  bei  einer  .anderen  Gelegenheit.  awüfik«ukbmman* 


f 


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Geschichte  des  Peträischen  Arabiens  und 

seiner  Bewohner. 

Von 

H™-:C,  RITTER. 


[GclflMB  in  der  Aladenk  der  WimaMiUftea  «ai  &  JuU  1824.] 

Im  ADgemdMO  tind  Se  GvensgebiM»  dar'LnidfdHiften,  wenn  vom 
«nf  die  AushfeiiBiigen  dw  betomdern  Raiehe:  nad  der  «niebien  Vollung 
•ebaften  im  MorgenUmde  sielu,  ^treniger  bekannt  geworden  als  ihr» 
mittlern  Gebiete,  wenn  schon  in  Hinsicht  der  beiden  oufsereuropäischen 
Erdtheiie  der  Alien  Welt,  im  Ganzen  genommen  die  entgegen  gesellte 
Erscheinung  hervortritt,  da  uns  ihre  beidersei Ligen  Mitten  fast  noch 
^inzlich  unbekannt  geblieben  sind. 

In  der  poUiieehen  and  ethnographistiieii  Gesialning  ihrer  Baupt- 
iheäe»  'uimlieh  der  Steetengebieie  and  meciiiedeneii  Völker^ebieie, 
findet  dus  Gegenihdl  etau  —  anders  wie  in  dem  jdn§em  Westen  der 
Allen  AVeli,  wo  dagegen  die  Fesisiellung  der  Begrenztmg  «■ine-?  Lnndps 
nnd  Staates,  seinen  rniunlichem  Körper  und  C»!ipdf'rn  nnrli.  v  ui  dem 
Entstehen,  und  seinem  Daseyn,  Wachsen  und  Werden,  kaum  mehr 
getrennt  gedacht  iftrden  kann.  Nicht  so  im  Morgenland e ,  wo  die 
gröbere  Zahl  der  une  belumni  gewordnen  Geadiiebtoi  der  anfeinander 
Mgenden  Uemchafton,  in  deir  ällcMien,  in  der  mitderen  Zeil  and  selbit 
in  den  neueiti  Jahrhondenen ,  uns  raililos  lüfst,  'wenn  wir  nach  den 
genauem  Grenzbesiimmungen  der  Lander  und  Staaten  iiui^cn,  ohne  dafs 
darum  doch  ein  wesentlicher,  wenigstens  bisher  noch  nicht  gelühlter 
Hangel  iu  den  Geschichten  derselben  hervorträte. 

De(jegen  ist  et  die  Mitte  der  Staatengebieie  und  der  YSlkerlieinuiP 
-welhlie  dori-ait  gröfaeier  BesiimmUielt  henportriit,  «nd  aoeh  ein 
helleres  Licht  über  alles  ihr  Zugehörige  Teribreiiet;  doch  nicht  lowal 
die  räomliche  Jlitte>  fvdche  «idh  dnrcbLia^«  und  BMilen-GnHlft  hc- 


190 


Ritter 


Btimmen  läfst,  sonf^orn  vielmehr  diejenige  Erdgegend,  die  ihrem  ursprüng- 
lichen OherfLichen -Charakier ,  oder  ihrer  physikalischen  IJlldung  und 
organiftcben  ßelebihcii  nach^  den  müchlig^l^n  Eintlufs  gewinnen  mufste 
auf  die  Anregung,  EntiKricklung  nnd  Ausbildung,  «owöl  ihrer  jedesauh 
Ilgen  Bewohner  im  ZuHande  devtC'grGGMrki  Empfünglichkeit  für  Stator' 
dnflflsae,  weldie  mit  dem  Foriechritt  der-Kuliur  eine  immer  mehr  und 
mehr  abnehmende  ist,  wie  auch  auf  die  GesialuiDg  ihrer  änfceiiidien, 
bürgerlichen  und  politisch -gcsfUij^cn  V(m  liäluiisse. 

Wir  können  eben  diese  M  iit  [punkie,  vou  denen  die  einen  weitern 
Umkreis  gestaltende  Euuvickiung  ausging,  die  physikalische  Mitte  der 
Lander  und  Volker  nennen«  welche  nidit  «ekenr  wie  s.  B.  für  Aegypten 
int  IVilihale,. -iniMero^^  Thebi»  Hemphii.  asit  der  Uiloriaohen  Mille 
cusammenfallt,  nämlich  mit  derjenigen  Oerllichkeit,  weiche  als  die  eiii> 
•cheidende  in  das  historischhedeaieode  Leben  der  Völker  individuell 
einf^reifi ,  auf  welclier  auch  die  dauerndsten  Denkmale  ihres  hohem 
Kulturlebens  sii;li  gestaltet  und  ihre  Zeil  (überlebt  m  haben  pflegen,  wie 
S.B.  im  alten  Persis,  dagegen  anderwärts  eben  so  oft  der  Unterschied 
beider  Verhülinisse  furti  findet,  wie.bci  Critehdn.und  Inctora  die  Mi»* 
anmente  ihrer  BlSiheKeit  kciaesweges  de»  Lokale  der^Wi^e  ihrer  volke- 
tfailmlichen  Entwicklung  bezeichnen. 

Die  rJnterselieiclung  dieser  dreifachen  Verhältnisse,  ördichcr  Na- 
turthaii;,'kfi»pn  tinr!  üircr  Einwirkungen  nach  Milte  und  Grenzen  (der 
räumlichen,  pliysikalischen,  historischen),  die  bald  in  gemeinsame  £rd- 
tjnme  »UMmmenCallen,  bald  wcitauseinanderröcken,  unil  ihren  Buiflnft 
dum  verdoppehi  und  steigern ,  oder  durch*  Ihre  Ahaonderung  besdiraiK 
fceuy  ähSmitem,  flba^reifeh  und  uin%v«ndcln,  dieae  wii^  überall  noib^ 
wendig  Myn»  wo  »olche«  hiftorischt^eographtfche  Ersiehdoungen  genaniAr 
erwogen  werden  soltf-n  ,  zu  denen  aticl»  jene  tuerit  angeführte  Bemer- 
kung i:f*!iorl,  die  Iiier  nur  an  eins  derjenigen  örtlichen  Verhältnisse 
erinnern  sollte,  welche  auf  dem  Boden  Arabiens  besondei-s  heaciiiet  £U 
werden  verdienen,  und  an  den  vielerlei  fremdartigen  gehört,  durdfc 
wdebe  daarMoigenland  eidt  wesentlich  vom  Abendland«  tiniereefaeidei. 

Nicht  etwn  Unit  die  bekanMa  Sitte  manieber  morgenländisdier  Ge- 
waltbaber  alter  und  neu^r  Zeit,  die  Grimigebiete  ihrer  Reiche  ab- 
richtlich  SU  aerMfircn.«  nm  mii  Wuetenaten,  dl  eo  vielen  aichem  Hing» 


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Mur  Geschichte  des  Petraitchen  ^raHens. 


191 


ihre  S4aai^  xu  mitgeben  ,  Isiina  »)9  die  Ursache  jener  Unbe* 
Slimmtlicit  und  unserer  liisiorisclten  TJnkcnninife  gewisser  Grenegcblete 
angesehen  werden,  obwol  sie  öficr  gnr  sehr  7uv  Vci  mcliriing  dieser  Un« 
kenntnifs  durch  ganz  Asien  beiti^:  denn  in  vit'ien  Gegenden  haben  wir 
auch  keine  hinreidieBdeii  Bäwdfe  iur  ei»  aoldiei  poUtiMhct  Yerbbrai, 
^laudi  tdbii  suwciko  bri  -Römern  r<(iNni  Kaiser  Deciiis  ^49  bii  351 
Ckim»»\Jleat.)  gegan  Amber,'  aber  fatluttablaMig  bei  Ininiern  gegan 
Turanier  und  Andorn  statt  fand-,  wie  es  bei  so  viden  BBÖngoliscbMi 
Völkern ,  und  heute  noch  svfiacbea  Tärken  und  Persern  aUgemein  im 
Brauche  ist. 

Der  Grund  dieser  Erscheinung  des  räumhch  Unumgrenzten  liegt 
frol  tiefer  in  den  gana .  Yerachiedenen  Verhaliniisen  nnd  den  Yerbiii'« 
dnngen  der  Elemenie  der  Staatenbildniig  in  den  Morgen-  niid  Abend» 
Ländern,  \to  in  diesen^  mebi-  auf  den  Besitz  des  Grundeigcmhums  und 
dessen  r^Ieiclimäfsigen  Ertrng,-daa  Wohl,  die  Dauer,  die  Sicherheit  der 
Staatseinricbiungcn  im  allgemeinen  gepriindtt  ist,  dort  aber  mehr  auf 
der  mögiiclisien  Hewcghchkeit,  Hiindliahnn^  und  Kichtung  der  Kräfte 
für  die  oft  wecii&ehiden  Zwecke  und  iiedürfnisse  des  Hei'rschenden  in 
Krieg  oder  Frieden  berubu  Das  Bedurfnifs  besümtnter  IjanderlMgren-- 
snng  tritt  doit  als  untergeordnetes  sorAckf  wo  die  Grente  nur  als 
Hemmung  erschwnt,  nnd  diese  mit  der  Macht  und  dem  Wacbsthum, 
oder  dem  Untergänge  der  Stümme,  aoeh  xo^eicfa  jedeamal  sich  natürlich 
erweitert  oder  vc-rschwindet. 

Wo  die  Entwicklung  der  Stamme  im  Fortschreiten  ist,  da  kann 
keine  Staaiengrence,  keine  Eigenihamsgi'cnxe  für  dauemde  Verhiltnisse 
bestimmt  werden,  wiO'Umgekebrt,  wo  |ede  Grenze  des  Besiizdiunis  am  Bo* 
den  bestimmt  und  aligemesaeiK  ist,  das  persionliclM  Wacbsibum  der  Vol^ 
kersiämmc  nidu  im  raschesten  i-'orischriit  der  Entwickhing  bestehen  itann, 
sondern  durch  andre  Umsi;inde  und  Vcrliidinisse  beschiänkl  wird. 

"Bei  keinem  Volke  treten  diese  Verlial misse  vielleicla  nacltweisiicher 
und  auffalleuder  in  den  Geschichten  und  beschwerlicher  in  den  Geo- 
graphica hervvr,  als  bei'  den  Arabern«  und  nirgends  sind  die  politi- 
aelMa  4uid!/gB0jp«))lMschen'  Grenäen  ihrer  LandscUifien-  durch' lange  Re»* 
hen  von  Jahrhunderlen  und  Jahrlausendcn  unbestimmter  gidilidien,  ab 
in:  dami  Aotdlicheoi Arabien,' «fagieieh  dieses  den  dtdsicn  Kadlurgsgenden 


193 


R  I .«  T  if  m 


der  Erde  am  h^rtarlibariesten ,  g^wissermafsen  durch  sie  eingeengt  lag, 
zwischen  Babjlonien,  Assjrien^  JPalasiina,  Aegypten,  dem  Arabia  Jetix 
und  Persien. 

Nidit  die  'Wüsteneien  ihrer  LSndergebiete  i»d  die  ünadie  dioar 
Eracbcinmig:  denn  genener  nmenneht»  findet  lidi  «frikaniacihe  oder 
Ydlltge  Unwirtbbarkdt  doch»  ei^tlich  nur  spttnaoi  «uf  dem  asiatischem 
Boden  der  Araber,  und  nur  sehen  sind  ibre  Stationen  nnd  Weidelager 

auf  Tafjereisen  weit  auseinandergerückt.  Auch  che  Rohheit  nnd  Versun- 
kenheit  der  dortigen  Völker  ist  nicht  die  Ursache  jener  Unsicherheit  der 
nähern  Bestimmungen;  denn  einslimmig  sind  die  Zeugnisse  aller  üeub- 
«diter  Ton  Niebuhr  rüekwartt,  und  Torwiru  bii  auf  die  neuetien  Be- 
ricbtersiatter,  dai«  nicht  leicbt  ein  ihnlidiee  "Volk  auf  der  Erde  naefasn* 
ireiten  «d,  bei  welchem  die  reinmeniddicbe  und  ächinationale  AnsbiU 
&mg  und  Entwicklung  des  ganzen  Menseben  wie  der  eigenthümlichen 
Civilisaüon  des  ganzen  Volks ,  alle  Stämme  in  Häuptern  und  Gliedern  so  . 
gleichmäfsig  durchdränge»  als  eben  das  Volk  der  ächten  Araber  von 
dem  Fürsten  herab  bis  zum  ärmsten  wandernden  Zeltbewohner. 

Audi  nidit  Uoft  dae  Wechteh»  und  Wandern  de»  NomadenldHSie 
auf  unwirthbaram  Sandboden,  kann  ab  die  alldnige  Hauptmiache  jener 
unbestimmten  Begrensungen  angesehen  werden ;  denn  im  ISnzelnen  sind 
unter  den  Stammcsf^liedcrn  und  Familien  die  Ländergrenzen,  in  sofern 
sie  gewisse  Gerechtsame  der  Benutzung  bezeichnen  .  scharf  ausgebildet, 
und  reichen  noch  weiter  hinaus  als  auf  das  blols  Oerilicbe  im  gewohn- 
licfaen  Süme,  und  dann,  so  ist  doch  liaum  irgendwo  an  du  ahtoluie» 
Wandern  oder  Umherirren  tsx-  denhen,  aondem  nur  an  ein  cyltliidiet, 
wo  dien  die  Wanderperiade  doch  auch  ihre  genaue  Zdt  und  Ondb^ 
elimmnng  bei  den  mehrsien  jener  Volkerslamme  erlangt  bat. 

Unter  diesem  allgemeinen  Einflüsse  der  Unbestimmbarkeit  der 
aufsem  historisch  »geographischen  Begrenzung,  liat  \or  allen  andern  Erd- 
räumen d^  Morgenlandes,  bisher,  das  nürdliclisie  Liemere  Driitheil  der 
ArabiieiMn  ^tbuisel  gestanden ,  das  sogenannte  Fetriieche  Arabien,  dat 
dttrdiauf  auf  kdner  untrer  Karten  eine  bestinmite  pbjsikalhdiei  oder- 
eihnograpbieeh-potitisdie  Begrensnng^inie  erhallen  konaie,  und  hd  alten; 
und  neuen  Schriftstellern,  obwoi  immer  unter  den  Drei  Arabien  aufge- 
fährt  imd  vielÜMli  besprochen,  von  den  SdmlUleileai  der  Heiligen» 


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cur  Getekiehio  du  Petniitchen  Atvbiau»  i&3 


und  Pra&a^eaoiiiditMt,  doch  inunaF  in  eiiier  frst  'pndidi  fomdoflen  Ge^ 
•talt  und  iLBum  bis  auf  einzelne  hellere  Punkte  im  Dämmerlicht  eracheiiit. 

Weder  das  Land  selbst  nocli  das  Verhällnifs  seiner  Bewohner  zu 
ihren  ganz  verschiedenartigen  dreifachen  Umgebungen,  ist  bisher  Ge> 
genstand  einer  volUtandigem  genauem  Uniersuchung  gewesen,  Mreil 
eben  diese  Erdge^cnd  den  unbestimmtesten  Grenzgebieten  dreier  nacbt 
banduifUi«diei*  LSndersysteme  zugerechnet  ward,  dem  Arabisdic&»  oder 
dem  Syriteben,  oder  dem  Aegyptischent  towol  von  Eroberern  vnd  Be* 
faemebem,  wie  von  Reisenden,  und  dien  dämm  «neb  toh  den  Schrifl- 
•tellern. 

Nicht  nur  r]ff«rr  Mangel,  sondern  vielmehr  die  historische  Selbst- 
ständigkeit und  VViciuigkeit  dieses  Elrdraums  auf  den  Grenzen  zweier 
ErdUieile,  swisdioi  da»  für  die  alicsie  Blensclien*  und  VöIker>Ge- 
sdiicbte  so  bedeutungSTolbm  Lfindem  A^Qrpt^t  Phöniden,  FsÜstinn 
nnd  Aiebien,  die  nicht  «dme  vennittdnden  Einflais  des  ilten  Nebetmt^ 
Landes,  oder  des  Peiräischen  Arabiens  bleiben  konnten,  wie  wir  schon 
für  die  allerHlicsten  Zeilen  aus  dem  Durchzuge  des  Volkes  Israel  er- 
fahren, machte  längst  eine  genauere  Kenntoills  dieser  Erdgegoid  wün> 
schenswerih. 

Nnr  in  sehr  terslieaien  Bmchüfieken  beben  nns  die  letalen  awei 
JabrlaaRcnde  über  Peiriia  Bericht  gegeben;  aber  sie  haben  an  Interesae 

md  Belehrung  ungemein  gewonnen,  durch  einige  «richtige  Beobach- 
tungen der  letzten  Jahrzchende,  die  uns  zur  Besliramunt;  von  Oerilich- 
keiten  verhelfen,  deren  Lage  für  die  Gesell ichten  Moses,  Davids,  der 
Ptolemäer,  der  Seleuciden,  der  ersten  Kaiipben  und  der  Kreuzfahrer, 
ivie  ffir  den  Weltverkehr  zwischen  Morgen-  und  Abendland  gleich 
iriditig  erscheini« 

0w  Nordeode  des  Golfe  von  Snm,  als  die  weitltdMte  Begrenatu^ 
des  Petniischen  Arabiens,  iet  awar  schon  durch  C.  Niebuhr  (1762) 
nnd  die  Expedition  der  Franzosen  in  Aegypten  (1800)  genauer  orientirt 
worden  als  vordem,  und  Iiiemit  hat  aiuli  die  Küsienbegrenzung  der  Pe- 
träischen  Halbinsel  durcii  englische  öchiifer  (s.  Dalryinple)  und  andie 
Landreisende,  eine  der  Wabrhcil:  tähm^  hamammAt  flichtnng  erhallen. 
Aber  der  kweite  laste- Grenqnmht  gegen  Bfoeden,  durch  die  Sfidende  dee 
Todien  Meeres,  ist  erst  weit  qwter,  duKeh  Seetsen  (IStO)  und  duidt 
Hut.  FMäai,  Klau»  iS24,  B  h 


194 


Blirk-baYd.t  '(fAli2«nDd  1816)  zu  iinsrcr  Keantnifs  gekoinmen ;  so,  da(üi 
sich  Ton  da  aus  nun  endlich  Vergleichungen  über  die  Züge  der  Völkev 
und  ihre  Ansiedluncen  c;c!jnn  den  Sütlen  ,  in  ft  iihern  und  s|);iit'rn  Zei- 
ten, mii  einiger  WniinsclH-mlichkeit  ansicUen  iasseu.  Aber  die  genauere 
Mlronomische  Bcslimmtmg  ii«s  idriilen ,  wtchügcn ,  nalürliciien  Grenir- 
punkte«,  «inljdi  4m  Httrcfeniiles  iftin  Golf  .'von:ilL«lM  doreh^di«  MeMuil- 
gen  de*  Tierien  dar  dculacbeii.  RaiiendBnt  di«  lieh  die  grSftioD  Yei^ 
dtebsie  um  die  Keantnifs  jener  Erdgegend  eiwarben,  duicli  Eduard 
Rüppcl  (fSi7  luui  zulcial  1822),  macht  es  nun  erst  möglich,  den  ei-sten 
Eiitwiii  r  zu  einer  Karte  des  Petrnisclieii  Aral)iciis  zn  \ersiirlicn  ,  und 
auf  ihm,  unter  der  grofsen  Zahl  der  äiieiiigen  Punkte  die»er  Landücijafi, 
diejenigen,  welche  von  dauernder,  geogrupbiadier  und  luetoriMdier  Ba- 
deutung  sind,  tdbti  neck  den  verdicnstvcJleik  Arbeiten  eines  W.  Vinoent, 
von  neuem  einer  Prüfung  »u  uniierwei'fen,  und  diesen  Erdraum  nedi 
•einer  :gansen  geographiadb-bidorisehen  Eigenibamliehkeit  in  das  Auge 
zu  fassen.  Doch  müfste  einer  •;r>1clien  Arbeit  er«t  chio  C(schichle  der 
ErdgL'gend  uiul  der  Scliicksale  iin  er  Hewohner  voriiergelien ,  die  uns 
bisher  feiilie ,  um  dadurch  den  Uuifaiig  der  Quellen  und  htslorischea 
Fragmente»  «ut  denen  ihr«  genauere  Kenntnift  nur  allein  bwroigehem 
luNin,  benei^'KU  vr&^gen.  Ein  UeherUick  deraelben,  lo  fiej^mentarieck 
sie  auch  nui-  «eyn  kann,  -möchte,  andere  Gründe  übcf^pshend,  bier-nm  lO 
wünsciienswertlter  seyii,  da  'wir  durch  die  Sammlungen  unsrer  so  aus- 
geurrrhnptßn  reifenden  Niitiu'forscher,  der  Herren  Docioren  Eh rcn berg 
und  liemprich  hei  ihrem  wiedetholien  Aufenthalte  im  Hafen  von  Tor, 
an  dem  Südgcsiade  dieser  Halbinsel,  bald  neuen  Aufschlüssen  über  die« 
Mibe  eutgegenseboi,  da  die  duivh  dieselben  bedbeisusefaallende  Absdiiift 
des  Elm  Baiuta«  aucb  wol  übet*  diese  Lnndscbaft  wichlige  Bidebrtuitgen 
verheifst,  da  f^rncv  aucb  der  liandschrifiliche  Naäbliirs  Ton  Seetzen, 
der  liier  so  seil i'  ihati^  war,  Uns  bis  jeizl  immer  nocll  vor  enihallen  blieb, 
aber  doch  die  grölsere  Xbeilnahme  für  deuea  Bekaonunachung  böehat 
«rünschenswerib  ist* 

■  Dse-ZusauMneiMalkaig  lOicl  -«ried«rholie.Prfifiing  des  Yrnhatge^par 
gSHsn.  und  -fattbfir  bebaimt  Gewordenen  -kami  «ur -ErtaMseunf  «Her  .nach« 
folgenden  iBencbte  inunerbin  Einiges  buiüay,  ^o  inocb  in  Gemen  -tft 
Weuigte  m  4der  fescbcbcki  isti  . 


^- — ,  L_,  V.J.  ^^le 


zur  Geschickte  des  Petmachen  Arabiens. 

Sehr  sparsam  »ind,  aufser  den  historischen  Schriften  des  Ahen  Te«U* 
ments,  weltlie  das  Volk  Isi-ael  durch  die  Pelräische  Halbinsel  hegleiten, 
die  Nachrichten  der  Alten  über  diese  ganze  Landscliaff,  denen  das  seit- 
wärts {^ejegsoe  innere  derselhen  fa&t  uubcLaiuii  bliub ,  da  seilest  dem. 
Herodol,  Ton  4«r  OwMiie  Aegypten«  und  dtMtigea  Me6i*flS8e8lft» 
den;  duieli.  die  PrieMer  dci  NililieU  keina  besondre  Aufilamiig  su  Theä 
ward,  eb  nur  das  Dawyn  eines  vierzig  Tagereisen  langen,  «rahiadieil 
Meerbusens  (Hei'od.  II,  11).  Einige  KüstenpunLte  und  Linien  sind 
durch  ein  pam*  alte  Periplen  ungefähr  hesclirieben,  durch  den  des 
A^^aüiarcliides  auä  Cuiduü  (120  a.  Cbr.  n.)  und  dea,  dem  Arrhian  zu- 
gesclii'iebenen,  aus  dem  er&ten  Jahrhi^idert  nach  XlUrislo.  Diu-ch  ein  paar 
Geographen  und  nur  noch  sehr  unMireicbende  N^än^ebten  Ton  der  Süd* 
aeiie  her.  gelben«  durch  Breto«ihenet  (G.200a.Ch.n.)' Artemidom« 
von  Bpheens  (clOO  a.Chnn.)  und  durch  deren  BericUiersuiter  StrabOy 
Diodor  und  Piolemiius,  ^veUlje  letztere  dort  nicht  bekannt  waren, 
aber  diesen,  jedoch  uucli  noch  einigen  undern  Nachrichten  loli^ien,  die 
•ie  ztun.  Tbeil  aadersi  wieder  gegeben  hüben ,  oder  die  uns  doch  mit^ 
ttnicp  entttdlt  nh«r]ieCKtAr4rden*,  t«ie  die^-tich»  thcüweise  wepigsiens» 
«na  der  PielenÜsdien  Tafel  des  Arabisdiea  Meerbuaent  ergiebt. 

In  dat  Innere  d«  Landes  führen  uns,  die  Nachrichten  derlmiel^ 
tan  ungerechnet,  zum  ersten  male,  die  Kriegsberichte  des  Diodor  Tim 
den  Feldzügen  des  Antigen us  gegen  die  Nabntäer,  nach  Alexanders 
Tode,  die  er,  den  ersten,  dem  Athenaiis,  den  zweiten,  seinem  Sohne 
Demetrius  Polyorketes  auftrug  (cw.310a.Chr.n.).  Diesen  letztem  be* 
•ehrdbeu  Diodor  SicnL  (<)  und  Plutarch^.  im  L^ben  des  Dem-eiriuti 
mm.  miem  cprioht  nor  Brodor  allein.  Beide  gingen,  nach  einem  Orte, 
der  hier  zum  ersten  male  Petra  (u>  rn*  Iltt|aVi  eine  starke  Vcste),  als 
die  der  Nahatüer,  im  Süden  der  eroberten  Proviux  Idumaea  ('ljou^<ua( 
irru^xldi ;  Epurehie  und  Sairiipie)  genannt  \vird.  Dieses  Petra  lag  drei 
Tagereisen,  zu  denen  Alhenau&  auch  die  Nächie  hinzu  ualim,  ab,  von 
dem.  Qrle  Ton  wo  A|h«niue^  «lucoga  wi«  Diodar  sagt:  de^-  Weg  dar> 
bm  ging,  durch  botchwerliche  fnoeerkia»  .G^g^nden.  Die  bdwuiere. 
Inndichaft,  dmeen  Herne  aber  uiehi  gena«^^  winl,  war  sw««  TagereiMB» 

.  (r)  Diad ac  ftionl.  X.  XUi«.  tdt  L^Uf^yßMiinHtni.  fol.  7ai(^.  722), 

ßb  2 


196 


R  t-'i  T  B  A 


davon  entfernt ;  dabilk'  hatten  die  Nabntäer  sich  zu  einei*  grofsen  Festfeier 
(rianryij^i'r)  beigeben,  und  ihre  Güter  in  jenem  Petra  (fV<  ti-o^-  llir^ae) 
zurückgelassen,  nch'it  Greisen,  Weibern  und  KinUern.  Der  Ort  war 
sehr  fest  üarch  semc  Anhulien ,  aber  ohne  Mauern  ;  es  ivar  eine 
ütedeHa^  von  Wethittch,  M^nlieo,  Aroimien  und  Metallen,  davoa 
Athen Su»  bei  idiieni  nfidiilicfa^n,  aber  nachnali  Ternng^flclLten  Uebei^ 
ftUe  eine  grofse  Beule  nebst  500  Talenien  Silbers  enifuhrle.  In  der  Mitte 
ihres  schwerzugiinglicbeh  Landes  halten  die  sor^jlosen  NabatSer,  die  an 
keine  Gefalir  <lnr!ilen,  nnch  keine  Wache  bei  ihrer  Bnrg  zurückgelassen. 
Aber  i^leicli  anfangs  durcli  EilbiKen  ilner  Feslfeier  von  der  Annälie- 
l  ung  des  Griecbenheercs  beiiachricbligi,  üus  aus  4Ü00  LcichLbcvvaiiaclca 
und  einer  gehörigen  Zahl  Reiterei  bestand,  vrarm  sie  aufgebrochen  Ten 
ihrer  Venanimliing  und  nach  der  ausgeleerten  Fcbburg  suittclifiekebn, 
TOn  da  aber  dem  schon  flüctitii^  f;ewiHdneD  -Feinde  in  die  Wüsie  ge- 
folgt; den  sie  auch,  200  Stadien  fem  von  ihrer  Barg,  in  der  Nacht, 
im  liefeii  Scl)l;if'e  iiberlielen,  und  bis  auf  einige  fünfzig  Reiter  -vernich- 
teien ,  die  grulsientheds  verwundet,  doch  noch  durch  die  Flucht  sich 
retteten.  Antigunus  iUan  grufse  Beute  zu  machen  ward  also  diesmal 
verdtdt,  da  die  ganze  Ünleraehorang  mifsLing  und  die  NalMtier  ihr 
entfdhnes  Bigenlhafli  wieder  gewannen. 

Da  Diodor  ausdrücklich  sagt»  dafs  Antigonus  diese  Expedition 
aussendete  nachdem  er  so  eben  Herr  von  Syrien  und  Phiinicien  gewor- 
den war:  so  ist  es  wol»l  möglich,  dufs  er  die  Kenntnifs  dieses  Petra 
und  seiner  Schütze  im  jNabaiäer  Lande,  nach  denen  er  strebte,  bei  den 
Phoniciern  in  Erfahrung  gebracht  hatte,  deren  Zwiscbenbindler  «hen 
dieses  Volk,  mit  den  sfidUcbeni  Anbiten  und  Aethiopien  bisber  gevrasen 
urar.  Die  Nahaiaer  treten  also,  «elbst  wenn  diese  Fekburg  auch  nicht 
das  berühmt  gewordene  Petra ,  sondern  niu-  eine  ndl^iche  Station  defl> 
selben  war,  doch  snyl  -iib  mit  dieser  Be{»eb(»nheit  in  der  Gc<;rhirhte,  in 
der  ^;\i\7.cn  Wichtigkeit  auf,  die  sie  in  illierer  Zeit  für  lyrische  und 
Judi&ctte  Beherrscher  hatten;  in  einem  Verhälinifs,  das  mit  den  Veraa- 
derangen nach  AlexandersTode  nadi  und  nadi  mehr  gestört  ward,  aber 
das  eben  daan  beitrug,  ihnen  ans  der  ehemaligen  Abhängigkeit  von  Pbö- 
nicicni  und  Syriern ,  zu  einer  Selb<9tandigkeit  in  Handel  und  Herrschaft 
zu  verheifen,'  die  sie  iräher  nicbt  hatten.  Dann  dien  damals  war  Tjme 


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Sur  Getehiekte.  de»  Petfäkehen  JmiieM*  197 

gelUleii,  Dm  Dcmeiriiia  Fddnig  ^egen  diese«  Petra  um  das  Jahr  310 
(i.Chr.B.)>  mAnfirag  seines  Vaters  An tigonus,  war  nur  eine  Wieder^ 

Hölting  jenes  ersten  unglücklichen  Versurlies,  bei  dem  AilifTiVius  <iem 
Leben  ein^rhtifst  hnT!<».  Opmetrius  s«n-  imi  weit  raebr  Voi-sichi  und 
Milde  zu  W  cikc.  Die  iSabaiaer  \eriiiei(ii^ien  ihr  Petra  mil  Tapferkeit^ 
und  der  Stididbeawiiiger  Demetrius  ging,  ohne  die  Vesta  eivbert  tu 
lieben,  su  der  nur  ein  einaiger  darch  Knnst  gemachter  Einfj^ng  ffihTte, 
einen  Vertng  mit  den  Nabaiaern  dn,  die  durch  eine  Geeandsdiaft 
der  Adtesten  an  ihn,  die  Geschenke  genau  besiimtnten ,  zu  denen  sie 
•ich  gern  verstehen  wollten,  um  nur  in  Friede  und  Freundschaft  mit 
Atttigonus  und  dun  Cäriectien  tu  bleiben.  Demetrius  zog  von  Petra 
300  Stadien  weil  fort,  und  schlug  sein  Lager  am  Aspbaltischcn  See  auf» 
den  Diodor  au  der  Eperdiie  Idumaa,  nimlich  seines  Vaiers  redinet. 
Pltttareh  sagt  awar,  Demetrius  habe  unermefsliche  Beule  Ton  den 
Nabatäcm  gemacht  und  700>  wahrscheinlich  beladene,  Kamcele  mitge- 
bmcbt,  Aniigonu»  war  aber  mli  dem  Gewinn  der  Expeditiori  nicht 
sonderlich  zufriodin.  Die  Lmsiiindc,  welche  Diodor  bei  Deraclrius 
Belagenuig  dieses  Petra  angiebt,  wurden  zur  Bestimmung  von  dessen  Lage 
benum  werden.  Es  »t  nnstreiiig  die,  Ton  Burekfaardt  snerst  eeik 
den  Kreossugen  wieder  besudiie  «teile  Febbnrg  Kerek,  Karac,  ('PskJ^ 
bei  Eusebius,  Charak  der  Römer)  in  Südosten  des  Todten  Meere», 
der  Bischofssitz  Battra  der  Laiincr.  Von  ihr  läfst  sich  in  zwei  Tage- 
reisen das  berühmtere  Petra,  dessen  Uel>errestc  Bit  rck  h  a  r  tl  i  in  Wady 
Musa  wieder  vorfand,  gut  erreichen;  und  an  diesem  hebauiern  und  be- 
wohntem Orte  wurde,  sehr  wahrscbeinUcb,  —  wenn  nicht  schon  in  dem 
etwas  nördlicher  gelegnen,  frnchibaren  Wady'Ghoeiyr —  die  Pianegjris 
gefeien«  Die  NabaUier  wurden  damals  von  den  Syriern  also  nicht  tui» 
terworfen,  und  scheinen,  da  ziunal  ihr  Hauptort  gar  niclit  berührt  war, 
auch  in  diesem  Zustande  der  lln;ib!iaTi'^'ii;keil  geblieben  z«  seyn  ('),  wäh- 
rend die  Piolemiier  das  nahe  Ar£,'Y|)ien  beherrschten.  Von  da  aus  wird, 
uns. wenigstens ,  keine  Kachrichi  zu  Theil ,  dafs  auf  dem  Landwege  das 
Petttiische  Aralneii  Ton  den  Aegyptem  angefeindet  worden  wSre.  Ans 
andern  Umstinden  nnd  einigen  dori  aufgefundenen  Denkmalen,  läbi  ei 


(i)  Dioa.  SicnL  X.att. 


i98 


R  I  T  T  B  B 


«icli  hingegen  wohl  sehr  virahrscfaeinlicli  machei»  dafii  m  dieser  für  den 
Handel  so  günstigen  Periode,  seihst  einzelne  Aegyptische  Colonien  sich 
allmabiig  dort  ansiedelten,  wie  ihre  Architectiu-cn  und  hleroglvphischea 
Inschriften  beweisen,  die  neuerlich  in  der  Milte  jener  Arabischen  Land- 
ichaft  bekannt  geworden  nnd.  In  dieae  Zeit  lallen  die  Beridtte  d<r 
PtolemSitchen  Schiffer  «nf  dem  Nordoide  des  Atahiadien  Maaihnaene» 
die  gleich  anfangs  genannt  worden  sind.  ^ 

Die  zwei  Feldzüge  der  Römer,  der  frühere  des  Aelius  Gallus 
unter  Octavianus  Augwstus  (im  Jahr  24  a.  Chr. n,)  ('),  Ton  demDio 
Gassius  irrig  meint,  dafs  es  der  erste  und  auch  wul  der  letzte  nach 
einem  solchen  Lande  sejn  werde,  und  der  etwas  spätere,  aber  glück- 
lidiers  dea  Gornelina  Palme,  unier'Kaiaer  Trajan  (fOSn.  106/». Obr.»., 
im  Anaang  dea  Dio  Gaaaina  im  Xiphilin  68. 14  td.  HsManu)  ('),  nadi 
dem  Petvütachen  Arabien,  geben,  der  erste,  wegen  aeines  unglücklichen 
Ausganges,  der  leuie  weil  wir  nur  den  Auszug  von  DioCassius  Er- 
zaliluriL'  besitzen ,  weniger  lielebreudes,  als  man  halte  erwarten  sollen,  da 
es  öirabu  ist,  der  den  Bericht  seines  Freundes,  des  Feldherrn  Gallus, 
giebi.  Faat  aind  ea  nur  Klagen  ^»er  dort  «nageaiandene  Noth  und 
adiwerden,  weil  die  Rfimer.  über  die  Art  ia  den  EuiSden  AmIweBe  den 
Krieg  zu  führen  noch  in  der  gröfsten  Unwiaaenheit  wai*en,  und  so  gpinz  auf 
die  Leitung  der  dortigen,  wie  sie  sagen,  treulosen  Bundesgenossen  sich 
verliefsen,  ein  Name,  den  ihnen  die  Römer  gaben,  seit  Julius  Cäsar  in 
Aegypt<m,  mit  Hülfe  Nabaliiisciiei  Reiterei,  Alexandria  belagert  hatte. 

Dtn  Mangel  näherer  Erforschung  und  Bekannlwerdens  jener  Pe« 
«rifiachen  Landadutft,  die  fdr  den  iliem  Handel  ao  widuig  gewesen  wer, 
bleibt  in  jener  Zeit,  Ua  auf  Galtua  Espedition,  immer  anfialknd,  und 
zeigte  sich  wobl  eben  darum,  weil  n  aobon  Alexander  d.  Gr.,  dem 
Entdecker  des  Morgenlandes,  nielit  f;eliingen  war,  wie  die  persischen  Ge- 
stade diiicb  INearch,  so  auch  die  Innern  Gestade  des  Arabischen  Meer- 
busens durch  Hiei'o  von  Soli,  den  Cilicier,  erforschen  m  lassen,  den 
er  ku»  Tor  seinem  Tode  beauftragt  haue ,  mit  seinem  Ruderscbülie  .die 
Aaebiacbe  Halbinael  an  umlebren,  Tom  Bnpfamt  bis  aur.  Meenabocht 

 ,  :   ; 

(i)  Die  Cassitts  L.  53;  9iQ.  ead  8  trabe  XVI. 

(a)  Dio  Cassi es  «f.  Bumanu,  JbM*.  1752.  T.  ILjM  1131. 3. 


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zur  Gesdtwhte  ä*s  -Pelnüsvhen  Arabiens.  109 

TOD  Heroopolis  gegen  Aegypten  hin.  Denn  dieser  kehrte  bald,  Mrie 
Arrhian  erKÜbli  (de  Exjied.  y4lex.YU..2ü) ,  oischreckl  durch  die  Gröfse 
des  Arabischen  Chefsnnesiis  .  der  nirlit  £jprir|ger  sei  als  der  Indische  an 
(Jmfaug,  KU  dem  Hnphrat  zurück,  und  auch  dieser  Entwurf,  wie  alle 
•ndem,  welche  Alexander  wegen  der  Erfoswhung  in  Beziehung 
AnbieiM  ftmMlii  halte,  UiiAb:  uwakgAfilhrt. 

Wimi  fo  nanche  wlofen.  ^eguigjene  Werke  am  de»  Zeiten  der 
Piolemaer  Konige  gerettet  woitien,  so  würden  wir  vielleicht  über  Pelräa 
mehr  Aufklärung  erhallen  habon.  Ptoleniaus  Philadelphus  (273-247 
8.  Clir.n.)  liefs  durch  seinen  FJoi  cnrülirer  Timostheaes  auch  den  Ara- 
bischen Meerbusen  beschiiien  um  liin  zu  erforschen  und  zu  beschreiben^ 
dalii  dieier  aeiion  «üiige  AufmerJmuakeit  auf  dw  Kiifieii  Petriiaf  var- 
nandte,  lelieD'wir  aus  den- wöiigen  Fragmenten  die  Eratotibenes  und 
Plinius  aufbewalirt  haben ;  doch  ist  es  gcwifs,  dala  ^läieriiill  die  iunai* 
handelsreiche  Landschaft,  ihnen  noch  wiciitigcr  wainl. 

Die  Ptok-macr  hoben  gleich  anfangs,  nach  Alexanders  Tode,  be- 
kanntlich durch  ihre  Sicherung  und  Kultiviruug  der  Westküsten  des 
Arabisfrben  Meerbtisens,  Handel  und  Scbifiahrt  der  Aegyptcr  nach  den 
Gestaden  de*  cQdlicfacn  Aralnens»  PenicBS,  Indiene,  und  erhöhten  da- 
durch den  Verkehr  '«ind  dai  Iniereaie  aller  Anwohner  dieser  gtofsen 
WatSCntvefM.  Ihr  wichtigster  Hafenort  ward  d:«s  neubegründete  Bere- 
nice:  ron  da  aus,  sagt  Arrianf*),  oder  vielmehr  der  Verfasser  des 
unter  seinem  Namen  zur  Zeil  Kaiser  Claudius  (r/Vr.  64  n.  Chr.  G.) 
oder  wül  noch  etwas  später  geordneten  Schilferberichis  (~)  [circ.  76  bis  99 
der  Regjenuigneii  Za-Hekeles),  «on  Berenice  aiu  gehe,  ganz  entschie- 
den, die  wichligste  Seafahrt  Aagjrptem  ans,  «renn  schon  die  nördlichem 
Hafenorte  nicht  völlig  untbülig  bliehen.  Aber  toü  Berenice  \%.u  dai 
Bestreheii  jedes  Aegyptischen  Scbillei-s,  sogleich,  quer  über  den  Meeres- 
arm in  »wei  bis  di«i  Tagen,  den  pecenüherliegendcn  Hafen  Leukckome 
zu  erreichen,  von  da  weiter  südwärts  au  steuern,  und  an  den  reichem 


(i)    Pert'plus  Maris  Erjrthraei,  ed.  Huds.  I.  11. 

(9)  S.  Mannert  V.  1,^161 ;  besUtigt  von  Salt  Traveis  inAelkiapia  f.460  mffUk 
Xmtm^f  2a-Hakal»s  Bidbail«  I,  p.ii». 


300  R  X  V  9  B  ft ' 

Sitbäischen  Küstengestaden  dem  Indischen  Handel  nadiMigebcn»  So  wde 
freilich  das  Nordende  des  Arabischen  Meerboaem,  das  man  wegen  ict- 

ner  seichten  Meeresstellen,  wegen  seiner  gpfnlirvollen  Felslü^ten  wrxi 
seeräuberischen  Anwohner  fürchtete,  veroiieden  ( ' ) ,  da  es  ganz  anfvcr 
dem  Wege  der  Uauptstrafse  der  Schüler  liegen  hlieh,  und  die  direkte 
Sdiifiahrt  aus  dem  HeroopoUianiMlMn  Golf  gegen  Sfidott  bei  loldm 
Umnündeii  wenig  beMibiltigl  g^eieii  sn  i^n  seheint,  nidit  to  die 
Straf se  zu  Lande.  Dennoch  würden  wir  in  den  geographischen  Werken 
der  ersten  Ptolemäerreiten  gewifs  mehr  Aufschlnfs  über  das  Innere  de» 
Peträischcn  AraKiens  erhallen  haben,  da  der  Name  der  Stadt  Petra  (n<T^a, 
IltT^aiK  der  ßovohuer  bei  öicph.  Byz.)  und  der  des  Peuälschen  Arabiens 
gleich  anfangs  aucii  durch  Eratosthenes  Beschreibungen,  wie  es  scheint, 
meist  in  allg^einem  Gebnuch  btm  (^),  nnd  dieser  Ort  logleicb  (wie 
euch  Aniigonut  Gesehidiu»  tei^  "wo  mu*  daa  nihere  Feira  img  mit  den 
auifemteni  und  grSfiet^,  von  Diodor,  ah  identisch  genommen  ward, 
denn  auch  jenes  kennt  er  LH.  II.  48),  als  ein  bedeutendes,  sehr  altes  Em- 
porium,  auf  der  Sfiiifse  pegen  Pliönlcien  hin  hervortritt,  das  damal«? 
gewifs  auch  al&baid  die  AuiinerksainlLeii  der  handelnden  Aegypter  und 
der  Ptolemaer  auf  cidi  riehen  muftte. 

\  In  den  Fragmenten  froheier  Geadiidiudireiber  und  Geographen, 
ivie  des  Hekatäns  Ton  Milet,  Herodots  und  Anderer,  ist  keine  Spur 
Ton  der  Kenntnifs  Peiräa's  bei  den  Griechen  und  Kleinasiatischen  Schriftp 
steilem  Tovhanden,  da  dif»s<"r  Ort  wol  bis  dahin,  in  seiner  Abgeschieden- 
heit nur  iiandclsgeheiinnüs  der  Phönicier,  damals  zuerst  wol  zur  Ktmde 
der  Griechen  gekommen  seyn  mochte,  als  dtu'ch  Alexanders  Zerstö- 
rung Ton  Tyrus»  den  Besitzern  dieiet  Waarenstapels,  der  bitberigie  Hein 
delakanal  für  ihren  Weitertransport  nnd  Abieia,  gegev  den  Wellen,  ab> 
geschnitten  worden  war. 

Die  feindliche  Habgier  des  Antigonus  nach  ihren  Scli';it7^en  konnte 
wol  keineswegs  dazu  geeignet  seyn  ,  die  Petraer  zu  Freunden  der  Syri- 
schen Herrscher  zu  machen,  imd  diese  Lage  war  es  wol,  durch  welche 


(i)    Arrian.  I.c.p.i2. 

(a)    S  l  r  a  b  0  XVI. 767  ed,  Tsch.  VI.  />.  390. 


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iur  Geschichte  des  Peträtsciien  Arabiens. 


201 


sie  nach  neuen  IlandelsTerbmdniigen  sich  umzusehen  genöthigt  Anirdeii^ 
die  ihnen  auch  bei  der  Eihatiung  und  dem  sclincllen  Emporblühen  TOD 
Alexandria  an  dem  Gestade  Acg>ptens  niclit  fehlen  konnten. 

Oiodor(')  sagt  uns  wirklich,  dafs  diese  Nabataer ,  die  yorher 
dordiBiv  mar  im  Fri«d«n  nut  ümaik  HaMden  und  dem  Handel  auf  dem 
Lande  beichSftigt  ^inmtn,  mt  jenen  Zeiten  im  Ailanitiadien  Golfe  und 
mnlier  dem  Seeraube  lieh  ergaben,  bis  die  Aegypiatdien  Könige  aie  aar 
Riifae  gebndkt  bitten. 

Seit  Erain';rhene5  (wenigstens  200  J.  v.  Chr.  Geh.)  durch  den  der 
Name  des  Petruischea  Ai*abiens  zuerst  in  allgemeinen  Gebraucli  gekum- 
men  zu  seyn  scheint,  und  durch  Ai'iemidorus,  ist  nun  bei  allen 
Sobrifbidleni  fiber  Anbkm,  «neb  mm  dem  Hauptorte,  dem  groCMn 
Petra  in  der  Mitte  des  Nabatier-I«nde«  die  Rede^  ^»  imibrend  der 
Herrschaft  der  letzten  Ptolemäer  als  di«i  Residena  eines  bedeutenden,  ein- 
beimiscben  Königshauses  aiafbitt.  Denen  Lage  entspricht,  nach  Strabo'a 
genauester  Angabe,  vollkommen  dem  wieder  aufgefundenen  riiinenreichen 
Wadi  Musa.  Strabo's  treffliche  Beschreibung  (^)  war  bisher  unver- 
atandlich  geblieben;  aber  sie  giebl  das  treuste  Abbild  des  sehr  eigen- 
ibfimlich  gelegenen  Ortea,  in  einer  dwaen,  queUenreicben,  aelbsi  bi$ 
beute  ataiUiewobnten  G^^,.die  Überall  dnidi  die  Katnr  von  FeUen 
nmmauert,  nnd  dadnrcb  snr  naifirlidmi  Veste  gemacht  i«t,  nicht  auf 
einer  Berghöhe,  wie  man  bisher  annahm,  sondera  im  Felstlial,  zti  dessen 
befrtichieier  Tiefe  nur  enge  Schluchten  als  Felseiiigu'nge  führen,  welches 
selbst  wiederum  in  der  Mitte  der  einförmigem  Wusienlandschaft  hegt. 

Voin  diesem  grofsen  (nicht  dem  nördhcher  gelegenen)  Petin  der 
Nabatier  (i^eCm  md^na),  ist  nun  fiberall  die  Rede,  da*  Ton  den  Waaran- 
f&brem  auf  dem  Landwege  besudbt  wird,  als  Supelplata.  Von  den  Bß- 
näem  (70  Tagereisen  in  Südost)  (^)  und  von  den  bekaanten  Gerrfaäem 
(40  Tagereisen^  von  Nordost  herkommend.  Aber  eben  so  auch  von  der 
Seeseite  her:  denn  der  Peripltts  des  Erythräischen  Meeres  sagt  es,  dals 


(f)    ■Diodor  SIcul.  Z<A.  III.  ;j.l23. 

(a)    Strabo  XVI.  §.  21,  ed.  Tzsck,  ^.441. 

(3)    Eratosthcn  bei  Strabo  XVI.  J^«.^.304> 

Bist,  phäol.  Klasse  i%2A*  Gc 


202 


Ritt«« 


von  dem  Seesmpel  und  der  ZolUtätte  Iienkekom»  wm  auch  der  Harn- 
deUweg  nach  Peu-a  (')  führe. 

Mehrere  diesei'  Nabaiäcrfürsten  nennt  die  Geschichte.  Einen  solchen 
König  der  Nttlwjtier,  M«1cq,  lObrtipitcrliniawhHirUat  Pausa  an, 
der  Ton  Jaliaa  Gisar  m  Aksaadria,  (eüt>4,7 tiOkt.Qtk^)  sur  Sendung 
Tou  Reiterschaaren  aufgefordert  ward,  ihm  damit  Beistand  gdfjBn  die 
Acgyptcr  m  leisten.  Denselben  sclieim  Dio  Cassius  Malclius  zu  nen- 
nen, vielleicht  aber  damit  nur  die  dort  einheimische  nahaialsch- arabische 
Fürsten^ürde  eines  Mclek  bezeichnend,  die  nach  Plinius  {^)  Zeugnifs 
«adi  «ädUchetn  arabischen  Fürsten  gegen  Adana  (Aden)  sukam. 

.  Ihr  König  in  Petra,  det  OotaYian«.«  Augustisa  Zeitgeaosae»  «M 
Obodaa  genannt,  der  Bundctgenoue  der  Römer,  weldie  dieUeberwin^ 
der  seiner  nördlich  benachbarten  Feinde  der  Seleuciden  waren,  dem  aber 
doch  piri  Theil  der  Schuld  an  dem  veniiiglückien'Feldzuge  des  ägyptischen 
Staithaliers,  des  A  eÜus  Gallus ,  beigemessen  wird,  weil  jener  Obodas, 
"wie  es  dort  der  Gebrauch  war ,  aus  dem  Königsgeschlechte  der  JSaba« 
tiSichea  Aiaber  erwählt,  alle  Soi^  aeinan  oibenteB,  Staftl«b««Mtcn 
r^nnt,  Statthalter)  (*)  dem  SylUena ,  welcher  den  Titel  Bmdec  ('AikX^) 
führte,  überlasien  hatte,  SoTortrefflieh  dicaer  auch  för  dieVenrnkun^ 
bei  den  Nabaiiem  besot^t  war^  ao  Temachlässigte  er  doch,  in  allem,  die 
Pflege  für  das  Römerheer  und  mag,  soiiar  wol  absichtlich,  das  Verderben 
dieser  unwillkommnen  Cäste  gefördert  liaben,  dio  mii  d^r  Unlcrjochung 
Syriens  aucii  djc  iirriugung  der  Obergewalt  in  Arabui  Peuaa  und  felix 
beahtidbtigten.  Für  jeiien  Venaib  an  dem  Herndterrolke,  dardi.weldMB 
Syllaena  ihrem  Plane  entgegenarbeiteie,  ward  ihm.  ipiiecbin  auchi 
wie  Flav.  Josephua  und  Micol.  Oaimaacemut  beneble»,  ift  Rom  die 
Bestrafung  (*). 

Strabo  snct,  dafs  Petra's  Bewohner  in  grofsem  Wohlstände  lebten, 
treffliche  Ocseue  bauen,  dafs  die  Stadt  ein  gmUes,  reiches  Emporium 


(i)  Ar  T i^a  Peripl,  Mar.  Erjrihr.  i.cp,  ii-t  lie  vitgu»  itgie  Ha>J'/jm' ß(tTi>laSaßtfTai»t>. 

(?)  Piia.jr.jv.vra4. 

(4)  Strabo  XVr.  /.r.     443.  \  • 

(5)  ITote  4  p.  2Si,  Du  Thäl  ad  Stroh,  ed.  Parü.  T.V. 


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uw  Geschickte  das  Petmisclten  Arabiens. 


20^ 


Mj  ttd  Handebkaravanen,  «o  zahlveidl  nie  'ffmi  tleere,  nach  Lenke- 
Ipräie  sende.  Früherhin  hatten  dem  Athcnaeus  mit  seinem  Criediai- 
heere,  nach  Diodor's  Angabe.  8ono  Nabatäische  Reiter  Vei-derhen  gc- 
brfTcht.  Ihre  Macht  war  ako  schon  damals  bedeutend.  Diesesmal  gaben 
sie  den  Römern  1000  Mamx  flfilfirtrappen  zu  Aelius  Gallus  Kriegs- 
su^  nut;  ^lerliiD  fndten  lifl  weit  grtlaere  Macht  nir  "Wrlheidigiuig 
Jenmlenw  gegen  YflSpasiAiiu»  und  Titne»  wie  Joeephas  umsiikul- 
liche  EnBähtimg  lehrt.  Ihre  Madit  yrar  damals  sehr  ausgpidefaiiet.  Den 
Römern  war  also  dies  Nabalalscbf  Harsdelsvolk ,  oder  •waren  diese  Pe- 
trrtf'irhpT!  Araber,  welches  bei  ihnen  immer  in  gleicher  Bedeutung  genom- 
men wird  (')j  so  wenig  ergeben,  als  sie  es  früherhin  den  Sjtem  and 
irol  ndi  den  Ptdeini^  geweeen  aejü  mögen,  die  ihnen  mit  Tytros 
Zant&mig  den  «lieB  Waareung  und  danrit  ihren  Hat^pwi-wei-b  abeÄni^ 
%mf  m»  abbang^  nidi  enfam  BMcbtöi  luid  ibren  Verdienit  <iber  Btre- 
nioe  und  Koptos  zum  Nilthal  nad»  Akundm  «MefteMn.  Sie  bol* 
digien  den  Ptotemäern  oiTenbar  eben  so  wenig,  als  vor  deren  Dynastie 
den  Aegyptern,  da  sie  immer  im  Intei-esse  ihitjr  alten  Gefährten  und 
vielleicht  selbst  äummesverwaiidlen  der  Piiünicier  gestanden  hatten. 

•  In  dieaer  Hinaicbt  isi  ea  doppelt  vx  bedanem,  daf»  nns  aoicb  dea 
Nmnidiadben  Rfirngwobdea,  de»  gdcbrten  Jube  Werbe  Uber  AnJUIen  (*) 
Terloren  sind,  der  ans  Karthagischen  Schriften  ecbSpfie  und  gewüs  oiaeb 
über  die  Untern  eh  mttn  gen  der  Phünicier  in  Petra  tintcrnchtci  war. 

Doch  «;rheint  es  allerdings,  wie  schon  oben  bemerkt,  dafs  dieselben 
Nabataer  späterhin  auch  wol  mit  den  Aegyptern  sich  mehr  befreundeten, 
ab  ihnen  die  Handebstrafte  ^Sbm  GaEa  oder  Rhinoc<^ura  (jeut  El-Arish), 
die  FbtekievMadt,  wie  Strabo  eagtj  crSffiMl  waid,  imd  die  Keimvanea 
tdh  dieaea  Srnporiom  nnd  Ton  Pabi^m  wieder  bei  Ihnmi  summmenr 
trafen,  nach  Plinius  Bericht  (^). 

Die  anfänglich  scheinbare  Ergebenhfii  siegen  Römerherrschaft  wan- 
delte sich  schon  in  den  Jüdischen  Kriegen  unter  Titus  in  die  bitterste 


(l)    Plinius  Ml. 

(3)  Str«l»vXVI.^.||9,  «f.2liieft.  '  > ' 
(5}  Plinius  Ajr.Tl,3l.                           .  '      1  • 

(4)  Pliniut  ir.J«;Tl,8S/i.714. 

Gc  2 


304 


R  I  T  T  «  M 


Feindschaft  um,  und  zu  Trajans  Zeiten  ward,  nacK  melirmals  wieder- 
holten Versuchen,  durch  die  von  Dio  Gassius  angeluhrie  Expedition 
des  Cornelius  Palma,  der  selbständigen  Herrschaft  dieser,  auch  gegen 
die  RSmer  «reuloB  ])efimdene&''Bimdei(9eiiQMeii>  et  hdfti,  ein  Eiide 
fsmadit,  Anbb  Petne*  unterworfen,  und  die  Rcfj^ieoftefdL  der  Nab»- 
taer  Könige,  wie  sie  adkon  Yinceni  nuammeugetteUt  hei^  findet  bier 
Um  letzten  Namen  (*). 

Arabia  Potraea  tritt  nun  als  Römische  Provinz  in  den  Verzeich- 
nissen Röroisclicr  Gcscbichtschreiber  auf,  und  mehrere  Feldzüge  der  Rö- 
mer nach  Arabien  gehen  mehr  gegen  die  iiördlichen  Gebiete  der  reichem 
Sebäer,  an  die  Cremen  Ton  Arabia  felis  {Eudaeiaon  hei  Plin.)*  eb  fg^ 
gen  die  Nabaiäer  in  Arabi«  Peiraea.  So  sdiivanke&d  auch  die  Obei^ 
hcnraduit  der  Römer  tod  Paliisiina  bis  zum  innem  ArabiMhen  Heec^ 
busen  gewesen  seyn  mag,  in  der  Ploleinäischen  vierten  Tafel  von  Asien, 
im  Lid.  V.  r.  17.  von  Arabia  Petraea,  zeigt  sich  eine  weil  genauere 
Kenntnifs  der  I^nd-  imd  See-Seite  und  ihrer  Verhindiuigea,  als  frü- 
beriiin.  In  den  Itinerarien  (-)  werden  zweierlei  verschiedne  grolse  Hee- 
reniialeen  durcb  dtcse»  Land  Yeneicbnet,  dei«a  cinadne  UeberreMe  sich 
bie  und  da  in  Mcilaiiaeigem  und  Pflaatersteinen  benie  nocb  necb- 
weisen  lassen,  und  in  der  Nolitia  Dignilatiun  (a'rc.  400  n.Chr.  Gd>.)  ift 
Ai-al»!!!  Petraea  eine  Praefeclur  mit  Z^ttz  und  Pmcses,  deren  Hnuptsits  swar 
Bostra(')  nicht  Petra  hx,  deren  Legionen  und  Siand(juariiere  aber,  von 
da  auf  der  ganzen  Ostseite  des  Jordan  und  des  Todlen  Meeres  bis  Zoar 
und  Tbamata  (*)  (Themaa  b.  Ptejem.,  Thannaia  b.  JoMpb.  ^tUif»  XHI.) 
d.i  bis  Tbamud  mm  Meere  reidi«,  aUo  als  Grenaqposten  gegen  Oswn 
widtt  die  Araber  von  Hedjaz  dienen,  luid  das  eigentliche,  früher  so  ge- 
nannte Peträische  oder  Nabatiüsche  Arabten  iwiscben  den  beidn  inneni 
Golfesarmeu  beschützen. 


(i)  W.  Yineeat  Ptr^  II«  m,  S34, 251»,  326, 442«  44(. 

(s)   TaAuia  Itintniria  FetHiiigeriaH»  9tL  CMaitmert,       1634.  SeffnJH, 

(3}    yotitia  Dignitalum  Imperii  Orü-nlalis^C,Ciyh- de.FnfSidt.H  JforfnMMf«  <ftfl*< 

üae  etc.  ed.  Pancirolli  Comment.  p.  74  ele. 

'  .i  .',>.(*  • 

(4)  lUcbterU.  Maocd».  1. 


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snr  Gm^iekls  dt»  F^i&uAm  Jniiinu, 


306 


Diese  letztere  Laondgcfaaft  wird  dagegen  in  dmen  nun  schon  chritt» 
lidi  gewordenen- Zeilen  unter  den  TivA  von  Filifttimt  mit  ebg^lianddlt» 
db  FalStliB»  lenk,  eine  Eintheilung,  die  «eiulem  dnrcU  des  pmit  Mit» 
teblter  hindurdigäit,  wo  der^eme  des  Peiniadien  Anbiens  aus  seiner 
urspnlnglirlipn  Lnc^e  weiter  gegen  den  Osten  Terdrangl  ward  und  verlegt 
bleibt,  und  nie  wieder  im  Lande  der  Nabataer  in  Aufnahme  gekom- 
men isi,  $ondei-n  nur  aus  alten  vorahristlichen  Jahrhunderten  aui  die 
modenM  Geographie  ilbertn§en  wurde. 

Von  hier  en  bc^iant  ffir  diese  Landsehaft  und  ihre  Bewohner  eine 
neoA  Periode  mii  den  chrisilicfaen  Bchemdiem  des  Oströmischen  Kni- 
•erthumt.  Die  Noiäa  Dignitatum  Tmpen'i  Orientalis  nennt  uns  dort  die 
EfjuitfiS  sagiltam  indigenae  Mohaihe.  tnid  den  Praefectiis  Ipfri^nif:  decimae 
FrptefTiis  Ailac  (')  ;  also  Besai/iuigen  von  einheimischen  und  fremden 
liüuiiSL-iicn  Legionen,  die  am  innersten  Meereswinkei  des  östlichen  der 
DoppelgoUim  ihre  Standqoertiere  hatten,  imd  zur  Besdiützung  lowol  der 
I«ndwege  als  der  Käsiei^hnen  «n^eivieMa  waren.  Denn  Hieronymus, 
der  bekanntlich  so  lange  Zeit  im  Gelobten  Lande  lebte,  sagt  uns  eben- 
falls (-),  dafsAUa,  die  Station  der  zehnten  L^on,  im  innersten  Winkel 
des  Rothen  Meeres  liege,  ein  Römisches  Prasidinm  am  äufsersten  Süd- 
ende Palastina's  sey,  an  der  südlichen  Kinöde,  wo  die  Schiflfahrt  von  Ae* 
gypten  nach  Indien  Torffibeiffihre,  wie  «ach  wieder  Ton  da  zurück.  Also 
war  damals,  Anfang  des  ffinflen  Jduhunderts  (Hieronymus  Slizht 430), 
diese  Fahrt  wieder  in  Gan^;  und  Aila,  das  Eni|HMrittm,  das  diedem 
Ailaihiels,  nach  Hieronymus  Bemerkung.  Seitdem  wird  der  tnliegende 
Heerbusen  hei  Jen  Schriftsiellern  immer  der  Ailaniiische  genannt. 

Aber  nicht  blofs  als  Uafenstaiion  narh  Indien  und  als  Römisches 
Castrum  wird  um  dieser  innere  Meereswinkci,  der  bis  tief  gegen  das 
alle  Petra  sidi  notdwlrts  hiasiehl  in  das  alte  Nahataerknd,  um  jene 
Zeit  merltwBrdig,  soodeni  andi  dadurch,  dals  wir  schon  hei  den  Unter« 
Schriften  des  Nicusehen  GondKoms  die  Worte  linden  ^  F^lnt»  Epimfm 


(i)    Ononuulicom  UrMttM  ef  XoeoraNs  Saerim  Sci^Mmäi  in  ^pSni  t%e$ma9 


206  ^  I  T  T  V  1  . 

Jäemii  0X  Pabetlma.  iVnMi(*);  «Uo  adion  im  lahn  326,  di«  enia 
bostkunte  ^nr  dorüger  Ansicdluiig  dw  Gbrisicnthiwit. 
«  Die  groftere  Sicherheit,  in  welcher  unter  dem  Schutze  der  Rö- 

mifchcn  Imperatoren  und  später  der  christlichen  Kaiser  sich  die  Pro- 
Tinzen  des  Römischen  Reiclies  im  Üru  nii'  befanden,  fcirderie  unstreitig 
auch  die  Ausbreitung  und  Ansiedliug  Römischer  uiid  christlicher  Un- 
terthanoi  de»  Reicht,  in  jeam,  den  älterrÖlkenen  Aegypten  und  B»- 
ISttin«  to  nabeii  Gegenden  des  Petnuclien  Anbiene,  wo  bduaMUlicÜ  utkt 
ba^d  die  Einöden  mit  Eremiten  füllten.  Schon  zu  Strabo*s  Zeiten  hatte 
das  abgel^ene  Petra  sehr  viel  Anlockendes  für  fremde  Ansiedler  gehabt. 
Athenodorus  dei*  Philosoph,  der  Lehrer  des  Tiberius  und  de?  Strabo 
Freund  (^),  der  sicli  bei  deö  Peiräern  aufgebalten,  war  unyenieiii  über- 
rascht worden,  dort  so  sehr  viele  Römer  zu  ünden,  iwd  auch  andere 
,  Fremde,  die  dahin  dngawandert  waren.  Indeb  die  Pelrier  mter  «eh 
im  baten  EinverBtiuidm&  leinen,  und  null  Ath«nodors  Knlfabing  nie 
im  Streite  unter  einander  lagen,  itanden  dagegen  die  Fremden  immer 
unter  einander  in  Händeln,  und  erregten  auch  oft  den  Bewohnern  von 
Petra  Streit.  Die  verheerende  Kriege  in  Italien,  Griechenland  und  Nord- 
afrika füUten  bukanndich  die  Morgenlaudischen  Provinzen  des  Reichs  im 
-vierten  imd  fünften  Jahrhtindeit  mit  Kolonisten  au«  dem  Abendlande  au 
wiederiioliea  malen,  und  bevölkerten  auch  den  Bremna  um  Pelm  ud 
Alle.  Beiden  Orten  im  Süden  und  We»ten  liegt  dat  Gebiqse  dea  Süaai, 
in  der  Mitte  det  allen  Landes  der  NäbatSer»  swiiciien  beiden  EndgolÜBn 

des  Rotben  Meeres. 

Sina  ,  der  friihcrhin  von  den  Profanscripioren  ungenannt  bleibt, 
und  zuerst  in  der  Peutingerschen  Tafel  (.S^i.IX)  auf  dem  Uinerarium 
an^ebaeht  iat»  dteer  Sina,  sagt  Pracopina  der.  Geschichtschreiber  (^), 
war  Ktt  sdmer  Zeit  (enw.  650)  t viden  Mtodien  bewobnt,  die»  wie  er 
sich  anadrfidtt,  in  «rwlteacluiar  EuwatnLeije  Irei  indber  schweift^,'  deren 
Iidien  aber  aar  in  Tqde«betrachtuii§eB  Teilorflitl  gfebn»  :  Iha^n  erbaiiie 


(i)  S trabo  jyiti^dkS,  JBx. Tzach, tf, COkriut}  SapHßVlufFfveiL imJNiH.^ai3 ete. 
(a)   &»raboXVI,  «£  7'wcÄ,;».441.  .  , 

(5)  Proeop i um  de  Act^«aiim*  liutuüanL  Feiietiis  1729«  LH*  Y, ♦.8..  k 


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vir  Getckic^  des  Petnütchen  Arabiens* 


307 


Kuaer  Jvsiinitn  diM  Kirdie,  sieht  sowol  auf  dem  G^cH  des  Bflvgt^ 
denn  da  könne»  sagt  Proeop,  lein  Menacb  übernachten,  «endeni  tia- 

fer  unten ,  weil  entfernt  von  der  grdfsten  iHohe.  Dort ,  jagte  man  ra 
Procopius  Zeit,  solle  Moses  Jehovahs  Geseue  bekannt  gemacht 
haben.  An  den  Fufs  dea  Gebirgs  erbaute  der  Kaiser  auch  ein  sehr 
itttlMe  Gttt^  und  legte  tivffiielie  Bcmtoang  hinein,  damit  nicht  fon 
jeMm  Oeaiade  die  hwtlMriachen  Sancenen  —ein  allgemeiiier  nen^'Nema 
stau  des  allen  derNabatier,  der  seit  Plinius  und  Ptolemäus  för  dortige 
Nonuden,  adist  dem  Namen  der  Soeniten  (Zeltbewohner)  in  Gabrand^ 
kommt  —  unvorherge«ehn  in  Pulästina  einfallen  könnten. 

So  "vveit  Procopius,  der  leider  den  Namen  dieses  Castells  nicht  an- 
giebt,  ubwol  es  eben  dasjenige  Aila  seyn  könnte  an  der  grofsen  Heersti^fse, 
voni  dam  Hierenymna  und  ver  ihm  sdiimi  Eusebius  (er  stirht  340),  als 
tan  einem  Siandquar«iare  der  Römer  i|irie]it('),  &äs  sidi  nicht  uübave 
Trfimmer  eines  Castrums  am  Fufse  des  Sinai  nadtweisen  Uefsen. 

Bald  darauf,  noch  vor  dem  Jahre  600,  abe  r  rj  irh  dem  Jahre  663, 
etwa  um  das  Ende  des  sechsten  Jahrhunderts,  bi illhdirteie  Antoninus 
Martyr  (^),  noch  eije  lieda  in  Europa  seine  Kircliengeschichte  schrieb, 
'void  kurz  vorher,  ehe  der  Caliph  Omar  im  alten  Peiraa  die  C4>erge\yalt 
geman,  UMhdam  er  FalSsttne  besucht  hatte,  endi  des  Gehiiga  Sine. 
Ton  Geia  eua  «her  EttUie  («ofalBnhsia,  Suse  der  TM.Peuimgsr.)  (*) 
wahrschehdieh  auf  der  damaligen  Remerstrafse,  wie  sie  die  Peutingerische 
Tafel  angiebt,  ging  A  n  to  n  i  n  u  s  zuerst  zu  dem  Berge  (^i  eh,  und  von  da 
zum  Berge  Sina,  in  dessen  vor  kurzem  erbauten  Kloster  er  drei  Achte 
fand,  welche  die  Syrische,  Griechische,  Aegyptische  und  die  Besta- 
Spreehe  (ÜSatlaM?  Bostmm?  die  Arabische?)  verstanden.  Auf  dem 
'Gipfel  des  Sina  hatten  si«  ein  klones  Oretoriuv  errichtet.  Antoninns 
fand  den  Berg  felsig,  nadii  ohne  Erddecke,  aber  in  der  Umgegend  eine 
grofse  Menge  tcü  ZeDen  und  Wohnungen  der  &amiten,  gans  auf  Ifan- 

(i)    Euseb.  Onomaslicon  i.e.  i^xwdiircn  &i  aCn^i  Toyfta 'PoL-futlaiv  ro  itHOTev. 

(a)   liinerarüm  Seuti  AhUmM  Martffi»t  ex  Miueo  MenanUf  JuNmagi-Amiium. 
1640,  k.p.28. 

(S)    fiiMa  Peulingeriana  sect.  B£,  om}^.  Itinerar.  Antomni  AugusU  ed.  P.  fFeJseäag. 
Ams$d,l73Sti*p.72U 


208 


R  I  T  T  B  R 


liehe  Weise  wie  am  Oreb.  Aber  jene  Einsiedler  waren  keinesweges  die 
alleinigen  Bewohner  dieser  Einöden,  denn  auf  einem  Theil  des  Berges 
Oreb  verehrten  die  Saracenen,  so  sagt  Antoninus,  der  dieselben  nachher 
auch  Ismaeliten  nennt,  ihr  Marmor-Idol,  das  so  weifs  wie  Schnee  aus- 
sah, und  seine  bestellten  Priester  hatte,  angethan  mit  einer  Dalmatica  und 
einem  Pallium  von  Leinwand.  An  ihrem  grofsen  Feste  verwandelte 
sich  die  weifse  Farbe  ihres  Idols,  mit  dem  ablatifenden  Monde,  vor  dem 
Eintritt  des  Priesters  in  das  Heiligthum,  in  eine  völlig  schwarze,  die  mit 
der  Beendigung  des  Festes  aber  jedesmal  wieder  zur  weifisen  überzu- 
gehen pflegte,  worüber  auch  Antoninus  seine  Verwunderung  zu  äufsem 
lücht  unterlassen  konnte. 

Auf  demjenigen  Berge^  der  damals  für  den  Horeb  gehalten  wurde, 
bestand  also  noch,  neben  dem  christUchen  Cultus  auf  der  für  den  Sinai 
gehaltenen  Höbe,  ein  unstreitig  älterer,  heidnischer  Mondsdienst,  etwa 
der  Herodotischen  Alilla  {AlUit  der  Araber)  ('),  ehe  dort  noch  die  Mu- 
hamedanische  Lehre  einzog. 

Vom  Berge  Sina  bis  zur  Arabischen  Stadt  Abela,  wo,  wie  Antonin 
sagt,  damals  Indische  Schiffe  landeten ,  und  ihre  verschiedenen  Gewürze 
herbeiführten,  rechnete  er  sieben  Mansionen,  eine  Entfernung,  welche 
der  neueste  Reisende,  E.  Büppel  im  Jahr  1822,  in  sechs  Tagen  zu- 
rückgelegt bat.  Abela  ist  oiTenbar  dasselbe  Aila,  das,  wie  schon  Bochart 
und  Assemani  gezeigt  haben,  im  Mittelalter  so  vielfache  Schreibarten 
erleiden  mufste  (Aela,  Aelis,  Abela  u.a.m.).  Eben  dieses  Aila  also,  wie 
wir  aus  dem  so  eben  angeführten,  für  jene  Zeiten  imd  Gegenden,  in 
vieler  Hinsicht,  an  Thatsachen  merkwürdigen,  und  noch  unbenutzten 
Berichte  erfahren,  hatte  sich  bis  damab,  gegen  das  Jahr  600  n,  Chr.  Geb. 
unter  allen  Stürmen  und  Wechseln  der  Zeiten,  als  alter  Stapelplatz  in- 
discher Waaren  für  Palästina  und  Syrien  immerfort  aufrecht  erhalten. 


[ij    A.tteman'\  Biblioth.  Oriental.  T.Yn,U,  foL^iX. 

(a)    T.Zacb  Correspondance  Astronom.  T.  YIII,  ^.  469-476. 

(5)  Bochart  Geogr.  Sacra.  P.  II.  Chanaaiu  Lugri.  Batavor.  1692,  ed.  F'ilUmnndy 
L  44,  O0/.684;  Assemani  Bill.  Orient.  Clementino  raticana.  Romae  1726,  T.IU,  P.U. 
fot.S52  sijt). 


aur  Geschichte  des  Peträischen  Arahrnns, 


209 


Hittuit  Iiört  aber  andi  diese  Bedeutung  der  Gegend  alt  Passageland 
|ener  altern  Handclmt'bindungni  «uf :  denn  bald  wurden  nun  die  chriM- 
lichen  Herrseber  aus  Vord^rnsfcn  auf  immer  yerdrängt,  und  3Iubame- 
daner  die  Gebieter,  anfangs  nie  Chalifen  ,  dann  die  Sultane  Aegyptens 
und  Syriens,  zuletzt  Gonsiantiuopcls ,  mit  wenigen  Linterbrecliungen 
«itthamitclier  nntat^eardnetcr,  «nbuciier  oder  syrischer  Dynesten. 

IGt  dem  Anlange  des  siebenten  Johrinmderts  beginnt  daber,  fÜir 
jene  Erdgegend,  Ton  neaem*  eine  -veivnderte  Geschichte,  eine  andere 
BeTÖlkemng,  Bdierrschnng,  JBestunnuuig  der  Landachaften  und  Oeru 
liebkeiten. 

Die  Quellen  aus  denen  wir  ihren  Zustand  erfahren  miifsten^  könn- 
ten Yorzüglich  nur  die  ^Nachrichten  der  Araber  selbst  seyn,  denen  aber 
^en  jene  Gegenden  minder  mchtig  «nd  einflnlsteidi,  als  frnheriiin,  sn- 
rfieLtraten  m  VeTgessenheit,  seitdem  die  beiden  Stidte  fbres  Propheten^ 
die  bistorische  Mitte  ihrer  weilläufigen  Wohnsitze  wurden.  Denn  die 
Verlegung  der  Challfenresidenzen  in  das  Euphral-  und  Tigrislaud  verän- 
derte die  Ilandelsstrafsen.  Der  direcie  Handel  Tom  Nord-Ende  des  Rothen 
Meeres  nacli  Indien  verlor  sieb ;  mit  ihm  verödeten  auch  die  Emporioi 
dieses  innem  Meerbusens,  die  unter  Ptolem'dern,  Römern,  Byzannnem 
anfgdklfibt  -«raren,  soW  auf  der  Arabischen  wie  auf  der  Aegypi»> 
•eben  Seite. 

Arabische,  Syrische,  Aegyptische  Herrschaften  bildeten  sich;  zwi- 
schen diesen  blieb  das  Land  des  Alten  Petra  ohne  ";clh<;tsliindige  Herr- 
scher, aufser  dem  Wege  p()lin-,rli(  i  Vfrhnidnnii  lit  L^m,  ward  von  neuen 
Nomadenstammen  aus  dcui  bcnaciibarien  Arabien  uberschwemmt,  und 
blieb  nur  ein  Land  des  Dorehaugp  fOr  dnadne  Zweige  derjenigen  jun- 
gem Karawanen,  die  sich  sdt  Hubameds  Tode  und  der  Eroberung 
Syriens  und  Aegyptens,  zwischen  Damask,  Kahira,  Medina  und  Mekka, 
in  so  grofsem  Maafsstabe  während  der  nüttlem  Jahrhunderte  ausgeSiil- 

det  bal)en. 

Je  scbmaclivoüer  das  Loos  den  Abendländern  erschien,  welche  das 
christliche  Morgenland  durch  die  Lngläubigen,  seit  dem  ersten  Jahr* 
hundert  der  Hedsdira  getroffen  baue,  um  so  niaiir  emadite  mit  der  Er- 
innemng  an  die  bednagUm,  «iradkgebliebDen  Gkubensbrfider  wd  mit 
HiU,  PhäoL  Klam  Dd 


210 


Ritt  b  a 


der  geschäiften  Empfindung  des  gi-ofsen  Verlustes  der  geweihten  Orte, 
auch  das  Interesse,  sie  wenigstens  zu  besuchen,  und  bald,  auch  sie  wie^ 
der  zu  besitzen.  Dies  erweckte  frühe  Schaaren  von  Pilgern  nach  dem 
Gelobten  Lande,  die  auf  dem  Hin-  oder  Rückwege  über  Aegypten  zu 
gehen  gcuöthigt  waren,  und  $o,  biM  auf  der  eSnen  hüd  auf  der  andern 
Seile  die  EetiüiMhe  LanJtdwft  Berfihren  nmieien,  oder 'ebdohdidi  aie 
durchzogen,  um  das  Kloster  in  den  Einöden  des  Sinai  zu  faewallfahi'ten, 
das  durch  seine  burg'ähnliche  Lage,  durch  seine  Verwaltung  und  sein  An- 
sehn in  Unter- Aegy  pten,  einigermafsen  geschützt  hh'eb,  auch  durch  seine 
reichen  Uutaiiunen,  wie  durch  die  Mirakel,  die  sich  immer  mehr  vor- 
fanden, die  Aufmerksamkeit  der  Wallfahrer  aus  den  weit  umher  liegen- 
den Wärtcneieii  anzog. 

So  irarden  ndien  den  etBheimttdieii  imnrfmflmitfthmi  Gesehidit* 
•direilNni  und  Geogr^hen,  auch  die  Itinerarien  der  Pilger  eine  freiBcb 
nur  ärmUch  fliefscnde  Quelle  für  die  Kiuide  jener  Erdgegend.  bis  neuere 
wisseuschafilif lic  Forscher  zur  Aufklarung,  vorzüglich  der  ältesten  he- 
bräischen Anti(|uiuiten,  dorthin  auf  Entdeckungen  ausgingen. 

.  Denn  eben  die  aUeriateito  Kunde  dieses  Lande»,  die  mit  dem 
Darehsnge  der  Kinder  leraät  dardi  die  Wüsie  beginnt,  -wie  eie  in  dm 
Mosaischen  Büchern  niedergd^t  mr,  vaA  in  die  Mitte  dct  sweiten 
Jahrtausends  vor  derjenigen  Zeit  surScJt  geht,  in  der,  wie  wir  «o  dien 
gesehen,  Criechen  und  Römer  uns,  vom  Nil-  und  Jonlanihale  aus,  die 
ei-sten  genauem  Bcrichu;  über  die  Landsi  liutt  uiu  Petra  und  die  Küsten- 
gestade der  beiden  innern  Golfen  mittiiciicn,  diese  war  gänzhch  unbe- 
adhtet  geblieben  von  allen  Pro&necrilienten;  sie  lleite  nii^^ends  AiilUi> 
mng  ilbr  Andere  gegeben  noda  bei  Andern  gefunden,  lud  dien  «o  ftat' 
einzelt  und  unaufgeklärt  wie  sie,  blieb,  was  wir  bisher  absichtlich,  nocb 
nicht  berührten,  das  zweite  wichtige  Faktum  aus  der  jüdisch -phönici- 
schen  Geschichte,  welches  diese  Erdgctgend  betrifft,  nml  in  die  Zeiten 
der  Könige  David's  und  Salorao's  1000  Jahre  vor  Chnsii  Geburl  zu- 
rückgeht, nümlich  die  bekannte,  wenigstens  vielfach  bespi-ochene  Aus- 
tendnng  von  Haüddifiotien  nnt  dem  innenten  Arabifdiak  Mieerbasen  gdb 
Ophür,  vm  die  KoMbarkeiten  dee  Onieme  tmd  dae  Gold  Arabien«,  über 
Bmongeber  bd  BMi,  »nm  Tempdban  nedi.  lei<ttealeRi  einanföbren. 


sur  Geschichte  des  Peträischen  Araldws,  311 

Sdiwr  der  jüdischoi  O^tcluditschreilMr^  madi  Joieplmt  naxiA, 
hat  uns  über  die  BeschafTenheit  jener  Landschaften  viMr  oder  nedi  jemett, 
iifir  sie  so  denkwürdigen  Begebenheiten  aufzuklären  versucht. 

Nur  die  T^as^e  der  zuleut  genannten  beiden  Orte,  deren  Wieder- 
entdeckung und  nähere  geographische  Bestimmung,  als  unser  dritter  An- 
beluponkt,  emeä  bedeutenden  Fortediritt  in  der  KeDnanb  jemi  Erdgc> 
Ueiei  herbeifälin,  kann  hier  Todiiifif;  eagedeutet  werdet»  da  sie  ctne 
Erdgegend  betriff,  die  für  tich,  ans  den  alt-testameotahschen  Nachricb> 
ten  hinlänglich  erläutert  werden  kann,  was  bei  den  mehrsten  der  andern, 
ohne  Ycrgicichnngen  und  annähernde  BestimmiiBgeD  durch  die  neuem 
Berichte  kaiuu  möglich  seyn  möchte. 

Die  I^ge  beider  Orte  am  Nord-Ende  des  heutigen  Golf  yon  Akaba, 
kt  ina  al^nanuriiien,  in  ao  lioliei  Ahar  lie  auch,  in  einen  damala  lär 
andre  VflUiCT  im  uptniUcli  onbekannien  Lande  hinaofreichett/  dwdücti 
Vaiw^M  Zweifel  unterworfen.  Denn  diese  Lage  ist  zu  eigenthümlich» 
als  daf«  sie  nicht  durch  jeden ,  auch  den  einfachsten  Zug  der  nähern 
Besch  rt'ibung,  oder  der  Geschiclite  augenblickhch  charaklerisirt  werden 
muiste  (z.  B.  AiXajiA  ev  ir/ßrovt  eori  bei  Euseb.  /.  c.  fol,  37).  Schon  zu 
Moaea  Zeiten  luunninn  beide  Orte,  beim  Durchsage  der  ICinder  Inaä 
in  ihrer  ganaen  EigenihfinKdiieit  ftur,  unter  den  angefahrten  Benen- 
nungen. Nachdem  das  Volk  Israel  (5.  B.  Mose  2, 1)  von  Kades  Bamea 
aufgehrochen  war  nacli  der  Wüste ,  auf  dem  Wege  zum  Schilfmeer, 
und  das  Gehirge  Seir  eine  lange  Zeil,  fast  38  Jahre  lang  umzogen  hatte, 
wandle  es  sich  gegen  Mitternacht  durch  das  Laad  der  Sohue  Esau's 
(Idumäa),  deren  Beaits  das  Gebirg  Seir  war.  Eben  daselbst,  Ys.  8, 
heüat  et:  „Und  vim  unaem  Brfidem,  «eldie  wohnten  an  Setr  (von 
,»den  Söhnen  Esau*«  nlmlich)  logen  ivir  wdier  auf  den  Wege  der  Bfaeno 
„Ton  Elath  und  Eceongaher,  und  wandian  una  und  logen  nach  der 
„Wüste  Moab." 

Ob  dort  zu  Elath,  zu  jener  Zeit,  wie  Bocbart  meint  ('),  ein  Han- 
delsort gewesen  sej,  lalst  sich  freilich  hieraus  nicht  erweisen,  aber  die 
genannten  benachbarten  Doppelorte  deuten  wol  oflSukhar  auf  eine  schon 
vorhandene,  abare  Aniiedlnng  an  Rothen  Meere  hin.    Dala  Idoaaier 


(i)  Baehart  e«eftk  S^enu  Ournmn      L        «ol.  684. 

Dd  2 


212 


H  I  T  T  B  a 


iie  erbaitMii,  ytird  um  nicht  gesagt,  obwol  Genes. 36,  -il  Ek  tut  den  Söh> 
nen  Edoms  gezahlt  'wird ;  sie  könnten  auch  für  alte  Golonien  oder  doch 
Handelssuiionen  der  Phönicier  geilea,  vrenn  sieb  «ndre  hinreidbaide 
Grunde  dafür  nachweisen  liefsen. 

Da(s  hier  wirklich  von  der  Küstengegend  ein  Weg  der  Ebene  (das 
Gefilde  von  Ebth  und  Ezeongeber,  nfteh  Liitlier«  UeberaetxaBi)  und 
nidii  eine  Wüstenei  oder  nBcIttes  FeUgebir^  8*8*^  ICueraadit  fuin», 
erfüll ren  wir  aus  Burckhardts  Eericlil  (')  Tom  Jahre  1812,  der  Tom 
NordL'n  her  bis  auf  zwei  Taqereisen  in  diesem  Wege  (In  Kbene  mitten 
zwischen  wilduufstarrenden  KJippenzügen  sich  dem.  heutigen  Akahah 
Ailah  geniiheri  hat. 

IßiL  dieser  Auswanderung  Israek  Tom  Sdiilfiiwer  mm  Jovdin  kSn 
jede  Eniinerung  an  jcnoi  Gestade  «uf,  big  KSnig  David  (^),  der  Sieger, 
die  Bdonuier  im  Salsthale  idilvg  (18000),  dSeselhen  Umniier  des  anhe- 
H^den  Cdbirges  Sdr.  Des  Sekihal  Isi  die  Ebene  Zosr  im  Säden  des 
Todten  Meeres. 

Von  David  lieifsi  es  nun  Vs.  11:  „Und  er  legte  in  Edom  Be- 
Satzungen,  in  ganz  Edom  legte  er  Besatzungen,  und  ganz  Edoia  wiu^ 
„ David  «iiterUlan***  Diese  völlige  Iksetaung  ging  offenbar  bis'inm 
Ifafenorte  Eseong^r  am  innersten  Winkel  des  Golfs :  denn  nach  einem 
Fragmente  des  Eupolcmos  über  den  Propheten  Elias,  das  Eusebius (^) 
anführt,  soll  schon  König  David  zu  Aila  (h'ArxflveK  bei  Eusebius  ofien> 
bar  zti  lesen  fv  Ai>.«v eis)  haben  Flotten  bauen  lassen;  aus  dem  Buch  der 
Könige  (**)  und  der  Clu'oaik  erfahren  wir  aber  wiederholt,  dafsSalomo, 
Davids  Sohn,  „SchüTe  bauen  liefs  zu  Ezeongeber,  die  bei  Eloth  liegt, 
,,am  Ufer  des  Sdiilfmeeie  im  Lande  der  Edomiter/'  ^(s  aber  Salomo 
setiiet  dahin  sog  und  mVeibindinig  mitHiram  dem  König»  von  lyms 
diese  Schilfe  nach  Ophir  absegeln  liefs.  Seitdem  stand  dieser  Hafenort 
dem  Zugige  der  Phönicier  und  Judäer  offim,  cur  ibndlang  mii  den 


(l)    Rurckhnrdl  Travels  in  Sjrria  4.  FjQtid.  p.ÜS» 

(i)    2.B.  Samuelis  8,  13  und  Cbrunika  18,  12. 

(S)   l^Mq»«£  Ctaeaaraw  J^MW^  AiH^ 
Cb«Mi.l78a. 

(4)   1. a-lADige    26 ;       ^CkwiLa  17. 


r 

Dlgitlzed  by  Goo;5le 


VW  Geaehichte  des  Petraiiehen  AnÜens, 


indiaehen  Gastadeu,  bU  BMth  etwa  amderdialb  bmideri  Jahren  Edom. 
wieder  abfiel  Ton  deni  Hause  Juda,  -wider  König  Joram  siegreich  zu 
Fdde  zog,  und  einen  et^en  König  über  sich  einsetzte  Die  Idumäer 
lionnton  ihre  Freiheit  von  fremdem  Joch  indefs  nicht  lange  liehaupten, 
(if.tin  Asarja  (Usias),  Sohn  Amazia  s  König  von  Juda,  unterwarf  sie 
bdd  wieder  (>),  und  beule  Bkth  (EbthimPliinl)  ('},  du  TieDdcbt 
eb  ¥e«te  neben  dem.  Halenort  dionen  mochte,  da  beide  immer  aasam- 

nen  genannt  ^vcrden. 

Seinem  Sohne  Jotham  blieb  die  Küste  zwar  noch,  aber  dessen 
Sohne,  König  Ahas  von  Juda,  entrifs  der  machili^f  König  von  Syrien  (*), 
Bezin  (Arases  bei  Josephus) ,  dieses  Elailj  Avicdcr;  er  vertrieb  die 
Juden  ganz  aiu  Elatli  oder,  wie  Josephus  (^)  sagt,  liels  alle  Judüer  sowol 
Raaalmng  ala  Unherwohnende  umbringen ,  führte  grofiM  Beate  Ton  da 
weg  nadi  Damaakna,  nnd  legte  eine  GUomie  der  Syrer  in  dem  Hafen- 
one  an.  So  kamen  nun  die  Edomiter  unter  Syrischem  Schutze  wieder 
nach  diesem  Orte,  und  wohnten  daselbst  die  folgenden  Jahrhunderic  bis 
zu  des  oben  berührten  Antigonus,  der  Ptotonicr  nnd  d^  Seleuci- 
den  Zeiten. 

Denn ,  dals  Ton  da  an,  die  griechischschreibenden  Historiker,  mit 
dem  Namen  Idnmia  (d.t.  Land  Edom)  die  Landacbaft  nm  daa  Todte 

Meer,  also  einen  Theil  von  Kanaan,  wie  Diodor  tud  Josephns»  im 
Gegensatz  des  südlichen  Cebirgslandes  Seir,  das  doch  eigentlich  nur  von 
Idumäern  bewohnt  war,  bezeichnen,  und  seitdem  da«;  tA\ü  Land  der 
Söhne  Edom  mit  dem  Namen  Nahuiäa  benennen,  hat  schon  Reland 
in  seinen  gelehrten  Untersuciiungcn  über  Palästina  überzeugend  darge- 
tbaB(*).  Die  Sahne  Edom,  der  biblischen  SchrifiateUer,  sind  die  Be- 
wohner derselben  Gcgpiden,  deren  Bdierrscher  bei  den  Griechen  und 


(t)  2.B.  d-KAnige  8,20. 

(a)  S.B.d.lteig«  14.22. 

^  Boehart  £  c. . 

{S^  FLJotapWs  C^evilAi^  r.l.^42a. 

(61  RaUndi  JWaaMAMl,6t. 


214  •  E  X  »  «  »  m 

Römern  NabatScr  heifnB.  Alle  «ndcn  alt-tttiMiieiiiAliidMBL  BaMmnai- 
geu  dortiger  Völker  verschwanden  aOnSblig ,  und  worden  von  andern 
jfingem,  arabüchen  verdrängt;  nur  diese  beiden  der  Idinnfier  iiadl!blMk> 
tiier  überleliten  die  übrigen. 

Statt  der  Tdumäer  (E^otniten)  treten  also  jene  Nabataischen  \  ulker 
und  Könige  auf,  die  zu  den  östlichen  Ismaeliten  (von  Nabajoth,  dem 
8obne  ItmaSla»  nach  l.B.Hbie8  26,13)  gerechnet  wiuv 
den,  deren  geschichÜidiBn  Znnanmenheng  nach  den  Proianiaibenicn 
wir  schon  ohen  tmtersacht  haben,  so  weit  es  noihi,vcndig  war,  um 
nach  diesen  Quellen  die  geographischen  Bruclistude  fiber  dieae  wcni|( 
bebauten  Cebicie  vergleichen  und  näher  besüaimen  zu  können. 

Es  bleibt  uns  nun  die  driue  jüngere  Klasse  der  Geschichtsquellen 
in  ihier  Aufeinanderfolge  nnd  ui  Siraai  innem  Zuaanunenhange  zu  eiw 
mrihnen  tibrig,  ans  denen,  immhtelbar,  Tor  md  seit  der  Muhamedaner 
Zeiten,  die  nähere  Keuttnib  dieser  Erdg^end  sich  schöpfen  IS&t,  nebst 
der  Feststelliing  gewisser  Hauptpunkte  für  jene  Oerthchkeiten,  die  sich 
nur  auf  diesem  Wfjge  int  Züisanimenhangy  mit  %Uen  übrigen  nadhwei» 
sen  lassen. 

In  die  Geschichte  der  Verdrängung  der  clu-isthcheu  Kirche  aus 
den  weitliufigen  Gefilden  und  nodx  ziemlich  sahireichen  Ortschaften 
des  Petriüschen  Arabiens,-  durch  die  A'»***'*^*-  Mnhameds,  seit  dem  sie- 
benten Jahrhundert ,  und  ihrer  Einengung  auf  das  Ueine  festungsartige 

Giibiei  des  Klosters  am  Berge  Sinai,  sind  alle  Nachrichten  ohne  Ausnahme 
eiiigeflocliien ,  welche  die  ncucrn  geographisch -eihnograpViisrhen  That- 
sachen  für  diese  Krdgegend,  wenn  auch  sparsam  genug,  miiihcilen. 

Die  Gesdiidife  joier  Verdrängung  ist  ron  Miemand  geschrieben, 
die  Docninente  der  Besicgien  tind  spanam  und  unlauter,  die  AnnaÜsien 
der  Sieger  landen  die  Bedien  nidkt  werth,  daft  ihre  Geschidite  aulge- 
aeidmel  wnrde. 

Ohne  Eusebius  (Metropolit  m  Caesarea  in  Palästina,  stirbt  T  i"^) 
und  Hieronymus  (der  als  3Iönch  in  Palastina,  stirbt  420)  Ortsverzen  li- 
nisse  zur  Heiligen  Schrift,  die  sich  auch  über  einzelne  l'uukie  des  Pe- 
triüsdiea  Aralnens  erstrecken,  wfirden  wir  nodi  weniger  im  Stande  sejn, 
nns  in  diesen  Gregenden  nwecbt  anfinden.  Sie  sind,  nebst  den  Untere 
aeidmungen  der  BitehSfb  in  den  verschiedenen  lürdien-Ooncilien  der 


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zur  Gesciuchte  des  Peträisc/ien  Arabiens. 


'  firuhern  Jahrhanderte  für  jene  Zeiten,  die  einzigen  geographischen  Quel- 
len für  gegenwärtige  Untersuchungen ;  sie  sind  die  Wegweiser  der  Pil- 
ger und  derjenigen  gewesen ,  die  zu  den  Zeilen  der  Kreuzzüge  das  Ge- 
lobte Land  nebst  dem  benachbarten  Arabien,  unter  dem  iSamen  toh 
Palastina  tertia,  von  neoem  in  DiooeBen  und  Episcopate  TertheiUen,  und 
Ycr^chuugspuokte  der  nodi  iMtleliaiden  Mowmnwiie  in  dm  Trflmr 
mem  vad  Rninoft  &x  Sltore  imd  peakt  Jabrhimderie  darbieten.  An 
ihre  Anylien  schliefst  sich  die  neuere  liViedeniullfindnng  der  Sporen 
aller  vcrschwundnen  Ortschuften  an. 

Frühe  verbreitete  sich  die  chrisdiche  Lehre  um  die  Grenzen  Ju- 
däas  auch  nach  Serien,  Idumäa  und  unter  die  mancherlei,  wie  sicii  aus 
der  lieU  anfirelenideii  MnliaaiedaiMriierieclttft  ergibt,  zwiidien  den  Aie^ 
bera  angetleddien^  jüdiichen  und  ihrem  Siamme  venvandten  Völker- 
echaften,  bis  zum  Nord -Ende  des  Andtischen  Heerbmens  hin.  Wie 
scbon  der  Apostel  Paulus  (Galater  1,17),  von  Dalnaskus  nach  Arabien 
ging,  so  folgten  ihm  andere  Lehrer  des  Eyongeliums,  und  zogen  weiter 
bis  in  jene,  damals  sehr  stark  heTolkerte  Gegenden  der  Petraischen 
Landschaft  ein.  Die  bekannteren  Angaben  des  genannten  OnomastLCon 
ubergehen  wir,  und  führen  hier  nur  an«  den  ^tera,  in  diewr  Htnaidbt 
noch  nnbenntxien  Unteradiriften  der  Ksrdien-GoneOien  (nach  Aaaemani 
MäL  Orient.  undLabbe  Coneä.  2111,111« IV,Y>Vin)  die  folgenden  Orti- 
namen,  als  Sitze  der  Epi^ropcn  an,  welche  zu  geographisdien  Rcinmmun- 
gen  dienen  Ira  INicäischen  Coneil  (32ö)  unterzeichnete  Ni  comachus  ab 
MeiropoiiL  von  Bostra  (jetzt  Boszra,  auf  der  Osi&eite  des  Jordans) ,  der 
Hanptttadt  Im  Sfiden  de»  Hanrangebirgs,  welche  damals,  unabhängig  vom 
Patriarchat  au  Jemtalem,  daa  Hmpl  von  tidMefan  bii  swanzig  Ecdeiien  in 
Arabien  war.  Im  Jahr  336  waren  heftige  Streitigkeilen  am  diesen  Bi- 
•diofssitz  von  Bostra,  auf  der  Kirdienversammlung  zu  Constantinopel. 

Im  Jfihr  tOO  zu  Epliesus  ,  imlerzeichnelen  die  Bisrliöf*'  von  Khiw 
und  Phacno  aus  dem  Peiraischen  Arabien ,  One  deren  ijesuijimung 
schon  schwieriger  ist.  Im  Jahr  403  auf  der  Versamuiiiuig  zu  Chnlce- 
don  dieielbenj  aber  anÜMr  ihnen  auch  die  Biachöfe  Berjllna  von  Aüa, 
Mnaonint  von  Zoar,  Joa^nei  vom  nnbelennien  GfaijMqpoIn  Arabne, 
md  Joanne«  ndMt  Eustathine,  als  die  ersten  duiftUdien  Bnester 
unter  den  Saraoenen  (SMueenomm  gmtu)* 


216 


R  1  T  T  B  ft' 


Seit  dieser  Kirchenvcrsammliing  wurde  nach  längerm  Kample  mit 
Jerusalems  geistlichem  Obei'haupi,  die  wachsende  Macht  des  Metropo- 
liten zti  Bo<!tra,  durch  Maximus,  Patriarch  von  Antiochi,  der  den 
Pairiarcticn  zu  Jerusalem  begünstigte,  beschränkt;  einige  südliche  ara- 
bische Ecclesien,  wurden  diesem  Bischofsriue  entrissen,  dieselben  welche 
seitdem,  ds  Pafisiina  tenia,  die  dritte  FnnriDs  in  der  geistlidien  Topo- 
grepbie  des  Patriarchats  iron  Jerusalem  oon8titiurten(*),  lud  dies  sind 
die,  eben  dadurch  luiichtiger  werdenden,  und  auf  Lurze  Zeit  mehr  be- 
günstigten Diücesen  in  der  stark  sich  bevÖUemden  Tandschaft  des  Pe- 
träisdien  Arabiens. 

Diese  traten  darum  nun  unabhängiger  in  den  Unterschriften  auf, 
und  gewannen  bedeaienden  Binfliil«  auch  auf  SiB  sie  amgtiwndan  no- 
madischett  VSlkerschafteit.  Petra  wmrde  seitdem  der  SAu  des  Ardu» 
Episcopats  dieses  dritten,  südlichsten  Palastimi's,  unter  wddbem  die  Orte 
Aila,  Pharan,  Sinai,  Phaeno  und  andi-e  nun  öfter  als  Episcopate  sich 
herrorthun,  bis  sie  mit  dem  Ende  des  siebenten  Jahrhumieiis  plöutlich 
"wieder  verschwinden. 

Im  Juiir  449  in  der  Versammlung  zu  Ephesus  uuicrsciirieb  der 
Bischof  von  nueno,  ndiet  seinem  Gdifilfen  unter  den  Saracenisdien 
Bundesgenossen  («muEiiiM  Bfüeepm  Snweaiorum  Jbederalorum).  Phaeno 
(^icwv  bei  Eusebius),  lag,  nach  Hieronymus  (^),  mit  seinen  Metall- 
gruben ,  zwischen  Zoar  und  Petra,  also  im  Petriüscbea  Lande,  und 
möchte  sich  wol  noch  nachweisen  lessen. 

Im  Jahr  548  unterschrieben  zu  Couslantinopel,  nach  dem  morgoo- 
landisdwn  Patriarchen  Mennas,  auch:  Thomas,  Presbjter  monttsSiatti 
und  der  Legat  dieses  Berg^:  et  Legatus  ipsäu  montä,  mit  ümen  aucii 
die  Legaten  der  DiÖcese  Ffaaran,  am  Westen  von  Aila  auf  der  grolsen 
Heerstrafse  nadl  Aegypten,  und  des  weniger  bekannten  Raithu.  Im 
Jahr  553  aber,  auf  dem  vierten  r'oneilium  zu  Constantinopel  unter  Kai- 
ser Jus  tini  an  us,  «nterschreibi  nun  endlich  auch,  ein;  Constanlinus 
Episcopwi  Suiai,  woraus  sich  ergiebt,  dafs  vorher,  ehe  dieses  Gebirge 

(i)  Asaemani  MOL  Oriau.  >.  m,  P.  D,  ßtt.  S9it  <f.  Jm  Atta^  de  cammuu 
utriusifue  Ecektm  Idkl, 

{%)  Hicrottjai.  Omni.  v.  P>«»Ob 


Digitizeo  Ly 


WUT  GnAiehte  dn  Petnu$ehe»  JnUaut 


217 


Um  du  illdiiifB  AnfinnltMunkdt  aller  Enrapiar  dv  ^tem  JalirliiiiMleria 

auf  sich  zieht«  alt  die  ahittgft  chrifdich  gd>Iiebene  Gebirgsinsel  in  jenem 
weiten  Völkermeere  liprvorragend,  welches  der  Islam  beherrschte.  Dafs, 
schon  lange  vor  dieser  Zeit,  sehr  viele  Gegenden  dieser  Peträischen 
Landschaften,  welche  bald  wieder  in  Vergessenheit  zurücksanken,  in 
dirisdiche  KulmntoUen  umgewandelt  waren«  mit,  in  der  That  nicht 
wesigeii  Stidten  and  DSrCem,  mit  feMm  Wolmoriea  aller  Art,  mit 
Kirdien,  Kleatem,  Grabstätten,  Grüften,  Kasteien,  mit  LandatraCwn, 
Meilenzeigem,  Bädern  und  andern,  freilich  aus  keim  i  Zeit  des  reinem 
Stils  herriihrrnden  l^TnmJmenten  iibprderlc t  ,  deren  zahlreiche,  zertrüm- 
merte Tjfb"rrcsie,  auch  licuit  noch,  mit  jeilcr  neu  eingeschlagenen  Wan- 
derung iLuhner  Reisender,  in  dia  düitigen  Einöden,  wenn  sie  nur  die 
heAemailiche  PflgerMiafte  varlanen,  ab  inuner  neue,  tür  die  Lande»- 
knnde  zu  erklärende  Rithad  hervortreten. 

Zu  gleicher  Zeit  mit  diesem  Foruchritte  der  GiTilisation  im  Pe- 
traischen Ai-ahien,  brachten  die  Streitigkeiten  der  orthodoxen  Kirche, 
unter  dem  Schwize  der  Bvzüntinischen  Kaiser  gegen  die  monophysitischen 
Ketzereien,  und  gegen  die  iNestorianer,  welche  beide  unter  den  moi^en- 
Undiachen  Christen  den  gröfsem  Anhang  beliielten ,  leider  dem  aufblü- 
henden Grensj^eliieie  PMria'a  ^tA»  Verderben  «nd  Rüdichratu  Noch 
unter  Kaiaer  Leo  L  Mritt  der  Metropolit  Ton  Boatra  tüe  die  orthodose 
Lehre  in  seiner  Provinz;  als  aber  unter  Kaiser  Zeno  und  Anastasias, 
seit  491,  diese  Leliren  in  Aegypten  und  Vorderasien  überhand  nafiraen, 
und  sich,  sclhsi  \on  Antiochia  und  Jerusalem  durch  ganz  Syrien  un  l  Ara- 
bien miL  wilden  Stürmen  verbreiteten,  und  unter  Kaiser  Jus lini au,  in 
derlGtie  des  sedbaien  Jahchnnderta  an  lansaid  nranophysitisdie  Ksehofa 
von  ihren  Steen  veralofsen  worden,  so  landen  d»en  diese  die  grölrten 
Beschfitaer,  Venheidiger ,  Gastfreunde,  an  den  zahlreichen  Horden  der 
Saracenen,  oder  der  christhch  gewordnen  Araber ,  welche  seit  einiger 
Zeil  in  grofsen  Schaaren  aus  dem  Innern  ihres  Landes  an  die  Syrisch- 
Palästinische  Grenze  herbeigeströmt  waren,  um  Theil  zu  nehmen  an 
den  Kiämpfen  der  Christenparteien.  Alle  Arabische  Grenzvölker,  die  bis- 
her nnter  ihren  Enatm  In  BAndniisan,  sowol  mit  ihnn  Persisdben  Naeh- 
harn  als  mit  den  Byiandnisdien  Kaisem,  gestanden  hatten,  unter  dem 
Titdi ;  Praesuh  s  Foederatorum  SsrntUomm  .aolgefihrt  vf erden,  fielen  nnter 
BifL  Phäol,  Kkate  1S24.  E  e 


218 


R  I  T  T  B  A 


Jattinian  ab  und  wiedeilioltiea  ihre  «Iten  Raubfiberi^IIe  und  Fehden, 
jetzt  zur  Veriheidigung  der  verstofsenen  Geistlichen  und  Bischöfe,  die 
bekanntlich  auch  bei  den  Persem  Schulz  und  Beistand  fanden,  zumal 
unter  Kosroes  um  Ktesiphon  sich  ansiedelten,  und  sich  seitdem  über 
ganz  Osiaäien  bis  an  die  Grenzen  von  China  und  Indien  verbreiteten. 
M»  Anastasius  (629)  moupphysitiacher  PuriBidk  wa  Antiodiia  gewor- 
den war,  halten  tidk  dia  wädiesien  ReligionsstShue  fiberall  im  bcDad»- 
banän  Oriente  Terbieitet,  und  auch  im  Peträischen  Arabien  waren  die 
mehrsten  Episkopate  schon  abgelöst  Ton  der  orthodoxen  Kirche ,  ehe 
noch  die  Siego  der  ersten  Chahfcn  die  föHige  Trennung  Peiriiaa  von 
dem  Äbendlande,  was  nun  nicht  mehr  sciiwer  war,  ToUenUeicn. 

Was  uns,  von  nim  an^  die  Annalen  der  Muselmänner  über  die 
Verwandlung  dieses  ehrisiliclieii  sogenannten  Pshesdna  tertia»  in  eine 
rein  mahamedanisclie  ProTina  fiberilielere  haben,  iak  nngemein  dürftig» 
da  sie  nnr  schnell  hindurch  eüten  zu  den  reichem  Landschaften  yaa 
Syrien,  Phönicicn  und  Aegypten,  Pcli-äa  aber  seinem  Schicksale  über» 
Uefseii,  da  es  im  Zusammenstols  jener  drei«  ihnen  allerdings  Ton  selbet 
zufallen  miUste. 

Der  alkffiltaste  Kampf  Muhameds  g^g6ii  die  c&xisäiciie  Hen^ 
sdialk  fiel  indeb-grade  an  derOs^renae  des  FettSisdien  Arabiens»  nam^ 
heb  an  der  DitieeHi^renae,  am  OMoliBr  dee  GoUi  vws  Akaba  ror,  im 
Norden  von  Hedina  auf  der  Heevstrafse  gegen  Karac.    JXk  dortigen 

Gebieter  hatten,  wie  Abuifcda  sagt  (*),  den  Bolen  erschlagen,  den 
Mull  am  cd  an  den  Herrn  von  Hoszra  (ad  Dominum  Bosmrum) ,  oder 
Bosu-a,  d.  1.  nacli  dem  Sitze  des  Metropoliten  im  christlichen  Arabien, 
mit  -deiB  Anirnf  seiner  Ldire  bebntreien,  gpsendet  hatte.  Daher  sdiirkte 
er  seinen  Diener  Zaid  mit  3000  Mann  ddim,  der  aber  im-Süden  tob 
Karac ,  bei  don  Orte  Muu  (bei  Abnlfeda ;  aber  Kofaiv  Hbr^y»»»  bei 
Theophanes  p,  278)  (^)  von  Romanen  und  christlichen  Arabern  (100,000 
Mann  stark  nach  Abu  !  ff'dnV  Anpf'b»') ,  überfallen  und  geschlagen  ward, 
wobei  drei  ihrer  auägezeichneien  üiuubenshelden  fielen  und  der  vierte» 


(i)    Abulfcdae  Annales  Musiemid,  loh.  lac.  Beiskii  ed.  Adier.  Uqfniae  1789, 

r.i,  ^143.  ♦   * 

(«)  43r.  Adl«r  J^A  Jfti«.«8,  erf ^.  149»  O^^S^i 


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aur  Getciuekte  da  Petnutcken  jiraHtm, 


219 


Glialed»  Yalid*»  Sohn,  die  Fibne  ergriff  und  die  IVplieni  meh  He- 
dina  i^fiddich  snrfidiäluie;  in  denudben  Jebre  629,  (8  J«far  dar  Heg.), 
in  irddiem  Muliamed  audi  Miekka  eroberte. 

Im  folgenden  Jalire  (630)  als  die  Datielemte  zum  festlichen  Ge- 
nüsse einlud,  tmd  eben  darum  noch  viele,  dem  neuen  Propheten  Wi- 
derspenstige zurück  blieben,  brach  Mubamed  zum  zweitenmale  gegen 
die  Romanen,  ivie  Abnlfeda  ngt,  näfldidi  gegpn  den  Wceten  anf.  £• 
wur  im  October^Monet;  er  drang  mit  30000  TÄmh  über  die  alten  Sitte 
der  Tbaandiiai  {*)  mA  -reu  da  weiter  nordwiTts,  siegend  bv  zur  reidien 
Oase  Tabnk  vor  (auf  der  jelligen  Hadjiroutc,  noch  bis  heute,  eine  Haupt- 
8tr5tinn ,  im  O-^tpn  von  Ras-Mahamed ;  12Tagereisen  im  Norden  Ton  Medina, 
16  im  Süden  von  Damask,  etvra  9  im  Süden  Ton  Boszra). 

Von  da  aiu  begannen  viele  freiwillige  Unterwerfungen  der  christ- 
bdien,  von  der  orAodosen  KIrcbe  abtrfinnigen  Gemdnden  de»  Pe- 
tiüieben  Anbtent,  die,  gegen  Zahinng  ven  Tribut,  «eh  in  Yertritge 
mit  d«a  Sieger  einBefsen.  Deren  nennt  Abulfeda  drei,  bei  diesem 
ersten  Vorrücken.  Es  waren  Ocaid,  Sohn  des  Abd-el  Malek,  des 
Christen  und  Gebieters  von  Daiimat -el-Gandali,  der  als  Verbündeter 
mit  dem  Perserkönige  das  Ehrenkleid  von  diesem,  ein  Prachigewimd  von 
Ooldetoff  trug,  welches  Bewundenuig  der  Araber  erregte;  er  mochte 
woU  ein  Nestorianiieher  Gbriet  Myn.  E»  waren  ferner  die  Bewobner 
dei  uns  wibebannten  Adrog,  nnd  endlidi  aneh  Jobannes,  der  ebrkt- 
liche  Beherrscher  von  Ailah ,  im  innersten  Winkel  des  AOanitischen 
Colf"?.  der,  wie  Abnlfeda  erzählt,  Muhamed  entgegen  kam,  und  sich 
zu  einem  Tribute  von  30*i  Goldstücken  jahrlich  vei  pdichtete  (^).  Alle 
andern  Sutionen  der  abir&nnigen  christlichen  Kirclie  in  Peträa,  schei- 
nen, obwol  uns  dies  nicbt  tnsbetondere  gesagt  wird,  diesem  Beispeie 
bald  gefolgt  au  sejn:  denn  anbb  der  enbisdiSflidie  ^la,  Bosara(^), 
ipng  auf  diese  Weise  nadt  der  Scblacbt  von  Jannub  an  Abu  Bekr 


(t)  Abnlfeda  £&^m. 

(i)   i  rixT  die  Unächtheit  des 2Xt>iBmii  Meurimis dättuHiUt  «. VoM  6  GibboB  tSf, 

c.50.p.i65,  D.  Beck.  Uebcrseliung. 
(3)   Abulfeda  Lcp.  223,  243,  245  ete. 


Be  3 


220 


R  I  T  T  B 


äber  (634) ,  und  swet  Jahr«  ^ter  fid  ieraBdcm ;  un  Jahr  640  kaa 
«udi  (las  Nilihai  in  die  Gewalt  der  Ghaliphen. 

Seitdem  verschwinJet  alle  genauere  Kunde  der  Fremden  Tom  alten 
Peiräischen  Lande :  einige  Jahrhunderte  hindurch  hcwcf^t  sich  die  giT»f»e 
Arabische  Völkerwanderung  durch  dieses  Gebiet  hindurch  gegen  deo 
Westen,  um  die  weite  nordliche  Hälfte  Afrikas  zu  beyölkem;  die  Ka- 
rawanenatraften  nach  Medina  und  Meklat  ▼on  Damaskus  und  Kairo, 
nmlstcn  am  iimeni  Golf  "um  Aßah  auaammenaiofeen  mn  jene  GlMolii» 
gen  zum  Grabe  ihres  Propheten  zu  führen.  Das  Peträische  Arabien 
wird  daher  von  nenem  das  Land  des  Dtn-rhzugs  und  der  Heerstrafsen, 
.  die  Bewoliner  werden  die  Karawanentüiirer ,  die  Diener  und  Ghafir's, 
oder  Beschützer  der  Pilger.  Immer  neue  Arabische  VoULentümme  dräu- 
gen  daher,  nach  und  nach,  am  dem  imiem,  fiatUdian  Hed^  mid  Kedjed, 
dem  HocUande  Hittdandnent«  dort  tin,  um  Tbeil  pn  dem  VerdioMls 
diese»  Paisagelaiidei  zu  nehmen,  und  ein  Geichkdit  wird  nach  dem  an* 
dem,  aus  Ccsira  Ailah«  den  halbnnifloswn<p,  irie  es  die  Araber  ne»- 

aen,  verdrängt. 

Auf  diese  Angaben  beschränken  sich  seitdem  alle  ISachrichten  der 
Arabischen  Geographen  tmd  Geschichtschreiber.  Der  magre  Auszug 
den  wir  von  des  Termeindichen  £bn  Haufcal*»  Geographie  des  Orienia 
bedtxen,  gibt  gar  keine  nihere  Kunde  dieser  Cegeadi  obwol  ne  so  dicht 
an  die  Hcimaih  der  edelsten  AraberstSmm«  grenxpt;  er  unm  nur  sw«i« 
mal  den  Ort  Aileh(<)  (d.i.  Ailah). 

Edrisi  (2)  ist  zwar  umständlicher;  er  nennt  viele  Orte  dieser  Erd- 
gegend, wie  Fama,  den  Berg  Tur,  die  Hatenorte  Masdaf,  Sciarm^albait, 
das  Vorgebirg  Abi-Muhamed,  und  die,  wie  er  sagt,  mäfsiggrolse  Stadt 
Ayhb,  aber  neue  AnjErohlfisse  giebt  er  nicht.  Diese  erhalten  -wir  ent 
Hör  die  Topographie  de»  PMraiieheik  Arabi«M  durch  Abulfoda's  Bo- 
sebreibung  des  Meeres  von  Kolzum(^)  und  der  Landschaft  Anfaien,  wo 
€r  ^ücklicher  Weiae  über  Ailah  als  Au§snz«ng»  apricht.   Den  Beireis 

(t)    Ebn  Haukal  Orifnt.  Geogt:  b.  Ouseley  p.kXt^l* 
(a)    Ed r ist  Geogr.  tiubiensu  p.  109  etc. 

(3)   Abulfedac  Dejcripüo  Maris  AlkobMm.  edid.  loh.  GraevUu  in  Script.  Graed. 
Münnt,  OsvN.  1712,  roLm,Jbi.7^»  ^JUl-ilb, 


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Sur  Goie&K&te  dt»  P^rätdien  jinUau* 


221 


fBst  adne  eigeiiai  Beobaditimfai  findcs  inrir  in  idhen  AmMlen  ^ 
«r  adner  cnten,  swdieii  md  dmtm  Mgerftlirt  aach  UeUja  emduitr 
vnd  diese  letztere,  im  Jahr  1319  mit  dam  Sultan  Malec  en  Nasr  tob 

Aegypten  zunicVlpc^tp,  und  etwas  genauer,  wenn  glelcli  n?clit  i'n  allen 
Tbeilen  umsLändüch  genug  beschrieben  bat.  Sie  führte  ilm  nhcv  Ailah. 

Abulfeda's  Geographie  wird  wohl  die  wichtigste  Arabi&che  Quelle 
tfiher  di«ae  Gagead  Udbcn,  ao  lange  wir  nidit  den  vdlaiiuidigan  Ebnp 
Bavilud  oder  Sfan  Batate  erbalten  werden'. 

Gleidueilig  mit  den  Arabern  laufen  die  fiidfaiAim  Itinerarien 
christlicher,  emopaischer  Pilger,  die  jedoeb  nur  zuweilen  das  Gebiet 
des  PetfäHrhcn  Arabiens  berühren,  und,  wenn  es  ihnen  gclinct,  auch 
selbst  durch  SU  eif  en,  doch  nur  um  den  Sinai  auf  dem  allbekannu  n  Pfade 
£u  besteigen.  Die  Frucht  für  die  Landeskunde  ist  ans  den  m.eLirsiea 
nur  eehr  gering,  bia  die  neuem  Focacbnngen  mit  den  Rdien  nidi  den 
Sinai  beginnen,  die  aeit  Geraten  Niebnhr,  erat  astronomische  Beob- 
achtungen zur  Annäherung  genauerer  On ^bfwtiminwigpn  geben,  obwol 
auch  schon  Pater  Sicard  (^)  dergleichen  angestellt  haben  will,  von 
denen  wir  jedoch  zu  einer  Karte,  bisher  überhaupt  nur  er^t  zwei  brauch- 
bare erhalten  haben,  die  von  Suez,  und  ganz  kürzlich  Ton  Akaba  Ailab. 
Die  Legenden  dea  Klostert  am  Sinai  Ueibfln  rwar  tinfrncbibar  lür  nxt* 
eere  üntenndiw^en,  aber  «n  der  Geachiehte  dieaea  «iniig  eibaltnen 
Denkmals  einstiger  Herrschaft  der  grieehiacihett  Kirehe  auf  der  ganaea- 
Halbinsei,  gebt  die  Zeitgeschichte  eiaea  ToUen  Jahrtaiuenda  irie  an  einem 
Spiegel  Torü^er .  in  dem  doch  manche  Bilder  anfgefangen  Yrordotj  die 
ohne  das  verloren  gegangen  scyn  würden. 

Wir  schliefsen  den  kurzen  historischen  Ueberblick  über  diese  Bruch* 
atfieke  -von  lerrtrenten  Nedirichien  mit  einer  Bemerltung,  die  nna  ein 
minder  bekannt  gewordner  Dentscber  Pilger  aus  der  Mitte  dea  Tiersebn» 
ten  Jahrhundert,  Peter  {t^dga  Ludo^h)  de  Suchern  (^),  Geistlicher 
ana  fkdeiboni,  in  aeinem  wenig  beaditeten  Itinecarium  (Tom  Jabr  1336 

(i)    Annaks  Moskmid  ed.  Adlc-r  T.Y,     193, 281,  331. 

(a)    Leltret  idijianies  et  curieuscs  etc.    Nouv.  Edit.  Lfon  1819,  T.  III,  p.  400. 

(5)  Ludolph  de  Suchern  Libeilus  de  länere  ad  Terram  Sanctam.  feneL  S»a.  — 
ItanlNli.  1477. 


322 


bis  1350)  i  fiber  di«.  AnwobiMr  dei  Sinn  ma  die  Huid  g|«bt,  wddke 
cnMO  bCMiiden  Umstand  am  der  Legende  des  Klosters  bestätigt,  dcMOD 
Folge  noch  liemte,  fibei-  das  Verhältnifs  der  dienenden  und  herrschenden 
Arnher«;*:mirne  zu  jener  fremden  Ansiedlong  alt  einer  allen  überiiefertoi 
Eimicliiung  ,  einigen  Aufschiufs  giebt. 

Die  beulige  Legende  des  Klosters  erzählt  (')j  dafs  dessen  Erbauer, 
Kaiier  Juiiiniani  bei  der  enien  Giündnng,  amch  Hör  die  Bedienung 
der  Geifltlicben  in  fremder  Umgebung  dadnreb  sorgte,  dafs  er  eine  Aik 
zahl  der  Eingebomen  vom  Gestade  des  Pontus  Euxinus  ab  Xnei^te  dort> 
bin  gesendet,  und  auf  dem  Gebirge,  als  Wächter  des  Klosters  und  sei- 
ner Pflanzungen  angesiedelt  habe,  deren  Nachkommen  auch  im  Dienste 
der  dortigen  Aasiah  blieben.  Spaterhiu,  als  die  Sultane  Aegyptens  für 
die  Bestätigung  der  Klostergerechtsamc ,  von  den  Vorstehern  des  Sinai 
Sdiats  und  TbiterlMlt  6»  Torfibernehenden  Mieikba-Filgtt  reriangien, 
bauen  die  Geistliclien  mehrere  Arabemiinme  mr  fetten  Anriedlung  in 
die  fruchtbaiern  Tliäler  ihres  Gebirges  eingeladen«  duTcb  sie  Schutz  aa 
Tcrleihen,  denen  ober  bald  immer  Andre  und  Andre,  ans  dem  Hedjaz 
nachgefolgt  seien.  Diese  hallen  sich  immer  gemehrt,  ihre  Mnrht  sey 
gewachsen,  die  der  Christen,  denen  einst  die  ganze  Ilaihin&ei  gchurte, 
■habe  dagegen  abgenouuient  und  Me  seien  endlidk  nur  auf  ihr  Kloster 
und  dessen  Gebirgp  besdirSnkt  geblidien»  and  in  Abhängigkeit  der  }&► 
gern  Ansiedler  geratfaen.  Die  Kiiedhte  und  Hörigen  des  Klosters  wur- 
det nun,  da  die  Klostergüter  entrissen  waren,  die  Siilaven  der  Musel- 
männer; sie  waren  Christen,  vNTirden  aber  nach  und  nach  Moslem's 
und  nahmen  die  Sitten  der  Beduinen  an  ,  blieben  aber  die  iirmsien  un- 
ter ihnen,  und  bei  alle  dem  noch  die  nächsten  Angehörigen,  ja  selbst 
die  Diensdeute  der  Mönche. 

Peter  de  Suchern  unterscheidet  im  naunundsiehiigsiea  Ksfniel 
seines  Reiseberichts  nun  wirklich  noch  diese  Knechte  des  Klotterg^ 
birgs  von  den  andern  Beduinen,  die  er  Baldewini  schreibt.  Jene  nennt 
er  C'^nvprsi  et  Laici ,  die  auf  dem  Gebirge  die  schwere  Arbeit  hätten, 
Kohlen  zu  brennen  und  diese  nebst  den  Dattelvorraihen  auf  ihren  Ka- 
neden,  sowol  nach  Heljm,  d.i.  Allah,  also  nach  Osten,  wie  nach 

(i)  Bnrelkar4t  7>w.  'i»  ^941 


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«fr  GetekielUe  des  Petmuchm  Arabiens, 


323 


Wen»  nadi  BabyUniia  bov«»  d.  i.  Kuro,  cum  Yerkanfe  la  Iiriiigffi,  wm 
bekannilich  auch  heut  sa  Tttge  der  Hanpterwerb  aller  dortigen  aimen 

Beduinenslainme  ist. 

Aus  jener  IJezeichnung  und  den  übrigen  Angahon  sollte  man  ver- 
muthen,  dafs  sie  damals,  ia  der  Mitte  des  vierzehnieu  JaUikunderts,  wirk- 
lidi  nodi  der  chrittlidten  Kirche  «D§peh5rt  hSuok. 

Durcli  die  trcl&idieu  Beobachton^  Burek]iardtt(*)  auf  die- 
sen Gebirgsböben  erfahren  wir,  dafs  offenbar  deren  Nachkommen,  noch 
heute,  die  dortigpa  Gdbayle  (das  BergralL)  aind,  die  ihre  Abkunft  von 
christlichen  Sklaven  selbst  anerkennen,  von  den  reinen  lledjaz-Arahem, 
die  sie  verächtlich  :  Söhne  der  Christen  nennen,  in  keine  eheliche  Ge- 
meinschaft aufgenommen  werden  >  dafs  die  letzten  dieser  christlicheu  Be- 
dninen  em  in  der  Mitie  des  Jahrhunderts  unter  ihnen  anwtar^ 

hcn,  und  da&  diese  Gebirgsbewohner,  die  sogenannten  Gebayle,  an  dem 
sehSnaten  von  den  übrigen  Beduinen  gpuiz  verschiednen,  wabrscheinlidi 
vom  Kaukasischen  Stamme  herkommenden  Menscbenschlui^e  gehören, 
aber  in  allem  die  Lehensweise  und  Gebränche  ihrer  JSachbarUt  der  Be- 
duinen, angenommen  haben. 

Die  Geschichte  der  Petraischen  Halbinsel  bietet  daher,  nicht  nnr 
dnrdi  ihre  geographische  und  histornehe  SteUnng  au  ihrm  Ungebnngen, 
nnd  durch  das  Ueber-  und  Ineinandergreifen  drei-  und  Yierlacber  Nach* 
barländer  und  Völker,  vielseitige,  allgemeinere  Berühnuigen  mit  ihren 
Umgehunt'en  dar,  sondern  sie  zeichnet  sich  noch  anfscrdera  durch  sehr 
eigcnthümUche,  innere  Erscheinungen  auf  ihrem  eigenen  Boden  und  in 
ihrer  eigenen  Bevölkerung  und  Belebung  aus,  die  nicht  ohne  gestalten- 
den Einflnfs  auf  die  ndier*  und  femer-  abstehenden  VöUtervediiiliniase 
bleiben  konnten;  sie  bat  selbst  Natur-  nnd  Kunst-Denbnale  aufitnwei- 
sen,  die  noch  genauerer  Unsersucfanng  werdi  sind. 


(0  Burokhardt  2Vw.  Ii  e.  p,  ^2. 


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Nachträgliche  Bemerkungen 
zu  der  Abhandlung  über  die  Antigone  des  Sophokles, 

ff"- BOECKE. 


]^^•dkkln  ieb  meine  Abhandlung  über  die  Antigene  dei  Softbolile«  vor 
der  Herauagabe  nmerer  Sciiriften  Hmth  Seidler  nütgetheilt  hatte,  hat 
derselbe  in  der  A.  L.  Z.  1825.  N.26.  unter  der  Aolkfarift  ,,Littera^ 
riscbe  Analelt len"  Gegenbemerkungen  bekannt  gemacht,  um  seine  Re- 
stimmnng  der  Zeit  der  Autrührung  der  Anüconc  aiifrecbt  zu  nlialten. 
Diese  haben  mich  veraniafst,  zu  meiner  Abiiuudlung  ciuigc  iicmcrkimgea 
uadisatrafen,  um  meine  Darfegiwg  2u  Ycrrollaiandigen,  wddie  Ton  die- 
«em  bedäditigen  Gähnen  nidit  ridiiig  anfgelalat  worden  an  «ein  adieinu 

Zuent  mufs  ich  noch  einmal  von  dem  ungenannten  Biograpben  8pre> 
eben,  weichet-  den  Sophokles  sieben  Jahre  vor  dem  PeIoponnF«;i<;r}!f»n  Kriege 
Feldhen'  werden  liifst,  das  lieifst  nach  unserer  Art  zu  reden,  im.  achten 
Jahre  rückwärts;  denn  ^7.  behaupte  ich,  die  Angabe  sei  auf  jeden  Fall 
ungenau ,  da  mali  den  Archen  Morfdiidet  und  den  ArchoD  PyrUiodor 
mtireehnen  mfines  ea  iann  alier  sdMÜnen»  aelbai  wenn  der  Kograph 
den  Wahltag  im  Jahre  vor  Morychidea  im  Auge  gdiabt  habe,  hätte  er 
nur  sagen  dürfen  acht  Jahre  oder  im  neunten  Jahre,  welches  auch 
Sei  die  r  mit  einer  Stelle  aus  dem  Thukydides  belect.  Hierbei  ist  jedoch 
nicht  2U  übersehen,  dafs  Griechen  und  Römer  angefangene  Jahre  iu  der 
Regel  als  voll  zahlen,  dafs  sogar  eine  Zeil  von  zwei  Jahren  T^un^^U,  von 
vieren  «wnni^  heifit»  und  wa«  dergteidien  mehr  itt;  und  e»  in  daher 
mcht  an  ferwundem,  deb  Do d well,  ein  Chronologe,  der  vide  Zahlen 
geleacn  und  geprüft  hatte,  an  der  Stelle  des  ThuL^dides  Anstob  nahm, 
die  nicht  zur  Richtschnur  für  den  gewöhnliehen  Sprachgebrauch  gemaidit 

MisU  Plulol,  Kiasse  182^  F  f 


226 


BÖCX.H   Nachträgliche  Bemerkungen 


werden  kann.  Und  wenn  der  Biograph  das  mchte  Jahr  vor  dem  Pelo- 
ponnesiscben  Kriege  meinte,  v.  elrlips  bis  zum  zehnten  Monnt  i^cs  Archon 
Morj'chiJes  zurückreicht,  so  mulste  der  Anfang  der  Sophokkischcu  Stra- 
tegie erst  gegen  das  Elnde  des  Archou  Murycliides  gesetzt  werden,  und 
obg^cli  das  «bzige  tüchtige  Zeugnift  die  SuniicheD  Sanipf«  nmer  Ti> 
ittoUes  und  Sloiycfaides  aetst,  müfste  mm  der  zwate  fiamiadie  Peldsiig 
ent  unter  Glaidudei  beendigt  werden.  Auf  eine  idche  Angabe  bei  ei- 
nem aas  Lappen  zusammengeflickten  Biographen  so  grofses  Ge^viclit  zn 
legen  ,  kann  ich  mich  nicht  entschliefsen :  sie  trägt  in  sich  selbst  das 
Gepräge  der  Ungenauigkeit ;  genaue  spätere  Scbiiftsteller,  die  etwas  wis- 
sen, geben  die  Archonten  an.  Wie  bestimmt  ist  dagegen  die  Angabe 
des  Sehoiltastcn  nun  Arittophanei,  wenn  er  die  Semischen  Kemple  nnier 
TümoUes  nnd  Mbijcliidies  setttj  es  genfigi  üun  nickt,  nvie  scUechlen 
Schriftstellern,  Einen  Ardion  Sit  nennen;  er  nennt  uns  zwei.  W&ren 
die  Samischen  Kämpfe  erst  unter  Glaukides  entschieden  worden,  warum 
hätte  er  gerade  diesen  verschwiegen?  gerade  das  wichtigste  und  entschei- 
dendste Jahr  übergangen,  in  welches  die  Belagerung  von  Samos  nun 
•ehr  neit  hineinlaufen  müijste?  Dies  nöthigt  mich,  von  dem  Biographen' 
und  von  der  bexeiciuieten  Auslegung  deasdben  efaragehen,  mid  eine  der 
bflidiCTi  andeni  mo^ÜdbeB  AmxalmMny  die  ich  .in  meiner  ^Mi^^ullw^iy  aniL 
gestdlt  habe,  TOrzuziehen. 

Bei  der  Entwickelnng  der  zwei  möglichen  Ansichten  gehe  irh  nicht 
darauf  aus.  den  Monat  zu  bestimmen,  in  welchem  die  Samischen  Kample 
angefangen  hatten,  welches  ganz  immöghch  ist,  sondern  ich  stdüe  hjpo- 
dietisdt  Ton  den  Tiden  MS^^icbkeiten  swei  hüi,  woraot  ein  Tersdned» 
nee  Er9eiMU&  folgt;  di«  in  der  Mitte  nrischen  beiden  liegenden  Hypo- 
thesen durchzugehen,  war  theils  Stt  vwitläuftig,  iheils  darum  überflüss%, 
weil  sie  in  Rücksicht  der  EIrgebnisse  mit  den  beiden  aufgestellten  über- 
einstimmen. Die  zweite  dieser  Annahmen  ist  die,  wonach  (Ins  Bündnifs, 
TOn  welchem  alle  lici  crlinung  ausgebt,  in  den  vierten  Olvtnpisc  Ikh  Mo- 
nat von  Olymp.  83, vi.  gesetzt  wird.  Seidier  hat  indeis  diu'ch  Vcrglei- 
drang  der  Stdlen  Thnkyd.  II,  2.  I,  67.  I,  87.  gezeigt,  defs  nicht  über 
den  £bifien  Otymptsdien  Monat  turfiekg^paigen  werden  bannj  gleidi- 
viel  jedodi,  ob  wir  das  Bündnifii  in  den  vierten  oder  fünften  Mooat 
eMien,  lilk  sich  der  An^ff  -ron  SeniM  auf  Milet  in  das  Spiqabr 


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fifor  die  AnÜffM»  dn  SofAokigi, 


227 


Olymp*  84,4.,  der  Anfimg  des  sweitea  ftwifudw  XxMg«  aber,  wie  ich 
§.  A.  sage,  Ende  Winters,  oder  in  den  Anfang  des  Frühlings  setzen. 

Zu  kui-z  kann  man  die  hierdurch  nKp;emesscne  Zeit  für  die  Begebenheit 
ten,  "welche  der  neunmonatlichen  Belagerung  vorangingen,  nicht  finden; 
je  nach  den  Umstanden  können  solche  Begebeabeiien  schuelier  oder 
lewymer  ToDfoIut  veaden,  und  im  AUg^nemcn  ljUtt  lidh  hierüber  gar 
nichtt  hcMimmcns  wenn  aber  die  Sehrilbtdler  tod  nidier  Fol^  der 
Begebenheiten  sprechen,  so  wird  die  ToUfihmng  der  Sachen  in  kfinei> 
rer  2^it  vrahrscheinlicher.  Ich  habe  nun  in  meiner  Abhandlung,  ob- 
wohl, wie  ich  zeigen  >verde  und  auch  früher  bemerVt  hahe  ,  mit  drei  bit 
vier  Monaten  auszukommen  wäre,  für  jene  Ikgcbcnhciicu  einen  Spiel- 
raum von  ungefähr  sechs  Momnen  geias&en;  und  man  könnte  eben  so 
gut  sieben  «eiaen,  ohne  daft  in  den  Folgerungen  etwas  geftnden  wtirde; 
ist  ein  Honet  -?on  Seidler  abf^Migen  worden,  so  stehi  es  frei  ansnneiimen, 
das  Jahr  01ynpb84»4.  sei  ein  Schaltjahr  gewesen,  wodurch  für  die  politisdie 
Jahrein iheilung ,  worauf  es  hier  allein  ankommt,  der  Monat  wieder  ge- 
wonnen wäre.  Mnn  kann  gewifs  nicht  behaupten ,  dafs  in  so  lanf»er 
Zeit  nicht  das  habe  geschehen  können,  was  vor  der  neunmonailicben  Bela- 
gerung, das  heiÜBt  vor  der  Schlacht  bei  Tragia  vot^egangen  ist.  Es  ist 
neimilich  avch  jeiM»  noch  gestattet,  die  BegebenheiHm  mit  dem  üBnften 
oder  sechsten  (Sjmpischen  Monate  anzufangen,  und  bis  in  den  llanychion 
fortlaufen  zu  lassen,  der  der  gewöhnhchc  Frühlingsanfang  ist:  folglich 
haben  wir  aufser  dem  fünften  Monat  Mämakterion  den  Poseideon  I.  Po- 
seideon II.  Gamelion,  An'fiesierion ,  Elaphebolion,  Munychion.  Wir 
bi-auchen  aber  so  viel  Zeil  nicht,  sondern  können  mit  di-ei  bis  vier  Monaten 
ganz  bequem  aw^onmen}  amr  mnlä  man  die  Begehenheilen  niebtins 
Grolse  mahlen,  einen  Zng  von  Samoe  nadi  Miiet  sudi  nich»  wie  einen 
Einbruch  in  Bufsland,  und  kleine  Unterhandlungen  nicht  wie  einen 
Bnropaischen  Congrefs  vorstellen.  Die  Orte  nämlich,  welche  hier 
in  Betracht  kommen ,  sind  alle  niclii  weil  auseinander  gelet^en ;  der 
ftlittcipunkt  für  dieselben  ist  Samos,  wovon  in  gerader  Richtung  Milet 
etwa  6,  Sarde«  17,  Lemno«  40,  Athen  eben  so  viel  Deutsche  Meilen 
entfernt  ist;  meist  Seeweg,  schndl  lorndeulegen  gut  Rndem  nnd  Se» 
geln,  oder  wenn  der  Wind  nngOnstig  ist,  mit  Rndem  aDein.  Um  hamt 
s.  E  fo%ende  Zeilen  sebem.  lÜlet,  tou  Skukm  besiegi,  swei  Wochen 

Ff  2 


328 


B  ö  c  K  H   NachlrügUche  Bemerkungen 


(wenn  es  beliebt,  nnd  drei  Tage  genug,  in  welchen  das  Schicksal  von 
Millionen  entschieden  werden  Lnnn);  Reise  der  Parilieien  nach  Athen, 
zwei  W'oclien;  Fahrt  der  Atliener  nach  Samo«,  drei  Wochen;  von  der 
Ankunft  der  Partheien  zu  Aihen  bis  zur  Aukuxüi  der  Flotte  vor  6amo&, 
Herstellung  der  Demokmtie  in  Samo«  und  Abfiiltttaig  dn-  GfliMa  imA 
Lenmott  swei  Wochen;  deim  PeriUes  larfiek:  ith  ikiyatv 
^nifa^g  Ssnenti  mmrtAuni«  hrtBÜfiBu  üs  Tig  (Diodor.  XII,  27.). 

Wäbcend  dieser  Tieraehn  Tage  wird  auch  Pissuihn«  die  dem  Perikles 
nach  Plutarch  gemachlen  Anträge  von  Sardes  au<;  haben  machen  kön- 
nen; dazu  Ix'dnrAe  es  höchstens  sechs  Tage,  oder  wenn  Pissuthnes  schon 
zum  voraus  aul  die  Ankunft  der  Attischen  Flotte  gerechnet  hatte,  einer 
eo  Ueinen  Zeit  ab  jedem  bdi^MU  ¥<»  den  Saauttm  gingen  aber  Einige 
neck  den  ftstcn  Landej  um  den  Aibenern  cn  entgehenj  die«.tt6ge&tie 
•dit  Tage  vor  Periklei  Ankunft  gethan  haben ,  gegen  welche  Annahme 
nichts  streitet ;  und  dann  machen  sie  mit  Pissulhnes  Bundesgenossen' 
Schaft,  sammeln  700  Söldner,  und  greifen  Samos  in  nächtlichem  Ucbc-r- 
fall  an.  Hierzu  werden  vier  Wochen  übrig  Zeit  sein,  zumal  da  in  Karten, 
im  Lande  der  Söldner,  mit  Pissuihn^  Hülfe  700  Mann  gewifs  in  Einer 
Wodbe  .svMnmengebracht  vrcrdAi  konnten.  Der  Uebet&ll  tob  Samoe 
fiele  hiemacb  Eine  Woche  nach  Perikks  Abang;  Krie  die  Gnecfacn 
Ipsara  gleich  nach  Abzug  der  Türkischen  Hauptmacht  wieder  genommen 
haben.  Hierauf  stürzen  die  Aristokraten  die  Demokratie,  holen  die 
Geif&eln  von  Lemnos,  liefern  die  Attische  Besatzung  dem  Pissuihnes  aus, 
rüsten  gegen  Milet:  dafür  mögen  voriauiig  zwei  Wochen  gegeben  werden. 
Denn  dae  JRfisten  der  Griechen  ging  schndter  iJa  das  heutige  Mobilmachen: 
iK  doch  jeder  Bürger  Bon^ch  Krieger,  und  braucht  Uoft  aufgeboien  la 
werden:  die  leichten  Schiffe  waren  schnell  in  Stand  gesetzt.  Man  sieht, 
drei  Monate  genügen  überflüssig  für  alles,  was  hie  dahin  vor  dem  zweiten 
Feidzuge  hergeht,  dessen  ei  ste  Schlacht  die  neunmonailiche  Belagerung  zur 
unmittelbaren  Folge  hat.  Wir  geben  nun  von  du  an  einen  ganzen  Monat 
aur  Ankunft  der  Attischen  Flotte  vor  Samos,  wiewohl  diese  schon  zwan» 
zig  Tage  nach  dem  nachdidien  Uebttrfall  weder  da  «ein  konnte;  denn  in 
adin  Tagen  können  die  Athener  Nachricht  eriialien  haben,  und  aehn  Tage 
später  könnoDt  sie  in  Samos  sein;  nach  leuterer  Voraussetzung  würden  drei 
Monate  und  wenige  Tage  btt-tur  zweiten  Ankunft  der  Attucfaen  Fbtt« 


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üier  dt»  jiaägane  de»  So/Aoüe$, 


229 


genflgeo;  aber  idi  geba  noeli  don  vkrtini  Mouii  aa.  Erat  |^c1]ceil%  mit 
dflr  Athner  Anknnft  «tdien  die  Samier  mit  ibrer  Floue  tw  Milet,  und 
s^dn  saruck,  -wo  sie  denn  bei  Tragia  geadjbfjgeii  worden:  also  haben 

Rip  sich  sos^&r  fast  sechs  Wochen  rüsten  können,  wenn  wir  für  die  Bege- 
beiilieiteu  vor  der  Schlacht  bei  Tragia  vier  IMonaie  annehmen.  Was  ist 
in  allem  dem  unglaublich?  Aber  man  hat  noch  ühei-dies  einen  ^eit- 
fHUR  Ton  drei  andern  Monaten  flbrig»  ans  welchem  man  so  vieL  Zeit  so- 
•etaen  Icann»  ab  man  vriU.  Das  atterdings  entlegene  Byni»  4Brf  man 
nicht  in  Rechnung  bringen;  es  ist  zwar  gewifs,  dafs  ßyzanz  zugleich 
mit  Samos  ubfällt  und  sich  wieder  eryiebl  (ThnkYd.  T,  115.  117.);  diese 
Sache  steht  aber  mit  den  übrigen  in  keinem  solchen  Zusammenhange, 
dafs  irgend  ein  Frülier  oder  Später  in  Bezug  auf  einen  bestimmten  Vor- 
fall des  Semisdiien  KampCes  ausziunitteln  wäre.  Es  siebt  also  von  die- 
ser Seite  meiner  iweiten  YonnsseizuDg  eben  so  wenig  al^  der  ersten 
etwas  entgegen,  vnd  Sophokles  Antigene  kann  alio  eben  so  gut  in 
Olymp.  84,3.  als  Olymp.  84,4.  gesetzt  werden.  Es  liefsen  sieb  aber  ge- 
gen die  zweite  Voraussetzung  die  §.  6.  bemei  kien  Sclnvierigkeiien  erheben; 
mir  scheint  jedoch  gegen  die  Art,  wie  ich  sie  beseitigt  habe,  nichts  Er^ 
bebbches  eingewandt  werden  zu  können;  wie  z.B.  dagegen,  dafs  icb 
nns  der  §.  4.  gegebenen  Stelle  des  Strabo  nidiu  weiiör  folgern  lassen 
will,  als  Sophokles  sei  eine  Zeitlang  Antsgenosse  des  PeriUas  gewe- 
sen, nicht  gerade  bis  zvr  Eroberung  von  Samos.  Strabo  spricht  von 
der  Belagerung  von  Samos,  durch  die  die  Athener  Samos  in  üblen 
Stand  gebracht  hatten,  unter  der  Anfilhrnng  des  Perikles  und  Sophokles. 
Er  nennt  den  Sophokles  offenhar  nur  der  Merkwürdigkeit  wegen,  weil 
er  wufste,  dafs  dieser  mit  Perikles  bei  dieser  Belagerung  Feldherr  war; 
etwas  'fiber  die  Dauer  der  Sophokleischen  Strategie  ist  in  seiner  Angabe 
aidit  enibalieD;  und  es  kommt  nur  anf  die  übrigen  Verhältnisse  ,an, 
ob  man  diese  Dauer  beschrSnken  oder  erweitern  will.  Auch  dals  dio 
Nachridit,  mit  Thukydides  Melesin=;  Sohn  sei  Sopliokles  Feldherr  gewe- 
sen, in  einer  so  geringfügigen  Stlnili  \v[e  die  Biographie  des  Sophokles 
erzählt ,  nicht  für  gewifs  zu  halten  sei ,  sondern  auf  einem  tmricbligen 
ScUnife  beroboa  kürnw,  ist  eine  nlidik  gewagte  Yenntttbung,  da  es  im- 
aihlige  Beispiele  solebto  anf  FeblschlOfsen  beruhenden  Angaben  giebt. 
Die  Richti^teii  mdner  «weiten  Hypothese,  imd  somit  die  AnflShrung 


330 


BöCK^R-  NMkträgUehe  JSemerkungm 


der  AntigoiM  in  Qi^iiip.  81>3.  iriiide  föllig  «uidiiedffk  leni,  tnnik  ^ 

leigt  werden  kAutttt»  dafs  die  Angabe  dos  Biographen  nidit  mur  fiJbch 

sein  könne,  sondei-n  müfse:  denn  dann  müfsie  SopJiokle?  ein  Jahr  tot 
Tlinkydides  Feldherr  gewesen  sein:  und  schon  jetzt  neigt  sich  die  Un- 
tersuchung dahin,  zu  verneinen,  dafs  sie  zusammen  Feldherrn 
•ein  konnten.  SSe  cehn  FeUherm  ^nurea  gewifii  jedenait  je  einer 
wm  jedem  der  lefan  StSmme:  dies  ymA  keuMr  für  swcifdlMift  inhenj 
der  in  diesen  Sodien  zu  Aase  ist.  Wie,  wenn  Tindgrdides  und  So- 
phokles aus  Einem  Stamme  warCT?  Wie  unsere  Kenntnisse  jetzt  stehn, 
kann  man  nicht  anders  urtheilen.  Thtiltydides  ist  von  Alopekc  fPlutarch. 
Perikl.  11.  Schol.  Aristoph.  Wölk.  941.)  aus  dem  Antiocbisch <  1 1  .St/imme; 
Sophokles  ist  aus  Kulouos.  Als  Gorsini  schrieb,  fehlten  noch,  die  An- 
gplben,  sb  Wdiem  Stamme  Kokmos  gehöre;  die  Lisdirift  Jiei  Gliandler 
Inscr.  U,  107.  (in  unsem  Corp.  Inser.  Gr.  17. 173.)  seiil  aber  Kolonos 
unter  den  Antiochischen  Stamm.  Diese  loschzjft  ist  nnstfciüg  älter  als 
N.  115.  (aus  der  Zeit  der  zwölf  Stämme)  und  183.  unsei-es  Corp.  Inscr* 
in  welchen  Kolonos  unter  die  Aegeis  gehört;  tmd  wir  können  uns  da- 
her für  die  ältere  Zeit  nur  nach  der  ersten  richten.  Es  durfte  schwer 
fallen  zu  zeigen,  dafs  die  Inschrift  N.  172.  nicht  alter  als  die  andere 
sei}  aber  man  kdnnte  sagen,  es  Bebe  vim  Kolonos  gegeben,  den  Snmik 
ans  fttttium  Sophokles  anerkanniermafsen  ist,  vnd  den  Aftf^t  tSkSm 
niemand  wird  zeigen  können,  dafs  der  äfc^au«  ein  Demos  ist,  Wfllcbea 
schon  Corsini  (F.  A.  ä/.I.  S.20o/f.)  verneint  hat;  alle  Demen,  der«» 
Namen  zugleich  Namen  von  Staditheilen  sind,  wie  Melite,  Keramei- 
kos,  sind  als  Demen  nicht  doppelt,  sondern  nur  einmal  vorhanden. 
Also  andi  ans  diesem  Gnmde  bestreite  ich  den  Bio^phen,  und  halte 
danudi  die  AaHiabnuig  der  Aniigpne  in  Olymp.  84,3,  fflr  ^Mva^Mliaa- 
mender  mit  den  Verhältnissen,  gestdie  aber  gern,  da6  Diodor,  auf  den 
ich  mich  berufen  habe,  und  dessen  Ungenauigkeit  mir  aus  eigenen  Un- 
tersuchungen hinlänglich  bekannt  ist,  ebon  nirhts  bpwpiset;  wenn  man 
gleich  doch  immer  Bedenken  tragen  muls,  ihm  Fehler  aufzubürden,  ohne 
es  beweisen  zu  können.  Eben  so  bemerke  ich,  dafs  der  Ausdruck  §.  3. 
lu  Bide,  nach  den  SchviSftsielleni  sei  allea  lascib  geschehen,  ein  ils 
hns  tbräf  9»n.  sei:  aber  als  soldias  ist  es  andh  bnslängBdi  eritiessn, 
und  kann  kaum  -verdaduig  gemadit  werden.  Wenn  i.  B.  Plntardi  im 


üigitizea  by  CjüO^^k 


931 


MU«t  36.  «Igt:  0«  ^         (i^fikh  iMch  PcrilOM  AUUtct)  iwAmKrar, 

hetO^avTo«  aini  Tcix  o|ui(^ov«  ntT(rou3i>ou,  so  \ann  man  niclit  sugen,  das 
tuSit?  sei  so  genau  nicht  zu  nehmen,  da  zwischen  der  Abfalirt  Je^  Pe- 
rikles  und  der  Wegholung  der  Geifseln  aus  Lemnos  eine  zicmlichu  Keihe 
Ton  fiegebenheiten  li^e.  Deuu  ich  habe  schon  gezeigt,  dals  die  Yor- 
■uiwimiig,  nnittttllMft  mi.  Gelegentlidi  bemarkie  Idl  aodi  £«MS*  Wenn 
kh.  g.'S.  die  Mbfciiiiiea  det  Artemon  f^cii  bei  der  entcn  Bdagemng 
«naunelbar  nach  der  Schlacht  bei  Tragia  erwilluie,  so  scheint  dies  irrig 
■m  mIb.  Plutarch  (27.)  und  Diodor  (XII^  28.)  berichten,  joM^  mit  Be- 
nilnilg  auf  EphorOS,  Periklf»«?  linbf  sie!)  hf^i  dip<ier  Bclfic;erung  nuch  der 
MaM^hinen  des  Artemon  Hc  licni,  im  1  geben  <lics  als  beilaulige  Anmerkung 
gerade  bei  Ei'zahlung  der  zweiten  Belagerung,  oder  irielmehr  des  zwei- 
ten Ade«  der  Behgerang,  welehetf  der  wichtigere  vrer:  denn  vgmu 
lidi  ist  die  Bdegening  tfibeihanpt  nnrSine,  die  bloft  durch  einen  güiii&- 
liehen  Ausfall  für  eine  kurze  Zeit  unterlnrodiett  irird.  Aber  keinesWegei 
beschränken  sie,  oder  Tielmehr  Ephoros,  aus  welchem  sie  schöpften, 
den  Gehrauch  dieser  Maschinen  auf  den  zweiten  Act  der  Belagerung; 
und  da  die  Athener  schon  in  dem  ersten  drei  l^tesiigungen  angelegt  hat^ 
ten,  liönnen  sie  auch  schon  damals  den  Maschinenbau  angefangen  haben* 
fadenen  m  man  Zweck  nidil,  eine  Zntbesiimmimg  xa  gdben,  son- 
dern de  die  Athener  die  Meechinen  des  Artemon  bd  dieser  Belagerung 
gpbnmdkt  heben,  sage  ich  nvr  gleich  bei  der  tmen  Erwihnong  der  Be- 
lai^ernng:  ,,c!ie  Athener  hätten  angefangen  die  Stadt  aus  drei  Befesti- 
gungen und  mit  den  Maschinen  des  Artemon  zu  belagern."  Uebrigens 
mögen  die  Maschinen,  wann  man  will,  in  Thatigkeit  gesetzt  worden  sein. 

Was  die  Ton  den  Zeiiverhiltnissen  der  Stratege  "nnd  der  IXony« 
eoefeite  entiduten  GiMe  beiiiflK,  so  bebe  idi  mir  ellerduigs  in  deren 
Auseinandaraeteung  Vennntbvngen  erieobK;  aber  der  Schlufs  beruht  nidit 
aof  den  Yennuthungen,  sondern  enf  dem  damit  verbundenen  Sichern. 
Sicher  ist  es,  dafs  Sophokles,  wenn  er  -wegen  des  Beifalls  der  Antigone 
tum  Feldljerrn  erwählt  worden,  nacfi  dem  Poseideon  oder  Gamelion  oder 
Eiaphebolion  erwählt  sein  mu£s;  imd  eben  so  sicher  ist  es,  wie  sich 
am  Bnde  eeigen  wird,  dab  hieniadi  die  Antigone  nidil  Olymp.  85, 1. 
nnd  folj^  entweder  Olymp.  84, 3.  oder  Olymp.  84, 4.  an%eäfart  iat, 
wem  man  nidu  tmgmdhiditiidie  Toranmemmg^  enfticilen  will.  Ob 


232*  BÖCKH   ^achUtigUdie  JBeimrAungen 

Yor  den'PdopomieMScluD  KifC|^  aufserordentliche  Feldherrn  cvnanBt 
yrordcn  seien,  läfsi  sich  nicbt  entsdieiden;  idi  habe  dies  daher  als  pro- 
blemaiisch  dahin  gestellt  sein  lassen :  irgend  -wann  aber  mufste  doch 
von  dei*  regelmafsigen  Einricliiung  abgewichen  werden,  und  man  i^r 
nicht  berechtig i  dies  selir  früh  anzunehmen.  Uebrigeos  ist  kein  Grund 
TOiiunden,  zu  glaub»,  ^  «bn  Fddhcrm,  welch«  gegen  Sunot 
sogen»  nicht  die  ordentlichen  geweeen  iden;  and  dale  dieae  ihr  Amt 
nicht  im  HeVntombaeon  angetreten  hätten,  ist  bis  jetzt  nii^t  ei'wiesen. 
"Wenn  diese  Zeit  nicht  geeignet  scheint  für  den  Feldhcrrnweclisel ,  da 
hierdurch  die  Sommcrfeldzü^e  nnch  wenigen  Monaten  schon  wieder  an- 
dern Feldherrn  übertragen  wurden,  und  die  vorhergehenden  ihre  Plane 
nm*  auf  kurze  Zeit  hinaussteUen  konnten;  so  bedenke  man,  dafs  der 

Freistuien  sogar  fSr  etwet  Wänschenawerthc* 
gdialien  inrd,  nmd  waitamtdiende  •trategiache  GomhinetioneB  hei  Krisen» 
die  sidb  gewöhnlich  in  kleinen  Räumen  bewegten,  so  selten  voHconunen 
konnten,  dafs  sie  bei  den  Staatseinrichlungen  schwerlich  in  Rechnung  ge- 
bracht wurden;  wecliselien  doch  die  Strategen  alle  Tage  den  Oberhe- 
fehi.  Ueberdies  konnte  man  nöthig^falls  die  Feldherrn  wieder  erwah- 
len,  oder  aniseronientlicher  Weilt  im  Amte  laMen,  oder  ffir  entfern« 
tere  Zfige,  wenn  de  kuvs  vor  don  Wedud  der  Sireiegen  einiratcn» 
■nl«erordentKcfae  ernennen!  Wenn  bei  den  Spartanern,  Syrakusem, 
Aetolern,  Achaem  und  Römern  die  Feldherrn  ihr  Amt  nicht  im  Som- 
mer  angetreten  haben,  erlaubt  dies  keinen  Schlufs  auf  Allien.  Die  Feld- 
licrru  haben  bei  den  Römern  und  Spartanern  ibi'  Amt  mit  dem  Anlani^o 
des  bürgerlichen  Jahres  angetreten,  und  zu  eben  der  Zeit  weitlen  sie  es 
bei  den  übrigen  gethen  haben.  Ehen  dieses  habe  ich  hei  den  Athenern  , 
•ngenommen';  nnd  ao  lange  man  nidits  dagegen  beweiaendet  findet, 
kann  man  von  einer  andern  Yoranaaetzung  nicht  auagebn,  da  die  Ua- 
gistrate  7.11  Athen  ihre  Aemter,  wenn  sie  jährig  waren,  im  Hekatom- 
baeon  antraten ;  und  ehenso  stimmen  in  den  andern  Staaten  die  Magi- 
strale mit  den  bürgerlichen  Jahren  üherein ,  die  ja  eben  wegen  ihrer 
Uebereinsünunimg  mit  den  Staatsverhäitnissen  bürgerliche  sind.  Indeaaen 
baue  idi  darauf  nicht  anMchliefidich,  aoadern  bemerk«,  dals  das  Bürgeb- 
nifs  nicht  'gfiiiaiiger  für  die  Ton  der  meinigeta  abweichende  Heinnng 
aaafaOe,  wenn.die  Fddherm  ihr  Amt  etwa  im  Frfihling  antraten,  .und 


uiyiiiz-Cü  by  LiOOQle 


iAer  dm  Anli^pM  de$  SophakUt. 


333 


dtfi  es  tiberfiaiipt  nicht  auf  di«  Zeit  dei  Ammafimget»  «mdeni  der  Wähl 
ankomme,  die  icb,  wie  mir  scheint,  nicht  ni  bestimmt,  in  da*  leiste 

Vierteljahr  Tor  Antritt  des  Amies  oder  kurz  ror  demselben  setze.  Die 
feste  Bestimmung  der  Wahlzeit  aber,  und  dafs  wirklich  alle  Jahre  zehn 
ordentliche  Feldherrn  ernannt  worden  seien,  diese  Dinge  lassen  sieb 
vmh  dem  Geiste  der  bfirgeilichen  Einiditiiiigen  im  Alterthunie  nicbt 
in  Zweifel  »dien«  Feiner  linde  idi  Iteine  Beweise,  dafs  die  Strategen 
in  Winter  wechselten.    Man  sage  nicht,  dies  liätte  geschehen  müssen, 
daasit  die  neuen  auf  den  Sommer  die  gehörigen  Anstalten  für  den  Feld- 
zug machen  konnten;  diese  Anstalten  konnten  auch  von  den  Vorgangem 
und  den  daftir  eigens  bestellten  Behörden  gemacht  werden;  und  nach  je- 
nem Grunde  müfsten  die  Feldherm  aller  Orten  im  Winter  gewechselt 
haben,  was  dodi  niemand  wird  behanpien  wollen.  In  den  Griedusohan 
Gcsdiichtschrsibem  findet  man  haum  Andentangen  vom  Wechsel  der  or- 
dentlichen Fcldherrn  gerade  im  Winter,  wenn  man  nicht,  wo  man  Feld» 
heiTn  im  Winter  wechseln  siebt,  dieselben  für  ordentliche,  wenn  aber 
im  Sommer,  für  anfseronlcntliche  erklärt,  ohne  dafs  dafür  Beweise  vor- 
handen wären;  nur  das  sieht  man,  dafs  Feldherrn  im  Winter  auti«ten, 
nnd  im  Winter  oder  Frühjahr  gewählt  wurden,  ohne  die  Zeit  genaner 
bcstimmoi  an  können,  und  ob  es  wItUidi  ordentUdie  oder  anfseiordentp 
liche  gewesen.  Wenn  z.  B.  Lacbes  in  Sicilien  im  Winter  den  Pytbodor 
zum  Nachfolger  erhält  (Thukyd.lllt  iifi*)»  ist  er  nicht  gerade  für  einen 
ordeiitlirlien  FelflKeriTi  tu  hahcn,  deshalb  weil  nichts  auf  Ahspt^nng  des- 
selben führe;  denn  Luches  konnte  ja  ein  aufserordentlirli*  i  l   i  iheir  sein, 
welchem  nach  Ahlauf  eines  Jahrs  ein  anderer  aufserordenüicher  nachfolgte. 
Nodi-  schwankender  ist  das  Beispiel  des  Demostbencs ,  der  nach  dnem 
glfidlichen  Brfolge,  im  Winter  nadi  Hanse  kehrt  (I1inkyd.in,  114,); 
denn  es  ist  nicht  klar,  dafs  gerade  damals  seine  Stnt^e  ordentlidier  Weise 
zu  Ende  ging;  die  Stelle  lU,  9S.  zeigt,  dafs  man  erwarten  konnte,  er  wäre 
schon  den  Sommer  vorher  ztirüclgcgangen,  was  er  nur  aus  Furcht  nicht 
that;  und  wenn  er  naeh  der  Rückkehr  Privaimann  war  (IV,  2.),  so  weif» 
nmi,  da  die  Sache  erst  m  der  Geschichte  des  folgenden  Sommers  eriihlt 
wird»  nidktf  ob  dieser  sein  Privatsiand  gci  ade  mit  seiner  Rückkehr  anflhigt 
oder  nicht,  nnd  ob  er  im  erstem  Falle  entseiat  war»  oder  seine  Fsldhem- 
•chaft  sogar  schon  früher  abgelanfen  war,  und  ob  er  anfserordeadidmr 
Miit.  PhiM,  KUuse  ibU,  Gg 


i_.iyui^uo  uy  Google 


834 


B6oKH   Naektrl^^lA^  Bemtrhuigen 


oder  nrrlendicher  FeldheiT  gewesen.  Die  Wahl  des  Alkibiadcs,  Thi-ajybul 
wad  Jtvuuuu  hei  Xenopb.  Gr.Geacb.  I,  4,  10.  füllt  eb^  nur  einige  Zeit, 
wir  umm  nidtl  nie  TMle,  vor  4«n  Tlm^oii»  4«d.  dlficn  Monat;  und 
tbflrdic»  «iml  4k$»  «BMaiw  «u&flnwdeiMlicbe  Fddhcmi»  4»  ihrer  Im- 
«tiauni  nur  drei  nud:  «I  'A3i|pawi  (rr^amr/M  itWr«  'AAKt/GtaV  M^»  f  iv- 
yflvrtt.,  xoi  0^a<rvi3oiA«i'  avotra,  Ktvuvm  r^frar  im  tSv  euco&er.  Wem 
»wei  derselben  sclion  Torhcr  Feldberm  waren,  so  sind  sie  durch  diese 
Wahl  für's  folgende  Jahr  bestätigt.  Die  Wahl  der  zehn  Fcldhert-n  bei 
Xeoopb.  I,  6,  16.  ist  alieraiu^  vor  dem  Fiübjalire  geschehen,  und  sie 

•nid  raeli  vor  dm  Ffufaj«brfi  mlum  in  Tb&Ugkeii  (eb«iidM.  2i.)i  ab«r 
If  eitv«  Amidil  (Ant.  PcomTb  S.  106.)  iii;  mIw  MmdawA»  wonaeh 
diose  an  die  Stelle  des  Alkibiadcs  und  Mimr  neun  Amugenowen  Vtt^ 
men  (die  wegen  des  Zornes  der  Athener  gegen  Alkibiades  entsetzt  seien), 
and  «o  früher,  als  die  oixlenilichen  Feldherrn  nach  dem  Gesetz  ernnimi 
wurden,  einli-aicu.  Gesetzt  aber  auch,  dafs  die  Feldberro  iin  Gamt-iiun 
Kbon  erwählt  worden  seien  oder  £u  Ende  deit  Poseideon^  $o  ändert  diqf 
nichto  in  d«n  Scblubfolgen.  «i  ioi  dann  mn  ietotc  einen  geoStm  THuiH 
det  (weiten  Semiseben  KrieeB*  wiev  den  Agtka»  Claivkide».  welclm  dem 
eilKigen  guten  Zeugnilae  uber  die  Zeit  des  SauUschen  Krieget  widenilirickl* 
Wenn  ich  es  am  wabrscheinlirbsten  finde,  die  Anligoiie  S«i  an 
den  grof<;en  Dionysien  gegeben,  6o  beruht  die  Schiufsfolge  nicht  auf 
dieser  WaUrsdlieiiilichkeit,  sondern  auf  der  vorber^henden  Bemerkung, 
dels  Sophokke  n«r  in  den  Wintennemiieii  vo»  Pofeidtw  bM  Elepiwr 
liolion  hette  «cgen  Itmnen.  DCeiit  Anadrpdi,  im  Pufeidepfi  m  den 
ländlichen  Diimjaien  seien  keine  neue  Sdwuspiele  gegeben  worden,  ist 
in  sofern  zu  entfeheidiwd ,      in  meiner  Abhendiapg»  auf  welche  ich 

micli  bcüife,  nur  gesagt  wird,  es  seien  Leine  nachweisbar:  indessen  da 
wir  tioch  eine  grof«c  Anzahl  Dramen  kennen,  die  an  den  Lemien  und 
^  grolsen  Dionjsicu  zuerst  aufgeführt  worden,  $o  ist  der  Umstand,  d^f^ 
kein  eimi^  en  den  Üpdlidbai  Iliopy«ien  «nfgefulirte«  Drum  vor1ii<niuntv 
ein  negativer  Oeweis,  dessen  Entki^ang  dAreli  poeiUve  Qe^heynm 
erst  zu  liefern  wäre;  solche  Gegenb^w;  ise  sind  aber  nicht  vorbandcnr 
In  Bezug  auf  die  Amigone  spricht  die  gröfste  Waluscheinlichkeit  jeden- 
fall?  fiir  die  groCsen  Dionysien.  Niehl  jeder  Dichlor  halte  das  Recht 
an  dioaen  Siüdte  «uffulurea  zu  lassen  (Abb.     4>  Diuny&iea  21.):  mm 


Digitizeo  Ly 


äier  die  Jntigone  des  Sopkokks, 


236 


ligte  «Im  darauf  ein  groftct  Gewicht,  und  es  ist  daber  tutfitlkli}  daCl 
■nerkannt  grofse  Dichter,  wie  Sophokles,  gerade  an  diesen  am  liebglttl 
aoftraten,  wo  aufserdpm  znplpicli  Act  ayöfsle  Ruhm  ni  erwerhen  war. 
Für  die  Aulfühntng  neuer  Siücke  (narnenilich  eines  bcriibmten  Dichiers, 
wie  Sophokles  schon  war)  an  den  ländlichen  Dionysien  spricht  dagegen 
aiditt.  Dte  TiMtter  in  d«ti  Demeti  tnren  mm  TheÜ  vmiditet, 
das  EU  Kellyiot;  lie  waren  fiberdies  Uof«  Eigenthmn  der  Demen, 
und  die  Ajfi^nu  spielen  aljodart  die  Hen-n,  lassen  Plätze  anweisen.  Kränze 
verkünden,  und  schalten  ganz  nach  ihrem  Gutdünken:  wie  ist  es  glaub« 
lieh,  dafs  Sophokles  in  seiner  Blüthe  diesen  ein  Stück  2ni?r<?t  werde  ge- 
zeigt haben?  Dies  alles  ist  namentlich  tuih  Theater  im  Firaeus  urkund- 
lich gewifa,  eutser  dafs  es  nicht  wie  Kolljrtos  Terachtet  war;  und  wenn 
der  Stut  euch  dorek  ehieB  Pompenfnig  Antheil  ui  der  Firiietidien  Fcm« 
licUeit  nabln  p  ao  kann  er  dodi  Biobl  Antheil  an  ^  Anflnhrttlig  der 
Sdiauspiele  genommen  haben,  da  das  Theater  vom  Demos  abhängt,  der 
auch  die  Einkünfle  dessell>en  vei*pachlet.  Kein  Archon  sieht  diesem 
Spiele  Tor,  sondern  der  Demarch  des  Piriicus;  die  Proedrie  haben  die 
Pirüeer  zu  vergehen ;  sie  ist  den  Prieatem  und  einigen  andern  verliehen, 
aber  irir  finden  nidit  ein  Wort  davon ,  dafa  die  Suuuabebofden  m  <Be- 
aen  Theaier  Proedrie  haben.  Diea  allca  »pridit  gegen  den  mindcatea 
Antheil  de«  Slaatea  an  den  Piraeischen  Schauspiden«  Fcraer»  da  der 
Staat  die  Gesetze  über  Verkündnng  der  Kränze  so  genau  abgemessen 
hat,  wie  wir  aus  Aeischines  wissen,  und  namentlich  festgesetzt  ist,  dafs 
die  von  Demen  zuerkannten  Kränze  nur  in  den  Demen  sollten  verkün- 
det werden ;  ist  es  wol  glaublich ,  dafs,  wenn  die  AuiTührnng  der  Tra- 
gödien im  Piriena  eine  Staatnadbe  geitesai  mrüre,  der  Demoa  bd  dflSMl- 
ben  hatte  aeine  Kiünie  verLflnden  dttrfca?  Die  fidcge  m  den  bemiliieB 
Thatsachen  wird  man  in  meiner  Abhandlung  über  die  Dionysien 
linden;  ich  ziehe  aber  daraus  die  Folgerung,  dafs  ohne  Beihälfe  des 
Staates  auch  das  Choragium  für  ein  neues  Stück  Cfur  ein  ahes  war  es 
wohlfeil  zu  bescbaflen)  duriiig  ausfallen  muCMe,  und  daher  kein  grofaer 
Dichter  aich  an  die  Demen  snent  wird  gewandt  baban;  denn  daa  wird 
doch  acbwerl'di  irgend  dnem  anfallen,  dafa  andi  für  demoiiadie  %nde 
der  Staat  Cboregen  gestellt  und  der  Archon  den  Chor  gegeben  babc. 
SndUcb  habe  ich  in  der  Abhandlnng  Ober  die  Dionyaien  (22.  an  finde) 

Gg  2 


236 


gezeigt,  dafs  selbst  der  Pompaiifz.ug  des  Staates  bei  den  Piräeischen  Dio- 
nyBien  ein  neuerer  Zusau  ist,  -weil  das  Stieropfer  von  den  Boonen  be« 
MN^t  irivdt  ei  bl  lehr,  dalt  man  nur  «ine  Volkiapeitiiiig  udir  hAm 
woUie,  and  daia  dieta  Dionyrien  boMitttei  wonot  «uf  Au  Sdumpid 
nichts  -weiter  geschlossen  werden  kann;  und  mdi  dar  UnutAnd,  defsin 
dem  Piräeischen  Theater  zuweilen  Yolksversammlnjigen  gehalten  -wurden, 
ist  kein  Beweis  des  Amheils  des  Staates  an  dem  Piräeischen  Theater. 
Elben  so  wenig  beweiset  fur  <lie  AulTührung  neuer  Schauspiele  im  Piräeus 
die  Stelle  des  Aeijaii  ^V  .  li.II,  13.):  'O  ^  SwK^aTn«  o^oyicf  fitv  iirtfolra  im 
dwtrp»,  ishcvn  ^  'Sm^vkH^  o  vis  r^ayw^  «aarn|«  ifftwi^tn  KttmiSe  rfVjfifidie» 

Es  kommt  Ik'I  F.i  klärung  det^lben  nicht  darauf  an,  ifvie  SoUrates  dachte« 
über  dessen  Ansicht  Äelian  nur  ein  geringfügiges  Zeugnifs  ablegen  kann, 
sondern  wie  sich  Aelian  den  Sokrates  in  dieser  Beziehung  vorstellt  die- 
ser konnte  aber  erstlich  nicht  glauben,  dals  Sokraies  auf  neue  biucke 
besonders  ausgegangen  sei :  denn  für  einen  Liebhaber  der  Neuigkeiten 
kann  er  ihn  nicht  gdialien  haben;  sweiteoa  konnte  er  nicht  glauben, 
dal»  SokvBias  atch  die  sparte.   Er  war  anerkannt  ein  Liebhaber 

Euripideischer  Weisheit;  als  solchen  will  ihn  Aelian  audl  nur  darstd- 
len.  Dies  wird  Aelian  dann  am  meisten  erreicht  haben,  wenn  er  sagt: 
,, Sokraies  pnc!^  selten  ins  Theater  :  wenn  aber  neue  Stücke  von  Euripides 
gegeben  wurden,  ging  er  hin;  ja  selbst  alte  6lucke  desselben  sah  er,"  Wenn 
San  in  der  Stadt  die  neuen,  im  FSiSeni  nur  alle  gegeben  wurden,  konnte 
Aelian  statt  dessen  sagen,  was  er  gesagt  hat.  Dies  balle  idi  für  die  na- 
türhchste  Erklärung;  weil  sie  aber  nicht  erwiesen  werden  kann,  baue 
ieh  nicht  auf  sie.  Wie  man  jedoch  auch  über  diese  Sache  urtheilen 
moi^p  so  ist  klar,  Sophokles  könrf  nieht  vor  den  ländliehen  Oionv- 
sien,  also  nicht  viel  vor  Ende  Poseideons  zum  Fcldherrn  erwählt  wor- 
den sein;  dies  gUt  auch  für  den  Fall,  dafs  er  an  die  Stelle  eines  abge- 
benden, abgesetzten  oder  gestorbenen  gesettt  worden  sei.  Was  folgt 
daraus?  Sophokles  ist  schon  wahrend  der  Sehlacht  bei  Tragja  Feld« 
berr,  nnd  unterhandelt  damals  mit  den  Bundesgenossen  (§.  4.).  Nach 
der  g'eringsten  Berechnung  dauert  der  Samische  Krieg  von  da  an  noch 
neun  Monate.  Der  Samische  Krieg  endigt  aber  unter  Morjchides. 
Folglich  war  Sophokles,  wenn  er  noch  beim  Ende  der  Belagerung  Feld- 


Digitizc:;  l 


liier  dw  Antigene  des  Sophokles. 


237 


lieiT  war,  numiflMens  zehn  Monate  unter  Morychides  im  Amte.  Also 

müfsie  er  vor  dem  Poseideon,  etwa  im  zweiten  Monat  des  MorvcHides 
oder  noch  früher,  Olymp.  85,1.  erwälilt  sein.  Folglicli  kann  die  Ariiigone 
nicht  Olymp.  85,  1.  aufgefüliri  sein,  sondern  muts  mindestens  «in  Jahr 
Iniher  gateiit  -werden.  Dieter  Folgerang  wäre  nur  dedordi  vx  entgdien, 
daft  »m  den  Samiedien  Krieg  ent  tief  in  den  Jahre  des  Gknkidee 
(Olymp.  85,  2.)  endigen  liefse:  zu  einer  floldien  Annahme  aind  wir  aber 
weder  berechtigt  noch  veranlafst. 

Dagegen  ist  die  Annahme  (§.7.)  i^anz  ungezwungen,  dnfs  der  Krieg 
•K^K  'AfotW  oder  /r^o«  'X'^aiav,  woliei  Sophokles  nach  dem  Biographen  Feld- 
heer gewesen  sein  soll,  der  erste  Samische  sei,  der  in  Olymp.  84,4. 
ISUt,  so  dal«  die  Antigone  in  Olymp.  84,  3.  zurücktusetcen  nnd  Sqpho- 
Uce  beim  Ende  der  Belagemng  nicht  mdir  Fddherr  wSre.  Denn  daie 
hier  von  einem  Angriff  euf  Anaea  seihst  die  Rede  sei,  ist  nicht  zu  be- 
zweifeln. 'AvftT:(  bezeirlinoi  E^cwifs  nicht,  ,,die  AnHische  Parlhel  von  Sa- 
mos,  die  damals  bamos  inm  halte,  und  die  Anaca  gleichsam  zum  Va- 
teriande  hatte;"  denn  so  konnte  der  Grummaliker,  aufser  allem  geschieht- 
Jichen  Zoiammenhange ,  nicht  sprechen,  nnd  überhaupt  hat  wol  nie- 
mand jemaU  so  «dtaam  gesprochen.  Hik^uf  v^U  'Amukk  kann  nichte 
heifsen  ab  ,, Krieg  gegen  die  Anaeer,"  welche  naturlich  in  Anaea  sind; 
so  ist  to^jug;  v^et  'kvcdav  dasselbe»  und  et  wäre  nur  leei  e  hyperkritische, 
das  heifsi  unkritische  Spilzfindiglteit ,  wenn  man  zwischen  beiden  einen 
Unterschied  macheu  und  den  AngrifT  auf  Anaea  selbst  liiugnen  wollte. 
Doch  ist  es  nicht  meine  Meinung,  dafs  kvtuav  im  Verhaltuifä  gegen  'AyoiW 
das  ridktige  »ei ,  Mmdem  ich  habe  ee  nur  im  VerhUtnifs  gegen  'Anevier 
eine  riditige  Emendation  dea  Tumdms  genannt,  hme  fibrigens  die 
Leminen  *A«dM«  nnd  'Amhw  ab  glleichgßliig  nebeneinander  ildien. 


Digillzcü  by  Co 


Verbesserungen. 


Stil»  S,  lt«t«  9.  'VtTfjt.  maA  nucyd.  1, 73  J!it.  vmi  75  imi.  wsldwr  pni  nut  JiflMr 

Ansicht  übereinstimmt. 
»    6  Im  8  •■•••Auf  Hermann'«  [prat^fat.  ad  Sophocl.  Oed.  Colon.  ^.  XIIIu.  XIV.) 

Aeulserungeu  über  da»  liier  Vorgetrageoe  i»l  in  dem  proocmio  su  dem 

iMUoubrtdog  dar  Barliiur  Uanenliit  für  4m  SonBoiMllieiakr  1826. 

mit  gfnntwortct. 
•-  13,    Z.    2.    für  xlyuiv  lies  xiywv, 

-  15,  Z.  S8.   fiir  iSf  Um  Jrt. 

w  17^  NoIb  1«  Zu  Be»tällgung  der  I^'sarl  und  Vrrlilndiing  tcÜv  ei'  (ti^jjuToini'  —  lo- 
iwvc  .<^a/<f.448.  i«t  »u  vergktcbea  PAi/o  CriUta.  §.  16,  wo  die  Gesetxs 
der  Unterwelt  von  den  If«««««  gnunnt  werdoi  el  ^vinfn  otiA^i  tS  W 

-  23,  Z.  2.  v.u.  Vergl.  Blomfield  in  glossar,  ad  Aesehji.  Pers.  333. 

"  26,  Note  2.    Vergl.  wc{^         «uch  Sophocl.  Oed,  Colon.  1128  ed.  Doederl,  m>^ 
.  mmSv^  wdehM  in  dtMCr  Ausgabe  nicht  von  einander  bitte  getrennt 

werden  sollen,  da  der  ganse  SaU  ^nt  —  ^^ivmtnt  dm  GflgeoMta  Uldet 

ni  dem  aSf>dM9  yi^u«  Va.  1126. 
•»  31,  Z.  17.   fdr  lApK  Nm  ii(y«w. 

-  38,    Z.  21.    für  ?i.  i;c»  r*.. 

-  89|  ZiS.v.u.  im  Text.   Seidiers  Aeuliieruag  ül>er  die««  Emendation  und  ibre  Er» 

kttniDg,  in  dar  Allg.  Litt.  Zeitung  Jahrg.  1825,  JannwH.St,  p.2i6. 
kann  niebl  «stet  •!•  iör  ein  AncrlMaMn  dMdIWB  fimtnmiTg 
werden. 

-  SI6,  Z.  S....  Bm  wdm  iir  ww. 

-  '  Z.16....1iM  «M&i  Jik«nHi. 


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